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German Pages 428 [429] Year 2009
Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editor: Christoph Markschies (Berlin) Martin Wallraff (Basel) · Christian Wildberg (Princeton) Beirat/Advisory Board Hubert Cancik (Berlin) · Giovanni Casadio (Salerno) Susanna Elm (Berkeley) · Johannes Hahn (Münster) Jörg Rüpke (Erfurt)
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion der frühen Kaiserzeit Literaturgeschichtliche Perspektiven Ratio Religionis Studien I Herausgegeben von Rainer Hirsch-Luipold, Herwig Görgemanns und Michael von Albrecht unter Mitarbeit von Tobias Thum
Mohr Siebeck
e-ISBN PDF 978-3-16-151350-3 ISBN 978-3-16-149593-9 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2009 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rottenburg gebunden.
Ratio Religionis Studien Die Ratio Religionis Studien veröffentlichen monographische Studien und Aufsatzbände zur religiösen Philosophie und philosophischen Religion in der frühen Kaiserzeit. In der frühen Kaiserzeit werden Traditionen der gelebten Religion verstärkt als Quelle philosophischen Denkens interpretiert und plausibilisiert. Heilige Erzählungen, Riten und Kultgegenstände erscheinen als Reflex göttlicher Wahrheit. Umgekehrt beruft sich philosophische Weltdeutung auf die religiöse Tradition als letzten Erkenntnisgrund. Diese Verschmelzung religiöser und philosophischer Diskurse, der kreative Neudeutungen in beiden Feldern entsprangen, untersucht das an der Universität Göttingen angesiedelte DFG-Emmy-Noether-Projekt Ratio Religionis, das sich inzwischen zu einem interdisziplinären Forum junger Forscher im Bereich der religiös-philosophischen Literatur der frühen Kaiserzeit insbesondere im hellenistischen Judentum, im frühen Christentum und im paganreligiösen Platonismus entwickelt hat. Die Ratio Religionis Studien geben die Ergebnisse dieses Dialogs zusammenhängend, aber in die jeweiligen Fachreihen eingeordnet, heraus. Dies spiegelt eine Ausgangsthese des Projekts: Eine religiös-philosophische Hermeneutik entwickelt sich im kaiserzeitlichen Platonismus jüdischer, christlicher und pagan-religiöser Provenienz als übergreifendes und verbindendes Phänomen.
Vorwort In der frühen römischen Kaiserzeit bildet sich eine eigentümliche Form religiöser Philosophie und philosophischer Religion aus. Der vorliegende Band nähert sich diesem Phänomen von der Literaturgeschichte her. Fokus der Darstellung ist die charakteristische Verbindung von Religion und Philosophie, speziell von (gelebter) religiöser Tradition und philosophischer Deutung. Dieses Phänomen umgreift – je nach religiöser und kultureller Herkunft – unterschiedlichste Literaturgattungen: Nicht allein in religiösen und philosophischen Texten im engeren Sinne findet sich die philosophische Interpretation überlieferter Texte, Riten und Artefakte und die religiöse Einfärbung philosophischer Vorstellungen und Gedankengänge, sondern ebenso in literarischen und poetischen Texten, in Briefen, in protreptischer und weisheitlicher Literatur, in naturwissenschaftlichen und medizinischen Traktaten. Das Phänomen ist weder auf eine bestimmte Sprache noch auf einen bestimmten religiösen Hintergrund einzugrenzen. Dieser erste Band der Ratio Religionis Studien basiert auf Vorträgen, die bei der „Impulstagung“ des Projekts Ratio Religionis vom 13.–15. Februar 2007 in Göttingen gehalten wurden. Er ist geleitet von der Absicht, ein Panorama der religiös-philosophischen literarischen Landschaft der frühen Kaiserzeit über Herkunftsbereiche und Sprachgrenzen hinweg zu zeichnen und auf diese Weise zugleich verschiedene Fachdiskurse miteinander ins Gespräch zu bringen. Namhafte Forscher aus den Bereichen der lateinischen und griechischen Literatur- und Philosophiegeschichte, der Theologie, Judaistik und Religionswissenschaft waren eingeladen, in Überblicksvorträgen nach Art eines archäologischen survey das Gelände der Literatur abzuschreiten und aufzunehmen, was für die Fragestellung wichtig erscheint. An einigen Stellen graben die Einzeluntersuchungen im zweiten Teil des Bandes – vorwiegend aus dem Kreis der Nachwuchsforschergruppe – in die Tiefe. Nun geht es darum, die im Überblick gewonnenen Thesen an Spezialuntersuchungen zu bestätigen und zu verfeinern. In einem einleitenden Beitrag analysiert Albrecht Dihle, wie der Philosophiebegriff in der frühen Kaiserzeit aus verschiedenen historischen, philosophie- und kulturgeschichtlichen Entwicklungen neue Aspekte gewonnen hat und so anschlussfähig für den religiösen Diskurs geworden war. Etwas überraschend mag sich ein Beitrag über die Literatur aus Qumran ausnehmen. Zeigen aber bestimmte griechische jüdische Texte eine Affinität zur paganen und später christlichen religiös-philosophischen Literatur, so liegt die Frage nicht allzu fern, in welchem Verhältnis hebräische Texte zur
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Vorwort
entsprechenden Literatur stehen. Insbesondere die Pescharim aus Qumran stellen eine Form der bildhaft-interpretierenden Literatur dar, die Ähnlichkeiten im literarisch-hermeneutischen Zugriff zu manchen im vorliegenden Band behandelten Texten aufweist. Ein Anliegen des vorliegenden Bandes ist es, einen Eindruck der besonderen Eigenart der religiös-philosophischen Literatur der frühen Kaiserzeit zu vermitteln. Hierzu soll der Textteil am Schluss des Bandes einen Beitrag leisten, der Texte aus den unterschiedlichen Sprachen und Literaturgattungen vereint. Er orientiert sich an den in den einzelnen Beiträgen vorrangig diskutierten Autoren und Texten, bietet aber größere Zusammenhänge, die zur Lektüre und zu weiterem Nachdenken einladen sollen. Die Übersetzungen wurden für den Band neu erstellt oder (an einzelnen Stellen leicht bearbeitet) aus maßgeblichen Ausgaben übernommen. Mit dem vorliegenden Band legt die Nachwuchsforschergruppe Ratio Religionis zugleich erste Ergebnisse ihrer interdisziplinären Arbeit vor. Methodische und terminologische Fragen, die in dieser Arbeit bestimmend sind, fließen immer wieder in die einzelnen Beiträge ein; einige Arbeitshypothesen des Projektes sind in dem Beitrag von Rainer Hirsch-Luipold breiter ausgeführt. Auch die Produktion des Tagungsbandes entstand als Ergebnis der Zusammenarbeit des Ratio-Religionis-Teams. Insbesondere Tobias Thum und den studentischen Hilfskräften Felix Albrecht, Julian Bergau, Sonja Brockmann, Heidrun Gunkel, Johanna Rose und Janina Schulz sei für ihre konstante, unermüdliche und dennoch stets fröhliche Arbeit gedankt! Zu danken ist überdies PDin Dr. Annette Steudel (Göttingen) für die Durchsicht der QumranAbschnitte. Ein besonderer Dank gilt dem Verlag Mohr Siebeck, Frau Ilse König und Herrn Dr. Henning Ziebritzki für die kompetente Betreuung und die vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie die Bereitschaft, die Ergebnisse von Ratio Religionis im Zusammenhang zu veröffentlichen. November 2008
Michael von Albrecht Herwig Görgemanns Rainer Hirsch-Luipold
Inhalt Ratio Religionis Studien............................................................................................ V Vorwort................................................................................................................... VII
I. Orientierung ALBRECHT DIHLE Die griechische Philosophie zur Zeit ihrer Rezeption durch Juden und Christen ............................................................................... 3
II. Literaturgeschichtliche Perspektiven MICHAEL VON ALBRECHT Philosophie und Religion in der lateinischen Literatur der Kaiserzeit ....... 23 HERWIG GÖRGEMANNS Religiöse Philosophie und philosophische Religion in der griechischen Literatur der Kaiserzeit.................................................. 47 GREGORY E. STERLING Philosophy as the Handmaid of Wisdom: Philosophy in the Exegetical Traditions of Alexandrian Jews ..................... 67 REINHARD FELDMEIER „Göttliche Philosophie“: Die Interaktion von Weisheit und Religion in der späteren Antike............ 99 RAINER HIRSCH-LUIPOLD Die religiös-philosophische Literatur der frühen Kaiserzeit und das Neue Testament.......................................... 117 DEVORAH DIMANT Time, Torah and Prophecy at Qumran ....................................................... 147
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Inhalt
ZLATKO PLEŠE Gnostic Literature......................................................................................... 163 ADOLF MARTIN RITTER Christentum und Philosophie als Thema der frühkaiserzeitlichen Kirchenväterliteratur ........................................... 199
III. Exemplarische Studien TOBIAS THUM ,Welche Fülle von Reden!‘: Plutarchs Schrift De E apud Delphos ............. 237 PETER G. KIRCHSCHLÄGER Die Frage nach der Wahrheit im Johannesevangelium anhand der Pilatusfrage (Joh 18,33–38a) .................................................... 251 JANE HEATH Corinth, a Crucible for Byzantine Iconoclastic Debates? Viewing Paul as an Icon of Christ in 2 Cor 4,7–12 .................................... 271 ILINCA TANASEANU-DÖBLER Gräber und Symbole: Tempel im Werk Clemens’ von Alexandrien ......... 285 FRITZ HEINRICH Der religiöse Intellektuelle: Apuleius und Ali Schariati als Repräsentanten eines religionswissenschaftlichen Typus .................... 315
IV. Texte Lateinische Literatur.............................................................................................. 330 Griechische Literatur............................................................................................. 338 Hebräische Literatur.............................................................................................. 376 Koptische Literatur................................................................................................ 378 Erläuterungen zum Textteil und Quellennachweise......................................... 380 Verzeichnis der Autoren....................................................................................... 383 Stellenregister......................................................................................................... 385 Personenregister .................................................................................................... 410
I. Orientierung
Die griechische Philosophie zur Zeit ihrer Rezeption durch Juden und Christen ALBRECHT DIHLE 1. Griechische und barbarische Philosophie Juden und Christen bezeichneten in den Jahrhunderten um Christi Geburt ihre Religion gern als Philosophie. Josephus z.B. beschreibt die wichtigsten Gruppen im Judentum des 1. Jahrhunderts n.Chr. – Sadduzäer, Pharisäer und Essener – als Anhänger verschiedener Philosophenschulen. Er unterscheidet sie nach ihren Lehren zum Verhältnis zwischen Vorbestimmung und Willensfreiheit, bekanntlich in der Physik und Ethik der griechischen Schulphilosophien eine zentrale, verschieden beantwortete Frage. Ein von dem Alexandriner Clemens anonym zitierter Autor versteht die Einteilung der biblischen Bücher als Gliederung jüdischer Philosophie, der Systematik hellenistischer Schulphilosophie vergleichbar. Übrigens, auch die griechische Kanzlei des Maurya-Herrschers Ashoka im 3. Jahrhundert v.Chr. bezeichnete die indischen Sekten als Diatribai, also mit einem der termini technici zur Bezeichnung griechischer Philosophenschulen.1 Diese Verwendung des Philosophennamens bedeutete etwas anderes als die Versuche, jüdische oder christliche Lehren in den griechisch-philosophischen Begriffen und Kategorien zu explizieren, wie es etwa für den Alexandriner Philon gilt und die christliche Theologie bis heute kennzeichnet. Auch liegt der Gedanke nahe, diese Bezeichnungsweise als Werbung in griechischer Umwelt zu verstehen. Dagegen spricht jedoch, dass sich auch die paganen Gegner, an denen es Juden und Christen nicht fehlte, derselben Benennung bedienten. Der Platoniker Celsus im 2. Jahrhundert n.Chr. z.B. betrachtete die christliche Lehre als korrumpierte jüdische Philosophie, die jüdische als Plagiat der ägytischen.2
1 Jos. Ant. Iud. 13,171ff.; Bell. Iud. 2,119ff.; Clem. Al. Strom. I 28,176; zu Ashoka vgl. D. SCHLUMBERGER, Une nouvelle inscription grecque d’Açoka, CRAI 1964, 126–134. 2 Celsus bei Orig. Cels. 1,14; 3,5; 4,31.
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Diese Terminologie lag im Konzept der sogenannten Philosophie der Barbaren begründet.3 Die Errungenschaften der östlichen Hochkulturen hatten die Griechen in ihrer Frühzeit bewundert, nachgeahmt und ihr hohes Alter mit besonderem Respekt zur Kenntnis genommen. Der Erfolg im Perserkrieg von 480 und die anschließende Entfaltung und Ausstrahlung der griechischen Kultur ließ nun umgekehrt ihren Einfluss auf die Barbaren steigen. Das und besonders der Stolz auf das freiheitliche, von keinem Monarchen bestimmte politische Leben begründeten ein deutliches Überlegenheitsgefühl gegenüber den Nichtgriechen, gerade auch während der Zersplitterung und des Machtverlustes der griechischen Staatenwelt im 4. Jahrhundert v.Chr. Die Durchdringung und Beherrschung des Ostens im Anschluss an den Alexanderzug bestätigte dann zwar die Überlegenheit der Griechen, stärkte aber zugleich ihr Interesse an der exotischen Welt. Damit konnten sie an frühere Wertschätzungen anknüpfen, als der Osten ihnen nie verleugnete Vorbilder geliefert hatte. Schon in frühhellenistischer Zeit verfasste Hekataios von Abdera eine Landeskunde Ägyptens als Darstellung idealer Verhältnisse, und Megasthenes, der Gesandte Seleukos’ I. am Hof in Pataliputra, verfuhr ähnlich in seinem Indienbericht.4 Wichtiges Element dieser Vorstellungswelt war die Überzeugung, dass ägyptische Priester oder persische Magier Überlieferungsträger uralter Weisheit seien. Bei Megasthenes hieß es, es gebe keine kosmologische Einsicht der Griechen, die man nicht schon bei indischen Brahmanen und jüdischen Schriftgelehrten finden könne. Diese Aussage verrät die Perspektive der Philosophen, die – abgesehen von den Skeptikern – stets ein zuverlässiges Bild des Kosmos als Grundlage der Lebensführung zu vermitteln suchten. Diese zentrale Aufgabe der Philosophie formulierten der Aristoteles-Schüler Dikaiarch im 4. Jahrhundert v.Chr. und Boethius im 6. Jahrhundert n.Chr. mit ganz ähnlichen Worten: Die Lebensführung soll den Gesetzmäßigkeiten der Natur angepasst sein. Naturgemäßheit – wie immer definiert – kennzeichnet das rechte Leben.5 Nun gab es außerhalb der Philosophie Traditionen, an denen sie ihre Lehren für das gute Leben messen konnte. Schon Aristoteles zitierte zur Bekräftigung eigener Argumente gern Sprichwörter, die auch im rhetorischen, gleichfalls mit ethischem Anspruch erteilten Unterricht beliebt waren. Der Stoiker Chrysipp veröffentlichte eine Sprichwortsammlung, und der Epikureer Polystratos richtete einen eigenen Traktat gegen die Ver-
3 A. DIHLE, Die Philosophie der Barbaren, in: T. HÖLSCHER (Hg.), Gegenwelten, München/Leipzig 2000, 183–203. 4 Hecat. Abd. FGrHist 264 F 1–6; Megasth. FGrHist 715 passim, vor allem F 3; dazu K. KARTTUNEN, India and the Hellenistic World, Helsinki 1997, 69–94. 5 Dicaearch. frg. 29 WEHRLI; Boeth. Consol. Philos. 1,4,4.
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ächter der Volksweisheit.6 Mit Recht hielt man deren Maximen für alt, und Alter verleiht Autorität. Schon bei Euripides gibt es den Gedanken, dass alles, was seit jeher gilt, mit der Natur gleichzusetzen sei.7 Eine alte Lebensregel konnte also dem Anspruch der Philosophie genügen, moralische Forderungen auf die Natur zu gründen. Dass die orientalische Weisheit uralt sei, war unter den Griechen seit langem ausgemacht. Bei Herodot und Platon etwa gibt es dafür Belege, und seit dem 4. Jahrhundert häufen sich die Geschichten von langen Reisen griechischer Philosophen, auf denen sie ihre Erkenntnisse in den Unterhaltungen mit exotischen Weisen erwarben. Sokrates, zu dessen Bild es gehörte, seine Vaterstadt nie verlassen zu haben, sei gar von einem reisenden Inder belehrt worden, so der Aristoteles-Schüler Aristoxenos. Ein anderer Aristoteliker, Klearchos, dessen Vortragsreisen bis in eine Griechenstadt im heutigen Afghanistan bezeugt sind, sei von einem jüdischen Schriftgelehrten unterwiesen worden.8 Der ägyptische Priester Manethon und sein babylonischer Kollege Berossos verfassten schon in frühhellenistischer Zeit Darstellungen der Geschichte ihrer Heimat, und zwar in griechischer Sprache, um so den neuen Herren Alter und Würde ihrer Überlieferungen im Detail vor Augen zu führen. Eine einschlägige Theorie deutet sich bei Aristoteles an, in einer Magikos betitelten, also auf Persien bezogenen Schrift. Vor allem Stoiker haben die darin ausgeführten Gedanken aufgegriffen: Im Urzustand hatten die Menschen ein angeborenes Wissen von der Natur, das ihnen das rechte Handeln ermöglichte. Dieses ging durch Naturkatastrophen und durch gesellschaftliche Zwänge als Allgemeinbesitz verloren. Es erhielt sich aber teilweise in exotischen Weisheitstraditionen.9 Die Philosophie der Barbaren verfolgte also aus dieser Sicht wie die griechische das Ziel eines naturgemäßen Lebens. Nun war die allgemeine Bewertung exotischer Tradition leichter zu behaupten als durch einen Vergleich mit der griechischen Philosophie zu beweisen. Soweit wir wissen, hat es eine ernsthafte Beschäftigung mit Hieroglyphen, Keilschrift oder Sanskrit bei den Griechen nie gegeben, obwohl die Zusammenarbeit babylonischer und griechischer Astronomen bezeugt ist und im Alltagsleben zweifellos viele Griechen orientalische Sprachen beherrschten. Aber Fremdsprachen als Medien der Bildung anzusehen, ist den Griechen nie eingefallen. Zu ausgeprägt waren über Jahrhunderte ihr 6 Arist. frg. 13 R OSE; SVF II 16; dazu A. DIHLE, Vom gesunden Menschenverstand, Heidelberg 1995. 7 Eur. Ba. 895f. 8 Hdt. 1,143; Plat. Tim. 22bc; Aristox. frg. 53 W EHRLI; Clearch. frg. 6 WEHRLI. Pyrrhon, der Begründer einer skeptischen Richtung, der wie Sokrates nichts Schriftliches hinterließ, kam als Soldat Alexanders wirklich bis Indien: Test. 1A DECLEVA-CAIZZI. 9 Arist. frg. 32; 53 ROSE; SVF III 218; 228f.
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kulturelles Prestige und ein entsprechendes Selbstbewusstsein. Die hochentwickelte griechische Sprachwissenschaft konzentrierte sich auf die eigene Sprache und verzichtete auf den Sprachenvergleich. Die indischen Wörter in der griechischen Lexikographie stammen aus Politik und Handel, nicht aus dem Studium indischer Literatur. Schon die Epinomis, eine frühe pseudoplatonische Schrift, äußert den Gedanken, dass die Barbaren vieles erfanden, erst die Griechen es jedoch zur Vollendung brachten. Dasselbe sagt Celsus in seiner antichristlichen Polemik.10 Indessen verlieh ein anerkannt hohes Alter der „barbarischen“ Weisheit auch dann unbestrittene Autorität, wenn man über ihren Inhalt wenig zu sagen wusste. Die Doxographie, die Zusammenstellung philosophischer Lehrmeinungen – etwa im Werk des Diogenes Laertios – begann stets mit der Philosophie der Barbaren. Da wurden persische Magier, keltische Druiden, ägyptische Priester, indische Brahmanen und andere als barbarische Philosophen aufgezählt, ohne dass der Leser etwas über ihre Lehren erfuhr, im Gegensatz zur anschließenden Darstellung der griechischen Schulphilosophien. Eine Sonderstellung unter den Barbarenphilosophen nahmen freilich die jüdischen Schriftgelehrten ein. Die Juden Ägyptens, die dort seit babylonisch-persischer Zeit ansässig waren, übernahmen nach dem Alexanderzug sehr schnell das Griechische, die Sprache der neuen Herren, die sich sogar in Palästina geltend machte. Vermutlich im 3. Jahrhundert v.Chr. gab es in Ägypten die ersten Übersetzungen biblischer Texte, vor allem der Thora, und noch in hellenistischer Zeit wurde der griechische Bibeltext zur Grundlage des religiösen Lebens der Juden in der Diaspora. Das graecophone Judentum breitete sich rings um das Mittelmeer aus, verstärkt seit der Einbeziehung der hellenistischen Welt in das Römerreich. Erst die großen Judenkriege von 70, 115 und 135 n.Chr. ließen die jüdische Literatur in griechischer Sprache zugunsten einer Rückkehr zum Hebräischen und Aramäischen allmählich zurücktreten. Doch das griechische Alte Testament war inzwischen zur Bibel der Christen geworden, die auch Teile der außerbiblischen griechisch-jüdischen Literatur übernahmen und vor dem Untergang bewahrten. Ein jüdischer Text, wohl aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. nach der Sprache zu urteilen, der sogenannte Aristeas-Brief, erzählt die bekannte Septuaginta-Legende von der Übersetzung der Thora ins Griechische durch 72 Schriftgelehrte, die König Ptolemaios II. aus Jerusalem nach Alexandrien kommen lässt. Nach der Arbeit gibt der König ihnen ein Gastmahl, bei dem sie in lebhaften Diskussionen ihre Weisheit zeigen. Wiederholt und mit Selbstverständlichkeit wird auch hier die auf dem Bibeltext gründende jüdische Religion „Philosophie“ genannt. Wiederum gibt es eine indische
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Orig. Cels. 1,2.
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Parallele. Ein in Pali abgefasster Text erzählt die Geschichte von einer Diskussion des Königs Milinda mit indischen Weisen. Hinter dem Namen verbirgt sich der griechische König Menandros. Er beherrschte um die Mitte des 2. Jahrhunderts v.Chr. ein Reich im nordwestlichen Indien, förderte den Buddhismus und wurde nach indisch-buddhistischer Sitte in einem Stupa bestattet.11
2. Autoritative Schriften Die buddhistisch-jüdische Parallele liegt auf der Hand, doch die Auswirkungen auf beiden Seiten waren verschieden. Die Kunde von den indischen Yoghins, den Gymnosophisten, mit denen Alexander ins Gespräch kam, geriet nie in Vergessenheit, denn die Alexander-Überlieferung blieb lebendig12, und indische Gesandte und Kaufleute erschienen während der hellenistisch-römischen Zeit wiederholt am Mittelmeer. Nicht nur die asketischen Kyniker, sondern auch andere Literaten und Philosophen wie die Alexanderhistoriker, Philostrat, Plotin und Porphyrios interessierten sich für indische Asketen, ohne indische Texte zu kennen. Ebenso ist das Interesse an den Juden und ihrem Gemeinwesen seit den ersten Schülern des Aristoteles bezeugt. Aber anders als im Fall der indischen „Barbarenphilosophen“ gab es jüdische Gemeinden in der griechisch-römischen Welt. Auch ihre heiligen Schriften und eine daran anknüpfende jüdische Literatur waren in griechischer Sprache zugänglich. Schon im 2. Jahrhundert v.Chr. verfasste der Alexandriner Aristobul Bibelauslegungen, in denen die Anthropomorphismen in der biblischen Rede von Gott ganz im Sinn der griechisch-philosophischen Mythenexegese allegorisch erklärt wurden. Der Verfasser sieht wie der sogenannte AristeasBrief seine Religion als Philosophie, und zwar als die älteste. Nicht erst Sokrates und Platon, sondern schon Homer und Hesiod haben von Moses gelernt. Aristobul hat in der Überlieferung den Beinamen Peripatetiker erhalten, was seinen Status als Philosoph oder Gelehrter bestätigt. Die Fragmente seines Werkes13, ebenso wie die seiner Zeit- und Glaubensgenossen – nicht weniger als 14 Werke jüdischer Autoren zwischen dem 2. Jahrhundert v.Chr. und dem 2. Jahrhundert n.Chr. zählt die Sammlung der
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Ep. Arist. 31; zu Menandros W.W. TARN, The Greeks in Bactria and India, Cambridge 21951, 414ff. 12 Zur Gymnosophisten-Tradition KARTTUNEN, India (s. Anm. 4), 60 mit Anm.; A. DIHLE, Art. „Indien“, RAC 11 (1996) 7f. 13 C.R. HOLLADAY, Aristobulus (Fragments from Hellenistic Jewish Authors, Vol. 3), Atlanta (Georgia) 1995.
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griechischen Historikerfragmente –, sind meist bei christlichen Autoren erhalten. Oft zitieren sie aber nicht die Originale, sondern Auszüge aus der Schrift des Alexander Polyhistor über die Juden.14 Dieser Alexander kam in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v.Chr. als Kriegsgefangener nach Rom, wurde freigelassen, damit römischer Bürger und entfaltete eine vielseitige literarisch-wissenschaftliche Tätigkeit. Aus seinem Werk konnte der griechische Leser viel über den Inhalt biblischer Bücher erfahren. Alexander war nur ein Vertreter einer umfangreichen Literatur περὶ Ἰουδαίων, zu der allerdings auch polemische Schriften κατὰ Ἰουδαίων zählten. So schrieb Apollonios Molon, der Lehrer Ciceros, einen antijüdischen Traktat. Die Schrift des Philosophen Apion aus der frühen Kaiserzeit kennen wir durch die Entgegnung des Josephus. Apion bestritt ein hohes Alter der jüdischen Philosophie und betrachtete sie als Plagiat ägyptischer Lehren. Man sieht die Bedeutung, die das Altersargument besaß. Echte Zitate aus der Septuaginta sind bei paganen Autoren zwar selten. Aber die Kenntnis des Inhaltes der Bibel war aus jüdischen und nichtjüdischen Büchern unschwer zu gewinnen. Immerhin las später, als es um die Auseinandersetzung mit den Christen ging, der Philosoph Porphyrios die Bibel so genau, dass er die Abfassungszeit des Buches Daniel richtig erkannte.15 Indessen legte es auch der Wandel der griechischen Philosophie im 1. Jahrhundert v.Chr. den Außenstehenden nahe, aus einer derart vermittelten Information über das Alte Testament die jüdische Religion als Philosophie zu verstehen. In den Philosophenschulen der hellenistischen Zeit, die mit ihren sehr verschiedenen Lehren untereinander in scharfer Konkurrenz standen, vollzogen sich Forschung und Unterweisung anfänglich im Medium der Diskussion ständig neuer Probleme, wie sie eine lebendige philosophische Tradition hervorbringt. Besonders deutlich wird das etwa in der skeptischen Phase des Platonismus, dem es gelang, die stoische Dogmatik aus den Angeln zu heben. Der gelehrte und scharfsinnige Chrysipp hatte vollauf zu tun, die Lehren seiner Schule erneut zu begründen. Im 1. Jahrhundert v.Chr., einer Zeit des demütigenden Niederganges der hellenistischen Staatenwelt, richteten sich die Blicke mehr als zuvor auf die unvergessene, große Vergangenheit. Der nie verleugnete, nunmehr aber verstärkte Klassizismus machte sich auf mehreren Gebieten des Geisteslebens bemerkbar. In der Philosophie, zuerst bei Akademikern und Peripatetikern, rückten die Schriften der Schulgründer in den Mittelpunkt. Die Pragmatien des Aristoteles, im frühen 1. Jahrhundert v.Chr. wiederentdeckt, verdrängten allmählich die bis dahin allein bekannten exoterischen, veröffentlichten Schriften. Ihr wissenschaftlicher Charakter erforderte eine 14 15
Jos. c. Ap. 2,154; Alex. Pol. FGrHist 273 F 19; 102. Hier. Comm. in Dan., PL 25, 491 B.
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Kommentierung, ebenso wie – unter anderen Voraussetzungen – die kunstvoll komponierten und gelegentlich kryptischen Dialoge Platons. Damit begann die lange, bis tief in Spätantike reichende Reihe der Platonund Aristoteles-Kommentare. Aus dem unablässigen Bemühen um die rechte Auslegung dieser großen Texte erwartete man nunmehr den philosophischen Fortschritt. Plotin bezeichnete seine gesamte, höchst originelle Philosophie als Auslegung platonischer Texte. Stoiker und Epikureer folgten dieser Tendenz. So wurde, wie es Seneca einmal ausdrückt, aus der Philosophie Philologie, also gelehrte Tätigkeit.16 Man konnte nämlich die ständig verfeinerte Auslegung nicht ohne einen hinlänglichen, auch außerphilosophischen Wissensvorrat leisten. Zudem suchte man die in verschiedenen Schulen erarbeiteten Methoden für die Exegese fruchtbar zu machen, so dass sich aus ihrer wechselseitigen Anwendung die Schulgegensätze in den nächsten Jahrhunderten zunehmend einebneten. Es verbreitete sich die Auffassung, dass Platon, Aristoteles und die Stoiker – freilich nicht die Epikureer – im Grunde dasselbe gesagt und jedenfalls gewollt hätten. Den Kern des philosophischen Unterrichtes bildeten nunmehr Textlektüre und -interpretation, und nur im Anschluss daran gab es freiere Problemdiskussionen. Sie sind z.B. in Arrians Aufzeichnungen aus der Schule des Stoikers Epiktet bezeugt. Porphyrios berichtet in der Plotin-Vita von einem Neuankömmling im Schülerkreis, der Zeuge einer solchen Diskussion über ein Problem vom Vortag wird und ungeduldig fragt, wann man denn endlich zur Sache – d.h. zur Textlektüre – komme. Längst gab es damals eine systematische Leseliste aristotelischer und platonischer Texte im Schulbetrieb, und in der Exegese entdeckt man immer wieder auch stoische Begriffe. Der fromme Jude, der, wie der 1. Psalm sagt, „Tag und Nacht von der Thora redet“, verdiente aus dieser Sicht also in der Tat den Philosophentitel.
3. Religiöse Orientierung der Philosophie Eine weitere Eigentümlichkeit der Philosophie seit späthellenistischer Zeit ist hier zu nennen, nämlich die zunehmende Einwirkung der Religion. In der frühhellenistischen Epoche erlebten die Wissenschaften eine hohe Blü16 Zum Wandel im philosophischen Schulbetrieb P. HADOT, Théologie, exégèse, révélation, écriture, dans la philosophie grecque, in: M. TARDIEU (Hg.), Les règles de l’interprétation, Paris 1987, 13–34, Ndr. in: P. HADOT, Études de philosophie ancienne, Paris 1998, 27–60; Plot. Enn. 5,1,8,10; Sen. Ep. 108,24. Dass die Philosophie der Philologie, d.h. der gelehrten Tätigkeit, übergeordnet sei, blieb dabei unbestritten. Vgl. Porphyrios’ herablassendes Urteil über den gerade durch seine philologischen Arbeiten berühmten Neuplatoniker Longinos (Porph. VPlot. 13); vgl. Epict. Diss. 1,10,8.
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te, und im gesamten Geistesleben scheint die Atmosphäre recht rationalistisch gewesen zu sein. Wissenschaftliche Produktivität setzte sich zwar auf etlichen Gebieten, z.B. der Mathematik und der Geographie, bis tief in die Kaiserzeit fort. Insgesamt aber ließ sie deutlich nach, während sich die religiöse Empfänglichkeit unter den Griechen und damit auch das Interesse an den religiösen Traditionen des Ostens deutlich steigerten. Dem wiederum kam das seit dem 2. Jahrhundert v.Chr. wachsende Selbstbewusstsein der Orientalen entgegen. Sie brauchten auch nach einer Integration in die Sprache und Kultur der privilegierten griechischen Gesellschaft die alten Götter nicht zu verleugnen. Griechische Spekulation hatte schon früh in den Göttern Ägyptens oder Kleinasiens das eigene Pantheon unter anderen Namen entdeckt. Die Griechen ihrerseits fühlten sich in der exotischen Umgebung von den dortigen Kulten angezogen. Das hängt mit der Mobilität der Bevölkerung in einer größer gewordenen Welt zusammen. Dass man nämlich den für ein Land zuständigen Göttern die Verehrung nicht versagen dürfe, ist ein Credo vieler polytheistischer Religionen. Für den einzelnen Griechen, der sich in einem der großen Territorien des Ostens niedergelassen hatte, um seine Lebenschancen zu erhöhen, bedeutete das zugleich den Verlust der Sicherheit, die ein traditionelles Gemeinwesen unter dem Schutz der zuständigen Götter vermittelt. Die Zuwendung zu den Göttern des neuen Wohnsitzes, ob von den griechischen Herren des Territoriums ihren Vorstellungen in Kult und Sprache angeglichen oder auch nicht, konnte diesen Verlust kompensieren. Ähnlich die Mysterienkulte. Diese galten zum Teil exotischen Gottheiten, z.B. der Ägypterin Isis, deren Anhänger eifrig Mission trieben. Sie waren nicht auf eine Region oder politische Gemeinde beschränkt. Der Eingeweihte betrachtete sich als Glied einer über die ganze Kulturwelt verteilten Gemeinschaft, in der Herkunft und sozialer Status keine Rolle spielten. Selbst über den physischen Tod hinaus versprachen sie Rettung und Heil. Auch Astrologie, Magie und Orakelwesen gewannen vor allem in der Kaiserzeit ständig an Boden, also gleichfalls Handlungen, die eher dem Einzelnen als der Gemeinde – bisweilen allerdings auch dieser – Sicherheit verhießen. Die Philosophie blieb von diesen Wandlungen in der Mentalität der Menschen nicht unberührt. Die Schulen hatten durchweg ihre Theologie, die Lehre vom Göttlichen, entwickelt, und zwar als Teil der Physik.17 Die Gottheit war nach griechischer Anschauung ein Teil der Natur, fügte sich ihrer Ordnung ein und stand ihr nicht als Schöpfer oder Regent gegenüber. Nur die epikureische Theologie entwarf ein aller religiösen Tradition zu17 SVF II 1008–1105. Frömmigkeit als Teil rechter philosophischer Lebensführung erörtert Epiktet (Diss. 2,20,21ff.; Ench. 31) und ähnlich Marc Aurel (9,1; 12,1,1–2). Vgl. P. HADOT, La citadelle intérieure. Introduction aux Pensées de Marc Aurèle, Paris 1992, 151.
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widerlaufendes Bild von Göttern, die in seliger Abgeschiedenheit sich weder um das Naturgeschehen noch um das Ergehen der Menschen kümmern. In den meisten Schulen hielt man die Beteiligung am traditionellen Kult mit philosophischen Überzeugungen für vereinbar. Die Stoiker interpretierten die Götter als Verkörperungen der Naturkräfte, auch wohl der moralischen Wertbegriffe, die Platoniker als Geistwesen verschiedenster Art, die im Kosmos und seinen Lebensvorgängen ihre Aufgaben unter der Herrschaft eines obersten kosmischen Gottes wahrnehmen. Mit der wachsenden Bedeutung des Denkens in religiösen Kategorien verstärkte sich bei den Philosophen das Bedürfnis, die Fülle religiöser Phänomene zu deuten. Das führte in neue Felder der Interpretation mit der bekannten langen Nachwirkung. Die Theorie der sogenannten theologia tripertita systematisierte die Formen der Verehrung der Gottheit: Der traditionell praktizierte, selbstgenügsame Kult stabilisiert das Gemeinwesen, die Mythen der Dichter veranschaulichen, richtig interpretiert, das Wirken der Gottheit, die Philosophie endlich lehrt, das Wesen der Götter und den Sinn ihrer kultischen Verehrung zu verstehen. 18 In der religiösen Atmosphäre des delphischen Heiligtums lässt Plutarch an einen ungläubigen Epikureer die Mahnung ergehen, er solle sich um die Aufklärung der Widersprüche in den vielen dort gepflegten religiösen Überlieferungen bemühen, dabei aber weder mit der Gottheit in Streit geraten noch den Glauben der Väter verletzen. Gegenüber diesem pietätvollen Traditionalismus trägt die Religiosität des Aristeides, des berühmten Sophisten, durch übersteigerte Wundergläubigkeit geradezu hysterische Züge, und die gelassene, stoisch bestimmte Weltfrömmigkeit des Kaisers Marc Aurel repräsentiert wiederum einen anderen Typ religiösen Verhaltens der Bildungsschicht. Bei Aelian, also etwa in derselben Zeit, ist ein Zitat überliefert, das die Frömmigkeit der barbarischen Philosophen den gottlosen Epikureern entgegenstellt. Dass man sich diese Philosophen durchweg als Priester vorstellte, war nicht abwegig, aber es erhöhte, ganz unabhängig vom Kenntnisstand, ihre Autorität. Der Platoniker Celsus bezeichnet Inder und Ägypter als Völker, die der Gottheit besonders nahe stünden.19 Vor diesem Hintergrund versteht man, dass aus der Zeit seit dem 1. Jahrhundert n.Chr. Texte erhalten sind, die Heilslehren angeblich babylonischer, ägyptischer oder persischer Herkunft enthalten. Es geht darin um die Soteria des Menschen auf Grund eines offenbarten Wissens, wobei diese Rettung die Unsterblichkeit meint, die Rückkehr der Menschenseele 18 Vgl. A. DIHLE, Die Theologia tripertita bei Augustin, in: H. CANCIK (Hg.), Geschichte – Tradition – Reflexion (FS M. HENGEL) 2, Tübingen 1996, 183–202. 19 Plut. De Pyth. orac. 18; Ael. VH 2,31; Celsus bei Orig. Cels. 6,80 (Indien/Ägypten); 7,62; Numen. frg. 8 DES PLACES.
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oder doch ihres wertvollsten Teiles in die intelligible Welt des wahren Seins, aus der sie stammt. Sieht man sich die darin vorgetragenen, oft einem göttlichen Wesen in den Mund gelegten Lehren genauer an, zeigt sich sehr bald, dass sie vornehmlich aus Stücken griechischer, zumeist platonischer Philosophie zusammengesetzt und nur äußerlich „orientalisiert“ sind. Es ist schwer auszumachen, welche philosophisch und religiös interessierte Gruppe etwa hinter den Hermetischen Schriften zu suchen ist. In der Philosophie jedenfalls hielt sich dieser Orientalismus lange. Im 2. Jahrhundert n.Chr. nannte der Platoniker Numenios Platon einen attisch sprechenden Moses, Plotin hoffte, durch die Teilnahme an einem Perserfeldzug mit indischen Weisen in Kontakt zu kommen, und für Porphyrios und Jamblich waren die sogenannten Chaldäischen Orakel eingehender Exegese würdig. Freilich zeigten die besten unter den Philosophen des 3. und 4. Jahrhunderts wie Plotin und Alexander von Aphrodisias oder der Christ Johannes Philoponos sich gegenüber solchen Texten deutlich zurückhaltend. Doch das seit dem Hellenismus sich regende Interesse an Wundertätern nach der Art des Apollonios von Tyana steigerte sich durch die ganze Kaiserzeit. Es kulminierte im späten Platonismus in der Vorstellung, dass sich der vollkommene Philosoph durch übernatürliche Kräfte legitimiere, wie es etwa Marinos in der Biographie seines Lehrers Proklos beschreibt. Das passt zur sogenannten Theurgie, der kultisch-magischen Kommunikation mit der Gottheit mit dem Ziel der Erkenntnis höherer Wahrheit, was gleichfalls für etliche Neuplatoniker bezeugt ist.20 Auch aus dieser Perspektive also konnten die jüdische und die christliche Religion der Philosophie subsumiert werden. Dabei spielte das Altersargument eine bedeutsame Rolle, auch im Verhältnis zum römischen Staat. Das Judentum, das älter war als die Herrschaft der Römer in der griechischen Welt, konnte sich aus diesem Grunde, wie man aus Philon erfährt, trotz seiner Ablehnung des staatlich sanktionierten Götterkultes der Duldung erfreuen. Das Christentum hingegen, das erst nach dem Beginn der Kaiserherrschaft als eigene, vom Judentum getrennte Religion wahrgenommen wurde, hatte auf solche Duldung keinen Anspruch. Dem entsprach in der literarischen Polemik, dass man das Christentum vom Judentum zu trennen und seine Berufung auf die Thora zu bestreiten suchte. Das hohe Alter der jüdischen Tradition war seit langem ein Thema. Aristobul hatte schon im 2. Jahrhundert v.Chr. behauptet, die griechische Philosophie gehe auf Moses zurück, den er mit dem mythischen Sänger Musaios identifizierte. Sein Zeitgenosse Artapanos machte Moses sogar zum Stifter der ägyptischen Religion. Im 1. Jahrhundert n.Chr. schloss Josephos aus dem Fehlen des Wortes νόμος bei Homer, dass dieser die Thora des Moses 20 Zu den Wundertätern G. ANDERSON, Sage, Saint and Sophist, London 1994; Marin. Procl. 28f.; 33 u.ö.
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nicht gekannt habe. Dass derlei Spekulationen auch auf Griechen Eindruck machten, zeigt der eben zitierte Ausspruch über Platon als den attisch sprechenden Moses. Indem der Platoniker Celsus aber den Christen ihre Berufung auf die Thora bestritt, trennte er sie von der Philosophie der Barbaren. Celsus, im 2. Jahrhundert n.Chr., war kein Judenfreund und hielt die „jüdische Philosophie“, wie erwähnt, für ein Plagiat der ägyptischen. Aber er bewunderte die Treue der Juden zu ihrer Überlieferung und sah die Christen nur als Abtrünnige.21 Schon der früheste christliche Apologet, Aristeides, ein Zeitgenosse Kaiser Hadrians, tritt uns als Philosoph entgegen, und dasselbe gilt für den etwas jüngeren Justin. Er war der Meinung, dass der göttliche Logos die Griechen durch die Philosophie und die Juden durch das Gesetz auf die endgültige Offenbarung Jesu Christi vorbereitet habe. Justin war vor seiner Bekehrung professioneller Philosoph gewesen. Seine Schriften bezeichnen die christliche Religion ganz selbstverständlich als Philosophie, und der Verfasser wird nicht müde, auf die gottgewirkten Gemeinsamkeiten zwischen Christus, Moses und Sokrates hinzuweisen. Sein Schüler Tatian hingegen will der paganen Philosophie, die er römischen Hochmut und athenische Spitzfindigkeit nennt, den Laufpass geben und sich an „unsere“ – die christliche – philosophia barbaros halten. Meliton von Sardes endlich betont, dass die Philosophie, wie die Christen sie pflegen, schon in früher Zeit bei den Barbaren in Blüte stand. Eusebius, dem wir diese Zitate aus Meliton verdanken, präzisiert das dahingehend, dass christliche Philosophie weder mit der jüdischen noch der griechischen zu identifizieren sei. Vielmehr sei sie älter als beide, doch erst jüngst der Menschheit offenbart. 22
4. Philosophie und Lebensgestaltung Neben den Motiven, die griechische Philosophie und biblische Überlieferung den Zeitgenossen als vergleichbare Größen erscheinen ließen – Barbarenphilosophie, autoritative Schriften und religiöse Orientierung – gab es ein weiteres. Es kam schon am Anfang unserer Betrachtung kurz zur Sprache, doch verdient es nähere Erörterung. Das Wort Philosophie mit seinen Derivaten hat im Laufe der Geschichte viele Veränderungen seiner Bedeutung erlebt. Wir sprechen heute von der Verkaufsphilosophie des REWE-Konzerns oder der Philosophie der militä21 Aristobul frg. 2, 3 und 4 bei Eus. Praep. Ev. 8,9–10 und 13,12; Artapanos FGrHist 726 F 3 bei Eus. Praep. Ev. 9,27; Jos. c. Ap. 2,154f. 22 Aristeides bei Eus. HE 4,3,3; Justin. Apol. 1,5; 1,26; 2,10; Tat. Ad Gr. 35; Meliton bei Eus. HE 4,26 mit der ausdrücklichen Beziehung „unserer“ Philosophie auf die Philosophie der Barbaren und ihr hohes Alter; Eus. Dem. Ev. 1,2.
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rischen Abschreckung, von Philosophie als Grundlage einer individuell gewählten Lebensweise oder als akademischer Disziplin. Diese wiederum lässt sich in Sprach-, Geschichts-, Naturphilosophie und andere Bindestrichphilosophien einteilen. Der ältesten Bedeutung dieser Wortgruppe kommt das durchaus nahe.23 Sie bezieht sich nämlich, sehr ähnlich wie σοφός und σοφία, ganz allgemein auf Klugheit, Können und Wissen. Freilich erfasste griechisches Denken schon früh den Unterschied zwischen Theorie und Praxis als gestaltende Faktoren eines Menschenlebens. Der Tragiker Euripides etwa hat das wiederholt zum Thema gemacht.24 Das Wort Philosophie konnte man der theoriebestimmten Lebensweise zuordnen, wie es der Aristoteles-Schüler Herakleides im Vergleich mit den drei Arten der Besucher der Olympischen Spiele erläuterte: Die einen kommen, um im Wettkampf zu siegen, die anderen, um Handel zu treiben und wieder andere, um zu schauen.25 Dabei spielt in diesem Verständnis der Gegenstand der Schau und damit des Nachdenkens keine entscheidende Rolle. Ein etwa gleichzeitiger pseudoplatonischer Dialog vergleicht den Philosophen wegen der Vielfalt seines Wissens und seiner Interessen mit dem Fünfkämpfer. Beide werden nur vom Spezialisten in den einzelnen Disziplinen übertroffen.26 Platon hatte den Unterschied zwischen dem Philosophen, dem Weisheitsfreund und dem Weisen anders begründet. Nur der Gott ist weise oder wissend, σοφός. Der Mensch muss sich mit dem Bemühen um Weisheit begnügen. Entscheidend für dieses Verständnis war zuvor das Auftreten des Sokrates geworden. Sein unablässiges Fragen und Prüfen brachte zutage, dass weder er selbst noch seine Gesprächspartner im Besitz des erhofften oder beanspruchten Wissens waren, und zwar vor allem in Fragen des alltäglichen Lebens. Diese Unzulänglichkeit und Vorläufigkeit menschlichen Wissens forderte demnach eine lebenslange und deshalb lebensgestaltende Suche nach Wahrheit. Philosophie musste also weniger gelernt und gelehrt als gelebt werden. Platon hat dieses sokratische Konzept nach mehreren Seiten hin ausgestaltet, ohne seinen Kern zu verändern. Im Phaidros definiert er das vollkommene Leben als die unablässige, mit anderen gemeinsame Suche nach Wahrheit. Dabei wird jede gewonnene Erkenntnis zur Grundlage neuen Fragens.27 Aber während Sokrates bei den Vorstellungen der All23 Zur Geschichte des Wortes Philosophie C. RIEDWEG, Zum Ursprung des Wortes „Philosophie“ oder Pythagoras von Samos als Wortschöpfer, in: A. B IERL (Hg.), Antike Literatur in neuer Deutung (FS J. LATACZ), München/Leipzig 2004, 144–177. 24 Eur. frg. 179ff.; 910 KANNICHT. 25 Herakleides frg. 87f. WEHRLI. 26 [Plat.] Amat. 135e–136a. 27 Plat. Phdr. 276e–277a; ebd. 278d der Verweis darauf, dass nur Gott σοφός genannt werden könne.
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tagswelt blieb, ordnete sein Schüler diese Ethik des Suchens in eine umfassende Seinslehre ein. Dadurch versah er sie mit dem zwar empirisch unerreichbaren, aber spekulativ eindeutig bestimmten, sinnstiftenden Ziel, der Einsicht in die allein wahrhaft seiende, intelligible Welt. Das bedeutete zugleich, dass der als moralischer Aufstieg verstandene Erkenntnisprozess nicht nur bei den Fragen des täglichen Lebens, sondern bei jedem empirisch gegebenen Gegenstand einsetzen, also die gesamte Wissenschaft einschließen konnte. In diesem Rahmen haben die ersten Schüler Platons28 und dann vor allem Aristoteles und seine Schule eine alle damals bekannten Gebiete umfassende wissenschaftliche Tätigkeit entfaltet. Dabei blieb die moralische Bewertung dieser Aktivität und damit die Beziehung zur philosophischen Lebensgestaltung erhalten. Aristoteles gab dann eine ausdrückliche Definition der Philosophie im Unterschied zu den ja gleichfalls um der Erkenntnis willen betriebenen Einzelwissenschaften: Die Philosophie befasst sich mit den Erscheinungen, die alles Seiende betreffen, wie Werden und Vergehen, Raum und Zeit und dergleichen, also dem Allgemeinen. Den wissenschaftlichen Disziplinen ist das beobachtete Einzelne auf ihren jeweiligen Gebieten als Gegenstand vorgegeben. Die Lösungen der dabei auftretenden Probleme gelten nur für das jeweilige Gebiet, wenn auch in bestimmten Fällen die induktive, vom Einzelnen ausgehende Methode bis zum Allgemeinen vordringen kann. Jedenfalls aber darf ein Resultat wissenschaftlicher Forschung nicht den deduktiv, von Prinzipien her gewonnenen Einsichten der derart übergeordneten Philosophie widersprechen. In diesem Sinn subsumierte Aristoteles sogar alle Wissenschaften der Philosophie.29 Dass jedes Bemühen um Erkenntnis der Wahrheit das Leben prägt, also ethische Konsequenzen hat, war in der platonisch-aristotelischen Tradition zentraler Gedanke. Der große und vielseitige Gelehrte Eratosthenes, der während seiner Athener Studienzeit im 3. Jahrhundert v.Chr. in stoischen und platonischen Kreisen hospitiert hatte und auch philosophische Bücher verfasste, erläuterte das in seinem Platonikos durch eine Anekdote: In Delos brach eine Seuche aus, und die Delier befragten deshalb in Delphi das Orakel des Apollon, des Gottes, der Seuchen schikken und beenden kann. Der Gott wies sie an, seinen kubischen Altar auf ihrer Insel auf die doppelte Größe zu bringen. Die Delier wussten mit diesem Auftrag, der ein mit den Mitteln damaliger Geometrie unlösbares Problem stellte, nichts anzufangen und befragten Platon. Der antwortete 28 Komiker machten sich über die wissenschaftlichen Untersuchungen in der Schule Platons lustig: Alexis frg. 1; Epikrates frg. 10 KASSEL-AUSTIN. 29 Zu Aristoteles’ Unterscheidung zwischen Philosophie und Einzelwissenschaften und ihrer Nachwirkung A. DIHLE, Lebenskunst und Wissenschaft, in: C. RAPP, T. WAGNER (Hgg.), Wissen und Bildung in der antiken Philosophie, Stuttgart 2006, 25–36.
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ihnen, dass das Orakel sie zu lebenslanger Beschäftigung mit der Mathematik aufrufe. Das werde sie moralisch bessern und den Gott fortan von der Sendung einer Seuche abhalten.30 Dieses Verständnis der Philosophie als Suche nach Wahrheit um der reinen Erkenntnis willen, die sie mit den Einzelwissenschaften gerade unter moralischem Aspekt teilte, widersprach den meisten Richtungen und Schulen, die sich im 4. Jahrhundert v.Chr. auf das exemplum Socratis beriefen, wie Kyrenaiker, Kyniker oder Megariker. Hier lag, unerachtet sehr verschiedener Grundanschauungen – etwa Askese oder Lustgewinn, Möglichkeit oder Unmöglichkeit beweisbaren Wissens – der Akzent auf der Lebenspraxis. Ihr habe alles Nachdenken zu dienen. Wissenschaftliche Forschung nur um der Erkenntnis willen war aus dieser Perspektive Zeitverschwendung. Lediglich die später Logik genannte Dialektik wurde allenthalben gepflegt. Es galt, in der Diskussion Argumente fehlerfrei und überzeugend zu formulieren, denn die zweite Bildungsmacht der Epoche, die Rhetorik, hatte die sprachliche Sensibilität geschärft. Einige, wie die Kyniker, verwarfen sogar jegliche intellektuelle Tätigkeit. Die Systeme Epikurs und der Stoa seit etwa 300 v.Chr. überbrückten diese gegensätzlichen Positionen. Das stand im Zusammenhang mit der Professionalisierung des Philosophenstandes und der steigenden Breitenwirkung der Philosophie. Mit einer in sich geschlossenen Theorie der Naturordnung, der daraus herzuleitenden Anweisung zum rechten Leben und einer eigenen Lehre von der Argumentation entwarfen beide Schulgründer eine dreigeteilte Dogmatik nach dem Vorbild des Platonikers Xenokrates. Sie sollte jedermann einleuchten, aber auch dem intellektuell Anspruchsvollen genügen. Es handelte sich um philosophische Entwürfe im Sinn der aristotelischen Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Einzelnem. Durch wissenschaftliche Resultate waren sie nicht zu widerlegen. Epikur etwa akzeptierte gegensätzliche Erklärungen einzelner Phänomene, solange sie der Atomtheorie nicht widersprachen.31 Natürlich fanden die Systeme sogleich Widerspruch, insbesondere von denjenigen Nachfolgern Platons, die das sokratische Nichtwissen zu einer systematischen Skepsis fortentwickelt hatten. Auch die Resultate der Wissenschaften blieben dabei nicht wirkungslos, denn etliche Philosophen, nicht nur in der Schule des Aristoteles, befassten sich auch mit einzelnen Wissenschaften. Stoikern wie Chrysippos und Poseidonios galten sie darum als nützliche Vorbereitung auf die Philosophie. Man soll sie gelernt
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Eratosthenes bei Theo Smyrn. p. 2, 3–12 HEIBERG. Epicur. ad Pythocl. 87 u.ö.
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haben, aber nicht betreiben, sagen Seneca und Epiktet.32 Andere wie Epikur und Bion von Borysthenes hielten sie, weil sie nicht dem rechten Leben dienten, für überflüssig oder gar schädlich. Wer Wissenschaft statt Philosophie betreibt, gleicht den Freiern in der Odyssee, die den Mägden nachstellten statt um Penelope zu werben.33 Diese Rangordnung blieb überall im Hellenismus und der Kaiserzeit unbestritten. Bezeichnenderweise gab es gelegentlich Vertreter einzelner Wissenschaften, unter anderem der Medizin und der Geographie, die für ihr Fach den Rang der Philosophie, der Lebenskunst, beanspruchten.34 Die Unterscheidung zwischen philosophischer Physik als Prinzipienlehre und wissenschaftlicher Erklärung der Naturphänomene blieb unter diesen Bedingungen unerachtet aller Differenzen in der Schulphilosophie unerschüttert, sorgte freilich auch für heftige Kontroversen im Einzelfall.35 Die nachklassische Philosophie war zwar bis zu der schon erwähnten Wendung zur Textexegese durch scharfe Kontroversen innerhalb und zwischen den Schulen gekennzeichnet. Trotzdem kann man in einer Hinsicht von einer Einheit aller nacharistotelischen antiken Philosophie sprechen. Mit ihrer begrifflichen wie inhaltlichen Trennung von den Einzelwissenschaften wurde die Philosophie eine Art von Spezialwissenschaft vom rechten Leben, und zwar mit dem Anspruch, über allen anderen Wissenschaften zu stehen. Das Erziehungswesen akzeptierte diese Auffassung und räumte der Philosophie neben der gleichfalls mit moralischem Anspruch auftretenden Rhetorik die dritte und höchste Stufe des Bildungsganges ein. Dass man, auch ohne dem Berufsstand der Philosophen anzugehören, sich für einige Zeit in ihre Schule begab oder den Philosophen als Berater in schwierigen Lebenssituationen konsultierte, gilt für die ganze nachklassische Zeit. Die platonisch-aristotelische Konzeption, nach der jedes Streben nach Erkenntnis ethische Konsequenzen hat, verengte sich aber auf das Bemühen um die Einsichten, die unmittelbar auf den Lebensvollzug anzuwenden waren. Die Natur der Seinslehre der philosophischen Tradition, nicht die Wissenschaft, lieferte dafür die Grundlage. So ist es kein Wunder, dass die Umwelt Philosophen oft mehr nach ihrer Lebensführung als nach ihrer Lehre beurteilte. Das gilt schon für die Philosophenbiographien des Antigonos von Karystos in der Zeit um 200 v.Chr., später
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Sen. Ep. 88,2; Epict. Diss. 2,23; Epiket bestreitet auch nicht den Nutzen rhetorischer Ausbildung, doch weder Wissenschaft noch Rhetorik sollten zur Dauerbeschäftigung werden (ebd. 30; 48f.; 43f.). 33 Aristippos frg. 23 MANNEBACH. 34 Str. 1, 1; Vitr. De architect. 1,1,7; 2,2; Cels. De medicin. prooem. 8. 35 Zu Poseidonios in einer Kontroverse um den Unterschied zwischen wissenschaftlicher und philosophischer Physik vgl. I.G. KIDD, Philosophy and Science in Posidonius, A&A 24 (1978) 7–15.
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für die satirischen Schriften Lukians, der Philosophengestalten und ihre Lebensweise nach den Vorgaben ihrer spezifischen Lehre konstruiert. Philosophen unterschieden sich gerade im Alltag, etwa durch Tracht und Ernährungsweise, vom Normalbürger. So geht es z.B. aus einer beiläufigen Bemerkung des Arztes Galen in der Anweisung für die Behandlung eines Epileptikers hervor.36 Das rechte Leben ist Inhalt und Ziel philosophischer Lehre und sonst gar nichts, meinen kaiserzeitliche Autoren wie die Stoiker Musonios und Epiktet.37 Man berief sich für diese Maxime auf Sokrates, der als erster gezeigt hatte, dass rechte Philosophie nur gelebt werden könne. Zwar galt dieser Grundsatz für alle Philosophie, Platon und Aristoteles eingeschlossen. Aber erst in nachklassischer Zeit wurde er soweit verschärft, dass man dem Streben nach Erkenntnis um ihrer selbst willen, also ohne Bezug auf die Lebenspraxis, die Würde der Philosophie absprach. Den Philosophen konnte man an seiner Lebensweise erkennen, auch ohne von seiner Lehre viel zu wissen. Das hatte er mit Juden und Christen in paganer Umwelt gemein. Ihre Lebens- und Verhaltensweise erregte bei den Zeitgenossen durch ihre Andersartigkeit Abneigung oder Bewunderung. Ganz in diesem Sinn betont etwa Philon den Lebensbezug der jüdischen Religion und nennt sie gerade in solchem Zusammenhang Philosophie.38 Das rechte Leben lehren zu wollen, die Bezugnahme auf autoritative Texte sowie die Hochachtung vor der Philosophie der Barbaren mit ihrer religiösen Färbung teilten Juden und Christen mit der Philosophie, weshalb Insider, Freunde und Gegner sie entsprechend bezeichneten. Das galt bereits zu der Zeit, als viele Christen der paganen Kultur noch fremd oder, wie etwa im Fall Tatians oder Tertullians, geradezu feindlich gegenüberstanden, was der Mitwelt nicht verborgen blieb. Als sich die Christen dann – und damit will ich schließen – die anfangs abgelehnte pagane Bildungstradition aneigneten, spielte dabei die Philosophie eine herausragende Rolle. Sie wandte sich mit vergleichbaren Ansprüchen und Forderungen an die Menschen und erzwang schon deshalb eine Auseinandersetzung. Ihr in langer Tradition entwickeltes begriffliches Instrumentarium diente nun der immer subtileren Spekulation zur Vermittlung und Deutung der religiösen Botschaft. Wie nachhaltig dabei die Botschaft selbst sich veränderte, steht hier nicht zur Debatte. Dieser lange, bis heute andauernde Prozess hatte jedoch eine nicht unwichtige Voraussetzung: Wesen und Aufgabe der Philosophie in der griechisch-römischen Umwelt ließ das werdende Christentum in den Augen der Zeitgenossen 36
Gal. de epilept. 4 p. 371 KÜHN. Muson. p. 9,14f.; 76,14f. HENSE; Epict. Diss. 1,15,2; zum Problem der „gelebten“ Philosophie P. HADOT, Qu’est-ce que la philosophie antique?, Paris 1995. 38 Die verlorene Schrift Philons trug den Titel „Über das rechte Leben nach der Lehre der jüdischen Philosophen in der Frühzeit“ (Eus. Praep. Ev. 8,11). 37
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von Anfang an als – gute oder schlechte – Philosophie, als Anweisung zu einem rechten, ja über den physischen Tod hinausführenden Leben erscheinen.
II. Literaturgeschichtliche Perspektiven
Philosophie und Religion in der lateinischen Literatur der Kaiserzeit MICHAEL VON ALBRECHT I. Einleitung: Theologia tripertita Als Ausgangspunkt diene eine Unterscheidung, die geeignet ist, für unser Thema als Hintergrund zu dienen. Der große römische Gelehrte Varro, ein Zeitgenosse Ciceros, kennt nicht nur eine, sondern drei „Theologien“.1 Die erste, mythische (theologia fabulosa; genus mythicon) gilt in Poesie und Kunst. Sie ist polytheistisch. Ihr dreigeschossiges Weltbild – die Erde als Scheibe zwischen Himmel und Unterwelt – entspricht dem Augenschein und der psychologischen Selbstwahrnehmung des Menschen. Die zweite, theologia naturalis sive rationalis (genus physicon) beruht auf der Philosophie, die damals überwiegend einen (abstrakten) Monotheismus vertrat. Ihr Weltbild ist das naturwissenschaftliche: die Erde erscheint als Kugel mit fünf Klimazonen; das Universum wird von der damaligen Astronomie geozentrisch vorgestellt. An dritter Stelle steht die theologia civilis (genus politicon), die Staatsreligion. Der Staat war damals nichts Säkulares, sondern eine Kultgemeinschaft, der Kaiser ein Kosmokrator. Varro weist der ersten Theologie als passenden Raum das Theater zu, der zweiten die Welt, der dritten die Stadt. In dieser Einteilung, so treffend sie ist, fehlen allerdings die religiös besonders fruchtbaren Mysterienreligionen. Das varronische Schema der „dreigeteilten“ Theologie ist seiner Herkunft nach vielleicht stoisch, Vorstufen gibt es aber auch bei Platon; es beleuchtet den Gegensatz zwischen der vorchristlichen und der späteren Situation. Der Heide ordnet verschiedenen Daseinsbereichen unterschiedliche theologische bzw. philosophische Anschauungsformen zu, die er koexistieren lässt, ohne sich um eine Vereinheitlichung zu bemühen. Für unser Thema ist wichtig, dass in diesem Schema Philosophie und Religion nebeneinander stehen und beide als „Theologien“ betrachtet werden. Überspitzt könnte man die Philosophenschulen der Antike als unterschiedliche theologische Fakultäten bezeichnen.
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Überliefert bei Aug. Civ. 6,5 (Varro, Antiquitates rerum divinarum frg. 6–11 CARDAUNS).
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Ziel der Philosophie war die Befreiung des einzelnen Menschen, wenn auch nicht durch Einweihungsriten (wie in den Mysterienreligionen), sondern durch die Kraft des Logos, der Einsicht in das Wesen der Welt und der Gottheit vermittelte. Wegen der vergleichbaren Zielsetzung verwendeten die Philosophen vielfach auch die Sprache der Initiation. In diesem Punkt konkurrierten sie mit den Mysterienreligionen, die im varronischen Schema fehlen. Von der Sache her stehen diese der mittleren Gruppe nahe, zumal hier der Mensch als Individuum angesprochen wird. Philosophen umkleiden die Aufklärung, die sie im Zeichen des Logos bringen wollen, gerne mit der Würde des Mysteriums. Das trifft sogar auf Lukrez zu, der sonst mit der Religion hart ins Gericht geht.2 Dennoch schlägt Lukrez religiöse Töne an, wenn von seinem Dichten3, besonders aber wenn von seinem Lehrer Epikur die Rede ist. Im ersten Buch ist dieser der Durchbrecher aller Bande4, der Erlöser der Menschheit; das Proömium des fünften Buches stellt Epikur emphatisch als Gott (deus) vor, der dem Menschengeschlecht größere Wohltaten erwiesen habe als die (nur geglaubten) Mysteriengötter Ceres und Bacchus und als Hercules, das Vorbild der Stoiker. Göttliche Worte habe er über die Götter verkündet (5,52f.). Gott ist hier – wie sehr oft in der Antike – Funktionsbegriff: Lebensspender, Lebensretter, Lehrmeister. Der Eingang des dritten Buches artikuliert in unvergesslicher Weise die Nachfolge des Jüngers auf den Spuren des Meisters (imitari 3,6). Der Schüler empfindet angesichts der Offenbarung der Lehre einen heiligen Schauer (quaedam divina voluptas/horror; 3,28f.). Sprache und Stil sind hymnisch.5 Lukrezens Anreden an Epikur ließen sich mühelos auf Christus übertragen, was schon Arnobius und Laktanz vollzogen haben (noch bei Dante klingt dies nach).6 Die Parallele ist umso bezeichnender für die römische Mentalität, als es sich bei Epikur (im Unterschied zu dem nur mythischen Dionysos) um einen historisch realen Erlöser handelt. Die Intensität dieser Texte beruht (abgesehen von der dichterischen Kraft) vor allem darauf, dass hier zwei besonders lebendige Ströme des antiken Geisteslebens zusammenfließen: Philosophie und Mysterienreligionen. 2 Schulbeispiel ist die Opferung Iphigeniens: tantum religio potuit suadere malorum („zu soviel Übel konnte die Religion raten“: Lucr. 1,101). 3 Vgl. die Erwähnung des Thyrsusstabs (1,923); die Sprache der Inspiration instinctus mente vigenti (1,925). 4 Einschließlich der religio (1,62–79). 5 Anaphorisches Du in verschiedenen Casus usw. 6 M. V. ALBRECHT, Terror et pavor. Politica e religione in Lucrezio, in: G. URSO (Hg.), Terror et pavor. Violenza, intimidazione, clandestinità nel mondo antico. Atti del convegno internazionale Cividale del Friuli, 22–24 settembre 2005, Mailand 2006, 231–245, bes. 242– 245. Zur Typologie und allgemein zur Hermeneutik bei Dante und Vergil wegweisend A. HEIL, Alma Aeneis. Studien zur Vergil- und Statiusrezeption Dante Alighieris, Bern/ Frankfurt a. M. 2002.
Die lateinische Literatur der Kaiserzeit
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Da in der römischen Kaiserzeit der Mythos weitgehend zu Literatur geworden und die Staatsreligion vielfach zur kultischen Formalität erstarrt ist, sind die Erlösungsreligionen und die Philosophie diejenigen Gebiete, von denen neue religiöse bzw. theologische Impulse ausgehen, die freilich immer wieder auf das Verständnis des Mythos wie auch die Staatsreligion zurückwirken. Wir können also für den lateinischen Bereich die Politik und vor allem die Dichtung in unserer Untersuchung nicht übergehen. In der Dichtung wird die mythische Religion immer wieder neu gedeutet und zum Teil sogar neu geschaffen – angeregt von der Philosophie, den Mysterienreligionen und der Politik. Erst Augustinus klammert den Mythos und die Staatsreligion aus und lässt nur noch den von der damaligen Wissenschaft überwiegend vertretenen Monotheismus gelten. Damals hatte das Christentum keine Berührungsängste mit der Wissenschaft, ja es konnte sich als die einzige wissenschaftlich vertretbare Religion bezeichnen. Es kam hinzu, dass die Kirche philosophisch hochgebildete Vertreter hatte, die den Dialog mit den Fachleuten nicht zu scheuen brauchten. Die einzigartige, umfassende Position des Christentums im spätantiken Rom lässt sich vom varronischen Schema her so beleuchten: Ein erster Schritt bei seinem Aufstieg zur allgemeinen Gültigkeit war, dass es sich als Philosophie darstellte, der letzte, dass es auch den Staatskult ersetzte. Im Folgenden exemplifizieren wir einige in der römischen Literatur besonders ausgeprägte religiöse Fragestellungen, die teils den Zugang zur Philosophie mitbestimmen, teils durch Philosophie in die Helle des Bewusstseins gehoben wurden.
II. Existentieller Bezug Die römische Literatur ist in geringerem Maße als die griechische von philosophischen Theorien geprägt. Auffallend lange gab es Vorbehalte gegen Philosophen (von Catos Reaktion auf die Philosophengesandtschaft 155 v.Chr. bis hin zu Kaiser Domitian, der alle Weisheitslehrer aus Rom auswies). Dementsprechend sind in der lateinischen Literatur philosophische Fachautoren nicht eben zahlreich. Auf der anderen Seite ist die Dichtung vielfach von Philosophie berührt. Wir können daraus nur einige wenige Fälle beispielhaft berücksichtigen. Die erhaltenen philosophischen Schriften sind für die Öffentlichkeit bestimmt und streben danach, auch für Laien verständlich zu sein. Ihr Charakter ist exoterisch. Dabei entwickeln sich verschiedene Spielarten leserfreundlichen dialogischen Vorgehens. Die griechisch-römische Kultur war seit der späten Republik zweisprachig. Die eigentlich wissenschaftliche Philosophie
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bediente sich des Griechischen. Da griechische Philosophen vielfach als persönliche Seelsorger fungierten, war auch die private philosophische Meditation weitgehend griechisch geprägt. Kaiser Marc Aurel, der im 2. Jahrhundert seine Selbstbetrachtungen griechisch schreibt, ist ein lebendiger Beweis dafür. Vor diesem Hintergrund wird die Kühnheit der lateinischen philosophischen Schriftsteller erst so recht deutlich. Einerseits entdeckt Cicero neue Möglichkeiten sprachlichen Ausdrucks für theoretische Diskussionen; andererseits versucht Seneca, die philosophische Meditation des Individuums in der Muttersprache zu realisieren. Damit leisten beide durch ihre literarischen Schriften Vorarbeit für die Spätantike, in der die griechischen Sprachkenntnisse im Westen zurückgehen und es daher notwendig wird, wichtige Texte exakt zu übersetzen und eine lateinische Fachsprache der Philosophie zu entwickeln. Mit Ausnahme von Lukrez, der seine epikureische Philosophie mit der missionarischen Leidenschaft des Neubekehrten vertritt, ist die römische philosophische Literatur eher undogmatisch: Cicero diskutiert im Zeichen der akademischen Skepsis unterschiedliche Lehrmeinungen; Seneca nennt sich einen Stoiker, ist aber weit von altstoischer Intransigenz entfernt und zeigt sich z.B. auch für epikureisches Gedankengut offen. Auch sonst werden in Prosa und Dichtung philosophische Gedanken vielfach übernommen und auf die Deutung der eigenen Existenz bezogen. Es überrascht nicht, dass ein und derselbe Autor je nach dem Lebensbereich ganz unbefangen unterschiedliche Denkmodelle verwendet: in Gedichten, die sich auf das öffentliche Leben beziehen, hören wir bei Horaz vielfach stoische, im privaten Bereich epikureische Klänge. Die Erfassung und Beschreibung der eigenen Existenz hat den Vorrang vor einer in sich geschlossenen Theorie. In Bezug auf Philosophie und Religion fühlt man sich gelegentlich an die Haltung der Menschen im alten China erinnert: der Chinese wurde als Taoist geboren, lebte als Konfuzianer und starb als Buddhist. Unterschiedlichen Lebensbereichen sind unterschiedliche religiöse und philosophische Anschauungsformen zugeordnet. Nicht zufällig ist uns daher der religionsphilosophisch wichtige Ansatz einer theologia tripertita am ausführlichsten bei einem römischen Autor erhalten. Der Vorrang des persönlichen Zugangs zu Philosophie und Religion und das Zurücktreten allumfassender Systematik oder kosmologischer Spekulation sind charakteristisch für die lateinische Literatur und für den Zugang der römischen Autoren zu Philosophie und Religion. Theologisch gesprochen: Der westliche Zugang zu Religion und Philosophie ist schon in vorchristlicher Zeit weniger kosmosophisch als vielmehr heilsindividualistisch. Dieser Unterschied zwischen griechischem und römischem Empfinden wird sich in der unterschiedlichen Ausprägung des Christentums in Ost und West fortsetzen. Für das römische Verständnis von Philosophie ist der enge Bezug zur Praxis bezeichnend. In seiner Schrift De re publica stellt der vorgebliche Platoniker Cicero – in diesem Punkt gut aristotelisch – fest, man könne Tugend
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nicht besitzen, ohne sie auszuüben.7 Hierin liege ein Unterschied zu Künsten, die man auch rein theoretisch beherrschen könne. Nähe zu Aristoteles zeigt Cicero auch darin, dass er anders als Platon keinen Idealstaat entwirft, sondern einen realen Staat beschreibt. Das römische Selbstverständnis hat hier den Vorrang vor der Schulzugehörigkeit. Ähnlich spottet Seneca in seinen Moralischen Briefen über Philosophiestudenten, die mit Zitaten großer Denker um sich werfen: all dies sei fremdes Gut. Man könne nur beweisen, dass man es sich zu Eigen gemacht habe, indem man danach handle: faciant, quae dixerint (Ep. 108,38). Im tiefen Misstrauen gegenüber reiner Theorie hat man eine Spur der bäuerlichen Wurzeln des alten Rom sehen wollen. Das von mens („Verstand“) abgeleitete Verb mentiri müsste eigentlich „denken“ heißen, heißt aber „lügen“. Praxisbezug und Konkretheit des Denkens sind übrigens ein Berührungspunkt zwischen Römertum und Judentum. Nicht zufällig steht in dem judenchristlichen Jakobusbrief der Satz: „Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, dann zeige ich dir meinen Glauben aus meinen Werken“ (Jak 2,18).
III. Bezug auf das Gemeinwesen Die wohl dauerhafteste und selbständigste Leistung der Römer ist die Schöpfung des römischen Rechtes. Das Recht basiert in Rom auf vorjuristischen, ethischen Wertvorstellungen, zu deren Wesen die Wechselseitigkeit gehört (fides „Vertrauen“ und „Verlässlichkeit“; pietas „Eltern-“ und „Kindesliebe“: Generationenpakt; gratia „Gnade“ und „Dankbarkeit“). Solche „Prinzipien des römischen Rechts“ stehen zwischen Ethik und Religion, haben also einen religiösen und einen philosophischen Aspekt. Für römisches Denken bezeichnend ist der Bezug des Einzelnen zu einem größeren Ganzen, ursprünglich zur Gemeinde Rom (res publica), die sich später zum Weltreich weitete. In der Literatur zeigt sich der Zusammenhang von Rechtsdenken und Religion am eindrucksvollsten bei dem frühesten der lateinischen Kirchenväter, Tertullian. Ob er mit dem juristischen Schriftsteller gleichen Namens identisch ist, mag unsicher sein; jedenfalls ist seine Denk- und Argumentationsweise vom Juristischen tief geprägt. So beweist er – in seiner katholischen Phase – die Richtigkeit der katholischen Lehre nicht mit einem theologischen, sondern einem juristischen Argument: sie ist älter als andere und hat deshalb das Vorrecht vor ihnen. Das Verhältnis zwischen Gott Vater und Sohn erläutert Tertullian nicht philosophisch, sondern juristisch als Mitregentschaft: Der Grieche denkt eher in Substanzen, der Römer in Rechtspersonen.
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Virtus in usu sui tota posita est (Cic. Rep. 1,2,2).
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Tertullian ist aus den afrikanischen Gemeinden hervorgegangen, in denen die christliche lateinische Literatur eine erste Blüte erlebte. Die Gemeinden waren judenchristlich geprägt. Das starke Interesse der westlichen Konfessionen an dem paulinischen Rechtfertigungsgedanken (von Augustinus bis Luther, Calvin und den Jansenisten) lässt eine weitere Konvergenz zwischen römischem und jüdischem Denken erkennen. Bedeutung des Staatskultes Die überragende Bedeutung des römischen Staatskultes musste zum Zusammenstoß mit dem Christentum führen. Mögen auch die Kulte der einzelnen Gemeinden in der Kaiserzeit an Bedeutung eingebüßt haben, so blieb doch auch und gerade in der Kaiserzeit die Teilnahme am Staatskult das entscheidende Kriterium für die Zugehörigkeit des Einzelnen zum Römerreich, zur Rechtsgemeinschaft und damit für seine Würde als römischer Bürger. Der Zusammenstoß mit der hebräischen Exklusivität des Christengottes war also unausweichlich, gerade weil der römische Staat sich nicht als ein rein weltliches Gebilde, sondern als Kultgemeinschaft verstand, noch dazu als weltweite Verkörperung der stoischen Kosmopolis. Die Analogie des römischen Universalanspruchs und der in anderer Weise nicht weniger absoluten hebräisch-christlichen Denkstrukturen führt zunächst zum Zusammenstoß; danach wird es umgekehrt möglich, den Begriff populus vom römischen Volk auf das Volk Gottes und die Bezeichnung gentes („nichtrömische Völker“) auf die Nichtchristen zu übertragen. Wir übergehen hier die orientalischen und hellenistischen Wurzeln des Herrscherkults. Die römischen Kaiser waren, jeder auf seine Weise, sehr darauf bedacht, ihrer Herrschaft eine religiöse oder philosophische Grundlage zu geben. Die Versuche sind gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeit höchst aufschlussreich. Augustus und Nero stellten sich unter den besonderen Schutz Apollons (daher in Rom die überdimensionale Sonnenuhr aus augusteischer Zeit; daher die musikalischen Auftritte Neros; das Sonnenkönigtum wird in unterschiedlichen Formen später wiederkehren).8 Kaiser Caligula wurde für verrückt gehalten, weil er sein Pferd zum Senator und Gott machte und mit seiner Schwester lebte: Als Religionshistoriker erkennt man, dass er sich dadurch als Pharao ägyptischer Prägung präsentieren wollte. Domitian betrachtete sich als irdischen Juppiter (schon Augustus wurde von den Dichtern so bezeichnet), sein Palast war ein Abbild des Kosmos; besonders verehrte er Minerva, die Göttin der attischen Kultur und der Vernunft (das unterschied ihn vorteilhaft von Caligula); Commodus war ein neuer Hercules (auch diesen 8 Eine der Ausnahmen: Augustus’ Nachfolger Tiberius war philosophisch interessiert und religiösen Verbrämungen abgeneigt. Aber gerade sein nüchternes ‚Altrömertum‘ hielt man für eine besonders raffinierte Heuchelei.
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Titel hatten die Dichter bereits Augustus zugedacht: eine mythische Gestalt, auf die sich Stoiker gern beriefen); Elagabal versuchte, orientalische Kulte einzuführen; Aurelian verehrte den Sol Invictus, und noch der Apostat Julian wollte an die Stelle Jesu Christi wieder den Sonnengott setzen. Die Annahme des Christentums durch Kaiser Constantin stellt sich in diese religiöse Reihe und hat zugleich eine weitere, vielleicht noch wichtigere Vorgeschichte, eine philosophische. Erinnern wir uns: Im 1. Jahrhundert n.Chr. war die sogenannte stoische Opposition die stärkste geistige Macht im Senat. Domitian verbannte die Philosophen. Die sogenannten „guten Kaiser“, die auf ihn folgten (bis hin zu Marc Aurel), öffneten sich zunehmend der Philosophie, überwanden also die stoische Opposition dadurch, dass sie sich an die Spitze dieser stärksten geistigen Macht im Staate stellten und diese für ihre Herrschaft in Anspruch nahmen. Mit ähnlicher staatsmännischer Weisheit nahm später Constantin der bedeutendsten geistigen Macht seiner Zeit, dem Christentum, die staatsgefährdende Sprengkraft, indem er es für sich usurpierte. Dadurch enthob er seine Nachfolger der Pflicht, die Christen verfolgen zu müssen; hatten sich doch auf Grund der in diesem Punkt beiderseits unvereinbaren Denkstrukturen mit innerer Notwendigkeit gerade die tüchtigsten Kaiser auf diesem Gebiet hervorgetan (die fähigen Organisatoren Domitian und Diokletian, und leider auch der Philosophenkaiser Marc Aurel).
IV. Innerlichkeit a) Abstrakte Gottesidee und deus in nobis Neben Praxisbezug und Universalanspruch liegt eine weitere Ähnlichkeit zwischen dem römischen und dem hebräischen Denken in der bildlosen Gottesidee – im Gegensatz zu den gestalthaften Göttern der Griechen. Cicero erläutert dies an einer der ältesten römischen Gottheiten, Fides (Nat. Deor. 2,23,61): Tum autem res ipsa, in qua vis inest maior aliqua, sic appellatur, ut ea ipsa nominetur deus, ut Fides, ut Mens.
Etwas, dem eine höhere Macht innewohnt, wird so genannt, dass dieses selbst als Gottheit bezeichnet wird, wie z.B. Fides oder Mens.
Dieser doppelseitige Begriff („Vertrauen“ und „Verlässlichkeit“) wurde allenfalls symbolisch durch zwei ineinander gelegte rechte Hände dargestellt. Wichtig ist, dass es sich hierbei nicht um eine späte Allegorie, sondern um eine der ältesten römischen Gottheiten handelt. Vom Einwohnen der Fides im Menschen spricht der stoische Dichter Silius Italicus (2,515ff.): Invadit mentes et pectora nota pererrat / immittitque animis numen, tum fusa me-
Sie ergreift ihre Gemüter, durchzieht die vertrauten Herzen und schickt ihre göttli-
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dullis / implicat atque sui flagrantem inspirat amorem.
che Macht in ihren Geist, dann breitet sie sich in ihrem Mark aus, umfängt sie und flößt ihnen brennende Liebe zu sich ein.
Auch Vesta, deren Symbol das Herdfeuer war, hat keine Kultstatue. Ovid betet zu ihr; doch an die Stelle der nach griechischen Denkmustern zu erwartenden leibhaftigen Erscheinung der Gottheit (Theophanie) tritt eine innere Erleuchtung des Betenden (Fast. 6,252–256):9 In prece totus eram: caelestia numina sensi, / laetaque purpurea luce refulsit humus. / Non equidem vidi – valeant mendacia vatum! – / te, dea, nec fueras aspicienda viro. / Sed quae nescieram, quorumque errore tenebar, / cognita sunt nullo praecipiente mihi.
Ich war ganz im Gebet versunken: ich fühlte die himmlische Macht, und froh erstrahlte die Erde in Pupurlicht. Ich habe dich, Göttin, nicht gesehen – lebt wohl, ihr Lügen der Dichter! –, und kein Mann durfte dich sehen. Aber was ich nicht gewusst hatte und worüber ich im Wahn befangen war, das erkannte ich, ohne dass mich jemand lehrte.
Ovid ist derjenige antike Dichter, der am häufigsten davon spricht, dass „Gott in uns“ lebe, vor allem natürlich im Zusammenhang mit der dichterischen Inspiration und der Liebe: „Ein Gott ist in uns“ (Est deus in nobis).10 Tacitus lobt ausdrücklich die Juden und die Germanen wegen ihrer bildlosen Gottesverehrung (Germ. 9,9):11 Lucos ac nemora consecrant deorumque nominibus appellant secretum illud, quod sola reverentia vident.
Sie halten Haine und Wälder heilig und benennen mit Götternamen jene geheimnisvolle Macht, die sie allein in der Andacht schauen.
Die Innerlichkeit der römischen Gottesvorstellung kam der stoischen Philosophie besonders entgegen. Der Kirchenvater Laktanz zitiert zustimmend aus einer verlorenen Schrift Senecas:12 Vultisne vos […] deum cogitare magnum et placidum et maiestate leni verendum, amicum et semper in proximo, non immolationibus nec sanguine multo colendum […], sed mente pura, bono honestoque proposito? Non templa illi congestis in altitudinem saxis exstruenda sunt: in suo
Wollt ihr Gott denken, groß und mild, ehrwürdig in sanfter Majestät, uns freundlich und immer ganz nahe, nicht mit Opfern und viel Blut zu verehren […], sondern durch reine Gesinnung, guten und ehrenhaften Vorsatz? Man braucht ihm keine Tempel aus aufgetürmten Steinen zu
9 Merkwürdigerweise gehen die Kommentare von Frazer und Bömer zur Stelle auf diesen wichtigen Sachverhalt nicht ein. 10 Ov. Ars 3,549; Fast. 6,5; vgl. Pont. 3,4,93 in pectore nostro; Met. 8,55 intra me. 11 Vgl. Tac. Hist. 5,5 Mente sola unumque numen intellegunt; Hist. 2,78 nec simulacrum deo aut templum […] ara tantum et reverentia. 12 Lact. Inst. 6,25,3 = Sen. Ex. frg. 123 HAASE = 88 VOTTERO (Seneca, I frammenti, Bologna 1998).
Die lateinische Literatur der Kaiserzeit cuique consecrandus est pectore.
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errichten, jeder soll ihn im eigenen Herzen heiligen.
Laktanz zitiert die Stelle in dem typisch römischen Argumentationszusammenhang, die Gottesverehrung vollziehe sich in der praktischen Lebensführung.13 Güte und Größe sind die traditionellen Eigenschaften des obersten römischen Gottes Iuppiter optimus maximus. In der Ablehnung blutiger Opfer begegnen sich Vertreter unterschiedlichster Philosophien vom Epikureer Lukrez bis zum Neupythagoreer Ovid.14 Das Einwohnen der Gottheit im Menschen kennen wir aus dem Dionysoskult und aus der Mantik, auch der apollinischen. Bei Homer ist ein Held von Ares besessen (Il. 17,210ff.). Platon überträgt die Idee auf den Dichter (Ion 533d–536d) und schließlich (im Phaidros) sogar auf den Philosophen. Mit dieser Akzentverschiebung beginnt die Durchdringung der Enthusiasmos-Vorstellung mit dem Logos. Für den Stoiker schließlich erscheint der Logos als das Göttliche im Menschen. Diese durch stufenweise Rationalisierung fast in ihr Gegenteil verwandelte Vorstellung des deus in nobis verbindet sich im römischen Bereich mit der Auffassung der Gottheit als vis, die im Menschen wohnt. Vor diesem Hintergrund sind die Äußerungen Senecas ebenso zu verstehen15 wie diejenigen der Dichter. Lucan (2,285) wählt für seinen doch gewiss von der ratio beherrschten Cato Bilder aus dem Bereich der Mantik: arcano sacras reddit Cato pectore voces.
Cato äußert heilige Sprüche aus der geheimen Tiefe seiner Brust.
Der Logos ist für denjenigen, der seine Größe empfindet, mit ehrfürchtigem Schauer umgeben. Philosophie erscheint in pythagoreisch-platonischer Tradition als Initiation. Im Gespräch mit Außenstehenden meidet sie die religiösen Töne keineswegs. Doch ihre Sprache für Fortgeschrittene ist von heiliger Nüchternheit. Platon soll seine esoterische Lehre „über das Gute“ als Mathematik vorgetragen haben, so vertrieb er – heißt es – schon in der ersten Vorlesung diejenigen Zuhörer, die auf Sensationen erpicht waren.16 Bei diesem Lehrer waren Aufklärung und Erleuchtung noch eines.17 13 Für Laktanz überbietet Seneca hier eine Stelle aus Platons Gesetzen 12,956a, vermittelt durch Cic. Leg. 2,45, Elfenbein sei keine reine Opfergabe für die Gottheit, da es aus einem toten Körper stamme. 14 Lucr. 1,80ff. gegen Menschenopfer; Ov. Met. 15,127ff. gegen Tieropfer. 15 Sen. Ep. 41,5 folgt vielleicht Poseidonios. 16 Aristox. Harm. 2 (p. 30/1 MEIBOM = 3D p. 39/40 DA RIOS [= Aristoteles, De bono, p. 111 ROSS]); K. GAISER, Platons ungeschriebene Lehre. Studien zur systematischen und geschichtlichen Begründung der Wissenschaften in der Platonischen Schule, Stuttgart 1963, 6f. und 452; H.J. KRÄMER, Arete bei Platon und Aristoteles. Zum Wesen und zur Geschichte der platonischen Ontologie, Heidelberg 1959, 404–407. 17 Als unsere Aufklärung noch nicht zum Aufkläricht verkommen war, ging vom Logos ein ähnlich starker Zauber aus, der geradezu religiöse Empfindungen erwecken konnte.
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Ähnlich wie die Stoiker die urrömische Gottheit Fides ins Innere des Menschen verlegen, vergeistigt der Epikureer Lukrez ein zweites Grundprinzip des römischen Rechtsgefühls: Pietas, das Band zwischen Eltern und Kindern, aber auch zwischen Mensch und Gott. Im alten Rom wie im alten Israel gab es eine fruchtbare Spannung zwischen Ritualismus und bildloser Gottesidee. Lukrez (5,1198–1203) beschreibt das Verhalten des frommen Römers folgendermaßen: Nec pietas ullast velatum saepe videri / vertier ad lapidem atque omnis accedere ad aras / nec procumbere humi prostratum et pandere palmas / ante deum delubra, nec aras sanguine multo / spargere quadrupedum nec votis nectere vota, / sed mage pacata posse omnia mente tueri.
Es ist keineswegs Frömmigkeit, sich oft verhüllten Hauptes18 zu zeigen, sich einem Stein 19 zuzuwenden, an alle Altäre zu treten; auch nicht, sich bäuchlings auf den Boden zu werfen und die flachen Hände auszubreiten vor den Heiligtümern der Götter; auch nicht, Altäre mit reichlichem Blut von Tieren zu besudeln; auch nicht, Gelübde an Gelübde zu reihen, sondern vielmehr alles mit befriedetem Sinn betrachten zu können.
Entgegen einer verbreiteten Meinung verurteilt Epikur nicht den Götterkult (er empfiehlt Einhaltung aller vorgeschriebenen Riten)20, sondern lediglich die falsche Götterfurcht. Man solle, so sagt er nach dem Zeugnis Plutarchs, „den Gott nicht fürchten, sondern aufhören, sich zu beunruhigen“.21 Epikur beseitigt nicht die Frömmigkeit, sondern er vergeistigt sie: der Mensch betrachtet die Vollkommenheit der Götter und gewinnt auf diese Weise Anteil an deren innerer Ruhe.22 In der Spätantike konnten christliche Autoren wie Arnobius und Laktanz an Epikur anknüpfen, vor allem in der Kritik am Pakt der Stoiker und Neuplatoniker mit dem etablierten Heidentum, Arnobius sogar hinsichtlich der Nichtigkeit der Riten und der Zornlosigkeit Gottes. J. KALKA, Phantome der Aufklärung. Von Geistern, Schwindlern und dem Perpetuum mobile, Berlin 2006, 82 zitiert Elisa von der Recke, die durch die Lektüre von Lessings Nathan in einer quasi religiösen Konversion zur Vernunft ihr Interesse an der Magie verlor: „Vorzüglich war die Stelle mir aufgefallen. – „Begreifst du aber, / wieviel andächtig schwärmen leichter als / gut handeln ist? …“ Meine Augen wurden nass! Ich erforschte mich ... Mein Herz schlug heftiger …“ Treffend spießt Kalka das Paradox auf: „Die Vernunft setzt sich durch – mit nassen Augen und klopfendem Herzen.“ (Und doch sind die religiösen Klänge nicht unangebracht: Angenommen, die Vernunft würde sich heute in der Weltpolitik durchsetzen, die Betroffenen würden wahrlich mit klopfendem Herzen über dieses göttliche Wunder erstaunen). 18 Im Unterschied zu den Griechen beteten die Römer mit verhülltem Haupte. 19 Einer Götterstatue oder einem Grenzstein (terminus). 20 Vgl. Philod. Piet. 2,108 = Epicur. frg. 387 USENER; 57 BAILEY. 21 τὸ μὴ φοβεῖσθαι θεόν, ἀλλὰ παύσασθαι ταραττομένους (Plut. Non posse 8,1092B = frg. 384 USENER). 22 Vgl. Lucr. 6,68–78.
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b) Senecas Gottesidee im Vergleich zu den Kirchenvätern Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Christentum lassen sich exemplarisch an Senecas 41. Brief herausarbeiten. Facis rem optimam et tibi salutarem, si, ut scribis, perseveras ire ad bonam mentem, quam stultum est optare, cum possis a te impetrare. Non sunt ad caelum elevandae manus nec exorandus aedituus, ut nos ad aurem simulacri, quasi magis exaudiri possimus, admittat: prope est a te deus, tecum est, intus est. Ita dico, Lucili: sacer intra nos spiritus sedet, malorum bonorumque nostrorum observator et custos: hic prout a nobis tractatus est, ita nos ipse tractat. Bonus vero vir nemo sine deo est: an potest aliquis supra fortunam nisi ab illo adiutus exsurgere? Ille dat consilia magnifica et erecta: in unoquoque virorum bonorum „quis deus incertum est – habitat deus“.
Du tust etwas sehr Gutes und für dich Heilsames, wenn du, wie du schreibst, darauf beharrst, den Weg zur rechten Gesinnung zu gehen; ist es doch töricht, sie nur herbeizuwünschen, wo du sie doch von dir selbst bekommen kannst. Man braucht nicht die Hände zum Himmel zu erheben und keinen Tempelhüter durch Bitten zu erweichen, damit er uns Zugang zum Ohr des Götterbildes gewähre, als könnten wir dort besser erhört werden. Nahe bei dir ist der Gott, mit dir, in dir. So sage ich, Lucilius. In uns hat ein heiliger Atem seinen Sitz, Beobachter und Wächter alles Schlechten und Guten in uns: Je nachdem, wie dieser von uns behandelt worden ist, so behandelt er uns selbst. Gutsein kann keiner ohne Gott. Kann sich etwa einer, ohne dass ihn Gott unterstützt, über sein Schicksal erheben? Gott gibt großartige und aufrichtende Entschlüsse. In jedem der guten Männer „wohnt, man weiß nicht welcher, aber ganz gewiss ein Gott“.23
1. An erster Stelle steht für uns in diesem Text das Problem der Selbsterlösung: „Du kannst dies von dir selbst durch Bitten erreichen“ (a te impetrare). Ähnlich hatte schon Demokrit formuliert: „In ihren Gebeten erbitten sich die Menschen Gesundheit von den Göttern; dass sie Macht dazu in sich selber tragen, wissen sie nicht.“24 Nach Horaz stehen nicht die äußeren Güter, sehr wohl aber die Veränderung des eigenen Sinnes in unserer Macht.25 Der Mensch ist nach Seneca (als „Fortschreitender“, προκόπτων) auf dem Wege zur bona mens, griechisch zum ὀρθὸς λόγος, zum rechten, aufrechten und aufrichtenden Logos, der den Menschen in die seinem Wesen gemäße Vertikale bringt; die Christen werden diese Aufrichtung mit der Auferstehung in
23 Der Schluss dieses Textes ist ein Vergil-Zitat (Aen. 8,352). Es folgt ein Absatz zum numinosen Schauer. 24 ὑγιείην εὐχῇσι παρὰ θεῶν αἰτέονται ἄνθρωποι, τὴν δὲ ταύτης δύναμιν ἐν ἑαυτοῖς ἔχοντες οὐκ ἴσασιν (68 B 234 DIELS-KRANZ und IBSCHER). 25 Hor. Ep. 1,18,111; vgl. Epict. Ench. 1.
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Verbindung bringen.26 Ist Seneca sich der Tatsache bewusst, dass der Impuls zum Sittlich-Guten im Menschen letztlich selbst ein göttliches Geschenk ist? Paulus, Augustinus und die Reformatoren betonen die Alleinwirksamkeit der göttlichen Gnade. Zwar liegt das Annehmen der Gnade in der Entscheidung des Einzelnen. Fällt diese Entscheidung positiv aus, so ist dies in allerletzter Instanz natürlich auch Gnade. In der Radikalität der Infragestellung menschlicher Leistung liegt ein Unterschied zwischen der antiken Philosophie und der christlichen Religion. Unser Senecatext fordert dennoch zu einer differenzierteren Sicht heraus: „Gott gibt großartige und aufrechte Entschlüsse“. Auch der stoische Dichter Manilius schreibt (2,115): Quis caelum posset nisi caeli munere nosse?
Wer könnte den Himmel erkennen, ohne dass dies ein Geschenk des Himmels wäre?27
Die guten Entschlüsse des Menschen sind also eine Gabe Gottes. Trotz des uns naiv anmutenden Stolzes der Stoiker auf ihre Tugend besteht also kein Anlass, in diesem Punkt den Unterschied zwischen Stoa und Christentum auf die Spitze zu treiben. 2. Der Brief betont ferner – wie auch die bereits genannte Stelle aus den Exhortationes (frg. 123 Haase) – die Unwichtigkeit von Riten und Sakralbauten. Laktanz berichtet (Inst. 2,2), Seneca gebe in seiner (verlorenen) Philosophia moralis28 geradezu eine Zusammenfassung von Gedanken, auf die auch der Areopagredner Paulus anspielt. Seneca geht in seiner Kritik am Staatskult weiter als die meisten antiken Autoren:29 „Der verehrt Gott, der ihn erkennt.“30 Er schmiedet auf diesem Gebiet Waffen für Kirchenväter wie Laktanz und Augustinus, der Senecas innere Freiheit gegenüber der heidnischen Religion in Civ. 6,10 mit Recht auf den Einfluss der Philosophie zurückführt: quem philosophia quasi liberum fecerat.
Die Philosophie hatte ihn sozusagen frei gemacht.
26 A. WLOSOK, Laktanz und die philosophische Gnosis. Untersuchungen zu Geschichte und Terminologie der gnostischen Erlösungsvorstellung (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 1960, 2), Heidelberg 1960, Kap. I. 27 Der wichtige Aspekt des „Geschenkes“ fehlt an folgender Stelle des Corpus Hermeticum 11,20: τὸ γὰρ ὅμοιον τῷ ὁμοίῳ νοητόν, eine Feststellung, die eine gründliche Verwandlung des Menschen voraussetzt (vgl. den Beitrag von H. Görgemanns in diesem Band). 28 Frg. 120 HAASE = 94 VOTTERO. 29 Zum Hintergrund R. SÖLLER, Die Vorstellung vom Willen in der Morallehre Senecas, München 2003, 250–254. 30 Sen. Ep. 95,47. Vgl. Clem. Al. Strom. VII 29,5 über den γνωστικός und das göttliche ἄγαλμα ἐν τῇ δικαίᾳ ψυχῇ.
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Nach Seneca Ep. 95,50 besteht der wahre Gottesdienst darin, die Zuwendung Gottes zu den Menschen nachzuahmen. 3. Der bereits erwähnten verinnerlichten Gottesidee entspricht die Vergeistigung der Vorstellung des Tempels, die wir auch aus dem Neuen Testament kennen: Die Gemeinde als Ganzes gleicht einem Tempel31, aber auch der Leib des einzelnen Christen soll ein Tempel des Heiligen Geistes sein.32 Der Innenraum (das „Kämmerlein“ Mt 6,6) wird zum Ort der Begegnung mit Gott. Augustinus setzt cubiculum und cor gleich: in cubiculo nostro, corde nostro (Conf. 8,8,19). Seine erste (noch philosophische) Gottesvision (Conf. 7,10) beginnt mit den Worten: et inde admonitus redire ad me ipsum intravi in intima mea duce te.
Und da ich von dort die Mahnung erhalten hatte, bei mir selbst Einkehr zu halten, trat ich zu mir ein in mein Innerstes unter Deiner Führung.
In Senecas 41. Brief lesen wir: prope est a te deus, tecum est, intus est. Menschliches Gutsein beruht bei ihm auf der Nähe Gottes, ja auf Gottes Kommen zu uns (Ep. 73,16): Deus ad hominem venit, immo […] in homines venit: nulla sine deo mens bona est.
Gott kommt zum Menschen, ja […] in die Menschen. Keine rechte Gesinnung (keinen gesunden Menschenverstand) kann es ohne Gott geben.
Für Minucius Felix, der den Vorwurf des Pantheismus nicht zu scheuen scheint, ist Gott uns nicht nur nahe, sondern er ist eingegossen (non tantum nobis proximus, sed infusus: Oct. 32,8). Hier stimmt Minucius zum Teil wörtlich mit Seneca (frg. 123 Haase und Ep. 41,1) überein. 4. Der „heilige Atem“ (sacer spiritus) in uns, der uns „so behandelt wie wir ihn behandelt haben“, ist von den Stoikern als feurige Luft vorgestellt, als Energie. In ähnlich klingenden christlichen Texten geht es mehr um die Präsenz von Gottes Geist (hebr. ruach) als um eine Vorzüglichkeit der Seele. Augustinus (En. Psalm. 74,9,27) übernimmt Senecas Formulierung aus dem 41. Brief: ille tecum est talis qualis fueris.
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Er geht mit dir so um, wie du mit ihm umgegangen bist.
1 Kor 3,16; 1 Petr 2,5; Eph 2,19–22; vgl. 2 Kor 6,16; auch Barn 16,1–10. 1 Kor 6,19. Beide Aspekte finden sich auch bei Clem. Al. Strom. VII 28–29; siehe den Beitrag von I. Tanaseanu-Döbler in diesem Band. 32
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Im Inneren wohnt ein Richter, noch weiter innen als im Herzen. In Senecas Brief erinnert der „Wächter“ an das Gewissen.33 Anfangs kann dieser „Wächter“34 als ständig gegenwärtiger Lehrer (etwa Cato oder Sokrates) vorgestellt werden35, später kann sich dies zur „Gegenwart Gottes“ wandeln.36 Letzten Endes entwickelt der stoische Philosoph die Fähigkeit, sein eigener Wächter und Lehrer zu werden, sich also von seinem irdischen Lehrer zu emanzipieren. Die Selbstkontrolle beruht dann auf Selbstachtung (pudor, αἰδώς). Seneca steht hier bei der Emanzipation des Individuums Pate (Ep. 25,6): Cum iam profeceris tantum, ut sit tibi etiam tui reverentia, licebit dimittas paedagogum: interim aliquorum te auctoritate custodi […] dum te efficis eum, cum quo peccare non audeas.
Wenn du schon so weit fortgeschritten bist, dass du auch vor dir selbst Achtung hast, wirst du deinen Pädagogen entlassen dürfen; vorher aber lass dich von der Autorität anderer behüten, so lange bis du dich zu dem bildest, in dessen Gegenwart du nicht wagst zu sündigen.
Hier wird völlig klar, dass sich die Selbstachtung nicht auf das alltägliche Ich des Menschen bezieht, sondern auf den inneren Lehrer, der die Gegenwart Gottes im Menschen verkörpert – natürlich fehlt noch der Name Christi. 5. Seneca nutzt im weiteren Verlauf des hier betrachteten 41. Briefes die Vorstellung des horror sacer beim Betreten eines heiligen Haines, um die Ehrfurcht angesichts eines großen Lehrers der Philosophie zu bezeichnen. Diese religiösen Töne überraschen. Der Passus ist durch seine Abweichung von der radikalen Verurteilung der Affekte durch die Stoa bemerkenswert. Allerdings betrachtet Seneca die Ehrfurcht vor dem Lehrer nur als Durchgangsstadium. Man muss diesen vorläufigen didaktischen Zweck im Auge behalten, um Missverständnisse im Sinne eines Personenkults auszuschließen. Wenn der Weise als Bote und Abgesandter erscheint (gewissermaßen ἄγγελος und ἀπόστολος) und gesagt wird, er weile unter uns wie ein edleres Wesen, so kann dies heute Unbehagen erwecken. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dieser Weise eine höchst seltene Erscheinung ist. Eigentlich erfüllt fast nur Sokrates die hohen Anforderungen, welche die Stoiker aufstellen.
33 Vgl. Sen. frg. 14 HAASE = 81 VOTTERO bei Lact. Inst. 6,24: „Was nützt es dir, keinen Mitwisser zu haben, wo du doch ein Gewissen hast?“ (Quid tibi prodest non habere conscium, habenti conscientiam?). Als Entdecker des Gewissens kann Demokrit gelten, z.B. 68 B 264 DIELS-KRANZ und IBSCHER. Demokrit hat stark auf Epikur eingewirkt. 34 Ausführlich entfaltet Apuleius in De deo Socratis 155f. die Idee des inneren Wächters vice conscientiae. Er geht dabei in der Personifikation (Hypostasierung) weiter als Seneca, wohl unter platonischem Einfluss. Vgl. auch den Beitrag von F. Heinrich in diesem Band. 35 Sen. Ep. 11, 8–10 nach Epicur. frg. 210 USENER. 36 Sen. Ep. 102,29; frg. 24 HAASE = 89 VOTTERO bei Lact. Inst. 6,24; vgl. Joh 14,23.
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Im Rückblick auf unsere Seneca-Texte muss sich der Stoiker fragen lassen, wo die Grenze liege zwischen heilsamer Absonderung37 von verrohenden Einflüssen der Masse und elitärer Exklusivität. Für Christen unannehmbar ist auch das Ideal der Apathie. Misericordia ist für den Stoiker Schwäche, für den Christen eine Tugend. Die schwersten Anstöße für christliche Leser sind Selbstmord und Autarkie. Andererseits haben wir gesehen, dass Seneca das Gutsein des Weisen allein auf göttliche Einwirkung zurückführt. Und der 120. Brief setzt der „Göttlichkeit“ des Weisen einen wunderschönen Dämpfer auf (Ep. 120,14): quod numquam magis divinum est, quam ubi mortalitatem suam cogitat.
Sie ist gerade dann in besonderem Maße göttlich, wenn sie ihre eigene Sterblichkeit bedenkt.
Was die Theologie betrifft, so wären vor allem die Unterschiede zwischen dem abstrakten Monotheismus des Philosophen und dem persönlichen Gott der Christen zu bedenken; auch Transzendenz und Immanenz bilden einen Gegensatz. Anders als die Christen beantworten die Stoiker auch die Frage des göttlichen Zornes. Jedoch entfernt sich Seneca vom Durchschnitt vergleichbarer antiker Texte und zeigt eigenes Profil. Die römische Berufung auf den numinosen Schauer bietet einen Ansatzpunkt für die Innerlichkeit der römischen Gottesvorstellung und für ein religiöses, affektives Verhältnis zu dem „inneren Lehrer“. Die Kritik des Philosophen am heidnischen Kult geht über das sonst von antiken Autoren Zugelassene hinaus. Hierin steht Seneca den Christen näher als andere Philosophen. Ähnliches gilt von seiner radikalen Kritik an den Gladiatorenspielen und seinem Plädoyer für eine Behandlung der Sklaven als Mitmenschen.
V. Mythos, Philosophie und Politik: Vergil Wir kommen nun zum produktiven Wechselverhältnis zwischen den drei varronischen theologiae: Mythos, Philosophie und Politik. Ein Berührungspunkt zwischen römischer und hebräischer Mentalität ist das Ausblenden des Mythos bzw. dessen Uminterpretation als politische Geschichte des eigenen Volkes. Der Eindruck, die Römer hätten keinen Mythos besessen, beruht darauf, dass derartige Überlieferungen von dem Tatsachensinn der Römer als einmalige historische Ereignisse aufgefasst wurden. Die platonische (und vielleicht schon indogermanische) Dreigliederung der Gesellschaft in eine königlich-priesterliche, kriegerische und wirtschaftliche Funktion wird in der römischen historischen Überlieferung (die von griechischer Bildung durchdrungen 37 Zur Absonderung von „Sündern“ vgl. Qumran, Gemeinderegel 1 QS 8, 13–17 (dazu den Beitrag von D. Dimant in diesem Band).
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ist) zur quasi-historischen Erzählung von dem Synoikismos von Römern (erste Funktion), Etruskern (zweite Funktion) und Sabinern (dritte Funktion). Vergil projiziert nun in einer Mythopoiie dieses quasi-historische Ereignis in die mythische Zeit zurück: Bei ihm verbinden sich die Troianer (Priesterkönig Aeneas) mit den Etruskern (welche die Truppen stellen) und den Latinern (welche die Frauen und das Land bieten).38 Besondere Bedeutung für Philosophie und Religion haben in Rom dichterische Texte. Das hat zwei unterschiedliche Gründe: Einerseits gab es in Rom starke Berührungsängste gegenüber der Philosophie, die als staatsgefährdend empfunden wurde. Dementsprechend drang philosophisches Gedankengut zunächst indirekt, durch das Medium der Dichtung, in Rom ein. Zwar ist das Verhältnis von Philosophie und Religion bei jedem Dichter verschieden, aber gerade dank ihrer philosophischen Bildung zeigen sich die Dichter vielfach auf religiösem Gebiet schöpferisch. Auf diese Weise strahlt die theologia rationalis (die Philosophie) immer wieder belebend auf die (zu Literatur verblassende) theologia fabulosa und die (im Ritus erstarrende) theologia civilis aus. Für die theologia rationalis waren grundsätzlich zwei Haltungen gegenüber der theologia fabulosa möglich: Distanzierung vom homerischen Mythos (Xenophanes, Platon) oder Uminterpretation des überlieferten Mythos. Allegorische Homererklärungen waren schon sehr früh (6. Jahrhundert v.Chr.) entstanden. Man wollte den alten Schultext bewahren und versuchte, den Mythen einen philosophischen (d.h. physikalischen oder moralischen) Sinn abzugewinnen; auf diesem Gebiet taten sich später vor allem die Stoiker hervor. Eine dritte Möglichkeit war die Gestaltung eigener Mythen – man denke an die Allegorie des Prodikos „Herakles am Scheidewege“. Hier wird aus einer Methode der Deutung/Rezeption (Allegorese) durch Umkehrung eine solche der poetischen Erfindung/Produktion. Überragende Beispiele (für die der Begriff ‚Allegorie‘ nicht zureicht) sind in jeweils unterschiedlicher Weise die Mythen des dichtenden Denkers Platon und des denkenden Dichters Vergil. a) Hermeneutik und Typologie Während im klassischen Griechenland die Höhepunkte der Dichtung denen der Philosophie vorausgegangen waren, befand sich die römische Poesie von Anfang an in einer nach-philosophischen Situation. Rom war in der wenig 38
Für die Historisierung bezeichnend ist ferner die unterschiedliche Positionierung der typischen mythischen Figuren des Einäugigen und des Einarmigen. Einäugig ist bei den Germanen der Gott Wotan, bei den Römern ein quasi-historischer Held: Horatius Cocles. Der germanische Rechtsgott Tyr (Ziu) rettet die kosmische Ordnung, indem er für eine Behauptung (die ein frommer Betrug ist) die rechte Hand opfert (er steckt sie dem zerstörerischen Fenriswolf als Pfand in den Rachen, damit sich dieser fesseln lässt). Mucius Scaevola betrügt durch ein ähnliches Manöver die Feinde der Römer. Ein alter kosmologischer Mythos wird historisiert und auf die politische Ordnung bezogen.
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beneidenswerten Lage eines Entwicklungslandes, das gleichzeitig den griechischen Mythos, wie ihn die Dichter seit Homer gestaltet hatten (also Reste einer fremden religiösen Tradition) und die philosophische Mythenkritik eines Xenophanes, Platon oder Euhemeros aufnehmen und verarbeiten musste. Der Bahnbrecher Ennius schrieb gleichzeitig mythische Tragödien und übersetzte eine die griechische Religion entmythologisierende Schrift des Euhemeros. An ein buchstäbliches Mythenverständnis war unter diesen Voraussetzungen nicht zu denken. Insofern ist der römischen Literatur eine philosophisch-hermeneutische Problematik von Anfang an mitgegeben. Alle römischen Dichter sind von Anbeginn auch zum philosophischen Reflektieren verurteilt. Die lateinische Literatur ist ohne die griechische Vorgängerin nicht denkbar, die erste ‚abgeleitete‘, ‚lernende‘ Literatur. Eröffnet wird sie von einer Übersetzertat, der Odusia („Odyssee“) des Livius Andronicus. Die Übertragung in einen neuen sprachlichen und kulturellen Kontext stellt die römischen Autoren vor Probleme, die sich so grundsätzlich in Griechenland nicht gestellt hatten. Die Rezeption der griechischen Literatur (bis hin zur Aneignung aller Gattungen) ist ein erregender interkultureller Prozess, der natürlich auch Religion und Philosophie umfasst. Am nachdrücklichsten ist dieser Prozess dokumentiert in der bis in alle Einzelheiten durchgearbeiteten Aneignung und Neugestaltung beider homerischer Epen – der ‚Bibel‘ der Antike – in Vergils Aeneis. Die Gestalten der Aeneis stehen – theologisch ausgedrückt – in einem ‚typologischen‘ Verhältnis zu den homerischen.39 Die Aneignung der griechischen literarischen, philosophischen und religiösen Tradition durch die römische Literatur führt zu einer neuen griechisch-römischen Identität und bildet eine entscheidende Vorarbeit für die spätere Rezeption der biblischen Tradition. In hermeneutisch-methodologischer Beziehung ist hier neben der Homer-Kommentierung die griechisch-jüdische Synthese Philons zu vergleichen. b) Religion und Philosophie in Vergils Aeneis Ein Testfall für die Situation der augusteischen Dichter zwischen Religion und Philosophie ist Vergils Aeneis. Aeneas ist homo religiosus, ständig auf der Suche nach göttlichen Winken, die es ihm ermöglichen sollen, seine Urheimat und damit zugleich sein Ziel zu erkennen. Abweichend von der Überlieferung hatte Vergil den genialen Einfall, die Vorfahren des Aeneas aus Italien stammen zu lassen, so dass die Findung der Vergangenheit und der Zukunft ein und dasselbe war. Das ist eine Projektion der Heimkehr des Odysseus ins 39
E. Auerbach sprach von „Figuraldeutung“ (E. AUERBACH, Figura, Istanbul 1945), E. Zinn und G.N. Knauer (G.N. KNAUER, Die Aeneis und Homer. Studien zur poetischen Technik Vergils mit Listen der Homerzitate in der Aeneis [Hypomnemata 7], Göttingen 1964) benutzten den Begriff „Typologie“. Das Wort τύπος („Präfiguration“) erscheint in diesem Sinne im Neuen Testament zur Bezeichnung der Beziehung zwischen Gestalten des Alten und Neuen Testaments: z.B. Adam-Christus Röm 5,14; vgl. 1 Kor 15,21.
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Überpersönliche und Weltgeschichtliche, ein geschichtsphilosophischer Ansatz, mit dem sich christliche Autoren gründlich auseinandersetzen mussten. Den letzten Schritt vollzieht Milton (in seinen Versepen Paradise Lost von 1667 und Paradise Regained von 1671), der den Menschen zwischen verlorenem und wiedergewonnenem Paradies darstellt und damit Homer und Vergil überbietet. Vergils idealtypische Sicht unterscheidet sich vom Diskurs des Historikers durch ständige Zusammenschau von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Dichter beherzigt den Grundgedanken des Aristoteles (Poet. 9, 1451a3 6– b11), Geschichte handle von den Einzelheiten, die sich wirklich ereignet haben, Dichtung aber von dem Allgemeinen, wie es sich ereignen könnte, und sei daher ‚philosophischer‘ als die Historie. Doch vernachlässigt Vergil das Historische nicht – ist doch dessen Faktizität die letztendliche Bestätigung für die Wahrheit seines Mythos. Dabei handelt es sich um eine typisch römische Denkfigur, die auch im Christentum lebendig ist: ein historisch realer Erlöser ist dem nur mythischen Dionysos überlegen. Das Historische ist in die Aeneis als Prophetie eingefügt. Die Technik der vaticinatio ex eventu kennen wir zum Beispiel aus dem (in hellenistischer Zeit entstandenen) Buch Daniel und in weltlicher Form aus Lykophrons Alexandra. Dank dieser Darstellungsweise gewinnen die Ereignisse der römischen Geschichte in der Aeneis an Frische. Sie erscheinen als Gedanken der Gottheit (Aen. 1,254–296), noch nicht in der – notgedrungen unvollkommenen – historischen Realisation. Der Dichter romanisiert die Vorstellung des Goldenen Zeitalters, indem er die Herrschaft Saturns an den Ort des späteren Rom verlegt (Aen. 8,3 19–3 3 6) und das Goldene Zeitalter zugleich als Ursprung und Ziel der römischen Geschichte darstellt (Aen. 6,791–794). Das Denkmodell – enge Korrespondenz zwischen Vergangenheit und Zukunft – ist das gleiche wie bei der Mission des Aeneas. In der „Heldenschau“ des sechsten Aeneisbuches verkörpern einzelne historische Gestalten und Geschlechter bestimmte Werte und staatstragende Verhaltensweisen, die sie im realen Leben verwirklicht haben. Tugend existiert nicht in abstracto, sondern jeweils in ganz bestimmten historischen Augenblicken durch handelnde Menschen.40 Der eigentliche Begründer der Geschichtsphilosophie, Augustinus41, wird die Aeneis in ihrem geschichtsphilo40 Die Ikonen der Ostkirche, die ganz bestimmte historische Augenblicke göttlichen Handelns am Menschen darstellen, setzen in dieser Beziehung die römische Ikonographie fort, die Herrschertugenden in Momenten ihrer historischen Realisation verewigt. 41 Vergil bei Augustinus: S. MACCORMACK, The Shadows of Poetry. Vergil in the Mind of Augustine (The Transformation of the Classical Heritage 26), Berkeley 1998; G.A. MÜLLER, Formen und Funktionen der Vergilzitate bei Augustin von Hippo. Formen und Funktionen der Zitate und Anspielungen (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums Reihe 1,
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sophischen Ansatz ernst nehmen. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen griechischer und römischer Sicht. Die Einmaligkeit des geschichtlichen Prozesses und seine Linearität unterscheidet Vergil von Platon, dessen Geschichtsbild zyklisch ist.42 Der Gedanke einer Universalgeschichte ist durch das Alexanderreich möglich geworden und hat sich bei hellenistischen Historikern – nicht zuletzt unter dem Eindruck des Römerreiches – in Wechselwirkung mit der Stoa entwickelt. Die politische Thematik schließt für römisches Empfinden die religiöse ein. Der Staat war eine Kultgemeinschaft; wir dürfen die moderne Trennung von Staat und Kirche bzw. das rein säkulare Staatsverständnis der Gegenwart nicht in die Antike zurückprojizieren. Die politische Theologie wurde in Rom wesentlich von den Dichtern mitgestaltet. Vergils Aeneis ist ein Sakralgedicht.43 Die Zahl der Gebete und rituellen Handlungen, die Aeneas vollzieht, spricht für sich. Vergil unterstreicht bei jeder Gelegenheit die Verankerung in den Riten der römischen Religion. Gegenüber Latinus (der Heerkönig bleiben soll) beansprucht Aeneas lediglich die Rolle des Sakralkönigs für sich (Aen. 12,192). Der Etruskerkönig Tarchon vollzieht einen Ritus, den man mit der altrömischen devotio vergleichen kann: sofern nur die Seinen den Sieg erringen, mag sein eigenes Boot bei der Landung scheitern (Aen. 10,297). Die „Heldenschau“ nennt zwei Helden namens Decius Mus, die sich als Anführer feierlich den Totengöttern weihten, damit ihr Volk gerettet würde. Im Zusammenhang mit dem Tod des Steuermanns Palinurus spricht Neptun ein Wort, das mit dem des Kaiphas (Joh 11,5044) übereinstimmt (Aen. 5,815): unum pro multis dabitur caput.
Ein Haupt wird für viele gegeben werden.
Aeneas ist ein homo religiosus, der keinen Schritt unternimmt, ohne auf die Stimme der Götter zu hören oder auf ihre Zeichen zu achten.45 Diese Haltung entspricht derjenigen des Landwirts in den Georgica, der ständig den Himmel beobachten muss. Die pietas des Aeneas geht für antike Begriffe sehr weit: Einen tollkühnen jungen Gegner warnt er ausdrücklich vor dem Zweikampf (Aen. 10,811), tötet ihn nur in Notwehr und beraubt ihn nicht der Waffen – er hilft dessen Gefährten noch, den Leichnam zu bergen (Aen. 10,830–832), ein Verhalten, das deutlich milder und korrekter ist als das des Turnus, der den
N.F. 18), Paderborn 2003; G. CLARK, City of God(s): Virgil and Augustine, Proceedings of the Virgil Society 25 (2004) 83–94. Daneben immer noch wichtig: V. IVANOV, Vergils Historiosophie, in: Ders., Das alte Wahre. Essays, Berlin/Frankfurt 1954, 125–146. 42 K. GAISER, Platon und die Geschichte, Stuttgart 1961. 43 Zu Vergil: M. V. ALBRECHT, Vergil. Bucolica, Georgica, Aeneis. Eine Einführung, Heidelberg 2006 (dort Literatur). 44 Vgl. Joh 18,14; 2 Kor 5,14. Dazu F.E. BRENK, Unum pro multis caput. Myth, history and symbolic imagery in Vergil’s Palinurus incident, Latomus 43 (1984) 776–801. 45 Pindar hat die Figur des Jason in der 4. Pythischen Ode auf ähnliche Weise gestaltet.
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jugendlichen Pallas keineswegs warnt, sondern eigens sucht, ja den Wunsch äußert, dessen greiser Vater möge das Sterben des Knaben mit ansehen. Er entehrt den Besiegten, indem er sich dessen Wehrgehenk aneignet, was bei Königsspolien ein Verstoß ist. Aeneas weiht Beutewaffen den Göttern oder verzichtet auf Spoliierung. Aeneas’ Mitleid mit dem Gegner übersteigt „bei weitem das Maß der Menschlichkeit, welches den Kulturzuständen, sei es des homerischen Zeitalters, sei es der Epoche der Gladiatorenspiele entspricht.“ So kommt Vergil, der das „zarte Nachfühlen des Erbes der Vergangenheit mit dem noch zarteren Vorgefühl der kommenden Epoche verband“, eine Schlüsselstellung im kulturellen Gedächtnis zu.46 Als reflektierender religiöser Dichter setzt sich Vergil mit unterschiedlichen Philosophenschulen auseinander. Die platonisch-pythagoreische Eschatologie bildet den Rahmen für die „Heldenschau“; sie ermöglicht es dem Dichter, die künftigen Helden lange vor ihrer Geburt gewissermaßen als Gedanken Gottes darzustellen.4 Auch an stoischen Elementen fehlt es in der Aeneis nicht. Man denke an die staatstragenden Tugenden, an die Vorstellung von Kosmos und Sympathie, an die Entwicklung des Römerreiches zum Weltreich und an den Gedanken einer Erziehung des Menschengeschlechts durch schwere Prüfungen. Aeneas ist ein fehlbarer Mensch, kein stoischer Weiser, vielleicht ein „Fortschreitender“ – ein Begriff der stoischen Propaganda, der freilich absichtlich verschwommen gehalten ist, um möglichst vielen die Identifikation zu ermöglichen; der „Fortschritt“ des Aeneas hält sich ja auch in engen Grenzen. Epikureisches ist in den Bucolica und Georgica spürbar, es fehlt aber auch in der Aeneis nicht und berührt dort zentrale theologische Fragen. Dido äußert den epikureischen Gedanken, die Götter nähmen keinen Anteil am menschlichen Schicksal (Aen. 4,39f.). Schon im Proömium zweifelt der Dichter leise daran, dass Götter Zorn empfinden könnten (Aen. 1,11), und Juppiter wird sich im letzten Buch höflich über Junos Zorn verwundern, indem er auf eine Lukrezstelle anspielt, die den Götterzorn leugnet (Aen. 12,831; Lucr. 6,4).48 Anlass zu epikureischen Assoziationen bietet auch die Tatsache, dass Priamos am Altar ermordet wird, ohne dass helfende Götter einschreiten; ebenso fallen der Priester Panthus sowie Ripheus, „der Gerechteste der Sterblichen“
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IVANOV, Historiosophie (s. Anm. 41), 130; 135; 146. Dazu: M. V. ALBRECHT, Roman Epic. An interpretative introduction, Leiden 1999, 99– 119; Ders., Vergil (s. Anm. 43), 11–13 mit Literatur. 48 Diese Parallele beweist die Richtigkeit meiner Deutung gegenüber den meisten Kommentaren ad loc. 4
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(Aen. 2,426–430).49 Das erinnert an die trostlose Predigt des Lukrez: alle müssen sterben, sogar Lukrezens „Gott“ Epikur (Lucr. 3,1042). Der Peripatos, der Zorn unter bestimmten Bedingungen für zulässig hielt, beeinflusst Vergils Darstellung des Zorns des Aeneas. Dieses Seitenstück zum Zorn des Achilleus erhält ein philosophisches Fundament. Die Schlussszene der Aeneis ist ohnehin ohne Philosophie und Religion unverständlich. Die Abfolge eines Unglücksfalls, eines Irrtums und eines Vergehens in dieser Szene verkörpert Kategorien der aristotelischen Ethik und Rhetorik: ἀτύχημα, ἁμάρτημα, ἀδίκημα, und die Bestrafung des Gegners realisiert die durch die Heiligkeit der Gastfreundschaft bedingte Rachepflicht (pietas), verbunden mit dem religiös-juristischen Prinzip der talio (Vergeltung). Die ganze Aeneis wie auch besonders die letzte Szene zeigt, wie religiöse Themen mit Hilfe philosophischer Reflexion neue poetische Gestalt gewinnen, bald überraschend modern (Feindesliebe), bald überraschend archaisch (Rache). Dichten und Denken schließen sich nicht aus, sondern stützen sich wechselseitig.
VI. Ovid Ovid50, den man lange als oberflächlichen Unterhaltungsschriftsteller abzutun pflegte, schuf in Gestalt der Metamorphosen ein Standardwerk der griechischen theologia fabulosa und in den Fasti ein solches zur römischen theologia civilis. Die eingangs beschriebene varronische Dreiteilung der Theologie hinterlässt in den Metamorphosen ihre Spuren. Im ersten und letzten Buch kommen sowohl die politische (Augustus als Kosmokrator, als irdischer Juppiter) als auch die physikalische Theologie zu ihrem Recht (der abstrakte Schöpfergott der Philosophen; die Erde als Kugel mit fünf Klimazonen; die Lehre von den vier Elementen). Im übrigen Corpus des Werkes herrscht die theologia fabulosa und das Weltbild des Mythos. Mit deutlich größerem Respekt als von den mythischen Olympiern spricht Ovid von einer weiteren Gruppe von Göttern, die Varro ausgespart hatte, den Mysteriengottheiten: Bacchus (Dionysos), Ceres (Demeter) und Isis. Faszinierend ist, wie in der Erzählung von den tyrrhenischen Schiffern ein einfacher Gläubiger gleichsam zum Träger, zum Sprecher des Dionysos wird (Met. 3,577–700). Hier macht Ovid mit der Idee des deus in nobis ernst, einer Vorstellung, die ihm als Erotiker und inspiriertem Dichter auch sonst nahe lag. Die Auseinandersetzung des Dionysos-Jüngers mit der Staatsgewalt (Pentheus) scheint in manchem die spätere Spannung zwischen Ovid und dem 49 Dem letzteren wird Dante im Paradies 20,67–69 (und ebd. 100–129) einen Platz reservieren. 50 Einzelheiten und Literatur in: M. V. ALBRECHT, Ovid. Eine Einführung, Stuttgart 2003.
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Princeps vorwegzunehmen, zumal Ovid, wie wir aus den Verbannungsgedichten erfahren, einem dionysischen Kultverein römischer Dichter angehörte, an den er aus der Verbannung Verse sendet (Tr. 5,3), um wenigstens im Geiste dort anwesend zu sein. Die römische Kaisertheologie entwickelt er im Anschluss an Vergils Ansätze weiter. Schon in den Georgica (1,24–42) erschien Augustus als Kosmokrator, bei Ovid als irdischer Juppiter. Wie Vergil rechnet auch Ovid damit, dass Augustus Bitten und Gebete anhören und erhören kann. Die ihm von einem Freund in das Exil zugesandten drei Silberstatuetten von Augustus, Livia und Tiberius scheint er als eine Art Larenfiguren zu verehren (Pont. 2,8). (Schon Varro hatte die Laren als Verkörperung der kapitolinischen Trias gedeutet.) Die weite physische Distanz zu seinem Gott veranlasst ihn darüber hinaus zur Anrufung einer großen Zahl vornehmer Schutzpatrone, die für ihn Fürbitte leisten sollen. So stilisiert er diejenigen, die ihm von seinen einst unzähligen Freunden noch geblieben sind, zu Schutzheiligen. Sind sie doch Bürger der für ihn unerreichbaren heiligen Stadt, der sein unerfülltes Sehnen gilt, eines Rom, wie es sein könnte oder sein sollte. An diese Fürsprecher richtet er seine unablässigen Bitten. Neben dieser bemerkenswerten religiösen Konstruktion, die man in Theologenkreisen wohl als „frühkatholisch“ bezeichnen würde, steht eine Haltung des Gläubigen gegenüber seinem „Gott“, die als „erzprotestantisch“ gelten muss. Von seinem Gott – dem in so eminenter Weise historische Realität zukommt, dass alle mythischen Götter neben ihm verblassen – ist er, wie Schleiermacher sagen würde, „schlechthin abhängig“. Dabei pocht er auf keinerlei eigene gute Werke, sondern hofft allein auf die Gnade seines Gottes. Dadurch, dass der Gott für den verbannten Beter physisch unerreichbar ist, trägt die Exilpoesie Ovids eindeutig religiöse Züge und gibt sich als theologische Schöpfung eigener Prägung zu erkennen. Die völlige Abhängigkeit vom Kaiser ist keine Metapher, sondern ernstzunehmende Realität. Ähnlich wie das Gottesbild des lateinischen Kirchenvaters Laktanz nach Antonie Wlosok51 der römischen Vateridee (Gnade und Gericht als komplementäre Funktionen) nachempfunden ist, so hat wohl auch die Realität der Monarchie auf die Entwicklung des Gottesbildes eingewirkt. In Ovids Fall hat die Situation des Exils dabei zur Entwicklung neuer religiöser Denk- und Redeformen Anlass gegeben: Sein Spätwerk ist keine Sammlung monotoner Klagen, sondern eine folgenreiche Kulturschöpfung, was endlich einmal ausgesprochen zu werden verdient.
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WLOSOK, Laktanz (s. Anm. 26), 232–246.
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VII. Schluss Philosophie und Mysterienreligionen bilden die fruchtbare Mitte der antiken theologiae, von der aus die mythische theologia, die zu bloßer Literatur zu verblassen droht, und die politische, die zur Erstarrung im Ritus neigt, ständig erneuert und belebt werden. Der Sieg des Christentums in der Antike ist in intellektueller Beziehung dem Fehlen von Berührungsängsten gegenüber Philosophie und Wissenschaft bei seinen führenden Vertretern zu verdanken.52 Was wir an spezifisch römischen Zugängen zu Religion und Philosophie beobachteten, berührt sich zuweilen überraschend mit der hebräischen Mentalität. Manches davon ist als römischer Einschlag in beiden westlichen Konfessionen heute noch zu spüren. Andererseits – und auch dies konnten wir immer wieder feststellen – war es die griechische Philosophie, die den Römern dazu verhalf, sich selbst und das eigene religiöse Empfinden zu verstehen und dieses Verständnis in literarischen Schöpfungen niederzulegen.
52 Auf lange Sicht verhängnisvoll war die Gleichsetzung der theologia rationalis (physica) mit einem bestimmten Weltbild, dem (damals wissenschaftlich gültigen) ptolemäischen, das auf diese Weise unverdient zum Glaubenssatz wurde und in der Neuzeit die Kirche gegenüber der Wissenschaft ins Hintertreffen brachte.
Religiöse Philosophie und philosophische Religion in der griechischen Literatur der Kaiserzeit HERWIG GÖRGEMANNS Dieser Vortrag soll, so verstehe ich meine Aufgabe, einen Überblick über ein weites Feld der Literatur geben; für Vertiefung und Differenzierung wird darum wenig Raum bleiben. Es ist eine Art Geländebegehung – die Archäologen nennen das einen survey: Man notiert, was in die Augen fällt, ohne dass man den Spaten ansetzt.1 Zwei Vorbemerkungen. 1. Die Kaiserzeit gilt als eine Epoche, in der die Religion mehr und mehr Bedeutung gewinnt, nicht nur in intellektuellen Kreisen und in der Philosophie, sondern in allen Bereichen des Lebens. Man hat von mystischen Tendenzen gesprochen, von dem Versuch, „durch göttliche Offenbarung zu einer Erkenntnis und Glückseligkeit zu gelangen, die dem wissenschaftlichen Denken als solchem versagt ist“2. Damit habe sich die ursprüngliche Entwicklung des griechischen Geistes, die auf Entmythologisierung, Rationalisierung, Aufklärung gerichtet gewesen sei, geradezu umgekehrt. Für die frühere Phase können als Stichworte die Titel von zwei berühmten Büchern stehen: „Vom Mythos zum Logos“ von Wilhelm Nestle (1940) und „Die Entdeckung des Geistes“ von Bruno Snell (1946). Für die Wende zum Religiösen hat E.R. Dodds in einem Kapitel von „The Greeks and the Irrational“ (1951) eine eindrucksvolle Darstellung gegeben. Es steht unter der Überschrift „The Fear of Freedom“. Dodds glaubte eine psychologische Ursache dafür zu erkennen: Die Auflösung der traditionellen Bindungen habe 1 Einen ausführlichen Überblick zu dem Thema gibt M.P. NILSSON, Geschichte der griechischen Religion, Bd. 2: Die hellenistische und römische Zeit (HAW 5/2.2), München 21961, 395–466: „Die Philosophie“, 558–569: „Die Religion in der Literatur“. 2 E. ZELLER, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung III 2, Darmstadt 61963 (Nachdruck der Fassung 41903), 62; s. auch K. PRÄCHTER, Die Philosophie des Altertums, Berlin 121926 (F. UEBERWEGs Grundriss der Geschichte der Philosophie Bd. 1), 32f. Eine Wende ist am deutlichsten gegen Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. erkennbar. P. ATHANASSIADI, M. FREDE (Hgg.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999, 3: „[…] the end of the second century BC stands out as a natural watershed: the demise of the traditional Hellenistic schools, the Pythagorean revival, and the impetus which animated the ,oriental cults‘, shaping them into systematic oecumenical messages, are all phenomena which indicate a break with the Hellenistic past and point to new beginnings.“ Vgl. auch den 3. Abschnitt von A. Dihles Beitrag in diesem Band.
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zu einer inneren Unsicherheit, einer seelischen Heimatlosigkeit geführt, und als Reaktion darauf hätten die Menschen eine neue Geborgenheit in Glaubensvorstellungen gesucht. Derartige Thesen sind natürlich kaum zu verifizieren; das Geflecht der historischen Kausalitäten ist zu verwickelt. Der Bruch zwischen den Epochen ist auch weniger deutlich als es oft dargestellt wird; schließlich haben die Philosophen die traditionelle Religion von Anfang an nicht nur kritisiert, sondern auch gedeutet, gestützt und in ihr Denken einbezogen. Ciceros Schrift De natura deorum gibt ein Bild vom Reichtum der Religionsphilosophie namentlich in der frühhellenistischen Zeit. Auf festerem Boden steht die Darstellung von M.P. Nilsson.3 Nach ihm ist der Hintergrund das Schwinden der klassischen Polis-Religion, in den hellenistischen Reichen angebahnt und durch die römische Herrschaft verstärkt. M. Terentius Varro klagte um 50 v.Chr., er fürchte, dass die Götter Roms untergehen würden, nicht durch eine Invasion von Feinden, sondern weil die Bürger sie vernachlässigten.4 Die alten städtischen Kulte wurden zwar noch jahrhundertelang pietätvoll gepflegt, aber kaum noch lebendig vollzogen.5 Dafür gewannen universalistische Religionsformen an Einfluss: Mysterien wie die der Isis und des Mithras, Hermetik, gnostische Bewegungen, auch Kultgemeinden, die von charismatischen Persönlichkeiten, θεῖοι ἄνδρες, begründet wurden. Solche Religionsformen erfordern persönliche Zuwendung, eine Bekehrung, und bringen deshalb eine neue seelische Intensität mit sich, Glaube und Bekenntnis. Die Begriffe Erlösung und Offenbarung spielen eine Rolle, heilige Bücher verbreiten sich. Das „Wissen“ vom Göttlichen wird zu einem zentralen religiösen Wert; die gnostischen Gruppen haben das in ihre Selbstbezeichnung aufgenommen. Allmählich setzt sich eine Abwertung, ja Verachtung der materiellen Welt durch; damit hängt eine Tendenz zur Askese zusammen, die dann im christlichen Mönchtum einen Höhepunkt erreicht. Nun könnte man sagen, dass all dies nichts Neues sei: in den orphischen Gruppen und in den Mysterien gab es seit archaischer Zeit Ähnliches. Aber das war früher eine marginale Erscheinung; es ist bezeichnend, dass es in der späthellenistischen Theorie von der theologia tripertita völlig ignoriert wird. Da wird die Religion der Gesetzgeber (also die Polis-Religion), die der Dichter (die Mythologie) und die der Philosophen unterschieden; aber von einer, die sich auf religiöses Erlebnis, auf Orakel oder Offenbarungen stützt, ist nicht die Rede. In der
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NILSSON, Geschichte (s. Anm. 1), 310–326, hier 320: „Durch Abbau der alten kollektiven, von der Polis getragenen Religion wurde der Weg bereitet für den über das ganze Reich verbreiteten Synkretismus […].“ 4 Varro, Antiquitates rerum humanarum et divinarum frg. 2a CARDAUNS: … ut dicat se timere ne pereant, non incursu hostili, sed civium neglegentia. 5 Auch hier kann man Einwände machen. In letzter Zeit wird eher die weiterdauernde Vitalität der traditionellen Kulte hervorgehoben, so u.a. von R. MACMULLEN, Paganism in the Roman Empire, New Haven 1981, Kap. II 2: „The Vitality of Paganism“.
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Kaiserzeit, wo diese Theorie öfters erwähnt wird, ist sie eigentlich ein Anachronismus.6 2. Das Thema dieses Vortrages lässt sich in zwei Fragen zerlegen. Erstens: Wie steht die Philosophie zur Religion? Zweitens: Wie steht die Religion zur Philosophie? Die erste Frage ist sehr ergiebig; es gibt eine Fülle von philosophischen Stellungnahmen und Deutungen zu religiösen Themen, und natürlich auch den Einbau religiöser Motive in philosophische Systeme. Das Umgekehrte ist schwerer festzustellen. Wo hat eine Religion als solche philosophische Motive aufgenommen? Ein Beispiel dafür ist offensichtlich die Entwicklung des Christentums, und es fragt sich, inwieweit das eine Besonderheit ist. In manchen Fällen sind religiöse und philosophische Elemente in einer Weise vereinigt, dass es schwierig ist, einem davon die Priorität zu geben. So ist es etwa im Pythagoreismus, im Mittelplatonismus, in Gnosis und Hermetik. Manche bedeutende literarische Texte, die die Religion betreffen, aber ohne deutlichen philosophischen Bezug sind, bleiben außerhalb unseres Themas: so die ἱεροὶ λόγοι des Ailios Aristeides und die parodistisch-satirischen Schriften Lukians. Die folgende Übersicht ist schematisch angelegt, wie es für eine „Geländebegehung“ angebracht ist: Ich orientiere mich einfach an der Geschichte der Philosophenschulen und frage bei einer jeden nach ihren religiösen Motiven.
1. Skeptiker und Epikureer Diese zwei Richtungen haben am wenigsten Beziehung zur Religion. Die Skeptiker sind an der Destruktion jeder Lehre interessiert; in unsere Periode fällt das große Werk des Sextus Empiricus. In Adversus mathematicos Buch 9, Kap. 13–194 bringt er alle möglichen Schwierigkeiten und Widersprüche religiöser Lehren zur Sprache; das Material stammt natürlich durchweg aus der Zeit des Karneades und seines Kampfes gegen die Stoa. Aber die Skeptiker waren keineswegs Atheisten; Pyrrhon machte eine (freilich schwer verständliche) Aussage über „das Wesen des Göttlichen und des Guten“, und in der skeptischen Akademie gibt es immer wieder Äußerungen, das Wissen sei Gott 6
Hierzu etwa H.-J. KLAUCK, Die dreigeteilte Theologie, in: Dion von Prusa, Olympische Rede, eingeleitet, übersetzt und interpretiert von H.-J. KLAUCK. Mit einem archäologischen Beitrag von B. BÄBLER (SAPERE 2), Darmstadt 2000, 186–192, hier weitere Literatur. Augustinus setzt sich in De civitate dei, Buch 5–7 ausführlich damit auseinander. Die christliche Offenbarungsreligion gehört in keine der drei Gruppen. Zur theologia tripertita vgl. auch die Beiträge von A. Dihle, M. v. Albrecht und T. Thum im vorliegenden Band. Es fällt auf, dass Augustinus in De civitate dei diese Theorie zugrundelegt, was dazu führt, dass in seiner Auseinandersetzung mit der heidnischen Theologie die Richtungen mit Offenbarungscharakter unberücksichtigt bleiben. A. Dihle hat dafür eine Erklärung versucht (s. Anm. 18 in seinem Beitrag in diesem Band).
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allein vorbehalten.7 Nach Sextus Empiricus nimmt der Skeptiker die religiöse Überlieferung an, ohne daraus eine feste Meinung zu machen (ἀδοξάστως).8 Dass skeptisches Gedankengut sogar zu einer Stütze religiösen Glaubens werden kann, werden wir später noch sehen. — Die epikureische Schule war als atheistisch verrufen; aber in Wirklichkeit hatte Epikur die Existenz von Göttern ausdrücklich gelehrt; er sprach ihnen nur jeden Eingriff in unsere Welt ab. Der Glaube an solche Eingriffe führe zur Angst vor den Göttern und dadurch zu schweren Verstörungen menschlichen Glücks. Für diese Phänomene kam der Begriff δεισιδαιμονία auf. In dem Lehrgedicht des Lukrez ist es ein leitender Gedanke, dass religio Unglück bringt – eine erstaunliche Aussage in einer Zeit, die keine Religionskriege und fast keine religiöse Diskriminierung oder Verfolgung kannte. Die Abwehr des „Aberglaubens“ als einer Störung seelischen Wohlbefindens fand auch bei einem religiösen Autor wie Plutarch ein Echo: In der Schrift De superstitione stellt er ihn neben den Unglauben (ἀθεότης) – beides sind Fehlhaltungen, entgegengesetzte Extreme, wovon die erstere sogar die schlimmere ist. In der Kaiserzeit hatte der Epikureismus weiterhin eine feste Anhängerschaft, aber wenig Ausstrahlung. Der prominenteste Text ist die Inschrift des Diogenes von Oinoanda aus dem 2. Jahrhundert n.Chr.; sie enthält ganz im Sinne des Gründers eine Verwahrung gegen den Vorwurf des Atheismus, es gehe vielmehr darum, unwürdige Vorstellungen von den Göttern fernzuhalten.
2. Die Stoa In der alten Stoa war zum ersten Mal eine Theologie systematisch und umfassend ausgearbeitet worden. Zenon und Chrysipp hatten die Lehre von den Göttern in die Physik integriert.9 Die Stoiker gebrauchten den Begriff „Gott“ oder „Götter“ in zweierlei Weise: Auf der einen Seite stand Gott als der WeltLogos, das alldurchdringende Pneuma, das umfassende Schicksal (εἱμαρμένη). Neben diesem pantheistischen Konzept gibt es die Götter des Volksglaubens, die allegorisch als Naturkräfte verstanden werden, dazu die Gestirngötter, auch manche weiterwirkende Seelen großer Menschen. Gott ist menschenfreundlich (Platon hatte in der Politeia gelehrt, dass Gott nur Gutes tun kön7
Pyrrhon: Sext. Emp. Math. 11,20; dazu W. GÖRLER, Älterer Pyrrhonismus. Jüngere Akademie. Antiochos aus Askalon, in: H. FLASHAR (Hg.), Grundriss der Geschichte der Philosophie (begründet von F. UEBERWEG), völlig neubearbeitete Auflage. Die Philosophie der Antike, Bd. 4 (2): Die hellenistische Philosophie, Basel 1994, 717–989, 740–743; zur Akademie 823f. 8 Sext. Emp. Pyrrh. hyp. 1,23–24 und 3,2. 9 Sie konnten anknüpfen an grundlegende Entwürfe von Xenophon (Mem. 1, 4 und 4, 3) und Platon (Leg. Buch 10).
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ne), er hat die Welt für uns zweckmäßig eingerichtet und übt in ihr die Vorsehung aus. Zu seinem Wirken gehört auch die Mantik. Zu diesem Gott betet man, nicht um ihn zu beeinflussen – diese Vorstellung ist seit Platon diskreditiert (Gesetze III 687c–e)–, sondern um ihn zu preisen und sich mit seinem Willen, dem Plan der Weltvernunft, in Einklang zu setzen. Der Zeushymnus des Kleanthes ist der Prototyp dieses stoischen Gebetes. Zeus ist hier der Name des Allgottes, dessen Leitung man sich vertrauensvoll anheimgeben kann, denn „wir sind von seinem Geschlecht“ (ἐκ τοῦ γὰρ γένος ἐσμέν). Im 1. Jahrhundert v.Chr., so haben Forscher des 19. Jahrhunderts vermutet, soll Poseidonios dieses altstoische Konzept verschoben haben in Richtung auf eine kosmische Mystik; und damit habe er einen tiefgreifenden Einfluss auf die Religionsphilosophie der Kaiserzeit gehabt. Wenn das richtig wäre, so würde Poseidonios zu einer Schlüsselfigur für unser Thema; aber von diesen Thesen ist nach langwierigen Debatten kaum etwas Greifbares übrig geblieben, und ich verzichte im Folgenden darauf, näher darauf einzugehen.10 In der kaiserzeitlichen Stoa wird eine Vertiefung des religiösen Elements deutlich; die Linie des Kleanthes-Hymnus bleibt aber im Grundsätzlichen erhalten. Zwei Namen treten im griechischen Bereich hervor: Epiktet und Dion Chrysostomos (von Prusa). Bei Epiktet11 erhalten viele Passagen, die das Verhältnis des Menschen zur Welt, zum Schicksal, zu den Mitmenschen betreffen, zusätzlich eine emphatische religiöse Färbung, einen Gottesbezug. Gott (den Epiktet gerne personalisierend als „Zeus“ anspricht) ist der Vater aller Menschen; darum sind sie Brüder, zu denen wir uns brüderlich zu verhalten haben. Auch der Sklave ist dein Bruder, denn auch er stammt von Zeus ab (1,13,3). Darum muss man Nachsicht mit der Schwäche der Menschen haben (1,11,7). Der Philosoph ist von Gott als Botschafter und Zeuge geschickt, um die Menschen über das Gute und Schlechte zu belehren (2,22,23; 1,29,46). Gott zu erkennen ist die erste Aufgabe der Philosophie, und daraus folgt die Ethik: die Eigenschaften Gottes müssen wir nachahmen, soweit es uns möglich ist (2,14,11–13). Bei dieser großen Aufgabe braucht der Mensch Beistand: „Erinnere dich Gottes, rufe ihn als Helfer und Beistand an, wie die Seefahrer im Sturm die Dioskuren anrufen“ (2,18,28). Durch die Philosophie erfährt sich der Mensch als Ausfluss der Gottheit, erkennt seine sittlichen Verpflichtungen, findet zu brüderlicher Liebe zum Mitmenschen, stimmt mit dem Willen Gottes überein (2,16,42). Gott ist in uns anwesend, hat sich uns anvertraut (2,8,11–23). Der Tod ist eine Erlösung von der Behinderung durch den Leib; durch ihn geht der Mensch zu Gott ein, wenn Gott ein Zeichen gibt und ihn von seinem 10
Eine kurze Darstellung des Verlaufs der Kontroverse: P. STEINMETZ, Die Stoa, in: FLAS-
HAR, Hellenistische Philosophie (s. Anm. 7), 677–681. 11 Die religiöse Seite von Epiktets Philosophie wird ausführlich analysiert bei A.A. LONG, Epictetus. A Stoic and Socratic Guide to Life, Oxford 2002.
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Dienst entbindet (1,9,16). Epiktet betont Gottes Pronoia: er hat die Welt aufs beste eingerichtet und ist in allen Vorgängen gegenwärtig (1,14,9). Die Unvollkommenheit des menschlichen Leibes konnte er nicht ändern (1,1,109). „Was anderes kann ich, ein lahmer Greis, als Gott Hymnen singen? Wenn ich eine Nachtigall wäre, würde ich es wie eine Nachtigall machen, wäre ich ein Schwan, dann wie ein Schwan. Nun aber bin ich ein denkendes und sprechendes Wesen (λογικός) – also muss ich Gott Hymnen singen. Das ist meine Aufgabe“ (1,16,20). Solche Töne bringen Epiktet in die Nähe einer persönlichen Frömmigkeit, wie sie das Christentum pflegt. Origenes hat das später ohne Vorbehalt anerkannt (Cels. 6,2). Manche dieser Aussagen stehen sogar in einer Spannung zur stoischen Lehre. Das Gebet um Hilfe steht neben dem stoischen Determinismus, die göttliche Sendung des Philosophen erinnert an Platons Apologie des Sokrates, die Befreiung aus der Behinderung durch den Leib an den Phaidon. (Die Stoa vertrat keine persönliche Unsterblichkeit der Seele.) Die ethische Maxime des „Gott-ähnlich-Werdens, soweit es möglich ist“, geht auf eine vielzitierte Platonstelle zurück (Theaet. 176ab) und ist typisch für Platoniker. Offenbar ist die stoische Theorie flexibel genug, um solche Elemente aufzunehmen. Dion Chrysostomos (von Prusa) verkündet eine stoische Philosophie mit kynischem Einschlag, in welcher das Göttliche immer wieder zur Geltung kommt. In zwei seiner Reden ist das Thema zentral. Im Borysthenitikos spricht er über politische Organisation im Allgemeinen; er vertritt eine monarchische Verfassungsform und stellt sie in Analogie zur göttlichen Regierung des Kosmos, die er ausführlich schildert. Im Olympikos ist von der Zeusstatue des Phidias die Rede, und da kommt er auf ein offenbar damals diskutiertes Problem, die Bilderverehrung. Die naive Vorstellung, dass der Gott im Bild gegenwärtig sei, ist nicht mehr zu vermitteln; Holz und Stein sind nichts Göttliches. Dion entwirft eine Theorie der Götterdarstellung: Ebenso wie ein Dichter mit Mitteln der Sprache eine Vorstellung vom Göttlichen vermittelt, so der Künstler im Bild. Dion greift die Lehre von der theologia tripertita auf und stellt neben die drei Urheber religiöser Lehre den Künstler als vierten.12 Unter den Römern nenne ich Kaiser Marc Aurel, weil er in griechischer Sprache geschrieben hat. Er war zweifellos persönlich ein tief religiöser Mensch, sein kaiserliches Amt empfand er als eine sittliche und religiöse Aufgabe. In seinen Formulierungen ist der pantheistische Gottesbegriff der Stoa zu erkennen. „O Kosmos, alles was dir recht ist, ist mir recht. O Physis, alles was deine Jahreszeiten bringen, ist mir willkommene Frucht. Ein anderer sagt: O du liebe Stadt des Kekrops (der Sprecher ist offenbar ein athenischer Patriot); soll man nicht sagen: O du liebe Stadt des Zeus?“ (4,23) Dennoch findet
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S. dazu Anm. 6.
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man, wenn man mit Epiktet vergleicht, eine gewisse Zurückhaltung.13 Marc Aurel ist offenbar bereit, die stoische Lehre auch ohne die religiöse Schicht anzunehmen. Ein Beleg dafür ist das Kapitel 6,44: „Wenn die Götter über mich und was mir widerfahren soll einen Plan gefasst haben, muss es ein guter Plan sein … Aus welchem Grund sollten sie denn ein Übel gegen mich ins Werk setzen? Welchen Vorteil hätten sie davon oder die Gesamtheit (τὸ κοινόν: das Weltganze, als Gemeinwesen aufgefasst), dem ihre Vorsehung in erster Linie gilt? Wenn sie aber keinen speziellen Plan über mich gefasst haben, dann doch jedenfalls über das Weltganze, und was mir widerfährt, ist ein Nebenergebnis, mit dem ich mich abfinden muss.14 Wenn sie aber etwa über gar nichts Pläne fassen – das anzunehmen wäre nicht fromm, dann würden wir keine Opfer bringen, nicht beten, nicht schwören und andere religiöse Handlungen ausführen – aber angenommen, sie fassten gar keine Pläne, die uns betreffen: dann bliebe mir doch die Aufgabe, über das mir Zuträgliche zu reflektieren; zuträglich ist aber jedem, was seiner Anlage und Natur entspricht. Meine Natur aber ist von Vernunft und staatlicher Gemeinschaft bestimmt (ἡ δὲ ἐμὴ φύσις λογικὴ καὶ πολιτική). Mein Staat und meine Heimat ist, sofern ich Antoninus bin, Rom, sofern ich ein Mensch bin, der Kosmos. Was diesen zwei Staaten zuträglich ist, ist also für mich das einzig Gute.“ Der Begriff der göttlichen Vorsehung wird schrittweise demontiert: am Anfang steht die voll entfaltete persönliche Vorsehung; wenn man diese streicht, bleibt die generelle, kosmische; wenn auch diese entfällt, bleibt die bloße Physis ohne religiöse Untertöne übrig; aber dieses Leitprinzip genügt, um dem menschlichen Leben Sinn und eine verpflichtende Richtung zu geben.
3. Der Peripatos Der Gott des Aristoteles, der sogenannte „unbewegte Beweger“, scheint den Menschen fern, und die Schule hat sich denn auch wenig mit Fragen der Religion beschäftigt. Eine große Ausnahme ist die Schrift Über die Welt (Περὶ κόσμου), die auch in einer lateinischen Übersetzung des Apuleius überliefert ist. Sie gibt sich als ein Werk des Aristoteles; aber seit Erasmus von Rotterdam hat sich die Meinung durchgesetzt, dass sie unecht und etwa im 2. Jahrhundert n.Chr. entstanden sei. Allerdings haben sich neuerdings wieder ernstzu-
13 Hierzu etwa R.B. RUTHERFORD, The Meditations of Marcus Aurelius. A Study, Oxford 1989, Kap. VI: „Life and Death in the Religion of Epictetus and Marcus Aurelius“. 14 Die stoische Lehre vom Übel als unvermeidliche Begleiterscheinung eines Guten, als Kollateralschaden.
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nehmende Vertreter der Echtheit zu Wort gemeldet.15 Ich bleibe zunächst einmal bei der Spätdatierung. Ein kurzer Blick auf den Inhalt. Schon im Vorwort heißt es: Vom Kosmos zu sprechen, dem Ganzen, das aus Himmel, Erde und allen Wesen darin besteht, heißt, theologisch zu reden: λέγομέν τε καὶ θεολογοῦμεν περὶ τούτων συμπάντων. Es folgt eine Darstellung des Weltaufbaus, der fünf Elemente (nach Aristoteles), der Gestirnsphären, der Meteorologie und der Erdkunde; die großartige Vielfalt und Harmonie des Weltgefüges wird in begeisterten Tönen gepriesen. Der Verfasser vermeidet es aber, die Welt selbst als Gott oder göttlich zu bezeichnen, wie es z.B. Aristoteles selbst in der exoterischen Schrift Περὶ φιλοσοφίας getan hatte. In Kap. 6 entwickelt er dann die Vorstellung von einem transzendenten Gott, der die Welt regiert, aber nicht, indem er selbst in sie eingreift, sondern indem er aus der Distanz durch seine δύναμις ihre harmonische Funktion und ihren ewigen Bestand sichert. Er steht über ihr wie das Gesetz über einem Staatswesen. Der Verfasser vergleicht das mit der Herrschaft des Perserkönigs, der unnahbar in seiner fernen Residenz thront und das Reich nur durch Abgesandte und Statthalter regiert. Das Insistieren auf der Transzendenz, auf einer scharfen Trennung von Gott und Welt lässt vermuten, dass damit eine andere, immanentistische Gottesvorstellung abgewehrt werden soll; und da ist vor allem an die Stoa zu denken, deren Gott als Logos und Pneuma direkt in der Welt wirkt, ein Teil von ihr ist.16 Für den Verfasser ist es ein wesentliches Argument, dass die Befassung mit den Einzelheiten des Weltgeschehens für Gott „unziemlich“ wäre. Ein Herrscher packt ja auch nicht selber sein Bettzeug für eine Reise, sondern lässt das einen Sklaven tun. Dieses Motiv des „Gottgeziemenden“, in dem man die Wertvorstellungen einer Klassengesellschaft erkennen kann, spielt im theologischen Denken der Antike eine bedeutende, aber wenig beachtete Rolle.17 Unverkennbar ist, dass hinter all dem der „unbewegte Beweger“ des Aristoteles steht. Seine Wirkungen, die alle Weltprozesse in Gang 15 Führend ist das Buch von G. REALE und A.P. BOS, Il trattato Sul cosmo per Alessandro attribuito ad Aristotele, Mailand 21996. 16 Diese Frontstellung ist für die Zeit des Aristoteles schwer vorstellbar – ein wesentlicher Einwand gegen dessen Autorschaft. Zu der Echtheitsfrage sei nur noch ein Argument erwähnt, das anscheinend noch nicht vorgebracht worden ist: Am Ende der Schrift werden in einer rhetorischen Amplificatio mit hohem Pathos feierlich-hieratische Texte zitiert, ein Abschnitt aus der orphischen Theogonie und dann als letzter Höhepunkt einige Sätze des „edlen Platon“ (ὁ γενναῖος Πλάτων) aus den Nomoi (715e und 730c). Nun ist bekannt, dass Aristoteles zu seinem Lehrer ein sehr zwiespältiges Verhältnis hatte, das aus Liebe, Bewunderung und Kritik gemischt war. Es ist kaum denkbar, dass er ihn in dieser Weise als eine letzte, priesterlich verkündende Autorität hingestellt hätte. 17 De mundo 398a1–10; zum Thema: O. DREYER, Untersuchungen zum Begriff des Gottgeziemenden in der Antike. Mit besonderer Berücksichtigung Philons von Alexandrien (Spudasmata 24), Hildesheim 1970.
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setzen und letztlich die Erhaltung der Welt garantieren, pflanzen sich von der höchsten Sternsphäre bis in den irdischen Bereich fort, wo freilich ein chaotisches Element der Unordnung Macht gewinnt. Der Gott, der in so großer Distanz bleibt, hat keine direkte Beziehung zum einzelnen Menschen18, und es scheint kaum denkbar, dass dieser sich ihm durch Kult und Gebet nähern könnte. Dem Weltbild dieser Schrift würde eine Frömmigkeit der KosmosBetrachtung entsprechen, wie sie in einem Epigramm ausgedrückt ist, das dem Astronomen Ptolemaios zugeschrieben wird: Ja, ich bin sterblich, ein Eintagswesen. Doch wenn ich der Sterne Bahnen erforsche, die rings vielfält’ge Kreise durchziehn – Dann rühr’ ich nicht mehr die Erde mit Füßen, dann speise ich droben Bei Zeus selber als Gast göttlich-ambrosische Kost.19
4. Pythagoreer Bei ihnen gibt es von Anfang an eine tiefgehende Verbindung von Religion und Philosophie. Auf die alten Pythagoreer gehe ich nicht ein; im Hellenismus führte die Schule ein Schattendasein; dann tauchte der Neupythagoreismus auf. Als Initiator wird von Cicero Nigidius Figulus genannt, eine rätselhafte Figur, Gelehrter, Naturwissenschaftler, Antiquar, mit Interesse an Astrologie, Mantik, vielleicht auch Magie. Die Gestalt, wie sie in der Überlieferung erscheint – der Gelehrte, der gleichzeitig mit geheimen Mächten vertraut ist –, hatte eine große Zukunft: Der Typus hat, nach neuplatonischen Metamorphosen, später in der Figur des Doktor Faustus kulminiert. Als wichtigste Vertreter des Neupythagoreismus sind Moderatos, Nikomachos, Numenios bekannt, dazu kommen einige pseudepigraphe Schriften, die z.T. in den späten Hellenismus zurückgehen. Alte Motive werden aufgenommen und philosophisch weiterentwickelt. 1. An die Stelle der berühmten Tabus des Pythagoras, der sog. σύμβολα, treten ethische Lebensregeln, der βίος Πυθαγόρειος; die Enthaltung von Fleischnahrung spielt eine große Rolle; in Iamblichs Pythagoras-Buch wird
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So ist denn auch von der Vorsehung (πρόνοια), die ein wesentlicher Bestandteil der stoischen Theologie ist, nicht die Rede. Dazu steht allerdings ein Abschnitt im Widerspruch (400a34–b6), in dem von einem wunderbaren Eingreifen der Gottheit berichtet wird, durch das fromme Menschen bei einem Ausbruch des Vulkans Aetna gerettet wurden. Wenn das eine Interpolation ist, so hat sich der Urheber einer Geschichte bedient, die in vielen Versionen überliefert ist, u.a. in der pseudoaristotelischen Schrift De mirabilibus auscultationibus Kap.154. 19 Anthologia Palatina 9,577; auch in einigen Handschriften des Almagest überliefert.
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daraus später eine neuplatonische Ethik von asketischem Charakter, in der die Gottesverehrung ganz oben steht. 2. Pythagoras als Stifterfigur wird zum θεῖος ἀνήρ und Träger göttlicher Offenbarung. 3. Die alte Zahlensymbolik wird weiterentwickelt; in den Schriften des Nikomachos von Gerasa bekommt sie einen modernen mathematischen Unterbau. 4. In Kosmologie, Physik und Ontologie schließen sich die Neupythagoreer anfangs an verschiedene Schulen an, dann wird die Verbindung mit dem Platonismus immer enger. Ein idealtypischer Pythagoreer wird von Plutarch in De genio Socratis dargestellt: Theanor von Kroton ist ein Vertreter des alten pythagoreischen Bundes, von Geheimnissen umgeben, er hat Traumgesichte, kümmert sich mit größter Sorgfalt um Bestattungsriten, trägt aber auch zur philosophischen Diskussion über Mantik, Seelenwanderung und Dämonen bei. Eine ähnliche Figur ist ein gewisser Lucius in den Quaestiones convivales (8,7–8): ein Etrusker, der behauptet, Pythagoras selbst sei ein Etrusker gewesen; er befolgt die pythagoreischen Symbola streng wörtlich und will von ihrer allegorischen Interpretation nichts wissen; in Plutarchs Kreis fällt er durch Schweigsamkeit auf. Er verkörpert die Ehrfurcht vor dem Geheimnis religiöser Überlieferung. Hierhin gehört auch eine historische Figur: Apollonios von Tyana, der in flavischer Zeit wie eine neuer Pythagoras als Wanderprediger, Asket, Theosoph und Wundermann auftrat. Um ihn entstand ein Kult, aus dem zwei Jahrhunderte später die Vita Apollonii des Philostrat hervorging. Darin wird er oft als Philosoph bezeichnet, einer der die Philosophie unvermerkt ins Religiöse überführe (ὑποθειάζων τὴν φιλοσοφίαν, Philostr. VA 1,3). Aber von einer philosophischen Lehre kann nicht die Rede sein. Er argumentiert zwar gerne in Dialogen sokratischer Art, aber sie handeln alle nur von schlichten praktischen Weisheiten. Man muss bedenken, dass der Begriff „Philosophie“ in dieser Zeit auch auf eine moralisch strenge, ja asketische Art der Lebensführung angewendet wird; später kann sogar das Leben eine Mönchs „philosophisches Leben“ heißen.20 Und so heißt es auch von den Anhängern des Apollonios (5,21): „Ihre Philosophie bestand vor allem darin, ihm nachzufolgen in allem was er sagte und tat.“
20 H. GÖRGEMANNS, Art. „Philosophie: Griechische Patristik“, HWP 7, Basel 1989, 616– 623, hier 620. Vgl. hierzu ferner Abschnitt 4 des Beitrags von A. Dihle in diesem Band.
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5. Der mittlere Platonismus Der Platonismus ist für religiöse Fragen immer empfänglich gewesen, seitdem Platon Vorstellungen von Orphikern, Pythagoreern und Mysterienkulten aufgenommen und dramatische Bilder vom Jenseits entworfen hatte. So ist es auch in der frühen Kaiserzeit, in der Phase, die man den „mittleren Platonismus“ nennt. Es gibt enge Berührungen mit den Neupythagoreern, und es ist kaum zu sagen, wer der Gebende und der Nehmende gewesen ist. Nun sind von den für die Geschichte der Schule zentralen Autoren wie Eudoros, Attikos, Gaios keine Werke erhalten. Aus den Berichten über ihre Lehre geht hervor, dass darin der Gottesbegriff einen zentralen Platz hatte; aber es sind nur abstrakte metaphysische Lehraussagen überliefert, die wenig über die eigentlich religiöse Einstellung besagen. Immerhin ist für Numenios, der bereits als Neupythagoreer erwähnt wurde, ein charakteristisches Interesse zu erkennen: er beschäftigte sich auch mit den Religionen nichtgriechischer Völker – Inder, Chaldäer, Ägypter, Juden – und fand darin Spuren uralter Weisheit, einer Art Uroffenbarung.21 Er nannte Platon „einen attisch sprechenden Moses“. Das hat bei den Neuplatonikern weitergewirkt; das Christentum freilich blieb als neue Religion von dieser Harmonisierung ausgeschlossen. Indessen haben wir Werke von einigen Autoren, die eher am Rand der Schule zu stehen scheinen: Philon, Plutarch und Apuleius. Sie alle sind intensiv mit religiösen Fragen beschäftigt. Über Philon und Apuleius handeln andere Beiträge in diesem Band; ich beschränke mich hier auf Plutarch. Plutarch war in Böotien zu Hause und in der Tradition dieser konservativen Landschaft verwurzelt. Philosophisch schloss er sich der Akademie an, war aber in der Jugend auch vom Pythagoreismus beeinflusst: Er wendete sich gegen das Fleischessen und begeisterte sich für Zahlensymbolik. Sieben seiner Schriften haben ausdrücklich religionsphilosophische Themen.22 Von der Frühschrift De superstitione war schon im Zusammenhang mit den Epikureern die Rede. Plutarchs Gottesvorstellung ist aber ganz anders als die der Epikureer. Die Götter sind uns nicht fern, sondern sie sind Spender des Guten, und richtige Religion ist eine Lebenshilfe. Er hat das noch deutlicher gemacht in der Schrift Non posse suaviter vivi secundum Epicurum; da gibt er unter anderem eine bewegende Schilderung von der Freude eines Festes, wo man das Mahl in Gemeinschaft mit dem anwesenden Gott feiert – eine ge21 Hierfür wurde manchmal der Begriff φιλοσοφία βάρβαρος gebraucht; dazu I. OPELT, W. SPEYER, Art. „Barbar“, JAC 10 (1967) 251–290, 269–271; vgl. den Beitrag von A. Dihle in diesem Band. 22 Reiche Aspekte zu diesem Thema in: I. GALLO (Hg.), Plutarco e la religione. Atti del VI convegno plutarcheo (Ravello, 29–31 maggio 1995), Neapel 1996; R. HIRSCH-LUIPOLD (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch. Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder (RGVV 54), Berlin/New York 2005.
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radezu sakramentale Kultdeutung. – In sein höheres Alter, wahrscheinlich in die Zeit, als er Apollon-Priester in Delphi war, gehören die drei pythischen Dialoge. In De E apud Delphos diskutiert er die Bedeutung des geheimnisvollen E-Zeichens und kommt am Schluss zu einer metaphysischen Erklärung: der Buchstabe ist als eine Verbalform zu verstehen, εἶ „du bist“: Apollon ist also das Sein selbst. Die beiden anderen Dialoge kreisen um die Frage, wie es zu dem Verfall der griechischen Orakelkulte kommen konnte. Sie behandeln allgemeine Probleme der Mantik, und die Dämonenlehre spielt dabei eine große Rolle. – Der Dialog De sera numinis vindicta erörtert, warum Gottes strafende Gerechtigkeit oft spät oder gar nicht eingreift; dieses Problem gehört in den Bereich der Vorsehungslehre und der Theodizee. – Schließlich De Iside et Osiride: Plutarch hat die ägyptischen Mythen und Riten mit derselben Aufmerksamkeit studiert wie die griechischen; er führt verschiedene Deutungsmöglichkeiten systematisch vor und gelangt schließlich zu einer philosophischen Allegorese. Bemerkenswert und in den erhaltenen Werken der griechischen Philosophie fast singulär ist eine Tendenz zu einem Dualismus der guten und bösen Mächte, Osiris und Typhon (ägyptisch Seth). Dagegen ist ganz im Sinne griechischen Denkens die Überzeugung von der „Übersetzbarkeit“ der Götternamen; Götter sind universale Mächte, nicht national verschieden.23 – Eine letzte Bemerkung. Plutarch sieht, dass Religion und Götterglaube einer Begründung bedürfen. Anfechtungen sind ja alt, sie gehen auf die Sophistenzeit zurück, die ältesten Gottesbeweise finden sich dann bei Xenophon und Platon ausformuliert. In der Kaiserzeit wird dieses Begründungsbedürfnis eher schwächer. Plutarch hat eine Position, die vor allem in De sera numinis vindicta und im Amatorius zum Ausdruck kommt: Er versucht keine Beweise, sondern fordert Ehrfurcht vor der Tradition, und eine Stütze ist ihm die skeptische Akademie, die die Grenzen menschlicher Erkenntnis betonte.24 Das Wissen von göttlichen Dingen ist in Kulten und Mysterien verborgen und muss durch philosophische Deutung daraus gewonnen werden. Letzten Endes ist aber dieses Wissen, die γνῶσις, ein Geschenk der Götter selbst, die diese Kulte gestiftet haben. Davon spricht Plutarch im Vorwort zu De Iside et Osiride in hymnischem Ton. 23
So hat Plutarch übrigens den jüdischen Gott mit Dionysos gleichgesetzt (Quaest. conv.
4,6). 24 Eine Verknüpfung von Skepsis und Offenbarung findet sich auch bei Philon, De fuga et inventione 132–136. (Skeptische Motive auch De Iosepho 140–142; De ebrietate 162–205.) Im Octavius des Minucius Felix (Kap. 5–8) wird eine Verbindung von Skepsis und traditionellem Glauben von dem heidnischen Dialogteilnehmer Caecilius hergestellt. G. LIEBERG (Die römische Religion bei Minucius Felix, RhM 106, 1963, 62–79) versucht das aus römischer Mentalität herzuleiten, aber das ist für Philon und Plutarch kaum anwendbar. Vgl. ferner: H.A. GÄRTNER, Die Rolle und Bewertung der skeptischen Methode im Dialog Octavius des Minucius Felix, in: M. WACHT (Hg.), Panchaia. FS K. THRAEDE (JAC.E 22), Münster 1995, 141–147.
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Am Rande erwähne ich zwei weitere Namen. Maximos von Tyros behandelt in seinen Dialexeis allerhand philosophische Themen in eher feuilletonistischer Art, darunter auch religiöse, z.B. den Sinn des Gebets, das Daimonion des Sokrates, die Frage: Was ist Gott bei Platon? Diese Dinge interessierten offenbar ein breiteres Lesepublikum. – Kelsos verfasste eine Schrift gegen die Christen; sie ist nicht als solche überliefert, kann aber aus der Gegenschrift des Origenes rekonstruiert werden. Ähnlich steht es mit den neuplatonischen Nachfolgern, den Streitschriften von Porphyrios und Kaiser Julian. Diese Polemiken sind nicht nur negativ; man erfährt aus ihnen auch Wesentliches über die religiösen Vorstellungen der Autoren selbst.
6. Philosophische Religion: Von der Orphik zur Hermetik An dieser Stelle möchte ich diejenigen Textgruppen zur Sprache bringen, die für unsere Begriffe im wesentlichen religiösen Charakter haben und nur sekundär philosophische Motive enthalten.25 Da diese meist dem Platonismus nahe stehen, ist hier ein passender Platz dafür. Auf eine alte Tradition gehen die orphischen Dichtungen zurück, die seit dem 6. Jahrhundert v.Chr. in immer neuen Fassungen umliefen. Sie enthielten theogonische und kosmogonische Erzählungen, auch Jenseitsdarstellungen. Sie wurden auch als philosophisch relevant wahrgenommen; schon für das 4. Jahrhundert v.Chr. zeigt der Papyrus von Derveni, dass ihre Kosmogonie philosophisch verstanden wurde. Das orphische Zitat in der Schrift Von der Welt ist vorhin erwähnt worden, und später beriefen sich die Neuplatoniker gerne auf orphische Texte; sie haben uns die meisten Zitate daraus überliefert. Das uns erhaltene Buch der Orphischen Hymnen hat allerdings keine philosophischen Anknüpfungspunkte. Die orphischen Gedichte stehen in einem Zusammenhang mit Kultgemeinden, besonders mit dionysischen Mysteriengemeinschaften. Andere Mysterienkulte, die in der Kaiserzeit blühten, wie die der Isis und des Mithras, haben keine Literatur hervorgebracht, die hier nennenswert wäre. Immerhin ist vermutet worden, dass bei der Entstehung des mythischen Komplexes um Mithras Motive der platonischen Philosophie mitgespielt haben.26 Auch die sibyllinischen Orakel haben eine lange Geschichte. Ihre älteren Fassungen sind verloren; die uns überlieferten 12 Bücher enthalten Unheils25
Einen knappen, aber reichhaltigen Überblick über diese ganze Literatur und die Forschung dazu findet man in der Einleitung zu: B.P. COPENHAVER, Hermetica. The Greek Corpus Hermeticum and the Latin Asclepius in a new English translation, with notes and an introduction, Cambridge 1992. 26 R. MERKELBACH, Mithras, Königstein 1984; R. TURCAN, Mithra et le Mithriacisme, Paris 21993.
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prophezeiungen im Geist jüdischer Apokalyptik, darin auch christliche Eindichtungen. Manche christliche Autoren, vor allem Laktanz, waren beeindruckt von diesen scheinbar alten heidnischen Texten, die den einen Gott verkündeten. Ein weitergehender philosophischer Gehalt war darin allerdings nicht zu finden. Für unser Thema sind am wichtigsten die gnostischen und hermetischen Schriften. Über die gnostischen handelt in diesem Band der Beitrag von Zlatko Pleše; darum genügen hier wenige Hinweise. Dies war eine Literatur von christlichen Gruppen des 2. und 3. Jahrhunderts, deren religiöse Auffassungen von orthodoxen Theologen wie Irenaeus und Origenes bekämpft und schließlich verdrängt wurden. Ihre philosophische Relevanz ist schon daran zu erkennen, dass Plotin die Gnostiker in einer eigenen Schrift (Enn. 2,9) bekämpfte. Die gnostischen Systeme gehen im allgemeinen von einem transzendenten Gott aus, der in komplizierten Abstufungen übersinnliche und kosmische Wesenheiten hervorgehen lässt. Diese Spekulationen haben sicher einen philosophischen Hintergrund, und die orthodoxen Gegner haben gerade das zum Vorwurf gemacht. Sie drücken jedoch ein Weltgefühl aus, das von dem traditionellen griechischen ganz verschieden ist: einen sozusagen kosmischen Pessimismus, das Bewusstsein, die menschliche Existenz in der materiellen Welt sei durch ein unglückseliges Verhängnis bestimmt, der Mensch könne es aus eigener Kraft nicht überwinden, sondern werde erst durch das Herabsteigen eines Erlösers befreit, der ihn zur beseligenden Gotteserkenntnis, der γνῶσις, führe. Dieses Bewusstsein fand in eindrucksvollen, auch dichterischen Schriften Ausdruck. Eine Eigenart dieser Literatur ist, dass sie oft abstrakte Begriffe als handelnde Personen auftreten lässt, z.B. Ennoia „der Gedanke“, Bythos „die Tiefe“, Sige „das Schweigen“, Sophia „die Weisheit“. Das ist ein Gegenstück zu der in der griechischen Philosophie oft geübten Allegorese, die mythische Personen als abstrakte Begriffe deutet. Während die gnostische Literatur zerstreut, meist fragmentarisch, in polemischen Berichten oder in Übersetzungen überliefert ist, ist von hermetischen Schriften eine ganze Sammlung erhalten, das Corpus Hermeticum (CH); dazu kommen anderweitig überlieferte Schriften wie der Asclepius und die Kore kosmu („Tochter der Welt“). Als Entstehungszeit nimmt man den Zeitraum vom späten 1. bis zum frühen 3. Jahrhundert an. Dies ist aber nur eine Seite der Literatur, die theoretische oder philosophische. Daneben standen „technische“ oder „praktische“ Schriften, die schon früher im Umlauf waren. Sie handelten über Astrologie, Magie, Alchemie und Ähnliches; ein Leitgedanke ist die All–Sympathie der Natur, ein Motiv, das durch die Naturlehre der Stoa verbreitet worden war. All diese Lehren wurden auf Hermes Trismegistos zurückgeführt, die hellenisierte ägyptische Gottheit Thoth.27 Ihn umgibt eine 27 Deshalb galten die hermetischen Schriften in der frühen Neuzeit als Zeugnisse einer uralten religiösen Überlieferung, bis Isaac Casaubonus 1614 nachwies, dass sie erst in der
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Gruppe von mythisch–göttlichen Wesen: Tat, Asklepios (ägyptisch: Imhotep), dazu Isis, Agathos Daimon und andere. Die Schriften haben meist die Form von Lehrgesprächen zwischen diesen Figuren. Der kulturelle Hintergrund ist der Synkretismus Ägyptens.28 Der religiöse Grundton ist mit der Gnosis verwandt. Auch hier geht es um eine kosmische Perspektive, in der das Eingehen der Menschenseele in die Bindung an die Materie erklärt wird; auch hier wird ein Weg zum Wiederaufstieg gewiesen, der in der Gotteserkenntnis, der γνῶσις, sein Ziel hat. „Gott ist nicht in Unkenntnis des Menschen, er kennt ihn sehr wohl und will von ihm erkannt werden. Dies allein ist das Heil des Menschen, die Erkenntnis Gottes. Dies ist der Aufstieg zum Olymp“ (CH 10,15). Es ist oft die Frage gestellt worden, ob die hermetischen Schriften aus einer gelebten Religion hervorgegangen sind, ob es Gemeinden gab, wo sie mit einer Kultpraxis verbunden waren. Aber darüber gibt es keine Zeugnisse, und die Forschung neigt zu der Ansicht, dass es sich um eine reine Buchreligion ohne soziale oder kultische Gruppenbildung handelte. Sehr deutlich ist der Zusammenhang mit der Philosophie.29 Sie wird ausdrücklich als Teil des Erlösungsweges anerkannt (etwa frg. 2B, 2); philosophische Begriffe werden diskutiert (so CH 9 αἴσθησις und νόησις, Wahrnehmung und Denken). Der Kosmos wird nicht pessimistisch verurteilt, sondern – wenigstens in einem Teil der Schriften – in seiner Ordnung und Schönheit gepriesen (etwa CH 9,8–9), fast wie in der Schrift Von der Welt.30 In Darstellungen der Weltentstehung wie dem Poimandres (CH 1) und der Kore Kosmu ist manchmal das Modell des platonischen Timaios erkennbar, aber auch Motive der jüdischen Schöpfungsgeschichte sind aufgenommen. In der literarischen Gestaltung ist manchmal der Ton sokratischer Dialoge vernehmbar; so etwa in CH 2, einer Analyse der Begriffe Bewegung, Körper und Ort. Im allgemeinen geht es freilich um autoritative Belehrung; diese Leh-
Kaiserzeit entstanden sein können. Zur Wirkungsgeschichte des Hermetismus vgl. F. EBELING, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, München 2005. 28 So sah es R. REITZENSTEIN in seiner Pionierarbeit: Poimandres. Studien zur griechisch– ägyptischen und frühchristlichen Literatur, Leipzig 1904; später sah man das Ägyptische eher als künstliche Stilisierung an, so etwa A.-J. FESTUGIÈRE in dem großen Werk La révélation d’Hermès Trismégiste, 4 Bde., Paris 1944–1954. Nachdem 1945 drei hermetische Schriften in koptischer Übersetzung aufgefunden wurden, nimmt man die ägyptischen Wurzeln ernster; besonders eindrucksvoll: G. FOWDEN, The Egyptian Hermes, Cambridge 1986, 21993. 29 Die philosophischen Motive werden systematisch herausgearbeitet von J. KROLL, Die Lehren des Hermes Trismegistos, Münster 1914, 21928. Iamblich hat die Hermetik ganz als eine Darstellung platonischer Philosophie verstanden. 30 Andererseits gibt es Formulierungen wie: „Der Kosmos ist die Fülle des Übels, Gott die Fülle des Guten.“ (CH 6,4)
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rer–Schüler–Dialoge könnten einen ägyptischen Hintergrund haben.31 Das Bemühen um begriffliche Systematik macht manchmal einen scholastischen Eindruck: „Gott schafft die Ewigkeit, die Ewigkeit die Welt, die Welt die Zeit, die Zeit das Werden. Das Wesen Gottes ist gewissermaßen die Weisheit, das Wesen der Ewigkeit die Selbigkeit, das der Welt die Ordnung, das der Zeit der Wechsel, das des Werdens Leben und Tod. Das Wirken Gottes ist Vernunft und Seele, das der Ewigkeit Dauer und Unsterblichkeit, das der Welt Wiederkehr und neue Wiederkehr, das der Zeit Mehrung und Minderung, das des Werdens Qualität und Quantität. So ist denn die Ewigkeit in Gott, die Welt in der Ewigkeit, die Zeit läuft ab in der Welt, das Werden wird in der Zeit“ (CH 11,2). Solche scholastischen Passagen nehmen freilich einen hypnotischen Klang an und stehen deshalb nicht in Widerspruch zu den mystischen Aufstiegen zur γνῶσις Gottes: „(Hermes:) … Gott ist Vater und das Gute, insofern er die Existenz von allem will. So ist das also für den, der fähig ist zu schauen; denn auch dies ist sein Wille. Denn es ist dem Guten eigen, dass es erkannt wird. Dies ist das Gute, o Tat. … – (Tat:) Ich wünschte, dass auch wir es sähen, Vater! – (Hermes:) Ja, das ist zu wünschen; aber jetzt haben wir noch keine Kraft zur Schau und vermögen noch nicht die Augen unseres Geistes zu öffnen und die Schönheit jenes Schönen zu erblicken, die unvergängliche, die unfassbare. Denn du wirst es dann schauen, wenn du nichts von ihm zu sagen vermagst. Denn seine Erkenntnis ist göttliches Schweigen und Ruhen aller Sinne. Denn nichts anderes kann der denken, der dieses denkt, und nichts anderes wahrnehmen, der dies wahrnimmt, und von nichts anderem hören noch überhaupt seinen Körper regen; denn er vergisst alle körperliche Wahrnehmung und Bewegung und ist in Ruhe. Es umstrahlt seine ganze Vernunft, es erhellt seine ganze Seele und zieht sie empor durch den Körper, und es verwandelt ihn ganz in Wesenheit. Denn es ist unmöglich, mein Sohn, dass eine Seele im Körper eines Menschen vergöttlicht wird, nachdem sie die Schönheit des Guten geschaut hat“(CH 10,3–6). Die ekstatische Schau Gottes oder des Guten, die einerseits in Platons 7. Brief, andererseits an diejenige Plotins erinnert, ist ein häufiges Motiv in der Hermetik; ebenfalls die Vergottung. Allerdings legt der änigmatisch formulierte Text nahe, dass diese nicht im Leben, sondern erst nach dem Tod zu erwarten ist. Andere Schriften drücken sich zuversichtlicher aus: „Die Vernunft ist aus der Substanz Gottes selbst. … Darum sind auch einige Menschen Götter. Denn der Agathos Daimon hat gesagt, die Götter seien unsterbliche Menschen, die Menschen sterbliche Götter“ (CH 12,1).
31 Überlegungen zu einem ägyptischen Dialog bei J.F. QUACK, Ein ägyptischer Dialog über die Schreibkunst und das arkane Wissen, Archiv für Religionsgeschichte 9 (2007) 258–294, 289f.
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7. Neuplatonismus Mit Plotin beginnt eine neue Ära der Philosophiegeschichte: Auf platonischer Grundlage wird ein umfassendes System aufgebaut, das Inhalte der anderen Schulen integriert; diese anderen Schulen verschwinden allmählich. Der Neuplatonismus gilt mit Recht als eine eminent religiöse Philosophie. Aber gerade bei seinem Begründer ist der Gottesbegriff fließend und eigentlich nie Thema der Erörterung. Gott kann bei ihm „das Eine sein, der Geist, die Weltseele, der Kosmos mit seiner Seele und in gewisser Beziehung auch die Menschenseele; entgöttlicht sind nur für sich genommen Körper und Materie“32. In der Auseinandersetzung mit den Gnostikern wehrt Plotin sich gegen eine Verengung des Gottesbegriffs: „Nicht das Göttliche auf einen Punkt verengen, sondern seine Fülle aufzeigen, wie er sie selbst aufzeigt, heißt wahrhaft um Gottes Kraft wissen, welcher, verharrend in seinem Sein, eine ganze Zahl von Göttern hervorbringt. […] Damit verschließt man sich nur die Möglichkeit, Gott zu werden, soweit das überhaupt der Menschenseele gegeben ist; möglich ist das ihr nur, insoweit der Geist sie hinaufführt […].“33 Eine solche Gottwerdung der Seele vollzieht sich in der mystischen ἕνωσις. Plotin ist mit dieser Einstellung Erbe des altgriechischen Gottesbegriffs, der keine Personoder Sachbezeichnung war, sondern eine Prädikation des Erhabenen und Mächtigen, gleichgültig ob Personen oder Dinge oder Sachverhalte.34 Bei Plotins Nachfolgern – etwa Porphyrios, Iamblich und Proklos – wird es immer selbstverständlicher, die einzelnen ontologischen Wesenheiten, die Hypostasen, als Götter zu deuten; die volkstümliche Götterwelt wird mit ihnen identifiziert oder wenigstens verbunden, und der philosophische Aufstieg, den Plotin lehrte, wird gleichbedeutend mit einem religiösen Erlösungsweg. Eine systematische Einführung in diese Theologie gibt Salustios, ein Freund Julians, in der Schrift Περὶ θεῶν καὶ κόσμου, und aus späterer Zeit ist die Στοιχείωσις θεολογική des Proklos zu nennen. Die Zahl der göttlichen Wesen wird vervielfacht, indem derselbe Gott Repräsentanten auf den verschiedenen ontologischen Stufen hat, bei Proklos entstehen philosophische Götter-Ketten (σειραί), die er auch in Hymnen besungen hat. (Es hat auch sonst neuplatonische Hymnen gegeben; erhalten sind die des Synesios, die fast nahtlos in christliche Motivik übergehen.) Der Neuplatonismus wurde also zu einer eminent und wesenhaft religiösen Philosophie, während gleichzeitig das Christentum zu einer philosophischen 32
W. THEILER, in: R. HARDER, R. BEUTLER, W. T., Plotins Schriften, übers. v. R. H., neubearb. mit griech. Text u. Anm. fortgef. v. R. B. u. W. T. unter Mitw. v. G. O’Daly, Bd. VI: Indices, Hamburg 1971, 146. 33 Plot. Enn. II 9,83.86 (Übersetzung nach Harder – Beutler – Theiler). 34 U. V. WILAMOWITZ-MOELLENDORFF, Der Glaube der Hellenen I, Darmstadt 31955 (zuerst 1931), 17–21.
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Religion wurde – spiegelbildliche Entwicklungen. Hierüber nur einige Worte. Die Rezeption der griechischen Philosophie hatte mit den Apologeten begonnen, bei denen man schon Formulierungen wie „unsere Philosophie“ findet. Die Apologetik ist allerdings nur ein Randbereich des christlichen Lebens; im kirchlichen Kernbereich wird die Philosophie erst durch die Alexandriner Clemens und Origenes verankert, etwa gleichzeitig mit dem Wirken Plotins. Ein zentrales Dokument ist das Werk des Origenes Περὶ ἀρχῶν. Dieser Titel verweist eindeutig auf die Philosophie; im Schulbetrieb der Platoniker war dies die Bezeichnung für die Vorlesung über die obersten Seinsprinzipien. Es gab mehrere Schriften unter diesem Titel, und wenn Origenes ihn übernahm, stellte er die christliche Theologie als ein Gegenstück zur platonischen Ontologie hin.35 Das war nicht nur ein äußerlicher Anspruch; er übernahm auch die in der Philosophie beheimatete wissenschaftliche Gesinnung, indem er theologische Streitfragen in der Art von ζητήματα behandelte, d.h. mehrere Lösungsmöglichkeiten gegeneinanderstellte und einer Entscheidung durch rationale Argumentation zuführte.36 Die Hellenisierung des Christentums hat hier einen entscheidenden Punkt erreicht. Neuzeitliche Theologen haben bekanntlich dagegen Bedenken erhoben; Papst Benedikt XVI. hat sie in seiner Regensburger Rede mit erstaunlicher Entschiedenheit als unverzichtbar erklärt. Zum Schluss möchte ich auf eine Religionsform zu sprechen kommen, die auf die Neuplatoniker einen tiefen Einfluss gehabt hat, während die Neuzeit darauf meist mit tiefem Befremden reagiert hat: ich meine die Theurgie. Sie ist eine esoterische Religion, und auch ihre Erforschung in den letzten Jahrzehnten ist eine esoterische Sache von Experten geblieben. Sie hat aber ein so großes Gewicht, dass ich glaube, dass sie innerhalb des Themas „Religiöse Philosophie und philosophische Religion“ kurz vorgestellt werden muss.37 – Das Grundbuch der Theurgie sind die Chaldäischen Orakel. Das Buch ist nicht überliefert, lässt sich aber aus Zitaten in den Grundzügen rekonstruieren. Es soll auf einen gewissen Julianus zurückgehen, der zur Zeit Marc Aurels lebte (es gab einen Vater und einen Sohn mit demselben Namen). Julian hat das Wort „Theurgie“ anscheinend im Gegensatz zu „Theologie“ gebildet: hier redet man nicht über Götter, sondern vollführt reale Handlungen 35
H. KOCH, Pronoia und Paideusis, Berlin/Leipzig 1932, 215–256; E. V. IVÁNKA, Plato Christianus. Übernahme und Umgestaltung des Platonismus durch die Väter, Einsiedeln 1964, 110–112. H. GÖRGEMANNS, H. KARPP (Edd.), Origenes, Vier Bücher von den Prinzipien, Darmstadt 31992, 77–79. 36 H. GÖRGEMANNS, Theologischer Wissensdurst: Origenes, in: A. ASSMANN, J. ASSMANN (Hgg.), Schleier und Schwelle III. Geheimnis und Neugierde, München 1999, 67–76. 37 Die hier angesprochene spätantike Entwicklung ist in einer größeren Perspektive dargestellt bei NILSSON, Geschichte (s. Anm. 1), 711–723: „Die geistige Grundlage der spätantiken Religion“. Neue Aspekte finden sich bei P. ATHANASSIADI, The Chaldaean Oracles: Theology and Theurgy, in: ATHANASSIADI, FREDE, Pagan Monotheism (s. Anm. 2), 149–183.
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mit ihnen. Diese Orakelverse sollen auf göttlicher Eingebung beruhen, und manche Forscher rechnen tatsächlich damit, dass sie in mediumistischer Trance entstanden sind. Die Götterfiguren darin repräsentieren in bildlicher Sprache philosophische Begriffe; wenn z.B. von Blitzen des Zeus die Rede ist, die in die Welt einschlagen, so sind die platonischen Ideen gemeint, die in die Materie eindringen. Das philosophische Grundkonzept scheint Numenios nahezustehen. Der höchste Gott ist transzendent, außerhalb der Welt, πατρικὸς νοῦς. Unter ihm steht ein δημιουργικὸς νοῦς, der die Ideen ins Materielle umsetzt. Eine Mittelinstanz ist Hekate, der platonischen Weltseele entsprechend. Dazu kommt eine Fülle von niederen Geistwesen, δαίμονες, ἄγγελοι usw. Die Lehre hat Berührungen mit gnostischen Systemen; man hat sie eine heidnische Gnosis genannt. Zu dieser Götterwelt tritt man in Beziehung durch Ritualakte, traditionelle wie Opfer und Gebet, angereichert durch Elemente der Magie, z.B. die ἴυγξ (das Zauberrad), oder sinnlose Beschwörungsworte, ἄσημα ὀνόματα (wie wir sie aus den Zauberpapyri kennen). Die Götter werden zu Erscheinungen herbeigerufen; manchmal sogar durch Drohungen gezwungen, dem Theurgen zu Willen zu sein. Wenn die Beschwörung misslingt, können sich böse Geister (κύνες „Hunde“) eindrängen; diese Erscheinung ist auch aus dem neuzeitlichen Spiritismus bekannt. Der Theurg erhofft sich von den beschworenen Göttern Zukunftsvorhersagen, Machterweise aller Art, aber auch höheres Wissen über die Götterwelt, Offenbarungen, γνῶσις. Die Chaldäischen Orakel sind offenbar eine vom Platonismus geprägte Ausformung einer magisch-okkultistischen Praxis, die vor allem in Ägypten und Syrien verbreitet war. Aber auch im Westen hatte sich ein Orakelwesen mit theosophischem Anspruch entwickelt. Porphyrios, der in Syrien zu Hause war, versuchte in seiner (verlorenen) Schrift De philosophia ex oraculis haurienda diesem Orakelgut (das namentlich aus dem Apollonkult von Klaros und Didyma stammte) eine philosophische Interpretation zu geben. Dagegen erhob er in einer (wahrscheinlich späteren) Schrift, dem Brief an Anebo, schwere Bedenken gegen die orientalische Praxis und deren theologische Implikationen. Diese Schrift lässt sich aus der Erwiderung seines Schülers Iamblichos, gewöhnlich De mysteriis betitelt, rekonstruieren. Iamblich akzeptierte die magischen Praktiken der Theurgie ohne Vorbehalte; er entwickelte eine Theorie magisch-sakraler Akte, die nicht ohne Einfluss auf die christliche Theologie blieb. Das blieb die Grundlinie der späteren Neuplatoniker, und die Sammlung der Chaldäischen Orakel wurde für sie eine autoritative Schrift, deren Deutung ein wichtiges Thema des Schulbetriebs war. Als Kaiser Julian versuchte, die konstantinische Wende rückgängig zu machen und die alten Kulte wiederherzustellen und zu reformieren, tat er das auf der Grundlage einer neuplatonisch-theurgischen Weltanschauung; er selbst soll von den magischen Wundertaten der Theurgen tief beeindruckt gewesen sein. Offenbar formte sich der Neuplatonismus des 4.–5. Jahrhunderts n.Chr.
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zu einem religionsphilosophischen System aus, an dem uns heute mehr seine Isomorphie als sein Gegensatz zur christlichen Theologie auffällt. So wurde es möglich, dass am Ende des 5. Jahrhunderts unter dem Namen des Dionysius Areopagita eine Reihe von Schriften erschien, die in Anlehnung an die triadische Ontologie des Proklos eine christliche Theologie entwarfen. Wesentliche Elemente des neuplatonischen Denkens – es seien nur die Stichworte Symbolik, Mystik und negative Theologie genannt – wurden aufgegriffen. Am Ende des Altertums sind die Weichen endgültig gestellt: das Erbe der griechischen Philosophie wird nicht verworfen, sondern eingeschmolzen.
Philosophy as the Handmaid of Wisdom: Philosophy in the Exegetical Traditions of Alexandrian Jews GREGORY E. STERLING For philosophy is the pursuit of wisdom and wisdom the knowledge of things divine, human, and their causes. Therefore just as the preliminary division is the servant of philosophy, so philosophy is the servant of wisdom. Philo, Congr. 79
There are several famous reports about encounters between early Peripatetics and Jews. The reports probably reflect the interest that Peripatetics had in Eastern theology.1 The first authentic report is a statement of Theophrastus of Eresus who commented on Jewish sacrificial practices in his De pietate. Aristotle’s student and successor said that the Jews, whom he may have thought of as a philosophical group among the Syrians, offered holocausts at night and fasted during the day. He added: “Throughout the entirety of this time, since they are philosophers by race, they converse about the deity with one another, while at night they make observations about the stars, gazing at them and calling on God in prayer.”2 While Theophrastus or his source(s) did not fully understand the Jewish cult,3 his perception of the Jews as philo-
1 There was a revival of interest in the East following the death of Alexander that may help to account for renewed fascination with Eastern thought. On the resurgence of interest see F. GARYEFF, Aristotle and His School: An Inquiry into the History of the Peripatos With a Commentary on Metaphysics Z, H, L and Q, New York 1974, 165–66. For a general assessment see M.L. WEST, Early Greek Philosophy and the Orient, Oxford 1971. 2 Thphr. De pietate in Porph. Abst. 2,26,4. This is conveniently printed in M. STERN, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism, 3 vols., Jerusalem 1974, no. 4 (1, 10–12). Herafter GLAJJ. 3 Theophrastus reported that “these were the first who cultivated sacrifices both of other living beings and of themselves, although they did this by necessity and not by desire” (GLAJJ no. 4 [1, 10]). It is difficult to know where he derived this information unless he received reports that confused Jewish practices with the practices of other Eastern peoples.
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sophers is worth noting. He called them “philosophers by race” based on their understanding and worship of God.4 A much more questionable report is found in the work of another student of the master of the Lyceum, Clearchus of Soli who reported an exchange between his teacher and a Jew while the former was traveling in Asia.5 According to the report Aristotle considered the Jews descendants from Indian philosophers and found that this particular Jew “was a Hellene not only in speech but in his soul.”6 The text goes on to comment on the Jew’s remarkable “perseverance” (καρτερία) and “moderation” (σωφροσύνη).7 This text implies that the connection between the Jews and philosophy was made on the basis of ethics rather than theology, although the report is brief and the connection is only by juxtaposition. The association of the Jews with philosophy is, however, unambiguous. The Peripatetics were not the only Hellenistic philosophers to find Jewish thought intriguing. Numenius of Apamea was captivated by the Jewish understanding of the deity, only instead of working within the intellectual framework of the Stagirite, he used the philosophical system of the Stagirite’s teacher.8 He is the first witness to the famous aphorism: “For what is Plato but Moses speaking Attic?”9 According to the Suda, he made this statement because he “charged the mind of Plato with stealing from the works of Moses an understanding of God and creation”.10 Origen informs us that in the first book of his On the Good, he mentioned peoples who thought of God in incorporeal terms and included the Jews. The Church father noted that “in his work he did
4 W. JAEGER, Greeks and Jews: The First Greek Records of Jewish Religion and Civilization, JR 18 (1938) 133, argued that Theophrastus knew that Jews were monotheists and that this is what led him to think of them in philosophical terms. On the intersection of monotheism and Judaism from a pagan perspective see M. FREDE, Monotheism and Pagan Philosophy in Later Antiquity, in: P. ATHANASSIADI, M. FREDE (edd.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999, 41–67, esp. 41–57, and G.E. STERLING, “The Jewish Philosophy”: The Presence of Hellenistic Philosophy in Jewish Exegesis in the Second Temple Period, in: C. BAKHOS (ed.), Ancient Judaism in Its Hellenistic Context (JSJSup 95), Leiden/Boston 2005, 131–53, esp. 134–39. 5 Clearch. Sol. De somno in Jos. c. Ap. 1,176–83 (GLAJJ no. 15 [1, 47–52]). See also the encounter between Socrates and an Indian sage reported by Aristoxenus in Eus. Praep. Ev. 11,3,8. 6 Clearch. Sol. De somno in Jos. c. Ap. 1.180 (GLAJJ no. 15 [1, 49]). 7 Clearch. Sol. De somno in Jos. c. Ap. 1.182 (GLAJJ no. 15 [1, 49]). 8 On Numenius see J. DILLON, The Middle Platonists 80 B.C. to A.D. 220, Ithaca 1977, 361–79. On his interest in oriental thought, especially Judaism see G.E. STERLING, Platonizing Moses: Philo and Middle Platonism, SPhA 5 (1993) 108–10. 9 Frg. 8. See Numenius of Apamea, in: E. DES PLACES (ed.), Fragments, Paris 1973. See also GLAJJ nos. 363a, 363b, 363c, 363d, 363e (2, 209–11). 10 Suda, Νουμήνιος (GLAJJ no. 363e [2, 210–11]).
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not hesitate to make use of the prophetic oracles and to allegorize them”.11 In one fragment he may have identified the τὸ ὂν ἀεί of Plato’s Timaeus12 with the ὁ ὤν of Exodus 3,14. He compared the relationship between a cultivator and planter to the relationship between God and the Demiurge. The crucial statement in the fragment is: “ὁ μέν γε ὤν sows the seed of every soul into everything that has a share in it”.13 If the text is correct – and this is not at all certain – then he probably drew on ὁ ὤν in Exodus 3,14, probably through an intermediary Jewish source.14 Jewish authors did not miss the opportunity to exploit the potential of comparing their theology to or identifying it with Hellenistic philosophy. The second century BCE pseudonymous author of the Letter of Aristeas had Ptolemy II Philadelphus ask one of the translators, “What is the greatest aspect of glory?” The Jewish sage responded: “To honor God”. After those present heard him expound what he meant by this, they expressed agreement, particularly the philosophers, “for the (Jewish sages) were far superior to them in life-style and eloquence since they took their starting-point from God”.15 The elevation of the Jewish sages over the philosophers at Ptolemy’s court was not intended to be a critique of philosophy but a claim for the superiority of the Jewish understanding of it. Philo of Alexandria made a similar point several centuries later. The Alexandrian drew a contrast between a group of philosophers and Moses. Of the former he said: “There are those who, because they have admired the cosmos more than the Creator, claim that it is uncreated and eternal while they impiously accuse God of enormous inactivity”. Philo thought that “they should have been astounded at his powers as Creator and Father”. Moses, on the other hand, did not make this mistake: “he had not only reached the very summit of philosophy, but had been instructed in the multiple and most essential matters about nature through oracles”.16 The
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Or. Cels. 1,15 (GLAJJ no. 364b [2,212]). Plat. Tim. 27d–28b. 13 Frg. 13. See Phil. Deter. 160. 14 STERLING, Platonizing Moses (see n. 8), 109–10. 15 Ep. Ar. 234–35. See also 200–02 and the discussion below. 16 Phil. Opific. 7–8. The identity of the group that Philo criticizes has been widely discussed. The opinio communis is that he has in mind Aristotle and the Platonists who were influenced by him in arguing against a temporal creation. The most important witness is D.T. RUNIA, Philo of Alexandria and the Timaeus of Plato (PhilAnt 44), Leiden 1986, 100–01, who argued on the basis of the charge of idleness (Aristotle criticized a temporal view of creation by asking what God was doing before creation in De philosophia) and the similar doxography in Aet. 14–16. A. BOS, Philo of Alexandria: A Platonist in the Image and Like of Aristotle, SPhA 10 (1998) 66–86, challenged this and argued that Philo had the Chaldeans in mind and was actually indebted to Aristotle. The strength of his case lies in Philo’s subsequent comments in Opific. 9. Runia has subsequently accepted Bos’ view that Philo has the Chaldeans in mind, but rejected Bos’ suggestion that he was dependent on Aristotle. See his Philo 12
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statement is important because it points out the two sources for Moses’ superiority: his grasp of philosophy and his ancestral oracles. The two had taught him not only about nature, but about the God who stood behind nature. These and other statements point out the connection that Hellenistic philosophers and ancient Jews made between Hellenistic philosophy and the Jewish understanding of God. This was not the only point of comparison, but it was central to the comparison. The question that such claims raise for us is whether the comparisons point only to superficial resemblances between one form of Eastern theology and Western philosophy or whether there was a dynamic relationship between the two. The question should be explored in both directions: we should not only ask whether Hellenistic philosophy made inroads into Jewish thought, but whether Jewish thought exercised any influence on Hellenistic philosophy, even if the Jewish thought had already been hellenized to an appreciable extent. The latter issue has not been explored adequately.17 There is some evidence that the works of Philo of Alexandria were known by Plutarch,18 Numenius of Apamea,19 Celsus,20 Plotinus,21 and Chalcidius.22 There are enough similarities with Seneca that some have also argued that the of Alexandria, On the Creation of the Cosmos according to Moses (PACS 1), Leiden 2001, 121–23. 17 On the possible impact of Philo’s work on Hellenistic philosophers see H.A. WOLFSON, Philo: Foundations of Religious Philosophy in Judaism, Christianity, and Islam, 2 vols., Cambridge 1947, 158–60; D.T. RUNIA, Philo in Early Christian Literature: A Survey (CRINT 3.3), Minneapolis 1993, 8–12, and G.E. STERLING, Recluse or Representative? Philo and GreekSpeaking Judaism beyond Alexandria, SBLSP 34 (1995) 595–616. 18 The relationship between Plutarch and Philo needs fuller investigation. The two have some striking similarities, e.g., the understanding of the Logos in association with an Eastern deity. For details see T.H. TOBIN, The Creation of Man: Philo of Alexandria and the History of Interpretation (CBQMS 14), Washington, D.C. 1983, 73–76. 19 Compare Numenius frg. 13 and Phil. Deter. 160 (see above) and Numenius frg. 30 and Phil. Leg. All. 1,108. 20 See the citations and comments of Origen who thought that Celsus had read Philo, Orig. Cels. 4,48–51. 21 A.H. ARMSTRONG, The Architecture of the Intelligible Universe in the Philosophy of Plotinus: An Analytical and Historical Study, Cambridge Classical Studies, Cambridge 1940; reprint Amsterdam 1967, 70–74, 107–08, argued that Plotinus drew on Philo for his understandings of νοῦς and λόγος. J. RIST, Plotinus: The Road to Reality, Cambridge 1967, 101, argued against this. D.T. RUNIA, Witness or Participant? Philo and the Neoplatonic Tradition, in: A. VANDERJAGT, D. PÄTZOLD (edd.), The Neoplatonic Tradition: Jewish, Christian and Islamic Themes, Dialectica Minora 3, Köln 1991, 50–51, and idem, Philo in Early Christian Literature (see n. 17), 9–11, suggested that Plotinus may have known Philo through Numenius. 22 E.g., J.H. WASZINK, Die sogenannte Fünfteilung der Träume bei Chalcidius und ihre Quellen, Mnemosyne 9 (1941) 65–85, argued that Chalcidius drew on Philo for his understanding of dreams.
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Roman Stoic knew the Alexandrian’s works.23 I do not want to suggest that Philo exercised significant influence over these thinkers: the evidence that we have is limited and would not warrant an argument for major influence; however, it is a mistake to dismiss out of hand the possibility of some influence. As interesting as this exercise might be, it is not our present task. We are concerned with the other half of the dynamic, whether there is evidence that Hellenistic philosophy influenced Jewish thought.24 There is little or no debate that the answer to this is yes. One need only think of the fragments of Aristobulus, the Letter of Aristeas, the Wisdom of Solomon, the treatises of Philo of Alexandria, 4 Maccabees, or the works of Josephus to point to the presence of Hellenistic philosophy in varying degrees of influence. The issue is rather the extent of the influence on Jewish thought. Did Hellenistic philosophy serve as more than a veneer or a point of comparison? Did it actually transform the way that Jews thought about important issues? And, if it did, were the views that Hellenistic philosophy shaped accepted by more than a handful of intellectuals? I propose to address the question by surveying the exegetical tradition in Alexandria. I have selected this tradition because if there was significant influence, it was in this tradition. The tradition began as early as the second century BCE and extended to the destruction of the Alexandrian Jewish community in 115–117 CE. The tradition is known to us through a variety of works: some are commentaries while others incorporate exegetical comments in other genres. We will summarize the major witnesses to this tradition by looking at the evidence for the work of each major figure or group of exegetes, their method, their understanding of philosophy, and finally their theology, where their views are known. I have chosen to concentrate on their theology proper because it is the single most important focal point in the tradition.
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G. SCARPAT, Cultura ebreo-ellenistica e Seneca, Rivista Biblica 13 (1965) 3–30; R. RADICE, Platonismo e creazionismo in Filone di Alessandria (Metafisica del platonismo nel suo sviluppo storico e nella filosofia patristica 7), Milan 1989, 306–08; and idem, Observations on the Theory of the Ideas as the Thoughts of God in Philo of Alexandria, SPhA 3 (1991) 132. RUNIA, Philo in Early Christian Literature (see n. 17), 11–12, is much more reserved about dependence. 24 Surprisingly there has been little systematic effort to address this question. I attempted to make a beginning by collecting the essays of D. Winston: G.E. S TERLING (ed.), The Ancestral Philosophy: Hellenistic Philosophy in Second Temple Judaism: Essays of D. WINSTON (BJS 331), Providence 2001.
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1. Aristobulus 1.1 Testimonia The first witness that we have to the impact of Hellenistic philosophy on the Jewish Alexandrian exegetical tradition is Aristobulus.25 Our knowledge of him is based on four strands of evidence: a statement in the address of the second letter in 2 Maccabees, the statements of Clement and Eusebius, and the comments of Anatolius, the third century Christian Peripatetic of Alexandria who became the bishop of Laodicea. The second letter prefixed to 2 Maccabees – likely a first century BCE forgery – was addressed to Aristobulus who is identified as a tutor of Ptolemy, a priest, and associated with the Jews.26 Clement, who knew the statement in 2 Maccabees,27 made the specific connection between Aristobulus and Ptolemy VI Philometor, a deduction that he may have made from the fact that the letter is set shortly after the Maccabean revolt.28 Anatolius offered a different line of tradition: he suggested that Aristobulus was one of the seventy who translated the LXX and was thus active under Ptolemy II Philadelphus.29 Eusebius knew and cited both the work of Clement30 and Anatolius31, but followed Clement’s statements about the life of Aristobulus.32 Later tradents are dependent on either the Clement-Eusebius line or the Anatolius line of tradition.33 The confusion about the date and function of Aristobulus in antiquity grew more problematic at the end of the seventeenth century when Humphrey Hody, later the Regius Professor of Greek at Oxford, challenged the existence of Aristobulus in his exposé of the legendary character of the accounts of the LXX’s origins.34 His major arguments against Aristobulus were historical and 25
The standard critical edition is C.R. HOLLADAY, Fragments from Hellenistic Jewish Authors, Volume 3: Aristobulus (SBLTT 39/SBLPS 13), Atlanta 1995. We have an earlier representative of the exegetical tradition in Demetrius, but there is no evidence that he was influenced significantly by Hellenistic philosophy. 26 Test. 1 (2 Macc 1,10). 27 Test. 4 (Clem. Alex. Strom. V 14,97,7). 28 Test. 3 (Clem. Alex. Strom. I 22,150,1 = Eus. Praep Ev. 9,6,6). Clement also situated him in the time of Ptolemy II Philadelphus (test. 4 [Clem. Alex. Strom. V 14,97,7]). 29 Test. 7 (Eus. HE 7,32,16) and test. 7b (Ruf. Hist. eccl. 7,32,16). 30 Test. 3 (Clem. Alex. Strom. I 22,150,1 = Eus. Praep. Ev. 9,6,6). See also test. 5 (Clem. Alex. Strom. VI 3,32,5 = Eus. Praep. Ev. 8,10,14) and test. 9 (Eus. HE 6,13,7). 31 Test. 7 (Anatol. Pasch. in Eus. HE 7,32,16); frg. 1 (Anatol. Pasch. in Eus. HE 7,32,14–19). 32 Test. 8 (Eus. Chron. 151). 33 Several follow Clement’s lead that he wrote to Ptolemy Philometor (test. 8a, 8b). Jerome mentions Clement as a source (test. 9a = Vir. ill. 38). 34 H. HODY, De bibliorum textibus originalibus, versionibus Graecis, et Latina Vulgata, Oxford 1705.
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literary. Hody pointed out the historical errors and improbabilities in Aristobulus’ comments about the LXX and argued that they were dependent on the Letter of Aristeas. He also found it inexplicable that a second century Jewish author of this standing would go unmentioned until Clement.35 The case against authenticity developed over the next two centuries until it reached a climax in the analysis of the great Philonist Paul Wendland.36 Like Hody, Wendland made his case on literary grounds, only he shifted the point of comparison from Aristobulus’ relationship to the Letter of Aristeas to his relationship to Philo. Based on his comparisons, he thought that Aristobulus’ fragments were a second-third century CE Christian forgery that were dependent on a Christian compendium of Philonic treatises. The arguments against authenticity correctly pointed to the similarities between the Letter of Aristeas and the treatises of Philo. There was, however, another way to assess the evidence. The Dutch scholar Lodwijk Kaspar Valckenaer was one of the most important alternative voices. He devoted an entire treatise to Aristobulus that his son-in-law published posthumously at the beginning of the nineteenth century.37 He agreed with Hody that there were serious problems with the historical credibility of a number of Aristobulus’ statements; however, he suggested that they pointed to an ancient tradition rather than to dependence on the Letter of Aristeas. He also noted that Philo consistently omitted the names of his Jewish predecessors; the silence in the tradition is thus expected rather than surprising. Others shared his assessment, most notably Eduard Zeller38 and Emil Schürer.39 It was, however, the work of Nikolaus Walter published in 1964 that laid the arguments to rest. Walter demonstrated to the satisfaction of almost everyone that Aristobulus was a Jewish author of the mid-second century BCE. He did so by convin35 N. WALTER, Der Thoraausleger Aristobulus. Untersuchungen zu seinen Fragmenten und zu pseudepigraphischen Resten der jüdisch-hellenistischen Literatur (TU 86), Berlin 1964, and HOLLADAY, Aristobulus (see n. 25), 49–54, esp. 49–50, have helpful summaries of the history of scholarship that has argued against the authenticity of the fragments. Walter’s summaries are scattered throughout his work; Holladay has a concise summary. I am dependent on their work for the summary of the early figures in the debate: Hody, Wendland, and Valckenaer. 36 His work was reported by A. ELTER, De Gnomologiorum Graecorum historia atque origine: Commentatio, 9 parts and 2 supplements, Bonn 1893–97, parts 5–9, 229–34. HOLLADAY, Aristobulus (see n. 25), 52–53, has a helpful summary. 37 L.C. VALCKENAER, Diatribe de Aristobulo Judaeo, philosopho peripatetico Alexandrino, J. LUZAC (ed.), Leiden 1806. 38 E. ZELLER, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 3 parts in 6 vols., Leipzig 71921–23, 3.2, 277–285. 39 E. SCHÜRER, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, 3 vols., Hildesheim 1960, 3, 517–19. Cf. also E. SCHÜRER, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B.C.–A.D. 135). A new english version revised and edited by G. VERMES, F. MILLAR, M. GOODMAN, 3 vols., Edinburgh 1973–87, 3.1, 583–86.
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cingly contextualizing Aristobulus in second century BCE Alexandria and painstakingly arguing that his fragments were not dependent on either the Letter of Aristeas40 or Philo.41 In both cases, the parallel material in Aristobulus is less sophisticated than in the other texts. This suggests that Aristobulus preceded rather than followed them.42 While this cursory summary of a long and complicated debate hardly does it justice, it has pointed out similarities among the fragments of Aristobulus, the Letter of Aristeas, and the treatises of Philo. These similarities are the result of a common exegetical tradition in which all participated. 1.2 His Work and Method We have five fragments of Aristobulus. Clement cited some of the same material in ten different places in his Stromateis and Proptrepticus. Anatolius cited him one time in his now lost Concerning the Passover. Eusebius preserved all of the material in the five fragments in his Historia ecclesiastica and Praeparatio evangelica. He drew from Anatolius in frg. 143 and drew from Clement or offered parallel citations in frgg. 2–5. The relationship among Aristobulus, Clement, and Eusebius is complex. The chart on page 75 sets out the relationship. Clement does not appear to have preserved any significant material that Eusebius does not also preserve. The bishop cited Aristobulus directly from Clement on three occasions. Each time that he did, he cited him at least twice. I have set these in bold to make them clear. He also cited Aristobulus twice on one occasion when Clement offered a parallel citation. More importantly, Eusebius cited Aristobulus when Clement did not. This is clear in Frgg. 2, 4, and 5 where the Caesarean’s quotations are more extensive than the Alexandrian’s. This means that Eusebius had direct access to Aristobulus’ work and was not entirely dependent on Clement and Anatolius. The first fragment gives Passover a cosmic significance by positioning it in the intersection of the sun’s vernal equinox and the moon’s autumnal equinox. The second and fourth fragments argue that the anthropomorphic expressions that depict God in the LXX should be understood allegorically. The third fragment makes the theft of philosophy argument, contending that Pythagoras, Socrates, and Plato all stole their basic tenets from Moses. The fourth and fifth fragments deal with creation: the fourth argues that creation occurred by God’s power and the fifth explains the cosmological and arithmological significance of the Sabbath. 40
WALTER, Der Thoraausleger Aristobulos (see n. 35), 88–103. WALTER, Der Thoraausleger Aristobulos (see n. 35), 58–86. 42 WALTER, Der Thoraausleger Aristobulus (see n. 35), 7–149. 43 Frg. 1 (Eus. HE 7,32,14–19). 41
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Philosophy as the Handmaid of Wisdom Fragment
Eusebius
F2
Praep. ev. 8.9.38– 10.12a Praep. ev. 8.10.12– 16 Praep. ev. 8.10.17– 18 Praep. ev. 13.11.3b– 12.1 Praep. ev. 9.6.6–8 Praep. ev. 13.12.2 Praep. ev. 13.12.3 Praep. ev. 13.12.4 Praep. ev. 13.13.21 Praep. ev. 13.12.5–6 Praep. ev. 13.12.7 Praep. ev. 13.12.7 Praep. ev. 13.13.26 Praep. ev. 13.12.8 Praep. ev. 13.12.9– 11 Praep. ev. 13.12.11
F 2 and F 2a F2 F 3 and F 3a F 3a1 and F 3aSup F 3 and F 3b F4 F 4 and F 4a F 4a F4 F 4 and F 4b F 4 and F 4c F 4c F4 F 5 and F 5a F 5 and F 5b F 5 and F 5a F 5 and F 5c F 5c (?) F 5 and F 5d F 5d F5 F 5a
Clement as Eusebius’ Source for Aristobulus
Strom. 6.3.32.3–33.1
Strom. 1.22.150.1–3 Strom. 1.22.150.1–3 Strom. 1.22.148.1 Strom. 5.14.99.3 Strom. 5.14.99.3 Protr. 7.73.2a Strom. 5.14.101.4b Strom. 5.14.101.4b Strom. 6.16.137.4– 138.4a Strom. 6.16.141.7b– 142.1 Strom. 6.16.138.4b Strom. 6.16.142.4b Strom. 6.16.144.3
Praep. ev. 13.12.12 Praep. ev. 13.12.13 Praep. ev. 13.12.13– 16 Praep. ev. 13.13.34– 35a Praep. ev. 13.12.10– 11a Praep. ev. 7.13.7– 14.1
Clement as Parallel Source for Aristobulus
Strom. 5.14.107.1–4 Strom. 5.14.107.1–4
We do not know the scope or the specific form of Aristobulus’ work. We are handicapped by the fact that we only have the material that met the needs of Clement and Eusebius, especially the latter since he preserved the full fragments that we have. With this restriction in mind, we can make a couple of observations. In one text Clement says that there were “abundant books” (βιβλία ... ἱκανά) of Aristobulus.44 In another place he referred to the first book.45 Anatolius referred to his “exegetical books”.46 Eusebius repeatedly re44 45
Test. 4 (Clem. Alex. Strom. V 14,97,7). Frg. 3a and frg. 3a supplement (Clem. Alex. Strom. I 22,150,1).
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ferred to Aristobulus’ works in the plural.47 Later tradents followed suit.48 Were the “abundant books” separate treatments or multiple scrolls of a single work? Clement’s statement about the first book suggests the latter. There is some evidence to suggest that the fragments that we have belong together. Frg. 1 refers to the questions about Exodus, frg. 2 has a similar hint. Aristobulus wrote: “But when we had adequately addressed the questions that were before us, you rejoined, o King, (by asking) the reason why in our law hands, arms, facial appearance, feet, and walking indicate the divine power.” The presence of questions in both fragments suggests that these fragments belonged to a dialogue between the king and the philosopher, much like the exchange between Ptolemy II Philadelphus and the Jewish sages in the Letter of Aristeas.49 The degree of congruity extends beyond form to content in the material of frgg. 2–5 where Aristobulus argued for a philosophical understanding of God – whether interpreting the references to God’s limbs (frg. 2), God’s creative work (frgg. 4 and 5) or simply affirming that Plato and Pythagoras were dependent on the Pentateuch. While it is far from certain, it appears likely that the five fragments come from a single, multi-scroll work in which exegetical questions were posed and answered. Was this a dialogue as we suggested above? In antiquity those who had access to his work described it in different ways: Anatolius called them “explanatory books of the Law of Moses” (βίβλους ἐξηγητικὰς τοῦ Μωυσέως νόμου);50 Eusebius called them commentarii51 or referred to them as “the interpretation of the sacred laws” (τὴν τῶν ἱερῶν νόμων ... ἑρμηνείαν)52 or a “narrative” (διήγησις);53 and an anonymous author labeled them “explanations of the writing of Moses” (ἐξηγήσεις τῆς Μωυσέως γραφῆς).54 It may be that the work was a type of commentary in which the king posed questions about aspects of the text, although it is not clear if the arrangement would have been textual or thematic. The gaps in the biblical narrative to which the fragments allude suggest that the arrangement was topical.
46
Test. 7 and frg. 1 (Anat. Pasch. in Eus. HE 7,32,16). Test. 8 (Eus. Chron. 151 Olymp., anno Abr. 1841). 48 Test. 8a (Anon. Matrit.) and test. 8b (Chron. Pasch.). 49 Ep. Arist. 182–300. See below for details. 50 Frg. 1 (Eus. HE 7,32,16). 51 Test. 8 (Eus. Chron. 151, Olymp., anno Abr. 1841). 52 Test. 10 (Eus. Praep. Ev. 7,13,7). 53 Test. 11 (Eus. Praep. Ev. 8,8,56). 54 Test. 8a (Anon. Matrit.). Cf. also 8b (Chron. Pasch. p. 178), enarrationes … in Mosis libros. 47
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1.3 The Place of Philosophy Perhaps the most important methodological aspect of Aristobulus’ work is that he used allegory to interpret the Pentateuch (test. 11; frg. 2). He hinted at his method in frg. 2: “I want to urge you to accept the interpretations according to a philosophical rationale (φυσικῶς) and to grasp a fitting conception of God and not to fall into a mythical and all too human frame of reference.” He went on to say: “For what our lawgiver Moses wishes to explain, he does so in multiple levels for one order (I mean the things that have an appearance), yet he is setting out conditions that are understood through philosophy (φυσικὰς διαθέσεις) and constructions of a greater order.” It has been fashionable to understand the adverb φυσικῶς to be a terminus technicus for allegorical interpretation. However, Steven DiMattei has recently argued persuasively that the term does not refer to a hermeneutical strategy but to a philosophical frame of reference.55 This is the meaning in all of the texts in the period. There is no reason to set this usage aside in Aristobulus. This fits the orientation of the fragments quite well. Aristobulus was clearly intent on demonstrating that Mosaic legislation is the source of philosophical thought. This raises the question of the specific philosophical frame in which he worked. Beginning with Clement he is regularly called a Peripatetic or said to be associated with the Peripatetic school in one way or another.56 The testimonia do not make it clear whether Clement inherited this classification or coined it himself. Aristobulus referred to the Peripatetic school in frg. 5. Was this a passing reference or does it suggest an allegiance in thought? There are some reasons to consider it more than a passing reference. Aristobulus is clearly concerned with physics and theology, branches of philosophy that Aristotle and his successors developed in important ways. More importantly, Christoph Riedweg and Roberto Radice have recently pointed out the similarities between the pseudo-Orphic poem that Aristobulus cited in frg. 4 and the Pseudo-Aristotelian De mundo (although Radice argues for its authenticity).57 The most important connection between the two is the common understanding of δύναμις.58 De mundo made a distinction between God’s οὐσία and his δύναμις, a distinction that permitted Aristobulus to affirm the transcendence of God and yet explain how he could be immanent in the 55 S. DIMATTEI, Moses’ Physiologia and the Meaning and Use of Physikos in Philo of Alexandria’s Exegetical Method, SPhA 18 (2006) 3–32. 56 Testt. 2, 4, 8, 8a, 8b, 12, 13, 14, 14a, 15 and frgg. 2, 3. 57 C. RIEDWEG, Jüdisch-hellenistische Imitation eines orphischen Hieros Logos: Beobachtungen zu OF 245 und 247, sog. Testament des Orpheus (Classica Monacensia 7) München/ Tübingen 1993 and R. RADICE, La filosofia di Aristobulo e i suoi nessi con il De Mundo attribuito ad Aristotele (Temi metafisici e problemi del pensiero antico. Studi e testi 33), Milan 1994. 58 See RADICE, La filosofia di Aristobulo (see n. 57), 69–95 for details.
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world. He introduced the pseudo-Orphic poem with a summary of its major point. In it Orpheus showed “that everything was governed by divine power, that the created came to be, and that God is over all” (frg. 4). In his thinking, God stood above the cosmos, but his power permeated it. I do not think that we should therefore classify Aristobulus as a Peripatetic philosopher in the sense that he was a member of a Peripatetic school in Alexandria. We should, however, recognize that he does have some important connections to Peripatetic thought. At the same time, we should not overlook the similarities between his thought and Stoic thought. His use of allegory is most similar to the Stoa, although he lacks the termini technici.59 Like many Hellenistic authors who trade in philosophy on a popular rather than a technical level, he knew standard Stoic concepts like the definition of philosophy or wisdom.60 He even cited one Stoic philosopher, Aratus.61 Aristobulus was like many thinkers in the Hellenistic world: his thought was eclectic. It would be a mistake to link him to a specific tradition. He was not a professional philosopher, but an exegete who used philosophy to argue that his ancestral Scriptures were rational. 1.4 Theology Aristobulus put his efforts to work most extensively in the understanding of the divine. His statement in frg. 4, “All philosophers acknowledge that it is necessary to hold devout views about God which our school prescribes exceptionally well”, could be understood as a major thesis for his work. As we have already noted, he distinguished between God’s transcendence and his immanent power and offered anti-anthropomorphic interpretations. The anti-anthropomorphic interpretations are grounded in his distinction between God’s οὐσία and δύναμις. Aristobulus argued that God’s limbs were symbols of θεῖα δύναμις (frg. 2). They do not represent God’s οὐσία that is transcendent, but express his immanent δύναμις. A literal reading of the text attributes to God’s οὐσία what properly belongs to his δύναμις. This suggests that Aristobulus did not have a narrow understanding of God. He replaced the names Δίς and Ζεύς with θεός in the pseudo-Orphic poems without modifying the context since “their meaning relates to God” (frg. 4). What may be affirmed of Zeus may thus be affirmed of the God of Israel. The basis for this identification is his understanding of the transcendent nature of God. His God is no longer the national God of Israel, but a God that is closer to the philosophical understanding of the divine.
59
See the discussion in TOBIN, The Creation of Man (see n. 18), 44–55, esp. 53–54. Frg. 5, 12. 61 Frg. 4, 6. 60
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2. Pseudo-Aristeas 2.1 Testimonia Unlike the work of Aristobulus that is known only through citations, we have a full copy of The Letter of Aristeas.62 The letter purports to be written by Aristeas, an official of the Egyptian court or government. The author alternates between the first person singular63 and first person plural64 in narrating the story of the translation of the Hebrew Scriptures into Greek.65 In this way, the author suggests that he was present at all of the major events that he narrates: from the initial plans to invite Jewish elders to Egypt to translate their ancestral Scriptures, through the delegation sent by Ptolemy to Judah, to the return to Egypt and the actual translation. The only section of the text where the first person narrator is not consistently present is in the banquet scene where he concentrates on the exchanges between Ptolemy and the elders, although even here he makes it clear that he was present in his editorial conclusion.66 The name Aristeas occurs three times in the text.67 It is unambiguously identified with the narrator the first time that it appears when the narrator made a request that Ptolemy release Jewish prisoners and the king said to others, “Aristeas asks a small matter of us”.68 The narrator is presented as an Egyptian, not as a Jew. He is not only present at the court of Ptolemy, but Eleazar, the high priest of the Jews, refers to Ptolemy as “your king” when addressing him.69 He is a polished and learned pagan, like Philocrates to whom the letter is addressed.70 The Jews, on the other hand, are referred to in the third person, as a foreign people.71
62
The most important treatments of the text are P. WENDLAND, Aristeae ad Philocratem epistula cum ceteris de origine versionis LXX interpretum testimoniis, Leipzig 1900; H.St.J. THACKERAY, The Letter of Aristeas, in: H.B. SWETE, An Introduction to the Old Testament in Greek, Cambridge 1902, 501–18 and A. PELLETIER, Lettre d’Aristée à Philocrate (SC 89), Paris 1962, 8–41. 63 Ep. Arist. 1, 5, 6, 12, 17, 18, 21, 28, 51, 57, 77, 83, 91, 99, 110, 120, 125, 128, 170, 171, 173, 295, 296, 297, 306, 317, 322. 64 Ep. Arist. 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 14, 15, 17, 34, 60, 83, 96, 100, 103, 112, 123, 124, 128, 129, 173, 300. 65 Perhaps the best example of the oscillation between the singular and plural is Ep. Arist. 83. 66 Ep. Arist. 295–300. 67 Ep. Arist. 18, 40, 43. 68 Ep. Arist. 19. 69 Ep. Arist. 166. 70 Ep. Arist. 7. 71 E.g., Ep. Arist. 3, 108, 305.
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The fiction of the author as an Egyptian official or noble was maintained in antiquity. Josephus accepted it in his retelling of the story of the LXX.72 As we noted above, it was Humphrey Hody who exposed the unhistorical character of the details of the work at the beginning of the eighteenth century. Today it is widely held that the author was a member of the Jewish community of Alexandria. The evidence is indirect, but clear. The author knew Jewish customs and celebrated the importance of Judaism.73 He also knew Alexandria and oriented his story around the capital of the Ptolemaic kingdom.74 The date of the writing has been more problematic to determine. The two firm termini are Ptolemy II Philadelphus (285–247 BCE) and Josephus who cited the work in the nineties of the first century CE. It has been situated in the third century BCE, at various points in the second century BCE, in the first century BCE, and even in the first century CE.75 The dating is often linked to the association of the Letter of Aristeas with other works. Unfortunately, we do not have a firm and uncontested relationship with any of the works prior to Josephus.76 The hints that the text contains of the political situation of Judea are also not decisive, e.g., the nature of the citadel near the temple is vague enough to be interpreted in multiple ways.77 If we are right, that the exegesis is more developed than in the exegesis of Aristobulus, and can add that the text was written before Rome entered the picture, the most likely date is the second half of the second century BCE. 2.2 The Work and Method Following a preface (1–8), Pseudo-Aristeas related how Ptolemy II Philadelphus commissioned Demetrius of Phalerum to translate the ancestral writings of the Jews into Greek for inclusion in his library (9–82). The account contains a number of digressions, including Aristeas’ request for Ptolemy to release Jews imprisoned by his father, Ptolemy I (12–27), and a detailed description of the gifts sent by Ptolemy to Eleazar the High Priest (51–82). Following the practice of Jewish historians, the author also incorporated documents: Ptolemy II Philadelphus’ decree liberating Jewish prisoners (22–25), Demetrius’ letter to Ptolemy II Philadelphus setting out the agreement to 72
Jos. Ant. Jud. 12,11–118. On this see A. PELLETIER, Flavius Josèphe, Adapteur de la Lettre d’Aristée: Une Réaction atticisante contre la Koiné, Paris 1962. 73 Ep. Arist. 128–68, on which see below. 74 E.g., Ep. Arist. 301, the description of the causeway. It is also worth remembering that Alexandria is used as the point of comparison in 109. 75 A.-M. DENIS, Introduction à la littérature religieuse Judéo-Hellénistique, 2 vols., Turnhout 2000, 2, 935–41, has a helpful overview that includes recent discussions. 76 M. HADAS (ed.), Aristeas to Philocrates, New York 1973, 18–53, has a helpful overview of all of the possible external witnesses. 77 Ep. Arist. 100–04.
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request a translation of the Jewish Scriptures (29–32), Ptolemy’s letter to Eleazar (35–40), and Eleazar’s response (41–46) along with the names of the translators (47–50).78 The account then related the embassy to Jerusalem (83– 172). Again, the author incorporated several significant excurses: a description of the land (83–120) and Eleazar’s explanations of Jewish laws (128–168). The former is an ethnographic practice while the latter is an independent account of Jewish exegesis in the second century BCE. The third major movement of the book relates the king’s entertainment of the elders. Ptolemy threw a series of seven symposia on successive days in which he posed questions to each of the translators and they gave answers (173–300). The king queried ten sages on each of the first five days and eleven on the sixth and seventh days to address all seventy-two translators. The final movement of the book tells how the seventy-two translators completed the translation in seventy-two days (!) and how it was enthusiastically received by the Jewish community of Alexandria as well as by Ptolemy II (301–321). It concludes with a brief frame (322–323). Although we conventionally refer to the work as a letter, it lacks the conventions of a letter and was not called such by any ancient author. The author calls it a “narrative” (διήγησις),79 which, although non-descript, is more suitable. 2.3 The Place of Philosophy Demetrius provided a rationale for the inclusion of the Jewish ancestral writings in the library in his letter to Ptolemy. He wrote: “These writings must also be included in your library in an accurate version because this legislation is very philosophical and authentic, since it is divine.”80 The philosophical nature of the Mosaic legislation is highlighted in two ways. The series of symposia in which the king and Jewish translators engaged in an exchange of questions and answers is intended to demonstrate the philosophical acumen of the Jewish sages. On three occasions, the philosophers of the court express their admiration for their Jewish counterparts.81 On one of these occasions, the narrator made the comparison between the Greek philosophers of Ptolemy’s court and the Jewish elders explicit: “for both in conduct and in speech they (the Jewish translators) were far more advanced than the philosophers since they took their starting point from God”.82 78 On this practice among Jewish historians see G.E. STERLING, “The Most Ancient and Reliable Record of the Past”: The Jewish Appropriation of Hellenistic Historiography, in: J. MARINCOLA (ed.), Companion to Greek & Roman Historiography, Oxford 2007, 231–43. 79 Ep. Arist. 1 and 322. 80 Ep. Arist. 31. 81 Ep. Arist. 200–201, 235, 296. 82 Ep. Arist. 235.
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The other section of text where the philosophical nature of the Jewish legislation is underscored is the exposition of Jewish laws. In his proem to the interpretation of the Jewish laws, Eleazar said: “For in general everything is similarly constituted in relation to philosophical reasoning (πρὸς φυσικὸν λόγον),83 administered by one power and in each case there is a profound reason for our refraining from the use of some things and use of others.”84 What he has in mind are issues of kashrut or dietary laws. He went on to discuss birds,85 parting the hoof and chewing the cud,86 and weasels and mice.87 As the author completed the exposition of parting the hoof and chewing the cud, he had Eleazar explain: “for the legislation was not given on a whim or as a flash that struck the soul, but with a view to truth and the signification of right reason”.88 The author concluded the aside with this observation: “I have been led by your love of learning, Philocrates, to set out clearly for you the solemnity and philosophical mindset of the law (φυσικὴν διάνοιαν τοῦ νόμου).”89 Unsurprisingly, the exegesis sets out this “philosophical mindset” via allegory. Eleazar explained: “Everything that deals with our use of these and other creatures, he set out allegorically (τροπολογῶν).”90 So, the distinction between clean and unclean birds is whether they are vegetarians or carnivores. The distinction signifies the difference in character between those who are just and those who oppress. Similarly, parting the hoof signifies the ability to discriminate while chewing the cud refers to memory. Weasels and mice are destructive or defiling and therefore unclean. We should learn not to injure other humans from the prohibition to eat injurious animals. The author concluded: “Concerning these things – however briefly I have run through them – I have shown you that everything has been prescribed with a view to justice.” He elaborated: “Nothing has been set down in Scripture on a whim or fictitiously but so that in the entirety of our lives and in our actions we may practice justice towards all humans while keeping the power of God in mind.”91 The author’s favorite way of speaking of allegory is to use the language of signification (σημείωσις),92 signify (σημειόω),93 or sign (σημεῖον).94 83
See DIMATTEI, Moses’ Physiologia (see n. 55), 3–32, for the meaning of φυσικός. Ep. Arist. 143. 85 Ep. Arist. 144–49. 86 Ep. Arist. 150–60. 87 Ep. Arist. 161–68. 88 Ep. Arist. 161. Cf. also 162 for the use of reason. 89 Ep. Arist. 171. 90 Ep. Arist. 150. 91 Ep. Arist. 168. 92 Ep. Arist. 161, 170. 93 Ep. Arist. 148, 151. 94 Ep. Arist. 150. 84
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For Pseudo-Aristeas the law is about ethical behavior. Underneath the words of the Pentateuch lie profound meanings that allegory can disclose. These do not require national identity to grasp, but philosophical acumen. Reason is the key to understanding the Jewish laws.95 The use of allegorical exegesis in this section of the text and the absence of this section from Josephus’ retelling of the document have led some to think that the exegetical excursus was an independent source.96 While this may be the case, it is difficult to make a firm judgment. It is, however, possible to point to the fact that the exegesis contained in this section was part of a larger tradition of exegesis in Alexandrian Jewish circles. Philo of Alexandria knew the distinction that Pseudo-Aristeas made between birds on the basis of their feeding habits, but instead of drawing a conclusion about justice, the later interpreter argued that the removal of some types of birds referred to the elimination of “desire” (ἐπιθυμία) from the soul.97 They are closer in their understandings of “parting the hoof” and “chewing the cud”: both understood the former to mean the capacity to discriminate between good and evil98 and the latter to signify memory.99 While it is possible that Philo knew Aristeas, it is not necessary to posit literary dependence to argue that the similarities demonstrate the presence of a sustained body of interpretation in the Alexandrian Jewish community. 2.4 Theology The central point of the Jewish Scriptures according to Pseudo-Aristeas was the understanding of God.100 The author opened his exposition of the law with an unambiguous affirmation of the singularity of God (μόνος ὁ θεός ἐστιν) and a critique of polytheism.101 He made the centrality of God evident in two major ways in other parts of the work. First, the author had every Jewish sage ground his reply to Ptolemy on his understanding of God during the seven
95 V. TCHERIKOVER, The Ideology of the Letter of Aristeas, HTR 51 (1958) 72–73, recognized this. His article (pp. 59–85) remains an important analysis of the nature of the document. 96 G. FÉVRIER, La Date de Composition et les sources de la lettre d’Aristée à Philocrate, Paris 1924 and SCHÜRER, The History of the Jewish People (see n. 39), 679–80. 97 Ep. Arist. 145–47 and Phil. Spec. 4,116–18. Both base their exegesis on Lev 11,13–23; Deut 14,11–20. 98 Ep. Arist. 150–52 and Phil. Agric. 131–45; Spec. 4,106–09, esp. 108. The interpretations of both draw from Lev 11,1–8; Deut 14,4–8. 99 Ep. Arist. 153–60 and Phil. Agric. 131–45; Spec. 4,106–09. Both base their interpretation on Lev 11,1–8; Deut 14,4–8. 100 D. MICHEL, Wie spricht der Aristeasbrief über Gott?, TSK 102 (1930) 302–06, has a useful collection of the specific linguistic data. 101 Ep. Arist. 128–42. See 131 for μόνος ὁ θεός ἐστιν.
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days of banqueting.102 In case the reader was inattentive, the author made the point explicit twice. In the first instance, Ptolemy and Menedemus of Eretria, a court philosopher, both noted that “all make God the beginning of their rationale”.103 The author repeated the same expression when he compared the Jewish translators with Greek philosophers at the end of the third day.104 Second, the author made piety (εὐσέβεια) “the most important end of all”105 and “a type of beauty in a pre-eminent degree”.106 He suggested that it along with justice was the first principle laid down by Moses107 and that everything that we say or do must be oriented towards piety.108 While the author did not develop piety as the chief virtue to the degree that Philo did, he laid the groundwork for his heir.109 The God of Pseudo-Aristeas was – like the God of Aristobulus – transcendent. The putative Egyptian noble said to Ptolemy: “the (same) God who appointed them their Law prospers your kingdom ... These people worship God the overseer and creator of all, whom all people worship including ourselves”.110 While this is put on the lips of an Egyptian, it is expressing the view of the author and is a remarkable statement. The LXX translation itself helped Jews to make this judgment: it rendered “you will not curse God” ( )אלהים לא תקללin Exodus 22, 27 by “you will not speak ill of gods” (θεοὺς οὐ κακολογήσεις), deliberately keeping the plural of the Hebrew.111 The statement in Pseudo-Aristeas, however, went beyond respect for foreign gods, it identified the God of Israel with other gods. In this regard it drew on a tradition that developed in the Hellenistic period that identified the Supreme Deity with many local and regional names. Cleanthes began his Hymn to Zeus with “Most eminent of the immortals, with many names, forever almighty,
102 Day one (§§187–202): 188, 189, 190, 191–92, 193, 194, 195, 196, 197, 199; day two (§§203–20): 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213–16, 218–19; day three (§§221–35): 222–23, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230–31, 232–33, 234; day four (§§236–47): 237, 238, 238, 239, 240, 241–42, 243, 244, 245, 246; day five (§§248–61): 248, 249, 250–51, 252, 253–54, 255, 256, 257, 258–59, 260–61; day six (§§262–74): 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 273; day seven (§§275–94): 276, 277–78, 279, 280, 281, 282, 283, 284–85, 286–87, 289–90, 291–92. 103 Ep. Arist. 200 and 201 (“they take their beginning from God”). 104 Ep. Arist. 235. 105 Ep. Arist. 2. 106 Ep. Arist. 229. 107 Ep. Arist. 131. 108 Ep. Arist. 215. 109 See G.E. STERLING, “The Queen of the Virtues”: Piety in Philo of Alexandria, SPhA 18 (2006) 103–23. 110 Ep. Arist. 15–16. 111 On this text see P. VAN DER HORST, “Thou shalt not revile the gods”: The LXX translation of Ex 22,28 (27), its background and influence, SPhA 5 (1993) 1–8.
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Zeus, Guide of nature, director of all things by law, Hail”.112 Dio Chrysostom described the practice when he addressed the residents of Rhodes: “Some say that Apollo, Helius, and Dionysus are the same – and you think this – and many even combine all gods together into one force and power so that it makes no difference whether we honor this one or that one.”113 Perhaps the most famous example of this is the invocation of Isis. The Isis hymn opens with a long invocation of the goddess that identifies her with a large number of other deities.114 The practice became common enough that in literature describing Isis the goddess is described as “she of many names” (πολυώνυμος),115 “she of myriad names” (μυριώνυμος),116 “she of the great name” (μεγαλώνυμος).117 Plutarch captured the heart of the practice in these words: “But all have and know Isis and the gods with her, even though some only recently learned to address them by Egyptian names; they have known and honored the power of each from the beginning”.118 The Jewish author of The Letter of Aristeas, like Aristobulus before him, adopted the same strategy for his ancestral God.
3. The Allegorists 3.1 Testimonia The tradition in which Aristobulus and the author of the Letter of Aristeas worked did not end in the second century but flourished. Unfortunately, we do not know the names of their successors. Their works have perished and their successors elected not to mention their names, a common practice in Jewish circles in the Hellenistic world. We know about them in two ways. First, Philo often referred to a group of anonymous allegorical exegetes. David Hay collected seventy-four references to these exegetes throughout the Philonic corpus.119 Philo also referred to a number of literalists who constituted the 112 I have used the edition of A.A. LONG and D.N. SEDLEY, Hellenistic Philosophers, 2 vols., New York, 1987, 2,326–27. On this text see the comments of J.C. THOM, Cleanthes’ Hymn to Zeus (STAC 33), Tübingen 2005, 45–47. 113 Dio Chr. Or. 31,11. 114 I have used the edition of B.P. GRENFELL and A.S. HUNT, The Oxyrhynchus Papyri 11, London 1915, 201–20, esp. ll. 1–142. 115 See the Isis Hymn ll. 97, 101–02 and L. VIDMAN, Sylloge inscriptionum religionis Isiacae et Sarapiacae (RGVV 28), Berlin 1969, no. 325. 116 For examples see VIDMAN, Syllogae inscriptionum (see n. 115), nos. 351, 505, 808 in Greek and nos. 639, 656, 692, 698, 721, 749 in Latin. 117 E.g., Isid.Hymn. 1,2; 2,1; 3,2. 118 Plut. De Is. 66,377D; cf. 1–2,351C–E; 8–9,354BC; 11,355BC; 45,369B–D; 61,376A. 119 D.M. HAY, Philo’s References to Other Allegorists, SPh 6 (1979–80) 41–75. The references include Opific. 77–778. Leg. 1,59; 3,219. Cher. 42 and 48. Sacr. 131. Poster. 7, 41.
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majority of Jews in Alexandria.120 There were thus different groups who had varying points of orientation within the large Alexandrian Jewish community. The most extensive and famous description of the allegorists is in De migratione Abrahami. The Torah exegete wrote: “There are some who, understanding the literal laws as symbols of intelligible realities, are extremely scrupulous about the later but carelessly neglect the former whom I fault for their neglect.”121 Philo’s intellectual sympathies were with the allegorists, but he censured them for neglecting the social identity markers that were important for the continuation of the community. In a famous statement he compared the literal and allegorical meanings of the laws to a human being: “it is necessary to consider these things (the literal meanings) to be like a body, and the deeper sense like the soul. Therefore, just as it is necessary to provide for the body since it is the house of the soul, so it is necessary to take care of the literal laws”. He concluded: “For when these are kept, the matters of the soul, of which these are symbols, will become even clearer and, in addition, we will escape the critiques and charges of the many.”122 There have been a number of attempts to elucidate the work of the allegorists, in spite of Philo’s vagueness. Wilhelm Bousset thought that the φυσικοί whom Philo mentioned were a distinct group of allegorists.123 It is true that Philo tells us that those who were interested in physics practiced allegory. In De Abrahamo he said: “I have also heard men devoted to physics allegorize the passage – and they were not off target.”124 However, this is only one of two texts in the Philonic corpus where Philo makes the connection
Gig. 53–54. Deus 55 and 61–62 and 69, 133–34. Plant. 35, 52–53, 74–93. Confus. 191. Migr. 89–93. Her. 81–85, 280b, 280c, 281–83; 300. Fug. 55–58. Mutat. 62–76, 138 and 140, 141, 142, 188–92. Somn. 1,39–40; 118–19; 164–65. 2,142. Abr. 99–106, 147–66, 200–07, 217–24, 236–44. Jos. 151–56. Mos. 2,98. Leg. 1,6 and 8, 214. 2,56–59, 147, 159–61. 3,178–79. Virt. 147. Prob. 80–83. Contempl. 2, 28–29, 64–65, 75–78, 81–82, 85–88. Quaest. Gen. 1,5; 8; 10b; 10c; 10d; 10e; 10f; 57; 2,79; 3,8; 11; 13; 48 (bis); 4,2; 51; 145; 167; 196; 243. Quaest. Ex. 2,56; 71; Deo 6 and 10. 120 On the literalists see M.J. SCHROYER, Alexandrian Jewish Literalists, JBL 555 (1936) 261–84 and D.M. HAY, References to Other Exegetes, in idem (ed.), Both Literal and Allegorical: Studies in Philo of Alexandria’s Questions and Answers on Genesis and Exodus (BJS 232), Atlanta 1991, 81–97, who collected 47 references to the literalists in Quaest. Gen. and Quaest. Ex.: Quaest. Gen. 1,1; 5; 8; 10; 18; 32; 53; 57; 81; 93. 2,28; 58; 64; 79. 3,3; 5; 8; 11; 13; 43; 48; 52; 53. 4,2; 8; 51; 60; 61; 64; 90; 91; 121; 123; 145; 152; 167; 168; 196; 200; 206; 218; 228; 233; 243. Quaest. Ex. 2,56; 71; 88. 121 Phil. Migr. 89. 122 Phil. Migr. 93. 123 W. BOUSSET, Jüdisch-christlicher Schulbetrieb in Alexandria und Rom: Literarische Untersuchungen zu Philo und Clemens von Alexandria, Justin und Irenaeus (FRLANT 6), Göttingen 1915; repr. Hildesheim 1975. 124 Phil. Abr. 99.
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between the φυσικοί and allegory.125 As we noted above, we can not assume that a reference to φυσικοί implies a connection with allegory: φυσικῶς, φυσικός, and φυσιολογία relate not to the method of interpretation but to the intellectual framework of the interpretation. The situation is slightly different in Philo’s descriptions of the Essenes and Therapeutae. He tells us that the Essenes and Therapeutae both practiced allegory. He described the practice of the former in these words: “Then one takes up the scrolls and reads and another from the more learned comes forward and offers instruction about the matters that are not clear. For most part they interpret philosophically through symbols in imitation of ancient practice.”126 Philo has recast the pesharim of Qumran into the type of exegesis that he knew in Alexandria. Perhaps this is forgivable since it is doubtful that he had direct contact with the Essenes. The case may have been different with the Therapeutae. Their urban neighbor set out their practice as follows: “For reading the sacred writings they practice their ancestral philosophy by means of allegorical interpretation. They consider the words of the text to be symbols that have a hidden nature that is disclosed in the underlying ideas.” They apparently learned this method of reading from the founders of the sect: “They have writings from men of the distant past who were the founders of the sect and left many records of the form that is used in allegory. Using these as if they were archetypes, they imitate the manner of this principle.”127 There are enough similarities between this description and the description of the allegorists in De migratione Abrahami that Joan Taylor identified the Therapeutae with the allegorists.128 While this is possible, it is only a guess. It is not clear that the Therapeutae distanced themselves from the social identity markers as far as the allegorists did. It is preferable in my judgment to understand that there were multiple groups of allegorists, among whom the Therapeutae were one example. The second line of evidence for the existence of other exegetes is the presence of conflicting interpretations in Philo’s treatises. One of the most famous examples is the double line of demarcation between the intelligible world and the sense-perceptible world in Philo’s interpretation of Genesis 1 and 2. He first argued that the distinction between the cardinal number “one” and the ordinals numbers “second” through “sixth” indicated the distinction between
125
See also Phil. Poster. 7. Phil. Prob. 82. 127 Phil. Contempl. 28–29. On the nature of their allegorical interpretations see D.M. HAY, Things Philo Did and Did Not Say about the Therapeutae, SBLSP 31 (1992) 673–83, esp. 678– 79 and 681–82. 128 J.E. TAYLOR, Jewish Women Philosophers of First-Century Alexandria: Philo’s Therapeutae Reconsidered, Oxford 2003, esp. 126–53. 126
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the intelligible world and the sense-perceptible world.129 However, when he came to the second creation account in Genesis 2, he made the distinction between the two creation accounts.130 While there have been multiple explanations of the duplicate line of demarcation, the best solution – in my judgment – is to understand that Philo has inherited multiple interpretative schemas and incorporated them. Examples like these led a group of scholars to found the Philo Institute and launch the Studia Philonica with the intention of working through the layers of exegetical traditions in Philo.131 Unfortunately, this ambitious project was never realized. The most important treatment of these traditions to date is the revised Harvard dissertation of Tom Tobin on the creation of man.132 While one can argue about the details of Tobin’s analysis, he convincingly demonstrated the existence of layers in the Philonic commentaries.133 3.2 The Work and Method If our observations are correct, we should not think of a single set of allegorists who worked within a uniform intellectual tradition, but various groups scattered over time who worked with different philosophical traditions. This conclusion is diametrically opposed to the provocative and radical thesis of Richard Goulet who argued that behind Philo’s commentaries stood a majestic commentary on the Pentateuch that offered a secular philosophical reading of the scrolls of Moses through allegory.134 On this reading, Philo’s efforts to read the Pentateuch religiously represent a corruption of an earlier and more sophisticated commentary. While Goulet’s monograph deserves more attention than it has received, I am not persuaded by his thesis, largely because I do not believe that it is possible to identify a single strand of sustained commentary behind Philo.135
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Phil. Opific. 15–35, esp. 15–16, 35. Phil. Opific. 129–30. 131 See R.G. HAMERTON-KELLY, Sources and Traditions in Philo Judaeus: Prolegomena to an Analysis of His Writings, SP 1 (1972) 3–26; B.L. MACK, Exegetical Traditions in Alexandrian Judaism: A Program for the Analysis of the Philonic Corpus, SP 3 (1974–75) 71–112 and Philo Judaeus and Exegetical Traditions in Alexandria (ANRW 2.21.1), 227–71. 132 TOBIN, The Creation of Man (see n. 18). 133 The most important critique of Tobin’s analysis is that of RUNIA, Philo of Alexandria and the Timaeus of Plato (see n. 16), 556–58 and idem, Philo of Alexandria, On the Creation of the Cosmos according to Moses (see n. 16), 19–20. 134 R. GOULET, La philosophie de Moïse: Essai de reconstitution d’un commentaire philosophique préphilonien de Pentateuque (Histoire des Doctrines de l’Antiquité Classique 11), Paris 1987. 135 For a more thorough analysis see D.T. RUNIA, review of GOULET, La philosophie de Moïse (see n. 134), JTS 40 (1989) 590–602. 130
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This means that we should probably envision multiple private efforts to interpret Scripture by means of philosophy throughout the history of the Alexandrian Jewish community. Some of these may have been associated with houses of prayer; others may have been in private schools. Unfortunately, we can only speculate from the exegetical traditions in Philo back to the social settings. We simply do not have the evidence that we need. 3.3 The Place of Philosophy There are some occasions when it is possible to identify the philosophical frameworks for these exegetical traditions. In at least five texts, Philo preserved a Stoicizing interpretation of the creation of the human being in Genesis 2,7 that understood God’s breathing into the face of man as the inbreathing of the πνεῦμα into the νοῦς of a human, making the human an ἀπόσπασμα θεῖον (“divine fragment”).136 The resonances of this anthropology with the Stoic view of the mind as a πνεῦμα θεῖον, an ἀπόσπασμα θεῖον are unmistakable.137 On other occasions, Philo cited Platonizing traditions that predated his commentaries. We already noted that Philo inherited Platonizing interpretations of creation.138 Similarly, he inherited a number of Pythagorean arithmological treatments that he incorporated into his commentaries.139 The range of such traditions suggests that Jewish exegetes did not align themselves with a single philosophical tradition, but experimented with multiple traditions. 3.4 Theology If we are correct about the diversity of these exegetes and their use of different philosophical traditions, it is difficult to speak with confidence about their theology, apart from affirming that they thought of God in philosophical terms in the same types of ways that Aristobulus, Pseudo-Aristeas, and Philo did.
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Phil. Leg.All. 1,39–40; 3,161; Somn. 1,33–34; Spec. 4,123; Quaest. Gen. 2,59. On this tradition see TOBIN, The Creation of Man (see n. 18), 77–87. 137 For the Stoic understanding see Diog. Laert. 7,142–43. 138 For details on the tradition of interpreting “day one” see the analysis of G.E. STERLING, “Day One”: Platonizing Exegetical Traditions of Genesis 1,10–5 in John and Jewish Authors, SPhA 17 (2005) 118–40. 139 E.g., Phil. Opific. 89–128. On this text see D.T. RUNIA, Philo’s Longest Arithmological Passage: De opificio mundi 89–128, in: L.J. BORD, D. HAMIDOVIC (edd.), De Jérusalem à Rome: Mélanges offerts à JEAN RIAUD, Paris 2000, 155–74 and idem, Philo of Alexandria, On the Creation of the Cosmos (see n. 16), 301–04.
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4. Philo of Alexandria 4.1 Testimonia Philo of Alexandria marks the crescendo of the tradition. We know very little about his life (c. 20 BCE–50 CE).140 He came from one of the most famous and important Jewish families of ancient Alexandria. Eusebius tells us that he “was inferior to none of the illustrious people in office in Alexandria”.141 His brother’s full name was Gaius Julius Alexander.142 His praenomen and nomen suggest that the family received Roman citizenship from Gaius Julius Caesar, probably for assistance during the Alexandrian war of 48–47 BCE. This inference is supported by the governmental positions that Alexander and his sons held: Alexander held a responsible post in Alexandria and had direct ties with the imperial family of Rome. His son, Philo’s nephew, was a gifted administrator whose meteoric career took him from minor posts in Egypt through governorships in Judea, Syria, and Egypt, until he became Titus’ chief of staff and then the prefect of the praetorian guard at Rome.143 Philo preferred the contemplative life to the active life of Alexander and his sons. He was not, however, able to escape entirely and served as the head of the Jewish delegation to the emperor Gaius after the pogrom in Alexandria.144 His own preference was to enjoy the culture of Alexandria145 and to reflect on the Pentateuch. He was exceptionally well educated. His education included not only elementary training in the encyclia146 and passage through the ephebate,147 but advanced training in philosophy. Unfortunately, we do not know the specifics of how he received this training. He may have attended the
140 For a fuller summary see G.E. STERLING, Philo of Alexandria, Dictionary of Early Judaism (forthcoming). 141 Eus. HE 2,4,2. 142 On Alexander see K.G. EVANS, Alexander the Alabarch: Roman and Jew, SBLSP 34 (1995) 576–94. 143 On Tiberius Julius Alexander see A. LEPAPE, Tiberius Julius Alexander, Préfet d’Alexandrie et d’Egypte, Bulletin de la Société Royale d’Archeologie d’Alexandrie 8 (1934) 331–41; E.G. TURNER, Tiberius Julius Alexander, JRS 44 (1954) 54–64; V. BURR, Tiberius Julius Alexander (Antiquitas, Reihe 1: Abhandlungen zur alten Geschichte 1), Bonn 1955; S. ETIENNE, Réflexion sur l’Apostasie de Tibérius Julius Alexander, SPhA 12 (2000) 122–42; G.E. STERLING, Tiberius Julius Alexander, Dictionary of Early Judaism (forthcoming). 144 Phil. Legat. 370; Jos. Ant. Jud. 18,257–60. 145 He enjoyed athletics (as a participant, Spec. 2,230 and Agric. 113–15, and as a spectator, Prob. 26,110; Prov. 2,58), the theatre (Ebr. 177; Prob. 141), and banquets (Leg. 3,156). 146 See his description in Congr. 74–76. 147 The most important discussion of the ephebate in Alexandria is D. DELIA, Alexandrian Citizenship During the Roman Principate (American Classical Studies 23), Atlanta 1991, 71– 88, 143–46.
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lectures of an Alexandrian philosopher.148 He was born at about the time that the Middle Platonist Eudorus was active and it is not inconceivable that he studied with him as a young man. On the other hand, he may have simply hired tutors.149 However he was trained, he read and digested a number of Plato’s treatises, e.g., the Timaeus150 and the Phaedrus.151 While he was not a professional philosopher in the sense that he belonged to a Platonic school at Alexandria, he had a firsthand and sophisticated grasp of Hellenistic philosophy. He devoted the majority of his life to writing commentaries on the Pentateuch. It is likely, although not provable, that he operated a private school of exegesis for Jewish students in much the same way that philosophers and physicians did. At least, a social setting such as Philodemus, Epictetus, or Plotinus enjoyed, would explain how he was able to produce such a massive corpus and why his work and that of other Jewish authors such as Aristobulus were preserved through the same Christian channels.152 4.2 His Work and Method We know that Philo wrote more than seventy treatises. Of these, thirty-six treatises and a fragment of another have come down to us in Greek and thirteen treatises with fragments of two more have made their way to us in a rather literal sixth century Armenian translation. This means that we have roughly two-thirds of his known corpus. The extant treatises fall into five major groups: three commentary series, a group of philosophical treatises, and a number of apologetic treatises. The three commentary series are Philo’s constructions, i.e., he planned and wrote them as series. The presence of three independent series should caution us against the common but erroneous assumption that the implied audience is the same for all three. The evidence points in a different direction: it is likely that each of the three series assumed a different reading audience. He introduced the commentaries with a two volume bios on Moses. The biography
148 So J. DILLON, Preface, in: D. WINSTON, Philo of Alexandria: The Contemplative Life, The Giants, and Selections (Classics of Western Spirituality), New York 1981, xiii. 149 So RUNIA, Philo of Alexandria and the Timaeus of Plato (see n. 16), 36. 150 On his use of Plato’s Timaeus see RUNIA, Philo of Alexandria and the Timaeus of Plato (see n. 16). 151 On his use of the Phaedrus see A. MÉASSON, Du char ailé de Zeus à l’Arche d’Alliance: Images et mythes platoniciens chez Philon d’Alexandrie, Paris 1986. 152 On this hypothesis see G.E. STERLING, “The School of Sacred Laws”: The Social Setting of Philo’s Treatises, VC 53 (1999) 148–64.
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related to the Pentateuch and Philo’s analysis of it in much the same way as Porphyry’s life of Plotinus related to the Enneads.153 The most comprehensive and systematic commentary series is the Exposition of the Law. We have twelve of the fifteen treatises preserved in Greek. Philo divided it into three sections:154 an account of creation demonstrating that the laws of the cosmos are in harmony with the legislation of Moses,155 a biographical section that presented the lives of the ancestors as embodiments of the unwritten law,156 and a legislative section that worked through the laws in four stages: it opened with an analysis of the Decalogue,157 then used the laws of the Decalogue as headings to organize the treatments of other laws,158 added a series of appendices under the rubrics of specific virtues,159 and culminated with the blessings and curses that concluded Deuteronomy.160 In this way the work covered the entire Pentateuch from creation in Genesis to the blessings and curses at the end of Deuteronomy. Unlike the next two series that cite the biblical text and then explain it, these treatises retell the biblical narrative and then use the retelling as a basis for the commentary. In this way they are similar to texts that are classified as rewritten Bible, but should not be identified with them since they provide a commentary that either moves on the literal level or alternates between literal and allegorical readings.161 The treatises in this series were probably written for a wide Jewish audience. The second series was a zetematic work that we know as the Quaestiones et solutiones in Genesim et Exodum.162 We have ten of the twelve books in
153 On the place of Mos. in the Exposition see Praem. 52–56 and the discussion of A.C. GELJON, Philonic Exegesis in Gregory of Nyssa’s De vita Moysis (BJS 333/SPhMS 5), Providence 2002, 13–46. 154 Philo commented on the structure of the series in Abr. 1–6; Mos. 2,45–47; Decal. 1; Praem. 1–3. 155 Opific. On its place see Opific. 1–3; Abr. 2; Mos. 2,37. 156 Abr.; Isaac (lost); Jacob (lost); and Ios. On the ancestors as symbols see Sobr. 65; Congr. 34–38; Mutat. 12, 88; Somn. 1,168; Abr. 52–54; Ios. 1; Mos. 1,76; Praem. 24–51, 57–66. 157 Decal. 158 Spec. 1–4. On the relationship between the Decalogue and the other laws see Her. 173; Decal. 18–20, 154–75; Spec. 1,1; 3,7; 4,132, 133; Praem. 2. 159 Virt. On the structure and place of De virtutibus see J.R. ROYSE, The Text of Philo’s De virtutibus, SPhA 18 (2006) 73–101, esp. 77–94 and G.E. STERLING, “The Queen of the Virtues”: Piety in Philo of Alexandria, SPhA 18 (2006) 103–23, esp. 105–12. 160 Praem. On the place of this treatise see Praem. 1–3. 161 Here I part company with the very fine treatment of P. BORGEN, Philo: An Exegete for His Time (SupNovT 86), Leiden/New York/Köln 1997, 63–79. 162 There are a couple of general treatments of Quaest. Gen. and Quaest. Ex.: D. HAY (ed.). Both Literal and Allegorical and S.K. WAN, The Quaestiones et solutiones in Genesim et in Exodum of Philo Judaeus: A Synoptic Analysis, Harvard University 1992.
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Armenian with Greek fragments.163 The commentary moves sequentially through the biblical text posing questions and providing answers on both the literal and the allegorical levels. It is worth remembering that Aristobulus’ work consisted of questions and answers, even if it was cast as a dialogue rather than as ἀπορίαι καὶ λύσεις. Philo has undoubtedly included the views of his predecessors. He did not attempt to articulate his own view over against the views of others in this work, but listed the range of interpretations. The experience of reading it is like reading a modern commentary on an ancient text that provides the history of interpretation without explicitly arguing for a distinctive stance. I do not mean that Philo lacked a distinctive viewpoint, only that this commentary was more concerned with providing a range of possible readings than arguing for a single reading. The series was probably intended for beginning students in Philo’s school who needed an orientation to the biblical text. The third series is the Allegorical Commentary, a running commentary on Genesis 2,1–41,24. We have twenty of the thirty-one treatises and a fragment of another. The series builds on the questions that we find in the Quaestiones et solutiones, only it subsumes them in thematic analyses that provide extensive allegorical interpretations of not only the principal biblical lemma, but of secondary and tertiary biblical lemmata.164 The form of the commentary has its closest analogy in the philosophical tradition, e.g., the Platonic Anonymous Theatetus Commentary, Plutarch’s On the Generation of the Soul in the Timaeus, and Porphyry’s On the Cave of Nymphs, only it links the separate treatises into an organic whole.165 In this series we hear Philo’s own voice in a way that we do not in the other series. The commentary was probably intended for advanced students in Philo’s school. The philosophical texts are treatises that address philosophical issues in genres that were commonly used in the philosophical tradition. Unlike the three commentary series that retell or cite Scripture, these treatises cite Greek sources. We have two of these treatises in Greek, two and a fragment of another in Armenian. The works covered a wide range of issues including the 163 The most important treatment of the works that we have is J.R. ROYSE, The Original Structure of Philo’s Quaestiones, SPh 4 (1976–77) 41–78. 164 V. NIKIPROWETSKY, La Bible de Philon dans le De gigantibus et le Quod Deus, in: J. DILLON, D. WINSTON (edd.), Two Treatises of Philo of Alexandria: A Commentary on De gigantibus and Quod Deus sit immutabilis (BJS 25), Chico 1983, 91–118, pointed out the connection. 165 See J. DILLON, The Formal Structure of Philo’s Allegorical Exegesis, in: Two Treatises of Philo of Alexandria (see n. 164), 77–87; D.T. RUNIA, The Structure of Philo’s Allegorical Treatises: A Review of Two Recent Studies and Some additional Comments, VC 38 (1984) 209–56; idem, Further Observations on the Structure of Philo’s Allegorical Treatises, VC 41 (1987) 105–38. The latter two are reprinted in idem, Exegesis and Philosophy: Studies on Philo of Alexandria (CSCS 332), Aldershot 1990, nos. 4 and 5.
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value and properties of numbers, the eternity of the world, the freedom of those who are morally good, providence, and the reasoning capacity of animals. They cast these topics in an arithmology,166 a thesis,167 a discourse,168 and dialogues.169 The apologetic works were probably written in connection with the pogrom and subsequent embassy in 38–41 CE. We have three treatises and fragments of another preserved in Greek.170 The Hypothetica used Stoic logic to refute accusations against the Alexandrian Jewish community’s ancestry and defended the law. On the Contemplative Life held out a group of Jewish “philosophers” as a paradigmatic example of living virtue.171 On the Virtues was a five volume work that contained Against Flaccus and the Embassy. The two extant treatises use providence to argue that God will protect the Jewish people against tyrants who oppose them. The complexity and scope of this oeuvre make it impossible to reduce it to a single dimension. If we compare it to the preceding exegetical tradition, it is important to note Philo’s contributions to allegorical interpretations of the Pentateuch. Like Chaeremon the Egyptian priest who allegorized Egyptian texts through Stoicism or Plutarch and Numenius who read Egyptian and oriental sacred texts allegorically through the lens of Platonism, Philo used allegory to read texts from the East through the thought of the West. His most distinctive contribution was the allegory of the soul, i.e., his religious and psychological reading of the soul’s ascent to God. While his range of interests extended to other issues, this is the heart of his enterprise. 4.3 The Place of Philosophy Like other figures of the Hellenistic world, Philo was eclectic in intellectual tastes and made use of different philosophical traditions;172 however, he did 166
Num. Aet. On the genre see D.T. RUNIA, Philo’s De aeternitate mundi: The Problem of its Interpretation, VC 35 (1981) 105–51. 168 Prob. 169 Prov. and Anim. On Philo’s dialogues see A. TERIAN, A Critical Introduction to Philo’s Dialogues (ANRW 2.21.1), 272–94. 170 For details see G.E. STERLING, The Apologetic Treatises of Philo of Alexandria, Dictionary of Early Judaism (forthcoming). 171 The description stands in the same tradition as the depictions of Egyptian priests in Chaeremon (in Porph. Abst. 4,6–8), the Indian sages in Arrian (Ind. 11,1–8) and Philostratus (VA 3,10–51), the naked Egyptian sages in Philostratus (VA 6,6), the Neopythagoreans in Iamblichus (Vit. Pyth. 96–100), and the Essenes in Pliny (Nat. 5,73) and Josephus (Bell. Jud. 2,120–61 and Ant. Jud. 18,18–22). On the tradition see G.E. Sterling, “Athletes of Virtue”: An Analysis of the Summaries in Acts, JBL 113/4 (1994) 679–96, esp. 688–96. 172 The most important treatment of this phenomenon is J.M. DILLON, A.A. LONG (edd.), The Question of ‘Eclecticism’: Studies in Later Greek Philosophy (Hellenistic Culture and 167
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have an overarching framework that governed his metaphysical/ontological orientation, Middle Platonism.173 The bon mot first attested in Jerome, “either Plato Philonizes or Philo Platonizes”, captures his intellectual allegiance nicely.174 Philo’s primary allegiance was to Moses, but the Moses that he knew was not a Hebrew Moses, but a Platonized Moses.175 For example, Philo argued that the instructions that God gave Moses to build the tabernacle according to the pattern that he showed him demonstrated the presence of Platonic forms in the Pentateuch. He wrote: “He saw within his soul the incorporeal ideas of the corporeal objects that were about to be made. It was necessary that the sense-perceptible copies be shaped according to these, as if from an archetypal picture and noetic patterns.”176 Philo did not think that he read Platonism into the biblical text but out of it. This perspective marks an advance over what we found in Aristobulus. The second century BCE exegete recognized the value of Peripatetic thought for reading the Pentateuch; however, he argued repeatedly that Hellenistic philosophy was derived from Moses. Philo knew the theft of philosophy argument; however, he moved the emphasis away from subordination to a positive statement. In his allegory of Sarah and Hagar, he compared Sarah to wisdom or virtue and Hagar to the encyclia. He thought that Sarah’s statement that Abraham should go in to Hagar indicated that a person must first know the encyclia before he could embrace wisdom.177 He thought that philosophy was a middle term between the two. The Alexandrian explained: “In fact, just as the encyclia contribute to the taking up of philosophy, so also philosophy contributes to the acquisition of wisdom.” The statement reflects the movement from elementary training and the ephebate where the encyclia were learned, to tertiary training in philosophy, and finally, for those who learned philosophy well, wisdom. The Alexandrian went on to define philosophy and wisdom: “For philosophy is the pursuit of wisdom and wisdom the knowledge of things divine, human, and their causes.” There is a slight of hand here: the definition of wisdom is the standard definition of philosophy in the Stoa.178 It is the same Society 3), Berkeley/Los Angeles/London 1988. See especially the treatment of J. MANSFELD, Philosophy in the service of Scripture: Philo’s exegetical strategies, ibid., 70–102. 173 The treatment that established this firmly is J.M. DILLON, The Middle Platonists 80 B.C. to A.D. 220, Ithaca 1977. 174 Hier. Vir. ill. 11. 175 On the relationship between Philo and Platonism see STERLING, Platonizing Moses (see n. 8), 96–111, and D.T. RUNIA, Was Philo a Middle Platonist? A difficult question revisited, SPhA 5 (1993) 112–40, and the responses of D. WINSTON, Response to Runia and Sterling, SPhA 5 (1993) 141–46; T.H. TOBIN, Was Philo a Middle Platonist? Some suggestions, SPhA 5 (1993) 147–50, and J.M. DILLON, A Response to Runia and Sterling, SPhA 3 (1993) 151–55. 176 Phil. Mos. 2,74. 177 Phil. Congr. 11–12. 178 Cic. Off. 2,5; Sen. Ep. 89,5; and Sext. Emp. Math. 9,13 (SVF II 36).
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definition that we found earlier in Aristobulus. Philo added: “Therefore just as the preliminary division is the servant of philosophy, so philosophy is the servant of wisdom.”179 The statement became the basis for the later Christian formulation: philosophia theologiae ancilla. In this way, Philo integrated Hellenistic philosophy into his understanding of religion. 4.4 Theology The place where this is most important in the Philonic enterprise is theology.180 The most frequent noun in the Philonic corpus is θεός: it occurs over 660 times more frequently than the second most common noun, ψυχή.181 This is not an accident: Philo’s system of thought underscores the ontological priority of God over all. In this regard, he follows the lead of Middle Platonists. Philo found the LXX translation of Exodus 3,14 to be particularly helpful. The Septuagint translators rendered the Hebrew אהיה אשר אהיהby ἐγώ εἰμι ὁ ὤν. Philo argued that this was not a name. He explained: “For it is not in his nature to be named, but only to say that he is Being. The oracular response to the one who inquires whether he has a name testifies to this: I am Being. The result is that of those things that a person may comprehend about God, he may know his existence.”182 Philo has understood ὁ ὤν in light of Plato’s τὸ ὂν ἀεί.183 Further, he has made a distinction that Aristobulus did not. The latter distinguished between God’s transcendent οὐσία and immanent δύναμις. Philo argued that God’s οὐσία was unknowable; we can only know his ὕπαρξις.184 This radical sense of transcendence created a problem for Middle Platonists. How could God relate to the world and how could the world relate to God? They solved this dilemma by developing an intermediary on the basis of the second principles in Plato’s treatises. They called their second principle by a number of different names: Pseudo-Timaeus of Locri called it “the Idea”,185 Alcinous labeled it “the heavenly Mind”,186 Numenius preferred “the
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Phil. Congr. 79. See G.E. STERLING, The First Theologian: The Originality of Philo of Alexandria, in: Renewing Tradition: Studies in Texts and Contexts in Honor of JAMES W. THOMPSON, Princeton Theological Monograph Series, Eugene OR 2007, 145–62. 181 θεός appears 2480 times; ψυχή occurs 1814 times. Counts are based on P. BORGEN, K. FULGLSETH, R. SKARSTEN, The Philo Index: A Complete Greek Word Index to the Writings of Philo of Alexandria, Leiden 2000. 182 Phil. Somn. 1,230–31. 183 Plat. Tim. 28d. 184 See also Post. 169. Philo’s position is strikingly similar to Plotinus’ later and more famous formulation. See D. WINSTON, Logos and Mystical Theology in Philo of Alexandria, Cinncinnati 1985, 44–45. 185 Ti. Locr. On the Nature of the World and the Soul 7. 186 Alcin. Did. 10,3. 180
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demiurgic God”,187 while Antiochus of Ascalon,188 Eudorus,189 and Plutarch190 all used the “Logos”. Philo followed the lead of the last group. He grounded his understanding of the Logos in his interpretation of Genesis 1,26–27. He understood the statement that humans are created κατ᾿ εἰκόνα θεοῦ to mean that we stand at a remove from God: we were created not in God’s image, but in the image of God’s image or Logos. He wrote: “If the part is an image of an image, it is clear that it is also true of the whole. Now if the entire sense-perceptible cosmos which is greater than the human, is a copy of the divine image, it is clear that the archetypal seal, which we say is the intelligible cosmos, would itself be the model, the archetypal idea of the ideas, the Logos of God.”191 Interestingly, Philo did not keep this schema when he came to Genesis 1,26–27 later in the same treatise. In one of the most philosophically sophisticated statements in his work, he simply said that humans were created in the image of God and qualified this by stating that it is the intellect.192 This may be an example of the incorporation of an earlier exegetical tradition or may reflect Philo’s wide interests. However we explain such inconcinnities, it is critical to note that Philo openly acknowledged the value of the philosophical understanding of God. In a remarkable statement he said: “For what comes to the adherents of the most esteemed philosophy, comes to the Jews through their laws and customs, namely the knowledge of the highest and most ancient Cause of all and the rejection of the deception of created gods.”193 For Philo Platonism and Mosaic faith intersected at the most important of juncture: the understanding of God.
Conclusion Following the introduction of theology as a branch of philosophy by Aristotle, Hellenistic philosophers developed their understanding of the divine.194 We have seen how a series of interpreters of the Greek translation of the Jewish Scriptures found resonances between the philosophical understandings of the divine and their native traditions. The effort spanned at least three centuries: 187
Numen. frg. 12 ll. 1–3. Antiochus in Cic. Acad. post. 28–29. 189 Eudorus via Philo according to DILLON, The Middle Platonists (see n. 173), 128. 190 Plut. De Iside 369. 191 Phil. Opific. 24–25. See the discussion in TOBIN, The Creation of Man (see n. 18), 58–65, for details. 192 Phil. Opific. 69–71. Cf. also Det. 79–90. 193 Phil. Virt. 65. 194 On the philosophical understanding of the divine see J. MANSFELD, Theology, in: K. ALGRA, J. BARNES, J. MANSFELD, M. SCHOFIELD (edd.), The Cambridge History of Hellenistic Philosophy, Cambridge 1999, 452–78. 188
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it began in earnest in the second century BCE and extended at least until the first century CE. Exegetes experimented with Peripatetic, Stoic, Pythagorean, and Platonic frameworks. The Jewish exegetes were not professional philosophers in the sense that they had official ties to philosophical schools. Their ties were to the God of Israel; however, they understood their ancestral Deity in philosophical terms. They not only explained difficulties such as anthropomorphisms by means of philosophy, but the transcendent nature of God. They found creative ways to explain how God related to the created world: Aristobulus by making the Peripatetic distinction between οὐσία and δύναμις and Philo by arguing for the Middle Platonic intermediary that he knew as the Logos. All of them found ways to identify their ancestral Deity with the transcendent Being that other peoples knew by different names. These exegetes were an elite group; they did not represent the rank and file. Did their exegetical traditions have any impact on the thought of Judaism more broadly construed? While we can not answer this question now, I can make a suggestion. A number of these traditions surface in a range of Second Temple Jewish and Early Christian texts. For example, 2 Enoch and the Fourth Gospel both appear to know a Platonizing tradition of creation.195 The Hellenistic Synagogue Prayers and the Corinthians both appear to know Stoicizing and Platonizing traditions that deal with the creation of humanity.196 Examples such as these indicate that the exegetical traditions that the Jewish philosophers of Alexandria developed may have had a wider circulation than simply among themselves. While those who heard the interpretations outside their circles would not have known the philosophical frameworks in which the exegetical analyses were developed, they would have been influenced by the philosophical thought embedded in the exegetical traditions. It may be that we should give some credence to Philo’s description of Jewish Sabbath observance: “Jews practice their ancestral philosophy every seventh day by devoting that time to the study and contemplation of the principles of nature.”197
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See STERLING, Day One, (see n. 138),118–40. See G.E. STERLING, “Wisdom among the Perfect”: Creation Traditions in Alexandrian Judaism and Corinthian Christianity, NovT 37 (1995) 355–84. 197 Phil. Mos. 2,216. 196
„Göttliche Philosophie“: Die Interaktion von Weisheit und Religion in der späteren Antike REINHARD FELDMEIER 1. Der Philosoph als Gottesmann. Die Sakralisierung des Weisen Unter dem Stichwort Sakralisierung des Weisen zeigen Hubert Cancik und Hildegard Cancik-Lindemaier1 vor allem anhand von Senecas ep. 115, „wie die ethische Konstruktion [sc. des philosophischen Weisen] durch Schau, Erscheinung, Mythos und geistlichen Kult religiös umformuliert, sozusagen sakral aufgeladen wird“2. Diese Sakralisierung des Philosophen setzt sich in der Folgezeit fort, wie Cancik / Cancik-Lindemaier am Beispiel Epiktets zeigen. Ihr Fazit: „Der Philosoph ist jetzt nicht nur, wie andere Philosophen vor ihm, ein umherziehender Seelen-Arzt, ein Zeuge für seine Lehre (mártys, martyría), wie ein Vater oder Bruder, sondern ‚von Gott gesandt‘, ein ,Apostel‘ also, ein ‚Bote‘ des Zeus, ein ,Engel‘ also und Herold (kéryx). Er kommt im Auftrage Gottes, als ‚Helfer des Zeus‘ und ‚Aufseher‘…, ‚wie einer, der Anteil hat an der Herrschaft Gottes‘; er steht ‚ganz in der Diakonie Gottes‘“3. Die von Cancik / Cancik-Lindemaier angeführten Zeugnisse für die religiöse Interpretation der Philosophengestalt lassen sich noch vielfach ergänzen, und dies nicht nur im Blick auf ihre Zahl, sondern auch im Blick auf ihren Inhalt: Die Sakralisierung beschränkt sich in der späteren Antike nicht nur wie bei den Stoikern Seneca und Epiktet auf den Philosophen an sich, sozusagen auf dessen Idealtypus; vielmehr werden (vor allem im Mittleren Platonismus und im Neuplatonismus) zunehmend auch bestimmte, mehr oder weniger historische Gestalten religiös konnotiert – bis hin zu deren Stilisierung als Heilsbringer. Diese Entwicklung lässt sich besonders eindrücklich an der Transformation des Sokratesbildes nachvollziehen. Die Deutung dieses Denkers, auf den die bedeutendsten antiken Philosophenschulen mit Ausnahme des Epikureismus zurückgehen, war schon früh zum Gegenstand phi1 H. CANCIK, H. CANCIK-LINDEMAIER, Senecas Konstruktion des Sapiens. Zur Sakralisierung der Rolle der Weisen im 1. Jh. n. Chr., in: A. ASSMANN (Hg.), Weisheit (Archäologie der literarischen Kommunikation 3), München 1991, 205–222. 2 Ebd., 217. 3 Ebd., 218.
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losophischer Schulstreitigkeiten geworden: Kyniker und Stoiker sahen in ihm ihr Ideal der Gelassenheit, Bedürfnislosigkeit und Standhaftigkeit verwirklicht: Für diese vorwiegend praktisch ausgerichteten Philosophien verkörperte Sokrates das Urbild des Weisen, bei dem Lehre und Handeln eins sind.4 Im Gegensatz dazu haben die Vertreter der Akademie Sokrates aufgrund seiner Deklaration des Nichtwissens und seiner dialektischen Methode als Ahnherrn ihrer Skepsis verstanden. Im Mittleren Platonismus werden diese Aspekte der Sokratesgestalt zunächst ergänzt (Plutarch) und anschließend verdrängt (Apuleius, Maximus) durch einen Sokrates, der mittels seines Daimonion5 in direkter Verbindung mit dem Göttlichen steht und als solcher zu den Menschen gesandt ist.6 Vom Ende des ersten bis zum Ausgang des zweiten Jahrhunderts, d.h. in einem Zeitraum von etwa hundert Jahren, sind uns im Bereich des Mittleren Platonismus insgesamt vier Schriften7 über das Daimonion des Sokrates überliefert, „eine Tatsache, die man, besonders im Hinblick auf das Verschwinden eines so großen Teils der philosophischen Literatur der ersten zwei Jahrhunderte, geradezu als ein Wunder bezeichnen kann“8. Die plötzliche Prominenz dieses religiösen Aspektes der Sokratesgestalt macht deutlich, wie der vom Gott der Weisheit selbst zum weisesten aller Menschen erklärte Philosoph9 nun vor allem als einer wahrgenommen wird, der „aufgrund seines Dämons in der Lage ist, direkt mit der Welt der Götter zu kommunizieren“10. Gerade als Weiser, als Philosoph, steht er in einer unmittelbaren Beziehung zum Göttlichen; der Philosoph wird zum Gottesmann. Nach Philostrat besitzt Sokrates aufgrund seines Daimonions schon die Fähigkeit des Vorherwissens (VA 1,2). Als religiöser Philosoph kann Sokrates auch zum 4 Vgl. Diog. Laert. 6,2,11; vgl. auch K. DÖRING, Exemplum Socratis. Studien zur Sokratesnachwirkung in der kynisch-stoischen Popularphilosophie der frühen Kaiserzeit und im frühen Christentum, Wiesbaden 1979. 5 Zum Daimonion als Weisung gebender göttlicher Stimme vgl. Xen. Mem. 1,1,4ff. 6 In der Apologie bezeichnet sich Sokrates direkt als einen von Gott Gesandten (vgl. Plat. Apol. 23b). Zusammen mit dem erwähnten Daimonion ist diese Aussage der wichtigste Anknüpfungspunkt für die religiöse Interpretation der Sokratesgestalt in der späteren Antike. 7 Eine der Schriften stammt von Plutarch, eine von Apuleius und zwei von Maximus von Tyros. 8 P. DONINI, Sokrates und sein Dämon im Platonismus des 1. und 2. Jahrhunderts n.Chr., in: Apuleius, De Deo Socratis/Über den Gott des Sokrates, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von M. BALTES, M.-L. LAKMANN, J.M. DILLON, P. DONINI, R. HÄFNER, L. KARFÍKOVÁ (SAPERE 7), Darmstadt 2004, 142–161, 142. 9 Plat. Apol. 20e–21a; vgl. Dio Chr. Or. 55,8. 10 DONINI, Sokrates und sein Dämon (s. Anm. 8), 153.160. Donini deutet dies innerhalb des Platonismus als Triumph des pythagoreischen Sokratesbildes über seinen „akademischen Rivalen“. Er weist dabei nach, dass bei Plutarch noch beide Aspekte des Sokrates vorhanden sind, dass aber dann im 2. Jahrhundert bei Apuleius und Maximus es nur noch der Daimon ist, der interessiert – bis hin zur Annahme, dass Sokrates Visionen seines Daimons hatte (Apul. DS 20,166f.).
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Prototyp des Seelsorgers werden, der einen Sterbenden auf den Tod vorbereitet: Es ist die „viel gerühmte Weisheit“11 des Sokrates, die in dem pseudoplatonischen Dialog Axiochus einen Sterbenden von seiner Todesfurcht befreit, indem der an das Sterbebett gerufene Philosoph dem Freund nachweist, dass der Mensch aufgrund des „göttlichen Geistes“12, den er in sich hat, nicht in den Tod, sondern in die Unsterblichkeit geht. Den religiösen Charakter dieser philosophischen Seelsorge unterstreicht der zuletzt noch erzählte Mythos, der durch den Bezug auf geheimnisvolle Tafeln mit Offenbarungen über das Jenseits die Argumentation zusätzlich plausibilisiert13 und den zu Beginn doch recht renitenten Sterbenden dazu bringt, dass er nun den Tod geradezu herbeisehnt. Was sich bei der Gestalt des Sokrates anbahnt, setzt sich bei jemandem wie dem Neupythagoreer Apollonios von Tyana fort, von dem Philostrat in seiner Vita Apollonii sogar sagen kann, dass er sich „der Weisheit noch göttlicher näherte als Pythagoras“ (VA 1,2), ὑποθειάζων τὴν φιλοσοφίαν (VA 1,3). Er ist Philosoph und Wundertäter, Weiser und Heiliger, gleichermaßen erfüllt vom θεῶν πνεῦμα wie vom σοφίας ἔρως (VA 7,34). Beides ergänzt sich, so dass er nach dem Urteil des Eunapios „kein Philosoph mehr war, sondern bereits auf halbem Weg zwischen Göttern und Menschen“14. Schon mehr als auf halbem Weg zu den Göttern ist dann der von Zeus kommende Pythagoras15 selbst, der von seinen Anhängern – so der Neuplatoniker Jamblich in seiner Vita Pythagorica – nachgerade unter die olympischen Götter eingereiht und als Heilsbringer verehrt wurde. „Jeder erklärte ihn für einen anderen Olympier, der den damals Lebenden in Menschengestalt erschienen sei, um dem todgeweihten Leben aufzuhelfen, es zurechtzubringen und um der vergänglichen Natur den heilbringenden Funken (σωτήριον ἔναυσμα) der Glückseligkeit und der Philosophie gnadenvoll zu bescheren“16. Jamblichs Schrift über die pythagoreische Lebensweise profiliert denn auch, den Evangelien nicht unähnlich17, die via dieses Heilsbringers als 11
[Plat.] Axioch. 364b. [Plat.] Axioch. 370c. 13 Diese platonische Tradition des den Logos abschließenden Mythos nimmt außer dem Axiochos nur noch Plutarch auf. Man könnte allenfalls auf Cicero, De re publica (Somnium Scipionis) verweisen, hier wird freilich der Mythos in Gestalt eines Traumes dargeboten. 14 Eunap. VS 454 (II 3). 15 So Philostr. VA 1,1: ὡς ἐκ Διὸς ἥκοντα. 16 VP 6,30, Übers. M. VON ALBRECHT, in: Jamblich, Pythagoras: Legende – Lehre – Lebensgestaltung, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von M. VON ALBRECHT, J. DILLON, M. GEORGE, M. LURJE, D.S. DU TOIT (SAPERE 4), Darmstadt 2002; vgl. dazu D.S. DU TOIT, Heilsbringer im Vergleich: Soteriologische Aspekte im Lukasevangelium und Jamblichs Vita Pythagorica, im selben Band 275–294. 17 Vgl. dazu J. DILLON, Die Vita Pythagorica – ein „Evangelium“?, in: VON ALBRECHT u.a., Jamblich, Pythagoras (s. Anm. 16), 295–301. 12
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vita für dessen Nachfolger. Wie populär diese Verschwisterung von Religion und Philosophie auch im Alltag wird, zeigen etwa die vom Satiriker Lukian als Scharlatane aufgespießten Gestalten eines Alexander von Abonuteichos und eines Peregrinus Proteus, bei denen philosophischer und religiöser Anspruch scheinbar problemlos ineinander fließen und sich gegenseitig ergänzen.18 Philosophische Weisheit hat hier eine direkte Affinität zum Göttlichen, ja, sie kann selbst als etwas Göttliches bestimmt werden. So wie Plutarch von dem Gott Apollon sagen kann, dass er „nicht weniger Philosoph als Seher“19 sei, so sagt Dion von Prusa von den einst in Delphi ausgestellten Sprüchen der Sieben Weisen, sie wären „etwas wahrhaft Göttliches, sogar fast irgendwie göttlicher als die Orakelsprüche, welche die Pythia, auf dem Dreifuß sitzend, sagte, erfüllt vom Pneuma“20. Weisheit wird hier, wenn auch mit einem vorsichtigen „fast irgendwie“, als göttlicher beurteilt als die unmittelbare göttliche Eingebung! Besonders markant verkörpert Plutarch diese Synthese von Religion und Weisheit. Der Universalgelehrte war – darin eine Ausnahme in der Philosophie21 – zugleich für mindestens zwei Jahrzehnte mit großem Einsatz22 als Priester in Delphi tätig, was sein Denken nachhaltig geprägt hat. 23 Die Religion spielt denn auch in seinen Schriften durchweg eine wichtige Rolle24, und dies nicht nur in seinen historischen, politischen, naturwissenschaftlichen und ethischen Werken. Der Priester und Philosoph verfasst auch eine Reihe von Schriften, die im engeren Sinne als theologische Traktate bezeichnet werden können und die sich in vielfältiger Weise mit der religiösen Tradition auseinandersetzen und diese deuten.25 Das reicht – neben dem schon erwähnten Werk über das Daimonion des Sokrates – von einer Abhandlung über die Problematik der Entartung von Religion (De superstitione) über die Interpretation religiöser Mythen und Bräuche (De Iside et Osiride) und Symbole (De E apud Delphos) bis hin zur philosophischen Erörterung theologischer
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Alexander macht als Seher des Asklepios ein höchst erfolgreiches Orakel auf, vergleicht sich aber zugleich mit Pythagoras und stilisiert sich durch einen goldenen Schenkel als dessen Reinkarnation. Er versteht sich denn nach Lukian auch prächtig mit allen Philosophen mit Ausnahme der kritischen Epikureer. Peregrinus Proteus wechselt mühelos die Maske des christlichen Propheten (Peregr. 11) mit der des kynischen Wanderpredigers (Peregr. 15ff.). 19 Als Aussage des Ammonios in: De E 2, 385B. 20 Or. 72,12. 21 Philostrat berichtet in seinen VS 1,8 von einem Favorinus, der sich von Hadrian von dem ihm angetragenen Priesteramt mit dem Hinweis auf seinen Status als Philosoph entbinden lassen wollte. 22 Vgl. dazu K. ZIEGLER, Art. „Plutarchos“, RE 21 (1951) 659–662. 23 Vgl. R. FELDMEIER, Philosoph und Priester: Plutarch als Theologe, in: M. BAUMBACH, H. KÖHLER, A.M. RITTER (Hgg.), Mousopolos Stephanos (FS H. GÖRGEMANNS) (BKAW 2, 102), Heidelberg 1998, 412–425. 24 Vgl. R. HIRSCH-LUIPOLD, Plutarchs Denken in Bildern. Studien zur literarischen, philosophischen und religiösen Funktion des Bildhaften (STAC 14), Tübingen 2002. 25 Einen guten Überblick gibt der von R. HIRSCH-LUIPOLD herausgegebene Band: Gott und die Götter bei Plutarch. Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder (RGVV 54), Berlin/New York 2005.
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Grundsatzfragen wie dem Problem der Theodizee (De sera numinis vindicta26) oder der Frage nach der Möglichkeit der Kommunikation von Gott und Mensch (De Pythiae oraculis, De defectu oraculorum).27
Diese Synthese von Religion und Philosophie bzw. Weisheit findet nun aber nicht nur auf Seiten der Philosophie statt, sondern auch und vielleicht sogar noch entschiedener von Seiten der Religion. Eine der Sakralisierung des Wiesen entsprechende Sapientisierung des Heiligen lässt sich im Frühen Christentum bereits relativ früh beobachten und bestimmt das Christentum bis heute. Der Ursprung dieser Entwicklung aber liegt begründet in der Übersetzung des biblischen Zeugnisses in die Sprache und Vorstellungswelt der hellenistischen Kultur durch das antike Judentum. Die Hellenisierung des Christentums mit allen Folgen der Verbindung von biblischem Gott und griechischem Logos für die Konstituierung des sogenannten christlichen Abendlandes erfolgte auf den Spuren dieses Judentums und dessen in ihrer Kühnheit und Tragweite kaum zu überschätzender Inkulturationsleistung, die sich gerade an der Rezeption des Weisheitsbegriffes besonders gut verfolgen lässt. Das soll hier etwas näher beleuchtet werden.
2. Die Sapientisierung des Heiligen im antiken Judentum 2.1 Die Inkulturationsstrategie In der rückblickenden Gesamtperspektive zeigt sich, dass das antike Judentum bei der Begegnung mit der hellenistischen Welt und Kultur eine Doppelstrategie verfolgte: Zum einen grenzte man sich von der paganen Religiosität auf das schärfste ab. Dem antiken Polytheismus wurde der biblische Monotheismus entgegengestellt, der Verehrung der Götterbilder die Kritik der anthropomorphen Rede von Gott und die strikte Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf samt der vom Judentum im Begriff der Allmacht ausgedrückten absoluten Souveränität des Schöpfers über seine Schöpfung.28 Doch so klar die Abgrenzung im Bereich der Religionen vorgenommen wird, so deutlich rezipierte man auf der anderen Seite die Begrifflichkeit der griechischen Weisheits- und Bildungstradition, um eben dadurch die biblische Überlieferung zu deuten und die darauf beruhende Lebensweise apologetisch
26 Vgl. R. FELDMEIER, Einführung und Erläuterungen zu Plutarchs De sera numinis vindicta, in: H. GÖRGEMANNS (Hg.), Plutarch. Drei religionsphilosophische Schriften (Sammlung Tusculum), Zürich u.a. 2003, 318–339; 369–382. 27 Vgl. FELDMEIER, Philosoph und Priester (s. Anm. 23), 413ff. 28 Vgl. R. FELDMEIER, Nicht Übermacht noch Impotenz. Zum biblischen Ursprung des Allmachtsbekenntnisses, in: W.H. RITTER, R. FELDMEIER (Hgg.), Der Allmächtige. Annäherungen an ein umstrittenes Gottesprädikat, Göttingen 21997, 13–40.
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zu legitimieren.29 Termini wie σοφία, φιλοσοφία, aber auch παιδεία, λόγος/ λογισμός, γνῶσις, φρόνησις, σύνεσις, ἐπιστήμη, ἀρετή, σωφροσύνη, νόμος/ νομοθεσία werden zu Schlüsselbegriffen, mit denen die religiöse Überlieferung im neuen Kontext reformuliert und damit sich selbst und anderen von neuem verständlich gemacht wird – bis dahin, dass man sich ihrer bediente, um die pagane Religiosität anzugreifen.30 Die antike Bildungs- und Weisheitstradition wird damit auch von seiten des Judentums und des Christentums theologisiert. Zwei Faktoren haben diese Sapientisierung biblischer Überlieferung begünstigt: Zum einen war weisheitliches Denken als die Frage nach den gründenden Ordnungen der Wirklichkeit und dem Platz des Menschen in diesem Gefüge auch den Schriften des Alten Testaments nicht fremd. Motive der altorientalischen Weisheit waren in der erzählenden, prophetischen und poetischen Überlieferung breit rezipiert worden und haben ganze Textkorpora geprägt. Dabei findet in der jüngeren Weisheit (Prov 1–9, Hiob, Kohelet, Jesus Sirach, Apokryphen und Pseudepigraphen, Weisheitstexte von Qumran etc.) eine zunehmende Theologisierung statt, die Weisheit verbindet sich mit der Offenbarung.31 In Fortführung dieser Tendenz wird dann im hellenistischen Judentum auch die Überlieferung, die ursprünglich keineswegs weisheitlichen Charakter hatte, als Ausdruck von göttlicher Weisheit gedeutet und demgemäß mit Hilfe weisheitlicher Begrifflichkeit reformuliert. Vor allem betrifft dies die Tora, d.h. den Pentateuch mit seinen Erzählungen wie mit seiner Halacha. Die Weisheit, und das meint zunehmend: die mit der philosophischen Weisheit der hellenistischen Welt identifizierte Weisheit, wird zum hermeneutischen Schlüssel, um die biblische Tradition im Kontext der griechisch-römischen Kultur von neuem zu erschließen. Dabei kam dem Judentum entgegen, dass es von Zeitgenossen als Vertreter einer „barbarischen Philosophie“32 verstanden werden konnte.33 Hekataios von Abdera, der zur Zeit des Ptolemäus I. ein idealisierendes Buch über 29 Das geht hin bis zur philosophischen Legitimierung der kultischen Absonderung, vgl. R. FELDMEIER, Weise hinter „eisernen Mauern“. Tora und jüdisches Selbstverständnis zwischen Akkulturation und Absonderung im Aristeasbrief, in: M. HENGEL, A.-M. SCHWEMER (Hgg.), Die Septuaginta zwischen Judentum und Christentum (WUNT 72), Tübingen 1994, 20–37, 28–33. 30 So polemisierte man mit den Argumenten des Xenophanes gegen den paganen Polytheismus (vgl. dazu M. HENGEL, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jhs. v. Chr. [WUNT 10], Tübingen 21973, 465f.). 31 Den Hinweis verdanke ich dem Kollegen R.G. Kratz. 32 Vgl. zu diesem Stichwort auch den Beitrag von A. Dihle im vorliegenden Band. 33 Die im Folgenden zitierten Texte finden sich bequem zugänglich bei M. STERN, Greek and Latin authors on Jews and Judaism, Bd. 1: From Herodotus to Plutarch (Fontes ad res Judaicas spectantes), Jerusalem 1976.
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Ägypten schrieb, führt die Juden auf Mose als einen Führer zurück, der „sich durch Weisheit (φρονήσει) […] besonders ausgezeichnet“ habe. Ihm schreibt er die Spezifika des Judentums zu, zum einen den bildlosen Monotheismus, der mit seiner Ablehnung des Anthropomorphismus ebenso einem philosophischen Ideal entspricht wie die Gründung seines Staates, der von den zu Priestern gemachten „Gebildetsten“ (χαριέστατοι) geführt wird. „Aus diesem Grund haben die Juden auch niemals einen König, sondern die Führung des Volkes wird immer demjenigen unter den Priestern gegeben, der an Weisheit und Tüchtigkeit (φρονήσει καὶ ἀρετῇ) herauszuragen scheint.“34 Diese Sicht der jüdischen Verfassung als einer auf Weisheit und der entsprechenden Ethik gegründeten Priesterherrschaft erinnert nicht von ungefähr an die Philosophenherrschaft in der platonischen Staatsutopie.35 Von Zeitgenossen des Hekataios werden denn auch die Juden explizit als Philosophen bezeichnet. So schreibt Megasthenes, der zwischen 304/3 und 292 Gesandter des Seleukos I. Nikanor in Indien war, in seinen Indika: „Alle Aussagen über die Natur, die von den Alten gemacht worden sind, finden sich auch bei den außergriechischen Philosophen (παρὰ τοῖς ἔξω τῆς Ἑλλάδος φιλοσοφοῦσι), manches bei den Indern in der Lehre der Brahmanen, manches in Syrien in derjenigen der sogenannten Juden“36. Der Aristotelesschüler Klearch von Soloi erzählt in einem (wohl fingierten) Bericht von einer Begegnung seines Lehrers Aristoteles mit einem Juden. Dabei wird explizit der philosophische Charakter dieses Juden betont, und dies dann dahingehend noch ergänzt, dass die Juden von indischen Philosophen abstammten. „Die Philosophen werden, wie man sagt, bei den Indern Kalanoi, bei den Syrern Juden genannt.“ Seinem jüdischen Gesprächspartner attestiert ‚Aristoteles‘ noch explizit, dass er nicht nur der Sprache, sondern auch der Seele nach ein Grieche sei.37 In seinem Ringen darum, in der Auseinandersetzung mit der hellenistischen Kultur die eigene Identität zu behaupten38, konnte sich das antike Judentum diese Fremddeutung programmatisch zu Eigen machen39 und die eigene Überlieferung zunächst als Philosophie behaupten und dann auch zunehmend so deuten. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Einbahnstraße; die als Interpretament der Religion vereinnahmte Weisheit wird ihrerseits an diese Tradition gebunden, wird judaisiert. Das Folgende will einige
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Hekataios von Abdera, FGrHist 264 F 6 (aus Diod. Bibl. 40,3). Vgl. HENGEL, Judentum und Hellenismus (s. Anm. 30), 465. 36 Megasthenes, Indika, FgrHist 715 F 3 (aus Clem. Al. Strom. I 72,4). 37 Clearch., frg. 6 WEHRLI (aus Jos. c. Ap. 1,22). 38 Terminologisch zeigt sich dies nicht zuletzt daran, dass dieser kulturelle Gegensatz durch die Bildung der oppositionellen Termini Ἑλληνισμός (2 Makk 4,13) und Ἰουδαισμός (2 Makk 2,21; 8,1; 14,38; 4 Makk 4,26) auf den Begriff gebracht wird. 39 So verweist Ep. Arist. 31 direkt auf das Urteil des Hekataios. 35
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Stufen dieser ebenso spannungsvollen wie fruchtbaren Interaktion nachzeichnen. 2.2 Beispiele 2.2.1 Jesus Sirach Diese Tendenz beginnt im Buch Jesus Sirach und vor allem in seiner Übersetzung. Das hebräische Original ist seinem Inhalt nach noch sehr traditionell von der altorientalisch-alttestamentlichen Weisheit geprägt. Dennoch ist eben dies ja schon bezeichnend, dass es nun die Weisheit ist, welche im Zentrum der jüdischen Selbstdarstellung steht. Tora und Weisheit werden erstmals direkt aufeinander bezogen. So beginnt das Sirachbuch mit der Feststellung, dass „alle Weisheit beim Herrn ist“ (Sir 1,1) und dass deshalb die Furcht des Herrn der Ursprung der Weisheit ist (Sir 1,14), ein Axiom, das im Folgenden die Deutung der gesamten jüdischen Tradition mit Hilfe des Konzeptes einer theologisierten σοφία begünstigt. Diese doch kühne Vereinnahmung der ihrem Wesen nach universalen Weisheit für die jüdische Glaubensüberzeugung wird in Sir 24,1–22 (v.a. 3–12) damit erklärt, dass die Weisheit zwar die ganze Erde erfüllt, ihren Wohnort aber in Israel genommen hat und letztlich mit der Tora identisch ist (Sir 24,23–25). Die religiöse Besonderheit Israels wird also mit dessen exklusiver Beziehung zur Weisheit den Zeitgenossen plausibel zu machen gesucht. Kann bereits die Konzentration auf das Weisheitsthema auch als Reaktion auf die Hellenisierung verstanden werden, so wird dieser Bezug noch verstärkt durch den Übersetzer, der zugleich der Enkel des Verfassers ist. Dieser hat in seinem Prolog durch die zweimalige Zusammenstellung von σοφία und παιδεία (Prol 3.12) die Weisheit dieses Buches, das nun auch Weisheit des Jesus Sirach heißt, in den Kontext der hellenistischen Welt hineingestellt. Entsprechend kann er die Übersetzung des Werkes auch als seinen Beitrag zu dem von ihm in Ägypten vorgefundenen Streben nach παιδεία deklarieren (Prol 27ff.). Die jüdische Überlieferung wird also nun durch den expliziten Bezug auf die griechischen Ideale der Weisheit und der Bildung gedeutet. Dabei liegt der Schwerpunkt eindeutig im Bereich der Ethik, und dies hat damit zu tun, dass auch der Übersetzer wie schon sein Großvater die Weisheit mit der Tora identifiziert: In seinem Prolog zum Sirachbuch unterstreicht er, dass der Wandel nach dem Gesetz der Inbegriff der Weisheit ist (Prol 35f.). Die Tora wird zur Weisheit erklärt und zugleich die Weisheit an die Tora zurückgebunden, letztlich mit ihr gleichgesetzt. Diese wechselseitige Identifikation von Tora und Weisheit wird in dem von Sir 24 abhängigen Weisheitspsalm im Baruchbuch (3,9–4,4) wiederholt, dabei wird die vom Übersetzer des Sirachbuches bereits klar beförderte Hellenisierung noch verstärkt. Baruch betont mit Hilfe griechischer Weisheits-
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und Erkenntnisbegriffe wie φρόνησις (3,9.14.28), σοφία (3,12), σύνεσις (3,14) und ἐπιστήμη (3,20.27.37), dass gerade das Israel gegebene Buch der Weisungen Gottes Einsicht vermittelt (4,1ff.). Dies wird im hellenistischen Judentum zum Interpretationsprogramm der gesamten biblischen Tradition: Die väterliche Überlieferung, vor allem die Tora, wird als Ausdruck einer vernünftigen Philosophie profiliert und damit hellenisiert, zugleich aber wird die Weisheit an die biblische Offenbarung zurückgebunden. Das wird noch dadurch verstärkt, dass Baruch gegen die Weisheit der Heiden polemisiert (3,23). 2.2.2 Der Aristeasbrief Einen deutlichen Schritt weiter geht der Aristeasbrief, indem er fiktional das Judentum aus der Perspektive eines ptolemäischen Hofbeamten, also eines griechisch gebildeten Heiden, deutet. Dieser berichtet seinem Bruder über eine Reise nach Jerusalem. Dort soll er im Auftrag des Königs Übersetzer für das jüdische Gesetz finden, um dieses der königlichen Bibliothek einzuverleiben. Aufschlussreich ist die Begründung, die der Aristeasbrief dafür gibt, dass diese Schriften in der weltberühmten Bibliothek Alexandrias nicht fehlen dürfen und deshalb übersetzt werden müssen: Bei diesem jüdischen Gesetz handle es sich, so die Erklärung, um „eine philosophischere (φιλοσοφωτέρα) und unverfälschte, weil göttliche Gesetzgebung“ (Ep. Arist. 31).
Die Prädikate philosophisch und göttlich werden im Blick auf die Tora unmittelbar aufeinander bezogen, genauer noch: Weil die Gesetzgebung göttlich ist, ist sie auch philosophischer. Der dezidiert religiöse Charakter der Gesetzgebung steht also nicht im Gegensatz zum Anspruch auf ihren philosophischen Charakter, sondern verstärkt diesen! Der absolut gebrauchte Komparativ φιλοσοφωτέρα unterstreicht dies noch: Diese Gesetzgebung ist philosophischer als die anderen, und das impliziert natürlich, dass der pagane Nomos gegenüber der jüdischen Tora gerade im Blick auf seinen philosophischen Charakter zumindest defizient ist. Im Grunde lässt sich der ganze Aristeasbrief als eine apologetische Entfaltung dieses Satzes lesen, dass die Göttlichkeit der Gesetzgebung diese als philosophischer und damit die Juden als Weise erweist. So besteht sein erster Hauptteil nach der idealisierenden Beschreibung des Tempelkultes vor allem in einem Gespräch des fiktiven Verfassers mit dem Hohenpriester, der die von dem „weisen Gesetzgeber“ Mose (Ep. Arist. 139,2) gegebenen jüdischen Sitten und Überlieferungen erklärt, besonders die den paganen Gesprächspartnern so schwer zu vermittelnden Reinheitsgebote. Keineswegs gehe es Mose, so erfährt der Heide, um so vordergründige Dinge
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wie das Essen oder Nichtessen von bestimmten Tieren.40 Gerade an ganz fremdartigen Geboten wie an dem Verbot des Verzehrs von Wieseln wird dieser tiefere moralische Sinn aufgezeigt.41 Jedes Wort zielt, so das Resümee der Auslegung des Gesetzes, „auf die Gerechtigkeit und das gerechte Zusammenleben der Menschen“ (Ep. Arist. 169). Der hermeneutischen Voraussetzung entsprechend, dass es sich um eine philosophischere Gesetzgebung handle, werden sämtliche Vorschriften der Tora mit Hilfe der allegorischen Exegese ethisch gedeutet und damit auch dem kritischen Heiden plausibel gemacht. So wird selbst die kultische Abgrenzung von allen anderen Menschen durch die Speise- und Reinheitsgebote, die dem Judentum immer wieder den Vorwurf des Menschenhasses eingetragen hat42, mit Hilfe philosophischer Denkfiguren als Ausdruck von dessen besonderer Weisheit und ethischer Überlegenheit legitimiert.43 Eine solche ethisierende Deutung bedeutet nun allerdings keineswegs eine Relativierung der Gültigkeit der einzelnen Gebote. Vielmehr ging es gerade um die Begründung dafür, diese unverbrüchlich zu halten. Dagegen ist der Aristeasbrief im Blick auf das, was man Theologie nennen könnte, erstaunlich weitherzig: Der biblische Gott kann vom Heiden stoisierend interpretiert und mit Zeus identifiziert werden (Ep. Arist. 16). Im zweiten Teil jener Schrift dokumentieren dann die Übersetzer am Königshof die Überlegenheit der auf der Tora gründenden jüdischen Weisheit, indem sie auf Fragen des Königs antworten. Diese Antworten, die nichts anderes als weisheitliche Sentenzen mit gelegentlichen religiösen Zusätzen sind, werden gerade von den Philosophen am ptolemäischen Hof mit Bewunderung zur Kenntnis genommen: Die Überlegenheit der Lebensführung wie des λόγος der jüdischen Gelehrten zeige sich gerade darin, so der Kommentar der gebildeten Heiden, dass sie Gott an den Anfang setzen (Ep. Arist. 235). Unschwer kann man darin die philosophische Reformulierung der alttestamentlich-jüdischen Sentenz erkennen, dass die Gottesfurcht der Anfang der Weisheit sei (Prov 1,7; 9,10; Sir 1,14 u.ö.). Dies ermöglicht das Ideal einer Übereinstimmung von Lehre und Leben. Erneut wird so unterstrichen, dass der religiöse Charakter der jüdischen Gesetzgebung deren philosophischen Charakter steigert.
40
Ep. Arist. 144: „Denn vertritt doch nicht die (längst) zurückgewiesene Auffassung, dass Mose wegen der Mäuse oder wegen des Wiesels und dergleichen diese Gesetze mit solcher Sorgfalt aufgestellt habe. Vielmehr ist alles um der Gerechtigkeit willen zur frommen Betrachtung und Bildung der Charakters ehrwürdig angeordnet worden“ (Übers. Meisner). 41 Da das Wiesel nach antiker Auffassung (vgl. Plut. De Is. 74, 381A) durch die Ohren empfängt und durch die Schnauze gebiert, ist es ein Symbol für die Denunziation. Das Verbot des Verzehrs von Wieseln ist so als Stellungnahme gegen diese zu verstehen. 42 Vgl. Tac. Hist. 5,5,1f.: Kennzeichnend für die Juden sei ihr adversus omnes alios hostile odium. 43 Vgl. FELDMEIER, Weise hinter „eisernen Mauern“ (s. Anm. 29), 28–33.
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2.2.3 Das 4. Makkabäerbuch Die Gleichsetzung von jüdischer Tradition und griechischem Logos ist auch für das 4. Makkabäerbuch Programm. Mit einer eindeutigen Akzentsetzung auf der praktischen Philosophie wird die Überlieferung entsprechend reformuliert. Erzählt wird dabei die jüdische Märtyrerüberlieferung aus der Zeit des Antiochos IV. Epiphanes, wie sie schon aus dem 2. Makkabäerbuch bekannt ist. Jetzt aber ist der Skopus der Nacherzählung die narrative Explikation der gleich am Anfang in 1,1 genannten und durch die ganze Schrift hindurch als Leitmotiv wiederholten44 These, dass der λογισμός der Herrscher über die πάθη ist. Dieses praktisch-philosophische Ideal wird von den Märtyrern verwirklicht; deshalb sind diese Märtyrererzählungen, wie gleich in der Überschrift gesagt wird, ein φιλοσοφώτατος λόγος (4 Makk 1,1). Diese relativ weitgehende Hellenisierung ist wiederum nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite sind es nicht von ungefähr Juden, deren Sterben für das väterliche Gesetz als Ausdruck der wahren Vernunft gedeutet wird, und der die Affekte beherrschende λογισμός wird denn auch als εὐσεβὴς λογισμός (4 Makk 1,1; 6,31; 7,16; 13,1; 15,23; 16,1; 18,2) bzw. als λογισμὸς τῆς εὐσεβείας (7,4; 8,1; vgl. 5,38) explizit theologisiert, genauer gesagt: judaisiert. Denn diese fromme Vernunft, welche zu einem richtigen Leben befähigt, ist nichts anderes als die jüdische Toraobservanz, wie dies nicht zuletzt die eigenwillige Begriffsbildung Ἰσάκειος λογισμός‚ Isaaksvernunft (4 Makk 7,14) unterstreicht. Die Weisheit als „die Erkenntnis (γνῶσις) der göttlichen und menschlichen Dinge samt ihrer Ursachen“ (1,16) ist ἡ τοῦ νόμου παιδεία (1,17). Dies ist die „göttliche Philosophie“ (7,9), so wie der sie verwirklichende Märtyrer ein „Philosoph eines göttlichen Lebens“ ist (7,6). Die Bezeichnung göttliche Philosophie erinnert an die oben dargestellte Göttlichkeit der Sprüche der Sieben Weisen. Die scheinbare Übereinstimmung darf jedoch nicht einen elementaren Unterschied verdecken: Im ersten Fall wird durch das Prädikat göttlich die (durchaus auch religiöse) Besonderheit einer Weisheit bzw. Philosophie zum Ausdruck gebracht, im zweiten Fall die Bindung an den Gott Israels und seinen in der Tora geoffenbarten Willen als Philosophie bezeichnet. Holzschnittartig gesagt: Im paganen Bereich prädiziert das Attribut göttlich die Philosophie, im jüdischen Bereich prädiziert philosophisch die göttliche Offenbarung. Deswegen zeigt sich gerade hier, wo beide Traditionsströme friedlich zu konvergieren scheinen, dass es in Wahrheit (zumindest von jüdischer Seite) um die Auseinandersetzung geht, wer den in der griechischen Kultur positiven Begriff der Philosophie (hier identifiziert mit der vernunftbestimmten, die Affekte beherrschenden Lebensweise) für sich reklamieren darf. Das 4. Makkabäerbuch jedenfalls zeigt das Bestre44
u.ö.
Vgl. 4 Makk 1,3.5.7.9.13.19.29f.34f.; 2,3.4.6f.9.15.24; 3,5.16; 6,31.34; 7,1.16; 13,1.3; 18,2
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ben, diesen Begriff seinen paganen Vertretern gleichsam zu entreißen und ihn exklusiv für die dem Ἑλληνικὸς βίος entgegengesetzte jüdische Lebensweise (8,8) zu reklamieren. Deutlich wird hier, was sich auch schon an den anderen Schriften zeigte, dass die Hellenisierung keine Einbahnstraße war, sondern zugleich beanspruchte, die hellenistische Weisheitstradition zu judaisieren. Dieser Anspruch implizierte natürlich auch die Verpflichtung, dies dann auch im Blick auf die Interpretation der biblischen Tradition zu rechtfertigen. Dies geschieht in der Weisheit Salomos und zuletzt – als Schluss- und Höhepunkt – in den Schriften Philons. 2.2.4 Die Sapientia Salomonis Noch einen Schritt weiter auf dem Weg der Verschmelzung von (philosophischer) Weisheit und biblischer Überlieferung geht die Weisheit Salomos. Unter Berufung auf Salomo, den exemplarischen Weisen der jüdischen Tradition (s.u.), findet eine einigermaßen radikale weisheitliche Reformulierung der heiligen Texte statt. Das ist das Neue gerade in ihren ersten neun Kapiteln: Der Inhalt der Bücher Genesis und Exodus wird in Gestalt eines philosophischen Diskurses wiedergegeben, der biblische Mythos wird gleichsam in den Logos transformiert.45 Die konsequente Verweisheitlichung der Religion zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass hier die ganze Schrift explizit unter dem Titel ‚Weisheit‘ überliefert wird, so wie dies in ähnlicher Weise auch schon bei der Übersetzung des Sirachbuches ins Griechische der Fall war (s.o.). Zugleich wird die Weisheit auch innerhalb der Schrift zur Offenbarungsund Heilsmittlerin: Es ist die σοφία, die an der Schöpfung beteiligt war (SapSal 7,21), die das All verwaltet (SapSal 8,2) und so Einsicht in alle Geheimnisse derselben hat (vgl. SapSal 7,18ff.; 8,8). Vor allem bedeutet Weisheit Beziehung zu Gott: So wie der Weise selbst eine Liebesbeziehung zur Weisheit hat (SapSal 8,2ff.), so gilt im Gegenzug: „Gott liebt niemand außer den, der der Weisheit beiwohnt“ (SapSal 7,28). Es ist diese religiöse Weisheit, die dem Erkennenden Unsterblichkeit vermittelt (SapSal 8,13.17), während der, welcher Weisheit und Bildung verachtet, elend ist und keine Hoffnung hat (SapSal 3,11). 2.2.5 Philon von Alexandrien Ihre Vollendung findet die Sapientisierung der biblischen Überlieferung in den Schriften Philons, der die Texte der Tora, vor allem die Bücher Genesis und Exodus, allegorisch ausdeutet, wobei seine Philosophie den hermeneutischen Schlüssel seiner Bibelexegese bildet. Mit dieser konsequent philosophi45 So genügt es dann eben nicht mehr, die ‚Sündenfallgeschichte‘ zu erzählen – diese wird vielmehr als Ätiologie des Nichts und des Todes interpretiert.
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schen relecture der biblischen Zeugnisse hat der große Alexandriner die biblische Überlieferung in einer dann für die christliche Theologie wegweisenden Art und Weise in den Kontext der hellenistischen Kultur hinein vermittelt und so zugleich neu interpretiert. Das Ergebnis ist eine kühne Synthese aus (stoisierendem) Mittelplatonismus und biblischem Text. So interpretiert Philo etwa in De opificio mundi 69–71 die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes (Gen 1,26), indem er diese Ebenbildlichkeit auf den „Führer der Seele, den Geist“ bezieht. Dieser Geist führt den Menschen durch den ἔρως σοφίας über die sinnlich wahrnehmbare Welt hinaus zum Intelligiblen, zur Schau der (platonischen) Ideen, und darüber hinaus noch weiter zum „höchsten Gipfel des rein Geistigen“, „…bis zum Großkönig selbst“ – und dieser „Allvater“ ist natürlich der biblische Schöpfergott. Das „Wir“ des Gotteswortes von Gen 1,26 dient ihm dann gleichzeitig noch dazu, durch die Annahme der Mitwirkung anderer niedrigerer Wesen die Theodizeefrage zu beantworten (Opific. 72–75). Im Folgenden sollen zwei Aspekte herausgegriffen werden, die schon vor Philon eine Rolle spielen, jedoch von diesem konsequent durchgeführt werden: Die Profilierung der großen Gestalten der jüdischen Überlieferung, der Erzväter und vor allem Moses, als Weise und Philosophen, sowie die entsprechende Deutung der jüdischen Gemeinschaft. 2.3 Konsequenzen im Blick auf das Selbstverständnis des Einzelnen und der Gemeinschaft 2.3.1 Der Gottesmann als Weiser und Philosoph Der jüdische Gesetzgeber wird schon im Aristeasbrief (Ep. Arist. 139) und bei Aristobul zum Philosophen κατ’ ἐξοχήν: Durch σοφία und ein θεῖον πνεῦμα begabt habe Mose auch bei Philosophen wie Sokrates, Platon und Pythagoras höchstes Ansehen genossen, ja Platon habe viel seinen Werken entnommen.46 Der jüdische Historiker Eupolemos erklärt Mose zum „ersten Weisen“47, der Griechen und Phöniziern das Alphabet vermittelt habe, also zum Kulturbringer schlechthin. Aber auch der Fromme, der den mosaischen Gesetzen folgt und für diese stirbt, kann in 4 Makk 7,6 als „Philosoph eines göttlichen Lebens“ bezeichnet werden. Im frühjüdischen Schrifttum ist es dann neben Mose vor allem Salomo, der aufgrund seiner Weisheit nun Karriere macht. Der Davidide, der ja schon in alttestamentlicher Tradition als Inbegriff des
46 Vgl. Eus. Praep. Ev. 8,10,4; 13,12,1.4; vgl. auch N. WALTER, Pseudepigraphische jüdischhellenistische Dichtung: Pseudo-Phokylides, Pseudo-Orpheus. Gefälschte Verse auf Namen griechischer Dichter, JSHRZ 4, Gütersloh 1983, 135–278, 270f.274; ähnlich Phil. Quaest. Gen. 4,152. 47 Eus. Praep. Ev. 9,26,1.
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weisen Herrschers stilisiert werden konnte48, wird nun zum Inbegriff des religiösen Dichters und Denkers. Deutlichstes Zeichen für die Hochschätzung dieser jüdischen Antwort auf Solon und Sokrates ist die Vielzahl von Schriften, die im Frühjudentum Salomo zugeschrieben werden: Die Sprüche Salomos, die Psalmen Salomos, die Oden Salomos, der Prediger Salomo (Qohelet) und das Hohelied, nicht zu vergessen die im Blick auf unsere Fragestellung wohl markanteste Schrift, die bereits erwähnte Weisheit Salomos. Kurz: So wie im paganen Bereich der Philosoph zunehmend zum Gottesmann wird, so wird im jüdischen Bereich der Gottesmann zum Philosophen. Besonders ausgeprägt ist dies bei Philon. Dieser überträgt konsequent das Prädikat des Weisen auf maßgebliche religiöse Autoritäten. Schon Abraham wird mit seinem Auszug aus dem Vaterhaus, der als Auszug aus dem Gefängnis des Leibes gedeutet wird, zum Prototyp des „Weisen“ (Migr. 9), dem die Weisheit als „Weg, Wegführer u[nd] Ziel“49 zugleich dient. In Confus. 76– 82 beschreibt Philon Abraham, Jakob und Mose als die in dieser Welt fremden, exemplarischen Weisen. Vor allem aber wird Mose, der ‚Gesetzgeber‘, gerne als der Weise schlechthin dargestellt: Nach Opific. 8 ist Mose „zum höchsten Gipfelpunkt der Philosophie vorgedrungen“, da er „durch göttliche Offenbarung über die meisten und wichtigsten Dinge der Natur belehrt worden ist“50. Erneut ist es gerade der Bezug zur göttlichen Offenbarung, also zur Religion, welche die Philosophie erst wahrhaft weise macht. Philons Interpretation der Schöpfungsberichte der Genesis ist denn auch ein höchst anspruchsvoller religionsphilosophischer Traktat, vorgestellt als Lehre von „Mose dem Großen“51. Von diesen zum exemplarischen Weisen stilisierten Repräsentanten der jüdischen Tradition fällt nun auch ein entsprechendes Licht auf deren Anhänger. 2.3.2 Die Gemeinschaft der mosaischen Weisen Philon kann das Judentum, das den Gesetzen des Mose, „der bis zum höchsten Gipfelpunkt der Philosophie vorgedrungen ist“, gehorcht, als eine Art Philosophenschule verstehen, als οἱ κατὰ Μωυσῆν σοφοί, als die Gemeinschaft der „mosaischen Weisen“52. Dass dieses weisheitliche Selbstverständnis als οἱ κατὰ Μωυσῆν σοφοί nicht nur ein Elitephänomen war, sondern auch die Praxis des common Judaism53 geprägt hat, zeigt die Synagoge und die 48
Vgl. 1 Kön 10,1–10; 2 Chron 9,1–9. U. WILCKENS, Art. „σοφία κτλ C. Judentum“, ThWNT 7, Stuttgart 1964, 497–510, 501. 50 Opific. 8, φιλοσοφίας ἐπ’ αὐτὴν φθάσας ἀκρότητα. 51 Vgl. Opific. 12, μέγας Μωυσῆς. 52 Confus. 77; Josephus interpretiert dann die einzelnen Gruppierungen des Judentums als philosophische Gruppierungen, vgl. Jos. Ant. Iud. 13,5.9 (§§171–173); 18,1,2–5 (§§11–17). 53 So eine Formulierung von E.P. SANDERS, Judaism. Practice and Belief, 63 BCE–66 CE, London/Philadelphia 1992, 47ff. 49
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Feier des Sabbats in derselben. Wie immer es um den Ursprung dieser Institution bestellt ist, der Ort der Lesung und des Gebetes wird in hellenistischer Zeit zugleich und vor allem zu einem Ort der religiösen Unterweisung, der Gottesdienst verschmilzt mit der Lehre.54 Erster Zeuge dieser Entwicklung scheint wiederum Jesus Sirach zu sein, bei dem erstmals expressis verbis vom jüdischen Lehrhaus ( )בית המדרשund vom Sitz des Lehrers die Rede ist.55 Philon kann dann die Synagogen διδασκαλεῖα nennen, Schulen, in denen die πάτριος φιλοσοφία gepflegt werde, indem man die Zeit damit zubringe, die ἐπιστήμη καὶ θεωρία τῶν περὶ φύσιν zu erwerben und jede Art von Tugend einzuüben, d.h. im Klartext: die Juden erklären die Welt und verwirklichen zugleich das Ideal der Übereinstimmung von Lehre und Leben, sind also qua Religion in der theoretischen wie in der praktischen Philosophie führend.56 Durch die dargestellte Sapientisierung hat das Judentum seine religiöse Überlieferung in die hellenistisch geprägte Kultur hinein vermittelt. Es hat sie so wohl nicht nur sich selbst verständlich gemacht, sondern ist auch anderen gegenüber von neuem sprachfähig geworden. Anders ist die Attraktivität des Judentums für gebildete Heiden nicht zu erklären, die neben dem bekannten antiken Antijudaismus ja immer bestand und die sich nicht zuletzt im Kreis der Gottesfürchtigen und Sympathisanten dokumentiert57, die zudem auch die ersten Adressaten der frühchristlichen Mission außerhalb des Judentums waren. Es ist damit zum Wegbereiter der frühchristlichen Theologie geworden, wobei eine besondere Bedeutung zweifellos Alexandria zukommt: Dort entstanden die meisten der oben vorgestellten jüdischen Schriften, und dort beginnt auch mit Clemens und Origenes das, was man im eigentlichen Sinn christliche Theologie nennen kann.
3. Der Beginn der Sapientisierung im Neuen Testament: Die dialektische Rezeption des Weisheitsbegriffs bei Paulus und in seiner Schule Die Explikation der paulinischen Kreuzestheologie in 1 Kor 1f. ist ein frühes, in seiner Komplexität höchst eindrückliches Beispiel für den bereits zwei Jahr54 Vgl. E. SCHÜRER, History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ, Vol. II, hrsg. v. G. VERMES, F. MILLAR, M. BLACK, Edinburgh 1979, 424: „For it should above all be borne in mind that the main object of these Sabbath meetings was not religious worship in the narrower sense, but religious teaching, i.e. instruction in the Torah“. 55 HENGEL, Judentum und Hellenismus (s. Anm. 30), 145: „… man wird kaum fehlgehen, wenn man vermutet, dass beide Phänomene auch mit der Entwicklung des Synagogeninstituts in Palästina zusammenhängen“. 56 Vgl. Mos. 2,39 (216); vgl. auch Legat. 23 (156). 57 Vgl. dazu F. SIEGERT, Gottesfürchtige und Sympathisanten, JSJ 4 (1974) 109–164.
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zehnte nach Jesu Tod zu beobachtenden Prozess der produktiven Auseinandersetzung mit den „Griechen, die Weisheit suchen“ (1 Kor 1,22). Wohl herausgefordert durch die Korinther58 grenzt sich der Apostel zum einen von einer zur „Wortweisheit“ (1 Kor 1,17) bzw. „Weisheit des Kosmos“ (1 Kor 1,20; vgl. 3,19) abqualifizierten Weisheit schroff ab und stellt dieser das Kreuz entgegen, das den nach solcher Weisheit fragenden Griechen nur als Torheit erscheinen könne (1 Kor 1,23; vgl. 1,18). Provokativ unterstreicht er diesen Gegensatz noch, indem er das Kreuz als das in Opposition zur Weisheit der Welt stehende Törichte Gottes bestimmt (τὸ μῶρον τοῦ θεοῦ). Damit ist das Weisheitsthema für Paulus jedoch keineswegs erledigt. Im Folgenden bleibt der Apostel nicht bei der Antithese von Weltweisheit und Torheit des Kreuzes stehen, sondern sagt von der göttlichen Torheit zugleich, dass sie „weiser als die Menschen“ (σοφώτερον τῶν ἀνθρώπων) sei (1 Kor 1,25), eine Behauptung, die er im Folgenden durch eine durchaus anspruchsvolle Argumentation zu erhärten sucht. Mit anderen Worten: Paulus expliziert seine theologia crucis dialektisch im Horizont der (im griechischen Denken beheimateten) Weisheit, indem er zum einen die Interpretationshoheit eines remoto Christo interpretierten griechischen Weisheitsbegriffes bestreitet, andererseits aber die dieser menschlichen Weisheit widersprechende Torheit Gottes nichtsdestotrotz als Weisheit deutet; als Gottes weisere Weisheit ist sie gleichsam Weisheit in Potenz. Dass diese sich in der Dialektik negierender Überbietung vollziehende Rezeption des Weisheitsbegriffes keineswegs nur ironisch zu verstehen ist59, sondern dass Paulus sehr bewusst den Weisheitsbegriff für die Torheit Gottes reklamiert, zeigt sich daran, dass der Apostel im Folgenden immer wieder auch den Inhalt des christlichen Glaubens und seiner Verkündigung als Weisheit bezeichnet, als „Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,24, vgl. auch Röm 11,33), als die „Weisheit bei den Vollkommenen“ (1 Kor 2,6) bzw. als die „Weisheit Gottes im Geheimnis“ (1 Kor 2,7), so wie ja auch „Christus uns durch Gott zur Weisheit wurde“ (1 Kor 1,30). Gott ist „der allein Weise“, wie dann wohl ein Schüler des Paulus am Ende des Römerbriefes sagen kann (Röm 16,27).60 Allerdings bleibt dies beim Apostel, der nicht Gefahr laufen will, seine Christusbotschaft auf das Prokrustesbett eines allgemeinen Weisheitsbegriffes zu zwingen, durchweg verbunden mit einer gleichzeitigen Abgrenzung von der „Menschenweisheit“ (1 Kor 2,5; vgl. 2,13) bzw. der „Weisheit dieses Äons“ (1 Kor 2,6). Im Kontext der Christologie wird somit die schon im Judentum zu beobachtende Spannung in der Inter58
Vgl. C. WOLFF, Der Erste Brief des Paulus an die Korinther I (ThHK 7), Leipzig 1996,
33. 59 So etwa L. SCHOTTROFF, Der Glaubende und die feindliche Welt (WMANT 37), Neukirchen-Vluyn 1970, 195. 60 Zur Textkritik an dieser Stelle vgl. E. LOHSE, Der Brief an die Römer (KEK 4), Göttingen 2003, 417.
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pretation des Weisheitsbegriffes dadurch gelöst, dass dieser nun gleichsam aufgespalten wird in eine menschliche und eine göttliche σοφία.61 Damit hat Paulus innerhalb des Christentums die skizzierten Tendenzen des antiken Judentums rezipiert, zugleich aber modifiziert. Die Paulusschule hat seine Verbindung von Christologie und Weisheit programmatisch verstärkt.62 Die dialektische Neubestimmung des Weisheitsbegriffes im Kontext der Christologie wurde allerdings vereinfacht, indem beim Weisheitsbegriff selbst die negierende Überbietung in eine mehr oder weniger unmittelbare Identifikation überführt wird63: So kann der Kolosserbrief von Christus sagen, dass in ihm alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind (Kol 2,3). An die Stelle der paulinischen Differenzierung innerhalb des Weisheitsbegriffs tritt stattdessen die Entgegensetzung der Weisheit in Christus zu „Philosophie und leerer Täuschung“ (Kol 2,8), die auf der Überlieferung der Menschen beruht und den Mächten des Kosmos und nicht Christus entspricht. Diese Unterscheidung der σοφία von der φιλοσοφία bestimmt dann die patristische Rezeption des Weisheitsbegriffs. Ähnliches gilt auch für das lukanische Doppelwerk, das ja zumindest seinem Selbstverständnis nach auch in den weiteren Kreis der Paulusschule hineingehört. Wie im Epheser- und Kolosserbrief wird die Verweisheitlichung im lukanischen Doppelwerk zu einem die gesamte Schrift bestimmenden Programm: Jesus ist der Inbegriff des Weisen (Lk 2,41–52), während die Philosophen diese Botschaft nicht verstehen (Apg 17). Bereits in der Mitte des zweiten Jahrhunderts definiert Justin der Märtyrer den christlichen Glauben als die „allein zuverlässige und nützliche Philosophie“ und profiliert sich selbst zugleich als deren Philosophen (Dial. 8,1f.). Justin, der schon vor seiner Bekehrung Philosoph war, trug dann auch als Christ den Philosophenmantel. Ein halbes Jahrhundert später sagt Clemens Alexandrinus von der wahren Philosophie, dass diese durch den Sohn gegeben sei und deshalb „Gottes Weisheit“ heiße (Strom. I 90,1 – letzteres ein klares Zitat aus 1 Kor 1). Zwar blieb diese vor allem in Alexandria bestimmend gewordene Synthese von Philosophie und Glaube nicht unwidersprochen, wie die Einsprüche eines Tatian oder eines Tertullian zeigen; letzterer fragt unter Bezug auf Kol 2,8 im Blick auf die sapientia humana: Quid
61 Ähnliches ist etwa bei dem Wahrheitsbegriff im Johannesevangelium zu beobachten. Als Missverständnis inszeniert in dem Gespräch zwischen Jesus und Pilatus (Joh 18,33–38) wird erstmals bei der Rezeption eines zentralen theologischen Begriffes differenziert zwischen dessen abgelehnter Interpretation extra Christum (Joh 18,38) und der Neubedeutung im Rahmen der christlichen Botschaft (Joh 18,37; 14,6 u.ö.). 62 Vgl. Kol 1,9.28; 2,3; 3,16; 4,5; Eph 1,8.17; 3,10. 63 Angedeutet wird der paulinische Vorbehalt noch, wenn Kol 2,3 sagt, dass diese Weisheit in Christus verborgen ist; ähnlich könnte auch der Widerspruch der Philosophen gegen die paulinische Predigt in Apg 17 gedeutet werden.
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ergo Athenis et Hierosolymis? Quid academiae et ecclesiae?64 Aber aufs Ganze fördern derartige Einsprüche nur die bereits im Neuen Testament wirksame Differenzierung im Weisheitsbegriff, sie ändern aber nichts daran, dass die philosophische Weisheit mit dem christlichen Glauben in der Folgezeit eine enge, wenngleich keinesfalls immer spannungsfreie Verbindung eingeht. Augustin kann es auf die auch später in der Scholastik und in der Renaissance wieder zitierte Formel bringen pietas est sapientia65.
64 Praescr. 7,9. In den folgenden Ausführungen polemisiert Tertullian explizit gegen die christliche Rezeption der stoischen und platonischen Philosophie (7,11). 65 Conf. 7,20,26; Trin. 14,1,3; vgl. Thomas von Aquin, S.th. II-II 45,1; weiter M. Ficino, Brief an Martin Uranius vom 1. Juni 1491: Pietas enim summa quaedam apud Deum sapientia est.
Die religiös-philosophische Literatur der frühen Kaiserzeit und das Neue Testament RAINER HIRSCH-LUIPOLD 1. Problemstellung Das im Folgenden zu behandelnde Thema wirft die Frage auf: Lassen sich die unterschiedlichen Schriften des Neuen Testaments überhaupt sinnvoll zur religiös-philosophischen Literatur der frühen Kaiserzeit in Beziehung setzen?1 Oder noch grundsätzlicher: Ist es sinnvoll, Literatur, die sich nicht oder nicht ausschließlich einem metaphysischen Gottesbegriff verpflichtet weiß, sondern ihre Begründung in Traditionen der gelebten Religion findet, der man mit gläubigem Vertrauen gegenübertritt, unter dem Stichwort „Philosophie“ bzw. „philosophisch“ zu betrachten? Die Antwort auf die gestellten Fragen hängt wesentlich von dem vorausgesetzten Philosophiebegriff ab – dem des Interpreten heute ebenso wie demjenigen der frühen Kaiserzeit.2 Denn diese Fragen setzen bereits ein Wissen
1 Zur Diskussion vgl. die Einleitung zu A.J. MALHERBE, Paul and the Popular Philosophers, Minneapolis 1989, 1–5. Zum Phänomen der Weisheit, die Berührungen sowohl mit Religion als auch mit Philosophie aufweist, vgl. den Beitrag von R. Feldmeier in diesem Band. Bis in den Hellenismus hinein reicht die Darstellung von D. BABUT, La religion des philosophes grecs, de Thalès aux Stoïciens, Paris 1974. Wichtig für die Folgezeit ist der Sammelband von D. FREDE, A. LAKS (Hgg.), Traditions of Theology. Studies in Hellenistic Theology, its Background and Aftermath, Leiden u.a. 2002. 2 Vgl. hierzu den Beitrag von A. Dihle im vorliegenden Band sowie die verschiedenen Beiträge von P. HADOT, der auch Teile des umfassenden Artikels „Philosophie“, in: J. RITTER (Hg.), Historisches Wörterbuch der Philosphie, Bd. 7, Darmstadt 1989, 572–879 verfasst hat; wichtig auch darin H. GÖRGEMANNS, „II. A. Griechische Patristik“, 616–623. Bekanntlich konnten die jüdischen Gruppen der Pharisäer, Sadduzäer und Essener in Analogie zu Philosophenschulen dargestellt werden (Jos. Ant. Iud. 13,171–173; 18,12–20; Jos. Bell. Iud. 2,119– 166). Ein Grund für diese Zuordnung ist gerade die Auslegung autoritativer Texte. Darauf, dass sich Aspekte persönlichen Glaubens auch in pagan-philosophischen Texten der Zeit finden, macht F. FRAZIER im Blick auf Plutarch aufmerksam; vgl. dies., Göttlichkeit und Glaube. Persönliche Gottesbeziehung im Spätwerk Plutarchs, in: R. HIRSCH-LUIPOLD (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch. Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder (RGVV 54), Berlin/New York 2005, 111–137. Ab dem zweiten Jahrhundert ist in der Literatur unbefangener von einer religiösen Philosophie, im Christentum sowie im paganen Bereich, die
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und eine Vorentscheidung über den Charakter der religiösen Philosophie der Kaiserzeit voraus und darüber, was im eigentlichen Sinne als Philosophie zu gelten hat. Üblicherweise gelten gelebte Religiosität und philosophischer Diskurs – wo die Philosophie nicht als ancilla theologiae vereinnahmt wird – als zwei unterschiedliche Sprachräume, deren Schnittmenge allenfalls im Bereich einer philosophischen Theologie liegt.3 Für das hellenistische Zeitalter kann dieses Urteil, das sich einem Philosophiebegriff verdankt, der wesentlich von Aristoteles geprägt ist, durchaus Geltung für sich beanspruchen. Zu Beginn der Kaiserzeit hat sich dagegen die Situation gewandelt. Der vorliegende Beitrag macht es sich zur Aufgabe, einige Charakteristika religiösen Philosophierens in der Kaiserzeit sowie einige Grundzüge der entsprechenden Literatur aufzuzeigen, die Berührungspunkte mit Teilen neutestamentlichen Schrifttums erkennen lassen. Damit soll keineswegs dem Neuen Testament in seiner Gesamtheit der Philosophenmantel umgehängt werden. Nicht einmal sollen jene neutestamentlichen Schriften, die im Folgenden ins Zentrum des Interesses rücken, ‚philosophisch‘ genannt werden. Vielmehr geht es darum, das Augenmerk auf einige zwischen Philosophie und Religion verortete Sprach- und Denkformen zu lenken, die die Frage nach dem Charakter und Verständnis von Philosophie in der frühen Kaiserzeit neu aufwerfen, was dann wiederum Auswirkungen auf die Einordnung des Neuen Testaments hat. Dabei gilt es deutlich zu unterstreichen: Keine neutestamentliche Schrift zielt darauf ab, einen Beitrag zur philosophischen Debatte der Zeit zu leisten4, wie dies mit Sicherheit die Intention Plutarchs ist, vielleicht in Teilen auch die Philons, auf jeden Fall dann aber wieder diejenige des Klemens und Origenes.5 Das Neue Testament bleibt also in der Ausbildung einer religiösen Philosophie und philosophischen Religion ein Randphänomen. Wohl aber werden dadurch neue Interpretationsperspektiven eröffnet, wenn man das Johannesevangelium und andere neutestamentliche Schriften
Rede (vgl. TH. KOBUSCH, Christliche Philosophie. Die Entdeckung der Subjektivität, Darmstadt 2006). 3 Entsprechend enthält die Cambridge History of Hellenistic Philosophy, hrsg. v. K. ALGRA u.a., Cambridge 1999, zwar ein Kapitel „Theology“ von J. MANSFELD (452–478). Mansfeld stellt aber sogleich im ersten Abschnitt unter der Überschrift „Philosophical Theology“ den Unterschied heraus zwischen philosophischer Theologie als dem Versuch „to rationalize the irrational“ und gelebter Religion. Nur ersteres könne als „rational enterprise“ Gegenstand der Philosophie sein (452). 4 Erst in der Mitte des zweiten Jahrhunderts wendet sich christliche Literatur nach außen und tritt in einen expliziten Dialog mit den philosophischen Denkern der Umwelt ein; vgl. J.C.M. VAN WINDEN, Das Christentum und die Philosophie, Der Beginn des Dialogs zwischen dem Glauben und dem Verstand, in: C. ZINTZEN (Hg.), Der Mittelplatonismus (WdF 70), Darmstadt 1981, 397–412. 5 Dies ist auch das Interesse der revisionistischen Traditionsdeutung in gnostischen Schriften; vgl. den Beitrag von Z. Pleše in diesem Band.
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als Reflex der philosophischen Diskussionen der Zeit liest und solche Diskussionen in der Terminologie, in den Fragestellungen und im literarisch-hermeneutischen Zugriff neutestamentlicher Schriften wiederfindet. Der folgende Überblick hat dabei Werkstattcharakter: Er enthält Arbeitshypothesen, die dem Zugriff des Forschungsprojektes Ratio Religionis auf die religiös-philosophische Literatur der frühen Kaiserzeit zugrunde liegen. Entsprechend kann es sich hier nicht um eine umfassende Behandlung des Themas, sondern allenfalls um Schlaglichter handeln. In einem zweiten Teil soll das Gesagte beispielhaft im Blick auf das Johannesevangelium zugespitzt werden. Eine herausgehobene Rolle wird dabei die religiöse Ästhetik, also die Funktion körperlicher Wahrnehmung in diesem Evangelium spielen.
2. Religiös-Philosophisches im Neuen Testament: Zum Stand der Diskussion Bei der Frage nach dem Verhältnis neutestamentlicher Schriften zu philosophischen Strömungen der Zeit lassen sich forschungsgeschichtlich eine stoische und eine platonische Linie bei der Einordnung wahrnehmen, wobei bei der einen die Berührungspunkte vorwiegend im Bereich der Ethik, bei der anderen insbesondere im Bereich des Gottesbegriffs und der Kosmologie gesehen werden. Bezüglich solcher Zuordnungen indes gilt es stets im Gedächtnis zu behalten, dass die Schulgrenzen in der frühen Kaiserzeit durchlässig werden und die Autoren – wenn sie sich auch einer Tradition verpflichtet fühlen – sich in großer Freiheit auch bei den gedanklichen Konzepten und der Sprache anderer Schulsysteme bedienen.6 Eine gewisse Nähe der Briefe des Paulus zur rhetorischen, aber auch zur philosophischen, insbesondere stoischen7 bzw. kynischen8 Tradition der An6 Dies macht insbesondere Argumentationen, die allein auf der Terminologie beruhen, methodisch problematisch. 7 Zu den einzelnen Aspekten seien nur einige neuere Arbeiten genannt: vgl. T. ENGBERGPEDERSEN, Paul and the Stoics, Louisville 2000; und die wichtige Aufsatzsammlung: Ders. (Hg.), Paul beyond the Judaism/Hellenism Divide, Louisville 2001; stärker soziologisch als literaturgeschichtlich argumentiert der darin enthaltene Artikel von S.K. STOWERS, Does Pauline Christianity Resemble a Hellenistic Philosophy?, 81–102. Weiter A.J. MALHERBE, Paul (s. Anm. 1). 8 Vgl. v.a. F.G. DOWNING, Cynics, Paul and the Pauline Churches. Cynics and the Christian Origins II, London/New York 1998. Auf die Nähe zu platonischen Gedankenfiguren verweist F.E. BRENK, Plutarch, Judaism and Christianity, in: F.E. BRENK, With Unperfumed Voice. Studies in Plutarch, in Greek Literature, Religion and Philosophy, and in the New Testament Background (PawB 21), Stuttgart 2007, 100–120; 106f. (= M. JOYAL [Hg.], Studies in Plato and the Platonic Tradition. Essays Presented to J. WHITTAKER, Aldershot 1997, 97–118).
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tike wurde immer wieder bemerkt; die größten Berührungen erkannte man im Bereich der Ethik und der Anthropologie, sei es bei dem paulinischen Begriff der Freiheit9, bei der Haustafelethik, der politischen Ethik in Röm 13 oder dem im 1. Korintherbrief aufgenommenen Vergleich des Gemeinwesens mit einem Körper10 und der Ethik der ὁμόνοια, sowie in der „pastoralen“ Ausrichtung.11 Auch in der Areopagrede, die Lukas dem Apostel in den Mund legt, argumentiert Paulus in Anlehnung an stoische Vorstellungen. Die Wahrnehmung einer gewissen Affinität des Paulus zu stoischem Denken regte später die Produktion eines fiktiven Briefwechsels zwischen Paulus und Seneca an.12 In eher platonische Zusammenhänge weisen Logosspekulationen und Kosmogonie bzw. die Frage nach der Herkunft der Welt von einem Schöpfergott, die Frage nach der Erkenntnis Gottes und nach dem Kontakt zwischen Gott und der körperlichen Welt bis hin zu dualistischen Ausdrucksweisen von Leben und Tod, Licht und Finsternis, Seele und Körper. Solche platonischen Spuren ließen sich insbesondere im Johannesevangelium entdecken, und man interpretierte sie im Gegenüber zu den Schriften Philons und dem ebenfalls als vorchristlich betrachteten gnostischen Schrifttum. Den weitestgehenden Versuch einer Deutung im philosophisch-religiösen Horizont hat wohl C.H. Dodd unternommen.13 Er spricht explizit von „philosophical presuppositions“.14 Dodd baut seine „Platonizing interpretation“15 der johanneischen Jesusgeschichte von gedanklichen Konzepten
9 Vgl. S. VOLLENWEIDER, Freiheit als neue Schöpfung. Eine Untersuchung zur Eleutheria bei Paulus und in seiner Umwelt (FRLANT 147), Göttingen 1989. 10 Vgl. D.B. MARTIN, The Corinthian Body, New Haven 1995. 11 Vgl. A.J. MALHERBE, Paul and the Thessalonians, The Philosophic Tradition of Pastoral Care, Philadelphia 1987. 12 Vgl. A. FÜRST, TH. FUHRER, F. SIEGERT, P. WALTER, Der apokryphe Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus. Zusammen mit dem Brief des Mordechai an Alexander und dem Brief des Annaeus Seneca über Hochmut und Götterbilder eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen (SAPERE 11), Tübingen 2006. Fürst datiert den Briefwechsel ins 4. Jahrhundert. 13 C.H. DODD, The Interpretation of the Fourth Gospel, Cambridge 1953. 14 Ebd., 142f. In seinem Buch „The Bible and the Greeks“ von 1935, das auf einer Reihe früherer Arbeiten basiert, versucht Dodd die besondere Gestalt hellenistisch-jüdischen Denkens zu profilieren und dann beispielhaft am Corpus Hermeticum Einflüsse jüdischen Denkens aufzuzeigen. Dabei ist der erste Teil der wichtigen Frage der Bedeutung von alttestamentlich-jüdischen Kernbegriffen in der griechischen Fassung der Septuaginta gewidmet, die einerseits den Kontakt mit griechischem Denken reflektieren, andererseits aber in dieser Gestalt auch Einfluß auf griechische Denker ausüben konnten. Freilich gilt: „The exact extent and nature of the influence of Hellenistic Judaism upon the Greek-speaking world in general is difficult to estimate“ (XII). 15 So P. BORGEN, The Gospel of John and Hellenism, in: A. CULPEPPER, C.C. BLACK (Hgg.), Exploring the Gospel of John: In honor of D. MOODY SMITH, Louisville 1996, 98, der den von
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her auf: Symbolism, Eternal Life, Knowledge of God, Truth. Von dort aus interpretiert er die theologisch-systematische Ausformung der synoptischen Tradition von Jesus als dem Christus im Johannesevangelium vor dem Hintergrund einer symbolischen Grundstruktur, die er im Horizont platonischen Bilddenkens verortet. Dies unterstreicht er durch seine Kennzeichnung von Joh 2–12 als „The Book of Signs“. Nachdem forschungsgeschichtlich in der Folge des linguistic turn in der Exegese auch die Synoptiker nicht mehr nur als Kompilatoren und Redaktoren, sondern als Autoren ins Blickfeld gerückt sind, kann nun auch deren kulturell-philosophische Prägung durch die Umwelt und die entsprechende Formung ihres Traditionsmaterials im Rahmen ihrer Jesusgeschichte in den Blick genommen werden. Hierfür bietet sich das lukanische Doppelwerk an. Obwohl die Ausrichtung auf eine griechische Leserschaft immer gesehen wurde, steht eine umfassende Studie zur Verortung des Lukasevangeliums zwischen biblischer Tradition und griechisch-philosophischem Denken noch aus. Man wird im Lukasevangelium schon deshalb eine solche Formung vermuten dürfen16, weil in der lukanischen Apostelgeschichte die Begegnung der frühchristlichen Botschaft mit der hellenistischen Philosophie zum Thema des historischen Berichts wird – verdichtet in der Areopagrede des Paulus in Apg 17.17 Unter den Deuteropaulinen werden insbesondere der Kolosserbrief mit seinem Hymnus in Kol 1,15–2018 und die Pastoralbriefe mit ihrer teilweise philosophischen, pädagogischen und erkenntnistheoretischen Terminologie Dodd postulierten Einfluß griechisch-philosophischen Denkens auf das Johannesevangelium bestreitet. 16 R. Feldmeier spricht in diesem Zusammenhang von einer „Sapientisierung des Heiligen“, vgl. den Beitrag im vorliegenden Band, S. 103-116, zu Lukas S. 115. 17 Konkret erwähnt werden Epikureer und Stoiker (Apg 17,18). Klassisch zur Areopagrede E. NORDEN, Agnostos Theos: Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Darmstadt 41956; vgl. C. MORESCHINI, Storia della filosofia patristica, Brescia 2004, 8. 18 In Kol 2,8f. findet sich – in einer der beiden Stellen innerhalb des Neuen Testaments, die das Wort φιλοσοφία verwenden (die andere ist natürlich die Rede von den φιλόσοφοι in Apg 17,18) – eine explizite Gegenüberstellung mit der leeren Täuschung einer aus der Welt heraus und nicht unter dem Vorzeichen der Offenbarung in Christus her gedachten Philosophie: βλέπετε μή τις ὑμᾶς ἔσται ὁ συλαγωγῶν διὰ τῆς φιλοσοφίας καὶ κενῆς ἀπάτης κατὰ τὴν παράδοσιν τῶν ἀνθρώπων, κατὰ τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου καὶ οὐ κατὰ Χριστόν· ὅτι ἐν αὐτῷ κατοικεῖ πᾶν τὸ πλήρωμα τῆς θεότητος σωματικῶς […]. Man kann den Satz durchaus in dem Sinne verstehen, dass hier bereits eine falsche Philosophie einer wahren Philosophie gegenübergestellt wird, welche sich auf den einzig möglichen Referenzpunkt, nämlich die fleischgewordene göttliche Wahrheit in Christus, bezieht. Zum Kolosserbrief insgesamt vgl. G.H. V. KOOTEN, Cosmic Christology in Paul and the Pauline School. Colossians and Ephesians in the Context of Graeco-Roman Cosmology, with a New Synopsis of the Greek Texts, Tübingen 2003, der auch den Epheserbrief in seine Überlegungen mit einbezieht, sowie G.E. STERLING, A Philosophy According to the Elements of the Cosmos. Colossian Christianity and Philo of Alexandria, in: C. LÉVY (Hg.), Philon d’Alexandrie et le langage de la philosophie. Monothéismes et Philosophie, Turnhout 1998, 349–373.
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diskutiert. Im Kolosserhymnus wie im 1. Timotheus-Brief finden sich die Themen Kosmologie und Erkenntnistheorie (Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit Gottes) sowie die typisch mittelplatonische Bilderterminologie, auf die wir sogleich zurückkommen werden. Auch der 1. Petrusbrief zeigt mit seiner Anlehnung an eine theologia negativa, mit seinem Seelenbegriff, aber auch mit der Haustafelethik deutlich die Auseinandersetzung mit Gedankenfiguren griechischer Philosophie.19 Schließlich hat jüngst W. Eisele der Einordnung des Parusiegedankens im Hebräerbrief im Rahmen mittelplatonischer Philosophie eine Monographie gewidmet.20 Damit sind die wichtigsten Kandidaten für eine durch hellenistisch-philosophische Denkformen beeinflusste Darstellungsweise, Thematik und Motivik innerhalb des Neuen Testaments genannt. Von der johanneischen Literatur herkommend, wird der Schwerpunkt im Folgenden auf diesen platonischen Kontaktpunkten liegen. War die Einordnung in den großen Entwürfen des 20. Jahrhunderts bei Dodd und Bultmann an philosophischen bzw. anthropologischen Kategorien orientiert, die die Schriften strukturieren, so sind es heute – im merkwürdigen Kontrast zur ansonsten vorherrschenden Wende zu einer synchronen, literarischen Textbetrachtung in der neutestamentlichen Forschung – zumeist einzelne Kapitel oder Motive, die mit hellenistisch-philosophischer Ausdrucksweise in Zusammenhang gebracht werden: Der Johannesprolog (Joh 1) und der Kolosserhymnus (Kol 1) mit ihrer christologisch zugespitzten Schöpfungsthematik, die Areopagrede (Apg 17) mit der Frage nach dem Zugang zu dem unbekannten Schöpfergott und nach der Rolle der Götterbilder, 1 Kor 15 mit der Frage der menschlichen Vergänglichkeit und Anklängen an stoischen Pantheismus, dazu die bereits angesprochenen ethischen Passagen in diatribischer Paränese sowie die Haustafeln. Für eine Bestimmung des Verhältnisses der entsprechenden Schriften zur religiös-philosophischen Literatur der Zeit ist indes die Frage zu klären, wie die philosophisch anmutende Terminologie, Motivik und Fragestellung eines Einzelkapitels – etwa beispielhaft des Johannesprologs – im Rahmen des entsprechenden Gesamttextes – also des Johannesevangeliums – aufgegriffen und
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Der Kommentar von R. FELDMEIER, Der erste Brief des Petrus (ThHK 15/I), Leipzig 2005, arbeitet die griechisch-philosophischen Aspekte in der Theologie des 1. Petrusbriefs heraus, vgl. bes. 49–51; 58–60. 20 W. EISELE, Ein unerschütterliches Reich. Die mittelplatonische Umformung des Parusiegedankens im Hebräerbrief (BZNW 116), Berlin/New York 2003. Zum Hebräerbrief insgsamt vgl. J.W. THOMPSON, The Beginnings of Christian Philosophy. The Epistles to the Hebrews (CBQ MS 13), Washington 1982; K. BACKHAUS, Per Christum in Deum. Zur theozentrischen Funktion der Christologie im Hebräerbrief, in: Ders. (Hg.), Der lebendige Gott. FS W. THÜSING (NTA NF 31), Münster 1996, 258–284, v.a. 261–265, bringt eine knappe Zusammenfassung des status quaestionis.
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literarisch-motivisch umgesetzt wird.21 Deshalb liegen die Berührungen, die wir im Folgenden aufzeigen werden, wesentlich in der literarischen Struktur der Texte und in der Methodik des Umgangs mit der religiösen Tradition. Die Abkehr der Forschung von der Frage nach einer hellenistisch-philosophischen Gesamtprägung einzelner Schriften, wie sie im Blick auf das Johannesevangelium von Dodd und Bultmann besonders konsequent durchgeführt wurde, hängt wesentlich damit zusammen, dass die religions- und philosophiegeschichtlichen Kontextualisierungen der jeweiligen Schriften einer fundamentalen Kritik unterzogen worden sind.22 Kritisiert wurde zunächst – insbesondere im Blick auf Bultmann – die einseitige Konzentration auf die Kontextualisierung neutestamentlicher Schriften in der hellenistischen Gedankenwelt. Zudem erschien die religionsgeschichtliche Verortung im Kontext einer dem Neuen Testament vorausliegenden Gnosis ebenso problematisch wie die philosophiegeschichtliche Verortung im Kontext der Ontologie Platons. Eine platonische Ideenlehre, wie sie Dodd etwa im Hintergrund des Johannesevangeliums erkennt, lässt sich dort – wie Schnackenburg zu Recht eingewendet hat23 – ebenso wenig finden wie die von Bultmann postulierte grundsätzliche dualistische Abwertung von Welt und Körper. Die einseitige Betonung hellenistischer Einflüsse wurde in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts korrigiert, indem die tiefe Verwurzelung des Neuen Testaments in jüdischen Traditionen aufgezeigt wurde. Hellenistisches, so wurde nun deutlich, fand in das Neue Testament vorwiegend auf dem Weg über das hellenistische Judentum Eingang, das sich schon Jahrhunderte vorher unter griechischem Einfluss entwickelt hatte.24 Zudem verändert sich nicht nur die Wahrnehmung der neutestamentlichen Texte durch eine Verlagerung der Methodik von dem literar- und quellenkritischen in Richtung eines synchronen Paradigmas, das die Texte als literarisches Endprodukt in den Blick nimmt: Bei der Frage nach dem Werden eines Textes treten unmittelbare literarische Abhängigkeiten zurück zugunsten der Suche nach dem geistesgeschichtlichen Milieu, in dem sich bestimmte Themen und Darstellungsformen entwickeln, sowie nach literarischen Prä- oder Cotexten. 21 Die Frage stellt sich notwendig, sobald man neutestamentliche Schriften als in sich sinnvolle literarische Einheiten begreift und untersucht. 22 Vgl. dazu R. HIRSCH-LUIPOLD, Klartext in Bildern. ἀληθινός κτλ., παροιμία – παρρησία, σημεῖον als Signalwörter für eine bildhafte Darstellungsform im Johannesevangelium, in: J. FREY, J. VAN DER WATT, R. ZIMMERMANN (Hgg.), Imagery in the Gospel of John. Terms, Forms, Themes and Theology of Johannine Figurative Language (WUNT 200), Tübingen 2006, 61–102, hier 61–63. 23 Vgl. R. SCHNACKENBURG, Das Johannesevangelium: I. Teil. Einleitung und Kommentar zu Kap. 1–4 (HThK IV/1), Freiburg u.a. 61986, 350f. 24 Dies aufzuzeigen war eine epochemachende Leistung von M. HENGEL, Judentum und Hellenismus: Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh. v. Chr., Tübingen 1973.
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Es verändert sich zudem die Wahrnehmung der zeitgenössischen Religionsund Philosophiegeschichte in den genannten Bereichen – mit wichtigen Implikationen für eine Einordnung des Neuen Testaments im Rahmen der religiös-philosophischen Literatur der Kaiserzeit.
3. Neuere Überlegungen zur religiösen Philosophie der frühen Kaiserzeit Im Bereich der Religionsgeschichte ist die Vorstellung einer vorchristlichen Gnosis (als einer festen religionsgeschichtlichen Größe, die dann auf das Neue Testament eingewirkt hätte) problematisch geworden. Vielmehr wird zunehmend ein Set von sehr weit verzweigten religiösen und philosophischen Wurzeln erkennbar, aus denen sich religiös-philosophische Strömungen jüdischer, christlicher, paganer und dann auch gnostischer Provenienz speisen.25 Die für unsere Überlegungen entscheidenden Entwicklungen aber betreffen den Bereich der Philosophiegeschichte. Hier gibt es gegenwärtig Tendenzen zu einer Neubestimmung des Mittelplatonismus, die auch die religiöse Dimension mit einbezieht26 und die von zwei unterschiedlichen Richtungen ausgeht: einerseits wird die Frage der philosophiegeschichtlichen Bedeutung Philons von Alexandrien diskutiert, andererseits die Bedeutung von Religion und Gottesfrage für die Philosophie Plutarchs und – im Rahmen der Monotheismus-Debatte27 – für die kaiserzeitliche Philosophie insgesamt. Diesen Punkt gilt es etwas breiter auszuführen. Mit seinen Middle Platonists schuf John Dillon vor 30 Jahren ein Standardwerk zur Geschichte des hellenistischen und kaiserzeitlichen Platonismus. Darin werden Philon und Plutarch, die zuvor28 eine meist untergeordnete Rolle gespielt hatten, vom Rand ins Zentrum der Darstellung der Philosophiegeschichte dieser Zeit gerückt – was von der Quellenlage her unausweichlich erscheint.29 Dillon sieht diese beiden religiösen Philosophen freilich weniger 25
Zu dieser Frage vgl. die Beiträge im vorliegenden Band von Z. Pleše und A.M. Ritter. Damit wäre eine Entwicklung, die bisher im Bereich der entstehenden Gnosis oder des Neuplatonismus verortet wurde, bereits im 1. Jahrhundert anzusetzen. Sie ist aber kein „Frühneuplatonismus“ (Krämer), da der Bezug zur gelebten religiösen Tradition als deutliches Unterscheidungsmerkmal zum Neuplatonismus wahrzunehmen ist. 27 Vgl. P. ATHANASSIADI, M. FREDE (Hgg.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999, und die Erwiderung von M. EDWARDS, Pagan and Christian Monotheism in the Age of Constantine, in: S. SWAIN, M. EDWARDS (Hgg.), Approaching Late Antiquity. The Transformation from Early to Late Empire, Oxford 2004, 211–234. 28 So bei ZINTZEN, Mittelplatonismus (s. Anm. 4). 29 Während von Philon und Plutarch ein umfangreiches Werk überliefert ist, sind von anderen Autoren wie dem Alexandriner Eudoros, Alkinoos, Numenios und später Apuleius nur kurze Abrisse und Fragmente aus größeren Werken erhalten. 26
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als eigenständige Vertreter des Mittelplatonismus denn als Zeugen für die herrschenden Strömungen innerhalb dieser Schule. Im Blick auf Philon unterstreicht er, dieser sei in die Darstellung lediglich integriert worden als „good evidence for prevailing trends in contemporary Platonism. […] not as a platonist in his own right“ (439). Dennoch bereitet diese Einbeziehung, wie ich meine, einer Neubestimmung des Philosophiebegriffes für diese Phase des Platonismus den Weg. Denn mit dem jüdischen Schriftausleger und dem delphischen Apollonpriester tritt die religiöse Seite mittelplatonischer Philosophie in den Vordergrund, obwohl Dillon die beiden Autoren gerade unter methodischer Ausblendung der Verankerung ihrer philosophischen Aussagen in der religiösen Tradition aufnehmen will, um einer vorgängigen philosophischen Systematik folgen zu können. Programmatisch schreibt er im Blick auf Philon: ,,Our concern in this work is not with Philo as a whole […], but simply with the evidence which he provides for contemporary Platonism. We cannot, therefore, go into the Jewish side of his thought“.30 Eine solche Differenzierung und Aufspaltung erscheint methodisch problematisch. Sind religiöse Tradition und philosophische Interpretation – also Platonismus und griechisch-römische Religion, Platonismus und Judentum, Platonismus und Christentum – zu einer Einheit verschmolzen, so können sie nicht ohne Verlust eines entscheidenden Zuges der in Frage stehenden Epoche der Philosophie- und Religionsgeschichte wieder voneinander getrennt werden. Der philosophische Gehalt lässt sich nicht aus der religiösen Grundlage herausdestillieren: „Geht man von der üblichen Unterscheidung zwischen philosophischem Denken, dem Bereich der Vernunft, und dem Glauben aus, […] versperrt man sich den Zugang zu Philons Philosophieverständnis […] [Philon will] den Begriff ‚Philosophie‘ nicht allein auf die Tradition begrenzen, die von den griechischen Philosophen repräsentiert wird.“31 Was Carlos Lévy im Blick auf Philon formuliert, könnte man im Wesentlichen auch auf Plutarch übertragen, wenn man die Betonung im letzten Halbsatz auf „Philosophen“ legt (und also auf einen Alleinanspruch von philosophischem Denken gegenüber der religiösen Tradition bezieht): beide Autoren sind sich darin einig, dass philosophische Wahrheit gerade auch der religiösen Überlieferung (im Verbund mit philosophischem Denken) zu entnehmen ist. Tritt man ohne eine vorgängige starre Trennung zwischen Philosophie und Religion an die betreffenden Autoren heran, so zeichnet sich 30
J.M. DILLON, The Middle Platonists. 80 B.C. to A.D. 220, Ithaca/New York 1996, 144. Ein weiterer Einfluss Philons auf den Mittelplatonismus – abgesehen von den christlichen Platonikern in Alexandria – sei, so Dillon, nicht nachweisbar. 31 C. LÉVY, Philon aus Alexandria. Glaube und Philosophie, in: M. ERLER, A. GRAESER (Hgg.), Philosophen des Altertums. Vom Hellenismus bis zur Spätantike, Darmstadt 2000, 70–90, 73.
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der Mittelplatonismus als eine stark von der Religion bestimmte Strömung ab. Dillon hat dies später aufgenommen, wenn er in Plutarchs Schriften einen „Alexandrian type of Platonism“ erkennt, der sich gerade durch seine Verbindung von Religion und Philosophie auszeichne und den Dillon insbesondere mit Plutarchs ägyptischem Lehrer Ammonios und mit Philon von Alexandrien in Zusammenhang bringt.32 G. Sterling dringt weiter in diese Richtung vor und bereitet in einem Aufsatz durch die Aufnahme paganreligiöser Autoren (Chairemon, Plutarch und Numenios) ein „redrawing the map of Middle Platonism“33 vor. In den ersten beiden Jahrhunderten gebe es, so hebt Sterling hervor, „philosophers who read sacred oriental traditions through the lenses of occidental philosophies by means of allegorical exegesis.“34 Im paganen wie im jüdisch-christlichen Bereich gibt es nun Tendenzen, Philosophie von einem religiösen Standpunkt aus zu betreiben und die Rationalität religiöser Traditionen zu erweisen. Der Mittelplatonismus als eine Tradition, innerhalb derer die Schriften Platons neu gelesen und für die Gedanken der eigenen Zeit adaptiert werden, tritt, so zeigt sich, in ein Gespräch mit unterschiedlichen religiösen Traditionen ein, und entwickelt so eine charakteristische Art, Philosophie zu treiben. Mit der geläufigen Abgrenzung zwischen Judentum/Christentum und griechischer Philosophie wird man demnach den Quellen nicht gerecht. Zur Diskussion steht vielmehr innerhalb der verschiedenen religiösen Systeme, ob philosophisches Denken sich sinnvollerweise auf Traditionen der gelebten Religion beziehen kann – sei sie jüdischer, christlicher oder pagan-religiöser 32
So in seinem Beitrag zu dem wegweisenden Sammelband von FREDE, LAKS, Traditions of Theology (s. Anm. 1). 33 Vgl. D. RUNIA, Redrawing the map of Early Middle Platonism. Some Comments on the Philonic evidence, 85–104, in: A. CAQUOT u.a. (Hgg.), Hellenica et Judaica. Hommage à V. NIKIPROWETZKY, Leuven/Paris 1986, 85–104 (wieder abgedruckt in: Ders., Exegesis and Philosophy. Studies on Philo of Alexandria [Collected Studies Series 332], Hampshire 1990). Man könnte weiter Apuleius in den Blick nehmen, dessen Verbindungen zur Isis-Religion, zu Mysterien und Magie sich nicht von seinen philosophischen Schriften abtrennen lassen. 34 G.E. STERLING, Platonizing Moses: Philo and Middle Platonism, SPhA 5 (1993) 99. Sterling gründet seine Sicht Philons auf dessen Präsentation des Mose als des höchsten Philosophen, dessen Weisheit zugleich auf göttlicher Offenbarung beruht. Das philosophiegeschichtliche Problem der Einordnung Philons als eine bloße Fußnote zur Philosophie der Antike brachte H.A. WOLFSON in seinem Aufsatz „What is New in Philo“ bereits 1947 auf den Punkt (wieder abgedruckt in: H.A. WOLFSON, From Philo to Spinoza. Two Studies in Religious Philosophy [eingeleitet von I. TWERSKY], New York 1977, 17–38; bes. 17f.). Wolfson sieht das Problem vor allem in einer von Euseb und Augustin herrührenden christentumszentrierten Geschichtsauffassung. Diese Geschichtsauffassung, so könnte man ergänzen, hat indes nicht nur dazu geführt, den Einfluss Philons herunterzuspielen, sondern auch zu der Meinung, dass außerchristliche religiöse Aspekte in der Philosophie nur dann aufnahmefähig waren, wenn sie – wie zunehmend im Neuplatonismus – spekulativ von der gelebten religiösen Tradition abgelöst waren.
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Provenienz. Wenn umgekehrt ein Rekurs auf Traditionen der gelebten Religion auch innerhalb des pagan-religiösen Platonismus stattfindet, dann eröffnet dies die Möglichkeit, diesen Prozess der Verbindung von religiöser Tradition mit philosophischer Deutung nicht mehr als Einbahnstrasse zu verstehen und nach dem jüdischen (und später christlichen) Beitrag zum gesamtplatonischen Gespräch zu fragen.35 Die Bedeutung Philons besteht dann nicht mehr lediglich in der Adaptation jüdischen Denkens an hellenistische Philosophie, sondern das Phänomen religiöser Philosophie kann in der gegenseitigen Beeinflussung wahrgenommen werden (oder zumindest die Frage nach einer solchen Beeinflussung gestellt werden). Dies eröffnet insbesondere in der Debatte um den Monotheismus der frühen Kaiserzeit interessante Perspektiven. Den Diskussionsbedarf im Blick auf eine philosophiegeschichtliche Verortung des jüdischen wie des christlichen Platonismus hatte bereits Dillon an verschiedenen Stellen markiert: „It cannot be said that any degree of consensus has emerged on Philo’s place in the history of Greek philosophy.“36 Eine Berücksichtigung frühchristlicher Texte, insbesondere alexandrinischer Provenienz unterbleibt in seiner Darstellung lediglich aus praktischen Erwägungen: „On one system of paramount importance Platonism has had a most powerful influence, that of Christianity. The subject of Christian Platonism, in particular that of Clement and Origen, of the Alexandrian School of exegesis, would extend this book beyond reasonable limits. Clement, 35 Eine detaillierte Studie hierzu steht noch aus; vgl. den Beitrag von G. Sterling in diesem Band sowie die dort angegebene Literatur. Er könnte insbesondere über sprachliche Parallelen (Septuagintismen) geführt werden, wie sie sich vereinzelt etwa bei Plutarch sichtbar machen lassen (so etwa in De latenter vivendo die sexuelle Konnotation von γιγνώσκειν bzw. γνῶσις 6,1130AB; vgl. 4,1129BC; dazu R. HIRSCH-LUIPOLD, Gedeihen im Licht – Verderben im Dunkel, in: Plutarch, Ist „Lebe im Verborgenen“ eine gute Lebensregel?, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von U. BERNER, R. FELDMEIER, B. HEININGER, R. HIRSCH-LUIPOLD [SAPERE 1], Darmstadt 22001, 107; mit Anm. 29 und 30; weiter die Assoziation von δόξα mit Licht). Aber auch gedanklich-motivische Parallelen, wie sie sich zwischen der Tabula Cebetis und Philon sichtbar machen lassen (vgl. die Einleitung zu: Die Bildtafel des Kebes. Allegorie des Lebens, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von R. HIRSCH-LUIPOLD, R. FELDMEIER, B. HIRSCH, L. KOCH und H.-G. NESSELRATH [SAPERE 8], Darmstadt 2005, 25f.), deuten in diese Richtung. 36 So schreibt er im Nachwort zu der 1996 erschienenen 2. Auflage der Middle Platonists (s. Anm. 30) bei einem Überblick über die Forschungsgeschichte der 70er–90er-Jahre. Für die Schwierigkeiten der Einordnung der entsprechenden Texte und Autoren der frühen Kaiserzeit zwischen Religion und Philosophie sei beispielhaft auf die instruktive Diskussion über Philon in SPhA 5 (1993) zwischen G.E. STERLING, Platonizing Moses (s. Anm. 34), und D.T. RUNIA, Was Philo a Middle Platonist? A Difficult Question Revisited, 112–140, mit Antworten in demselben Band von D. WINSTON (141–146), T.H. TOBIN (147–150) und J. DILLON (151–155), verwiesen; vgl. auch DILLON, Middle Platonists (s. Anm. 30), 438–441, der eine exzellente Zusammenfassung der Diskussionslage bietet und die entscheidende Literatur nennt.
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in fact, seems to derive much of his Platonism from Philo, though he must certainly have been influenced by contemporary trends.“37 Von hier aus wird sowohl die religiöse Seite des mittleren Platonismus als auch die Einbindung des Johannesevangeliums und anderer frühchristlicher Schriften in die geistes- und literaturgeschichtliche Entwicklung der Zeit zu erhellen sein.
4. Der religiöse Charakter kaiserzeitlicher Philosophie und seine Bedeutung für die Einordnung neutestamentlicher Schriften Je mehr die religiöse Verwurzelung frühkaiserzeitlicher Philosophie nicht nur im Sinne spekulativer Theologie, sondern im Sinne gelebter religiöser Tradition als integraler Bestandteil der philosophischen Literatur in der frühen Kaiserzeit wahrgenommen wird, um so näher rückt die neutestamentliche Literatur an den Bereich der zeitgenössischen religiös-philosophischen Literatur heran. Der Ausgang der Denkbewegung von der religiösen Überlieferung und von einer Gottesvorstellung erscheint dann nicht mehr als jüdisch-christlicher Sonderweg. Lässt er sich auch bei paganen zeitgenössischen Philosophen aufzeigen, so wird deutlich, dass die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Religion sich nicht mehr nur und nicht einmal primär als Frage nach dem Verhältnis von griechischem Denken und jüdisch-christlicher Religion stellt. Vielmehr ist der Streit zwischen einer rein rational begründeten und einer an die Traditionen der Religion gebundenen Philosophie auch innerhalb der pagan-griechischen Philosophie wahrzunehmen. Im Folgenden möchte ich thesenartig einige Aspekte nennen, die meines Erachtens für das Philosophieverständnis des religiösen Platonismus der Kaiserzeit maßgeblich sind38:
37 Middle Platonists (s. Anm. 30), 396. Zur Aufnahme Philons bei den Kirchenvätern vgl. I. RAMELLI, Philosophical Allegoresis of Scripture in Philo and its Legacy in Gregory of Nyssa (das Manuskript des bei der Ratio Religionis-Sommerwerkstatt 2007 gehaltenen und in Bälde in SPhA erscheinenden Aufsatzes wurde mir von der Verfasserin freundlicherweise zur Verfügung gestellt). 38 Diese folgenden Punkte werden in R. HIRSCH-LUIPOLD, Der eine Gott bei Philon von Alexandrien und Plutarch, in: Ders. (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch (s. Anm. 2) etwas breiter ausgeführt. Einige Aspekte davon führt auch GÖRGEMANNS, Philosophie (s. Anm. 2) im Blick auf das Christentum auf. Zusammenfassend schreibt er: „Die philosophische Gotteslehre, die in dieser Zeit (zumal im mittleren Platonismus) in den Vordergrund tritt, sowie die philosophische Ethik (vor allem in der Stoa) wird als verwandt mit dem Christentum empfunden, und philosophische Denkmotive werden aufgenommen und zur Ausgestaltung
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4.1 Gelebte religiöse Tradition als Anstoß und Gegenstand philosophischen Nachdenkens In der Literatur der frühen Kaiserzeit wirkt religiöses Denken nicht nur im Sinne der Theologie als des spekulativen Nachdenkens über Metaphysik auf die Philosophie ein und wird zum zentralen Gegenstand des Nachdenkens über die ἀρχαί der Welt. Charakteristisch kommt es zudem zu einer Aufnahme von Traditionen gelebter Religion (Mythen, Riten, Götterbilder, Kultorte), die vielfach zum Ausgangs- und Kristallisationspunkt philosophischer Überlegungen werden. Dabei zeigt sich, dass die Philosophie die gelebte religiöse Tradition nicht nur legitimiert, sondern sich zugleich – im Sinne uralter Weisheitstraditionen – wesentlich auf sie gründet. Beispiele hierfür lassen sich aus den unterschiedlichen religiösen Traditionen (jüdisch – christlich – pagan) anführen.39 Philon von Alexandrien entwickelt seine gesamte Philosophie bekanntermaßen als Auslegung der für ihn entscheidenden religiösen Tradition, der Torah, also der seiner Meinung nach von Mose als dem großen Weisheitslehrer, von dem auch alle griechische Philosophie abhängt, verfassten fünf Bücher Genesis bis Deuteronomium. Diese sucht er durch eine bildhaft-allegorische Interpretation mit den Schriften Platons ins Gespräch zu bringen.40 In ähnlicher Weise findet auch der delphische Priester Plutarch platonische Gedanken in den Traditionen der gelebten Religion wieder, die er als παλαιὰ πίστις bezeichnen kann (Amat. 13,756AB). Plutarch nimmt verschiedenste Götterbilder, Riten und Mythen, die pythagoreischen Symbola und die Zeichen der Gymnosophisten bis hin zu jüdischen Überlieferungen auf.41 Diese werden nicht nur im Sinne eines antiquarischen Interesses gesammelt, sondern zur Quelle des Nachdenkens über Gott bzw. das Göttliche und die Welt gemacht: Plutarch folgt damit der Maxime, die er am Beginn von De defectu oraculorum einer der Hauptfiguren des Dialogs, einem „heiligen Mann“, zuschreibt: „Er sammelte Überlieferungen gleichsam als Rohstoff für eine Philosophie, welche die theologia, wie er selbst sie nannte, zum Ziel hatte.“42 Insbesondere delphische Traditionen rezipiert Plutarch breit und versieht sie mit philosophischen Deutungen – so in De Pythiae oraculis verschiedenste Weihegaben oder in De E apud Delphos das rätselhafte Epsilon-Zeichen am Tempel des Apollon in Delphi. 43 Ähnlich verfährt er mit ägyptischen
der christlichen Theologie benutzt. Diese Offenheit für die Philosophie erreicht einen Höhepunkt in der alexandrinischen Schule“ (616). 39 Vgl. die Diskussion von Chairemon, Plutarch und Numenios neben Philon bei STERLING, Platonizing Moses (s. Anm. 34), 103–110. 40 Über die weitere hellenistisch-jüdischen Literatur wie die Sapientia Salomonis, aber auch den Aristeasbrief und den 4. Makkabäerbrief vgl. die Beiträge von G.E. Sterling und R. Feldmeier in diesem Band. 41 Vgl. dazu die verschiedenen Beiträge des Sammelbandes HIRSCH-LUIPOLD (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch (s. Anm. 2). 42 Plut. De def. orac. 2,410B2–4 συνῆγεν ἱστορίαν οἷον ὕλην φιλοσοφίας θεολογίαν ὥσπερ αὐτὸς ἐκάλει τέλος ἐχούσης. 43 Vgl. dazu den Beitrag von T. Thum im vorliegenden Band.
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und zoroastrischen Traditionen, die er in De Iside et Osiride zur Grundlage seiner kosmologischen, erkenntnistheoretischen und soteriologischen Überlegungen macht. Die Verbindung von religiöser Tradition und philosophischem Denken bei Dion von Prusa hat H.-J. Klauck in einer ausführlichen Untersuchung zur Olympischen Rede herausgearbeitet.44 Gegenstand der Rede ist das von Phidias gefertigte chryselephantine Kultbild des Zeus in Olympia, das Dion mit einer Reihe übertragener Deutungen versieht. In seiner borysthenitischen Rede nimmt Dion wie Plutarch zoroastrische Mythologie auf. Ein rätselhaftes Bild auf einer Weihetafel in einem Kronosheiligtum entpuppt sich in der Tabula Cebetis, die im 1. Jh. n.Chr. entstanden sein dürfte, als verschlüsselte Darstellung des Weges zu einem erfüllten Leben. Die Rahmenhandlung beschreibt die Betrachtung des Bildes durch einige Fremde. Da sie dessen Inhalt nicht deuten können, wird er ihnen von einem alten Mann erschlossen: das Gemälde stellt – in mehren ineinander geschachtelten Mauerringen (die den Bereich des Körperlich-Sinnlichen, der Scheinbildung und der wahren Bildung symbolisieren) – das Leben dar, durch das die Menschen über verschiedene Stationen hinweg und vorbei an einer Vielzahl von personifizierten Lastern, mit Hilfe der „Wahren Paideia“ die „Glückseligkeit“ (Eudaimonia) finden müssen. Mit der Aufnahme religiöser Tradition ist es hier freilich noch komplizierter; das Gemälde, das hier beschrieben wird, wird es in dieser Form wohl nie gegeben haben – es ist literarische Fiktion.45 Dasselbe gilt freilich auch für die Lehren des Hermes in den Texten des Corpus Hermeticum. Wir berühren das schwierige Gebiet der Fiktion autoritativer religiöser Tradition, das wir hier nicht aufrollen können.
4.2 Religiöse Tradition und literarisch-hermeneutischer Zugriff Die Aufnahme religiöser Überlieferung in die Philosophie hat Übereinstimmungen im literarisch-hermeneutischen Zugriff über alle religiösen Provenienzen hinweg zur Folge, die bislang kaum Beachtung fanden: 4.2.1 Philosophie als Interpretation Es handelt sich bei dieser Form religiöser Philosophie wesentlich um Auslegungsliteratur – dies ist bei Philon offensichtlich, gilt aber mutatis mutandis auch für Plutarch: Bei Philon folgt die Darstellung – selbst in seinen systematischen Schriften – wesentlich dem Textaufbau der biblischen Überlieferung, insbesondere der Torah. Anstatt systematisch von vorgängigen Kategorien her aufgebaut zu sein, lässt sich diese Literatur auch in der Systematik von den Vorgaben der religiösen Tradition leiten46, was ihr vielfach den Vor44
Vgl. Dion von Prusa, Olympische Rede, eingeleitet, übersetzt und interpretiert von H.J. KLAUCK. Mit einem archäologischen Beitrag von B. BÄBLER (SAPERE 2), Darmstadt 22002, 186–216. 45 Vgl. B. HIRSCH, Personifikationen in der Tabula Cebetis und in der antiken Bildkunst, in: HIRSCH-LUIPOLD u.a., Bildtafel (s. Anm. 35), 164–182, hier 165. 46 Aufgrund der Verwendung religiös-mythischer Sprache und des Bezugs auf gelebte religiöse Traditionen verbunden mit bildhaft-allegorischen Deutungen gelten die betreffenden Texte einer philosophischen oder philosophiegeschichtlichen Betrachtung im Sinne des von MANSFELD (vgl. oben, Anm. 3) genannten Kriteriums bis heute vielfach als unphilosophisch. Diese Position kann sich auf einen Strang der antiken, insbesondere stoischen
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wurf des Unsystematischen einträgt. Indem die religiösen Traditionen, sei es nun aus der jüdischen Torah, aus dem klassisch-griechischen Pantheon oder aus der ägyptischen Religion, mit den philosophischen, insbesondere platonischen Traditionen ins Gespräch gebracht werden, kommt es zu einer gegenseitigen Beeinflussung und Erschließung, so dass sich auch bei der Relecture der platonischen Dialoge neue, im Platonismus ungewöhnliche Interpretationen ergeben. Dazu zählt bei Plutarch insbesondere die – deutlich über Philon hinausgehende – weitgehende Ersetzung des platonischen Ideenhimmels durch den Gottesgedanken.47 4.2.2 Die Methode bildhaft-allegorischer Auslegung Um die religiösen Traditionen philosophisch deuten zu können, bedient sich diese Literatur einer bildhaft-allegorischen Methode und Sprachform. Sie findet sich im paganen Bereich48, aber auch bei Chairemon, Dion von Prusa, Numenios, Porphyrios und anderen.49 Dieses sprachliche Verfahren setzt in der Regel eine platonische Bildhermeneutik voraus, die die göttliche Wahrheit aufgrund eines ontologischen (oder auch schöpfungstheologischen) Zusammenhangs im phänomenalen Gegenstand wiedererkennt: die dem Menschen unzugängliche göttliche Wahrheit ist im – sprachlichen wie sinnlich wahrnehmbaren – Bild in gebrochener Weise gegenwärtig. Insbesondere die religiöse Tradition enthält Spuren der göttlichen Wahrheit, die auf diesem Weg der bildhaften Interpretation einen Weg zur Ebene des Göttlichen bzw. zu Gott (und damit zum Heil) eröffnen. Firmiert dieses Verfahren in der Forschung meist unter dem Begriff der Allegorie, der ein primär sprachliches Geschehen insinuiert, so erweist sich die Terminologie der Autoren als ausgesprochen vielfältig:
Philosophie berufen, der eben diesen Bezug zur gelebten, praktizierten Religion kritisiert; vgl. Senecas 41. Brief im Textteil sowie die Interpretation von M v. Albrecht in diesem Band, S. 35–39. Insbesondere der Gedanke einer Beeinflussbarkeit der Götter erscheint sinnlos; vgl. auch Max. Tyr. Diss. 5,4 sowie Görgemanns in diesem Band, S. 53. 47 Aber auch ein wörtliches Verständnis des Timaios im Sinne der Vorstellung einer Schöpfung in der Zeit (vgl. J. DILLON, Plutarch and God: Theodicy and Cosmogony in the Thought of Plutarch, in: FREDE, LAKS, Traditions of theology [s. Anm. 1]). 48 Vgl. R. HIRSCH-LUIPOLD, Plutarchs Denken in Bildern: Studien zur literarischen, philosophischen und religiösen Funktion des Bildhaften (STAC 14), Tübingen 2002. 49 Entsprechend fügte bereits H. DÖRRIE, Der Platonismus in der Kultur- und Geistesgeschichte der frühen Kaiserzeit, in: Ders., Platonica Minora (Studia et testimonia antiqua 8), München 1976, 166–210, seinem Abschnitt „Platonismus als Theologie“ (205f.) einen wieteren Abschnitt „Symbolische Ausdeutung von Religion und ‚Gebildeten-Religion‘“ (206– 209) an, in dem er die symbolischen Deutungen religiöser Traditionselemente bei Plutarch, aber auch bei Numenios und Porphyrios anspricht (wobei er freilich einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Platonismus und Christentum aufbaut).
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Plutarch wie Philon kennen eine ganze Palette von Bildbegriffen.50 Philon verwendet ἀλληγορία, αἴνιγμα bzw. αἰνίττομαι und ὑπόνοια, vor allem aber σύμβοloν bzw. συμβολικῶς.51 Freilich lässt sich durchaus ein Unterschied in der Gattung bildhafter Deutung zwischen Plutarch und Philon festmachen, der eine unterschiedliche Ontologie und Theologie widerspiegelt. Philon tendiert stärker zu Allegorie, zu einer echten Übertragung der biblischen Geschichten, die den Effekt einer weitgehenden Entgeschichtlichung hat, während Plutarch stärker zu bildhaften, gleichnishaften Deutungen neigt.52 Innerhalb des Neuen Testaments folgt dieser Methode der bildhaften Auslegung religiöser Tradition insbesondere die johanneische Version der Jesusgeschichte: diese Geschichte liegt dem Evangelium als religiöse Tradition zugrunde und wird von ihm bildhaft ausformuliert.53 In Jesus Christus wird die Realität Gottes gemäß der Deutung dieses Evangeliums zu einem Teil der körperlichen Welt (Joh 1,14), und damit wird das, was niemand jemals gesehen hat und prinzipiell niemand sehen kann (1 Tim 6,16), wahrnehmbar (Joh 1,18).54 Freilich immer nur in gebrochener Weise: Jesu vollmächtige Handlungen sind für das Johannesevangelium „Zeichen“, die demjenigen, der glaubt, die Augen für die bereits in die Welt eingebrochene Realität Gottes öffnen.55 Wenn der Gläubige gemäß dem Johannesevangelium in seiner Begegnung mit Christus Gottes des Vaters selbst ansichtig wird, wie in 14,1–11 in besonderer Klarheit deutlich wird, dann setzt dies – im Rahmen der bisherigen Überlegungen – notwendig die Einheit von Vater und Sohn (im Sinne einer unmittelbaren Beziehung) voraus, die in 10,30 dann auch explizit behauptet wird. 50
Zu Plutarch vgl. HIRSCH-LUIPOLD, Denken in Bildern (s. Anm. 49), 119–158. So z.B. Leg. All. 1,1. Vgl. zur Bildkonzeption Philons allgemein H. WILLMS, ΕΙΚΩΝ: Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zum Platonismus, I. Teil: Philon von Alexandrien. Mit einer Einleitung über die Zwischenzeit, Münster 1935. 52 Vgl. dazu HIRSCH-LUIPOLD, Der eine Gott (s. Anm. 38), 150–152. 53 Als zweite zentrale Schrift wäre der Hebräerbrief anzuführen. 54 Mit der Bedeutung der Körperlichkeit Jesu im Johannesevangelium allgemein setzt sich auseinander M.M. THOMPSON, The Incarnate Word. Perspectives on Jesus in the Fourth Gospel, Peabody 1988. 55 Vgl. den interessanten Beitrag von S. v. TILBORG, Cosmological Implications of Johannine Christology, in: G. v. BELLE u.a. (Hgg.), Theology and Christology in the Fourth Gospel. Essays by the Members of the SNTS Johannine Writings Seminar (BEThL 184), Leuven 2005, 483–502, der dies über das Evangelium hinweg nachzeichnet. Diese Offenbarung Gottes in Christus hebt sich deutlich ab von der Art und Weise, wie Gott im Corpus Hermeticum wahrnehmbar wird. In CH V 1–2 zeigt sich der ewige, ungewordene und deshalb auch nicht wahrnehmbare Gott in einer Art natürlicher Theologie durch alle Dinge, die er sichtbar hervorgebracht hat (vgl. Röm 1,20; SapSal 13,5); hier weist die gute Schöpfung auf den Schöpfer hin bzw. wie in Röm 1 auf die Überlegenheit des Schöpfers gegenüber dem von ihm Geschaffenen. Was hier gesehen und gefühlt werden kann, ist also die Existenz Gottes und sein gütiges Wesen, nicht aber Gott selbst, wie das Johannesevangelium behauptet. 51
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4.3 Bildhermeneutik und religiöse Ästhetik Dieser Bildhermeneutik liegt ein gewandelter Bildbegriff und damit auch eine gewandelte Sicht der körperlichen Welt zugrunde. Die Aspekte der körperlichen-wahrnehmbaren Welt erscheinen nicht mehr als defizitäres Abbild der göttlich-intelligiblen Wahrheit, sondern sie erfahren eine erkenntnistheoretische Aufwertung zum wahrhaften Bild, das einen Zugang zur göttlichen Wahrheit zu vermitteln vermag. Wenngleich das Bild nicht mit dem göttlichen Ursprung identisch ist, so doch unmittelbar mit diesem verbunden, weshalb – bei dem rechten Verständnis – eine Erkenntnis Gottes über das Bild möglich wird. Diese Entwicklung führt zu einer positiven Weltsicht, die man in den Zusammenhang „religiöser Ästhetik“ bringen kann: Die Welt erscheint als Schöpfung Gottes und Ausfluss seiner Güte und deshalb als Tempel der Gottheit, in dem wir täglich unser Leben als ein Fest für die Gottheit feiern sollen, wie Plutarch am Ende von De tranquillitate animi sagt.56 Diese Ästhetik findet ihren Anstoß letztlich schon bei Platon, der im Timaios einen Lobpreis auf die Augen hält (46e–47c) und die Welt am Ende der Schrift bezeichnet als εἰκὼν τοῦ νοητοῦ θεὸς αἰσθητός, μέγιστος καὶ ἄριστος κάλλιστός τε καὶ τελεώτατος γέγονεν εἷς οὐρανὸς ὅδε μονογενὴς ὤν (92c). Klemens von Alexandria bringt diese Sicht in einer hermeneutischen Passage in den Stromateis auf den Begriff, wenn er über den νόμος sagt, auch wenn dieser nur ein Bild und Schatten der Wahrheit sei, so sei er eben tatsächlich ein Schatten (d.h. er macht wirklich – wenn auch nur in Umrissen – etwas vom Wesen der Wahrheit sichtbar).57 4.4 Die Rolle des asymmetrischen Dualismus als Ausdruck der Bezogenheit in Unterschiedenheit Dualistische Ausdrucksweisen (Licht – Dunkelheit, Leben – Tod, Sein – Vergänglichkeit), wie sie sich in dieser Literatur verschiedentlich finden, bringen die kategoriale Unterschiedenheit zum Ausdruck zwischen dem Sein Gottes, das allein Sein im Vollsinn für sich beanspruchen kann und deshalb zugleich als Quelle wahren Lebens erscheint, und der Existenz der vorfindlich-körperlichen Welt, die von Werden und Vergehen geprägt und deshalb grundsätzlich der Vergänglichkeit anheim gestellt ist. Diese Ausdrucksweisen sind zunächst einmal prinzipiell, nicht moralisch, und gründen auf dem grundsätzlichen Gegensatz zwischen dem wahren Sein und einer Existenz zwischen 56
Plut. De tranqu. an. 20,477C–E; vgl. R. HIRSCH-LUIPOLD, Aesthetics as Religious Hermeneutics in Plutarch, in: A. PÉREZ-JIMÉNEZ, F. TITCHENER (Hgg.), Valori letterari delle Opere di Plutarco. Studi offerti al Professore Italo Gallo dall’International Plutarch Society, Malaga/Logan 2005, 209–213. 57 Clem. Alex. Strom. VI 7,58 κἂν ὁ νόμος εἰκὼν καὶ σκιὰ τῆς ἀληθείας τυγχάνῃ, σκιά γε ὁ νόμος τῆς ἀληθείας […].
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Werden und Vergehen. Im Sinne eines prinzipiellen, nicht eines moralischen Dualismus sind die Aussagen sowohl in der Ammonius-Rede bei Plutarch als auch im Johannesevangelium zu verstehen. Die Einsicht in diese kategoriale Unterschiedenheit zwischen Welt, Mensch und Gott ist zugleich erkenntnistheoretische Voraussetzung und protreptisches Movens. Erst diese Einsicht setzt die Sehnsucht nach dem Sein Gottes und die Suche nach ihm in Gang. Dem γνῶθι σαυτόν, der Einsicht in die eigene Vergänglichkeit und die Endlichkeit der Welt, die sich zugleich dem anerkennenden Erkennen Gottes als des einzig wahren Seins verdankt, entspringt der heilsame Impuls, nach dem Sein Gottes zu streben und sich mit ihm durch das „Du bist“ in Beziehung zu setzen.58 Wir haben es gewissermaßen mit einer frühen Form dialektischer Theologie zu tun. Die Einsicht in die Unterschiedenheit der Welt ermöglicht aber auch erst die Einsicht in ihren Bildcharakter und ihre hermeneutische Funktion, die es erlaubt, die Gegenstände der Welt so zu interpretieren, dass sie etwas über den göttlichen Urgrund kundtun. Wird der Bildcharakter verkannt und die körperliche Welt als das Eigentliche und Letzte verstanden, so wird sie nicht mehr auf die göttliche Welt hin durchsichtig, sondern verstellt vielmehr den Blick auf diese.59 Die mangelnde Unterscheidung würde eine Verwechslung von Welt und Gott zur Folge haben – eben so lautet der Vorwurf an die stoischen Gegner. Die Schönheit der Welt, geschaffen, um auf den Urgrund aller Schönheit hinzuführen, würde den Menschen gerade in der Immanenz fesseln und sein Ziel vergessen lassen. Ethisch hätte dies ein Verbleiben in der Verderblichkeit und Tod anheimgegebenen Wirklichkeit, ein Verfehlen des Lebens zur Folge. Wer sich vor dem Licht verschließt, der verbleibt in der Dunkelheit, so formuliert es das Johannesevangelium. Deshalb läuft der kategoriale Unterschied zwischen dem Sein Gottes und der Vergänglichkeit der Welt auf ein prinzipielles Entweder-Oder hinaus. Dies in aller Schärfe deutlich zu machen, ist die protreptische Funktion entsprechender Aussagen. Diese kategoriale Unterscheidung und das darin enthaltene dualistische Element darf allerdings nicht als grundsätzliche Abwertung der körperlichen Welt missverstanden werden. In der scharfen Unterschiedenheit bei gleichzeitiger Bezogenheit wird zugleich die besondere Würde der Welt als eines echten Bildes deutlich. Das Problem der Interpretation des Verhältnisses von körperlichem Zeichen und göttlichem Ursprung, von Inkarnationsgedanke und Herrlichkeitsvorstellung, das M. M. Thompson an der Auseinandersetzung zwischen 58
Plut. De E 20,393B. Ansonsten lenkt sie vom Göttlichen gerade ab, was Plutarch am Beispiel der Sonne deutlich macht (Amat. 764E), die ihm eigentlich als unmittelbares Bild des Göttlichen in der wahrnehmbaren Welt erscheint, insofern sie Wahrnehmung und Vernunft erst möglich macht. 59
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E. Käsemann und seinem Lehrer R. Bultmann vorgeführt hat, illustriert trefflich dieses mögliche Missverständnis.60 Hatte Käsemann gegenüber Bultmann den Kern des Evangeliums nicht in dem „Das Wort ward Fleisch“, sondern in dem „und wir sahen seine Herrlichkeit“ entdecken wollen, so liegt das Problem in der damit aufgemachten Alternative zwischen „Fleisch“ und „Herrlichkeit“. Es handelt sich dabei nicht um zwei Perspektiven, die einander widersprechen, sondern das Evangelium versucht darzulegen, wie die ewige Herrlichkeit Gottes in der Geschichte Jesu Christi wahrgenommen werden kann, weil sie in ihm Fleisch geworden ist. Die religiöse Hermeneutik hat vielmehr einen erkenntnistheoretischen Optimismus zur Folge, der zu einer positiven Wertung der Welt und der Weltwahrnehmung führt. Dies lässt sich im Johannesevangelium insbesondere an jenen Geschichten zeigen, die im 2. Teil dieser Ausführungen zum Thema werden: Kana, Lazarus, Thomas. Freilich gibt es in der Bestimmung des Verhältnisses von göttlichem Logos und Welt einen signifikanten Unterschied zwischen der paganreligiösen und der christlichen Hermeneutik: bei Philon wie bei Plutarch findet sich lediglich der Optimismus, dass der Logos als Abdruck in der Welt körperlich fassbar ist. Unvorstellbar dagegen ist die Idee, der göttliche Logos könnte selbst – etwa in einer historischen Figur – Fleisch und damit Teil des Werdens und der Welt werden.
5. Das Neue Testament im Rahmen der religiös-philosophischen Literatur der Kaiserzeit: Die religiöse Ästhetik des Johannesevangeliums als Beispiel 5.1 Gemeinsame Themen und Motive Bevor wir uns beispielhaft dem Johannesevangelium zuwenden, sollen gleichsam als Prolegomena für die Untersuchung der Frage, wie bei der Entstehung eines philosophisch geprägten Nachdenkens über die christliche Tradition historische Erzähltraditionen vom Leben und Wirken Jesu, jüdisch-hellenistische Spekulation und pagan griechische Sprachformen zusammenfließen, einige gemeinsame Themen und Motive angesprochen werden. 5.1.1 Tendenzen zur Einheit und Personalität im Gottesbild61 Monotheistische Tendenzen im Bereich paganer Religion und Philosophie sind gegenwärtig Gegenstand einer größeren Forschungsdebatte über eine
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M.M. THOMPSON, The Incarnate Word (s. Anm. 54), bes. 1–6. Zu diesem Aspekt vgl. HIRSCH-LUIPOLD, Der eine Gott (s. Anm. 38), 152–161.
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Reihe unterschiedlicher Fächer hinweg.62 Die Einzigkeit Gottes, für das Judentum Obersatz ihres Glaubensbekenntnisses in Dtn 6,4 („Höre Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einer“), wird in der platonischen Tradition bei Eudoros von Alexandrien durch die Verbindung von platonischem Denken mit pythagoreischer Einheitsspekulation vorbereitet und entwickelt sich zu einem Kernpunkt der sich ausbreitenden religiös-philosophischen Koine.63 Dieser eine Gott, der unter unterschiedlichen Namen erscheinen kann, geht in die Welt insbesondere als νοῦς oder λόγος ein und zeichnet sich – in einer gewissen Spannung zur abstrakten Einzigkeit der Idee – durch Personalität aus. Er setzt sich zur Welt in Beziehung. 5.1.2 Die Erkennbarkeit des transzendenten Gottes innerhalb und unter den Bedingungen der körperlichen Welt Das Thema findet sich prominent in der johanneischen Literatur, aber auch bei Paulus (Röm 1; 1 Kor 13) sowie in 1 Tim 6.64 Diese Frage hängt mit dem Versuch zusammen, die vollkommene Transzendenz und Unerreichbarkeit Gottes mit einem Eingreifen in die Welt in Einklang zu bringen. Die Betonung der Unfähigkeit des Menschen Gott zu sehen, findet sich im Neuen Testament verschiedentlich: „Kein Mensch hat Gott je gesehen noch kann (δύναται) er ihn jemals sehen“ (1 Tim 6,16). Auch Joh 3,3 könnte man in diesen Kontext einordnen: ἐὰν μή τις γεννηθῇ ἄνωθεν, οὐ δύναται ἰδεῖν τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ.65 5.1.3 Kontaktmetaphorik und Daimonologie Je stärker die absolute Transzendenz des höchsten Prinzips im Hellenismus hervorgehoben wird, umso dringlicher wird die Suche nach einer Vermittlungsinstanz zwischen der intelligiblen und der phänomenalen Sphäre, von
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Vgl. o. Anm. 27. Für den jüdisch-christlichen Gottesgedanken ist der Einheitsgedanke freilich konstitutiv. Im 1. Korintherbrief aber wird er – wie ich in einer künftigen Untersuchung zu zeigen hoffe – zu einem strukturbildenden Prinzip, das von der Theologie ausgehend die unterschiedlichen Themen der Christologie, Ekklesiologie, Anthropologie und Ethik umgreift. 64 Sie wird in den hermetischen Texten ins Zentrum des Interesses rücken; vgl. den Beitrag von H. Görgemanns in diesem Band, S. 60-62. 65 Den Gedanken der grundsätzlichen Unzugänglichkeit Gottes für die menschliche Wahrnehmung nimmt Joh 5,37b auf und weitet ihn auf das Hören aus, wobei die Unfähigkeit Gott wahrzunehmen nun polemisch auf die Gegner zugespritzt wird, was wohl wiederum als Reminiszenz an die Sinai-Perikope verstanden werden kann: „Ihr habt nie seine Stimme gehört noch seine Gestalt gesehen.“ Die polemische Wendung gegen eine bestimmte Gruppe („Ihr“) impliziert ebenso wie die Negation, dass die Unzugänglichkeit grundsätzlich durchaus überwunden werden kann und also nicht im Wesen Gottes begründet liegt. Eine Aufnahme finden solche Gedanken in Apg 17 in der Predigt des Paulus über den ἄγνωστος θεός. 63
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Transzendenz und Immanenz, von göttlicher und körperlich-menschlicher Welt, die einen Rückschluss möglich macht. Diese Möglichkeit zur Vermittlung kann einerseits in einem Kontaktpunkt erblickt werden. Dies führt zur Ausbildung einer eigenen Kontaktmetaphorik in den betreffenden Texten (optische und akustische Metaphorik: Bild, Abdruck, Spiegelbild, Widerschein, Abglanz, Resonanz usw.).66 Sie spiegelt den veränderten Bildbegriff wider, der eine unmittelbare Berührung zwischen intelligibler und phänomenaler Welt denkbar macht. Auf ein anderes Modell, nämlich den Gedanken eines gestuften Übergangs, führt die Metaphorik im pseudo-aristotelischen Traktat De mundo. Die Schrift vergleicht in ihrem theologischen Kapitel 6 das Eingreifen Gottes in die Welt mit den Befehlen des persischen Großkönigs67: auch ihn bekommt man nie unmittelbar zu sehen, sondern nur – über viele Stufen vermittelt – über seine Wirkungen. Die Lehre von δυνάμεις, Daimones oder Engeln macht einen schrittweisen Übergang von einem Bereich in den anderen denkbar. Eine Erkenntnis wird so möglich, ohne dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Erkennendem und Erkanntem gedacht werden muss. Dies hat freilich zur Folge, dass nur das Dass, nicht aber das Wie Gottes erkannt werden kann.68 5.1.4 Kosmologie, Kosmogonie, Schöpfung Diese Fragen werden wesentlich über das Thema der Entstehung bzw. Schöpfung der Welt angegangen. Der platonische Timaios, der neu gelesen und interpretiert wird, wird zu einem Grundtext der Philosophie der frühen Kaiserzeit. Plutarch widmet der Auslegung des Timaios eine eigene Schrift (De animae procreatione in Timaeo), greift das Thema der Kosmogonie aber auch prominent in De Iside et Osiride und in De facie in orbe lunae auf. Philon verbindet den Timaios in De opificio mundi mit der biblischen Schöpfungserzählung. Im christlichen Bereich verbindet sich das Thema der Kosmogonie im Anschluss an weisheitliche Traditionen mit dem Gedanken der Schöpfungsmittlerschaft des göttlichen Logos (so im Johannesprolog und in 1 Kor 8 sowie im Kolosser-Hymnus). 66 Im Neuen Testament finden sich „Kontaktmetaphern“ in 2 Kor 4,4–6, Kol 1,15 und Hebr 1,3 (ἀπαύγασμα, χαρακτήρ); in der Septuaginta insbesondere in SapSal 7,25f.: ἀτμίς, ἀπόρροια, ἀπαύγασμα, ἔσοπτρον, εἰκών. Bei Philon findet sie sich breit, zumeist angestoßen durch Gen 1,26f.; vgl. insbesondere das ausführliche Architektenbild Opific. 17–19; weiter beispielhaft Leg. All. 1,95–99 (χαρακτήρ, ἐντυπόω, νόμισμα, σκιά, ἀπεικόνισμα, ἀρχέτυπον, παράδειγμα, εἰκών allein in 95–96, wiederum gefolgt von dem Architektenbild) und Plant. 18–22. 67 Vgl. den Beitrag von H. Görgemanns in diesem Band, S. 54. 68 Eine Erkenntnis über Gottes οὐσία oder ποιότης ist uns nicht zugänglich; vgl. Phil. Poster. 168 und dazu D.T. RUNIA, The beginnings of the end: Philo of Alexandria and Hellenistic Theology, in: FREDE, LAKS, Traditions of theology (s. Anm. 1).
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5.2 Kontaktpunkte des Johannesevangeliums mit den genannten Aspekten der zeitgenössischen religiös-philosophischen Literatur Wenden wir uns nun beispielhaft dem Johannesevangelium zu, so lassen sich einige der angesprochenen Punkte dort wiederfinden: a) Der Ausgangspunkt vom göttlichen Logos, der – Fleisch geworden – die göttliche Welt des Lichts und Lebens und die von Dunkelheit und Vergänglichkeit geprägte Welt der Menschen miteinander verbindet, greift das Kernproblem der Verbindung der göttlichen mit der körperlichen Welt auf. Gott selbst stellt die Brücke zur Welt her, indem er sich dem Menschen selbst analog und zugänglich macht.69 In Christus, so könnte man in Anlehnung an den unübertrefflichen Buchtitel von Eberhard Jüngel sagen, tritt das göttliche Sein ins Werden. Der Satz „Das Wort ward Fleisch“ behauptet nämlich, dass Gottes ewiges, unkörperliches Sein sich nicht nur in der gewordenen Welt abbildet, sondern Gott selbst Fleisch wird, also das Sein ins Werden tritt. Wenn aber Gott, das wahre Sein, ins Werden tritt, dann wird er notwendig auch der Vergänglichkeit anheim gegeben. Dieser Gedanke, der unmittelbar auf den Tod des fleischgewordenen Logos zuläuft, ist das skandalon dieses Evangeliums in jedem orthodox platonischen Kontext70, das durch die – das Evangelium gegenläufig durchziehende und die gesamte Darstellungsweise legitimierende – Botschaft von der Überwindung dieses Todes durch das Leben eine neue Pointe erhält. b) Dies wird im Johannesevangelium von Anfang an in einen kosmogonischen Horizont eingeordnet. Dadurch werden Theo-Logie und Logosspekulation mit Christologie, Anthropologie und Soteriologie in Zusammenhang gebracht.71 c) Dem Gedanken der Fleischwerdung des Logos inhärent ist das Ziel, eine heils- und lebensstiftende Wahrnehmung und Erkenntnis Gottes möglich zu machen, die in soteriologischer Hinsicht in den Vordergrund tritt: Erkenntnis Gottes bedeutet Heil und Leben. Auf diese Bedeutung der Fleischwerdung deuten die vielen Verben nicht nur des Sehens, sondern allgemein sinnlicher
69 Indem Gott aus sich selbst heraustritt, wird aus dem transzendenten „Logos“ der immanente Sohn (der aber dann freilich wieder das Wort laut werden lässt). 70 Dies ist besonders deutlich in der Polemik des Kelsos, die uns bei Origenes erhalten ist, vgl. J.G. COOK, The interpretation of the New Testament in Greco-Roman paganism (STAC 3), Tübingen 2000, 62–68. 71 Dieselben Themen finden sich ineinander verwoben im Kolosser-Hymnus (Kol 1), während im 1. Korintherbrief, wo sie sich in 1 Kor 8,6 auch finden, mit der eschatologischen zugleich eine teleologische Perspektive vorherrscht: die Einheit Gottes, aus der am Anfang alles durch den einen Herrn Jesus Christus herausgetreten ist, wird am Ende wieder hergestellt werden, wenn der Sohn am Ende alles im Vater wieder zusammenführen und Gott alles in allem sein wird.
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Wahrnehmungen im Zusammenhang des Glaubens im Johannesevangelium hin.72 Diesem Ziel liegt die – im religiösen Mittelplatonismus hervortretende – Einsicht in die radikale Unterschiedenheit zwischen Gott und Welt zugrunde, die die Vergänglichkeit und Sterblichkeit der Menschen besonders stark empfindet. Der Bereich Gottes ist so radikal von demjenigen der Menschen geschieden, dass ein Zugang und eine Erkenntnis Gottes mit den Möglichkeiten menschlicher – und das heißt auch sinnlicher – Wahrnehmung grundsätzlich nicht möglich ist. In diesem Sinne kann man Joh 1,18a (vgl. 1 Joh 4,12) als erkenntnistheoretische Problemanzeige verstehen: „Keiner hat Gott jemals gesehen“. Die Antwort auf diese Problemanzeige war aber in 1,14 bereits formuliert: „Das Wort wurde Fleisch und nahm Wohnung unter uns. Und so sahen wir seine Herrlichkeit – eine Herrlichkeit, wie sie der eingeborene Sohn vom Vater hat, voller Gnade und Wahrheit“. Da diese Gnade und Wahrheit aus der Ewigkeit ins Werden getreten ist (1,17b), können wir sie mit allen Sinnen wahrnehmen: das führt die Geschichte vor Augen, die im folgenden erzählt wird und den geöffneten Himmel über dem Menschensohn schauen lässt (1,51). d) Mit dieser Perspektive geht – im Gegensatz zur klassischen, durch Bultmann zementierten Entgegensetzung von σάρξ und πνεῦμα – eine erkenntnistheoretische Aufwertung körperlicher Wahrnehmung einher, die zur religiösen Ästhetik Plutarchs passt. Als Zeichen verstanden eröffnet die Geschichte Jesu, die körperliche Begegnung mit ihm, bis hin zum Essen seines Fleisches und dem Trinken seines Blutes, einen Zugang zu Gott. e) Die mit dieser Aufwertung der Körperlichkeit und der Einsicht in den Bildcharakter verbundene scharfe Antithetik erhält im Johannesevangelium eine prominente Stellung. Sie darf nicht mit einem Dualismus gegensätzlicher Sphären verwechselt werden, sondern wird primär in der Reaktion der Menschen auf diesen durch Gott hergestellten Kontakt verortet.73 Im Johannesevangelium formuliert sich diese Einsicht in der klaren Alternative: wer seine Augen für das Licht öffnet, bei dem wird es hell. Wer nicht, der bleibt im Dunkeln und hat darin bereits sein Gericht gefunden (Joh 3,19–21).74 f) Das Johannesevangelium erzählt die überlieferte Geschichte von Jesus Christus in einer Aufnahme und bildhaften Deutung der Tradition neu: man kann die Jesusgeschichte als religiöses Traditionsmaterial verstehen, das bei Johannes im Sinne einer „religiösen Ästhetik“ bildhaft aufgegriffen und im 72
Vgl. 1 Joh 1,1–3. Vgl. hierzu klassisch F. MUSSNER, Die johanneische Sehweise und die Frage nach dem historischen Jesus (QD 28), Freiburg/Br. u.a. 1965. 73 Joh 1,9–11; 3,19–21; 9,39–41; 10,19–21. 74 Ähnlich prinzipielle Aussagen im Horizont von Licht und Leben finden sich in Plutarchs Auseinandersetzung mit dem epikureischen „Lebe im Verborgenen“ in seiner Schrift De latenter vivendo.
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Rahmen religiös-philosophischer Überlegungen gedeutet wird. Die äußeren Aspekte der Jesusgeschichte, die er in der synoptischen Tradition vorfindet (Klemens von Alexandria spricht von τὰ σωματικά), versieht Johannes im Rahmen der Darstellung in seinem πνευματικὸν εὐαγγέλιον mit einer bildhaften Deutung. Dies wird im Kolosserbrief durch die Rede von Christus als der εἰκὼν θεοῦ terminologisch auf den Punkt gebracht. Auch die Kennzeichnung der Wunder Jesu als σημεῖα kann man unter dem Stichwort „Bildvokabular“ verorten. Der entscheidende Unterschied wird hier sichtbar: nicht die Welt insgesamt kann als Bild etwas von der Wahrheit Gottes vermitteln: dies bleibt allein dem fleischgewordenen Logos, Jesus Christus, vorbehalten.75 5.3 Religiöse Ästhetik: Zur theologischen Valenz sinnlicher Wahrnehmung innerhalb des „geistlichen Evangeliums“76 Geht man von der Einschätzung des vierten Evangeliums als eines „geistlichen Evangeliums“ aus, das von einem scharfen Dualismus zwischen Geist und Leib, zwischen Gott und Welt geprägt ist, so ist die Körperlichkeit bzw. Sinnenhaftigkeit verschiedener Erzählungen des Evangeliums überraschend. Vier Stellen greife ich heraus, die in der Forschung gerade aufgrund des Verhältnisses von Körperlichkeit und Glauben seit jeher Schwierigkeiten bereitet haben: 5.3.1 Der Geschmack des Lebens Zunächst die Hochzeit zu Kana (Joh 2,1–11). Das erste Wunder Jesu findet signifikanterweise bei einem Fest, einer Hochzeit statt. Aber noch signifikanter ist der Gegenstand des Wunders: Weil bei dem Fest der Wein zur Neige geht, schafft Jesus auf die Intervention seiner Mutter hin Abhilfe. Es ist eine Geschichte, die immer wieder Anstoß erregt hat. Ist das ein sinnvolles Wunder: ein Gelage mit Unmengen von Wein zu versorgen? Der Anstoß be-
75 Entsprechend auch bei Paulus: wenn er am Beginn des 1. Korintherbriefs den zeitgenössischen Anspruch der philosophischen Valenz religiöser Tradition aufnimmt und ein von der religiösen Tradition abgekoppeltes Weisheitsstreben als Torheit brandmarkt, so radikalisiert er sie zugleich, indem er eine bestimmte religöse Erkenntnistradition absolut setzt: im gekreuzigten Christus, so Paulus, habe sich „Gottes Weisheit“ gezeigt, und diese Weisheit sei „weiser als die Menschen und die Schwachheit Gottes stärker als die Menschen“ (1 Kor 1,25; vgl. den Beitrag von R. Feldmeier in diesem Band, S. 114). Vgl. auch Kol 2,3: in Christus als dem Geheimnis Gottes sind „alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis (τῆς σοφίας καὶ γνώσεως) verborgen – ihnen gegenüber erscheint alle bloß menschliche Philosophie als „leere Täuschung“ (2,8). 76 Vieles, das hier nur angedeutet werden kann, wird demnächst in einer Monographie unter dem Titel „Gott Wahr-Nehmen. Die Sinne im Johannesevangelium“ ausgeführt und begründet werden.
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steht gerade in der Sinnenhaftigkeit des Wunders.77 So liest man bei Dibelius in seiner „Formgeschichte des Evangeliums“: Wein in Hülle und Fülle zu beschaffen sei „keineswegs notwendig […]“. Ein solches Wunder sei „vielleicht sogar bedenklich“, habe jedenfalls aber „mit evangelischem Ethos nichts zu tun.“78 In dieser Weise ethisch betrachtet ergibt der Text in der Tat keinen Sinn. Ein solcher erschließt sich indes, wenn man die Geschichte im Horizont der Bildhermeneutik der Zeit betrachtet und die Wahrnehmungen aus dem Bereich des Körperlichen als Ausgangspunkt für Gotteserkenntnis und Gottesbezug begreift. Die Lösung liegt im Begriff σημεῖον, der signalisiert, dass das Vorfindliche, Körperliche zum Zeichen für eine höhere Realität wird! Berichtet wird entsprechend – neben den Vorbereitungen – lediglich die Reaktion des Tafelmeisters auf seine Degustation des neu hereingebrachten Weins: „Als der Tafelmeister das Wasser verkostet hatte (ἐγεύσατο; V. 9), das zu Wein geworden war, und nicht wusste, woher es kam […], da ruft der Tafelmeister den Bräutigam.“ Er beschwert sich bei dem Bräutigam: „Jedermann trägt den feinen Wein zuerst auf, und wenn alle betrunken sind, den weniger guten. Du aber hast den feinen Wein bis jetzt aufbewahrt“ (2,10). Was wie eine lustige Anekdote klingt und vielfach so interpretiert wird, ist – wie der Folgesatz in 2,11 zeigt – nicht weniger als die Wahrnehmung der Ankunft des Reiches Gottes auf der Erde (durch einen Zeugen, der sich dessen überhaupt nicht bewusst ist!) – sie zeigt sich in der Fülle und im wundervollen Geschmack des Weins. Der Gaumen wird zum Rezeptionsorgan für das Unerhörte, das Jesus bringt. Nehmen wir eine Geschichte über das Essen hinzu: Im Anschluss an die auch bei den Synoptikern berichtete Erzählung von der wunderhaften körperlichen Speisung der Menge mit Brot und Fischen durch Jesus (Mk 6,32–44; 8,1–10.14–21; Mt 14,13–21; 15,32–39; 16,5–12; Lk 9,10–17) wird in Joh 6 die körperliche Erfahrung der Sättigung zum Auftakt für das Nachdenken über Jesus als das wahre Lebens-„Brot vom Himmel“, das in einer Reihe weiterer Szenen entwickelt wird.79 Das Kapitel zeigt so exemplarisch die Aufnahme und bildhafte Deutung synoptischen Erzählmaterials bis hin zu einer sakra-
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Diese gängige Schwierigkeit der Interpretation nimmt neuerdings M. Welker zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen (M. WELKER, Weinwunder – Weinstock – lebendiges Wasser – Geist. Die anstößige Botschaft der Hochzeit zu Kana, in: A. WAGNER u.a. [Hgg.], Gott im Wort – Gott im Bild. Bilderlosigkeit als Bedingung des Monotheismus, Neukirchen-Vluyn 2005, 201–205). 78 M. DIBELIUS, Die Formgeschichte des Evangeliums, Tübingen 61971, 98. 79 Vgl. HIRSCH-LUIPOLD, Klartext (s. Anm. 22), 75–78. Die unterschiedlichen Motive des Textes (Brot; Leben; Himmel; Väter) werden, wie ich dort zu zeigen versucht habe, jeweils auf zwei Ebenen, der unmittelbar körperlichen und der dahinter sich abzeichnenden „wahren“ Ebene, verhandelt.
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mentalen Deutung80 im Sinne der lebensstiftenden Speisung mit Jesu Fleisch und Blut (6,51–58): „Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und nicht sein Blut trinkt, dann habt ihr kein Leben in Euch“ (6,53), denn – so hatte er kurz zuvor gesagt – „ich bin das Brot des Lebens“.81 Mit diesem Brot, so müssen wir offenbar verstehen, nimmt man ganz physisch Leben auf.82 Verständlicherweise folgt auf diese Aufforderung Jesu, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken, ein Aufschrei (6,52): Das ist eine Theologie, die – prima facie betrachtet – die Sinne beinahe überstrapaziert. 5.3.2 Geruch des Todes – Geruch des Lebens Als Jesus befiehlt, das verschlossene Grab ihres schon vor vier Tagen verstorbenen Bruders Lazarus zu öffnen, ruft Martha aus: „Herr, er stinkt schon. Er liegt doch schon vier Tage im Grab“ (11,39). In solcher Weise die Ästhetik des Todes, den Geruch eines Toten zum Thema zu machen, das ist ein beinahe singulärer Tabubruch, wie man ihn ansonsten nur einem Lukian zutrauen möchte. Lukian führt als Satiriker tatsächlich Tote in allen ekelhaften Details vor Augen, um damit einen komischen Effekt zu erzielen, der vom Schauder lebt, den er seinem Publikum den Rücken hinunter jagt. In den Philopseudeis (26) thematisiert Lukian unmittelbar den Fäulnisgeruch im Zusammenhang eines Berichts über die wunderbare Wiederbelebung eines über zwanzig Tage Toten. Das verwendete seltene Verb ist μυδάω, das so etwas bedeutet wie: „aufgrund der Fäulnis flüssig werden“, und das somit den Verwesungsprozess über die konkreten Phänomene beschreibt – sichtlich um des Effekts eines durch die Anschaulichkeit erzeugten Schauders willen.83 Bei dem römischen Epiker Lukan finden sich ebenfalls solche Stellen in seinem Geschichtsepos Pharsalia84. Er bedient sich des Tabubruchs, um das Grauen großer Schlachten vor Augen zu führen. Einige wenige Stellen lassen sich
80 Diese Zuspitzung ist freilich schon bei Markus angedeutet in der Wiederaufnahme in 8,14–21 und der abschließenden knappen, offenen Frage: „Versteht ihr denn noch nicht?“ (8,21) sowie durch den Verweis auf das Hirtenmotiv in 6,34. 81 Das Brot des Lebens (6,48), das wahre Brot (6,32), das vom Himmel herabgekommen ist (6,41.51). 82 Und zugleich wird immer wieder deutlich, dass die körperliche Seite nicht alles ist. Wenn es kurz später heißt: „Das Fleisch nützt nichts“ (6,63), dann ist dieser Satz im Zusammenhang deutlich zu interpretieren im Sinne von: „Das Fleisch (allein) nützt nichts“. Solche Sätze können nur noch auf einer bildhaften Ebene verstanden werden. Und so verstehen ihn die „Juden“ auch nicht: „Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?“ 83 In den Totengesprächen V führt Lukian Helena, die berühmte griechische Schönheit, als Gerippe vor. Die Konkretheit soll hier auch eine gruselig-abstoßende und dadurch komische Wirkung haben. 84 Luc. VII 809-824. Lukans opus beschreibt die grausamen Wirren des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pompeius und bricht bei Caesars Aufenthalt in Alexandria ab.
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weiter anführen, an denen der Geruch evoziert wird, um die körperliche Hinfälligkeit und Vergänglichkeit zum theologischen Thema zu machen. In der Lazaruserzählung bereitet der Tabubruch die Pointe vor: Wenn sich das Grab öffnet und Lazarus noch in den Leichenbinden heraustritt, wird ihn wider Erwarten kein Leichengeruch begleiten: der Geruch des Todes ist dem Wohlgeruch des Lebens gewichen. Dieser Wohlgeruch wird, in der unmittelbar folgenden literarisch eng angeschlossenen Geschichte der Salbung durch Martha das gesamte Haus erfüllen (12,3) – welches bereits bei den Kirchenvätern auf die Welt insgesamt gedeutet wird. 5.3.3 Handfester Glaube: die Thomasgeschichte Am Ende des Evangeliums tritt das Berühren im Zusammenhang des Glaubens in den Vordergrund.85 Thomas will nicht nur das Zeugnis der Jünger von der Auferstehung hören: er will – wie sie – selbst sehen, um zu glauben. Und er will die Realität der Auferstehung buchstäblich mit den Händen greifen: „Wenn ich nicht das Nägelmal in seinen Händen sehe und meinen Finger in das Nägelmal lege und meine Hand in seine Seite, dann kann ich es nicht glauben“ (20,25). Sinnliche Wahrnehmung, so zeigt sich am Ende der johanneischen Jesusgeschichte noch einmal, kann Glauben hervorrufen. Solches Sehen und Fühlen als Anstoß des Glaubens wird hier keineswegs rundweg zurückgewiesen. Vielmehr beruht die Strategie des Evangelisten darauf, solche Wahrnehmung als Anstoß des Glaubens zuzulassen: Jesus kommt eigens dazu noch einmal zurück, dass Thomas – zusätzlich zum Hören des Zeugnisses seiner Mitjünger den Auferstandenen nun auch noch mit eigenen Augen sehen und sogar fühlen darf: daraufhin glaubt er. Jesu abschließender Satz über Sehen bzw. Nicht-Sehen und Glauben ist also weniger als Zurückweisung an Thomas zu verstehen (den Jesus ja vorher noch dazu aufgefordert hatte, ihn zu berühren). Vielmehr ist er als Ermutigung an die Leser gerichtet, die in ihrer Zeit nicht mehr die Gelegenheit haben, sich mit ihren eigenen Augen und Händen von der Realität der Auferstehung zu überzeugen, sondern sich auf das Zeugnis der Augenzeugen verlassen müssen. Ein Unterschied fällt insbesondere gegenüber dem Erscheinungsbericht des Lukas ins Auge: die Be85
G.W. MOST, Doubting Thomas, Cambridge 2005, 28, sieht hinter dieser Betonung des Sehens und Hörens „the obsessive need to instill belief in its readers“ (gemeint ist der Glaube an die Auferstehung). Darauf deute die Vielzahl der Verben des Sehens und Glaubens in Joh 20. Die Beobachtung ist richtig und bedeutsam, die Deutung indes scheint mir die Intention des Autors zu verfehlen. Das Wahrnehmungskonzept des Evangelisten reicht weit über diese Geschichte hinaus und umgreift das Inkarnationsgeschehen insgesamt. Die Frage, die im Zentrum von Mosts Buch steht und in der Auslegungsgeschichte viel diskutiert wurde, ob nämlich Thomas tatsächlich seinen Finger in die Wundmale gelegt habe oder nicht, bleibt im Text nicht von ungefähr offen. Entscheidend ist, dass man die Lebensmacht Gottes überhaupt mit den Sinnen erfassen kann.
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rührung dient nicht dazu, einen Menschen aus Fleisch und Blut von einem πνεῦμα (= Geist) zu unterscheiden.86 Es geht nicht um die Materialität des Auferstandenen, sondern um die Möglichkeit, die Auferstehung körperlich wahrzunehmen. Diese Wahrnehmung öffnet die Augen für die in Christus gegenwärtig gewordene Realität Gottes: „Mein Herr und mein Gott“ (20,28).87 5.3.4 Christuswahrnehmung als Gotteswahrnehmung In Joh 1,18 als hermeneutischem Programmsatz wird die theo-logische Zielrichtung der Wahrnehmung festgeschrieben88: Es geht offenbar im Kern des Evangeliums um die Wahrnehmung und das Wesen Gottes des Vaters, das durch das Auftreten, Wirken und Reden des Sohnes erkennbar und erfahrbar wird. Letztlich ist im vierten Evangelium die Christuserkenntnis, die Wahrnehmung der Herrlichkeit Gottes im Angesicht seines fleischgewordenen Logos also, als Funktion einer heilschaffenden Gotteserkenntnis verstanden, die extra Christum nicht möglich wäre. Hierzu gehört in herausgehobener Weise die Wahrnehmung des Auferstandenen als Vergegenwärtigung der Tatsache, dass Gott selbst ein lebendiger Gott, ja das Leben selbst ist. Dieser theologische Aspekt der Christuswahrnehmung im Johannesevangelium wird – jenseits des Prologs – in Joh 14 besonders klar ausgeführt, wiederum in einem Dialog mit den Jüngern, im Rahmen der sogenannten Abschiedsreden. Ἐγώ εἰμι ἡ ὁδὸς καὶ ἡ ἀλήθεια καὶ ἡ ζωή· οὐδεὶς ἔρχεται πρὸς τὸν πατέρα εἰ μὴ δι᾿ ἐμοῦ. εἰ ἐγνώκατέ με, καὶ τὸν πατέρα μου γνώσεσθε. καὶ ἀπ᾿ ἄρτι γινώσκετε αὐτὸν καὶ ἑωράκατε αὐτόν. (14,6–7)
86
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.89
So Lk 24,39–43, wo Jesus zudem vor aller Augen Fisch isst. Am deutlichsten ist dies bei dem erneuten Augenöffnen durch Jesus an dem bereits sehenden Blindgeborenen in Joh 9. 88 C.K. BARRETT, “The father is greater than I” (John 24, 28). Subordinationist Christology in the New Testament, in: Ders., Essays on John, Philadelphia 1982, 19–36, hier 32, hat diese Spannung des Evangeliums in unübertrefflicher Klarheit formuliert: ,,There could hardly be a more christocentric writer than John, yet his very Christocentricity is theocentric“; vgl. Ders. Christocentric or Theocentric? Observations on the Theological Method of the Fourth Gospel, in: ebd., 1–18, hier 3; D.M. SMITH, The Theology of the Gospel of John, Cambridge 1995, 75. In diesem Sinne interpretiert auch G.R. O’DAY, The Gospel of John (NIB 9), Nashville 1995, 523: 1,18 „is central to understanding the Fourth Gospel, because it states explicitly John’s understanding of Jesus’ ministry and saving work: to make God known“ (so lautet O’Days Übersetzung für ἐξηγεῖσθαι). 89 Zur Stelle vgl. R. ZIMMERMANN, Christologie der Bilder im Johannesevangelium. Die Christopoetik des vierten Evangeliums unter besonderer Berücksichtigung von Joh 10, Tübingen 2004, 433–437, allerdings speziell unter der Frage des Sehens bzw. des Bildes. 87
Das Neue Testament
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Damit verbindet sich zugleich ein unglaublicher An- und Zuspruch: Durch Jesus ist die Gottesschau nicht mehr nur eine eschatologische Hoffnung, sondern die Eschatologie ist gegenwärtig geworden: „Wenn ihr mich kennt (d.h. mein Wesen kennengelernt habt), werdet ihr auch den Vater erkennen. Und von nun an kennt ihr den Vater und seid seiner ansichtig geworden.“ Insbesondere das wiederholte Perfekt (ἑωράκατε V. 7; ἑωρακώς, ἑώρακεν V. 9) weist dabei wiederum über die Ebene der Handlungsfiguren auf die Ebene der Leser hinaus: Die geschichtliche Offenbarung, die Möglichkeit, Gott in Jesus Christus wahrzunehmen, zu sehen, zu hören und zu spüren, ist die bereits abgeschlossene Voraussetzung des gegenwärtigen Zeugnisses. Sie ist – und hierin besteht, wie wir gesehen haben, ein entscheidender Unterschied zu jedem platonischen Modell – der einzige Punkt, auf den der Mensch bei der Suche nach Gott, dem Vater verwiesen werden kann. Damit ist aber die eschatologische Offenbarung bereits abgeschlossen. Es bleibt allerdings auch hier ein Rest der Verhüllung, in sofern alles körperlich Wahrgenommene noch in der Uneindeutigkeit und Bildhaftigkeit verbleibt. Innerhalb der Geschichte hat auch Philippus – wie so viele andere – Jesus immer noch nicht verstanden: „Zeig uns doch den Vater, das genügt uns!“ (14,8). Jesu Antwort macht noch einmal den einzigen Punkt innerhalb der Welt deutlich, an dem der Vater wahrgenommen und so der Weg zum Vater gefunden werden kann, und auf den die Wahrnehmung des Glaubens nach seinem Weggang zum Vater als einzigen Referenzpunkt verwiesen ist: ὁ ἑωρακὼς ἐμὲ ἑώρακεν τὸν πατέρα· πῶς σὺ λέγεις, Δεῖξον ἡμῖν τὸν πατέρα; (14,9–10)
Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen!90 Wie kannst du sagen: Zeige uns den Vater?
So gestaltet Johannes seine Erzählung von Jesus: wer hier (durch die Augen der ersten Zeugen) hinschaut, durch sie hört, fühlt, schmeckt und riecht, der erlebt in einer vorläufigen, gebrochenen Weise schon jetzt, was den Menschen erst für das Ende versprochen ist: die Schau Gottes von Angesicht zu Angesicht. Ob man die Art und Weise, wie das Johannesevangelium mit seiner Geschichte von Jesus zugleich die Geschichte Gottes mit seiner Welt erzählt und damit zugleich das Wesen und die Bestimmung der Welt und des Menschen erklärt, philosophisch nennen könnte und in welchem Sinne das zu verstehen wäre, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Es ging im vorliegenden Beitrag darum aufzuzeigen, wie bei dieser Reformulierung der Jesusüberlieferung Elemente und Gedankenfiguren eingeflossen sind, welche die zeitgenössische religiös-philosophische Literatur kennzeichnen. Für die ab dem 2. Jahrhundert
90
Vgl. 12,45.
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sich entwickelnde christliche Philosophie jedenfalls wird das Johannesevangelium entscheidende Impulse liefern.91
91 Vgl. TH. KOBUSCH, Christliche Philosophie. Die Entdeckung der Subjektivität, Darmstadt 2006, 62.
Time, Torah and Prophecy at Qumran DEVORAH DIMANT General Introduction: The Dead Sea Scrolls, or the Qumran documents, as they are currently called, were unearthed sixty years ago in eleven caves on the western shore of the Dead Sea near Jericho. Fragments of some 900 scrolls were discovered, most of them written in Hebrew, some in Aramaic, and a few in Greek. These scrolls were penned over a period of nearly three centuries, from the end of the third century BCE to the first half of the first century CE. Most of the scrolls contain religious writings. A third consists in biblical texts, another quarter embraces writings of the particular Essene community which owned the collection, and a third of the manuscripts produces works which rewrite and expound the Hebrew Bible in various ways. The centrality of the Scriptures in the life of this distinctive community is reflected even in its own, community-specific writings, for they too are imbued with biblical exegesis. The scrolls are, then, a unique witness to the way the Hebrew Bible was understood and expounded in the crucial period that saw the crystallization of rabbinic Judaism and the birth of Christianity. The study of the particular approach of these ancient documents to the Hebrew Bible, as proposed in the following analysis, reveals some of the complexity and sophistication of this exegesis, and its manifold ramifications and links with other adjacent and contemporary corpora of religious texts.*
The use and interpretation of the Hebrew Bible in various works found at Qumran has been a central concern in the study of the Qumran scrolls since its inception. The well-preserved scroll Pesher to Habakkuk was one of the first finds from Qumran cave 1, later supplemented by the pesharim from cave 4; accordingly, early Qumran research focused on the particular type of interpretation they give to various prophetic passages.1 Written as they are in * This is an updated and slightly revised version of an article published in French “Temps, Torah et Prophétie à Qoumrân, in: C. GRAPPE, J.C. INGELAERE (edd.), Le Temps et les Temps, Leiden 2006, 147–167. 1 For the Pesher of Habakkuk see K. ELLIGER, Studien zum Habakuk-Kommentar vom Toten Meer (BHTh 15), Tübingen 1953; G.J. BROOKE, Exegesis at Qumran (JSOT.S 29), Sheffield 1985, 283–292; B. NITZAN, Pesher Habakkuk, Jerusalem 1986, 29–103 [Hebrew]. For pesharim in general see M. HORGAN, Pesharim. Qumran Interpretations of Biblical Books (CBQ.MS 8), Washington 1979, 229–259; D. DIMANT, Art. “Pesharim, Qumran”, The Anchor Bible Dictionary 5 (1992), 244–251; eadem, Art. “Pesher”, Encyclopedia of Religion. Second Edition 10 (2004), 7063–7066. A recent survey from the pen of James Charlesworth discusses pesharim as a source for historical data, a subject beyond the scope of the present article. See J.H. CHARLESWORTH, The Pesharim and Qumran History, Grand Rapids 2002. T.H. LIM has recently summarized research on the pesharim. Cf. idem, Pesharim (Companion to the Qumran Scrolls 3), London 2002.
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the nomenclature typical of the Qumran community, the pesharim represent a significant segment of the literature authored by the particular ascetic community reflected by the so-called sectarian Qumran scrolls. The preoccupation with the pesharim during the first decades of research was therefore concerned with exegesis specific to this community. The publication of the Temple Scroll in the 1970s, followed by the various texts from cave 4 reworking the Bible, shifted interest from the pesharim to Bible interpretation through retelling or reworking biblical sections of the Bible. Most of these texts lack overt links with the specific ideological and stylistic makeup of the community’s literature. They are usually concerned with problems of interpretation involved in the biblical texts they elaborate. As such they often display links with non-Qumranic Jewish contemporary corpora and exegetical approaches. Therefore the focus of the research has shifted from mapping distinctive facets of the community’s exegesis to charting links between various Qumran scrolls and Second Temple Judaism. The publication of the Temple Scroll caused a further development in scholarly interests. It drew attention to halakhic texts at Qumran and their distinctive exegesis. This tendency intensified due to the publication of additional halakhic texts from cave 4, particularly 4QMMT.2 Yet despite the rising number of texts and the opening of new perspectives on the Qumran library, the study of Qumran exegesis continued to be confined to isolated portions of the scrolls. While some commentators stressed the sectarian view holding that the prophetic revelation continues, interprets and completes the Torah of Moses,3 the pesharim exegeses of Prophecy have been treated independently of the exegeses offered by the Qumran texts for legal sections of the Torah. Moreover, discussions on these issues tended to concentrate on specific details and exegetical techniques rather than on the theoretical principles underlying the overall exegetical approach.4 To date no 2 On halakha see L.H. SCHIFFMAN, The Halakha at Qumran (SJLA 16), Leiden 1975; J.M. BAUMGARTEN, Studies in Qumran Law (SJLA 24), Leiden 1977; Y. SUSSMAN, The History of the Halakha and the Dead Sea Scrolls, in: E. QIMRON, J. STRUGNELL (edd.), Qumran Cave 4.V. Miqsat Ma’śe Ha-Torah (DJD 10), Oxford 1994, 179–200. For recent surveys see M. BERNSTEIN, Pentateuch Interpretation at Qumran, in: P.W. FLINT, J.C. VANDERKAM (edd.), The Dead Sea Scrolls after Fifty Years vol. 1, Leiden 1998, 128–159; H.K. HARRINGTON, Biblical Law at Qumran, ibid., 160–185. For pesher exegesis see the references in n. 1. 3 See the comments of M. FISHBANE, Use, Authority and Interpretation of Mikra at Qumran, in: M.J. MULDER (ed.), Mikra. Text, Translation, Reading and Interpretation of the Hebrew Bible in Ancient Judaism and Early Christianity (CRI 2,1), Assen 1988, 339–377, 360–361. 4 Some aspects of the pesharim exegesis are treated by the surveys mentioned in n. 1. Certain aspects of the Qumran exegesis for halakhic texts are addressed in the discussions referred to in n. 2, to which the following should be added: J.M. BAUMGARTEN, La loi religieuse de la communauté de Qoumrân, Annales 51 (1996) 1005–1025; FISHBANE, Use (see n. 3), 362–375.
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systematic effort has been undertaken to reveal the theoretical basis on which such exegetical approaches rested. The pioneering work done by the first generation of Qumran scholars traced out only the main contours of the Qumran sectarians’ religious thought. But to a large measure this analysis has remained where it was some twenty years ago.5 Many fundamental aspects of the sectarian ideology still await thorough analysis, and new texts published recently need to be incorporated into the general picture of sectarian thinking. Among them is the issue of the overall conceptual framework underlying the biblical interpretation of the community’s literature and related works. A study of this kind presents particular difficulties, for Qumran texts concerned with interpretation of biblical texts rarely explicate the theoretical premises of their own exegetical procedure. Only a limited amount of information on this subject can be elicited from the exegesis of particular biblical passages. Fortunately, more general statements pertinent to the issue at hand are scattered throughout the Qumranic sectarian works entitled the Pesher to Habakkuk, the Rule of the Community and the Damascus Document. They can and should be used for the purpose of the study indicated. One of the most striking aspects to emerge from these statements is the Qumran covenanters’ claim to have access to a progressive revelation, on whose authority they expounded the law of the Torah. This remarkable idea was noted early on.6 However, analysis of this aspect of the Qumranites’ thought has not advanced beyond the mere observation. The connection of the concept of progressive revelation to the peculiar notion of time entertained by the Qumran community, and its affinity to the apocalyptic worldview, has never been explored. Moreover, the fact that in the community texts the same notion of time underlies the exegesis of both Torah and Prophecy has not been fully realized. As a contribution to such an investigation the present paper examines the concept of historical time, intrinsic to the Qumran exegesis of both types of biblical sources. The key statements on this issue are found in the Pesher to Habakkuk and the Rule of the Community. Although both writings were among the first to be discovered in cave 1 and have been subjected to repeated examination, to the best of my knowledge, they have never been examined from the perspective proposed here. It would not, therefore, be out of place to reexamine some of their major affirmations pertaining to the subject. Let us turn first to the pesharim. 5
For the state of the question at the time see my survey “Qumran Sectarian Literature”, in: M.E. STONE (ed.), Jewish Writings of the Second Temple Period (CRI 2,2), Assen 1984, 532– 542. 6 Cf. N. WIEDER, The Judean Scrolls and Karaism, London 1962, 68; BAUMGARTEN, Studies (see n. 2), 33; idem, Loi (see n. 4), 1010; SCHIFFMAN, Halakha (see n. 2), 25; FISHBANE, Use (see n. 3), 364–366.
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One of the most eloquent statements relating to the issue at hand is found in the Pesher to Habakkuk II, 5–10: … פשר הדבר] על הבו[גדים לאחרית הימים אשר לוא יאמינוא בשומעם את כול הבא]ות ע[ל הדור האחרון מפי הכוהן אשר נתן אל לפשור את כול דברי עבדיו7ב]לבו בינ[ה הנביאים] אשר [בידם ספר אל את כל הבאות .[ על עמו וע]ל
… the interpretation of it [concerning the trai]tors at the latter days … They will not believe when they hear all that is going to co[me up]on the last generation from the mouth of the priest, to whom God gave into [his heart discernm]ent to interpret all the words of his servants the prophets [whom] by their hand God related all that is going to come upon his people and up[on … ]:8
Or the comment of the pesher VII, 4–5 on Habakkuk 2,2: … פשרו על מורה הצדק אשר הודיעו אל את כולits interpretation concerns the Teacher … רזי דברי עבדיו הנבאיםof Righteousness, to whom God made known all the mysteries of the words of his servants the prophets.
The distinction made here between the prophetic message and its interpretation, each divinely revealed but to different persons at different historical moments, has often been discussed. Such a distinction invested the overt, literal form of prophetic texts with an inner, veiled meaning. In the eyes of the Qumran covenanters the prophetic discourse was cryptic and encoded in symbolic language, so decoding was required for a grasp of its full meaning. The covenanters’ interpretative methods closely resembled those practiced in the ancient world for dream interpretation: etymology, atomization, symbolic explanation and the like.9 But whereas in antiquity dream interpretation was considered a professional art, hence could be acquired, the Qumran community considered the interpretation of prophecy to be divulged by divine revelation. According to the pesher statement such a revelation was granted to
7 The restitution בינ[ה, with Brownlee, rather than דע[ה, of Bilha Nitzan, is justified by the space for three letters available in the lacuna, as is evident from the certain restoration of the words below in next line. Cf. W.H. BROWNLEE, The Midrash Pesher of Habakkuk (SBL.MS 24), Ann Arbor 1979, 53.57. For Nitzan see her edition: NITZAN, Pesher Habakkuk (see n. 1), 152. 8 The translations of sections from the Pesher to Habakkuk follow M. HORGAN, Habakkuk Pesher (1QpHab), in: J. CHARLESWORTH (ed.), Pesharim, Other Commentaries and Related Texts, The Dead Sea Scrolls, Tübingen et al. 2002, 163. However, for the term מורה הצדקI have kept the older, and by now generally accepted, translation “the Teacher of Righteousness”, rather than Horgan’s “the Righteous Teacher”. 9 For survey and bibliography see DIMANT, Literature (see n. 5), 505–508; DIMANT, Pesharim (see n. 1), 250–251; BROOKE, Exegesis (see n. 1), 36–44.
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the Teacher of Righteousness.10 These characteristics of the pesher approach are well known and have been stated time and again. However, it has not been recognized that the import and implications of the time that elapsed between prophetic vision and the appearance of its interpreter acquired their true meaning only in light of the community’s belief that biblical prophecy conveyed divinely preordained mysteries of history, and that history comprised a sequence of periods. In the absence of this temporal perspective scholars have been at pains to explain this temporal gap. In the discussion that followed the first publication of the Pesher to Habakkuk, one question was whether the pesher considered the Teacher of Righteousness privy to the true meaning of prophecy, but not so the prophets themselves. Many scholars understood the Pesher to Habakkuk to mean just that. Yet such a position is difficult to reconcile with the idea expressed by many of the community’s writings that the prophets were divine emissaries who revealed the word of God.11 In fact, nowhere in the Qumran writings is it expressly stated that the prophets were not aware of the inner meaning of their own message. It is perfectly conceivable that they were, but did not disclose it. In any case, whether they were aware of it or not is irrelevant to the nature of the pesher and its methods. The significant fact is that the revelation of the historical mysteries, embodied in the prophecies, was distinct from the revelation of their meaning.12 The distinction emphasized the enigmatic character of the prophecies and the fact that they required interpretation by special revelation. For understanding the pesharim, the interval 10
Frank Cross does not doubt the historical validity of this statement. However, the fact that the pesharim are extent in relatively late copies (around the middle of the first century BCE) without duplicates led him to assume an older exegetical tradition developed within the community, and finally committed to writing in the later pesharim. Cf. F. CROSS, The Ancient Library of Qumran, Minneapolis 31995, 91–92, reproducing the formulation of the first edition from 1958. Nevertheless, pesher units occur in the earliest writings of the community, reflecting a fully developed terminology and exegetical technique (cf. e.g. CD III, 21–IV, 1–6; VI, 2–11; 1QS VIII, 13–16). Moreover, 4QTestimonia (4Q175 21–30), which includes a pesher to Josh 6,26, was copied by the scribe who wrote 1QS, now dated to around 100 BCE. It is now known that this pesher is taken from another work, the Apocryphon of Joshua, so the pesher must be older than 4QTestimonia. In addition, already the Book of Daniel 9 (dated to 164 BCE) offers a pesher to the prophecy of Jeremiah. These different types of evidence show that the pesher method was not invented by or restricted to the Qumran community, but only appropriated by the Qumranites for their own purposes. 11 Cf. e.g. 1QS I, 3; VIII, 16; 4Q174 1–2 i 15–16; 1–3 ii 3; 4Q292 2 4; 4Q381 69 4; 4Q390 2 i 5. 12 Precisely the same distinction between the revelation and its meaning was prevalent in the practice of dream interpretation in the ancient world. Such a distinction characterizes the dream interpretation of both Joseph (Gen 40,12.18; 41,16) and Daniel (cf. e.g. Dan 2,18–28; 4,1–5.16; 5,5–17), as well as Daniel’s interpretation of Jeremiah’s prophecy (Dan 9,2–3.20– 22).
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between the initial prophetic vision and its interpreter, the Teacher of Righteousness, is essential. It is the key to understanding the covenanters’ attitude to prophecy, which becomes clear only in relation to the community’s views on the nature of the historical process. Central to the Qumran thinking is the notion that history forms a finite sequence of precise and well-defined periods, divinely preordained in their order and character. History is but the unfolding of a temporal sequence, governed by predetermined principles and set in motion through the initial act of creation. In the community’s nomenclature these periods are termed the “Periods of God” ()קצי אל. The Pesher to Habakkuk itself provides the clearest formulation of this concept (VII, 12–14): … … כיא כול קיצי אל יבואו לתכונם כאשר חקקfor all of God’s periods will come להם ברזי ערמתוaccording to their order, as he decreed for them in the mysteries of his prudence.13
The prominence of this concept in the community’s thinking is mirrored in the numerous references to the periods, sprinkled throughout most of its writings.14 The so-called Pesher to the Periods (4Q180) even enumerates some of these historical periods,15 attesting to the existence at Qumran of a detailed doctrine about individual periods. As noted at the initial stage of the scholarly discussion, the view of history as a sequence of periods, unfolding according to a preordained divine scheme, advocated by the Pesher to Habakkuk and other sectarian and related writings, is identical to the view advanced by various Jewish apocalypses, known long before the discovery of the scrolls. Among its earliest and clearest illustrations are the visions set forth in the Book of Daniel chapter 9, the so-called Apocalypse of Weeks (1 Enoch 93,1–10; 91,11–17), and the Animal Apocalypse (1 Enoch 85–90). Other examples are offered by later apocalypses, such as the Testament of Moses, 4 Ezra, and Syriac Baruch. Still, the pesher differs notably from these apocalypses. The latter present the seers as receivers of revelations as well as their interpretations, but the Qumran pesharim separate the two and assign them to different persons and distinct periods. Furthermore, by adopting pseudepigraphic frameworks the apocalypses identify the seers as ancient sages who lived during the early stage of the historical sequence, or at least much earlier than the actual authors 13
For edition and translation (with changes) see HORGAN, Habakkuk Pesher (see n. 8), 172–173. 14 Cf. e.g. 1QS I, 14; III, 15; IV, 13; X, 1; 1QSb I, 27; V, 18; CD II, 9-10; VI, 14; 1QH I, 24; 1QM X, 15. Cf. F. NÖTSCHER, Zur theologischen Terminologie der Qumran-Texte (BBB 10), Bonn 1956, 167–168; D. DIMANT, Election and Laws of History in Apocalyptic Literature, in: S. ALMOG, M. HEYD (edd.), Chosen People, Elect Nation and Universal Mission, Jerusalem 1991, 59–70 [Hebrew]. 15 Cf. D. DIMANT, The “Pesher to the Periods” (4Q180) and 4Q181, IOS 9 (1979) 77–102.
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active behind such frameworks. The anonymous authors who used this device were thus able to show that the visions of the ancient seers were in fact forecasts of future history, which, as the later readers knew, came to be fulfilled. Through pseudepigraphic settings the apocalyptic authors were able to convey the idea that the predetermined divine scheme for history was carried out precisely according to plan from its initial stages. In the eyes of these authors this ensured that the plan they foresaw for the final periods of history would come about with the same precision. The Pesher to Habakkuk imparts the same idea by different means: the interpretation of the historical mysteries was revealed to a real historical figure, the Teacher of Righteousness, who, according to the understanding of the pesher, lived close to the end of the historical sequence.16 Like the readers of the apocalypses, the Teacher too was cognizant of past historical developments, hence a witness to the partly fulfilled divine plan for history. But his existence at the last stage of the historical process made him a living witness to the fulfillment of the entire planned sequence. The promise of fulfillment of the temporal end, of the eschatological era, was thus secured by the life and activity of the Teacher of Righteousness. Yet despite their differences, the respective representations of history by the apocalypses and by the Pesher to Habakkuk may be understood as different perspectives of the same fundamental notion of time, embedded in the idea of history as a sequence of periods. Perhaps the most suggestive exposition of such a notion is offered by the dream of Nabuchadnezzar in Daniel chapter 2. In his dream the Babylonian monarch beholds a huge statue, with limbs made of several metals. It represents the historical process. Among its many remarkable features is the fact that it embodies a temporal sequence of kingdoms through a spatial series of limbs. The symbolism implies that time is a single organic entity, its parts being the various phases.17 Two centuries later the author of the apocalypse of Syriac Baruch still expresses the same view.18 Seeing the historical sequence as a single entity governed by a single principle lends the historical process extraordinary cohesion. In such a sequence each period is closely linked to all the others and history is conceived as a continuum, through which a single divine master plan is carried out. Consequently each period acquires its full significance only when viewed within the framework of the whole. In fact, the true meaning of the historical process
16
Cf. 1QpHab VII, 10–14. Cf. ELLIGER, Studien (see n. 1), 150–164. See M. NOTH, The Understanding of History in Old Testament Apocalyptic, in: idem, The Laws in the Pentateuch and Other Studies, Philadelphia 1966, 194–214, 206; D. DIMANT, The Four Empires of Daniel, Chapter 2, in the Light of Texts from Qumran, Jerusalem Studies in Jewish Thought 12 (1996) 34–36 [Hebrew]. 18 Cf. Syriac Baruch 53,1–2; 56,3 where the entire historical time is represented by a single large cloud. Compare 4 Ezra 12,10–12. See the comments of M.E. STONE, Fourth Ezra. A Commentary on the Book of Fourth Ezra (Hermeneia), Minneapolis 1990, 417.420–421. 17
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becomes apparent only when the whole sequence has entirely unfolded and the divine scheme of events is played out. This is why at different points along the sequence history remains enigmatic. A real understanding of the historical unfolding is acquired only through divine guidance. Indeed, the seers of the apocalyptic visions and the Teacher of Righteousness alike were initiated into the mysteries of the divine plan by supernatural instruction. The apocalyptic seers learnt them through angels, dreams or divine tablets, while the Teacher of Righteousness was granted a direct revelation. However, because the apocalyptic seers are usually placed at a relatively early stage of history the interpretations given to them about subsequent events remain somewhat puzzling.19 The position of the Teacher of Righteousness is different. Placed as he was in the last period at the end of the historical sequence, the Teacher was in a position to observe and understand how the unfolding of most of the historical process took place, and actually to witness its final stages. The Teacher’s initiation into the inner sense of the prophecies came about not only on account of his piety and wisdom, as, for instance, is the case of the pseudepigraphic Daniel in the Book of Daniel, but also on account of his living, in the covenanters’ view, at the dawn of the eschatological era. While the picture of time as a self-contained uniform process, developing according to a predetermined plan, turns history into a single, unified process, it also introduces an element of relativity to individual points of time along the sequence. For if at any given point only part of the divine blueprint is played out, the entire process remains partly unexplained. From such a perspective the message itself appears opaque at the time of its disclosure, since later events are still hidden in the future. Yet precisely this temporal interval creates room for exegetical activity aimed to bridge the gap. A process of gradual revelation of the true sense of history accompanies the steady unfolding of the events. The Teacher was situated at a point where he might have assumed the role of the inspired exegete because he witnessed most of the historical process. Yet even he had to comply with the law of historical relativity, for he did not live to see the end of history. The logic of the concept of history underlying the sectarian literature, especially the pesharim, implies that the true, ultimate meaning of history will be revealed only when all the historical events are acted out and when the entire predetermined plan for history is realized. This ultimate interpretation, therefore, is reserved for the End of Time. The passage that illustrates well the enigma embedded in the final time is found in the comment offered by the Pesher to Habakkuk on Hab 2,3. It expresses the view that at that final point of time the precise sense of the prophetic message could no longer be grasped, perhaps because the Teacher or someone else replacing him was no longer present:
19
See e.g. Dan 8,17; 12,8; 1 Enoch 90,42.
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פשרו אשר יארוך הקץ האחרון ויתר על כול אשר דברו הנביאים כיא רזי אל להפלא ;""אם יתמהמה חכה לו בוא יבוא ולא יאחר פשרו על אנשי האמת עושי התורה אשר לוא ירפו ידיהם מעבודת האמת בהמשך עליהם הקץ האחרון כיא כול קיצי אל .יבואו לתכונם כאשר חקק להם ברזי ערמתו
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Its interpretation [of Hab 2,3a]: the final period will be extended and go beyond all that the Prophets say, because the mysteries of God are awesome. “Though it might tarry, wait for it; it definitely has to come and will not delay” (Hab 2,3b). Its interpretation concerns the Men of Truth, those who observe the Law, whose hands will not desert the service of truth when the final period is extended for them, because all the periods of God will come according to their measure, as He established for them in the mysteries of His prudence. (Pesher to Habakkuk VII, 7–14)20
Finally, the relative aspect embedded in the interpretation of prophecy does not necessarily mean that each new understanding of history replaces the previous one. The process can be understood perfectly well as widening and deepening the understanding of prophecies and, for that matter, of the historical process that they reflect. This means that the pesher interpretation revealed to the Teacher does not supersede previous ones, but completes and enlarges them. It is interesting that while the element of relativity in the pesher exegesis of prophetic texts, as practiced by the covenanters, was recognized to some extent and discussed in various ways, very little was said about a parallel phenolmenon concerning Torah interpretation practiced by the covenanters.21 Even when observed, it was never juxtaposed with the exegesis of the pesharim, so it was never noted that the two methods share the perspective of relative time sequence. This comes out clearly in the following statement made by the Rule of the Community IX, 12–14: אלה החוקים למשכיל להתהלך בם עם כול חי לתכון עת ועת למשקל איש ואיש; לעשות את את22רצון אל ככול הנגלה לעת בעת ולמוד כול השכל הנמצא לפי העתים ואת חוק העת 20
These are the statutes, by which the Maśkil shall walk with every living being, according to the measure of each time and the weight of each man, to do God’s will
The translation is by F. GARCÍA MARTÍNEZ, E.J.C. TIGCHELAAR, The Dead Sea Scrolls Study Edition, Leiden 2000, 117 with minor changes of my own. 21 Cf. CD V, 21 – VI, 1; VII, 15–18; 4Q381 69 14. 22 The form למודmay be parsed as a Qal absolute infinitive of either the verb = לָמוֹד( למד “to study, learn”) or the verb מדדprefixed by prepositional lamed (מוֹד-“ = ָלto measure”. See the same form in Zech 2, 6). Most commentators preferred the sense “to learn”. Cf. e.g. P. GUILBERT, La Règle de la Communauté, Les Textes de Qumran vol. 1, Paris 1961, 65; J. LICHT, The Rule Scroll, Jerusalem 1965, 195 [Hebrew]; J.H. CHARLESWORTH, The Dead Sea Scrolls. Rule of the Community and Related Documents, Tübingen/Westminster 1994, 41; F. García Martínez and E.J.C. Tigchelaar got around the difficulty by the imprecise trans-
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Devorah Dimant according to everything which has been revealed from time to time, and to measure the understanding which has been found according to the times, and the law of the time.23
The most striking feature of this remarkable statement is its temporal perspective. The Maśkil, the person versed in the teaching of the community, is instructed to conduct his dealings according to the ‘measure’ of each time. The term used here to define the specific law given for each time is תכון העת, to be translated as the “measure of the time”.24 The meaning of the term עתis clear from its various occurrences in the writings of the community. In biblical parlance it has a general sense of “time, occasion”, a sense found also in the Qumran scrolls.25 But the scrolls, mostly of clear sectarian character, employ the word more specifically, as a term for a well-defined historical period of time within a precise sequence. This is the meaning of the plural locution “( מחלקות העתיםthe Divisions of Times”), which designates the chronology of jubilees used in many Qumran writings and contemporary Jewish apocalypses.26 This sense is clearly established by the use of the locution in the singular form עתה/“( מחלקת עתוthe division of her/his time” – 4Q228 1 i 4, 727), alluding to a single event in a specific unit of time. The reference to lation: “he should acquire all wisdom”. Cf. eidem, Scrolls (see n. 20), vol. 1, 93. However, considerations of style and context dictate the adoption of the second option, namely “to measure”. The theme of measuring is explicit in lines 12 and 14. Furthermore, typical of the style of the Rule, the present passage too is structured as a series of absolute infinitives prefixed by prepositional lamed (לעשות, )להתהלך. Stylistically the grammatical form of an infinitive prefixed by lamed is better suited in the phrase. Consequently the meaning “and to measure” should be adopted for the word ולמוד. 23 The translation (with minor changes) is by CHARLESWORTH, Scrolls (see n. 22), 41. 24 The parallel for the 1QS IX, 12 expression “( לתכון עת ועתaccording to the measure of each time”) in CD XII, 21 reads “( למשפט עת ועתfor the precept of each time”). See the detailed discussion of the term by M. KISTER, Physical and Metaphysical Measurements Ordained by God in the Literature of Second Temple Period, in: E.G. CHAZON, D. DIMANT, R.A. CLEMENTS (edd.), Reworking the Bible. Apocryphal and related Texts at Qumran (StTDJ 58), Leiden 2005, 153–176, 153–154. 25 For biblical usage cf. L. KOEHLER, W. BAUMGARTNER, J.J. STAMM, The Hebrew and Aramaic Lexicon of the Old Testament vol. 2, Leiden et al. 1995, 899–901. For the Qumran documents see e.g. CD XV; 1QM VIII, 3; 11Q14 1 ii 9. 26 Cf. D. DIMANT, The Seventy Weeks Chronology (Dan 9, 24–27) in the Light of New Qumranic Texts, in: A.S. VAN DER WOUDE (ed.), The Book of Daniel, Leuven 1993, 57–76; eadem, Qumran Cave 4. XXI: Parabiblical Texts, Part 4: Pseudo-Prophetic Texts (DJD 30), Oxford 2001, 113–115. For a survey of some pertinent Qumran texts see J. VANDERKAM, Calendars in the Dead Sea Scrolls. Measuring Time, London/New York 1998, 97–104. 27 For details see D. DIMANT, “Two ‘Scientific’ Fictions. The So-called Book of Noah and the Alleged Quotation of Jubilees in CD 16:3–4”, in: P.W. FLINT, E. TOV, J.C. VANDERKAM (edd.), Studies in the Hebrew Bible, Qumran and the Septuagint. Presented to E. ULRICH
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the “Divisions of times according to their jubilees” in the Damascus Document XVI, 3 makes it clear that the divisions of times concern a chronology of jubilees.28 This much is also clear from a reference in one copy of the sectarian liturgy Berakhot.29 The Book of Jubilees itself enumerates the early events of history according to a detailed jubilees chronology. Quite appropriately, the prologue to the Book of Jubilees indicates that the work deals with events arranged according to a jubilees chronology. The use of this chronology by the covenanters for notation of contemporary events is now known from several calendrical texts.30 Thus the string of locutions mentioning the term “time” in the above passage from the Rule31 makes sense only as references to the precise jubilees chronology. Bearing this meaning in mind, the passage quoted from the Rule of the Community acquires a well defined meaning. The statutes imparted to the Maśkil are twofold: a. Instruction to conduct himself according to the measure of each time and to the weight of each person. b. Directive to do the will of God according to what is revealed at each time and “to measure the understanding which has been found according to the times, and the law of the time.” The key to this difficult formulation lies in the term “( נגלהrevealed”), borrowed from Deut 29,28. Already in Deuteronomy the term is associated with the practice of the Torah statutes, and this sense suits the passages of the Rule (1QS IX, 12–14).32 “To do the will of God according to everything which has been revealed” lays down the obligation to comply with the Torah laws, through which God’s will is revealed. Yet the statement qualifies this general affirmation by formulating the conditions required for proper understanding and practice of the Torah. These should be “according to everything which has been revealed from time to time and to measure the understanding which has been found according to the times and the law of the time.” Thus the addition “everything which has been revealed from time to time” ( )הנגלה לעת בעתaffirms that the correct way of practicing Torah com(VT.S 101), Leiden 2006, 230–249; eadem, “Exegesis and Time in the Pesharim from Qumran”, REJ (in press). 28 The Damascus Document XVI, 3–4 alludes to this chronology, rather than to the Book of Jubilees itself. Cf. my discussion “Two ‘Scientific’ Fictions” (see n. 27). 29 4Q286 1 ii 11: “( ושבתות ארץ במחל]קותמה ומו[עדי דרו]רand the Sabbaths of the land in [their] divis[ions and ti]mes of relea[se”). 30 See 4Q331, 4Q332, and 4Q333, edited by Joseph Fitzmyer in: S.J. PFANN (ed.), Qumran Cave 4, 26. Cryptic Texts (DJD 36), Oxford 2000, 275–289. These texts contain historical notices inserted into a roster of the twenty-four priestly courses. In other calendrical texts these courses are listed according to a jubilees chronology. Cf. S. TALMON, Introduction, in: S. TALMON, J. BEN-DOV, U. GLESSMER (edd.), Qumran Cave 4, 16. Calendrical Texts (DJD 21), Oxford 2001, 3–14. 31 1QS IX, 12–14: חוק העת, לפי העתים, לעת בעת, “ =( עת ועתevery time”, “from time to time”, “according to the times”, “the law of the time”). 32 See the analysis of SCHIFFMAN, Halakha (see n. 2), 22–32.
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mandments depends on two things: the understanding available at any given time, and the particular law governing that time. In a pesher to Num 21,17– 18, the Damascus Covenant (CD VI, 2–10) states that this was to be accomplished only through the special exegetical techniques revealed to the covenanters.33 The nature of the activity required to attain true understanding of the Torah is explained by another statement of the Rule. It is expressed in a pesher to Isaiah 40,3. כאשר כתוב במדבר פנו דרך •••• ישרו בערבה מדרש התורה אשר34מסלה לאלוהינו הואה צוה ביד מושה לעשות ככול הנגלה עת בעת וכאשר גלו הנביאים ברוח קודשו
… as it is written: “In the wilderness prepare the way of the Lord, make level in the desert a highway for our God” (Is 40,3); this is the study35 of the Torah, which He commanded at the hand of Moses to practice according to everything which has been revealed from time to time, and according to that which the prophets have revealed by His holy spirit. (1QS VIII, 14–17)
According to this passage the Torah was given to Israel through Moses, but for its proper practice it had to be further “revealed” ()נגלה. The prophets were the medium through which such revelation was given,36 but so was the midrash of the Torah מדרש התורה. The midrash, namely the search for correct understanding of the Torah, is thus also an activity ordered by and blessed with divine inspiration. Since for the pesher ‘the midrash ( )מדרשof the Torah’ is an activity taking place along the sequence of times, the term should be understood as an ongoing exegetical activity. The divinely directed study of the Torah was the prime directive in the life of the Qumran community, for only by that could true understanding of the Torah and the
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On this technique see the judicious words of FISHBANE, Use (see n. 3), 366–367. The correct reading of the personal pronoun in the nominal phrase is הואה, and not היאה. This is confirmed by a fresh collation of the manuscript and by the parallel reading of a copy from cave 4 (4Q259 2a ii 5). The editors of this copy suggest that following the reading of the cave 4 copy this is also the correct reading of 1QS. Cf. P.S. ALEXANDER, G. VERMES (edd.), Qumran Cave 4, 19: Serekh ha–Yahad and Two Related Texts (DJD 26), Oxford 1998, 144. Thus the pesher equates the midrashic activity with the entire prophetic verse rather than with one detail of it, for instance the “way”, as is generally claimed. See my analysis in: Non pas l’exil au désert mais l’exil spiritual. L’interprétation d’Isaïe 40, 3 dans la Règle de la communauté, in: A. LEMAIRE, S. MIMOUNI (edd.), Qumrân et le Judaïsme du Tournant de Notre ère, Paris/Louvain 2006, 17–36. 35 Here reflecting the old biblical meaning of ‘ לדרשto search’ in the sense of searching for the meaning of scriptures. Cf. BAUMGARTEN, Studies (see n. 2), 32 n. 78. 36 The covenanters’ view that the Prophets complement and continue the Torah of Moses is expressed in sectarian documents in several ways. Note 1QS I, 3; VIII, 16; CD VII, 14–18; 4Q504 1–2 iii 13. See also 4Q166 (4QpHosa) iii 4–5; 4Q381 69 4–5; 4Q390 2 i 5. 34
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correct practice of its commandments be obtained.37 Yet here too the important temporal quailfication is stated: “the study ( )מדרשof the Torah, which He commanded at the hand of Moses to practice according to everything which has been revealed from time to time.” With the same phrase ( הנגלה עת ;בעתcompare 1QS IX, 13) the Rule reaffirms the temporal relativity of any interpretation found through the study of the Torah at any given point in time. Torah exegesis is subject in principle to the relativity of the temporal process. Each time span offers distinct ways of understanding and interpreting God’s will, in keeping with the law of that specific time. Accordingly, in each period a revelation must be sought regarding the manner in which the Torah should be practiced at that point. From this perspective the role of the Searcher of the Torah ( )דורש התורהin CD VI, 7; VII, 18 should be understood. The notion that the practice of the Torah commandments depends on the temporal perspective is also expressed in the conclusion to the discussion of Torah laws in the Damascus Document: ואלה החקים למשכיל להתהלך בם עם כל חיAnd these are the statutes for the Maśkil to למשפט עת ועת וכמשפט הזה יתהלכו זרעwalk with all the living, according to the ישראל ולא יוארוprecept of each time. And according to this precept shall the seed of Israel walk, so that they may not be cursed. (CD XII, 20–2238)
Significantly, this wording is very close to the passage above from 1QS IX, 12– 14. Here too the Maśkil, the master and teacher, is instructed to conduct himself with every living creature according to the “precept of each time”. 1QS IX makes clear why this is the role of the Master: knowledge of the proper law of any period calls for an understanding of the law of every one of them, and of the particular rules attached to it.39 37 Succinctly put by FISHBANE, Use (see n. 3), 345: “Study of the Tora is thus its correct study and interpretation; and only on this basis can there be a legitimate and divinely authorized observance of the commandments”. 38 For the text see E. QIMRON, The Text of CDC, in: M. BROSHI (ed.), The Damascus Document Reconsidered, Jerusalem 1992, 33. The translation is by J.M. Baumgarten in: J.H. CHARLESWORTH (ed.), The Dead Sea Scrolls: Damascus Document, War Scroll and Related Documents, Tübingen-Louisville 1993, 53. For the phrase as a conclusion of a list of laws see C. RABIN, The Zadokite Documents, Oxford 21958, 63. 39 The particular organization of the community also depends on the law of time, for the rules laid down in CD XII, 12–13 for this purpose are applicable only to “the Period of Evil” ()קץ הרשעה, considered by the covenanters to foreshadow the eschatological era. For this ideal era different rules are prescribed by the Rule of the Congregation (1QSb). Though similar in structure to the order of the Period of Evil, the order of the Rule of the Congregation is nevertheless different in important respects from the rules contained in the Rule of the Community and the Damascus Covenant. Cf. L.H. SCHIFFMAN, The Eschatological Community and the Dead Sea Scrolls (SBL.MS 38), Atlanta 1989. However, Schiffman tends to
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What is the precise relationship between the ‘original’ Torah and the ongoing process of its revelation? The answer is found in the dictum “in it everything is specified” ()כי בה הכל מדוקדק, formulated by the Damascus Document XVI, 2.40 It expresses the conviction that the Torah itself contains everything necessary for understanding the correct practice of its commandments. But the need for constant search, under divine guidance, for their proper practice and precise import shows that its directives are not always transparent or correctly understood. This cryptic aspect of the Torah requires study and explication. This is attained only through a lengthy process of searching for the scriptural meaning, and only with the right, inspired, method known to the members of the Qumran community.41 Precisely this sort of midrash of the Torah is intended by the pesher to Isaiah 40,3 cited above. A similar notion is conveyed by the pesher to the Song of the Well in Numbers 21,18, expounded by the Damascus Document VI, 3–11. The pesher compares this exegetical activity to digging a well. Significantly, the midrashic methods referred to by this symbolism were themselves revealed to the community, consequent to a sincere and earnest search accompanied by true repentance (CD III, 16–18; VI, 6–7). Moreover, they were revealed in order to extract from the Torah statutes “to walk in them during the entire period of Evil” (CD VI, 10).42 Again, the temporal perspective is crucial. The midrashic technique introduced by the Interpreter of the Torah was intended for a particular period. This means that the relative temporal perspective applies to the exegesis of the Torah just as it does to that of the Prophets. Yet this kind of relativity, governing the interpretation of the Torah, does not necessarily imply that new understanding replaces the old one. Rather, it supplements and deepens it. Such a view may account for the large corpus of rewritten Bible found at Qumran, of which the Temple Scroll is the most characteristic. From the temporal perspective, the Temple Scroll does not replace the canonical Torah but supplements, explains and updates it according to what was revealed to its authors through a close study of it. The same may be said of the Book of Jubilees’ reworking of Genesis. The foregoing analysis has shown that for the Qumran community both the interpretation of biblical prophecies and the precise understanding of the Torah are a matter of special exegesis, divinely revealed at specific points of
play down these differences. For instance, according the eschatological rule the general assembly of the community’s members includes women and children (1QSa I, 1–5), a detail not mentioned in the Rule of the Community. 40 Compare the similar rabbinic dictum in m Avot 5, 22. 41 Similarly FISHBANE, Use (see n. 3), 346. 42 להתהלך במה בכל קץ הרשיע.
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time in the historical sequence. This temporal relativity is particularly emphasized by the use of the terms “period” ( )קץand “time” ()עת.43 Although the major writings of the Qumran community dwell only rarely on the temporal perspective of understanding Torah and Prophecy, the little that they do convey and the constant preoccupation with calendar and the correct order of cosmic times attest to the importance of this concept in their thought. The course of the historical times had a special fascination for the covenanters, for understanding it held the key to the meaning of their own history and fate. This is very much the Central point in the pesharim commentaries. The preoccupation with the laws governing the historical process was a focal issue in various Second Temple literary works, as for instance, in the apocalyptic visions. Yet for the Qumran covenanters it had a more profound and at the same time a more practical meaning: the relative position of the interpretation of both the prophecies and the Torah enhanced their feeling of expectation for the final end of history, when the ultimate and full meaning of the Torah and the Prophets would become known. This temporal perspective, then, links the understanding of Torah and Prophecy. At Qumran the interpretation of both rested on the same understanding of history as a sequence of periods, with many relative points along it. The centrality of scripture midrash at Qumran may therefore be understood as an ongoing midrashic process, nourished by divine inspiration and guidance and conditioned by the different historical periods. Only such vital and constant contact invested the community’s ethos and teaching with the authority they sought. The foregoing analysis has shown that the same conceptual framework underlies the Qumranic exegesis of the biblical legal texts and of the biblical prophecy. It thus connects two major types of exegesis at Qumran: the interpretation of Prophecy on the one hand and that of the biblical legal texts on the other hand. It has also revealed that the same temporal concept underlies the apocalyptic literature. It thus appears that the interpretation of Torah laws at Qumran was intimately linked with the eschatological understanding of the Prophets, typically expressed by the pesharim.
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The fact that both terms are used in connection with the historical sequence of temporal units shows that they refer to the same system. Both terms are used in similar contexts in the Rule of the Community and the Damascus Covenant. Compare 1QS I, 13–14; CD XII, 21–23; XVI, 2–3. Note especially the formulation in 1QS I, 14: ולוא לצעוד בכול אחד מכול דברי אל בקציהם …“( ולוא לקדם עתיהםand in order not to deviate from any single one of all the words of God in their periods, and in order not to be early [in] their times…”).
Gnostic Literature ZLATKO PLEŠE The purpose of this contribution is to provide an overview of a vast corpus of second- and third-century revelatory literature traditionally collected under the designation of ‘Gnosticism’. This modern typological category has recently come under sustained attack from different directions,1 primarily for its essentialist reification of a wide array of diverging theological positions, ethical orientations, and ritual practices.2 The present study does not follow such a radical deconstructionist program. While acknowledging important doctrinal divergences in the available database, it still argues that multiple Gnostic traditions share a distinctive world-hypothesis, one that stems from their global revisionist attitude towards the dominant religious and philosophical currents of the period: Hellenistic astrology, Hellenized Judaism, earliest Christian traditions, and Platonism with Pythagorean or Stoicizing tendencies. Emphasis in this survey is thus laid neither on the phenomenological delimitation of the essential characteristics of ‘Gnosticism’ nor on the genealogical search for some idealized point of origin (Jewish or Christian), but rather on the intertextual character of Gnostic semiosis. In short, Gnostic literature will be 1
See esp. M.A. WILLIAMS, “Rethinking” Gosticism: An Argument for Dismantling a Dubious Category, Princeton 1996, K.L. KING, What is Gnosticism?, Cambridge, Mass. 2003, and the individual contributions in A. MARJANEN (ed.), Was there a Gnostic Religion?, Publications of the Finnish Exegetical Society 87, Helsinki/Göttingen 2005. 2 In modern typological approaches, Gnosticism has been variously characterized as “a (Christian) extension of the Alexandrian philosophy of religion, with a radically dualistic view of the universe and a clear predilection for an allegorical interpretation of the Jewish scripture” (F.C. BAUR, Die christliche Gnosis oder die christliche Religionsphilosophie in ihrer historischen Entwicklung, Tübingen 1835); the byproduct of “an acute Hellenization of Christianity” (A. v. HARNACK, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1: Die Entstehung des christlichen Dogmas, Tübingen 1909); a pre-Christian religion derived from the oriental myth of the primal man-redeemer (W. BOUSSET, Hauptprobleme der Gnosis [Forschung zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 10], Göttingen 1907); “the most original expression of Daseinsverfassung”, anti-cosmism, and “protest exegesis” in Greco-Roman religiosity (H. JONAS, Gnosis und spätantiker Geist: I. Die mythologische Gnosis [FRLANT 63], Göttingen 31964); a dualistic religion, originally an extra-Christian phenomenon, which “strictly speaking has no tradition of its own”, but parasitically feeds off of all major religious currents in the Hellenistic and Roman periods (K. RUDOLPH, Gnosis: The Nature and History of Gnosticism, San Francisco 1983).
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treated here as an autonomous instance of the phenomenon under investigation in the Ratio religionis project – transformative integration of Greek philosophy and various religious discourses in the first three centuries of the Roman Empire.3
1. Gnostic Identity: Self-Designation and Modern Reconstructions The term ‘Gnosticism’ is a modern coinage, created by the Cambridge Platonist Henry More (1614–1687) in the context of anti-Christian polemic, and applied as a generic label for idolatrous ‘heresy’, both old (ancient Christian heresies) and new (Catholicism).4 The term ‘gnostic’ (γνωστικός), however, is at least as old as Plato (Polit. 258e–267a), and loaded from the beginning with philosophical overtones: ‘the one capable of, or endowed with, or, more neutrally, related to knowledge or knowing (γνῶσις)’. The word was generously used by some later Hellenistic and Roman Imperial philosophers (forty-four times by Alexander of Aphrodisias, for example), most notably by those claiming lineage to Pythagoras and Plato (e.g., Philo, Opific. 54 and [Archytas] in Stob. 1.48.6).5 Among the ‘proto-orthodox’ Christian writers,
3 However differently they might negotiate the relationship between philosophy and religion, multiple Gnostic traditions display a common preference for conceptual blending and metaphorical language over clarity of expression and logical demonstration. It is because of this intentional striving for linguistic obscurity that Gnosticism has earned, among the historians of post-Hellenistic philosophy, such derogatory labels as “Platonism run wild” (A.D. NOCK, Gnosticism, HTR 57 [1964] 255–279), “Proletarierplatonismus” (W. THEILER, Gott und Seele im kaiserzeitlichen Denken, in: Recherches sur la tradition platonicienne. Sept exposés, Vandœuvres/Genève 1955, 65–90), or the “Platonic underworld” (J.M. DILLON, The Middle Platonists, 80 B.C. to A.D. 220, Ithaca 1996). Among modern literary critics, the body of Gnostic literature has evoked similar reactions, having become synonymous with “misreading” and “misprision” (H. BLOOM, Agon: Towards a Theory of Revisionism, New York/ Oxford 1982), and with an almost “paranoid” obsession with equivocal language – an obsession which, to use the words of Umberto Eco, “unravels an uninterrupted chain of infinite deferrals, where ‘this is so-and-so’ never remains the same thing and where the primary role of language is to indicate that the core of divine revelation is, in fact, an inexpressible void” (U. ECO, I limiti dell’interpretazione, Milano 1990, 53). For conceptual blending as a trademark of Gnostic mythopoiesis, see Z. PLEŠE, Poetics of the Gnostic Universe: Narrative and Cosmology in the Apocryphon of John (NHMS 52), Leiden 2006, 107–138. 4 Among more recent surveys of modern and ancient constructions of ‘Gnosticism’ see esp. B. LAYTON, Prolegomena to the Study of Ancient Gnosticism, in: M. WHITE, O. LARRY YARBROUGH (edd.), The Social World of the First Christians, Minneapolis 1995, 334–350, KING, What is Gnosticism? (see n. 1), and MARJANEN, Was there a Gnostic Religion? (see n. 1). 5 See esp. J. HOLZHAUSEN, Gnostizismus, Gnosis, Gnostiker: Ein Beitrag zur antiken Terminologie, JAC 44 (2001) 57–74.
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the term was both a neutral designation and a marked concept endowed with both positive and negative semantic features. Clement of Alexandria, for instance, speaks of γνωστικός as an ideal – “our kind of gnostic” – but he also contrasts the Christians conforming to this ideal with those who falsely call themselves γνωστικοί (Strom. 3.4.30.1) and with the “heresies” in general (7.9.4.3). The negative connotation has its scriptural origin and stems from the invective against “the profane chatter and contradictions of what is falsely called gnosis” in 1 Timothy 6,20. When carrying such a pejorative load, the term γνωστικός denotes separation, contamination, dissent, crafty counterfeit, and manipulative rhetoric, serving thereby an important polemical function of schematizing an ideologically diverse group of opponents to ‘orthodoxy’ into one central image of the ‘Gnostic heresy’. Such an image is forcefully promoted by Irenaeus, the ‘proto-orthodox’ theologian and author of the oldest extant heresiological manual, who situates the “so-called Gnostic heresy” (ἡ λεγομένη Γνωστικὴ αἵρεσις) between Simon Magus, the source of all ensuing “Gnostic” aberrations (Adv. haer. 1.23.4), and Valentinus, the “school” he founded (διδασκαλεῖον), and his later followers (Adv. haer. 1.11.1).6 The problem that has preoccupied many scholars is whether Irenaeus’s “Gnostic heresy” should be understood as a descriptive label coined by the heresiologist or rather as the self-designation of a particular historical group, or even a professional school, within second-century Christianity. One can plausibly infer from Irenaeus’s account that there were some Christian groups or teachers who used to portray themselves as γνωστικοί (gnostici) – for instance the Carpocratians who “call themselves gnostics” (1.25.6) – even though it remains unclear whether, in using this term, they claimed their affiliation with the specific ‘Gnostic’ school of thought, as was the case with the members of the Rationalist and Empiricist medical schools of thought (αἱρέσεις), or simply affirmed their ability to attain the godhead, in the way in which Clement speaks of his ideal ‘gnostic’7. One possible way out of the deadlock is to assume (i) that, among various second-century ‘heterodox’ Christian groups with certain doctrinal affinities (cosmic dualism, a preference given to gnosis over pistis, interest in philosophy, revisionist attitude towards the Old Testament, etc.), some indeed called themselves γνωστικοί, either as a distinct 6
For Irenaeus’ construction of the heretical succession (διαδοχή), including Valentinus’ foundation of the “school” (διδασκαλεῖον), see C. MARKSCHIES, Valentinian Gnosticism: Toward the Anatomy of a School, in: J. TURNER, A. MCGUIRE (edd.), The Nag Hammadi Library after Fifty Years (NHMS 44), Leiden 1997, 401–438. 7 In another passage Irenaeus refers to ‘Barbelo-gnostics’ (1.29.1), or those who have the gnosis of Barbelo, the supreme feminine principle, which would support the latter assertion – but the Latin text of the relevant line may well be corrupt and therefore too weak a piece of evidence to settle the problem. Cf. A. ROUSSEAU, L. DOUTRELEAU (edd.), Irénée de Lyon, Contre les heresies, livre 1. Tome I: Introduction, notes justificatives, tables (SC 263), Paris 1979, 296–300.
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brand or as a claim of quality, while others, probably the majority, preferred the names that designated the salient trait of their doctrine, their ‘founder’, or an important character in their founding myth (Simonians, Nicolaitans, ‘Barbeloites’, Ophites, Cainites, etc.);8 (ii) that Irenaeus applied the label γνωστικός in a pejorative manner to all of the above mentioned groups, probably because it brought to his mind the ‘canonical’ rebuke of “the falsely called gnosis” in 1 Tim 6,20, and (iii) that he next extended its application to include other doctrinally related groups within the early Christian movement (Basilides and his school, Satorninus, Marcion, Valentinus and his followers). Irenaeus’s reconstruction of the “falsely called Gnosis” has continued to serve as a basis for the modern scholarly study of Gnosticism. The most significant innovation brought to his linear development (Simon Magus – “the socalled Gnostic heresy” – Valentinus) is a thorough revision of Irenaeus’s middle phase, prompted by the discovery and publication of the ‘Coptic Gnostic Library’ from Nag Hammadi. The distinctive features of this phase, now called ‘Sethian’ – a specific type of creation myth and imagery, and a distinct cast of characters, including the prominent role assigned to Seth and Sethian ancestry – were first isolated by Hans-Martin Schenke, and later refined by a number of scholars.9 According to this new evolutionary model, most coherently put forward by John Turner,10 the central interest of this “earliest form of Gnosticism”, whose roots should lie in the “heterodox Jewish” speculations on the biblical figures of Seth and Sophia and in their Platonizing reading of the book of Genesis, was to shape a coherent sectarian myth of origins. This original preoccupation with mythopoiesis eventually gave way to a theology of transcendental ascent, discernible in the later ‘Sethian’ treatises that circulated in the school of Plotinus, and to the separate formation of a number of partly de-mythologized and fully Christianized theosophical systems, characteristic for the ‘Valentinian’ gnosis.
8 See a relevant passage in a badly damaged Testimony of Truth (NHC IX,55p. 1–60,4), in which the anonymous author, probably of ‘Valentinian’ provenience, engages in a vehement polemic not only with ‘proto-orthodox’ Christians, but also with Valentinus and his disciples, with Basilides, and with the Simonians. The term ‘Gnostic’ is significantly absent from this discussion. 9 Cf. H.-M. SCHENKE, Das sethianische System nach Nag-Hammadi-Handschriften, in: P. NAGEL (ed.), Studia Coptica, Berlin 1974, 165–174 and H.-M. SCHENKE, The Phenomenon and Significance of Sethian Gnosticism, in: B. LAYTON (ed.), The Rediscovery of Gnosticism, Bd. 2, Proceedings of the International Conference on Gnosticism at Yale, New Haven, Connecticut, March 28–31, 1978 (Studies in the History of Religion 41), Leiden 1981, 588– 616; J.D. TURNER, Sethian Gnosticism and the Platonic Tradition (BCNH Section Études 6), Québec 2001. 10 Cf. TURNER, Sethian Gnosticism and the Platonic Tradition (see n. 9), and J.D. TURNER, The Gnostic Sethians and Middle Platonism: Interpretations of the Timaeus and Parmenides, VChr 60 (2006) 9–64.
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The problem of ‘Sethianism’ is very similar to that of Irenaeus’s “Gnostic heresy”. Is this, again, a convenient typological label for a distinctive subgroup of Gnostic texts or a historically identifiable religious movement? And if the latter is true, within which religious tradition did it emerge as an independent phenomenon? To begin with the heresiological reports, Irenaeus makes no explicit reference to the ‘Sethians’ in his catalogue, even though he does not fail to mention the important role played by Seth in some Gnostic systems (1.30.9). Later heresy-hunters, however, provide a wealth of information about these esoteric mythmakers, connecting them, and sometimes even identifying, with various Christian ‘serpent-sects’ (Hippolytus, Pseudo-Tertullian, Epiphanius, Philastrius, Theodoret). External evidence points thus to secondcentury Christianity as the likely historical setting for ‘Sethianism’. But genuine ‘Sethian’ writings, the majority of which became available with the publication of the Coptic manuscripts from Nag Hammadi, complicate this picture of ‘Sethianism’ as a second-century Christian development. As argued by scholars aligning themselves with Schenke’s typological classification, these texts appear to contain much older, pre-Christian layers of tradition. Thus, for instance, the already mentioned Apocryphon of John, generally considered a paradigmatic ‘Sethian’ text, contains a Christian frame narrative (the Savior-Christ’s appearance and self-proclamation to John the disciple) that encircles the Savior’s detailed exposition of the secrets of cosmogony, human history, and final salvation. A conspicuous absence of distinctively Christian features and references in the main body of the text, combined with a sudden replacement of John as a first-person narrator by the heavenly Savior, has often been viewed as the symptom of an inadequate harmonization of the ‘Sethian’ core narrative with the new Christian frame. Once stripped of the frame and a small number of superficial Christian interpolations, “the Urtext behind the Christianized frame that we now have is testimony to a religiosity which originally had nothing to do with Christianity”.11 Analysis of other ‘Sethian’ texts has yielded similar results, showing that Christian features are either superficial or even completely absent. Combined with external evidence about the ‘Sethians’ and other cognate groups, these results were recently used as the basis for the already mentioned attempt by John Turner to chart a hypothetical history of ‘Sethianism’ – a complex multi-phased linear
11 B.A. PEARSON, Gnosticism as Religion, in: MARJANEN, Was there a Gnostic Religion? (see n. 1), 96; for the whole argument see B.A. PEARSON, Apocryphon Johannis Revisited, in: P. BILDE et al. (edd.), Apocryphon Severini presented to SØREN GIVERSEN, Aarhus 1993, 155– 165.
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development in which heterodox Jewish groups (“Barbeloites” and “Sethites”) only gradually amalgamated with various Christian currents.12 Like any attempt to recover the historical situation primarily from textual evidence, one must take the historical reconstruction of pre-Christian ‘Sethianism’ with a great deal of caution. In this kind of research, the uncritical application of source- and tradition-criticism to identify literary ‘seams’ indicative of secondary Christian redaction is particularly hazardous. To cite again an example from the Apocryphon of John, there is a section in the Savior’s revelatory monologue that develops a highly poetical and rhetorically crafted praise of the unknown godhead (BG 22, 17–26, 14), conveyed in a language reminiscent of the Middle Platonist ‘apophatic’ theology. The nature of the godhead, we are told, is ineffable and its transcendent being unattainable by discursive reasoning or intuitive intellection. The concluding part opens with a dubitatio (“What shall I say to you about the incomprehensible One?”), followed by a grand finale of the whole discourse: “For no one among us knows what belongs to the immeasurable One but he who has dwelt in it: it is he who told us these things”. This is, of course, an almost verbatim quotation of the final verse from the Johannine prologue (John 1,18). Besides serving as a cathartic climax to the whole encomium, the quote also gives crucial backing to the Savior’s anti-Platonist assertion that revelation is a prerequisite for gnosis. Whereas the Platonist God is ineffable but still attainable by intellect, the Gnostic godhead, as confirmed by the Johannine saying, cannot be intuited but only disclosed by “him who has dwelt in it”. It is therefore plausible to view the Gospel quotation as an organic and inseparable part of the Savior’s speech. Should one, then, seclude the whole encomium as an instance of later Christian tampering with the original ‘Sethian’ document?
2. Sources for the Study of Gnosticism The textual evidence for Gnosticism survives partly in the original Greek and partly in Coptic, Latin, and Syriac translations. This evidence is of two types: 1. Extensive testimonia and verbatim citations in ancient authors. Along with sketchy and often distorted summaries of Gnostic doctrines by various ancient authors, both Christian13
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For a recent attempt to demonstrate the ‘Ophite’ contribution to this development, see T. RASIMUS, Ophite Gnosticism, Sethianism and the Nag Hammadi Library, VChr 59 (2005) 235–263. 13 Traditional pre–1960 scholarly accounts of Gnosis and Gnosticism, from J.A. NEANDER, Genetische Entwicklung der vornehmsten gnostischen Systeme, Berlin 1818 and BAUR, Die christliche Gnosis (see n. 2) to BOUSSET, Hauptprobleme der Gnosis (see n. 2), HARNACK, Lehrbuch der Dogmengeschichte (see n. 2), and even JONAS, Gnosis und spätantiker Geist (see n. 2), and ANTONIO ORBE (Estudios valentinianos, 5 vols, Rome 1955–1966), relied in
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and pagan,14 we also have at our disposal a number of genuine Gnostic passages and texts in their original Greek idiom, all recorded by mainstream Christian theologians: (i) the ‘Naassene Psalm’ in Hippolytus’s Refutation (5.10.2); (ii) fragments of the original writings of Basilides, his son Isidorus, and Valentinus, recorded in the works of Clement and Origen; (iii) Clement of Alexandria’s Excerpts from Theodotus; (iv) a passage from Ptolemy’s commentary on the Gospel of John in Irenaeus (Adv. haer. 1.8.5); (v) almost fifty fragments from Heracleon’s hypomnemata on the same gospel, quoted and discussed in Origen’s commentary on John; finally, (vi) a complete piece of ‘Valentinian’ scriptural exegesis, Ptolemy’s Epistle to Flora (Epiph. Panar. 33.3–8).15 These verbatim citations are invaluable in that they exhibit a high level of literary, philosophical, and rhetorical sophistication among the Gnostics, particularly those belonging to the ‘Valentinian’ current. Valentinus’s fragments, for example, reveal an accomplished theologian thoroughly familiar with the conventions of Greek verse and rhythmical prose. Ptolemy’s Epistle to Flora, which Eduard Norden called an exemplary piece of the early Christian Kunstprosa,16 is simultaneously an introductory classificatory (‘dihaeretic’) manual (εἰσαγωγή),17 a rhetorical inquiry admitting controversy (θέσις), and a skilfully conducted dialectical investigation (ζήτημα) searching for a compromise solution between two extreme points of view, Marcionite and mainstream Christian or Jewish. Hera-
their reconstructions primarily on the following ‘orthodox’ Christian reports: Irenaeus’ Adversus Haereses; Tertullian’s De praescriptione haereticorum, De carne Christi, Adversus Valentinianos, De resurrectione mortuorum, and Scorpiace; Hippolytus of Rome’s Refutatio omnium haeresium; Clement of Alexandria’s Stromata and Eclogae propheticae; Origen’s Commentarii in euangelium Ioannis, Contra Celsum, Homiliae in Lucam, and De principiis; Hegemonius’s Acta Archelai, and Epiphanius of Salamis’ Panarion omnium haeresium. For the complete bibliographical references, see now S. DÖPP, W. GEERLINGS (edd.), Lexikon der antiken christlichen Literatur, Freiburg/Basel/Wien 32002 ad nom. 14 Probably around 265 A.D., the Platonist philosopher Plotinus penned his famous polemic Against the Gnostics (Enn. II 9 [33]) as an epilogue to a short series of anti-Gnostic treatises: On Contemplation (III 8 [30]), On Intelligible Beauty (V 8 [31]), and That Intelligibles Are Not Outside of the Intellect (V 5 [32]). In these writings, he criticizes the Gnostic opponents for their use of magical incantations and for their mythological understanding of the universe, presenting them in essence as pretentious innovators and as bold revisionists of Plato’s doctrines. Recently conducted comparisons between the Plotinian Großschrift and the ‘Sethian’ texts have shown that Plotinus might not only have read at least two of the Platonizing ‘Sethian’ texts, Zostrianos and Allogenes, but was also likely to be influenced by the doctrines of his opponents. See esp. K. CORRIGAN, Platonism and Gnosticism. The Anonymous Commentary on the Parmenides: Middle or Neoplatonic?, in: J.D. TURNER, R. MAJERCIK (edd.), Gnosticism and Later Platonism: Themes, Figures and Texts (SBL Symposium Series 12), Atlanta 2000, and TURNER, Sethian Gnosticism and the Platonic Tradition (see n. 9), 709–724. Important support for this scholarly reconstruction comes from Porphyry (Vita Plotini 16), one of Plotinus’s closest disciples. 15 All texts are available in M. SIMONETTI, Testi gnostici in lingua greca e Latina, Fondazione Lorenzo Valla, Vincenza 1993. 16 Cf. E. NORDEN, Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance, vol. 2, Leipzig 1898, 545–547, 920–923. 17 See C. MARKSCHIES, New Research on Ptolemaeus Gnosticus, ZAC 4 (2000) 225–254.
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cleon’s hypomnêmata, again, are lemmatic comments on grammatical, rhetorical, and historical matters informed in part by the protocols of Alexandrian philologists. 18 2. Original works, mostly preserved in Coptic translation. The most important body of firsthand textual evidence comes from the fourth- to fifth-century manuscripts written in various Coptic dialects, indicating not only that Gnostic texts were at some point disseminated among the readers in Egyptian provinces unable to read Greek, but also that, at some point in the transmission of these texts, there seems to have been official pressure on the part of the Greek-speaking Church establishment to cease copying these kinds of ‘heretical’ works. Due to such a chance factor as dry climate in Upper Egypt, we are today in possession of the following Gnostic documents: (i) The first Coptic Gnostic manuscript brought to public attention was Codex Askewianus, acquired by the British Museum in 1776 (MS Add. 5114). Available in an excellent edition by Carl Schmidt (1925), the manuscript text consists of four parts, the first three of which seem to constitute a separate work originally entitled as The Books of the Savior. The present title, Pistis Sophia, is a modern conjecture based on the heading of the second part, The Second Book of the Pistis Sophia, which is a later scribal addition. Both this work and the ensuing fourth ‘book’ are written in the question-and-answer form (erôtapokriseis) – a collection of the dialogues between the risen Christ, Christus redivivus, and his disciples, most notably Mary Magdalene. Pistis Sophia is one of the most neglected Gnostic writings, primarily because of its obscure style, numerous repetitions, and not fully developed digressions “an old man’s Gnosticism”, as Harnack called it.19 This neglect is regrettable, for the text contains a wealth of information about the Gnostic attitudes toward magic and astrology,20 a unique Gnostic hymnal,21 and a detailed description of the universe – a multiple-tiered structure in whose middle region lies, among manifold cosmic layers, the thirteenth realm of Sophia. (ii) In the middle of the nineteenth century, another Coptic Gnostic manuscript became available to scholars – the so-called Codex Brucianus, edited in 1892 by Carl Schmidt. This manuscript collection contains two treatises that Schmidt believed to be identical with The Two Books of Jeu mentioned in the Pistis Sophia, even though the proper title of the first of these texts, as confirmed by its colophon, is the Book of the Great Secret Discourse. The prominent place in both ‘books’ is indeed assigned to Jeu – probably yet another version of the magical spelling of the tetragrammaton (Iaô) – who is called “the true Son” of his transcendent Father, or First Mystery. Structured in the same erôtapokriseis-form as the Pistis Sophia, this treatise provides a series of Jesus’ revelations about common Gnostic themes: aeonic emanations, uranographic details, decanal melothesia, baptismal rites, and the soul’s heavenly ascent. The collection ends with two extensive prayers accompanied with a fragmentary topography of the supracelestial world and its denizens, including the notorious figure of the great Seth. (iii) Had it been for these two codices, we would have a rather distorted view of the ancient Gnostic literary production, a confused amalgam of disconnected mythical episodes and strange characters, written very much in the spirit of late Hellenistic magic and astrology.
18 See A. WUCHERPFENNING, Heracleon Philologus. Gnostische Johannesexegese im zweiten Jahrhundert (WUNT 142), Tübingen 2002. 19 A. HARNACK, Über das gnostische Buch Pistis Sophia (TU 7/2) Leipzig 1891, 97. 20 See now the seminal article by J. V. D. VLIET, Fate, Magic and Astrology in Pistis Sophia, in: A. HILHORST, G.H. V. KOOTEN (edd.), The Wisdom of Egypt: Jewish, Early Christian and Gnostic Essays in Honour of GERARD P. LUTTIKHUIZEN (AJEC 59), Leiden 2005, 519–536. 21 A. KRAGERUD, Die Hymnen der Pistis Sophia, Oslo 1967.
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But then, in 1896, Carl Reinhard purchased from a dealer in Cairo a fragmentary fifth-century papyrus booklet, today known as the Berolinensis Gnosticus 8506, which contains four works: The Gospel of Mary, The Apocryphon of John, The Wisdom of Jesus Christ, and The Acts of Peter (ed. Till Schenke 1972). The first three works have proved especially important for modern reconstructions of Gnosticism. The fragmentary Gospel of Mary, whose extant sections are also partly attested in two Greek papyrus fragments (P. Oxy. 3525 and P. Ryl. 463), is yet another example of the Gnostic dialogue (erôtapokriseis), in which Mary, presumably Mary Magdalene, figures as the main recipient of Jesus’ revelations (“the one the Savior loved more than other women”) and their interpreter to her male co-disciples. The central themes in this work are such philosophical-religious commonplaces as the origin and fate of matter and material world, and the ascent of the soul to its heavenly home. The second work in the codex is the already discussed Apocryphon of John, a first-hand, fully narrated version of the classic ‘Sethian’ myth, preserved also in three additional manuscript witnesses from the Nag Hammadi collection. The third text, The Wisdom of Jesus Christ, also partly preserved in Nag Hammadi Codex III,4 and in P. Oxy. 1081, is a dialogue between the risen Savior and his disciples, both male and female, “about the nature of the universe and the plan of salvation”.22 (iv) The single most important source for the study of Gnosticism is a hoard of thirteen manuscript codices found on the east bank of Nile opposite the town of Nag Hammadi. These so-called ‘Nag Hammadi codices’23 were manufactured just before AD 350 and buried, for reasons on which scholars still disagree, in a sealed jar in the low desert, on a site near a 6th dynasty burial ground and the Pachomian monastic settlement Chenoboskion.24 Some
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The Wisdom of Jesus Christ is closely related in content, but not in form, to another Nag Hammadi text, the epistolary treatise Eugnostos the Blessed (NHC III,3; NHC V,1). 23 The texts in the ‘Nag Hammadi codices’ are available for research and study thanks to the work of three groups of scholars: (i) the English-language group, based in the Coptic Gnostic Library Project of the Institute for Antiquity and Christianity of Claremont Graduate University, which was first to publish both a preliminary translation of the complete finding (J.M. ROBINSON [ed.], The Nag Hammadi Library in English, San Francisco 1977, 21981, 3 1988, 41996) and a critical edition of all Nag Hammadi texts (J.M. ROBINSON [gen. ed.], The Coptic Gnostic Library, 12 vols., Leiden 1975–1995, reprinted 2000 in 5 vols.) as a sub-series of E.J. Brill’s Nag Hammadi Studies; (ii) the French-Canadian team at the Institut d’études anciennes and the Faculté de théologie et de sciences religieuses of the Université Laval, which recently published a one-volume translation of the whole discovery (J.-P. MAHÉ, P.H. POIRIER [edd.], Écrits gnostiques: La bibliothèque de Nag Hammadi, Paris 2007) and has been producing, since 1977, critical editions with translations and commentaries of individual Nag Hammadi texts in its Bibliothèque copte de Nag Hammadi; (iii) the Berliner Arbeitskreis für koptisch-gnostische Schriften at the Theological Faculty of the Humboldt University of Berlin which, in addition to publishing editions and commentaries of individual treatises in the series Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristliche Literatur (TU), also produced a complete two-volume German translation (H.-M. SCHENKE, H.-G. BETHGE, U.U. KAISER [edd.], Nag Hammadi Deutsch, 2 vols. [Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte, N. F. 8, 12], Berlin/New York 2001, 2003). See also M. MEYER [ed.], The Nag Hammadi Scriptures: The International Edition, New York 2007), the most recent English-language edition prepared by the collaborative effort of the aforementioned teams of researchers. 24 The papyrus scraps used to strengthen the spines of the Nag Hammadi leather bindings include fragments of a letter mentioning a Chenoboskian monk – a possible indication that
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scholars have speculated that the treatises within individual codices might have been organized much earlier in a purposeful fashion,25 according to a scheme typical for the spiritual exercises of Hellenistic and Imperial philosophers. A purposeful organization of literary corpuses in late antiquity according to chronology, thematics, scope, and the degree of complexity is a well-known fact,26 but recent attempts to apply any of the available criteria to the Nag Hammadi manuscripts have so far proved inconclusive.27 Be that as it may, there are some more striking features in this collection. First, the works comprised within the Nag Hammadi ‘Library’ reveal an astounding variety of literary genres, from gospels, letters, and ‘apocalypses’ (both with and without a revelatory journey) to writings that betray familiarity with rhetorical school exercises: collections of maxims, encomiastic prayers, full-fledged sermons, paraphrases, problêmata, hypomnêmata, and learned treatises with a thesis-like structure. Second, albeit intended for Christian readers, only some of these writings contain prominently Christian motifs and themes, while others show a somewhat limited degree of Christianization. Among the former, most reveal close affinities with ‘Valentinian’ teachings,28 whereas the latter seem to bear witness to an earlier, not so distinctively Christian
the books were purchased, if not written, for the monastic milieu. As far as the content of the collection goes, there is nothing in it, except perhaps the alleged anti-Gnostic tone of one tract (NHC VII,4 Teaching of Silvanus), that could prove or disprove its connection with Egyptian monastic circles. On this issue, see now P. ROUSSEAU, The Successors of Pachomius and the Nag Hammadi Codices, in: J.E. GOEHRING and J.A. TIMBIE (edd.), The World of the Early Egyptian Christianity: Language, Literature and Social Context, Washington D.C. 2007; the author discusses some strikingly similar exegetical strategies in the organization of the individual Nag Hammadi codices and in the structuring of the Pachomian type of catechesis. For possible relations between Pachomius’s followers and the creators or collectors of the ‘Nag Hammadi Library’, see also A.L. KHOSROYEV, Die Bibliothek von Nag Hammadi: Einige Probleme des Christentums in Ägypten während der ersten Jahrhunderte, Altenberg 1995. 25 M. TARDIEU, Écrits gnostiques. Codex de Berlin (Sources Gnostiques et Manichéennes 1), Paris 1987, and WILLIAMS, Rethinking “Gnosticism” (see n. 1). 26 See esp. J. MANSFELD, Prolegomena. Questions to Be Settled before the Study of an Author, or a Text (Philosophia Antiqua 61), Leiden/New York/Köln 1994. 27 Among the most obvious signs of a conscious arrangement of treatises within each volume, one could mention the three manuscript witnesses of the Apocryphon of John, all of which occupy the first position in their respective codices (NHC II,1; III,1; IV,1); the content of Codex Two, which has a disproportionately high number of the cosmological treatises (Apocryphon of John, Hypostasis of the Archons, On the Origins of the World); and Codex Five, in which four out of five constituent treatises belong, at least nominally, to the apocalyptic genre. 28 According to E. THOMASSEN, Notes pour la delimitation d’un corpus valentinien à Nag Hammadi, in: L. PAINCHAUD, A. PASQUIER (edd.), Les textes de Nag Hammadi et le problème de leur classification, Québec 1995, 243–259, the list of certain or very probable ‘Valentinian’ texts includes the Tripartite Tractate, the Gospel of Philip, the First Apocalypse of James, the Interpretation of Knowledge, and the Valentinian Exposition; probably ‘Valentinian’ are the Treatise on Resurrection, the Gospel of Truth, and possibly ‘Valentinian’ the Exegesis on the Soul and the Authoritative Teachings, as well as some parts of the Prayer of Paul, Eugnostos; to the group of texts with ‘Valentinian’ features one should add the Gospel of Philip and On the Origin of the World.
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(‘Sethian’) phase in the development of Gnosticism.29 Finally, the ‘Library’ contains a group of writings that have either nothing or very little to do with either Gnosticism or Christianity. In Codex Six, for instance, only three out of eight writings can be labeled as distinctively ‘Gnostic’ (Authoritative Teaching, Thunder, Concept of Our Great Power). The remaining works in the codex include a possibly ‘Encratite’ praise of the apostolic ministry to the poor (Acts of Peter and 12 Apostles); a passage from the ninth book of Plato’s Republic about the soul of a tyrant, reminiscent of a typical Gnostic portrayal of the arrogant and ignorant demiurge; three pieces of the genuine Hermetic literature: Asclepius 21–29, the Prayer of Thanksgiving, also recorded in Asclepius 41, and the ascent-oriented Discourse on the Ogdoad and the Ennead. (v) Finally, mention must also be made of Codex Tchacos, found in Middle Egypt in 1978 but only recently made available to scholars in the critical edition by Rodolphe Kasser and Gregor Wurst (2007).30 In its present dilapidated state, the Codex contains (i) the fragments of the Letter of Peter to Philip, also preserved as the second and concluding tractate of Nag Hammadi Codex VIII; (ii) James, a slightly different version of the First Revelation to James, known from Nag Hammadi Codex V,2; (iii) the widely publicized Gospel of Judas, whose existence was first attested by Irenaeus (1.31.1 Iudae euangelium), and (iv) the so-called Book of Allogenes, unrelated to the third treatise of Codex XI called Allogenes. By far the most commented text in the collection is the Gospel of Judas – the “secret discourse of revelation (ἀπόφασις) by which Jesus conversed with Judas Iscariot, during eight days, three days before he celebrated Passover” (33,1–6). This chronicle of the last days of Jesus’ earthly ministry opens with a series of hostile exchanges between Jesus and his ignorant disciples, but eventually shifts its focus to Judas as a privileged recipient of Jesus’ revelatory accounts, including an interesting ‘Sethian’ version of the creation-story. The role and status of Judas remains a matter of controversy among scholars. On the one hand, he is presented as a typical Gnostic hero: he is extolled among the apostles for his knowledge of “who Jesus is and where he has come from” (35,16–20); he is set apart from the spiritual race (46,16–18) in order to commit the act of betrayal and “sacrifice the (material) man that clothes” Jesus (56,17–21); and he even seems to gain a special gnosis of the true kingdom upon entering into a “luminous cloud”, a common Gnostic symbol of spiritual transformation (57,16–26). 31 On the other hand, Judas is repeatedly denied the ascent to the “holy generation” (35,23–27, 46,24–47,1), and his initial awareness of Jesus’ identity is reminiscent of the “unclean spirits” from the Gospel of Mark (3,11), who immediately recognized Jesus as the Son of God (1,24 “I know who you are, the holy one of God”). Even the name by which Jesus addresses him in the text,
29 The following Nag Hammadi texts are today commonly regarded as ‘Sethian’: The Apocryphon of John, the Hypostasis of the Archons; the Holy Book of the Invisible Spirit, also called the Gospel of the Egyptians, the Apocalypse of Adam, the Three Steles of Seth, Zostrianos, Marsanes, Melchizedek, the Thought of Norea, Allogenes, the Trimorphic Protennoia, sections of On the Origins of the World, and Hypsiphrone; cf. TURNER, Sethian Gnosticism and the Platonic Tradition (see n. 9), 60–62. 30 For a brief yet informative reconstruction of the ‘dramatic’ set of events leading to the ‘rediscovery’ and publication of Codex Tchacos see Kasser’s introduction in R. KASSER, G. WURST (edd.), The Gospel of Judas, Together with the Letter of Peter to Philip, James, and a Book of Allogenes from Codex Tchacos: Critical Edition, Washington 2007, 1–25. See also J. BRANKAER, H.–G. BETHGE (edd.), Codex Tchacos: Texte und Analysen (TU 161), Berlin/New York 2007. 31 For the motif of the luminous cloud in Gnostic literature see PLEŠE, Poetics of the Gnostic Universe (see n. 3), 161–171.
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viz. “Thirteenth Daimon” (44,20), seems to carry negative overtones – in Gnostic texts, the term daimon generally denotes either malicious celestial powers or wicked material spirits, and in some ‘Sethian’ traditions the ignorant demiurge is designated as “the god of the thirteen aeons” (Gos. Eg. III,2 p. 63,17–18; IV,2 p. 75,4–6), occupying the realm above the twelve zodiacal archons. Is Judas, then, a hero or a villain in the story? Perhaps a little bit of both, if one takes into consideration those passages in Gnostic literature that view the thirteenth rank as par excellence ‘liminal’.32 Judas may be an intermediary figure, standing between the ordinary Christians, represented by Jesus’ ignorant disciples, and the spiritual race to which he does not yet, and perhaps may never belong – just as, in some ‘Sethian’ texts, the repentant son of Ialdabaoth, whose name is Sabaoth, assumes the role of a cosmic intermediary “dwelling above the twelve gods of chaos” (Orig. World II,5 p. 104,24–25).33
3. The Gnostic ‘Syndrome’ As mentioned in the introductory remarks, one of the most important innovations in the contemporary study of Gnostic literature is the abandonment of traditional typologies and categories for defining ‘Gnosticism’ – a misleading label, so we are told, that obscures a wide variety of theological and cosmological positions, anthropological doctrines, ethical orientations, and ritual practices.34 Although there is undoubtedly a great deal of truth in such a non-essentialist orientation, it will soon become obvious that multiple Gnostic traditions are, so to speak, variations on a common theme. Whether ‘Sethian’ or ‘Valentinian’, they all arise from a distinct representational schema and a closed set of common presuppositions about the nature of god, the universe, 32
Cf. also Jesus’ prophecy to Judas in 46,19–23: “You will become the thirteenth, and you will be cursed by the remaining generations, and you will come to rule over them”. See also 56,21–24: “Already your horn has been exalted, and your wrath has come to full, and your star has passed through, and your heart has [become strong]”; 57,17–20: “Lift up your eyes and see the cloud and the light within it, and the stars that surround it. And the star that leads the way is your star”. Insofar as symbolizing liminality, the number thirteen and the notion of daimon have both positive and negative applications. In the Pistis Sophia, for example, Sophia’s thirteenth aeon simultaneously borders on light and serves as the place of combat between the powers of light and darkness. See also the Apocalypse of Adam (NHC V,5 p. 77,26–82,19), where the thirteenth kingdoms of the lower world give thirteen false opinions about the origin and nature of the Gnostic revealer, or the Gospel of the Egyptians (NHC IV,2 p. 75,17–20) which advocates the “renouncing of the world and the god of the thirteen aeons”. The term daimon is of course ambiguous already in classical Greece (e.g., divine power, god, semidivine intermediary). But in Gnostic literature it primarily designates the spirits of matter and the servants of the inferior god, rather than the Platonic “wisdom-lover” placed between the gods who “do not long for wisdom because they are always wise” and the ignorant humans who “do not long for the virtues because they have never missed them” (Plat. Symp. 203e– 204a). 33 For the role of Sabaoth in the Hypostasis of the Archons (NHC II,4), see infra, p. 185, n. 58. 34 Cf. supra, p. 163 and n. 1.
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the origins of the present human condition, and the means of attaining salvation. It is this constellation of presuppositions and exigencies symptomatic of Gnostic semiosis that the ensuing sections propose to analyze. 3.1 Ontological Monism The Gnostic world-model is derivational – a hierarchy of the levels of reality unfolding from a distant first principle. This principle resists all predication and cannot be grasped by intellect, let alone logically deduced by discursive reasoning. Rather, the first God is described as an indeterminate substance (light, spirit, the spring of living water), as a non-reflected self-awareness, a pure gaze, a fore-father, a will that wills nothing – in short, an absolute creative potential prior to its move towards self-realization. Such a conception of ‘God without qualities’, common to both ‘Sethian’ and ‘Valentinian’ systems, may be safely traced back to the Neopythagorean circles of the Hellenistic and Roman periods (Pseudo-Brotinus, Eudorus, Moderatus), and perhaps as far back as Speusippus’s ontological interpretation of the deductions about ‘one’ in Plato’s Parmenides. One of the best known ‘Sethian’ descriptions of the unknowable first principle has already been discussed – the encomium of the transcendent Unity in the Apocryphon of John.35 An equally powerful piece of negative theology was penned by the unknown ‘Valentinian’ author of the Tripartite Tractate (NHC I,5 p. 54,24–35). Its concluding part runs as follows: This is the nature of the non-generated one: it does not project from itself into something else, nor does it have a consort in the manner of what is limited; rather, it has stability without having shape or external form that can be perceived by sensation. This means, again, that it is inconceivable; and if it is inconceivable, then it follows that it is unknowable.
3.2 From One to Many: The Mechanism of Procession The principal problem facing such a monistic concept of divinity devoid of all qualities is how to account for the passage of the absolute One beyond being and intellection to a finite multitude of subordinate layers. This passage from initial unity and indetermination to plurality and finitude cannot be deduced dialectically by means of the Aristotelian and Middle-Platonist formula of a self-thinking intellect, fully determined, in possession of all qualities, and endowed with impregnable stability of its own thoughts.36 In Gnostic systems, logical deduction gives way to a mythical narrative in which the process of derivation is conveyed through metaphors and analogies borrowed from such diverse domains as physics, geometry, linguistics, biology, sexual reproduc-
35 36
Cf. supra, p. 168. See, e.g., Aristot. Met. 12.7.1072b19–20; Alcin. Did. 10.164.29–31.
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tion, or human psychology – the metaphors of irradiation, overflow, elemental expansion, sound-articulation, and mental development. The Wisdom of Jesus Christ, for example, which scholars consider a ‘Valentinian’ reworking of an originally ‘Sethian’ treatise, portrays the first moment in the dissolution of God’s unity into plurality in the psychological terms reminiscent of the Lacanian stade du miroir, the initial stage in the process of ego-formation (BG 3 p. 90,15–91,13; NHC III,4, p. 98,22–99,13; P. Oxy. 1081r, 36–50): The lord of the entirety is not addressed as ‘Father’ but rather as ‘Fore-Father’ (προπάτωρ). For he is the Father of the beginning for those that will be shown; yet that one is, in fact, the Fore-Father without a beginning (ἄναρχος). Seeing his own self within himself as in a mirror (εἴσοπτρον), he is shown forth resembling himself. And his image revealed itself as ForeFather, as divine Father, and as his face-to-face (ἀντωπός), for it stands before the face of the first-existing unbegotten Father; it is equal in duration (ἰσόχρονος) with the light that is before it, but it is not equal to it in power.
The linguistic analogy of sound-articulation is particularly prominent in the ‘Sethian’ treatise entitled First Thought in Three Forms (NHC XIII,1), where the divine First Thought (πρωτέννοια) speaks of her three salvific manifestations in terms borrowed from Stoic linguistic theory (35, 32–36, 27; 42, 4–17, 47, 11–17):37 I am a [softly resounding] sound (hroou, Gr. ἠχός, φθόγγος), existing from [the first] in the silence (mntkarôs) [that surrounds] every [one] of them. It is the hidden [sound] that [is in] me, [in] the incomprehensible, immeasurable [thought], in the immeasurable silence. ... I am the thought of the Father, and through me came the sound, the knowledge of everlasting things. ... I am the sound that appeared through my thought. ... The second time I came in the utterance (smê, φωνή) of my sound, and I gave image to those who [took] image until their consummation. The third time I showed myself forth within their ‘tents’ (John 1, 14) existing as the word (λόγος).38
Finally, a fully developed version of the ‘Sethian’ account of origins in the Apocryphon of John provides the best example for a distinctively Gnostic practice of accumulating, and patching together, heterogeneous metaphors and analogies in order to delineate various stages of the derivational process. Thus, the second principle called Barbelo figures simultaneously as the “womb (μήτρα) of the entirety”; as the first “image” (εἰκών) of God’s im37 Cf. Diog. Laert. Vitae Phil. 7.57: Utterance (φωνή) and speech (λέξις) are different; for vocal sound (ἦχος) is also an utterance, but only articulated [sound] (τὸ ἔναρθρον) is speech. And speech is different from discourse (λόγος), for discourse is always significant, but speech can lack significance, e.g. blituri, whereas discourse is not so at all. Furthermore, saying (τὸ λέγειν) is different from voicing (τὸ προφέρεσθαι); for utterances are voiced but it is states of affairs (πράγματα) which are said – they, after all, are actually sayables (λεκτά). 38 The same sequence, viz. sound – utterance – word or discourse, can be found in the work of the ‘Valentinian’ exegete Heracleon (fragment 5 SIMONETTI), where it typifies three natures of human beings: material, animate, and spiritual.
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measurable light; as God’s first mental conception (ἔννοια) of his infinite creative potential; and as God’s providential plan (πρόνοια) for the structuring of the entire spiritual realm (NHC II,1 p. 4,26–7,5). 3.3 ‘Tragic Rupture’: Creation of Matter The spiritual universe that emerges from this downward movement of procession (πρόοδος) or emission (προβολή) is a multi-layered dynamic continuum, often designated as “fullness” (πλήρωμα) or “the entirety” (τὸ ὅλον), capable of infinite extension (ἐκτείνεσθαι) or unfolding (ἁπλοῦσθαι).39 As stated in the ‘Valentinian’ Tripartite Tractate (NHC I,5 p. 73,18–74,18), The emission (προβολή) of the All that comes from the One that exists has not come to be by way of a mutual excision, as if it were a separation from the one who gave birth of them; rather, their birth has the form of an extension, as the Father extends himself into that which he wills, so that [those] that have come forth from him might come to be, too. It is like this: just as the present age (αἰών) is single, yet divided into periods, periods into years, years into seasons, seasons into months, months into days, days into hours, and hours into moments, so also the aeon (αἰών) of truth is single yet multiple, glorified by small and great names according to what each is able to comprehend. By means of comparison, it is like a spring that remains what it is while flowing into rivers, lakes, streams, and canals; or like a root that spreads out into trees with branches and fruits; or like a human body that is indivisibly divided into limbs of limbs, main limbs and extremities, large and small.
Yet like in any closed dynamic system, the initial creative tension within the first principle gradually decreases and disorder increases, leading eventually to entropy and stagnation. The last stage in this process is a disturbing appearance of a dark residuum, described in images and symbols that are exactly opposite to the first principle and its spiritual realm: deficiency, darkness, ignorance, miscarriage, dark matter, pre-cosmic chaos. In contrast to Plotinus’s derivational model of the universe, where the material substrate remains an intrinsic part of the system as a necessary consequence of entropy increase, the Gnostic “dark matter” symbolizes the irreparable defect in the system which must be “cut off” or “cast away” from the spiritual edifice.40 This moment of rupture or excision has ‘tragic’ consequences for the nature and destiny of the phenomenal universe which will be created out the dark matter, 39
See Phil. Deter. 90: “For nothing that belongs to the divine cuts itself off and becomes separate, but only extends itself” (τέμνεται γὰρ οὐδὲν τοῦ θείου κατ’ ἀπάρτησιν, ἀλλὰ μόνον ἐκτείνεται). See also Corpus Hermeticum (CH) 12.1: “Mind, O Tat, comes from the very substance of God – if, in fact, god has any substance – and god alone knows exactly what that substance might be. Mind, then, has not been cut off from god’s substantiality (ἀποτετμημένος τῆς οὐσιότητος τοῦ θεοῦ), but has unfolded, as it were (ὥσπερ ἡπλωμένος), like the light of the sun”. 40 Plotinus, on the contrary, postulates that “nothing is separated or cut off from that which is before it” (Enn. V 2.2); see his explicit denial of the Gnostic view of matter in the treatise Against the Gnostics (II 9.3): “Matter will [forever] be illuminated”.
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in that it will forever remain separate from its divine source and eventually dissolved and brought to naught.41 The immediate responsibility for this tragic rupture is placed upon a spiritual entity situated near the limits of the spiritual realm, often personified as Wisdom (Sophia) or the Word of God (Logos). The fatal ‘mistake’ is often conveyed in imagery borrowed from the spheres of biological reproduction and human psychology. In the ‘Valentinian’ Tripartite Tractate, for instance, the divine Logos attempts to grasp the totality of the Father – a well-intended yet presumptuous act for a single individual. Failing to “produce something perfect from a union in which he did not share”, the Logos suffers a “division and a turning away” from the spiritual realm, and consequently gives birth to the shadow of the Real: a terrifying primeval chaos of “phantoms, shadows, and imitations” of “the things he had wished to grasp” (NHC I,5 p. 75,17– 80,11). In perhaps the most complex Gnostic account of the generation of matter, preserved in the treatise On the Origin of the Word, the images borrowed from biological reproduction are interspersed with the light-darkness symbolism, all situated within the triadic Platonist framework of ideas, copies, and simulacra (II,5 p. 98,11–99,22): After the natural constitution of the immortals was completed out of the infinite, a likeness called Sophia emanated from Pistis. It exercised will and became a product resembling the primordial light. And immediately her will was shown forth as a heavenly likeness with an incomprehensible greatness, placed between the immortals and what came to exist after them in † the heavenly manner †; and Sophia served as a veil dividing mankind from the things above. Now the eternal realm has no shadow it, for the immeasurable light is everywhere within it; but its exterior is a shadow, which has been called darkness. From it there appeared a power set over the darkness, and the powers that came afterward called the shadow limitless chaos. ... Then shadow perceived that there was something stronger than it and so became jealous. And when it became pregnant of its own accord, suddenly it gave birth to Envy. Since then the principle of envy has appeared among all the aeons and their worlds. And that Envy was found to be an abortion without any spirit in it: it came to be as a shadow in a vast watery substance. Then 42 that had come into being out of shadow was cast into a part of
41 The impetus for this ‘tragic’ interpretation of the origin of matter probably came from Neopythagorean speculations. Cf. Moderatus, who said, as quoted by Porphyry (Simpl. In Arist. Phys. 231,7–24), that “the unitary Logos, as Plato somewhere says (Tim. 30a2), wishing to constitute the generation of beings from himself, by self-privation left room for (ἐχώρησε; Zeller: ἐχώρισε ‘separated off’) quantity (ποσότης), depriving it of all his logoi and forms”. Moderatus’s “quantity” is the intelligible of ‘prime’ matter, the first manifestation of “Not-Being” (ibid. 231,4), endowed with the attributes of Plato’s “receptacle of becoming” from the Timaeus. Moderatus clearly distinguishes this prime matter from the corporeal substrate as “the paradigm of the matter of the body” (παράδειγμά ἐστι τῆς τοῦ σώματος ὕλης). 42 The manuscript reading is χολή, ‘bile’ or ‘wrath’; according to H.-G. BETHGE, “Vom Ursprung der Welt”. Die fünfte Schrift aus Nag-Hammadi-Codex II neu herausgegeben und unter bevorzugter Auswertung anderer Nag-Hammadi-Texte erklärt, Berlin 1975, 2, 195, the
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chaos. Since that day, watery substance has become visible; and what sank in it flowed out, being visible in chaos. Just as a woman gives birth to a child and her residues flow out, so matter came to be out of shadow and was cast out. Matter, however, did not depart from chaos; rather, it was in chaos, being in a part (ἐν μέρει) of chaos.
There are many remarkable features in this passage, from its bold comparison of the origin of matter with placental discharge (the postpartal “flowing out of residues”) and the allusive incorporation of biblical images (Gen 1,1f.: “watery substance”, “a power set over darkness”) to its appropriation of the ‘Plotinian’ postulate that, inasmuch as the eternal realm of light “has no shadow within it”, the shadow is to be attributed “not to the luminary but to the object illuminated” (Enn. I 1.12). But the most important feature here is the revisionist application of Plato’s onto-cosmological distinction, borrowed from the Sophist (235e–236a) and the Timaeus (27c–52c), between the ideal model, its well-founded resemblance (the World-Soul), and its false semblance or simulacrum (the primordial chaos). The passage distinguishes between the shadowless world of paradigmatic forms, its rational representation (“likeness”) conceived by Sophia, and the ever-fluctuating tide of primordial chaos (“watery substance”) containing in one of its parts (ἐν μέρει) the elemental mélange for the ensuing formation of the visible world. Still, one crucial aspect of Plato’s cosmological schema is conspicuously missing in the passage – the figure of a rational demiurge, “good and without envy” (Tim. 29e), who shapes the physical word by looking at the unchanging model of eternal forms (28a–b). In On the Origins of the World, the future cosmic ruler emerges from a terrifying chaos as “the principle of envy” and “an abortion without any spirit in it” – an oblique reference to the “jealous god” of Exodus 20,5. 3.4 The Gnostic Demiurge The subordination of the biblical creator-god to a higher spiritual realm and its presiding godhead has been viewed as one of the most important constitutive features of multiple Gnostic traditions. However, the exact status of the Old Testament god varies among individual Gnostic groups, depending in part on the way in which they read the mythical account of creation in Plato’s Timaeus, one of the founding sources of their cosmological speculations. They all appear to have agreed with Plato’s general rule that the craftsman’s success in reproducing the model ultimately depends on its ontological status: if eternal and “always unchanging”, the copy will be “good”; if subject to change and “generated,” the result “will not be good” (Tim. 28a). At the same time, they all rejected Plato’s assumption that the divine craftsman had been granted a direct access to the eternal model while fabricating the physical unicorrect reading should be ὕλη, ‘matter’ – see Hyp. Arch. 94,12: “And that shadow became matter”.
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verse (29a). The Gnostic demiurge must settle for copying imperfect rational representations (“likenesses”, τύποι, εἴδη) of the spiritual realm, those conceived by some superior designer (Sophia, Logos) and thereafter imprinted into his soul.43 His role is thus reduced to that of an instrumental cause in creation, and the world he creates to a distant semblance that is two degrees removed from the perfect model.44 The principal disagreement among various Gnostic groups and individual teachers concerned the degree of imperfection to be assigned to this creator. Many ‘Valentinians’ identified him with the “mettlesome” part of the Platonic soul and considered him an imperfect yet reliable mediator45 between the superior world and the realm of matter – ignorant of the ideal forms (‘aeons’) yet obediently following the rational principles of world-creation designed by a higher spiritual power. The ‘Sethians’, on the other hand, tended to portray their demiurge in terms reminiscent of Plato’s “appetitive” soul – a fully irrational and aggressive impostor, moved to action by the power of his unfounded imagination (φαντασία).46 So, for instance, in the mythological account of creation of the ‘Sethian’ Apocryphon of John, the biblical god, whose ominous nomen proprium (‘Ialdabaoth’) seems borrowed from magical incantations of the period, has all the characteristics of a folktale villain or ‘trickster’. Also called Saklas (“fool”) and Samael (“blind god”), he creates the visible world out of dark matter thanks to the power he has stolen from his mother Sophia. “Dark and ignorant”, and “impious in his madness” (II,1 p. 11,10-18), he does not operate from conscious purposes as his biblical counterpart, nor does he imitate the objective pattern of ideas as the Platonic demiurge. The world of Ialdabaoth is a distorted semblance, a simulacrum, of Sophia’s imperfect yet rational re43
See, for example, Seneca’s list of the six grades of being in Ep. 58 as well as his description of the Platonist “turba causarum” in Ep. 65, where individual ideas (exemplaria) are designated as superior to forms (εἴδη, formae) immanent in the craftsman’s consciousness. 44 For the third rank assigned to semblances (εἴδωλα, φαντάσματα) see, of course, Plato’s Rep. 10,597e–599a and Soph. 266d. 45 See Ptolemy’s Letter to Flora 33.7.4–7: “And he is the craftsman or maker of the universe or world and of the things in it. Since he is different from the substances of the other two (i.e. the superior spiritual god and the material Satan) is in a state intermediate between them, he would rightfully be described by the term “Middle” (μεσότης) ... (He) is neither good, nor evil or unjust, and so might well be properly called just, being a judge of the justice that is his. ... And the (soul-) substance of this intermediate produced a twofold capacity, for he is an image of the better god”. Still, this craftsman is ignorant of the superior “father of the entirety, who was manifested by him (Christ the savior) alone who came and who alone knew him” (33.3.7). For a twofold capacity of the demiurge’s soul-substance, see Plutarch’s description of the “mettlesome” part of the soul, which he also calls the “simple” or “essential” soul, in his Quaest. Plat. 9.1,1008C–D. 46 The conjunction of imagination (φαντασία), the power of producing illusory semblances of intelligible forms, with the soul’s irrational impulses is made already by Plato in his analysis of the soul’s appetitive part and its divinatory power in Tim. 70d–72b.
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presentations (“likenesses”) of the spiritual realm, a third-rank copy construed by the “image-making power” (φαντασία) of his irrational soul (II,1 p. 12,33– 13,5): He (i.e. Ialdabaoth) organized all things according to the likeness of the original aeons that had come to exist, with the intention to create them (i.e. all things) in the incorruptible manner. Not that he had seen the incorruptible ones, but it was the power within him, which he had taken from his mother, that produced in him the likeness of the ordered world.
The Tripartite Tractate provides the most elaborate first-hand account of the ‘Valentinian’ demiurge, an obedient instrument in the hands of a superior power identified with the divine Logos (NHC I,5 p. 100,18–103,9): Over all the rulers he (i.e. the Logos) placed a ruler whom no one commands, because he is the Lord of them all. This is the product that the Logos brought forth from his thinking according to the likeness of the Father of the entirety. For this reason, he is adorned with every and resembles him inasmuch as partaking in all virtues and all the glories; for he is also called “father”, “god”, “maker,” “king”, “judge”, “place”, “dwelling”, and “law”. The Logos made use (χρᾶσθαι) of him like a hand to order and work on the things below, and he used him (χρᾶσθαι) like a mouth to speak of the things to be prophesied. ... After he had thus listened to it well, he placed the luminaries, the starting point (καταρχή) the constitution (σύστασις), over the arrangement of the things below. The invisible spirit moved him in such a way that he too willed to conduct a dispensation (οἰκονομεῖν) through a servant of his own (i.e. the devil or ‘cosmocrator’), of whom he also made use (χρᾶσθαι) like a hand and a , and as if he had a face.
A double role of designing and producing that characterizes Plato’s divine craftsman in the Timaeus is now assigned to two separate agents–a discursive planner who designs (Logos) and the “hand” that fabricates (Demiurge). Their interaction is defined by recourse to the Middle Platonist theory of πρόσχρησις and to its basic principle that, in a multi-layered universe, a superior god remains active in the next subordinate layer by making use of its presiding power.47 The same principle explains the relationship between the Demiurge, put in charge of the celestial sphere of the fixed stars and the planets (“luminaries”), and the ruler of the sublunary world, whom the Tripartite Tractate, as well as most other ‘Valentinian’ cosmologies, identifies with the devil.48 The universe that emerges from this complex interplay of the spiritual Logos, the animate Demiurge, and the material devil is thus not understood in completely negative terms. Governed by the “likeness of the 47
This is the way in which Numenius of Apamea resolves the paradox of the transcendent first God who, although “inactive” (ἀργός), can still be viewed as active in the sense of taking advantage of, or “using”, the creative capacity of the second God (frg. 12 DES PLACES). Phil. Deus 57, also speaks of the divine Logos as the cause ᾧ καθάπερ ὀργάνῳ προσχρησάμενος (θεὸς) ἐκοσμοποίει. 48 See, for example, the ‘Valentian’ position vis-à-vis astrology, and the (positive) role played by the stars in the economy of salvation, in Clement of Alexandria’s Excerpts from Theodotus 69–73.
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Father of the Entirety”, the visible heavens and their astral denizens bear the imprints of a higher reality. Only in the region below the moon, in the airy atmosphere and the earth at its center, providential order gives way to the rule of an irrational cosmic soul, inherent in corporeal matter, and to a host of its demonic powers. In the final reckoning, various Gnostic conceptions of the demiurge result from a transformative rereading of both biblical and Platonic ideas about the creator god. Just as the biblical god no longer figures as the highest deity standing above his creation, so too is Plato’s intelligent craftsman now split into two separate agents, the planner (Logos, Sophia) and the producer (Demiurge, Ialdabaoth, etc.), both occupying the intermediate soul-level in the cosmological structure. Their mutual relationship is patterned after the principles of Plato’s tripartite soul (reason, spirit, appetite). The planner represents the soul’s rational part and its innate taste for discursive knowledge. The producer, on the other hand, typifies the soul’s spirited part in its “twofold capacity”,49 which either becomes an “ally” of reason and lives in agreement with it or becomes subordinated to, and ultimately absorbed by, the “turbulent beast” of the appetitive part.50 The first scenario is generally preferred among the ‘Valentinians’; the second is distinctively ‘Sethian’. 3.5 Triadic Schemas of Representation Irrespective of their disagreements about the exact nature and status of the demiurge, multiple Gnostic traditions put forward a modified version of the Platonist spherical world-model. The Gnostic universe is geocentric, hierarchical, and arranged along a vertical axis into three qualitatively different regions: (i) the “spiritual” (pneumatic) level encompassed by the transcendent One beyond intellection; (ii) the intermediary or “animate” (psychic) realm of the world soul in charge of the celestial sphere; and (iii) the sublunary “material” (hylic) universe below the moon.51 The same triadic division applies 49
Ptolemy, Ep. to Flora 33.7.7. Both the term “ally” and the phrase “turbulent beasts” come from the section of Plato’s Republic 9 (589b3, 590b7) whose excerpt is included in Codex Six of the Coptic Nag Hammadi collection (NHC VI,5 p. 48,16–51,23). Plato’s comparison of reason, spirit, and desire with the man, the lion, and the snake is likely to have influenced the Gnostic (esp. ‘Sethian’) iconography of the demiurge. See, for instance, the portrayal of Ialdabaoth in the Apocryphon of John as having the figure of a snake with the face of a lion; cf. Rep. 9,590a10–b1: Ἡ δ’ αὐθαδία καὶ δυσκολία ψέγεται . . . ὅταν τὸ λεοντῶδές τε καὶ ὀφεῶδες αὔξηται καὶ συντείνηται ἀναρμόστως. 51 This model can be traced as far back as the Timaeus, where the world soul is postulated as an intermediate realm between the intelligible and sensible realms. Yet the most likely starting point for a complex network of triadic divisions in Gnosticism is Xenocrates; cf. frg. 83 ISNARDI PARENTE: “Xenocrates says that there are three kinds of ousia, the sensible, the intelligible, and what is composite and opinable; and of these the sensible is that which exists 50
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by analogy to all other domains, from anthropology and theology to the doctrine of causation. As a result, to each level of reality there corresponds a specific substance (spirit, soul, matter), a distinct class of human beings (spiritual, animate, material), a separate class of divine entities (the spiritual aeons; the secondary heavenly gods subdivided into the fixed stars and the seven planets; the sublunary daimones), and a characteristic mode of causation (providence, fate, and necessity).52 3.6 Tripartite Anthropology Gnostic speculations about the origin, nature, and destiny of man represent yet another daring attempt to read and revise the biblical story of creation through a philosophical lens. In the Gnostic reading of the opening chapters of Genesis, two accounts of the making of Adam, first of “the man after the image” (Gen 1,26–27) and then of “the molded man” (2,7), are interpreted not as the variant accounts on the same event, but rather as two consecutive moments in the gradual formation of the first human being.53 The ‘Sethian’
below the heaven, the intelligible is that which belongs to all things outside the heaven, and the opinable and composite is that of the heaven itself”. 52 In contrast to contemporary Platonist views that fate fully conforms to divine providence (see, e.g., [Plut.] De fato 2,568E–F and 9,572F–574A), Gnostic texts sever the ties between the intelligible realm governed by a transcendent providence and the physical world ruled by a law-like chain of causation designated as fate (εἱμαρμένη). In Gnostic cosmology, the realm of fate operates on the autonomous astrological principles, contrived by the demiurge and implemented by the rulers in charge of the zodiacal band, the planets, and other astral bodies. The Gnostics also disagree with the positive Platonist assessment of the heavenly bodies and tend to portray astral influence either in ambivalent (‘Valentinians’) or in profoundly negative terms (‘Sethians’). Among the contemporary Platonists, only Numenius of Apamea shares a similar negative view of astral powers, on which see a short yet informative discussion in A.O. SCOTT, Origen and the Life of the Stars: A History of an Idea, Oxford 1991, 86–88. For the role of astrology in Gnosticism, see PLEŠE, Poetics of the Gnostic Universe (see n. 3), and Z. PLEŠE Fate, Providence and Astrology in Gnosticism (1): The Apocryphon of John, MHNH 7 (2007) 237–268. 53 A similar Platonizing approach to the Genesis story of creation was, of course, a trademark of Philo’s exegetical program. The Alexandrian commentator resolves the antithesis between “the man after the image” (Gen 1,26f.) and “the molded man” (2,7) by resorting to a classic Platonic distinction between the ideal type and its perceptible copy; cf. Phil. Opific. 134: “By means of this text (Gen 2,7) he (i.e. Moses) shows us in the clearest way that there is a vast difference between the man who has been molded now and the one who previously came to be after the image of God (Gen 1,26f.). For the man who has been molded as sense-perceptible already partakes in quality, consists of body and soul, is either man or woman, and is by nature mortal. The man after the image is a kind of idea or genus or seal, is attainable by intellect, incorporeal, neither male nor female, and immortal by nature”. A short yet informative and balanced discussion of the passage is available in D.T. RUNIA, Philo of Alexandria. On the Creation of the Cosmos according to Moses. Introduction, Translation
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Hypostasis of the Archons, for instance, applies a curious cut-and-paste exegetical strategy to enforce such a diachronical reading of the two biblical passages (NHC II,4 p. 87,11–88,17): As incorruptibility gazed down in to the parts (μέρος) of the waters, its image appeared in the waters and the authorities of the darkness became enamored of it. But they could not lay hold of that image … because of their weakness – indeed, the animate beings (ψυχικοί) cannot lay hold of the spiritual ones (πνευματικοί), for they were from below, while it was from above. … The archons took counsel and said, “Come, let us create a man (Gen 1,26) as dust from the earth” (Gen 2,7). They molded (πλάσσειν) their creature as one wholly of the earth. … Having taken some [dust] from the earth, they molded (πλάσσειν) their man after their body (σῶμα) (Gen 2,7) and after [the image] of god (Gen 1,27) that had appeared to them in the waters. … And he (the chief-archon Ialdabaoth) breathed into his face (Gen 2,7), and the human being came to be animate (ψυχικός) and remained upon the ground for a while. But they could not make him arise because of their powerlessness. ... Afterwards, the spirit (πνεῦμα) saw the animate (ψυχικός) man upon the ground. And the spirit came forth from the ‘Adamantine’ Realm, and descended and came to dwell within him; and that human being became a living soul (ψυχή) (Gen 2,7).
The text distinguishes between three different natures or substances in the first human being and assigns to each a distinct creator: the archons to the material Adam, the chief-archon to the animate Adam, and the superior “spirit” to the spiritual Adam. The figure of Adam that arises from this curious interpretation of Genesis 1,26–27 and Genesis 2,7 is that of a tripartite human being molded after “incorruptibility” from the “Adamantine Realm”. Furthermore, the order of creation of Adam’s three substances – matter (ὕλη), soul (ψυχή), spirit (πνεῦμα) – prefigures the order of appearance of Adam’s three sons – Cain, Abel, and Seth (NHC II,4 p. 91,11–33) – who typify, in turn, three classes of human beings: ‘material’ or ‘carnal’ (sarkic), ‘animate’ (psychic), and ‘spiritual’ (pneumatic).54 The principle inherent in this classification is reminiscent of a type of asymmetrical division governing the Stoic ‘scale of nature’, whereby each higher class of being possesses in addition to its own distinctive characteristic all the properties of the inferior classes.55 Cain is and Commentary (Philo of Alexandria Commentary Series 1), Leiden/Boston/Köln 2001, 321–329. 54 This sequence may also bring to mind the passage from 1 Cor 15,44–48: “If there is an animate body (σῶμα ψυχικόν), there is also a spiritual body (σῶμα πνευματικόν). Thus it is written, ‘The first man, Adam, became a living soul (εἰς ψυχὴν ζῶσαν)’, while the last Adam became a life-giving spirit (εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν). But it is not the spiritual (τὸ πνευματικόν) that is first but the animate (τὸ ψυχικόν), and then the spiritual. The first man was from the earth, a man of dust; the second man is from heaven. As was the man of dust, so are those who are of the dust (οἱ χοικοί); and as is the man of heaven, so are those who are of heaven (οἱ ἐπουράνιοι)”. 55 For the Stoic scale of nature and the principle of asymmetric dichotomy see D. HAHM, Self-Motion in Stoic Philosophy, in: M.L. GILL, J.G. LENNOX (edd.), Self-Motion, from Aristotle to Newton, Princeton 1994; for the Gnostic, and especially ‘Valentinian,’ applica-
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the paradigmatic ‘material’ man, who occupies the lowest position in the scale, with materiality, sensation, and irrational impulse as his defining features. Abel is the exemplary ‘psychic’ man who, in addition to his material substance, possesses a reasoning capacity and is therefore able to exert control over his passions.56 Seth is the ‘pneumatic’ man endowed in addition with the “spirit of life”, of which neither Cain nor Abel can partake, and which he received from his sister Norea – the same divine agent who had enlivened Adam earlier in the story.57 Somewhat surprisingly, a threefold division of Adam’s immediate progeny gives way, in the account of the subsequent history of the human race, to a sharp dichotomy between the fallen race of Seth, whose true “abode is in incorruptibility, where the virgin spirit dwells” (93,29–30), and the rest of “dying humankind” in whose “midst” the spiritual race resides (96,26–27). The Hypostasis of the Archons does not hint at the separate development of the ‘animate’ and ‘carnal’ generations, nor does it allude to their different fate at the end of the age. Notwithstanding their specific natural constitution and moral outlook,58 both of these generations remain deprived of the spiritual substance and destined for death and dissolution, very much like their cosmic
tions thereof cf. A. ORBE, La definición del hombre en la teología del s. II., Gregorianum 48 (1967) 522–576. 56 Cain and Abel (NHC II,4, p. 91,11–30): “Now afterwards, she (the carnal Eve) bore Cain, their (the archons’) son, and Cain cultivated the earth (i.e. matter). Thereupon he (Adam, deprived of the spiritual element) knew his wife (the animate Eve), and she became pregnant again and bore Abel; and Abel was a herdsman of sheep (i.e. in control of his passions)”. 57 Seth and his sister Norea (NHC II,4 p. 91,30–92,4): “And Adam knew his female counterpart Eve, and she became pregnant and bore [Seth] to Adam. And she said, ‘I have born [another] man through god, in place [of Abel]’. Again Eve became pregnant, and she bore [Norea]. And she said, ‘He has begotten [on me a] virgin as an assistance [for] many generations of Mankind. She is the virgin whom the powers did not defile’. Then Mankind began to multiply and grow better”. A full identity of Seth’s and Norea’s mother is disclosed in Norea’s rebuke of Ialdabaoth and his ruler (92,22–26): “It is you who are the archons of darkness; you are accursed! And you did not know my mother, but it was your female counterpart that you knew. For I am not your descendant; rather, it is from the world above that I am come”. 58 The opposition between Cain and Abel has its cosmic parallel in the conflict between Ialdabaoth and his son Sabaoth. According to the Hypostasis of the Archons, Sabaoth understood the limitations of his father’s position in the cosmic structure and, upon “condemning his father and his mother matter”, was brought up to rule over the “powers of chaos”, and was even instructed about the things that exist above “the veil”, in “the eighth heaven” (95,13– 96,3). Sabaoth thus attains the status of a cosmic intermediary, but he still belongs by his nature (the son of Ialdabaoth and matter) to the lower realm and so cannot escape a fateful destiny common to all Ialdabaoth’s progeny. Again, the fate of Judas from the eponymous Gnostic gospel (see supra, pp. 173–174) immediately comes to mind.
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rulers and the physical world in which they live.59 The only generation worthy of historical record is the spiritual race, or the seed (σπέρμα) of Seth, “whose souls are come from above, out of the incorruptible light” (96,21–22).60 Imprisoned in the realm of darkness, this race remains oblivious of their spiritual essence (“the spirit of truth”) until awakened into clear perception, first by a series of divine messengers and ultimately by the Savior incarnate (96,33–35 “the true human being in a modeled form, πλάσμα”), and eventually taken back “into the limitless light, where this seed belongs” (97,7–9). Whereas the ‘Sethian’ texts tend to blur the distinction between the animate and material men, in the same way in which they virtually identify the demiurge and the ruler of the material (sublunary) realm,61 ‘Valentinian’ traditions consistently propound, by analogy with their triadic cosmological structure and with the backing of Pauline tripartite anthropology,62 a full-fledged theory of three human classes. As stated in the Tripartite Tractate, one of the exemplary ‘Valentinian’ texts, the first human being “is a mixed molding (πλάσμα)” of the material, animate, and spiritual substances (NHC I,5 p. 104,18–106,25), but his progeny is divided, again according to the principle of asymmetric classification,63 into three separate, mutually exclusive, kinds (118,47–19): Now humanity came to exist as three kinds according to substance (οὐσία) – spiritual, animate, and material – reproducing the pattern (τύπος) of a threefold disposition (διάθεσις) of the Logos, from which there came forth material, animate, and spiritual beings. Each substance of the three races (γένος) is known from its fruit. And they were not known at first, but (became so) only through the advent of the Savior, who enlightened the saints and revealed what each one was. The spiritual race is like light from light and like spirit from spirit. ... It received knowledge (saune, γνῶσις) at once from the (Savior’s) revelation. The animate race, again, being like light from fire, tarried before receiving the knowledge of him who had ap-
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Cf. the end-time scenario in 97,10–13: “Then the authorities will relinquish their ages; and their angels will weep over their destruction; and their demons will lament their death”. 60 The phrase “whose souls are come from above” recalls the Platonist scenario of the preexistent heavenly souls descending into matter, used in some other ‘Sethian’ texts (the Apocryphon of John, the Gospel of the Egyptians); cf. infra pp. 189–190. But since the Hypostasis of the Archons does not refer to the transcendent preexistence of Seth and his offspring as souls in the spiritual realm, it is probably better to interpret the genesis of the Sethian race in this world by analogy with the spiritual formation of Adam, the first human being. Cf. ibid., 88,11–15: “Afterwards, the spirit came forth from the Adamantine Realm, and descended and came to dwell within him; and that human being became a living soul”. The mechanism of ‘sowing’ the spiritual substance into humans down through the ages should therefore not be understood in ‘traducianist’ terms, as the passage of the divine seed from parents to offspring along the body and the soul, but rather as an implantation ‘from above’ of the pre-existent spiritual element into each member of the Gnostic race. 61 Cf. supra, pp. 179–182. 62 1 Thess 5,23, 1 Cor 15,42–49. 63 Cf. supra, pp. 184-185.
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peared to it, and still more before rushing to him in faith (nahte, πίστις). ... As for the material race, it is alien in every way, like darkness that avoids the irradiation of light because it is dissolved (καταλύειν) by its appearance; for it did not accept his ‘coming’ ... and is hateful towards the Lord because he appeared.
The differences between the three classes of human beings are conveyed by a light-darkness imagery (light – celestial fire64 – darkness) as well as through their specific reactions to the Savior’s disclosure of “what each one was” (knowledge – faith – hatred). These diverging responses prefigure the fate of the three races in the final apokatastasis: the spirituals will receive complete salvation and be restored to the spiritual fullness; the material race will perish completely; and the destiny of the intermediate animate race, “being disposed to good as well as to evil” (118,23–24), will depend on their behavior, their work and faith. In the wake of the Savior’s redemptive intervention in time and history, these three classes are shown, respectively, as the full members of the Church (the “elect” spirituals), as the aspiring assistants (the “called” animate people), and as the enemies of the Savior and his Church (the “condemned” material race).65 Now one of the most puzzling problems in this and other ‘Valentinian’ anthropological systems is the mechanism by which they account for the differentiation of these three kinds of humanity from Adam, their common ancestor, and for the continuing historical presence of the spiritual race. The most coherent explanation is given in a section from Clement’s Excerpts from Theodotus (43,2–65). Here, too, the guiding principle of classification is that of asymmetrical division.66 Cain and his progeny possess only the “material soul” clad in a sense-perceptible body; Abel and his offspring also have the “living soul”, or the animate substance; and Seth and his immortal race possess in addition the “spiritual seed”. Only the lowliest (material) elements are uniformly distributed among all humans: they are transmitted through sexual 64 See Hippol. Haer. 6.32.7, where the ‘Valentinian’ “animate substance” is qualified as “fiery” (πυρώδης) because the celestial sphere of the fixed stars and the planets, a dwelling place of the animate Demiurge, was traditionally identified with fire (Tim. 40a, early Stoics, Phil. Quaest. Gen. 1,57 etc.). For the distinction between two kinds of fire, heavenly and terrestrial, which might have played a role in the equation of fire with the intermediary soullevel, see SVF 1.120 (Zeno). See also Phil. Her. 136: “Fire (was divided) into the useful kind (τὸ χρειῶδες), which is also voracious and destructive, and the preservative kind (τὸ σωτήριον) which was set apart to form the heaven” (cf. Mos. 2.148 and Abr. 157). On the ancient controversies about the nature of heaven and the stars, see SCOTT, Origen and the Life of the Stars, (see n. 52). 65 Ibid. 122,2–32; see also Iren. Adv. Haer. 1.6.2: “The animate people are trained in animate teaching, those men who are made firm through work and mere faith and do not have perfect knowledge. These men, they say, are we who belong to the Church. That is why good behavior is necessary for us, and otherwise we cannot be saved, but they are definitely saved not by works but because they are spiritual by nature”. 66 Cf. supra, pp. 184–186.
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intercourse and sprung, as it were, from the father’s sperm alone. But the same traducianist scenario67 does not apply to the transmission of two remaining substances, viz. animate and spiritual, for this would violate the basic Gnostic (and Platonist) principle that the inferior nature cannot engender the superior.68 As explained in Clement’s summary (55,2), both of these superior substances “are divine, and both are put forth through him (Adam), but not by him” (δι’ αὐτοῦ μέν, οὐχ ὑπ’ αὐτοῦ δέ, προβάλλεται ἄμφω). This goes to show that, in contrast to Adam’s material substance inherited by all of his direct descendants, neither of the two divine elements, albeit present in Adam, is genetically encoded in his sperm, but rather is occasionally inserted into it from the outside – the animate by the Demiurge and the spiritual by Sophia.69 Otherwise, had Adam indeed “sown from the animate element and from the spiritual in the same way as from the material, then they (i.e., his children) would all have become equal” (56,2). The application of an analogous scenario to subsequent human generations should thus preclude a regular genetic transmission of either of the two divine substances from parents to children and, as a result, the existence of purely ‘spiritual’ (Gnostic) and ‘animate’ family lineages. Any male member of the spiritual race may sow a nonspiritual offspring. Likewise, rational or “animate” men will often engender irrational or “material” children. But the reverse is impossible: the superior nature can never arise from the inferior.
67 That the embryo owes both its body and its soul to the father’s seed is a view put forward by the Methodist physician Soranus. This view stands in contrast both to the Aristotelian and Stoic theories of biological reproduction. According to Aristotle’s theory, the male provides the form and the source of movement while the female furnishes matter (in fact, the katamenial blood) to the embryo’s formation. In Stoic embryology, the embryo’s life (‘physique’, φύσις) springs from the ‘pneuma’ of both parents, and only the material body owes its existence to the father’s seed (inasmuch as women produce no sperm). Soranus argues that the female contributes neither soul nor matter. Her uterus is simply a depository for the father’s sperm, and she only furnishes nourishment to the body of a developing embryo. For Soranus’s theory of sexual procreation and the embryo’s formation, and for its reverberations in early Christian philosophy, see J.H. WASZINK (ed.), Tertullianus. De anima, Amsterdam 1947, 342–348. 68 Cf. Porphyry’s forceful assertion of this rule in Ad Gaurum (VI 2–3), as well as his critique of the opposite view of the Stoics (XIV 3–4) who, by arguing for a qualitative transformation of the embryo’s physique into soul at the moment of birth, derived the superior nature from the inferior and in this way reversed the “natural order” of things. 69 The projection of the two divine elements “through Adam” vaguely resembles the embryological theory of Numenius and some Pythagoreans, according to which the preexistent ‘heavenly’ soul enters the sperm of the male at the moment of conception; cf. Porph. Gaur. II 2.
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3.7 Mechanics of Salvation Gnostic traditions relate salvation to the unsolicited event of divine revelation. In the ‘Sethian’ corpus, this salvific event occurs repeatedly at various stages of human history; in the ‘Valentinian’ texts, on the other hand, the redemptive process is triggered by a single decisive act in the divine plan of salvation (οἰκονομία) – the advent of Jesus the Savior to the cosmos. To what extent the salvation of individual humans is predetermined by their ‘nature’ (spiritual, animate, material) or rather depends on the pattern of personal choices turns out to be one of the principal points of disagreement among various members of the Gnostic ‘heresy’. In the ‘Sethian’ Apocryphon of John, for instance, salvation is embedded in the historical process and unfolds in an orderly fashion down to the end of time according to a complex pattern already applied to Adam, the first human being (BG 2 p. 51,1–63,14; NHC II,1 p. 19,15–25,2): (i) the molding of Adam in accordance with his transcendent prototype (Adamas); (ii) the resulting incongruity between the ideal human form in the spiritual realm and the molded human being; (iii) the correction of “deficiency” by infusion of the spiritual essence in the molded Adam; (iv) his relegation to the realm of matter on the part of the blind demiurge and his astral minions; (v) Adam’s spiritual ‘awakening’ through the visitation of his spiritual partner (the luminous “afterthought” or ἐπίνοια); (vi) the duel of wits between the cosmic powers and the emissaries of light to secure their domination over Adam (his introduction into paradise, the creation of Eve, the expulsion from paradise in “obscure darkness”, the generation of Cain and Abel, the invention of sexual intercourse); (vii) Adam’s recognition of his essential likeness, viz. the spiritual essence, in his female partner Eve, and the ensuing birth of Seth, a child in the image of his own prototype (the heavenly Seth) in the spiritual realm. The resulting incongruity between the paradigmatic Seth and his begotten image is the same as that between the molded Adam and his transcendent model, and so must be resolved by the same corrective sequence as outlined above. An almost identical pattern of salvation applies to the subsequent history of the human race. The most significant modification introduced in the pattern is that its third stage, the infusion of a spiritual essence into imperfect humans conceived through sexual intercourse (iii), is now described in Platonizing terms, as a descent of the preexistent true ‘self’ – Plato’s “immortal soul” – into the material body. As explained in the longer version of the Apocryphon of John (NHC II,1 p. 24,26–25,9):
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And to the present day sexual intercourse (συνουσία), which originated from the first ruler (πρωτάρχων, i.e. Ialdabaoth), has remained. And in her who belonged to Adam (i.e. the carnal Eve) he sowed a seed (σπορά) of desire (ἐπιθυμία); and through sexual intercourse he caused birth in the image of the bodies (σῶμα); and he supplied (χορηγεῖν) them with his counterfeit spirit (ἀντίμιμον πνεῦμα). ... The mother (Sophia) also sent down her spirit (πνεῦμα) in the image of the female being that resembled her and as a counterpart (ἀντίτυπον) of her who is in the fullness (πλήρωμα); for she was going to prepare a dwelling place for the aeons that were going to descend. And they were made to drink water of forgetfulness by the first ruler, so that they might not know where they had come from. And the seed (σπέρμα) remained like this for a while, rendering service (ὑπουργεῖν), so that whenever the spirit (πνεῦμα) would descend from the holy aeons it might rectify it and heal it from the deficiency: so that the entire fullness (πλήρωμα) might become holy and without deficiency.
The passage emphasizes the incongruity between the material humanity, dominated by the counterfeit spirit which “derives from matter” (NHC II,1 p. 21,7–8), and the archetypal humanity – the spiritual “seed of Seth”, also called “the souls of the saints”, along with the class of the future “repentant souls” (9,14–24) – residing in the divine world in anticipation of the corrective descent into their material counterparts. The immediate aftermath of that fall is conveyed in Platonist clichés for the condition of a newly incarnated soul. Once yoked to the body as if buried in the tomb, individual “aeons” are “made to drink water of forgetfulness”, and continue to live “for a while” in oblivion of their spiritual abode until awakened and restored to their spiritual fullness through a series of salvific divine visitations (“whenever the spirit would descend”). Salvation of the human race is thus not a single event, but rather a long lasting process whose pace is predetermined by the original position of individual souls in the spiritual realm. To begin with the “seed of Seth”, or “the souls of the saints”, the spirit will “descend upon them and dwell with power”, so that they will be saved at once (25,20–26,7). The “repentant souls”, on the other hand, will remain for a while under the fateful domination of the “counterfeit spirit”, and after a long and tarrying process of repentance in the cycles of reincarnation, eventually attain their salvation (26,20–27,21). Eternal damnation is reserved only for those who “have gained knowledge but have turned away from it” (27,21–30). In contrast with various ‘Valentinian’ doctrines of natural predestination, salvation in the ‘Sethian’ Apocryphon of John appears to depend on the pattern of personal choices. The conviction that salvation must come from without, through a series of revelatory visitations on the part of various spiritual powers, is one of the defining characteristics of the ‘Sethian’ corpus. The model recipients of divine visitations are either memorable figures from a distant past (e.g., Adam, Seth, Melchizedek, and even the Oriental ‘sage’ Zostrianos, the alleged grandfather or uncle of Zoroaster) or individual disciples of Jesus (e.g., John, Mary Magdalene, Judas). A major point of divergence among individual ‘Sethian’ trea-
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tises is the content assigned to these multiple revelations. One group70 shows the preference for a diachronic, descent-oriented exposition of cosmogony and human history down to the present state of humanity and the ensuing restoration of the original fullness – a scenario somewhat reminiscent of Jewish historical apocalypses (e.g., 4 Ezra). The other group,71 again, appropriates the framework shared by various Jewish ascent apocalypses (e.g., 2 Enoch 3– 42, Apocalypse of Abraham 16–17), Hermetic initiatory discourses (e.g., CH I 25–26, XIII 15–21), and magical liturgies (e.g., the so-called Mithrasliturgie in PGM IV 475–829), in order to lay emphasis on the soul’s mystical ascent toward acquaintance (gnosis) with transcendent realities. As it has recently been argued, the latter group probably represents a later form of ‘Sethianism’, characteristic for its abandonment of earlier preoccupations with the revisionist, Timaeus-based reading of the book of Genesis in favor of a meditative theology rooted in the ontological interpretation of Plato’s Parmenides.72 Still, one should keep in mind that the two patterns of revelation, descending or ‘deductive’ and ascending or ‘reductive’, often figure in the individual ‘Sethian’ treatises as two complementary aspects of a total Gnostic experience.73 But salvation in the ‘Sethian’ corpus does not occur solely through catechesis and visual revelation. As in other contemporary scenarios of initiation, things said (legomena) and things disclosed by vision (deiknumena) are complemented by a set of transformative ritual acts (drômena), most notably the rite of baptism, in which one is “reborn” as a member of the race of Seth and extolled to a higher dimension of self-awareness. Thus, in a first-person wisdom monologue entitled the Trimorphic Protennoia (NHC XIII,1 p. 48,11– 35), the second principle Barbelo, or the “First Thought”, describes her three saving advents to the world and the establishment of a five-stage ritual of baptismal ascension in the course of her third visitation as the Logos incarnate. After stripping a member of the Sethian race of the material “darkness”, she confers upon him, with the help of “great assistants”, the five baptismal 70 Apocryphon of John, Trimorphic Protennoia, Apocalypse of Adam, Hypostasis of the Archons, Thought of Norea, Melchizedek, Gospel of the Egyptians (Holy Book of the Great Invisible Spirit). 71 Zostrianos, Allogenes, Three Steles of Seth, Marsanes. 72 For the clearest elaboration of this important distinction, see TURNER, The Gnostic Sethians and Middle Platonism (see n. 10), 24–25. 73 The ascent-oriented treatises often include a revelatory instruction about the cosmogonic events. Thus, in the ‘Sethian’ treatise Zostrianos the seer is able to contemplate and mystically unite with each subsequent grade of reality only upon hearing the account of its nature and origin. And conversely, in the earlier and descent-oriented Apocryphon of John the luminous emissary Epinoia (“Afterthought”) instructs Adam “about the descent of his seed, teaching him about the path of ascent – the path by which it had come down” (NHC II,1 p. 20,21–24).
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“seals”: the investiture with light, baptism in the water of light, enthronement, glorification, and the final rapture into light. At the conclusion of this complex ritual of ‘rebirth’, the initiate is expected to confirm his newly acquired status by uttering a doxological prayer and a post-baptismal formula of self-recognition. For instance, in an early ‘Sethian’ treatise entitled the Holy Book of the Great Invisible Spirit, also known as the Gospel of the Egyptians, the initiate invokes a divine being in charge of the “living water” in a manner typical for magical incantations and theurgic prayers, combining regular honorific epithets (“child of the child”, “name of all glories”, “existent for ever and ever”) with a series of nomina barbara (“Iesseus-Mazereus-Iessedekeus”) and the vowel sequences of various length and shape (including a six-layered magical κλίμα). According to a liturgical direction inserted in the hymn, the initiate then has to change his voice and utter a post-baptismal profession of gnosis, whose form (“Having done soand-so, I am now ...”) and content are strikingly reminiscent of the formulaic ‘passwords’ (συνθήματα) uttered in magico-theurgic rituals of “immortalization” (ἀποθανατισμός) and in ancient mystery cults. The synthema runs as follows (NHC III,2 p. 66,27–68,1): Now that I have known you, I have mingled with the unchangeable; I have armed (ὁπλίζειν) myself with a luminous armor (ὅπλον); I have become light. For the Mother (Barbelo) was there because of the fair beauty of grace. So I have stretched out my two hands; I have been formed (μορφή) in the circle (κύκλος) of the riches of the light dwelling in my bosom and bestowing form (μορφή) upon many beings begotten in light beyond reproach (ἔγκλημα). In truth (ἀληθῶς) I shall declare your glory, for I have comprehended (χωρεῖν) you; yours, Jesus; behold, forever Ô, forever E, Jesus, O aeon (αἰών), aeon,74 God of silence (σιγή), I honor (ἀξιοῦν) you utterly. It is you who are my place of repose, Son, Ês Ês, the E, the formless one that exists among the formless ones, existing and raising the person by whom you will purify me into your life according to your imperishable name. For this reason the fragrance of life is in me: I mixed (κερᾶν) it with water as a pattern (τύπος) for all rulers (ἄρχων), that I may live beside you in the peace (εἰρήνη) of the saints, you who exist forever in very truth (ἀληθῶς ἀληθῶς).75
74 Note that the whole line starting with “yours” may also be read as a string of voces magicae; soy IH—S ID—E A—E—I—v A—E—I—E O—I—S V A—I—V—N A—I—V—N. 75 Cf. the great synthêma from the Mithrasliturgie (PGM IV.719–724): “Having been born again, I am passing away; growing and having grown, I am dying; having been born from a life-generating birth, I am passing on released to death, as you have founded, as you have decreed, and have established the mystery. I am PHEROURA MIOURI”. See also ibid. 644– 649, as well as pertinent comments by H.-D. BETZ, The “Mithras” Liturgy. Text, Translation and Commentary (STAC 18), Tübingen 2003, 170–172, 190–193. The otherworldly context of these baptismal ceremonies inevitably poses the question of their experiential basis and their actual cultic setting. Although it is very hard indeed to distinguish between what is thought and what is actually done in these sublime liturgical accounts, a high frequency of magical elements (nomina barbara, voces magicae, characteres, carmina figurata) and mystery-cult utterances (synthêmata), as well as occasional references to group prayers (“we all bless you”
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‘Valentinian’ soteriology is ridden with the same apparent tension as its ‘Sethian’ counterpart – the tension, that is, between the deterministic notion of election and a more inclusive affirmation of the individual freedom of choice. Some heresiological reports construed around this problem their taxonomy of ‘Valentinianism’, dividing it into two competing currents, or “schools” – one “eastern”, the other “Italian” or “western”.76 Following this schematic reconstruction, the two schools agreed on the following two basic premises: first, salvation is a function of a single historical event, viz. the advent and ‘incarnation’ of Jesus the Savior; and second, the body assumed by the Savior in his descent was consubstantial with the distinctive element (οὐσία) of the class of humans he came to save. The central point of disagreement was the exact target of the Savior’s mission, that is, the identity of the salvandi, and thus also the nature of the Savior’s body. According to the ‘eastern’ position,77 the Savior, Jesus, put on in his descent to the cosmos a spiritual body in order to redeem the entire class of spiritual humans for their final restoration (ἀποκατάστασις) to the divine fullness (πλήρωμα). Salvation thus seems a function of genetic makeup, so to speak, and not the matter of individual choice. According to the ‘western’ view,78 the Savior assumed both the spiritual substance and the animate, extending thereby salvation to the animate class as well, although of a different, inferior kind. In the final consummation, their souls will rise up to the eighth sphere (ὀγδοάς) bordering with the transcendent realm but, insofar as lacking the spiritual element, they will not be able to progress any further, let alone enter the mysterious “bridal chamber” within the spiritual fullness like their spiritual counterparts. Here, the tension between determinism and free choice is resolved along the spiritual-animate divide: whereas the spirituals (πνευματικοί) are predestined for salvation by their nature (φύσει), the fate of the ‘animate’ people is self-determining, inasmuch as their soul-element is sensitive and akin to both spirit and matter, both incorruption and death.
in the Three Steles of Seth VII,5 p. 124,33–34) and to ‘stage directions’ (e.g., reciting the synthêma “in another voice” in the Holy Book of the Great Invisible Spirit, NHC III,2 p. 66,27), point to some sort of actual ritual practice. As pointed out by one prominent modern scholar of the cognate phenomenon of ancient Hermetism, various Hellenistic and late antique forms of intellectual religion appear to have shared the same conviction that “ritual actions and magic ... might be made use of – provided the ultimate noetic goal was not forgotten” (G. FOWDEN, The Egyptian Hermes, Cambridge 1986, 119). 76 Hippol. Haer. 6.35.5–7. 77 The following summary of the ‘eastern’ position is mainly reconstructed from what are, in all likelihood, the explicit quotations from Theodotus’s writings recorded in Clem. Al. Exc. Theod. 1–36. 78 The most coherent version of the ‘western’ doctrine of salvation is available in a summary provided by Clem. Al. Exc. Theod. 58.1–65.2; see also Iren. Adv. haer. 1.6.
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As for the material kind of humans, both schools viewed them as destined by nature for total perdition. This should in turn entail that Jesus, the Savior, did not assume the material body in his descent – a problematic inference, indeed, considering the care which the ‘Valentinians’ took to incorporate in their accounts the most significant moments of Jesus’ earthly career, including his birth, baptism, passion, and death. The solution proposed by the ‘western’ branch was that the Savior, besides putting on the spiritual substance from Sophia and the invisible rational soul (the “psychic Christ”) from the Demiurge, also acquired, this time in Mary’s womb, “a body” that was “woven (ὑφαίνεται)79 for him out of invisible, animate substance” (Clem. Al. Exc. Theod. 59.4), and “by some ineffable craft (ἀρρήτῳ τέχνῃ) made visible, tangible, and capable of suffering (καὶ ὁρατὸν καὶ ψηλαφητὸν καὶ παθητόν)” (Iren. Adv. haer. 1.6.1).80 Only this animate body actually suffered and died on the cross (Clem. Al. Exc. Theod. 62.2–3): What they pierced was the visible (τὸ φαινόμενον), which was the flesh of the animate (Christ) ... For when the body suffered, the very soul of Christ put itself over into the hands of the father (i.e. the Demiurge). But the spiritual (element from Sophia) is not yet handed over, but he himself (Jesus the Savior) saves it.
Heresiological accounts of the ‘eastern Valentinian’ views of Jesus’ birth and passion are scarce and rather obscure. In one of these reports (Hippol. Haer. 6.35.7), the spiritual substance assumed by the Savior in the realm of Sophia, the highest sphere below the transcendent “fullness” (Pleroma), was 79 The image of weaving (ὑφαίνεται) has Platonic overtones: cf. Plato’s Timaeus 41d, where the demiurge orders the younger gods to “make living beings by weaving mortal to immortal (ἀθανάτῳ θνητὸν ὑφαίνοντες)”, and where the term “mortal” might have easily be identified with “another kind of soul, the mortal, having in itself dread and necessary affections”, that the younger gods joined to the “immortal principle of soul” (69c–d). The weaving of Jesus’ visible soul-body as a garment for his invisible elements (the spiritual “seed” of Sophia and the “psychic Christ”) seems thus a structural homologue of Plato’s “weaving of mortal (the irrational soul) to immortal (the rational soul)”. 80 The nature of the Savior’s animate body resembles that of the intermediary daimones in Platonist speculations. See, for instance, Plut. De Is. 360E (Xenocrates, frg. 225 ISNARDI PARENTE): “These are said ... to be stronger than man and in power to surpass greatly our nature, yet not possessing the divine element unmixed and unadulterated, but with a share also in the nature of the soul and the perceptive faculty of the body susceptible to pleasure and pain, and to whatever passions supervene on these changes and cause disturbance to them”. The claim that the Savior’s animate body had been prone to passion (παθητόν) did certainly not sound surprising to philosophically minded contemporaries. Indeed, the question whether body or soul should be held responsible for such emotions as desire, grief, fear, or pleasure was a subject treated in both doxographical compendia and school exercises; cf. the preserved fragment of a philosophical ζήτημα attributed to Plutarch, Whether Desire and Grief Belong to Soul or Body (De lib. et aegr.); see also a similar discussion between Tat and Hermes in the fourth Hermetic excerpt from Stobaeus (SH IV), in: A.-J. FESTUGIÈRE (ed.), Corpus Hermeticum, tome III, Paris 1954, xxiii–xxxvi, 21–29.
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“given shape” (διαπλασθῇ), probably by the animate Demiurge (ἡ δημιουργικὴ τέχνη) working as the instrument of a higher power (Sophia). This “shaped” spiritual body might correspond to what the ‘eastern Valentinian’ Theodotus, in an explicit quote preserved by Clement (Exc. Theod. 26.1), calls “the visible part of Jesus” – one which, according to Theodotus’s interpretation of Luke 23,46, Jesus “commits at his passion” (ἐν τῷ πάθει) to his transcendent Father (Exc. Theod. 1.1). The ‘eastern’ branch would thus seem to embrace a docetist thesis that Jesus did not really suffer on the cross and that his “passion” was nothing else but his “handing over” of the spiritual substance.81 It is therefore all the more surprising that some important firsthand witnesses of ‘eastern Valentinianism’, appear to advocate the Savior’s physical incarnation. The Tripartite Tractate is quite explicit in this respect. The Savior came to be fully incarnate and “endowed with all the instruments necessary for entering into physical life” (NHC I,5 p. 114,19–22) – not in order to include the ‘material’ class of humans among the salvandi, for this would be impossible insofar as they lack the spiritual element, but to partake fully in the destiny of the incarnate ‘spirituals’ (115, 3–17): For not only did he assume for them the death of those whom he intended to save – he also received the smallness into which they had descended when they were born in body (σῶμα) and soul (ψυχή). For he let himself be conceived and born as an infant with body and soul. Now, he entered into all the other (conditions) which these (the ‘spirituals’), even though possessing the light, shared with those who had fallen; yet he was superior to them because he let himself be conceived without sin, pollution, and defilement.
In spite of their diverging views about the nature of the Savior’s body, multiple ‘Valentinian’ traditions tend to agree that the central event in Jesus’ salvific mission was his baptism at the Jordan. Leaving behind the spiritual fullness of the transcendent realm and passing through a tripartite universe– the spiritual sphere of Sophia below the “fullness”, the animate kingdom of the Demiurge, and the material domain of the sublunary Devil–the Savior 81 Another attractive solution, proposed by J.-D. KAESTLI, Valentin italien et valentinisme oriental: leurs divergences à propos de la nature du corps du Christ, in: B. LAYTON (ed.), The Rediscovery of Gnosticism (Studies in the History of Religion 41), Leiden 1980, 401–403, is that the Demiurge’s role in “shaping” (ἡ δημιουργικὴ τέχνη) the body of Jesus in Mary’s womb (Hippol. Haer. 6.35.3–4, 7) was the modeling of a material body – “a carnal, purely external reality, coexisting with the spiritual nature until the time of crucifixion”. Hippolytus’s report, however, talks only about the Demiurge’s providing form to Jesus’ spiritual body. Kaestli, however, adduces a compelling supportive evidence for his thesis, esp. the Apocalypse of Peter (NHC VII,3 p. 81,3–83,15.), the Acts of John 94–102, and the ‘Valentinian’ Gospel of Philip (NHC II,3 p. 73,8–19) – a dossier to which one might add, for example, the Tripartite Tractate (NHC I,5) as will soon be shown. For a different interpretation of the ‘eastern’ view of the Savior’s “visible element”, based on the analogy with the ‘western’ distinction between Jesus’ invisible soul-substance and his visible animate body, see A. ORBE, La Encarnación entre los Valentinianos, Gregorianum 53 (1972) 205–207.
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“emptied himself” of his superior spiritual nature and found himself “detained by the thought of deficiency” (τῇ ἐννοίᾳ τοῦ ὑστερήματος) and “in need of redemption” (Clem. Al. Exc. Theod. 35.1, 22.7). The baptismal event at the Jordan is the moment when Jesus becomes ritually reunited with his transcendent source by receiving the power from on high, variously designated as the Logos, the power of his Father’s “Name”, the “Holy Spirit”, or simply “the spirit”. The same redemptive rite of baptism will thereupon be performed on all members of the earthly “church” as a sine qua non for their final reintegration (ἀποκατάστασις) with the “fullness” in the end time. Salvation is thus ritually effected already in this world, very much like in ‘Sethianism’, by means of a symbolic “reconciliation of this world” with the divine. (Gos. Eg. NHC III,2 p. 63,9).
4. Gnostic Universalism and the Problem of Pre-Christian Gnosticism The outline of the Gnostic ‘syndrome’ sketched in the preceding pages does not intend to propose yet another essentialist typology of Gnosticism.82 What it provides instead is a brief inventory of innovative solutions, conceived by ideologically cognate groups and individuals traditionally labeled as “Gnostics”, to such common spiritual preoccupations of the period as the desire to attain personal salvation through a complete dissociation from the material world and the search for universal wisdom, a synthesis of philosophical speculation and religious revelation. Gnosticism is thus, first and foremost, an intertextual enterprise, capable of absorbing heterogeneous philosophical and popular religious traditions, from Hellenistic astrology and magic, Hellenized Judaism and Christianity, to various eclectic brands of imperial Platonism. The salient feature of multiple Gnostic traditions is their revisionist reinterpretation of all cultural traditions. It is not that these traditions, along with their founding narratives, are equally valuable instances of a single perennial wisdom. On the contrary, they are all flawed, incomplete, and in need of a thorough reworking. The Gnostic transcendent god is not a Middle Platonist active intellect endowed with the everlasting stability of his thoughts. The creator of this world is not the rational craftsman from the Timaeus, but an incompetent pretender. The biblical god has no claim to make for his unity. Jewish Wisdom is not wise. Physical reality is not a faithful replica of the ideal forms, but only their deceptive semblance (simulacrum). Salvation is not the 82 For the most detailed delineation of the Gnostic “phenomenon”, the reader should check JONAS, Gnosis und spätantiker Geist (see n. 2), and H. JONAS, The Delimitation of the Gnostic Phenomenon–Typological and Historical, in: U. BIANCHI (ed.), Le origini dello gnosticismo, Studies in the History of Religion (Suppl. to Numen 12), Leiden 1967, 90–108.
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‘proto-orthodox’ Christian resurrection of the flesh, Irenaeus’s salus carnis, but a long and painful reintegration of a spiritual element, temporarily imprisoned in our physical body, with the divine “fullness”. Finally yet importantly, Jesus’ teachings in the earliest (‘canonical’) gospels are fragmentary and marred with manifold gaps that need to be filled with the subsequent clandestine revelations of Christus redivivus.83 There is no doubt that many of these revisionist moves were anticipated in the aforementioned founding traditions, most notably in various forms of heterodox Judaism – in Philo’s philosophical exegesis of the Pentateuch, in the ‘antinomian’ tendencies of certain Alexandrian Jews,84 in sophisticated speculations on the hypostatized Wisdom, in the dualism of Qumran literature, in the disappointed messianism of some Jewish groups, in mystical traditions of the Merkabah type, or in the teachings of ‘two powers’ sectarians recorded in the rabbinic literature. Yet none of these currents within heterodox Judaism, in spite of their dissatisfaction with normative teachings and ancestral institutions, seems to have been prepared for such a radical move as demoting the god of Jewish scripture to a lower, ignorant demiurge.85 A negative portrayal of the biblical god in the early (‘Sethian’) Gnostic traditions still seems best explained within the context of a gradual Christian alienation from its Jewish matrix, as evidenced in the theology of the Johannine Christians.86 Gnosticism thus emerges as an autonomous post-Christian phenomenon – an enterprise 83 Cf. e.g. Clem. Al. Exc. Theod. 66: “The Savior taught the apostles, first in a figurative and mystical way (τυπικῶς καὶ μυστικῶς), then in parables and riddles (παραβολικῶς καὶ ᾐνιγμένως), and thirdly, clearly and directly in private”. 84 Cf. Phil. Migr. 86–93. 85 Various “two powers” traditions within sectarian Judaism seem to view these two divine entities as complementary rather than antagonistic; cf. A.F. SEGAL, Two Powers in Heaven: Early Rabbinic Reports about Christianity and Gnosticism, Leiden 1977. A similar relation of complementariness characterizes Philo’s view of God’s transcendence and immanence – viz. that between God’s essence (οὐσία) and existence (ὕπαρξις) (cf. Virt. 21, Post. 169), or between “He That Is” and the Logos accompanied with the two chief powers (Abr. 120ff.). In his exegesis of Genesis 18, Philo distinguishes between “God who is above powers” and his two chief powers, “the creative and kingly” (Quaest. Gen. 4.2 Marcus; cf. Conf. 146); later on (Quaest. Gen. 4.8), he even assigns to each a separate domain in the universe viz. the intelligible realm, the heavenly world, and the sublunary world. This triadic model is not unlike that of the Gnostics, yet neither of God’s chief powers is here portrayed as ignorant or evil. 86 See esp. W. MEEKS, The Man from Heaven in Johannine Sectarianism, JBL 91 (1972) 44–72. For a hypothetical history of the pre-Christian Jewish ‘Sethianism’ see supra, p. 166. In his important study of the rabbis’ polemic with various “two powers” sectarians, SEGAL, Two Powers (see n. 85) favors the possibility “that gnosticism arose in Judaism out of the polarization of the Jewish community over the issue of the status of God’s primary angel”. Segal speculates that “the radicalization of gnosticism was a product of the battle between the rabbis, the Christians and various other ‘two powers’ sectarians who inhabited the outskirts of Judaism” (265–266). But this proposal fails to evince any textual evidence to support the historical reality of such a moderate, ‘binitarian’ phase in the development of Gnosticism.
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sui generis, simultaneously engaged in imitation (mimêsis) and emulation (zêlos) of all master narratives of the period and their various discursive modes.
Christentum und Philosophie als Thema der frühkaiserzeitlichen Kirchenväterliteratur ADOLF MARTIN RITTER Für Ulrich Luz zum 23. März 2008
1. Historischer Hintergrund 1.1 Das Problem Ob es in der lateinischen und griechischen Literatur der Kaiserzeit christliche Autoren gegeben habe, denen sich eine charakteristische Verbindung von gelebter religiöser Tradition und philosophischer Deutung, geschweige denn ein substantieller Beitrag zur Philosophie, zuschreiben ließe, darüber wird unter Fachleuten bis heute gestritten.1 Unstrittig aber ist, dass es (spätestens) seit
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Vgl. nur einerseits W. PANNENBERG, Theologie und Philosophie. Ihr Verhältnis im Lichte ihrer gemeinsamen Geschichte, Göttingen 1996, bes. Kap. 5 (P. beschreibt darin die Rolle der frühchristlichen Theologie im Verhältnis zur klassisch-griechischen und hellenistischen Philosophie nicht als rein rezeptiv, sondern sieht sie bereits einige substantielle Beiträge zum Themenbestand der Philosophie leisten); andererseits CHR.G. STEAD, Philosophie und Theologie I. Die Zeit der Alten Kirche (ThW 14.4), Stuttgart 1990 (für ihn berechtigt uns „der Gebrauch, den christliche Lehrer“ der Frühzeit „von philosophischen Doktrinen und Methoden machten, kaum dazu, sie als Philosophen im heute akzeptierten Sinn des Wortes zu bezeichnen“; er „würde es bevorzugen, diesen Begriff denjenigen vorzubehalten, die derartige Lehren und Methoden als eine geistige Disziplin eigenen Rechts betreiben, welcher sie sich verpflichtet fühlen“. In diesem Sinne aber könne man „nur sehr wenige frühchristliche Väter mit Recht [...] als Philosophen“ einstufen, allenfalls Augustin oder auch den Verfasser jenes äußerst einflussreichen Werks, der uns als „Dionysius Areopagita“ bekannt ist, wegen seiner Courage, mit der er „die komplexe göttliche Hierarchie, wie sie von Proclus im 5. Jahrhundert gelehrt wurde“, übernahm und christianisierte [vgl. 58 mit 56]). Im Hintergrund dieser divergierenden Urteile steht offenkundig auch ein verschiedenes Verständnis von Philosophie bzw. eine unterschiedliche philosophische Prägung: Während W. Pannenberg sich, auch in der Widmung seines Buches, zu Nicolai Hartmann, Karl Jaspers und Karl Löwith als seinen philosophischen Lehrern bekennt, ist Christopher Stead unverkennbar vom „linguistic turn“ der neueren Philosophiegeschichte geprägt, als einer der wenigen noch lebenden Schüler des 1951 in Cambridge verstorbenen Ludwig Wittgenstein. Vgl. zum Problem
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Ende des 3. nachchristlichen Jahrhunderts innerhalb des Römischen Reiches zu einer Neubelebung des Erziehungssystems kam, von der nun zunehmend auch die christliche Theologie profitierte. Diese Neubelebung hat sich nach allem schneller und vollkommener als in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens vollzogen, was teilweise sicherlich mit den vergleichsweise günstigen Berufsperspektiven für Absolventen einer rhetorischen und juristischen Ausbildung in kaiserlichen Diensten zusammenhing.2 Allerdings galt von Anfang an, dass Christentum „nicht in Verbindung mit Barbarei gedacht werden“ kann, sondern um „sich ausbreiten und erhalten zu können“, ja um selbst „die einfache Ausübung des Gottesdienstes möglich zu machen“, „dringend wenigstens ein Mindestmaß von literarischer Bildung“ verlangt.3 Um sie zu gewährleisten, rekurrierte man in der Regel auf die herkömmlichen Schulformen, die dafür wegen des vorwiegend literarischen Charakters der in ihnen vermittelten Bildung auch besonders geeignet waren, unbeschadet dessen, dass hier bereits der Elementarunterricht traditionsgemäß mit dem „Gift“ der heidnischen Mythologie durchsetzt war. Doch verließ man sich darauf, dass der Einfluss des Elternhauses und der Kirche ein genügendes „Gegengift“ bereitstellen werde.4 Für den Glauben selbst freilich, so war man überzeugt, sei Bildung – grundsätzlich – ohne Bedeutung, da es „für die Ohren Gottes keine andere Stimme“ gebe „als die liebende Hingabe des Herzens“.5 1.2 Bildung und Erziehung im frühen Christentum Welches Erziehungskonzept dem allen zugrunde lag, lässt sich etwa so umschreiben: Das frühe Christentum zeigte sich an den Problemen der allgemeinen und erst recht der „politischen“ Erziehung (d.h. der Zurüstung zu verantwortlicher Teilnahme an Leben und Aufgaben des Gemeinwesens, der Polis) wenig interessiert. Sein Denken kreiste vielmehr vorwiegend um die Aufgaben einer Erziehung, welche ihre Legitimation wie ihr Maß an der „Paideia des Herrn“ (παιδεία κυρίου) gewinnt.6 Bereits bei Clemens Romanus (Ende 1. Jh.), den wir erstmals ausdrücklich von „christlicher Erziehung“ (ἐν Χριστῷ παι-
einer christlichen Philosophie in historischer Perspektive jetzt auch TH. KOBUSCH, Christliche Philosophie. Die Entdeckung der Subjektivität, Darmstadt 2006, bes. 11–33. 2 Vgl. W. LIEBESCHUETZ, Art. „Hochschule“, RAC 15 (1991) 858–911, 871. 3 H.I. MARROU, Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum (nach der 3. französischen Originalausgabe, Paris 1955), übers. v. C. BEUMANN, hrsg. v. R. HARDER, Freiburg/ München 1957, 457. 4 Vgl. bes. Tert. Idol. 10; Basil. Caes. hom. 22. 5 Aug. Cat. Rud. 9. 6 Vgl. zu diesem Begriff bes. Eph 6,4, aber auch bereits Dtn 11,2; Hos 5,2 (LXX) sowie Tit 2,11ff.; Hebr 12,5ff. und Apk 3,19.
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δεία)7 sprechen hören, und rund ein Jahrhundert später bei dessen alexandrinischem Namensvetter8 wie erst recht bei Origenes, dessen Denken der Däne Hal Koch geradezu um die Probleme von „Pronoia und Paideusis“ ([göttlicher] „Vorsehung und Erziehung“ [des Menschengeschlechts])9 kreisen sah, ist der Begriff παιδεία κυρίου im Sinne einer überbietenden Erfüllung der Ideale griechischer Paideia verstanden. Das konnte sich teilweise an den platonischen Gedanken anlehnen, wonach der Gott mit seiner „Erziehung“ den Kosmos durchwaltet.10 Jedenfalls war alles christlich-kirchliche Erziehungswerk dieser Paideia Gottes bzw. Christi teleologisch zugeordnet, die sich im Leben der zur „Gotteskindschaft“ Berufenen verwirklicht, allerdings über dessen Stationen noch hinausgreift11, eben weil sie auf einen persönlichen Heilsglauben abzielt. Ihr den Boden bereiten zu helfen, galt speziell als Aufgabe der Eltern12, der Mutter nicht minder als des Vaters, denen damit noch mehr abverlangt war, als es die römische Erziehung forderte. Eine wesentliche Rolle spielte hierbei das Bekannt- und Vertrautmachen mit der Bibel, die „von Kind auf zu wissen“ neben dem Gehorsam gegenüber den Eltern als rechter Weg zur Erlangung eines persönlichen Christenstandes betrachtet wurde.13 Ergänzt und vertieft wurde diese häusliche „Einübung ins Christentum“ vor allem durch den Taufkatechumenat der Erwachsenen, dessen erzieherisches Moment bereits in seinen neutestamentlichen Ansätzen erkennbar ist.14 Dabei kam der Unterweisung in der christlichen Überlieferung, die sich teil- und zeitweise auf bedeutendem Niveau bewegte15 und für die Augustin in seiner Schrift „Über die Unterweisung der Anfänger im Glauben“ (De catechizandis rudibus) eine 7
1. Clem. 21,8. Zumal in dessen Παιδαγωγός; s. dazu in diesem Band den Beitrag von Frau TanaseanuDöbler. 9 Vgl. sein Werk „Pronoia und Paideusis. Studien über Origenes und sein Verhältnis zum Platonismus“ (AKG 22), Berlin u.a. 1932. 10 Vgl. Plat. Leg. 10,897b u.ö. 11 Vgl. Eph 4,13; Phil 1,6; 1 Thess 5,23. 12 So unter synagogalem Einfluss (vgl. bereits Dtn 6,2.7.20) bes. die sog. „Haustafeln“ im NT, z.B. Eph 6,4; Kol 3,21. 13 S. einerseits 2 Tim 3,15f., andererseits u.a. Dtn 5,16 und Eph 6,1ff. und dazu neben den Confessiones Augustins vor allem die Ratschläge für eine christliche Kindererziehung in dem bedeutsamen Traktat des J. Chrysostomus „Über Hoffart und Kindererziehung“ (vgl. dazu M. GÄRTNER, Die Familienerziehung in der Alten Kirche. Eine Untersuchung über die ersten vier Jahrhunderte des Christentums mit einer Übersetzung und einem Kommentar zu der Schrift des Johannes Chrysostomus über Geltungssucht und Kindererziehung, Köln/Wien 1985). 14 Z.B. Hebr 5,1ff.: vgl. auch etwa 1 Kor 3,1–3. 15 Man denke nur an die Taufkatechesen Kyrills von Jerusalem (wahrscheinlich aus der Fastenzeit 348), Theodors von Mopsuestia (gehalten vor 392) und des Johannes Chrysostomus (aus der Zeit zwischen 388 und 397)! 8
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Theorie von erheblichem pädagogischem Wert geschaffen hat, um so größere Bedeutung zu, je mehr sich diese Überlieferung zum Dogma verfestigte. Gleichwohl blieb eine enge Verbindung von sittlicher Bildung und liturgischer Einübung stets Hauptmerkmal wie wesentliche Funktion des altkirchlichen Katechumenats. 1.3 Klassische und christliche παιδεία Wie sehr sich die literarische Kultur zumal im Osten, weit über die ‚konstantinische Wende‘ hinaus, außerordentlicher Wertschätzung erfreute, zeigt, noch in theodosianischer Zeit, beispielhaft die herausragende Stellung des heidnischen Philosophen Themistios (317/88–89), und zwar sowohl im Senat von Konstantinopel als auch am kaiserlichen Hof. Und obwohl das überkommene, rhetorik-orientierte, System der klassischen παιδεία das ‚Heidentum‘ insofern begünstigte, als es paganen Schriften und Autoren ein großes Ansehen verschaffte und so der Verbreitung des Christentums unter den (rhetorisch) Gebildeten, d.h. Wohlhabenden, Kurialen und Senatoren, im Wege stand16, verzichtete man noch immer weitgehend auf die Ausbildung eigener christlicher Strukturen und rekurrierte stattdessen weiterhin, in der Regel zumindest, auf die herkömmlichen Schulformen. So sehen wir denn nun in zunehmendem Maße auch junge Christen die bestehenden ‚höheren‘ Bildungseinrichtungen frequentieren und im Einzelfall nach Abschluss ihres Studiums auch selbst die Funktionen von Grammatik- und Rhetoriklehrern oder gar von „Scholarchen“ übernehmen.17 Im allgemeinen geschah das, noch in der späteren Antike, nicht an den beiden berühmten alten Akademien in Athen und Alexandrien oder in dem mittlerweile zur zentralen Bildungsstätte für das gesamte Imperium Romanum aufgerückten Rom, sondern an den vielen, fast über das ganze Reich verstreuten mittleren und kleineren Hochschulen: in Konstantinopel etwa, das als Studienort eher bescheiden anfing, aber, seit ein Gesetz Theodosius’ II. vom Jahre 42518 die Einrichtung von 31 Professorenstellen festsetzte, zunehmend reichsweite Bedeutung erlangte, namentlich auf dem Gebiet des Rechts; in Antiochien, das, besonders wegen Libanios, jahrzehntelang ein wichtiges Zentrum vor allem für rhetorische Studien war; im kleinasiatischen Caesarea; in Berytos, der alten römischen Kolonie, seit langem Zentrum des Lateinischen im Osten, bald aber auch für die juristische Ausbildung und For16
LIEBESCHUETZ, Hochschule (s. Anm. 2), 880. Vgl. dazu außer meinem Beitrag zur Neubearbeitung von Ueberwegs „Grundriss der Geschichte der Philosophie“ (= Die Philosophie der Antike, Bd. 5: Philosophie der Kaiserzeit und der Spätantike, hrsg. v. C. HORN, C. RIEDWEG, D. WYRWA), Kap. X, 1 (in Vorbereitung), das Buch von F.R. TROMBLEY, Hellenic Religion and Christianization c. 370–529, vol. I (Religions in the Graeco-Roman World 115/1), Leiden u.a. 1993, Teil III. 18 Cod. Theod. 14,9,3. 17
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schung in diesem Reichsteil; in Caesarea in Palästina, das noch immer die Bibliothek des Origenes besaß, in Gaza und in vielen anderen Orten mehr, nicht zuletzt in Ägypten (Pelusium, Hermopolis, Oxyrhynchos). Keineswegs nur in Alexandrien (spätestens im 5. Jahrhundert), sondern beispielsweise auch unter Anleitung des Libanios in Antiochien studierten, wie wir wissen, junge Heiden, Christen und Juden, weitgehend konfliktlos, neben-, manchmal auch miteinander. Auch der Westen erlebte in der späteren Antike eine Renaissance des Schulwesens. Wo immer Städte von Katastrophen einigermaßen verschont geblieben waren, scheint es auch weiterhin Rhetoren gegeben zu haben; andernfalls halfen, wie in Gallien, die Kaiser bei der Wiederherstellung des Bildungswesens. Rom zog erneut Studenten von überall her an; unter seinen Lehrern zeichnete sich der später zum Christentum bekehrte Marius Victorinus (gest. um 365) sowohl durch Zahl und Herkunft seiner Schüler als auch durch sein (für einen westlichen Rhetor) ungewöhnliches Interesse an der Philosophie aus. Karthago blieb, wie unter anderem aus dem Werdegang Augustins bekannt ist, ein wichtiges Bildungszentrum in Afrika. Dass selbst Trier im (von Afrika aus gesehen) fernen Gallien jetzt eine Blüte der Rhetorik erlebte, ist hauptsächlich dem Umstand zu verdanken, dass es für mehr als ein Jahrhundert Residenzstadt war.19 1.4 Was heißt „Philosophie“ in der frühen Kaiserzeit? Wenn man sich fragt, ob die denkerischen Leistungen christlicher Autoren in der späteren Antike – von den wenigen, bereits genannten, unbestrittenen Ausnahmen abgesehen – sonderlich hoch einzuschätzen seien, so dass eine seriöse Philosophie- ebenso wie eine Literaturgeschichtsschreibung gleich der vorliegenden davon unbedingt Kenntnis zu nehmen hätte, dann sollte man nicht vorschnell und gar zu selbstverständlich unser heutiges Verständnis von Philosophie und unser eigenes historisch-kritisches Plato- oder Aristotelesbild zum Maßstab nehmen. Man sollte vielmehr in Rechnung stellen, dass zumal in der späteren Antike „Philosophie“ weniger eine bestimmte Theorie oder Erkenntnisweise als vielmehr gelebte Weisheit, ein Leben gemäß der Vernunft oder, christlich gesprochen, gemäß dem Logos war.20 So war es keine schiere 19 Vgl. besonders J.F. DUNEAU, Les écoles dans les provinces de l’empire byzantin jusqu’ à la conquète arabe, Thèse d’État, Paris I, 1971; W. LIEBESCHUETZ, Hochschule (s. Anm. 2), bes. 871–880; M. VINZENT, „Oxbridge“ in der ausgehenden Spätantike oder: Ein Vergleich der Schulen von Athen und Alexandrien, ZAC 4 (2000) 49–82. 20 J. LECLERCQ, Pour l’histoire de l’expression „philosophie chrétienne“, MSR 9 (1952) 221–226; zit. bei P. HADOT, Wege zur Weisheit oder Was lehrt uns die antike Philosophie? Aus dem Französischen von H. POLLMEIER, Berlin 1999, 277; A. DIHLE, Lebenskunst und Wissenschaft, in: C. RAPP, T. WAGNER (Hgg.), Wissen und Bildung in der antiken Philosophie, Stuttgart 2006; KOBUSCH, Philosophie (s. Anm. 1), 34–40.
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Anmaßung, wenn Christen (in den Spuren schon des Apologeten Justin [gest. um 165 n.Chr.]) das Christentum als eine oder gar die Philosophie bezeichneten21, zumal sich im christlichen Bereich alsbald eine Exegese und eine Theologie entfalteten, die den Methoden des paganen Philosophiebetriebes zumindest ähnelten.22 Aus solchen Ansätzen entwickelte sich, als wohl eigentümlichste Blüte, das, was man – schon auf das Mittelalter vorausblickend – als „monastische Philosophie“ bezeichnen könnte. Sie spielt übrigens die Hauptrolle in Pierre Hadots schöner Skizze des antiken Christentums als offenbarter Philosophie23; und eingeschlossen sind darin die einflussreichen Versuche jener Verfechter einer „christlichen Philosophie“ aus dem 4. bis 7. Jahrhundert (darunter Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Evagrius Ponticus, Dionysius Ps.-Areopagita, Dorotheus von Gaza, Maximus Confessor, aber auch etwa Athanasius von Alexandrien mit seinem „Antoniusleben“), die im übrigen in eigener Person an der monastischen Lebensweise partizipiert hatten; man kann daher mit Louis Bouyer mit Fug und Recht von dieser Bewegung als dem „gelehrten Mönchtum“ sprechen.24 1.5 Unterschiedliche Ebenen der Begegnung zwischen Religion und Philosophie in der Frühzeit des Christentums Es gibt, was sich im folgenden unmöglich im einzelnen darstellen lässt, ganz unterschiedliche Formen und Niveaus der „Synthese“ oder doch wenigstens der Begegnung zwischen paganer Philosophie und christlicher Theologie, im Osten wie im Westen des Römischen Reiches. Gewiss würden beispielsweise die Schriften des großen Unbekannten, der sich bis zum heutigen Tag erfolgreich hinter dem Pseudonym des „Dionysios vom Areopag“ (vgl. Apg 17,34) verbirgt, schon um ihrer enormen wirkungsgeschichtlichen Bedeutung willen, genau so wie das Werk Augustins besondere Aufmerksamkeit und Berücksichtigung beanspruchen können und finden müssen, wenn uns nicht die Thematik dieses Sammelbandes einen anderen Schwerpunkt, nämlich die Konzentration auf die ersten drei Jahrhunderte der Christentumsgeschichte, abforderte. Doch auch die Beiträge anderer, minder Prominenter und Bekannter, dürften, eigentlich, nicht vergessen werden, weil sie, auf ganz unterschiedliche Weise, zumindest mitgeholfen haben, dass christliche Theologie in Ost wie West, über alle geschichtlichen Wechselfälle, ja Katastrophen hinweg, durch die antike Philosophie herausgefordert blieb. Denn nun schien ein an21
Vgl. Justin. 1 Apol. 1.2 sowie das Proömium seines Dialogus cum Tryphone (Dial. 2,1–
8,1). 22 Vgl. HADOT, Wege (s. Anm. 20), 276f. – Auf diesen Sachverhalt hebt u.a. Origenes in seiner Erwiderung auf Kelsos/Celsus (s. Textbeispiel S. 372f.) zu Recht ab. 23 Vgl. HADOT, Wege (s. Anm. 20), 273–292. 24 L. BOUYER, La spiritualité du Nouveau Testament et des Pères, Paris 1960, 400–472.
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nähernd ‚angstfreier‘ Umgang mit ihr in den Bereich des Möglichen gerückt zu sein! 1.6 Ein oft vergessener Mittlerdienst Ehe wir diese umrisshafte Beschreibung des historischen Hintergrundes abschließen, sei noch eigens, wenn auch ganz summarisch, eines oft vergessenen Mittlerdienstes gedacht, wobei allerdings die für diesen Sammelband vorgegebenen Grenzziehungen einen Moment lang vollkommen außer Kraft gesetzt werden. Oft genug findet man nämlich, selbst in seriösen Publikationen, die Meinung vertreten, dass die Schließung der Akademie zu Athen, genauer gesagt: ihrer philosophischen und juristischen ‚Fakultäten‘, durch Kaiser Justinian I. im Jahre 52925 von geradezu symbolischer Bedeutung für das Schicksal, um nicht zu sagen: den Untergang der antiken Philosophie im christianisierten Römischen Reich gewesen sei. Es wird dabei aber unter anderem übersehen, dass die islamisch-arabische Philosophie, bei der später auch jüdische Gelehrte wie S. Ibn Gabirol und M. Maimonides in die Schule gehen sollten, im Kontakt mit der griechischen Gedankenwelt entstand, allerdings wohl (in aller Regel) nicht unmittelbar, sondern durch Vermittlung christlicher Syrer.26 Wie sollte es auch anders sein, da in frühislamischer Zeit, unter den Umay25 Vgl. dazu Ioh. Mal. Chron. 18,451 (PG 97, 661C. 662CD). „Dass die Philosophie in Justinians Gesetz für Athen mit dem Recht verbunden wurde, zeigt, dass das Heidentum nicht die einzige Ursache für die Verminderung der Ausbildungskapazitäten war“ (L IEBESCHUETZ, Hochschule [s. Anm. 2], 890, mit weiterer Literatur). Allerdings war die Schließung der Akademie zweifellos ideologisch motiviert. Obwohl nur eine unter vielen Repressionsmaßnahmen gegen das Heidentum, die Justinian ergriff, war es allem Anschein nach diejenige mit der größten Symbolkraft (bis in die Gegenwart hinein). Woher der Wind nun wehte, belegt vor allem ein (nicht sicher datierbares) Gesetz, welches das 11. Kapitel von Buch I des Codex Iustinianus (mit dem Titel: „Über die heidnischen Opfer und Tempel“) beschließt (Cod. Iust. 1,11,10 KRÜGER II, 63f.). Es drohte den noch Ungetauften den Verlust ihres gesamten Besitzes an, falls sie nicht mit der ganzen Familie und ihrer Dienerschaft in der Kirche erschienen. Für die unmündigen Heidenkinder wurde sofortige Taufe angeordnet, älteren sollte eine vorherige Unterweisung in der christlichen Glaubenslehre zuteilwerden, damit Rückfälle ins Heidentum vermieden würden. Wer sich nur aus äußerem Zwang taufen lasse, um ein bestimmtes militärisches oder ziviles Amt zu erlangen oder zu behalten, während seine Familie heidnisch bleibe, dem solle das Amt entzogen werden mitsamt seinem Vermögen; außerdem solle er mit einer (nicht näher spezifizierten) Strafe belegt werden. Heiden dürften ferner keine Kinder mehr unterrichten, gleich, um welchen Lehrstoff es sich handele, und erhielten kein Gehalt mehr aus öffentlichen Kassen. Auf heimliche Opfer oder Bilderverehrung (εἰδωλολατρία) stehe die Todesstrafe (vgl. A.M. RITTER, Alte Kirche [Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen I], Neukirchen-Vluyn 92007, Nr. 97b, S. 253f.). 26 Vgl. dazu jetzt vor allem J. VAN ESS, Arabischer Neuplatonismus und islamische Theologie – Eine Skizze, in: R.G. KHOURY, J. HALFWASSEN (Hgg.), Platonismus im Orient und Okzident. Neuplatonische Denkstrukturen in Judentum, Christentum und Islam, Heidelberg 2005, 103–117, passim.
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yaden zumal, die Damaskus zum Sitz der islamischen Khalifen und somit Syrien zum Kernland des islamischen Reiches machten, die christliche Bevölkerungsmehrheit noch so dominant war, dass der erst im Werden begriffene Islam weit stärker durch das Christentum und die von ihm vertretene Kultur beeinflusst wurde als umgekehrt. Nun aber hatten sich die Syrer im Rahmen des kirchlich-theologischen Schrifttums, unter dem Einfluss des besonders unter ‚Nestorianern‘ gefeierten Exegeten Theodor von Mopsuestia (gest. 428), schon sehr früh mit aristotelischer Logik befasst. Im 5.–7. Jahrhundert scheint das gesamte Organon ins Syrische übersetzt worden zu sein27; und die ersten bekannten Übersetzungen und Kommentare der Εἰσαγωγή des Porphyrios sowie der aristotelischen Hermeneutik und der Analytica priora gingen bereits im 5. Jahrhundert aus der nestorianischen Schule zu Edessa zur Zeit des Bischofs Ibas (Hibā; gest. 457) hervor. Anfang des nächsten Jahrhunderts wandte sich, nun auf ‚monophysitischer‘ Seite, ein Schüler des Alexandriners J. Philoponos (gest. nach 570), nämlich Sergios (Sargiš) von Rēš ainā, aristotelischen Studien zu und verfasste eine „Darstellung der aristotelischen Logik“ in sieben Büchern; dazu erwarb er sich als Übersetzer unter anderem mehrerer aristotelischer Werke ins Syrische solche Verdienste, dass seine Leistung auch von späteren arabischen Zeugen anerkannt wurde. Es ist an dieser Stelle weder möglich noch nötig, auf Einzelheiten dieser Entwicklung einzugehen. Erwähnt sei nur noch, dass sie nach weiteren bemerkenswerten Zwischenstationen ihren Höhepunkt in Hunain ibn Ishāq (gest. 876), dem „Johannitius“ des abendländischen Mittelalters, fand, dem Haupt einer um 830 in Bagdad offiziell, unter dem Patronat der Abbasidenkhalifen, eingerichteten Übersetzerakademie. Von einem, der es wissen musste, dem schwedischen Aristotelesforscher Ingemar Düring, ist Hunain, wohl nicht zu Unrecht, als der „Cicero der arabischen Kultur“28 bezeichnet worden.
27 Vgl. J. TKATSCH, Die arabische Übersetzung der Poetik des Aristoteles und die Grundlage der Kritik des griechischen Textes, Bd. I, Wien/Leipzig 1928, 95f., sowie allgemein zur Rolle der christlichen Syrer als Mittler grundlegend A. BAUMSTARK, Aristoteles bei den Syrern, Leipzig 1900, passim; Ders., Geschichte der syrischen Literatur mit Ausschluss der christlich-palästinischen Texte, Bonn 1922, passim; J.H. WASZINK, W. HEFFENING, Art. „Aristoteles“, RAC 1 (1950) 657–667, bes. 664ff.; H. FLASHAR, Aristoteles, in: Ders. (Hg.), Die Philosophie der Antike, Bd. 3: Ältere Akademie – Aristoteles – Peripatos, Basel/Stuttgart 1983, 450; G. TROUPEAU, Kirchen und Christen im muslimischen Orient, in: G. DAGRON, P. RICHÉ, A. VAUCHEZ (Hgg.), Bischöfe, Mönche und Kaiser (642–1054) (= Die Geschichte des Christentums Bd. 4). Deutsche Ausgabe bearb. u. hrsg. v. E. BOSHOF, Freiburg/Basel/Wien 1994, 391–472, bes. 466ff.; G. STROHMAIER, Von Demokrit bis Dante. Die Bewahrung antiken Erbes in der arabischen Kultur (GA), Hildesheim 1996 (= Olms Studien 43), bes. 191– 221.313–322. 28 I. DÜRING, Von Aristoteles bis Leibniz. Einige Hauptlinien in der Geschichte des Aristotelismus, A&A 4 (1954) 118–154, 135.
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All das aber, wovon zuletzt die Rede war, kam schwerlich von ungefähr; eben deshalb endete die Skizzierung des historischen Hintergrundes, als Einstieg in unseren Beitrag zu diesem Sammelwerk, so, wie sie endete: mit einem Ausblick auf die Geistesgeschichte des (oft genug vergessenen) Christlichen Orients im ersten Jahrtausend!
2. Christentum und Welt im Denken der Frühzeit Entsprechend einer gewichtigen und einflussreichen Forschungstradition29 gab es hauptsächlich drei Konzepte, die als Voraussetzungen frühchristlichen Nachdenkens über das Weltverhältnis des neuen Glaubens gelten können. Alle drei seien zurückzuführen auf geläufige hellenistisch-jüdische Einstellungen, hauptsächlich repräsentiert durch den jüdischen Philosophen Philon (ca. 25 v. – 40 n.Chr.), den großen Bewunderer des Imperium Romanum und besonders des Kaisers Augustus (als Einigers des Menschengeschlechts und Friedensbringers nach einer langen Bürgerkriegsperiode), auf der einen30, den Apostel Paulus und dessen jüngeren jüdischen Zeitgenossen, Rabbi Chanania, auf der anderen Seite. Beide, Paulus und Chanania, teilten die Überzeugung, das Imperium sei eine gottgegebene Einrichtung, dazu bestimmt, die Menschheit zu beschützen und zu disziplinieren. Andernfalls wäre das Chaos die Folge. Denn, so Chanania, „gäb’s keine Furcht vor ihr (sc. der Obrigkeit), so hätten wir einer den anderen (Nächsten) bei lebendigem Leibe verschlungen“.31 Es habe indes, so dieselbe Forschungstradition, bereits im vorchristlichen Judentum eine andere, dritte Haltung gegeben. Diese sei wesentlich revolutionärer und der weltlichen Gewalt gegenüber wesentlich feindseliger oder doch wenigstens kritischer gewesen als die beiden zuvor erwähnten Positionen: nämlich die der Apokalyptik, wie sie sich z.B. im Buch Daniel32, in den jüdischen Partien der Sibyllinen33 und in den Apokalypsen Esras34 und Ba29 Repräsentiert etwa durch A. VON HARNACK in seiner Monographie „Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten“, Leipzig 41924, bes. 272–281, und W.H.C. FREND, Church and State. Perspectives and Problems in the Patristic Era (StPatr 18), Oxford/New York 1982, 38–54. Vgl. zum Folgenden die kommentierte Textlese: A.M. RITTER, ‚Kirche und Staat‘ im Denken des frühen Christentums (Traditio Christiana 13), Bern u.a. 2005, sowie die Skizze dess., Church and state up to c. 300 CE, in: M.M. MITCHELL, F.M. YOUNG (Hgg.), The Cambridge History of Christianity, vol. I: Origins to Constantine, Cambridge 2006, 524–537. 30 Vgl. Philo, Legatio ad Gaium (= RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29] Nr. 9). 31 So Rabbi Chanania nach den Pirke Avot 3,2 (= RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29] Nr. 6f); vgl. Paulus, Röm 13,1–7. 32 Vgl. Dan 2 (die Vision der vier Reiche), Dan 6 (die Geschichte von Daniel in der Löwengrube), oder Dan 3 (die drei Knaben im Feuerofen). 33 S. bes. Or. Sibyll. 3,350–361 (= RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29] Nr. 11).
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ruchs35 dokumentiert findet. Obwohl es selbstverständlich gewisse Überlappungen gegeben habe, so versichert man, haben die Kategorien Bestand gehabt und sich durchgehalten; und es sei „interessant zu sehen, dass die erste, ganz und gar positive Sicht des Reiches (sc. die philonische) fast von Anfang an unter den Christen des griechischen Ostens die Vorherrschaft erringen sollte, […] während paulinische und eschatologische (andere würden bevorzugen zu sagen: apokalyptische) Haltungen in Rom und dem Westen dominiert“ hätten.36 Trotz ihres unbestreitbaren Wahrheitsgehaltes (ihrer particula veri) droht diese Analyse indes die Dinge zu sehr zu vereinfachen, wie wir sogleich sehen werden. Allein, ehe wir darauf eingehen, sei eine weitere wichtige Voraussetzung frühchristlichen „politischen Denkens“ genannt: nämlich die Stellung der Christen zu der sie umgebenden „Welt“. Auch dieses Problem lässt sich hier naturgemäß nicht erschöpfend behandeln. Wir müssen uns vielmehr erneut damit zufrieden geben, Hauptverschiebungen zu beschreiben, und nehmen unseren Ausgangspunkt diesmal beim Apostel Paulus. In seinem 1. Brief an die Korinther (7,29–31) schreibt Paulus, die Zeit, in der wir leben, werde nicht lange währen, wörtlich: sie sei „zusammengedrängt“ (ὁ καιρὸς συνεσταλμένος ἐστίν); es sei daher ratsam für alle, „die die Welt nutzen, als benutzten sie sie nicht“ (οἱ χρώμενοι τὸν κόσμον ὡς μὴ καταχρώμενοι); „denn die Gestalt dieser Welt vergeht“ (παράγει γὰρ τὸ σχῆμα τοῦ κόσμου τούτου). Nur wenige Jahrzehnte später (um 96 n.Chr.) treffen wir im sog. 1. Klemensbrief (Kap. 20) auf ein völlig verschiedenes geistiges Klima. Die „Welt“ (der κόσμος) präsentiert sich dort als verharrend in Frieden und Gleichklang, unter der Lenkung (διοίκησις) des göttlichen Wortes (λόγος), welches das Universum durchwaltet; deshalb kann dieser Kosmos dem Verfasser auch als ethisches Vorbild für die Christen dienen. Ein nächster Entwicklungsschritt wird markiert durch die Korrespondenz des Bischofs Ignatius von Antiochien (wohl aus dem 2./3. Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts n.Chr. – so die mehrheitlich angenommene Datierung). In seinem Brief an die Epheser beschreibt der Autor die Erscheinung Christi als eine kosmische Krisis (Kap. 19). „Da nahm seinen Anfang, was Gott bereitet hatte. Von da an geriet alles gemeinsam in Bewegung (vgl. Röm 8,19–22), weil (Gott) die Vernichtung des Todes betrieb“ (19,3). An der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert endlich wagt der unbekannte Verfasser der Schrift an Diognet, vermutlich ein gebildeter alexandrinischer Christ, die christliche Kirche bereits als ein über die ganze bewohnte Erde hin verbreitetes Gemeinwesen zu beschreiben, indem er sagt (Kap. 6,1–3): „Genau das, was im Leibe die Seele ist (sc. das Zentrum, von dem alle Bewegungen ausgehen: die vitalen ebenso wie die spirituellen und 34
4 Esra 5,3. ApcBar 40,1–2. 36 S. FREND, Church and State (s. Anm. 29), 43. 35
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intellektuellen), das sind in der Welt die Christen. Über alle Glieder des Leibes hin ist die Seele verstreut; entsprechend sind die Christen [verstreut] über die Städte (πόλεις) der Welt. Die Seele wohnt zwar im Leibe, hat aber in ihm nicht ihren Ursprung (οἰκεῖ μὲν ἐν τῷ σώματι ψυχή, οὐκ ἔστιν δὲ ἐκ τοῦ σώματος). (So) wohnen auch die Christen in der Welt, sind aber nicht von der Welt (vgl. Joh 15,19; 17,11; 14,16)“. Eine geradezu schwindelerregende Entwicklung, ohne Zweifel, die wir da vor Augen gerückt bekamen; in jedem Falle aber wird ein erstaunlicher Gedankenfortschritt sichtbar: ausgehend von der paulinischen Überzeugung, dass die Welt in ihrer spezifischen Gestalt (σχῆμα) „vergehe“, über eine „Synthesis des clementinischen gleichsam noch naiven Ja“ (sc. gegenüber der Welt) „und des ignatianischen überwundenen Nein“ hin „zu einer innerweltlichen Existenzdialektik“. Was Wunder, dass, bereits vor rund einem viertel Jahrhundert, U. Wickert (Berlin) all dies „so frappierend“ fand, dass es schwer falle, „nicht nach Hegelschen Kategorien zu greifen“37, wenn anders diesem Phänomen eine adäquate Deutung zuteil werden solle!
3. Die Römer, wie die Christen sie sahen38 Die christlichen Einstellungen zum römischen Reich in der Frühzeit (bis hin zu Konstantin) entsprachen, wie es scheint, im großen und ganzen den Vorgaben der zweiteiligen Heiligen Schrift der Christen (AT und NT).39 Die eschatologische Orientierung des frühen Christentums ließ sich nur schwer in Einklang bringen mit solchen Deutungen des sich etablierenden römischen Weltreichs, welche zusammen mit Roms eigenem ewigem Bestand (Roma aeterna) die Fortdauer der Welt in den Vordergrund stellten. Doch unter Rückgriff auf Prophetien wie Dan 2,31–45; 7,7 und Apk 13,11f. war es möglich, in Rom und seinem Weltreich die letzte politische Ordnung der Weltgeschichte zu sehen, die einst ersetzt werde durch Gottes eigenes Reich (βασιλεία τοῦ θεοῦ) am Ende der Tage.40 37 U. WICKERT, Christus kommt zur Welt. Zur Wechselbeziehung zwischen Christologie, Kosmologie und Eschatologie in der Alten Kirche, in: A.M. RITTER (Hg.), Kerygma und Logos (FS C. ANDRESEN), Göttingen 1979, 461–481, 474. 38 Vgl. den Titel des faszinierenden Buches von R.L. WILKENS „The Christians as the Romans saw them“ (New Haven/London 1984, dt. Graz/Wien/Köln 1986, u.d.T.: Die frühen Christen wie die Römer sie sahen, ins Deutsche übertragen von G. Kirstein). 39 Vgl. H.A. GÄRTNER, Art. „Imperium Romanum“, RAC 17 (1996), bes. 1168–1178. 40 Vgl. z.B. Iren. Adv. Haer. V 26,1 (SC 153, 324/30); V 30,3 (380/382). – Wie GÄRTNER, Imperium Romanum (s. Anm. 39), 1169, richtig bemerkt, ist diese jüdisch-christliche Theorie eine umdeutende Aufnahme des heidnischen Konzepts einer translatio imperii (des Herrschaftsübergangs von den Medern auf die Perser, von dort auf die „Griechen“ Alexanders des Großen und seiner „Diadochen“ und schließlich auf die Römer).
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Im Anschluss an 2 Thess 2,6f. war es allerdings ebenso möglich, dem römischen Reich eine „aufschiebende, aufhaltende“ Funktion und Wirkung zuzuschreiben (die Funktion der mora finis)41, weil es die endzeitliche Erscheinung des „Sohnes des Verderbens“, des „Bösen“, verhindere oder, besser, verzögere, den „der Herr Jesus umbringen wird mit dem Hauch seines Mundes und wird ihm ein Ende machen durch seine Erscheinung, wenn er kommt“ (2,4.8). Und zwar kοnnte dem Römerreich diese Funktion deshalb zugeschrieben werden, weil es nun einmal dessen traditionelle Bestimmung war, Frieden, Ordnung und Gerechtigkeit auf Erden zu sichern oder dies doch wenigstens nach Kräften zu versuchen (vgl. auch Röm 13,3.4; 1 Petr 2,13–17; 1 Tim 2,1f.). All dies schließt ein, dass es nicht nur Rivalitäten und Konflikte, sondern auch gemeinsame Interessen und Berührungszonen zwischen „Römern“ und „Christen“ gab, welche die letzteren spätestens dann zu unterstreichen und in den Vordergrund zu rücken pflegten, als sich ihre Erwartung eines nahen „Endes“, einer baldigen Wiederkunft ihres Herren, deutlich abschwächte (vgl. Mt 25,1–46; Apk 3,11; 22,7.12.20 etc.). Dies trifft nun hauptsächlich auf die frühchristlichen Apologeten zu, welche sich für Toleranz von Seiten einer argwöhnischen, ja feindseligen heidnischen Gesellschaft einsetzten. Einige ihrer wichtigsten Positionen sollen deshalb im folgenden wenigstens in aller Kürze umrissen werden. 3.1 Frühchristliche Apologeten (Justin, Melito von Sardes und andere) Der erste frühchristliche Apologet, den wir nicht nur aufgrund mehr oder weniger unbedeutender Fragmente kennen42 – wahrscheinlich der bedeutendste unter ihnen, zumindest was das 2. Jahrhundert betrifft –, ist Justin, der „Philosoph und Märtyrer“43, geboren in Samaria (Flavia Neapolis [Nablus]), gestorben um 165 n.Chr. in Rom, wo er (mit Unterbrechungen) für eine längere Zeit gelebt hatte. Er beschreibt die Christen als „wahrhaft fromm und philosophisch“ (κατὰ ἀλήθειαν εὐσεβεῖς καὶ φιλοσόφους), ähnlich, wie wir ergänzen dürfen, den kaiserlichen Adressaten seiner Verteidigungsschrift oder 41 Tert. Apol. 39,2 (CCL I, 150); vgl. auch 32,1 (142f.); Scap. 2,6 (CCL II, 1128); Aug. Civ. XX 23 (DOMBART-KALB II, 463–466). 42 Wie z.B. Quadratus (Kodratos), der, soweit wir wissen, der Erste war, der dem Kaiser eine Apologie zugunsten des Christentums überreichen ließ (ob sie der Kaiser, in diesem Falle Hadrian, der von 117–138 n.Chr. regierte, tatsächlich zu lesen bekam, steht auf einem anderen Blatt); der Kirchenhistoriker Eusebius hat uns nur wenige Zeilen überliefert (HE IV 3,2f.), die jedoch zu unserem Thema nichts beitragen. – Zur Frage, ob nicht viel eher als Justin die christlichen Gnostiker Valentin und Basilides beanspruchen könnten, am Anfang der frühchristlichen Apologetik zu stehen, s. u., Teil 4.1. 43 Dieser Ehrentitel, den ihm wohl Tertullian (Adv. Val. 5,1, CCL II, 756) als erster zuerkannte, sollte u.W. zum ständigen Attribut Justins werden.
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„Apologie“.44 Und indem er von Beginn seines Traktates an traditionelle Themen platonischer Philosophie einflicht45, führt er sich auch selbst als „Philosoph“ ein und damit als der Situation entsprechend und gewachsen, in der er schreibt.46 Allein, was im Moment für uns von noch größerem Interesse ist: Justin liebt es, die Loyalität der Christen gegenüber der kaiserlichen Autorität herauszustreichen und zu versichern, dass sie ohne Unterlass Fürbitte leisten für das Wohl der Kaiser und ihres Reiches, selbst in Zeiten der Verfolgungen, ob diese nun auf die Kaiser und ihre Beamten selbst zurückgehen oder aber „nur“ von ihnen geduldet werden47; so sagt er unter anderem: „wir beten zwar allein Gott an (θεὸν μὲν μόνον προσκυνοῦμεν), in allem übrigen aber leisten wir euch freudigen Gehorsam48, indem wir Kaiser und Herrscher über die Menschen anerkennen und beten, dass ihr (allezeit) nicht nur im Besitz kaiserlicher Macht, sondern auch vernunftgemäßer Einsicht (oder: leidenschaftslosen Denkens [σώφρων λογισμός]) erfunden werdet“.49 Unter Rückgriff auf die vielerörterten „Synchronismen“ zwischen der Geschichte des Imperium Romanum und der Heilsgeschichte in Lk 1–3 und in bewusstem Einklang mit römischer Propaganda und dem allgemeinen Empfinden besonders der römischen Oberschicht skizziert ein anderer, jüngerer christlicher Apologet, nämlich Melito aus dem kleinasiatischen Sardes in sei44
Vgl. 1 Apol. 1,2. Vgl. die Nachweise im Testimonienapparat der Ausgabe von M. MARCOVICH, Iustini Martyris Apologiae pro Christianis (PTS 38), Berlin 1994. 46 All dies in auffälligem Kontrast zu seinem einstigen Schüler, dem Syrer Tatian, und auch zu Theophilus von Antiochien, Tatians Zeitgenossen; beide verfassten wie Justin Apologien für ihren christlichen Glauben, welche ebenfalls vollständig erhalten sind, allerdings eher den Charakter von Attacken gegen die „weltliche Weisheit“ als von Verteidigungen des Christentums haben, dazu bestimmt, gebildete Griechen zu der „barbarischen“ Philosophie der Christen zu bekehren (Tatian). In seiner beißenden Kritik der griechischen Philosophie scheint Theophilus einer der ersten christlichen Autoren, wenn nicht der erste gewesen zu sein, der vom „Diebstahl der Hellenen aus den heiligen Schriften“ von Juden und Christen sprach (Ad Autol. III 1,14; 2,37); vgl. zu diesem Motiv etwa H. DÖRRIE, Der hellenistische Rahmen des kaiserzeitlichen Platonismus. Bausteine 36–72: Text, Übersetzung, Kommentar, aus dem Nachlass hrsg. u. bearb. v. M. BALTES unter Mitarbeit v. A. DÖRRIE u. F. MANN (Der Platonismus in der Antike Bd. 2), Stuttgart/Bad Cannstadt 1990, 12–21. 236–246; 190–217. 480–505. Ob ihm oder dem Basilidessohn Isidor (bei Clem. Alex. Strom. VI 53,3–5; vgl. dazu W.A. LÖHR, Basilides und seine Schule [WUNT 83], Tübingen 1996, 197–206) die Priorität zukam, ist nicht mehr auszumachen; allerdings geht I. nur ganz beiläufig auf dies Thema ein. 47 Vgl. 1 Apol. 12.17 (= RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29] Nr. 23). 48 Vgl. Theophil. Ad Autol. I 11,1: „Kurzum: Ich ziehe es vor, den Kaiser zu ehren, nicht indem ich ihn anbete, sondern indem ich für ihn bete“ (οὐ προσκυνῶν αὐτῷ, ἀλλὰ εὐχόμενος ὑπὲρ αὐτῷ). 49 Eine solche Erwartung war keineswegs verstiegen, sondern im Grunde nur billig, sofern man die Ansprüche ernst und beim Wort nahm, die die römischen Kaiser selbst während des 2. und zu Beginn des 3. Jahrhunderts (also in der Ära der sog. „Philosophenkaiser“!) zu erheben pflegten! 45
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ner (um 172 verfassten) Apologie50 die Zeit seit Augustus (27 v. – 14 n.Chr.) als eine glanzvolle und ruhmreiche Periode und erklärt dies mit der Tatsache, dass das unter der „glorreichen Herrschaft“ des Augustus vergrößerte und befriedete römische Reich und die christliche Kirche „Milchschwestern“, σύντροφοι seien, geboren (nahezu) zur selben Zeit und genährt an den Brüsten ein und derselben Amme. Das will besagen: die Gleichzeitigkeit von Augustus und Christus ist alles andere als ein Zufall; sie verdankt sich vielmehr göttlicher Vorsehung! Wie die Einung und Befriedung der Mittelmeerwelt (pax Augusta) im Einklang mit dem göttlichen Willen eine günstige Voraussetzung für die christliche Missionspredigt schuf, so ist es umgekehrt in Melitos Augen der den Christen gewährten Unterstützung durch die römischen Autoritäten zu verdanken, dass (seit der „großartigen Regierung“ des Augustus) „das Römerreich zu Größe und Herrlichkeit gedieh“. Es bestehe begründete Hoffnung, dass es in diesem glücklichen Zustand erhalten bleibe, sofern es weiterhin diejenige Philosophie51 beschütze, die von den Vorgängern der gegenwärtig regierenden Kaiser, in Ergänzung zu den übrigen Religionen (!), geachtet worden sei. Die einzigen (Kaiser), die, von böswilligen Menschen verführt, die Christenlehre in Verruf zu bringen trachteten, seien Nero und Domitian gewesen!52 Melito bezieht sich in der Folge53 auf eine Reihe kaiserlicher Interventionen und Erlasse (Enzykliken), beispielsweise auf solche Hadrians (117–138)54 und des Antoninus Pius55; doch fast nichts davon hat sich erhalten56, und was sich
50 Bruchstückhaft in Eus. HE IV 26,4–11 (SCHWARTZ-MOMMSEN I, 382/386) erhalten; dass sie an den Kaiser Marcus Aurelius (161–180) allein adressiert war, scheint den Schluss zu erlauben, dass sie aus der kurzen Zeit seiner Alleinherrschaft (171/172) datiert. 51 Vgl. A.M. MALINGREY, Philosophia: étude d’un groupe de mots dans la littérature grecque des présocratiques au 4me siècle après J.-C., Paris 1961, bes. 185ff., zu den Gründen, weshalb in der Frühzeit Christen die eigene Lehre und den eigenen strengen Lebensstil als „Philosophie“ bezeichnen und – selbstbewusst – der „heidnischen“ entgegenstellen konnten. 52 Mit den Namen Neros (51–68) und Domitians (81–96) wurden gewöhnlich – zu Recht oder zu Unrecht – die ersten Christenverfolgungen im römischen Reich in Verbindung gebracht. Beide wurden ebenfalls von kultivierten Heiden gründlich verachtet, ja gehasst, weil sie erklärte Gegner des römischen Senats waren! 53 Eus. HE IV 26,10 (SCHWARTZ-MOMMSEN I, 386). 54 Erhalten ebd. IV 9,1–3 (SCHWARTZ-MOMMSEN I, 318/320); vgl. den Kommentar von R. KLEIN in: P. GUYOT, R. KLEIN, Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen: eine Dokumentation, 2 Bde., Darmstadt 1997, 325f. 55 Erhalten ebd., Eus. HE IV 13,1–7 (SCHWARTZ-MOMMSEN I, 326/330); vgl. A. VON HARNACK, Das Edikt des Antoninus Pius (TU 13/4a), 1898; R. FREUDENBERGER, Christenreskript: ein umstrittenes Reskript des Antoninus Pius, ZKG 78 (1967) 1–14, sowie Kleins Kommentar in: GUYOT, KLEIN, Christentum (wie Anm. 54), 430. 56 Dasselbe trifft zu auf Buch VII von Ulpians, des berühmten römischen Juristen, De officio proconsulis, von dem der Christ Laktanz zu wissen behauptete, es habe verschiedene kaiserliche Konstitutionen, die Christen betreffend, enthalten (Lact. Inst. V 11,18).
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erhielt, macht ganz den Eindruck, als handele es sich hierbei um christliche Fälschungen oder doch wenigstens Interpolationen („Eintragungen“). Nichtsdestotrotz fand er mit seiner These, dass die Zeitgenossenschaft von Augustus und Jesus providentiell sei, zahllose Anhänger, im Osten ebenso wie im Westen.57 3.2 Millennaristen und Antimillennaristen (von Irenäus von Lyon bis Origenes) Es gab indes, nach wie vor, starke apokalyptische Traditionen, einschließlich der Erwartung einer eschatologischen Erneuerung von Himmel und Erde (vgl. Apk 21,1–5 mit Jes 31,9–32,1; 54,11–14; 65,18–22), gegebenenfalls auch einer tausendjährigen Herrschaft der „Gerechten“, derer also, die „das Tier und sein Bildnis nicht angebetet haben“ (Apk 20,4.6.7). Diese werden am Ende zusammen mit Christus auf Erden herrschen, nachdem Satan (der Antichrist) erschienen und alle ihm unterworfenen Nationen vernichtet sein werden. Ein wichtiger und einflussreicher Zeuge für diese Überlieferungen ist Irenaeus, geboren in Kleinasien (vor 150), doch in kirchlichem Dienst für viele Jahrzehnte, bis zu seinem Tod (um 200), als Presbyter und schließlich Bischof im südgallischen Lyon (Lugdunum) tätig. Sein Hauptwerk ist eine scharfe Auseinandersetzung mit nahezu sämtlichen Spielarten ‚der‘ gnostischen Häresie (verfasst ungefähr zwischen 174–189), welche nach Ansicht vieler in Vergangenheit und Gegenwart (unter anderem des großen Hans Jonas) „nihilistische“ Ideen vertraten, was wenigstens ihr Verhältnis zu der „Welt“ und deren politischen Strukturen betraf.58 Doch das ist nicht der springende Punkt in des Irenaeus Kritik, es sei denn, man sähe es eingeschlossen in dessen Zurückweisung aller derer, die es vorziehen, die „millennaristische“ (oder, was dasselbe ist, die „chiliastische“) Hoffnung zu allegorisieren, statt sie als irdische Realität oder Perspektive zu nehmen und zu verstehen.59 Die „bewohnte Erde“ (οἰκουμένη γῆ, orbis terrarum) ist für ihn lediglich von Interesse als der Raum, in dem die christliche Verkündigung an Boden gewinnt60, und das römische Weltreich als die Struktur, welche Frieden und
57
Vgl. lediglich Iren. Adv.Haer. IV 30,3 (SC 100, 778); Orig. Cels. II 30 (KOETSCHAU I, 157f. [= RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29] Nr. 27b]); Ambrosius Explanatio Ps. 45,21 (= RITTER, ‚Kirche und Staat’ [s. Anm. 29] Nr. 41c); R. KLEIN, Das Bild des Augustus in der frühchristlichen Literatur, in: R. v. HAEHLING (Hg.), Rom und das himmlische Jerusalem. Die frühen Christen zwischen Anpassung und Ablehnung, Darmstadt 2000, 205–236. 58 Vgl. nur das klassische Werk von H. JONAS, The gnostic religion, second revised ed. Boston 1963, bes. 320–340 („Epilogue: Gnosticism, nihilism and existentialism“); ferner u. 4.1. 59 Adv. Haer. 5,35.36. 60 Ibid. 1,10,1; 2,9,1.
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Verkehrssicherheit garantiert. 61 Mit Paulus ist er überzeugt, dass „die Welt in ihrer spezifischen Gestalt vergeht“, anders als Gott (und seine Knechte).62 Das römische Reich ist das letzte, bevor das Ende eintritt.63 Hippolyt von Rom, vielleicht gleichfalls kleinasiatischer Abstammung (geboren vor 170) und, wie wir sicher annehmen können, für lange Zeit Presbyter in Rom, bevor er im sardinischen Exil unter Maximinus Thrax (235) den Tod fand, folgte den irenäischen Fußspuren, wie z.B. sein Danielkommentar beweist, der erste christliche Kommentar über dies biblische Buch, von dem wir wissen, ferner seine Abhandlung Demonstratio de Christo et Antichristo. In beiden Werken verschärft er noch die apokalyptische Betrachtungsweise, indem er annimmt, dass „Rom“ tatsächlich die „aufhaltende“ Macht von 2 Thess 2,6.7 (mora finis)64, aber genau so auch der Vorläufer der satanischen Herrschaft ist, welche schließlich durch Jesus Christus zerstört werden wird.65 Die Ausbreitung der römischen Herrschaft ist für ihn einzig möglich gewesen, weil es unter Eingebung des Satans (vgl. 2 Thess 2,9) versuchte, die christliche Kirche nachzuäffen.66 Das bedeutet, dass Hippolyt keineswegs die Koinzidenz zwischen augusteischem Prinzipat und der Ankunft Christi in Abrede stellt, dass aber die daraus zu ziehenden Konsequenzen denen Melitos strikt entgegengesetzt sind! Auch der große Nordafrikaner Tertullian (um 160–220), höchst wahrscheinlich der erste christliche Autor lateinischer Zunge, jedenfalls ein „Meister des rhetorischen Stils und der geistvollen Debatte“67, teilt des Irenaeus und Hippolyts glühende Erwartung des nahen Weltendes, besonders in solchen Texten, die der Erbauung seiner Mitchristen dienen sollten68, obwohl niemand unter ihnen, wie er beteuert, die eschatologischen Schrecknisse herbeisehnt, vielmehr alle „wie ein Mann“ zu beten bereit sind „für die Kaiser und somit für die ganze Welt und für den Bestand des Reiches und die römischen Angelegenheiten“ (pro imperatoribus et ita universo orbe et omni statu imperii rebusque Romanis).69 Als ein „Meister des apologetischen Geschäfts“70 folgt Tertullian gleichwohl seinen eigenen Spuren, verglichen mit anderen frühchristlichen Apologeten (vom Schlage etwa Justins). Anstatt zu ver61
Ibid. 4,30,3. Ibid. 3,1. 63 Ibid. 5,26,1; cf. 30,3. 64 Dan. IV 21,3; cf. also 12,2. 65 Ibid. IV 12,4s.; Antichr. 49.28. 66 Dan. IV 9,2f. 67 So O. O’DONOVAN und J. LOCKWOOD O’DONOVAN in der kurzen Einleitung zu ihrer Tertullianauswahl in ihrem Gemeinschaftswerk: From Irenaeus to Grotius: a sourcebook in Christian political thought, 100–1625, Grand Rapids 1999, 23. 68 Vgl. Fem. II 9,8 (CCL I, 364); bes. aber Orat. 5,1–4 (CCL I, 260). 69 Vgl. Apol. 30,1–33,1 (CCL I, 141–143 [Zitat: 32, 1]); Scap. 2,6 (CCL II, 1128). 70 So die O’DONOVANs, From Irenaeus to Grotius (s. Anm. 67), 23f. 62
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suchen, ein Maximum an Gemeinsamkeiten zwischen „Römern“ und „Christen“ aufzuzeigen, startet er von Beginn seines (um 197 verfassten) apologetischen Meisterwerks, des Apologeticum (oder Apologeticus), an einen Gegenangriff, indem er beispielsweise in Abrede stellt, die römische res publica habe auch nur die geringste Bedeutung für die Christen; kennten und anerkennten diese doch als einziges „Gemeinwesen“, als dessen „Bürger“ sie sich fühlten, das Universum (mundus).71 Die römische Weltherrschaft sei nicht etwa das Ergebnis ihrer, der Römer, skrupulösen Verehrung der traditionellen Götter (oder gar die himmlische Belohnung dafür), wie Cicero und viele andere glaubten72; sie sei vielmehr zustande gekommen und erreicht worden, indem „Mauern und Tempel niedergerissen, gleichermaßen Bürger und Priester hingemordet und unterschiedslos Schätze heiliger so gut wie profaner Gebäude geplündert wurden“. Wie kann man angesichts dessen nur so töricht sein und auf die Idee kommen, die in Gefangenschaft entführten Götter (captivi dei) bzw. deren simulacra „ließen sich von ihren Feinden anbeten und übertrügen überdies ein ‚Reich ohne Grenzen‘ (imperium sine fine) (ausgerechnet) solchen Menschen, denen sie lieber ihre Übergriffe als ihre Schmeicheleien vergelten sollten“?73 Mehr als ein Mal gewinnt man freilich den Eindruck, als verwickle sich Tertullian, in der Hitze des Gefechts, in Selbstwidersprüche. So kann er beispielsweise bemerken74, und zwar – wahrscheinlich – mit Blick auf den apokryphen „Brief des Pontius Pilatus an Claudius“75 (eine Fälschung aus dem endenden 2. Jahrhundert n.Chr., welche über die Wundertaten Jesu in solcher Ausführlichkeit und Detailliertheit berichtete, dass es nahelag, in ihrem Verfasser, zumindest der Überzeugung nach, einen Christen zu sehen), dass „selbst die Kaiser an Christus geglaubt hätten, wenn nicht entweder Kaiser für die Welt nötig wären oder – Kaiser gleichzeitig hätten Christen sein können (si aut Caesares non essent necessarii saeculo, aut si et Christiani potuissent esse Caesares)“! – Eine erstaunliche Feststellung, ohne Zweifel, erstaunlich und erstaunlich widersprüchlich zugleich, wie man finden wird. Denn nie zuvor sind wir in christlichen Quellen auf eine so weitreichende Akzeptanz der römischen Ordnung gestoßen (ohne die die „Welt“ nicht funktionieren würde, salopp gesprochen); eine Akzeptanz, die augenscheinlich unberührt bleibt von jeglicher Kritik an den Verfolgungen, wie sie die Christen zumindest zeitweilig zu erleiden hatten, für die aber, so wird der Anschein erweckt, allenfalls wenige Individuen verantwortlich zu machen waren.76 Andererseits ist Tertullian 71
Apol. 38,3 (CCL I, 149); cf. 17,1 (117) und Philostr. VA 7,14.19 (!). Cic. Nat. Deor. II 8,72; Har. 9,19. 73 Apol. 25,12–17 (CCL I, 137f.). 74 Ebd. 21,24 (127). 75 Enthalten in den Acta Petri et Pauli, ed. LIPSIUS-BONNET, Leipzig 1891, vol. I, 40–42. 76 S.o., S. 211f. (Melito!). 72
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genau so wie der mittelplatonische Philosoph Kelsos (Celsus [Blütezeit um 150 n.Chr.])77, obwohl sicherlich nicht aus denselben Gründen, überzeugt, dass man nur entweder Kaiser – oder Christ sein könne. Weder hier noch an irgend einer anderen Stelle erfahren wir, warum Tertullian keine Alternative, kein tertium gegeben sieht. Die einzig plausible Erklärung dürfte in der engen Verflechtung von ziviler Gesellschaft samt ihren Institutionen, besonders der Funktion des Kaisers als pontifex maximus, als obersten Aufsehers über den „Staats“kult, und der Idololatrie, dem „Götzendienst“ zu finden sein. Diese unlösliche Verflechtung scheint für die vornizänische, vorkonstantinische Kirche eine so fundamentale Wirklichkeit gewesen zu sein, dass darüber alle anderen Begründungen in den Hintergrund traten.78 Gleichwohl lesen wir nur zwölf Kapitel später in derselben großen Apologie Tertullians: „was soll ich mehr über die fromme Scheu und Ergebenheit der Christen gegenüber dem Kaiser sagen? Ihn müssen wir einfach ehren als den, den unser Gott erwählt hat (vgl. Röm 13,1f.4). Folglich könnte ich mit Recht sagen: ‚Uns gehört der Kaiser eher an, da er von unserem Gott eingesetzt worden ist‘ (Noster est magis Caesar, a nostro deo constitutus)“.79 Tertullians jüngerer, östlicher Zeitgenosse Origenes (um 185–253), einer der wichtigsten christlichen Denker in vorkonstantinischer Zeit, vielleicht sogar der gelehrteste griechische Theologe in der Antike überhaupt, war – in schroffem Gegensatz zu jenem – ein scharfer Kritiker aller millennaristischen Ideen, überzeugt, „das Ende der Welt“ werde erst dann eintreffen, „sobald einem jeden die verdiente Bestrafung für seine Sünden zuteil geworden“ sei; „den Zeitpunkt hierfür“ wisse „Gott allein ... (vgl. Mt 24,36 par.)“.80 Diejenigen, fährt er fort, die „mit geistiger Anstrengung nichts im Sinn haben werden“, Schüler (gemeint: Nachbeter) des bloßen (Schrift-)Buchstabens (litterae solius discipuli), die die eschatologischen Verheissungen der Bibel „fleischlich“, nicht „geistlich“ verstehen (vgl. Röm 8,9; 1 Kor 2,6–16 etc.), kann er nur aus vollem Herzen bemitleiden.81 Was seine Einstellung zum römischen Reich anlangt, so verbindet er wie Melito politische und Heilsgeschichte, indem er in der Zeitgenossenschaft von Augustus und Christus einen Akt der göttlichen Vorsehung sieht. Denn „wie hätte diese Lehre (sc. die Lehre Christi), welche Frieden predigt und nicht einmal zulässt, an seinen Feinden Vergeltung zu üben, sich behaupten können, 77 In seiner antichristlichen Polemik (dem Ἀληθὴς λόγος), in Auszügen aufbewahrt bei Orig. Cels. VIII 68. 78 Vgl. die O’DONOVANs, From Irenaeus to Grotius (s. Anm. 67), 24. 79 Apol. 33,1 (CCL 143). 80 Princ. I 6,1; vgl. auch des Origenes Kommentar zum Matthäusevangelium in der altlateinischen Übersetzung, ser. 39 (über Mt 24,9–14). Der Abschnitt aus De principiis ist ein klarer Beleg für des Origenes Erwartung einer „Wiederherstellung aller Dinge“ (ἀποκατάστασις πάντων). 81 Princ. II 11,2; cf. 3,2–4; De or. 25,1.2.
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wenn sich nicht (zuvor) die Weltverhältnisse allenthalben verändert hätten und (etwas) mehr Sanftmut eingekehrt wäre bei (oder dank) der Ankunft Jesu (τῇ Ἰησοῦ ἐπιδημίᾳ)?“82 Ja, noch mehr: Origenes kann sich anscheinend sogar vorstellen, dass es eines Tages ein christliches Imperium Romanum geben werde! Während der heidnische Philosoph Kelsos (Celsus) fragte, was geschähe, wenn es die Römer dazu zu überreden gelänge, die Verehrung ihrer traditionellen Gottheiten zu vernachlässigen und den „Allerhöchsten“ der Juden und Christen, d.h. überführter, erwiesener „Verlierer“ (engl. loser), anzubeten, und er natürlich felsenfest davon überzeugt war, dass das eine politische Katastrophe heraufbeschwören würde83, wagte Origenes dem entgegenzuhalten: „Würden – der hypothetischen Erwägung des Kelsos entsprechend – alle Römer den christlichen Glauben annehmen, so würden sie durch ihr Gebet den Sieg über ihre Feinde erringen oder überhaupt keine Feinde zu bekämpfen haben, weil eine göttliche Macht sie beschützte, welche verhieß, ‚um fünfzig Gerechter willen‘ fünf ganze Städte erhalten (retten) zu wollen (vgl. Gen 18,24–26) ... Wenn Gott aber will, dass wir wiederum der Gottesfurcht zuliebe leiden und kämpfen, dann mögen unsre Widersacher nur kommen; wir werden ihnen sagen: ‚Alles vermag ich durch den, der mich mächtig macht‘ (Phil 4,13)“.84 Inzwischen werden die Christen fortfahren in ihrer Loyalität gegenüber den heidnischen Autoritäten, werden sie „dem Kaiser helfen“ nach allem ihrem Vermögen und mit ihm zusammenwirken in allem, was recht ist, genau so, wie es Kelsos verlangte, jedoch ausschließlich mit ihren eigenen Mitteln und „Waffen“, nämlich: indem sie dem Kaiser sozusagen göttlichen Beistand leisten und die „Waffenrüstung Gottes“ (Eph 6,11) anlegen. Tun sie das, so nehmen sie lediglich eines der Vorrechte in Anspruch, das die römischen Autoritäten ihrer heidnischen „Priesterschaft“ stets einzuräumen bereit waren: nämlich die Befreiung (Immunität) vom Kriegsdienst mit der Waffe.85 – Warum diese Reserve? Ist es die Weigerung, Blut zu vergießen, selbst wenn es im Auftrag jener geschieht, die Gott ermächtigt hat, das Schwert zu tragen (Röm 13)? Origenes sagt es uns nicht. So mögen wir erneut zu dem Schluss kommen, dass es die unlösliche Verbindung mit der Idololatrie, dem Götzen82
Cels. II 30. Ibid. VIII 69. Seine Begründung lautet: „Statt Herren der ganzen Erde zu sein, ist jenen (sc. den Juden) nicht einmal eine Scholle Landes, nicht einmal eine Feuerstelle übrig geblieben“, nach der Eroberung und Zerstörung Jerusalems i. J. 70 n.Chr. und dem von Hadrian nach dem Scheitern des Bar-Kochba-Aufstandes erlassenen Verbot für die Juden, sich in Jerusalem aufzuhalten; „wenn aber von euch (Christen) noch der eine oder andere heimlich (unentdeckt) umherirrt, so wird er doch (irgendwann) aufgespürt, um mit dem Tode bestraft zu werden“ (s. RITTER, ‚Kirche und Staat‘ [s. Anm. 29.] Nr. 37c). 84 Ibid. 70. 85 Ibid. 73; zur allgemeinen Befreiung heidnischer Priester vom Kriegsdienst mit der Waffe vgl. Plut. Cam. 41; G. WISSOWA, Religion und Kultus der Römer, München 21971, 499. 83
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dienst ist, die in seinen Augen (in diesem Fall) den Dienst an den Waffen für Christen ausschließt, nicht aber etwa ein prinzipieller Pazifismus.86
4. Christentum und Philosophie: Positionen des frühen Christentums Solange das Verhältnis des Christentums zur umgebenden „Welt“ samt deren politischen Strukturen (als ein auch philosophisches Thema!) zur Debatte stand, hatten wir keinen Anlass, mehr als nur am Rande auch auf die christliche Gnosis zu sprechen zu kommen. Als deren Merkmal stellte es ja der Beitrag von Z. Pleše wohl zu Recht heraus, dass sie für ihre Anhänger „persönliche Erlösung zu erlangen“ trachtete, und zwar „durch vollkommene Loslösung von der materiellen Welt“.87 In diesem Abschnitt muss dagegen unser Bericht von ihr sogar seinen Ausgang nehmen. Er wird freilich von der materialreichen Präsentation von Z. Pleše nichts wiederholen und erst recht kein Kontrastbild zu ihr entwerfen, sondern in erster Linie Anschlussstellen markieren, an denen es möglich, ja, notwendig ist, in ein Gesamtbild des antiken Christentums, besonders seiner Geistesgeschichte, versuchsweise die christliche Gnosis zu integrieren. 4.1 Christliche Gnosis Spätestens im letzten Drittel des 2. Jahrhunderts gab es, wie der mittelplatonische Philosoph Kelsos in seiner Christentumskritik unter dem Titel „Wahre Lehre“ (Ἀληθὴς λόγος) bezeugt, unter den Christen seiner Zeit bestimmte Leute, „die sich anpriesen (oder es als ihre Profession ausgaben), Erkennende zu sein (ἐπαγγελλόμενοι εἶναι Γνωστικοί)“, „so“, fügt Origenes in seiner Antwort auf Kelsos trocken hinzu, „wie sich die Epikureer als ‚Philosophen‘ bezeichnen“.88 Es handelt sich bei dem Stichwort „Erkennende (Gnostiker)“ also um die Selbstbezeichnung einer bestimmten Gruppe innerhalb des jungen Christentums, die dadurch – ähnlich nahezu allen zeitgenössischen Angeboten von Sinnstiftung – in herausgehobener Weise „Erkenntnis“ (γνῶσις) weiterzugeben beansprucht.89 86 Dasselbe trifft zu auf Tertullians Traktat „Über den Kranz des Soldaten“ (De corona militis, CCL II, 1039–65), geschrieben unmittelbar vor seinem Bruch mit der catholica (wegen der Einstellung zur Neuen Prophetie, dem Montanismus). 87 S.o., S. 196; Hervorhebung durch A.M. Ritter. 88 Orig. Cels. V 61. Nach Hippol. Refut. V 6,4, waren es zuerst die Ophiten (Naassener), „die sich selbst als Gnostiker bezeichneten, weil sie die einzigen zu sein beanspruchten, die die Tiefen (τὰ βάθη, vgl. 1 Kor 2,10) erkannten“ (zit. bei H. CHADWICK in seiner kommentierten Übersetzungsausgabe des genannten Origeneswerkes z.St.). 89 C. MARKSCHIES, Die Gnosis (Becksche Reihe 2173), München 2001, 15.
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Wie immer die schwierige Frage nach der Entstehung dieser Bewegung zu beantworten sein mag90: sicher ist, dass es diese, wenn auch in vielfältigen Variationen, bereits im 2. nachchristlichen Jahrhundert tatsächlich gegeben hat, und zwar ungefähr in dem Sinne, in dem man noch heute die Begriffe „Gnosis“ und „Gnostizismus“ überwiegend verwendet. Danach ist unter „Gnosis“ das Wissen um die geoffenbarte Identität des in der (als böse begriffenen) „Welt“ gefangenen Selbst mit seinem jenseitigen, göttlichen Teil zu verstehen, während sich „Gnostizismus“ (eine schon auf den ersten Blick als nicht quellensprachlicher Begriff erkennbare, moderne Wortbildung) weiterhin als Sammelbegriff für all jene religiösen Systeme verwenden lässt, deren Kern das eben beschriebene Bewusstsein bildet; wer allerdings über eine passendere Terminologie zu verfügen meint, dem steht es natürlich frei, sich ihrer zu bedienen. Die reifsten Ausprägungen – und das sind, wie es scheint, zugleich diejenigen, die mit der allmählich dominant werdenden Christentumsgestalt91 am meisten gemein hatten, die Gemeinden wohl am stärksten beeinflussten und darum auch unter der schärfsten Gegenwehr der sog. „Großkirche“ standen – gehen auf Basilides (1. Hälfte des 2. Jahrhunderts) und vor allem Valentinus (geb. um 100, zunächst wie Basilides in Alexandrien, dann – von ca. 140–160 – in Rom und schließlich in Zypern wirkend) zurück. Wie am deutlichsten die Überlieferungen zu Basilides zeigen92, entstand die Bewegung in den antiken Bildungsmetropolen, und zwar wohl bei dem Versuch (halbwegs) Gebildeter, „ihr Christentum auf dem Niveau der Zeit zu erklären“. Dabei wurde aus der zeitgenössischen Popularphilosophie dasjenige übernommen, was schon jüdisch-hellenistische Denker rezipiert hatten. Von der jüdisch-hellenistischen Rezeption unterschied sich die der christlichen Gnostiker dadurch, dass der „Gott der Juden“ nicht wie bei Philo von Alexandrien mit dem obersten Gott identifiziert, sondern auf der Ebene der untergeordneten göttlichen Kräfte angesiedelt wurde. „Kaum erklärbar an diesen 90 In der Frage, ob es eine vorchristliche Gnosis als feste religionsgeschichtliche Größe gegeben habe oder nicht, ist es inzwischen in der Tat nahezu wissenschaftlicher Konsens, dass wir eher mit einem „Set von sehr weit verzweigten religiösen und philosophischen Wurzeln“ zu rechnen haben, „aus denen sich religiös-philosophische Strömungen jüdischer, christlicher, paganer und dann auch gnostischer Provenienz speisen“ (R. Hirsch-Luipold, s.o., S. 124). 91 Früher verwendete man dafür, besonders in der protestantischen Exegese (weniger der Patristik) gern den Begriff „Frühkatholizismus“; zur Kritik oder, richtiger, zu einem differenzierenden Gebrauch des Begriffs s. etwa A.M. RITTER, Grundlagen und Grundfragen der Kirchengemeinschaft in vorkonstantinischer Zeit, in: Ders., Charisma und Caritas (GA z. Gesch. d. Alten Kirche), Göttingen 1993, 227–247; hier: 240–242. 92 Vgl. dazu jetzt vor allem die scharfsinnigen Analysen von W.A. LÖHR in seiner Monographie „Basilides und seine Schule“ (WUNT 83), Tübingen 1996, sowie neuerdings das schöne Basilideskapitel von B.A. PEARSON „Basilides the Gnostic“ in: A. MARJANEN, P. LUOMANEN (Hgg.), A Companion to Second-Century Christian „Heretics“ (SVigChr 76), Leiden/Boston 2005, 1–31.
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Systementwürfen“ aber „ist das plötzliche Aufkommen einer starken ‚Verfinsterung‘ der Weltsicht, für die es kaum zeitgenössische Parallelen gibt.“93 Genau an diesem Punkt setzt ein anderer Erklärungsversuch an, der zwar mit dem erstgenannten in der Ansicht übereinstimmt, dass die Gnosis nicht als Einbruch des Fremden in das frühe Christentum zu gelten habe, „das dem einfachen und ursprünglichen Gemeindeglauben entgegentritt und ihn verfälschend überwältigt“, sondern – mit A. von Harnack – als genuines und spezifisch christliches Phänomen. Allerdings sei die Harnacksche Einordnung und Einschätzung dahingehend zu modifizieren, dass die Gnosis weniger als „akute Hellenisierung des Christentums“ (Harnack) als vielmehr als „akute Christianisierung der antiken Philosophie“, zumal des Platonismus verstanden werden sollte. Das will besagen, dass „der neue christliche und so radikal wie denkbar gefasste Erlösungsgedanke der eigentlich aktive Impuls war, der das hellenistische, und damit auch jüdisch-hellenistische Erbe ‚umwertet(e)‘ und in einer Weise umgestaltet(e) […], dass die alte Kosmosfrömmigkeit der griechischen Tradition zerbrach und gerade in diesem Zerbrechen Platz und Leerstellen schuf für das Einhaken der christlichen Vorstellung von der schlechthinnigen Erlösungsbedürftigkeit der Welt und der Menschen in ihr.“94 Diese Herleitung passte nicht schlecht zu der Tatsache, dass Basilides, Verfasser eines Werkes Exegetica in 24 Büchern, das Auslegungen zum Neuen Testament und vielleicht auch zum Alten enthielt, mitsamt seinem Sohn Isidor, 93 C. MARKSCHIES, Gnosis (s. Anm. 89), 84f. (Hervorhebung von A.M. Ritter). Der Verfasser denkt dabei offensichtlich in erster Linie an literarische Bezeugung. Doch wie etwa das Beispiel der „Magie im frühen Christentum nach literarischen und nichtliterarischen Quellen“ lehrt (s. dazu A.M. RITTER, Magie im frühen Christentum, in: Apuleius, De magia/Über die Magie, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von J. HAMMERSTAEDT, P. HABERMEHL, F. LAMBERTI, A.M. RITTER, P. SCHENK [SAPERE 5], Darmstadt 2002, 315–330, bes. 318–321), lässt sich auf diesem Wege womöglich nur die halbe Wahrheit zu Gesicht bringen. Auch sei z.B. an die Markomannen- und Quadeneinfälle oder an die uns erstmals in der westlichen Welt bezeugte, verheerende Pockenepidemie zur Regierungszeit Mark Aurels (ab 165) erinnert. Sie aber sind hier ebenso vergessen wie das komplexe Problem der Ausdifferenzierung, der Trennungsprozesse von antikem Judentum und Christentum (das Gleiche trifft auf die Literaturübersicht von W.A. LÖHR, Das antike Christentum im zweiten Jahrhundert – neue Perspektiven seiner Erforschung, ThLZ 127 [2002] 247–262 zu). Andernfalls erschiene die in Rede stehende „Verfinsterung“ wohl als nicht ganz so analogielos und die Verwendung der Metapher vom „Laboratorium“ (bzw. „Labor“) „der christlichen Theologie“ im 2. Jahrhundert (s. MARKSCHIES, wie oben, 117; LÖHR, wie oben, 261) als nicht mehr ganz so unbedenklich. 94 H. STRUTWOLF, Wie Erlösung zu denken sei? Die „akute Christianisierung“ der Philosophie in der christlichen Gnosis, noch unveröffentlicher Vortrag, auf den mich der Autor freundlicherweise zu berufen erlaubte (Ms., S. 1). Diese These knüpft, außer an Harnack, in gewisser Weise auch an die Gnosisaufsätze von H. LANGERBECK (Aufsätze zur Gnosis. Aus dem Nachlass herausgegeben von H. DOERRIES, Göttingen 1967, bes. 167–180: „Zur Auseinandersetzung zwischen Theologie und Gemeindeglauben in der römischen Gemeinde in den Jahren 135–165“) an.
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allerdings in Anknüpfung an bereits gebräuchliche philosophische Literaturformen, am Anfang einer sozusagen „wissenschaftlichen“ Bibelauslegung innerhalb des Christentums zu stehen und auch spätere, ausgebaute, gnostische Systeme wie das (dem Valentinschüler?) Ptolemäus zugeschriebene95 am besten verständlich zu sein scheinen als relecture der biblischen Schöpfungsund Erlösungsgeschichten bzw. als deren Vor- und Nachgeschichten.96 Es ist ganz richtig, wenn man neuerdings wieder nachdrücklicher als früher die Forderung erhebt, in die historische Erforschung der Ursprünge christlicher Theologie die christliche Gnosis einzubeziehen. Nur wird es nicht gerade erleichtert, dem nachzukommen, wenn die beiden jüngsten monographischen Forschungsbeiträge zu Basilides und Valentin dafür plädieren, bei der Rekonstruktion des theologischen Profils des einen wie des anderen die Reflexe in den von den Ketzerbestreitern entworfenen Bildern tunlichst zu ignorieren und, zumindest was den Valentinianismus als den wohl bedeutsamsten Zweig der gnostischen Bewegung innerhalb des frühen Christentums angeht, zwischen den Intentionen des ‚Häresiarchen‘ und seiner (angeblichen oder wirklichen) ‚Schule‘ strikt zu unterscheiden. Herauskommt dabei nämlich ein Bild, in dem die Unterschiede zwischen den Anfängen christlicher Gnosis und Apologetik, zwischen Valentin und dem „Apologeten“ und späteren Märtyrer Justin, beispielsweise, die annähernd zur selben Zeit (zwischen 135 und 165) in Rom gelebt und gewirkt haben müssen, nahezu verschwimmen; und doch ist Justin schließlich97 auf Gegenposition gegangen. Warum aber, das bleibt einstweilen eben so offen, wie der angeblich radikale Wandel besonders im Valentinianismus von dem „Lehrer“ hin zu den „Schülern“ – offenbar binnen weniger Jahrzehnte, wie die dann massiv einsetzende Kritik der Ketzerbestreiter beweist – einstweilen unerklärt bleibt.98 Es dürfte eine der wichtigsten künftigen Aufgaben sein, Gnosis- und (allgemeine) Kirchen- und Theologiegeschichtsforschung entschlossener als bisher miteinander zu verkoppeln, was konkret hieße, das 2. nachchristliche Jahrhundert weniger als Idylle, in der es hin und wieder (wie in jedem anständigen „Labor[atorium]“) einmal „knallte“99, denn als Zeitraum zu begreifen, in dem
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Vgl. Iren. Adv. Haer. I 1,1–8,5. Vgl. MARKSCHIES, Gnosis (s. Anm. 89), 91 u.ö. 97 Noch nicht in seiner sog. „ersten“ Apologie, verf. um 150 (vgl. den Ketzerkatalog von Kap. 26), wohl aber in dem ca. zehn Jahre jüngeren Dialog mit Tryphon (Kap. 35,6; ed. M. MARCOWICH [PTS 47], 1997, 129) führt er unter den christlichen Häretikern, die sich wie die Anhänger von Philosophenschulen nach dem „Gründer des Systems“ (ἀρχηγέτης τῆς γνώμης) nennen, auch die „Valentinianer“ und „Basilidianer“ auf. 98 Vorsichtigerweise ist Z. Pleše dieser Problematik ganz aus dem Wege gegangen und hat sich damit begnügt, vom „Valentinianismus“ und vom „Basilidianismus“ zu handeln. 99 Vgl. MARKSCHIES, Gnosis (s. Anm. 89), 117. Wann und warum es „knallen“ konnte und kann bei theologischen Experimenten, woran sich entscheidet, wer entscheidet, ob ein 96
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sich – gleichzeitig und wohl auch in Wechselwirkung miteinander100 – christliche Gnosis und diejenige frühchristliche Gestalt allmählich herausschälten, in der das „großkirchliche“ Christentum (in den Quellen zunehmend catholica genannt)101 die sog. „gnostische Krise“ zu überwinden vermochte, nachdem sich schon Ende des 1. und zu Beginn des 2. Jahrhunderts eine zunehmende Verschärfung des Gegensatzes zwischen „frühkatholischen“ und „prägnostischen“ Tendenzen als den beiden dominierenden Entwicklungslinien durch die Welt des Frühchristentums abgezeichnet hatte.102 4.2 Iustinus Martyr Wir sind Justin, „dem Philosophen und Märtyrer“, wie ihn die Überlieferung alsbald zu nennen pflegte, schon verschiedentlich kurz begegnet und konzentrieren uns nun auf den Aspekt, den auch die beiden Textbeispiele (S. 364ff.) beleuchten: Justins Haltung zur griechischen Philosophie. Dazu gibt es ein scheinbar autobiographisches Zeugnis in den Eingangskapiteln (1,1–8,2) seines „Dialoges mit dem Juden Tryphon“103; dessen „Wahrheitskern“ dürfte sein, dass Justins Weg zum Christentum über eine intensivere Begegnung mit dem (stoisch durchmischten104) Mittelplatonismus führte, die bleibende Spu„Versuch“ „aus dem Christentum heraus“führt (ebd.) oder nicht, das zu erklären gibt die Laboratoriumsmetapher allein nicht her. 100 Es hilft kaum weiter, wenn W. LÖHR in seinem Basilidesbuch die Entstehung des folgenreichen Ketzerbildes des Irenäus so erklären will: „Der Ketzer“, in Wahrheit, so Löhr, ein in Frage und Antwort lehrender, Seelsorge treibender theologischer Lehrer, nämlich Basilides, „wird an der von Irenäus formulierten ‚regula veritatis‘ gemessen und verworfen“ (wie Anm. 92, 324 im Vergleich mit 336). Stellt sich doch sofort die Frage, wie Irenäus zu seinen – im Wortlaut durchaus differierenden – Formulierungen der „Wahrheitsregel“ gekommen sei? Für eine Antwort bietet sein erhaltenes Werk bekanntlich reichhaltiges Material! 101 Zuerst anscheinend im Smyrnäerbrief des Ignatius von Antiochien (8,2); vgl. dazu R.M. HÜBNER, Überlegungen zur ursprünglichen Bedeutung des Ausdrucks ‚Katholische Kirche‘ (καθολικὴ ἐκκλησία) bei den frühen Kirchenvätern, in: J. ARNOLD u.a. (Hgg.), Väter der Kirche. Ekklesiales Denken von den Anfängen bis in die Neuzeit (Festgabe f. H.J. SIEBEN), Paderborn u.a. 2004, 31–79. – Z. Pleše spricht von „Proto-Orthodoxie“, andere – reichlich missverständlich – von „Altkatholizismus“. 102 Vgl. dazu u.a. A.M. RITTER, Die frühchristliche Gemeinde und ihre Bedeutung für die heutigen Strukturen der Kirche, in: Ders., Charisma und Caritas (s. Anm. 91), 197–214, mit weiterer Literatur. 103 Ed. M. MARCOVICH (wie o., Anm. 97), 69–84; vgl. dazu, nach wie vor, besonders die Dissertation von N. HYLDAHL, Philosophie und Christentum (Acta Theologica Danica 9), Kopenhagen 1966, bes. 272–292; ferner C. ZINTZEN (Hg.), Der Mittelplatonismus (WdF 70), Darmstadt 1981, 319–448; KOBUSCH, Philosophie (s. Anm. 1), passim (s. Register s.v. Justin). 104 Was die Ethik anlangt, so folgte man selbst noch im Neuplatonismus weitgehend stoischen Spuren. Dasselbe gilt für den Mittelplatonismus und auch für Justin; vgl. dazu jetzt das große Kapitel „Mittelplatonismus und Neupythagoresimus“ von J. DILLON im neuen „Ueberweg“ (s. Anm. 17), Kap. IV (in Vorbereitung) und für den älteren Forschungsstand den von C. ZINTZEN herausgegebenen „Wege der Forschung“-Band (wie Anm. 103).
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ren in seinem Denken hinterließ. Er selbst war vor seiner Bekehrung platonischer Philosoph gewesen und behielt den Philosophenmantel (τρίβων) und auch die Tätigkeitsform des lehrenden Philosophen bei. Das ist auch an seiner sog. I. Apologie (oder Apologia Maior) abzulesen, welche sich keineswegs damit begnügt, die Schuldlosigkeit der Christen darzutun und eine entsprechende, einzig auch dem „aufgeklärten“ Zeitempfinden105 wie dem selbstgesetzten Anspruch der angeredeten „Philosophenkaiser“ (Antoninus Pius und Verissimus) gemäße Rechtspraxis einzufordern, sondern sich, außer den gängigen populären Verleumdungen, eingehend auch mit ernstzunehmender philosophischer Kritik an widersinnig anmutenden christlichen Glaubensinhalten auseinandersetzt. Genannt werden unter anderem: der „scheinbare Unfug“ (μανία), dass man „den zweiten Platz nach dem unwandelbaren und ewig seienden Gott, dem Allschöpfer, einem gekreuzigten Menschen“ zuweise106; ferner die Uneindeutigkeit der Jesus zugeschriebenen Wunder, die keineswegs seine Gottessohnschaft beweisen müssten, sondern genau so gut von einem Zauberer vollbracht sein könnten.107 Wäre nicht zudem die Drohung mit den Höllenstrafen dazu angetan, Menschen dazu zu verleiten, nur aus Furcht tugendhaft zu leben und nicht, weil ein tugendhaftes Leben schön und beglückend ist (διὰ φόβον, ἀλλ᾿ οὐ διὰ τὸ καλὸν εἶναι καὶ ἀρεστόν, ἐναρέτως βιοῦν)?108 Justins Antwort auf diese Kritik lässt sich aus seiner Lehre vom Logos spermatikos (vgl. Textbeispiel S. 364ff.) ableiten. Sie erlaubte ihm einerseits, an die besten Erkenntnisse griechischer Philosophie anzuknüpfen, um diese als Verbündeten im Kampf gegen die polytheistische Volksreligion einzuspannen109, andererseits den christlichen Anspruch zu unterstreichen, die Fülle der Wahrheit aufgrund der Menschwerdung des göttlichen Wortes (λόγος) selbst empfangen zu haben. Der Begriff (λόγος σπερματικός) stammt wohl aus der Stoa, wo er die Keimkräfte bezeichnete, die nach dem Vernunftgesetz die künftige Entwicklung der Naturdinge bestimmen; er war also ein ursprünglich naturwissenschaftlich-physikalischer Begriff. Nun aber, bei Justin, bezeichnet er die den Kosmos durchwaltende Weltvernunft selbst, welche als aktive göttliche Potenz „Samenkörner“ der Wahrheit ausstreut und in Christus der Welt zur Erkenntnis der Wahrheit, der Erkenntnis Gottes, in seiner Fülle erschienen ist. Doch war dieser der göttliche Logos durch seine Funktion bei der Weltschöpfung (Gen 1; Joh 1) von Anfang an vertraut. Und eine Aussaat dieses 105 Vgl. die bezeichnende Wendung aus dem Jahrhundertbeginn, mit der Kaiser Trajans Antwortschreiben an Plinius den Jüngeren (= Plin. Ep. 10,97) schließt: „... das wäre ein äußerst schlechtes Beispiel und entspräche nicht dem Geist unserer Zeit (nec nostri saeculi est)“! 106 1 Apol. 13,4 (MARCOVICH, 51). 107 Ebd. 30,1 (76). 108 2 Apol. 9,1 (150). 109 1 Apol. 20,3; 44,10; 2 Apol. 8,1.
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Logos gab es bereits vor Christus; man denke nur an Sokrates110 (s. Textbeispiel 364f.). Allein, jedes Menschenwesen hat daran Anteil. Oder mit den Worten des Johannesprologs zu reden: der verkündigte Christus – „kommt in sein Eigentum“ (Joh 1,11); er tritt nicht in ein Vakuum, eine gott-lose oder gar gott-feindliche „Welt“ ein, sondern ist ihr schattenhaft, σπερματικῶς, immer schon gegenwärtig. Zum andern heißt das – obwohl einem der Atem stocken möchte111, es nachzusprechen: die gesamte bisherige Geistesgeschichte ist – Vorgeschichte des Christusglaubens! Ihre klassische Formulierung findet Justins Lehre vom Logos spermatikos in der sog. „zweiten Apologie“ (Apologia Minor), beginnend mit Kap. 6. Hier wird – gut (mittel-)platonisch – betont, dass es für den göttlichen Vater aller Dinge keinen Namen gebe, der sich ihm beiliegen ließe, da er ungeworden (ἀγέννητος) sei; selbst „Vater“, „Gott“, „Schöpfer“ usw. seien keine „Namen“ (ὀνόματα), sondern lediglich „Anreden“, Gottesprädikationen (προσρήσεις), wie sie aus seinen Wohltaten und Werken erschlossen wurden. Sein Sohn jedoch, der allein im eigentlichen Sinne (κυρίως) so heiße, der als Logos vor den Geschöpfen in Gemeinschaft mit ihm weste (συνών) und gezeugt ward (γεννώμενος), als er (der Vater aller Dinge) im Anfang durch ihn (den Logos) alle Dinge schuf und ordnete, er werde Christus genannt, „und zwar danach, dass er gesalbt ward (Χριστός von κεχρῖσθαι) und Gott durch ihn das All ordnete“. Auch das sei freilich ein Name mit einer uns unbekannten Bedeutung, genau so wie die Anrede „Gott“ weniger ein „Name“ als „eine der Menschennatur eingepflanzte Vorstellung (δόξα) von einem schwer erklärbaren Sachverhalt“ sei.112 Dieser „säende Logos“, fügt Kap. 8 hinzu, sei in jedem Menschen gegenwärtig. Die Saat des Logos werde der gesamten Menschheit eingepflanzt und schließe nicht zuletzt Philosophen ein. Aus diesem Grunde hassten die bösen Dämonen z.B. Heraklit, Musonios und andere, die allerdings nur mit einem Teil des „säenden Logos“ im Einklang waren113, womit auch der „Dissens der Philosophen“ seine Erklärung finde (s. Textbeispiel S. 364ff.). In Christus dagegen, heißt es in Kap. 10, ist der Logos in seiner Fülle Fleisch geworden.114
110 Ihm ist, so Justin in 1 Apol. 5,3f. (MARCOVICH, 39), allerdings der menschgewordene Logos auch darin überlegen, dass, was an Aufklärungsarbeit mit Sokrates begann, in seinem (Christi) Wirkbereich nunmehr auch auf die Barbarenwelt und damit auf die ganze bewohnte Erde ausgedehnt wird. 111 Vgl. E. BENZ, Christus und Sokrates in der alten Kirche, ZNW 43 (1950/51) 195–224; hier: 207. Der Gedanke der Philosophie als Vorschule (προπαιδεία) der Offenbarung ist älter und begegnet bereits bei Phil. Congr. 79; vgl. M. POHLENZ, Kleine Schriften, Bd. 1, Hildesheim 1965, 324–331; H.A. WOLFSON, Philo, Bd. I, Cambridge/Mass. 1948, Kap. II. 112 Kap. 6,1–3 (MARCOVICH, 145). 113 Kap. 8,1–3 (149). 114 Kap. 10 (151f.).
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4.3 Tertullian Einen Satz wie den Justins, dass „Philosophie wirklich der größte und kostbarste Besitz ist vor Gott, zu dem allein sie uns hinführt und mit dem sie uns eint, und wahrhaft heilig die sind, die ihren Sinn auf die Philosophie gerichtet haben“ ( Ἔστι γὰρ τῷ ὄντι φιλοσοφία μέγιστον κτῆμα καὶ τιμιώτατον θεῷ, ᾧ τε προσάγει καὶ συνίστησιν ἡμᾶς μόνη, καὶ ὅσιοι ὡς ἀληθῶς οὗτοί εἰσιν οἱ φιλοσοφίᾳ τὸν νοῦν προσεσχηκότες)115, sucht man bei Tertullian, auch er ein Apologet des Christentums von hohen Graden, doch, wie wir bereits sahen, aus völlig anderem Holz geschnitzt als Justin, vergebens. Wie er in seinem apologetischen Hauptwerk, statt sich weiterhin vorwiegend damit zu beschäftigen, die Vorwürfe gegen das Christentum zurückzuweisen und zu versuchen, ein Maximum an Gemeinsamkeiten zwischen „Römern“ und „Christen“ aufzuzeigen, vielmehr von Beginn an zum Gegenangriff übergeht116, so steht er, wie die Mehrzahl der lateinischen christlichen Schriftsteller vor Augustin, der Philosophie im Prinzip ablehnend gegenüber.117 Wer von Gott reden wolle, müsse von Gott selbst gelehrt sein. Ein Christ werde darum seinen Glauben nur auf der eigenen Grundmauer erbauen.118 Entgegen der Ansicht, das Christentum (nostra veritas) sei „eine Art Philosophie“ (philosophiae genus) statt eines „göttlichen Unternehmens“ (divinum negotium), leugnet er jegliche Ähnlichkeit zwischen ihnen.119 W. Jaeger wollte das in seinem letzten, „Das frühe Christentum und die griechische Bildung“ betitelten Buch der Verwurzelung Tertullians in der vorchristlich-römischen, dem philosophischen Denken eher abgeneigten Tradition zuschreiben120 und kontrastierte es mit der Position des Origenes, von dem gleich gesprochen werden muss.121 Das wird bestimmt eine Rolle gespielt haben, verband sich aber wohl, wie U. Wickert annimmt, mit einer „aus persönlichsten Anfechtungen fließende(n)“, am Apostel Paulus „zum mindesten geklärt(en)“, wenn schon nicht gewonnenen Überzeugung; „einem Paulus freilich, dessen Verkündigung der Freiheit – Gottes vom Menschen und des Menschen von der σάρξ und ihrer Weisheit – verschoben ist zur Behauptung einer dem akzeptierenden Willen zugemuteten widervernünftigen Setzung“. 115
Dial. 2,1 (MARCOVICH, PTS 47, 71). S.o. S. 215 117 Vgl. A. WLOSOK, Art. „Lateinische Patristik“, HWP 7, Basel 1989, 626–630. 118 Vgl. De anima 26,1 (CCL 2, 821). 119 Apol. 46,2 (CCL 1, 160). 120 Early Christianity and Greek Paideia, Cambridge/Mass. 1961, übers. v. W. Eltester, Berlin 1963, 24f., 95 (mit Anm. 27.28). J. beruft sich dort auf Cic. Nat. Deor. 3 (auctoritas, nicht ratio ist die Basis zur Verteidigung der römischen Religion); vgl. zu den auffallend langdauernden Vorbehalten in der römischen Literatur auch den Beitrag von M. von Albrecht zu diesem Band. 121 Ebenda, 35ff. u.ö., bes. 97 mit Anm. 8. 116
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Ein „gesetzlich-voluntaristisches Element steckt an der Wurzel dieser Theologie“.122 Darum die scharfe Abgrenzung des Glaubens von der philosophischen Ratio, der „Säulenhalle Salomos“, in welcher sich nach dem Johannesevangelium und der Apostelgeschichte auch Jesus und die Jünger aufhielten, von der Stoa der Stoiker (vgl. Textbeispiel S. 332ff.). Die geistreiche Anspielung auf die beiden so unterschiedlichen „Säulenhallen“ (porticus, στοαί) gibt Tertullian die Möglichkeit, durch Rückgriff auf das Salomo zugeschriebene Weisheitsbuch ungezwungen auf das Thema der „Herzenseinfalt“ zuzusteuern, in der sich allein Gott finden lasse.123 Zur Antithese gegen die philosophische Vernunft gesellt sich so die These von der blind vertrauenden Hinnahme des göttlichen Lehrgesetzes.124 Während der Forscherneugierde der Philosophen die Schuld zu geben sei an all den häretischen Verwirrungen, lasse sich der Christ an der dem „Glauben“ überlieferten Lehrtradition (regula fidei) in ihrer Unscheinbarkeit und Einfachheit (simplicitas) genügen. Allein, was immer wieder irritiert, ist der Umstand, dass Tertullian auf Schritt und Tritt von seinem – gut gefüllten125 – philosophischen Schulsack Gebrauch macht, ja, noch mehr, dass „derselbe Mann, der den Modus der Offenbarung als ein mit dem Verstand im Streite liegendes, paradoxes Geschehen charakterisiert, zugleich den Inhalt dessen, was von Gott kommt, durch und durch rational bestimmt“.126 Am Ende stellt selbst er, trotz aller Vorbehalte und Kautelen127, nicht in Abrede, dass (im Sinne der von nun an immer wieder in der christlichen Theologie, in Ost wie West, zitierten Aussage von Jes 7,9, in der Deutung der LXX) das credere nach dem intellegere verlangt, dass auf das „Verstehen“ des „Geglaubten“ schwerlich verzichtet werden kann, wenn anders man der gnostischen Verführung nicht erliegen will.128 122
U. WICKERT, Glauben und Denken bei Tertullian und Origenes, ZThK 62 (1965) 153– 177, 162, unter Berufung auf Tertullian, De baptismo, Kap. 2. 123 Vgl. auch Bapt. 2 (CCL 1, 277f.). 124 Vgl. WICKERT, Glauben und Denken (s. Anm. 122), 162f. 125 Das brachte allein schon seine Rhetorenausbildung mit sich. 126 WICKERT, Glauben und Denken (s. Anm. 122), 165. W. verweist zurecht (ebd., 166) auf „einer von der Stoa inspirierten Grundstimmung“ entstammende Sätze wie: „Die Vernunft gehört auf die Seite Gottes, denn Gott, der Schöpfer aller Dinge; hat nichts ohne Vernunft vorgesehen, ... geordnet ...“ (Paenit. 1,2, CCL 1, 321); oder: „Welches Göttliche wäre nicht rational?“ (Quid enim divinum non rationale?) (Fug. 4,1, CCL 2, 1140). Aber auch in Tertullians Erörterung „christologischer“ Fragen wie der, „auf welche Weise das Wort Fleisch geworden ist“ (Adv. Prax. 27,6f., CCL 2, 1199), bewege sich „die fides quaerens intellectum in verständig-griffigen, diesmal platonisierenden Gedankengängen“. 127 Vgl. Praescr. 12,4f. (CCL I, 197): Es darf nur „untersucht“ werden, was die Integrität der „Glaubensregel“ nicht verletzt (Quaeramus ergo in nostro et a nostris et de nostro: idque dumtaxat quod salva regula fidei potest in quaestionem devenire)! 128 Vgl. Bapt. 1 (CCL 1, 277); Adv. Marc. 4,27,9 (ebd., 620).
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Es geht Tertullian nicht um das oft beschworene sacrificium intellectus, die Aufopferung des eigenen Verstehens (im Sinne des ihm fälschlich zugeschriebenen Credo quia absurdum est). Im Gegenteil stimmt für ihn die unverbildete Natur in der Anerkennung Gottes gerade mit dem christlichen Glauben überein. Er hat das auf die einprägsame Formel von der anima naturaliter Christiana (der „von Natur aus christlichen Seele“) gebracht (vgl. dazu Textbeispiel 336f.). Kernstelle ist Kap. 17 des Apologeticum; sie besagt: Aus den „Selbstverständlichkeiten“ des gesunden Menschenverstandes bis hin zu den unwillkürlichen Ausrufen und allgemeinen Redensarten lässt sich mühelos zeigen, dass die „Seele“ in Wahrheit nur einen Gott kennt; sein Gericht fürchtet sie und bei ihm sucht sie Schutz vor der Gewalt der Dämonen; und damit gibt sie dem Glauben wirksameren Schutz, als alle gelehrte Apologetik vermag. Man sieht: unser Autor war, mit Goethes „Faust“ zu reden, alles andere als ein „ausgeklügelt Buch“. Aber vielleicht ist es ja gerade „der Zwiespalt (mit dem Tertullian, auf seine Weise, moderner Gestimmtheit so nahe kommt)“, der den bezwingenden „Ernst des Mannes aus(macht)“.129 4.4 Clemens Alexandrinus und Origenes Einer ganz anderen Mentalität als bei dem grοßen Nordafrikaner begegnen wir beim „Alexandriner“ Clemens, wie er zur Unterscheidung von anderen Namensträgern allgemein heißt, wenn wir diesen beispielsweise sagen hören: „Schön ist das Wagnis, zu Gott überzulaufen“ (καλὸς ὁ κίνδυνος αὐτομολεῖν πρὸς θεόν)130, und: der Glaube, jedenfalls der über sich zur Klarheit und Gewissheit gelangte Glaube, ist – ein „heiliges Fest“ (πανήγυρις ἁγία).131 Da Clemens in diesem Band von Frau I. Tanaseanu-Döbler, in einer exemplarischen Studie, als „christlicher Platoniker“ behandelt wird, ist er hier nicht eigens vorzustellen. Nur so viel sei gesagt: Wohl um die Mitte des 2. Jahrhunderts (womöglich in Athen) in einem heidnischen Elternhaus geboren, verbrachte er den Hauptteil seines Lebens in Alexandrien, auch zu seiner Zeit ein Zentrum sowohl des wirtschaftlichen wie des kulturellen Lebens. Hier schloss er sich zunächst Pantaenus, einem zum (katholischen) Christentum bekehrten Stoiker (Euseb) an, um nach dessen Tode sein Lehramt als Vorsteher einer Bildungseinrichtung fortzuführen, für die sich die (schwerlich glückliche) Bezeichnung „Katechetenschule“ eingebürgert hat. Sein erhaltenes Schrifttum besteht, außer einem predigtartigen Traktat (über die Perikope vom „reichen Jüngling“ [Mt 19 par.]), aus drei aufeinander aufbauenden Werken: einer Werbeschrift für den christlichen Glauben unter dem Titel „Mahn129
WICKERT, Glauben und Denken (s. Anm. 122), 168. Protr. X 93,2 (ed. O. STÄHLIN, GCS Clemens Alexandrinus I, 3. durchges. Aufl. v. U. TREU, Berlin 1972, 68). 131 Vgl. Strom. VII 49,3 (ed. O. STÄHLIN, GCS 17, 1909, 37). 130
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rede an die Griechen“ (Προτρεπτικός), einer Παιδαγωγός („Erzieher“) betitelten Schrift in drei Büchern, die auf das Gebiet der christlichen Ethik hinüberleitet, indem sie Christus die Rolle des „Pädagogen“ zuweist, und endlich dem Hauptwerk in sieben Büchern, meist abgekürzt als Stromata (richtiger Stromateis) zitiert, dessen voller Titel lautet: „Teppiche gnostischer Darlegungen gemäß der wahren Philosophie“ (τῶν κατὰ τὴν ἀληθῆ φιλοσοφίαν γνωστικῶν ὑπομνημάτων στρωματεῖς). Hinzu kommen Materialsammlungen, die entweder zuvor vom Autor bereits benutzt oder als Vorarbeiten für die Fortsetzung seiner „Teppiche“ gedacht waren; es sind Auszüge aus dem Werk des (valentinianischen Gnostikers) Theodot (Excerpta ex Theodoto) und Prophetenauswahlen (Eclogae propheticae). Den Bauplan der Trilogie scheint ein Passus in Buch I des Παιδαγωγός zu verraten, wo es heißt: „Wie […] die körperlich Kranken einen Arzt brauchen, so die seelisch Leidenden einen Erzieher, damit er unsere Leidenschaften (πάθη) heile, dann aber zu dem Lehrer (διδάσκαλος) geleite, indem er die Seele reinigt und für die Erkenntnis (γνῶσις) fähig macht, so dass sie die Offenbarung des Logos in sich aufzunehmen vermag. Indem also der in jeder Hinsicht menschenfreundliche [sc. göttliche] Logos danach drängt, uns in heilsamem Stufenfortschritt zu vervollkommnen, bedient er sich der vortrefflichen, einer wirksamen Bildung angemessenen Methode: zuerst ermahnt, dann erzieht und schließlich belehrt er.“132 Es ist freilich umstritten, ob die „Teppiche“ als der dritte, sozusagen „dogmatische“ Teil der geplanten Trilogie anzusehen sind oder ob der Autor bei ihrer Abfassung das ursprüngliche Konzept ganz hat fallen lassen. Falls ersteres zutreffen sollte, setzte das voraus, dass Clemens Platos Überzeugung von der prinzipiellen Schwäche der Schriftlichkeit und dem grundsätzlichen Vorrang des Mündlichen im persönlichen Nachvollzug des philosophischen Lehrgespräches teilte und dementsprechend seine Schrift in der Art eines Teppichs (oder auch eines Florilegiums) anlegte. Jedenfalls führen die „Teppiche“ „kein dogmatisches System vor Augen, […] aber sie tun alles, um den geeigneten Leser auf den Weg zu bringen, dass er in eigener und von göttlichem Beistand getragener gedanklicher Mitarbeit die geistige Wahrheit sich innerlich“ aneigne.133 Behandelt werden auf diese Weise als Hauptthemen: das Verhältnis von Philosophie und Theologie (Buch 1), Glaube, Tugenden, höchstes Ziel (2), rechte Enthaltsamkeit (3), Martyrium und Vollkommenheit (4), die Bedeutung des Symbolischen im Zusammenhang einer biblischen Hermeneutik und das Thema des „Diebstahls der Hellenen“ (5), endlich das Bild des wahren Gnostikers (6–7). Mehrere angekündigte Themen kommen nicht mehr zur Sprache, woraus zu folgern sein dürfte, dass der Autor das Werk unvollendet hinterlassen hat.
132 133
Paed. 1,3,3 (ed. STÄHLIN [wie Anm. 130], 91). D. WYRWA, Art. „Clemens von Alexandrien“, LACL3, 152–154, 153.
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Um Doppelungen zu vermeiden, muss es hier mit einem kurzen Kommentar zu dem zu Clemens ausgewählten Textbeispiel (S. 370f.) sein Bewenden haben. Es geht daraus hervor, dass er, auf dem Boden des katholischen Christentums festen Stand gewinnend, das Verhältnis von „Glauben“ und „Erkennen“, unter Aufnahme und Umprägung des allmählich wohl zum Reizwort gewordenen „Gnosis“-Begriffs, im Sinne einer graduellen Vervollkommnung beschreiben kann. Gegenüber heidnischer Kritik ist er entschieden der Auffassung, dass der Glaube der Christen keineswegs unvernünftig sei; einer häretischen Gnosis gegenüber besteht er darauf, dass dieser Glaube bereits Zugang zum vollen Heil verschaffe und nicht preisgegeben werden dürfe, während er einer allzu engherzigen, schlichten Frömmigkeit gegenüber die Wichtigkeit geistiger Durchdringung der Glaubenswahrheit verteidigt, weil nur so der Glaube seiner unerschütterlich gewiss werde. Auf den Zeithintergrund bezogen heißt das: Clemens erkennt die Gefahren, wie sie mit dem Weg der religiösen Regression verbunden zu sein pflegen. Seit Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts hatte diesen Weg auch das Judentum unter Führung der Rabbinen zu beschreiten begonnen, und die dramatischen Konsequenzen, die das zeitigte (Preisgabe des philonischen Erbes und der Bibelübersetzung der LXX!), waren gerade in Alexandrien vor aller Augen. Clemens ist demgegenüber bestrebt, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um zu verhindern, dass die Überwindung der „gnostischen Krise“, von der zumindest mit Blick auf die alexandrinischen Verhältnisse zurecht zu reden sein dürfte, mit einem Rückfall in jene Diasporamentalität und Observanzfrömmigkeit erkauft würde, wie sie – in Teilen zumindest – die sog. „Apostolische Väter“-Literatur134, widerspiegelt. Es ist das ein Christentum, das wohl auch bereits ein Basilides und Valentinus zu überwinden trachteten. Und doch fand es noch zu Zeiten des Clemens und des Origenes bei nicht wenigen Gemeindegliedern Anklang, wie die Polemiken beider gegen die „schlichteren Gemüter“ (simpliciores, ἁπλούστεροι) beweisen.135 Kommt all dies (bis auf die zuletzt erwähnte Polemik) zweifellos „dem Rang einer Pionierleistung gleich“136, so kann mit noch größerem Recht das Lebenswerk des Origenes (geb. ca. 185/86 in Alexandrien; gest. ca. 253/54 in Tyrus [?], wo man im Mittelalter sein Grab zeigte) Anspruch auf eine solche Auszeichnung erheben. Zu dessen Lebensumständen, über die wir dank seiner
134 Man denke nur an Polykarps Philipperbrief(e); vgl. dazu u.a. meinen Aufsatz „Das frühchristliche Alexandrien im Spannungsfeld zwischen Judenchristentum, ‚Frühkatholizismus‘ und Gnosis – zur Ortsbestimmung clementinisch-alexandrinischer Theologie“ in: RITTER, Charisma und Caritas (s. Anm. 91), Göttingen 1993, 117–136. 135 Vgl. dazu G. AF HÄLLSTRÖM, FIDES SIMPLICIORUM according to Origen of Alexandria (Commentationes Humanarum Litterarum 74), Helsinki 1984. 136 WYRWA, Clemens (s. Anm. 133).
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Schüler und Freunde137 ausnehmend gut informiert sind, nur so viel: Im Schoße einer wahrscheinlich bereits christlichen Familie geboren, eröffnete er schon als etwa Zwanzigjähriger eine eigene Grammatikschule, um für die in der Christenverfolgung unter Septimius Severus (202/203) vaterlos gewordene, große Familie den Lebensunterhalt zu verdienen, begab sich aber bald darauf selbst noch einmal auf die Schulbank, um die propädeutischen Wissenschaften (ἐγκύκλιος παιδεία), vor allem die Philosophie, gründlich zu studieren. Und zwar war es diesmal wohl kein Geringerer als Ammonios Sakkas, der Lehrer Plotins, bei dem er in die Schule ging, um dort apologetisches Rüstzeug zu erwerben, nicht um Platoniker zu werden. Immerhin verschaffte er sich eine so profunde Kenntnis der Diskussionen innerhalb der griechischen Philosophenschulen, wie sie vor ihm wohl kein christlicher Theologe besaß. Wachsender Ruhm, weit über den Umkreis seiner Schule hinaus, war zugleich die Quelle zunehmender Spannungen im Verhältnis zum alexandrinischen Ortsbischof, der schließlich die Verleihung der Presbyterwürde an Origenes, ohne Beachtung der Zuständigkeit, zum Anlass nahm, ihn aus Alexandria zu vertreiben. So siedelte er (nach 232) nach dem palästinischen Caesarea „am Meer“ über, wo seine kirchliche Würde anerkannt blieb und seine Wirksamkeit, bis zum Ausbruch der 1. reichsweiten Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249/251), keiner ernsthaften Beeinträchtigung mehr unterlag. Wohl an den Folgen der in der Verfolgung erlittenen Misshandlungen ist er spätestens 254 gestorben. Wir besitzen noch die Schilderung des Betriebs der im palästinischen Caesarea neubegründeten Schule des Origenes aus der Feder eines Augenzeugen138, die zeigt, wie Origenes in einem wohlüberlegten Ausbildungsgang über das Studium der Logik, der „Physik“, Geometrie und Astronomie zur Ethik und von dort aus über die Metaphysik (als die Frage nach dem „Grund aller Dinge“), zu der eine ausgedehnte Lektüre der „alten Philosophen und Dichter“ (ausgenommen „atheistische“ Literatur, versteht sich) als Vorbereitung diente, zur eigentlichen Theologie, d.h. zu Erforschung der Bibel hinzuführen suchte. Dem Bibelstudium war zunehmend ein Hauptteil seiner wissenschaftlichen Betätigung gewidmet; daneben aber hat er sein Leben lang im Kontext seiner jeweiligen Ortsgemeinde gewirkt, hauptsächlich wohl als Prediger (in einer Art von „Hauskreis“). Aus beiden Tätigkeitsbereichen erwuchs im Laufe der Zeit ein immenses Schrifttum. Spätestens seit Ende des 4. Jahrhunderts gab es allerdings nicht enden wollende Auseinandersetzungen um sein Werk, die schließlich in der Verurteilung einiger als seine Lehren präsen137 Z.B. ist seiner Vita nahezu das gesamte Buch VI der „Kirchengeschichte“ Eusebs gewidmet; vgl. zur „Dankrede“, die einer seiner Schüler beim Verlassen der in Caesarea/Pal. neubegründeten Schule des Origenes gehalten hat, u. Anm. 138. 138 Hg. v. P. KOETSCHAU, Des Gregor Thaumatourgos Dankrede an Origenes, Freiburg 1894; mit Kommentar und franz. Übers., ed. H. CROUZEL (SC 148), Paris 1969.
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tierter Sätze durch ein Edikt Kaiser Justinians I. (543)139 mündeten. Damit war auch über sein Werk das Urteil gesprochen. Nur ein Bruchteil hat sich erhalten, und auch dieser großenteils nicht einmal mehr im griechischen Original, sondern in Übersetzungen und Florilegien140, die nicht selten dahin tendierten, gerade die kühnsten und anstößigsten Gedanken zu „glätten“ oder gar ganz auszuscheiden. Wir können hier selbstverständlich nicht daran denken, das erhaltene Werk des Origenes im einzelnen vorzustellen und zu würdigen. Es ist, von der eigentümlichsten, aber auch umstrittensten seiner erhaltenen Schriften, der Abhandlung Περὶ ἀρχῶν (De principiis [„Vier Bücher von den Prinzipien“ oder „Grundlehren“]141) und dem Spätwerk, der breit angelegten Erwiderung auf die Polemik des Kelsos (Contra Celsum), abgesehen, fast ausschließlich der Schriftauslegung gewidmet, sei es in Gestalt von „Scholien“, also (meist kurzen) erklärenden (z.B. textkritischen) Anmerkungen, förmlichen „Kommentaren“ oder aber „Homilien“, d.h. Predigten mit fortlaufender Erklärung des Textes. Es erinnert darin weniger an das Schrifttum Justins oder des Clemens als vielmehr an dasjenige Philons! Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Bibel beginnt für Origenes bei der Feststellung des authentischen Textes.142 Offensichtlich ist der wörtliche Sinn für ihn keineswegs so gleichgültig, wie man bei seinen hermeneutischen Grundsätzen vermuten könnte. Enthalte doch, kann er beispielsweise sagen, die Schrift weit mehr, als es der (dem „Buchstaben“ verhafteten) gängigen kirchlichen Unterweisung entspreche; nicht wenige Wahrheiten würden darin absichtlich nicht ausgeführt, sondern allenfalls angedeutet, auf dass sich die „Wissbegierigen“ ihrer annähmen und an ihnen ihr geistiges Talent (ingenium) oder, richtiger, ihre Begabung mit dem Charisma der Lehre (Rede), Weisheit und Erkenntnis (vgl. 1 Kor 12,7f.) erprobten.143 Die Philosophie ist für ihn demgegenüber nur eine propädeutische Disziplin: eben „Menschenweisheit“ und als solche „Ringschule“, Mittel zum Zweck der Erziehung „für 139 S. den sog. Brief an Menas, der in die Verdammungssätze des 5. ökumenischen Konzils von 553 aufgenommen wurde (ACO III, 189–214). 140 Die bedeutendste war die dem Freundespaar Basilius und Gregor von Nazianz zu verdankende „Blütenlese“ (Φιλοκαλία), die, weil vornehmlich dem – unverfänglicheren – Schriftverständnis gewidmet, im griechischen Original vollständig erhalten blieb. 141 Es ist das „eine mittelplatonische Bezeichnung für ‚Theologie‘“ (H. GÖRGEMANNS, Art. „Philosophie: Griechische Patristik“, HWP 7, Basel 1989, 616–623, 618, unter Berufung auf KOCH, Pronoia [s. Anm. 9], 251–253). 142 Imponierendstes Beispiel dafür ist die für das AT erstellte Synopse der verschiedenenen Fassungen des hebräischen Textes und seiner verschiedenenen griechischen Übersetzungen (Hexapla), die aufgrund ihres gigantischen Umfangs leider nur in wenigen Fragmenten erhalten geblieben ist; vgl. dazu das Zeugnis Eusebs (in Übersetzung bei RITTER, Alte Kirche [s. Anm. 25], Text-Nr. 32f.). 143 Princ. I praef. 3 (ed. H. GÖRGEMANNS, H. KARPP [TzF 24], Darmstadt 31992, 87).
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die Seele, während die göttliche Weisheit ihr höchstes Ziel ist“.144 Wäre es anders und hätte sie als unentbehrlich zur Erkenntnis und zum Empfang der Wahrheit aus Gottes Offenbarung zu gelten, so hätte „der Heiland“ schwerlich ausgerechnet Fischer und Zöllner zu Aposteln erwählt.145 Der fortgeschrittene Christ allerdings wie auch der, der zur Verteidigung des christlichen Glaubens gegen Angriffe von außen berufen sei, müsse sie studieren, um den Sinn und die zugrunde liegenden Strukturen (λόγοι) und Prinzipien (ἀρχαί) der Offenbarung gedanklich zu durchdringen.146 Die Bibel verwehre das keineswegs; sie verbiete auch nicht den Gebrauch der Dialektik147, wenngleich die bei weitem wirksamsten Argumente zum Erweis des Evangeliums nicht mit ihrer Hilfe geschmiedet würden. Es seien vielmehr die Beweise „des Geistes und der Kraft“ (1 Kor 2,4), und d.h. nach Origenes: die in der Schrift bezeugten außerordentlichen Wunder, die erfüllten Weissagungen, endlich auch die wunderbare Ausbreitung der Kirche, unerachtet eines machtvollen Vorurteils gegen sie.148 Man wird sich jedoch durch den betonten „Biblizismus“ des Origenes und sein anscheinend rein instrumentell-funktionales Verhältnis zur Philosophie nicht in die Irre führen lassen dürfen. Bei näherem Zusehen erweist er sich nämlich als sehr viel stärker von der zeitgenössischen Philosophie, vor allem von der mittelplatonischen Platorezeption abhängig, als seine betonten Distanzierungen erwarten lassen. So gewinnt auch das bei Euseb aufbewahrte Zeugnis des Philosophen Porphyrius an Glaubwürdigkeit, wonach der einstige Schüler des „Sackträgers“ Ammonius, eben unser Origenes, zwar in seiner Lebensführung christlichen und (darum vernunft-) gesetzwidrigen Maximen gefolgt sei, in seinen (theoretischen) Ansichten „über die Welt des Seienden und das Göttliche“ aber Hellene geblieben sei (bzw. sich als Hellene gegeben habe); habe er doch hellenische Gedanken den fremden Mythen (der jüdischen Bibel) untergeschoben.149 Dazu passt schließlich die Weise, wie Origenes sich in seiner Entgegnung auf Kelsos (Contra Celsum) mit dessen Christenpolemik auseinandersetzt. Er erweist sich darin insoweit als adäquater Gegner des mittelplatonischen Philosophen, als es die Widerlegung zahlreicher exegetisch-historischer Details betrifft. Bis zu einer gewissen Höhe erhebt er sich ferner da, wo er sich etwa gegenüber dem Vorwurf, die Christen besäßen weder den wahren Logos noch den wahren Nomos (als die rechte Norm sittlichen Lebens), sie lösten sich vielmehr aus dem kulturellen Kontext der damaligen Welt, auf den Vorrang der mosaischen Überlieferung beruft 144
Cels. VI 13. Ebd. I 62. 146 Ebd. VI 14. 147 Ebd. VI 7f. i. Vgl. m. I 13; III 47f. 148 Ebd. I 2. 149 Eus. HE VI 19,7. 145
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oder wo er mit der geschichtslosen Logosphilosophie des Platonikers scharf ins Gericht geht (s. Textbeigabe S. 372f.), welche kein allen darum Bemühten erreichbares Heil aufzuzeigen vermöge. Wo die Rede auf diesen Punkt kommt, wird Origenes grundsätzlich und leidenschaftlich und atmet seine Diktion Geist vom Geiste dessen, den da „jammerte“, da er „die Menge“ sah (vgl. Mt 9,36 par.).150 Was jedoch das Zentrum der platonischen Philosophie des Kelsos anlangt, so nimmt er an keiner Stelle „den Ball auf, den Kelsos wirft“. Kein einziges der platonischen Grunddogmata greift er an, „um es zu diskutieren oder es mit Begründung abzulehnen“151, und das wohl nicht aus geistigem Unvermögen oder mangelnder philosophischer Schulung, sondern eher deshalb, weil er sich in diesem Bereich zu grundsätzlichem Widerspruch nicht herausgefordert fühlt.152 Es bleibt in jedem Fall dabei: Origenes erstrebt nicht wirklich eine Synthese von „griechisch“ und „christlich“. Was er beansprucht, „ist nicht die Affinität zu diesem oder jenem Philosophen, sondern das Recht, zu denken und zu philosophieren von einem christlichen Standpunkt aus“153 (vgl. Textbeigabe S. 374f.).
150
Cels. I 19 u.ö. H. DÖRRIE, Platonica minora (Studia et Testimonia Antiqua 8), München 1976, 256. 152 Anders DÖRRIE, Platonica (s. Anm. 151), ebd. 153 H. CHADWICK, Philo and the beginnings of Christian thought, in: A.H. ARMSTRONG (Hg.), The Cambridge History of Later Greek and Early Medieval Philosophy, Cambridge 1970, 185. 151
III. Exemplarische Studien
,Welche Fülle von Reden‘: Plutarchs Schrift De E apud Delphos TOBIAS THUM Für P. Sigisbert Schweßinger OSB ΧΑΙΡΕ
1. Plutarch als religionsphilosophischer Schriftsteller Plutarchs religionsphilosophische Schriften gehören zu den eindrucksvollsten Zeugnissen der umfassenden Interessen ihres Autors für das gewaltige Erbe, das die griechische Kultur ihm hinterlassen hatte, eines Autors, der „nicht viel Erhebliches von dem, was es damals zu lesen gab, ungelesen und unverarbeitet gelassen“ hat.1 Diese umfassende Bildung befähigte ihn zu einer schier unerschöpflichen produktiven Kreativität nicht zuletzt dann, wenn er sich mit intrikaten Fragestellungen aus dem Bereich der überlieferten Religion auseinandersetzte. Beispielhaft für Plutarchs eigenes Bewusstsein um die breiten Ströme der Überlieferung, die in den komplexen Gegenstandsbereich der Religion zusammenflossen, mag hier ein Passus aus der Schrift Amatorius stehen, in der sich der Autor des berühmten Gliederungsschemas der theologia tripertita2 bedient: Ihre Auffassung von den Göttern (περὶ θεῶν δόξα) verdankten die Menschen ‚Führern und Lehrern‘ (ἡγεμόνες καὶ διδάσκαλοι), nämlich zunächst den Dichtern, dann den Gesetzgebern als den Urhebern der institutionalisierten Kultreligion, und schließlich den Philosophen.3 All diesen Traditionen fühlte sich Plutarch eng verbunden: Er ist nie um ein Dichterzitat verlegen, wenn es gilt, in der Argumentation die Charakteristik eines Gottes und seiner Eigenschaften prägnant vor Augen zu führen; er zeigt ein intensives Interesse an der Vielfalt religiöser Riten und Kulte; und schließlich diskutiert er leidenschaftlich die unterschiedlichen Aussagen der großen hellenistischen Schultraditionen im Hinblick auf das Wesen der Götter. Wiewohl 1
K. ZIEGLER, Plutarchos von Chaironeia, RE 21/1, 1951, 636–962, 914. Vgl. hierzu den Beitrag von M. v. Albrecht in diesem Band. 3 Amat. 18,763C: τῆς δ᾿ οὖν περὶ θεῶν δόξης καὶ παντάπασιν ἡγεμόνες καὶ διδάσκαλοι γεγόνασιν ἡμῖν οἵ τε ποιηταὶ καὶ οἱ νομοθέται καὶ τρίτον οἱ φιλόσοφοι [...]. 2
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Plutarch sich persönlich möglicherweise besonders dem Apollon von Delphi, dessen Priester auf Lebenszeit er in seinen späteren Jahren wurde4, verbunden fühlte, und sich philosophisch zur Akademie bekannte, deren transzendente Gottesvorstellung er gegenüber dem Immanentismus der Stoa und dem seiner Meinung nach atheistischen Materialismus des Epikur bevorzugte, erstreckte sich sein Interesse doch genauso auf die ägyptischen Götter Isis und Osiris wie auf physikalische Erklärungsversuche für die Präsenz des Göttlichen in der Welt. Dass er freilich gerade bei seinen Versuchen einer Verbindung zwischen der Vielfalt religiöser Praxis und deren philosophischer Durchdringung nicht nur ein höchst interessantes, sondern auch und gerade ein spannungsreiches Gelände betrat, war ihm durchaus bewusst, wie seine Ausführungen direkt im Anschluss an die eingangs angeführte Stelle des Amatorius zeigen: Die Philosophen einerseits wollen nichts von den vielfältigen Dichtergöttern oder von Kultriten der religiösen Tradition hören, die den von ihnen postulierten Wesensmerkmalen der Götter zuwiderlaufen, und genauso wollen die Vertreter der traditionellen Kultreligion und die Dichter nichts von Göttern wissen, die als ‚Ideen‘, ‚Zahlen‘, ‚Monas‘ oder ‚Pneuma‘ aufgefasst werden, geschweige denn, dass sie derartige Vorstellungen verstünden.5 Aus diesem Bewusstsein heraus, so scheint es, hat Plutarch eine eigene philosophische Darstellungsweise und eine ihr entsprechende Interpretationsmethode der traditionellen Religion entwickelt, die es ihm erlaubt, die Vielfalt und Individualität der Götter der gelebten Religion mit den ontologischen Eigenschaften eines religiös gefassten, transzendenten Prinzips zu vereinbaren, die von ihm in den Kategorien der platonischen Ideen, des Seins, des Guten, des Einen und dergleichen mehr beschrieben wird. Plutarch versucht in seinen religionsphilosophischen Schriften, den gelebten Kontakt des Menschen mit den Göttern in Kult und Gebet mit der philosophischen Erkenntnis des Göttlichen im Denken in ihrem gegenseitigen Verhältnis zu dis4 Zu Plutarchs Priesteramt vgl. K. ZIEGLER, Plutarch (s. Anm. 1), 659–662; R. FELDMEIER, Philosoph und Priester: Plutarch als Theologe, in: M. BAUMBACH, H. KÖHLER, A.M. RITTER (Hgg.), Mousopolos Stephanos FS H. GÖRGEMANNS), Heidelberg 1998, 412–425, 413f. mit Anm. 6; W. BURKERT, Plutarco: Religiosità personale e teologia filosofica, in: I. GALLO (Hg.), Plutarco e la Religione, Atti del VI Convegno Nazionale plutarcheo, Napoli 1996, 11–28, 12; PH.A. STADTER, Plutarch and Apollo of Delphi, in: R. HIRSCH-LUIPOLD (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch. Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder (RGVV 54), Berlin/New York 2005, 197–214, bes. 197f. Freilich lässt sich beobachten, dass die Forschung in der Regel grösseres Gewicht auf Plutarchs Priesterschaft zu legen scheint, als es Plutarch selbst getan hat, der sich nur an wenigen Stellen seines gewaltigen Werkes (insofern es überliefert ist) zu dieser seiner kultischen Funktion in denkbar knappster Form äußert; von dieser Beobachtung unberührt bleibt Plutarchs religiöse Verbundenheit mit und philosophisches Interesse an Apollon und dem delphischen Kultbezirk. 5 Vgl. Amat. 18,763D: αὖθις δὲ ποιηταὶ καὶ νομοθέται φιλοσόφων ἰδέας τινὰς καὶ ἀριθμοὺς μονάδας τε καὶ πνεύματα θεοὺς ποιουμένων οὔτ᾿ ἀκούειν ὑπομένουσιν οὔτε συνιέναι δύνανται.
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kutieren. Wie untrennbar bei Plutarch diese beiden Erfahrungswelten ineinander verschlungen sind, lässt sich beispielhaft im Prolog der Schrift De Iside et Osiride zeigen: Dort setzt Plutarch der religiösen Hinwendung des Menschen an die Götter im Gebet als höchstes Ziel die Bitte um das Geschenk der Wahrheit, denn nichts anderes als ein ‚Verlangen nach Göttlichkeit‘ (θειότητος ὄρεξις) stellt das ‚Streben nach Wahrheit‘ (ἡ τῆς ἀληθείας […] ἔφεσις), vor allem aber das ‚Streben nach Wahrheit über die Götter‘ dar.6 Es handelt sich hier um ein Konzept, das Plutarch als eine Synthese sowohl aus intellektuellen wie auch aus rituellen, aus philosophischen ebenso wie aus religiösen Elementen anlegt. Die menschliche Suche nach dem Wissen über die Götter ist, so führt Plutarch gegenüber der Adressatin der Schrift, der Isispriesterin Klea, aus, ein Erbitten (αἰτεῖσθαι) von und ein Beten (εὔχεσθαι) zu den Göttern, und die Wahrheit ist größte Gabe der Götter wie größtes Geschenk für den Menschen: Denn die Götter geben dem Menschen hierdurch an ihrem bedeutendsten Privileg Anteil, dem Grund ihrer Seligkeit und Stärke und dem, was ihre Unsterblichkeit erst sinnvoll ausfüllt, nämlich Vernunft und Denken, Wissen und Weisheit.7 Die Quintessenz dieser Passage – und letztlich des gesamten religiös-philosophischen Denkens Plutarchs – ist, dass in ihr die beiden Vorstellungsbereiche der persönlichen Begegnung mit den Göttern einerseits und diejenige des abstrakten Nachdenkens über die Götter andererseits zu einer unauflöslichen Einheit amalgamiert werden: Wenn Plutarch davon spricht, man müsse als Mensch den Göttern im Gebet entgegentreten, um von ihnen (παρὰ τῶν θεῶν) die ἀλήθεια zu erlangen, so spricht sich darin eine tiefe Frömmigkeit und eine innige Beziehung zu den Göttern aus; gleichzeitig aber erbittet der Mensch im Gebet an die Götter die Wahrheit über die Götter (περὶ θεῶν), und diese Wahrheit ist für Plutarch die Erkenntnis eines transzendenten göttlichen Seins, das eigentlich ein philosophisches Denkprodukt platonischer Provenienz darstellt. Doch für den Platoniker Plutarch ist gerade das Streben nach dieser Erkenntnis alles andere als eine Anstrengung einer rein instrumentellen Intelligenz, sondern verfolgt als θειότητος ὄρεξις das Ziel, selbst wie ein Gott zu werden, d.h. das eigene Leben ganz dem Denken und der Erkenntnis zu widmen. Dieses Ziel (τέλος) hatte Platon selbst in einer berühmten Passage des Theaitetos (176b) dem Menschen gesetzt: ὁμοίωσις θεῷ κατὰ τὸ δυνατόν. Diese theoretischen Voraussetzungen hat Plutarch in einer Reihe von Schriften umgesetzt, in denen er jeweils von einzelnen Göttern als phänomenalem Gegenstand traditioneller religiöser Verehrung in allen ihren Aus6 Vgl. De Iside 2,351E: διὸ θειότητος ὄρεξίς ἐστιν ἡ τῆς ἀληθείας μάλιστα δὲ τῆς περὶ θεῶν ἔφεσις. Eine ausführliche Diskussion der Bedeutung von θειότης bei Plutarch findet sich bei F. FRAZIER, Göttlichkeit und Glaube. Persönliche Gottesbeziehung im Spätwerk Plutarchs, in: HIRSCH-LUIPOLD, Gott und die Götter (s. Anm. 4), 111–137. 7 Vgl. De Iside 1,351DE.
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prägungen in Mythos und Dichtung, in Kultus und Ritus, in der Natur und in Heiligtümern ausgeht, um dann in der philosophischen Interpretation, die immer auch andere Schulmeinungen zu Wort kommen lässt, diese erlebte Tradition in einem platonischen Bezugs- und Begriffssystem zu verorten. Gleichzeitig ermöglicht Plutarch dieses Ausgehen von verschiedenen realen Repräsentationen der Götterverehrung, wesentliche Themenkomplexe der philosophischen Gedankenwelt Platons gleichsam in seine Zeit zu transponieren und anhand eigener Bedürfnisse und Vorstellungen neu zu beleuchten; viel eher künstlerische wie philosophische aemulatio als nur platte imitatio platonischer Vorstellungen, orientieren sich Plutarchs Texte an ganz bestimmten Werken Platons und geben nicht einfach nur Handbuchwissen wieder: So gehen in die Deutung des in seiner Wirkung denkbar plastisch geschilderten Gottes Eros im Amatorius ganz wesentlich die platonische Eroslehre des Symposion und stärker noch die des Phaidros ein, die der Autor selbst als verliebter jungen Mann in mitten einer dramatischen Handlung8 vorträgt, die die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern der Homosexualität und der Heterosexualität im Wettbewerb um die Gunst eines schönen Knaben zeigt; in dem Traktat De Iside et Osiride erscheint als anspruchsvollste Deutung des Mythos der beiden ägyptischen Götter dessen Verständnis als mythologischer Ausdruck für das Verhältnis von gestalteter Materie und Ideenkosmos in Anlehnung an die kosmogonische Konzeption des platonischen Timaios, um dieser freilich eine vollständig individuelle Prägung zu verleihen9; platonischen Vorstellungen über die intelligible Welt und deren kategorialer Differenz gegenüber der sinnlich wahrnehmbaren Welt hat Plutarch schließlich vor allem in einer Schrift einen prominenten Platz eingeräumt, die vom Wesen und Wirken des Apollon von Delphi ausgeht und im Folgenden exemplarisch behandelt werden soll, dem Dialog ‚Über das E in Delphi‘ (De E apud Delphos).10 8 Vgl. die Worte des Erzählers Autobulos in Amat. 1,749A, schon der Anlass des Gespräches würde einen Theaterchor und eine Bühne verlangen (χορὸν αἰτεῖ τῷ πάθει καὶ σκηνῆς δεῖται), wie doch sein gesamter Ablauf alle Ingredienzien dramatischer Kunst zeige (τά τ᾿ ἄλλα δράματος οὐδὲν ἐλλείπει). Hier zeigt sich deutlich der eigene literarisch-philosophische Anspruch Plutarchs, der zuvor ausdrücklich diejenigen kritisiert, die erotische Gespräche in zwar begeisterter, aber abgeschmackter Imitation von Platons Schilderung des locus amoenus am Ilissos im Phaidros spielen lassen (Amat. 1,749A). Wenn Plutarch hier erklärt, bewusst auf die dem epischen Ausdrucksinventar entstammende ekphrasis zu verzichten und sich mit den Mitteln des Dramas zu begnügen, so erhebt er den Anspruch auf Selbstständigkeit gerade aus dem Bewusstsein der Unerreichbarkeit Platons heraus: Galt doch das Drama im antiken Kunstverständnis als zweithöchste Gattung – nach dem Epos. 9 So zeigt z.B. Plutarchs Auslegung starke Tendenzen zu einem bei Platon so noch nicht ausgeprägten Dualismus von guter und zerstörerischer göttlicher Macht, die sich in Osiris bzw. Typhon manifestiert und dementsprechend in die Deutung eingeht. 10 Grundsätzlich sind noch in den engeren Kreis der religionsphilosophischen Schriften Plutarchs die Texte ‚Über das Daimonion des Sokrates‘ (De genio Socratis), ‚Über die späte
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2. Religion und Philosophie in De E apud Delphos 2.1 Ammonios’ Präliminarien Auf ein Proömium, von dem noch näher zu reden sein wird, lässt Plutarch in einem Hauptteil ein Gespräch folgen, das in seiner Jugend unter der Leitung seines Lehrers Ammonios in Delphi stattgefunden haben soll. Im Verlauf dieses Gesprächs schlagen die einzelnen Gesprächsteilnehmer – unter ihnen auch der junge Plutarch selbst – Deutungen für ein am dortigen Apollontempel zu sehendes E vor. Dieses aenigmatische Zeichen wird dabei mit unterschiedlichen Begründungen teils als Zahlzeichen für die Fünf, teils artikuliert als griechisches Wort EI mit seinen verschiedenen Bedeutungen in Beziehung zu dem Gott gesetzt. Ammonios übernimmt in diesem Dialog die Rolle des Gesprächsführers11 und Lehrers seiner jungen Begleiter, von seinen Ausführungen nimmt das Gespräch seinen Ausgang, und er ist es, der mit der letzten und gewichtigsten Deutung des E das Gespräch und mit diesem die gesamte Schrift beschließt12. Ammonios leitet das Gespräch mit einer Wesensbestimmung des Apollon ein, die sogleich anhand einer etymologischen Deutung von dessen Kultnamen verifiziert und damit wiederum in die religiöse Tradition eingebettet wird13: Apollon ist nicht weniger ein Philosoph als ein Seher (οὐχ ἧττον ὁ θεὸς φιλόσοφος ἢ μάντις), er ist als Πύθιος der Gott derer, die „am Anfang des Fragens“ stehen (τοῖς ἀρχομένοις μανθάνειν καὶ διαπυνθάνεσθαι), wem aber schon etwas „klar wird“ (δηλοῦται) bzw. „etwas von der Wahrheit aufscheint“ (ὑποφαίνεται), für den ist er der Δήλιος und Φαναῖος,
Strafe der Gottheit‘ (De sera numinis vindicta) sowie die mit De E apud Delphos zusammengehörenden Schriften ‚Über die Orakel der Pythia‘ (De Pythiae oraculis) und ‚Über das Eingehen der Orakel‘ (De defectu oraculorum) zu nennen. 11 Zum „Principat des Ammonios“ vgl. R. HIRZEL, Der Dialog, Leipzig 1895, Bd. 2, 200ff. Zur Person des Ammonios vgl. allgemein ZIEGLER, Plutarch (s. Anm. 1), 651–653; B. PUECH, Prosopographie des amis de Plutarque, in: W. HAASE (Hg.), ANRW II, 33, 6, Berlin/New York 1992, 4831–4893, 4835f.; J. DILLON, The Middle Platonists. A Study of Platonism 80 B.C. to A.D. 220, London 21996, 189–192. In wieweit Ammonios zugleich mit seinem Amt des ‚Principats‘ auch die Funktion des ‚Sprachrohrs‘ Plutarchs übernimmt, ist eine neuerdings zu Recht vieldiskutierte Frage; vgl. die grundsätzlichen Erwägungen hierzu bei F.E. BRENK, In mist apparelled. Religious themes in Plutarch’s Moralia and lives, Leiden 1977, 85 und speziell zu Plutarchs Pythischen Dialogen L. TUSA MASSARO, Il labirinto dialogico. Divagazione e scrittura della filosofia nei Πυθικοὶ λόγοι di Plutarco, in: I. GALLO, C. MORESCHINI (Hgg.), I generi letterari in Plutarco, Atti del VIII Convegno plutarcheo Pisa, 2–4 giungno 1999, Napoli 2000, 117–132, 128f. 12 Die nach wie vor konziseste Analyse von Aufbau und Gedankengang der Schrift findet sich bei D. BABUT, La composition des Dialogues Pythiques de Plutarque et le problème de leur unité, JS 1992 187–234, ND in: Ders., Parerga, Choix d’articles de Daniel Babut (1974 1994), Lyon/Paris 1994, 457–504. 13 Vgl. De E 2,385B–C.
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dem, der bereits ein Wissen (ἐπιστήμη) hat, ist er der Ἰσμήνιος, und schließlich der „Herr der Redehalle“, Λεσχηνόριος14, für diejenigen, die engagiert und genussvoll philosophische Gespräche führen.15 In Apollon objektiviert sich am Anfang des Gesprächs der jeweils subjektive menschliche Erkenntnisweg, der über bloßes ‚Fragen‘, zu ‚Erkennen‘, ‚Wissen‘ und ‚philosophischem Austausch‘ führt. Am Anfang jeder Philosophie steht freilich – wie Plutarch Ammonios mit deutlichem Bezug auf eine berühmte Formulierung aus Platons Theaitetos (155d) ausführen lässt – das θαυμάζειν, die ‚Verwunderung‘, und das ἀπορεῖν, die ‚Ratlosigkeit‘. Entsprechend ordnet Ammonios das dem Gott an seinem Tempel in Delphi geweihte E in die Reihe der vielen im Kultbezirk befindlichen rätselhaften Eigentümlichkeiten ein, in denen sich eine philosophieprotreptische und erkenntnisleitende Kraft des Gottes zeigt. Ammonios schließt seine Präliminarien mit einer offenen Einladung zum philosophischen Gespräch, dem zunächst vier Hauptredner nachkommen, bevor Ammonios abschließend erneut das Wort ergreift. Plutarch lässt diese Redner in ausgesprochen kreativen Deutungsversuchen das E sowohl mit ihrem jeweiligen eigenen Interessengebiet wie auch mit dem Gott in Beziehung setzen. Im Rahmen dieses Teils des Dialoges überlässt Plutarch Ammonios die Rolle des Conférenciers, von dem die Beteiligten das Wort erbitten und der sie wiederum zu ihren Beiträgen ermuntert; seine Kritik äußert er erst unmittelbar bevor er seinen eigenen Deutungsansatz vorlegt bzw. implizit in seiner Rede; vorher dominiert spürbar die Anerkennung eines Erkenntnisprozesses, zu dem – wie man aus der Wesensbestimmung des Gottes als eines Philosophen schließen darf – Apollon durch das E anregt; dieser Prozess soll im Folgenden kurz nachgezeichnet werden. 2.2 Die einzelnen Erklärungsversuche des E Der erste Erklärungsversuch des E durch Plutarchs Bruder Lamprias führt dessen Weihung auf die berühmten Weisen zurück: Diese hätten gegenüber der landläufigen, aber falschen Meinung, sie seien eine Gruppe von sieben Männern, vor dem Gott durch die Weihung des E als Zahlzeichen für die Fünf Zeugnis dafür ablegen wollen, dass sich zwei prestigesüchtige Tyrannen ihren
14 Wie ernst es Plutarch mit derartigen für den modernen Leser wilden Etymologien war, lässt sich vielleicht daran ermessen, dass er das Hauptgespräch seiner Schrift De defectu oraculorum in der ‚Lesche der Knidier‘ (vgl. De def. orac. 6,412D) auf dem heiligen Bezirk des Apollon von Delphi (dezidiert 5,412D4 παρὰ τῷ Πυθίῳ) stattfinden lässt, in der die Delpher nach Pausanias 10,25,1 seit alter Zeit „über die wichtigeren und allerhand sagenhafte Dinge unterhielten“ (τά τε σπουδαιότερα διελέγοντο καὶ ὁπόσα μυθώδη). 15 Vgl. zu Plutarchs Idealvorstellungen eines philosophischen Gesprächs unter Gebildeten L. VAN DER STOCKT, Aspects of the ethics and poetics of the dialogue in the Corpus Plutarcheum, in: GALLO, MORESCHINI, I generi letterari (s. Anm. 11), 93–116.
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Titel durch unlautere Mittel erschlichen hätten16, nicht jedoch durch des Apollon und dieser Ehrenbezeichnung würdige Eigenschaften der σοφία und ἀρετή. Lamprias gibt vor, nur eine schon bestehende Deutungstradition weiterzugeben, doch – so Plutarch – Ammonios durchschaut sie als seine eigene Erfindung, signalisiert jedoch mit einem Lächeln seine Anerkennung einer durch Apollons heiliges E angeregten Geistestätigkeit.17 Vor allem wirkt Lamprias’ Deutung dynamisch auf den Gesprächsverlauf, wie auch alle weiteren Reden immer Ansichten enthalten, die den folgenden Redner zu einem eigenen Beitrag animieren: Der ortsansässige Apollonpriester Nikandros stellt Lamprias’ angeblicher Lokaltradition die – wie Plutarch betont – delphische ‚Fremdenführerversion‘ entgegen: Das E habe seinen Ort im Orakelbetrieb des Apollon und bilde als die Konjunktion εἰ die Formel für die Begegnung mit dem Gott, denn die Priester geben die Fragen der Ratsuchenden mit einem indirekten ‚ob‘ (εἰ) an den Gott weiter (‚ob‘ er z.B. eine Reise machen soll), und wer direkt zu dem Gott bete, leite seinen Wunsch mit einem ‚wenn doch‘ (εἰ γάρ) ein. Mit dieser Deutung bindet Nikandros das E in die traditionelle Kultbedeutung des delphischen Apollon und die persönliche Gebetspraxis an, will damit jedoch gleichzeitig eine andere Lösungsmöglichkeit, die mit der stoischen Sprachlehre zusammenhängt, autoritativ ausschließen18, wodurch er den nächsten Redner sogleich zum Einspruch provoziert. Denn für Theon ist das E dem Gott in der Bedeutung des konditionalen ‚wenn‘ (εἰ) als Grundbestandteil der stoischen Dialektik heilig: Der Gott selbst fordere als ‚größter Dialektiker‘ die Menschen auf, eine Denkform zu entwickeln, die wahre Aussagen garantiert. Da die Konditionalaussage (in ihrer differenziertesten Ausgestaltung als Syllogismus) Grundlage jedes philosophischen Beweises zur Erkenntnis der Wahrheit sei, habe man dem wahrheitsliebenden Gott eben die Konjunktion geweiht, die eine solche Erkenntnis satzlogisch begründet. Überhaupt fuße gerade die Mantik, die besonders dem 16 Sie hätten, so Lamprias, Plagiate der berühmten Delphischen Sprüche durch persönliche Einflussnahme in die Öffentlichkeit gebracht. 17 Eine ähnlich positive Einschätzung des Lächelns des Ammonios als ‚pädagogisch‘ findet sich bei K. ZIEGLER, Plutarch über Gott und Vorsehung, Dämonen und Weissagung. Religionsphilosophische Schriften, eingeleitet und neu übertragen von Konrat Ziegler, Zürich/ Stuttgart 1952, 22; C. MORESCHINI, Plutarco, L’E di Delfi, Introduzione, testo critico, traduzione e commento a cura di C.M. (Corpus Plutarchi Moralium, diritto da P. COSENZA, I. GALLO, L. TORRACA, 27), Napoli 1997, ad loc.; J. GLUCKER, Antiochos and the late Academy (Hypomnemata 56), Göttingen 1978, 260. Als echte Kritik interpretiert Ammonios’ Reaktion BABUT, La composition (s. Anm. 12), 464f. Deutlicher ablehnend äußert sich ein ungenannter Gesprächspartner, der Lamprias’ Deutung spöttisch mit der recht vertrackten zahlensymbolischen Interpretation eines (ebenfalls ungenannten) chaldäischen Besuchers vergleicht (De E 4,386A ὅμοια ταῦτ᾿ ἐστὶν οἷς πρῴην ὁ Χαλδαῖος ἐφλυάρει ξένος). 18 Vgl. De E 4,386C τοῖς δὲ διαλεκτικοῖς χαίρειν ἔλεγε σοφὸς ὢν ὁ θεὸς [...].
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Schutz des Gottes untersteht, auf einer Einsicht in das ‚wenn-dann‘ einer – wiederum stoisch begriffenen – ewigen Kausalkette. Theons Erklärungsversuch des E im Rahmen der stoischen Logik macht den Gott zum Vorbild der stoischen Methode der Wahrheitserkenntnis und zum Archegeten der von den Menschen methodisch praktizierten Seherkunst. Die Kühnheit von Theons Einsatz für die stoische Dialektik ruft schließlich Eustrophos auf den Plan, der den jungen Plutarch auffordert, auch aus dem ihnen gemeinsamen Interessenfeld einer pythagoreisch gefärbten Mathematik, die alle Prinzipien im menschlichen wie göttlichen Bereich auf die Zahl zurückzuführen pflege, dem Gott eine Ehrenspende zu bringen. Dem kommt Plutarch mit einer begeisterten Rede nach, die die Bedeutung der 5 in allen erdenklichen Zusammenhängen erläutert: Sie ist das Produkt der ersten geraden Zahl – 2 – und der ersten ungeraden Zahl – 3 – ; multipliziert endet ihr Produkt immer auf 5 – d.h. auf sie selbst – oder auf 10, ‚das Vollendete‘. Damit ist die 5 ein Sinnbild für den Gott – hier kommt die stoische Vorstellung vom Logos und dem Weltenbrand zur Sprache –, der in regelmäßigem Wechsel bald in Feuergestalt als homogene Einheit auftritt, bald sich zur geordneten Vielheit des Kosmos ausdifferenziert. Die Verehrung sowohl Apollons, des ‚Einen‘ wie des Dionysos, des ‚Zerrissenen‘ und ‚Vielen‘ in Delphi drücke diesen Sachverhalt kultisch aus. Plutarch knüpft die Fünf im weiteren Verlauf noch an die Musik, die Philosophie Platons und Aristoteles’ an, verweist auf die 5 Sinne, die 5 Weltteile bei Homer, 5 Dimensionen jedes Lebewesens, 5 Gattungen von Lebewesen und endet schließlich mit Ausführungen über die 5 im Umgang der delphischen Apollonpriester mit der Pythia, wobei er nicht müde wird immer wieder zu versichern, dass er noch vieles habe auslassen müssen. Zuletzt ergreift Ammonios19 selbst das Wort und unterzieht die Lösungen seiner Vorredner einer kurzen Kritik, die sich auf die religiöse Tradition beruft: Als Zahlzeichen für die Fünf komme das E nicht infrage, denn sonst unterstelle man den Weisen, die es geweiht haben, dass sie sich in Widerspruch zur Tradition befänden, in der die Sieben von jeher als heilige Zahl Apollons gilt. Darüber hinaus könne das E keinen ‚unvollständigen Redeteil‘ im Sinne einer Verwendung des εἰ im konditionalen Sinne bzw. als Frageoder Wunschpartikel darstellen. Für Ammonios stellt das E vielmehr die – wie
19
Zur Deutung dieser Rede und ihrer philosophischen Quellen vgl. J. WHITTAKER, Ammonius on the Delphic E, CQ 19 (1969) 185–192; DILLON, The Middle Platonists (s. Anm. 11), 190f.; C. DE VOGEL, Der sog. Mittelplatonismus, überwiegend eine Philosophie der Diesseitigkeit?, in: H.D. BLUME, F. MANN (Hgg.), Platonismus und Christentum (FS H. DÖRRIE) Münster 1983, 277–302; F. FERRARI, Dio, Idee e Materia. La struttura del cosmo in Plutarco di Cheronea, Napoli 1995, 51–61; BABUT, La composition (s. Anm. 12), 471f.; F.E. BRENK, Plutarch’s Middle-Platonic God: About to Enter (or Remake) the Academy, in: HIRSCHLUIPOLD, Gott und die Götter (s. Anm. 4), 27–48.
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er sich ausdrückt – „vollständige Anrede an den Gott“ dar, „die denjenigen, der sie ausspricht, im selben Moment zu einer Vorstellung der Macht des Gottes bringt“: Das E ist zu deuten als zweite Person Singular des Wortes εἰμί, es ist also eine Anrede an den Gott, die sein Wesen ganz in dessen Sein fasst: „Du bist!“. Mit dieser Anrede antworte der Mensch, der sich dem Tempel Apollons nähert, auf den Gruß des Gottes, das berühmte γνῶθι σαυτόν, „Erkenne dich selbst!“, das ebenfalls am Tempel sichtbar war. Ammonios entwickelt nun aus dieser ganz im Kultbereich des delphischen Apollon angesiedelten Szene, die Mensch und Gott in gegenseitiger Anrede in den denkbar engsten Kontakt setzt, eine große epistemologisch-ontologische Analyse des Verhältnisses zwischen dem sterblichen Menschen und dem in der platonischen Terminologie des Seins gefassten Gott, die implizit in der durch das E dem Menschen in den Mund gelegten Seinsepiklese als Antwort auf die vom Gott geforderte Selbsterkenntnis liegt. Ausgehend von der Feststellung „Wir haben nämlich wahrhaftig keinen Anteil am Sein“20 entfaltet Ammonios anhand des Heraklitischen Flussvergleichs eine ernüchternde Darstellung der phänomenal-sterblichen Natur, die aufgrund ihrer der Zeit unterworfenen Veränderlichkeit ebensowenig ein wahres Erkenntnisobjekt darstellt, wie dem in ständigem Werden und Vergehen, nämlich dem Altern, stehenden Menschen wahre Erkenntnis der ihn umgebenden Welt möglich ist.21 Demgegenüber jedoch ‚ist‘ der Gott (ἀλλ᾿ ἔστιν ὁ θεός), seine Existenz steht nicht in der Zeit, sondern in der Ewigkeit, ihm eignet damit das wahre Sein, ὄντως ὄν, woraus wiederum folgt, dass er ein homogenes Eines ist (ἀλλ᾿ ἓν εἶναι δεῖ τὸ ὄν, ὥσπερ ὂν τὸ ἕν). Wie schon in seinen Worten zur Eröffnung des Gesprächs setzt Ammonios diese Charakteristik des Gottes mit der traditionellen Gottesverehrung durch die etymologische Deutung weiterer Namen des Gottes in Beziehung: Apollons Name leite sich her aus Ἀ-πόλλων, dem ‚Nicht-Vielen‘, Ἰήιος bezeichne den Gott in seiner den Einheit und Einzigkeit (εἷς καὶ μόνος) und Φοῖβος verweise auf die Reinheit und Lauterkeit des Einen (τὸ δ᾿ ἓν εἰλικρινὲς καὶ καθαρόν). Mit der Welt des Werdens und Vergehens hat dieser ontologisch gefasste Gott – oder dieses göttlich gefasste ὄν (Ammonios wechselt zwischen den Begriffen τὸ θεῖον, ὁ θεός, τὸ ὄν, τὸ ἕν) – nur ganz unbestimmt zu tun: Das, so führt er aus, was „an Göttlichem irgendwie in die Welt gekommen ist, bindet die Dinge zusammen und steuert der Schwäche einer zum Vergehen tendierenden körperlichen Welt entgegen“22. Εἶ, ‚du bist‘ sagt man zu dem Gott eben deshalb, weil sich in seinem Bereich kein derartiger Wandel abspielt. Damit wird der im Gebet angesprochene Gott zum wahren Erkenntnisgegenstand, 20
De E 18,392A ἡμῖν μὲν γὰρ ὄντως τοῦ εἶναι μέτεστιν οὐδέν. Vgl. De E 18,392A–E. 22 Vgl. De E 21,393E τοὐναντίον γὰρ ὃ θεῖον ἁμωσγέπως ἐγγέγονε τῷ κόσμῳ, τοῦτο συνδεῖ τὴν οὐσίαν καὶ κρατεῖ τῆς περὶ τὸ σωματικὸν ἀσθενείας ἐπὶ φθορὰν φερομένης. 21
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kultische Praxis und Orientierung hin auf noetische Erkenntnis fließen in einem Akt der Begegnung mit dem Gott an seinem Tempel in Delphi zusammen. Demgegenüber führt Ammonios das Werden und Vergehen in der Welt auf einen – wie er sich ausdrückt – „anderen Gott, besser einen Daimon“ zurück23, dessen Namen, ausgehend von Πλούτων, dem „Vielen“, wiederum in einer Reihe von Etymologien dem Bereichen der Dunkelheit, der Unsichtbarkeit und des Vergessens zugeordnet und so dem Wesen des Apollon als Grundlage für und Ziel der Erkenntnis (erneut ausgeführt unter anderem an seinen Namen Δήλιος und Φοῖβος) diametral entgegengesetzt werden. Die Schrift endet mit einem Fazit des Ammonios, das die philosophische Erkenntnis des Wesens des Gottes wieder ganz in den persönlichen Gebetskontext zurückführt: „Aber dem ‚Du bist!‘ scheint doch das ‚Erkenne dich selbst!‘ irgendwie gegenüberzustehen und auf eine gewisse Weise doch wieder mit ihm übereinzustimmen: das eine nämlich ist ein Ausruf der Bestürzung und Verehrung gegenüber dem Gott als dem immer Seienden, das andere aber eine Erinnerung für das Sterbliche an die es umgebende Natur und Schwäche.“24
3. Der eine Autor und die vielen Reden: Zur literarischen Dimension des Textes Der von Plutarch aus seiner Jugend erinnerte Dialog endet mit dieser großen Deutung des Ammonios, in der die persönliche Begegnung mit dem Gott an seinem traditionellen Kultort Delphi mit der höchsten Erkenntnis des Gottes in seiner Transzendenz verbunden wird. Es ist dabei weniger bemerkenswert, dass Plutarch eine solche, für seine Religionsphilosophie charakteristische Deutung, einem anderen, seinem Lehrer Ammonios in den Mund legt. Bemerkenswert ist vielmehr der Umstand, dass wir diese Deutung im Rahmen einer multiperspektivischen Erörterung des E in einer vom Autor der Schrift aus gesehen fernen Vergangenheit lesen, in der Plutarch sich selbst in seinen jungen Jahren eine Deutung vorlegen lässt, die schließlich – wie auch die Deutungen seiner Vorredner – ganz in den Schatten der abschließenden Ammoniosdeutung tritt.25 Umgekehrt spricht Plutarch, auch wenn in den Worten 23
Vgl. De E 21,394A ... ἀλλ᾿ ἑτέρῳ τινὶ θεῷ μᾶλλον δὲ δαίμονι τεταγμένῳ περὶ τὴν ἐν φθορᾷ καὶ γενέσει φύσιν τοῦτο (sc. ἔκστασιν καὶ μεταβολήν) ποιεῖν καὶ πάσχειν προσῆκον. 24 De E 21,394C3–7 ἀλλά γε τῷ εἶ τό ‘γνῶθι σαυτόν’ ἔοικέ πως ἀντικεῖσθαι καὶ τρόπον τινὰ πάλιν συνᾴδειν· τὸ μὲν γὰρ ἐκπλήξει καὶ σεβασμῷ πρὸς τὸν θεὸν ὡς ὄντα διὰ παντὸς ἀναπεφώνηται, τὸ δ᾿ ὑπόμνησίς ἐστι τῷ θνητῷ τῆς περὶ αὐτὸ φύσεως καὶ ἀσθενείας. 25 FERRARI, Dio, Idee e Materia (s. Anm. 19), 31 weist darauf hin, dass diese Besonderheit von De E apud Delphos insofern für Plutarch auffällig ist, als dieser in den Fällen, in denen er sich selbst in Dialoge als Gesprächspartner einführt, auch die Protagonistenrolle übernimmt.
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des Ammonios Plutarch gewiss seine gewichtigste Überlegung zum delphischen E formuliert hat, doch als Autor der ganzen Schrift nicht weniger auch durch den Mund von Lamprias, Nikandros, Theon und in Gestalt seines jugendlichen Ich. Diese Beobachtung führt direkt zurück auf das – in der bisherigen Forschung stark vernachlässigte – Proömium der Schrift, in dem Plutarch selbst außerhalb jeder zeitlich und dialogisch markierten Brechung über Apollon und die Bedeutung des E spricht.26 Das Proömium enthält in seinem ersten Teil eine Widmung an den Adressaten der Schrift, Sarapion, in einem zweiten die Themenstellung, Apollon und das E, und in einem dritten Teil, der zum Hauptteil der Schrift überleitet, einen kurzen Abriss über Plutarchs eigene Beschäftigung mit dem rätselhaften Zeichen. Dort erklärt Plutarch zunächst, dass er in der σχολή, womit der von ihm geleitete philosophische Kreis in seiner Heimatstadt Chaironeia gemeint sein muss27, der Frage nach dem E regelmäßig ausgewichen sei. Darauf berichtet er, wie man ihn jüngst in Delphi dann doch angesichts einer Diskussion seiner Söhne mit fremden Besuchern über das E nachgerade gezwungen habe28, als Autorität – und das muss heißen: als einer der beiden Priester des Apollon – zu dem Problem Stellung zu nehmen.29 Im Verlaufe seiner folgenden Ausführungen, über deren Inhalt wir nichts erfahren, sei ihm – wie Plutarch berichtet – auf den Stufen des Apollontempels jenes Gespräch aus seiner Jugend wieder ins Gedächtnis gekommen, das er dann referiert und das wir als wesentlichen Inhalt der Schrift lesen. Er bietet seinen Lesern also statt des von ihm selbst in reifen Jahren geführten Gesprächs eine Jugenderinnerung mit Ammonios als Gesprächsleiter. Dieser literarische Kunstgriff ermöglicht es Plutarch, die Frage nach dem E und dem Wesen des Apollon in der Mehrschichtigkeit zu erörtern, die die verschiedenen Reden des Dialoges widerspiegeln. Dass dies aus Plutarchs Sicht sowohl dem Gegenstand der Diskussion als auch seinem Verhältnis zu dem Gott Apollon angemessen war, drücken Plutarchs Worte zur Themenstellung aus: Apollon wird ganz unmittelbar als φίλος, als Freund bezeichnet (384E9), und dies mit dem Hinweis auf die beiden Wesenszüge des Gottes begründet, zu denen Plutarch als Apollonpriester und Philosoph im denkbar 26 Näher mit dem Proömium setzen sich auseinander FERRARI, Dio, Idee e Materia (s. Anm. 19), 39–41; VAN DER STOCKT, Aspects of the ethics and poetics (s. Anm. 15), 101–105. 27 Vgl. HIRZEL, Der Dialog (s. Anm. 11), Bd. 2, 199f. 28 Die angesprochene Passage (De E 1,385A7–8) ist textkritisch im einzelnen nicht unproblematisch, vgl. F. BECCHI, L’E di Delfi di Plutarco: osservazioni al testo (Plutarco e l’Accademia: De E 387F – Def. orac. 431A), Prometheus 26 (2000) 71–88, 73f.; die von mir gegebene Paraphrase stellt mithin nur eine Arbeitshypothese dar. 29 Vgl. De E 1,385A πολλάκις οὖν ἄλλοτε τὸν λόγον ἐν τῇ σχολῇ προβαλλόμενον ἐκκλίνας ἀτρέμα καὶ παρελθὼν ἔναγχος ὑπὸ τῶν υἱῶν ἐλήφθην ξένοις τισὶ συμφιλοτιμουμένων, οὓς εὐθὺς ἐκ Δελφῶν ἀπαίρειν μέλλοντας οὐκ ἦν εὐπρεπὲς παράγειν οὐδὲ παραιτεῖσθαι πάντως ἀκοῦσαί τι προθυμουμένους.
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engsten Verhältnis stand: Zunächst aus seiner traditionell-religiös-kultischen Funktion als weissagender Ratgeber in den ‚Aporien‘ des menschlichen Lebens (ἔοικε τὰς μὲν περὶ τὸν βίον ἀπορίας ἰᾶσθαι καὶ διαλύειν θεμιστεύων), und dann als der Philosophengott, der die ‚Aporien‘ im Bereich des Logos, also die philosophischen Fragestellungen, erst aufwirft (αὐτὸς ἐνιέναι καὶ προβάλλειν) – ohne sie freilich aufzulösen. „Ein zur Wahrheit führendes Verlangen“ (ὄρεξιν ... ἀγωγὸν ἐπὶ τὴν ἀλήθειαν) pflanzt der Gott einer natürlichen philosophischen Begabung der menschlichen Seele ein. In dieser Formulierung fließen ähnlich wie schon im Prolog von De Iside die beiden Aspekte einer durch den Gott inspirierten Wahrheitssuche (παρὰ τῶν θεῶν) mit dem angestrebten Ziel dieser Suche, der Wahrheit über den Gott – wie man vor dem Hintergrund der ganzen Schrift hier ergänzen darf – zusammen. Diese Wirkung des Apollon habe sich – wie Plutarch fortfährt – besonders in der Dedikation des E am Tempel des Gottes als einer heiligen, der Betrachtung werten Weihegabe (ἀνάθημα) manifestiert: Seine Urheber, „die, die als erste im Umkreis des Gottes philosophisch nachgedacht“ hätten (τοὺς ἐν ἀρχῇ περὶ τὸν θεὸν φιλοσοφήσαντας), hätten es sichtbar aufgestellt (προθέσθαι), da sie in diesem Zeichen „entweder eine eigene und außerordentliche Bedeutung erkannt“, oder es als Symbol gebraucht hätten „im Hinblick auf etwas anderes, was der Mühe wert“ sei.30 Diese ersten Philosophen, mit denen Plutarch wohl die Sieben Weisen meint, haben also das Ergebnis ihres gemeinsamen Nachdenkens über den Gott in einem Zeichen ausgedrückt, dessen außerordentliche Bedeutung (δύναμιν ἰδίαν καὶ περιττήν) womöglich in seiner vielfältigen Wirkung auf den Betrachter liegt und das als Symbol (σύμβολον) auf eine Vielfalt von Erkenntnissen verweist. Als heiliges Zeichen für eine Erkenntnis παρὰ τῶν θεῶν inspiriert es zur philosophischen Reflexion, die zu Erkenntnissen περὶ τῶν θεῶν – wie sie der Hauptteil der Schrift entwickelt – bis hin zur Bestimmung Apollons als eines ἕν καὶ ὄν führen kann. Für Plutarch, den Autor der ganzen Schrift, drückt sich also das Wesen des Gottes durch das E gerade darin aus, dass es, wenn auch auf verschiedensten Wegen, zu Erkenntnissen über den Gott führt, der Gott selbst jedoch noch über all seinen Auslegungen durch die von ihm inspirierten Menschen steht. Auf diese Haltung des Dialogautors Plutarch weisen auch zwei Bemerkungen hin, die die Rede des jugendlichen Dialogsprechers rahmen: Unmittelbar vor der Wiedergabe der Rede seines jugendlichen Ich weist Plutarch auktorial ausdrücklich darauf hin, er habe zur Zeit des Gesprächs eine leidenschaftliche Begeisterung für die Mathematik gehegt31, später jedoch als An30 Vgl. De E 1,385F ἀλλ᾿ ἢ δύναμιν αὐτοῦ κατιδόντας ἰδίαν καὶ περιττὴν ἢ συμβόλῳ χρωμένους πρὸς ἕτερόν τι τῶν ἀξίων σπουδῆς τοὺς ἐν ἀρχῇ περὶ τὸν θεὸν φιλοσοφήσαντας οὕτω προθέσθαι. 31 Ganz ähnlich charakterisiert Plutarch sein jugendliches Ich im eingangs erwähnten Amatorius, in dem er zwar nicht der Mathematik, wohl aber seiner neuvermählten Frau
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hänger der Akademie in jeder Hinsicht die – wohlgemerkt ebenfalls delphische – Maxime des μηδὲν ἄγαν, der akademischen ‚Zurückhaltung‘32 gegenüber allzu großer Erkenntnissicherheit – die zumal, wie Plutarch an anderer Stelle betont, hinsichtlich des Wesens der Götter angebracht sei –, hochgehalten.33 Hier distanziert sich der Dialogverfasser Plutarch mit dem Rekurs auf eine spätere philosophische Haltung von seinem jugendlichen Erkenntnisübermut und begründet indirekt die Mehrdimensionalität seiner Diskussion des E. Schließlich findet sich am Ende der Rede ein vaticinium ex eventu des Apollonpriesters Plutarch34 im Hinblick auf eine Äußerung, die er sein junges Ich hinsichtlich der Handlungen der delphischen Apollonpriester tätigen lässt. Als Plutarch sich anschickt, die Bedeutung der 5 auch noch innerhalb der Vorbereitungen der Pythia auf ihren heiligen Dienst vorzuführen, sperrt sich der Priester Nikandros gegen eine weitere Ausführung mit dem Hinweis, es handle sich hier um ein ἄρρητον, ein unsagbares Wissen, das außer für die Priester für niemanden bestimmt sei. Da nun lässt der alte Plutarch den jungen – mit einem Lächeln – sagen: „Bis mir der Gott dann, wenn ich ein ‚Geweihter‘ geworden bin, die Wahrheit zu erkennen gibt, soll auch dies bei dem über die Fünf Gesagten stehen bleiben.“35 Lässt Plutarch an dieser Stelle sein jüngeres Ich den Wissensanspruch des Priesters Nikandros mit einem Lächeln und einer ironischen Bemerkung quittieren, so signalisiert er damit nichts
leidenschaftlich zugetan ist. Vgl. zu dieser Parallele und zum Bild des jungen Plutarch im Amatorius H. GÖRGEMANNS, Eros als Gott in Plutarchs „Amatorius“, in: HIRSCH-LUIPOLD, Gott und die Götter (s. Anm. 4), 169–195, bes. 188–191. 32 Vgl. zu dieser εὐλάβεια τῶν ἐν Ἀκαδημείᾳ φιλοσόφων (De sera 4,549E6) FELDMEIER, Philosoph und Priester (s. Anm. 4), 416f.: „Plutarch empfiehlt als einzig angemessene Haltung gegenüber Gott bzw. dem Göttlichen die εὐλάβεια, womit er im Blick auf das göttliche Gegenüber die fromme Scheu, im Blick auf das urteilende Subjekt die im Wissen um die Grenzen der eigenen Urteilsfähigkeit gründende Behutsamkeit und Gewissenhaftigkeit meint.“ An Plutarchs Aussage über seinen philosophischen Werdegang hängt eine ganze Diskussion über Plutarchs Selbstverständnis als Akademiker und die Tendenzen der Akademie zu seiner Zeit, die noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann und für ein tieferes Verständnis von De E apud Delphos dringend weitergeführt werden muss. Verwiesen sei an dieser Stelle nur auf die wichtigen Ausführungen bei J. OPSOMER, In Search of the Truth. Academic Tendencies in Middle Platonism (Verhandelingen van de Koninklijke Academie voor Wetenschappen, Letteren en Schone Kunsten van België, Klasse der Letteren 60, Nr. 163), Brüssel 1998, 178–186. 33 Vgl. De E 7,387F ἐπεὶ τηνικαῦτα προσεκείμην τοῖς μαθήμασιν ἐμπαθῶς, τάχα δὴ μέλλων εἰς πάντα τιμήσειν τό ‘μηδὲν ἄγαν’ ἐν Ἀκαδημείᾳ γενόμενος. 34 Vgl. HIRZEL, Der Dialog (s. Anm. 11), Bd. 2, 199, Anm. 2; R. FLACELIÈRE, Plutarque, Œuvres Morales, Tome VI, Dialogues Pythiques, Texte établi et traduit par R.F., Paris 1974, 5f.; D. DEL CORNO, in: Ders. (Hg.), Plutarco. Dialoghi Delfici. Il tramonto degli oracoli. L’E di Delfi. Gli oracoli della Pizia. Introduzione di D. DEL CORNO, Milano 1983, 47; D. RUSSELL, Etos nei dialoghi di Plutarco, ASNP 22 (1992) 399–429, 419. 35 Vgl. De E 16,391E.
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anderes als seine skeptische Souveränität gegenüber einer allzugroßen Sicherheit, für die Rätsel von Delphi letztgültige Antworten gefunden zu haben. In diesem Sinne soll zum Schluss noch einmal der Blick auf den Anfang der Schrift gerichtet werden, an dem Plutarch gegenüber dem Adressaten Sarapion betont, dass er selbst seinen Beitrag, also den gesamten Text De E apud Delphos, nur für vorläufig halte: Er übersende Sarapion ‚einige der Pythischen Logoi‘ als eine Art ‚Erstlingsspende‘ (ὥσπερ ἀπαρχάς) und erwarte im Gegenzug von Sarapion und dessen Freunden ‚weitere und zahlreichere und bessere‘ Schriften, die sich aus deren Forschungen und gemeinsamen Gesprächen ergeben sollen.36 Eben den Begriff der ‚Erstlingsspende‘ greift Plutarch später im Dialog wieder auf, just im Rahmen der Worte, die er Eustrophos, einen ebenso wie sein jugendliches Ich von der Mathematik begeisterten Freund, unmittelbar vor seiner eigenen Rede sprechen lässt: Eine Ausführung über die Zahl 5 soll eine ‚Erstlingsspende für den Gott aus der von uns geliebten Mathematik‘ sein (ἀπάρξασθαι τῷ θεῷ τῆς φίλης μαθηματικῆς)37, und der junge Plutarch kommt dieser Aufforderung dann, wie gezeigt wurde, mit Begeisterung nach; der alte Plutarch, der De E apud Delphos verfasst hat, hat seine Aufgabe womöglich ähnlich verstanden: Einen philosophischen Text als Spende an den Gott, der selbst ein Philosoph ist, ein Text freilich, der weniger auf eine endgültige Lösung des durch das E gestellten Rätsels aus ist, als auf die Darstellung der ungebrochenen Faszination, die vom Wesen des Apollon ausgeht und die seit den Tagen der legendären Weisen nie an Intensität verloren hat. Und so reiht sich Plutarch gemeinsam mit seinen Gesprächspartnern in die Reihe derer ein, die immer wieder neu die philosophieprotreptische Kraft des Gottes verspüren und der ‚Fülle von Reden‘, die von jedem der delphischen Rätsel ‚wie aus einem Samen emporsprießen‘38, weitere hinzufügen.
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De E 1,384E ἐγὼ γοῦν πρὸς σὲ καὶ διὰ σοῦ τοῖς αὐτόθι φίλοις τῶν Πυθικῶν λόγων ἐνίους ὥσπερ ἀπαρχὰς ἀποστέλλων ὁμολογῶ προσδοκᾶν ἑτέρους καὶ πλείονας καὶ βελτίονας παρ᾿ ὑμῶν, ἅτε δὴ καὶ πόλει χρωμένων μεγάλῃ καὶ σχολῆς μᾶλλον ἐν βιβλίοις πολλοῖς καὶ παντοδαπαῖς διατριβαῖς εὐπορούντων. 37 De E 7,387E. 38 Vgl. De E 2,385D.
Die Frage nach der Wahrheit im Johannesevangelium anhand der Pilatusfrage (Joh 18,33–38a) PETER G. KIRCHSCHLÄGER Einleitung In diesem Beitrag möchte ich zeigen, wie das Johannesevangelium den Begriff „Wahrheit“ in großer Vielfalt einsetzt, und sodann exemplarisch anhand der Pilatusfrage (Joh 18, 33–38a) darlegen, wie das JohEv die Frage nach der Wahrheit der Form und dem Inhalt nach stellt und beantwortet. Zunächst wird der Befund des JohEv zusammenfassend dargestellt und mit meinem diesbezüglichen Forschungsergebnis verbunden (1). Anhand der Perikope über die Wahrheitsfrage des Pilatus kann ich sodann an einem Beispiel zeigen, wie sich der Wahrheitsbegriff in einem johanneischen Textabschnitt entwickeln kann (2). Dies ermöglicht weitere Perspektiven für das johanneische Verständnis von „Wahrheit“ zu erschließen (3), und es führt zu einem Fazit (4).
1. Die Entwicklung des Begriffs „Wahrheit“ als Ausdruck von Spannung und Interaktion Der Begriff ἀλήθεια/„Wahrheit“ gehört zu den theologischen Leitwörtern im JohEv. Die Analyse der entsprechenden Textabschnitte zeigt, dass die mit diesem Terminus verbundene Konnotation verschiedene Akzente aufweist: „Wahrheit“ wird im JohEv erstens im epistemologischen Sinn (vgl. Joh 1,14– 18; 8,21–30; 8,31–47; 14,5–11; 18,33–38a) verwendet, das bedeutet: „Wahrheit“ steht für die Erkenntnis, die durch die Sinne eingeleitet wird, dort aber nicht stehen bleibt, sondern den ganzen Menschen erfasst, da beispielsweise das „Sehen“ der „Wahrheit“ im Menschen etwas auslöst. Joh 1,14–18 ist von der epistemologischen Bedeutung von „Wahrheit“ geprägt. Im „Sehen der Herrlichkeit“ (die voll von „Wahrheit“ ist) (Joh 1,14), im „Nichtgesehenwerden Gottes von einem Menschen“, im „Kundebringen durch den Einziggeborenen“ (dessen Herrlichkeit zuvor voll von „Wahrheit“
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ist) und im „Werden der Wahrheit durch Jesus Christus“ (Joh 1,17) wird „Wahrheit“ im epistemologischen Sinn verwendet. Denn in diesem Textabschnitt wird das Sichtbarwerden der „Wahrheit“ für die Welt ausgedrückt. Im absoluten Ἐγώ εἰμι-Wort in Joh 8,28 umschreibt der Inhalt des absoluten Ἐγώ εἰμι-Wortes die Erkenntnis des wahren Wesens Jesu, nämlich dass er (es) ist. Da Jesus damit Unverständnis auslöst, verheißt er den Menschen die Erkenntnis für den Augenblick der Erhöhung als Menschensohn (γνώσεσθε) in naher Zukunft. In Joh 8,31–47 redet Jesus die „Wahrheit“1, und die Menschen können die „Wahrheit“ hören. Zudem stellt er ihnen die Erkenntnis der „Wahrheit“ in Aussicht. Joh 14,5–11 findet sich die epistemologische Dimension von „Wahrheit“ im „Erkennen“, „Sehen“, „Reden“ und in den „Werken“: „Wenn ihr mich erkannt habt (der ich mich vorher als Wahrheit identifiziert habe), werdet ihr auch meinen Vater erkennen.“ (14,7); „Der mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (14,8); „Die Worte, die ich euch sage …“ (14,10); „der in mir bleibende Vater tut seine Werke“ (14,10). In Joh 18,37 stellt Jesus das Hören seiner Stimme, der Stimme der „Wahrheit“ in Aussicht. Diese epistemologische Verwendung des Begriffs „Wahrheit“ lässt die damit umschriebene göttliche Wirklichkeit als unmittelbar zugänglich erscheinen. Zweitens versteht das JohEv „Wahrheit“ im personalen und relationalen Sinn (vgl. Joh 1,14–18; 4,20–24; 8,21–30; 8,31–47; 14,5–11). In der Beziehung zwischen Vater und Sohn, deren Beziehungsträger der Vater, deren Beziehungsziel der Sohn und deren Beziehungsgrund das Werden des Sohnes aus und im Vater ist, entsteht die „Wahrheit“. Die „Wahrheit“ ist die Wirklichkeit Gottes, die im Sohn wird. Der Sohn ist in der Einheit mit dem Vater die „Wahrheit“. Dabei wird die Vielheit bewahrt, ohne die Einheit zu verlieren. In Joh 1,14.17 wird „Wahrheit“ im personalen und relationalen Sinn für das Wirklichwerden Gottes in seinem menschgewordenen Sohn, für die Offenbarung Gottes in seinem Sohn, verwendet. Die „Wahrheit“ wird in Jesus Christus, Gottes Sohn. Nach Joh 4,20–24 wird Gott authentisch „in Geist und Wahrheit“ verehrt. „Geist“ und „Wahrheit“ stehen für die göttliche Einheit zwischen Vater und Sohn. „In Geist“ (von Gott dazu begleitet) und „Wahrheit“ (in der Offenbarung Jesu, in Jesus, d.h. „Wahrheit“ in einem relationalen Sinn) ist es dem Mensch möglich, Gott wahrhaftig anzubeten, da Gott „Geist“, d.h. anders als die Welt ist. Nur in und mit Gott können die Menschen Gott anbeten. Die absoluten Ἐγώ εἰμι-Worte (Joh 8,21–30) lassen erkennen: Jesus ist (es), er ist die „Wahrheit“ in absoluter Einheit mit dem Vater. Zwar können die Menschen nach Joh 8,31–47 die „Wahrheit“, die Jesus „redet“, „hören“. Über diese epistemologischen Sinngebung hinaus wird ein relationaler Akzent gesetzt: Jesus identifiziert sich mit seinen Worten, mit der 1 Die epistemologische Dimension des Wahrheitsbegriffs wird auch in Joh 16,7 zum Ausdruck gebracht: „Ich (Jesus) sage euch die Wahrheit“, und in Joh 17,17: „Dein (Gottes) Wort ist Wahrheit“.
Wahrheit im Johannesevangelium
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„Wahrheit“. Mit ähnlicher Sinnspitze findet sich im Ἐγώ εἰμι-Bildwort (Joh 14,6) eine Selbstcharakterisierung Jesu als „Wahrheit“. Drittens steht „Wahrheit“ im ethischen und legalen Sinn. Das von Gott gegebene Gesetz (vgl. 1,17) wird als „Wahrheit“ verstanden. Das Gegenteil zum Tun von Schlechtem stellt das Tun der „Wahrheit“ dar. In Joh 1,14–18 wird „Wahrheit“ in einer Parallelsetzung innerhalb der jüdischen Tradition im ethischen/legalen Sinn verwendet: „Wahrheit“ wird parallel zum Gesetz gesehen, das als Wahrheit verstanden wird und „durch Mose gegeben“ wurde.2 Viertens erhält „Wahrheit“ im JohEv auch einen topologischen Sinn (vgl. Joh 14,5–11; 18,33–38a), da sie als der Ort betrachtet wird, zu dem der johanneische Christus hinführt bzw. von dem Christus bzw. die Glaubenden herkommen. In Joh 14,5–11 charakterisiert sich Jesus als der „Weg“, auf dem man ausschließlich zur „Wahrheit“ gelangt. „Wahrheit“ mit dieser topologischen Perspektive erlaubt, geortet und durch Jesus erreicht zu werden. In Joh 18,37 bezeichnet „Wahrheit“ die Herkunft, die dem Menschen das Hören der Stimme Jesu eröffnet. Fünftens wird „Wahrheit“ im martyrologischen und konfessorischen Sinn verwendet (vgl. Joh 18,33–38a). Die „Wahrheit“ wird bezeugt, und der johanneische Christus tritt als Zeuge der „Wahrheit“ auf, zu dem man sich seinerseits bekennt. Der johanneische Christus ist die „Wahrheit“ selbst und deren Zeuge. Jesus kam in die Welt, um Zeugnis für die göttliche Wirklichkeit abzulegen. Dieses Zeugnis für die „Wahrheit“ führt zum Tod Jesu, auf den es gleichzeitig auch verweist. Dieser Tod Jesu für „Wahrheit“ wird zum Zeugnis für diese.3 Sechstens findet sich die „Wahrheit“ auch im pädagogischen Sinn im JohEv (vgl. Joh 8,31.32). Nur wer in der „Wahrheit“ bleibt, d.h. sich von dieser leiten lässt und sein Leben nach ihr ausrichtet, ist Jüngerin und Jünger von Christus. Dabei geht es um das Fundament, auf dem das Leben eines Menschen aufgebaut werden soll, und das Wie der Lebensführung. Letztere richtet sich an der „Wahrheit“ aus, in der es zu bleiben gilt. Dieses Ausharren in der „Wahrheit“ kann auch zu Problemen für den Menschen bzw. für die Gemeinde führen. Die „Wahrheit“ im pädagogischen Sinn ist daher auch als wegweisend für die Gemeinde zu verstehen und thematisiert ihren Zusammenhalt.4 Siebtens verkündet das JohEv „Wahrheit“ im soteriologischen Sinn (vgl. Joh 8,31.32). Die „Wahrheit“ befreit den Menschen, bedeutet für ihn Rettung und Leben. Nach Joh 8,31.32 werden die Menschen durch die „Wahrheit“ von der Sünde befreit. Sünde bedeutet an dieser Stelle Handeln gegen Gott, Fernsein von Gott, Unglauben, und bezieht sich auf die ablehnende Haltung ge2 Die ethische Bedeutung des Wahrheitsbegriffes finden wir auch in Joh 3,21, wenn „Wahrheit tun“ dem „Schlechtes tun“ entgegengesetzt wird. 3 Vgl. die Verheißung in Joh 8,28. 4 Vgl. Joh 15,4–10.
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genüber Jesus als dem von Gott Gesandten. Diese ablehnende Haltung wird als Sünde, als Negation der „Wahrheit“ identifiziert. Ihre Auswirkung wird konsequent zu Ende gedacht: Wenn die „Juden“, die Gott auserwählt und mit denen er einen Bund geschlossen hat, Jesus nicht als Gottes Sohn annehmen, stellen sie sich außerhalb des gültigen Bundes Gottes mit dem Volk Israel. Achtens kommt „Wahrheit“ im JohEv im nahezu apokalyptischen Sinne der Offenbarung von Verborgenem vor (vgl. Joh 1,14–18). Das „Sehen der Herrlichkeit“ (die voll von „Wahrheit“ ist) folgt auf das bisherige „Nichtgesehenwerden Gottes von einem Menschen“ im „Kundebringen durch den Einziggeborenen“ (dessen Herrlichkeit voll von „Wahrheit“ ist) (Joh 1,17). „Gnade und Wahrheit“ werden durch die Menschwerdung Jesu Christi Wirklichkeit. Gott offenbart sich in Jesus Christus den Menschen. Logos-Philosophie bzw. jüdische Tradition werden radikalisiert5, indem in Jesus Christus „Gnade und Wahrheit“ werden, d.h.: Attribute Gottes werden für gläubige Menschen erkennbar. Bei der johanneischen Entwicklung des Wahrheitsbegriffs fällt auf, dass in den einzelnen Textstellen jeweils nicht nur ein einziges Verständnis von „Wahrheit“ zum Zug kommt. Mehrere Bedeutungsnuancen, die je anders zusammengesetzt und akzentuiert werden, treffen aufeinander. Einige von diesen Dimensionen des Wahrheitsbegriffs erfahren in sich selber Entwicklungen und unterschiedliche Akzentsetzungen (z.B. die relationale Dimension des Wahrheitsbegriffs in Joh 1, Joh 4, Joh 8, und Joh 14, die epistemologische Dimension in Joh 1, Joh 8, Joh 14 und Joh 18, die topologische Dimension in Joh 14 und Joh 18). Das Phänomen der Lektüre des Evangeliums bringt stets anreichernde, schließlich eine kumulative Dimension mit sich. Daher spielt die Reihenfolge der einzelnen Textstellen und ihres Verständnisses von „Wahrheit“ eine Rolle. Die Reihenfolge schafft eine Perspektive, die für die Lektüre der folgenden Textabschnitte vorausgesetzt wird (Prolepsen). Dies lässt sich beispielsweise an den Ich-bin-Worten zeigen: In Joh 14 steht das „Ich-bin“ auf einer christologischen, in Joh 15 auf einer ekklesiologischen Ebene. Gleichzeitig verweisen die nachfolgenden Passagen auf die vorausgehenden (Analepsen). Des Weiteren hängen die Schattierungen des Wahrheitsbegriffs auch von der Konfiguration der einzelnen Erzähleinheiten ab. Sie sind sehr konsequent kontextualisiert, machen aber gleichzeitig für das Gesamte des Evangeliums und für das Ganze der einzelnen Erzählung Sinn. Es zeigt sich also: Im JohEv treten Wahrheitsansprüche auf, die in ihrer Nuancierung variieren, und es bestehen inhaltliche Differenzen wie auch Kohärenzen. Anhand der für den Wahrheitsbegriff und für den Wahrheitsanspruch des johanneischen Christus thematisch relevanten Textstellen ist ein 5 Vgl. dazu weiter unten (S. 258-261) ausführlicher im Rahmen des Rückgriffs auf Joh 1,14.17.
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diskursives und systematisches Interaktionsmuster und Spannungsfeld in der johanneischen Entwicklung des Begriffs „Wahrheit“ erkennbar.6 Dieses Spannungsfeld und Interaktionsmuster weist eine Struktur auf, aufgrund der das JohEv als Erzählwerk erzähltheoretisch als „discourse“ von einer „story“ zu unterscheiden ist. Unter einem Interaktionsmuster in der literarischen Begriffsentwicklung von „Wahrheit“ verstehe ich den Befund, dass sich die verschiedenen Verwendungen des Begriffs im JohEv auf einander beziehen und sich gegenseitig komplementär ergänzen. Mit Spannungsfeld umschreibe ich die Beobachtung, dass sich die verschiedenen Verwendungen zwar nicht widersprechen, dass durch sie jedoch unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, die in Spannung zueinander stehen können. Als diskursiv und systematisch erweist sich die Begriffsentwicklung, da zum einen die verschiedenen Facetten des Begriffs thematisiert werden, zum anderen sich dabei zugleich die sorgfältige Komposition der Wahrheitsstellen zeigt. ἀλήθεια wird als zentraler johanneischer Grundbegriff nur dann bewusst eingesetzt, wenn er im Dienste des Gesamtverständnisses des komplexen theologischen Konzepts des JohEv steht und dafür einen Teilaspekt deutlich machen kann. Die Kombination innerhalb der einzelnen Textstellen folgt aber keinem System bzw. keinem Code, der mit der Kombination an anderen Textstellen zusammenhängt. Vielmehr ist die Zusammenstellung der Nuancen vom Kontext der einzelnen Textstellen abhängig. Für den Wahrheitsbegriff bzw. den Wahrheitsanspruch lässt sich eine dynamische literarische Entwicklung aufzeigen, die mit Relecture (2 Texte – 2 Autoren, z.B. Joh 14 und Joh 15) und Réécriture (1 Autor – 1 Text, Vertiefung und Neuinterpretation, z.B. 15,1–4 und 15,5–8) erklärt werden kann.7 Dabei ist nicht die Autorenfrage zentral, sondern die Feststellung eines Textphänomens. Das Modell von Spannung und Interaktion will einen Beitrag zur besseren Wahrnehmung des johanneischen Wahrheitsbegriffs leisten und diesen Terminus bis zu einem gewissen Grad erklären. Anhand der Pilatusfrage
6 Anders Y. IBUKI, Die Wahrheit im Johannesevangelium, Bonn 1972, der von einer linearen Begriffsentwicklung ausgeht. Mit Ibuki teile ich die Wahrnehmung einer Systematik in der Begriffsentwicklung, nicht aber deren Linearität. 7 Daher folge ich dem komplementären Sowohl-als-auch, das von Scholtissek formuliert wird, vgl. K. SCHOLTISSEK, The Johannine Gospel in Recent Research, in: S. MCKNIGHT, G.R. OSBORNE (Hgg.), The Face of New Testament Studies. A Survey of Research, Grand Rapids 2004, 444–472; K. SCHOLTISSEK, Relecture et réécriture: Neue Paradigmen zu Methode und Inhalt der Johannesauslegung aufgewiesen am Prolog 1,1–18 und der ersten Abschiedsrede 13,31–14,31, TP 75 (2000) 1–29; dazu auch P.G. KIRCHSCHLÄGER, The Combination of A Literary And A Historical Approach To The Gospel of John. Response to Marinus de Jonge, in: T. THATCHER (Hg.), What You Have Heard From the Beginning: The Past, Present, and Future of Johannine Studies, Waco 2007, 145–148.
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(Joh 18,33–38a) will ich exemplarisch darlegen, wie diese Begriffsentwicklung und -variation im Johannesevangelium geschehen kann.
2. „Dass ich Zeugnis gebe für die Wahrheit“ (18,33–38a) „Dass ich Zeugnis gebe für die Wahrheit“ – in Joh 18,37 wird das letzte Element des gesamten Interaktionsmusters und Spannungsfeldes der Entwicklung des Wahrheitsbegriffs im JohEv hinzugefügt: Jesus bezeugt die „Wahrheit“.8 Für die martyrologische und konfessorische Bedeutung des Wahrheitsbegriffs findet sich in der Erzählung von der Festnahme, vom Prozess und der Hinrichtung Jesu (Joh 18,1–19,42) ein passender Erzählkontext, indem Jesus als Angeklagter wahrheitsgemäß über sich selbst und seine Existenz aussagt. Jesus steht im Verhör vor Pilatus, nachdem die Ankläger dem Richter bereits die Anklagepunkte vorgetragen haben.9 Dem JohEv geht es nicht um die historische Genauigkeit, denn es wäre undenkbar gewesen, dass der Repräsentant des römischen Imperiums zwischen den Anklägern draußen und dem Angeklagten im Gebäudeinneren hin und her läuft.10 Vielmehr stehen die narrative Struktur und deren Aussage im Vordergrund.11 Zur Entwicklung dieser Aussage bedient sich das JohEv einer Erzählung, die zwei Schauplätze (innerhalb und außerhalb des Prätoriums) kennt. Joh 18,28–19,16 weist nach einer Einleitung in Joh 18,28 acht Szenen auf. Vor 18, 33–18,38b wird eine Szene erzählt. Während die Szenen innerhalb des Prätoriums die Herkunft und Identität Jesu thematisieren, sind die 8 Dabei ist zu beachten, dass die „Wahrheit“ im JohEv bereits von Johannes dem Täufer bezeugt worden ist (vgl. Joh 5,33), bisher aber Jesus selbst sich als „Wahrheit“, nicht jedoch als Zeuge der „Wahrheit“ offenbart hat. 9 X. LÉON-DUFOUR, Lecture de l’évangile selon Jean, Tome I–IV, Paris 1988–1996, Bd. IV, 81, weist darauf hin, dass dies historisch nicht unmöglich ist, da Jesus kein römischer Bürger ist und daher Pilatus seinen Fall alleine in die Hand nehmen kann. Dieser Aspekt ist zu relativieren, da es sich bei dieser Perikope um eine durchdacht aufgebaute Erzählung handelt und nicht um einen historischen Bericht. 10 T. SÖDING, Die Macht der Wahrheit und das Reich der Freiheit. Zur johanneischen Deutung des Pilatus-Prozesses (Joh 18,28 – 19,16), ZThK 93 (1996) 35–58, 38, hält treffend fest: „Der Pilatus-Prozess ist eine grandiose theologische Inszenierung auf höchstem literarischen Niveau. Voller historisch wertvoller Details, ist der Text doch nicht geschrieben, um korrekt wiederzugeben, was ein neutraler Beobachter damals im Prätorium hätte protokollieren können. Nach dem Willen des Evangelisten soll er vielmehr erst die historische Wahrheit des Prozesses Jesu ans Licht bringen: Er soll sichtbar machen, weshalb Jesus in Wahrheit verurteilt worden ist und das ungerechte Urteil hingenommen hat. Nicht akribische Detailgenauigkeit, wie sie einem neuzeitlichen Historiker angemessen wäre, zeichnet die Johannespassion aus, sondern theologische Wirklichkeitsnähe, wie sie einem Evangelisten gemäß ist.“ 11 So auch J. ZUMSTEIN, Der Prozess Jesu vor Pilatus, in: Ders., Kreative Erinnerung, Zürich 2004, 241–252, 244–245.
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Szenen außerhalb geprägt von der Begegnung zwischen Pilatus und den „Juden“. Letztere repräsentieren die Welt, die Jesus nicht annimmt und seiner Botschaft mit Unglauben begegnet.12 Pilatus verbindet Innen und Außen.13 In Joh 18,37 stellen sich im Bezug auf das Verständnis von „Wahrheit“ hinsichtlich der Aussage Jesu, „dass ich Zeugnis gebe für die Wahrheit“, zwei Fragen: Erstens ist zu klären, was „Zeugnis geben“ bedeutet, und wer das Zeugnis gibt. Zweitens ist zu überlegen, was die „Wahrheit“ ist, für die jener, der bisher für sich beansprucht hat, die „Wahrheit“ zu sein (vgl. z.B. Joh 14,6– 11), jetzt Zeugnis geben will. Jesus ist „in die Welt gekommen“14 und „geboren“, um für die „Wahrheit“ Zeugnis abzulegen.15 Dieser zentrale Punkt
12 Dabei gilt es zu unterstreichen, dass die „Juden“ ein literarischer Begriff sind, aus dem keine Schlüsse auf den historischen Ablauf der Geschehnisse des Lebens und des Todes Jesu zu ziehen sind. 13 So auch ZUMSTEIN, Prozess (s. Anm. 11), 245–246. Zumstein hält zudem noch drei Erzählstränge („Juden“, Pilatus, Jesus) fest, die den jeweiligen Protagonisten in Joh 18,28–19,16 identifizieren. Joh 18,33–38a bildet einen der drei zentralen Punkte des Erzählstranges Jesu, nämlich den ersten Dialog mit Pilatus. Vgl. ibid., 246–252. 14 Die johanneische Vorzugsvokabel κόσμος (R. MORGENTHALER, Statistik des neutestamentlichen Wortschatzes, Zürich 21972, 182) bezeichnet bei Joh die nichtgöttliche Welt. „Welt“ besitzt bei Joh eine negative (1,5; 1,10; 3,19; 7,7; 8,23; 9,39; 10,36; 12,31; 14,17; 14,19; 14,22; 14,27; 14,30; 15,18f.; 16,11; 16,33; 17,6.9; 17,13.14.15.16; 17,25; 18,36) oder eine positive Konnotation (1,29; 3,16f.; 3,19; 4,42; 6,33; 6,51; 8,12; 8,26; 9,5; 11,27; 12,46; 12,47; 14,31; 16,28; 17,18; 17,21.23; 18,37; 20,21). Zudem kennt das JohEv auch einen ziemlich neutralen Umgang mit dem Begriff „Welt“ (6,14; 7,4; 11,9; 12,19.25; 13,1; 16,21; 17,5.24; 21,25). Vgl. dazu C. DIETZFELBINGER, Das Evangelium nach Johannes (ZBK 4/1), Zürich 2001, 245–247. In der Definition „nicht von dieser Welt“ geht es um die Herkunft Jesu, die sich über die dualistische Gegenüberstellung, über die Abgrenzung von der menschlichen Herkunft als göttlich erweist. Anders R. SCHNACKENBURG, Das Johannesevangelium (HThK IV/2), Freiburg 21971, 252, der mit Verweis auf den „Herrscher dieser Welt“ (Joh 12,31; 16,11) und auf 15,19; 17,14.16 (Jesu Jüngerinnen und Jünger sind nicht von dieser Welt), auf 18,36 (Jesu Herrschaft ist nicht von dieser Welt) und auf 8,44–47 „Welt“ in 8,23 als „die Menschen in ihrer Gottentfremdung“ versteht. Gewiss treffen die Verweise, die Schnackenburg aufführt, zu. Grundsätzlich lässt sich aber die Frage stellen, ob 8,23 von der „Welt“ her zu lesen ist, oder ob nicht vielmehr die Herkunft Jesu das zentrale Thema ist, dem die Abgrenzung von der „Welt“ dient („Welt“ steht auch in Verbindung zum Kommen und somit der Herkunft Jesu, nicht zum Zeugnis), ohne genauer zu spezifizieren, ob die „Welt“ nun die irdische Welt oder eine gottwidrige Welt ist. Daher ist anders als bei Morgenthaler und im Unterschied zu Schnackenburg κόσμος in 18,36.37 nicht als Gegenteil von göttlich, sondern im Sinne einer Abgrenzung zu verstehen. 15 μαρτυρέω ist eine johanneische Vorzugsvokabel, vgl. MORGENTHALER, Statistik (s. Anm. 14), 182, die im JohEv (33mal) viel häufiger als in den anderen Ev vorkommt (bei Mt und Lk je einmal, bei Mk fehlt die Vokabel). Mehrheitlich wird μαρτυρέω im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit den „Juden“ verwendet, die Jesu Botschaft nicht annehmen. Der Begriff hat oft auch gerichtliche Züge. In Joh 18,37 ist die Vorstellung von Jesus als Zeugen himmlischer Dinge stärker apokalyptisch geprägt. Wie der Täufer (vgl. Joh 5,33) so bezeugt Jesus in Joh 18,37 die „Wahrheit“, d.h. die göttliche Wirklichkeit. So auch R. SCHNACKENBURG, Das Johannesevangelium (HThK IV/3), Freiburg 21975, 286.
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wird durch einen Pleonasmus unterstrichen.16 Dieses Zeugnis Jesu für die „Wahrheit“ erweist sich als Grund seiner irdischen Existenz. Das Gesandtsein und der Grund seiner Existenz sind insofern von Interesse, weil so indirekt wiederum mehr über die „Wahrheit“ aufgedeckt wird, die Jesus nach Joh 14,6 selbst ist. Ein Rückgriff auf Joh 1,14.17 bietet sich an, da auch diese Verse die Menschwerdung Jesu thematisieren: Der Prolog des JohEv legt dar, dass der λόγος σάρξ wird. λόγος steht im JohEv häufiger als in den anderen Evangelien (40mal).17 In seiner absoluten Form, die das Erscheinen des ewig-göttlichen Lebensbringers Jesus in der Geschichte im irdischen Bereich umfasst, kommt der Begriff nur im Prolog des JohEv und im Vorwort des 1 Joh vor und hebt sich von allen anderen Stellen im NT ab. Der Logos-Begriff bezeichnet sonst im JohEv die Predigt Jesu, die gemäß der johanneischen Theozentrik auf den Vater zurückgeführt wird, und die die HörerInnenschaft des Wortes Jesu zu einer klaren Entscheidung in Form einer Annahme oder einer Ablehnung des λόγος auffordert. Im Prolog radikalisiert das JohEv die Logos-Tradition18, die ihren Ursprung bei Heraklit hat. Dieser dachte den λόγος als göttliche Kraft, welche die ganze Welt durchwaltet.19 Während Heraklit Apollo als Logos bezeichnete, verwendet das JohEv den Begriff für Jesus Christus. Vor einem jüdischen Hintergrund ist λόγος (letztlich personale) Chiffre für die Heils- und Kommunikations-, ja Beziehungsabsicht Gottes von Anfang an.20 Gott geht im λόγος auf die Menschen zu und bietet ihnen einen Weg der Erlösung.21 Mit dem Begriff σάρξ22, wird in Joh 1,14 die Annahme der irdischen Gestalt des λόγος gefasst.23 Diese Antwort auf das Wie des Kommens des λόγος stellt ein absolutes Paradox dar:
16 So auch R. BULTMANN, Das Evangelium des Johannes (KEK 2), Göttingen 1968, 507; SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 286; J. BECKER, Das Evangelium nach Johannes (ÖTK 4/2), Würzburg 1981, 568; C. DIETZFELBINGER, Das Evangelium nach Johannes (ZBK 4/2), Zürich 2001, 275; K. WENGST, Das Johannesevangelium (ThKNT 4/2), Stuttgart 2001, 227; L. SCHENKE, Johannes Kommentar, Düsseldorf 1998, 352. 17 Mt: 33mal; Mk: 24mal; Lk: 32mal. 18 A. BONHÖFFER, Epiktet und das Neue Testament (RVV 10), Giessen 1911, 183, geht soweit, den Logosbegriff als das einzige Element im JohEv zu bezeichnen, das an die hellenistische Philosophie erinnert. Er führt den Begriff aber dann auf das Judentum, insbesondere auf Philo zurück, vgl. ibid., 184. 19 Vgl. Sext. Emp. Math. 7.132. 20 LÉON-DUFOUR, Lecture (s. Anm. 9), Bd. I, 112, nimmt eine neue Art der Kommunikation wahr: „C’est maintenant le don de la rencontre“. 21 Vgl. dazu ebd. 50–62. 22 σάρξ wird von Joh relativ selten verwendet (13mal). Joh 3,6 definiert mit „aus dem Fleische“ die Herkunft des Menschen aus der irdischen Sphäre, die nicht zur Königsherrschaft Gottes gehört, aus der der Mensch aber durch die Geburt aus dem Geist in die Königsherrschaft Gottes gelangt. Der Mensch ist aber nicht sündig wegen des Fleisches, sondern wegen der Verweigerung des Glaubens (vgl. auch Joh 6,63). Joh 7,24 und Joh 8,15 hingegen ist das falsche Urteilen der Menschen nach dem ersten äußeren Augenschein gemeint. Joh 17,2 steht die traditionelle Formel „alles Fleisch“, mit der die Vollmachtsübergabe Gottes über die Menschen an Jesus bezeichnet wird. 23 Vgl. A. SAND, Art. „σάρξ“, EWNT III, Stuttgart 21992, 549–557.
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Der präexistente λόγος nimmt in der Welt die Gestalt eines Menschen (Jesus von Nazaret) an24, und dieser Mensch ist der präexistente λόγος.25 Von ihm wird gesagt, dass er „unter uns wohnte“. „In einem irdisch-geschichtlich begrenzten Leben findet die Offenbarungsherrlichkeit Gottes […] ihre eschatologische Gestalt. σκηνόω bezeichnet also nicht den vorübergehenden Ortswechsel des himmlischen λόγος, sondern die Fleischwerdung erschließt seine eschatologische Offenbarungsgestalt“ 26. Gottes Sohn wird Mensch und „wohnt unter uns“ – so offenbart sich Gott.27 Der „Einziggeborene vom Vater“ wird durch „Gnade“ und „Wahrheit“ charakterisiert. Dieses Hendiadyoin umschreibt die Form (Gnade) und den Inhalt (Wahrheit) des göttlichen Schenkens.28 Die ausschließliche Charakterisierung wird mit μονογενοῦς παρὰ πατρός geradezu pleonastisch überhöht. μονογενής steht für die einzigartige Personalität, für die Beziehung zum Vater und die Sendung Jesu.29 μονογενής in Joh 1,14.18 ist in diesem Sinne als „Einziger“ vom Vater, als einziger Offenbarer des Vaters zu verstehen.30
24 LÉON-DUFOUR, Lecture (s. Anm. 9), Bd. I, 116, erkennt die besondere Bedeutung dieser Vorstellung: „Si le Logos (et non pas Dieu le Père) prend figure humaine, c’est pour faire participer les hommes à son être propre et ainsi pour manifester ce qu’un homme authentique est appelé à être selon le projet de Dieu“. 25 B. LINDARS, The Gospel of John, London 1972, 94, nimmt überzeugend wahr: „It is precisely at this point of weakness that the full revelation of the Word has been given“. 26 J.-A. BÜHNER, Art. „σκηνόω“, EWNT III, Stuttgart 21992, 603–604, 604. 27 M. THEOBALD, Die Fleischwerdung des Logos. Studien zum Verhältnis des Johannesprologs zum Corpus des Evangeliums und zu 1 Joh (NTA [NF] 20), Münster 1988, 250, weist richtigerweise darauf hin, dass die Initiative bei Gott liegt: „Er ist Mensch geworden, er hat sein Zelt unter den Menschen aufgeschlagen, er ließ seine Herrlichkeit schauen.“ 28 So BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 49. Schnackenburg streicht den alttestamentlichen Hintergrund des Begriffspaares heraus (z.B. Ex 34,6: Bundesschluss) und bezeichnet die Doppelwendung als ungriechisch, vgl. SCHNACKENBURG, Joh I (s. Anm. 23), 248–249. So auch K. WENGST, Das Johannesevangelium (ThKNT 4/1), Stuttgart 2000, 66–68, anders LÉONDUFOUR, Lecture (s. Anm. 9), Bd. I, 121–123. THEOBALD, Fleischwerdung (s. Anm. 27), 250– 254 hebt hingegen μονογενής in V 14.18 von den anderen johanneischen Stellen ab, da diese – an die Isaak-Typologie (vgl. Gen 22,3.12.16, Röm 8,32; Hebr 11,17) anknüpfend – den Einsatz Gottes und seine Hingabe des einzigen Sohnes für das Heil der Welt betonen, μονογενής in V 14.18 aber die Verortung der ganzen Existenz Jesu als Offenbarer in Gott hervorhebt. Diese Differenzierung scheint mir zu weit zu gehen, da gerade die Aussage, dass Gott seinen Sohn als Offenbarer in die Welt sendet und Jesus als Offenbarer Gottes Sohn Gottes ist, zur Gabe seines einzigen Sohnes und dementsprechend zum einzigartigen Einsatz Gottes führt. 29 Dass μονογενοῦς hier die Einzigartigkeit Jesu bzw. seiner Beziehung zum Vater zum Ausdruck bringt, wird auch dadurch bestätigt, dass μονογενοῦς in der LXX achtmal vorkommt und dabei vor allem die Einzigartigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. Ps 21,21; Ps 24,16; Ps 34,18; SapSal 7,22). Vgl. dazu G. PENDRICK, ΜΟΝΟΓΕΝΗΣ, NTS 41 (1995) 587–600, 587; C.H. DODD, The Interpretation of the Fourth Gospel, Cambridge 1953, 305; P.L. HOFRICHTER, Eingeboren oder Einzig? Zur Übersetzung und Bedeutung des christologischen Titels μονογενής, in: Ders. (Hg.), Logoslied, Gnosis und Neues Testament (ThTS 10), Hildesheim 2003, 107–126. 30 Vgl. J.A. FITZMYER, Art. „μονογενής“, EWNT II, Stuttgart 21992, 1081–1083. LINDARS, Joh (s. Anm. 25), 96, weist richtigerweise darauf hin, dass von nun an Jesus nicht mehr mit „Wort“, sondern nur noch mit „Sohn“ bezeichnet wird.
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In Joh 1,17 wird der Logos erstmals beim Namen genannt: Jesus Christus. Während das Gesetz durch Mose „gegeben wurde“, „ist“ die Gnade und die Wahrheit durch Jesus Christus „geworden“. In dieser Aussage ist eine Steigerung erkennbar.31 Es handelt sich dabei nicht um eine Abgrenzung, sondern um eine Überhöhung.32 Durch einen synthetisch33-klimaktischen Parallelismus34 (Joh 1,17) werden Gesetz und Gnade/Wahrheit bzw. Mose und Jesus einander nicht gegenübergestellt35 bzw. einander gegenseitig vorgezogen. Sowohl Mose als auch Jesus gehen als Übermittler von Gesetz bzw. Gnade und Wahrheit auf den Willen Gottes zurück. 36 Dies wird durch das passivum divinum ἐδόθη37 deutlich gemacht. Gemäß jüdischem Verständnis, d.h. gemäß dem Verständnis der Adressatinnen und Adressaten ist auch das Gesetz in die Dimension von Gnade und Wahrheit zu rücken. Gesetz bzw. Gnade und Wahrheit, bzw. Mose und Jesus als Überbringer des Gesetzes bzw. der Gnade/Wahrheit bilden ein heilvolles Neben- bzw. Nacheinander.38 Neben der Verbindung zur alttestamentlich-jüdischen Tradition darf aber auch die Abgrenzung von ihr nicht übersehen werden. μονογενὴς θεός wird als Einziger, der Gott je gesehen hat, absolut gesetzt (Joh 1,18). Jesus Christus bildet hier wie im Verständnis des gesamten JohEv die Klimax der Lektüre der alttestamentlich-jüdi-
31 Dazu treffend J. ZUMSTEIN, „Niemand hat Gott je gesehen“. Das johanneische Gottesverständnis am Beispiel des Prologs, in: U. KÖRTNER (Hg.), Gott und Götter. Die Gottesfrage in Theologie und Religionswissenschaft, Neukirchen-Vluyn 2005, 51–70, 67: „Die Legitimität des alttestamentlichen Erbes wird nicht in Frage gestellt. Zwar wurde das Gesetz, Ausdruck des Gotteswillens, Mose gegeben, aber diese Gabe (vgl. Kap. 6) ist noch nicht die endgültige Gabe Gottes. Die endgültige Gabe ist in der Person Jesu Ereignis geworden (ἐγένετο), sie ist die Gabe des Lebens in Überfülle“. Ähnlich THEOBALD, Fleischwerdung (s. Anm. 27), 256. 32 Vgl. ZUMSTEIN, Gott (s. Anm. 31), 67. 33 So LINDARS, Joh (s. Anm. 25), 98. 34 A B C D Subj διὰ Obj4 Präd A’ B’ C’ D’ Subj διὰ Obj4 Präd So H. THYEN, Art. „Johannesevangelium“, TRE 17 [1988], 200–225, 203: „Wegen der Gesamtstruktur des Prologs und des fehlenden δὲ im Nachsatz zumal handelt es sich nicht um einen antithetischen, sondern um einen synthetisch-klimaktischen Parallelismus: Beschrieben wird ein in beiden Gliedern heilvolles Nacheinander“; so auch LÉON-DUFOUR, Lecture (s. Anm. 9), Bd. I, 130. Anders BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 53; SCHNACKENBURG, Joh I (s. Anm. 23), 252; DIETZFELBINGER, Joh I (s. Anm. 14), 33; SCHENKE, Joh (s. Anm. 16), 34. 35 DODD, Interpretation (s. Anm. 29), 84, versteht die Differenz nicht als Opposition, sondern wie das Verhältnis zwischen Schatten und Substanz. So auch LINDARS, Joh (s. Anm. 25), 97. 36 So auch SCHNACKENBURG, Joh I (s. Anm. 23), 252–253. ZUMSTEIN, Gott (s. Anm. 31), 67, hält treffend fest, dass es sich bei der ersten Hälfte des Verses um einen intertextuellen Verweis handelt, indem „Gesetz“ und „Mose“ Zitate in absentia sind, die auf die alttestamentlichjüdische Offenbarungsgeschichte verweisen. 37 So auch ZUMSTEIN, Gott (s. Anm. 31), 66–67; O. HOFIUS, Der in des Vaters Schoß ist (Joh 1,18), in: O. HOFIUS, H.C. KAMMLER, Johannesstudien (WUNT 88), Tübingen 1996, 24– 32, 30. 38 Ähnlich THYEN, Art. „Johannesevangelium“ (s. Anm. 34), 203; WENGST, Joh I (s. Anm. 28), 72. Anders BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 53; SCHNACKENBURG, Joh I (s. Anm. 23), 252; THEOBALD, Fleischwerdung (s. Anm. 27), 256; SCHENKE, Joh (s. Anm. 16), 34; DIETZFELBINGER, Joh I (s. Anm. 14), 33.
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schen Tradition (vgl. auch Joh 5 [Mose], Joh 8 [Abraham]). Jesus offenbart den Gott, mit dem Israel schon einen langen Weg gegangen ist, den aber noch niemand gesehen hat. Daher offenbart sich Gott den Menschen in seinem Sohn. Dies geschieht, indem sein Sohn Mensch wird. Sein Sohn ist nur in dieser Welt, um „Zeugnis zu geben“ für die „Wahrheit“. Durch seinen Sohn lässt Gott für die Menschen „Wahrheit“ und „Gnade“ werden. Das Zeugnis Jesu für die „Wahrheit“ erhält dadurch eine besondere Dimension, denn sein „Zeugnis geben“ besteht darin, dass durch ihn „Wahrheit“ wird. Sein Zeugnis für die „Wahrheit“ ist sein irdisches Leben, denn durch seine Existenz in dieser Welt wird „Wahrheit“.
Wer ist aber dieser Jesus Christus, durch den die „Wahrheit“ (Joh 1,17) wird, der die „Wahrheit“ ist (Joh 14,6), und der nur in diese Welt gekommen ist, um die „Wahrheit“ zu bezeugen? Das JohEv bedient sich in 18,33–38a der Königsmetaphorik, um den zu beschreiben, der „Wahrheit“ ist und bezeugt. Der Königstitel wurde zuvor in der Erzählung vorbereitet. Dennoch fällt auf, dass Jesus diesen Titel bisher im JohEv für sich nicht beansprucht hat. Nathanael (Joh 1,49) und die Menge (Joh 12,13) nennen ihn „König Israels“39, die Menschen möchten ihn zum König machen (Joh 6,15). Dass Jesus vor Pilatus selbst die entsprechende Semantik einführt (Joh 18,36) und der Königsbezeichnung für seine Person zustimmt (Joh 18,37), hängt mit dem unmittelbaren Kontext zusammen. Jesus steht in der Erzählung dem Repräsentanten des römischen Kaisers gegenüber. Auch wenn Jesus sich nicht als politischer König der „Juden“ versteht, bietet die Begegnung mit dem römischen Statthalter Gelegenheit dazu, seinen Anspruch zu thematisieren, König des auserwählten Volkes zu sein, für das die Verheißung Gottes gemäß dem JohEv gültig ist. Jesus wird als „König der Juden“ angeklagt, d.h. wegen der angeblichen Inanspruchnahme dieses Königstitels für sich selbst. Bei der Zuordnung des Königstitels durch Pilatus fällt auf, dass Pilatus seine Frage von einer Außenperspektive her stellt, da er vom „König der Juden“ und nicht vom „König Israels“ spricht.40 Des Weiteren wird deutlich, dass Pilatus aufgrund seines politischen Königsbegriffes an Jesus die Frage nach dessen Amt stellt. Pilatus will herausfinden, ob Jesus ein politisches Verbrechen begeht. Falls sich herausstellen würde, dass Jesus einen staatlichen Titel beansprucht, der ihm nicht zusteht, könnte ihn Pilatus zum Tode verurteilen.41 Pilatus versteht sich als
39 Vgl. M.C. DE BOER, Johannine Perspective on the Death of Jesus (Contributions to Biblical Exegesis and Theology 17), Kampen 1996, 162–173. 40 So SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 283; BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 565; DIETZFELBINGER, Joh II (s. Anm. 16), 273; des Weiteren WENGST, Joh II (s. Anm. 16), 224, der die politische Dimension in Abgrenzung zur religiösen Dimension hervorhebt. 41 So BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 505; DODD, Interpretation (s. Anm. 29), 426; BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 565; S. VAN TILBORG, Reading John in Ephesus, Leiden 1996, 168.
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Richter, der korrekt sein Amt ausübt, ohne inhaltlich involviert zu sein (τὸ ἔθνος τὸ σὸν καὶ οἱ ἀρχιερεῖς …)42. Indem sich Jesus vom Königsverständnis des Pilatus distanziert, macht er deutlich, dass eine direkte Bezugsetzung zu einem irdischen Volk im Falle seines Königtums nicht gerechtfertigt ist. βασιλεύς bzw. βασιλεία haben ihren Ursprung außerhalb der Welt. Sie sind aber in dieser Welt, in der Jesus auch die „Wahrheit“ bezeugt.43 Jesus gelingt mit der hypothetischen Perspektive von einer irdischen βασιλεία (Joh 18,36)44 die Abgrenzung seiner βασιλεία45 von dieser Welt. Damit verortet er sie im Göttlichen.46 Diese hypothetische Perspektive, die Jesus einnimmt, bietet auch eine Rechtfertigung dafür, dass ein König auf die Anklagebank gesetzt werden kann. Denn es steht doch in der Macht eines Königs, sich selbst vor einer solchen Situation zu bewahren. Da das Königtum nicht von dieser Welt ist, behält Pilatus mit seinem Zugeständnis, dass seine Zuständigkeit als politischer Amtsträger den königlichen Anspruch und das Wesen Jesu nicht umfasst47, im übertragenen Sinn Recht. Die Wurzeln der Königsherrschaft Jesu liegen außerhalb dieser Welt. Um für die „Wahrheit“ Zeugnis abzulegen, übt Jesus sein Königtum hier und jetzt in dieser Welt aus.48 Nur allein darin besteht sein Königtum: im Zeugnis der „Wahrheit“ in dieser Welt. In Form der Königsmetaphorik wird deutlich, dass Jesus, der für die „Wahrheit“ Zeugnis ablegt, göttlichen Ursprungs ist. Sein Königtum kennt keine Macht, sein Königtum kennt kein Volk, sein Königtum
42 V. 35c sind die Subjekte τὸ ἔθνος τὸ σὸν καὶ οἱ ἀρχιερεῖς genannt und vorangestellt, um sie besonders zu betonen. 43 βασιλεύς bzw. βασιλεία versteht das JohEv im Vergleich zu den anderen Evangelien neu. Das JohEv übt so Kritik an dem Verständnis, das den Königstitel Jesu auf sein wunderbares Auftreten zurückführt (vgl. Joh 6,15; 6,35; 8,28.31; 18,37; 12,13.15; 12,16). In diese Überlieferungen passt Jesus nur schlecht, da er die traditionellen Königserwartungen übertrifft (Joh 12,13; 1,49; 6,14). Im JohEv steht sein Königtum im Verhältnis des Erhöhten zu den Glaubenden. Vgl. P. LAMPE, Art. „βασιλεύς“, EWNT I, Stuttgart 21992, 492–498. Das JohEv versteht das Königtum Jesu anders als die Synoptiker, die es als irdische Sendung zu den Juden verstehen. 44 Der textkritische Befund verweist auf Schwierigkeiten im Verständnis des Textes: οἱ ἐμοὶ ἠγωνίζοντο [ἄν] wird verschieden überliefert, so dass auch Nestle/Aland eine andere Lesart vorzogen. 45 V. 36f. wird das Subjekt dem Prädikat vorangestellt und damit ein besonderer Akzent auf βασιλεία gesetzt. 46 Die Kombination von negativer und positiver Denkform als häufiges johanneisches Element fällt auf. So auch BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 506; SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 284; BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 566; DIETZFELBINGER, Joh II (s. Anm. 16), 274; WENGST, Joh II (s. Anm. 16), 226; H. THYEN, Das Johannesevangelium (HNT 6), Tübingen 2005, 719. 47 So auch BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 567. 48 So ZUMSTEIN, Prozess (s. Anm. 11), 250.
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kennt nur ein Ziel: die „Wahrheit“ zu bezeugen.49 Sein Kommen in diese Welt und der Grund dafür sind daher von so großer Bedeutung. Nachdem die Auseinandersetzung mit dem „Zeugnis ablegen“ erste Aspekte der „Wahrheit“ freigelegt hat, gilt es nun, sich ausdrücklich damit zu beschäftigen, was dieses Zeugnis beinhaltet, nämlich die „Wahrheit“. ἀλήθεια (Joh 18,37) wird von Joh (25mal) im Vergleich zu den anderen Evv (Mt: einmal; Mk: dreimal; Lk: dreimal) besonders häufig verwendet. Dabei fällt auf, dass sich die Hälfte der Belege von ἀλήθεια in Joh 14–18 findet. Joh 18,37 handelt es sich um eine für den Verfasser übliche Verwendung des Wortes. ἀλήθεια wird immer in enger Verbindung mit Gott gebraucht (1,17: ἀλήθεια: Wille Gottes; 14,6; 16,13: ἀλήθεια: Gott; 4,23.24; 5,33; 8,32: ἀλήθεια: Jesus, Wahrheit von Gott). Für Joh handelt es sich bei ἀλήθεια um eine Vorzugsvokabel.50 Das Wort steht zusammenfassend für die Gotteswirklichkeit: Die „Wahrheit“ wird in Jesus wirklich, indem Gott in Jesus Mensch wird und sich so offenbart.51 Auch in Joh 18,37, wo sich Jesus selbst als Zeuge für die „Wahrheit“ charakterisiert52, steht „Wahrheit“ für die Wirklichkeit Gottes in Jesus Christus. Jesus ist in die Welt gekommen, um die „Wahrheit“ zu bezeugen, um Zeugnis abzulegen dafür, dass sich Gott den Menschen in seinem Sohn offenbart. Das ist die „Wahrheit“, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, um den Menschen eben diese „Wahrheit“ zu verkünden. Sowohl im Sinne einer Prolepse als auch einer Analepse wird hier auch das Phänomen der Gesamtlektüre des Evangeliums mit seiner kumulativen Dimension in Dienst genommen. Natürlich sind die anderen Textstellen in das Verständnis von „Wahrheit“ in dieser Perikope miteinzubeziehen, bzw. sind die bisherigen Textstellen unter Beachtung dieser weiteren Dimension des „Wahrheitsbegriffs“ erneut zu lesen. Ein diskursives Interaktionsmuster und Spannungsfeld verbindet die einzelnen Textstellen und liegt der Begriffsentwicklung von „Wahrheit“ zugrunde. Die Annahme dieses Zeugnisses Jesu für die „Wahrheit“ bedeutet die Akzeptanz seines Königtums. Sein Reich besteht darin, dass „jeder, der aus der Wahrheit ist, meine Stimme hört“ (Joh 18,37). Die Glaubenden sind sein „Volk“. Das Zeugnis für die „Wahrheit“ von Jesus hat eine universelle Ausrichtung.53 Von der Welt fordert Jesus als König die Akzeptanz der „Wahrheit“. Das Selbstzeugnis Jesu, in dem er festhält, dass seine Stimme die Stimme 49 WENGST, Joh II (s. Anm. 16), 227–228, zeigt auf, wie eng „Wahrheit“ und „Königtum“ in der biblisch-jüdischen Tradition miteinander verbunden sind. Dabei richtet sich die göttliche „Wahrheit“ und das göttliche „Königtum“ gegen die auf Gewalt gründende Macht. 50 MORGENTHALER, Statistik (s. Anm. 14), 182. 51 Vgl. dazu IBUKI, Wahrheit (s. Anm. 6), 176–207. 52 Diese Selbstcharakterisierung macht Jesus als Angeklagter vor dem Richter, gleichsam als einziger Zeuge während seines eigenen Prozesses, wodurch die Gerichtsszene ironisiert wird. 53 So LÉON-DUFOUR, Lecture (s. Anm. 9), Bd. IV, 85.
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der „Wahrheit“ ist, richtet sich an Pilatus bzw. an die Adressatinnen und Adressaten des JohEv.54 Sie sind gefordert, wenn Jesus sagt, dass jene, die aus der göttlichen Wirklichkeit sind (d.h. alle Glaubenden an Jesus), seine Stimme als die Stimme der „Wahrheit“ hören.55 „Die Frage des Rechtes wird zu einer Frage des Glaubens.“56 Das Königreich Jesu hat seinen Ort in der Welt, in der Gemeinde der Glaubenden57 – hier und jetzt.58 In letzter Konsequenz untergräbt Jesus die Legitimität einer Herrschaft, die auf Machtpolitik basiert, indem er sein Königtum verkündet, das nicht von dieser Welt ist, das sich von irdischen Machtansprüchen distanziert und das über der Macht durch Gewalt steht.59 Dies wird unterstrichen durch den Umstand, dass zwischen den Zeilen im Verlaufe der Perikope immer deutlicher vorbereitet wird, dass sich Jesus später (Joh 19,8–13)60 als der wahre Richter offenbaren wird.61 Zu Beginn der Perikope als Angeklagter dargestellt, dessen Schicksal im Urteil des Richters Pilatus liegt, wird dieser radikale Funktionswechsel Jesu vom Gerichteten zum Richter62 und der damit verbundene Machtverlust des römischen Statthalters 54
So SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 286; BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 567. Meiner Ansicht nach geht Schnackenburg aber zu weit, wenn er implizit in der Frage an Pilatus einen Ausschluss der „Juden“ liest. Steht Pilatus nicht vielmehr auch für die Adressatinnen und Adressaten, ohne Abgrenzung gegenüber den „Juden“? 55 M. EDWARDS, John (Blackwell Bible Commentaries), Malden 2004, 171, stellt richtigerweise fest, dass Jesus mit dem zweiten Teil seiner Antwort ein Echo zu Joh 8,32; 10,4 und 14,6 gibt. 56 BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 507. 57 So WENGST, Joh II (s. Anm. 16), 228. 58 Siehe dazu ZUMSTEIN, Prozess (s. Anm. 11), 250: „Es muss sogar noch einen Schritt weiter gegangen werden: Jesu Königtum strebt nach einer absoluten Macht über die Welt und die Menschen. Ausserhalb dieses Reichs gibt es keinen Zugang zur Wahrheit (19,37c)“. Für die johanneische Gemeinde war dies eine eindeutige Botschaft, nämlich ein klarer Aufruf zu einem ausschließlichen Bekenntnis zur „Wahrheit“. 59 So WENGST, Joh II (s. Anm. 16), 226; J. BLANK, Das Evangelium nach Johannes III (GSL 4/3), Düsseldorf 1977, 83; ähnlich SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 286–287, der einschränkt, dass Jesu Anspruch ein politisches Element enthält, insofern alles menschliche Handeln, auch das Tun und Lassen der Glaubenden, sozial verortet und somit politisch relevant ist. Schnackenburg hält einen religiös motivierten Politikenthusiasmus zurück, hat mit Wengst und Blank aber recht, wenn er die Relativität irdischer, politischer Macht im Verhältnis zur religiösen Dimension des menschlichen Lebens akzentuiert. 60 So ist Jesus in 19,11 eindeutig Richter über Pilatus. In 19,13 lässt der Text interessanterweise offen, wer auf dem Richterstuhl Platz nimmt. Für die Adressatinnen und Adressaten ist klar, dass dies Jesus ist. So auch BLANK, Joh III (s. Anm. 59), 11–13; SÖDING, Macht (s. Anm. 10), 40–42; K. SCHOLTISSEK, Ironie und Rollenwechsel im Johannesevangelium, ZNW 89 (1998) 235–255, 247–248. 61 So ZUMSTEIN, Prozess (s. Anm. 11), 251. BLANK, Joh III (s. Anm. 59), 11–12, spricht vom „Stilmittel der vertauschten Rollen“. 62 So H.-U. WEIDEMANN, Der Tod Jesu im Johannesevangelium. Die erste Abschiedsrede als Schlüsseltext für den Passions- und Osterbericht (BZNW 122), Berlin 2004, 329;
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bis hin zu dessen Machtlosigkeit bereits hier in 18,33–38a mit Andeutungen eingeleitet. „Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme“ (Joh 18,37) – die Aufnahme seines Zeugnisses durch die Seinen bildet seine Herrschaft. Eng verbunden mit der konfessorischen und martyrologischen Dimension der „Wahrheit“ finden wir hier eine topologische Nuance, wenn von der Herkunft aus bzw. der Verortung in der „Wahrheit“ („jeder Seiende aus der Wahrheit“ [Joh 18,37]) die Rede ist. Damit ist eine Haltung und ein Leben in der „Wahrheit“ gemeint, das auf die Stimme Jesu ausgerichtet ist. Dies entspricht einer epistemologischen Verwendung von „Wahrheit“ („hört meine Stimme“). Die verschiedenen Dimensionen von „Wahrheit“ werden konsequent kombiniert, aber nicht nach einem System oder einem Code, der mit den Wahrheitsperspektiven anderer Textstellen zusammenhängt. Mit der Frage des Pilatus „Was ist Wahrheit?“ (Joh 18,38b) werden Interaktion und Spannungsfeld des JohEv als Ganzes nochmals belebt und in die Auseinandersetzung miteinbezogen.
3. Die Frage des Pilatus als Paradigma zum Verständnis von „Wahrheit“ Die Rede Jesu von seinem Königtum hatte bei Pilatus Gehör gefunden, insbesondere da ein solches geistiges Königtum für das römische Reich nicht zum Problem werden konnte. Pilatus repräsentierte allerdings den römischen Kaiser, und für Augustus wie Tiberius ist ein Interesse für Philosophie und damit für geistige Werte bezeugt.63 Kaiser Augustus hatte Apollo, den Gott der Philosophie und des Logos, ins Zentrum der Götterverehrung gerückt und den Versuch unternommen, das „Goldene Zeitalter“64 wieder zu errichten65, D.F. GNIESMER, In den Prozess verwickelt. Erzähltextanalytische und textpragmatische Erwägungen zur Erzählung vom Prozess Jesu vor Pilatus (Joh 18,28–19,16a.b) (EHS 23/688), Frankfurt a. M. 2000, 233. 63 Von Augustus gibt es mit Ausnahme seines auf Inschriften überlieferten Tatenberichtes Res gestae divi Augusti fast keine weiteren erhaltenen Texte. Ausnahmen bilden literarische Überreste und ein Brief, der aus Aulus Gellius, Noctes Atticae XV 7,3 stammt. Aufgrund der Textsorte der Res gestae und des Briefes überrascht es nicht, dass sich darin keine Hinweise auf ein philosophisches Interesse des Augustus finden. In cap. 85 der Augustus-Vita erwähnt Sueton, Augustus habe mehrere Prosawerke verfasst, unter anderen „Ermunterungen zur Philosophie“ – davon erhalten ist offenbar nichts. Zu Tiberius’ philosophischen Interessen vgl. den Beitrag von M. v. Albrecht im vorliegenden Band, S. 28, Anm. 8. 64 Vgl. zum „Goldenen Zeitalter“: Hesiod, Werke und Tage, 109–20. Hesiod beschreibt die Abfolge vom Goldenen bis zum Eisernen Weltalter, in dem er selbst leben muss, vgl. dazu auch Ovid, Metamorphosen 1,89ff.
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das Frieden und Gerechtigkeit bringen sollte.66 Die Frage des Pilatus (V 38) ist als Hinweis darauf zu verstehen, und sie unterstreicht zugleich die zentrale Rolle, die die Frage nach der Wahrheit im JohEv besitzt. Diese Frage wird nicht nur für eine kleine Gruppe jüdischer Menschen thematisiert und beantwortet, sondern mit einem universellen Anspruch. Die durch die Redeeinleitung in Präsens hervorgehobene Frage des Pilatus ist von seinem Interesse geleitet. Gleichzeitig ist sie durch das johanneische Modell des Missverständnisses bestimmt. Diesen Akzent, der mehr darstellt als grundsätzliche Skepsis, erkannten nur mit dem impliziten Autor und seinem Stoff vertraute Adressatinnen und Adressaten. Wenn von einem absoluten Wahrheitsbegriff die Rede ist, insbesondere wenn eine göttliche Offenbarung verkündet wird, dann wird der nichtjüdische, nichtchristliche und philosophisch interessierte Pila65 Augustus veranstaltete 17 v.Chr. ein Saecularfest zur Eröffnung einer aurea aetas. Zu diesem Anlass schrieb Horaz in seinem Auftrag ein Festgedicht, das die Bestrebungen des Augustus literarisch und poetisch erfassen soll. Darin heißt es u.a. (Horaz, Carmen saeculare, 57–60; Übersetzung nach P. ZANKER, Augustus und die Macht der Bilder, München 1987, 176): Iam Fides et Pax et Honos Pudorque / priscus et neglecta redire Virtus / audet adparetque beata pleno / Copia cornu. „Und schon wagt auch Frieden und Treu und Ehre / Und der Vorzeit Zucht und vergessne Tugend / Sich zurück; glückspendend erscheint mit vollem / Horne der Segen“. Augustus wird als jener Herrscher verehrt, der dem römischen Reich wieder eine Zeit des Friedens, der Gerechtigkeit und der Weisheit beschert (vgl. dazu ZANKER, Augustus [s.o.], 171–239). Der Umstand, dass nach römischer Vorstellung die Göttin Veritas als Mutter der Göttin Virtus und der Göttin Justitia galt, dient als Hintergrund des indirekten Bezugs mittels Pilatus als des Repräsentanten des römischen Kaisers zum johanneischen Wahrheitsbegriff. 66 In den Res gestae divi Augusti gibt es mehrere Stellen, die in diesem Zusammenhang stehen (8; 13; 26; 32). Augustus, der nach der Rückgabe der Macht an Senat und Volk auf Senatsbeschluss diesen Ehrentitel erhielt, wurde ein goldener Ehrenschild (clipeus virtutis) für seine virtus, clementia, iustitia, pietas zuerkannt (Res gestae 34; die Übersetzung verdanke ich H. Bieri, Kastanienbaum, vgl. dazu ZANKER, Augustus [s. Anm. 65], 96–103): In consulatu sexto et septimo, postquam bella civilia exstinxeram per consensum universorum potitus rerum omnium, rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli. / quo pro merito meo senatus consulto Augustus appellatus sum et laureis postes aedium mearum vestiti publice coronaque civica super ianuam meam fixa est et clupeus aureus in curia Iulia positus, quem mihi senatum populumque Romanum dare virtutis clementiaeque et iustitiae et pietatis causa testatum est per eius clupei inscriptionem. „In meinem sechsten und siebenten Konsulat (28 und 27 v.Chr.), nachdem ich den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt hatte, habe ich, der ich mit Zustimmung der Allgemeinheit zur höchsten Gewalt gelangt war, den Staat aus meinem Machtbereich wieder der freien Entscheidung des Senats und des römischen Volkes übertragen. / Für dieses mein Verdienst wurde ich auf Senatsbeschluss Augustus genannt, die Türpfosten meines Hauses wurden öffentlich mit Lorbeer geschmückt, der Bürgerkranz über meinem Tor angebracht sowie ein goldener Schild in der Curia Iulia aufgehängt, den mir Senat und Volk von Rom widmeten ob meiner Tapferkeit (virtus), Milde (clementia), Gerechtigkeit (iustitia) und Pflichttreue (pietas), wie die auf diesem Schild angebrachte Inschrift bezeugt.“
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tus skeptisch.67 Er betrachtet Jesus wegen seiner Worte und seines Wahrheitsbegriffs als einen Philosophielehrer.68 Deshalb richtet er die Frage in V. 38a an Jesus. Pilatus ist aber in erster Linie ein politischer Amtsträger, der ein Amtsgeschäft (diesen Prozess) zu Ende bringen muss, sodass seine Frage nicht weiterführt, sondern von seinem Machtinteresse verdeckt wird. So kommt er der Forderung der Masse nach Jesu Tod nach. Das Bild von Jesus, das in der Frage des Pilatus zum Vorschein kommt, stellt das Zeichen für das Missverständnis der vorhergehenden Selbstcharakterisierung Jesu dar. „Wahrheit“ in der Frage von Pilatus und „Wahrheit“ in der Antwort Jesu klingen verschieden. Jesus legt Zeugnis ab für die „Wahrheit“ als göttliche Wirklichkeit, und Pilatus sucht nach einer philosophischen „Wahrheit“. Trotz eines anderen begrifflichen Fundaments fügt sich die Annahme einer grundsätzlichen Skepsis und eines Interesses des Pilatus kohärent in den Textfluss. Dabei handelt es sich um ein ironisches Element in diesem Vers. Jene, die das JohEv nur als philosophische Schrift lesen wollen, erhalten so eine deutliche Absage: Jesus ist mehr und anders als ein Philosophielehrer. Er ist der Sohn Gottes, in dem Gott Mensch geworden ist (Joh 1,14.17). Dies will das JohEv den Menschen verkündigen, damit sie Jesus als Offenbarer Gottes erkennen. Gleichzeitig darf bei der Frage des Pilatus nicht übersehen werden, dass sie als spontane Reaktion auf eine unmittelbare und grundsätzliche Selbstoffenbarung Jesu folgt, und Pilatus mit ihr das Gespräch beendet.69 Die Frage muss demnach auch als Zeichen des Unglaubens gegenüber Jesus verstanden werden. Denn noch in Joh 18,37 sagt Jesus zu Pilatus, dass jene, die aus der „Wahrheit“ sind, auf die Stimme Jesu hören. Pilatus fragt „Was ist Wahrheit?“ und wartet nicht auf eine Antwort. Dies zeigt, dass er nicht aus der „Wahrheit“ ist.70 67 So BULTMANN, Joh (s. Anm. 16), 507, der überdies meint, dass Pilatus sich von der Wirklichkeit im radikalen Sinne fernhalten will. So auch BECKER, Joh II (s. Anm. 16), 569. Es stellt sich aber die Frage, ob der Text diese Nuance hergibt. SCHNACKENBURG, Joh III (s. Anm. 15), 287–288, stimmt mit Bultmann überein und gibt als Begründung den weiteren Verlauf der Erzählung an. 68 Dies zeigt auch die Art der Frage: Pilatus formuliert sie auf der philosophischen Ebene im Sinne der Skepsis und widerspricht dem Wahrheitsanspruch Jesu, vgl. U. SCHNELLE, Das Evangelium nach Johannes (ThHK 4), Leipzig 1998, 274–275. 69 Der Text löst die Frage aus, ob der Abgang des Pilatus in V. 38c als Flucht oder als Stehenlassen aus Desinteresse an einem unschuldigen Phantasten zu deuten ist. Ersteres entspricht eher der Erzählung, da Pilatus immer noch überwiegend auf der politischen Ebene denkt und fragt und noch nicht den Zugang zur Ebene gefunden hat, auf der sich Jesus im Text befindet. 70 Vgl. H.K. BOND, Pontius Pilate in History and Interpretation (SNTSMS 100), Cambridge 1998, 178–179; D. SENIOR, The Passion of Jesus in the Gospel of John, Collegeville 1991, 85.92.95; WEIDEMANN, Tod (s. Anm. 62), 353–357; E. STRAUB, Kritische Theologie ohne ein Wort vom Kreuz. Zum Verhältnis von Joh 1–12 und 13–20 (FRLANT 203), Göttingen 2003, 140.144; VAN TILBORG, John (s. Anm. 41), 169.
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Einschränkend kann natürlich festgestellt werden, dass eine ausbleibende unmittelbare Annahme nicht gleich eine Absage bedeute. Pilatus befinde sich in einer Drucksituation, er habe den Königsanspruch Jesu nicht verhöhnt und er setze somit ein erstes positives Zeichen für eine Annahme der Offenbarung als Ausdruck eines zaghaften Glaubens.71 Zudem offenbare sich in der Textwelt ein Angeklagter selbst vor dem Richter, nicht im Gotteshaus, als Gottes Sohn. Dem muss aber auch der weitere Erzählverlauf innerhalb der johanneischen Textwelt entgegengehalten werden: Obwohl Pilatus von Jesu Unschuld überzeugt ist, wird Jesus von ihm an die „Juden“ übergeben.72
4. Was ist „Wahrheit“? Indem Pilatus die Frage nach der „Wahrheit“ stellt, schließt er den Kreis, den er mit seiner Frage nach dem Königsein Jesu in 18,33 eröffnet hat. Die Frage nach der Macht und die Frage nach der „Wahrheit“ verweisen gegenseitig aufeinander73 und erhalten in Joh 18,33–38a eine christologische Antwort: Das Königtum Jesu hat seinen Ursprung in Gott und dient der Offenbarung Gottes auf dieser Welt. Es basiert auf dem Zeugnis für die Wahrheit, d.h. für die göttliche Wirklichkeit. In dieser Frage des Pilatus kommt der Begriff „Wahrheit“ im JohEv zum letzten Mal vor. Mit der Form der Frage wird die Komplexität des Wahrheitsbegriffs indiziert. Die Adressatinnen und Adressaten sind angefragt, ob sie verstanden haben, was „Wahrheit“ bedeutet. In dieser Frage steckt ein Verweis auf die Wahrheitsstellen im JohEv, in denen die vielfältigen Facetten des johanneischen Wahrheitsverständnisses dargestellt werden, und dadurch
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In der Auseinandersetzung mit der schwer fassbaren Reaktion des Pilatus auf die Selbstoffenbarung Jesu gilt es mit zu bedenken, dass im JohEv einige Beispiele von unterschiedlichen Glaubensreaktionen aufgeführt sind. Vgl. dazu: R.A. CULPEPPER, Anatomy of the Fourth Gospel. A Study in Literary Design, Philadelphia 1989, 101–104; F.J. MOLONEY, From Cana to Cana (John 2:1–4:54) and the Fourth Evangelist’s Concept of Correct (and Incorrect) Faith, Salesianum 40 (1978) 817–843; R.F. COLLINS, These Things Have Been Written: Studies in the Fourth Gospel, Louvain 1990, 1–45; M.C. CONWAY, Men and Women in the Fourth Gospel: Gender and Johannine Characterization (SBL 167), Atlanta 1999; J.L. RESSEGUIE, The Strange Gospel: Narrative Design and Point of View in John (BibIntSer 56), Leiden 2001, 109–168; zudem: SÖDING, Macht (s. Anm. 10), 35–58. 72 Pilatus geht hinaus, um der Menge einen Handel vorzuschlagen. Wiederum treffen wir auf die typisch johanneische Ironie, wenn jene, die genaue Gesetzestreue vertreten (sie dürfen Jesus nicht töten, um nicht unrein zu werden, verlangen aber seine Tötung durch jemand anderen), der Befreiung eines Verbrechers zustimmen. 73 Siehe dazu SÖDING, Macht (s. Anm. 10), 43: „Die Wahrheitsfrage verweist auf die Machtfrage, indem sie das Problem der Autorität aufwirft; die Machtfrage verweist auf die Wahrheitsfrage, indem sie das Problem der Legitimität aufwirft“.
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wird in ihr der komplementäre Charakter des Verhältnisses der einzelnen Stellen zueinander deutlich. Anhand intertextueller Bezugsetzungen lässt sich das im JohEv angewendete Muster von Spannungsfeld und Interaktion aufzeigen. Aus dem Vergleich von Joh 18,33–38a mit Joh 14,6 ergibt sich z.B. die Frage nach der Identität und Funktion Jesu: Ist Jesus selbst die „Wahrheit“ oder bezeugt er sie? Die Antwort kann nicht als Alternative, sondern muss als Synthese formuliert werden: Jesus ist die Wahrheit (Joh 14,6) und er bezeugt sie (Joh 18,37). Das Zeugnis der Wahrheit von Jesus stellt ein Selbstzeugnis dar, das in der Einheit mit dem Vater seine letzte Begründung besitzt. Werden diese Differenzierungen entsprechend vertieft und weitergedacht, führen sie zu erheblichen theologischen Konsequenzen. Solche Spannungen, die im Rahmen des Begriffsfeldes „Wahrheit“ immer wieder im JohEv auftreten, lösen ein Hinterfragen und eine Reflexion aus. In der Miteinbeziehung der anderen Textabschnitte, in denen „Wahrheit“ thematisiert wird, und in ihrer Zusammenschau kann ein Gesamtbild von „Wahrheit“ erschlossen werden, wie es das JohEv systematisch und diskursiv zeichnet. So wird erreicht, dass sich die Adressatinnen und Adressaten des JohEv mit bisher bekannten Wahrheitsbegriffen auseinandersetzen, auf die das JohEv bewusst Bezug nimmt. Sie können dabei erkennen, dass der Wahrheitsanspruch des johanneischen Christus auf diese eingeht, diese überwindet und sich entscheidend von ihnen absetzt.
Corinth, a Crucible for Byzantine Iconoclastic Debates? Viewing Paul as an Icon of Christ in 2 Cor 4,7–12 JANE HEATH I. The ‘Iconographic’ Approach This essay argues for an ‘iconographic approach’ to the image of Paul in 2 Cor 4,7–12. To begin, however, a few words on what is meant by an ‘iconographic approach’ are needed. The language of icons and idols is bound up in our minds with material art forms – sculptures and paintings of gods. The ‘images’ by which one related to God in the ancient world and that were covered by the term εἰκών (our ‘icon’) included not only this material culture but also, for example, the cosmos, a human being, a saintly life, the figure of wisdom. Paul calls Christ the image or icon of God (εἰκὼν θεοῦ) and this language is especially prominent in 2 Cor 3–4. Christ is at this stage in history a rather new addition to antiquity’s collection of icons, and the designation of him as εἰκὼν θεοῦ was formulated in connection with patterns of thought about the other kinds of icon already appreciated by the pious. This essay examines two of those other areas of thought about iconism: in particular, those concerning the material culture of idols on the one hand, and the philosophical debate about the εἰκών on the other. The two are not as far removed from one another as they may at first sound: when Christians did later come to develop their own theory of images in relation to material icons of Christ in the Byzantine period, they drew on patterns of philosophical thought about the image that were already current in Paul’s time and relevant to Paul. Material culture and philosophy in later tradition about icons of Christ thus emerged intimately intertwined. The following piece, however, is not so much about Christ as an icon of God as it is about Paul as an icon of Christ and how human beings were to relate to God through that. This is what is meant by an ‘iconographic approach’ to the presentation of Paul in these verses. The essay argues that the philosophical categories that were formulated in the Byzantine iconoclastic controversy for thinking about the image of Christ are helpful for learning how to look at Paul’s image in 2 Cor 4,7–12 also. This is not a mere exercise in
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anachronism.1 The first part of the essay shows that there was a Jewish hellenistic and early Christian topos for viewing the lives of holy people as works of art, whether icons or idols (II). Paul evokes this in presenting himself to onlookers both as icon of Christ (who is icon of God), and, paradoxically, as marked by the traits of a lifeless idol. In Corinth, Christians contemplated him as an icon, while his detractors focused on the dead image (III). This affinity to a literal icon or idol suggests that a philosophy of viewing holy images is relevant to beholding Paul. Although Christian thought on this subject was clarified only centuries later, this essay argues that its questions and concepts stand in continuity with Paul’s own (IV).
II. The Iconic Character of Christians in the Imagination of Paul and the early Church C.K. Rowe in an article published in 2005 took a novel approach to Paul’s use of the term εἰκών by investigating it in relation to early Christian iconography. After detailed exegesis of the relevant texts, he placed Paul’s theology of image in relation to the religious construal of social space in the Graeco-Roman world and, further, in relation to the evidence for absence and advent of distinctively Christian material culture. He concluded that in Paul’s mind, public sacred space is reconfigured in Christianity: in a world full of pagan statues of gods, Paul declared those statues nothing, the gods behind them demons; but having thus emptied the physical world in which he lived of the divinities it claimed, he saw it filled anew with images of Christ, perceived as manifest in Christians – that is, in the body of Christ, the church – as they were transformed into the ‘icon’ of Christ.2 Rowe argued his thesis well and it accords with the topos of early Christian literature that compares Christians with idols. For example, Justin vilifies men who, ‘say that they are Christians, just as they who are among the nations inscribe the name of God upon their idols made by hands, and take part in lawless and godless rites’ (Justin. Dial. 35,6, tr. A.L. Williams, Translations of Christian Literature, 1, 70). Clement of Alexandria – whom Rowe closely 1 The point was already observed briefly by G.B. LADNER, The Concept of the Image in the Greek Fathers and the Byzantine Iconoclastic Controversy, DOP 7 (1953) 3, 22 n. 2. However, his focus was the Byzantine controversy, whereas this essay focuses on Paul. Other scholars who have used the language of ‘icon’ for the image of Christ in Paul have done so in rather different ways, see esp. the comments of E. Güttgemanns and M.M. Mitchell, cited in IV.1, below. 2 C.K. ROWE, New Testament Iconography? Situating Paul in the Absence of Material Evidence, in: A. WEISSENRIEDER et al. (edd.), Picturing the New Testament. Studies in Ancient Visual Images (WUNT II 193), Tübingen 2005, pp. 289–312.
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echoes in thought though he does not cite him – expressly identifies the Christian church as an assemblage of people as a counterpart to pagan temples, individual Christians as counterparts to pagan idols (Clem. Al. Strom. VII 5). Tertullian points the way for pagans to perceive true godhead in contrasting the suffering of Christians with the insensibility of idols when the torments of nailing and hammering are applied to each, to the Christians under persecution, to the idols under construction (Tert. Apol. 12). In addition, there was a topos in hellenistic Judaism and early Christianity for depicting the visual effect of a human life, or the human or the soul, in the language of art. For example, Pseudo-Philo aligns lives lived according to the Torah with well-trained artists’ paintings (Liber antiquitatum biblicarum 16,5).3 Philo speaks of Joseph’s and Moses’ paradigmatic lives as artwork contemplated by beholders: [Joseph] by setting before them his life of temperance and every virtue, like an original picture of skilled workmanship (οἷα γραφὴν ἀρχέτυπον εὖ δεδημιουργημένην ἐν μέσῳ θείς), he converted even those who seemed to be quite incurable, who as the long-standing distempers of their soul abated reproached themselves for their past and repented with such utterances as these: “Ah, where in old days was this great blessing which at first we failed to find? See, when it shines on us, we behold as in a mirror (ὡς πρὸς κάτοπτρον) our misbehaviour and are ashamed” (Phil. Jos. 87, tr. F.H. Colson, LCL 6, 183–85) [Moses] entered into the darkness where God was […]. Thus he beheld what is hidden from the sight of mortal nature, and, in himself and his life displayed for all to see, he has set before us, like some well-wrought picture, a piece of work beautiful and godlike, a model for those who are willing to copy it. Happy are they who imprint, or strive to imprint, that image in their souls.4 (Phil. Mos. 1,158–59, tr. idem, LCL 6, 358–59)
4 Macc 17 envisages spectators shuddering at a painting of the piety of the Maccabees, were it possible to paint it (v. 7).5 The topos continues to appear and is more widely known in early Christianity – a particularly striking exam3 Korah sent for his sons to ask them to join him in the plot to subvert Moses, and they replied: “Just as a painter does not produce a work of art unless he has been instructed beforehand, so we have received the Law of the Most Powerful that teaches us his ways; and we will not enter them except to walk in them” (tr. D.J. HARRINGTON, OTP II, 324). Epictetus uses a similar motif, urging the cultivation of patterns of moral living and thinking that accord with a pious respect for oneself as made like a work of art in the image of the deity (Diss. 2,8,18–28. 19,23–34). 4 καθάπερ τε γραφὴν εὖ δεδημιουργημένην ἑαυτὸν καὶ τὸν ἑαυτοῦ βίον εἰς μέσον προαγαγὼν πάγκαλον καὶ θεοειδὲς ἔργον ἔστησε παράδειγμα τοῖς ἐθέλουσι μιμεῖσθαι. εὐδαίμονες δ᾿ ὅσοι τὸν τύπον ταῖς ἑαυτῶν ψυχαῖς ἐναπεμάξαντο ἢ ἐσπούδασαν ἐναπομάξασθαι· […]. 5 Εἰ δὲ ἐξὸν ἡμῖν ἦν ὥσπερ ἐπί τινος ζωγραφῆσαι τὴν τῆς εὐσεβείας σου ἱστορίαν, οὐκ ἂν ἔφριττον οἱ θεωροῦντες ὁρῶντες μητέρα ἑπτὰ τέκνων δι᾿ εὐσέβειαν ποικίλας βασάνους μέχρι θανάτου ὑπομείνασαν; cf. v. 23: the tyrant is influenced by ‘looking at’ their endurance (ὑπομονὴν … ἀπιδών).
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ple is the way the Acts of John in narrative form explores the relationship between visual and spiritual portraits of a saint (29). These topoi show that it was in some streams of Judaism and Christianity familiar usage to contemplate active lives as static pictures central in visual practices of piety.6 In this essay, the iconism that informed the imagination of early Christians about Christians constitutes the starting point for an iconographic approach to the image of Paul presented in 2 Cor 4,7–12. I then build on this to cast a new perspective on Paul’s sufferings in this passage. I propose that the modern discussion, in shifting the focus away from Paul’s iconic role onto other categories such as ‘analogy’, ‘imitation’ and ‘mysticism’, misses or underplays some of the key interests that he and his viewers shared.
III. 2 Cor 4,7–12: Paul as icon and idol This section argues that Paul invites an iconographic approach to his image presented in 2 Cor 4,7–12: firstly, he offers himself as a manifest icon of Christ; secondly, he renders that iconic role paradoxical by underscoring aspects of his image that align him with all that Jews mocked in pagan idols. 1. Paul as icon Although commentators often associate 3,16–18 with 4,4–6 as images of Christ (both using the term εἰκών) and discuss 4,7–12 separately as an image of Paul7, there are signs that favour taking the three together as a catena of 6
Cf. Iren. Adv. Haer. 4,40,2; Clem. Al. Paed. 2,2,26; Tert. Coron. 10,8; Fem. 2,5,2–5; Orig. Princ. 1,26; 2,11,4; Gen. hom. 13,4; Ex. hom. 6,5; Lev. hom. 3,6; Luc. hom. 8,2; 39,5. Also: A.P. JOHNSON, Ancestors as Icons. The Lives of Hebrew Saints in Eusebius’ Praeparatio Evangelica, GRBS 44 (2004) 245–264. 7 E.g. C.K. BARRETT, A Commentary on the Second Epistle to the Corinthians, New York/London 1973, 136, discusses 4,7–18 under the heading, ‘The Ministry – the Earthenware Vessel in which the Treasure is Contained’; J.F. COLLANGE, Enigmes de la deuxième épître de Paul aux Corinthiens. Étude exégétique de 2 Cor. 2:14–7:4 (MSSNTS 18), Cambridge 1972, 148, entitles 4,7–12, ‘Apostolat et Souffrance’; V.P. FURNISH, II Corinthians (AncB 32A), Garden City 1984, 252, has a section on 4,7–5,10, ‘The Ministry and Mortality’; M.J. HARRIS, The Second Epistle to the Corinthians. A Commentary on the Greek Text, Grand Rapids/Milton Keynes 2005, 338, entitles 4,7–15, ‘The Trials and Results of Apostolic Service’, and this forms a subheading in a larger section (4,7 – 5,10) on ‘The Suffering and Glory of the Apostolic Ministry’; H.J. KLAUCK, 2. Korintherbrief (NEB.NT 8), Würzburg 1986, 45, has, ‘Leiden mit Jesus’ for 4,7–12, within ‘Die Verborgenheit des neuen Lebens: 4, 7 – 5, 10’; C.G. KRUSE, The Second Epistle of Paul to the Corinthians (TNTC), Grand Rapids/Leicester 1987, 106, has ‘Treasure in Earthen Vessels (4, 7–12)’; E. GRÄSSER, Der zweite Brief an die Korinther (ÖTBK 8), Gütersloh/Würzburg 2002, 160 and P.E. HUGHES, Paul’s Second Epistle to the Corinthians (NLC), Grand Rapids/London 1962, 135, are similar; H. W INDISCH, Der
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‘images of Christ’ in Paul’s meditation. Jesus has been presented as ‘icon of God’ in 4,4, and Paul emphasises the climactic contemplation of the icon (3,18; 4,6). The theme of looking at this is highlighted by the mirror; the contrasts between blind and sighted viewers, and by the glory of God as a visual focus. 4,7–12, then, arises out of a context of dwelling on an icon of God in the mind’s eye. It is in this setting that ‘Jesus’ is said to be made manifest in the apostolic body and flesh (4,10–12).8 The word εἰκών is not used, but this is nonetheless the point at which that εἰκών of 3,18 and 4,4 becomes available to viewers at the level of shared sense perception. There is visual continuity between the images of Christ and Paul in their shared anthropological shape. The visual divergence marked by Paul’s suffering (4,7–12) set against the brilliant glory of Christ (3,18; 4,4) is discussed further in III.2, below. In addition to these indications from the immediate literary context, Paul characteristically encourages people to contemplate him as an image of Christ. In the Corinthian correspondence, he repeatedly emphasises the Christological character of his own role in encountering the community (1 Cor 2,1–5; 2 Cor 13,3–4). He thematises the spectacular parade of the gospel in the form of the apostles, emphasising the language of sense-perception: the apostles are a θέατρον before the world (1 Cor 4,9);9 led in triumph they make knowledge of him (God/Christ) not only visible but fragrant, also (2 Cor 2,14–17). Thus both the immediate and the broader setting in the Corinthian correspondence
zweite Korintherbrief (KEK 6), Göttingen 1924, has 4,7–18 (or 4,7–15) as the ‘Erste Gedankenreihe’ in a subsection 4,7–5,10, and it is headed ‘Wie das Leiden dieser Zeit die Lebenskräfte Jesu in uns entbindet’. E.B. ALLO, Saint Paul. Seconde épître aux Corinthiens (EtB), Paris 1937, 112 is slightly nearer my suggestion: he discusses 4,7–15 as ‘Reproduction chez les Apôtres de la mort et de la vie du Christ, en leurs effets sauveurs’, but this is still subordinated within a section 4,7–5,10 and ‘Reproduction’ is a shift away from Paul’s language of ‘manifestation’ towards something more secondary. Cf. J. SCHRÖTER, Der versöhnte Versöhner. Paulus als unentbehrlicher Mittler im Heilsvorgang zwischen Gott und Gemeinde nach 2 Kor 2,14–7,4 (TANZ 10), Tübingen/Basel 1993, 142, correctly: in 4,7–12 “geht es nun also um die konkrete Gestalt, in der sich diese Erleuchtung [sc. 4,6] an ihrem Träger manifestiert“. 8 On the use of the proper name ‘Jesus’ here: A. PLUMMER, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle of St. Paul to the Corinthians (ICC), Edinburgh 1915, 130–31; WINDISCH, Korintherbrief (see n. 7), 145. Most exegetes think that Paul is making no distinction between the risen Christ and earthly Jesus, with this change of name, but cf. T. STEGMAN, The Character of Jesus. The Linchpin to Paul’s Argument in 2 Corinthians (AnBib 158), Rom 2005, 146–47. 9 See further V.H.T. NGUYEN, The Identification of Paul’s Spectacle of Death Metaphor in 1 Corinthians 4.9, NTS 53 (2007) 489–501 and idem, God’s Execution of His Condemned Apostles. Paul’s Imagery of the Roman Arena in 1 Cor 4,9, in: ZNW 99 (2008) (forthcoming).
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make it plausible that Paul is presenting himself in 4,7–12 as an ‘image of Christ’, closely associated with the iconic character of Christ himself.10 The visual, external aspect of the image is much in view even though Paul uses no verbs of seeing in 4,7–12. The image of clay pots (ἐν ὀστρακίνοις σκεύεσιν) highlights externals, albeit it alludes (as is often pointed out) not merely to the physical bodies but actually to the persons of the apostles.11 ἐν τῷ σώματι and ἐν τῇ θνητῇ σαρκὶ with φανερωθῇ (repeated) underscore physically evident manifestation, in particular drawing the eyes onto the apostolic flesh. Also the social context in the Corinthian correspondence points to a concern with the visual: the Corinthians have been engaged in arguing over the significance of the weakness of Paul’s personal presence (10,1.10) and Paul is conscious of the argument against those who boast in externals here (5,12). The literary context of 2 Cor 2,14–5,10 also cues visual response, in that it concentrates heavily on visually effective imagery, including the triumphal procession, incense, tablets of stone and writing on them, gleaming faces of ministering prophets, clay vessels, temples earthly and heavenly, garments and judgement seats. Not only is Paul presenting himself as a manifestation of the image of Christ, then, but he is also encouraging the audience particularly to respond to that as a visible, physical form. 2. Paul as idol Although Paul presents himself as a manifest version of the icon of Christ that he has just described, he does not look exactly as he just depicted Christ. 3,7– 4,6 envisaged Christ in glory and did not thematize his sufferings; 4,7–12 alludes directly to Jesus’ death manifested also in Paul.12 Divine glory remains central in the thought of the living and life-giving power appearing in Paul and God’s glorification through it (δόξαν v. 15). The counter-emphasis on passion and death draws on a further element of the Jesus tradition, one well known to all Christians and especially controversial at Corinth. At Corinth, it is particularly the apostolic weakness that causes problems in the reception of the image of Paul. One of Paul’s most important responses is the paradox that God’s power is made perfect in weakness (12,9 cf. 1 Cor 2,2– 5). 4,7–12 takes up this theme and defends the divinity manifest paradoxically in the apostolic icons of Christ. Weakness and suffering are not in themselves 10 See also M.M. MITCHELL, Epiphanic Evolutions in Earliest Christianity, ICS 29 (2004) 187–191. On Paul’s iconic self-presentation in Gal: ibid, and B.S. DAVIS, The Meaning of προεγράφη in the Context of Galatians 3.1, NTS 45 (1999) 194–212. 11 E.g. PLUMMER, Commentary (see n. 8), 126–27. 12 The death/dying of Jesus is explicit in 4,10; παραδιδόμεθα in v. 11 is also often thought an intentional echo of the important role this verb plays in the tradition about Jesus’ passion, both in the gospels and in the epistles (e.g. Rom 8, 32) e.g. HARRIS, Epistle (see n. 7), 348.
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goals of Christian existence, but respecting and receiving god’s life-giving power is vital. Paul points to its visibility in the suffering flesh, but without downplaying the potential (of which he and his audience were only too well aware) for uncomprehending, pejorative viewing of his weakness. Section II, above, highlighted the Jewish hellenistic and Christian topos that worshippers were like idols or like icons. III.1 has argued that Paul presents himself as an icon of Christ in 4,7–12. What remains are hints of another way of looking at him: that is, he is also like an idol. ‘Treasure in clay vessels’ sounds the first uneasy note. The ‘background’ to interpret this image has been diversely sought by scholars, who compare OT imagery of the divine potter, judging his created pot or using it as a chosen instrument;13 hellenistic imagery of the body as a container for the soul;14 archaeological evidence for oillamps,15 to name just a few ideas that have been proposed. The iconic emphasis in this essay invites consideration of another resonance. Paul’s imagery is consistent with ancient language for discussing images of deities, both in hellenistic and in Jewish culture. Dio Chrysostom has Pheidias speak of the sculpted body of a god as a container (ἀγγεῖον) of wisdom and reason (12,59). Strepsiades in Aristophanes Nubes is fooled into taking an earthenware pot for a god (1473–74). Often the thought in using ‘vessel’ language for the divine image is the contrast of the outer with the inner, although the contrast tends to be the other way around from Paul’s. That is, the normal motif contrasts the glitzy surface with the dead stone within.16 Habbakuk despairs of ‘you who say to the wood, “Wake up!” … See, it is gold and silver plated, and there is no breath in it at all’ (2,19). The Epistle of Jeremiah mocks useless ‘gods made of wood and overlaid with silver and gold’ (v. 57, cf. vv. 39, 70–71). Paul’s imagery reverses the motif, intensifying the paradox: the apostles’ outward appearance is decay, but inside is valuable treasure. Secondly, the ‘carrying’ motif (περιφέροντες) resonates with a common motif in idol parodies. Idols must be carried (Job 12,6; Isa 45,20; 46,1.7; Bar 6,4; Jub 12,5), and this is set against the idea that God carries Israel (Dt 1,31; Ps 28,9; Isa 40,11; 46,3.4; 63,9 cf. Isa 1,14; 43,23–24); God’s servants (Moses [Num 11,11–14; Dt 1,12], Isaianic Servant [Isa 53,4]) the burdens/ weaknesses of Israel. Paul’s use of ‘carrying’ here evokes both the Servant/
13
FURNISH, II Corinthians (see n. 6), 253; COLLANGE, Enigmes (see n. 7), 146. See PLUMMER, Commentary (see n. 8), 126–27, who, like most modern commentators, rejects this background here. 15 Summary of debate in R.P. MARTIN, 2 Corinthians (Word Biblical Commentary 40), Waco/Dallas/Nashville 1986, 85 16 D.T. STEINER, Images in the Mind. Statues in Archaic and Classical Greek Thought, Princeton/Oxford 2001, 120–34. 14
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Mosaic role that he is taking, and the paradox that the way this appears to those without eyes to see is mere idolatry.17 ‘Deadness/dying’(νέκρωσις) is also a common motif in idol polemic.18 Idols are quintessentially dead19, without the spirit of life in them20, again in deliberate contrast to God’s being, and being the source of, all life and spirit. Finally, the transformation of the viewer recasts a motif familiar from idol polemic in paradoxical form. Jews frequently characterise idolaters as becoming like the idols they worship: ‘like them let their makers become, and everyone who trusts in them’ (Ps 115,8 = Ps 135,18); ‘they went after false idols and became false’ (2 Ki 17,15 = Jer 3,5); ‘Pray you that you may be made like your images and thus enjoy supreme happiness with eyes that see not, ears that hear not, nostrils which neither breathe nor smell, mouths that never speak, hands that neither give nor take nor do anything at all, feet that walk not, with no activity in any parts of your bodies’ (Philo, Dec 74, LCL 6.43).21
17 Others associate περιφέροντες particularly with missionary journeys (e.g. FURNISH, II Corinthians [see n. 7], 255; PLUMMER, Commentary [see n. 8], 131), or with the vessels in v. 7 (e.g. MARTIN, 2 Corinthians [see n. 15], 87). 18 On the debate about whether νέκρωσις means ‘(state of) deadness’ (e.g. E. GÜTTGEMANNS, Der leidende Apostel und sein Herr. Studien zur paulinischen Christologie [FRLANT 90], Göttingen 1966, 114–17; WINDISCH, Korintherbrief [see n. 7.], 145), ‘(process of) dying’ (e.g. MARTIN, 2 Corinthians [see n. 15], 87; PLUMMER, Commentary [see n. 8], 130), or ‘putting to death’ (so, N. BAUMERT, Täglich sterben und auferstehen. Der Literalsinn von 2. Kor 4,12–5,10 [StANT 34], München 1973, 72–3, 267–83; FURNISH, II Corinthians [see n. 7], 257), see A.T. HANSON, The Paradox of the Cross in the Thought of St. Paul (JSNT.S 17), Sheffield 1987, 47–49; J. LAMBRECHT, The Nekrosis of Jesus. Ministry and Suffering in 2 Cor 4, 7–15, in: A. VANHOYE (ed.), L’apôtre Paul. Personnalité, style et conception du ministère (BEThL 73), 120–43. Repr. in: R. BIERINGER, J. LAMBRECHT (eds.), Studies on 2 Corinthians (BEThL 112), Leuven 1986, 309–33, esp. 325–26. On idol parodies: W.M.W. ROTH, For Life, He Appeals To Death (Wis 13:18). A Study of Old Testament Idol Parodies’, CBQ 37 (1975) 21–47. 19 E.g. Lev 26,30; Ps 106,28; Jer 16,18; Ezek 43,7.9; Wis 13,10.17; 15,17. 20 Hab 2,19; Jer 10,4 = 51,17; Jub 12,3–5. 21 Also: Ps 106,20; Dan 4,33; Hos 9,10; Wis 14,8–11; 15,6; Diogn. 2,5, et al. G.K. BEALE, ‘Isaiah VI 9–13: A Retributive Taunt Against Idolatry?’ VT 41/3 (1991) 257–78; M. BOCKMUEHL, Jewish Law in Gentile Churches. Halakah and the Beginning of Christian Public Ethics, Edinburgh 2000, 96; C.H.T. FLETCHER-LOUIS, ‘Humanity and the Idols of the Gods in Pseudo-Philo’s Biblical Antiquities, in: S.C. BARTON (ed.), Idolatry: False Worship in the Bible, Early Judaism and Christianity, London/New York, 2007, 58–72; J. KUTSKO, Between Heaven and Earth: Divine Presence and Absence in the Book of Ezekiel, Biblical and Judaic Studies 7, Winona Lake (Indiana) 2000, 137–38. This theme is much more fully discussed in my forthcoming doctoral dissertation, where the Greek philosophical influence of homoiosis theoi and the relationship to the Jewish motif for the faithful of circumcision of the heart are also investigated. Note that many commentators regard 2 Cor 4,7–12 as Paul’s metamorphosis into the image of Christ (e.g. WINDISCH, Korintherbrief [see n. 7], 145), thus aligning him with the Christian viewers of 3,18. What is not widely observed is that Paul is in
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Faithful observers of Paul also become like what they see: after explaining twice that the life of Christ is manifested in him (4,10–11), he says also to the Corinthians, ‘Life is at work in you’ (4,12). Yet there is a paradox: the balancing clause to ‘Life is at work in you’ does not repeat the visibility of life of Christ in the apostles that he has just explained. Rather, he says, ‘death is at work in us, life in you.’ Traditionally, Jews think of idolaters as beholding dead things and becoming dead like them. Wisdom mocks the idolater: ‘for life he appeals to death’ (13,18). Yet this is precisely what Paul celebrates at Corinth, where its effects are not lethal but vivifying and not death but life is manifest in the icon where death works (4,10–12). The earliest anti-Christian graffito shows that to non-Christian observers Christ looks like an idol: it depicts a crucified ass-god. Paul’s self-presentation already recognises the potential for viewing the icon of Christ in this way, and engages with it.22 He may look like an idol, but Paul shows how by faith it is possible to perceive God’s work there.
IV. The Relationship of Image to Archetype: κατὰ θέσιν and κατὰ φύσιν 1. The Iconographic Approach and wider Scholarly Debate Scholars do tend to recognise that Paul makes Christ manifest in the flesh.23 However, most are chiefly interested in clarifying Paul’s thought about his theological relationship to Christ in this passage. They do so drawing on terms from elsewhere in his correspondence – ‘imitation’ (μίμησις); ‘participation’ (κοινωνία); ‘conformity’ (συμμορφίζεσθαι) – or, less plausibly, on concepts from the wider religious environment – mystery cults or epiphanies. v. 12 performing the role of the image of Christ in 3,18, as viewers of him are transformed by and according to the pattern of the life manifested amidst the death at work in him. 22 S.G.F. BRANDON, Christ in Verbal and Depicted Imagery: A Problem of Early Christian Iconography, in J. NEUSNER (ed.), Christianity, Judaism and Other Greco-Roman Cults. FS MORTON SMITH (Studies in Judaism in Late Antiquity 12), Leiden 1975, vol. 2, 168–69. Brandon suggests that Paul contributes to the development of early Christian iconography ‘by directing attention away from Christ kata sarka, to the Risen Christ, into whose transcendental form of being the faithful were incorporated by baptism’. This, however, underestimates the emphasis Paul gives to the death of Christ carried in the flesh of the apostles in 2 Cor 4,7–12. 23 E.g. COLLANGE, Enigmes (see n. 7), 155: ‘Par son corps tout entier, livré comme celui du Christ aux outrages, l’apôtre annonce la bonne nouvelle de la croix’; KRUSE, Epistle (see n. 7), 107–08: Paul ‘finds that the resurrection life of Jesus is manifested in his body’ and ‘finds what is proclaimed in his message exemplified in his life’; M.E. THRALL, A Critical and Exegetical Commentary on The Second Epistle to the Corinthians (ICC), Edinburgh 1994, 334: Paul ‘sees himself as presenting a replica or image of Christ’s death’, cf. idem 324–25, 332–33.
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One of the main issues in the debate is articulating the relative merits of terms of analogy (whether rooted in ‘imitation’ or simply de facto) and identity (whether conceived as ‘union’, ‘participation’, ‘epiphany’ or ‘conformity’) for describing the relation of Paul’s sufferings to Christ’s. Lambrecht and Thrall, for example, write of de facto analogy stemming from union and/or participation.24 For Klauck, analogy not identity is the key term – though the language of ‘participation’ is still appropriate.25 Proudfoot’s emphasis is the other way around: participation is the key term, though imitatio is also appropriate. Martin and Plummer write of ‘union’.26 Windisch sees analogy but also and more importantly mystical transformation into a unity.27 Barrett sees the primary reference as the transformation into spiritual bodies at the parousia, which is, however, anticipated through the spirit.28 Bultmann emphasises participation and union but not mysticism or epiphany.29 Güttgemanns underscores epiphany as the key term.30 Paul’s language has a degree of ambivalence that allows this diversity in interpretation: some formulae, such as τὴν νέκρωσιν τοῦ Ἰησοῦ … περιφέρονες and the life being manifested in the apostolic flesh, allow reading in terms of some form of union, although they could also be understood simply as strong metaphors for mere likeness; other terms, such as ‘on account of Jesus’ (v. 11) and ‘with Jesus’ (v. 14) preclude dissolution of individual identity, thus favour terms of ‘likeness’ only. Since all discussions draw on language extraneous to the immediate literary context, and the literary signals are themselves ambiguous, the debate remains unresolved. The iconographic approach analyses the ambiguities in language in relation to the visual reception of the image, rather than seeking in the first instance Pauline or pagan cultic terms into which to resolve them. 24 LAMBRECHT, Nekrosis (see n. 15), 326–29; THRALL, Epistle (see n. 23), 334. Cf. HUGHES, Epistle (see n. 7), 142, “something more than example […] a certain unity of experience and destiny […] a fellowship of Christ’s sufferings which means conformity with his death”. 25 KLAUCK, 2. Korintherbrief (see n. 7), 45–46. 26 MARTIN, 2 Corinthians (see n. 15), 87; PLUMMER, Commentary (see n. 8), 130. 27 WINDISCH, Korintherbrief (see n. 7), 146–47, cf. C.M. PROUDFOOT, Imitation or Realistic Participation? A Study of Paul’s Concept of Suffering with Christ, Interp. 17 (1963) 140–60, 160; C. WOLFF, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther (ThHK 8), Berlin 1989, 90.93. 28 BARRETT, Commentary (see n. 7), 140. 29 See further: E. GRÄSSER, Der Schatz in irdenen Gefäßen (2 Kor 4,7). Existentiale Interpretation im 2. Korintherbrief, ZThK 97 (2000) 300–16, esp. 309–12. 30 GÜTTGEMANNS, Apostel (see n. 18), 106–7, 195. MITCHELL, Epiphanic Evolutions (see n. 10), uses the term ‘epiphany’ in a rather different way, pointing to the ‘synecdocical logic’ of Paul’s gospel (i.e. the part that is portrayed [death] signifies the whole [resurrection]) and to his use of diplomatic conventions that the sender is present in the one sent: see 183–91, esp. 191. Güttgemanns and Mitchell both use the language of ‘icon’ for Paul, but for both ‘epiphany’ is the key term that interprets this. Consequently both shift discussion away from the field of iconography.
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2. Ancient Religious Philosophical Discussion of Divine Images There are several ways of discussing divine images in the ancient world. One that was rooted in classical philosophy and proved central to later Christian thought discerned basically two types of image. Both bore likeness to their original. The key difference lay in how they related to God: whether He made them (‘thetic’ images – in Greek, κατὰ θέσιν, κατὰ μίμησιν or κατὰ τέχνην), or whether they were intrinsically, that is, substantially or naturally, related to Him – by sonship or by emanation (images κατὰ φύσιν).31 The distinction is rooted in Platonic and Aristotelian ideas.32 The conceptual difference permeates the use of ‘image’ language in subsequent religious and philosophical tradition, although the terms appear more rarely. In pagan culture, one of the most religiously significant arenas for this discussion was cosmology: the cosmos might be conceived as an imitation of a pattern in the intelligible world made by a demiurgic craftsman; the sun might be spoken of as son of the divine, the cosmos as ‘perceptible God’, born of the ‘intelligible God’; the ordering of the cosmos might be conceived as an emanation, mirror or shadow image of God. Another area where the distinction had religious significance was in thinking about the human goal of ὁμοίωσις θεῷ – acknowledged as the goal of human life and happiness by all philosophical traditions from Platonism on, but diversely understood as assimilation (grounded in substantial likeness of the soul to the divine, as a part of it) or mere likeness (grounded in the essential finitude of human life). Such questions were tied to cosmological theories also – a Stoic would seek to pattern his life after the divine nature of which it was a part and which it studied by observing the cosmos; an Epicurean would seek only likeness to the divine, believing himself and the cosmos alike dissoluble into atoms at death.33 Paul’s presentation of Christ as εἰκὼν θεοῦ in 2 Cor 3,16–18 and 4,4–6 draws on several strands in Jewish tradition about the image. It evokes Adam typology by its anthropological form; its glory, recalling the myth of Adam’s
31 E.g. Basil the Great, Homil. 24, Contra Sabellianos et Arium et Anomoeos, PG 31, 607 A–B, quoted and discussed with further evidence in LADNER, Concept (see n.1), 1–34, 4.16–17. See also: F.W. ELTESTER, Eikon im Neuen Testament (BZNW 23), Gießen 1958, 101–11. 32 LADNER, Concept (see n. 31), 16–17. 33 M. ERLER, Epicurus as deus mortalis. Homoiosis theoi and Epicurean Self-cultivation, in: D. FREDE, A. LAKS (edd.), Traditions of Theology. Studies in Hellenistic Theology, Its Background and Aftermath (PhAnt 89), Leiden et al. 2002, 159–182; H. MERKI, Ὁμοίωσις θεῷ. Von der Platonischen Angleichung an Gott zur Gottähnlichkeit bei Gregor von Nyssa (Par. 7), Freiburg 1952; D. SEDLEY, “Becoming Like God” in the Timaeus and Aristotle, in: T. CALVO, L. BRISSON (edd.), Interpreting the Timaeus-Critias. Proceedings of the IV Symposium Platonicum, Selected Papers (International Plato Studies 9), Sankt Augustin 1997, 327– 40.
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lost glory; and the theme of new creation, echoing Gen 1 (4,6), the setting in which Adam was made.34 The Jewish image of Adam is thetic: καὶ ἐποίησεν ὁ θεὸς τὸν ἄνθρωπον, κατ᾿ εἰκόνα θεοῦ ἐποίησεν αὐτόν (Gen 1,27). Its relation to God turns on its manufacture by and likeness to him; its substance, however, is dust.35 Paul’s ‘image of God’ as Christ suggests also the image as Wisdom, firstly by the association with the spirit (2 Cor 3,17–18): similarly Wisdom is called πνεῦμα and ἀτμίς, as well as ἀπόρροια, ἀπαύγασμα and εἰκών of particular characteristics of God, and the mirror-image of his activity (Wis 7,22–26). The knowledge-enabling function of Paul’s image also evokes Wisdom, as does the theme of new creation Wisdom having been instrumental in the first creation, according to Jewish tradition (2 Cor 4,6, cf. Gen 1,3; Prov 8,22–31).36 Wisdom is a natural image of God, his breath or effluence.37 Paul’s Christ also resonates with Philo’s Logos, which is both identified with the ἄνθρωπος κατὰ εἰκόνα (Opific. 134 cf. 139) and depicted as similar to Wisdom. Like Wisdom, it has revelatory significance, enabling people to see God (Phil. Leg.All. 1.43; Confus. 97). So too Paul’s Christian image makes the glory of God visible. Philo’s Logos is both a natural icon of deity and can be described in thetic terms.38 III.1 argued Paul’s image in 2 Cor 4,7–12 picks up this multivalent εἰκὼν θεοῦ of 3,18–4,6. The religious and philosophical value of the ‘image of God’ in these verses, then, can inform our interpretation of the icon of Christ in Paul also. This iconographic approach to the image of Paul in 4,7–12 raises different points from those that have emerged in the scholarly discussion about ‘analogy’, ‘participation’ and ‘identity’. Thus, firstly, the distinction between the made and the natural image is related to but differs from the way Paul’s self-presentation in 4,7–12 is frequently discussed. Rather than focussing on analogy vs. modes of substantial union, it focuses on thetic vs. substantial generation. ‘Similarity’ is a key component of the concept of the image still, but the most important thing 34 Several scholars associate Paul’s use of εἰκὼν θεοῦ with Adam, here: e.g. COLLAGNE, Enigmes (see n. 7), 121–22; S.J. HAFEMANN, Paul, Moses, and the history of Israel: the letter/spirit contrast and the argument from scripture in 2 Corinthians 3 (WUNT 81), Tübingen, 1995, 417–24; J. JERVELL, Imago Dei: Gen. 1,26f. im Spätjudentum, in der Gnosis und in den paulinischen Briefen (FRLANT 76 [N.E. 58]), Göttingen, 1960, 174–76. 35 ELTESTER, Eikon (see n. 31), 103, 121. 36 For critique of the link between 2 Cor 4,6 and Gen 1,3: C.K. STOCKHAUSEN, Moses’ Veil and the Glory of the New Covenant: The Exegetical Substructure of II Cor. 3,1–4,6, AnBib 116, Rome 1989, 160. 37 ELTESTER, Eikon (see n. 31), 105, 114–16. The association between Paul’s εἰκὼν θεοῦ and Wisdom is argued ibid, 130–35, and supported by significant commentators, e.g. BARRETT, Commentary, (see n. 7), 125; THRALL, Epistle (see n. 23), 284, 293–94. 38 E.g. Agr. 51; Det. 82 cf. Mos. 1,283, with ELTESTER, Eikon (see n. 31), 35–38, 117–20.
2 Cor 4,7–12: Viewing Paul as an Icon of Christ
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is whether the deity made the image, or generated it. The interest is now in the first instance in the person of God and His mode of relation to the image, rather than in the structure of the relation between Paul’s and Christ’s sufferings. This perspective allows full weight to an emphasis that Paul himself accords God’s action in his image: ἵνα ἡ ὑπερβολὴ τῆς δυνάμεως ᾖ τοῦ θεοῦ καὶ μὴ ἐξ ἡμῶν (v. 7b) insists on God’s action, and the verbs φανερωθῇ (twice) and παραδιδόμεθα are divine passives. Secondly, the religious and philosophical thought about images highlights points of contact between Paul’s image and Christ’s as icons in the setting of the traditions according to which this language held meaning at that time. The manifestation of Christ’s life in Paul is thetic, as Adam’s at the creation. It echoes the Adam typology in Christ’s image especially in anthropological shape. As a knowledge-enabler (implicit, and noted by many commentators)39 and especially as a medium of creation (ἡ δὲ ζωὴ ἐν ὑμῖν [ἐνεργεῖται]), the manifestation of Christ in Paul performs the role of Wisdom, mediator of knowledge and partner of God in creation in Jewish tradition, God’s natural image. The iconic function of making God visible, explicit in Philo’s Logos and echoed in Paul’s portrayal of Christ, is thus echoed again in Paul’s selfpresentation, where one comes through seeing him to knowing and experiencing the character and power of God. This analysis follows through the observation made in the first section that Paul’s image is one of a catena of three images of Christ, rather than treating it separately as revolving round the theme of Pauline/Christian suffering. Thirdly, a comparison with later Christian discussion of Christ as image of God, icons as images of Christ is informative. Although the thought on these topics was articulated and formulated as dogma centuries after Paul, the later debate and doctrines were shaped within continuous development of the same platonic and scriptural traditions as those within which Paul stood. Close contact can be taken as a sign that the later thought involves more explicit articulation of patterns of thought and worship long present. Thus, the Iconoclastic controversy of the eighth to ninth centuries tackled the issue of material images of Christ: they are images formed of dead material – could they be said to manifest God at all? Could one look at them in worship without committing idolatry? The iconoclasts argued for negative answers: such images had no substantial relationship to the deity and they manifested Christ only as man. The Trinitarian debate of the third century had clarified that Christ as man was only the thetic, not the natural image of God. The iconophiles, meanwhile, argued that the image bore likeness to God and it did this by grace only. This grace was therefore manifest in the image, available to 39 E.g. E. KÄSEMANN, Die Legitimität des Apostels. Eine Untersuchung zu II Korinther 10– 13, Darmstadt 1956. Repr. from ZNW 41 (1942) 33–71, 54; SCHRÖTER, Versöhner (see n. 7), 121; THRALL, Epistle (see n. 23), 334, cf. ELTESTER, Eikon (see n. 31), 132–33.
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sense-perception of sight. It was in this way that God was indeed visible in the image.40 This handles the same concerns as Paul does in relation to Christ’s manifestation in his own image. This too is an image made out of dead-matter, imitating Christ as man, with a thetic relation to God – as Paul highlights. In his use of paradox Paul recognises and draws attention to the potentially problematic character of looking at him, and whether it could be confused with idolatry. Yet he shows that the image of Christ was manifest in him in the divine capacity of enabling knowledge and mediating life to others. God’s action causing this form of manifestation in him is activity of power and grace. It was thus possible to contemplate it with a sacred gaze and respond with thanksgiving to God (v. 15).
V. Conclusion This essay explored Paul’s presentation of his image in 2 Cor 4,7–12. It argued for an ‘iconographic approach’ to this image. Whereas most scholarship on this passage explores the theological relationship between Paul’s sufferings and Christ’s, this essay explored the significance to devout viewers of Paul’s image as an icon. It showed that this approach casts a different perspective on the terms of discussion; most scholarly comments centre on engagement with Paul’s ambiguity about likeness vs. union as the appropriate conceptualisation of how his sufferings relate to Christ’s. This essay showed that the iconographic perspective offers different language and concepts for appreciating the image, and allows us to envisage better how it functioned within the piety of early Christians, shaped as it was by a material culture on the one hand, a Platonic and scriptural intellectual culture on the other. The first part of the essay argued that Paul, and the traditions within which he stands, invite us to treat his image here as on the one hand closely related to the iconic image of Christ, on the other bearing disconcerting affinities with idols. Later Christians discussed extensively whether images of Christ were icons or idols. Their debate was rooted in a religious and philosophical discourse continuous with Paul’s own. Thus it helps illuminate how it was that God was made visible in Paul and that Christ manifest in the dead matter of his flesh could be contemplated in worship, without idolatry.41
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LADNER, Concept (see n. 31), esp. 18–19. With many thanks to William Horbury; Jonathan Moo; V. Henry T. Nguyen and Caryn Reeder for commenting helpfully on written versions of this piece, and to all those who patiently listened and responded to it at the Ratio Religionis Conference, February 2007. For all its remaining faults, naturally I am wholly responsible. 41
Gräber und Symbole: Tempel im Werk Clemens’ von Alexandrien ILINCA TANASEANU-DÖBLER 1. Einleitung Die frühchristlichen Texte sind anfänglich von einer Ablehnung der Lokalisierung der Gottesverehrung gekennzeichnet: die wahren Anbeter verehrten Gott nicht in Jerusalem oder auf dem Berg Garizim, sondern „im Geist und in der Wahrheit“, so die plakative Aussage des Johannesevangeliums (4,23). Gott wohne nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht seien, erklärt Paulus den auf dem Areopag versammelten Philosophen in der Apostelgeschichte (17,24f.). Der Tempel Gottes seien die Gläubigen, so Paulus selbst im ersten Brief an die Korinther (3,16 und 6,19). Erst allmählich entwickeln sich spezifisch christliche Vorstellungen von heiligen Orten, wie sie am deutlichsten in Konstantins Bautätigkeit in Palästina greifbar werden.1 Doch leben die Christen in einer religiösen Landschaft, die von verschiedenen Heiligtümern geprägt ist. Heiligtümer bilden ein selbstverständliches Element des religiösen Diskurses, in welchem sich auch die Christen bewegen; für diejenigen, die aus nicht-christlichen Familien stammen, ist der Umgang mit heiligen Orten Bestandteil der religiösen Sozialisierung.2 Somit müssen Formen 1 Zu diesen Entwicklungen siehe z.B. R.A. MARKUS, The End of Ancient Christianity, Cambridge 1990, 139–155; Ders., How on Earth Could Places Become Holy? Origins of the Christian Idea of Holy Places, JECS 2 (1994) 257–271; J.E. TAYLOR, Christians and the Holy Places. The Myth of Jewish-Christian Origins, Oxford 1993; S. MCCORMACK, Loca Sancta. The Organization of Sacred Topography in Late Antiquity, in: R. OUSTERHOUT (Hg.), The Blessings of Pilgrimage, Urbana/Chicago 1990, 8–40. 2 Das Christentum ist letztlich selbst eine antike Religion, die ihre Besonderheiten im System der religiösen Diskurse der Antike entwickelt. Siehe dazu J.Z. SMITH, Drudgery Divine. On the Comparison of Early Christianities and the Religions of Late Antiquity, Chicago 1990, der die Problematik und den ideologischen Hintergrund der Beschreibung des Christentums als einer einzigartigen, mit den anderen antiken Religionen inkommensurablen Religion diskutiert (bes. 36–53 und 116–143), sowie in neuerer Zeit CH. AUFFARTH, Die frühen Christentümer als Lokale Religion, ZAC 7 (2003) 14–26, bes. 16–22. In einem weiteren Aufsatz diskutiert Auffarth am Beispiel der Interpretation orientalischer Mysterienkulte die Instrumentalisierung antiker Phänomene für theologische Zwecke und die damit verbundenen Schwierigkeiten einer Religionsgeschichte des Christentums, vgl. CH. AUFFARTH,
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entwickelt werden, um mit diesem Phänomen umzugehen und sich gegenüber heidnischen Vorstellungen zu positionieren. Der Umwelt und sich selbst muss plausibel gemacht werden, warum dieses zentrale Element negiert wird, warum die Christen nicht für ihren Gott nach dem althergebrachten Muster erkennbare Heiligtümer mit Tempeln, Altären und etwa Kultstatuen von Jesus errichten. Gerade diese Ablehnung traditioneller Kult- und Repräsentationsformen wird in den erhaltenen heidnischen Schriften gegen die Christen als Standardvorwurf, als ein Zeichen grundlegender Verkehrtheit der Christen thematisiert.3 Einen Einblick in die christliche Seite dieser Diskussionen bietet Clemens von Alexandrien. Als Christ und Vertreter der klassischen Bildung greift er die christlichen Schlüsseltexte gegen Tempel auf und diskutiert sie in Verbindung mit nicht-christlichen Autoren. Eine Analyse dieser Thematik wurde für Clemens noch nicht unternommen; die meisten Studien konzentrieren sich neben literaturhistorischen Fragen vor allem auf die grundlegenden philosophischen und theologischen Probleme, die Clemens aufwirft.4 Eine Diskussion seiner Haltung zu heiligen Orten ist jedoch für eine bessere religionshistorische Verortung Clemens’ in seinem konkreten Kontext wichtig, da sie den Blick auf seine Einschätzung der religiösen Praxis seiner Zeit lenken würde. Zudem bietet sie die Möglichkeit einer exemplarischen Analyse seiner Interpretation eines Elementes dieser Praxis im Lichte christlicher und paganer Denktraditionen und somit die Basis für einen Vergleich mit anderen nicht-christlichen Positionen der Zeit. Damit wird Clemens über die Theologiegeschichte hinaus auch für die antike Religionsgeschichte ausgewertet.5 Um dies zu erreichen, muss zunächst eine theoretische und methodische Positionierung in Bezug auf die religionswissenschaftliche Debatte um die Heiligkeit von Orten erfolgen. Auf dieser Grundlage soll dann das Augenmerk „Licht vom Osten“: Die antiken Mysterienkulte als Vorläufer, Gegenmodell oder katholisches Gift zum Christentum, Archiv für Religionsgeschichte 8 (2006) 206–226. 3 Siehe H. THÜMMEL, Versammlungsraum, Kirche, Tempel, in: B. EGO, A. LANGE, P. PILHOFER, Gemeinde ohne Tempel. Zur Substituierung und Transformation des Jerusalemer Tempels und seines Kults im Alten Testament, antiken Judentum und frühen Christentum (WUNT 118), Tübingen 1999, 489–504, 491f. und AUFFARTH, Christentümer (s. Anm. 2), 23. Betont wird von heidnischer Seite gerade auch, dass die Juden, auf welche sich die Christen zurückführen, zwar absonderliche Vorstellungen hätten, aber wenigstens einen ‚normalen‘ Kult mit einem Tempel – wenngleich ohne Statue –, Altären und Opfern aufwiesen (siehe z.B. Julian in Gal. 305E–306B [frg. 72 MASARACCHIA] und 354A–C; 356C [frg. 86 und 87, 1–5 MASARACCHIA]). 4 Siehe die bibliographischen Überblicke von E. OSBORN, Clement of Alexandria. A Review of Research 1958–1982, SecCen 3 (1983) 220–244; Ders., One Hundred Years of Books on Clement, VigChr 60 (2006) 367–388, sowie die Bibliographie seines neuesten Buches Clement of Alexandria, Cambridge 2005. 5 Zum Desiderat einer solchen Religionsgeschichte des Christentums siehe AUFFARTH, Christentümer (s. Anm. 2), 25f.
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auf zwei Schriften Clemens’ gerichtet werden, den Protreptikos und die Stromateis. Letztere bilden sein philosophisches Hauptwerk; in ihnen finden sich wesentlich differenziertere Betrachtungen als im Protreptikos, der gattungsbedingt eine eindeutige Ablehnung der Tempel zum Ausdruck bringt; deswegen soll der Schwerpunkt der Untersuchung auf ihnen liegen.
2. „Heilige Orte“ als soziale Konstruktionen Die Frage nach der Heiligkeit von Raum bildete einen spezifischen Gegenstand der Religionsphänomenologie.6 Besonders einflussreich und über die Fachgrenzen der Religionswissenschaft hinaus populär war und ist die Theorie Eliades, die davon ausgeht, dass die Weltsicht des religiösen Menschen durch eine grundlegende Inhomogenität, durch die für diesen Menschen bestehende ontologische Unterscheidung zwischen einer profanen und einer heiligen Sphäre geprägt sei. An der generalisierenden Betrachtungsweise der Phänomenologen ist in der Religionswissenschaft und teilweise auch in der Anthropologie oder Geschichte verdiente Kritik geübt worden.7 Versuche der theoretischen Beschäftigung mit diesem weiterhin wichtigen Thema der Religionswissenschaft stehen jedoch noch am Anfang.8 Das entscheidende Problem der phänomenologischen Methode ist ihre ahistorische Vorgehensweise, welche dazu tendiert, Unterschiede und Kon6 Siehe G. VAN DER LEEUW, Phänomenologie der Religion, Tübingen 21956, 445–457; G. WIDENGREN, Religionsphänomenologie, Berlin 1969; G. MENSCHING, Die Religion. Erscheinungsformen, Strukturtypen und Lebensgesetze, Stuttgart 1959, 276–277; F. HEILER, Erscheinungsformen und Wesen der Religion, Stuttgart 1961, 128–150; M. ELIADE, Die Religionen und das Heilige, Frankfurt a. M. 1998, 423–444 sowie in neuerer Zeit U. TWORUSCHKA, Heiliger Raum und heilige Stätte aus der Sicht der Religionsphänomenologie, in: Ders. (Hg.), Heilige Stätten, Darmstadt 1994, 1–8. 7 Speziell auf das Thema der heiligen Orte bezogen siehe J. EADE, M.J. SALLNOW, Introduction, in: Dies. (Hgg.), Contesting the Sacred. The Anthropology of Christian Pilgrimage, London/New York 1991, 6–16; J.Z. SMITH, To Take Place. Toward Theory in Ritual, Chicago 1992, 1–23; MARKUS, How on Earth (s. Anm. 1), 258 sowie CH. AUFFARTH, Sind heilige Stätten transportabel? Axis mundi und soziales Gedächtnis, in: A. MICHAELS, D. PEZZOLIOLGIATI, F. STOLZ (Hgg.), Noch eine Chance für die Religionsphänomenologie? (Studia Religiosa Helvetica 6/7), Bern u.a. 2001, 235–257. 8 Es wäre sicherlich verfehlt, die systematische theoretische Diskussion über heilige Orte nur wegen der Fehler der Phänomenologie aufzugeben, wie A. KOCH, Rezension von A.C. MESSNER, K. HIRSCHLER (Hgg.), Heilige Orte in Asien und Afrika. Räume göttlicher Macht und menschlicher Verehrung, Schenefeld 2006, ZfR 15 (2007) 92–93, 93 fordert. Wie AUFFARTH, Heilige Stätten (s. Anm. 7), 245–248, treffend bemerkt, muss sich die Religionswissenschaft nach einer Zeit der Beschränkung auf Einzelforschungen nun der Herausforderung der systematischen Theoriebildung stellen; in seinem Aufsatz skizziert er ein neues Konzept dafür.
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flikte zu nivellieren, um zu den postulierten zeitlosen Typen religiösen Lebens vorzudringen. Eine theoretische Diskussion des Phänomens heiliger Orte sollte daher, wie Auffarth es am Beispiel des Jerusalemer Tempelbergs exemplarisch ausführt, gerade auch die Dynamik von Sakralitätsvorstellungen sowie die konfligierenden Interpretationen solcher Orte einbeziehen.9 Nur so kann der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Heilige für den Wissenschaftler nicht als eine ontologische Gegebenheit, eine wesenhafte Qualität bestimmter Dinge, fassbar ist, sondern als soziale Konstruktion.10 Heiligkeit soll hier als Zuschreibung eines besonderen Status seitens des religiösen Subjektes verstanden werden, die den Ort aus der menschlichen Sphäre heraushebt und ihn in Verbindung mit Bereichen bringt, die die empirische Alltagswelt des Menschen transzendieren.11 Der betreffende Ort ist von anderen Orten qualitativ abgetrennt, es gelten besondere Verhaltensregeln und Reinheitsvorschriften; er ist „Brennpunkt von Mythen und Ort von Riten, [...] ein Zeichensystem, das etwas darüber aussagt, wie die Menschen den hier ablaufenden Kult und seinen Kultempfänger verstanden“.12 Die Gründe und 9
Siehe AUFFARTH, Heilige Stätten (s. Anm. 7), 247–252. Siehe auch EADE, SALLNOW, Introduction (s. Anm. 7), 6 und 9–16. 10 Siehe dazu die Kritik Gladigows an der substanzhaften Konzeption des Heiligen in der Phänomenologie sowie sein Gegenprogramm einer kulturwissenschaftlichen Religionswissenschaft (B. GLADIGOW, Religionsgeschichte des Gegenstandes – Gegenstände der Religionsgeschichte, in: H. ZINSER [Hg.], Religionswissenschaft. Eine Einführung, Berlin 1988, 6–37, 8– 10 und 15–17). Wenn auch seine reduktionistische Sichtweise das entgegengesetzte Extrem zur Phänomenologie darstellt und somit auch einseitig ist, so ist sie dennoch ein wichtiges Korrektiv zur phänomenologischen Auffassung von Religion. Zur sozialen Konstruktion des Heiligen siehe SMITH, To Take Place (s. Anm. 7), 104–107 sowie A. MESSNER, Annäherungen an das „Heilige“ in kulturwissenschaftlicher Perspektive, in: MESSNER, HIRSCHLER, Heilige Orte (s. Anm. 8), 1–16, bes. 2–9. Eine andere Lösung sucht W. GANTKE, Der umstrittene Begriff des Heiligen. Eine problemorientierte religionswissenschaftliche Untersuchung (Religionswissenschaftliche Reihe 10), Marburg 1998, bes. 414–430, der den phänomenologischen Begriff des Heiligen bei aller Kritik an der Ahistorizität der Phänomenologie für die moderne Religionswissenschaft retten will. 11 Insofern beschreiben die umstrittenen Klassiker der Phänomenologie wie R. Otto (Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, Breslau 1917) oder Eliade mit ihren Theorien des Heiligen letztlich eine mögliche Binnensicht religiöser Individuen. Als solche sind ihre Beschreibungen wichtig; sie müssen allerdings durch die Einbeziehung der sozialen Prozesse ergänzt werden, in denen Diskurse um heilige Dinge entstehen. Zu letzteren siehe EADE, SALLNOW, Introduction (s. Anm. 7), 10–26. 12 F. GRAF, Heiligtum und Ritual. Das Beispiel der griechisch-römischen Asklepieia, in: Le Sanctuaire Grec, EnAC 37 (1990), 159–199, 159. Zur Bedeutung der Separation als konstitutives Moment des Heiligen siehe É. DURKHEIM, Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt a. M. 21998, 64–68 und SMITH, To Take Place (s. Anm. 7), 104–108. Die Bedeutung des Rituals unterstreicht SMITH, To Take Place, 105: „Ritual is not an expression of or a response to „the Sacred“; rather, something or someone is made sacred by ritual“. Dies findet eine Bestätigung in der Enstehungsgeschichte griechischer Heiligtümer seit dem Dunklen Zeitalter, deren frühestes und zentrales Element der Altar war (siehe CH. SOURVINOU-
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Formen der Sakralisierung von Orten sind verschieden: sie können von besonderen natürlichen Phänomenen bis zu ausgefeilten Konzepten von Tempeln als Wohnung einer Gottheit reichen.13 Der besondere Status solcher Orte wird im Konflikt mit anderen Interpretationen entwickelt und kann auch wieder aufgegeben werden.14 Krisensituationen können zu Entlokalisierungsprozessen führen, welche ihrerseits verschiedene kompensatorische Strategien aufkommen lassen.15 Die Sinnhaftigkeit bzw. Legitimität von Tempeln und anderen heiligen Räumen kann radikal in Frage gestellt oder negiert werden. Daneben können die mit Tempeln und anderen heiligen Räumen verbundenen Vorstellungen metaphorisch auf andere Phänomene übertragen werden. Dies kann entweder bei gleichzeitiger Anerkennung des tatsächlichen Raumes als heilig erfolgen, oder den konkreten Raum durch den Verweis auf höhere, geistige Realitäten ersetzen.16 Ablehnung, Umdeutung und Bejahung der Heiligkeit von Räumen bilden somit einen differenzierten Diskurs, in dem Heiligkeit immer neu ausgehandelt wird. Kritik an heiligen Orten hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Handeln: sie kann auf der diskursiven Ebene ausgetragen werden, aber genauso in gewalttätigen Auseinandersetzungen münden.17 INWOOD, Early Sanctuaries, the Eighth Century and Ritual Space. Fragments of a Discourse, in: N. MARINATOS, R. HÄGG [Hgg.], Greek Sanctuaries. New Approaches, London/New York 1993, 4–11). 13 Eine grundlegende Dichotomie wäre die Unterscheidung zwischen Vorstellungen, dass Orte per se heilig sind, und solchen, dass Orte erst durch die Gegenwart einer heiligen Person oder Gottheit bzw. durch die Zugehörigkeit zu ihnen geheiligt werden; ein Sonderfall dieser zweiten Kategorie wäre, dass Orte durch in heiligen Texten kodifizierte Geschichte besondere Relevanz erlangen. Diese Unterscheidung wird bei EADE, SALLNOW, Introduction (s. Anm. 7) anhand von Beispielen aus verschiedenen Kulturen diskutiert; für die Spätantike siehe MCCORMACK, Loca Sancta (s. Anm. 1), 10ff. und B. CASEAU, Sacred Landscapes, in: G.W. BOWERSOCK, P. BROWN, O. GRABAR (Hgg.), Late Antiquity. A Guide to the Postclassical World, Cambridge (Massachusetts)/London 1999, 21–59, hier 24f. 14 Siehe dazu z.B. B. BERGQUIST, The Archaic Temenos in Western Greece. A Survey and Two Inquiries, in: Le Sanctuaire Grec, EnAC 37 (1990) 109–152, 130–132 mit der Diskussion 154–156, welche anhand archäologischen Materials von westgriechischen Tempelbezirken sowohl Prozesse der Sakralisierung ursprünglich privater Grundstücke genauso wie die Profanierung und Privatisierung sakralen Grundes aufzeigt. 15 Als besonders prägnantes Beispiel ist sicherlich der Jerusalemer Tempel zu nennen, dessen wechselvolles Schicksal Auffarth analysiert hat. Siehe dazu AUFFARTH, Heilige Stätten (s. Anm. 7). 16 Siehe dazu z.B. CH. BÖTTRICH, „Ihr seid der Tempel Gottes“. Tempelmetaphorik und Gemeinde bei Paulus, in: EGO, LANGE, PILHOFER, Gemeinde (s. Anm. 3), 411–425, oder M. ALBANI, „Wo sollte ein Haus sein, das ihr mir bauen könntet?“ (Jes 66, 1) – Schöpfung als Tempel JHWHs?, ibid. 37–56. 17 So werden etwa am Beispiel der frühen Christen verschiedene Strategien deutlich: bis ins dritte Jahrhundert lassen sich bei aller Ablehnung der Tempel keine Zerstörungsaktionen nachweisen. Siehe dazu J. HAHN, Tempelzerstörungen und Tempelreinigungen in der Spät-
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Auf diesem Hintergrund ist es für das Verständnis der Diskurse um Heiligkeit von Orten wichtig, auch Positionen zu untersuchen, welche solche Orte in Frage stellen oder sie spiritualisierend umdeuten.18 Hier wird der Fokus nicht auf allen antiken Varianten heiliger Orte liegen,19 sondern auf einem Ausschnitt: den Tempeln, die bei Clemens meistens pars pro toto für Heiligtümer stehen.20 Diese bilden in der griechisch-römischen Kultur einen Teil der komplexen Anlagen der Heiligtümer mit ihren verschiedenen Bereichen und Funktionen. Kultisches Zentrum dieser Anlagen sind die Altäre; die Tempel, die relativ spät, angefangen mit dem achten Jahrhundert in Griechenland, im Zusammenhang einer verstärkten Tendenz zur Monumentalität erscheinen, sind kultisch gesehen sekundär.21 Sie dienen als Wohnung, als Ort der Gegenwart der Götter, greifbar in der Präsenz der Götterstatue im Tempel, können aber auch weitere Funktionen haben, wie z.B. die Aufbewahrung von Votiven oder von Geld.22 Darüber hinaus fungieren sie als zentrale Elemente der Städte, als prestigeträchtige Monumente und lokale oder regionale identitätsstiftende Zentren.23 Im folgenden wird nun zu untersuchen sein, wie antike, in: R. ALBERTZ (Hg.), Kult, Konflikt und Versöhnung. Beiträge zur kultischen Sühne in religiösen, sozialen und politischen Auseinandersetzungen des antiken Mittelmeerraumes (AOAT 285), Münster 2001, 269–286, 269–273, der die entscheidende Rolle der konstantinischen Tempelzerstörungen als Bruch mit der Vergangenheit betont, und vor allem B. CASEAU, ΠΟΛΕΜΕΙΝ ΛΙΘΟΙΣ. La désacralisation des espaces et des objets religieux païens durant l’Antiquité tardive, in: M. KAPLAN (Hg.), Le sacré et son inscription dans l’espace à Byzance et en Occident. Études comparées, Paris 2001, 61–123, hier 86ff., welche neben den Aktionen Konstantins die Bedeutung der Reaktionen auf die julianischen Restaurationsversuche als Katalysator von Gewalt gegen Tempel und Statuen herausarbeitet. 18 Die hier skizzierten Diskussionen über die prinzipielle Heiligkeit oder Nichtheiligkeit von Orten machen zwar einen zentralen Aspekt solcher Orte aus; zum Verständnis ihrer jeweiligen Strukturen und Funktionen sind jedoch noch weitere Aspekte relevant, die hier nicht diskutiert werden können. So müsste eine postphänomenologische Theorie solcher Orte ihre Vernetzung mit anderen, nicht-religiösen Sphären diskutieren, z.B. politische oder ökonomische Aspekte, sowie ihre ästhetischen und touristischen Komponenten. Für griechische Heiligtümer werden die komplexen religiösen, politischen und sozialen Funktionen heiliger Orte z.B. in Le Sanctuaire Grec, EnAC 37 (1990), MARINATOS, HÄGG, Greek Sanctuaries (s. Anm. 12), oder S.E. ALCOCK, R. OSBORNE (Hgg.), Placing the Gods. Sanctuaries and Sacred Space in Ancient Greece, Oxford u.a. 1994 diskutiert. 19 Die Verschiedenheit und Komplexität antiker Heiligtümer wird z.B. an den Beiträgen in Le Sanctuaire Grec, EnAC 37 (1990) deutlich. 20 Siehe z.B. Strom. V 11,74–76. 21 Siehe SOURVINOU-INWOOD, Early Sanctuaries (s. Anm. 12), 10f. 22 Siehe CH. AUFFARTH, ‹Euer Leib sei der Tempel des Herrn!› Religiöse Sprache bei Paulus, in: D. ELM VON DER OSTEN, J. RÜPKE, K. WALDNER (Hgg.), Texte als Medium und Reflexion von Religion im römischen Reich, Stuttgart 2006, 63–80, hier 73f. 23 Siehe J.R. LANCI, A New Temple for Corinth. Rhetorical and Archaeological Approaches to Pauline Imagery (Studies in Biblical Literature 1), New York u.a. 1997, 89–107 (der allerdings nur die lokale Ebene berücksichtigt). Tempel als Sehenswürdigkeiten und Prestigeobjekte: MARINATOS, HÄGG, Greek Sanctuaries (s. Anm. 12), 229ff. (Dunkles Zeitalter bis
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Clemens, der wahrscheinlich aus Athen stammt und seine bedeutendsten Werke in Alexandrien verfasst,24 zu dessen Alltag somit die berühmten Heiligtümer dieser zwei traditionsreichen Städte gehörten, als christlicher Philosoph mit diesem Bereich der religiösen Traditionen seiner Umwelt umgeht.
3. Tempel in Clemens’ Schriften 3.1 Der Protreptikos: Tempel als Gräber Mit verschiedenen Elementen griechischer Religiosität hatte sich Clemens bevor er die Stromateis schrieb in seinem Protreptikos befasst,25 in welchem eine klare Distanzierung von allen Formen des Kultes und der heidnischen Mythologie zum Ausdruck kommt. Auch die heidnischen Tempel fallen dieser Ablehnung zum Opfer: Clemens stellt sie als Gräber dar, welche die unwissenden Heiden verehrten: Εἰκότως ἄρα ἀρχήν ποτε ἡ δεισιδαιμονία λαβοῦσα κακίας ἀνοήτου γέγονε πηγή· εἶτα δὲ μὴ ἀνακοπεῖσα, ἀλλ’ εἰς ἐπίδοσιν ἐλθοῦσα καὶ πολλὴ δὴ ῥυεῖσα, δημιουργὸς πολλῶν καθίσταται δαιμόνων, ἑκατόμβας θύουσα καὶ πανηγύρεις ἐπιτελοῦσα καὶ ἀγάλματα ἀνιστᾶσα καὶ νεὼς ἀνοικοδομοῦσα, τοὺς δή – οὐ γὰρ οὐδὲ τούτους σιωπήσομαι, πρὸς δὲ καὶ αὐτοὺς ἐξελέγξω – νεὼς μὲν εὐφήμως ὀνομαζομένους, τάφους δὲ γενομένους. Ὑμεῖς δὲ ἀλλὰ κἂν νῦν δεισιδαιμονίας ἐκλάθεσθε, τοὺς τάφους τιμᾶν αἰσχυνόμενοι.
Nachdem also der Aberglaube irgendwann einmal einen Anfang genommen hatte, wurde er verständlicherweise zur Quelle unverständiger Bosheit. Weil er dann nicht zurückgeschnitten wurde, sondern einen Aufschwung nahm und als großer Strom fließt, hat er nun einen festen Stand als Schöpfer vieler Dämonen, indem er Hekatomben opfert und festliche Versammlungen veranstaltet und Götterbilder aufstellt und Tempel erbaut, welche freilich – denn ich will auch diese nicht verschweigen, sondern auch gegen sie meine Widerlegung führen – euphemistisch Tempel genannt werden, aber Gräber geworden sind. Aber vergesst doch wenigstens jetzt den Aberglauben, aus Scham darüber, dass ihr Gräber verehrt. (Protr. III 44,3f.)
Hellenismus); CASEAU, ΠΟΛΕΜΕΙΝ (s. Anm. 17), 74 (Spätantike). Die Rolle griechischer Tempel als Schlüsselstellen zwischen verschiedenen sozialen und ethnischen Gruppen sowie zwischen Stadt und Umland thematisieren die Arbeiten in ALCOCK, OSBORNE, Placing the Gods (s. Anm. 18). 24 Siehe zu den spärlichen biographischen Informationen zu Clemens z.B. A. MÉHAT, Étude sur les ‚Stromates‘ de Clément d’Alexandrie, Paris 1966, 42–49, oder H.F. HÄGG, Clement of Alexandria and the Beginnings of Christian Apophaticism, Oxford 2006, 51–60. 25 Zur Chronologie von Clemens’ Werken siehe MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 42–54.
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Es folgt dann eine längere Aufzählung von Tempelbezirken, in denen Gräber zu finden seien.26 Bemerkenswert ist, dass Clemens hier gegen die heidnischen Tempel ein Argument entwickelt, das in späterer Zeit, als die Machtverhältnisse umgekehrt sind, den Christen von den Heiden entgegengehalten wird: Julian oder Eunapius klagen darüber, dass die Christen die Tempel der Götter verachten und stattdessen unreine Gräber und Totengebeine verehren27 – eine deutliche Anspielung auf den aufkommenden Märtyrerkult. Christlicherseits werden die Reinheit und Verehrungswürdigkeit der Märtyrergräber in nachkonstantinischer Zeit eifrig verteidigt.28 Es ist aufschlussreich, dass der Märtyrerkult bei Clemens trotz der großen Bedeutung des Martyriums, dem er weite Teile des 4. Stromateus widmet, noch keine Rolle spielt; er stellt nicht den unheiligen Gräbern in heidnischen Tempelbezirken die heiligen Gräber der Märtyrer gegenüber, sondern verfolgt konsequent eine Strategie der Delokalisierung des Heiligen. Sowohl bei Clemens als auch bei den späteren heidnischen Christentumskritikern werden Konflikte um die beanspruchte Heiligkeit bestimmter Orte mit Hilfe der fundamentalen Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Typen besonderer, nicht-profaner29 Orte geführt, die zwei völlig voneinander geschiedene Sphären bilden: Gräber und Tempel, die für das griechisch-römische Empfinden jeweils mit kultischer Unreinheit bzw. Reinheit verbunden sind. Es wäre zu überlegen, ob diese Dichotomie über die Spätantike hinaus allgemein als Mittel zur Diskreditierung heiliger Orte fungiert.
26 Protr. III 45. Zu heidnischen Tempeln als Gräbern siehe auch Protr. IV 49; 56,2; X 91,1. Es liegt nahe, dieses Interpretationsmuster aus Clemens’ ägyptischem Umfeld herzuleiten, wo die verschiedenen Gräber des Osiris bei den Griechen bekannt waren und Anstoß erregten (siehe z.B. Plut. De Is. 18,358AB, 20–22,359A–F). Clemens führt jedoch hauptsächlich griechische Heiligtümer als Beispiele an, und von den ägyptischen nur den Sarapistempel in Rhakotis sowie die Tempel zu Ehren des Antinoos, also hellenistisch-römische Kulte, ohne Osiris zu berücksichtigen (s.u. Anm. 28 und 29). 27 Julian in Gal. 335b–d und 339e (frg. 81–82 MASARACCHIA); Mis. 28,357c, Or. 7,22,228c; ep. 114,438c und ep. 136a–b BIDEZ; Eunap. VS 6,11,8–11 (im Zusammenhang mit der Zerstörung des alexandrinischen Serapeions). 28 Siehe z.B. Joh. Chrysostomos’ Rede und Predigt über den heiligen Babylas. 29 Am Beispiel der Gräber zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen heiligen und profanen Orten zur Beschreibung religiöser Diskurse vielleicht nicht genügt; Gräber können als besondere Orte empfunden werden, die aber das genaue Gegenteil von den Orten sind, die als heilig angesehen werden. Für die römische Grabkultur spiegelt sich das etwa in der Bezeichnung der Gräber als loca religiosa im Gegensatz zu loca sacra oder loca sancta (U. VOLP, Tod und Ritual in den christlichen Gemeinden der Antike [SVigChr 65], Leiden/Boston 2002, 88f.). Auch Plutarch differenziert in De Is. 61,375D–E zwischen den Dingen der Unterwelt, die als ὅσιαȱbezeichnet würden, und denen der Himmlischen Welt, die als ἱερά gälten. Allerdings muss dabei stark differenziert werden; für einen Überblick über die verschiedenen Vorstellungen über den Status der Gräber und ihrer kultischen Reinheit oder Unreinheit siehe VOLP, Tod und Ritual, 25–28, 39–41, 65–68, 94–95.
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Diese argumentative Strategie wendet Clemens auch auf Heiligtümer seines unmittelbaren Umfeldes im römischen Ägypten an. In Protr. IV 48 beschreibt er die Entstehungsgeschichte des Sarapiskultes. In diesem Zusammenhang schiebt er dem Serapeion in Rhakotis ein besonders unwürdiges Grab, dasjenige der königlichen Konkubine Blistiche, unter. Im Rückschluss kann diese Polemik als Beweis der besonderen Bedeutung und Anziehungskraft des Serapeions für Clemens’ Zeitgenossen gelesen werden.30 In einem anderen Passus kritisiert Clemens die Divinisierung des Antinoos, die durch dessen pikante Vergangenheit besonders problematisch und lächerlich erscheine. Sein Tempel wird als Beweis dafür herangezogen, dass Tempel nichts Großartiges, sondern letztlich Gräber, eben manchmal auch Gräber zwielichtiger Personen, seien.31 Neben der Darstellung der Tempel als Gräber werden auch andere Mittel der Diskreditierung eingesetzt. So seien Tempel und die von ihnen beherbergten Kultstatuen allesamt Menschenwerk und als solches wehrlos Tempelräubern und Naturkatastrophen ausgeliefert.32 Bei seiner Kritik der Mantik fordert Clemens des weiteren, dass die ἄδυτα ἄθεα schweigen sollen – eine Anspielung auf die traditionellen Orakelstätten Apollons liegt nahe. Ebenso sollen die ἄδυτα der Ägypter der Finsternis anheimgegeben werden.33 Als Gegenstück zu den falschen heidnischen Tempelvorstellungen rekurriert Clemens auf die bei Paulus greifbare Vorstellung vom Menschen als Tempel Gottes: [...] λόγος ἀληθείας, λόγος ἀφθαρσίας, ὁ ἀναγεννῶν τὸν ἄνθρωπον εἰς ἀλήθειαν αὐτὸν ἀναφέρων, τὸ κέντρον τῆς σωτηρίας, ὁ ἐξελαύνων τὴν φθοράν, ὁ ἐκδιώκων τὸν θάνατον, ὁ ἐν ἀνθρώποις οἰκοδομήσας νεών, ἵνα ἐν ἀνθρώποις ἱδρύσῃ τὸν θεόν. Ἅγνισον τὸν νεών, καὶ τὰς ἡδονὰς καὶ τὰς ῥᾳθυμίας ὥσπερ ἄνθος ἐφήμερον καταλίμπανε ἀνέμῳ καὶ πυρί, σωφροσύνης δὲ τοὺς καρποὺς γεώργησον ἐμφρόνως, καὶ σεαυτὸν ἀκρο-
[...] Das Wort der Wahrheit, das Wort der Unverderblichkeit, das den Menschen wieder zeugt, indem es ihn zur Wahrheit emporträgt, der Stachel des Heils, der das Verderben vertreibt, der den Tod heraustreibt, der in den Menschen einen Tempel gebaut hat, damit er in den Menschen Gott aufstelle. Reinige den Tempel und überlasse die Lüste und das leichtsinnige Treiben wie eine eintägige Blüte dem Wind und dem Feuer, baue
30 Protr. IV 48,2: ὅς (sc. Ptolemaios Philadelphos), δεξάμενος τὸν ἀνδριάντα, καθίδρυσεν ἐπὶ τῆς ἄκρας, ἣν νῦν Ῥακῶτιν καλοῦσιν, ἔνθα καὶ τὸ ἱερὸν τετίμηται τοῦ Σαράπιδος, γειτνιᾷ δὲ τοῖς τόποις τὸ χωρίον. Βλιστίχην δὲ τὴν παλλακίδα τελευτήσασαν ἐν Κανώβῳ μεταγαγὼν ὁ Πτολεμαῖος ἔθαψεν ὑπὸ τὸν προδεδηλωμένον σηκόν. 31 Protr. IV 49,3: Ἤδη δὲ τάφος ἐστὶ τοῦ ἐρωμένου, νεώς ἐστιν Ἀντινόου καὶ πόλις· καθάπερ δέ, οἶμαι, οἱ ναοί, οὕτω δὲ καὶ οἱ τάφοι θαυμάζονται, πυραμίδες καὶ μαυσώλεια καὶ λαβύρινθοι, ἄλλοι ναοὶ τῶν νεκρῶν, ὡς ἐκεῖνοι τάφοι τῶν θεῶν. 32 Protr. IV 50–53. 33 Protr. II 11,1–2.
294 θίνιον ἀνάστησον τῷ θεῷ [...].34
Ilinca Tanaseanu-Döbler hingegen die Früchte der Besonnenheit verständig an und bringe dich selbst als Erstlingsopfer für Gott dar [...]. (Protr. XI 117,4–5)
Das Bild vom Menschen als Tempel ist keine paulinische Neuschöpfung; es findet sich etwa bei Philo von Alexandrien35 oder bei Seneca im berühmten Brief 41. Clemens malt dieses Bild philosophisch aus, indem er den Gegensatz zwischen Lust und Besonnenheit verwendet, der den platonischen Gorgias anklingen lässt. Der Tempel wird hier als Wohnung Gottes konzeptualisiert, eine Vorstellung, die sowohl jüdischen als auch griechisch-römischen Vorstellungen entspricht.36 Mit dem Verb ἱδρύειν spielt Clemens präzise auf heidnische Tempel an: er ist ein terminus technicus für das Aufstellen einer Kultstatue in einem Tempel.37 Anknüpfend an die religiöse Praxis seiner Adressaten beschreibt er sein Ideal vom wiedergeborenen Christen, der vom Logos zur Wahrheit geführt wird, als Gegenbild zu den zu Gräbern abgewerteten heidnischen Tempeln. 3.2 Die Stromateis Hatte der Protreptikos als Adaptation philosophischer Bekehrungsliteratur für die christliche Mission ein von der Gattung vorgeschriebenes Ziel und dementsprechend einen klaren Aufbau,38 so ist der Charakter der Stromateis 34 Vgl. dazu 1 Kor 3,16 und 6,19. Zu dem Bild vom Menschen als Tempel bei Paulus siehe LANCI, A New Temple (s. Anm. 23); BÖTTRICH, Tempel Gottes (s. Anm. 16) und AUFFARTH, Religiöse Sprache (s. Anm. 22), 68–75. Alle betonen, dass Paulus hier nicht spezifisch auf den jüdischen Tempel Bezug nimmt, sondern sehr wohl vor dem Hintergrund seiner korinthischen Adressaten Tempel allgemein, den jüdischen wie auch heidnische, im Blick hat und sie als Bild für seine Argumentation verwendet. Lanci bemerkt, dass das Tempelbild im Korintherbrief primär auf die Gemeinde, nicht auf den Einzelnen ziele (bes. 125–134). Während 1 Kor 3,16 so gelesen werden kann, weist jedoch 6,19 darauf hin, dass auch die einzelnen Gemeindeglieder von Paulus als Tempel des heiligen Geistes angesprochen werden. 35 Somn. 1,149; Cher. 98,106. So kann mit AUFFARTH, Religiöse Sprache (s. Anm. 22), 75 festgehalten werden, dass „Paulus eine rhetorische Metapher verwendet, wie sie jeder zeitgenössische Autor auch hätte schreiben können“. 36 S. LANCI, A New Temple (s. Anm. 23), 15 und 91–101. 37 Siehe W. LINK, Art. „ἵδρυσις“, RE 16 (1913) (terminus technicus für Tempelgründungen und ferner auch für das Aufstellen von Götterbildern); vgl. LSJ s.v. ἵδρυσις I. und A. LE BOULLUEC, Clément d’Alexandrie. Les Stromates: Stromate VII, Paris 1997, 106–107, Anm. 4. 38 Zur Anknüpfung an die philosophische protreptische Tradition siehe U. NEYMEYR, Der Protreptikos des Clemens und des Galen, in: M.F. WILES, E.J. YARNOLD (Hgg.), Studia Patristica 36, 3, Leuven 2001, 445–448, 445f. Neymeyr skizziert einen Vergleich der Protreptikoi Galens und Clemens’, welcher besonders Clemens’ ungewöhnlich aggressive Polemik zutage treten lässt (448). Ausführlicher und systematischer zur Gattung protreptikos siehe S. VAN DER MEEREN, Le protreptique en philosophie: essai de définition d’un genre, RÉG 115 (2002) 591–621. Sie unterscheidet zwischen philosophischen und nichtphilosophischen pro-
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grundverschieden. Sie präsentieren sich dem Namen entsprechend als eine mehr oder weniger lose Ansammlung von Erinnerungsnotizen (ὑπομνήματα) verschiedenster Art, die durch eine manchmal stringente, manchmal undurchsichtige Beweisführung verbunden sind.39 Die ersten fünf Bücher sind wahrscheinlich in Alexandrien entstanden, die letzten beiden vermutlich während seiner nach-alexandrinischen Zeit.40 Während das Werk in der früheren Forschung bisweilen als ungeordneter Zettelkasten ohne sichtbare Struktur betrachtet wurde, haben vor allem die Arbeiten von Méhat und Osborn gezeigt, dass die verwirrende Unordnung von Clemens bewusst angelegt wurde.41 Clemens versucht, Schrift und Philosophie zusammenzubringen und christliche Antworten auf zentrale philosophische Fragen zu finden.42 Diese Antworten auf die letzten Fragen können jedoch nicht jedem Beliebigen zugänglich gemacht werden. Um die Gefahren der Verschriftlichung zu konterkarieren, erklärt Clemens, wolle er die Wahrheit durch scheinbar sinnlose Exkurse und sprunghafte Gedankengänge verhüllen.43 Nicht nur der Gattung, sondern auch der Intention nach bewegt sich hier der Leser auf einer anderen Ebene: Clemens will die geistige Elite ansprechen, er will mit Gebildeten, Christen wie Heiden, philosophisch diskutieren und die Tiefen der Schrift wie der heidnischen Philosophie und Dichtung ausloten. Die Einsicht in die alles überragende Wahrheit des Christentums steht sichertreptikoi und ordnet christliche protreptikoi in letztere Gruppe ein; gemeinsam sei allen die Einladung an die Zuhörer, sich für eine bestimmte Lebensweise zu entscheiden (597f.). Weitere Gemeinsamkeiten sieht sie im einführenden Charakter (598), im zweigeteilten Aufbau, der den Lob der eigenen Lebensweise mit der Widerlegung gegnerischer Ansichten verbinde (604), sowie in der „argumentation par la finalité“ (604). Ihre Einordnung der christlichen Protreptikoi ist insofern problematisch, als manche Christen ihre Religion und Lebensform als direkte Konkurrenz zur traditionellen Philosophie bzw. als die einzig wahre Philosophie sehen, wie es gerade bei Clemens der Fall ist. 39 Zum Terminus ὑπόμνημα siehe MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 106–114, der unter ihm philosophische Notizen versteht (112). Zur Gattung Stromateis ebd. 106: „Ainsi, le genre des Stromates adopté par Clément semble-t-il appartenir, dans la „litterature variée“ à une catégorie composée pour majeure partie de citations, et plus spécialement orientée vers la philosophie“. L. ROBERTS, The Literary Form of the Stromateis, SecCen 1 (1981) 211–222 kritisiert die früheren Versuche, die literarische Struktur der Stromateis zu erklären, da sie die formalistische Kritik nicht beachten. Über Méhat hinaus richtet er die Aufmerksamkeit auf Clemens’ Gebrauch logischer und rhetorischer termini technici im Lichte der zeitgenössischen Rhetoriktheorien und kommt durch deren Analyse zu dem Ergebnis, dass die Stromateis stark der stoischen Logik verpflichtet sind und eine komplexe Struktur verschiedener kephalaia bilden, die den Leser dazu anhalten, ihre vielfältigen Kombinationen und Implikationen zu erforschen und so allmählich zur darin verborgenen Wahrheit zu kommen. 40 Siehe MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 48. 41 MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 523–537, E. OSBORN, The Philosophy of Clement of Alexandria, Cambridge 1957, sowie Ders., Clement (s. Anm. 4). 42 Siehe OSBORN, Philosophy (s. Anm. 41), 175–178 und Ders., Clement (s. Anm. 4), 5–15. 43 Siehe Strom. I 1,14–18; II 21,1–3 passim, Strom. IV 2,4–7.
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lich als Desiderat am Ende dieses Prozesses, soll aber durch Bildung und rationale Argumentation auf einer höheren Stufe den Würdigen vermittelt werden. Anders als im Protreptikos und im Paidagogos will Clemens nicht auf die bloße Konversion zum Christentum oder zu einer richtigen Lebensführung hinaus, sondern er zeichnet das nur Wenigen erreichbare Ideal des christlichen Gnostikers, der alle philosophischen Ideale in höchstem Maße verwirkliche und verkörpere.44 Da sich Clemens somit erklärtermaßen durch das gesamte Panorama der Bildung seiner Zeit bewegt, diskutiert er unter anderem auch Tempel als Teilaspekt der religiösen Umwelt. Neben einigen verstreuten Hinweisen findet man im V. und VII. Buch eine erhöhte Konzentration von Textpassagen, die sich mit Tempeln befassen. Diese Textgruppen sollen nun im folgenden untersucht werden. 3.2.1 Strom. V: Tempelanlagen als verschlüsselte Kommunikation Das fünfte Buch der Stromateis, das wahrscheinlich noch während Clemens’ alexandrinischer Zeit entstanden ist, könnte man wohl als einen Schlüsselabschnitt der gesamten Stromateis sehen. Denn in ihm legt Clemens ausführlich und klar seine Methode dar und begründet sie. Das αἴνιγμα ist ihm Programm: die Wahrheit über die wichtigsten theologischen Fragen dürfe nicht direkt, sondern nur durch Symbole verschleiert kommuniziert werden.45 In diesem Zusammenhang interpretiert er auch Heiligtümer verschiedener Kulturen als Symbole höherer Wahrheiten. Clemens ordnet seine Arbeit in den weiten Traditionsstrom „aller jemals über Gott sprechenden Barbaren und Griechen“ ein; nicht das „ganz Andere“ des Christentums, sondern die Kontinuität wird betont: Πάντες οὖν, ὡς ἔπος εἰπεῖν, οἱ θεολογήσαντες βάρβαροί τε καὶ Ἕλληνες τὰς μὲν ἀρχὰς τῶν πραγμάτων ἀπεκρύψαντο, τὴν δὲ ἀλήθειαν αἰνίγμασι καὶ συμβόλοις ἀλληγορίαις τε αὖ καὶ μεταφοραῖς καὶ τοιούτοις τισὶ τρόποις παραδεδώκασιν, ὁποῖα καὶ παρ’ Ἕλλησι τὰ μαντεῖα, καὶ ὅ γε Ἀπόλλων ὁ 44
Alle also sozusagen, die über Gott gesprochen haben, Barbaren wie Hellenen, haben die Prinzipien der Dinge verborgen, die Wahrheit aber in Rätseln und Symbolen, in Allegorien wiederum und Metaphern und solchen Redefiguren überliefert, wie auch die Orakel bei den Griechen beschaffen sind,
Zu den Zielen und Methoden der Stromateis s. MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 125–147. Treffend formuliert ROBERTS, Literary Form (s. Anm. 39), 213 die drei miteinander zusammenhängenden Ziele: „(1) conservation and restauration of gnostic doctrine; (2) apologetics; (3) initiation into true gnosis.“ Zu reduktionistisch erscheint die Perspektive von D. RIDINGS, Clement of Alexandria and the Intended Audience of the Stromateis, in: E. LIVINGSTONE (Hg.), Studia Patristica 31, 3, Leuven 1997, 517–521, der die Stromateis ausschließlich als missionarisches Werk lesen will, welches heidnische Formen und Inhalte nur verwende, um Nichtchristen anzusprechen (521). 45 Siehe CH. RIEDWEG, Mysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien, Berlin/New York 1987, 123.
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denn auch der pythische Apollon wird Loxias genannt. (Strom. V 4,21,4)
Bevor er zum eigentlichen Thema des V. Buches, zur symbolischen Sprache und zum Esoterismus der höheren Erkenntnis kommt, die sich nur wenigen Würdigen erschließe, diskutiert Clemens einige Voraussetzungen des Strebens nach Erkenntnis (Strom. V 1–4,19). Schon in diesen einleitenden Ausführungen werden Verweise auf Tempel als Illustration seiner Gedanken verwendet. In einer Passage über die Notwendigkeit, ohne Streitsucht und Streitgespräche dem göttlichen Lehrmeister, dem Logos, zu folgen, zieht Clemens nach einem Mosaik von Pauluszitaten den sagenhaften König Numa heran: ganz richtig habe dieser als Pythagoreer Heiligtümer des Glaubens und des Friedens errichtet.46 Die Notwendigkeit, sich im Hinblick auf die philosophische Kontemplation Gottes diesem anzugleichen, wird mit einem Verweis auf die Inschrift über dem Eingang des epidaurischen Tempels unterstrichen, welche diese Notwendigkeit rätselhaft andeute.47 Nach den einleitenden Überlegungen kommt Clemens in Strom. V 4,19 zu seinem eigentlichen Thema. In der Diskussion müsse man „den“ Griechen so begegnen, wie sie es gewohnt seien. Ihr Kriterium für die Bewertung neuer Ideen sei nicht die Wahrheit, sondern das Angenehme und Gewohnte; sie seien noch weit entfernt vom göttlichen Chor. Da aber Geistiges nur den Geistigen zugänglich sein sollte, müsste die Belehrung solcher Leute notwendigerweise die Wahrheit in verhüllter Form darbieten. Diese These illustriert Clemens gleich mit einem Verweis auf die Weisheit der Ägypter und der Hebräer:
46 Strom. V 1,8,4: Εἰκότως ἄρα ὁ μὲν βασιλεὺς Ῥωμαίων (Νουμᾶς ὄνομα αὐτῷ) Πυθαγόρειος ὢν πρῶτος ἀνθρώπων ἁπάντων Πίστεως καὶ Εἰρήνης ἱερὸν ἱδρύσατο. Plutarch, der ebenfalls Numas Pythagoreertum hervorhebt (siehe Numa 8), berichtet in seiner Numa-Biographie 16,1–2 von Tempeln für Fides und Terminus, betrachtet jedoch letzteren als Garant des Friedens (εἰρήνης φύλακα καὶ δικαιοσύνης). Auch Plutarch berichtet von der legendären Friedenszeit während Numas Regierung (Numa 20,3). 47 Strom. V 1,13,3–4: Καὶ τοῦτο ἦν ὃ ᾐνίξατο ὅστις ἄρα ἦν ἐκεῖνος ὁ ἐπιγράψας τῇ εἰσόδῳ τοῦ ἐν Ἐπιδαύρῳ νεώ· Ἁγνὸν χρὴ νηοῖο θυώδεος ἐντὸς ἰόντα ἔμμεναι· ἁγνείη δ’ ἐστὶ φρονεῖν ὅσια. «Κἂν μὴ γένησθε ὡς τὰ παιδία ταῦτα, οὐκ εἰσελεύσεσθε, φησίν, εἰς τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν»· ἐνταῦθα γὰρ ὁ νεὼς τοῦ θεοῦ, τρισὶν ἡδρασμένος θεμελίοις, πίστει, ἐλπίδι, ἀγάπῃ, φαίνεται. Wie A. LE BOULLUEC, Clément d’Alexandrie. Les Stromates: Stromate V. Bd. 2: Kommentar, Paris 1981, 80 bemerkt, ist diese Stelle der erste Beleg für eine christliche Interpretation der Inschrift; eine ebensolche ethisierende bzw. spiritualisierende Interpretation findet sich schon in Theophrasts Schrift über die Frömmigkeit, zitiert in Porph. Αbst. 2,19.
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Διὰ τοῦτό τοι καὶ τῆς ἐπικρύψεως τὸν τρόπον, θεῖον ὄντα ὡς ἀληθῶς καὶ ἀναγκαιότατον ἡμῖν ἐν τῷ ἀδύτῳ τῆς ἀληθείας ἀποκείμενον, ἱερὸν ἀτεχνῶς λόγον, Αἰγύπτιοι μὲν διὰ τῶν παρ’ αὐτοῖς ἀδύτων καλουμένων, Ἑβραῖοι δὲ διὰ τοῦ παραπετάσματος ᾐνίξαντο. Μόνοις ἐξῆν ἐπιβαίνειν αὐτῶν τοῖς ἱερωμένοις, τουτέστι τοῖς ἀνακειμένοις τῷ θεῷ, τοῖς περιτετμημένοις τὰς τῶν παθῶν ἐπιθυμίας διὰ τὴν πρὸς μόνον τὸ θεῖον ἀγάπην· οὐ καθαρῷ γὰρ καθαροῦ ἐφάπτεσθαι οὐ θεμιτὸν εἶναι συνεδόκει καὶ Πλάτωνι.
Deswegen haben ja die Ägypter die Redeweise des Verbergens, da sie wahrhaftig göttlich und für uns als lebensnotwendiges Gut im geheimen Tempelraum der Wahrheit zurückgelegt ist, eine überaus heilige Kunde, durch die bei ihnen so genannten geheimen Tempelräume rätselhaft angedeutet, die Hebräer aber durch den Tempelvorhang. Einzig den zu Priestern Geweihten war es erlaubt, sie zu betreten, das heißt, denen, die Gott geweiht waren, die an den Begierden der Leidenschaften durch die ausschließlich auf Gott gerichtete Liebe beschnitten waren. Denn auch Platon war der Meinung, dass es dem Unreinen nicht erlaubt sei, das Reine zu berühren. (Strom. V 4,19,3f.)
Die ἄδυτα der Ägypter werden hier nicht mehr als Orte der Gottlosigkeit charakterisiert, die der Finsternis preisgegeben werden sollten,48 sondern stehen als verschlüsselte Darstellung heiliger Geheimnisse – hier der Notwendigkeit der Verhüllung des Heiligen – neben dem Jerusalemer Tempel mit seinem Vorhang: beide ἄδυτα dürfen nicht von jedem Beliebigen, sondern nur von den zu Priestern Geweihten betreten werden. Abgerundet ist das Bild durch den Rückgriff auf den berühmten Satz aus dem Phaidon, wonach das Unreine das Reine nicht berühren dürfe.49 Mit diesem Mosaik aus Anspielungen versucht Clemens, die epistemologische Unzulänglichkeit und Unterlegenheit seiner Gegner, „der Griechen“, die er in der Manier des Gorgias als träge, dem Angenehmen hingegebene Masse zeichnet,50 mit dem Verweis auf durch zwei östliche ‚weise‘ Kulturen sowie schließlich auf Platon selbst zu beweisen. Um seine Methode der verschlüsselten Kommunikation zu begründen, begibt sich Clemens nun auf eine weite tour d’horizon durch die verschiedensten griechischen und barbarischen Kulte und Philosophien. Was er im Protreptikos mit pauschalem beißenden Spott gegeißelt hatte, wird ihm jetzt zum symbolischen Ausdruck von Wahrheit.51 Verschiedene „weise Barbaren“, allen voran die Ägypter, die exotische geheimnisumwobene Kultur par excel-
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Vgl. Protr. II 11,2. Plat. Phaed. 67b. Der Satz könnte ursprünglich wiederum aus einem orphisch-bakchischen Kontext stammen, siehe P. KINGSLEY, Ancient Philosophy, Mystery and Magic, Oxford 1995, 263. 50 Vgl. Plat. Gorg. 464d–465e und 521d–e. 51 So z.B. die Mysterienkulte; vgl. V 4,20,1 mit Protr. II 12–24 oder die apollinischen Orakel, vgl. Strom. V 4,21,4 und Protr. II 11,1. 49
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lence, werden ins Feld geführt, genauso aber die Sieben Weisen52, Pythagoras53 oder gar die orphische Dichtung.54 Den Barbaren wird dabei – gemäß Clemens’ Grundsatz, den er im ersten Buch der Stromateis entfaltet –55 der Primat zugeschrieben; so stammten die pythagoreischen Symbole letztlich von der barbarischen Philosophie der Schrift und wiesen Parallelen zu derjenigen der Ägypter auf.56 Die Struktur ägyptischer Tempelbezirke wird wiederholt als symbolische Repräsentation theologischer Sätze interpretiert. Die weisesten ägyptischen Priester stellten die Statue der Athene im Freien auf, um darauf hinzuweisen, dass Gott als νοητὴ οὐσία nicht materiell verehrt werden könne. Derselbe Beweggrund stehe hinter dem statuenlosen hebräischen Tempel.57 Auch die Aufstellung von Sphingen vor den ägyptischen Tempeln sei als Zeichen dafür intendiert, dass die Rede von Gott schwer und undurchschaubar sei.58 Prozessionen, Votivweihungen und andere Elemente ägyptischer Tempelkulte werden gleichfalls allegorisiert.59 Clemens’ Ausführungen über die Geheimnisse der Ägypter berühren sich an vielen Stellen mit Plutarchs De Iside et Osiride.60 Auch Plutarch geht davon aus, dass die Ägypter unter scheinbar abstrusen Kulten eine tiefe Weisheit rätselhaft verbergen.61 Er erwähnt die Sphingen vor den Heiligtümern sowie die Sitzstatue der Athene und deutet beides ebenfalls als Hinweis auf die Verschlüsselung der Theologie.62 Auch für ihn ist die Anlage der Tempel als symbolische Darstellung höherer Wahrheiten zu verstehen.63 Wie Clemens stellt er die Verbindung zwischen den pythagoreischen symbola und der ägyptischen Weisheit her: Pythagoras habe die ägyptische Verschlüsselungstechnik
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Strom. V 4,22–23. Strom. V 5,27–31,2 und passim. 54 Strom. V 4,24; V 8,45,5. 55 Strom. I 15–16. 56 Strom. V 5,27,1. 57 Strom. V 5,28,5–6: ἐξευτελίζει γὰρ τὴν τοῦ θείου σεμνότητα ἡ ἐν ἑτοίμῳ τῆς ὄψεως συνήθεια, καὶ τὴν νοητὴν οὐσίαν δι’ ὕλης σεβάζεσθαι ἀτιμάζειν ἐστὶν αὐτὴν δι’ αἰσθήσεως. Διὸ καὶ τῶν Αἰγυπτίων ἱερέων οἱ σοφώτατοι τὸ τῆς Ἀθηνᾶς ἕδος ὕπαιθρον ἀφώρισαν, ὡς Ἑβραῖοι τὸν νεὼν ἄνευ ἀγάλματος εἱσάμενοι. 58 Strom. V 5,31,5: Διὰ τοῦτό τοι καὶ Αἰγύπτιοι πρὸ τῶν ἱερῶν τὰς σφίγγας ἱδρύονται, ὡς αἰνιγματώδους τοῦ περὶ θεοῦ λόγου καὶ ἀσαφοῦς ὄντος, τάχα δὲ καὶ ὅτι φιλεῖν τε δεῖν καὶ φοβεῖσθαι τὸ θεῖον, ἀγαπᾶν μὲν ὡς προσηνὲς καὶ εὐμενὲς τοῖς ὁσίοις, δεδιέναι δὲ ὡς ἀπαραιτήτως δίκαιον τοῖς ἀνοσίοις. Θηρίου γὰρ ὁμοῦ καὶ ἀνθρώπου ἡ σφίγξ αἰνίσσεται τὴν εἰκόνα. 59 Strom. V 7,42,2–43,3. 60 Vgl. De Is. 8–10, 353E–355A. 61 De Is. 8,353E; 9,354B–D (ὡς αἰνιγματώδη σοφίαν τῆς θεολογίας αὐτῶν ἐχούσης), 10,354F–355A. Vgl. Strom. V 4,19,3 und V 7,41,1–2. 62 De Is. 9,354B–C. 63 De Is. 20,359A. 53
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der Hieroglyphen, Heiligtümer und Bildwerke nachgeahmt.64 Die Annahme legt sich nahe, dass Clemens und Plutarch auf eine gemeinsame Quelle, wahrscheinlich eine ihnen beiden vorliegende Kompilation, zurückgehen.65 Clemens würde dann getreu seinem Axiom, dass die hebräische Philosophie alle an Alter und Würde übersteige, die gemeinsame Quelle in seinem Sinne uminterpretieren.66 Neben der symbolischen Interpretation ägyptischer Heiligtümer konzentriert sich Clemens auf den hebräischen Tempel, den er ausführlich als Sinnbild des gesamten Kosmos auslegt. Ausgehend von den Bereichen, die die sichtbare Welt symbolisieren, könne man durch eine schrittweise Reinigung und Abwendung von den Sinneseindrücken und durch vollkommene Beherrschung der Affekte schließlich zum Allerheiligsten, d.h. zum νοητὸς κόσμος, vordringen.67 Dies gelinge dem Idealchristen, dem Gnostiker. Was Clemens beschreibt, ist letztlich der platonische Prozess der schrittweisen Hinwendung der Seele zum Intelligiblen.68 Der Jerusalemer Tempel wird auf diese Weise zum materiellen Ausdruck der platonischen Erlösung. Als symbolische Hinweise auf höhere Realitäten lässt Clemens also nicht nur den Jerusalemer Tempel, sondern auch Tempel anderer Religionen gelten. Nichtsdestotrotz insistiert er auch in Strom. V, dass der wahre Kult Gottes nicht in Tempeln stattfinden könne. Der Kontext ist eine Erörterung des mühevollen Weges zur Erkenntnis Gottes, die letztlich nur von Gott ermöglicht werden könne.69 In diesem Zusammenhang findet sich ein Exkurs über die Unzulänglichkeit von Tempeln als Wohnstätten Gottes, der aus einem Mosaik verschiedener Autoritäten zusammengesetzt ist.70 Den Anfang macht Moses, dessen ausschließliche Konzentration auf eine einzige Kultstätte die Einzigkeit der Welt und des Schöpfers proklamiere. Als Gnostiker wisse aber 64
De Is. 10,354E–F; vgl. Strom. V 4,20,3–21,3. In De Is. 9,354C–D werden zwar Manetho und Hekataios von Abdera erwähnt, aber Plutarchs Kenntnis solcher Autoren speist sich letztlich aus Handbüchern. Zur Quellenfrage von De Iside siehe J.G. GRIFFITHS, Plutarch’s De Iside et Osiride, Cambridge 1970, 75–100 und CH. FROIDEFOND, Plutarque. Oeuvres morales V, 2: Isis et Osiris, Paris 1988, 45–66; speziell zu den verwendeten Kompilationen GRIFFITHS 98–100 und FROIDEFOND 60 oder 65. 66 Zu Clemens’ Sicht von Ägypten siehe A. DEIBER, Clément d’Alexandrie et l’ Égypte, Kairo 1904 mit der Kritik und Weiterführung von LE BOULLUEC, Stromate V, Bd. 2 (s. Anm. 47), 97–105. 67 Strom. V 6,32–40. 68 Vgl. Plat. Rep. 514a–535a; Phaed. 64a–69d; 82c–84b. Eine Analyse der Clemensstelle im Lichte der Auseinandersetzung Clemens’ mit den Valentinianern bietet J.L. KOVACS, Concealment and Gnostic Exegesis: Clement of Alexandria’s Interpretation of the Tabernacle, in: E. LIVINGSTONE (Hg.), Studia Patristica 31,3, Leuven 1997, 414–437, die allerdings nur diese Auseinandersetzung in den Blick nimmt und den weiteren philosophischen Kontext nicht einbezieht. 69 Strom. V 11,71–74,2 und V 12,78–13,83,5. 70 Strom. V 11,74,3–77,2 (siehe Textteil). 65
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Moses ganz genau, dass Gott als das Unfassbare und Unsichtbare räumlich nicht erfasst werden könne; daher habe er bewusst auf die Kultstatue verzichtet.71 Mit Jes 66,1 greift Clemens sodann ein traditionsreiches tempelkritisches Schriftwort auf, das die Sinnlosigkeit des Vorhabens proklamiert, Gott in einem Tempel unterzubringen: Ποῖον οἶκον οἰκοδομήσετέ μοι; λέγει κύριος. Ὁ οὐρανός μοι θρόνος. Dieser Vers deute verschlüsselt an, dass Gott nicht der Kategorie des Raums unterworfen ist; parallel dazu zitiert Clemens Jes 1,11 als Distanzierung von dem mit dem Tempel verbundenen Opferkult.72 Damit stellt sich Clemens in die Tradition jüdischer und frühchristlicher Tempelkritik. Er geht dann aber darüber hinaus, indem er tempelkritische Aussagen griechischer Autoren einbezieht. Parallel zu den beiden Zitaten aus Jesaja zu Tempel und Opfer werden zwei Euripideszitate angeführt. Während das erste Fragment, das explizit die Frage aufwirft, wie ein von Handwerkern gebautes Haus ein göttliches Wesen umfassen könnte, zu den zweifelhaften Fragmenten gezählt und als christliche Fälschung angesehen wird,73 ist das zweite, welches speziell die Notwendigkeit von Opfern widerlegen soll, ein berühmtes Zitat aus dem Hercules furens, in welchem der von Hera vernichtete Herakles den traditionellen Mythen seinen philosophischen Gottesbegriff entgegenhält: wahre Götter hätten keine Bedürfnisse.74 Denn, und nun folgt eine Zusammenfassung der platonischen Schöpfungstheologie, die fälschlich als direktes Platonzitat markiert ist, Gott habe die Welt nicht aus dem Bedürfnis nach Verehrung geschaffen.75 Dieses Zitat verbindet Clemens mit einem Schlüsseltext aus der Areopagrede des Paulus in Apg 17,24f.: Ὁ θεὸς ὁ ποιήσας τὸν κόσμον, φησί, καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτῷ, οὗτος οὐρανοῦ καὶ γῆς κύριος ὑπάρχων οὐκ ἐν χειροποιήτοις ναοῖς
„Gott aber, der die Welt gemacht hat“, spricht er, „und alles, was in ihm ist, dieser wohnt als Herr über Himmel und Erde nicht
71 Strom. V 11,74,3–4: Πάλιν ὁ Μωυσῆς οὐκ ἐπιτρέπων βωμοὺς καὶ τεμένη πολλαχοῦ κατασκευάζεσθαι, ἕνα δ’ οὖν νεὼν ἱδρυσάμενος τοῦ θεοῦ, μονογενῆ τε κόσμον, ὥς φησιν ὁ Βασιλείδης, καὶ τὸν ἕνα, ὡς οὐκέτι τῷ Βασιλείδῃ δοκεῖ, κατήγγελλε θεόν. Καὶ ὅτι οὐ περιλαμβάνει τόπῳ τὸ ἀπερίληπτον ὁ γνωστικὸς Μωυσῆς, ἀφίδρυμα οὐδὲν ἀνέθηκεν εἰς τὸν νεὼν σεβάσμιον, ἀόρατον καὶ ἀπερίγραφον δηλῶν εἶναι τὸν θεὸν [...]. 72 Strom. V 11,74,5. Zum alttestamentlichen Vers vgl. ALBANI, Schöpfung als Tempel (s. Anm. 16), der zu folgendem Schluss kommt: „Sicher ist, dass hier die traditionelle Vorstellung vom Tempel als Thron- und Wohnstätte JHWHs schöpfungstheologisch radikal in Frage gestellt wird [...]. Ein Verständnis des Tempels als privilegierter Opfer- und Gebetsstätte (vgl. 56,7) ist dagegen durch dieses Wort nicht notwendigerweise ausgeschlossen“ (54; Hervorhebungen vom Autor). 73 Eur. frg. dub. 1130: Ποῖος δ’ ἂν οἶκος, τεκτόνων πλασθεὶς ὕπο / δέμας τὸ θεῖον περιβάλοι τοίχων πτυχαῖς; Das Fragment ist zwar nur bei Clemens an dieser Stelle überliefert, fügt sich aber gut in Euripides’ Kritik an der traditionellen griechischen Religion ein. 74 HF 1345f.: Δεῖται γὰρ ὁ θεός, εἴπερ ἔστ’ ὀρθῶς θεός, / ‹οὐδενός›· ἀοιδῶν οἵδε δύστηνοι λόγοι. 75 Strom. V 11,75,3. Das Zitat findet sich so nicht bei Platon, sondern ist wohl einem florilegium entnommen, siehe LE BOULLUEC, Stromate V, Bd. 2 (s. Anm. 47), 256.
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κατοικεῖ, οὐδὲ ὑπὸ χειρῶν ἀνθρωπίνων θεραπεύεται προσδεόμενός τινος, αὐτὸς διδοὺς πᾶσι πνοὴν καὶ ζωὴν καὶ τὰ πάντα.
in Tempeln, die von Händen gebaut sind, und wird auch nicht von Menschenhänden bedient, als habe er irgendein Bedürfnis, wo er doch selbst allen Atem und Leben und alle Dinge schenkt.“ (Strom. V 11,75,4)
Dieselbe Idee wie bei Paulus findet Clemens in einem Passus des stoischen Schulgründers Zenon angesprochen: Ἱερά τε οἰκοδομεῖν οὐδὲν δεήσει· ἱερὸν γὰρ μὴ πολλοῦ ἄξιον καὶ ἅγιον οὐδὲν χρὴ νομίζειν· οὐδὲν δὲ πολλοῦ ἄξιον καὶ ἅγιον οἰκοδόμων ἔργον καὶ βαναύσων.
Man wird überhaupt keine Heiligtümer bauen dürfen. Denn nichts Minderwertiges darf man als geweiht und heilig ansehen; aber nichts ist von hohem Wert und heilig, was ein Werk von Bauleuten und Handwerkern ist. (Strom. V 11,76,1)
Hatte Paulus in der Tradition von Jes 66,1 den Kontrast zwischen dem Schöpfer der Welt und den von Händen gemachten Tempeln herausgestellt, so findet sich im Zenon-Zitat ein zusätzlicher Akzent: als Kriterium fungiert das ἄξιον, das, was Gottes würdig ist; die minderwertigen Werke der Handwerker, der βάναυσοι, könnten nie und nimmer an dieses Ideal heranreichen.76 Zum Schluss kommt Clemens wieder auf Platon zu sprechen: er habe weise gehandelt, in seinem Idealstaat einen einzigen öffentlichen Kultort zur Verfügung zu stellen, alle privaten Kulte zu verbieten und Privatweihungen einzuschränken.77 Die Erwähnung eines einzigen Kultortes im Idealstaat ist wohl ein Versuch, Platon analog zu Moses und zur Einzigkeit des Jerusalemer Kultes zu interpretieren; in den Nomoi ist dagegen sehr wohl von mehreren öffentlichen Tempeln, mindestens einem pro Bürgerabteilung, die Rede.78 Als krönenden Abschluss dieses Exkurses über die Tempel führt Clemens die berühmte Stelle in Platons siebtem Brief ins Feld, wo dieser die Unsagbarkeit des höchsten Erkenntnisgegenstandes und sein plötzliches Aufflammen in der Seele beschreibt.79 Damit erreicht Clemens wieder den Anschluss an sein eigentliches Thema, die Transzendenz und Unsagbarkeit und die damit verbundene Unfassbarkeit Gottes. Dieser erscheint als der ganz Andere, der von den Menschen nicht einmal diskursiv, geschweige denn durch ihre materiellen Werke erfasst werden könne. In diesem Kontext erhält der Abschnitt über die Tempel primär die Bedeutung, Gottes Unfassbarkeit zu illustrieren; anders als im Protreptikos verfolgt Clemens damit keine polemischen oder missionarischen Absichten. 76 Zur philosophischen Verachtung der βάναυσοι siehe Plat. Ep. VII,334b sowie Arist. EN 1107 und 1123. 77 Strom. V 11,76,3; vgl. Plat. Leg. 12,955e–956a; vgl. auch Leg. 10,909d–910d. 78 Siehe Leg. 5,738d oder 7,771d. 79 Strom. V 11,77,1–2; vgl. Plat. Ep. VII,341c–d.
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3.2.2 Strom. VII: Die Aufhebung der heiligen Orte Anders stellt sich die Lage im siebenten Buch der Stromateis dar. Dort werden die Tempel noch einmal thematisiert, allerdings verändert sich der Ton und rückt stark in die Nähe des Protreptikos. Dies könnte auf den Kontext zurückgeführt werden: in diesem Buch beschreibt Clemens in der Auseinandersetzung mit ungenannten Philosophen sein Ideal des christlichen Gnostikers als Inbegriff der Frömmigkeit. Clemens nennt seine Gegner nicht beim Namen; ihr gegen die Christen gerichteter Vorwurf des Atheismus ist typisch für die Zeit und findet sich so z.B. auch bei Kelsos.80 Der VII. Stromateus gehört zu denen, die wahrscheinlich in Jerusalem geschrieben worden sind, nachdem Clemens angesichts des lokalen Druckes auf die Christen Alexandrien verlassen musste. Er schreibt also hier in einer akuten Konflikt- und Verfolgungssituation, an der scheinbar auch heidnische Philosophen beteiligt sind. Mit dem Beweis, dass nur der christliche Gnostiker wahrhaft fromm sei, will Clemens den Vorwurf des Atheismus entkräften und die Philosophen bekehren.81 Dabei solle nur auf den gemeinsamen Hintergrund der paideia Bezug genommen werden, da die Philosophen die Bibel nicht als Autorität anerkennen könnten.82 Somit gestaltet sich dieser Teil der Stromateis letztlich protreptisch bzw. apologetisch. Da der Vorwurf des Atheismus mit der christlichen Ablehnung der gängigen kultischen Ausdrucksformen des Mittelmeerraums zusammenhängt, muss Clemens die christliche Position hier mit allen 80 Zur Geschichte dieses Vorwurfs siehe J.J. WALSH, On Christian Atheism, VigChr 45 (1991) 255–277. Walsh beweist, dass der Vorwurf vor 160/61 nur sporadisch auftaucht und bestenfalls eine Nebenrolle in der antichristlichen Polemik spielt. Erst ab der Regierungszeit des Marcus Aurelius trete er verstärkt auf und werde zu einem zentralen Fokus der heidnischen Kritik am Christentum; womöglich hänge diese Veränderung mit den Krisenerfahrungen der Jahre 160/161 zusammen (266f.). Zur Zeit des Clemens ist der Topos nun schon etabliert (siehe die Stellen bei WALSH, Christian Atheism, 267). 81 Strom. VII 1,1,1: Ἤδη δὲ καιρὸς ἡμᾶς παραστῆσαι τοῖς Ἕλλησι μόνον ὄντως εἶναι θεοσεβῆ τὸν γνωστικόν, ὡς ἀναμαθόντας τοὺς φιλοσόφους, οἷός τίς ἐστιν ὁ τῷ ὄντι Χριστιανός, τῆς ἑαυτῶν ἀμαθίας καταγνῶναι, εἰκῇ μὲν καὶ ὡς ἔτυχεν διώκοντας τοὔνομα, μάτην δὲ ἀθέους ἀποκαλοῦντας τῷ ὄντι θεὸν ἐγνωκότας. Der Gebrauch des terminus technicus „Name“ deutet auf tatsächliche juristische Vorgehen gegen die Christen als solche. Seit dem Briefwechsel zwischen Plinius und Trajan setzt sich die Auffassung durch, das nomen als solches, die Zugehörigkeit zum Christentum, sei als Straftatbestand zu ahnden. Siehe dazu A. REICHERT, Durchdachte Konfusion. Plinius, Trajan und das Christentum, ZNW 93 (2002) 227–250, hier 237–238. Zu nomen als Kollektivbezeichnung für die Christen siehe G. PERL, Nomen als organisatorischer Terminus, in: Panchaia. Festschrift für KLAUS THRAEDE (JAC Ergänzungsband 22), Münster 1995, 160–168, hier 168. Zur Verfolgungssituation im Kontext des VII. Stromateus siehe auch MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 47–49. 82 Strom. VII 1,1,2–3. T. ALEKNIENĖ, La piété véritable: de l’Euthyphron de Platon à la piété gnostique dans le livre 7 des Stromates de Clément d’Alexandrie, VigChr 60 (2006) 447–460, zeigt, dass Clemens in seiner Beweisführung stark auf die Diskussion der wahren Frömmigkeit in Platons Euthyphron rekurriert.
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Mitteln verteidigen, und dazu gehört auch die traditionelle Distanzierung von Tempeln und Kultstatuen, die in VII 5,28–29 erörtert wird. Weil in diesem Abschnitt die Diskussion der Tempel eng mit der Debatte um die Kultstatuen verbunden ist, die die Präsenz des Göttlichen im Tempel als seiner Wohnstätte darstellen, sollen hier dementsprechend beide zusammen diskutiert werden. Clemens greift die Argumente auf, die er teils schon im Protreptikos verwendet hatte, und verbindet sie zu einer dreischrittigen Begründung. Zuerst verweist er darauf, dass Tempel und Statuen Menschenwerk seien. Sie bestünden aus „träger Materie“ und seien deshalb „träge und materiell und profan“, könnten also nicht den geistigen, unfassbaren Schöpfer des Alls in sich aufnehmen. Jes 66,1 und Apg 17,24f. stehen im Hintergrund dieses Abschnittes, werden aber im Einklang mit Clemens’ Vorhaben einer rein philosophischen Begründung nicht explizit erwähnt. Auch die heidnischen auctoritates werden nicht explizit genannt. Clemens lobt diejenigen, die die gesamte Welt als Gottes Tempel betrachten–eine gerade in der Kaiserzeit verbreitete Vorstellung, die z.B. bei Plutarch oder Dion Chrysostomos zu finden ist.83 Er spielt auch deutlich wiederholt auf den in Strom. V zitierten Zenon-Passus über die Unwürdigkeit der Handwerkskunst an, aber ohne Namen oder Stelle anzugeben. Ebenso fügt er die platonische Metapher des Menschen als Spielzeug Gottes in diesen Passus ein, belegt sie aber lediglich mit einem vagen Hinweis auf „die Philosophen“: wenn der Mensch als Spielzeug Gottes aufzufassen sei, dann könne er doch nicht Götter schaffen; Gott könne nicht zum Spielzeug der profanen Handwerkskunst werden.84 Anders als in anderen Stromateis, wo komplizierte Mosaikbilder aus Zitaten und Anspielungen dominieren, konzentriert sich Clemens hier auf eine stringente, klare Beweisführung. Die Erklärung, dass dies auf den Mangel der sonst in Alexandrien zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel in Jerusalem zurückzuführen sei,85 wäre eine Möglichkeit, erklärt aber nicht, warum Clemens Stellen, die er im selben Werk 83 Plut. De tranqu. an. 20,477C–F; Dio Chr. Or. 12,34, siehe dazu A.-J. FESTUGIÈRE, La révélation d’Hermès Trismégiste II: Le dieu cosmique, Paris 1949, 233–238, der das Motiv auf Aristoteles zurückführt. 84 Strom. VII 5,28,1–4: Ἢ γὰρ οὐ καλῶς καὶ ἀληθῶς οὐκ ἐν τόπῳ τινὶ περιγράφομεν τὸν ἀπερίληπτον οὐδ’ ἐν ἱεροῖς καθείργνυμεν χειροποιήτοις τὸ πάντων περιεκτικόν; Τί δ’ ἂν καὶ οἰκοδόμων καὶ λιθοξόων καὶ βαναύσου τέχνης ἅγιον ἂν εἴη ἔργον; Οὐχὶ ἀμείνους τούτων οἱ τὸν ἀέρα καὶ τὸ περιέχον, μᾶλλον δὲ τὸν ὅλον κόσμον καὶ τὸ σύμπαν ἄξιον ἡγησάμενοι τῆς τοῦ θεοῦ ὑπεροχῆς; Γελοῖον μεντἂν εἴη, ὡς αὐτοί φασιν οἱ φιλόσοφοι, ἄνθρωπον, ὄντα παίγνιον θεοῦ, θεὸν ἐργάζεσθαι καὶ γίγνεσθαι παιδιὰν τέχνης τὸν θεόν. Ἐπεὶ τὸ γινόμενον ταὐτὸν καὶ ὅμοιον τῷ ἐξ οὗ γίνεται, ὡς τὸ ἐξ ἐλέφαντος ἐλεφάντινον καὶ τὸ ἐκ χρυσοῦ χρυσοῦν· τὰ δὲ πρὸς ἀνθρώπων βαναύσων κατασκευαζόμενα ἀγάλματά τε καὶ ἱερὰ ἐκ τῆς ὕλης τῆς ἀργῆς γίνεται, ὥστε καὶ αὐτὰ ἂν εἴη ἀργὰ καὶ ὑλικὰ καὶ βέβηλα. Κἂν τὴν τέχνην ἐκτελέσῃς, τῆς βαναυσίας μετείληφεν· οὐκέτ’ οὖν ἱερὰ καὶ θεῖα τὴς τέχνης τὰ ἔργα. 85 Sie wird von MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 49 erwogen.
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schon einmal zitiert hatte, wie den Zenon-Passus, hier nicht einfach wiederholt. Es ist vielmehr zu vermuten, dass Clemens in seiner Polemik eine andere Taktik als in den früheren Stromateis wählt und sich ganz auf klare Thesen und auf den Aufbau schlüssiger Argumente konzentriert.86 Ein zweites Argument gegen die Konzeption von Tempeln als Wohnstätten der in den Statuen gegenwärtigen Götter spielt mit den verschiedenen Bedeutungen des Verbs ἱδρύειν, das ein terminus technicus für die Aufstellung von Kultstatuen, die Errichtung von Altären oder Tempeln ist, aber auch einfach „setzen“, „gründen“ oder „plazieren“ bedeuten kann: Τί δ’ ἂν καὶ ἱδρύοιτο μηδενὸς ἀνιδρύτου τυγχάνοντος, ἐπεὶ πάντα ἐν τόπῳ; Ναὶ μὴν τὸ ἱδρυμένον ὑπό τινος ἱδρύεται πρότερον ἀνίδρυτον ὄν. Εἴπερ οὖν ὁ θεὸς ἱδρύεται πρὸς ἀνθρώπων, ἀνίδρυτός ποτε ἦν καὶ οὐδ’ ὅλως ἦν. Τοῦτο γὰρ ἂν εἴη ἀνίδρυτον, τὸ οὐκ ὄν· ἐπειδήπερ πᾶν τὸ μὴ ὂν ἱδρύεται. Τὸ δὲ ὂν ὑπὸ τοῦ μὴ ὄντος οὐκ ἂν ἱδρυνθείη, ἀλλ’ οὐδ’ ὑπ’ ἄλλου ὄντος· ὂν γάρ ἐστι καὶ αὐτό. Λείπεται δὴ ὑφ’ ἑαυτοῦ. Καὶ πῶς αὐτὸ ἑαυτό τι γεννήσει; ἢ πῶς αὐτὸ τὸ ὂν ἑαυτὸ εἶναι ἐνιδρύσει; Πότερον ἀνίδρυτον ὂν πρότερον ἵδρυσεν ἑαυτό; Ἀλλ’ οὐκ ἂν οὐδ’ ἦν, ἐπεὶ τὸ μὴ ὂν ἀνίδρυτον· καὶ τὸ ἱδρῦσθαι νομισθὲν πῶς, ὃ φθάσαν εἶχεν ὄν, τοῦθ’ ἑαυτὸ ὕστερον ποιοίη;
Wie sollte er auch an einen festen Ort gestellt werden, wo doch nichts ohne festen Ort ist, da alles im Raum existiert? Fürwahr wird das, was an einen festen Ort gestellt ist, von irgendeinem dahin gestellt, wobei es vorher ohne festen Ort ist. Wenn denn nun Gott von Menschen an einen Ort gestellt wird, dann war er einst ohne festen Ort und somit war er nicht im vollen Sinne. Denn dieses wäre ohne festen Ort, das Nichtseiende, da nun einmal alles Nichtseiende an einen festen Ort gestellt wird. Das Seiende aber könnte nicht vom Nichtseienden an einen festen Ort gestellt werden, aber auch nicht von einem anderen Seienden – denn auch es selbst ist ein Seiendes. Bleibt also übrig, dass es sich selbst an einen festen Ort stellt. Und wie soll es nun sich selbst zeugen? Oder wie soll sich das Seiende selbst im Sein einen festen Ort zuweisen? Hat es sich etwa hingestellt, nachdem es vorher keinen festen Ort hatte? Aber dann wäre es ja nicht einmal gewesen, da das Nichtseiende ohne festen Ort ist; und das, wovon man annimmt, es habe sich an einen festen Ort gestellt – wie kann es das, was es als Seiendes schon vorher hatte, später selbst bewirken? (Strom. VII 5,28,5–29,1)
Wie Le Boulluec bemerkt, kann Clemens’ Argument schwerlich in der Auskostung von Paradoxien bestehen, die sich aus dem Axiom „alles befindet sich an einem Ort“ ergeben, zumal Clemens andernorts unterstreicht, dass Gott eben nicht von dieser Kategorie erfasst wird.87 Gerade die Bezugnahme auf das
86 Auch diese Erklärung wird von MÉHAT, Étude (s. Anm. 24), 49 als zusätzliche Möglichkeit angedeutet. 87 Z.B. im schon untersuchten Passus Strom. V 11,74,5 oder V 11,71,5.
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ὄν bzw. das μὴ ὄν lässt die platonische Ontologie als Hintergrund vermuten.88 Im Timaios ist die Welt der Materie das μὴ ὄν schlechthin; sie befindet sich in steter ungeordneter Bewegung. In dieses Chaos bringt der Demiurg Ordnung und Ruhe durch Bewegungen, die bestimmten Gesetzen gehorchen.89 Wenn Gott also erst von Menschen an seinen festen Platz gesetzt würde, wäre er früher nicht im eigentlichen Sinne gewesen, was absurd wäre. Weiterhin täte sich die Frage auf, wer den existierenden Gott an seinen Platz setzen sollte – das Nichtseiende könnte diese Funktion nicht erfüllen, das Seiende aber auch nicht, da es sich auf derselben Ebene wie Gott als Seiender befände. Auch die letzte Möglichkeit, dass Gott sich selbst seinen Ort zuwiese, führt ins Paradoxe, da er ja als Seiender schon seinen festen Platz in der Naturordnung gehabt hätte. Das Argument läuft somit darauf hinaus, dass die Vorstellung, Gott sei tatsächlich in Tempeln durch die Aufstellung einer Kultstatue gegenwärtig, grundlegenden philosophischen Vorstellungen über Gott als dem ewig Seienden zuwiderläuft. Auf derselben Ebene spielt sich auch Clemens’ drittes Argument ab, das wiederum die Identität von Gott und Kultstatue bei seinen Gegnern voraussetzt. Er greift wie schon in Strom. V 11,74–77 die philosophische Idee der Bedürfnislosigkeit Gottes auf. Wenn das Göttliche menschengestaltig wäre, wie die Kultstatuen im Tempel, bedürfte es der gleichen Dinge wie die Menschen. Ein solcher Angriff gegen die anthropomorphen Götterstatuen ist nichts Neues; schon seit Xenophanes oder Heraklit bekannt, wird die Kritik in der Kaiserzeit von verschiedenen Stimmen zum Ausdruck gebracht.90 Clemens weiß 88
LE BOULLUEC erwägt ein ontologisches Argument, basierend auf neupythagoreischen Vorstellungen von der Universalität der Kategorie „Ort“; das Argument sei nur dann sinnvoll, wenn Clemens darauf hinauswolle, dass die ἵδρυσις eine auf Gott nicht zutreffende Unterscheidung zwischen Sein und Existenz mit sich bringe (Stromate VII [s. Anm. 37], 106f., Anm. 4). OSBORN, Clement (s. Anm. 4), 266 skizziert eine nicht-ontologische, kultischpragmatische Interpretation: wenn Gott erst im Tempel aufgestellt werden müsste, habe er vorher nicht existiert und könne auch nicht durch das Aufstellen ins Sein gerufen werden. Letztere Interpretation ignoriert die explizite Bezugnahme auf die platonische Ontologie und greift daher viel zu kurz. 89 Plat. Tim. 30a und 52d–53b. Interessant ist, dass in Tim. 52b über den Raum (χώρα) als solchen reflektiert wird. Er gebe allen Dingen, die das Werden an sich haben, eine Stätte (ἕδρα) und besäße eine so große Macht über das menschliche Denken, das es dazu verführe, sich auch das Seiende fälschlicherweise irgendwie an einem Ort – wenngleich weder im Himmel noch auf der Erde – vorzustellen. Platon ist kategorisch: das Seiende steht über der Kategorie des Ortes. Clemens scheint sich hier von Platon zu entfernen, wenn er das ὄν verortet. 90 Siehe z.B. Xenophanes DK 21 B 10–15, insbesondere 15, wo direkt Statuen angesprochen werden. Platon wendet sich gegen die Vorstellung, dass die Götter nach Menschenart Bedürfnisse kennten oder bestechlich seien (Rep. 2,364a–366b, 3,378e–383c; Leg 10,905e– 907b). Für die Kaiserzeit siehe Plut. Numa 8,12–14 (65b–c), Dio Chr. Or. 12, Max. Tyr. Diss. 2 TRAPP, 3. Dazu LE BOULLUEC, Stromate V, Bd. 2 (s. Anm. 47), 255.
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selbst nur zu gut, dass in gebildeten Kreisen die Unterscheidung zwischen dem Göttlichen und seiner materiellen Darstellung und Verehrung ein Allgemeinplatz ist.91 Also setzt er gleich zum Gegenschlag an und betont, dass auch bei einer solchen differenzierten Betrachtung die materiellen Tempel nicht dem Vergleich mit der Kirche als geistigem Tempel Gottes standhalten: Εἰ δὲ τὸ ἱερὸν διχῶς ἐκλαμβάνεται, ὅ τε θεὸς αὐτὸς καὶ τὸ εἰς τιμὴν αὐτοῦ κατασκεύασμα, πῶς οὐ κυρίως τὴν εἰς τιμὴν τοῦ θεοῦ κατ’ ἐπίγνωσιν ἁγίαν γενομένην ἐκκλησίαν ἱερὸν ἂν εἴποιμεν θεοῦ τὸ πολλοῦ ἄξιον καὶ οὐ βαναύσῳ κατεσκευασμένον τέχνῃ, ἀλλ’ οὐδὲ ἀγύρτου χειρὶ δεδαιδαλμένον, βουλήσει δὲ τοῦ θεοῦ εἰς νεὼν πεποιημένην; Οὐ γὰρ νῦν τὸν τόπον, ἀλλὰ τὸ ἄθροισμα τῶν ἐκλεκτῶν ἐκκλησίαν καλῶ. Ἀμείνων ὁ νεὼς οὗτος εἰς παραδοχὴν μεγέθους ἀξίας τοῦ θεοῦ. Τὸ γὰρ περὶ πολλοῦ ἄξιον ζῷον τῷ τοὺ παντὸς ἀξίῳ, μᾶλλον δὲ οὐδενὸς ἀνταξίῳ, δι’ ὑπερβολὴν ἁγιότητος καθιέρωται.
Wenn aber das „Heilige“ auf zweierlei Weise aufgefasst wird, nämlich einerseits Gott selbst und andererseits das, was ihm zu Ehren verfertigt wird – wie soll man dann nicht in erster Linie die Kirche, die zur Ehre Gottes gemäß heiliger Entscheidung entstand, als Heiligtum Gottes bezeichnen, hochwürdig und nicht von handwerklicher Kunst erbaut, ja, nicht einmal von gauklerischer Hand geschmückt, sondern durch Gottes Willen zum Tempel gemacht? Denn mit „Kirche“ meine ich jetzt nicht den Ort, sondern die Versammlung der Auserwählten. Dieser Tempel ist besser geeignet zur Aufnahme der Größe der Würde Gottes. Denn das hochwürdige Lebewesen wird dem Allwürdigen, ja vielmehr in keiner Weise an Würde mit anderen Dingen Vergleichbaren, durch ein Übermaß an Heiligkeit geweiht. (Strom. VII 5,29,3f.)
Diese vollkommene Aufnahmefähigkeit für Gott ist im Gnostiker realisiert, der seinerseits wie die gesamte Kirche als Tempel Gottes angesehen werden könne, der das göttliche und heilige Kultbild in einer gerechten Seele trage: Εἴη δ’ ἂν οὗτος ὁ γνωστικὸς ὁ πολλοῦ ἄξιος ὁ τίμιος τῷ θεῷ, ἐν ᾧ ὁ θεὸς ἐνίδρυται, τουτέστιν ἡ περὶ τοῦ θεοῦ γνῶσις καθιέρωται. Ἐνταῦθα καὶ τὸ ἀπεικόνισμα εὕροιμεν ἄν, τὸ θεῖον καὶ ἅγιον ἄγαλμα, ἐν τῇ δικαίᾳ ψυχῇ, ὅταν μακαρία μὲν αὐτὴ τυγχάνῃ, ἅτε προκεκαθαρμένη, μακάρια δὲ διαπραττομένη ἔργα.
Dieser dürfte aber der Gnostiker sein, der Hochwürdige, der für Gott Kostbare, in welchem Gott fest gegründet, das heißt, das Wissen über Gott geweiht ist. Hier könnte man wohl auch das Abbild finden, das göttliche und heilige Kultbild, in der gerechten Seele, wenn sie selbst glückselig ist, weil sie vorher gereinigt wurde, und glückselige Werke vollbringt. (Strom. VII 5,29,5f.)
Bei der Beschreibung der gerechten Seele als Abbild Gottes schlägt Clemens erstaunlicherweise epikureische Töne an: die Seele könne ein Abbild Gottes 91 Siehe z.B. Heraklit DK 22 B 5 sowie Dio Chr. Or. 12 und Max. Tyr. Diss. 2 TRAPP, 1–2 und 9–10. Dion und Maximus betonen, dass Kultstatuen letztlich nur Symbole sind, die den Menschen die Gottheit nahebringen, indem sie sie abbilden, ohne dass sie im Kultbild gegenwärtig wäre.
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durch ihre beständige Glückseligkeit werden.92 In den beiden Passagen, die die Kirche und den einzelnen Gnostiker als Tempel Gottes präsentieren, verwendet Clemens verstärkt das Kriterium der Würdigkeit, das er bei Zenon formuliert gefunden hatte: so sei die Kirche als Versammlung der Gläubigen ein „hochwürdiges Heiligtum“, das nicht von der Handwerkskunst verfertigt wurde, sondern seine Entstehung dem Willen Gottes verdankt. Genauso sei der Gnostiker „hochwürdig“; in ihm nehme Gott durch die Erkenntnis Platz. So sei, wie Clemens an anderer Stelle zusammenfasst, die Kirche der große Tempel Gottes, der Gnostiker der kleine Tempel; beiden ist die Gegenwart Gottes gemeinsam.93 Clemens spiritualisiert somit wie im Protreptikos das Bild des Tempels: er distanziert sich davon, den tatsächlichen Versammlungsort, für den sich offenbar in seiner Zeit schon die Bezeichnung ἐκκλησία eingebürgert hatte,94 als heilig zu bezeichnen und den heidnischen Kultorten entgegenzustellen. Clemens’ weitere Ausführungen zum Ideal christlicher, d.h. gnostischer Frömmigkeit im VII. Stromateus explizieren diese grundsätzliche Entscheidung weiter im Zusammenhang mit dem Gebet. Clemens leugnet die Relevanz des Konzeptes abgetrennter heiliger Orte (und im gleichen Atemzug auch dasjenige besonderer heiliger Zeiten) für die Christen – und somit für die wahre Frömmigkeit. Der Gnostiker beschränke seine Gottesverehrung nicht örtlich oder zeitlich, sondern ehre Gott stets überall.95 Durch die ständige Gegenwart Gottes bessere sich der Gnostiker unaufhaltsam in jeder Hinsicht.96 Das Göttliche sei überall anwesend und nicht an bestimmten umgrenzten Orten eingesperrt. Clemens kann sich einen polemischen Stich gegen die heidnische Kultpraxis nicht versagen, wenn er unterstellt, dass die Bannung der Gottheit an heilige Orte sie bequemerweise fern vom Alltag halte
92 Zur Glückseligkeit als zentrales Merkmal des Göttlichen siehe Epicur. Ep. Men. p. 59–60 USENER bzw. KD 1 (p. 71 USENER). Dass der epikureische Philosoph diese Glückseligkeit in seinem Leben nachbildet, deutet Epikur z.B. im Brief an Menoikeus p. 62f. oder 66 USENER an. Clemens zitiert Epikur auch sonst positiv, wenn es darum geht zu beweisen, dass alle Menschen philosophieren können und sollen (Strom. IV 8,69,1–4). Dieselbe Freiheit von Berührungsängsten zeigt sich bei Plutarch, der trotz seiner vernichtenden Epikurkritik in anderen Dialogen in De Is. 20,358E durchaus positiv auf ihn anspielen kann. 93 Strom. VII 13,82,4: Ναὸς δέ ἐστιν ὃ μὲν μέγας, ὡς ἡ ἐκκλησία, ὃ δὲ μικρός, ὡς ὁ ἄνθρωπος ὁ τὸ σπέρμα σῴζων τὸ Ἀβραάμ. 94 Siehe auch Paid. III 11,79,3. 95 Strom. VII 7,35,3: Ὅθεν οὔτε ὡρισμένον τόπον οὔτε ἐξαίρετον ἱερὸν οὐδὲ μὴν ἑορτάς τινας καὶ ἡμέρας ἀποτεταγμένας, ἀλλὰ τὸν πάντα βίον ὁ γνωστικὸς ἐν παντὶ τόπῳ, κἂν καθ’ ἑαυτὸν μόνος ὢν τυγχάνῃ καὶ ὅπου τινὰς ἂν τῶν ὁμοίως πεπιστευκότων ἔχῃ, τιμᾷ τὸν θεόν, τουτέστιν χάριν ὁμολογεῖ τῆς γνώσεως καὶ τῆς πολιτείας. 96 Strom. VII 7,35,4: der Gnostiker ist ὁ συμπαρὼν ἀεὶ διὰ τῆς γνώσεως καὶ τοῦ βίου καὶ τῆς εὐχαριστίας ἀδιαλείπτως τῷ θεῷ.
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und so der Zügellosigkeit Tür und Tor öffne.97 So tritt neben die Vorstellung vom Menschen als Tempel Gottes die alte Vorstellung vom kosmischen Tempel, die für Clemens alle Unterscheidungen zwischen heilig und profan zugunsten einer absoluten Heiligkeit aufhebt: jeder Ort werde durch die Gegenwart Gottes bzw. dadurch, dass man sich ihn in Gedanken vergegenwärtige, zu einem heiligen Ort.98 Daraus folgt für Clemens die Forderung nach einer absoluten Sakralisierung der christlichen Lebensführung. Sein Ideal ist ein von Gebet, Lobgesang und Schriftlesung strukturierter Alltag;99 das ständige Gebet begleite die Christen in allen Lebenslagen, auch bei der Verrichtung profaner Alltagsgeschäfte.100 Damit hebt Clemens für die Christen nicht nur die Unterscheidung zwischen „heilig“ und „profan“ auf, indem er eine homogene „heilige“ Lebenswelt des Christen postuliert – die natürlich immer noch aufs Ganze gesehen ihr Pendant im ‚profanen‘ bzw. unheiligen Treiben der Heiden hätte. Er sprengt auch die gewohnten Kategorien antiker Stadtreligion, indem er die Festkalender101 und die Strukturierung des Raumes in verschiedenartige heilige und profane Bereiche102 missachtet, die für die Struktur, aber auch für das Image der antiken Stadt zentral sind. Nicht von ungefähr beschreibt Clemens den Gnostiker ganz im Sinne des ersten Petrusbriefes als Fremden, und zwar als Fremden in der polis, der gerade das, was andere an ihr bewundernswert finden – und dazu gehören natürlich auch die Tempel, die als herausragende Bauwerke das Stadtbild prägen –, verachtet und in der polis wie in einer Wüste lebt.103 97
Strom. VII 7,35,5: Τοιοῦτος ὁ πάντῃ παρεῖναι τὸν θεὸν πεπεισμένος, οὐχὶ δὲ ἐν τόποις τισὶν ὡρισμένοις κατακεκλεισμένον ὑπολαβών, ἵνα δὴ χωρὶς αὐτοῦ ποτε οἰηθεὶς εἶναι καὶ νύκτα καὶ μεθ’ ἡμέραν ἀκολασταίνῃ. 98 Strom. VII 7,43,1: Πᾶς οὖν καὶ τόπος ἱερὸς τῷ ὄντι, ἐν ᾧ τὴν ἐπίνοιαν τοῦ θεοῦ λαμβάνομεν, καὶ χρόνος. 99 Strom. VII 7,49,4. 100 Strom. VII 7,35,6 und VII 7,49,7; vgl. 1 Petr 1,15. 101 Für die Rolle heiliger Zeiten in der römischen Welt siehe J. RÜPKE, Die Religion der Römer. Eine Einführung, München 2001, 183–197 bzw. Ders., Zeit und Fest. Eine Kulturgeschichte des Kalenders, München 2006, 57–60. 102 Zu dieser Strukturierung siehe MCCORMACK, Loca Sancta (s. Anm. 1). 103 Strom. VII 12,77,3: Ξένος γὰρ καὶ παρεπίδημος ἐν τῷ βίῳ παντὶ πᾶς οὗτος, ὃς πόλιν οἰκῶν τῶν κατὰ τὴν πόλιν κατεφρόνησεν παρ’ ἄλλοις θαυμαζομένων, καὶ καθάπερ ἐν ἐρημίᾳ τῇ πόλει βιοῖ, ἵνα μὴ ὁ τόπος αὐτὸν ἀναγκάζῃ, ἀλλ’ ἡ προαίρεσις δεικνύῃ δίκαιον. Der Terminus παρεπίδημος findet sich in 1 Petr 1,1, einem Text, in dem die Fremdheit der Christen in der Welt eingehend thematisiert wird. Jedoch ist die Vorstellung des Lebens als Aufenthalt in der Fremde, fernab der wahren himmlischen Heimat, kein christliches Novum, sondern spätestens seit Empedokles bekannt (DK 31 B 115). In der Kaiserzeit greift z.B. Ps.Plutarchs De Exilio 17,607C–E das Empedokleszitat auf. Interessant ist, dass Clemens die Vorstellung der Fremdheit auf die polis zuspitzt und diese als verachtungswürdig hinstellt. Damit kann er auf eine platonische Vorlage in Plat. Theaet. 173c–174a zurückblicken, wo die
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3.3 Schlussbetrachtung Clemens’ Einstellung zu den heidnischen Tempeln ist differenziert, und seine Äußerungen dazu hängen stark von der Zielrichtung der jeweiligen Schrift ab. Grundsätzlich teilt er die Spiritualisierung der Kultsprache und die Abwendung von einer Lokalisierung des Heiligen, die die neutestamentlichen Schriften beherrschen. Er rezipiert und verwendet Schlüsselstellen wie Jes 66,1, Apg 17,24f. oder 1 Kor 3,16/6,19. Über die Schrift hinaus verortet er sich jedoch im weiteren Kontext der philosophischen Kritik an Tempeln und sonstigen Versuchen der Lokalisierung des Göttlichen. Und schließlich setzt er neue Akzente, indem er über die einfache Ablehnung hinaus Tempel als planvoll angelegte symbolische Repräsentationen höherer Wahrheiten positiv aufgreift und interpretiert. So berühren sich seine Erwähnungen ägyptischer Tempel mit Plutarchs Ausführungen in De Iside et Osiride. Methodisch ist Clemens’ symbolische Interpretation von Tempeln analog zu Plutarchs Deutung des Iseions. Auch für Plutarch verweist dieses dem Namen nach auf das Wissen über das Seiende.104 Ziel des Tempeldienstes sei die Ausrichtung auf die „Erkenntnis des Ersten und Eigentlichen und Intelligiblen“ durch die Beschneidung der Lusttriebe.105 Das Lernen und Suchen sei wertvoller als jeglicher Tempeldienst;106 der wahre Isiskult spiele sich nicht so sehr im Äußerlichen ab, sondern vielmehr in der Seele der Menschen, die das Göttliche in sich tragen.107 Clemens’ symbolische Deutung der epidaurischen Tempelinschrift ist Plutarchs Herangehensweise an das delphische E vom Prinzip her vergleichbar.
Freiheit des Philosophen von den Verstrickungen der polis behauptet wird: nur sein Körper weile in der Polis, während sein Geist sie verachte; ähnliches Lob der philosophischen Zurückgezogenheit und Freiheit von der ihn umgebenden Gesellschaft findet sich bei Porph. Abst. 1,35–37 mit Verweis auf den Theaitetos. Zur Bedeutung der Tempel als Prestigeobjekte für die Selbstdarstellung und Wahrnehmung antiker Städte siehe C.J. CLASSEN, Die Stadt im Spiegel der Descriptiones und Laudes urbium in der antiken und mittelalterlichen Literatur bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts, Hildesheim/New York 1980, 4–28, dessen Analysen antiker Stadtbeschreibungen und Stadtenkomien Tempel neben anderen Monumentalbauten als einen Standardtopos antiken Stadtlobes ausweisen; CASEAU, ΠΟΛΕΜΕΙΝ (s. Anm. 17), 74 oder O. DALLY, „Pflege“ und Umnutzung heidnischer Tempel in der Spätantike, in: G. BRANDS, H.-G. SEVERIN (Hgg.), Die spätantike Stadt und ihre Christianisierung, Wiesbaden 2003, 97–114, hier 97–100. 104 Plut. De Is. 2,352A. 105 De Is. 2,351F–352A 106 De Is. 2,351E. 107 Vgl. z.B. De Is. 3,352B: Διὸ καὶ τῶν ἐν Ἑρμοῦ πόλει Μουσῶν τὴν προτέραν Ἶσιν ἅμα καὶ Δικαιοσύνην καλοῦσι, σοφὴν οὖσαν, ὥσπερ εἴρηται, καὶ δεικνύουσαν τὰ θεῖα τοῖς ἀληθῶς καὶ δικαίως ἱεραφόροις καὶ ἱεροστόλοις προσαγορευομένοις· οὗτοι δ’ εἰσὶν οἱ τὸν ἱερὸν λόγον περὶ θεῶν πάσης καθαρεύοντα δεισιδαιμονίας καὶ περιεργίας ἐν ψυχῇ φέροντες ὥσπερ ἐν κίστῃ [...].
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Auf dem Hintergrund dieser gemeinsamen Elemente treten jedoch auch die Unterschiede zwischen ihnen deutlich hervor. Wenn auch Plutarch das eigentliche Ziel des Menschen in der Erkenntnis des intelligiblen Gottes ansiedelt und den Frommen als eigentlichen Gottesträger ansieht, zieht er doch auf der Ebene der Kultpraxis daraus ganz andere Konsequenzen als Clemens. Für Plutarch erschöpft sich der Kult nicht in einer symbolischen Dimension, sondern er führt tatsächlich zum Kontakt mit dem Göttlichen. Die Erkenntnis, auf welche der Isiskult symbolisch verweist, vollziehe sich dann, wenn man den Kult mit der richtigen inneren Einstellung begehe.108 Andernorts spricht er von der Begegnung mit den Göttern in Tempelbezirken durch die traditionellen Rituale der griechischen Religion als der höchsten Freude, wenn diesen Ritualen mit einer frommen Gesinnung, nicht mit dem Spott des Atheisten oder der Furcht des Abergläubischen beigewohnt werde.109 Diese kultische Funktion der Heiligtümer, ihre Konzeptualisierung als Ort der Gegenwart Gottes, ist bei Clemens ausgeschlossen; er kann ihnen nur als planvoll angelegtem Menschenwerk, als symbolischer Kommunikation theologischer Wahrheiten einen positiven Aspekt abgewinnen – und diese Funktion ist durch das Christentum als endgültige, für alle greifbare Offenbarung der Wahrheit obsolet geworden. Dies betrifft sowohl die heidnischen Tempel als auch den Jerusalemer Tempel, der auch nur als ausgeklügeltes Symbolsystem, nicht als Kultort oder göttliche Wohnstätte seine Bewunderung weckt. Christliche Kirchengebäude werden nicht als Tempel konzeptualisiert. Gegen die kultische und sakrale Komponente konkreter Tempel polemisiert Clemens mit allen Mitteln, entweder indem er die Tempel zu Gräbern degradiert und somit mit der Sphäre der kultischen Unreinheit gleichsetzt, oder indem er unterstellt, dass sie auf philosophisch grundfalschen Gottesvorstellungen basierten, oder aber indem er ihnen jede Besonderheit als heilige Orte abspricht. Bemerkenswert ist, dass in Clemens’ argumentativen Strategien ein Muster fehlt, das in späterer, besonders in nachkonstantinischer Zeit prominent wird: Die Anerkennung der Besonderheit der Tempel bei gleichzeitiger Verkehrung ihrer Heiligkeit ins Gegenteil, indem man sie als Wohnstätten von Dämonen anprangert.110 Diese Diskrepanz zwischen Clemens und den späteren christ108
De Is. 2,352A und 3,352C. De superst. 9,169D–E. 110 Am nächsten käme diesem Motiv Strom. VI 31, aber auch da liegt der Akzent auf der Konzeptualisierung der Tempel als Gräber, wobei die Seelen der Toten von den Erbauern als gute, hilfreiche Dämonen dargestellt werden. Ziel ist hier jedoch nicht die Herabsetzung der Tempel, sondern der Beweis der allgemeinen Verbreitung und somit Wahrheit der Idee, dass die Seelen der Gerechten zu Engeln würden. Zu den Tempeln als Wohnstätte von Dämonen vgl. CASEAU, ΠΟΛΕΜΕΙΝ (s. Anm. 17), 82–86 und HAHN, Tempelzerstörungen (s. Anm. 17), 273–277; besonders prominent und eindrücklich ist etwa Eusebius’ Bericht von Konstantins Zerstörung heidnischer Tempel und der „Reinigung“ der christlichen heiligen Stätten in Palästina (Vita Const. 3,25–28,41,53; dazu HAHN, Tempelzerstörungen [s. Anm. 17], 270–273). 109
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lichen Kritikern könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass mit dem wachsenden Ansehen und Anklang der Märtyrerkulte das Motiv der Gräber, welches Clemens ausgiebig verwenden kann, für die antiheidnische Polemik unbrauchbar bzw. problematisch wird und deswegen neue Argumente gesucht werden müssen. Wichtig ist auch zu bemerken, dass mit Clemens’ Polemik keine weitergehenden Handlungsanweisungen verbunden sind. Übergriffe auf heidnische Tempel und Kultstatuen, wie sie einige Jahrzehnte später während der diokletianischen Verfolgung belegt sind,111 sind nicht angedacht: Clemens schreibt bei aller Polemik in einer Atmosphäre der Diskussion, nicht der Aggression. Clemens’ Aufhebung der Trennung zwischen heiligen und profanen Orten und Zeiten führt zum Ideal einer totalen Heiligkeitsideologie als Ziel aller Christen. Mit dieser Forderung der Vollkommenheit aller und dem darauf bauenden Entweder-Oder bewegt sich Clemens bei prinzipieller Ähnlichkeit der theologischen Ausgangspositionen auf ein diametral entgegengesetztes Ziel als das der heidnischen Platoniker seiner Zeit zu. Diese gehen davon aus, dass die Menschheit inhomogen sei und somit die geistige Erfassung und Verehrung des höchsten Gottes nur einigen wenigen – der philosophischen Elite – möglich seien. Für die große Masse seien die materiellen Kultformen und Darstellungen der Götter notwendig, die somit einen gewissen eigenen, wenngleich geringeren religiösen Wert besäßen.112 Clemens plädiert letztlich dafür, die äußersten Konsequenzen aus der philosophischen Gotteserkenntnis zu ziehen und sie zum einzigen Maßstab für die religiöse Praxis aller zu erheben.113 111
Siehe dazu HAHN, Tempelzerstörungen (s. Anm. 17), 270 mit Anm. 2 sowie 272. Siehe z.B. Porphyrios, De abstinentia 1,27–28 oder Jamblich, De myst. V,18 und 22–23. Gegen die Ansicht, dass Porphyrios, wie es ihm Augustin unterstellt, nach einer via universalis animae liberandae für alle Menschen gesucht habe, siehe G. CLARK, Augustine’s Porphyry and the Universal Way of Salvation, in: G. KARAMANOLIS, A. SHEPPARD (Hgg.), Studies on Porphyry, London 2007, 127–140, bes. 139–140, sowie I. TANASEANU–DÖBLER, „Nur der Weise ist Priester“: Rituale und Ritualkritik bei Porphyrios, in: U. BERNER, I. TANASEANU–DÖBLER (Hgg.), Religion und Kritik in der Antike, Münster 2008 (im Druck). 113 MARKUS, End (s. Anm. 1), 140 weist darauf hin, dass die philosophische Vergeistigung der Religiosität immer nur eine Option einer Minderheit, der intellektuellen Elite, oder in seinen Worten der „philosophical counter-culture, lying oblique to the mainstream of ancient piety“ blieb und insofern die christliche Ablehnung traditioneller Heiligtümer und Kultformen vom Ausmaß her ein neues Phänomen darstellte. Die Vorstellung, dass die Philosophie nur einer kleinen Minderheit zugänglich ist, ist schon bei Plat. Tim. 28c; 51e bzw. Phaed. 69c–d belegt und bleibt ein Proprium der platonischen Tradition beispielsweise bis ins vierte Jahrhundert n.Chr. in den Schriften des Bischofs Synesios von Kyrene (z.B. ep. 105, 137 oder 143). Allerdings muss die Verschiedenheit philosophischer Schulen seit der hellenistischen Zeit berücksichtigt werden: die Epikureer, Stoiker und letztlich auch die Kyniker öffneten ihre Vorstellung von Philosophie für weitere Kreise. Der Einwand, Clemens beziehe 112
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Wie Porphyrius einige Jahrzehnte später sucht er nach einer via universalis animae liberandae.114 Mit seiner Aufhebung der Distinktion zwischen heiligen und profanen Lebensbereichen greift Clemens grundsätzlich den Mechanismus des Rituals an, das gerade mit einer solchen Trennung operiert.115 Dementsprechend steht bei ihm auf der Ebene der religiösen Praxis nicht der Kult, sondern das Gebet im Zentrum, das überall vollzogen werden soll und als geistiges Opfer verstanden wird; etwaige rituelle Elemente wie die Hinwendung nach Osten, Einhaltung bestimmter Gebetszeiten oder die Erhebung der Arme erhalten – wie die Tempel – einen rein symbolischen Wert.116 Allerdings ist eine solche totale Heiligung der Lebensführung, eine Verabsolutierung eines Ausnahmezustandes, auf Dauer nicht denkbar. Zum einen lässt sie sich mit der Realität des Alltags schwer vereinbaren; trotz Clemens’ Ideal sind die Christen keine Fremden in der polis, sondern nehmen auf verschiedenen Ebenen an ihrem Leben teil. Zum anderen kann man im Licht neuerer kognitiver Religionstheorien vermuten, dass Clemens’ ritualloses ‚doktrinales‘ Religionsideal wegen aufkommender Langeweile problematisch werden könnte.117 Clemens beklagt ja auch, dass bestimmte Christen, die sich im Kirchenraum fromm verhielten, „auf unerklärliche Weise mit den Orten auch die Haltung und das Verhalten wechseln“ und draußen mit ihren Freunden sich in den Stromateis vor allem auf den Elitechristen, den Gnostiker, somit nicht auf alle Christen, greift zu kurz: wie seine Ausführungen im Paidagogos zeigen, sollen alle ohne Ausnahme ein philosophisches Leben führen, das sich u.a. darin zeige, sich auch im Alltag genau wie in der Kirche zu verhalten (Paid. III 11,78,1–3 sowie 79,3–80,4) – in diesem Punkt harmoniert er mit Epikur, dessen Behauptung, dass alle Menschen philosophieren können und sollen, er ausführlich in den Stromateis zitiert (Strom. IV 8,69,1–4). 114 Die Formulierung findet sich in der von Augustin referierten Schrift De regressu animae (frg. 302F, aF, bF SMITH). Porphyrios scheint diese Suche letztlich im Sinne des Platonismus aufgegeben zu haben, indem er die hierarchische Struktur der Menschheit und somit die Notwendigkeit verschiedener Arten von Religiosität anerkennt (De Abst. I,27–28). Die Frage, inwiefern der intellektuelle platonische Gottesbegriff und die angestrebte unio mit dem höchsten Göttlichen die anderen Kultformen irrelevant werden lassen, wird auf heidnisch-neuplatonischer Seite zwischen ihm und Jamblich im Brief an Anebo bzw. Jamblichs De mysteriis diskutiert. Auf christlicher Seite betont Augustin gegen Porphyrios ganz in der geistigen Tradition Clemens’ die Existenz einer solchen via universalis im Christentum (Civ. 10,32). 115 Siehe SMITH, To Take Place (s. Anm. 7), 104–112, z.B. 110: „Ritual is a relationship of difference between „nows“ – the now of everyday life and the now of ritual place; the simultaneity, but not the coexistence, of „here“ and „there“ [...]“. 116 Strom. VII 7,35–49. 117 Siehe H. WHITEHOUSE, Modes of Religiosity. Towards a Cognitive Explanation of the Sociopolitical Dynamics of Religion, Method and Theory in the Study of Religion 14 (2002) 293–315, hier 297f. Whitehouses Theorie bezieht sich auf verschiedene Arten von Ritualen; seine Idee des tedium effect, der im Falle stark repetitiver, doktrinaler Rituale auftritt, könnte jedoch auch für solche Typen ritualloser, ausschließlich doktrinaler, Religiosität fruchtbar sein.
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aus der großen Masse der Gottlosen ausgelassen feiern könnten.118 Offensichtlich konnten die Heiligkeitsvorstellungen des Theologen und der Gemeinde schon damals erheblich differieren. Spätestens ein Jahrhundert später ändert sich das Bild: große, sichtbare Kirchen mit reichen Kultgegenständen entstehen, die nicht mehr nur als religiös neutrale Versammlungsräume, sondern verstärkt auch als Tempel konzeptualisiert werden.119 Clemens’ Vollkommenheitsideal wird im aufkommenden Mönchtum als sozial akzeptiertes Fremdsein einiger weniger verstetigt und aus dem christlichen Alltag ausgegliedert. In dieser Zeit (ab Ende des dritten Jahrhunderts), in denen die Christen eigene heilige Orte entwickeln, beginnen auch ihre Übergriffe auf heidnische Kultorte – und das schon in der Zeit der diokletianischen Verfolgung, nicht erst nach der konstantinischen Wende. Das dritte Jahrhundert, die Zeit zwischen Clemens’ Stromateis und dem Konzil von Elvira bzw. dem zehnten Buch der Kirchengeschichte Eusebs, umfasst die allmähliche Relokalisierung einer tempellosen Tradition. Jedoch bleibt die Spannung zwischen der rein geistigen und der räumlich bezogenen Gottesverehrung immer als Grundfrage christlicher Theologie bestehen: in byzantinischer Zeit wird die Frage diskutiert, ob letztere nicht doch der Fall zurück ins Heidentum sei, während in der Reformationszeit Vorstellungen christlicher heiliger Orte und die damit verbundenen Wallfahrten als typisch katholische heidnische Korrumpierung des wahren evangelischen bzw. apostolischen Christentums angeprangert werden.120 Durch die Verbindung philosophischer Religiosität mit dem christlichen Universalitätsanspruch und den christlichen Tendenzen zur Entlokalisierung des Heiligen entwickelt Clemens Konzepte zur Artikulation dieser Spannung im Rahmen des antiken Religionsdiskurses und erlaubt so einen Einblick in die Dynamik der Aushandlung „heiliger Orte“.
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Paid. III 11,80,1–4. Siehe Eusebios, Kirchengeschichte 10,4 sowie heidnischerseits ein Fragment aus dem Apokritikos des Makarios Magnes, welches Harnack fälschlich der verlorenen Schrift des Porphyrios gegen die Christen zuordnet (Apokritikos 4,21, Porphyrios, Gegen die Christen, frg. 76, p. 93 HARNACK) und welches behauptet, dass die Versammlungsorte der Christen heidnische Tempel nachahmten. 120 Diese ideologische Komponente protestantischer Diskurse, die sich von der frühen Neuzeit bis in die moderne Theologie ziehen, untersucht SMITH, Drudgery Divine (s. Anm. 2). 119
Der religiöse Intellektuelle: Apuleius und Ali Schariati als Repräsentanten eines religionswissenschaftlichen Typus FRITZ HEINRICH I. Einführung „Warum verwirrt uns ein tränenüberströmtes Männergesicht? Eine weinende Frau können wir mit liebevollem Mitgefühl als einen zwar etwas ungewöhnlichen, doch rührend-traurigen Teil unseres Alltags akzeptieren. Ein weinender Mann aber erfüllt uns mit Hilflosigkeit. Es ist, als sei für diesen Mann das Ende der Welt gekommen oder als sei er am Ende seiner Kräfte – wie beim Tode eines geliebten Menschen – oder auch, als besäße seine Welt einen Wesenszug, der mit der unsrigen unvereinbar ist, einen unruhig machenden, ja sogar erschreckenden Wesenszug.“1 In seinem Roman „Das schwarze Buch“, lässt Orhan Pamuk seinen Protagonisten, den Rechtsanwalt Galip Bey, Geschichten erzählend und erlebend durch die Straßen Istanbuls und ihre kulturellen, religiösen und alltäglichen Dimensionen streifen. Auf der Suche nach seinem wahren Selbst verschmilzt Galip phasenweise mit dem von ihm verehrten Onkel und Zeitungskolumnisten Celâl Bey. In Celâl Bey spiegelt sich der für die persische und türkische Literatur bedeutsame Dichter und Mystiker Maulana Dschelaleddin Rumi (1207–1273)2, ähnlich wie in Galip der etwas jüngere mystische Dichter Şeyh Galib bzw. Galib Dede (1757–1799) hervorscheint. Der weinende Mann übt faszinierende wie irritierende, wenn nicht erschreckende Wirkungen aus. Er steht gleichsam auf einer Grenze, und je nachdem, von welchem Standpunkt er angesehen wird, verstört oder versöhnt er, provoziert er vehementen Widerspruch und scharfe Ablehnung oder findet begeisterte Zustimmung und euphorische Unterstützung. Die Grenze, auf der der weinende Mann Pamuks steht, markiert den Übergang von Welterklärungs-, Weltdeutungs- und Weltbewältigungsbemühungen, die auf an die 1 O. PAMUK, Das schwarze Buch. Roman. Aus dem Türkischen von I. Iren (Originalausgabe: Kara Kitab, Istanbul 1991), Frankfurt a. M. 102006, 315. 2 Vgl. A. SCHIMMEL, Rumi. Ich bin Wind und du bist Feuer. Leben und Werk des großen Mystikers (Diederichs Gelbe Reihe), München/Kreuzlingen 2003.
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Ratio gebundenen Denk- und Verhaltensmustern beruhen, hin zu solchen Bewältigungs-, Deutungs- und Erklärungsstrategien, die, in welcher Weise auch immer, jenseits von rationalen Vorgehensweisen liegen und so dem mystischen Denken verwandt sind. Der weinende Mann erinnert damit an eine von numinoser Erfahrung ergriffene Persönlichkeit. Rudolf Otto hat bekanntlich mit seinem Paradigma des Heiligen dieses als das Numinose in seinen Wirkungen auf den Menschen als Mysterium tremendum und fascinans bestimmt und diese Ambivalenz zum Grunddatum von Religion überhaupt erhoben.3 Otto verortet damit die Religion ihrem auf solche Weise definierten Wesen nach auf der Seite der Irrationalität. Demnach stünde also der weinende Mann in seiner Position zwischen rational und irrational zugleich auch auf der Grenze zwischen Religion und Nicht-Religion. Doch der Rückgriff auf Rudolf Ottos Religionstheorie erweist sich hier bei genauerer Betrachtung als unangemessen. Denn der weinende Mann in Gestalt der Romanfigur Orhan Pamuks steht zwar auf der Grenze zwischen rational und irrational, damit aber zugleich nicht auf der Grenze zwischen Nicht-Religion und Religion. Umgekehrt steht der im Folgenden anhand von Apuleius und Ali Schariati beschriebene Typ des religiösen Intellektuellen zwar gleichsam auf der Grenze von Religion und Nicht-Religion, aber eben nicht auf der zwischen rational und irrational. In beiden Fällen ist also die Unterscheidung von rational und irrational nicht mit der zwischen Nicht-Religion und Religion gleichzusetzen. Die Grenze zwischen Religion und Nicht-Religion, auf welcher der religiöse Intellektuelle steht, verläuft entlang der Linie, die in einem jeweils spezifischen religiösen, geistigen und kulturellen Kontext, sowohl in der Wahrnehmung der darin involvierten Menschen wie auch in der Wahrnehmung derjenigen, die diesen Zusammenhang im nachhinein und von außen reflektieren, religiöses Denken und Verhalten von anderen Denk- und Verhaltensweisen trennt. Wobei der Blick auf den religiösen Intellektuellen zeigt, dass das, was die jeweilige Religion, in die er eingebunden ist, vom Nichtreligiösen unterscheidbar macht, ein spezifisch religiöses Bezugssystem aus Denk- und Verhaltensmustern ist, das an jeweils zu bestimmenden, charakteristischen Schnittstellen mit den nichtreligiösen Bezugssystemen verknüpft wird. Dabei verläuft die Unterscheidungslinie zwischen rational und irrational gleichsam quer zu der zwischen Religion und Nichtreligion, d.h. es finden sich rationale Elemente im religiösen Bereich, wie auch irrationale im nichtreligiösen. Als Grenzgänger ist der religiöse Intellektuelle weder seiner Herkunft, noch seiner Ausbildung oder seiner professionellen Tätigkeit und erst recht nicht den von ihm zur Sprache gebrachten Themen nach der einen oder anderen Seite, d.h. der religiösen oder der nichtreligiösen eindeutig zuordenbar. 3 Vgl. R. OTTO, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, Nachdruck der ungekürzten Sonderausgabe 1979, München 1987, 5–7 (das Numinose), 13–37 (mysterium tremendum) und 43–52 (fascinans).
Der religiöse Intellektuelle: Apuleius und Ali Schariati
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Der religiöse Intellektuelle wirkt verstörend und stößt auf Ablehnung, wenn er von einem unangemessenen, einseitigen Standpunkt aus betrachtet wird, er wirkt faszinierend und erfährt begeisterte Akzeptanz, wenn das eine im anderen, das Religiöse im Nichtreligiösen wie auch das Nichtreligiöse im Religiösen wahrgenommen und als sinnvolle Einheit verstanden werden kann. Religiöse Intellektuelle reflektieren ihre jeweils bedachten Fragen und äußern ihre Gedanken in der Regel unter Einbeziehung persönlicher Überzeugungen und Erfahrungen. Hinzu tritt ein starkes, ihre Äußerungen und ihr Denken wesentlich vorantreibendes kritisches Interesse an der gesellschaftlichen, politischen und religiösen Wirklichkeit, die sie umgibt und in der sie eine Missstände behebende Wirkung entfalten wollen. Ihre fehlende oder in ihren Äußerungen und Aktivitäten wenig dominante formale Anbindung als professionelle Diener der von ihnen vertretenen Religion korrespondiert auch in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht mit einer formalen Autonomie. Das primäre Medium ihres Wirkens ist die Rede, wobei der rhetorische Charakter ihrer Äußerungen noch in den von vorneherein als schriftliche Texte konzipierten Abhandlungen prägend ist und erkennbar bleibt. Apuleius als prominenter Vertreter der sog. Zweiten Sophistik und Ali Schariati als ‚nichtgeistliche‘ Galionsfigur der religiös akzentuierten iranischen Oppositionsbewegung gegen den Schah in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts repräsentieren den eben skizzierten Typus insofern, als die benannten Charakteristika zentrale Eigentümlichkeiten ihres Wirkens erfassen. Dies zu veranschaulichen und in der Beschreibung beider als religiöse Intellektuelle diesen religionswissenschaftlichen Typus präziser und in seiner religionsgeschichtlichen Vielgestaltigkeit und Vielschichtigkeit etwas anschaulicher zu erfassen ist das Anliegen des vorliegenden Beitrags. Begonnen wird mit einer vergleichenden biographischen Skizze beider Persönlichkeiten, aus der deutlich werden sollte, dass es sich bei der Auswahl von Apuleius und Schariati nicht um eine willkürliche Zusammenstellung handelt, sondern dass beide in verschiedener Hinsicht verwandte Typen aus sehr unterschiedlichen religionsgeschichtlichen Zusammenhängen darstellen. Sodann wird Ali Schariati in den Blick genommen, da der schiitisch-iranische Kontext gegenwärtig derjenige ist, in dem religiöse Intellektuelle eine besonders auffällige Rolle spielen und da der Anstoß zu entsprechenden Überlegungen aus der Auseinandersetzung mit diesem Diskursfeld erwachsen ist. Danach tritt Apuleius in den Fokus und damit die Frage, inwieweit er sinnvollerweise als religiöser Intellektueller betrachtet werden kann. In der abschließenden Zusammenfassung rückt Friedrich Nietzsche in das Gesichtsfeld und mit ihm verbunden ein Ausblick auf die verstörende Faszination, die religiöse Intellektuelle auch in der neuzeitlichen Philosophiegeschichte des christlichen Abendlandes ausüben können.
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II. Apuleius und Ali Schariati – eine vergleichende biographische Skizze Aus gutem Hause kommen sie beide. Der Nordafrikaner Apuleius wurde um 125 n.Chr. in Madaurus im heutigen Algerien „als Sohn einer angesehenen Familie römischer Bürger“ geboren.4 Ali Schariati stammt aus einer renommierten schiitischen Gelehrtenfamilie, in die hinein er am 23. November 1933 in Kāhak, einer Kleinstadt im Nordosten Irans, am Rande der großen Salzwüste, geboren wurde. Die erste Erziehung erhielt er von seinem Vater, Muhammad Taqi Schariati. Hier wurden wesentliche Grundlagen auch für sein späteres Denken gelegt, einschließlich seiner profunden Sprachkenntnisse in Französisch und Arabisch. Nach einer normalen, aber durchaus erfolgreichen Schulzeit ging Schariati im Alter von 18 Jahren an ein Seminar zur Lehrerausbildung nach Maschhad.5 Hier in der viertgrößten Stadt Irans befindet sich mit dem Grab des achten Imams Rezā eines der wichtigsten Wallfahrtszentren der Schia, in dessen Umfeld sich ein traditionelles Zentrum schiitischer Gelehrsamkeit etabliert hat. Apuleius wird seine erste Erziehung ebenfalls in seiner Heimatstadt erfahren haben, bevor er von seiner Familie zur etwas renommierteren Unterweisung nach Karthago geschickt wurde. Die entscheidende Ausbildung habe er aber in Athen erhalten, wo er nach eigenem Bekunden nach allen Regeln der philosophischen Kunst ausgebildet und in verschiedene Mysterienreligionen eingeweiht worden sei.6 Athen und die griechische Kultur wurden für Apuleius zu entscheidenden Referenzgrößen, die er mit griechischen Zitaten vor seinem überwiegend lateinischsprachigen Publikum effektvoll einsetzte.7 Was für Apuleius Athen bedeutete, entspricht bei Schariati Paris. Hier erhielt er während seines fünfjährigen Aufenthalts zwischen 1960 und 1965 ent4 J. HAMMERSTAEDT, Apuleius: Leben und Werk, in: Apuleius, De magia/Über die Magie, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von J. HAMMERSTAEDT, P. HABERMEHL, F. LAMBERTI, A.M. RITTER, P. SCHENK (SAPERE 5), Darmstadt 2002, 9–22, 11; vgl. auch M. ZIMMERMANN, Apuleius von Madaura, in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 1996, 910–914, hier 910. 5 Zur Biographie Ali Schariatis vgl. A. RAHNEMA, An Islamic Utopian. A Political Biography of Ali Shari’ati, London 1998; J. KAMVAR, The Story of Ali Shariati’s Life and Death, Tehran 1384/2006; S. KAWEH, Ali Schariati interkulturell gelesen (Interkulturelle Bibliothek 50), Nordhausen 2005, 15–34; M. RAMBOD, Religion und Gesellschaft bei Ali Schariati. Ein Beitrag zur modernen Interpretation des schiitischen Islam in Iran, Diss. Phil. Erlangen/ Nürnberg 1987, 44–55; GH. A. T., Introduction. A Biobibliographical Sketch, in: On the Sociology of Islam. Lectures by Ali Shari’ati. Translated from the Persian by H. Algar, Berkeley 1979, 11–38. 6 Vgl. HAMMERSTAEDT, Apuleius (s. Anm. 4), 11, unter Verweis auf Apul. Flor. 18,15f. und 20,2–4. 7 Vgl. HAMMERSTAEDT, Apuleius (s. Anm. 4), 12.
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scheidende philosophische und wissenschaftliche Impulse. An der Sorbonne studierte Schariati Soziologie, Islamwissenschaft, Religionsgeschichte und Iranistik. Neben dem Orientalisten Louis Massignon, den Schariati fast wie einen Heiligen verehrte, und dem aus Russland stammenden radikaldialektischen Soziologen George Gurvitch lernte er dort die Vordenker des modernen Islam kennen, studierte westliche soziologische und philosophische Gelehrte wie Karl Marx, Max Weber, Emile Durkheim oder Jean Paul Sartre. Außerdem befreundete er sich mit Frantz Fanon, dem Vordenker der algerischen Unabhängigkeitsbewegung. Die profunde Kenntnis europäischer Philosophie- und Geistesgeschichte ließ Schariati gerne in seine Reden einfließen und nutzte entsprechende Zitate und Schlagworte als Ausweis seiner Modernität und Zeitgemäßheit. Im Unterschied zu Schariati, der keinerlei offizielle religiöse Funktion im schiitischen Islam ausübte, war Apuleius immerhin Priester in Karthago.8 Allerdings findet dieser Umstand lediglich Erwähnung, als er als Argument für die Stiftung eines Standbildes herangezogen wird. Offizielle politische Ämter haben sie beide nicht übernommen. In ihren Werken haben Apuleius wie Schariati verschiedentlich autobiographische Informationen einfließen lassen, die jeweils eng mit dem argumentativen Kontext verwoben sind. Auf diese Weise ist nicht immer leicht zu entscheiden, was daran zuverlässig ist und was eher einer dem jeweiligen Thema dienlichen Selbststilisierung entspricht. Das gilt auch für Schariatis autobiographische Schrift „Kawir“/„die Wüste“, in der er die Erinnerungen an seine Zeit als Heranwachsender im Heimatort am Rande der Dascht-e Kawir, der großen Salzwüste, zu einem idealisierenden Portrait reinen dörflichen Lebens überhöht. In der Metapher der Wüste, die zu einem Grundmotiv seines außerhalb des Heimatortes geführten Lebens wird, verschmelzen die Umstände seiner Existenz als Querdenker mit den vom Rückzug in die ländliche Einsamkeit geprägten Biographien seiner gelehrten Vordenker zu einer Selbststilisierung, die zugleich kritisches Gegenüber zum zeitgenössischen Lehr- und Wissenschaftsbetrieb wie zum modernen Leben wird.9 Beide, Apuleius wie Schariati, führten noch als 30jährige ein Leben als intellektuell-philosophische Bohemiens, der eine als ungebundener Redner in Nordafrika, der andere als Student und Promovend in Paris. Beide waren in dieser Phase ihres Lebens recht aktiv. Apuleius hatte als vielseitiger Rhetor große Erfolge und Schariati „trat der ,Befreiungsbewegung‘ und der ,Iranischen Studentenkonföderation‘ bei und organisierte zahlreiche Demonstrationen zur Unterstützung Algeriens. Er beteiligte sich an der Herausgabe 8 Vgl. Apul. Flor. 16,38: Immo etiam docuit argumento suscepti sacerdotii summum mihi honorem Carthaginis adesse. 9 Vgl. A. SCHARIATI, Kawir, Maschhad 1348/1970, in: Ders., hobuth dar kawir/Abstieg in die Wüste (Gesammelte Werke 13), Tehran 231384/2006, 231–289.
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der algerischen Zeitung ,Al-Mudschahid‘ und wurde Redakteur der von der ,Nationalen Front‘ im Ausland gesteuerten Zeitschrift ,Iran-e azad‘ (freies Iran).“10 Die Klage des Apuleius, mit der Jürgen Hammerstaedt seine Einführung in dessen Leben und Werk eröffnet, könnte ohne weiteres auch von Schariati stammen: „Alles, was ich euch jemals als Rede vortrug, hat man gleich stenographiert und gelesen; nicht ist mir vergönnt, es zurückzuziehen und irgendetwas zu verändern und zu verbessern.“11 So bemerken die Herausgeber der kritischen Gesamtausgabe von Schariati in ihrem Vorwort, dass sie mit ihrer Arbeit das zu Ende bringen wollten, was ihr verehrter Lehrer zu Lebzeiten begonnen, aber nicht abschließen konnte: die kritische Revision aller seiner Veröffentlichungen und Reden, um Missbrauch und Fehlinterpretationen zu verhindern. Denn auch Schariatis Vorträge wurden mitgeschnitten, mitstenographiert und mitgeschrieben, und es existieren zahlreiche Tonbandaufnahmen und gedruckte, vom Autor nicht redigierte Fassungen seiner Texte, die für die kritische Gesamtausgabe möglichst vollständig gesichtet und mit dem originalen Wortlaut, soweit verfügbar, abgeglichen und zu einem verlässlichen Text zusammengestellt worden seien.12 Gemeinsam ist beiden Intellektuellen auch ein starker Zug zu universaler Gelehrsamkeit. Neben der inhaltlich sehr breit angelegten Verteidigungsrede (De magia) zeugen die noch erhaltenen Reste seiner „Blütenlese“ (Florida) und die überlieferten Titel von Reden und anderen Werken vom Selbstverständnis des Apuleius als Philosophen, das dem eines Universalgelehrten entspricht. Die Themen zeigen ein ausgeprägtes naturwissenschaftliches Interesse, das unter anderem Heilkunde, Botanik oder Astronomie umfasst. Gleichberechtigt stehen daneben Ausführungen zu Literatur, Philosophie, Politik und poetische Ambitionen.13 Dass dabei religiöse Überlegungen nicht nur ein Thema neben anderen sind, sondern gleichsam einen inneren Zusammenhalt oder eine übergreifende Logik hinter den durchaus disparaten Anliegen bilden, ließe sich an den Metamorphosen oder anhand einer eingehenden Analyse von De magia ebenso aufweisen wie anhand der Rede Über den Gott des Sokrates.14 Zwar finden sich bei Schariati keine dezidiert naturwissenschaftlichen Titel, aber an verschiedenen Stellen seines weit gespannten Œuvres fließen
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KAWEH, Ali Schariati (s. Anm. 5), 17. HAMMERSTAEDT, Apuleius (s. Anm. 4), 9; Übersetzung von Apul. Flor. 9,13f. und 27–29. 12 Vgl. Vorbemerkung des Verlegers, in: ALI SCHARIATI, bā machātebhāje āschenā/Den vertrauten Adressaten (Gesammelte Werke 1), Tehran 31382/2004, alef–waw. 13 Vgl. HAMMERSTAEDT, Apuleius (s. Anm. 4), 18–22. 14 Vgl. P. HABERMEHL, Magie, Mächte und Mysterien. Die Welt des Übersinnlichen im Werk des Apuleius, in: HAMMERSTAEDT u.a., Apuleius, De Magia (s. Anm. 4), 285–314, insbesondere 286. 11
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naturwissenschaftliche Erkenntnisse ein, die zur Verdeutlichung und Veranschaulichung von gesellschaftlichen, geistigen oder religiösen Vorgängen und ihrer Tatsächlichkeit herangezogen werden. Schariatis Werk umfasst islamwissenschaftliche, soziologische, kunsttheoretische, religiöse, religionsphilosophische und religionswissenschaftliche Titel ebenso wie anthropologische und kulturwissenschaftliche Themen. Die fruchtbarste Phase seines Wirkens waren die Jahre nach der Rückkehr aus Paris bis zur Inhaftierung im Jahr 1972. In dieser Zeit entstanden die meisten seiner Schriften, und Schariati entfaltete an der Hosseinīye-ye Erschād in Teheran eine Tätigkeit als Referent mit einer überdurchschnittlich zahlreichen Zuhörerschaft. 1975 wurde er aus der Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt. Im Mai 1977 durfte er den Iran verlassen und ging nach London ins Exil. Dort starb er am 19. Juni desselben Jahres. Begraben wurde er in Damaskus, unweit des Mausoleums der Zainab, der von den Schiiten verehrten Grabstätte der Tochter Alis, des ersten Imams. Die Umstände des Todes Schariatis sind nach wie vor umstritten. Gehen westliche Wissenschaftler/innen mittlerweile davon aus, dass er an Herzschwäche möglicherweise infolge von Misshandlungen während seiner Haftzeit gestorben sei, so verdächtigen insbesondere seine Anhänger den Geheimdienst des Schah, den Tod des gefährlich einflussreichen Intellektuellen gewaltsam herbeigeführt zu haben. Bei Apuleius liegen das Jahr und die Umstände seines Todes im Dunkeln.
III. Ali Schariati als religiöser Intellektueller Mag der eingangs zitierte weinende Mann vielleicht im westlichen, möglicherweise auch im türkischen Bereich irritieren, im schiitisch-iranischen Kontext, zu dem Ali Schariati gehört, wirkt ein weinendes Männergesicht nicht im Geringsten verstörend. Hier ist das Weinen insbesondere von Männern fester Bestandteil der Āschurā-Riten, mit denen am 9. (Tasua) und 10. (Āschurā) Tag des Muharram, des ersten Monats des Jahres nach islamischem Kalender des Martyriums Hosseins, des Dritten Imams, bei Kerbelā im Jahre 680 u.Z. gedacht wird. Der französische Iranist Yann Richard fasst die Bedeutung des Weinens für die schiitische Frömmigkeit wie folgt zusammen: „Die schiitischen Überlieferungen loben den geistigen Nutzen des Weinens. Man kann auch vom sozialen Nutzen sprechen; außer dem Gefühl des Mitleids, das das Gemüt erregt und eine irrationale Zustimmung schafft, die die Politik unberücksichtigt lässt, muss ein anderer gewissermaßen entgegengesetzter Aspekt der schiitischen Trauer hervorgehoben werden: in dieser Trauer fühlt man die Bereitschaft zum Opfer, zur totalen Solidarität. Das Gespür für das Geheime, das so schmerzlich geteilt wird, erlaubt es der Gemeinschaft, ihre Einheit gegenüber staatlicher Willkür zu bewahren. Auch der versöhnende kathartische
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Charakter ist wichtig: wenn man mit Hoseyn leidet (man schlägt sich selbst und weint dabei), weist man gewissermaßen die ganze Mittelmäßigkeit des Lebens zurück und verdrängt alle seine Widersprüche.“15 Jedoch stünden, nach Yann Richard, Teile des schiitischen ‚Klerus‘, der ulama, und auch Schariati „dieser schmerzbetonten Frömmigkeit sehr kritisch gegenüber, weil sie ihrer Meinung nach vom Geist des Schiismus abweicht und ihn schwächt.“16 Allerdings lehnte Schariati Tränen als Ausdruck tiefer emotionaler Betroffenheit auch im Rahmen der von ihm propagierten Religionsform nicht ab. Im Gegenteil: Er unterschied zwischen dem von außen vorgeschriebenen und an bestimmten festgelegten Tagen und Orten zur Regel gemachten Weinen und der Träne als klarstem Ausfluss der im Herzen zusammengeschmolzenen reinsten und ehrlichsten Gefühle eines Menschen.17 Dementsprechend pflegte Schariati vor allem in späteren Äußerungen selbst den Gestus des weinenden Mannes, indem er ihn literarisch stilisierte und gelegentlich als Redner in klageartiger Form sprach. So am Beginn seiner Schrift Hossein der Erbe Adams. Noch vor Beginn des eigentlichen Textes stimmt er den Klageruf „Schaġschaġie! Es war Āschurā-Abend.“ an, den er dann in der ersten Überschrift fortsetzt, indem er diesen Āschurā-Abend in das Jahr 1349/1971 datiert und den eigentümlichen Klang der Worte nutzend erklärt, dass dies ein schmerzhafter Abend gewesen sei: „Es war Āschurā, Āschurā des Jahres 1349, es war ein schmerzhafter Abend.“18 Dann beklagt er die deprimierende Situation der überwiegenden Masse des Volkes und seiner Rechtlosigkeit, eine Klage, die er mit einer Beschreibung des üblichen, aber für die Teilnehmer unbefriedigend verlaufenden, weil lediglich als oberflächliche Gewohnheit gepflegten Āschurā-Rituals verknüpft.19 Schariati transformiert das traditionelle Āschurā von einem Ritual, das zu einer bestimmten festgelegten Zeit in den Häusern, Moscheen und den dafür vorgesehen Plätzen durchgeführt wird, zu einer Grundhaltung des Lebens, die das Eigentliche des Schiitseins markiert und in dem Motto „Jeder Ort ist Kerbelā, jeder Monat Muharram und jeder Tag Āschurā“ kulminiert.20 Mit den Tränen als festem Bestandteil von Āschurā ist nach dem Verständnis Schariatis auch ein mystisch religiöses Erleben verbunden, das dann allerdings zu einem zentralen Movens, gewissermaßen zur Ratio schiitischer Lebensführung wird, die alle individuellen und kollektiven Aspekte einschließt, die Yann Richard im 15 Y. RICHARD, Der verborgene Imam. Die Geschichte des Schiismus in Iran. Aus dem Französischen von B. Seel, Berlin 1983, 72. 16 RICHARD, Imam (s. Anm. 15), 75. 17 Vgl. A. SCHARIATI, Fātime Fātime ast/Fatima ist Fatima, in: Ders., Zan/Die Frau (Gesammelte Werke 21), Teheran 191380/2002, 9–214, 19ff. 18 A. SCHARIATI, Hossein wāres-e Ādam/Hossein der Erbe Adams (Gesammelte Werke 19), Tehran 121384/2006, 17. 19 Vgl. SCHARIATI, Hossein (s. Anm. 18), 17.19. 20 Vgl. SCHARIATI, Hossein (s. Anm. 18), 19.
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oben erwähnten Zitat zusammengefasst hat. Āschurā ist zugleich ein zentrales Motiv der öffentlichen Selbststilisierung und Selbstinszenierung Ali Schariatis. Deutlich wird dies auch in der Klage über Einsamkeit in der bösen Welt und in dem ewigen Trost bei Gott, den Grundmotiven, die den gebetsartigen Text prägen, der vom Verlag unter das Foto am Beginn des ersten Bandes seiner Werkausgabe gesetzt wurde. Das Bild selbst steht dazu in spannungsvollem Kontrast: Der leger auf einer Mauer vor einer ins Unendliche reichenden, kaum begrenzten, Meer oder Wüsten ähnlichen Weite sitzende Schariati ist mit Anzug und Krawatte für iranische Augen unzweideutig als westlich geprägter Mensch stilisiert. Dass die Hände im freilich eher christlich denn islamisch anmutenden Gebetsgestus vor dem Knie gefaltet sind21, fällt in dieser Haltung erst auf, wenn der Text zur Kenntnis genommen ist. Beides, Text und Bild zusammen illustrieren so sehr anschaulich den eigenartigen Habitus eines religiösen Intellektuellen. Fällt der Blick nur auf das Bild, verschwindet das Religiöse im nahezu Unkenntlichen, sähe man nur den Text, wird das Intellektuelle zum Desiderat. Ob das 40seitige Schreiben an „Meinen lieben Vater“, das von den Herausgebern des Bandes auf die zweite Hälfte des Jahres 1351/1973 datiert wird, tatsächlich ein Brief ist oder eher ein Text mit Briefcharakter, in dem Schariati gleichsam Zwiesprache mit dem Vater führt, muss hier noch offen bleiben. Sicher ist, dass für Schariati der Vater eine kaum zu unterschätzende Bedeutung hatte und dass Schariati sich in diesem Text, offenbar veranlasst durch mäßigende Äußerungen des Vaters, vor ihm rechtfertigt. Der Charakter des Schreibens ist angesichts der Situation, in der sich Schariati befindet – er sitzt im Gefängnis – weniger klagend, als man das erwarten würde. Vielmehr handelt es sich dabei eher um eine Art Verteidigungsrede in Briefform, in der Schariati die wesentlichen Anliegen seines Wirkens darlegt. Schariati war sich seiner Wirkung auf die jüngere Generation wohl bewusst und sah, dass sich in der Gesellschaft etwas bewegte. Seine Sorge war, dass der Islam den Anschluss an die Moderne verpassen und sich die gegen den Schah gerichtete revolutionäre Stimmung in Iran zu Beginn der 70er Jahre ohne Beteiligung der Schia Bahn brechen und so der Religion ein ähnlich marginalisierendes Schicksal widerfahren könnte wie es der katholischen Kirche in Kuba ergangen sei. Seit im 16. Jahrhundert die Schia unter den Safawiden zur Staatsreligion Irans geworden sei, habe sich eine Mentalität und Haltung un21 Die zum Gebet gefalteten Hände als Metapher für die christliche Religion begegnen im Brief an den Vater, der wohl in der zweiten Hälfte des Jahres 1973 geschrieben und in dem Band abgedruckt wurde, an dessen Beginn das beschriebene Bild steht. Vgl. SCHARIATI, bā machātebhāje āschenā (s. Anm. 12), 17. Schariati referiert hier den Vorwurf eines gewissen Herrn Kāfi, er, Schariati, würde die Hände zum Gebet falten oder sei Sunnit geworden oder er habe das Siegel Alis aus dem Herzen der Jugend gerissen und die ganze Jugend von der schiitischen Religion und der Rechtleitung und des Imamats entfernt.
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ter den Theologen entwickelt, in der die oppositionelle, staats- und gesellschaftskritische Haltung der reinen Schia verloren gegangen sei. Die ‚Geistlichen‘ hätten sich in ihrer Stellung als Hofnarren der Machthaber bequem eingerichtet, sich in fruchtlosen und unendlichen theologischen Debatten verzettelt und dadurch den schiitischen Islam seiner politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Relevanz beraubt. Damit die Bevölkerung es nicht merke, habe man die wahre Bedeutung des Islam verschleiert und die Menschen in Abhängigkeit von der Interpretationshoheit des Klerus gehalten und der Religion Nischen zugewiesen, die für die eigene und die Position der Herrschenden ungefährlich seien. „Islam ohne Geistliche“ ist deswegen das Motto, das Schariati hier in Analogie zu Mohammad Mosadeghs Devise „Wirtschaft ohne Öl“ formulierte. Die Prägnanz dieser Analogiebildung ist zugleich ein Indiz dafür, dass das vorliegende Schreiben nicht ausschließlich den Vater als Adressaten im Blick hat. Die Anspielung auf das bis heute den meisten gebildeten und politisch interessierten Iranern geläufige politische Programm Mosadeghs, das eine eigenständige nach dem Vorbild europäischer konstitutioneller Monarchien entworfene demokratische Nationalökonomie im Iran zum Ziel hatte, gibt dem Gesamtduktus des Textes die Bedeutung eines Grundsatzprogramms. Die Schnittstelle, an der Religion und Nicht-Religion verknüpft sind, ist in dieser Argumentation die Politik. Wobei Schariati Politik als „sahne-e zendegi“, als „Bühne des Lebens“ versteht. In dieser Metapher, die er im gesamten Schreiben wiederholt anwendet, verschmelzen alle Dimensionen des Theaters mit denen des menschlichen Lebens und der Gedankengang wird selbst zum performativen Akt.
IV. Apuleius als religiöser Intellektueller Das Bild des weinenden Mannes passt für Apuleius lediglich in seiner Wirkung als verstörender oder faszinierender Grenzgänger. An der Grenze zwischen Religion und Nicht-Religion in einer für einen Denker der römischen Kaiserzeit spezifischen Weise bewegte sich auch er. Die religiöse Dimension im Werk des Apuleius fasst Peter Habermehl folgendermaßen zusammen: „Wie kaum ein zweiter römischer Autor der Kaiserzeit umkreist Apuleius stets aufs Neue die Welt des Übernatürlichen und Religiösen. In welchem Geist dies geschieht, hängt jedoch merklich vom Anlass und Thema der jeweiligen Schrift ab. In der Apologie steht Apuleius’ Leben auf dem Prüfstand; De deo Socratis befasst sich mit einem Lieblingsthema zeitgenössischer Philosophie; die Metamorphosen schließlich sind die einfallsreiche afrikanische Antwort auf einen zeitgenössischen griechischen Roman.“22 22
HABERMEHL, Magie (s. Anm. 14), 286.
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Die Verteidigungsrede ist für den vorliegenden Zusammenhang insofern von Bedeutung als sie an der Schnittstelle Philosophie zeigt, wie Religiöses und Nichtreligiöses von Apuleius verknüpft werden, um den Vorwurf zu widerlegen, er habe Magie betrieben. Die inhaltliche Strategie, die er dabei wählte, nämlich mit seinem offenbar sehr reichen Wissen über Magie plausibel zu machen, dass er Magie gar nicht getrieben haben könne, funktionierte nur, wenn er eine sinnvolle und überzeugende Unterscheidung von legitimer und nicht legitimer Religionsausübung vorlegen konnte, die ihm ermöglichte, das, was er offenbar tatsächlich betrieben hatte, unter die gängige und gute Praxis von Religion zu subsumieren. Das erste Argument, das Apuleius unmittelbar gegen den Vorwurf der Magie ins Feld führte ist in De magia 25,9– 26,5 der Rekurs auf die Zoroastrier. In deren Sprache werde als magus bezeichnet, was auf lateinisch mit sacerdos benannt werde.23 Daran anschließend stellte er die rhetorische Frage, was denn daran verwerflich sei, wenn man Priester sei und dementsprechend die Zeremonialvorschriften, die Opferordnung und das religiöse Gesetz kenne und in rechter Weise anzuwenden wisse. Natürlich rekurrierte Apuleius in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf Platon und ließ dabei ein griechisches Zitat einfließen, aus dem deutlich wird, dass die Erziehung der zoroastrischen Priester zur Ausbildung der vier platonischen Haupttugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Besonnenheit und Tapferkeit führte.24 Der klassische Magier wird so zur Verkörperung des idealen Philosophen in der Tradition Platons. Die Ausrichtung des Handelns der Magier im platonischen Sinn auf die unsterblichen Götter und ihre von dieser Ausrichtung abgeleitete Kompetenz übertrug Apuleius auf die Philosophie. Das religiöse Element wird somit für Apuleius zur notwendigen Voraussetzung von Philosophietreiben überhaupt. Deswegen verwahrte er sich einerseits in De magia 27,1–4 gegen die Einschätzung, Philosophen, die die Naturprinzipien erforschen, seien irreligiös. Andererseits widersprach er der Bagatellisierung der Denker, die ausdrücklich die Götter in ihre Betrachtungen einbeziehen, durch ihre Bezeichnung als Magier. Er ordnete sich hier beiden Lagern zu: „Ich beglückwünsche mich, dass auch ich so vielen bedeutenden Männern hinzugezählt werde.“25 In der Rede De deo Socratis, freilich im Gestus des sich selbst bescheiden gebenden Rhetors, rückt Apuleius Platon sehr viel expliziter in die Nähe der unsterblichen Götter und verleiht somit Platons Ausführungen wenigstens die Aura religiöser Normativität: cum Plato caelesti facundia praeditus, aequiperabilia diis immortalibus disserens, frequentissime praedicet […], in der Übersetzung von Matthias Baltes „da doch Platon, der himmlische Bered-
23
Apul. de mag. 25,9: […] Persarum lingua magus est qui nostra sacerdos […]. Apul. de mag. 25,10–26,4. 25 Apul. de mag. 27,4; Übers. HABERMEHL, Magie (s. Anm. 14), 105. 24
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samkeit besitzt, in seinen den unsterblichen Göttern gleichenden Darlegungen wieder und wieder verkündet […]“.26 Angesichts der von Platon trotz seiner himmlischen Beredsamkeit eingeräumten Unfähigkeit, den parens, der Herrscher und Urheber aller Dinge sei, einigermaßen hinreichend zur Sprache zu bringen, träte er, Apuleius, als mittelmäßiger Denker hier gleichsam den geordneten Rückzug an und beschäftige sich lieber mit irdischeren Dingen.27 Der hohe Rang, den Apuleius den Schriften Platons beimisst, kommt in dieser Schrift auch darin zum Ausdruck, dass sie eine Vielzahl von wörtlichen und paraphrasierenden Zitaten aus den Schriften des ‚göttergleichen‘ Philosophen und Anspielungen auf seine Gedankengänge und Metaphern bietet. De deo Socratis wird so zu einer systematischen Auslegung platonischer Schriften, die neben ihrem philosophischen Anspruch in gleicher Weise erbaulichen oder lebenspraktischen Charakter hat. In gut römischem Religionsverständnis beschäftigten Apuleius neben der theoretisch befriedigenden Durchdringung des Götterverständnisses auch die Konsequenzen für das Staatswesen, für das gesellschaftliche Zusammenleben und für das Glück des Einzelnen. Das Grundproblem ist die von Platon her konsequent gedachte Scheidung von Göttlichem und Menschlichem und damit angesichts des römischen Schwurs beim Jupiter-Stein die Frage: „Wenn Platons Ansicht wirklich wahr ist, dass sich die Gottheit niemals mit dem Menschen austauscht, dann dürfte mich der Stein leichter hören als Jupiter.“28 Ausgehend von dieser Grundfrage entfaltet Apuleius zunächst seine Dämonologie, die er dann anhand des Dämons des Sokrates exemplifiziert und paradigmatisch anwendet.
V. Zusammenfassung Der Typ des religiösen Intellektuellen steht nach dem bisher Gesagten vielleicht noch etwas holzschnittartig da, wenngleich wesentliche Konturen dieser schillernden Protagonisten und Propagandisten einer Religiosität und Intellektualität integrierenden Weltsicht hoffentlich aufgezeigt werden konnten.
26 Apuleius, De Deo Socratis/Über den Gott des Sokrates, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von M. BALTES, M.-L. LAKMANN, J.M. DILLON, P. DONINI, R. HÄFNER, L. KARFÍKOVÁ (SAPERE 7), Darmstadt 2004, 50. Baltes übersetzt hier ebd. 51. 27 Vgl. Apul. DS 3,125 Iam rebus mediocritatem meam [in] longe superantibus receptui canam tandemque orationem de caelo in terram devocabo. Baltes übersetzt hier „da der Stoff meine Mittelmäßigkeit bei weitem übersteigt, werde ich nun zum Rückzug blasen und endlich meine Darstellung vom Himmel auf die Erde herabholen.“ (vgl. BALTES u.a., Apuleius, De Deo Socratis [s. Anm. 26], 53). 28 Apul. DS 5,132.
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Diese ‚Typen‘ wirken verstörend oder Widerstand und Geringschätzung provozierend, weil sie gewissermaßen den „Guten Rat“ Hölderlins nicht beherzigen, der empfiehlt: „Hast du Verstand und ein Herz, so zeige nur eines von beiden, Beides verdammen sie dir, zeigest du beides zugleich.“29 Stattdessen verbinden religiöse Intellektuelle in durchaus provokativer und demonstrativer Weise Herz und Verstand. Sie werden somit ganz im Sinne Nietzsches – der, ganz nebenbei bemerkt, die krankhafte Vereinsamung seiner „freien Geister“ während ihrer Versuchs-Jahre mit der Metapher der Wüste veranschaulicht – zu Denkern, die „eine Chemie der moralischen, religiösen, ästhetischen Vorstellungen und Empfindungen, ebenso aller jener Regungen, welche wir im Groß- und Kleinverkehr der Cultur und Gesellschaft, ja in der Einsamkeit an uns erleben“30, zu verwirklichen trachten. Vielleicht liegt in dieser Synthese die Faszination, die von diesen Geistern ausgeht.
29 F. HÖLDERLIN, Guter Rat, in: F. BEISSNER, J. SCHMIDT (Hgg.), F. Hölderlin, Werke und Briefe, Bd. 1, Gedichte/Hyperion, Frankfurt a. M. 1969, 35. 30 F. NIETZSCHE, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, Bd. 1, Erstes Hauptstück, Von den ersten und letzten Dingen (Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden. Hrsg. von G. COLLI und M. MONTINARI, Bd.2, München 1980, 24).
IV. Texte
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Lateinische Literatur Gott ist uns nahe L. Annaeus Seneca, Epistula moralis XLI SENECA LUCILIO SUO SALUTEM. (1) Facis rem optimam et tibi salutarem, si, ut scribis, perseveras ire ad bonam mentem, quam stultum est optare, cum possis a te impetrare. non sunt ad caelum elevandae manus nec exorandus aedituus, ut nos ad aurem simulacri, quasi magis exaudiri possimus, admittat: prope est a te deus, tecum est, intus est. (2) ita dico, Lucili: sacer intra nos spiritus sedet, malorum bonorumque nostrorum observator et custos. hic prout a nobis tractatus est, ita nos ipse tractat. bonus vero vir sine deo nemo est: an potest aliquis supra fortunam nisi ab illo adiutus exurgere? ille dat consilia magnifica et erecta. in unoquoque virorum bonorum quis deus incertum est, habitat deus. (3) si tibi occurrerit vetustis arboribus et solitam altitudinem egressis frequens lucus et conspectum caeli ramorum aliorum alios protegentium summovens obtentu, illa proceritas silvae et secretum loci et admiratio umbrae in aperto tam densae atque continuae fidem tibi numinis faciet. si quis specus saxis penitus exesis montem suspenderit, non manu factus, sed naturalibus causis in tantam laxitatem excavatus, animum tuum quadam religionis suspicione percutiet. magnorum fluminum capita veneramur. subita ex abdito vasti amnis eruptio aras habet; coluntur aquarum calentium fontes, et stagna quaedam vel opacitas vel inmensa altitudo sacravit […].
Der innere Wächter Apuleius, De deo Socratis 16 Proinde vos omnes, qui hanc Platonis divinam sententiam me interprete auscultatis, ita animos vestros ad quaecumque agenda vel meditanda formate, ut sciatis nihil homini prae istis custodibus nec intra animum nec foris esse secreti, quin omnia curiose ille participet, omnia visitet, omnia intellegat, in ipsis penitissimis mentibus vice conscientiae deversetur. hic, quem dico, privus custos, singularis praefectus, domesticus speculator, proprius curator, intimus cognitor, adsiduus observator, individuus arbiter, inseparabilis testis, malorum inprobator, bonorum probator, si rite animadvertatur, sedulo cognoscatur, religiose colatur, ita ut a Socrate iustitia et innocentia cultus est, in rebus incertis prospector, dubiis praemonitor, periculosis tutator, egenis opitu-
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Lateinische Literatur Gott ist uns nahe L. Annaeus Seneca, 41. Brief Seneca grüßt seinen Lucilius. (1) Du tust etwas sehr Gutes und für dich Heilsames, wenn du, wie du schreibst, darauf beharrst, den Weg zur rechten Gesinnung zu gehen; ist es doch töricht, sie nur herbeizuwünschen, wo du sie von dir selbst bekommen kannst. Man braucht nicht die Hände zum Himmel zu erheben und keinen Türhüter durch Bitten zu erweichen, damit er uns Zugang zum Ohr des Götterbildes gewähre, als könnten wir dort besser erhört werden. Nahe bei dir ist der Gott, mit dir, in dir. (2) So sage ich, Lucilius: In uns hat ein heiliger Atem seinen Sitz, Beobachter und Wächter alles Schlechten und Guten in uns. Je nachdem, wie dieser von uns behandelt worden ist, so behandelt er uns selbst. Gutsein kann keiner ohne Gott. Kann sich etwa einer, ohne dass ihn ein Gott unterstützt, über sein Schicksal erheben? Gott gibt großartige und aufrichtende Entschlüsse. In jedem der guten Männer „wohnt, man weiß nicht welcher, aber ganz gewiß ein Gott“ (Vergil, Aeneis 8,352). (3) Wenn du auf einen Hain stößt, der dicht mit alten Bäumen bestanden ist, die über das gewöhnliche Maß hinausragen, wo dir der Anblick des Himmels durch das Gewirr einander verdeckender Äste entzogen wird, dann wird diese Erhabenheit des Waldes, das Geheimnisvolle des Ortes und das Staunen über das dichte, ununterbrochende Schattendach unter freiem Himmel in dir den Glauben an die Gegenwart einer Gottheit erwecken. – Wenn eine Grotte, die durch zerklüftete, ausgefressene Felsen den Berg bis tief hinein unterhöhlt hat, nicht von Menschenhand geschaffen, sondern durch Naturkräfte zu solcher Weite ausgehöhlt, dann wird sie deine Seele mit einer Art Ahnung heiliger Scheu erschüttern. – Wir verehren die Quellen großer Flüsse. Das plötzliche Hervorbrechen eines gewaltigen Stromes aus dem Verborgenen lässt uns Altäre gründen. Verehrung finden heiße Quellen, und manchem See hat die schattige Lage oder die unergründliche Tiefe Weihe verliehen […].
Der innere Wächter Apuleius, Über den Gott des Sokrates 16 Daher sollt ihr alle, die ihr diese göttliche Lehre Platons in meiner Auslegung hört, eure Seelen in der Weise für alles Handeln und Denken formen, dass euch bewusst ist, dass der Mensch vor diesen Wächtern nichts geheimhalten kann, weder in seiner Seele noch außerhalb, ohne dass jener an allem aufmerksam Anteil nimmt, bei allem gegenwärtig ist, alles durchschaut, nach Art des Gewissens unmittelbar im Innersten der Seele weilt. Wenn dieser private Wächter, von dem ich spreche, dieser persönliche Vorgesetzte, dieser heimische Hüter, dieser eigene Vormund, dieser intimste Anwalt, dieser ständige Beobachter, dieser unentrinnbare Mitwisser, dieser unzertrennliche Zeuge, dieser Missbilliger des Bösen, dieser Billiger des Guten in gehöriger
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lator, qui tibi queat tum insomniis, tum signis, tum etiam fortasse coram, cum usus postulat, mala averruncare, bona prosperare, humiliaȱsublimare, nutantia fulcire, obscura clarare, secunda regere, adversa corrigere.
Vorwürfe gegen Philosophen aus dem Bereich der Religion Apuleius, De magia 27 (1) Verum haec ferme communi quodam errore imperitorum philosophis obiectantur, ut partim eorum, qui corporum causas meras et simplicis rimantur, irreligiosos putent eoque aiant deos abnuere, ut Anaxagoram et Leucippum et Democritum et Epicurum ceterosque rerum naturae patronos, (2) partim autem, qui providentiam mundi curiosius vestigant et impensius deos celebrant, eos vero vulgo magos nominent, quasi facere etiam sciant quae sciant fieri, ut olim fuere Epimenides et Orpheus et Pythagoras et Ostanes, (3) ac dein similiter suspectata Empedocli catharmoe, Socrati daemonion, Platonis τὸ ἀγαθόν. (4) gratulor igitur mihi, cum et ego tot ac tantis viris adnumeror.
Die Philosophie als Mutter der Häresie oder: Was hat Athen mit Jerusalem zu schaffen? Tertullian, De praescriptione haereticorum 7 (1) Hae sunt doctrinae hominum et daemoniorum prurientibus auribus natae de ingenio sapientiae saecularis quam Dominus stultitiam vocans stulta mundi in confusionem etiam philosophiae ipsius elegit. (2) Ea est enim materia sapientiae saecularis, temeraria interpres divinae naturae et dispositionis. (3) Ipsae denique haereses a philosophia subornantur. Inde aeones et formae nescio quae infinitae et trinitas hominis apud Valentinum: Platonicus fuerat. Inde Marcionis deus, melior de tranquillitate: a Stoicis venerat. (4) ... et ut carnis restitutio negetur, de una omnium philosophorum schola sumitur; et ubi materia cum Deo aequatur, Zenonis disciplina est ... (5) Eadem materia apud haereticos et philosophos volutatur, idem retractatus implicantur: unde male et quare? Et unde homo et quomodo? Et quod proxime Valentinus proposuit: unde deus? Scilicet de Enthymesi et ectromate. (6) Miserum Aristotelem! Qui illis dialecticam instituit, artificem struendi et destruendi, versipellem in sententiis, coac tam in coniecturis, duram in argumentis, operariam contentionum, molestam etiam sibi ipsam, omnia retractantem ne quid omino tractaverit. (7) Hinc illae fabulae et
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Weise beachtet, mit Eifer erkannt, fromm verehrt wird, so wie er von Sokrates in Gerechtigkeit und Uneigennützigkeit verehrt worden ist, dann ist er in Unsicherheiten ein weitblickender Fürsorger, in Ungewissheiten ein Warner, in Gefahren ein Beschützer, in Nöten ein Helfer, der dir bald durch Träume, bald durch Vorzeichen, bald vielleicht auch, wenn die Lage es erfordert, persönlich Übles abwenden, Gutes begünstigen, Niedriges erheben, Schwankendes stützen, Dunkles aufhellen, Günstiges lenken, Ungünstiges umlenken kann.
Vorwürfe gegen Philosophen aus dem Bereich der Religion Apuleius, Über die Magie 27 (1) Ungefähr diese Dinge aber werden aufgrund eines von den Ignoranten geteilten Missverständnisses den Philosophen vorgeworfen: den einen Teil von ihnen, die die reinen und einfachen Prinzipien der Körper durchforschen, halten sie für gottlos und behaupten daher, dass sie die Götter bestritten, wie Anaxagoras, Leukipp, Demokrit, Epikur, und die übrigen Verteidiger der Naturgesetze, (2) den anderen Teil aber, welche die Vorsehung über die Welt etwas neugieriger ergründen und die Götter mit größerem Aufwand feiern, die nun bezeichnen sie volkstümlich als Magier, als ob sie auch zu bewirken wüssten, wovon sie wissen, dass es geschieht, wie es einst Epimenides, Orpheus, Pythagoras und Ostanes waren, (3) und wie man wiederum in ähnlicher Weise verdächtigt hat die Läuterungen des Empedokles, das Daimonion des Sokrates und „das Gute“ Platons. (4) Ich beglückwünsche mich, dass auch ich so vielen bedeutenden Männern hinzugezählt werde.
Die Philosophie als Mutter der Häresie oder: Was hat Athen mit Jerusalem zu schaffen? Tertullian, Über die Prozesseinreden 7 (1) Das [sc. die Irrlehren] sind Menschen- und Dämonenfündlein, zum Ohrenkitzel [ersonnen und] der Erfindungsgabe der Weltweisheit entsprungen, die der Herr „Torheit“ nannte, er, der gerade, was töricht ist vor der Welt, erwählte, damit auch die Philosophie selbst zuschanden werde [vgl. 1 Kor 1,27]. (2) Ist sie doch die Grundlage der Weltweisheit [überhaupt], sie, die dreiste Deuterin der Natur Gottes und seiner Ratschlüsse. (3) Und gerade die Häresien sind es, die ihre Ausrüstung von der Philosophie empfangen. Von daher stammen die Äonen und Gott weiß was für nicht enden wollende Gestaltungen, auch die Einteilung in drei Menschengruppen bei Valentin1: er war [einst] Platoniker. Daher auch Markions Gott, (und zwar) der bes-
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Sc. in Pneumatiker, Psychiker, Sarkiker („geistig, seelisch und fleischlich Gesinnte“).
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genealogiae interminabiles ... a quibus nos apostolus refrenans ... contestatur ... (9) Quid ergo Athenis et Hierosolymis? Quid academiae et ecclesiae? Quid haereticis et christianis? (10) Nostra institutio de porticu Salomonis est qui et ipse tradiderat Dominum in simplicitate cordis esse quaerendum. (11) Viderint qui Stoicum et Platonicum et dialecticum christianismum protulerunt. (12) Nobis curiositate opus non est post Christum Iesum nec inquisitione post evangelium. (13) Cum credimus nihil desideramus ultra credere. Hoc enim prius credimus non esse quod ultra credere debeamus.
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sere2, weil er in Untätigkeit verharrte: Markion kam von den Stoikern her. (4) ... und dass die Wiederherstellung des Fleisches[-leibes] zu leugnen sei, hat man der einhelligen Lehre sämtlicher Philosophenschulen entlehnt; und wo der Materie mit Gott gleicher Rang zuerkannt wird, ist Zeno der Lehrmeister ... (5) Dieselben Gegenstände werden von Häretikern wie von Philosophen bis zum Überdruss traktiert, dieselben verzwickten Untersuchungen [gebetsmühlenartig] wiederholt: Woher das Böse stamme, und warum es [überhaupt da sei]? Woher der Mensch komme und wie er [beschaffen oder entstanden] sei? Und, was jüngst Valentinus aufs Tapet gebracht hat: Woher kommt Gott? [Seine Antwort:] natürlich aus der Enthymesis [dem diskursiven Denken] und dem Ektroma [der unzeitigen Geburt].3 (6) Du armer Aristoteles! Du hast sie die Dialektik gelehrt, die Kunst aufzubauen und zu zerstören, in allen Farben spielend in ihren Sätzen, erzwungen in ihren Mutmaßungen, unerbittlich in ihren Argumenten [Beweisen], geschäftig in [Wort-]Streitereien, eine Last sogar für sich selbst, [weil sie] alles stets von neuem aufgreift, um am Ende gar nichts [wirklich] behandelt zu haben. (7) Daher rühren jene Fabeln und endlosen Genealogien ..., vor denen wir uns, beschwört uns der Apostel, hüten müssen ... [Kol 2,8]. (9) Was also hat Athen mit Jerusalem zu schaffen? Was die Akademie mit der Kirche, was die Häretiker mit den Christen? (10) Unsere Lehre (institutio) stammt aus der ‚Säulenhalle‘ [griech.: Stoa!] Salomos, welcher selbst gelehrt hatte, dass der Herr in Herzenseinfalt zu suchen sei [vgl. Weish 1,1]. (11) Hüte man sich vor solchen, die ein stoisches, platonisches und dialektisches [= aristotelisches] Christentum vorgetragen haben! (12) Wir bedürfen, seit Christus Jesus, der Forscherneugierde nicht länger, noch des Untersuchens, seit wir das Evangelium besitzen. (13) So wir glauben, verlangen wir über den Glauben hinaus nichts mehr. Denn das ist unser oberster Glaubensartikel, dass da nichts sei, was wir über den Glauben hinaus noch zu glauben hätten.4
2 Markion wird von der Überlieferung nahezu ausnahmslos eine Zwei-Prinzipien-, mithin auch eine Zwei-Götter-Lehre zugeschrieben. Der gute Gott ist der, bis zur Verkündigung Jesu, der „Welt“ „unbekannte Gott“. 3 Hier „antwortet“ natürlich nicht Valentin, sondern – Tertullian, obwohl gewisse Anklänge an valentinianische Äonenlehre, bes. den Sophiamythos, nicht zu überhören sind. 4 Dazu scheint bestens der Tertullian zugeschriebene Satz zu passen: „Ich glaube, weil es widersinnig ist“ (Credo, quia absurdum). Vgl. dazu jedoch oben den Text S. 227.
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Natürliche Gotteserkenntnis der Seele Tertullian, Apologeticum 17 (4) Vultis ex operibus ipsius tot ac talibus, quibus continemur, quibus sustinemur, quibus oblectamur, etiam quibus exterremur, vultis ex animae ipsius testimonio comprobemus? (5) Quae licet carcere corporis pressa, licet institutionibus pravis circumscripta, licet libidinibus et concupiscentiis evigorata, licet falsis deis exancillata, cum tamen resipiscit, ut ex crapula, et ex somno, ut ex aliqua valitudine, et sanitatem suam patitur, Deum nominat hoc solo nomine, quia proprio Dei veri. „Deus magnus, Deus bonus“ et „quod Deus dederit“, omnium vox est. (6) Iudicem quoque contestatur illum: „Deus videt“ et „Deo commendo“ et „Deus mihi reddet“. O testimonium animae naturaliter Christianae! Denique pronuntians haec non ad Capitolium, sed ad caelum respicit. Novit enim sedem Dei vivi: ab illo et inde descendit.
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Natürliche Gotteserkenntnis der Seele Tertullian, Apologeticum 17 (4) Wollt ihr, dass ich euch ihn [sc. den einen Gott und Schöpfer des Alls] aus seinen eigenen vielen und großen Werken, durch die wir bewahrt, durch die wir erhalten, durch die wir ergötzt, aber auch erschreckt werden, wollt ihr, dass ich ihn euch aus dem Zeugnis der eigenen Seele beweise? (5) Diese mag zwar vom Kerker des Leibes beengt, von verkehrten Lehren bestrickt, von Lüsten und Begierden ermattet, von falschen Göttern geknechtet sein; kommt sie jedoch wieder zu sich – gleichsam wie aus einem Rausch, wie aus einem [bösen] Traum, wie aus einer Art Krankheit – und gewinnt ihren heilen Zustand zurück, so nennt sie ihn „Gott“, mit diesem einen Namen, weil es der eigentliche [Name] des wahren Gottes ist. „Gott ist groß, Gott ist gut“ und „was aus Gottes Hand kommen mag“ sind Wendungen, die ein jeder in den Mund nimmt. (6) Auch als Richter bezeugt sie ihn, [wenn sie sagt]: „Gott sieht es“ und „ich befehle es Gott“ und „Gott wird mir’s vergelten“. Welch Zeugnis der von Natur aus christlichen Seele! Dies aussprechend blickt sie am Ende nicht zum Kapitol, sondern zum Himmel empor. Sie weiß ja um den Sitz des lebendigen Gottes; von ihm und von dort her ist sie herabgestiegen.1
1 Vgl. dazu auch Tertullians Schrift „Über das Zeugnis der Seele“ (De testimonio animae), in der die Gedanken von Apol. 17 aufgenommen und „bewiesen“ werden.
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Griechische Literatur Im Forschen ein Gast der Götter Ptolemaios, Epigramm (Anthologia Palatina 9,577) Οἶδ᾿, ὅτι θνατὸς ἐγὼ καὶ ἐφάμερος· ἀλλ᾿ ὅταν ἄστρων μαστεύω πυκινὰς ἀμφιδρόμους ἕλικας, οὐκέτ᾿ ἐπιψαύω γαίης ποσίν, ἀλλὰ παρ᾿ αὐτῷ Ζανὶ θεοτρεφέος πίμπλαμαι ἀμβροσίης.
Vom Verhältnis Gottes zur Welt Ps.-Aristoteles, De mundo 397b9–398a23 Λοιπὸν δὴ περὶ τῆς τῶν ὅλων συνεκτικῆς αἰτίας κεφαλαιωδῶς εἰπεῖν, ὃν τρόπον καὶ περὶ τῶν ἄλλων· πλημμελὲς γὰρ περὶ κόσμου λέγοντας, εἰ καὶ μὴ δι᾿ ἀκριβείας, ἀλλ᾿ οὖν γε ὡς εἰς τυπώδη μάθησιν, τὸ τοῦ κόσμου κυριώτατον παραλιπεῖν. ἀρχαῖος μὲν οὖν τις λόγος καὶ πάτριός ἐστι πᾶσιν ἀνθρώποις ὡς ἐκ θεοῦ πάντα καὶ διὰ θεὸν συνέστηκεν, οὐδεμία δὲ φύσις αὐτὴ ἑαυτήν ἐστιν αὐτάρκης, ἐρημωθεῖσα τῆς ἐκ τούτου σωτηρίας. διὸ καὶ τῶν παλαιῶν εἰπεῖν τινες προήχθησαν ὅτι πάντα ταῦτά ἐστι θεῶν πλέα τὰ καὶ δι᾿ ὀφθαλμῶν ἰνδαλλόμενα ἡμῖν καὶ δι᾿ ἀκοῆς καὶ πάσης αἰσθήσεως, τῇ μὲν θείᾳ δυνάμει πρέποντα καταβαλλόμενοι λόγον, οὐ μὴν τῇ γε οὐσίᾳ. σωτὴρ μὲν γὰρ ὄντως ἁπάντων ἐστὶ καὶ γενέτωρ τῶν ὁπωσδήποτε κατὰ τόνδε τὸν κόσμον συντελουμένων ὁ θεός, οὐ μὴν αὐτουργοῦ καὶ ἐπιπόνου ζῴου κάματον ὑπομένων, ἀλλὰ δυνάμει χρώμενος ἀτρύτῳ, δι᾿ ἧς καὶ τῶν πόρρω δοκούντων εἶναι περιγίνεται. τὴν μὲν οὖν ἀνωτάτω καὶ πρώτην ἕδραν αὐτὸς ἔλαχεν, «ὕπατός» τε διὰ τοῦτο ὠνόμασται, κατὰ τὸν ποιητὴν «ἀκροτάτῃ κορυφῇ» τοῦ σύμπαντος ἐγκαθιδρυμένος οὐρανοῦ· μάλιστα δέ πως αὐτοῦ τῆς δυνάμεως ἀπολαύει τὸ πλησίον αὐτοῦ σῶμα, καὶ ἔπειτα τὸ μετ᾿ ἐκεῖνο, καὶ ἐφεξῆς οὕτως ἄχρι τῶν καθ᾿ ἡμᾶς τόπων. διὸ γῆ τε καὶ τὰ ἐπὶ γῆς ἔοικεν, ἐν ἀποστάσει πλείστῃ τῆς ἐκ θεοῦ ὄντα ὠφελείας, ἀσθενῆ καὶ ἀκατάλληλα εἶναι καὶ πολλῆς μεστὰ ταραχῆς· οὐ μὴν ἀλλὰ καθ᾿ ὅσον ἐπὶ πᾶν διικνεῖσθαι πέφυκε τὸ θεῖον, καὶ τὰ καθ᾿ ἡμᾶς ὁμοίως συμβαίνει τά τε ὑπὲρ ἡμᾶς, κατὰ τὸ ἔγγιόν τε καὶ πορρωτέρω θεοῦ εἶναι μᾶλλόν τε καὶ ἧττον ὠφελείας μεταλαμβάνοντα. κρεῖττον οὖν ὑπολαβεῖν, ὃ καὶ πρέπον ἐστὶ καὶ θεῷ μάλιστα ἁρμόζον, ὡς ἡ ἐν οὐρανῷ δύναμις ἱδρυμένη καὶ τοῖς πλεῖστον ἀφεστηκόσιν, ὡς ἑνί γε εἰπεῖν καὶ σύμπασιν αἴτιος γίνεται σωτηρίας, μᾶλλον ἢ ὡς διήκουσα καὶ φοιτῶσα ἔνθα μὴ καλὸν μηδὲ εὔσχημον αὐτουργεῖ[ν] τὰ ἐπὶ γῆς. τοῦτο μὲν γὰρ οὐδὲ ἀνθρώπων ἡγεμόσιν ἁρμόττει, παντὶ καὶ τῷ τυχόντι ἐφίστασθαι ἔργῳ, λέγω δὲ οἷον στρατιᾶς ἄρχοντι ἢ πόλεως ἢ οἴκου, [καὶ] εἰ χρεὼν στρωματόδεσμον εἴη δῆσαι καὶ εἴ τι φαυλότερον ἀποτελεῖν ἔργον, ὃ κἂν τὸ τυχὸν ἀνδράποδον ποιήσειεν, ἀλλ᾿ οἷον ἐπὶ τοῦ μεγάλου βασιλέως ἱστορεῖται. τὸ Καμβύσου Ξέρξου τε καὶ Δαρείου πρόσχημα εἰς σεμνότητος καὶ ὑπεροχῆς ὕψος μεγαλοπρεπῶς διεκεκόσμητο· αὐτὸς μὲν γάρ, ὡς λόγος, ἵδρυτο ἐν Σούσοις ἢ Ἐκβατάνοις, παντὶ ἀόρατος, θαυμαστὸν ἐπέχων βασίλειον οἶκον καὶ περίβολον χρυσῷ καὶ ἠλέκτρῳ καὶ ἐλέφαντι ἀστράπτοντα· πυλῶνες δὲ πολλοὶ
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Griechische Literatur Im Forschen ein Gast der Götter Ptolemaios, Epigramm (Anthologia Palatina 9,577) Ja, ich bin sterblich, ein Eintagswesen. Doch wenn ich der Sterne Bahnen erforsche, die rings vielfält’ge Kreise durchziehn – dann rühr’ ich nicht mehr die Erde mit Füßen, dann speise ich droben bei Zeus selber als Gast göttlich-ambrosische Kost.
Vom Verhältnis Gottes zur Welt Ps.-Aristoteles, Über die Welt 397b9–398a23 Es bleibt nun noch die Aufgabe, über die das All zusammenhaltende Ursache zu sprechen, in großen Umrissen, wie über die bisherigen Themen; es wäre ja verkehrt, vom Weltall zu reden – wenn schon nicht im einzelnen, so doch als Belehrung über die Grundzüge – und dabei das Wichtigste des Weltalls beiseite zu lassen. Nun gibt es bei allen Menschen ein uraltes, aus Väterzeiten stammendes Wort, dass alles von Gott her und durch Gott besteht und dass kein Wesen für sich allein, sich selbst genügend, existieren kann, wenn es der erhaltenden Kraft beraubt ist, die von der Gottheit ausgeht. Darum fühlten sich auch einige der Alten bewogen zu lehren, dass all dies voll von Göttern sei, was uns sichtbar vor Augen steht, wie auch das, was wir durchs Gehör und jeglichen Sinn wahrnehmen. Aber was sie so als These aufstellten, entspricht zwar der göttlichen Kraft, nicht aber dem göttlichen Wesen. Denn es ist zwar wirklich Gott der Erhalter von allem und der Erzeuger all dessen, was, wie auch immer, in diesem unserem Kosmos zur Vollendung gebracht wird; jedoch ist es nicht so, dass er die Mühsal eines selber werkenden, geplagten Wesens auf sich nehmen muß, vielmehr kann er sich einer unermüdlichen Kraft bedienen, mit der er auch, was ferne von ihm zu sein scheint, beherrscht. Der oberste und der erste Platz ist ihm zuteil geworden und er heißt deswegen der Höchste, nach dem Dichterwort „auf dem ragendsten Gipfel“ des gesamten Himmels thronend. Am meisten lebt wohl das ihm benachbarte Element von seiner Kraft, dann das anschließende, und so immer weiter bis zu unserer Region. Deshalb scheinen die Erde und die Dinge auf ihr, weil ihr Abstand von der erhaltenden Kraft Gottes so sehr groß ist, kraftlos zu sein und nicht zu einander stimmend und voll von vieler Wirrnis. Nichtsdestoweniger, insofern es in der Natur des Göttlichen liegt, zu allem hindurchzudringen, wirkt es auch bei uns gleichermaßen wie in der Region über uns, die je nach ihrer Nähe oder Entfernung von Gott mehr oder weniger seine Hilfe erfährt. Besser also ist’s, anzunehmen – wie es sich auch geziemt und am meisten zu Gott passt –, dass die Kraft, die im Himmel ihren Sitz hat, auch für die am fernsten von ihr wohnenden Wesen, man darf sagen, für alle Wesen Erhaltung schafft, besser jedenfalls, als zu glauben, dass sie, dorthin kommend und dort verkehrend, wo es für sie weder schön noch geziemend ist, selber die Dinge auf Erden besorgt. Das steht ja auch den
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καὶ συνεχεῖς πρόθυρά τε συχνοῖς εἰργόμενα σταδίοις ἀπ᾿ ἀλλήλων θύραις τε χαλκαῖς καὶ τείχεσι μεγάλοις ὠχύρωτο· ἔξω δὲ τούτων ἄνδρες οἱ πρῶτοι καὶ δοκιμώτατοι διεκεκόσμηντο, οἱ μὲν ἀμφ᾿ αὐτὸν τὸν βασιλέα δορυφόροι τε καὶ θεράποντες, οἱ δὲ ἑκάστου περιβόλου φύλακες, πυλωροί τε καὶ ὠτακουσταὶ λεγόμενοι, ὡς ἂν ὁ βασιλεὺς αὐτός, δεσπότης καὶ θεὸς ὀνομαζόμενος, πάντα μὲν βλέποι, πάντα δὲ ἀκούοι.
Gott regiert mit leichter Hand Ps.-Aristoteles, De Mundo 398b1–16 Νομιστέον δὴ τὴν τοῦ μεγάλου βασιλέως ὑπεροχὴν πρὸς τὴν τοῦ τὸν κόσμον ἐπέχοντος θεοῦ τοσοῦτον καταδεεστέραν ὅσον τῆς ἐκείνου τὴν τοῦ φαυλοτάτου τε καὶ ἀσθενεστάτου ζῴου, ὥστε, εἴπερ ἄσεμνον ἦν αὐτὸν αὑτῷ δοκεῖν Ξέρξην αὐτουργεῖν ἅπαντα καὶ ἐπιτελεῖν ἃ βούλοιτο καὶ ἐφιστάμενον διοικεῖν, πολὺ μᾶλλον ἀπρεπὲς ἂν εἴη θεῷ. σεμνότερον δὲ καὶ πρεπωδέστερον αὐτὸν μὲν ἐπὶ τῆς ἀνωτάτω χώρας ἱδρῦσθαι, τὴν δὲ δύναμιν διὰ τοῦ σύμπαντος κόσμου διήκουσαν ἥλιόν τε κινεῖν καὶ σελήνην καὶ τὸν πάντα οὐρανὸν περιάγειν αἴτιόν τε γίνεσθαι τοῖς ἐπὶ τῆς γῆς σωτηρίας. οὐδὲν γὰρ ἐπιτεχνήσεως δεῖ καὶ ὑπηρεσίας τῆς παρ᾿ ἑτέρων, ὥσπερ τοῖς παρ᾿ ἡμῖν ἄρχουσι τῆς πολυχειρίας διὰ τὴν ἀσθένειαν, ἀλλὰ τοῦτο ἦν τὸ θειότατον, τὸ μετὰ ῥᾳστώνης καὶ ἁπλῆς κινήσεως παντοδαπὰς ἀποτελεῖν ἰδέας, ὥσπερ ἀμέλει δρῶσιν οἱ μηχανοτέχναι, διὰ μιᾶς ὀργάνου σχαστηρίας πολλὰς καὶ ποικίλας ἐνεργείας ἀποτελοῦντες.
Gott als Schlussstein des Himmelsgewölbes Ps.-Aristoteles, De mundo 399b29–400a7 Ἔοικε δὲ ὄντως, εἰ καὶ μικρότερον [παραβαλεῖν τὸν κόσμον], τοῖς ὀμφαλοῖς λεγομένοις τοῖς ἐν ταῖς ψαλίσιν [λίθοις], οἳ μέσοι κείμενοι κατὰ τὴν εἰς ἑκάτερον μέρος ἔνδεσιν ἐν ἁρμονίᾳ τηροῦσι καὶ ἐν τάξει τὸ πᾶν σχῆμα τῆς ψαλίδος καὶ ἀκίνητον. φασὶ δὲ καὶ τὸν ἀγαλματοποιὸν Φειδίαν κατασκευάζοντα τὴν ἐν ἀκροπόλει Ἀθηνᾶν
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Herrschern über Menschen nicht an – z.B. einem Heerführer oder dem Oberhaupt einer Stadt oder eines Hauswesens –, dass sie jeder beliebigen Verrichtung persönlich vorstehen, wenn es etwa gilt, Bettzeug zu verpacken und einen womöglich noch geringeren Dienst zu verrichten, den auch der erstbeste Sklave tun könnte. Vielmehr (muss man sich Gottes Walten nach dem vorstellen), was vom Großkönig berichtet wird. Denn des Kambyses, des Xerxes und Darius Hofhaltung war einer feierlichen und überragenden Erhabenheit zuliebe prächtig ausgeschmückt; er selbst, so lautet die Kunde, thronte zu Susa oder Ekbatana, für jedermann unsichtbar, in einem wunderbaren, von Gold, Elektron und Elfenbein strahlenden Königsschloss und Palastbezirk: viele aufeinanderfolgende Torwege und Vorhallen, die eine Entfernung von vielen Stadien trennte, waren durch eherne Türen und mächtige Mauern gesichert. Außerhalb aber standen geschmückt bereit die ersten und angesehensten Männer, teils für den Dienst um den König selbst bestimmt, als Leibgarde und Gefolge, teils als Wächter der einzelnen Höfe sogenannte Türhüter und Horcher, damit der König selbst, den man als Herrn und Gott anredete, alles sehe, alles höre.
Gott regiert mit leichter Hand Ps.-Aristoteles, Über die Welt 398b1–16 Man muss es sich dabei so vorstellen, dass der Rang des Großkönigs dem der weltdurchwaltenden Gottheit um so viel nachsteht, wie dem seinigen der Rang des geringsten und schwächsten Lebewesens. Folglich, wenn es ein unwürdiger Gedanke war, dass Xerxes alles selber in die Hand genommen, selber seinen Willen verwirklicht und an jedem Ort selbst die Aufsicht und Leitung gehabt habe, ist das doch wohl für Gott noch viel unangemessener. Würdiger und geziemender ist die Vorstellung, dass er selbst zwar an höchster Stelle thront, dass seine Kraft aber, die durch den ganzen Kosmos dringt, Sonne und Mond bewegt, den ganzen Himmel herumführt und für alles auf Erden Ursache der Erhaltung wird. Denn es bedarf bei ihm keiner künstlichen Zurüstung und Dienstleistung von seiten anderer, so wie es bei unseren Herrschern der Fall ist, die wegen ihrer Schwäche einer Menge von Händen bedürfen: vielmehr ist dies an ihm das Göttlichste, dass er mit Leichtigkeit und mit einer einfachen Bewegung die verschiedensten Arten von Arbeit verrichten kann, so wie die Ingenieure durch einen einzigen Seilzug an einer Maschine vielfältige Kraftwirkungen auslösen.
Gott als Schlussstein des Himmelsgewölbes Ps.-Aristoteles, Über die Welt 399b29–400a7 Er ähnelt wirklich – mag es auch ein Vergleich mit Geringfügigem sein – den sogenannten Schlusssteinen in Gewölbebögen, die durch ihre Mittellage und dank ihrer Verbindung nach beiden Seiten hin das ganze Gebilde des Bogens in seiner Fügung halten, in Ordnung und Unerschütterlichkeit. Vom Bildhauer Phidias erzählt man, er
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ἐν μέσῃ τῇ ταύτης ἀσπίδι τὸ ἑαυτοῦ πρόσωπον ἐντυπώσασθαι, καὶ συνδῆσαι τῷ ἀγάλματι διά τινος ἀφανοῦς δημιουργίας, ὥστε ἐξ ἀνάγκης, εἴ τις βούλοιτο αὐτὸ περιαιρεῖν, τὸ σύμπαν ἄγαλμα λύειν τε καὶ συγχεῖν. τοῦτον οὖν ἔχει τὸν λόγον ὁ θεὸς ἐν κόσμῳ, συνέχων τὴν τῶν ὅλων ἁρμονίαν τε καὶ σωτηρίαν, πλὴν οὔτε μέσος ὤν, ἔνθα ἡ γῆ τε καὶ ὁ θολερὸς τόπος οὗτος, ἀλλ᾿ ἄνω καθαρὸς ἐν καθαρῷ χώρῳ βεβηκώς, ὃν ἐτύμως καλοῦμεν οὐρανὸν μὲν ἀπὸ τοῦ ὅρον εἶναι τὸν ἄνω […].
Gott lenkt die Welt ohne Mühe Ps.-Aristoteles, De mundo 400b6–15 Καθόλου δὲ ὅπερ ἐν νηῒ μὲν κυβερνήτης, ἐν ἅρματι δὲ ἡνίοχος, ἐν χορῷ δὲ κορυφαῖος, ἐν πόλει δὲ νόμος, ἐν στρατοπέδῳ δὲ ἡγεμών, τοῦτο θεὸς ἐν κόσμῳ, πλὴν καθ᾿ ὅσον τοῖς μὲν καματηρὸν τὸ ἄρχειν πολυκίνητόν τε καὶ πολυμέριμνον, τῷ δὲ ἄλυπον ἄπονόν τε καὶ πάσης κεχωρισμένον σωματικῆς ἀσθενείας· ἐν ἀκινήτῳ γὰρ ἱδρυμένος δυνάμει πάντα κινεῖ καὶ περιάγει, ὅπου βούλεται καὶ ὅπως, ἐν διαφόροις ἰδέαις τε καὶ φύσεσιν, ὥσπερ ἀμέλει καὶ ὁ τῆς πόλεως νόμος ἀκίνητος ὢν ἐν ταῖς τῶν χρωμένων ψυχαῖς πάντα οἰκονομεῖ τὰ κατὰ τὴν πολιτείαν.
Der eine Gott mit vielen Namen Ps.-Aristoteles, De mundo 401a12–16 Εἷς δὲ ὢν πολυώνυμός ἐστι, κατονομαζόμενος τοῖς πάθεσι πᾶσιν ἅπερ αὐτὸς νεοχμοῖ. καλοῦμεν γὰρ αὐτὸν καὶ Ζῆνα καὶ Δία, παραλλήλως χρώμενοι τοῖς ὀνόμασιν, ὡς κἂν εἰ λέγοιμεν δι᾿ ὃν ζῶμεν. Κρόνου δὲ παῖς καὶ χρόνου λέγεται, διήκων ἐξ αἰῶνος ἀτέρμονος εἰς ἕτερον αἰῶνα.
Die Weisheit – aus Gott hervorgegangen Sapientia Salomonis 7 (14) ἀνεκλιπὴς γὰρ θησαυρός ἐστιν ἀνθρώποις, ὃν οἱ κτησάμενοι πρὸς θεὸν ἐστείλαντο φιλίαν διὰ τὰς ἐκ παιδείας δωρεὰς συσταθέντες. (15) Ἐμοὶ δὲ δῴη ὁ θεὸς εἰπεῖν κατὰ γνώμην καὶ ἐνθυμηθῆναι ἀξίως τῶν δεδομένων, ὅτι αὐτὸς καὶ τῆς σοφίας ὁδηγός ἐστιν καὶ τῶν σοφῶν διορθωτής. (16) ἐν γὰρ χειρὶ αὐτοῦ καὶ ἡμεῖς καὶ οἱλόγοι ἡμῶν πᾶσά τε φρόνησις καὶ ἐργατειῶν ἐπιστήμη. (17) αὐτὸς γάρ μοι ἔδωκεν τῶν ὄντων γνῶσιν ἀψευδῆ εἰδέναι σύστασιν κόσμου καὶ ἐνέργειαν στοιχείων, (18) ἀρχὴν
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habe bei der Arbeit an der Athenastatue auf der Akropolis – in der Mitte ihres Schildes – sein eigenes Porträt angebracht und es mit dem Götterbild durch eine geheime Vorrichtung verbunden, so dass der, der es hätte beseitigen wollen, notwendigerweise das ganze Standbild zum völligen Einsturz gebracht hätte. Dies entspricht dem Verhältnis Gottes zur Welt: er sichert die Harmonie und die Dauer des Ganzen. Nur nimmt er nicht die Mitte ein, wo die Erde und diese unsere finstertrübe Stätte ist, sondern wohnt droben, rein an reinem Ort, den wir dem Wortsinn gemäß ‚Himmel‘ (uranos) nennen, weil er die obere ‚Grenze‘ (horos) bildet, […].
Gott lenkt die Welt ohne Mühe Ps.-Aristoteles, Über die Welt 400b6–15 Zusammenfassend also: was auf dem Schiff der Steuermann, auf dem Wagen der Lenker, im Chor der Chorführer, im Staat der Gesetzgeber, im Lager der Heerführer, das ist Gott in der Welt, nur mit dem Unterschied, dass für jene das Führungsamt eine Mühsal ist und viele Bewegung und Sorgen fordert, für ihn aber etwas Leid- und Müheloses, etwas, was bar ist aller körperlichen Schwäche. Denn an unbeweglicher Stätte thronend, bewegt er alles durch seine Kraft und führt es im Kreise, wo und wie er will, in verschiedenen Arten und Wesenheiten, wie ja auch das Staatsgesetz, in den Seelen derer, die sich seiner bedienen, unbeweglich ruhend, das ganze öffentliche Leben steuert.
Der eine Gott mit vielen Namen Ps.-Aristoteles, Über die Welt 401a12–16 EINER ist er, und trägt doch viele Namen, da er benannt wird nach all dem Geschehen, das er selbst immerfort erneut. Denn wir nennen ihn „Zeus“ und ,Zen‘ (=leben), wobei wir die Namen nebeneinander gebrauchen, als wollten wir sagen: „der, durch den wir leben.“ 1 Des Kronos Sohn, d.h. des Chronos (Zeit) heißt er, da er sich hindurcherstreckt von einer grenzenlosen Ewigkeit zur anderen.
Die Weisheit – aus Gott hervorgegangen Weisheit Salomos 7 (14) Ein unerschöpflicher Schatz ist die Weisheit für die Menschen: die ihn erwarben, sind zur Freundschaft mit Gott gelangt, durch die Geschenke, die aus der Bildung erwachsen, empfohlen. (15) Mir aber gebe Gott, richtig auszudrücken, was ich sagen 1 Der Name Zeus wird im Griechischen in zwei Formen des Akkusativs genannt, Zêna und Día. Sie klingen an die griechische Wörter „belebt“ und „durch“ an.
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καὶ τέλος καὶ μεσότητα χρόνων, τροπῶν ἀλλαγὰς καὶ μεταβολὰς καιρῶν, (19) ἐνιαυτοῦ κύκλους καὶ ἄστρων θέσεις, (20) φύσεις ζῴων καὶ θυμοὺς θηρίων, πνευμάτων βίας καὶ διαλογισμοὺς ἀνθρώπων, διαφορὰς φυτῶν καὶ δυνάμεις ῥιζῶν, (21) ὅσα τέ ἐστιν κρυπτὰ καὶ ἐμφανῆ ἔγνων· ἡ γὰρ πάντων τεχνῖτις ἐδίδαξέν με σοφία. (22) Ἔστιν γὰρ ἐν αὐτῇ πνεῦμα νοερόν, ἅγιον, μονογενές, πολυμερές, λεπτόν, εὐκίνητον, τρανόν, ἀμόλυντον, σαφές, ἀπήμαντον, φιλάγαθον, ὀξύ, (23) ἀκώλυτον, εὐεργετικόν, φιλάνθρωπον, βέβαιον, ἀσφαλές, ἀμέριμνον, παντοδύναμον, πανεπίσκοπον καὶ διὰ πάντων χωροῦν πνευμάτων νοερῶν καθαρῶν λεπτοτάτων. (24) πάσης γὰρ κινήσεως κινητικώτερον σοφία, διήκει δὲ καὶ χωρεῖ διὰ πάντων διὰ τὴν καθαρότητα· (25) ἀτμὶς γάρ ἐστιν τῆς τοῦ θεοῦ δυνάμεως καὶ ἀπόρροια τῆς τοῦ παντοκράτορος δόξης εἰλικρινής· διὰ τοῦτο οὐδὲν μεμιαμμένον εἰς αὐτὴν παρεμπίπτει. (26) ἀπαύγασμα γάρ ἐστιν φωτὸς ἀιδίου καὶ ἔσοπτρον ἀκηλίδωτον τῆς τοῦ θεοῦ ἐνεργείας καὶ εἰκὼν τῆς ἀγαθότητος αὐτοῦ. (27) μία δὲ οὖσα πάντα δύναται καὶ μένουσα ἐν αὑτῇ τὰ πάντα καινίζει καὶ κατὰ γενεὰς εἰς ψυχὰς ὁσίας μεταβαίνουσα φίλους θεοῦ καὶ προφήτας κατασκευάζει· (28) οὐθὲν γὰρ ἀγαπᾷ ὁ θεὸς εἰ μὴ τὸν σοφίᾳ συνοικοῦντα. (29) ἔστιν γὰρ αὕτη εὐπρεπεστέρα ἡλίου καὶ ὑπὲρ πᾶσαν ἄστρων θέσιν. φωτὶ συγκρινομένη εὑρίσκεται προτέρα· (30) τοῦτο μὲν γὰρ διαδέχεται νύξ, σοφίας δὲ οὐ κατισχύει κακία.
Der Märtyrer als Philosoph 4. Makkabäerbuch 1 (1) Φιλοσοφώτατον λόγον ἐπιδείκνυσθαι μέλλων, εἰ αὐτοδέσποτός ἐστιν τῶν παθῶν ὁ εὐσεβὴς λογισμός, συμβουλεύσαιμ᾿ ἂν ὑμῖν ὀρθῶς ὅπως προσέχητε προθύμως τῇ φιλοσοφίᾳ. (2) καὶ γὰρ ἀναγκαῖος εἰς ἐπιστήμην παντὶ ὁ λόγος καὶ ἄλλως τῆς μεγίστης ἀρετῆς, λέγω δὴ φρονήσεως, περιέχει ἔπαινον. (3) εἰ ἄρα τῶν σωφροσύνης κωλυτικῶν παθῶν ὁ λογισμὸς φαίνεται ἐπικρατεῖν, γαστριμαργίας τε καὶ ἐπιθυμίας, (4) ἀλλὰ καὶ τῶν τῆς δικαιοσύνης ἐμποδιστικῶν παθῶν κυριεύειν ἀναφαίνεται, οἷον κακοηθείας, καὶ τῶν τῆς ἀνδρείας ἐμποδιστικῶν παθῶν, θυμοῦ τε καὶ φόβου καὶ πόνου – (5) πῶς οὖν, ἴσως εἴποιεν ἄν τινες, εἰ τῶν παθῶν ὁ λογισμὸς κρατεῖ, λήθης καὶ ἀγνοίας οὐ δεσπόζει; γελοῖον ἐπιχειροῦντες λέγειν. (6) οὐ γὰρ τῶν αὑτοῦ παθῶν ὁ λογισμὸς κρατεῖ, ἀλλὰ τῶν τῆς δικαιοσύνης καὶ ἀνδρείας καὶ σωφροσύνης ἐναντίων, καὶ τούτων οὐχ ὥστε αὐτὰ καταλῦσαι, ἀλλ᾿ ὥστε αὐτοῖς μὴ εἶξαι. (7) πολλαχόθεν μὲν οὖν καὶ ἀλλαχόθεν ἔχοιμ᾿ ἂν ὑμῖν ἐπιδεῖξαι ὅτι αὐτοκράτωρ ἐστὶν τῶν παθῶν ὁ λογισμός, (8) πολὺ δὲ πλέον τοῦτο ἀποδείξαιμι ἀπὸ τῆς ἀνδραγαθίας
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will, und es gedanklich zu durchdringen entsprechend den empfangenen Gaben. Denn er ist sowohl der Weisheit Geleiter als auch der Weisen Richtungsgeber. (16) In seiner Hand nämlich sind sowohl wir als auch unsere Worte und alle Klugheit und handwerkliches Können. (17) Er nämlich gab mir untrügliche Kenntnis von allem Seienden, zu verstehen den Aufbau der Welt und die Wirkkraft der Elemente, (18) Anfang und Ende und Mitte der Zeiten, die Wechsel der Sonnenwenden und die Veränderungen der (Kalender)zeiten, (19) die Kreisläufe des Jahres und die Konstellationen der Sterne, (20) die Natur der Tiere und das Verhalten des Wildes, die Einflüsse von Geistern und die Gedanken der Menschen, die Unterschiede der Pflanzen und die Kräfte von Wurzeln. (21) Was auch immer verborgen ist und was offenbar, erkannte ich, (22) die Werkmeisterin von allem nämlich hat es mich gelehrt, die Weisheit. In ihr ist nämlich ein Geist: vernunftvoll, heilig, einzig, vielteilig, fein, leichtbeweglich, durchdringend, unbefleckt, klar, keinen Schmerz zufügend, das Gute liebend, schnellbereit, (23) unbehinderbar, wohltätig, menschenfreundlich, verlässlich, sicher, sorgenfrei, allmächtig, alles überschauend und durch alle Geister dringend, (die) vernunftvollen, reinen, leichtesten. (24) Beweglicher nämlich als alle Bewegung ist die Weisheit, sie geht aber hindurch und durchdringt alles aufgrund ihrer Reinheit. (25) Ein Dunsthauch nämlich ist sie der Macht Gottes und ein klarer Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers; deshalb dringt nichts Unreines in sie ein. (26) Widerschein nämlich ist sie ewigen Lichts und ein fleckenloser Spiegel der Wirkkraft Gottes und Bild seiner Gutheit. (27) Eine seiend vermag sie alles und bei sich bleibend erneuert sie alles. Und von Generation zu Generation geht sie in heilige Seelen ein und bereitet Freunde Gottes und Propheten. (28) Nichts nämlich liebt Gott außer dem, der mit der Weisheit zusammenlebt. (29) Sie ist nämlich schöner als die Sonne und über(trifft) jedes Sternbild. Mit dem (Tages)licht verglichen, wird sie als strahlender befunden. (30) Diesem nämlich folgt die Nacht nach, die Bosheit aber obsiegt nicht über die Weisheit.
Der Märtyrer als Philosoph 4. Makkabäerbuch 1 (1) Ein zentrales philosophisches Lehrstück vorzutragen schicke ich mich an. Es geht um die Frage, ob die gottesfürchtige Urteilskraft souveräne Herrscherin ist über die Leidenschaften. Dazu erlaube ich mir, euch den guten Rat zu geben, eure Aufmerksamkeit doch entschlossen der folgenden philosophischen Erörterung zuzuwenden. (2) Ist doch das Thema für jeden, der nach Wissen strebt, unentbehrlich, und es enthält darüber hinaus ein Loblied auf die größte Tugend – ich spreche selbstverständlich von der Klugheit. (3) Wenn sich füglich von der Urteilskraft herausstellt, daß sie die Leidenschaften bezwingt, die der Besonnenheit hinderlich im Wege stehen, wie Völlerei und Begierde, (4) aber dazu auch augenscheinlich jene Leidenschaften meistert, welche für die Gerechtigkeit ein Hemmschuh sind – man nehme als Beispiel die Bosheit –, ebenso die Leidenschaften, welche die Tapferkeit nicht zur Entfaltung kommen lassen, als da sind Wut und Angst und Schmerz – (5) wie denn, mögen vielleicht einige sagen, wenn die Urteilskraft die Leidenschaften überwindet, wieso
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τῶν ὑπὲρ ἀρετῆς ἀποθανόντων, Ελεαζαρου τε καὶ τῶν ἑπτὰ ἀδελφῶν καὶ τῆς τούτων μητρός. (9) ἅπαντες γὰρ οὗτοι τοὺς ἕως θανάτου πόνους ὑπεριδόντες ἐπεδείξαντο ὅτι περικρατεῖ τῶν παθῶν ὁ λογισμός. (10) τῶν μὲν οὖν ἀρετῶν ἔπεστί μοι ἐπαινεῖν τοὺς κατὰ τοῦτον τὸν καιρὸν ὑπὲρ τῆς καλοκἀγαθίας ἀποθανόντας μετὰ τῆς μητρὸς ἄνδρας, τῶν δὲ τιμῶν μακαρίσαιμ᾿ ἄν. (11) θαυμασθέντες γὰρ οὐ μόνον ὑπὸ πάντων ἀνθρώπων ἐπὶ τῇ ἀνδρείᾳ καὶ ὑπομονῇ, ἀλλὰ καὶ ὑπὸ τῶν αἰκισαμένων, αἴτιοι κατέστησαν τοῦ καταλυθῆναι τὴν κατὰ τοῦ ἔθνους τυραννίδα νικήσαντες τὸν τύραννον τῇ ὑπομονῇ ὥστε καθαρισθῆναι δι᾿ αὐτῶν τὴν πατρίδα.
Sinnlicher Ausdruck für Wesensaussagen: eine Hermeneutik der Mose-Bücher Aristobulos, Frg. 4 (Eus. PE 13,12,8) πᾶσι γὰρ τοῖς φιλοσόφοις ὁμολογεῖται διότι δεῖ περὶ θεοῦ διαλήψεις ὁσίας ἔχειν, ὃ μάλιστα παρακελεύεται καλῶς ἡ καθ᾿ ἡμᾶς αἵρεσις. ἡ δὲ τοῦ νόμου κατασκευὴ πᾶσα τοῦ καθ᾿ ἡμᾶς περὶ εὐσεβείας τέτακται καὶ δικαιοσύνης καὶ ἐγκρατείας καὶ τῶν λοιπῶν ἀγαθῶν τῶν κατὰ ἀλήθειαν.
Aristobulos, Frg. 2 (Eus. PE 8,9,38–10,17) (8,9,38) ὁ δὲ Ἀριστόβουλος καὶ τῆς κατ᾿ Ἀριστοτέλην φιλοσοφίας πρὸς τῇ πατρίῳ μετειληχώς, ὁποῖα περὶ τῶν ἐν ταῖς ἱεραῖς βίβλοις φερομένων ὡς περὶ θεοῦ μελῶν διῆλθεν ἐπακοῦσαι καιρός· οὗτος δ᾿ (αὐτὸς ἐκεῖνος, οὗ καὶ ἡ δευτέρα τῶν Μακκαβαίων ἐν ἀρχῇ τῆς βίβλου μνημονεύει) ἐν τῷ πρὸς Πτολεμαῖον τὸν βασιλέα συγγράμματι τοῦτον καὶ αὐτὸς διασαφεῖ τὸν τρόπον· (8,10,1) “Πλὴν ἱκανῶς εἰρημένων πρὸς τὰ προκείμενα ζητήματα ἐπεφώνησας καὶ σύ, βασιλεῦ, διότι σημαίνεται διὰ τοῦ νόμου τοῦ παρ᾿ ἡμῖν καὶ χεῖρες καὶ βραχίων καὶ πρόσωπον καὶ πόδες καὶ περίπατος ἐπὶ τῆς θείας δυνάμεως· ἃ τεύξεται λόγου καθήκοντος καὶ οὐκ ἀντιδοξήσει τοῖς προειρημένοις ὑφ᾿ ἡμῶν οὐδέν. (8,10,2) παρακαλέσαι δέ σε βούλομαι πρὸς τὸ φυσικῶς λαμβάνειν τὰς ἐκδοχὰς καὶ τὴν ἁρμόζουσαν ἔννοιαν περὶ θεοῦ κρατεῖν, καὶ μὴ ἐκπίπτειν εἰς τὸ μυθῶδες καὶ ἀνθρώπινον κατάστημα. (8,10,3) πολλαχῶς γὰρ ὃ βούλεται λέγειν ὁ νομοθέτης ἡμῶν Μωσῆς ἐφ᾿
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wird sie dann nicht fertig mit Phänomenen wie Vergessen und Unwissenheit? Ein lächerliches Argument, an dem sie sich da versuchen. (6) Das Denken überwindet doch nicht die ihm eigenen Unzulänglichkeiten, sondern nur jene Leidenschaften, die der Gerechtigkeit, der Tapferkeit und der Besonnenheit entgegenstehen, und das nicht so, daß sie diese schlechthin eliminiert, sondern so, daß sie ihnen keinen Fußbreit Boden preisgibt. (7) Auf vielfältige Weise, von den unterschiedlichsten Seiten her könnte ich euch nun aufzeigen, daß die Urteilskraft souveräne Herrscherin ist über die Leidenschaften. (8) Weitaus am besten aber erscheint mir dazu eine Beweisführung, die von der Heldenhaftigkeit derer ausgeht, die für die Tugend gestorben sind: Eleazar, die sieben Brüder und deren Mutter. (9) Denn sie alle haben, indem sie die todbringenden Schmerzen ignorierten, unter Beweis gestellt, daß die Urteilskraft über die Leidenschaften herrscht. (10) Mir fällt nun die Aufgabe zu, ihrer Tugend wegen das Loblied jener Männer zu singen, die mit ihrer Mutter zu dieser Zeit für das Schöne und Gute starben, ja, selig möchte ich sie preisen um ihrer Ehren willen. (11) Werden sie doch nicht allein von aller Welt bewundert wegen ihrer Tapferkeit und Standhaftigkeit, sondern sogar von ihren Peinigern. Sie sind zur Ursache geworden für die Vernichtung der Tyrannei, die das Volk bedrückte. Sie haben durch ihr Standhalten den Tyrannen besiegt, so daß durch sie das Vaterland gereinigt wurde.
Sinnlicher Ausdruck für Wesensaussagen: eine Hermeneutik der Mose-Bücher Aristobul, Frg. 4 (Eus. PE 13,12,8) Bei allen Philosophen herrscht Einigkeit darüber, dass man bei Überlegungen über Gott heilige (d.h. dem heiligen Gegenstand angemessene) Begriffe verwenden muss, worauf ganz besonders unsere (philosophische) Schule mit Recht Wert legt. Die Anlage unseres Gesetzes ist nämlich ganz auf Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und die übrigen der Wahrheit gemäßen Güter ausgerichtet.
Aristobul, Frg. 2 (Eus. PE 8,9,38–10,17) (8,9,38) Es ist hier am Platze, darauf zu hören, wie Aristobulos, der zu der ihm altüberkommenen Philosophie hinzu auch manches von der aristotelischen angenommen hat, über die Gliedmaßen Gottes handelt, von denen in den heiligen Schriften scheinbar die Rede ist. Es ist das jener Aristobulos, den das zweite Makkabäerbuch zu Beginn erwähnt; auch er erklärt die Sache in seiner dem König Ptolemaios gewidmeten Abhandlung in der folgenden Weise: (8,10,1) Nachdem indessen ausreichend über die vorliegenden Fragen gesprochen worden ist, hast auch du, o König, darauf aufmerksam gemacht, dass in dem bei uns geltenden Gesetz Bezeichnungen wie Hände, Arm, Antlitz, Füße und Gang hinsichtlich der göttlichen Macht gebraucht werden. Das soll die gebührende Erörterung erfahren, und es wird sich als keineswegs im Widerspruch zu den bisher von uns dargebrachten Anschauungen stehend erweisen. (8,10,2) Ich möchte dich aber darum bitten, die Erläuterungen ihrem eigentlichen Sinne nach aufzufassen und an der an-
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ἑτέρων πραγμάτων λόγους ποιούμενος (λέγω δὲ τῶν κατὰ τὴν ἐπιφάνειαν), φυσικὰς διαθέσεις ἀπαγγέλλει καὶ μεγάλων πραγμάτων κατασκευάς. (8,10,4) οἷς μὲν οὖν πάρεστι τὸ καλῶς νοεῖν, θαυμάζουσι τὴν περὶ αὐτὸν σοφίαν καὶ τὸ θεῖον πνεῦμα, καθ᾿ ὃ καὶ προφήτης ἀνακεκήρυκται· ὧν εἰσιν οἱ προειρημένοι φιλόσοφοι καὶ πλείονες ἕτεροι καὶ ποιηταὶ παρ᾿ αὐτοῦ μεγάλας ἀφορμὰς εἰληφότες, καθὸ καὶ θαυμάζονται. (8,10,5) τοῖς δὲ μὴ μετέχουσι δυνάμεως καὶ συνέσεως, ἀλλὰ τῷ γραπτῷ μόνον προσκειμένοις οὐ φαίνεται μεγαλεῖόν τι διασαφῶν. (8,10,6) ἄρξομαι δὲ λαμβάνειν καθ᾿ ἕκαστον σημαινόμενον, καθ᾿ ὅσον ἂν ὦ δυνατός. εἰ δὲ μὴ τεύξομαι τοῦ πράγματος μηδὲ πείσω, μὴ τῷ νομοθέτῃ προσάψῃς τὴν ἀλογίαν, ἀλλ᾿ ἐμοὶ τῷ μὴ δυναμένῳ διαιρεῖσθαι τὰ ἐκείνῳ νενοημένα.
(8,10,7) χεῖρες μὲν οὖν νοοῦνται προδήλως καὶ ἐφ᾿ ἡμῶν κοινότερον. ὅταν γὰρ δυνάμεις ἐξαποστέλλῃς σὺ βασιλεὺς ὤν, βουλόμενός τι κατεργάσασθαι, λέγομεν· μεγάλην χεῖρα ἔχει ὁ βασιλεύς, φερομένων τῶν ἀκουόντων ἐπὶ τὴν δύναμιν ἣν ἔχεις. (8,10,8) ἐπισημαίνεται δὲ τοῦτο καὶ διὰ τῆς νομοθεσίας ἡμῶν λέγων ὁ Μωσῆς οὕτως· ‘ Ἐν χειρὶ κραταιᾷ ἐξήγαγεν ὁ θεός σε ἐξ Αἰγύπτου.’ καὶ πάλιν εἰρηκέναι αὐτῷ φησι τὸν θεόν· ‘Ἀποστελῶ τὴν χεῖρά μου καὶ πατάξω τοὺς Αἰγυπτίους.’ καὶ ἐπὶ τοῦ γεγονότος θανάτου τῶν κτηνῶν καὶ τῶν ἄλλων φησὶ τῷ βασιλεῖ τῶν Αἰγυπτίων λέγων· ‘ Ἰδοὺ χεὶρ κυρίου ἐπέσται ἐν τοῖς κτήνεσί σου καὶ ἐν πᾶσι τοῖς ἐν τοῖς πεδίοις θάνατος μέγας,’ ὥστε δηλοῦσθαι τὰς χεῖρας ἐπὶ δυνάμεως εἶναι θεοῦ· καὶ γὰρ ἔστι μεταφέροντας νοῆσαι τὴν πᾶσαν ἰσχὺν τῶν ἀνθρώπων καὶ τὰς ἐνεργείας ἐν ταῖς χερσὶν εἶναι. (8,10,9) διόπερ καλῶς ὁ νομοθέτης ἐπὶ τὸ μεγαλεῖον μετενήνοχε, λέγων τὰς συντελείας χεῖρας εἶναι θεοῦ. …
(8,10,12) … λέγεται δὲ καὶ κατάβασις ἐπὶ τὸ ὄρος θεία γεγονέναι διὰ τῆς γραφῆς τοῦ νόμου, καθ᾿ ὃν ἐνομοθέτει καιρόν, ἵνα πάντες θεωρήσωσι τὴν ἐνέργειαν τοῦ θεοῦ. κατάβασις γὰρ αὕτη σαφής ἐστι· καὶ περὶ τούτων οὖν οὕτως ἄν τις ἐξηγήσαιτο, βουλόμενος συντηρεῖν τὸν περὶ θεοῦ λόγον. (8,10,13) δηλοῦται γὰρ ὡς ‘τὸ ὄρος ἐκαίετο πυρί’, καθώς φησιν ἡ νομοθεσία, διὰ τὸ τὸν θεὸν καταβεβηκέναι σαλπίγγων τε φωνὰς καὶ τὸ πῦρ φλεγόμενον ἀνυποστάτως εἶναι. (8,10,14) τοῦ γὰρ παντὸς πλήθους μυριάδων οὐκ ἔλαττον ἑκατόν, χωρὶς τῶν ἀφηλίκων, ἐκκλησιαζομένων κυκλόθεν τοῦ ὄρους, οὐκ ἔλασσον ἡμερῶν πέντε οὔσης τῆς περιόδου περὶ αὐτό, κατὰ πάντα τόπον τῆς ὁράσεως πᾶσιν αὐτοῖς κυκλόθεν, ὡς ἦσαν παρεμβεβληκότες, τὸ πῦρ φλεγόμενον ἐθεωρεῖτο· (8,10,15) ὥστε τὴν κατάβασιν μὴ τοπικὴν εἶναι· πάντη γὰρ ὁ θεός ἐστιν. ἀλλὰ τὴν τοῦ πυρὸς δύναμιν, παρὰ πάντα θαυμάσιον ὑπάρχουσαν διὰ τὸ πάντ᾿ ἀναλίσκειν, ἔδειξε φλεγομένην ἀνυποστάτως, μηδὲν δ᾿ ἐξαναλίσκουσαν, εἰ μὴ τὸ παρὰ τοῦ θεοῦ δυναμικὸν αὐτῇ προσείη.
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gemessenen Vorstellung von Gott festzuhalten und nicht etwa auf eine mythische und anthropomorphe Vorstellung von der Seinsweise Gottes zu verfallen. (8,10,3) Vielfach nämlich, wenn unser Gesetzgeber Moses in bezug auf das, was er eigentlich sagen will, Worte gebraucht, die sich auf andere Dinge – ich meine: auf Dinge des äußeren Augenscheins – beziehen, dann macht er damit Aussagen über wesentliche Sachverhalte und über die Beschaffenheit bedeutender Dinge. (8,10,4) Die nun, die richtig zu denken in der Lage sind, bewundern die bei ihm vorhandene Weisheit und den göttlichen Geist, dessentwegen ihm auch der Ehrenname „Prophet“ verliehen ist; unter diesen sind die oben genannten und einige weitere Philosophen sowie Dichter, die bei ihm wertvolle Anregungen empfangen haben, weshalb sie denn auch bewundert werden. (8,10,5) Denen aber, die nicht mit Geisteskraft und Verständnis ausgestattet sind, sondern sich nur an das buchstäblich Geschriebene halten, wird nicht klar, dass er etwas Erhabenes darzulegen hat. (8,10,6) Ich will nun die einzelnen Bezeichnungen vornehmen und erklären, soweit ich es vermag. Sollte ich aber die Sache nicht treffen und dich nicht überzeugen können, dann behafte nicht den Gesetzgeber bei einer etwaigen Ungereimtheit, sondern mich, da ich in diesem Falle das von ihm Gemeinte anscheinend nicht recht zu erheben vermag. (8,10,7) Der Ausdruck „Hände“ wird ja, auch in der Anwendung auf uns Menschen, offenkundig allgemeiner verstanden. Wenn zum Beispiel du in deiner Eigenschaft als König (Streit-)Kräfte ausschickst, weil du irgend etwas durchsetzen willst, so sagen wir: „Der König hat eine gewaltige Hand“, womit die Hörer ohne weiteres auf die Macht, die du besitzest, verwiesen werden. (8,10,8) Dies meint auch Moses, wenn er in unserem Gesetz so sagt: „Mit starker Hand hat Gott dich aus Ägypten herausgeführt“. Und wiederum sagt er, Gott habe zu ihm gesprochen: „Ich will meine Hand aussenden und die Ägypter schlagen“; und im Blick auf das damals geschehene Sterben der Haustiere und des sonstigen Viehs spricht er zum König der Ägypter: „Siehe, die Hand des Herrn wird über dein Vieh kommen und über alles Vieh auf den Ebenen: ein großes Sterben“, so dass offenbar ist, dass sich die „Hände“ Gottes auf Macht beziehen. Denn es ist doch auch in bezug auf uns Menschen so, dass man, wenn man die Bezeichnung „Hände“ im übertragenen Sinne gebraucht, daran denkt, dass alle Kraft und alle Leistungen der Menschen auf ihren Händen beruhen. (8,10,9) So hat der Gesetzgeber (das Wort) richtig im erhabenen Sinne übertragen angewendet, wenn er die Vollbringungen Gottes seine „Hände“ nennt. … (8,10,12) … Aber nun wird im Buch des Gesetzes auch berichtet, dass ein göttliches „Herabsteigen“ auf den Berg geschehen sei, zu der Zeit, als er das Gesetz gab, damit alle die Kraft Gottes schauen sollten. Hierbei handelt es sich allerdings um ein wirkliches Herabsteigen; und wenn man die richtige Weise der Aussage über Gott festhalten will, muss man die Auslegung dazu etwa in der folgenden Art geben. (8,10,13) Es wird nämlich mitgeteilt, dass „der Berg in hellem Feuer stand“, wie der Gesetzgeber sagt, wegen des erfolgten Herabsteigens Gottes, und dass dabei Trompetenstöße zu hören und Feuer, das ohne materiellen Brennstoff loderte, zu sehen waren. (8,10,14) Denn obwohl sich im ganzen eine Volksmenge von nicht weniger als einer Million, noch abgesehen von den Kindern, rings um den Berg geschart hatte, und zwar in einem Gebiet mit einem Umfang von nicht weniger als fünf Tagereisen um ihn herum, konnten sie alle, von jedem Platz, von dem sie aus zuschauten, so wie sie sich im Kreise gelagert hatten, das lodernde Feuer sehen. (8,10,15) Also war das
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Der Gott der Juden ist der Gott aller Menschen Aristeae Epistula ad Philocratem (16) Τὸν γὰρ πάντων ἐπόπτην καὶ κτίστην θεὸν οὗτοι σέβονται, ὃν καὶ πάντες, ἡμεῖς δέ, βασιλεῦ, προσονομάζοντες ἑτέρως Ζῆνα καὶ Δία· τοῦτο δ᾿ οὐκ ἀνοικείως οἱ πρῶτοι διεσήμαναν, δι᾿ ὃν ζῳοποιοῦνται τὰ πάντα καὶ γίνεται, τοῦτον ἁπάντων ἡγεῖσθαί τε καὶ κυριεύειν. (31) Δέον δέ ἐστι καὶ ταῦθ᾿ ὑπάρχειν παρά σοι διηκριβωμένα, διὰ τὸ καὶ φιλοσοφωτέραν εἶναι καὶ ἀκέραιον τὴν νομοθεσίαν ταύτην, ὡς ἂν οὖσαν θείαν.
Vom philosophisch-ethischen Sinn der jüdischen Gesetze Aristeae Epistula ad Philocratem (143) Τὸ γὰρ καθόλου πάντα πρὸς τὸν φυσικὸν λόγον ὅμοια καθέστηκεν, ὑπὸ μιᾶς δυνάμεως οἰκονομούμενα, καὶ καθ᾿ ἓν ἕκαστον ἔχει λόγον βαθύν, ἀφ᾿ ὧν ἀπεχόμεθα κατὰ τὴν χρῆσιν, καὶ οἷς συγχρώμεθα. Χάριν δὲ ὑποδείγματος ἓν ἢ δεύτερον ἐπιδραμών σοι σημανῶ. (144) Μὴ γὰρ εἰς τὸν καταπεπτωκότα λόγον ἔλθῃς, ὅτι μυῶν καὶ γαλῆς ἢ τῶν τοιούτων χάριν περιεργίαν ποιούμενος ἐνομοθέτει ταῦτα Μωϋσῆς· ἀλλὰ πρὸς ἁγνὴν ἐπίσκεψιν καὶ τρόπων ἐξαρτισμὸν δικαιοσύνης ἕνεκεν σεμνῶς πάντα ἀνατέτακται. (145) Τῶν γὰρ πτηνῶν οἷς χρώμεθα πάντα ἥμερα καθέστηκε καὶ διαφέρει καθαριότητι, πυροῖς καὶ ὀσπρίοις χρώμενα πρὸς τὴν τροφήν, οἷον περιστεραὶ τρυγόνες ἄττακοι πέρδικες ἔτι δὲ χῆνες καὶ τὰ ἄλλα ὅσα τοιαῦτα. (146) Περὶ ὧν δὲ ἀπηγόρευται πτηνῶν, εὑρήσεις ἄγριά τε καὶ σαρκοφάγα καὶ καταδυναστεύοντα τῇ περὶ ἑαυτὰ δυνάμει τὰ λοιπά, καὶ τὴν τροφὴν ἔχοντα δαπάνησιν τῶν προειρημένων ἡμέρων μετὰ ἀδικίας· οὐ μόνον δὲ ταῦτα, ἀλλὰ καὶ τοὺς ἄρνας καὶ ἐρίφους ἀναρπάζουσι, καὶ τοὺς ἀνθρώπους δὲ ἀδικοῦσι νεκρούς τε καὶ ζῶντας. (147) Παράσημον οὖν ἔθετο διὰ τούτων, ἀκάθαρτα προσονομάσας, ὅτι δέον ἐστὶ κατὰ ψυχήν, οἷς ἡ νομοθεσία διατέτακται, δικαιοσύνῃ συγχρῆσθαι καὶ μηδένα καταδυναστεύειν, πεποιθότας ἰσχύι τῇ καθ᾿ ἑαυτούς, μηδὲ ἀφαιρεῖσθαι μηδέν, ἀλλ᾿ ἐκ δικαίου τὰ τοῦ βίου κυβερνᾶν, ὡς τὰ τῶν προειρημένων πτηνῶν ἥμερα ζῷα τὰ φυόμενα τῶν ὀσπρίων ἐπὶ γῆς δαπανᾷ, καὶ οὐ καταδυναστεύει πρὸς τὴν ἐπαναίρεσιν τῶν συγγενικῶν. (148) Διὰ τῶν τοιούτων οὖν παραδέδωκεν ὁ νομοθέτης σημειοῦσθαι τοῖς συνετοῖς, εἶναι δικαίους τε καὶ μηδὲν ἐπιτελεῖν βίᾳ, μηδὲ τῇ περὶ ἑαυτοὺς ἰσχύι πεποιθότας ἑτέρους καταδυναστεύειν. (149) Ὅπου γὰρ οὐδ᾿ ἅψασθαι καθῆκε τῶν προειρημένων διὰ τὴν περὶ ἕκαστα διάθεσιν, πῶς οὐ φυλακτέον παντάπασι τοὺς τρόπους εἰς τοῦτο κατακλασθῆναι;
Griechische Literatur
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Herabsteigen nicht örtlich begrenzt; denn Gott ist überall. Aber die Macht des Feuers, die ja überaus bewundernswert ist, weil sie alles verzehren kann, stellte er so dar, dass sie in diesem Falle ohne materiellen Brennstoff loderte, also ohne irgend etwas zu verzehren, außer daß ihr eine von Gott herrührende Energie zugute kam.
Der Gott der Juden ist der Gott aller Menschen Aristeasbrief (16) Als Bewahrer und Schöpfer des Alls verehren sie [sc. die Juden] nämlich den Gott, den auch alle (anderen) Menschen verehren: wir nennen ihn nur anders ‚Zeus‘.1 So haben die Alten nicht ungeschickt angedeutet, dass der, „durch“ den alles „belebt“ wird und entsteht, auch alles leitet und regiert. (31) Es ist aber notwendig, dass sich auch diese [sc. die Bücher des mosaischen Gesetzes] in einer sorgfältig durchgesehenen Fassung in deiner Bibliothek befinden, da dies eine philosophische und reine, weil göttliche Gesetzgebung ist.
Vom philosophisch-ethischen Sinn der jüdischen Gesetze Aristeasbrief (143) Einerseits ist nämlich alles im ganzen genommen hinsichtlich des natürlichen Sinnes gleich, da es ja durch eine Macht regiert wird, andererseits hat jedes für sich einen tiefen Sinn: sowohl das, was wir vermeiden, als auch, was wir benutzen. Ich will dir zum Beispiel das eine oder andere kurz erläutern. (144) Denn vertritt doch nicht die längst zurückgewiesene Auffassung, dass Mose wegen der Mäuse und des Wiesels und dergleichen diese Gesetze mit solcher Sorgfalt aufgestellt habe. Vielmehr ist alles um der Gerechtigkeit willen zur frommen Beachtung und zur Bildung des Charakters ehrwürdig angeordnet worden. (145) Denn die Vögel, die wir essen, sind alle zahm und vorzüglich rein, da sie sich selbst von Weizen und Hülsenfrüchten ernähren, wie zum Beispiel Tauben, Turteltauben, Heuschrecken, Rebhühner, dazu noch Gänse und ähnliches Geflügel. (146) Was aber die verbotenen Vögel betrifft, so wirst du finden, dass sie wild und fleischfressend sind und die übrigen mit ihrer Kraft vergewaltigen. Auch ernähren sie sich ungerechterweise von den oben genannten zahmen Vögeln. Aber nicht nur diese verzehren sie, sondern sie reißen auch Lämmer und Ziegen und vergehen sich gegen die Menschen, gegen Leichen wie gegen Lebendige. (147) Indem er sie unrein nannte, setzte er durch sie ein Zeichen, dass diejenigen, denen das Gesetz auferlegt ist, in ihrer Seele Gerechtigkeit üben und niemanden im Vertrauen auf die eigene Kraft unterdrücken und auch nichts wegnehmen, sondern ihre Leben in Gerechtigkeit führen sollen, wie von den oben genannten Vögeln die
1 Der Name Zeus wird im Griechischen in zwei Formen des Akkusativs genannt, Zêna und Día. Sie klingen an die griechische Wörter „belebt“ und „durch“ an.
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
(235) Μετὰ μείζονος δὲ φωνῆς πάντας αὐτοὺς ὁ βασιλεὺς ἠσπάζετο καὶ παρεκάλει, συνεπιφωνούντων τῶν παρόντων, μάλιστα δὲ τῶν φιλοσόφων. Καὶ γὰρ ταῖς ἀγωγαῖς καὶ τῷ λόγῳ πολὺ προέχοντες αὐτῶν ἦσαν, ὡς ἂν ἀπὸ θεοῦ τὴν καταρχὴν ποιούμενοι. Μετὰ δὲ ταῦτα ὁ βασιλεὺς εἰς τὸ φιλοφρονεῖσθαι προῆλθε διὰ τῶν προπόσεων.
Das jüdische Gesetz als Urgrund der Philosophie Philo Iudaeus, De virtutibus 65 ὅπερ γὰρ ἐκ φιλοσοφίας τῆς δοκιμωτάτης περιγίνεται τοῖς ὁμιληταῖς αὐτῆς, τοῦτο διὰ νόμων καὶ ἐθῶν Ἰουδαίοις, ἐπιστήμη τοῦ ἀνωτάτω καὶ πρεσβυτάτου πάντων αἰτίου, τὸν ἐπὶ τοῖς γενητοῖς θεοῖς πλάνον ἀπωσαμένοις· γενητὸς γὰρ οὐδεὶς ἀληθείᾳ θεός, ἀλλὰ δόξῃ μόνον, τὸ ἀναγκαιότατον ἀφῃρημένος, ἀιδιότητα.
Die philosophische Bedeutung der Gesetze hebt den Wortsinn nicht auf Philo Iudaeus, De migratione Abrahami 89–93 (89) εἰσὶ γάρ τινες οἳ τοὺς ῥητοὺς νόμους σύμβολα νοητῶν πραγμάτων ὑπολαμβάνοντες τὰ μὲν ἄγαν ἠκρίβωσαν, τῶν δὲ ῥᾳθύμως ὠλιγώρησαν· οὓς μεμψαίμην ἂν ἔγωγε τῆς εὐχερείας· ἔδει γὰρ ἀμφοτέρων ἐπιμεληθῆναι, ζητήσεώς τε τῶν ἀφανῶν ἀκριβεστέρας καὶ ταμιείας τῶν φανερῶν ἀνεπιλήπτου. (90) νυνὶ δ᾿ ὥσπερ ἐν ἐρημίᾳ καθ᾿ ἑαυτοὺς μόνοι ζῶντες ἢ ἀσώματοι ψυχαὶ γεγονότες καὶ μήτε πόλιν μήτε κώμην μήτ᾿ οἰκίαν μήτε συνόλως θίασον ἀνθρώπων εἰδότες, τὰ δοκοῦντα τοῖς πολλοῖς ὑπερκύψαντες τὴν ἀλήθειαν γυμνὴν αὐτὴν ἐφ᾿ ἑαυτῆς ἐρευνῶσιν· οὓς ὁ ἱερὸς λόγος διδάσκει χρηστῆς ὑπολήψεως πεφροντικέναι καὶ μηδὲν τῶν ἐν τοῖς ἔθεσι λύειν, ἃ θεσπέσιοι καὶ μείζους ἄνδρες ἢ καθ᾿ ἡμᾶς ὥρισαν. (91) μὴ γὰρ ὅτι ἡ ἑβδόμη δυνάμεως μὲν τῆς περὶ τὸ ἀγένητον, ἀπραξίας δὲ τῆς περὶ τὸ γενητὸν δίδαγμά ἐστι, τὰ ἐπ᾿ αὐτῇ νομοθετηθέντα λύωμεν, ὡς πῦρ ἐναύειν ἢ γεωπονεῖν ἢ ἀχθοφορεῖν ἢ ἐγκαλεῖν ἢ δικάζειν ἢ παρακαταθήκας ἀπαιτεῖν ἢ δάνεια ἀναπράττειν ἢ τὰ ἄλλα ποιεῖν, ὅσα κἀν τοῖς μὴ ἑορτώδεσι καιροῖς ἐφεῖται· (92) μηδ᾿ ὅτι ἡ ἑορτὴ σύμβολον ψυχικῆς εὐφροσύνης ἐστὶ καὶ τῆς πρὸς θεὸν εὐχαριστίας, ἀποταξώμεθα ταῖς κατὰ τὰς ἐτησίους ὥρας πανηγύρεσι· μηδ᾿ ὅτι τὸ περιτέμνεσθαι ἡδονῆς καὶ παθῶν πάντων
Griechische Literatur
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zahmen Hülsenfrüchte, die auf der Erde wachsen, verzehren und nicht zur Vernichtung verwandter Wesen Gewalt anwenden. (148) Durch derartige Tiere gab also der Gesetzgeber den Einsichtigen zu verstehen, sie sollten gerecht sein, nichts mit Gewalt vollenden und nicht im Vertrauen auf die eigene Kraft andere unterdrücken. (149) Wenn man nämlich die oben genannten Tiere wegen ihres jeweiligen Verhaltens nicht einmal berühren darf, wie sollte man sich nicht davor hüten, seine Handlungsweise dahin ausarten zu lassen? (235) Mit lauter Stimme dankte der König ihnen allen und lobte sie, wobei die übrigen Anwesenden mit einstimmten, besonders jedoch die Philosophen. Denn sowohl in der Lebensführung als auch in der Redekunst waren sie ihnen weit voraus, da sie stets Gott an den Anfang setzten. Danach begann der König, ihnen freundlich zuzutrinken.
Das jüdische Gesetz als Urgrund der Philosophie Philon von Alexandrien, Über die Tugenden 65 Denn was aus der bewährtesten Philosophie denen erwächst, die ihr obliegen, das wird den Juden durch ihre Gesetze und Bräuche vermittelt, die Erkenntnis von dem höchsten und heiligsten Urgrund aller Dinge, da sie die Irrlehre von den geschaffenen Göttern verwerfen; denn kein Geschaffener ist in Wahrheit ein Gott, er ist es nur in der Meinung der Menschen, da ihm die wesentliche Eigenschaft fehlt, die Ewigkeit.
Die philosophische Bedeutung der Gesetze hebt den Wortsinn nicht auf Philon von Alexandrien, Über Abrahams Wanderung 89–93 (89) Es gibt nämlich Leute, die in der Annahme, die verkündeten Gesetze seien nur Symbole von Gedachtem, letzterem (dem Gedachten) mit höchstem Eifer nachgehen, erstere leichtsinnig vernachlässigen; diese muss ich wegen ihrer Leichtfertigkeit tadeln. Denn sie hätten an Zwiefaches denken sollen: sowohl das Unsichtbare (den Sinn) recht genau zu erforschen, alsdann auch das Offene (den Wortlaut) tadellos zu beachten. (90) Jetzt leben sie aber in Wahrheit so, als lebten sie in der Einsamkeit für sich, oder als wären sie körperlose Seelen geworden, als wüssten sie nichts von Stadt, Dorf, Haus, überhaupt von menschlicher Gesellschaft, sehen über das hinweg, was die Allgemeinheit billigt, und suchen die nackte Wahrheit für sich allein zu erforschen. Sie belehrt die heilige Schrift, auf eine gute Meinung zu achten und nichts von den Satzungen aufzuheben, die gottbegnadete, uns überlegene Männer gegeben haben. (91) Denn weil die Sieben uns die Macht des Ungeschaffenen (= Gottes) und die Unwirksamkeit der Geschöpfe lehrt, so dürfen wir deshalb die Gesetze für diesen Tag nicht aufheben, etwa so, dass wir Feuer anzündeten oder den Acker bearbeiteten oder Lasten trügen oder Prozesse führten und Urteile fällten oder aufbewahrtes Gut zu-
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
ἐκτομὴν καὶ δόξης ἀναίρεσιν ἀσεβοῦς ἐμφαίνει, καθ᾿ ἣν ὑπέλαβεν ὁ νοῦς ἱκανὸς εἶναι γεννᾶν δι᾿ ἑαυτοῦ, ἀνέλωμεν τὸν ἐπὶ τῇ περιτομῇ τεθέντα νόμον· ἐπεὶ καὶ τῆς περὶ τὸ ἱερὸν ἁγιστείας καὶ μυρίων ἄλλων ἀμελήσομεν, εἰ μόνοις προσέξομεν τοῖς δι᾿ ὑπονοιῶν δηλουμένοις. (93) ἀλλὰ χρὴ ταῦτα μὲν σώματι ἐοικέναι νομίζειν, ψυχῇ δὲ ἐκεῖνα· ὥσπερ οὖν σώματος, ἐπειδὴ ψυχῆς ἐστιν οἶκος, προνοητέον, οὕτω καὶ τῶν ῥητῶν νόμων ἐπιμελητέον· φυλαττομένων γὰρ τούτων ἀριδηλότερον κἀκεῖνα γνωρισθήσεται, ὧν εἰσιν οὗτοι σύμβολα, πρὸς τῷ καὶ τὰς ἀπὸ τῶν πολλῶν μέμψεις καὶ κατηγορίας ἀποδιδράσκειν.
Nur die Existenz Gottes ist erkennbar, nicht sein Wesen Philo Iudaeus, De somniis I 230–231 (I 230) … καὶ γὰρ ἐν ἑτέροις σκεψάμενος, εἰ ἔστι τι τοῦ ὄντος ὄνομα, σαφῶς ἔγνω ὅτι κύριον μὲν οὐδέν (Ex 6,3), ὃ δ᾿ ἂν εἴπῃ τις, καταχρώμενος ἐρεῖ· λέγεσθαι γὰρ οὐ πέφυκεν, ἀλλὰ μόνον εἶναι τὸ ὄν. (I 231) μαρτυρεῖ δὲ καὶ τὸ θεσπισθὲν λόγιον τῷ πυνθανομένῳ, εἰ ἔστιν ὄνομα αὐτῷ, ὅτι “ἐγώ εἰμι ὁ ὤν” (Ex 3,14), ἵν᾿ ὧν δυνατὸν ἀνθρώπῳ καταλαβεῖν μὴ ὄντων περὶ θεόν, ἐπιγνῷ τὴν ὕπαρξιν.
Über die Weltschöpfung Philo Iudaeus, De opificio mundi 24–25 (24) εἰ δέ τις ἐθελήσειε γυμνοτέροις χρήσασθαι τοῖς ὀνόμασιν, οὐδὲν ἂν ἕτερον εἴποι τὸν νοητὸν κόσμον εἶναι ἢ θεοῦ λόγον ἤδη κοσμοποιοῦντος· οὐδὲ γὰρ ἡ νοητὴ πόλις ἕτερόν τί ἐστιν ἢ ὁ τοῦ ἀρχιτέκτονος λογισμὸς ἤδη τὴν [νοητὴν] πόλιν κτίζειν διανοουμένου. (25) τὸ δὲ δόγμα τοῦτο Μωυσέως ἐστίν, οὐκ ἐμόν· τὴν γοῦν ἀνθρώπου γένεσιν ἀναγράφων ἐν τοῖς ἔπειτα διαρρήδην ὁμολογεῖ, ὡς ἄρα κατ᾿ εἰκόνα θεοῦ διετυπώθη (Gen 1,27). εἰ δὲ τὸ μέρος εἰκὼν εἰκόνος [δῆλον ὅτι] καὶ τὸ ὅλον εἶδος, σύμπας οὗτος ὁ αἰσθητὸς κόσμος, εἰ μείζων τῆς ἀνθρωπίνης ἐστίν, μίμημα θείας εἰκόνος, δῆλον ὅτι καὶ ἡ ἀρχέτυπος σφραγίς, ὅν φαμεν νοητὸν εἶναι κόσμον, αὐτὸς ἂν εἴη [τὸ παράδειγμα, ἀρχέτυπος ἰδέα τῶν ἰδεῶν] ὁ θεοῦ λόγος.
Griechische Literatur
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rückverlangten oder geliehenes Geld eintrieben, oder anderes sonst täten, was an nichtfestlichen Tagen freigegeben ist. (92) Und weil der Feiertag ein Symbol seelischer Freude und des Dankes gegen Gott ist, sind die jahreszeitlichen Festversammlungen nicht aufzugeben. Auch weil die Beschneidung darauf hinweist, dass wir alle Lust und Begierde aus uns „herausschneiden“ sollen und gottlosen Wahn entfernen müssen, wonach der Nus in der Lage sei, aus sich heraus Eigenes zu zeugen, dürfen wir nicht das über sie gegebene Gesetz aufgeben. Denn auch den Dienst im Tempel und vieles andere müssten wir vernachlässigen, wenn wir nur das symbolisch Gemeinte achten wollten. (93) Vielmehr muss man glauben, dass diese dem Körper, jenes der Seele gleicht. Wie man nun für den Körper, der ja die Wohnstätte der Seele ist, Vorsorge trifft, so muss man auch auf den Wortlaut der Gesetze achten. Werden sie nämlich recht beobachtet, so wird auch das klarer erkannt, wofür sie Symbole sind, abgesehen davon, dass man dann auch den Vorwürfen und Anklagen vieler entgeht.
Nur die Existenz Gottes ist erkennbar, nicht sein Wesen Philon von Alexandrien, Über die Träume I 230–231 (I 230) … Denn an anderen Stellen, wo sie (die heilige Schrift) danach forscht, ob es einen Namen des Seienden gibt, erkannte sie deutlich, dass er keinen Eigennamen hat (Ex 6,3); wenn aber einer einen solchen nennt, so tut er es in uneigentlicher Bedeutung; denn das Sein kann nicht genannt werden, sondern es ist nur. (I 231) Hierfür zeugt auch der Spruch, der dem geoffenbart wurde, der danach fragte, ob er einen Namen habe: „Ich bin der Seiende“ (Ex 3,14), damit der Mensch das, was er allein von dem, was Gott betrifft, erfassen kann, erkenne, nämlich seine Existenz.
Über die Weltschöpfung Philon von Alexandrien, Über die Weltschöpfung 24–25 (24) Will nun jemand einfachere Ausdrücke anwenden, so kann er wohl sagen, dass die „gedachte Welt“ [vgl. De op. 16, in Anlehnung an Plat. Tim. 30c] nichts anderes ist als die Vernunft (Logos) des bereits welterschaffenden Gottes; denn auch die „gedachte Stadt“ [vgl. De op. 18] ist ja nichts anderes als der Gedanke des den Bau der Stadt planenden Baumeisters. (25) Das ist Moses’ Meinung, nicht etwa die meinige; sagt er doch im folgenden bei der Beschreibung der Schöpfung des Menschen ausdrücklich, dass dieser nach dem Ebenbilde Gottes gebildet wurde (Gen 1,27). Wenn aber schon der Teil Abbild eines Bildes ist, dann gilt dies auch für die ganze Gattung, diese ganze sinnlich wahrnehmbare Welt, da sie ja größer ist als das menschliche Abbild, eine Nachahmung des göttlichen Bildes, und so ist klar, dass das ursprüngliche Siegelbild (das Urbild), wie wir „die gedachte Welt“ nennen, die Vernunft Gottes selbst ist.
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Der Logos – Grund von Welt, Erkenntnis und Leben ΚΑΤΑ ΙΩΑΝΝΗΝ A´ (1) Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν, καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος. (2) οὗτος ἦν ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν. (3) πάντα δι᾿ αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ χωρὶς αὐτοῦ ἐγένετο οὐδὲ ἕν. ὃ γέγονεν (4) ἐν αὐτῷ ζωὴ ἦν, καὶ ἡ ζωὴ ἦν τὸ φῶς τῶν ἀνθρώπων· (5) καὶ τὸ φῶς ἐν τῇ σκοτίᾳ φαίνει, καὶ ἡ σκοτία αὐτὸ οὐ κατέλαβεν. … (9) Ἦν τὸ φῶς τὸ ἀληθινόν, ὃ φωτίζει πάντα ἄνθρωπον, ἐρχόμενον εἰς τὸν κόσμον. (10) ἐν τῷ κόσμῳ ἦν, καὶ ὁ κόσμος δι᾿ αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ ὁ κόσμος αὐτὸν οὐκ ἔγνω. (11) εἰς τὰ ἴδια ἦλθεν, καὶ οἱ ἴδιοι αὐτὸν οὐ παρέλαβον. (12) ὅσοι δὲ ἔλαβον αὐτόν, ἔδωκεν αὐτοῖς ἐξουσίαν τέκνα θεοῦ γενέσθαι, τοῖς πιστεύουσιν εἰς τὸ ὄνομα αὐτοῦ, (13) οἳ οὐκ ἐξ αἱμάτων οὐδὲ ἐκ θελήματος σαρκὸς οὐδὲ ἐκ θελήματος ἀνδρὸς ἀλλ᾿ ἐκ θεοῦ ἐγεννήθησαν. (14) Καὶ ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο καὶ ἐσκήνωσεν ἐν ἡμῖν, καὶ ἐθεασάμεθα τὴν δόξαν αὐτοῦ, δόξαν ὡς μονογενοῦς παρὰ πατρός, πλήρης χάριτος καὶ ἀληθείας. (15) Ἰωάννης μαρτυρεῖ περὶ αὐτοῦ καὶ κέκραγεν λέγων· oὗτος ἦν ὃν εἶπον· ὁ ὀπίσω μου ἐρχόμενος ἔμπροσθέν μου γέγονεν, ὅτι πρῶτός μου ἦν. (16) ὅτι ἐκ τοῦ πληρώματος αὐτοῦ ἡμεῖς πάντες ἐλάβομεν, καὶ χάριν ἀντὶ χάριτος· (17) ὅτι ὁ νόμος διὰ Μωϋσέως ἐδόθη, ἡ χάρις καὶ ἡ ἀλήθεια διὰ Ἰησοῦ Χριστοῦ ἐγένετο. (18) θεὸν οὐδεὶς ἑώρακεν πώποτε· μονογενὴς θεὸς ὁ ὢν εἰς τὸν κόλπον τοῦ πατρὸς ἐκεῖνος ἐξηγήσατο.
Was ist Wahrheit? ΚΑΤΑ ΙΩΑΝΝΗΝ IH´ (33) Εἰσῆλθεν οὖν πάλιν εἰς τὸ πραιτώριον ὁ Πιλᾶτος καὶ ἐφώνησεν τὸν Ἰησοῦν καὶ εἶπεν αὐτῷ· σὺ εἶ ὁ βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων; (34) ἀπεκρίθη Ἰησοῦς· ἀπὸ σεαυτοῦ σὺ τοῦτο λέγεις ἢ ἄλλοι εἶπόν σοι περὶ ἐμοῦ; (35) ἀπεκρίθη ὁ Πιλᾶτος· μήτι ἐγὼ Ἰουδαῖός εἰμι; τὸ ἔθνος τὸ σὸν καὶ οἱ ἀρχιερεῖς παρέδωκάν σε ἐμοί· τί ἐποίησας; (36) ἀπεκρίθη Ἰησοῦς· ἡ βασιλεία ἡ ἐμὴ οὐκ ἔστιν ἐκ τοῦ κόσμου τούτου· εἰ ἐκ τοῦ κόσμου τούτου ἦν ἡ βασιλεία ἡ ἐμή, οἱ ὑπηρέται οἱ ἐμοὶ ἠγωνίζοντο ἂν ἵνα μὴ παραδοθῶ τοῖς Ἰουδαίοις· νῦν δὲ ἡ βασιλεία ἡ ἐμὴ οὐκ ἔστιν ἐντεῦθεν. (37) εἶπεν οὖν αὐτῷ ὁ Πιλᾶτος· οὐκοῦν βασιλεὺς εἶ σύ; ἀπεκρίθη ὁ Ἰησοῦς· σὺ λέγεις ὅτι βασιλεύς εἰμι. ἐγὼ εἰς τοῦτο γεγέννημαι καὶ εἰς τοῦτο ἐλήλυθα εἰς τὸν κόσμον, ἵνα μαρτυρήσω τῇ ἀληθείᾳ· πᾶς ὁ ὢν ἐκ τῆς ἀληθείας ἀκούει μου τῆς φωνῆς. (38) λέγει αὐτῷ ὁ Πιλᾶτος, Τί ἐστιν ἀλήθεια;
Griechische Literatur
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Der Logos – Grund von Welt, Erkenntnis und Leben Johannesevangelium 1 (1) Am Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und der Logos war Gott. (2) Dieser war am Anfang bei Gott. (3) Alles wurde durch ihn, und nicht ein Ding wurde ohne ihn. Was in ihm geworden ist, (4) war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. (5) Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen. … (9) Er war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, wenn er in die Welt kommt. (10) Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn; aber die Welt erkannte ihn nicht. (11) Er kam in sein eigenes Gebiet; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. (12) Allen jedoch, die ihn aufnahmen, denen gab er die Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben. (13) Diese sind nicht aus Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren. (14) Und der Logos wurde Fleisch und nahm seine Wohnung unter uns, und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, die ihm als dem Einziggeborenen vom Vater zukam, voll von Gnade und Wahrheit. (15) Johannes gibt Zeugnis von ihm und sein Ruf erschallt: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Der nach mir kommen wird, ist vor mir gewesen; denn er war eher als ich. (16) Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade anstelle von Gnade. (17) Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. (18) Gott hat niemand jemals gesehen; der einziggeborene Gott, der Seiende im Schoß des Vaters, der hat ihn uns offenbar gemacht.
Was ist Wahrheit? Johannesevangelium 18 (33) Es ging nun wieder in das Prätorium Pilatus, und er rief Jesus, und er sagte zu ihm: Bist du der König der Juden? (34) Es antwortete Jesus: Sagst du das von dir selbst, oder haben andere dir von mir erzählt? (35) Es antwortete Pilatus: Bin ich etwa Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir übergeben; was hast du getan? (36) Es antwortete Jesus: Meine Königsherrschaft ist nicht von dieser Welt; wäre meine Königsherrschaft von dieser Welt, würden meine Diener kämpfen, damit ich nicht den Juden übergeben werde. Nun aber ist meine Königsherrschaft nicht von hier. (37) Es sagte zu ihm nun Pilatus: Also bist du ein König? Es antwortete Jesus: Du sagst (es): Ich bin ein König. Ich bin dafür geboren und ich bin dafür in die Welt gekommen, damit ich die Wahrheit bezeuge. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme. (38a) Es sagt zu ihm Pilatus: Was ist Wahrheit?
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Der Gott als Philosoph Plutarch, De E apud Delphos 2,385B6–C6 Ὅτι μὲν γὰρ οὐχ ἧττον ὁ θεὸς φιλόσοφος ἢ μάντις, ἐδόκει πᾶσιν ὀρθῶς πρὸς τοῦτο τῶν ὀνομάτων ἕκαστον Ἀμμώνιος τίθεσθαι καὶ διδάσκειν, ὡς Πύθιος μέν ἐστι τοῖς ἀρχομένοις μανθάνειν καὶ διαπυνθάνεσθαι, Δήλιος δὲ καὶ Φαναῖος οἷς ἤδη τι δηλοῦται καὶ ὑποφαίνεται τῆς ἀληθείας, Ἰσμήνιος δὲ τοῖς ἔχουσι τὴν ἐπιστήμην, καὶ Λεσχηνόριος ὅταν ἐνεργῶσι καὶ ἀπολαύωσι χρώμενοι τῷ διαλέγεσθαι καὶ φιλοσοφεῖν πρὸς ἀλλήλους. ‘ἐπεὶ δὲ τοῦ φιλοσοφεῖν’ ἔφη ‘τὸ ζητεῖν τὸ θαυμάζειν καὶ ἀπορεῖν, εἰκότως τὰ πολλὰ τῶν περὶ τὸν θεὸν ἔοικεν αἰνίγμασι κατακεκρύφθαι λόγον τινὰ ποθοῦντα διὰ τί καὶ διδασκαλίαν τῆς αἰτίας.
Anrede an den Gott Plutarch, De E apud Delphos 17,391F6–392A9 Oὔτ᾿ οὖν ἀριθμὸν οὔτε τάξιν οὔτε σύνδεσμον οὔτ᾿ ἄλλο τῶν ἐλλιπῶν μορίων οὐδὲν οἶμαι τὸ γράμμα σημαίνειν· ἀλλ᾿ ἔστιν αὐτοτελὴς τοῦ θεοῦ προσαγόρευσις καὶ προσφώνησις ἅμα τῷ ῥήματι τὸν φθεγγόμενον εἰς ἔννοιαν καθιστᾶσα τῆς τοῦ θεοῦ δυνάμεως. ὁ μὲν γὰρ θεὸς ἕκαστον [ἡμῶν] τῶν ἐνταῦθα προσιόντων οἷον ἀσπαζόμενος προσαγορεύει τό ‘γνῶθι σαυτόν,’ ὃ τοῦ χαῖρε δήπουθεν οὐδὲν μεῖόν ἐστιν· ἡμεῖς δὲ πάλιν ἀμειβόμενοι τὸν θεόν ‘εἶ’ φαμέν, ὡς ἀληθῆ καὶ ἀψευδῆ καὶ μόνην μόνῳ προσήκουσαν τὴν τοῦ εἶναι προσαγόρευσιν ἀποδιδόντες.
Der Gott ist das Sein Plutarch, De E apud Delphos 20,393A7–C10 Ἀλλ᾿ ἔστιν ὁ θεός, ‘εἶ’ χρὴ φάναι, καὶ ἔστι κατ᾿ οὐδένα χρόνον ἀλλὰ κατὰ τὸν αἰῶνα τὸν ἀκίνητον καὶ ἄχρονον καὶ ἀνέγκλιτον καὶ οὗ πρότερον οὐδέν ἐστιν οὐδ᾿ ὕστερον οὐδὲ μέλλον οὐδὲ παρῳχημένον οὐδὲ πρεσβύτερον οὐδὲ νεώτερον· ἀλλ᾿ εἷς ὢν ἑνὶ τῷ νῦν τὸ ἀεὶ πεπλήρωκε, καὶ μόνον ἐστὶ τὸ κατὰ τοῦτ᾿ ὄντως ὄν, οὐ γεγονὸς οὐδ᾿ ἐσόμενον οὐδ᾿ ἀρξάμενον οὐδὲ παυσόμενον. οὕτως οὖν αὐτὸ δεῖ σεβομένους ἀσπάζεσθαι προσεθίζειν, ‘εἶ’, καὶ νὴ Δία, ὡς ἔνιοι τῶν παλαιῶν, ‘εἶ ἕν’. οὐ γὰρ πολλὰ τὸ θεῖόν ἐστιν, ὡς ἡμῶν ἕκαστος ἐκ μυρίων διαφορῶν ἐν πάθεσι γινομένων ἄθροισμα παντοδαπὸν καὶ πανηγυρικῶς μεμιγμένον· ἀλλ᾿ ἓν εἶναι δεῖ τὸ ὄν, ὥσπερ ὂν τὸ ἕν. ἡ δ᾿ ἑτερότης διαφορᾷ τοῦ ὄντος εἰς γένεσιν ἐξίσταται τοῦ μὴ ὄντος. ὅθεν εὖ καὶ τὸ πρῶτον ἔχει τῷ θεῷ τῶν ὀνομάτων καὶ τὸ δεύτερον καὶ τὸ τρίτον. Ἀπόλλων μὲν γὰρ οἷον ἀρνούμενος τὰ πολλὰ καὶ τὸ πλῆθος ἀποφάσκων ἐστίν, Ἰήιος δ᾿ ὡς εἷς καὶ
Griechische Literatur
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Der Gott als Philosoph Plutarch, Über das E in Delphi 2,385B6–C6 Da nämlich der Gott nicht weniger ein Philosoph als ein Seher ist, schien Ammonios diesbezüglich allen auf die richtige Art und Weise jeden seiner Namen zu bestimmen und zu erklären. Für diejenigen, die beginnen zu lernen und Fragen zu stellen, sei er der Pythios, der Delios und Phanaios aber für diejenigen, denen von der Wahrheit bereits etwas klar werde und aufscheine, der Ismenios aber für diejenigen, die Wissen haben und der Leschenorios sei er für die, die schließlich eifrig und zu ihrem Nutzen im gemeinsamen Gespräch philosophierten. „Da aber“, sagte er, „der Beginn des Philosophierens das Suchen ist, der Beginn des Suchens aber die Verwunderung und Unschlüssigkeit, so scheint konsequenterweise das meiste im Bereich des Gottes in Rätseln verborgen zu sein, die nach einer Überlegung verlangen, weshalb dies so ist, und einer Belehrung über ihre Ursache.“
Anrede an den Gott Plutarch, Über das E in Delphi 17,391F6–392A9 Ich glaube also nicht, dass das Zeichen eine Zahl oder eine Position oder eine Konjunktion oder irgendeinen anderen unvollständigen Redeteil bezeichnet; vielmehr ist es die vollständige Anrede und Begrüßung des Gottes, die zugleich mit ihrem Ausruf denjenigen, der dies formuliert, zu einer Vorstellung von der Macht des Gottes bringt. Denn der Gott spricht jeden, der hierher kommt, als eine Art Gruß mit dem ‚Erkenne dich selbst‘ an, was doch wohl nichts geringeres als ‚Sei gegrüßt‘ ist. Wir wiederum antworten dem Gott und sagen ‚Du bist‘, indem wir an ihn die wahre, untrügliche und als einzige ihm allein zukommende Anrede des Seins richten.
Der Gott ist das Sein Plutarch, Über das E in Delphi 20,393A7–C10 Aber der Gott ist, ‚Du bist!‘ soll man sagen, und er ist nicht im Sinne irgendeines Zeitabschnittes, sondern im Sinne der Ewigkeit, die unbewegt, zeitlos und ohne Abweichungen ist, und wo nichts vorher ist noch später noch künftig noch vergangen noch älter noch jünger, sondern indem die Ewigkeit eine ist, füllt sie in dem einen Jetzt das Immer aus, und nur was ihr entsprechend existiert, ist wahrhaft seiend, weder geworden noch in Zukunft seiend, noch beginnend noch endend. Man muss sich also daran gewöhnen dies folgendermaßen in der Verehrung zu begrüßen: ‚Du bist!‘ und, beim Zeus!, wie einige der Alten, ‚Du bist Eines!‘. Denn das Göttliche ist nicht Vieles, wie ein jeder von uns ein mannigfaltiger und bunt zusammengemischter Haufen aus unzähligen Unterschieden ist, die sich in in Gestalt von Leiden ausprägen. Vielmehr muss das Seiende eines sein, so wie das Eine seiend. Die Verschiedenheit
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μόνος· Φοῖβον δὲ δήπου τὸ καθαρὸν καὶ ἁγνὸν οἱ παλαιοὶ πᾶν ὠνόμαζον […]. οὐκοῦν ἕν τ᾿ εἶναι καὶ ἄκρατον ἀεὶ τῷ ἀφθάρτῳ καὶ καθαρῷ προσήκει.
Der Weg der Seele durch Erkenntnis zum Heil Corpus Hermeticum 10 ἙΡΜΟΥ ΤΡΙΣΜΕΓΙΣΤΟΥ ΚΛΕΙΣ (1) Τὸν χθὲς λόγον, ὦ Ἀσκληπιέ, σοι ἀνέθηκα, τὸν δὲ σήμερον δίκαιόν ἐστι τῷ Τὰτ ἀναθεῖναι, ἐπεὶ καὶ τῶν Γενικῶν λόγων τῶν πρὸς αὐτὸν λελαλημένων ἐστὶν ἐπιτομή. ὁ μὲν οὖν θεὸς καὶ πατὴρ καὶ τὸ ἀγαθόν, ὦ Τάτ, τὴν αὐτῆν ἔχει φύσιν, μᾶλλον δὲ καὶ ἐνέργειαν· [...]. (2) … τοῦτο ὁ θεός, τοῦτο ὁ πατήρ, τοῦτο τὸ ἀγαθόν, ᾧ μηδὲν πρόσεστι τῶν ἄλλων. ὁ μὲν γὰρ κόσμος καὶ ὁ ἥλιος, τῶν κατὰ μετουσίαν καὶ αὐτὸς πατήρ, οὐκέτι δὲ τοῦ ἀγαθοῦ τοῖς ζῴοις ἴσως αἴτιός ἐστιν, οὐδὲ τοῦ ζῆν. εἰ δὲ τοῦτο οὕτως ἔχει, πάντως μέντοι ἀναγκαζόμενος ὑπὸ τοῦ ἀγαθοῦ θελήματος, οὗ χωρὶς οὔτε εἶναι οὔτε γενέσθαι δυνατόν. (3) αἴτιος δὲ ὁ πατὴρ τῶν τέκνων καὶ τῆς σπορᾶς καὶ τῆς τροφῆς, τὴν ὄρεξιν λαβὼν τοῦ ἀγαθοῦ διὰ τοῦ ἡλίου· τὸ γὰρ ἀγαθόν ἐστι τὸ ποιητικόν· τοῦτο δὲ οὐ δυνατὸν ἐγγενέσθαι ἄλλῳ τινὶ ἢ μόνῳ ἐκείνῳ, τῷ μηδὲν μὲν λαμβάνοντι, πάντα δὲ θέλοντι εἶναι· (4) οὕτως ἄρα ταῦτα τῷ δυναμένῳ ἰδεῖν· καὶ γὰρ τοῦτο θέλει εἶναι, καὶ ἔστι καὶ αὐτὸ, μάλιστα δι᾿ αὑτό· καὶ γὰρ τὰ ἄλλα πάντα διὰ τοῦτο ἔστιν. ἴδιον γὰρ τοῦ ἀγαθοῦ τὸ γνωρίζεσθαί ἐστι τὸ ἀγαθόν, ὦ Τάτ. – Ἐπλήρωσας ἡμᾶς, ὦ πάτερ, τῆς ἀγαθῆς καὶ καλλίστης θέας καὶ ὀλίγου δεῖν ἐβέσθη μου ὁ τοῦ νοῦ ὀφθαλμὸς ὑπὸ τῆς τοιαύτης θέας. – Οὐ γάρ, ὥσπερ ἡ τοῦ ἡλίου ἀκτίς, πυρώδης οὖσα, καταυγάζει καὶ μύειν ποιεῖ τοὺς ὀφθαλμούς, οὕτω καὶ ἡ τοῦ ἀγαθοῦ θέα· τοὐναντίον ἐκλάμπει καὶ ἐπὶ τοσοῦτον, ἐφ᾿ ὅσον δύναται ὁ δυνάμενος δέξασθαι τὴν ἐπεισροὴν τῆς νοητῆς λαμπηδόνος· ὀξυτέρα μὲν γάρ ἐστιν εἰς τὸ καθικνεῖσθαι, ἀβλαβὴς δὲ καὶ πάσης ἀθανασίας ἀνάπλεως, (5) ἧς οἱ δυνάμενοι πλέον τι ἀρύσασθαι τῆς θέας κατακοιμίζονται πολλάκις [δὲ] ἀπὸ τοῦ σώματος εἰς τὴν καλλίστην ὄψιν ᾧπερ Οὐρανὸς καὶ Κρόνος, οἱ ἡμέτεροι πρόγονοι, ἐντετυχήκασιν. – Εἴθε καὶ ἡμεῖς, ὦ πάτερ. – Εἴθε γάρ, ὧ τέκνον· νῦν δὲ ἔτι ἀτονοῦμεν πρὸς τὴν ὄψιν καὶ οὔπω ἰσχύομεν ἀναπετάσαι ἡμῶν τοὺς τοῦ νοῦ ὀφθαλμούς, καὶ θεάσασθαι τὸ κάλλος τοῦ ἀγαθοῦ ἐκείνου τὸ ἄφθαρτον, τὸ ἄληπτον. τότε γὰρ αὐτὸ ὄψει, ὅταν μηδὲν περὶ αὐτοῦ ἔχῃς εἰπεῖν. ἡ γὰρ γνῶσις αὐτοῦ καὶ θεία σιωπή ἐστι καὶ καταργία πασῶν τῶν αἰσθήσεων. (6) οὔτε γὰρ ἄλλο τι δύναται νοῆσαι ὁ τοῦτο νοήσας οὔτε ἄλλο τι θεάσασθαι ὁ τοῦτο θεασάμενος οὔτε περὶ ἄλλου τινὸς ἀκοῦσαι οὔτε τὸ σύνολον τὸ σῶμα κινῆσαι· πασῶν γὰρ τῶν σωματικῶν αἰσθήσεών τε καὶ κινήσεων ἐπιλαθόμενος ἀτρεμεῖ· περιλάμψαν δὲ πάντα τὸν νοῦν καὶ τὴν ὅλην ψυχὴν ἀναλάμπει καὶ ἀνέλκει διὰ τοῦ σώματος καὶ ὅλον αὐτὸν εἰς οὐσίαν μεταβάλλει. ἀδύνατον γάρ, ὦ τέκνον, ψυχὴν ἀποθεωθῆναι ἐν σώματι ἀνθρώπου θεασαμένην τοῦ ἀγαθοῦ κάλλος.
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jedoch weicht in ihrer Andersheit zum Sein in das Werden des Nichtseins ab. Daher passt für den Gott der erste wie der zweite und der dritte seiner Namen: Apollon nämlich ist er, weil er gleichsam das Viele ablehnt und die Menge verneint, Iëios aber als einer und einziger; ‚Phoibos‘ hinwiederum haben ja die Alten alles reine und unbefleckte genannt […]. Das Unvergängliche und reine muss also eines und unvermischt sein.
Der Weg der Seele durch Erkenntnis zum Heil Corpus Hermeticum 10 Hermes Trismegistos: Der Schlüssel (1) Hermes: „Das gestrige Gespräch, Asklepios, habe ich dir gewidmet, das heutige werde ich gerechter Weise Tat widmen, weil es sich um einen Auszug aus den ‚Allgemeinen Lehren‘ handelt, die ihm vorgetragen worden sind. Gott-Vater hat dieselbe Natur wie das Gute, Tat, oder vielmehr auch die selbe Wirkkraft.“ … (2) [Hermes:] „… Dies ist Gott, dies der Vater, dies das Gute, mit keinem anderen vergleichbar. Denn der Kosmos und in ihm die Sonne ist zwar auch seinerseits Vater all dessen, was Teil von ihm ist, aber bei ihm liegt vielleicht nicht mehr in gleicher Weise der Ursprung des Guten für die Lebewesen und auch nicht der des Lebens. Wenn sich dies aber so verhält, unterliegt der Kosmos in jeder Weise nun dem Zwang eines Willens, der auf das Gute zielt, ohne den nichts sein oder werden kann. (3) Ein Vater ist nur dann der Urheber seiner Kinder, was ihre Zeugung und ihren Unterhalt angeht, wenn er durch die Sonne das Verlangen, Gutes zu wirken, empfängt. Das Gute nämlich ist das schaffende Prinzip. Dies kann aber keinem anderen innewohnen außer jenem allein, der nichts empfängt, aber will, daß alles existiert. (4) So verhält sich dies für denjenigen, der sehen kann. Denn Gott will, daß es das Gute gibt, und es existiert vor allem durch sich selbst; denn auch alle anderen Dinge existieren durch das Gute. Eine Eigentümlichkeit des Guten ist es nämlich, als das Gute erkannt zu werden, Tat.“ Tat: „Durch dich, Vater, wurden wir von einer guten und wunderbaren Vision erfüllt, und beinahe wäre mein geistiges Auge von einem solchen Anblick geblendet worden.“ Hermes: „Nein, nicht so wie die Strahlen der Sonne in ihrer feurigen Glut blenden und das Blinzeln der Augen bewirken, wirkt die Schau des Guten. Im Gegenteil, sie leuchtet sogar nur in dem Maße, wie einer, wenn er dazu in der Lage ist, das Einströmen des geistigen Glanzes ertragen kann. Denn es dringt stärker in uns ein, ist aber unschädlich und ganz voll von Unsterblichkeit. (5) Diejenigen, die von seinem Anblick etwas mehr aufnehmen können, trennen sich oft vom Körper wie im Schlaf und gelangen zu einer Vision von größter Schönheit, wie es Uranos und Kronos, unsere Vorfahren, erlebt haben.“ Tat: „Wenn es doch auch uns, Vater, so erginge.“ Hermes: „Ja, mein Sohn. Jetzt sind wir aber noch zu schwach für diese Vision und haben nicht die Kraft, die Augen unseres Geistes zu öffnen und die unvergängliche, unfaßbare Schönheit jenes Guten zu schauen. Denn du wirst sie dann schauen, wenn du darüber nichts sagen kannst. Denn ihre Erkenntnis ist göttliches Schweigen und Untätigkeit aller Sinnesorgane. (6) Denn wer diese Schönheit erkennt, kann nichts anderes erkennen, und wer dies schaut, kann nichts anderes
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(14) ἐκ μιᾶς δὲ ἀρχῆς τὰ πάντα ἤρτηται, ἡ δὲ ἀρχὴ ἐκ τοῦ ἑνὸς καὶ μόνου, καὶ ἡ μὲν ἀρχὴ κινεῖται, ἵνα πάλιν ἀρχὴ γένηται, τὸ δὲ ἓν μόνον ἕστηκεν, οὐ κινεῖται. καὶ τρία τοίνυν ταῦτα, ὁ θεὸς καὶ πατὴρ καὶ τὸ ἀγαθόν, καὶ ὁ κόσμος, καὶ ὁ ἄνθρωπος· καὶ τὸν μὲν κόσμον ὁ θεὸς ἔχει, τὸν δὲ ἄνθρωπον ὁ κόσμος· καὶ γίνεται ὁ μὲν κόσμος τοῦ θεοῦ υἱός, ὁ δὲ ἄνθρωπος τοῦ κόσμου, ὥσπερ ἔγγονος. (15) οὐ γὰρ ἀγνοεῖ τὸν ἄνθρωπον ὁ θεός, ἀλλὰ καὶ πάνυ γνωρίζει καὶ θέλει γνωρίζεσθαι. τοῦτο μόνον σωτήριον ἀνθρώπῳ ἐστίν, ἡ γνῶσις τοῦ θεοῦ. αὕτη εἰς τὸν Ὄλυμπον ἀνάβασις· οὕτω μόνον ἀγαθὴ ψυχή, καὶ οὐδέποτε ἀγαθή, κακὴ δὲ γίνεται· κατ᾿ ἀνάγκην γίνεται. – Πῶς τοῦτο λέγεις, ὦ Τρισμέγιστε; – Ψυχὴν παιδὸς θέασαι, ὦ τέκνον, αὐτὴν, διάλυσιν αὐτῆς μηδέπω ἐπιδεχομένην, τοῦ σώματος αὐτῆς ἔτι ὀλίγον ὄγκῳ ὄντος μηδέπω τὸ πᾶν ὠγκωμένου, πῶς καλὴν μὲν βλέπειν πανταχοῦ, μηδέποτε δὲ τεθολωμένην ὑπὸ τῶν τοῦ σώματος παθῶν, ἔτι σχεδὸν ἠρτημένην τῆς τοῦ κόσμου ψυχῆς· ὅταν δὲ ὀγκωθῇ τὸ σῶμα καὶ κατασπάσῃ αὐτὴν εἰς τοὺς τοῦ σώματος ὄγκους, διαλύσασα δὲ ἑαυτὴν ἐγγεννᾷ λήθην, καὶ τοῦ καλοῦ καὶ ἀγαθοῦ οὐ μεταλαμβάνει· ἡ δὲ λήθη κακία γίνεται.
Die göttliche Vorsehung Marc Aurel, Τὰ εἰς ἑαυτόν 6,44 Εἰ μὲν οὖν ἐβουλεύσαντο περὶ ἐμοῦ καὶ τῶν ἐμοὶ συμβῆναι ὀφειλόντων οἱ θεοί, καλῶς ἐβουλεύσαντο· ἄβουλον γὰρ θεὸν οὐδὲ ἐπινοῆσαι ῥᾴδιον· κακοποιῆσαι δέ με διὰ τίνα αἰτίαν ἔμελλον ὁρμᾶν; τί γὰρ αὐτοῖς ἢ τῷ κοινῷ, οὗ μάλιστα προνοοῦνται, ἐκ τούτου περιεγένετο; εἰ δὲ μὴ ἐβουλεύσαντο κατ᾿ ἰδίαν περὶ ἐμοῦ, περί γε τῶν κοινῶν πάντως ἐβουλεύσαντο, οἷς κατ᾿ ἐπακολούθησιν καὶ ταῦτα συμβαίνοντα ἀσπάζεσθαι καὶ στέργειν ὀφείλω. εἰ δ᾿ ἄρα περὶ μηδενὸς βουλεύονται (πιστεύειν μὲν οὐχ ὅσιον ἢ μηδὲ θύωμεν μηδὲ εὐχώμεθα μηδὲ ὀμνύωμεν μηδὲ τὰ ἄλλα πράσσωμεν, ἃπερ ἕκαστα ὡς πρὸς παρόντας καὶ συμβιοῦντας τοὺς θεοὺς πράσσομεν), εἰ δ᾿ ἄρα περὶ μηδενὸς τῶν καθ᾿ ἡμᾶς βουλεύονται, ἐμοὶ γοῦν ὅμως ἔξεστι περὶ ἐμαυτοῦ βουλεύεσθαι, ἐμοὶ δέ ἐστι σκέψις περὶ τοῦ συμφέροντος. συμφέρει δὲ ἑκάστῳ τὸ κατὰ τὴν ἑαυτοῦ κατασκευὴν καὶ φύσιν· ἡ δὲ ἐμὴ φύσις λογικὴ καὶ πολιτική. Πόλις καὶ πατρὶς ὡς μὲν Ἀντωνίνῳ μοι ἡ Ῥώμη, ὡς δὲ ἀνθρώπῳ ὁ κόσμος. τὰ ταῖς πόλεσιν οὖν ταύταις ὠφέλιμα μόνα ἐστί μοι ἀγαθά.
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sehen und nichts anderes hören, und überhaupt kann er den Körper nicht bewegen. Er vergißt alle körperlichen Wahrnehmungen und Bewegungen und ist ohne jegliche Regung. Sie (die Schönheit des Guten) umstrahlt den Geist gänzlich, läßt die ganze Seele wieder aufleuchten, zieht sie durch den Körper hinauf und verwandelt ihn (den inneren Menschen) ganz in wahres Sein. Denn es ist unmöglich, mein Sohn, daß eine Seele, solange sie im Körper des Menschen weilt, die Schönheit des Guten schaut und vergottet wird.“ (14) [Hermes:] „Von einem einzigen Anfang hängt das All ab, der Anfang aber hängt vom Einen und Einzigen ab, und der Anfang bewegt sich, damit er wieder zum Anfang wird, das Eine und Einzige aber steht fest und bewegt sich nicht. Ferner nun gibt es diese drei: (erstens) Gott-Vater und das Gute, (zweitens) den Kosmos und (drittens) den Menschen. Und Gott umfaßt den Kosmos, der Kosmos den Menschen. Und der Kosmos entsteht als Sohn Gottes, der Mensch als Sohn des Kosmos, gleichsam ein Enkelsohn. (15) Gott ist nicht in Unkenntnis über den Menschen, sondern er kennt ihn durchaus und will erkannt werden. Das allein bedeutet für den Menschen Heil, die Erkenntnis Gottes. Das ist der Aufstieg zum Olymp. Allein auf diese Weise ist die Seele gut; und niemals wird eine Seele gut, sondern nur schlecht; das geschieht zwangsläufig so.“ Tat: „Wie meinst du das, Trismegistos?“ Hermes: „Betrachte die Seele eines Kindes, mein Sohn, für sich genommen, wenn sie ihre Trennung noch nicht erfahren hat und der Körper, in dem sie weilt, noch klein an Masse und noch nicht ganz ausgewachsen ist, wie schön sie in jeder Hinsicht anzusehen ist, noch nicht beeinträchtigt von den körperlichen Affekten, da sie beinahe noch an der Weltseele hängt. Wenn der Körper aber gewachsen ist und in seiner Größe und Schwere die Seele zu sich hinabgezogen hat, löst sie sich, läßt Vergessen entstehen und hat keinen Anteil am Schönen und Guten. Das Vergessen aber wird zur Schlechtigkeit.“
Die göttliche Vorsehung Marc Aurel, An sich selbst 6,44 (1) Gesetzt, die Götter haben über mich und das, was mir geschehen soll, eine Bestimmung getroffen – dann ist es eine gute Bestimmung. Denn ein Gott ohne die Fähigkeit zu planen und zu bestimmen ist nicht leicht vorstellbar; und aus welchem Grund hätten sie darauf aus sein sollen, mir zu schaden? (2) Denn welchen Vorteil hätten sie selbst oder die Gesamtheit, auf die ihre Fürsorge vor allem gerichtet ist, davon haben können? (3) Wenn sie aber nicht über mich im Besonderen bestimmt haben, so haben sie doch jedenfalls über die Gesamtheit bestimmt; und weil das, was mir geschieht, eine begleitende Folge davon ist, muss ich es hinnehmen und damit zufrieden sein. (4) Gesetzt aber, sie bestimmen über gar nichts – das zu glauben ist freilich nicht fromm, sonst sollten wir auch nicht opfern und beten und schwören und alles andere tun, was wir im Umgang mit Göttern zu tun pflegen, wie mit anwesenden und mit uns zusammenlebenden Personen – gesetzt also, sie bestimmen über nichts, was uns angeht, so habe ich doch jedenfalls die Fähigkeit, über mich selbst zu bestimmen; und meine Überlegung richtet sich dabei auf das mir Zuträgliche. (5) Zuträglich aber ist für jeden das, was seiner eignenen Konstitution und Natur ent-
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Wer gemäß dem Logos lebt, ist Christ Iustinus Martyr, Apologia Maior 46 (1) Ἵνα δὲ μή τινες ἀλογισταίνοντες εἰς ἀποτροπὴν τῶν δεδιδαγμένων ὑφ᾿ ἡμῶν εἴπωσι πρὸ ἐτῶν ἑκατὸν πεντήκοντα γεγεννῆσθαι τὸν Χριστὸν λέγειν ἡμᾶς ἐπὶ Κυρηνίου, δεδιδαχέναι δέ, ἅ φαμεν διδάξαι αὐτόν, ὕστερον χρόνοις ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου, καὶ ἐπικαλῶσιν ὡς ἀνευθύνων ὄντων τῶν προγεγενημένων πάντων ἀνθρώπων, φθάσαντες τὴν ἀπορίαν λυσόμεθα. (2) τὸν Χριστὸν πρωτότοκον τοῦ θεοῦ εἶναι ἐδιδάχθημεν καὶ προεμηνύσαμεν, Λόγον ὄντα, οὗ πᾶν γένος ἀνθρώπων μετέσχε. (3) καὶ οἱ μετὰ Λόγου βιώσαντες Χριστιανοὶ ἦσαν, κἂν ἄθεοι ἐνομίσθησαν, οἷον ἐν Ἕλλησι μὲν Σωκράτης καὶ Ἡράκλειτος καὶ οἱ ὅμοιοι αὐτοῖς, ἐν βαρβάροις δὲ Ἀβραὰμ καὶ Ἀνανίας καὶ Ἀζαρίας καὶ Μισαὴλ καὶ Ἠλίας καὶ ἄλλοι πολλοί, ὧν τὰς πράξεις ἢ τὰ ὀνόματα καταλέγειν μακρὸν εἶναι ἐπιστάμενοι τανῦν παραιτούμεθα. (4) ὥστε καὶ οἱ προγενόμενοι ἄνευ Λόγου βιώσαντες, ἄχρηστοι καὶ ἐχθροὶ τῷ Χριστῷ ἦσαν καὶ φονεῖς τῶν μετὰ λόγου βιούντων· οἱ δὲ μετὰ Λόγου βιώσαντες καὶ βιοῦντες Χριστιανοὶ καὶ ἄφοβοι καὶ ἀτάραχοι ὑπάρχουσι.
Samenkörner der (christlichen) Wahrheit bei den Griechen Iustinus Martyr, Apologia Minor 13 (2) Χριστιανὸς εὑρεθῆναι καὶ εὐχόμενος καὶ παμμάχως ἀγωνιζόμενος ὁμολογῶ, οὐχ ὅτι ἀλλότριά ἐστι τὰ Πλάτωνος διδάγματα τοῦ Χριστοῦ, ἀλλ᾿ ὅτι οὐκ ἔστι πάντῃ ὅμοια, ὥσπερ οὐδὲ τὰ τῶν ἄλλων, Στωϊκῶν τε καὶ ποιητῶν καὶ συγγραφέων. (3) ἕκαστος γάρ τις ἀπὸ μέρους τοῦ σπερματικοῦ θείου Λόγου τὸ συγγενὲς ὁρῶν καλῶς ἐφθέγξατο· οἱ δὲ τἀναντία αυτοῖς ἐν κυριωτέροις εἰρηκότες οὐκ ἐπιστήμην τὴν ἄπτωτον καὶ γνῶσιν τὴν ἀνέλεγκτον φαίνονται ἐσχηκέναι. (4) ὅσα οὖν παρὰ πᾶσι καλῶς εἴρηται, ἡμῶν τῶν Χριστιανῶν ἐστι· τὸν γὰρ ἀπὸ ἀγεννήτου καὶ ἀρρήτου θεοῦ Λόγον μετὰ τὸν θεὸν προσκυνοῦμεν καὶ ἀγαπῶμεν, ἐπειδὴ καὶ δι᾿ ἡμᾶς ἄνθρωπος γέγονεν, ὅπως [καὶ] τῶν παθῶν τῶν ἡμετέρων συμμέτοχος γενόμενος καὶ ἴασιν ποιήσηται. (5) οἱ γὰρ συγγραφεῖς πάντες διὰ τῆς ἐνούσης ἐμφύτου τοῦ Λόγου σπορᾶς ἀμυδρῶς ἐδύναντο ὁρᾶν τὰ ὄντα. (6) ἕτερον γάρ ἐστι σπέρμα
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spricht; meine Natur aber ist die eines vernünftigen und zu einer staatlichen Gemeinschaft gehörenden Wesens. (6) Mein Staat, mein Vaterland ist für mich als Antonius Rom, für mich als Mensch aber der Kosmos. Was also für diese zwei Staaten nützlich ist, das allein ist für mich gut.
Wer gemäß dem Logos lebt, ist Christ Justin, Apologia Maior 46 (1) Mögen auch einige aus Unverstand unsere Lehren zurückweisen und uns beschuldigen [wollen], als laufe unsere Aussage, Christus sei vor 150 Jahren unter Quirinius geboren und habe noch später, unter Pontius Pilatus, das gelehrt, was wir als seine Lehre ausgeben, [darauf hinaus,] die gesamte vorher lebende Menschheit aus ihrer Verantwortung [sc. für ihren Glauben oder ihre Lebensführung] zu entlassen, so werden wir, um dem entgegenzuwirken, diese Denkschwierigkeit im voraus beheben. (2) Belehrt darüber, dass Christus der Erstgeborene Gottes sei (vgl. Kol 1,15), haben wir bereits früher1 erwähnt, er sei der Logos [sc. die Weltvernunft], an dem das gesamte Menschengeschlecht Anteil hat. (3) Die sich von ihm leiten ließen, waren Christen, auch wenn sie als gottlos galten, wie z.B. unter den Griechen Sokrates2 und Heraklit3 und die anderen diesen Gleich[gesinnt]en, unter den Barbaren Abraham (Gen 11–25 u.ö.), Ananeja (Neh 3,23; 11,32), Asarja (Jer 43,2; Tob 5,13), Mischaël (Dan 1,6; 1 Makk 2,59), Elija (1 Kön 17 u.ö.) und viele andere, deren Taten und Namen aufzuzählen wir im Augenblick unterlassen, wissend, dass es zu weit führen würde. (4) Daraus ergibt sich: Die vorher [sc. vor dem Erscheinen Christi] nicht von der Vernunft geleitet lebten, taugten zu nichts [Gutem] und waren Feinde Christi und Mörder derer, die nach den Gesetzen des Logos lebten; die aber vernunftgemäß lebten und leben, sind Christen, und das, ohne sich zu fürchten und zu beunruhigen4.
Samenkörner der (christlichen) Wahrheit bei den Griechen Justin, Apologia Minor 13 (2) Dass ich [indes] als Christ erfunden werden möge, darum, so bekenne ich, bete und ringe ich aus aller meiner Macht, nicht weil die Lehren Platons denjenigen Christi [völlig] fremd wären, wohl aber deshalb, weil sie nicht in allem an sie heranreichen; desgleichen die der andern: der Stoiker, der Dichter und Geschichtsschreiber. (3) Jeder von ihnen hat kraft seines Anteils an dem Samenkörner [der Wahrheit] austeilenden [oder: samenhaften] göttlichen Logos erkannt, was zu ihm in ver1
Apol. I 21,1; 23,2; 28,3. Vgl. Apol. I 3; Apol. II 3,6; 7,3; 10,5–8. 3 Vgl. Apol. II 8,1. 4 So schreibt Justin, der selbst schließlich zum Blutzeugen für seinen Glauben werden sollte! 2
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τινὸς καὶ μίμημα κατὰ δύναμιν δοθέν, καὶ ἕτερον αὐτὸ οὗ κατὰ χάριν τὴν ἀπ᾿ ἐκείνου ἡ μετουσία καὶ μίμησις γίνεται.
Die verschlüsselte Redeweise der Ägypter Clemens Alexandrinus, Stromateis V 4,19,1–4 Ἀλλ᾿ ἐπεὶ μήτε τῷ ἀγαθῷ δικαίως μήτε τῇ γνώσει εἰς σωτηρίαν πιστεύειν ἐθέλουσιν, ἡμεῖς αὐτοὶ τὰ ἐκείνων ἴδια ἡγούμενοι ὅτι πάντα τοῦ θεοῦ, καὶ μάλιστα ἐπειδὴ τὰ καλὰ παρ᾿ ἡμῶν ὥρμηται τοῖς Ἕλλησιν, ἐγχειρῶμεν αὐτοῖς, ὡς ἀκούειν πεφύκασι· τὸ γὰρ συνετὸν ἤτοι τὸ δίκαιον ὁ πολὺς οὗτος ὄχλος οὐκ ἐκ τῆς ἀληθείας, ἀλλ᾿ ἐξ ὧν ἂν ἡσθῇ, δοκιμάζει. ἥδοιτο δ᾿ ἂν οὐχ ἑτέροις μᾶλλον ἢ τοῖς ὁμοίοις αὐτοῦ· ὅσον γὰρ τυφλὸν ἔτι καὶ κωφόν, οὐ ξύνεσιν ἔχον οὐδὲ φιλοθεάμονος ψυχῆς ὄψιν ἀθαμβῆ τε καὶ ὀξυδερκῆ, ἣν ὁ σωτὴρ ἐντίθησι μόνος, ὥσπερ ἐν τελεταῖς ἀμύητον ἢ ἐν χορείαις ἄμουσον, οὔπω καθαρὸν οὐδὲ ἄξιον ἁγνῆς ἀληθείας, ἐκμελὲς δὲ καὶ ἄτακτον καὶ ὑλικόν, ἔτι ἔξω θείου χοροῦ ἵστασθαι δεῖ· πνευματικοῖς [τε] γὰρ πνευματικὰ συγκρίνομεν. διὰ τοῦτό τοι τῆς ἐπικρύψεως τὸν τρόπον, θεῖον ὄντα ὡς ἀληθῶς καὶ ἀναγκαιότατον ἡμῖν ἐν τῷ ἀδύτῳ τῆς ἀληθείας ἀποκείμενον, ἱερὸν ἀτεχνῶς λόγον, Αἰγύπτιοι μὲν διὰ τῶν παρ᾿ αὐτοῖς ἀδύτων καλουμένων, Ἑβραῖοι δὲ διὰ τοῦ παραπετάσματος ᾐνίξαντο, μόνοις ἐξῆν ἐπιβαίνειν αὐτῶν τοῖς ἱερωμένοις, τουτέστι τοῖς ἀνακειμένοις τῷ θεῷ, τοῖς περιτετμημένοις τὰς τῶν παθῶν ἐπιθυμίας διὰ τὴν πρὸς μόνον τὸ θεῖον ἀγάπην· οὐ καθαρῷ γὰρ καθαροῦ ἐφάπτεσθαι οὐ θεμιτὸν εἶναι συνεδόκει καὶ Πλάτωνι.
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wandtschaftlicher Beziehung steht, und [insoweit] Richtiges verkündet; doch haben sie in den wichtigeren Fragen einander widersprochen und damit erwiesen, dass sie kein [tiefer] eindringendes [?] Wissen1 und keine unwiderlegliche Erkenntnis besitzen. (4) Was sich hingegen bei allen an zutreffenden Aussagen findet, das kommt uns Christen zu; denn wir verehren und lieben nächst Gott den von ihm, dem ungewordenen und unaussprechlichen Gott, ausgegangenen Logos. Ist er doch um unseretwillen Mensch geworden, um als Genosse unserer Leiden Heilung zu wirken. (5) All die Schriftsteller konnten kraft der ihnen innewohnenden Aussaat des Logos nur schattenhaft das Seiende schauen. (6) Denn es ist ein Unterschied zwischen dem Samen, der Nachbildung einer Sache, wie sie entsprechend der [sc. unserer beschränkten Aufnahme-]Fähigkeit verliehen wird, und der Sache selbst, um derentwillen es Teilnahme und Nachbildung [überhaupt] gibt.2
Die verschlüsselte Redeweise der Ägypter Klemens von Alexandrien, Stromateis V 4,19,1–4 Aber da sie (sc. die Griechen) weder, wie es recht und billig ist, dem Guten noch der Erkenntnis zum Heile Glauben schenken wollen, wollen wir selbst ihnen begegnen, wie sie es ihrer Natur nach hören können, weil wir das Ihre als unseren Besitz ansehen, da alles Gott gehört, und vor allem da gerade das Edle von uns auf die Griechen gekommen ist. Denn das Verständige oder das Gerechte bestimmt diese große Masse nicht nach der Wahrheit, sondern nach dem, was ihr Lust bereitet. Sie dürfte aber an nichts anderem eher Lust empfinden als an dem, was ihr gleich ist. Denn das, was noch blind und taub ist, ohne Verstand und ohne die furchtlose und scharfsichtige Sicht einer Seele, welche die Kontemplation liebt, eine Sicht, die nur der Heiland eingibt, das muss, wie in den Mysterien das Nichteingeweihte und in Reigentänzen das Unmusikalische, noch außerhalb des göttlichen Reigens gestellt werden, da es noch nicht rein ist und noch nicht der reinen Wahrheit würdig, sondern unhar1 Die Übersetzung folgt hier dem überlieferten Text, der ἄποπτον (von ἀφοράω) = lat. conspicuus bietet. Der Herausgeber der nebenstehenden neuesten, erstmals kritischen Ausgabe, M. Marcovich, konjiziert jedoch, wie gesehen, im Sinne des stoischen Postulats einer ἄπτωτος ἐπιστήμη (eines „unfehlbaren Wissens“), wofür ebenfalls sprechen könnte, dass auch die Variante ἄπωπτος überliefert ist. 2 Vgl. dazu aus der „ersten“ Apologie auch etwa Kap. 59f. (Altersbeweis für das Christentum, mit der bemerkenswerten Pointe: „Nicht wir sind es, die dasselbe wie die anderen [sc. die heidnischen Philosophen] lehren; vielmehr sind sie es, die sämtlich mit ihren Lehren die unsern nachahmen. Nun aber kann man das bei uns selbst von solchen hören und erfahren, die nicht einmal das Alphabet kennen, ungebildeten Leuten von barbarischer Sprache, die doch weise und glaubwürdig sind, was wirkliche Klugheit anlangt, sowie von Lahmen und Blinden; daraus ist zu ersehen, dass, was wir behaupten, nicht aus Menschenweisheit, sondern aus Gottes Kraft stammt“ [60,10f.; vgl. 1 Kor 1,18ff.]). Im Hintergrund steht wohl auch hier der Vorwurf der „Neuheit“ des Christentums (während, was als wahr gelten soll, erwiesenermaßen alt sein muss); er ist jedoch schwerlich der eigentliche Antrieb zur Ausbildung von Justins Lehre vom Logos spermatikos gewesen.
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Gott braucht keinen Tempel Clemens Alexandrinus, Stromateis V 11,74,3–77,2 Πάλιν ὁ Μωυσῆς οὐκ ἐπιτρέπων βωμοὺς καὶ τεμένη πολλαχοῦ κατασκευάζεσθαι, ἕνα δ᾿ οὖν νεὼν ἱδρυσάμενος τοῦ θεοῦ, μονογενῆ τε κόσμον, ὥς φησιν ὁ Βασιλείδης, καὶ τὸν ἕνα, ὡς οὐκέτι τῷ Βασιλείδῃ δοκεῖ, κατήγγελλε θεόν. καὶ ὅτι οὐ περιλαμβάνει τόπῳ τὸ ἀπερίληπτον ὁ γνωστικὸς Μωυσῆς, ἀφίδρυμα οὐδὲν ἀνέθηκεν εἰς τὸν νεὼν σεβάσμιον, ἀόρατον καὶ ἀπερίγραφον δηλῶν εἶναι τὸν θεόν, προσάγων δὲ ἁμῇ γέ πῃ εἰς ἔννοιαν τοῦ θεοῦ τοὺς Ἑβραίους διὰ τῆς τιμῆς τοῦ κατὰ τὸν νεὼν ὀνόματος. ἀλλὰ γοῦν κωλύων ὁ λόγος τάς τε τῶν ἱερῶν κατασκευὰς καὶ τὰς θυσίας ἁπάσας τὸ μὴ ἔν τινι εἶναι τὸν παντοκράτορα αἰνίσσεται δι᾿ ὧν φησι· »ποῖον οἶκον οἰκοδομήσετέ μοι; λέγει κύριος. ὁ οὐρανός μοι θρόνος» καὶ τὰ ἑξῆς. περί τε τῶν θυσιῶν ὁμοίως· «αἷμα ταύρων καὶ στέαρ ἀρνῶν οὐ βούλομαι», καὶ ὅσα ἐπὶ τούτοις διὰ τοῦ προφήτου τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἀπαγορεύει. παγκάλως τοίνυν καὶ ὁ Εὐριπίδης συνᾴδει τούτοις γράφων· ποῖος δ᾿ ἂν οἶκος τεκτόνων πλασθεὶς ὕπο δέμας τὸ θεῖον περιβάλοι τοίχων πτυχαῖς; καὶ ἐπὶ τῶν θυσιῶν ὡσαύτως λέγει· δεῖται γὰρ ὁ θεός, εἴπερ ἔστ᾿ ὀρθῶς θεός, · ἀοιδῶν οἵδε δύστηνοι λόγοι. »οὐ γὰρ χρείας ἕνεκεν ὁ θεὸς πεποίηκεν τὸν κόσμον, ἵνα τιμὰς πρός τε ἀνθρώπων καὶ πρὸς θεῶν τῶν ἄλλων καὶ δαιμόνων», φησὶν ὁ Πλάτων, «καρποῖτο, οἷον πρόσοδόν τινα ἀπὸ τῆς γενέσεως ἀρνύμενος, παρὰ μὲν ἡμῶν καπνούς, παρὰ δὲ θεῶν καὶ δαιμόνων τὰς οἰκείας λειτουργίας.» διδασκαλικώτατα ἄρα ὁ Παῦλος ἐν ταῖς Πράξεσι τῶν ἀποστόλων «ὁ θεὸς ὁ ποιήσας τὸν κόσμον» φησὶ «καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτῷ, οὗτος οὐρανοῦ καὶ γῆς κύριος ὑπάρχων οὐκ ἐν χειροποιήτοις ναοῖς κατοικεῖ, οὐδὲ ὑπὸ χειρῶν ἀνθρωπίνων θεραπεύεται προσδεόμενός τινος, αὐτὸς διδοὺς πᾶσι πνοὴν καὶ ζωὴν καὶ τὰ πάντα.» λέγει δὲ καὶ Ζήνων ὁ τῆς Στωϊκῆς κτίστης αἱρέσεως ἐν τῷ τῆς πολιτείας βιβλίῳ μήτε ναοὺς δεῖν ποιεῖν μήτε ἀγάλματα· μηδὲν γὰρ εἶναι τῶν θεῶν ἄξιον κατασκεύασμα, καὶ γράφειν οὐ δέδιεν αὐταῖς λέξεσι τάδε· «ἱερά τε οἰκοδομεῖν οὐδὲν δεήσει· ἱερὸν γὰρ μὴ πολλοῦ ἄξιον καὶ ἅγιον οὐδὲν χρὴ νομίζειν· οὐδὲν δὲ πολλοῦ ἄξιον καὶ ἅγιον οἰκοδόμων ἔργον καὶ βαναύσων.» εἰκότως οὖν καὶ Πλάτων, νεὼν τοῦ θεοῦ τὸν κόσμον εἰδώς, τοῖς πολίταις ἐναπέδειξεν χωρίον τῆς πόλεως, ἵνα ἔμελλεν ἀνακεῖσθαι αὐτοῖς τὰ εἴδωλα, ἰδίᾳ δὲ ἀπεῖπεν μηδενὶ κεκτῆσθαι θεῶν ἀγάλματα. «μηδεὶς οὖν ἑτέρως», φησίν, «ἱερὰ καθιερούτω θεοῖς· χρυσὸς μὲν γὰρ καὶ ἄργυρος ἐν ἄλλαις [τε] πόλεσιν ἰδίᾳ καὶ ἐν ἱεροῖς ἐστιν ἐπίφθονον κτῆμα· ἐλέφας δὲ ἀπολελοιπότος ψυχὴν
Griechische Literatur
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monisch und ungeordnet und im Materiellen verhaftet. Denn wir deuten den Geistigen die geistigen Dinge. Deswegen haben die Ägypter die Redeweise des Verbergens, die wahrhaftig göttlich ist und für uns als lebensnotwendiges Gut im geheimen Tempelraum der Wahrheit zurückgelegt ist, eine überaus heilige Kunde, durch die Räume symbolisiert, die bei ihnen geheime Tempelräume genannt werden, die Hebräer aber durch den Tempelvorhang. Einzig den zu Priestern Geweihten war es erlaubt, sie zu betreten, das heißt, denen, die Gott geweiht waren, die an den Begierden der Leidenschaften beschnitten waren durch die ausschließlich auf Gott gerichtete Liebe. Denn auch Platon war der Meinung, dass es dem Unreinen nicht erlaubt sei, das Reine zu berühren.
Gott braucht keinen Tempel Klemens von Alexandrien, Stromateis V 11,74,3–77,2 Dadurch, dass Moses es nicht gestattete, an vielen Orten Altäre und heilige Bezirke zu errichten, sondern einen einzigen Tempel Gottes gründete, verkündete er den eingeborenen Himmel, wie Basilides sagt, und – was Basilides nicht mehr billigen würde – den einen Gott. Und weil der Gnostiker Moses nicht an einem Ort das Unfassbare einfasst, stellte er im Tempel keine verehrungswürdige Statue als Weihegeschenk auf, wodurch er klar zeigte, dass Gott unsichtbar und unbegrenzt ist, und irgendwie die Hebräer zu einer Vorstellung von Gott durch die Verehrung des Namens im Tempel führte. Aber sicherlich deutet der Logos dadurch, dass er die Errichtung von Heiligtümern und alle Opfer verbietet, rätselhaft an, dass der Allmächtige sich nicht in irgendeinem Heiligtum befindet, indem er sagt: „Welches Haus wollt ihr mir bauen? spricht der Herr. Der Himmel ist mein Thron“ usw. Über die Opfer in gleicher Weise: „Stierblut und Lammfett will ich nicht“, und all das, was zusätzlich dazu durch den Propheten der heilige Geist verbietet. Überaus schön harmoniert nun auch freilich Euripides mit diesen Vorschriften, wenn er schreibt: „Welches Haus, gebaut von Baumeistern, könnte wohl den göttlichen Leib in den Falten der Mauern umfassen?“ Und über die Opfer spricht er folgendermaßen: „Denn ein Gott – wenn er denn ein richtiger Gott ist – bedarf nichts; dies sind unglückselige Reden der Sänger.“ Denn nicht aus einem Bedürfnis heraus hat Gott den Kosmos geschaffen, um Ehren von den Menschen und von den anderen Göttern und Dämonen zu ernten, sagt Platon, gleichsam als ob er nach einem Einkommen aus der Schöpfung trachtete, von uns Rauch, von Göttern und Dämonen die ihnen eigenen Dienstleistungen. Überaus Lehrhaftes spricht Paulus in der Apostelgeschichte: „Der Gott, der die Welt geschaffen hat“, sagt er, „und alles was in ihr ist, er, welcher Herr des Himmels und der Erde ist, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind, und wird auch nicht von Menschenhänden bedient, als bedürfte er zusätzlich noch irgendeiner Sache, wo er doch selbst allen Atem und Leben und alles schenkt“. Aber auch Zenon, der Begründer der stoischen Schule behauptet in der Schrift über den Staat, dass man weder Tempel bauen dürfe noch Götterbilder. Denn nichts handwerklich Gefertigtes sei der Götter würdig. Und er scheute es nicht, wortgetreu folgendes zu schreiben: „Heiligtümer (hiera) zu bauen wird keineswegs nötig sein. Denn nichts darf für heilig
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
σώματος οὐκ εὐαγὲς ἀνάθημα· σίδηρος δὲ καὶ χαλκὸς πολέμων ὄργανα· ξύλου δὲ μονόξυλον, ὅ τι ἂν θέλῃ τις, ἀνατιθέτω, ὡσαύτως καὶ λίθου πρὸς τὰ κοινὰ ἱερά.»
Erkenntnis als vollkommener Glaube Clemens Alexandrinus, Stromateis VII 10,55.57 (55,1) Ἔστιν γάρ, ὡς ἔπος εἰπεῖν, ἡ γνῶσις τελείωσίς τις ἀνθρώπου ὡς ἀνθρώπου, διὰ τῆς τῶν θείων ἐπιστήμης συμπληρουμένη κατά τε τὸν τρόπον καὶ τὸν βίον καὶ τὸν λόγον, σύμφωνος καὶ ὁμόλογος (2) ἑαυτῇ τε καὶ τῷ θείῳ λόγῳ. διὰ ταύτης γὰρ τελειοῦται ἡ πίστις, ὡς τελείου τοῦ πιστοῦ ταύτῃ μόνως γιγνομένου. πίστις μὲν οὖν ἐνδιάθετόν τί ἐστιν ἀγαθόν, καὶ ἄνευ τοῦ ζητεῖν τὸν θεὸν ὁμολογοῦσα εἶναι τοῦτον καὶ δοξάζουσα ὡς ὄντα. (3) ὅθεν χρή, ἀπὸ ταύτης ἀναγόμενον τῆς πίστεως καὶ αὐξηθέντα ἐν αὐτῇ χάριτι τοῦ θεοῦ, τὴν περὶ αὐτοῦ κομίσασθαι ὡς οἷόν τέ ἐστιν γνῶσιν. … (5) πλὴν ἀλλὰ τὸ μὴ διστάσαι περὶ θεοῦ, πιστεῦσαι δὲ θεμέλιος γνώσεως, ἄμφω δὲ ὁ Χριστός, ὅ τε θεμέλιος ἥ τε ἐποικοδομή, δι᾿ οὗ καὶ ἡ ἀρχὴ καὶ τὰ τέλη. (6) καὶ τὰ μὲν ἄκρα οὐ διδάσκεται, ἥ τε ἀρχὴ καὶ τὸ τέλος, πίστις λέγω καὶ ἡ ἀγάπη, ἡ γνῶσις δὲ ἐκ παραδόσεως διαδιδομένη κατὰ χάριν θεοῦ τοῖς ἀξίους σφᾶς αὐτοὺς τῆς διδασκαλίας παρεχομένοις οἷον παρακαταθήκη ἐγχειρίζεται, ἀφ᾿ ἧς τὸ τῆς ἀγάπης ἀξίωμα ἐκλάμπει ἐκ φωτὸς εἰς φῶς. εἴρηται γὰρ «τῷ ἔχοντι προστεθήσεται», τῇ μὲν πίστει ἡ γνῶσις, τῇ δὲ γνώσει ἡ ἀγάπη, τῇ ἀγάπῃ δὲ ἡ κληρονομία. (57,3) ἡ μὲν οὖν πίστις σύντομός ἐστιν, ὡς εἰπεῖν, τῶν κατεπειγόντων γνῶσις, ἡ γνῶσις δὲ ἀπόδειξις τῶν διὰ πίστεως παρειλημμένων ἰσχυρὰ καὶ βέβαιος, διὰ τῆς κυριακῆς διδασκαλίας ἐποικοδομουμένη τῇ πίστει εἰς τὸ ἀμετάπτωτον καὶ μετ᾿ ἐπιστήμης [καὶ] καταληπτὸν παραπέμπουσα. (4) καί μοι δοκεῖ πρώτη τις εἶναι μεταβολὴ σωτήριος ἡ ἐξ ἐθνῶν εἰς πίστιν, ὡς προεῖπον, δευτέρα δὲ ἡ ἐκ πίστεως εἰς γνῶσιν· ἣ δέ, εἰς ἀγάπην περαιουμένη, ἐνθένδε ἤδη φίλον φίλῳ τὸ γιγνῶσκον τῷ γιγνωσκομένῳ παρίστησιν. (5) καὶ τάχα ὁ τοιοῦτος ἐνθένδε ἤδη προλαβὼν ἔχει τὸ «ἰσάγγελος» εἶναι...
Griechische Literatur
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(hieron) erachtet werden, was nicht wertvoll und heilig (hagion) ist; kein Werk von Bauleuten und Handwerkern ist jedoch wertvoll und heilig.“ Mit Recht hat auch Platon, weil er wusste, dass die Welt Gottes Tempel ist, den Bürgern einen Ort der Stadt gewiesen, wo von ihnen die Götterbilder aufgestellt werden sollten, aber privaten Besitz von Götterbildern verboten. „Kein anderer soll also“, spricht er, „den Göttern heilige Dinge weihen; denn zum einen sind in anderen Städten Gold und Silber privat wie in den Heiligtümern ein Besitz, der Neid erregt; zum anderen ist Elfenbein, weil es von einem Körper kommt, der die Seele verlassen hat, kein reines Weihgeschenk; Eisen aber und Bronze sind Werkzeuge des Krieges. Aus Holz aber soll einer nach Belieben etwas weihen, was aus einem einzigen Stück Holz verfertigt ist, und ebenso aus Stein, für die gemeinsamen Heiligtümer.“
Erkenntnis als vollkommener Glaube Klemens von Alexandrien, Stromateis VII 10,55.57 (55,1) Es ist sozusagen die Erkenntnis eine Art Vervollkommnung des Menschen als Menschen, welche, im Wissen von den göttlichen Dingen begründet, in Charakter, Lebensführung und Rede zur Erfüllung kommt und mit sich selbst wie mit dem göttlichen Wort in Einklang und Übereinstimmung steht. (2) Denn durch sie vollendet sich der Glaube, da der Glaube allein durch sie vollkommen wird. Der Glaube nun ist ein innerliches Gut; ohne nach Gott zu forschen, bekennt er, daß er [Gott] sei, und preist ihn als Seienden. (3) Darum muß man, von diesem Glauben seinen Ausgang nehmend und in ihm durch göttliche Gnade wachsend, so viel als möglich an Erkenntnis von ihm [Gott] zu gewinnen trachten. ... (5) Andererseits basiert die Erkenntnis darauf, daß man in bezug auf Gott nicht zweifelt, sondern glaubt; Christus aber ist sowohl das Fundament wie der darauf errichtete Bau, weil sich ihm Anfang wie Ende verdankt. (6) Die beiden Pole, Ausgang und Ziel [dieses Aufstiegs] – ich meine Glaube und Liebe –, sind nicht selbst Gegenstand der Lehre; wohl aber wird die Erkenntnis, die sich durch Überlieferung nach der Gnade Gottes fortpflanzt, denen als Unterpfand anvertraut, die sich der Belehrung als würdig erweisen, und aus ihr leuchtet die Würde der Liebe in immer hellerem Licht hervor. (7) Heißt es doch: „Wer da hat, dem wird hinzugegeben“ (vgl. Mt 13,13 par.): dem Glauben die Erkenntnis, der Erkenntnis die Liebe, der Liebe das [himmlische] Erbteil. (57,3) Der Glaube ist also gleichsam eine abrisshafte Erkenntnis des [Heils-]Notwendigen, die Erkenntnis aber der feste und sichere Beweis für das, was der Glaube angenommen hat; denn sie ist durch die Lehre des Herrn auf dem Glauben aufgebaut und geleitet zu unerschütterlicher, wissenschaftlicher Gewissheit. (4) Auch scheint mir ein erster heilbringender Überschritt, wie bereits früher bemerkt (§ 46,3), der vom Heiden- zum Christentum, ein zweiter aber der vom Glauben zur Erkenntnis zu sein; geht sie [endlich] in Liebe über, so lässt sie schon hienieden Erkennendes und Erkanntes einander zum Freunde werden. (5) Und vielleicht hat ein solcher [sc. so weit Fortgeschrittener] bereits auf Erden die ‚engelgleiche‘ Existenz (vgl. Lk 20,26) vorweggenommen...
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Nachfolgen und Nachdenken Origenes, Contra Celsum 1,9,21–45 Λεκτέον δὲ πρὸς τοῦτο ὅτι εἰ μὲν οἷόν τε πάντας καταλιπόντας τὰ τοῦ βίου πράγματα σχολάζειν τῷ φιλοσοφεῖν , ἄλλην ὁδὸν οὐ μεταδιωκτέον οὐδενὶ ἢ ταύτην μόνην. Εὑρεθήσεται γὰρ ἐν τῷ χριστιανισμῷ οὐκ ἐλάττων, ἵνα μὴ φορτικόν τι εἴπω, ἐξέτασις τῶν πεπιστευμένων καὶ διήγησις τῶν ἐν τοῖς προφήταις αἰνιγμάτων καὶ τῶν ἐν τοῖς εὐαγγελίοις παραβολῶν καὶ ἄλλων μυρίων συμβολικῶς γεγενημένων ἢ νενομοθετημένων. Εἰ δὲ τοῦτ᾿ ἀμήχανον πῇ μὲν διὰ τὰς τοῦ βίου ἀνάγκας πῇ δὲ καὶ διὰ τὴν τῶν ἀνθρώπων ἀσθένειαν, σφόδρα ὀλίγων ἐπὶ τὸν λόγον ᾀττόντων, ποία ἂν ἄλλη βελτίων μέθοδος πρὸς τὸ τοῖς πολλοῖς βοηθῆσαι εὑρεθείη τῆς ἀπὸ τοῦ Ἰησοῦ τοῖς ἔθνεσι παραδοθείσης; Καὶ πυνθανόμεθά γε περὶ τοῦ πλήθους τῶν πιστευόντων, τὴν πολλὴν χύσιν τῆς κακίας ἀποθεμένων, ἐν ᾗ πρότερον ἐκαλινδοῦντο· πότερον βέλτιόν ἐστιν αὐτοῖς ἀλόγως πιστεύουσι κατεστάλθαι πως τὰ ἤθη καὶ ὠφελῆσθαι διὰ τὴν περὶ τῶν κολαζομένων ἐπὶ ἁμαρτίαις καὶ τιμωμένων ἐπὶ ἔργοις χρηστοῖς πίστιν, ἢ μὴ προσίεσθαι αὐτῶν τὴν ἐπιστροφὴν μετὰ ψιλῆς πίστεως, ἕως ἂν ἐπιδῶσιν ἑαυτοὺς ἐξετάσει λόγων; Φανερῶς γὰρ οἱ πάντες παρ᾿ ἐλαχίστους οὐδὲ τοῦτο λήψονται, ὅπερ εἰλήφασιν ἐκ τοῦ ἁπλῶς πεπιστευκέναι, ἀλλὰ μενοῦσιν ἐν κακίστῳ βίῳ. Εἴπερ οὖν ἄλλο τι κατασκευαστικόν ἐστι τοῦ τὸ φιλάνθρωπον τοῦ λόγου οὐκ ἀθεεὶ τῷ βίῳ τῶν ἀνθρώπων ἐπιδεδημηκέναι, καὶ τοῦτ᾿ αὐτοῖς συγκαταριθμητέον. Ὁ γὰρ εὐλαβὴς οὐδὲ σωμάτων ἰατρόν, πολλοὺς ἐπὶ τὸ βέλτιον νοσοῦντας ἀγαγόντα, οἰήσεται ἀθεεὶ πόλεσι καὶ ἔθνεσιν ἐπιδημεῖν· οὐδὲν γὰρ χρηστὸν ἐν ἀνθρώποις ἀθεεὶ γίνεται. Εἰ δὲ ὁ πολλῶν σώματα θεραπεύσας ἢ ἐπὶ τὸ βέλτιον προαγαγὼν οὐκ ἀθεεὶ θεραπεύει, πόσῳ πλέον ὁ πολλῶν ψυχὰς θεραπεύσας καὶ ἐπιστρέψας καὶ βελτιώσας, καὶ ἀναρτήσας αὐτὰς θεοῦ τοῦ ἐπὶ πᾶσι καὶ διδάξας πᾶσαν πρᾶξιν ἀναφέρειν ἐπὶ τὴν ἐκείνου ἀρέσκειαν καὶ πάντ᾿ ἐκκλίνειν, ὅσ᾿ ἀπάρεστά εἰσι θεῷ, μέχρι τοῦ ἐλαχίστου τῶν λεγομένων ἢ πραττομένων ἢ καὶ εἰς ἐνθύμησιν ἐρχομένων;
Griechische Literatur
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Nachfolgen und Nachdenken Origenes, Gegen Celsus 1,9,21–45 Wenn es möglich wäre, dass alle Menschen sich von den Geschäften des Lebens freimachten und ihre ganze Zeit auf das Philosophieren verwendeten, dann dürfte keiner einen anderen Weg einschlagen als diesen allein. Denn im Christentum wird sich, wie ich ohne Übertreibung sagen darf, keine geringere Prüfung dessen, was geglaubt wird, keine weniger tiefgründige Auslegung verschlüsselter Stellen in den Propheten, der Gleichnisse in den Evangelien und zahlloser anderer Ereignisse und Gesetzesbestimmungen mit einer symbolischen Bedeutung finden lassen [als sonstwo1]. Wenn aber dies nicht möglich ist, wenn sich wegen der Sorgen und Mühen, die das Leben mit sich bringt, oder der menschlichen Schwäche zufolge nur wenige der Wissenschaft widmen, welcher andere Weg, um der großen Masse zu helfen, ließe sich dann wohl finden, der besser wäre als jener, den Jesus den Völkern gewiesen? Im Blick auf die Vielzahl der Gläubigen, die der gewaltigen Flut des Lasters entrannen, in der sie sich zuvor wälzten, möchten wir gerne wissen: Was ist besser für sie, zwar zu glauben, ohne nach Gründen zu fragen [oder: sich tiefere Gedanken zu machen], dafür aber ihr sittliches Leben geordnet zu bekommen und Hilfe zu erfahren aus der Überzeugung, dass sie für ihre Sünden bestraft und für gute Werke belohnt werden, oder aber ihre in bloßem Glauben erfolgte Bekehrung solange nicht zu akzeptieren, bis sie sich einer Prüfung der Lehren [oder Gründe] widmen können? Offensichtlich wird dann die Gesamtheit, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht einmal die Hilfe erfahren, die sie aus dem schlichten Glauben erhielt, vielmehr ein denkbar lasterhaltes Leben fortsetzen. Was immer es sonst noch an Beweisen dafür geben mag, dass eine solch menschenfreundliche Lehre nicht ohne göttliches Zutun im Leben der Menschen Eingang gefunden haben dürfte, so wird man auch diesen mit dazu rechnen müssen. Wer mit Bedacht urteilt [oder: Ein Frommer], wird nicht einmal glauben, es geschehe ohne Gottes Willen, wenn ein Arzt in Städten und Völkerschaften Einkehr hält, der vielen Kranken zur Gesundheit des Leibes verhilft; nichts Gutes geschieht ja unter den Menschen ohne göttliche Fügung. Wenn nun der, der vielen Kranken zu körperlicher Heilung oder Besserung verhilft, dies nicht ohne Gottes Beistand erreicht, um wieviel mehr wird das bei demjenigen gelten, der die Seelen vieler geheilt, bekehrt, gebessert und sie dem über allem waltenden Gott zugeführt hat, indem er sie anleitete, in all ihrem Tun das zum Maßstab zu nehmen, was ihm wohlgefällig sei, dagegen bei ihrem Reden und Tun, ja selbst in ihren Gedanken alles zu meiden, was ihm missfällt, und sei es noch so unbedeutend?
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Selbst in der Schulphilosophie, bei der Auslegung der Alten, ob Denker oder Dichter.
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Gott und das Weltganze im Licht von Vernunft und Offenbarung Origenes, De principiis I praef. 9.10 (9) Quaeremus tamen si vel alio nomine res ipsa, quam Graeci philosophi ἀσώματον (id est incorporeum) dicunt, in sanctis scripturis invenitur. Deus quoque ipse quomodo intellegi debeat requirendum est, corporeus et secundum aliquem habitum deformatus, an alterius naturae quam corpora sunt, quod utique in praedicatione nostra manifeste non designatur. Eadem quoque etiam de Christo et de sancto spiritu requirenda sunt, sed et de omni anima atque omni rationabili natura nihilominus requirendum est. (10) Est etiam illud in ecclesiastica praedicatione, esse angelos dei quosdam et virtutes bonas, qui ei ministrant ad salutem hominum consummandam; sed quando isti creati sint, vel quales aut quomodo sint, non satis in manifesto distinguitur. De sole autem et luna et stellis, utrum animantia sint an sine anima, manifeste non traditur. Oportet igitur velut elementis ac fundamentis huiusmodi uti secundum mandatum, quod dicit: „Inluminate vobis lumen scientiae“, omnem qui cupit seriem quandam et corpus ex horum omnium ratione perficere, ut manifestis et necessariis assertionibus de singulis quibusque quid sit in vero rimetur, et unum, ut diximus, corpus efficiat exemplis et affirmationibus, vel his, quas in sanctis scripturis invenerit, vel quas ex consequentiae ipsius indagine ac recti tenore reppererit.
Griechische Literatur
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Gott und das Weltganze im Licht von Vernunft und Offenbarung Origenes, Über die Prinzipien I praef. 9.10 (9) Wir werden indes untersuchen, ob sich die Sache, die die griechischen Philosophen als „unkörperlich“ bezeichnen, in den heiligen Schriften womöglich unter anderem Namen findet. Außerdem ist nachzuforschen, wie man Gott selbst zu denken habe: Ob er körperlich sei und eine bestimmte Gestalt habe oder von anderer Natur als die Körper sei; denn das wird in unserer [sc. der kirchlichen] Verkündigung [als Glaubensüberlieferung] nicht klar zum Ausdruck gebracht. Der selben Nachforschung bedarf es auch im Hinblick auf Christus, den Heiligen Geist, aber auch jede Seele und jede vernunftbegabte Natur. (10) Endlich findet sich im kirchlichen Kerygma folgendes: es gibt Engel Gottes und gute Mächte, die ihm dienstbar sind bei der (Vollendung der) Erlösung des Menschen[geschlechts] (vgl. Hebr 1,14); wann diese jedoch erschaffen wurden oder was es [sonst noch] mit ihnen auf sich hat, darüber gibt es keine klaren Aufschlüsse. Wie es auch keine eindeutige Überlieferung darüber gibt, ob Sonne, Mond und Gestirne beseelt oder unbeseelt sind. – Das alles muss nun – gemäß dem Gebot: „Erleuchtet euch mit dem Licht der Erkenntnis“ (Hos 10,12) – ein jeder als Bausteine und Grundlagen benutzen, der daraus mit Hilfe seiner Vernunft ein folgerichtiges und organisches Ganzes herzustellen wünscht, damit er mittels überzeugender und zwingender Begründungen der in jedem einzelnen Stück [der Überlieferung] enthaltenen Wahrheit auf den Grund komme und sich ihm mittels Beispielen und Belegen, wie gesagt, ein zusammenhängendes Ganzes ergebe, mögen diese nun in den heiligen Schriften [selbst] zu finden oder aber durch Aufspüren der [sich aus ihnen unmittelbar ergebenden] Konsequenz und den richtigen Fortgang zu entdecken sein.
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Hebräische Literatur Verhüllte Offenbarung und enthüllende Deutung Habakuk-Pescher VII
וידבר אל אל חבקוק לכתוב את הבאות על 1 2על הדור האחרון ' ואת גמר הקץ ואשר אמר למען ירוץ הקורא בו ' 4פשרו על מורה הצדק לוא הודעו ' 3 אשר הודיעו אל את 5כול רזי דברי עבדיו הנבאים ' כיא עוד חזון 6למועד יפיח לקץ ולוא יכזב ' 7פשרו אשר יארוך הקץ האחרון ויתר על כול 8אשר דברו הנביאים כיא רזי אל להפלה ' 9אם יתמהמה חכה לו כיא בוא יבוא ולוא 10יאחר ' פשרו על אנשי האמת 11עושי התורה אשר לוא ירפו ידיהם מעבודת 12האמת בהמשך עליהם הקץ האחרון ' כיא 13כול קיצי אל יבואו לתכונם כאשר חקק 14לה]ם[ ברזי ערמתו ' הנה עופלה לוא יושרה ] 15נפשו בו[ ' פשרו אשר יכפלו עליהם ] 16חטאתיהם ' ולוא י[רצו במשפטם ' ] [ ] 17וצדיק באמונתו יחיה[
Dittographie.
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Hebräische Literatur
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Hebräische Literatur Verhüllte Offenbarung und enthüllende Deutung Habakuk-Pescher VII Und Gott sprach zu Habakuk, er solle aufschreiben, was kommen wird (2) über das letzte Geschlecht. Aber die Vollendung der Zeit hat er ihm nicht kundgetan. (3) Und wenn es heißt: Damit eilen kann, wer es liest, (4) so bezieht sich seine Deutung auf den Lehrer der Gerechtigkeit, dem Gott kundgetan hat (5) alle Geheimnisse der Worte seiner Knechte, der Propheten. Denn noch ist eine Schau (6) auf Frist, sie eilt dem Ende zu und lügt nicht. (Hab 2,3) (7) Seine Deutung ist, dass sich die letzte Zeit in die Länge zieht, und zwar weit hinaus über alles, (8) was die Propheten gesagt haben; denn die Geheimnisse Gottes sind wunderbar. (9) Wenn sie verzieht, so harre auf sie, denn sie wird gewiss kommen, und nicht (10) wird sie ausbleiben. (Hab 2,3) Seine Deutung bezieht sich auf die Männer der Wahrheit, (11) die Täter des Gesetzes, deren Hände nicht müde werden vom Dienst (12) der Wahrheit, wenn die letzte Zeit sich über ihnen hinzieht. Denn (13) alle Zeiten Gottes kommen nach ihrer Ordnung, wie er es ihnen festgesetzt hat (14) in den Geheimnissen seiner Klugheit. Siehe, aufgeblasen, nicht rechtschaffen (15) [ist seine Seele in ihm]. (Hab 2,4) Seine Deutung bezieht sich darauf, dass sich über ihnen verdoppeln (16) [ihre Sünden. Und nicht werden] sie gnädig aufgenommen werden in ihrem Gericht. (17) [… Aber der Gerechte wird durch seine Treue leben]. (Hab 2,4)
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Koptische Literatur Die Suche nach dem Vater der Wahrheit Evangelium Veritatis 16,31–17,30 ⲡⲉⲩⲁⲅⲅⲉⲗⲓⲟⲛ ⲛⲧⲙⲏⲉ· ⲟⲩⲧⲉⲗⲏⲗ ⲡⲉ ⲛⲛⲉⲉⲓ ⲛⲧⲁϩϫⲓ ⲡⲓϩⲙⲁⲧ· ⲁⲃⲁⲗ ϩϊⲧⲟⲟⲧϥ ⲙⲡⲓⲱⲧ ⲛⲧⲉ ⲧⲙⲏⲉ· ⲁⲧⲣⲟⲩⲥⲟⲩⲱⲛϥ ϩⲛ ⲧϭⲁⲙ ⲙⲡⲓϣⲉϫⲉ ⲛⲧⲁϩϊ ⲉⲃⲁⲗ ϩⲛ ⲡⲓⲡⲗⲏⲣⲱⲙⲁ ⲡⲉⲉⲓ ⲉⲧϩⲛ ⲡⲓⲙⲉⲉⲩⲉ ⲟⲩⲁϩⲁ ⲡⲓⲛⲟⲩⲥ ⲛⲧⲉ ⲡⲓⲱⲧ· ⲉⲧⲉ ⲡⲉⲉⲓ ⲡⲉ ⲉⲧⲟⲩϣⲉϫⲉ ⲁⲣⲁϥ ϫⲉ· ⲡⲥⲱⲧⲏⲣ· ⲉⲡⲣⲉⲛ ⲙⲫⲱⲃ ⲉⲧϥⲛⲁⲉⲉⲓϥ· ⲡⲉ ⲁⲡⲥⲱⲧⲉ ⲛⲛⲉⲉⲓ ⲛⲧⲁϩⲣ (17,1) ⲁⲧⲥⲟⲩⲱⲛ ⲡⲓⲱⲧ ⲉⲡⲓⲣⲉ̣ⲛ· ⲇ̣ⲉ̣ [ⲙ]ⲡⲉⲩⲁⲅⲅⲉⲗⲓⲟⲛ ⲡⲉ ⲡⲟⲩⲱⲛϩ ⲁⲃⲁⲗ ⲛⲧⲉ ϯϩⲉⲗⲡⲓⲥ ⲉⲡϭⲓⲛⲉ ⲡⲉ ⲛⲛⲉⲉⲓ· ⲉⲧⲕⲱⲧⲉ ⲛⲥⲱϥ ⲉⲡⲓⲇⲏ· ⲡⲧⲏⲣϥ ⲁⲩⲕⲁⲧⲟⲩ ⲛⲥⲁ ⲡⲉⲛⲧⲁⲩⲉⲓ ⲁⲃⲁⲗ ⲛϩⲏⲧϥ ⲁⲩⲱ ⲛⲉⲣⲉⲡⲧⲏⲣϥ ϩϊ ⲥⲁⲛϩⲟⲩⲛ ⲙⲙⲁϥ ⲡⲓⲁⲧϣⲁⲡϥ ⲛⲁⲧⲙⲉⲉⲩⲉ ⲁⲣⲁϥ ⲡⲉⲉⲓ ⲉⲧⲥⲁⲧⲡ ⲁⲙⲉⲩ ⲛⲓⲙ ⲉϯⲙⲛⲧⲁⲧⲥ{'ⲛ'}ⲟⲩⲱⲛ ⲡⲓⲱⲧ· ⲁⲥⲣ ⲟⲩⲛⲟⲩϣⲡ ⲙⲛ ⲟⲩϩⲣⲧⲉ ⲡⲛⲟⲩϣⲡ ⲇⲉ· ⲁϥⲱⲣϫ ⲙⲡⲣⲏⲧⲉ ⲛⲟⲩϩⲗⲁⲥⲧⲛ ⲕⲁⲁⲥⲉ· ϫⲉ ⲛⲉϣⲗⲁⲩⲉ ⲛⲉⲩ ⲁⲃⲁⲗ ⲉⲧⲃⲉ ⲡⲉⲉⲓ ⲁⲥϭⲙϭⲁⲙ ⲛϭⲓ ⲧⲡⲗⲁⲛⲏ· ⲁⲥⲣ ϩⲱⲃ ⲁϯϩⲩⲗⲏ ⲛⲧⲉⲥ ϩⲛⲛ ⲟⲩⲡⲉⲧϣⲟⲩⲉⲓⲧ· ⲉⲙⲡⲉⲥⲥⲟⲩⲱⲛ ⲛϯⲧⲙⲛⲧⲙⲏⲉ· ⲁⲥϣⲱⲡⲉ ϩⲛⲛ ⲟⲩⲡⲗⲁⲥⲙⲁ ⲉⲥⲥⲁⲃⲧⲉ ϩⲛ ⲧϭⲁⲙ· ϩⲛ ⲟⲩⲙⲛⲧⲥⲁⲉⲓⲉ ⲛⲧϫⲃⲃⲓⲱ ⲛϯⲧⲙⲛⲧⲙⲏⲉ ⲡⲉⲉⲓ ϭⲉ ⲛⲉⲩⲑⲃⲃⲓⲟ ⲛⲉϥ ⲉⲛ ⲡⲉ· ⲡⲓⲁⲧϣⲁⲡϥ ⲛⲁⲧⲙⲉⲩⲉ ⲁⲣⲁϥ ⲛⲉⲟⲩⲗⲁⲩⲉ ⲅⲁⲣ ⲡⲉ ⲡⲓⲛⲟⲩϣⲡ ⲙⲛ ϯⲃϣⲉ ⲙⲛ ⲡⲓⲡⲗⲁⲥⲙⲁ ⲛⲧⲉ ⲡϭⲁⲗ· ⲉϯⲙⲛⲧⲙⲏⲉ ⲉⲧⲥⲙⲁⲛⲧ· ⲟⲩⲁⲧϣⲃⲥ ⲧⲉ· ⲟⲩⲁⲧ· ϣⲧⲁⲣⲧⲣ ⲧⲉ· ⲟⲩⲁⲧⲥⲁⲉⲓⲁⲥ ⲧⲉ· ⲉⲧⲃⲉ ⲡⲉⲉⲓ ⲕⲁⲧⲁⲫⲣⲟⲛⲓ ⲛϯⲡⲗⲁⲛⲏ
Koptische Literatur
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Koptische Literatur Die Suche nach dem Vater der Wahrheit Das Evangelium der Wahrheit 16,31–17,30 Das Evangelium der Wahrheit bedeutet Freude für die, denen es vom Vater der Wahrheit gnädig gewährt worden ist, ihn zu erkennen (und zwar) durch die Kraft des Wortes, das aus jener Fülle gekommen ist, die im Denken und im Verstand des Vaters vorhanden ist; dies (Wort) ist der, der als „Erlöser“ bezeichnet wird; dieser Ausdruck bezieht sich auf das Werk, das er ausführen wird zur Erlösung derer, die (17,1) unwissend über den Vater waren, während der Ausdruck „Evangelium“ sich auf die Erfüllung der Hoffnung bezieht und meint, daß die, die nach ihm suchen, ihn endlich auch finden. Weil alles nach dem, aus dem sie hervorgegangen waren, suchte – und dabei war doch alles innerhalb von ihm, dem Unbegreiflichen und Undenkbaren, der über jedes Denken erhaben ist – verursachte die Unkenntnis in bezug auf den Vater Furcht und Schrecken. Die Furcht aber verdichtete sich wie Nebel, so daß niemand mehr sehen konnte. Aus diesem Grunde kam die Täuschung zur Macht und brachte in törichter Weise diesen ihr eigenen Stoff hervor. Weil sie die Wahrheit nicht kannte, nahm sie in einer Nachbildung ihren Wohnsitz und stellte (dort), so schön sie eben konnte, den Ersatz der Wahrheit her. Dies nun war keine Herabminderung für ihn, den Unbegreiflichen und Undenkbaren. Denn etwas Nichtiges war die Furcht, das Vergessen und die Nachbildung der Lüge, während die Wahrheit, die (ja allein) Bestand hat, unveränderlich und unerschütterlich ist und auch nicht schöner gemacht werden kann. Deswegen sollt ihr die Täuschung verachten!
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Erläuterungen zum Textteil und Quellennachweise Die zusammengestellten Texte wurden zwar als begleitende Lektüre zu den einzelnen Beiträgen des Bandes ausgewählt, sollen aber zugleich einen Überblick über die Bandbreite religiös-philosophischer Literatur der frühen Kaiserzeit vermitteln. Die verwendeten Textausgaben und Übersetzungen, die teilweise leicht bearbeitet wurden, sind im Folgenden dort angegeben, wo Übersetzungen und kritische Bearbeitungen der Texte nicht von Autoren des vorliegenden Bandes erstellt wurden. Seneca, Epistulae ad Lucilium 41 Text: Sénèque, Lettres à Lucilius. Tome I (livres I-IV). Texte établi par François Préchac et traduit par Henri Noblot, Paris: Société d’édition «Les Belles Lettres» 41964 (=Collection des Universités de France publiée sous le patronage de l’Association Guillaume Budé). Übersetzung: H. Görgemanns. Apuleius, De magia Text und Übersetzung: Apuleius, De magia/Über die Magie, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von J. HAMMERSTAEDT, P. HABERMEHL, F. LAMBERTI, A.M. RITTER, P. SCHENK (SAPERE 5), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2002. Apuleius, De deo Socratis Text und Übersetzung: Apuleius, De deo Socratis/Über den Gott des Sokrates, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von M. BALTES, M.-L. LAKMANN, J.M. DILLON, P. DONINI, R. HÄFNER, L. KARFÍKOVÁ (SAPERE 7), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2004. Tertullian, Apologeticum Text: E. Dekkers (ed.), Q. S. Fl. Tertulliani Apologeticum, in: Quinti Septimi Florentis Tertulliani Opera. Pars I: Opera Catholica. Adversus Marcionem (CChr. SL 1), Turnholti: Typographi Brepols editores pontificii 1954, 77–171. Übersetzung: A.M. Ritter. Tertullian, De praescriptione haereticorum Text: R.F. Refoulé (ed.), Q. S. Fl. Tertulliani De praescriptione haereticorum, in: Quinti Septimi Florentis Tertulliani Opera. Pars I: Opera Catholica. Adversus Marcionem (CChr. SL 1), Turnholti: Typographi Brepols editores pontificii 1954, 185–224. Übersetzung: A.M. Ritter. Ptolemaios-Epigramm Text: The Greek Anthology in five volumes with an English translation by W.R. Paton, vol. III, Loeb Classical Library, Cambridge/Massachusetts, 1958. Übersetzung: H. Görgemanns. [Aristoteles], De mundo Text: Aristotelis qui fertur libellus De Mundo edidit W.L. Lorimer. Accedit capitum V, VI, VII interpretatio syriaca ab Eduardo König Germanice versa, Paris: Société d’édition «Les Belles Lettres» 1933 (= Nouvelle Collection de Textes et Documents publiée sous le patronage de l’Association Guillaume Budé). Übersetzung: Aristoteles: Meteorologie. Über die Welt, übersetzt von H. Strohm, in: E. Grumach, H. Flashar (Hgg.), Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung. Band 12, Berlin: Akademie Verlag 1970. Sapientia Salomonis Text: A. Rahlfs (ed.), Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft Nachdruck 1979. Übersetzung: Septuaginta Deutsch.
Erläuterungen zum Textteil und Quellennachweise
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Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung. Hg. von W. Kraus und M. Karrer, © 2008 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart. 4. Makkabäerbuch Text: A. Rahlfs (ed.), Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft Nachdruck 1979. Übersetzung: H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, in: Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung. Hg. von W. Kraus und M. Karrer, © 2008 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart. Aristobul, Fragmente Text: K. Mras (ed.), Eusebius Werke. Achter Band. Die Praeparatio Evangelica. 2., bearbeitete Auflage herausgegeben von Édouard Des Places (GCS 43) Berlin: Akademie Verlag 1982–1983. Übersetzung: Frg. 2 und 4: N. Walter, Unterweisungen in lehrhafter Form, in: Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, hg. von W.G. Kümmel und H. Lichtenberger, III,2, © by Gütersloher Verlagshaus Güterloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München 1975. Aristeasbrief Text: P. Wendland, Aristeae ad Philocratem epistula, cum ceteris de origine versionis LXX interpretum testimoniis, Leipzig: Teubner 1900. Übersetzung: N. Meisner, Aristeasbrief, in: Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, hg. von W.G. Kümmel und H. Lichtenberger 2/1, © by Gütersloher Verlagshaus Güterloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München 1973. Philon von Alexandrien, De virtutibus Texte: L. Cohn, P. Wendland (edd.), Philonis Alexandrini opera quae supersunt, voll. I– VII, Berolini: Typis et impensis Georgii Reimeri 1896-1930. Übersetzungen: L. Cohn, I. Heinemann, M. Adler, W. Theiler (Hgg.), Die Werke Philos von Alexandria in deutscher Übersetzung (Schriften der jüdisch-hellenistischen Literatur in deutscher Übersetzung unter Mitwirkung von mehreren Gelehrten herausgegeben von L. Cohn) Breslau: M. & H. Marcus (voll. I-V), Breslau: Jüdischer Verlag Stefan Münz (vol. VI), Berlin/New York: Walter De Gruyter & Co. (vol. VII) 1909–1964. De virtutibus übers. von L. Cohn. De migratione Abrahami übers. von Rabbiner Posner. De somniis übers. von I. Heinemann und M. Adler. De opificio mundi übers. von J. Cohn. Johannesevangelium Text: Novum Testamentum Graece. Herausgegeben von Barbara und Kurt Aland in der Nachfolge von Eberhard und Erwin Nestle, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 271993. Übersetzungen: Joh 1: R. Hirsch-Luipold; Joh 18: P. Kirchschläger. Plutarch, De E apud Delphos Text: Plutarchi Moralia Vol. III recensuerunt et emendaverunt W.R. Paton, M. Pohlenz, W. Sieveking, Leipzig: Teubner 1929. Übersetzung: T. Thum. Corpus Hermeticum Text: Corpus Hermeticum, Tome I, Traités I-XII, Texte établi par A.D. Nock et traduit par A.-J. Festugière, Paris: Société d’édition «Les Belles Lettres» 1960 [bearbeitet unter Berücksichtigung der Textvorschläge von J. Holzhausen]. Übersetzung: Das Corpus Hermeticum Deutsch. Übersetzung, Darstellung und Kommentierung in drei Teilen. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften bearbeitet und herausgegeben von Carsten Colpe und Jens Holzhausen. Teil 1, Die griechischen Traktate und der lateinische ‚Asclepius’, übersetzt und eingeleitet von Jens Holzhausen, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 1997. Marc Aurel, Ad se ipsum Text: J. Dalfen (Hg.), Marci Aurelii Antonini Ad se ipsum libri XII, Leipzig: Teubner 1979. Übersetzung: H. Görgemanns.
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Religiöse Philosophie und philosophische Religion
Justin, Apologia Maior/Apologia Minor Text: Iustini Martyris Apologiae pro Christianis, edited by Miroslav Marcovich, PTS 38, Berlin/New York: Walter De Gruyter 1994. Übersetzung: A.M. Ritter. Klemens von Alexandrien, Stromateis V Text: O. Stählin (Hg.), Clemens Alexandrinus. Zweiter Band: Stromata Buch I-VI. Herausgegeben im Auftrage der Kirchenväter-Commission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften (GCS 15), Leipzig: J.C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1906. Übersetzung: I. Tanaseanu-Döbler. Klemens von Alexandrien, Stromateis VII Text: O. Stählin (ed.), Clemens Alexandrinus. Dritter Band: Stromata Buch VII und VIII. Excerpta ex Theodoto. Exlogae Propheticae. Quis dives salvetur. Fragmenta. Herausgegeben im Auftrage der Kirchenväter-Commission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften (GCS 17), Leipzig: J.C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1909. Übersetzung: A.M. Ritter. Origenes, Contra Celsum Text: P. Koetschau (ed.), Origenes Werke. Erster Band: Die Schrift vom Martyrium. Buch I-IV Gegen Celsus. Herausgegeben im Auftrage der Kirchenväter-Commission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften (GCS 2), Leipzig: J.C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1899. Übersetzung: A.M. Ritter. Origenes, De principiis Text: Origenes, Vier Bücher von den Prinzipien, hrsg., übers., und mit kritischen und erläuternden Anmerkungen versehen von Herwig Görgemanns und Heinrich Karpp (TzF 24), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1976. Qumran, Habakuk-Pescher 7 Text und Übersetzung: E. Lohse (Hg.), Die Texte aus Qumran. Hebräisch und Deutsch. München: Kösel-Verlag in der Verlagsgruppe Random House 61996. Evangelium Veritatis Text: H.W. Attridge, G.W. MacRae, The Gospel of Truth, in: H.W. Attridge (Hg.), Nag Hammadi Codex I (The Jung Codex), Introductions. Texts. Translations, Indices (NHS 22), Leiden: Brill 1985, 55-117. Übersetzung: Nag Hammadi Deutsch Band 1: NHC I, 1-V, 1, eingeleitet und übersetzt von Mitgliedern des Berliner Arbeitskreises für koptisch-gnostische Schriften (GSC, NF Bd. 8 Koptisch-Gnostische Schriften II), Berlin/New York: Walter de Gruyter 2001.
Verzeichnis der Autoren MICHAEL VON ALBRECHT, Dr. phil., Dr. phil. h.c., geb. 1933, ist Professor emeritus für Klassische Philologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. ALBRECHT DIHLE, Dr. Dr. h.c. mult., geb. 1923, ist Professor emeritus für Klassische Philologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. DEVORAH DIMANT, Dr., geb. 1939, ist emeritierte Professorin am Department of Bible und Department of Jewish History an der University of Haifa, Israel. REINHARD FELDMEIER, Dr. theol., geb. 1952, ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. HERWIG GÖRGEMANNS, Dr. phil., geb. 1931, ist Professor emeritus für Klassische Philologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. JANE HEATH, geb. 1979, ist Lecturer in New Testament an der University of Aberdeen. FRITZ HEINRICH, Dr. theol., geb. 1967, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Religionswissenschaft an der Theologischen Fakultät der GeorgAugust-Universität Göttingen. RAINER HIRSCH-LUIPOLD, Dr. phil., geb. 1967, ist Leiter der DFG-Nachwuchsforschergruppe Ratio Religionis an der Theologischen Fakultät der GeorgAugust-Universität Göttingen. PETER G. KIRCHSCHLÄGER, lic. theol. et lic. phil., geb. 1977, ist Forschungsassistent an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. ZLATKO PLEŠE, Ph.D., ist Professor für Griechisch-Römische Religion und Frühes Christentum an der University of North Carolina at Chapel Hill.
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Verzeichnis der Autoren
ADOLF MARTIN RITTER, Prof. Dr. Dr.es h.c., geb. 1933, ist emeritierter Professor für Historische Theologie (Patristik) an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. GREGORY E. STERLING, Ph.D., geb. 1954, ist Professor für Neues Testament und Christian Origins und Dekan der Graduate School an der University of Notre Dame. ILINCA TANASEANU-DÖBLER, Dr. phil., geb. 1979, forscht als DFG-Stipendiatin am Greek and Latin Department/Center for the Study of Religions der Ohio State University, Columbus. TOBIAS THUM, geb. 1976, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der DFG-Nachwuchsforschergruppe Ratio Religionis an der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen.
Stellenregister (in Auswahl) 1. Altes Testament (mit Septuaginta) Genesis 1 1–2 1,1f. 1,3 1,26 1,26f. 1,27 2,7 18 18,24–26 22,3 22,12 22,16 40,12 40,18 41,16
223, 282 87 179 282 111 137, 183f. 184, 282 183f. 19785 217 25928 25928 25928 15112 15112 15112
Exodus 3,14 20,5 22,27 34,6
69 179 84 25928
Leviticus 11,1–8 11,13–23 26,30
8398, 99 8397 27819
Numeri 11,11–14 21,17–18
277 158
Deuteronomium 1,12 1,31
277 277
5,16 6,2 6,4 6,7 6,20 11,2 14,4–8 14,11–20 29,28
20113 20112 136 20112 20112 200 8399 8397 157
1. Könige 10,1–10
111f.48
2. Könige 17,15
278
2. Chronik 9,1–9
11248
Jesaja 1,11 1,14 7,9 31,9–32 40,3 40,11 43,23–24 45,20 46,1 46,3f. 46,7 53,4 54,11–14 63,9 f. 65,18–22 66,1
301 277 226 213 158, 160 277 277 277 277 277 277 277 213 277 213 301f., 304, 310
Jeremia 3,5 10,4
278 278
Stellenregister
386 16,18 51,17
278 278
Ezechiel 43,7 43,9
278 278
Hosea 5,2 9,10
2006 278
Habakuk 2,2 2,3 2,19
150 154 278
Psalmen 1 21,21 (LXX) 24,16 (LXX) 28,9 (LXX) 34,18 (LXX) 106,20 (LXX) 106,28 (LXX) 115,8 (LXX) 135,18 (LXX)
9 25929 25929 277 25929 27821 27819 278 278
Hiob 12,6
277
Proverbien 1–9 1,7 8,22–31 9,10
104 108 282 108
Hoheslied
112
Kohelet
104
Daniel 2 2,18–28 2,31–45 3 4,1–5 4,16
151, 153, 20732 15112 209 20732 15112 15112
4,33 5,5–17 6 8,17 9 9,2f. 9,20–22 12,8
27821 15112 20732 15419 152 15112 15112 15419
Jesus Sirach (LXX)
104, 106f.
Prolog 1,1 1,14 24 24,1–22 24,23–25
106f. 106 106, 108 106 106 106
Sapientia Salomonis (LXX) 110 3,11 7,18ff. 7,21 7,22–26 7,22 7,25f. 7,28 8,2ff. 8,8 8,13 8,17 13,5 13,10 13,17 14,8–11 15,6 15,17
110 110 110 282 25929 13766 110 110 110 110 110 13255 27819 27819 27821 27821 27819
2. Makkabäer (LXX)
72, 109
1,10 2,21 4,13 8,1 14,38
72 10538 10538 10538 10538
4. Makkabäer (LXX)
71, 109f.
1,1
109
Stellenregister 1,16 1,17 4,26 5,38 6,31 7,4 7,6 7,9 7,14 7,16 8,1 8,8 13,1 15,23 16,1 17,7 17,23 18,2
109 109 10538 109 109 109 109, 111 109 109 109 109 110 109 109 109 273 2735 109
387
2. Henoch
98
3–42
191
Jubiläenbuch
157, 160
12,3–5 12,5
278 277
Liber antiquitatum biblicarum 16,5
273
2.2 Hellenistisch-jüdische Literatur Aristeasbrief
6, 69, 71, 73f., 79–85, 107f.
16 31 139 144 169 200–202 234–235 235
108 711, 10539, 107 111 10840 108 6915 69 108
2. Antike jüdische Literatur
ARISTOBULOS (ed. HOLLADAY)
72–78, 111
2.1 Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen
Fragmente Frg. 1 Frg. 2 Frg. 2–4 Frg. 2–5 Frg. 3 Frg. 3a Frg. 3a supplement Frg. 4 Frg. 4,6 Frg. 5 Frg. 5,12
74, 75f. 13, 74, 76, 77, 78 1321, 75 74, 76 1321, 7756 7545 7545 1321, 74, 76, 78 78 74, 76, 77 78
Testimonia
72, 75–77
Epistula Jeremiae (LXX) 39,70f. 57
277 277
Apokalypse Abrahams 16–17
191
Syrische Baruch-Apokalypse 40,1–2 53,1–2 56,3
207f. 153 153
4. Esra 5,3 12,10–12
207 15318
ARTAPANOS 1. Henoch 85–90 90,42 91,11–17 93,1–10
FGrHist 726 F3 152 15419 152 152
13
FLAVIUS JOSEPHUS Antiquitates Iudaicae 12,11–118 80
Stellenregister
388 13,5 13,9 13,171ff. 13,171–173 18,1,2–5 18,12–20 18,18–22
11252 11252 31 117 2 11252 1172 94171
Bellum Iudaicum 2,119ff. 2,119–166 2,120–161
3 1172 94171
Contra Apionem 2,154
7f.
1
PHILON VON ALEXANDRIA De Abrahamo 1–6 2 52–54 99 120ff. 157
92154 92155 92 86 19785 18764
De aeternitate mundi 14–16 6916 De agricultura 51 113–115 131–145
28238 90145 83
De Cherubim 98,106
294
De confusione linguarum 76–82 112 77 112 97 282 146 19785 De congressu eruditionis gratia 11–12 95 34–38 92156 74–76 90 79 67, 96, 224111 De decalogo 1
92
154
18–20 74 154–175
92158 278 92158
De ebrietate 162–205 177
5824 90145
De fuga et inventione 132–136 5824 De Iosepho 1 87 140–142
92156 273 5824
De migratione Abrahami 9 112 86–93 19784 89 86 93 86 De mutatione nominum 12,88 92156 De opificio mundi 1–3 7–8 8 9 12 15–35 17–19 24f. 54 69–71 72–75 89–128 129–130 134 139
92 69 112 6916 112 87f. 13766 97 164 97, 111 111 89139 88 18353, 282 282
De plantatione 18–22
13766
De posteritate Caini 7 86f. 168 13768 169 96184, 19785 De praemiis et poenis 1–3 92154 2 92158
Stellenregister 24–51 52–56 57–66
92156 92153 92156
De providentia 2,58
90145
De specialibus legibus 1,1 92158 1–4 92 2,230 90145 3,7 92158 4,106–109 83 4,116–118 83 4,123 89 4,132f. 92158 De virtutibus 21 65
94 19785 97
De vita contemplativa 28–29
94 87
De vita Mosis 1,76 1,158–159 1,283 2,37 2,39 2,45–47 2,74 2,148 2,216
92156 273 28238 92155 113 92154 95 18764 98
Hypothetica
94
In Flaccum
94
Legatio ad Gaium 23 370
94, 20730 11356 90
Legum allegoriae 1,1 1,39–40 1,43 1,95–99 1,108 3,156 3,161
132 89 282 13766 7019 90145 89
389
Quaestiones in Genesim 1,57 18764 2,59 89136 4,152 11146 4,2 19785 4,8 19785 Quaestiones in Exodum
92
De sobrietate 65
92156
De somniis 1,33–34 1,149 1,168 1,230–231
89136 294 92156 96
Quis rerum divinarum heres sit 136 18764 173 92158 Quod deterius potiori insidiari soleat 79–90 97192 82 28238 90 17739 160 7019 Quod deus sit immutabilis 57 18147 Quod omnis probus liber sit 26,110 90145 82 87 141 90145
2.3. Qumran und Rabbinica Damaskusschrift (CD) II,9–10 III,16–18 III,21–IV,1–6 V,21–VI,1 VI,2–10 VI,2–11 VI,3–11 VI,6–7
149 15214 160 15110 15521 158 15110 160 160
Stellenregister
390
X,15
15214
Loblieder (1QH) I,24
15214
VI,7 VI,10 VI,14 VII,14–18 VII,15–18 VII,18 XII,12–13 XII,20–22 XII,21 XII,21–23 XV XVI,2 XVI,2–3 XVI,3 XVI,3–4
159 160 15214 15836 15521 159 15939 159 15624 16143 15625 159 16143 157 15627, 15728
Pescher Habakuk (1QpHab) II,5–10 VII,4–5 VII,7–14 VII,10–14 VII,12–14
147–160 150 150 155 15316 152
4Q228 1i4 1i7
156 156
Gemeinderegel (4Q259) 2a ii 5
149 15834
Gemeinderegel (1QS) I,3 I,13–14 I,14 III,15 IV,13 VIII,13–16 VIII,13–17 VIII,14–17 VIII,16 IX IX,12 IX,12–14 IX,13 X,1
149, 15110 15111, 15836 16143 15214 15214 15214 15110 3737 158 15111, 15836 159 15624 155, 157, 15731, 159 159 15214
Berakhot (4Q286) 1 ii 11
157 15729
4Q292 24 4Q331 4Q332 4Q333
15111 15730 15730 15730
Gemeinschaftsregel (1QSa) I,1–5 16039 Segenssprüche (1QSb) I,27 V,18
15939 15214 15214
Kriegsregel (1QM) VIII,3 15625
Pescher Hosea (4QpHosa = 4Q166) iii 4–5 15836 4Q174 1–2 i 15–16 1–3 ii 3
15111 15111
Testimonia (4Q175) 21–30 15110 Pesher to the Periods (4Q180, 4Q181) 152
Josua Apokryphon 15110 4Q381 69 4 69,4–5 69 14
15111 15836 15521
4Q390 2i5
15836
MMT
148
4Q504 1–2 iii 13
15836
Book of Noah 11Q14 1 ii 9
15625
Stellenregister Tempelrolle
148, 160
Pirke Avot 3,2
20731
3. Neues Testament Matthäus 6,6 9,36 14,13–21 15,32–39 16,5–12 24,9–14 24,36 25,1–46
35 233 141 141 141 21618 216 210
Markus 1,24 3,11 6,34 6,32–44 8,1–10 8,14–21
173 173 14280 141 141 141, 14280
Lukas 1–3 2,41–52 9,10–17 23,46 24,39–43
211 115 141 195 14486
Johannes 1 1,9–11 1,11 1,14 1,14–18 1,17 1,17b 1,18a 1,18 1,49 1,51 2,1–11 2–12 3,3
122, 254 13973 224 132, 139 251 252f., 259–263 139 139 132, 144 261, 26243 139 140f. 121 136
3,6 3,19–21 3,21 4 4,20–24 4,23 4,23f. 5 5,33 5,37b 6 6,14f. 6,32 6,35 6,41 6,48 6,51–58 6,52 6,53 6,63 7,24 8 8,15 8,21–30 8,28 8,31 8,31f. 8,31–47 8,32 9 9,39–41 10 10,19–21 10,30 11,39 11,50 12,3 12,13 12,15f. 12,45 14 14–18 14,1–11 14,5–11 14,6 14,6–7 14,6–11 14,16 14,23 15,1–4
391 25822 139 2532 254 252 285 263 260 2568, 263 13665 141 261, 26243 14281 26243 14281 14281 142 142 142 14282, 25822 25822 224, 254, 260 25822 251 252, 2533, 26243 26243 253 251 263 14487 13973 224 13973 132 142 41 143 261, 26243 262 43 14590 144 263 132 251 11561 144 145, 252, 257 209 36 254
Stellenregister
392 15,4–10 15,5–8 15,19 16,7 16,13 17,2 17,11 17,17 18 18,14 18,28 18,33–38 18,33 18,35c 18,36 18,36f. 18,37f. 18,38 19,8–13 20 20,25 20,28
2534 254 209 2521 263 25822 209 2521 251–269 4144 256 11561, 256 268 26142 261f. 26245 11561 265, 267 264 14385 143 144
2,1–5 2,2–5 2,4 2,5–7 2,6–16 2,10 2,13 3,1–3 3,16 3,19 4,9 6,19 7,29–31 8 8,6 12,7f. 13 15 15,21 15,42–49 15,44–48
275 276 232 114 216 21888 114 20114 3531, 29434, 310 114 275 3532, 29434, 310 208 137 13871 231 136 122 3939 18662 18454
2. Korinther Apostelgeschichte 17 17,18 17,24f. 17,34
115, 11563, 121f., 136 65 121 301, 304, 310 204
Römer 1 1,20 5,14 8,9 8,19–22 8,32 11,33 13 13,1f. 13,1–7 13,3f. 13,4 16,27
13355, 136 13355 3939 216 208 25928 114 120, 217 216 20731 210 216 114
1. Korinther 1 1f. 1,25 1,30
115 113 114, 14075 114
2,14–17 2,14–5,10 3–4 3,7–4,6 3,16–18 3,18 3,18–4,6 4,4 4,4–6 4,6 4,7–5,10 4,7b 4,7–12 4,10 4,10–12 4,11 4,14 4,15 5,12 5,14 6,16 10,1 10,10 12,9 13,3–4 13,18
275 276 271 276 274, 281f. 275, 27821 282 275 13766, 274, 281 275, 282, 282 36 2747 283 271–284 27612 275, 279 27612, 280 280 276, 284 276 4144 3531 276 276 276 275 279
Stellenregister Epheser 1,8 1,17 2,19–22 3,10 4,13 6,4 6,11 19 19,3
115, 12118, 201 62
115 11562 3531 11562 20111 2006, 20112 217 208 208
Kolosser 1 1,9 1,15 1,15–20 1,28 2,3 2,8 2,8f. 3,16 3,21 4,5
122, 13871 11562 13766 121 11562 115, 14075 115 12118 11562 20112 11562
1. Thessalonicher 5,23
18662, 20111
2. Thessalonicher 2,4 2,6f. 2,8 2,9
210 210, 214 210 214
1. Timotheus 2,1f. 6 6,16 6,20
210 136 132, 136 165f.
3,15f.
20113
Titus 2,11ff.
13253, 200f.
1,3 11,17
13766 25928
Jakobus 2,18
27
1. Petrus 1,1 1,15 2,5 2,13–17
309100 30997 3531 210
1. Johannes 1,1–3 4,12
13972 139
Offenbarung 3,11 3,19 13,11f. 20,4 20,6f. 21,1–5 22,7 22,12 22,20
210 2006 209 213 213 213 210 210 210
4. Antike christliche Literatur 4.1 Apostolische Väter Barnabasbrief 16,1–10
3531
Diognetbrief 27821 208
IGNATIUS VON ANTIOCHIEN
2016-
Epheserbrief 19 19,3
208 208
20111 217
Smyrnäerbrief 8,2
222101
Philemon 1,6 4,13
Hebräer
2,5 6,1–3
2. Timotheus
393
Stellenregister
394 POLYKARP Philipperbrief(e)
EPIPHANIUS VON SALAMIS 229
134
Panarion omnium haeresium (Ptolemaios, Epistula ad Floram)
4.2 Kirchenväter
33,3–8
AMBROSIUS VON MAILAND
EUSEB
Explanatio XII Psalmorum 45,21 21357
Chronica 151
ANATOLIUS
Historia Ecclesiastica 2,4,2 90 4,3,2f. 210 42 4,26 1322 6,19,7 232 7,32,14–19 74 7,32,16 72, 75 10,4 314
Fragmentum ex canone paschali 72, 74, 76 AUGUSTIN De civitate Dei 5–7 6,10 10,32 20,23
496 34 313114 21041
Confessiones 7,10 7,20,26 8,8,19
35 116 35
De trinitate 14,1,3
116
169
7232, 75f.47
Praeparatio Evangelica 8,10,4 11146 9,26,1 11147 11,3,8 685 Vita Constantini 3,25–28,41,53
311 110
HEGEMONIOS Acta Archelai
16913
Enarratio in Psalmos 74,9,27 35
HERACLEON
De catechizandis rudibus 9 200
Hypomnemata Frg. 5 Simonetti
BASILIUS VON CÄSAREA
HIERONYMUS
Homilia 22 24
Commentaria in Danielem 25,491B 8
200 281
BOETHIUS Consolatio Philosophiae 1,4,4 4
169 17638
De viris illustribus 11 95 HIPPOLYT VON ROM 167, 214 Refutatio omnium haeresium 16913 5,6,4 21888 5,10,2 169
Stellenregister 6,32,7 6,35,3–4 6,35,5–7 6,35,7
18764 19581 193 194, 19581
Demonstratio de Christo et Antichristo 214 49,28 21465 Commentarii in Danielem 4,9,2f. 214 4,12,2 214 4,12,4f. 214 4,21,3 214 IRENAEUS VON LYON Adversus haereses 1,1,1–8,5 1,6 1,6,1 1,6,2 1,8,5 1,10,1 1,11,1 1,23,4 1,25,6 1,29,1 1,30,9 2,9,1 4,30,3 4,40,2 5,26,1 5,30,3 5,35,36
16913 22195 19378 194 18765 169 213 165 165 165 1657 167 213 213 2746 20940 20940 213
JUSTIN DER MÄRTYRER 1. Apologie 1,2 1,5 1,26 2,10 5,3f. 12,17 13,4 20,3 26 30,1 44,10
204, 210f. 1322 13 13 224110 211 223 223 22197 223 223
2. Apologie 6 6,1–3 8 8,1 8,1–3 9,1 10
395
224 224 224 223 224 223 224, 224
Dialog mit Tryphon 1,1–8,2 222 2,1 225 2,1–8,1 20421 8,1f. 115 35,6 22197, 272 KLEMENS VON ALEXANDRIEN Eclogae propheticae
168f.13, 228
Paedagogus 1,3,3 2,2,26 3,11,78,1–3 3,11,79,3 3,11,80,1–4 3,11,79,3–80,4
228, 296 228 2746 312f.113 30893 313f. 312f.113
Protrepticus
228, 287, 291–294, 296, 302f., 304, 308 293 29851 29848 29851 291 292 29330 29226 29331 293 29226 29226 227 29851 293f.
2,11,1–2 2,11,1 2,11,2 2,12–24 3,44,3f. 3,45 4,48,2 4,49 4,49,3 4,50–53 4,56,2 10,91,1 10,93,2 11,1 11,117,4f. Stromateis 1,1,14–18 1,15–16
169, 228, 287, 291, 294–309, 314 295 299
396 1,22,150,1 1,28, 176 1,90,1 2,21,1–3 3,4,30,1 4 4,2,4–7 4,8,69,1–4 5 5,1–4,19 5,1,8,4 5,1,13,3–4 5,4,19 5,4,19,3f. 5,4,20,1 5,4,20,3–21,3 5,4,21,4 5,4,22–23 5,4,24 5,5,27–31,2 5,5,27,1 5,5,28,5–6 5,5,31,5 5,6,32–40 5,7,41,1–2 5,7,42,2–43,3 5,8,45,5 5,11,71–74,2 5,11,74–77 5,11,75,4 5,11,76,1 5,12,78–13,83,5 6,3,32,5 6,7,58 6,31 6,53,3–5 7 7,1,1,1 7,1,1,2–3 7,5 7,5,28–29 7,5,28,1–4 7,5,28,5–29,1 7,5,29,3f. 7,5,29,5f. 7,7,35–49 7,7,35 7,7,43,1 7,7,49,4 7,7,49,7
Stellenregister 7230 , 7545 31 115 295 165 292 295 30892, 312f.113 296–302 297 29746 29747 297 298 , 299 61 29851 29964 297f. 298 299 298f. 299 29957 29958 300 29961 299 299 300 , 305 87 290, 300–302, 305 87 301f. 302 300 72 13357 311111 21146 296, 303–309 30381 30382 273 304 30484 305 307 307 313116 308f. 30998 309 309
7,9,4,3 7,12,77,3 7,13,82,4 7,28–29 7,29,5 7,49,3
165 309103 30893 3532 3430 227
Excerpta ex Theodoto 1,1 1–36 22,7 26,1 35,1 43,2–65 55,2 56,2 58,1–65,2 59,4 62,2–3 66 69–73
228 195 19377 196 195 196 187 188 188 19378 194 194 19783 18148
1. Klemensbrief 20 21,8
208 200f.
MELITON VON SARDES Fragmente
13, 211–213
LACTANZ Divinae institutiones 2,2 34 5,11,18 21256 6,25,3 30 ORIGENES Contra Celsum 1,2 1,13 1,15 1,19 1,62 2,30 3,47f. 4,48–51 5,61 6,2
168f.13, 231 6, 232 232147 68f. 233 232 213, 217 232147 7020 218 52
Stellenregister 6,7f. 6,13 6,14 8,69 8,70 8,73
232 231f. 232 21783 217 217
Comm. in Matthaeum ser. 39 21680 Hom. in Lucam 8,2 39,5
16813 2746 2746
397
Apologeticum 12 17 17,1 21,24 25,12–17 30,1–33,1 32,1 33,1 38,3 39,2 46,2
215 273 227 215 215 21573 214 214 216 215 210 225
De anima 26,1
18867 225
Comm. in Iohannem
168 , 169
Hom. in Genesim 13,4
2746
Hom. in Exodum 6,5
De baptismo 1 2
226 226
2746
De carne Christi
169f.13
De corona militis 10,8
21886 2746
13
Hom. in Leviticum 3,6 2746
De cultu feminarum 2,5,2–5 2746 2,9,8 214
De oratione 25,1 25,2
216 21681
De principiis 1,praef. 3 1,6,1 1,26 2,11,2 2,3,2–4 2,11,4
64, 16813, 231 231 216 2746 216 21681 2746
De fuga in persecutione 4,1 226126
Hexapla
231142
81
De idololatria 10
200
De oratione 5,1–4
21468
De paenitentia 1,2
226126
Adversus Marcionem 4,27,9 226
De praescriptione haereticorum 7,9 7,11 12,4f.
16913 11664 11664 226127
Adversus Praxean 27,6f.
De resurrectione mortuorum
169f.13
Scorpiace
169f.13
TERTULLIAN Ad Scapulam 2,6
Adversus Valentinianos 5,1
214
226126 169f. 210
13
Stellenregister
398 SYNESIOS VON KYRENE Epistulae 105 137 143
p.26,20–27,21 p.27,21–30
312113 312113 312113
THEOPHILUS VON ANTIOCHIEN Ad Autolycum 1,11,1 3,1,14 3,2,37
48
211 21146 21146
4.3 Gnostisches und hermetisches Schrifttum
190 190
(BG 2 p.19,6–77,7) p.22,17–26,14 168 p.51,1–63,14 189 Brief des Petrus an Philippus (NHC VIII,2 P.132,10– 140,27) 173 „Über die Achtheit und Neunheit“ (NHC VI,6 p.52,1–63,32) 173 Die drei Stelen des Seth
Acta Johannis 29 94–102
274 19581
(NHC VII,5 P.118,10–127,27) 17329, 19170 p.124,33f.
19375
Allogenes (NHC XI,3 p.45,[1]–96,20) 163–198 Apokalypse des Adam
Die dreigestaltige Protennoia (NHC XIII,1 p.35,1–50,24) 17329, 176
(NHC V,5 p.64,1–85,32) 19170, 17329 p.77,26–82,19 174 32
p.35,32–36,27 p.42,4–17 p.47,11–17 p.48,11–35
Apokalypse des Petrus
Die Tat des Petrus
(NHC VII,3 p.70,13–84,14) p.81,3–83,15 195 81
(BG 4 P.128,1–141,7) 171, 173
Apokryphon des Johannes 163–198
Eugnostos
(NHC II,1 P.1,1–32,9) 17227 p.4,26–7,5 177 p.11,10–18 180 p.12,33–13,5 181 p.19,15–25,2 189 p.20,21–24 191 p.21,7–8 190 p.24,26–25,9 189 p.25,20–26,7 190
176 176 176 191
17122
(NHC III,3 p.70,1–90,13) (NHC V,1 p.1,1–17,18) Evangelium des Judas 173f. Evangelium nach Philippus (NHC II,3 P.51,29–86,19) 17228 p.73,8–19
19581
Stellenregister Evangelium nach Maria (BG 1 P.[1?–6]7,1–19,5) 171
Die Weisheit Jesu Christi 171, 17432,176 (NHC III,4 p.914–119,18) (BG 3 p.77,8–127,12)
Das Heilige Buch des großen unsichtbaren Geistes (Das ägyptische Evangelium)
Hypsiphrone
(NHC III,2 P.40,12–69,20) 192 p.63,9 196 p.63,17f. 174 p.66,27 19375 p.66,27–68,1 192
Marsanes
(NHC IV,2 P.50,1–81,2) 17329 p.75,4–6 174 p.75,17–20 174 32 Die Hypostase der Archonten (NHC II,4 p.86,20–97,23) 17227,17329,17433 p.87,11–88,17 184 p.88,11–15 18660 p.91,11–33 184 p.91,11–30 18556 p.91,30–92,4 18557 p.92,22–26 18557 p.93,29–30 185 p.94,12 17942 p.95,13–96,3 18558 p.96,21f. 186 p.96,26f. 185 p.96,33–35 186 p.97,7–9 186 p.97,10–13 18659 Die Lehren des Silvanus (NHC VII,4 P.84,15– 118,7) 17224
(NHC XI,4 P.69,21–72,33) 17329
(NHC X P.1,[1]–68,18) 17329, 19171 Melchisedek (NHC IX,1 P.1,1–27,10) 17329, 19170 Platon, Politeia 588A–589B (NHC VI,5 p.48,16–51,23) 173, 18250 Das Zeugnis der Wahrheit (NHC IX,3 p.29,6–74,30) IX 55 p.1–60,4 1668 Tractatus Tripartitus (NHC I,5 p.51,1–138,27) 17228, 19581 p.54,24–35 175 p.73,18–74,18 177 p.75,17–80,11 178 p.100,18–103,9 181 p.104,18–106,25 186 p.114,19–22 195 p.115,3–17 195 p.118,23–24 187 P .118,47–119 186 Vom Ursprung der Welt
Die Ode über Norea (NHC IX,2 P.27,11–29,5) 17329, 19170
(NHC II,5 p.97,24–127,17) 17329 p.98,11–99,22 178 p.104,24f. 174
399
Stellenregister
400 Zostrianus
ALKINOOS
(NHC VIII,1 p.1,1–132,6) 17329, 19171, 72
Didaskalikos 10,3 10,164,29–31
P.Oxy. 1081 1081r,36–50 3525
171 176 171
Anthologia Palatina
171
[ARCHYTAS]
P.Ryl. 463
Corpus Hermeticum 60, 12014, 130 I I 25–26 II V 1–2 VI 4 IX IX 8–9 X 3–6 X 15 XI 2 XI 20 XII 1 XIII 15–21 Frg. 2B,2
61 191 61 13255 6130 61 61 62 61 62 3427 62, 17739 191 61
Asclepius 21–29 41
173 173
5. Pagane griechische Literatur AELIAN Varia Historia 2,31
1119
ALEXANDER POLYHISTOR FGrHist. 273 F 19 8 FGrHist. 273 F 102 8 ALEXIS Frg. 1
1528
9,577
96186 17536
55
ANTIOCHOS VON ASKALON 97 (siehe Stobaios) ARISTIPPOS (Mannebach) Frg. 23
17
ARISTOPHANES Nubes 1473–1474
277
ARISTOTELES Ethica Nicomachea 2,6,1107 30276 4,2,1123 30276 Fragmente (Rose) Frg. 13 Frg. 32 Frg. 53
4f. 5 5
Magikos
5
Metaphysica 12,7,1072b19–20
175 36
[De mirabilibus auscultationibus] 154
5518
[De mundo] 6 6,398a1–10 6,400a34–b6
54, 137 54 5518
Poetica 9,1451a36–b11
40
Stellenregister
401
ARISTOXENOS
EPIKRATES (Kassel-Austin)
Elementa harmonica 2 (3D p.39/40 Da Rios) 3116 Frg. 53 Wehrli 58
Frg. 10
ARRIAN Indica 11,1–8
94171
CHAIREMON
94
Chaldäische Orakel 64 DEMOKRIT DK 68 B 234 DK 68 B 264
3324 3633
DIKAIARCH (Wehrli) Frg. 29
45
DIODORUS SICULUS Bibliotheke 40,3
10534
DIOGENES LAËRTIOS Vitae philosophorum 6,2,11 1004 7,57 17637 7,142–143 89137 DION VON PRUSA Orationes 12 (Olympikos) 12,34 12,59 31,11 36 (Borysthenitikos) 55,8 72,12
52, 306f.90f. 30483 277 85113 52 1009 10220
EMPEDOKLES DK 31 B 115
309103
1528
EPIKTET Dissertationes 1,1,109 1,9,16 1,10,8 1,11,7 1,13,3 1,14,9 1,15,2 1,16,20 1,29,46 2,8,11–23 2,8,18–28 2,14,11–13 2,16,42 2,18,28 2,20,21ff. 2,22,23 2,23 2,30 2,43f. 2,48f. 19,23–34
52 52 916 51 51 52 1837 52 51 51 2733 51 51 51 1017 51 1732 1732 1732 1732 2733
Enchiridion 1 31
3325 1017
EPIKUR Epistula ad Pythoclem (Usener) p.87 16 Epistula ad Menoeceum (Usener) p.59–60 30892 p.62f. 30892 p.66 30892 Ratae sententiae 1 (p.71)
30892
Frg. 210 Frg. 384 Frg. 387
3635 32 32
Stellenregister
402 ERATOSTHENES
Hymni in Isim
Platonikos (Heiberg) 15f. p.2,3–12 1630
1,2 2,1 3,2 IAMBLICH
EUNAPIOS Vitae sophistarum 454 (II3) 101 6,11,8–11 29227
De mysteriis
5,18 5,22f.
65, 313114 312112 312112
De vita Pythagorica 6,30 101 96–100 94171
EURIPIDES Bacchae 895f.
85 85 85
5
Hercules furens (Kannicht) 1345f. 301 Frg. 179 14 Frg. 910 14 Frg.dub. 1130 301
JOHANNES MALALAS Chronica
20525
KELSOS Ἀληθὴς λόγος
216
GALEN
KLEARCH VON SOLI
De epileptico 4 p. 371 Kühn.
Frg. 6 Wehrli
5, 105
De somno
68
18
HEKATAIOS VON ABDERA FGrHist 264 F 1–6 4 FGrHist 264 F 6 105 HERAKLEIDES PONTIKOS Frg. 87f. (Wehrli)
14
HERAKLIT DK 22 B 5
30791
HERODOT 1,143
5
LUKIAN De morte Peregrini 11 10218 15ff. 10218 Dialogi Mortuorum 5 14283 Philopseudeis 26
142
LYKOPHRON Alexandra
40
HESIOD MAKARIOS MAGNES Opera et dies 109–120
26564
HOMER Ilias 17,210ff.
31
Apokritikos 4,21
314119
Stellenregister MARINUS Vita Procli 28f. 33
12 12
MAXIMOS VON TYROS Dissertationes 5,4 2 Trapp, 1–2 2 Trapp, 3 2 Trapp 9–10
130f.46 30791 30690 30791
MEGASTHENES FGrHist 715 FGrHist 715 F 3
4 4, 105
Mithrasliturgie (PGM) IV 475–829 IV 644–649 IV 719–724
191 19275 19275
NUMENIOS (Des Places) 94 Frg. 8 Frg. 12 Frg. 12,1–3 Frg. 13 Frg. 30
68f. 18147 97187 7019 7019
Or. Sibyll.
59f.
3,350–361
207
PAUSANIAS 10,29,1
24214
PINDAR Pythische Oden
4145
PLATON Amatores
14
Apologia 20e–21a 23b
100 1006
[Axiochus] 364b
101
403
370c
101
[Epinomis]
6
Epistulae 7,334b 7,341c–d
30276 30279
Euthyphro
30384
Gorgias 464d–465e 521d–e
29850 29850
Ion 533d–536d
31
Leges 3,687c–e 4,715e 5,730c 5,738d 7,771d 10 10,897b 10,905e–907b 10,909d–910d 12,955e–956a 12,956a
51 5416 5416 30278 30278 509 201 30690 30277 30277 3113
Phaedo 64a–69d 67b 69c–d 82c–84b
30068 298 312113 30068
Phaedrus 276e–277a 278d
14 14
Parmenides
175
Politicus 258e–267a
164
Respublica 2,364a–366b 3,378e–383c 514a–535a 9,589b3 9,590b7 9,590a10–b1 10,597e–599a
30690 30690 30068 18250 18250 18250 18044
Stellenregister
404 Sophista 235e–236a 266d
PLUTARCH 179 18044
Symposium 203e–204a
174
Theaetetus 155d 173c–174a 176ab 176b
242 309103 52 239
Timaeus 22bc 27c–52c 27d–28b 28a 28a–b 28c 28d 29a 29e 30a 30a2 40a 41d 46e–47c 51e 52b 52d–53b 69c–d 70d–72b 92c
5 179 69 179 179 312113 96 180 179 306 17841 18764 19479 133 312114 30689 306 17479 18046 133
32
PLOTIN Enneades 1,1,12 2,9 2,9,3 2,9 [33] 2,9, 83 2,9, 86 3,8 [30] 5,1,8,10 5,2,2 5,5 [32] 5,8 [31]
179 60 17740 16914 63 63 16914 916 17740 16914 16914
a) Moralia Amatorius 749A 756AB 763C 763D 764E
2408 129 2373 2385 13459
De animae procreatione in Timaeo 137 De defectu oraculorum 410B2–4 12942 412D4 24214 412D 24214 De E apud Delphos 384E 385A 385F 385B 385B–C 385D 386A 386C 387E 387F 391E 392A 392A–E 393B 393E 394A 394C
247, 25036 24728, 29 24830 102 241 250 24317 24318 250 24933 249 245 245 134 24522 24623 24624
[De exilio] 607C–E
309103
De facie in orbe lunae 137 [De fato] 568E–F 572F–574A
18352 18352
De genio Socratis
56, 24010
De Iside et Osiride 351C–E 85 351D–E 239
Stellenregister 351E 351F–352A 352A 352B 352C 353E–355A 353E 354B–F 354B–C 354C–D 354F–355A 355BC 358°A–B 358E 359A–F 359A 360E 369 369B–D 375D–E 376A 377D 381A
2396, 310 310 310, 311 310107 311 299 299 299 85 30065 29961 85 29226 30892 29226 299 19480 97 85 29229 85 85 10841
De latenter vivendo 1129BC 127 35 1130AB 12735 De libidine et aegritudine
194
80
De tranquillitate animi 477C–F 133 , 304 De Pythiae oraculis 402E 11
405
b) Vitae Parallelae Camillus 41
21785
Numa 8 8,12–14 8,65b–c 16,1–2 20,3
94166 29746 30690 30690 29746 29746
PORPHYRIOS Adversus Christianos (Harnack) [Frg. 76, p.93] 314119 De antro Nympharum De abstinentia 1,27–28 1,35–37 2,19 4,6–8
312112, 313114 309f.103 29747 94171
Vita Plotini 13 16
916 16914
Ad Gaurum II 2 VI 2–3 XIV 3–4
18869 18868 18868
De philosophia ex oraculis haurienda 65 Brief an Anebo
65, 313114
De sera numinis vindicta 549E 24932
De regressu animae (Smith) Frg. 302F,aF,bF 313
De superstitione 169D–E
PROKLOS 311
Quaestiones convivales 4,6 5823 8,7–8 56 Quaestiones Platonicae 9,1,1008C–D 18045
Institutio theologica 63 SEXTUS EMPIRICUS Adversus Mathematicos 7,132 25819 9,13 (SVF II 36) 95178 9,13–194 49 11,20 49f.7
Stellenregister
406 Pyrrhoneioi hypotyposeis 1,23–24 50 3,2 50
APULEIUS
STOBAIOS 1,48,6
164
STRABON 1,1
17
Tabula Cebetis
12735, 130
TATIAN Oratio ad Graecos 35 1322 [TIMAIOS LOCRUS] De natura mundi et animae 7 96 THEOPHRASTUS De pietate (GLAJJ 4 [1,10–12]) (GLAJJ 4 [1,10])
182f.51 19480
XENOPHANES DK 21 B 10–15
30690
XENOPHON Memorabilia 1,1,4ff. 1,4 4,3
1005 509 509
ZENON VON KITION (SVF 1,120)
187
De deo Socratis 3,125 5,132 20,166f. 155f.
32627 326 100 10 3634
Florida 9,13f. 9,27–29 16,38 18,15 20,2–4
320 320 3198 318 318
De magia 25,9 25,9–26,5 25,10–26,4 26,5 27,1–4 27,4
32523 325 325 325 325 325
AUGUSTUS
67 673
XENOKRATES (Isnardi Parente) Frg. 83 Frg. 225
6. Pagane lateinische Literatur
64
Res gestae divi Augusti 8 26666 13 26666 26 26666 32 26666 34 26666 CELSUS De medicina 8
17
CICERO De legibus 2,45
3113s
De natura deorum 2,8,72 2,23,61 3
48 215 29 225120
De officiis 2,5
95178
Stellenregister De re publica 1,2,2
10113 277
De haruspicum responso 9,19 215 HORATIUS Epistulae 1,18,111
33
Carmen saeculare 57–60
265f.65
JULIANUS APOSTATA Epistulae 114,438c 136a–b Bidez
29227 29227
In Galilaeos 305E–306B (Frg. 72 Masaracchia) 286 3 335b–d (Frg. 81 Masaracchia) 292 339e (Frg. 82 Masaracchia) 292 354A–C (Frg. 86 Masaracchia) 286 3 356C (Frg. 87,1–5 Masaracchia) 286 3
3,6 3,28f. 3,1042 5,52f. 5,1198–1203 6,68–78 6,74
407 24 24 43 24 32 32 42
MANILIUS 2,115
34
MARC AUREL Ad se ipsum 4,23 6,44 9,1 12,1,1–2
52 53 1017 1017
MINUCIUS FELIX Octavius 5–8 32,8
5824 35
MUSONIUS (Hense) p.9,14f. p.76,14f.
18 18
OVID
Misopogon 28,357c
292
Ars amatoria 3,549
Orationes 7,22,228c
292
Epistulae ex Ponto 2,8 44 3,4,93 3010
LUKAN Pharsalia 2,285 39–65
31 142
LUKREZ De rerum natura 1,80ff. 1,101 1,923 1,925 1,62–79
31 242 243 243 244
30
Fasti 6,5 6,252–256
30 30
Metamorphoses 1,89ff. 3,577–700 8,55 15,127ff.
26564 43 3010 31
Tristia 5,3
44
Stellenregister
408 PHILOSTRAT Vita Apollonii 1,1 1,2 1,3 3,10–51 5,21 6,6 7,14 7,19 7,34
15
101 100f. 56, 101 94171 56 94171 215 215 101
Fragmente (Haase) Frg. 14 Frg. 24 Frg. 123 Frg. 120
36 36 30, 35 34
SILIUS ITALICUS Punica 2,515ff.
29
SIMPLICIUS
Vitae sophistarum 1,8 10221
In Aristotelis Physicam 231,7–24 17841
PLINIUS D. Ä.
SUETON
Naturalis Historia 5,73 94171
Augustus 85
PLINIUS D. J.
TACITUS
Epistulae 10,97
223105
SENECA Epistulae morales ad Lucilium 11,8–10 3635 25,6 36 41 33, 35, 13146, 294 41,1 35 41,5 31 58 18043 65 18043 73,16 35 88,2 16f. 89,5 95178 95,47 34 95,50 35 102,29 36 108,24 916 108,38 27 115 99 120,14 37 Exhorationes
34
Philosophia moralis 34
26563
Germania 9,9
30
Historiae 2,78 5,5 5,5,1f.
3011 3011 10842
ULPIAN De officio proconsulis 7 21256 VARRO Antiquitates rerum humanorum et divinarum (Cardauns) Frg. 2a 484 Frg. 6–11 23 VERGIL Aeneis 1,11 1,254–296 2,426–430 4,379f. 5,815
39 42 40 43 42 41
Stellenregister 6,791–794 8,319–336 8,352 10,297 10,811 10,830–832 12,192 12,831
40 40 3323 41 41 41 41 42
409
Bucolica
42
Georgica 1,24–42
42 44
VITRUV De architectura 1,1,7 2,2
17 17
Personenregister Aelian 11 Aelius Aristides 11, 13 Albani, M. 289, 301 Albertz, R. 290 Albrecht, M. von 24, 41–43, 101 Alcock, S.E. 290f. Aleknienė, T. 303 Alexander von Aphrodisias 12, 164 Alexander Polyhistor 8 Alexander, P.S. 158 Algra, K. 97, 118 Ali Schariati 317f., 321–324 Alkinoos 96 Allo, E.B. 275 Almog, S. 152 Ammonios Sakkas 230 Anatolius 72, 74–76 Anderson, G. 12 Andresen, C. 209 Antigonos von Karystos 17 Antiochos von Askalon 97 Apion 8 Apollonios Molon 8 Apuleius 36, 126, 317–321, 324–326 Aristobul 7, 12, 71, 72–78, 91, 93, 95f., 98, 111 Aristoteles 4f., 8f., 15, 40, 53f., Aristoxenos 5 Armstrong, A.H. 70, 233 Arnobius 32 Arrian 9 Artapanos 12 Assmann, A. 64, 99 Assmann, J. 64 Athanasius von Alexandrien 204 Athanassiadi, P. 47, 64, 68, 124 Attikos 57 Auerbach, E. 39 Auffarth, Ch. 285–290, 294 Augustinus 25, 34f., 116, 126, 201 Bäbler, B. 49, 130 Babut, D. 117, 241, 243f.
Backhaus, K. 122 Bakhos, C. 68 Baltes, M. 100, 211, 326 Barnes, J. 97 Barrett, C.K. 144, 274, 280, 282 Barton, S.C. 278 Basilides 169, 219–221, 229 Basilius von Caesarea 204, 231 Baumbach, M. 102, 238 Baumert, N. 278 Baumgarten, J.M. 148f., 158 Baumgartner, W. 156 Baumstark, A. 206 Baur, F.C. 163, 168 Beale, G.K. 278 Becchi, F. 247 Becker, J. 258, 261–263, 266 Beißner, F. 327 Ben-Dov, J. 157 Benz, E. 224 Bergquist, B. 289 Berner, U. 127, 312 Bernstein, M. 148 Berossos 5 Bethge, H.-G. 171, 173, 178 Betz, H.-D. 192 Beumann, C. 200 Beutler, R. 63 Bianchi, U. 196 Bieringer, R. 278 Bierl, A. 14 Bilde, P. 167 Bion von Borysthenes 17 Black, C.C. 120 Black, M. 113 Blank, J. 264 Bloom, H. 164 Blume, H.D. 244 Bockmuehl, M. 278 Bond, H.K. 267 Bonhöffer, A. 258 Bord, L.J. 89 Borgen, P. 92, 96, 120
Personenregister Bos, A.P. 54, 69 Boshof, E. 206 Böttrich, Ch. 289, 294 Bousset, W. 86, 164, 168 Bouyer, L. 204 Bowersock, G.W. 289 Brandon, S.G.F. 279 Brands, G. 310 Brankaer, J. 173 Brenk, F.E. 41, 119, 241, 244 Brisson, L. 281 Brooke, G.J. 147, 150 Broshi, M. 159 Brown, P. 289 Brownlee, W.H. 150 Bühner, J.-A. 259 Bultmann, R. 122f., 135, 139, 258–262, 264, 266, 280 Burkert, W. 238 Burr, V. 90 Calvin 28 Calvo, T. 281 Cancik, H. 11, 99 Cancik-Lindemaier, H. 99 Caquot, A. 126 Caseau, B. 289–291, 310f. Chadwick, H. 218, 233 Chairemon 94, 126, 131 Chanania 207 Charlesworth, J.H. 147, 150, 155f., 159 Chazon, E.G. 156 Chrysipp 4, 8, 50 Cicero 26f., 29, 48, 215 Clark, G. 41, 312 Classen, C.J. 310 Clemens von Alexandrien 64, 72–77, 113, 115, 118, 133, 165, 169, 187f., 201, 227–233, 272, 285–314 Clemens Romanus 200 Clements, R.A. 156 Collange, J.F. 274, 277, 279, 282 Colli, G. 327 Collins, R.F. 268 Conway, M.C. 268 Cook, J.G. 138 Copenhaver, B.P. 59 Corrigan, K. 169 Cosenza, P. 243 Cross, F. 151
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Crouzel, H. 230 Culpepper, A. 120, 268 Dagron, G. 206 Dally, O. 310 Davis, B.S. 276 De Boer, M.C. 261 Deiber, A. 300 Demokrit 36 De Vogel, C. 244 Del Corno, D. 249 Delia, D. 90 Denis, A.-M. 80 Dibelius, M. 141 Diezfelbinger, C. 257f., 260–262 Dihle, A. 4f., 11, 15, 203 Dillon, J.M. 68, 91, 93–95, 97, 100f., 124–127, 131, 164, 222, 241, 244, 326 Dimant, D. 147, 150, 152f., 156f. DiMattei, S. 77, 82 Diogenes Laertios 6 Diogenes von Oinoanda 50 Dion von Prusa (Chrysostomos) 52, 85, 102, 130f., 277, 304, 307 Dionysius (Pseudo-) Areopagita 66, 199, 204 Dodd, C.H. 120–123, 259–261 Dodds, E.R. 47 Doerries, H. 220 Donini, P. 100, 326 Döpp, S. 169 Döring, K. 100 Dorotheus von Gaza 204 Dörrie, A. 211 Dörrie, H. 131, 211, 233, 244 Doutreleau, L. 165 Downing, F.G. 119 Dreyer, O. 54 Duneau, J.F. 203 Düring, I. 206 Durkheim, É. 288, 319 Du Toit, D.S. 101 Eade, J. 287–289 Ebeling, F. 61 Eco, U. 164 Edwards, M. 124, 264 Ego, B. 286, 289 Eisele, W. 122
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Personenregister
Eliade, M. 287 Elliger, K. 147 Elm von der Osten, D. 290 Eltester, F.W. 281–283 Engberg-Pedersen, T. 119 Ennius 39 Epiktet 17f., 51-53, 99 Epikur 16f., 24, 32, 43, 49f., 308, 313 Epiphanios 167 Erasmus von Rotterdam 53 Eratosthenes 15 Erler, M. 125, 281 Etienne, S. 90 Euagrius Ponticus 204 Eudoros 57, 97, 124, 136 Euhemeros 39 Eupolemos 111 Euripides 5, 14 Eusebius 13, 72, 74, 90, 126, 311 Evans, K.G. 90 Fanon, F. 319 Feldmeier, R. 102–104, 108, 121f., 127, 129, 238, 249 Ferrari, F. 244, 246f. Festugière, A.-J. 61, 194, 304 Février, G. 83 Fishbane, M. 148f., 158–160 Fitzmyer, J.A. 157, 259 Flacelière, R. 249 Flashar, H. 50f., 206 Fletcher-Louis, C.H.T. 278 Flint, P.W. 148, 156 Fowden, G. 61 Frazier, F. 117, 239 Frede, D. 117, 126, 131, 137, 281 Frede, M. 47, 64, 68, 124 Frend, W.H.C. 207f. Freudenberger, R. 212 Frey, J. 123 Froidefond, Ch. 300 Fuhrer, Th. 120 Fulglseth, K. 96 Furnish, V.P. 274, 277f. Fürst, A. 120 Gaios 57 Gaiser, K. 31, 41 Galen 18 Gallo, I. 57, 238, 241–243
Gantke, W. 288 García Martínez, F. 155 Gärtner, H.A. 58, 209 Gärtner, M. 201 Garyeff, F. 67 Geerlings, W. 169 Geljon, A.C. 92 Gill, M.L. 184 Giversen, S. 167 Gladigow, B. 288 Glessmer, U. 157 Glucker, J. 243 Gniesmer, D.F. 264 Goehring, J.E. 172 Goodman, M. 73 Görgemanns, H. 56, 64, 102f., 117, 128, 231, 238, 249 Görler, W. 50 Goulet, R. 88 Grabar, O. 289 Graeser, A. 125 Graf, F. 288 Grappe, C. 147 Gräßer, E. 274, 280 Gregor von Nazianz 204, 231 Gregor von Nyssa 204 Grenfell, B.P. 85 Griffiths, J.G. 300 Guilbert, P. 155 Gurvitch, G. 319 Güttgemanns, E. 278, 280 Guyot, P. 212 Haase, W. 241 Habermehl, P. 220, 318, 320, 324, 325 Hadas, M. 80 Hadot, P. 9f., 18, 117, 203f. Haehling, R.von. 213 Hafemann, S.J. 282 Häfner, R. 100, 326 Hägg, H.F. 291 Hägg, R. 289f. Hahm, D. 184 Hahn, J. 289, 311f. Halfwassen, J. 205 Hällström, G. af 229 Hamerton-Kelly, R.G. 88 Hamidovic, D. 89 Hammerstaedt, J. 220, 318, 320 Hanson, A.T. 278
Personenregister Harder, R. 63, 200 Harnack, A. von. 163, 168, 170, 207, 212 Harrington, D.J. 273 Harrington, H.K. 148 Harris, M.J. 274, 276 Hartmann, N. 199 Hay, D.M. 85–87 Heffening, W. 206 Heil, A. 24 Heiler, F. 287 Heininger, B. 127 Hekataios von Abdera 4, 104 Hengel, M. 11, 104f., 113, 123 Heracleon 169, 176 Herakleides 14 Heraklit 258, 306 Herodot 5 Hesiod 7, 265 Heyd, M. 152 Hilhorst, A. 170 Hippolyt von Rom 167, 169, 195, 214 Hirsch, B. 127, 130 Hirschler, K. 287f. Hirsch-Luipold, R. 57, 102, 117, 123, 127–133, 135, 141, 238f., 244, 249 Hirzel, R. 241, 247, 249 Hody, H. 72f., 80 Hofius, O. 260 Hofrichter, P.L. 259 Hölderlin, F. 327 Holladay, C.R. 7, 72f. Hölscher, T. 4 Holzhausen, J. 164 Homer 7, 12, 31, 244 Horaz 26, 33, 266 Horgan, M. 147, 150, 152 Horn, C. 202 Horst, P. van der 84 Hübner, R.M. 222 Hughes, P.E. 274, 280 Hunain ibn Ish āq 206 Hunt, A.S. 85 Hyldahl, N. 222 Ibn Gabirol, S. 205 Ibuki, Y. 255, 263 Ignatius von Antiochien 208 Ingelaere, J.C. 147 Irenaeus von Lyon 60, 165–167, 169, 173, 197, 213f.
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Isidor (Gnosticus) 220 Ivánka, E. von 64 Ivanov, V. 41f. Jaeger, W. 68, 225 Jamblich 12, 55, 61, 63, 65, 101, 313 Jaspers, Karl 199 Jervell, J. 282 Jesus Sirach 104, 106, 113 Johannes Chrysostomus 201 Johannes Philoponos 12, 206 Johnson, A.P. 274 Jonas, H. 163, 168, 196, 213 Josephus 3, 12, 71, 80, 83, 112 Joyal, M. 119 Julian Apostata 29, 65, 292 Jüngel, Eberhard 138 Justin 13, 115, 204, 210f., 221–225, 272 Kaestli, J.-D. 195 Kaiser, U.U. 171 Kalka, J. 32 Kammler, H.C. 260 Kamvar, J. 318 Kaplan, M. 290 Karamanolis, G. 312 Karfíková, L. 100, 326 Karneades 49 Karpp, H. 64 Karttunen, K. 4, 7 Käsemann, E. 135, 283 Kasser, R. 173 Kaweh, S. 318, 320 Kelsos (Celsus) 3, 6, 11, 13, 59, 138, 216–218, 231–233, 303 Khosroyev, A.L. 172 Khoury, R.G. 205 Kidd, I.G. 17 King, K.L. 163f. Kingsley, P. 298 Kirchschläger, P.G. 255 Kister, M. 156 Klauck, H.J. 49, 130, 274, 280 Kleanthes 84 Klearch von Soloi 5, 105 Klein, R. 212 Klutsko, J. 278 Knauer, G.N. 39 Kobusch, Th. 118, 146, 200, 203, 222 Koch, A. 287
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Personenregister
Koch, H. 64, 201, 231 Koch, L. 127 Koehler, L. 156 Koetschau, P. 230 Köhler, H. 102, 238 Körtner, U. 260 Kovacs, J.L. 300 Kragerud, A. 170 Krämer, H.J. 31, 124 Kroll, J. 61 Kruse, C.G. 274, 279 Kyrill von Jerusalem 201 Ladner, G.B. 272, 281, 284 Lakmann, M.-L. 100, 326 Laks, A. 117, 126, 131, 137, 281 Laktanz 24, 30–32, 34, 44, 60 Lamberti, F. 220, 318 Lambrecht, J. 278, 280 Lampe, P. 262 Lanci, J.R. 290, 294 Lanci, S. 294 Lange, A. 286, 289 Langerbeck, H. 220 Latacz, J. 14 Layton, B. 166, 195 Le Boulluec, A. 294, 297, 300f., 305f. Leclercq, J. 203 Leeuw, G. van der 287 Lemaire, A. 158 Lennox, J.G. 184 Léon-Dufour, X. 256, 258–260, 263 Lepape, A. 90 Lessing 32 Lévy, C. 121, 125 Libanios 202f. Licht, J. 155 Lieberg, G. 58 Liebeschuetz, W. 200, 202f., 205 Lim, T.H. 147 Lindars, B. 259f. Link, W. 294 Livingstone, E. 296, 300 Livius Andronicus 39 Löhr, W.A. 211, 220, 222 Lohse, E. 114 Long, A.A. 51, 85, 94 Loumanen, P. 219 Löwith, Karl 199 Lukan 31
Lukian 18, 102, 142 Lukrez 24, 26, 31f., 50 Lurje, M. 101 Luther 28 Luttikhuizen, G.P. 170 Lykophron 40 MacCormack, S. 40 Mack, B.L. 88 MacMullen, R. 48 Mahé, J.-P. 171 Maimonides, M. 205 Majercik, R. 169 Malherbe, A.J. 117, 119f. Malingrey, A.M. 212 Manethon 5 Manilius 34 Mann, F. 211, 244 Mansfeld, J. 95, 97, 118, 130, 172 Marc Aurel 11, 26, 29, 52f. Marcovich, M. 211, 221–225 Marinatos, N. 289f. Marincola, J. 81 Marinos 12 Marius Victorinus 203 Marjanen, A. 163f., 167, 219 Markschies, C. 165, 169, 218, 220f. Markus, R.A. 285, 287, 312 Marrou, H.I. 200 Martin, D.B. 120 Martin, R.P. 277f., 280 Marx, K. 319 Massignon, L. 319 Maulana Dschelaleddin Rumi 315 Maximus Confessor 204 Maximus von Tyros 59, 100, 307 McCormack, S. 285, 289, 309 McGuire, A. 165 McKnight, S. 255 Méasson, A. 91 Meeks, W. 197 Megasthenes 4, 105 Méhat, A. 291, 295f., 303–305 Meliton von Sardes 13, 211f., 214, 216 Menandros 7 Menedemos von Eretria 84 Mensching, G. 287 Merkelbach, R. 59 Merki, H. 281 Messner, A.C. 287f.
Personenregister Meyer, M. 171 Michaels, A. 287 Michel, D. 83 Millar, F. 73, 113 Mimouni, S. 158 Minucius Felix 35, 58 Mitchell, M.M. 207, 276, 280 Moderatos 55 Mohammad Mosadegh 324 Moloney, F.J. 268 Montinari, M. 327 More, H. 164 Moreschini, C. 121, 241–243 Morgenthaler, R. 257, 263 Most, G.W. 143 Mucius Scaevola 38 Mulder, M.J. 148 Müller, G.A. 40 Musaios 12 Musonios 18 Mussner, F. 138 Nagel, P. 166 Neander, J.A. 168 Nesselrath, H.-G. 127 Nestle, W. 47 Neusner, J. 279 Neymeyr, U. 294 Nguyen, V.H.T. 275 Nietzsche, F. 317, 327 Nigidius Figulus 55 Nikiprowetzky, V. 93, 126 Nikomachos von Gerasa 55f. Nilsson, M.P. 47f., 64 Nitzan, B. 147, 150 Nock, A.D. 164 Norden, E. 121, 169 Noth, M. 153 Nötscher, F. 152 Numenios 12, 55, 57, 65, 68, 94, 96, 126, 131, 181, 183, 188 O’Daly, G. 63 O’Day, G.R. 144 O’Donovan, J.L. 214, 216 O’Donovan, O. 214, 216 Opelt, I. 57 Opsomer, J. 249 Orbe, A. 168, 185, 195
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Origenes 59f., 64, 68, 113, 118, 169, 201, 204, 216–218, 225, 229–233 Osborn, E. 286, 295, 306 Osborne, G.R. 255 Osborne, R. 290f. Otto, R. 288, 316 Ousterhout, R. 285 Ovid 30f., 43f. Painchaud, L. 172 Pamuk, O. 315f. Pannenberg, W. 199 Pasquier, A. 172 Pätzold, D. 70 Paulus 34, 114f., 120f., 136, 140, 207f., 214, 225, 271f., 274–277, 279–284, 285, 293f., 301f. Pearson, B.A. 167, 219 Pelletier, A. 79f. Pendrick, G. 259 Pérez Jiménez, A. 133 Perl, G. 303 Pezzoli-Olgiati, D. 287 Pfann, S.J. 157 Philastrius 167 Philon von Alexandria 3, 12, 18, 69– 71, 73f., 85–89, 90-97, 98, 110–113, 124–126, 129–132, 135, 137, 197, 207, 219, 273, 282f., 294 Philostrat 7, 100–102 Pilatus 251, 256f., 261–268 Pilhofer, P. 286, 289 Platon 5, 7, 9, 12, 14f., 23, 27, 31, 38f., 41, 50–52, 57f., 62, 68f., 74, 76, 95f., 111, 133, 164, 179, 181f., 228, 239f., 244, 298, 302, 325f. Pleše, Z. 164, 173, 183 Plinius d. Jüngere 223, 303 Plotin 7, 9, 12, 60, 62–64, 70, 169, 177 Plummer, A. 275–278, 280 Plutarch 11, 50, 56–58, 85, 94, 97, 100, 102, 118, 124–126, 129–135, 137, 139, 237–250, 292 , 297, 299, 304, 310f. Pohlenz, M. 224 Poirier, P.-H. 171 Pollmeier, H. 203 Polystratos 4
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Personenregister
Porphyrios 7f., 9, 12, 63, 65, 131, 206, 232, 313 Poseidonios 17, 51 Prächter, K. 47 Prodikos 38 Proklos 63, 66 Proudfoot, C.M. 280 Puech, B. 241 Pythagoras 55f., 74, 76, 101, 102, 111, 164, 298f. Qimron, E. 148 Quack, J.F. 62 Quadratus (Kodratos) 210 Rabin, C. 159 Radice, R. 71, 77 Rahnema, A. 318 Rambod, M. 318 Ramelli, I. 128 Rapp, C. 15, 203 Rasimus, T. 168 Ratzinger, J. 64 Reale, G. 54 Reichert, A. 303 Reinhard, C. 171 Reitzenstein, R. 61 Resseguie, J.L. 268 Riaud, J. 89 Richard, Y. 321f. Riché, P. 206 Ridings, D. 296 Riedweg, Ch. 14, 77, 202, 296 Rist, J. 70 Ritter, A.M. 102f., 117, 205, 207, 209, 211, 213, 217, 219f., 222, 229, 238, 318 Roberts, L. 295f. Robinson, J.M. 171 Roth, W.M.W. 278 Rousseau, A. 165 Rousseau, P. 172 Rowe, C.K. 272 Royse, J.R. 92f. Rudolph, K. 163 Runia, D.T. 69–71, 88f., 91, 93–95, 126f., 137, 183 Rüpke, J. 290, 309 Russell, D. 249 Rutherford, R.B. 53
Sallnow, M.J. 287–289 Salustios 63 Sand, A. 258 Sanders, E.P. 112 Sartre, J.-P. 319 Scarpat, G. 71 Schariati, A. 319f., 322f. Schenk, P. 220, 318 Schenke, H.-M. 166f., 171 Schenke, L. 258, 260 Schiffman, L.H. 148f., 157, 159 Schimmel, A. 315 Schlumberger, D. 3 Schmidt, C. 170 Schmidt, J. 327 Schnackenburg, R. 123, 257–264, 267 Schnelle, U. 267 Schofield, M. 97 Scholtissek, K. 255, 264 Schottroff, L. 114 Schröter, J. 275, 283 Schroyer, M.J. 86 Schürer, E. 73, 83, 113 Schwemer, A.-M. 104 Scott, A.O. 183, 187 Sedley, D.N. 85, 281 Segal, A.F. 197 Seneca 9, 17, 26f., 30f., 33–37, 71, 99, 120, 180, 294 Senior, D. 267 Sergios von Rēš ainā 206 Severin, H.-G. 310 Sextus Empiricus 49f. Şeyh Galib (Galib Dede) 315 Sheppard, A. 312 Siegert, F. 113, 120 Silius Italicus 29 Simonetti, M. 169 Skarsten, R. 96 Smith, D.M. 120, 144 Smith, J.Z. 285, 287f., 313f. Smith, M. 279 Snell, B. 47 Söding, T. 256, 264, 268 Söller, R. 34 Soranus 188 Sourvinou-Inwood, Ch. 288–290 Speusippos 175 Speyer, W. 57
Personenregister Stadter, Ph.A. 238 Stamm, J.J. 156 Stead, Chr. 199 Stegmann, T. 275 Steiner, D.T. 277 Steinmetz, P. 51 Sterling, G. 68–71, 81, 84, 89, 90–92, 94–96, 98, 121, 126f., 129 Stern, M. 67, 104 Stockhausen, C.K. 282 Stolz, F. 287 Stone, M.E. 149, 153 Stowers, S.K. 119 Straub, E. 267 Strohmaier, G. 206 Strugnell, J. 148 Strutwolf, H. 220 Sussman, Y. 148 Swain, S. 124 Swete, H.B. 79 Synesios von Kyrene 63, 312
Thümmel, H. 286 Thüsing, W. 122 Thyen, H. 260, 262 Tigchelaar, E.J.C. 155 Timbie, J.A. 172 Titchener, F. 133 Tkatsch, J. 206 Tobin, T. 70, 77, 88f., 95, 97, 127 Torraca, L. 243 Tov, E. 156 Trombley, F.R. 202 Troupeau, G. 206 Turcan, R. 59 Turner, E.G. 90 Turner, J.D. 166f., 169, 173, 191 Tusa Massaro, L. 241 Twersky, I. 126 Tworuschka, U. 287
Tacitus 30 Talmon, S. 157 Tanaseanu-Döbler, I. 312 Tardieu, M. 9, 172 Tatian 13, 18, 115, 211 Taylor, J.E. 87, 285 Tcherikover, V. 83 Terian, A. 94 Tertullian 18, 27f., 115f., [167], 214– 216, 225–227, 273 Thackeray, H.St.J. 79 Thatcher, T. 255 Theiler, W. 63, 164 Themistios 202 Theobald, M. 259f. Theodor von Mopsuestia 201, 206 Theodoret 167 Theodotus 193, 195, 228 Theophilus von Antiochien 211 Theophrast 67 Timaios von Lokroi 96 Thom, J.C. 85 Thomassen, E. 172 Thompson, J.W. 96, 122 Thompson, M.M. 132, 135 Thraede, H. 303 Thraede, K. 58 Thrall, M.E. 279f., 282f.
Valckenaer, L.C. 73 Valentinus 165, 169, 219, 221, 229 Van Belle, G. 132 Vanderjagt, A. 70 VanderKam, J.C. 148, 156 Van der Meeren, S. 294 Van der Stockt, L. 242, 247 Van der Vliet, J. 170 Van der Watt, J. 123 Van der Woude, A.S. 156 Van Ess, J. 205 Vanhoye, A. 278 Van Kooten, G.H. 121, 170 Van Tilborg, S. 132, 261, 267 Van Winden, J.M.C. 118 Varro 23, 43f., 48 Vauchez, A. 206 Vergil 37–43, 44 Vermes, G. 73, 113, 158 Vidman, L. 85 Vinzent, M. 203 Vollenweider, S. 120 Volp, U. 292
Ulrich, E. 156 Urso, G. 24
Wacht, M. 58 Wagner, A. 141 Wagner, T. 15, 203 Waldner, K. 290
417
418 Walsh, J.J. 303 Walter, N. 73f., 111 Walter, P. 120 Wan, S.K. 92 Waszink, J.H. 70, 188, 206 Weber, M. 319 Weidemann, H.-U. 264, 267 Weissenrieder, A. 272 Welker, M. 141 Wendland, P. 73, 79 Wengst, K. 258–262, 264 West, M.L. 67 White, M. 164 Whitehouse, H. 312 Whittaker, J. 119, 244 Wickert, U. 209, 225f. Widengren, G. 287 Wieder, N. 149 Wilamowitz-Moellendorff, U. von 63 Wilckens, U. 112 Wiles, M.F. 294 Wilkens, R.L. 209 Williams, M.A. 163, 172 Willms, H. 132 Windisch, H. 274f., 278, 280 Winston, D. 71, 91, 93, 95f.
Personenregister Wissowa, G. 217 Wlosok, A. 34, 44, 225 Wolff, C. 114, 280 Wolfson, H.A. 70, 126, 224 Wucherpfenning, A. 170 Wurst, G. 173 Wyrwa, D. 202, 228f. Xenokrates 16 Xenophanes 39, 104, 306 Xenophon 58 Yarbrough, O.L. 164 Yarnold, E.J. 294 Young, F.M. 207 Zanker, P. 266 Zeller, E. 47, 73 Zenon 50, 302, 304, 308 Ziegler, K. 102, 237f., 241f. Zimmermann, M. 318 Zimmermann, R. 123, 144 Zinser, H. 288 Zintzen, C. 118, 124, 222 Zumstein, J. 256f., 260, 262, 264