121 73 4MB
German Pages 437 [460] Year 2022
Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 186 herausgegeben von
Rolf Stürner
Serena Köppen
Rechtskonfliktkosten im Zivilrecht Prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch: Grundlagen und Verhältnis
Mohr Siebeck
Serena Köppen, geboren 1982; Studium der Rechtswissenschaft in Hamburg und Modena; wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Zivilrecht, Zivilprozess- und Allgemeines Prozessrecht der Universität Hamburg; Richterin in Hamburg.
ISBN 978-3-16-160709-7 / eISBN 978-3-16-160710-3 DOI 10.1628/978-3-16-160710-3 ISSN 0722-7574 / eISSN 2568-7255 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Times gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 vom Fachbereich Rechts wissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung befinden sich auf dem Stand von März 2019. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Reinhard Bork. Er hat diese Arbeit nicht nur stets bestärkend betreut, sondern mir dabei auch den nötigen sachlichen und zeitlichen Freiraum gelassen. Meine Tätigkeit an seinem Lehrstuhl war prägend und hat meinen juristischen Horizont erweitert. Ich danke Professor Bork für diese schönen und lehrreichen Jahre. Ebenfalls möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Florian Jacoby bedanken, der die Anregung für das Thema dieser Arbeit gegeben hat. Ebenso danke ich Herrn Professor Dr. Olaf Muthorst, der stets Interesse an meiner Arbeit gezeigt hat und ein wertvoller Ansprechpartner war. Weiterhin danke ich Herrn Professor Dr. Marian Paschke für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die schöne gemeinsame Zeit am Lehrstuhl danke ich insbesondere Margrit Brüggemann, Dr. Gundula Bartholomäus, Dr. Nicola Haller, Dr. Gero von Jhering, Florian Vogelsang und Martin Völker. Auch Dr. Theresa Mohs möchte ich an dieser Stelle für ihren Zuspruch und hilfreichen Rat danken. Philipp Wirth danke ich für seine ruhige und zuversichtliche Begleitung in dieser Zeit. Besonders bedanken möchte ich mich bei meiner Mutter. Ihr verdanke ich das Fundament, das diese Arbeit ermöglicht hat. Meiner Freundin seit Kindheits tagen Ingrid danke ich für ihre stete Unterstützung und Begleitung. Nicht zuletzt danke ich meinem Partner für sein Verständnis, seine stete Zuversicht und Hilfsbereitschaft.
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . .
9
§ 2 Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
§ 3 Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
§ 4 Entstehungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
§ 5 Systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
§ 6 Regelungssystem, Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts . . . .
34
§ 7 Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung . . . . . . . .
67
§ 8 Kostenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
§ 9 Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
§ 10 Prozessuale Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
§ 11 Zusammenfassung zu Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch . . . . 109 § 12 Allgemeines zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung . . . . . . 109 § 13 Vertragliche Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 § 14 Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 § 15 Aufwendungsersatzanspruch aus GoA . . . . . . . . . . . . . . . 272
VIII
Inhaltsübersicht
§ 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO . . . . . . . 276 § 17 Zusammenfassung zu Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 18 Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 19 Im Verhältnis der Parteien zueinander . . . . . . . . . . . . . . . 291 § 20 Im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 § 21 Zusammenfassung zu Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 § 22 Zur Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren . . . . . . . . 343 § 23 Zum Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren . . . . . . 346 § 24 Zusammenfassung zu Teil 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . 391 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
I. II. III. IV.
1 3 5 6 6 7
Anlass und Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zu früheren Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch 2. Rechtsverfolgungs-, Rechtsverteidigungs-, Rechtskonfliktkosten
Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . .
9
§ 2 Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
I. II.
Anspruchsteller und Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . Prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. e. S. und i. w. S. . . . .
9 9
§ 3 Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
I. II.
Kostenvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 15
§ 4 Entstehungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
§ 5 Systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
I. II. III. IV.
18 19 21 22
Materiell-rechtlicher Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Anspruch . . . . . . . Schadensersatz oder Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . Verschuldens-, Gefährdungs-, Aufopferungshaftung . . . . . . . . 1. Ältere Theorie zur Verschuldenshaftung bei §§ 91–98, 100, 102 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
X
Inhaltsverzeichnis
V.
2. Gefährdungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufopferungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Systematisierung nach unterschiedlichen Prinzipien nach Hoffmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verschulden bei § 93 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine subjektive Zurechnungsfähigkeit . . . . . . . . . bb) Haftung des Beklagten trotz sorgfaltswidrigen Verhaltens des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verschuldensunabhängige Haftung des Klägers . . . . . b) Verschulden bei § 94 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis zu 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnis zu § 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 29 33 33 34
§ 6 Regelungssystem, Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts . . . .
34
I. II.
35 37 38 45 47
23 25 26 27 29
Regelungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachgerechter Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prävention – Gerichtsentlastung und Schutz der Beteiligten . . 3. Rechtsverfolgung und Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . 4. Gerichtsentlastung, Kostentransparenz und effektiver Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhinderung von Folgeprozessen und Rechtsfrieden . . . . . III. Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Veranlassungsprinzip“ bzw. „Veranlasserprinzip“ . . . . . . . a) BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rosenberg/Schwab/Gottwald . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Becker-Eberhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) M. Bydlinski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Muthorst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Stellungnahme und Konsequenzen für diese Arbeit . . . . . 2. Folgenzurechnung (Verantwortung) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsausübungsfreiheit (Schutz subjektiver Rechte) . . . . . 4. Allgemeine Handlungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsbewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vereinfachung – Prozessökonomie und Rechtssicherheit . . . . 7. Prozessökonomie und allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot . . 8. Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49 51 51 52 53 54 55 57 58 59 60 64 64 64 65 66 67
§ 7 Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung . . . . . . . .
67
Inhaltsverzeichnis
XI
§ 8 Kostenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
I. II.
Disponibilität der Kostenvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . Auslegung von Kostenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . .
69 71
§ 9 Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
I.
Kosten des Rechtsstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zugehörige Verfahren/Verfahrensabschnitte . . . . . . . . . . 2. Erstattungsfähige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung . . . . . . . . . . b) Zeitversäumnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Darlehen zwecks Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . d) Kosten zwecks Prozessvermeidung . . . . . . . . . . . . . e) Vorbereitungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Außergerichtliche prozessbegleitende Kosten . . . . . . . . II. Kosten der Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maßstab für die Beurteilung der Notwendigkeit . . . . . . . . 2. Anwaltskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Privatgutachten und Detektivkosten . . . . . . . . . . . . . . .
73 74 75 75 77 77 78 78 80 81 81 82 85 87
§ 10 Prozessuale Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
I.
90 91 91
II.
Kostengrundentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kostenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auf Verfahrensbeendigung gerichteter außergerichtlicher Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Kostengrundentscheidung . . . . . . . . . . . . bb) Kostenentscheidung ausnahmsweise . . . . . . . . . . cc) Kostengrundentscheidung mit dem Inhalt der Vereinbarung dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Isolierte Kostenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenfestsetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung 2. Prozessvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kostenvereinbarung außerhalb eines Prozessvergleichs . . . .
92 92 93 94 94 97 97 98 100 100 101 104
§ 11 Zusammenfassung zu Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
XII
Inhaltsverzeichnis
Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch . . . . 109 § 12 Allgemeines zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung . . . . . . 109 I.
Anwendbarkeit der Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Außerprozessuale Rechtskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozessuale Rechtskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Herget/Blomeyer: Ausschließlichkeit prozessualer Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßgeblichkeit der Regeln über die Normenkonkurrenz . . aa) Kostenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Anspruchsnormen . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung . . . . . (2) Keine Spezialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Entscheidend: teleologische Erwägungen . . . . . . (a) Im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . . . . (b) Im Verhältnis der Parteien zueinander . . . . . . c) Zwischenergebnis zu 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkungen von Beschränkungen der prozessualen Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffe der Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten a) Hösl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Becker-Eberhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Thole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hintergrund der unterschiedlichen Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten . . . . . . IV. Unterscheidung zwischen Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens und unzutreffender Rechtsbehauptung . . . . . . . . . V. Anknüpfungspunkt der Pflichtwidrigkeit als Grundsatz . . . . . . VI. Rechtsverwirklichung und Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . 1. Ausdrückliche gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . 2. Risikoverteilung in anderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . a) Strenge Schuldnerhaftung als gesetzliche Risikozuweisung . b) Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB . . . . . c) Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten VIII. Befreiungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung zu § 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110 110 110 111 113 116 116 116 117 118 118 120 122 123 123 124 124 126 127 128 130 133 136 136 137 139 139 145 146 147 148
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XIII
§ 13 Vertragliche Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 § 14 Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I.
Allgemeines zum schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung zwischen selbstständigem und unselbstständigem schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch . . . . . 2. Rechtskonfliktkosten als zurechenbarer Schaden . . . . . . . . a) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) (Objektive) Zurechnung und Mitverschulden . . . . . . . . aa) Grundsatz: Rechtskonfliktkosten sind zurechenbarer Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Prozesskosten als im Grundsatz zurechenbarer Schadensposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einfluss von Verteilungskriterien der prozessualen Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einfluss der Verteilungskriterien der Kostengrundentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Geltendmachung zu hoher Ansprüche . . . . . . . . (a) Außer- und vorprozessualer Bereich . . . . . . . (aa) Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zur objektiven Begrenzung . . . . . . . . . (bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . (b) Prozessualer Bereich . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zusammenfassung zu (1) . . . . . . . . . . . . . (2) Einstweiliger Rechtsschutz und Klagerücknahme . . (a) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . (b) Teile der Instanzrechtsprechung und Literatur . . (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Einfluss des Haftungsumfangs der prozessualen Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Pühmeyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Loritz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Becker-Eberhard . . . . . . . . . . . . . . (dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zeit- und Arbeitsaufwand . . . . . . . . . . . . (c) Sonstige mittelbare Prozessaufwendungen . . . (d) Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung . . . .
150 151 152 152 153 155 159 165 168 169 169 170 171 177 180 181 181 184 186 191 192 192 192 193 193 194 195 198 199
XIV
Inhaltsverzeichnis
(aa) Begrenzung entsprechend prozessualem Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Keine Begrenzung durch § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (cc) Begrenzung nicht gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, aber § 254 BGB . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Weitreichende Erstattungsfähigkeit unter Rückgriff auf §§ 3a ff. RVG . . . . . . . . . (ee) Grundsätzlich nur gesetzliche Gebühren unter Rückgriff auf § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG . . . (ff) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . (2) Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit . . . . . . . . (a) Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . (b) Maßstab zur Beurteilung der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Schadensersatzrechtliche Grundsätze . . . . (bb) Auswirkungen der Grundsätze zu § 91 ZPO (3) Sondervorschrift § 12a ArbGG . . . . . . . . . . . . (a) Ausnahmen: Ansprüche nach §§ 840 Abs. 2 S. 2 ZPO, 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . (bb) § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vor- und außerprozessualer Bereich . . . . . . . (aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . (cc) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . c) Restitution oder Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung zu 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftungsprivileg bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren? . a) Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadensersatz statt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . aa) Äquivalent für die ursprüngliche Leistung . . . . . . . bb) „Naturalleistungsinteresse“ . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gleichlauf mit Rechtsprechung zum Nichterfüllungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Durch endgültige Nichtleistung verursachter Schaden .
199 199 199 200 200 201 203 203 208 208 211 214 214 214 216 216 217 217 218 219 221 223 225 225 227 231 238 238 238 239 240 240
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ee) Durch Nichtleistung in angemessener Nachfrist verursachter Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis zu a) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Positive Vertragsverletzung bzw. Forderungsverletzung im neuen Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis zu 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Haftungsbegründender Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelheiten zu relevanten Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . 1. Im Rahmen einer Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . . a) Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfolgtes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Auf positives Tun gerichteter Anspruch . . . . . . . (2) Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . bb) Durch den Verzug verursachter Schaden . . . . . . . . d) §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB . . . . . . . . . . . . . . . e) § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs . . (2) Unberechtigte Ausübung eines Gestaltungsrechts . . (3) Unberechtigtes Bestreiten eines Anspruchs vor Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nichtleistung und verspätete Leistung . . . . . . . . . . cc) Schlechtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 2. GoA – § 678 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kosten der berechtigten Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . b) Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb . . . . . (1) Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung . . . . . . . (2) Unberechtigte Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeines Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . 4. Haftung des Drittschuldners gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO . . . III. Zusammenfassung zu § 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV 241 241 242 242 242 243 243 243 248 248 249 249 251 253 254 256 256 257 258 260 260 261 263 264 265 265 267 267 267 268 269 269 270
XVI
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§ 15 Aufwendungsersatzanspruch aus GoA . . . . . . . . . . . . . . . 272 § 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO . . . . . . . 276 I. II.
Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenvorschriften als Ausnahmevorschriften für die Kostenerstattung im prozessualen Bereich . . . . . . . . . III. Keine planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anderweitige Anspruchsgrundlage ist einschlägig . . . . . . . 2. Keine anderweitige Anspruchsgrundlage ist einschlägig . . . . a) Kein lückenloser Ausgleich von Vermögensnachteilen im materiellen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Statikprinzip“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterschied der Kostenerstattung bei prozessualer und außerprozessualer Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . bb) Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis zu § 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
276 278 279 279 280 280 281 282 282 283 284
§ 17 Zusammenfassung zu Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 18 Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 I.
Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Klägers und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Beklagten . . 288 II. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Beklagten und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers . . . 289 III. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 § 19 Im Verhältnis der Parteien zueinander . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. II.
„Abkopplung“ der Kostenentscheidung von der Hauptsache . . . Beiderseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsmäßigkeit/verfassungskonforme Auslegung . .
293 293 294 295 299 300 301 301
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aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . aa) Anlass und Anlasswegfall i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (1) Entsprechend Erledigungsbegriff . . . . . . . . . . (2) Entsprechend Erledigungsbegriff und Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO und § 93d ZPO a. F. . (4) Differenzierend nach Zeitpunkt des Anlasswegfalls . (5) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitpunkt des Anlasswegfalls . . . . . . . . . . . . . . c) Erfordernis der Zustimmung des Beklagten gem. § 269 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unzweckmäßigkeit des Vorgehens gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO analog bei nie aussichtsreicher Klage . . IV. Sofortiger Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung 1. Keine grundsätzliche Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderfall Stufenklage gem. § 254 ZPO . . . . . . . . . . . . VI. Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Klageänderung . . . . . 1. Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs – Voraussetzung des Schadens . b) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilweise Kostenbelastung des Klägers durch Streitwertverringerung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulässigkeit der Feststellungsklage/gemischte Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung zu § 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVII 301 304 309 309 309 310 310 310 310 313 315 315 316 319 323 323 325 327 327 328 329 329 330 332 333 336
§ 20 Im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 § 21 Zusammenfassung zu Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
XVIII
Inhaltsverzeichnis
Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 § 22 Zur Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren . . . . . . . . 343 I. II.
Kostengrundentscheidung von Amts wegen gem. § 308 Abs. 2 ZPO 343 Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
§ 23 Zum Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren . . . . . . 346 I.
II. III. IV. V.
VI.
VII.
Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Becker-Eberhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pühmeyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Loritz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Heutiger Stand der Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . a) BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schrifttum und Teile der instanzgerichtlichen Rechtsprechung Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stand der Streitgegenstandslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitgegenstandslehre und Subsumtionsbeschränkungen . . . . . Nebeneinander der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostengrundverfahren und Kostenklage . . . . . . . . . . . . 2. Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage . . . . . . . . . a) Rechtshängigkeitssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendung der Lehre Habscheids . . . . . . . . . . . bb) Anwendung der Lehre Henckels . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendung der Lehre Schwabs und Roths . . . . . . . dd) Anwendung der Lehre Althammers . . . . . . . . . . . ee) Stellungnahme Becker-Eberhards . . . . . . . . . . . . ff) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegeneinander der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostengrundverfahren und Kostenklage . . . . . . . . . . . . 2. Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage . . . . . . . . . a) Erst Kostenfestsetzungsverfahren, dann Kostenklage . . . . b) Erst Kostenklage, dann Kostenfestsetzungsverfahren . . . . Nacheinander der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostenklage nach Kostengrundentscheidung . . . . . . . . . . a) Kostengrundentscheidung über prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . b) Kostengrundentscheidung nach „billigem Ermessen“ . . . .
346 346 347 347 348 348 350 352 354 355 358 361 361 364 365 366 366 368 368 368 370 371 372 372 373 374 374 375 376 377 380
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XIX
2. Kostenklage nach Kostenfestsetzungsentscheidung . . . . . . a) Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Präjudizialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kostenfestsetzungsverfahren nach Entscheidung über Kostenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
383 384 384 385 386
§ 24 Zusammenfassung zu Teil 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . 391 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
Abkürzungsverzeichnis ders. dies. Einl. gem. i. H. v. insb. krit. Vor
derselbe dieselbe/dieselben Einleitung gemäß in Höhe von insbesondere kritisch Vorbemerkungen
Im Übrigen wird hinsichtlich der verwendeten Abkürzungen auf folgende Werke Bezug genommen: – Kirchner, Hildebert (Begr.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl., Berlin 2018. – Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 27. Aufl., Berlin 2017.
§ 1 Einleitung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Grundlagen der Erstattung von Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten sowie dem Verhältnis der sog. materiell-rechtlichen zur sog. prozessualen Kostenerstattung. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf das Zivilrecht. Bereits mit dieser Einschränkung stellt sich mit Blick auf die unterschiedlichen Regelungssysteme, die einen Anspruch auf Kostenerstattung gewähren können, eine Fülle von Fragen. Viele der in dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse werden sich freilich auf die Kostenerstattung im Rahmen der Verfolgung anderer Ansprüche oder son stiger Rechte übertragen lassen.1 Die Beantwortung der Frage, inwieweit sich Unterschiede etwa mit Blick auf eine andere Ausgestaltung der Regelungen zur prozessualen Kostenerstattung in den anderen Prozessordnungen oder die den anderen Rechtsgebieten zu Grunde liegenden Prinzipien ergeben, muss späteren Arbeitsvorhaben vorbehalten werden.
I. Anlass und Ziel der Untersuchung Die Verfolgung bzw. Verteidigung von Rechten kann hohe Kosten mit sich bringen. So seien als Beispiel an dieser Stelle nur die Anwaltskosten und Gerichts gebühren genannt. Für die Parteien eines Prozesses stellt sich deswegen die Frage, ob sie gegen den Gegner einen Anspruch auf Erstattung der im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit stehenden Kosten haben oder diese möglicherweise auf einen Dritten abwälzen können. Als Instrumentarium stehen zum einen die prozessualen Kostenvorschriften zur Verfügung, die Regelungen betreffend die Verteilung der Kostenlast treffen. Zum anderen können die Kosten auf Grundlage von allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, wie beispielsweise §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sowie § 823 Abs. 1 BGB erstattungsfähig sein. Im Hinblick auf die unterschiedliche Kostenverteilung, die sich aus den prozessualen Kostenvorschriften auf der einen Seite und den Anspruchsgrundlagen des materiellen Rechts auf der anderen Seite ergeben kann, ist das Verhältnis des 1 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 3, der sich ebenfalls auf die Erörterung der zivilrechtlichen Fallgestaltungen beschränkt hat.
2
§ 1 Einleitung
prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch oft besprochen worden.2 Der BGH3 führt zum Verhältnis der prozessualen zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung in ständiger Rechtsprechung aus, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten und ihr sogar entgegengerichtet sein könne, sofern zusätzliche Umstände hinzukämen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibe hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt habe, unverändert, dann gehe es nicht an, den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrecht lichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. In jüngeren Entscheidungen spricht der BGH sich zudem für die Anwendung dieser Grundsätze auch im umgekehrten Fall aus, wenn also eine Position zunächst vergeblich mit einer Kostenklage eingeklagt wurde.4 Diese höchstrichterliche Rechtsprechung wirft Fragen auf. Es fragt sich, in welchen Konstellationen ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben den prozessualen treten bzw. diesem entgegengerichtet sein kann und wie die vom BGH angedeutete mögliche gegenseitige Beeinflussung dogmatisch hergeleitet werden kann. Weiterhin können nach der Rechtsprechung des BGH zu § 91a Abs. 1 ZPO,5 § 49 Abs. 2 WEG6 und der Gesetzesbegründung zu § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO7 im Rahmen der entsprechenden Kostenentscheidungen nach „billigem Ermessen“ materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die grundsätzlich vorgenommene strikte Trennung zwischen dem prozessualen und dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nehmen solche Kostenentscheidungen eine Sonderstellung ein. Es fragt sich daher, ob ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch tatsächlich im Rah2 Vgl.
insb. für das Zivilrecht: Becker-Eberhard, S. 137 ff.; Pühmeyer, S. 58 ff.; mit einem rechtsgebietsübergreifenden Ansatz: Loritz, S. 45 ff.; Sonnen, S. 88 ff. 3 BGHZ 197, 147 Rdnr. 16; 45, 251, 257; BGH NJW 2012, 1291 Rdnr. 8; 2011, 2368 Rdnr. 10; 2002, 680; NJW-RR 1995, 495; NJW 1990, 1906, 1907. 4 BGHZ 197, 147 Rdnr. 17; BGH NJW 2012, 1291 Rdnr. 8 ff. (auch zum Folgenden); vgl. auch die Entscheidung der Vorinstanz OLG Köln AGS 2010, 43 f. 5 Vgl. BGH NJW 2002, 680 = LM Nr. 74 zu § 91a ZPO mit Anm. Becker-Eberhard; MDR 1981, 126. 6 BGH NZM 2010, 748; nach Annahme dieser Arbeit als Dissertation wurde die Vorschrift mit Gesetz vom 16.10.2020, in Kraft getreten am 1.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 2187), gestrichen. Nach der Gesetzesbegründung sei die Vorschrift nicht erforderlich, da materiell-recht liche Kostenerstattungsansprüche gegen den Verwalter im Klagewege verfolgt werden können (BT-Drucks. 19/18791, S. 80; BR-Drucks. 168/20, S. 90). 7 BT-Drucks. 14/4722, S. 81.
§ 1 Einleitung
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men bestimmter Kostenentscheidungen berücksichtigt werden kann und gegebenenfalls wann dies der Fall ist. Die Beschäftigung mit den angerissenen Fragestellungen setzt eine eingehendere Befassung mit den Grundlagen der prozessualen Kostenerstattung einerseits und der materiell-rechtlichen Kostenerstattung andererseits voraus.
II. Abgrenzung zu früheren Untersuchungen Die Grundlagen der materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenerstattung und das Verhältnis des materiell-rechtlichen zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch sind „Dauerbrenner“. Viel besprochen sind die Fragen nach der Rechtsnatur8 des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs und den hinter diesem stehenden Prinzipien9. Die Ausführungen hierzu werden im Rahmen dieser Arbeit aufgegriffen. Es wird sich dabei etwa zeigen, dass die Konturen des „Veranlassungsprinzips“10, das der prozessualen Kostenerstattung nach h. M. zu Grunde liegt, nicht klar gezeichnet sind. Im Hinblick hierauf wird der Versuch einer Neusortierung unternommen und das „innere System“ – die Zwecke und Prinzipien – der prozessualen Kosten erstattung herausgearbeitet.
8 Behandelt wird zum einen die Frage, ob der prozessuale Kostenerstattungsanspruch materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Natur ist: im Ergebnis für einen materiell-rechtlichen Anspruch Becker-Eberhard, S. 12 f.; Loritz, S. 37 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 60; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 10. Umstritten ist die Frage, ob der prozessuale Kostenerstattungsanspruch öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist: für einen privatrechtlichen Anspruch Becker-Eberhard, S. 13 ff.; Loritz, S. 40 ff.; Meyer, JurBüro 1981, 677; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 60; Sonnen, S. 41; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 8; so auch schon: Gerland, ZZP 47 (1918), 299, 305; Görres, ZZP 35 (1906), 313, 345 ff.; Nissen, Grochots Beitr. 52 (1908), 836, 837 und 839; für einen öffentlich-rechtlichen Anspruch LAG Hamm NJW 1954, 1504; Hiersemann, NJW 1971, 777, 781; Weimar, NZA 2003, 540, 541; vgl. ferner im älteren Schrifttum: Hellwig, S. 48 Fn. 30; Kohler, S. 81 f. 9 Vgl. Becker-Eberhard, S. 19 ff.; Loritz, S. 31 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 26 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6 ff. 10 Vgl. BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; 118, 312, 325; 60, 337, 343; BGH NJW 2017, 2683 Rdnr. 10; OLG Köln MDR 1971, 585, 586; OLG München MDR 1955, 176, 177; Becker-Eberhard, S. 23 ff.; Brammsen/Leible, JuS 1997, 54, 58; Bydlinski, Kostenersatz, S. 59; Deubner, JuS 2004, 1063; ders., JuS 1998, 539, 542; Fleddermann, S. 100 ff.; Hommelsheim, S. 65 f.; MünchKomm.ZPO-Deppenkemper, § 506 Rdnr. 1, 19; MünchKomm.ZPO-Lindacher, §§ 51, 52 Rdnr. 34; Renner, MDR 1974, 353, 356; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84, Rdnr. 63; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 55 f.; Schreiber, Jura 1990, 162, 163 f.; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 2; Zöller-Althammer, § 88 Rdnr. 11; vgl. auch Sonnen, S. 43; aus dem älteren Schrifttum: Ulbricht, AcP 78 (1892), 48, 69 f.
4
§ 1 Einleitung
Während zum alten Schuldrecht umfangreich behandelt ist, woraus sich ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch ergeben kann,11 besteht eine ausführliche Darstellung zum neuen Schuldrecht bislang nicht.12 Eine Aufgabe dieser Arbeit ist daher die „Übersetzung“ der früheren Darstellungen in das neue Schuldrecht. Darüber hinaus wird der Versuch einer Neusortierung der materiell-recht lichen Anspruchsgrundlagen, aus denen sich materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche ergeben können, unternommen. Dabei werden Aspekte, die im Hinblick auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche insgesamt diskutiert werden oder für diese insgesamt von Relevanz sind, „vor die Klammer gezogen“. Ebenso wird für eine besonders wichtige Gruppe der materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche – schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsansprüche – verfahren. Zur Frage des Verhältnisses vom materiell-rechtlichen zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Zivilrecht ist insbesondere die grundlegende Arbeit von Becker-Eberhard13 aus dem Jahr 1985 zu beachten. Auch vorher haben sich bereits verschiedene Autoren mit diesem Thema auseinandergesetzt.14 Nach wie vor besteht jedoch keine Einigkeit darüber, wann ein dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegengerichteter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch trotz Vorliegens einer Kostenentscheidung noch geltend gemacht werden kann. Nicht umfänglich untersucht wurde bislang das Verhältnis von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch in Drei-Personen-Verhältnissen. Von einer umfänglichen Darstellung der verschiedenen insoweit denk baren Konstellationen wird auch in dieser Arbeit abgesehen. Es soll jedoch insbesondere die bereits genannte Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG,15 die gerade die Abwälzung der Kosten auf einen Dritten vorsieht, der nicht Partei im Rahmen des Rechtsstreits ist, beleuchtet werden.
11 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 50 ff.; Haller, JurBüro 1997, 342 ff.; Hösl, passim; Loritz, S. 19 ff.; Pühmeyer, S. 4 ff. 12 Lediglich Hösl hat in seiner Arbeit, die zum alten Schuldrecht geschrieben wurde, versucht, die entscheidenden Normen des neuen Schuldrechts hinzuzufügen. 13 Becker-Eberhard, S. 137 ff. 14 Vgl. insb. für das Zivilrecht: Pühmeyer, S. 58 ff.; mit einem rechtsgebietsübergreifenden Ansatz: Loritz, S. 45 ff.; Sonnen, S. 88 ff. 15 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6.
§ 1 Einleitung
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III. Gang der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung gliedert sich in vier Hauptteile. Der erste betrifft den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, der zweite den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der dritte die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Rahmen von Kostenentscheidungen und der vierte das Verhältnis des prozessualen Kostenverfahrens zur Kostenklage. Im fünften Teil der Arbeit werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst. Dem ersten Teil vorangestellt werden zunächst einige Begriffsbedeutungen dargestellt, die dieser Arbeit zu Grunde gelegt werden. Mit Blick auf die teilweise uneinheitliche Verwendung des Begriffs des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs wird dieser im Rahmen von Teil 1 („Prozessualer Kostenerstattungsanspruch“) sodann konkretisiert (§ 2). Anschließend wird kurz auf die Frage der maßgeblichen Anspruchsgrundlage (§ 3) und den Entstehungszeitpunkt (§ 4) eingegangen. Immer wieder Gegenstand der Diskussion ist insbesondere der „Haftungsgrund“ bzw. „Zurechnungsgrund“ des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Im Rahmen der systematischen Einordnung (§ 5) des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs in das Rechtssystem wird daher auf die unterschiedlichen Ansichten zur Zuordnung dieses Anspruchs zur Verschuldens-, Gefährdungs- oder Aufopferungshaftung eingegangen. Mit Blick auf die anhaltende Diskussion zum Haftungs- bzw. Zurechnungsgrund werden zudem das Regelungssystem, die Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts näher beleuchtet (§ 6). Verschiedentlich wird zudem die Frage aufgeworfen, ob bzw. vor welchem Hintergrund der prozessuale Kostenerstattungsanspruch „gerechtfertigt“ ist; auch hierauf soll daher eingegangen werden (§ 7). Vor dem Hintergrund möglicher Vereinbarungen der Parteien hinsichtlich der Kostentragung wird ferner kurz erörtert, ob die Parteien über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch frei disponieren können (§ 8). Von besonderem Interesse im Hinblick auf die Frage, wie prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich zueinander verhalten – insbesondere, inwieweit der eine den anderen möglicherweise übersteigen kann –, ist zudem der Haftungsumfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (§ 9). Weiterhin wird auf die prozessuale Geltendmachung eingegangen (§ 10). Eine Zusammenfassung schließt den ersten Teil ab (§ 11). In Teil 2 („Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch“) werden eingangs die materiell-rechtliche Kostenerstattung allgemein betreffende Aspekte behandelt (§ 12). Sodann wird auf die vertragliche Kostenübernahme (§ 13) eingegangen. Ausführlich wird die im Rahmen der materiell-rechtlichen Kostenerstattung besonders wichtige schadensersatzrechtliche Kostenerstattung behandelt (§ 14).
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§ 1 Einleitung
Es folgt eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit ein Aufwendungs ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gewähren kann (§ 15). Ferner wird besprochen, ob ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch auf Grundlage einer analogen Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO zu bejahen ist (§ 16). Abgeschlossen wird der zweite Teil mit einer Zusammenfassung (§ 17). Im Rahmen von Teil 3 („Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche“) wird zu Beginn herausgearbeitet, in welchen Fallkonstellationen die Frage, ob und wie ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens berücksichtigt werden kann, relevant werden kann (§ 18). Im Folgenden wird erörtert, inwieweit eine Berücksichtigung im Verhältnis der Parteien zueinander (§ 19) sowie im Verhältnis zu Dritten (§ 20) in Betracht kommt. Abgeschlossen wird der dritte Teil mit einer Zusammenfassung (§ 21). In Teil 4 („Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage“) wird zunächst auf die Frage der grundsätzlichen Wahlfreiheit zwischen den Verfahren eingegangen (§ 22) und sodann erläutert, inwieweit ein Neben-, Gegenund Nacheinander der Verfahren möglich ist (§ 23). Auch der vierte Teil endet mit einer Zusammenfassung (§ 24).
IV. Begriffliches Im Rahmen dieser Arbeit werden die allgemein gebräuchlichen Begriffspaare „prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch“ sowie „Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten“ verwendet. Im Folgenden wird kurz dargestellt, welche Begriffsbedeutung hier zu Grunde gelegt wird. 1. Prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch Mit dem Begriff des „prozessualen“ Kostenerstattungsanspruchs, der mit Blick auf seine allgemeine Gebräuchlichkeit auch in dieser Arbeit zu Grunde gelegt wird, wird keine Aussage über die Rechtsnatur getroffen.16 Unter dieser Bezeichnung wird in dieser Arbeit der Anspruch verstanden, der auf die Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten gerichtet ist und infolge eines Prozesses nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften (insb. §§ 91 ff. ZPO) zwischen den Parteien oder auch zwischen einer Partei und einem Dritten – wie beispielsweise dem Nebenintervenienten (vgl. § 101 Abs. 1 ZPO) – besteht. 16
Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 3 f.
§ 1 Einleitung
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In Abgrenzung zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch wird ein Anspruch, der zwar ebenfalls auf Erstattung von Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungskosten gerichtet ist, aber seine Grundlage nicht in den prozessualen Kostenvorschriften hat, sondern nach Maßgabe von Anspruchsgrundlagen, die nach ihrem Regelungsort dem materiellen Recht zugeschlagen werden, materiell- rechtlicher Kostenerstattungsanspruch genannt. 2. Rechtsverfolgungs-, Rechtsverteidigungs-, Rechtskonfliktkosten Hinsichtlich der Kosten, die bei der Geltendmachung und Verteidigung von Rechten anfallen, wird zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten differenziert.17 Die Begriffe werden in Abhängigkeit von der Position der Person, die Aufwendungen tätigt, verwendet. Die Aufwendungen des „Angreifers“, der erstmals Rechte geltend macht, werden Rechtsverfolgungskosten genannt. Dagegen werden unter Rechtsverteidigungskosten Aufwendungen verstanden, die jemand zur Abwehr eines Angriffs, also zur Verteidigung, macht. Auf bestehende Unterschiede im Begriffsverständnis wird an späterer Stelle eingegangen.18 In dieser Arbeit wird als Oberbegriff für Rechtsverfolgungskosten und Rechtsverteidigungskosten der Begriff der Rechtskonfliktkosten gewählt. Zu den Kosten, die zur Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung aufgewendet werden, gehören beispielsweise Anwaltskosten,19 Kosten für einen Rechtsbeistand,20 Kosten für die Schadensregulierung bei der Versicherung,21 für ein Rechtsgutachten22 oder Sachverständigengutachten23 und Inkassokosten24. Ferner stellen etwa Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff. ZPO), Kosten eines Vorprozesses gegen einen vermeintlichen Schädiger, eine vom Geschädigten ausgesetzte Belohnung für die Wiederbeschaffung gestohlener Sachen, die Kosten eines Dolmetschers und der Aufwand des Geschädigten zur Ermittlung des Schädigers, Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten dar.25 17 Vgl. etwa BGHZ 190, 7 Rdnr. 47 ff.; Hösl, S. 5 ff. (auch zum Folgenden); Deckenbrock NJW 2009, 1247, 1249; Jerger/Zehentbauer, NJW 2016, 1353; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 204, 206; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 19; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 17 f.; ferner noch ausführlich unten: Teil 2 § 12 III. 18 Hierzu s. u.: Teil 2 § 12 III. 1. 19 BGH NJW 2018, 2417 Rdnr. 7; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 180 f. 20 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 183; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 120. 21 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 182; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 57. 22 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 182. 23 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 182, 185 m. w. N. 24 BGH NJW 2005, 2991, 2994; Jäckle, NJW 2013, 1393 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 184; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 46. 25 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 185 m. w. N.
Teil 1
Prozessualer Kostenerstattungsanspruch Entsprechend dem eingangs dargestellten Gang der Untersuchung1 werden im Folgenden zunächst die Grundlagen der prozessualen Kostenerstattung erörtert.
§ 2 Begriff Unter dem Begriff des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs wird in dieser Arbeit ein Anspruch, der infolge eines Prozesses nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften entsteht, verstanden.
I. Anspruchsteller und Anspruchsgegner Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch kann sowohl im Verhältnis der Parteien untereinander2 als auch im Verhältnis einer Partei zu einem Dritten3, wie beispielsweise dem Nebenintervenienten (vgl. § 101 Abs. 1 ZPO) sowie im Falle bestimmter Zwischenstreite (vgl. z. B. §§ 390, 409 ZPO), entstehen.
II. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. e. S. und i. w. S. Mit dem Begriff des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs werden zum einen die Gesamtheit der Regelungen, aufgrund derer das Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO betrieben werden kann, bezeichnet.4 Insbesondere wird etwa § 91a Abs. 1 ZPO genannt, der bei der Erledigung der Hauptsache eine 1
§ 1 III. Becker-Eberhard, passim; Knop, S. 9; Loritz, passim; Pühmeyer, passim – diese Arbeiten beschäftigen sich nicht mit dem Verhältnis einer Partei zu einem Dritten. 3 Vgl. Prütting/Gehrlein-Schneider, Vor §§ 91 ff. Rdnr. 3; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 25; gemieden wird der Begriff des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im Verhältnis zu Dritten in den Arbeiten von Breitkopf, passim; Fleddermann, passim und S. 71 ff., insb. 74, wo der „prozessuale Kostenerstattungsanspruch“ zwar genannt wird, aber lediglich dem Verhältnis der Parteien zueinander zugeordnet wird. 4 Vgl. Becker-Eberhard, S. 314; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6 ff. 2 Vgl.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Billigkeitsentscheidung vorsieht.5 Im Hinblick darauf, dass nach h. M. im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO auch ein materiell-recht licher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden kann und dass eine Kostenvereinbarung im Rahmen eines Prozessvergleichs die Anspruchsgrund lage für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch darstellen kann6, hat dieses Verständnis vom Begriff des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zur Konsequenz, dass auch eine Haftungsanordnung, die ihre Grundlage in einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch findet, zu einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch führen kann. Im Falle des Prozessvergleichs, der seinerseits die Grundlage für das Kostenfestsetzungsverfahren ist (vgl. §§ 103 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), ist dies der Fall, sofern die Kostenvereinbarung die Aufhebung eines etwaigen nach den prozessualen Kostenvorschriften bestehenden Kostenerstattungsanspruchs i. V. m. der Begründung eines neuen Kostenerstattungsanspruchs, der seine Grundlage in der Kostenvereinbarung findet, zum Inhalt hat.7 Ein entsprechendes Verständnis liegt offenbar auch der heute ganz h. M. zum Entstehungszeitpunkt des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zu Grunde, wonach der prozessuale Kostenerstattungsanspruch mit Eintritt der Rechtshängigkeit unter der aufschiebenden Bedingung der zugunsten der einen oder anderen Partei ergehenden Kostengrundentscheidung entstehe.8 Denn es wird insoweit nicht danach differenziert, ob die Kostengrundentscheidung nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften oder aber eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ergeht. Teilweise wird zudem differenzierend ausgeführt, dass aufschiebende Bedingung für den prozessualen Kostenerstattungs anspruch nicht nur die Kostengrundentscheidung, sondern auch ein Prozessvergleich9 oder die Klagerücknahme10 sein könne.
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Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 8. Hierzu s. u.: Teil 1 § 3 II., § 8 II. 7 Von einer solchen Novation wird freilich selten auszugehen sein, s. u.: Teil 1 § 8 II. 8 BGH NJW 1992, 2575; 1988, 3204, 3205; 1975, 304; OLG Celle JW 1936, 3078; OLG München OLGZ 1984, 220, 221; OLG Schleswig JurBüro 1978, 1574; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 33; Becker-Eberhard, S. 38; ders., ZZP 101 (1988), 303, 305; Blomeyer, ZPR, § 129 V. 1., S. 778; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58 f.; Stein/ Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 15; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 9; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 10; so auch schon RGZ 145, 13, 15; 52, 330, 332; ferner schon Förster/Kann, Allgem. Bem. vor § 91 Anm. 2. b); hierzu noch unten: Teil 1 § 4. 9 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 17; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58. 10 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 34; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58. 6
§ 2 Begriff
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Zum anderen wird als prozessualer Kostenerstattungsanspruch die – unmittelbar – in den Kostenvorschriften geregelte Kostenfolge bezeichnet, die dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegenübergestellt wird.11 Beide Begriffsverständnisse werden vereint, wenn bei der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, die dem „prozessualen Kosten erstattungsanspruch“ entgegengesetzt sind, von einer Auflösung des Gegenein anders von prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch gesprochen wird.12 Denn Hintergrund ist offenbar, dass davon ausgegangen wird, dass der zunächst nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften begründete prozessuale Kostenerstattungsanspruch durch die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht zur Entstehung gelangt, sondern vielmehr ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch, der der Haftungsanordnung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs entspricht. Im Rahmen dieser Arbeit soll unter anderem gerade der verbreiteten Ansicht13 nachgegangen werden, nach der in bestimmten Fällen die Möglichkeit besteht, im Rahmen der Kostengrundentscheidung materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche zu berücksichtigen. Im Hinblick hierauf wird an dieser Stelle zunächst herausgearbeitet, was unter dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im zweitgenannten Sinne zu verstehen ist, der dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, auf den an späterer Stelle noch ausführlich eingegangen wird,14 gegenübergestellt wird. Mit Blick auf die dargestellten unterschiedlichen Verständnisse zum Begriff des prozessualen Kostenerstattungsan11 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 211 ff.; Prütting/Gehrlein-Schneider, Vor §§ 91 ff. Rdnr. 3. Becker-Eberhard, S. 239 ff., 250 ff. 13 S. o.: § 1 I.; zu § 91a ZPO: vgl. BGH NJW 2002, 680 = LM Nr. 74 zu § 91a ZPO mit Anm. Becker-Eberhard; BGH MDR 1981, 126; OLG Bamberg JurBüro 1977, 1770; OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1991, 431; FamRZ 1987, 85; OLG Hamm MDR 2001, 470; 1987, 589; FamRZ 1993, 1343, 1344; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1719, 1720; 1999, 1216, 1217; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLG Köln FamRZ 2001, 1718, 1719; JurBüro 1989, 217; OLGZ 1986, 237, 240 f.; MDR 1979, 1028; NJW 1978, 111; OLG Nürnberg NJW 1975, 2206; OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 499, 500; OLG Stuttgart VersR 1973, 627 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 91a Rdnr. 134; Becker-Eberhard, S. 258 ff., 326; ders., FG 50 Jahre BGH, 273, 282 f.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 24; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 33; Schilken, Rdnr. 632; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 34; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 48; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 24; ferner Wieczorek/Schütze-Smid/Hartmann, § 91a Rdnr. 12: die von den für die prozessuale Kostenerstattung geltenden Grundsätze abweichende Berücksichtigung materiell-rechtlicher Erstattungsansprüche sei zwar dogmatisch bedenklich, aus Vereinfachungsgründen aber akzeptabel; zu § 49 Abs. 2 WEG: BGH NZM 2010, 748 Rdnr. 8; Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 20; Bonifacio, ZWE 2012, 206, 207; Hügel/Elzer, § 49 Rdnr. 11; MünchKomm.BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 5 f.; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 72; unstrittig bei § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, siehe nur BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 14 S. u.: Teil 2. 12 Vgl.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
spruchs erscheint es sinnvoll, bisweilen zur Verdeutlichung begrifflich zu dif ferenzieren und die sich unmittelbar aus den Kostenvorschriften ergebenden Haftungsanordnungen als „prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. e. S.“ zu bezeichnen und demgegenüber die Haftungsanordnungen, die aus einer Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs resultieren, als „prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. w. S.“. Sofern im Folgenden nicht differenziert wird und lediglich vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch die Rede ist, ist der prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. gemeint.
§ 3 Anspruchsgrundlagen Oftmals wird der Begriff der Anspruchsgrundlage im Hinblick auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch gar nicht genutzt. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum anders als im Falle anderer materiell-rechtlicher Ansprüche – auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch stellt nach heute einhelliger Meinung einen materiell-rechtlichen Anspruch dar15 – die Anspruchsgrundlagen nicht in den Normen erblickt werden sollten, die die Kostentragungspflicht regeln und stattdessen – wie dies zum Teil vertreten wird – in der Kostengrundentscheidung (I.). Im Falle einer Kostenvereinbarung kann diese die Anspruchsgrundlage für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bzw. einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. w. S. darstellen, nicht aber für einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S.; sie kann aber auch die Änderung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. zum Gegenstand haben, dessen Anspruchsgrundlagen dann nach wie vor in den Kostenvorschriften zu finden sind (II.). Freilich entspricht der geänderte prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. dann der privatautonom getroffenen Vereinbarung; sein Inhalt lässt sich also nicht mehr den Kostenvorschriften entnehmen.
I. Kostenvorschriften Die Kostenvorschriften, nicht erst die Kostengrundentscheidung nach § 308 Abs. 2 ZPO bzw. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 4 ZPO, 516 Abs. 3 S. 2 (i. V. m. 565 S. 1) ZPO, stellen die Anspruchsgrundlagen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs dar.16 Die Kostengrundentscheidung ist die Grundlage für die Festsetzung der Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren. Für den prozessualen Kostenerstattungsan15
S. u.: Teil 1 § 5 I. Loritz, S. 30 f.; vgl. ferner: Hau, JZ 2011, 1049, 1048: § 91 ZPO sei die maßgebliche Anspruchsgrundlage. 16
§ 3 Anspruchsgrundlagen
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spruch regelt sie zusammen mit dem Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO die Art und Weise seiner Durchsetzung.17 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die heute ganz h. M. davon ausgeht, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch mit Eintritt der Rechtshängigkeit unter der aufschiebenden Bedingung der zugunsten der einen oder anderen Partei ergehenden Kostengrundentscheidung18 entsteht. Danach kommt der Kostengrundentscheidung zwar auch eine materiell-rechtliche Wirkung zu, sie ist aber eben nur Bedingung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs und nicht dessen Anspruchsgrundlage. Nicht zu überzeugen vermag es, wenn ausgeführt wird, dass es ohne Weiteres einleuchte, dass die Kostengrundentscheidung die Anspruchsgrundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs darstelle, wenn man sich vor Augen führe, dass von der Gesamtheit der Erfordernisse, die zur Entstehung eines Rechts führten und den sog. Tatbestand darstellten, die Bedingungen zu unterscheiden seien, welche Umstände darstellten, von denen der Eintritt oder die Wiederaufhebung einer Rechtswirkung abhänge, die die Rechtsordnung aber nicht als den Grund der Rechtswirkung ansehe.19 Nach Maßgabe dieser Abgrenzung20 erhellt sich gerade nicht, warum die Kostengrundentscheidung den Grund des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs darstellen soll, ergeht sie doch nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften. Den prozessualen Kostenvorschriften, nicht der Kostenentscheidung, sind die Tatbestandsmerkmale des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zu entnehmen. Schwerer fällt es hingegen, die Anspruchsgrundlage in den prozessualen Kostenvorschriften zu erblicken, wenn dem Richter in einer prozessualen Kostenvorschrift Ermessen eingeräumt wird, diesem also vor der Kostengrundentscheidung mehrere Rechtsfolgen zur Wahl stehen.21 Hier soll nicht erörtert werden, welche Kostenvorschriften unter welchen Voraussetzungen eine richterliche Er17
Becker-Eberhard, S. 13. BGH NJW 1992, 2575; 1988, 3204, 3205; 1975, 304; OLG Celle JW 1936, 3078; OLG München OLGZ 1984, 220, 221; OLG Schleswig JurBüro 1978, 1574; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 33; Becker-Eberhard, S. 38; ders., ZZP 101 (1988), 303, 305; Blomeyer, ZPR, § 129 V. 1., S. 778; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58 f.; Stein/ Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 15; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 9; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 10; so auch schon RGZ 145, 13, 15; 52, 330, 332; Förster/Kann, Allgem. Bem. vor § 91 Anm. 2. b). 19 OLG Frankfurt a. M. JZ 1958, 404. 20 Vgl. zum Begriff der sog. Rechtsbedingung Egert, passim, insb. S. 7 ff. und 198 ff.; Jauernig-Jauernig, § 158 Rdnr. 6; MünchKomm.BGB-Westermann, § 158 Rdnr. 54; Oertmann, passim, insb. S. 6 ff., 39 f., 219 ff.; Staudinger-Bork, Vor §§ 158–163 Rdnr. 22 ff. 21 Vgl. Stickelbrock, S. 242 ff., 343: zum Begriff des zivilrichterlichen Ermessens. 18
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
messensentscheidung vorsehen.22 Dies bedürfte umfangreicher Ausführungen zu den einzelnen Regelungen, die zwar nach ihrem Wortlaut oft ein richterliches Ermessen vorzusehen scheinen, indem sie als „Kann-Vorschriften“ formuliert sind (z. B. §§ 92 Abs. 2, 96 ZPO) oder explizit von einem (billigen) Ermessen sprechen (z. B. §§ 91a Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO), nach ihrem Sinn und Zweck – insbesondere der Kostengerechtigkeit einerseits und der Vereinfachung andererseits – zumeist aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen doch nur eine richtige Entscheidung vorsehen.23 Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass einzelne prozessuale Kostenvorschriften unter bestimmten Voraussetzungen eine Ermessensentscheidung des Richters vorsehen, folgt hieraus nicht, dass erst die Kostengrundentscheidung die Anspruchsgrundlage darstellt. Denn die Voraussetzungen für den jeweiligen prozessualen Kostenerstattungsanspruch sind in den prozessualen Kostenvorschriften geregelt, nicht in der Kostengrundentscheidung; die verschiedenen Rechtsfolgen, hinsichtlich derer der Richter wählen kann, sind bereits vor der Entscheidung in den Kostenvorschriften angelegt. Eine weitere Besonderheit findet sich in § 91a Abs. 1 ZPO: Diese Norm bestimmt einerseits, dass der Richter durch Beschluss über die Kosten im Falle der beiderseitigen Erledigungserklärung entscheidet. Insoweit ist diese Norm dem Verfahrensrecht zuzuordnen und somit formelles Recht.24 Andererseits regelt sie, nach welchem Maßstab die Entscheidung ergeht – nämlich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Vorgesehen ist hiermit nicht etwa eine Entscheidung, die auf Grundlage anderer Anspruchsgrundlagen – den (anderen) prozessualen Kostenvorschriften und gegebenenfalls Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch ergeben kann25 – ergeht. Das billige Ermessen bildet vielmehr einen eigenen Maßstab für die Kostenentscheidung. Zwar wird nach billigem Ermessen in der Regel derjenige die Kosten zu tragen haben, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO aufzuerlegen gewesen wären.26 Allerdings kann nach dem Maßstab der Billigkeit27 auch eine Kostenverteilung angezeigt sein, die sich den Regelungen der Kostenvorschriften nicht unmittelbar entnehmen lässt, sondern auf den diesen zu Grunde 22
Vgl. hierzu Stickelbrock, S. 427 ff. hierzu Stickelbrock, S. 427 ff., 457. 24 Zur Unterscheidung zwischen formellem und materiellem Recht s. u.: Teil 1 § 5 I. 25 Nach h. M. können beispielsweise im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden, vgl. die Nachweise bei Teil 1 Fn. 13. 26 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 44; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 23; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 30, 32; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 33; Zöller- Althammer, § 91a Rdnr. 24. 27 Hierzu noch unten: Teil 3 § 19 II. 2. 23 Ausführlich
§ 3 Anspruchsgrundlagen
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liegenden Wertungen bzw. Prinzipien28 beruht.29 Kann danach ein materiell- rechtlicher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden, ist mithin ebenfalls die Vorschrift, die eine Berücksichtigung nach „billigem Ermessen“ zulässt, die Anspruchsgrundlage.
II. Kostenvereinbarung Kommt es zu einer Kostenvereinbarung, so kann diese, sofern die Parteien eine neue Forderung begründen wollen, die Anspruchsgrundlage für einen Kosten erstattungsanspruch darstellen. Bei diesem handelt es sich dann aber nicht um einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S., sondern um einen mate riell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der – sofern die Kostenvereinbarung im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffen wurde oder im Rahmen einer Kostenentscheidung ausnahmsweise materiell-rechtliche Kostenerstattungsan sprüche berücksichtigt werden können (wie z. B. bei §§ 91a Abs. 1 (h. M.), 269 Abs. 3 S. 3 ZPO)30 – im Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens geltend gemacht werden kann.31 Eine Kostenvereinbarung kann aber auch einen seinen Grund in den Kostenvorschriften findenden Anspruch mit dem Inhalt der Kostenvereinbarung zur Folge haben. Denn über die Kostenvorschriften kann jedenfalls durch eine Kostenvereinbarung, die im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffen wird, disponiert werden.32 Ob die Kostenvereinbarung zu einer Änderung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. führt oder aber (daneben) zum Entstehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, dessen Anspruchsgrundlage die Kostenvereinbarung darstellt, hängt vom Parteiwillen (§§ 133, 157 BGB) ab.33
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Hierzu noch unten: Teil 1 § 6 III. Vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 44; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 35; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 33; Stickelbrock, S. 431; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 25; ferner Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 23, die zwar einerseits darauf hinweist, dass das Gericht auch bei der Entscheidung nach § 91a ZPO an die allgemeinen Regeln des Kostenrechts gebunden sei, andererseits aber Kostenfolgen für Einzelfälle nennt, die sich den Kostenregeln gerade nicht unmittelbar entnehmen lassen. 30 Nachweise bei Teil 1 Fn. 13. 31 S. o.: Teil 1 § 2 II., „prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. w. S.“. 32 Vgl. Becker-Eberhard, S. 212; weiter: Bork, Vergleich, S. 222 Fn. 79. 33 S. u.: Teil 1 § 8 II. 29
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
§ 4 Entstehungszeitpunkt Nach einer älteren Auffassung soll der prozessuale Kostenerstattungsanspruch erst durch die Kostengrundentscheidung begründet werden.34 Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist jedoch bereits vor der Kostengrundentscheidung nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften angelegt, dies berücksichtigt diese Ansicht nicht hinreichend, weshalb sie abzulehnen ist.35 Nach heute ganz h. M. entsteht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch mit Eintritt der Rechtshängigkeit unter der aufschiebenden Bedingung der zugunsten der einen oder anderen Partei ergehenden Kostengrundentscheidung.36 Weiter wird allgemein davon ausgegangen, dass sich die aufschiebende Bedingung mit der Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Titels zu einer auflösenden Bedingung wandelt; dabei ist die auflösende Bedingung die Aufhebung der Kostengrundentscheidung.37 Der zunächst bedingte prozessuale Kostenerstattungsanspruch wird mit Rechtskraft der Kostengrundentscheidung zu einem unbedingten. Teilweise wird differenzierend ausgeführt, dass aufschiebende Bedingung für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht nur die Kosten grundentscheidung, sondern auch ein Prozessvergleich38 oder eine Rücknahme39 sein kann.40
34
RG JW 1929, 1398, 1399; JW 1901, 423; OLG Frankfurt a. M. JZ 1958, 404; OLG Hamburg JZ 1957, 581 f.; RAGE 18, 226, 234; Alsberg, DJZ 1913, 442 f.; Jonas, JW 1937, 2709 f. 35 S. o.: Teil 1 § 3 I. 36 BGH NJW-RR 2014, 1079 Rdnr. 14; NJW 1992, 2575; 1988, 3204, 3205; 1975, 304; OLG München OLGZ 1984, 220, 221; OLG Schleswig JurBüro 1978, 1574; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 33; Becker-Eberhard, S. 38; ders., ZZP 101 (1988), 303, 305; Blomeyer, ZPR, § 129 V. 1., S. 778; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58 f.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 15; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 9; Zöller- Herget, Vor § 91 Rdnr. 10; so auch schon RGZ 145, 13, 15; 52, 330, 332; OLG Celle JW 1936, 3078; Förster/Kann, Allgem. Bem. vor § 91, Anm. 2. b). 37 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 17 (auch zum Folgenden). 38 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 17; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58. 39 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 34; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 58. 40 Hintergrund ist, dass im Falle des Prozessvergleichs keine Kostengrundentscheidung ergeht, sondern das Kostenfestsetzungsverfahren entweder nach Maßgabe der protokollierten Kostenvereinbarung der Parteien (die bei Streit der Parteien über sie vom Gericht auszulegen ist, woraufhin ein lediglich deklaratorischer Beschluss mit dem Auslegungsergebnis ergeht) oder unter unmittelbarer Anwendung der Regelung in § 98 ZPO ergeht, wonach im Zweifel von einer Kostenaufhebung auszugehen ist und daher nur die hälftige Erstattung verauslagter Gerichtskosten festgesetzt wird, vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 9 ff., 22 f. Die Bezugnahme auf die Klagerücknahme als aufschiebende Bedingung lässt sich mit Blick auf die An-
§ 4 Entstehungszeitpunkt
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Zu beachten ist, dass an die Rechtshängigkeit jedenfalls für den Fall der Klagerücknahme bei Wegfall des Anlasses zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO) nicht angeknüpft werden kann, wenn die Klage nicht mehr zugestellt wird (vgl. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO a. E.).41 Weiterhin kann auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit auch nicht ohne Weiteres im Verhältnis zu einem Dritten abgestellt werden. Tritt beispielsweise im Laufe des Prozesses ein Dritter gem. § 66 ZPO auf der Seite einer der Parteien als Nebenintervenient bei und kommt es infolgedessen zu einem Anspruch des Nebenintervenienten gegen den Gegner der unterstützten Partei auf Erstattung der Kosten der Nebenintervention nach § 101 Abs. 1 ZPO, so mag man für die aufschiebend bedingte Entstehung des Anspruchs auf den Zeitpunkt des Beitritts abstellen, nicht aber auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. Denn der Hintergrund für das Abstellen auf die Rechtshängigkeit als maßgeblicher Zeitpunkt und nicht erst auf die Kostengrundentscheidung wird in dem Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien42 und darin gesehen, dass man einem Prozessbeteiligten dessen Kosten nur deswegen (teilweise) erstatten muss, weil man ihn überhaupt in prozessuale Rechte und Pflichten hineingezogen hat bzw. seine Hineinziehung durch ein eigenes Verhalten verursacht oder gar verschuldet hat.43 Im Hinblick hierauf kann der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit weiterhin nicht maßgeblich sein für Tatbestände, die einen Anspruch der Parteien auf die Erstattung bestimmter Kosten an ein Verhalten einer Partei anknüpfen, zu dem es erst nach der Zustellung der Klage gekommen ist. Solche Tatbestände der Kostentrennung stellen beispielsweise §§ 95, 96, 344 ZPO dar. Die säumige Partei hat nach § 344 ZPO bzw. § 95 ZPO beispielsweise die Reisekosten der Parteien für die Wahrnehmung eines weiteren Termins sowie die Kosten für eine zusätzliche oder nochmalige Ladung von Zeugen zu tragen.44 Nach § 96 ZPO können beispielsweise dem Kläger die Kosten einer Beweisaufnahme auferlegt werden, wenn er anschließend den Klagegrund ändert und erst infolge der Klageänderung obsiegt; ebenso die Kosten eines erfolglosen Zwischenstreits sowie die Kosten eines nutzlosen selbstständigen Beweisverfahrens.45 Zu Recht wird allerdings heute verbreitet darauf hingewiesen, dass für die Lösung der praktisch bedeutsamen Fälle – wie die Pfändbarkeit, Abtretbarkeit, sicht erklären, nach der die Kostenentscheidung des Gerichts nach § 269 Abs. 4 „rein deklaratorischen“ Charakter habe, vgl. KG NJW-RR 2004, 719, 720; a. A. MünchKomm.ZPO- Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 41, 68. 41 Vgl. BGH NJW-RR 2009, 566 Rdnr. 10. 42 BGH NJW 1988, 3204, 3205. 43 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 33. 44 Vgl. MünchKomm.ZPO-Prütting, § 344 Rdnr. 13; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 95 Rdnr. 3. 45 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 96 Rdnr. 6; ferner schon Bettermann, S. 121 f.
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Aufrechenbarkeit und Berücksichtigungsfähigkeit im Insolvenzverfahren – mit der dargestellten juristischen Konstruktion ohnehin nichts gewonnen ist; es kommt vielmehr immer auf die Ausgestaltung des jeweiligen Rechtsinstituts einerseits sowie des Erstattungsanspruchs andererseits und die jeweiligen Zwecke an.46
§ 5 Systematische Einordnung Anerkannt ist heute, dass es sich bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch um einen materiell-rechtlichen, nicht um einen formell-rechtlichen Anspruch handelt (I.). Nicht einheitlich wird hingegen die Frage beantwortet, ob er einen öffentlich-rechtlichen oder einen privatrechtlichen Anspruch darstellt (II.). Uneinigkeit besteht weiterhin darüber, ob es sich bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch um einen Schadensersatzanspruch oder aber einen Aufwendungsersatzanspruch handelt (III.). Ferner wird darüber diskutiert, ob die prozessuale Kostenhaftung der Verschuldens-, Gefährdungs- oder Aufopferungshaftung zugeordnet werden kann (IV.).
I. Materiell-rechtlicher Anspruch Trotz seines Regelungsstandorts im Prozessrecht, ist heute allgemein anerkannt, dass es sich bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch um einen mate riell-rechtlichen Anspruch handelt.47 Begründet wird dies mit den von Baumann,48 Sauer,49 Konzen,50 Henckel,51 Neuner52 entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von formellem zu materiellem Recht:53 Wie die Schadensersatzregelungen in §§ 89 Abs. 1 S. 3, 302 Abs. 4 S. 3 (i. V. m. 600 Abs. 2), 717 Abs. 2, 840 Abs. 2 S. 2, 842, 945 ZPO, stellen auch die prozessualen Kostenregelungen (insb. §§ 91 ff. ZPO) materiell-rechtliche Normen dar. Die Vorschriften, die den prozessualen Kostenerstattungsanspruch regeln, stehen 46
Becker-Eberhard, S. 40; Pühmeyer, S. 43; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 15. Becker-Eberhard, S. 12 f.; Breitkopf, S. 119; Loritz, S. 37 ff.; ders., GRUR 1981, 883, 887; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 60; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 10. 48 Baumann, S. 40 ff. 49 Sauer, S. 35 ff. 50 Konzen, S. 45. 51 Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S. 5 ff. 52 Neuner, Privatrecht u. Prozessrecht, S. 7 ff. 53 Loritz, S. 37 ff.; ihm folgend: Becker-Eberhard, S. 12 f. 47
§ 5 Systematische Einordnung
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zwar mit der Rechtsdurchsetzung im Zusammenhang, weil ein Rechtsstreit für sie eine unabdingbare Voraussetzung ist. Sie behandeln aber nicht die Voraussetzungen der Rechtsdurchsetzung, sondern die Folgen einer (prozessualen) Rechtsverfolgung oder -verteidigung.54 Geregelt wird in den zivilprozessualen Kostenvorschriften, wer nach dem Rechtsstreit welche Kosten tragen muss. Die sich daraus ergebenden Ansprüche stellen ihrerseits durchsetzbares Recht dar. Die der Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs dienenden Normen stellen daher formelles Recht dar, nicht aber die Vorschriften, die den prozessualen Kostenerstattungsanspruch regeln. Formelles Recht zur Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs stellen daher jedenfalls die §§ 103 ff. ZPO dar. Aber auch in § 308 Abs. 2 ZPO ist eine formell-rechtliche Regelung zu erblicken: § 308 Abs. 2 ZPO regelt keine Voraussetzung für einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern die Durchsetzung eines bereits (aufschiebend bedingt entstandenen55) Rechts.
II. Privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Anspruch Umstritten ist die Frage, ob es sich bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch um einen öffentlich-rechtlichen56 oder einen privatrechtlichen57 Anspruch handelt. Teilweise wird zudem differenzierend ausgeführt, dass der Kostenerstattungsanspruch zwischen den Parteien ein privatrechtlicher sei, die Kostenvorschriften – aus denen sich der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ergibt – aber öffentlich-rechtlich seien.58 Neben der Vornahme einer formalen Zuordnung wird verschiedentlich versucht, aus der Rechtsnatur konkrete Folgen abzuleiten. So wird mit dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Kostenvorschriften teilweise begründet, dass die Kostenvorschriften das Gericht binden, soweit sie nicht ausdrücklich eine Ermessensentscheidung vorsehen.59 Ferner wird erwogen, aus einem etwaigen öf-
54 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 12 f. (auch zum Folgenden). Zur h. M. zum Entstehungszeitpunkt s. o.: Teil 1 § 4. 56 LAG Hamm NJW 1954, 1504; Hiersemann NJW 1971, 777, 781; Weimar, NZA 2003, 540, 541; vgl. ferner im älteren Schrifttum: Hellwig, S. 48 Fn. 30; Kohler, S. 81 f. 57 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 28; Becker-Eberhard, S. 13 ff.; Breitkopf, S. 119; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 349; Lappe, S. 137; Loritz, S. 40 ff.; Meyer, JurBüro 1981, 677; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 60; Sonnen, S. 41; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 8; so auch schon: Gerland, ZZP 47 (1918), 299, 305; Goldschmidt, S. 118; Görres, ZZP 35 (1906), 313, 345 ff.; Nissen, Grochots Beitr. 52 (1908), 836, 837 und 839. 58 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 28, 41. 59 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 41. 55
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fentlich-rechtlichen Charakter den Vorrang der prozessualen Kostenhaftung vor materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen herzuleiten.60 Die Ableitung dieser Folgen aus einem vermeintlich öffentlich-rechtlichen Charakter der Kostenvorschriften vermag jedoch nicht zu überzeugen: Ob ein Normenkomplex neben einem anderen Normenkomplex anwendbar ist, ist eine Frage der Auslegung, insbesondere des Sinns und Zwecks der verschiedenen Rechtsnormen, die für einen Sachverhalt miteinander verträgliche Rechtsfolgen anordnen.61 Bei Normenwidersprüchen kommt es darauf an, welcher Norm der Vorrang einzuräumen ist; das Rangverhältnis ist zugunsten des Rechts, das aufgrund einer übergeordneten Kompetenz erlassen wurde zu entscheiden und ergibt sich im Übrigen wiederum aus dem Telos der Normen. Auch kann eine besondere Bindungswirkung nicht mit der Einordnung als öffentliches Recht begründet werden. Das Spannungsverhältnis der Justizgewährung durch richterliche Rechtsfortbildung zum rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit62 und der Gewaltenteilung63 besteht unabhängig davon, ob der Richter im Bereich des öffentlichen Rechts oder aber des Privatrechts zur Entscheidung berufen ist.64 Ihm wird zwar mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts65 und der weitgehend akzeptierten66 Wesentlichkeitstheorie des BVerfG67 im Bereich des öffentlichen Rechts einerseits und im Privatrecht andererseits eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen:68 Der Gesetzgeber ist nach dieser Rechtsprechung „verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.“ Sofern solche gesetzlichen Regelungen fehlten, habe die Rechtsprechung sachgerechte Lösungen zu entwickeln, soweit es um das Verhältnis gleichgeordneter Grundrechtsträger gehe; gehe es demgegenüber um das Verhältnis von Staat und Privatrechtssubjekt, sei eine gesetzliche Regelung unentbehrlich. Allerdings lässt sich dieser Rechtsprechung auch entnehmen, dass es für die Frage, inwieweit eine Materie der richterlichen Rechtsfortbildung zugänglich ist, nicht auf den Regelungs60
Loritz, S. 41, der dies aber im Ergebnis zu Recht ablehnt, S. 36 f., 42; vgl. ablehnend auch Bydlinski, Kostenersatz, S. 44 ff. m. w. N. zur österreichischen Rechtsprechung und h. L. 61 Zippelius, S. 30 ff. (auch zum Folgenden). 62 Vgl. Breitkopf, S. 131. 63 Vgl. Wiedemann, NJW 2014, 2407, 2408. 64 Vgl. Maunz/Düring-Hillgruber, Art. 97 Rdnr. 63 ff.: sehr kritisch zur richterlichen Rechts fortbildung. 65 Hierzu: Maurer, § 8 Rdnr. 22. 66 Maurer, § 8 Rdnr. 21 f.; de Wall, S. 95 ff. 67 BVerfGE 88, 103, 116; 84, 212, 226; 49, 89, 126 f. 68 Vgl. hierzu Jachmann, JA 1994, 399 ff.
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standort ankommt, sondern vielmehr darauf, ob das Verhältnis des Staats zum Bürger, oder aber die Friedensordnung der Bürger untereinander betroffen ist. Nach einer so verstandenen Abgrenzung des öffentlichen Rechts zum Privatrecht ist der in den Kostenvorschriften der ZPO geregelte prozessuale Kostenerstattungsanspruch jedenfalls dann dem Privatrecht zuzuordnen, wenn die Par teien sich – wie dies bei Verfahren, für die die ZPO anwendbar ist, grundsätzlich der Fall ist – als Privatrechtssubjekte gegenüberstehen.69 Zu diesem Ergebnis kommt auch die heute ganz h. M.70 unter Heranziehung der Subjektstheorie, der Interessentheorie sowie der Subordinationstheorie zur Abgrenzung des öffent lichen Rechts zum Privatrecht.71
III. Schadensersatz oder Aufwendungsersatz Teilweise wird der prozessuale Kostenerstattungsanspruch den Schadensersatz ansprüchen zugeordnet.72 Andere lehnen dies ab und sprechen demgegenüber von einem Aufwendungsersatzanspruch.73 Die Prozesskosten sind nicht schon aufgrund eines Ausschließlichkeitsverhältnisses der Begriffe Schadensersatz und Aufwendungsersatz einer dieser beiden Kategorien zuzuordnen:74 Heute besteht Einigkeit darüber, dass die Frage, ob Positionen im Rahmen eines Schadensersatz- oder Aufwendungsersatz anspruchs erstattet werden können, nicht nach der Freiwilligkeit der Vermögens opfer zu beurteilen ist, bzw. dass auch ein „faktischer Zwang“ für die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs ausreichend ist.75 69
Die Zuordnung des sich aus den Kostenvorschriften der ZPO ergebenden Erstattungsanspruchs zum Privatrecht erscheint allerdings dann alles andere als selbstverständlich, wenn die ordentlichen Gerichte aufgrund einer Sonderzuweisung ausnahmsweise für eine dem öffentlichen Recht zugeordnete Streitigkeit zuständig sind (§ 40 Abs. 1 S. 2 VwGO), vgl. Loritz, S. 42, der es hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsverfahren für naheliegend hält, von einem öffentlich-rechtlichen Charakter auszugehen. 70 Nachweise s. o.: Teil 1 Fn. 57. 71 Becker-Eberhard, S. 15 f.; Loritz, S. 41 f.; Sonnen, S. 41. 72 BGH NJW 1976, 1256; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 349 f.; für das österreichisches Recht: Bydlinski, Kostenersatz, S. 58; vgl. aus der älteren Lehre Gerland, ZZP 47 (1918), 299, 305; Görres, ZZP 35 (1906), 313, 338 ff.; Waldner, Processkosten nach österr. Recht, passim. 73 Becker-Eberhard, S. 27, 37; Fleddermann, S. 86 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63; offen gelassen bei Loritz, S. 36. 74 Anders noch Pühmeyer, S. 50 ff.: der prozessuale Kostenerstattungsanspruch gewähre einen Ausgleich für Aufwendungen, nicht aber unfreiwillige Vermögensopfer. 75 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. a).
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Systematisch erscheint eine Zuordnung zu den Schadensersatzansprüchen jedoch problematisch, weil sich der Haftungsumfang des prozessualen Kosten erstattungsanspruchs nicht nach §§ 249 ff. BGB,76 sondern nach eigenen Regeln, insbesondere § 91 ZPO77 richtet.78 Neben den im Rahmen des Schadensersatzrechts geltenden Normen dürfen auch die diesem zu Grunde liegenden Prinzi pien nicht auf die prozessuale Kostenerstattung übertragen werden: Die prozessuale Kostenerstattung soll nach dem im Gesetzgebungsverfahren klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nur nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften erfolgen.79 So heißt es in der Begründung des Entwurfs zu § 85 CPO, dem späteren § 87 CPO und heutigen § 91 ZPO, dass Schadensersatzansprüche, deren Fundament nicht allein die Tatsache des Obsiegens im Prozess sei, außerhalb des Prozesskostenersatzes lägen.80 Der Gesetzgeber der CPO hat zudem mit den Regelungen in §§ 87 ff. CPO (§§ 91 ff. ZPO) bewusst das Verschulden als Grund der prozessualen Kostenhaftung abgelehnt,81 während im Schadensersatzrecht die Verschuldenshaftung den Grundsatz darstellt (vgl. § 276 BGB). Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die Bezeichnung als Schadensersatzanspruch oder Aufwendungsersatzanspruch nicht entscheidend ist. Zu beachten ist aber, dass die im Rahmen des Schadensersatzrechts geltenden Normen und Prinzipien nicht etwa aufgrund ihrer Geltung im Rahmen des (übrigen) Schadens ersatzrechts auch im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung gelten.
IV. Verschuldens-, Gefährdungs-, Aufopferungshaftung Immer wieder wird versucht, die prozessuale Kostenerstattung einer der im Haftungsrecht bekannten Kategorien der Verschuldens-, Gefährdungs- oder Auf opferungshaftung zuzuordnen. Die Zuordnung zur Verschuldens-, Gefährdungs- oder Aufopferungshaftung erscheint insoweit problematisch, als aus einer Zuordnung – die, wie gleich zu zeigen sein wird, immer unter Hinnahme wesentlicher Unterschiede der im 76
So aber etwa Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 365 hinsichtlich § 254 BGB. S. u.: Teil 1 § 9. 78 Vgl. Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 347; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 10, § 91 Rdnr. 37 f. 79 So auch Becker-Eberhard, S. 323, 313 i. V. m. S. 139. 80 Hahn, S. 197. 81 BGHZ 4, 229, 237; RGZ 54, 37, 39 f.; OLG Hamburg GRUR 1983, 200, 201; Becker- Eberhard, S. 9, 11; Fleddermann, S. 78; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 38 f.; Siebert, S. 75 ff.; vgl. auch Mümmler, JurBüro 1982, 987, 988; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63; Schneider, MDR 1971, 587; Schreiber, Jura 1990, 162, 164; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6. 77
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a llgemeinen Haftungsrecht bestehenden Tatbestände einerseits und des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs andererseits erfolgt – allzu schnell systemfremde Schlussfolgerungen für die prozessuale Kostenhaftung gezogen werden könnten.82 Im Folgenden werden daher die Unterschiede zu den schadensersatzrechtlichen Tatbeständen, die der Verschuldens-, Gefährdungs- oder Aufopferungshaftung zugeordnet werden, herausgearbeitet. 1. Ältere Theorie zur Verschuldenshaftung bei §§ 91–98, 100, 102 ZPO Wurzer gelangte im Jahr 1921 zu dem Ergebnis, dass die Kostenvorschriften der §§ 91–98, 100, 102 ZPO vom Verschulden getragene Schadensersatzbestimmungen seien.83 Diese Auffassung wird heute jedoch zu Recht einheitlich unter Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber der CPO durch die Regelungen in §§ 87 ff. CPO (§§ 91 ff. ZPO) bewusst das Verschulden bzw. den Strafcharakter als Grund der prozessualen Kostenhaftung abgelehnt habe, abgelehnt.84 2. Gefährdungshaftung Teilweise wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Kostenhaftung des Unterliegenden um eine Gefährdungshaftung handelt.85 Die Kostentragungspflicht des Unterliegenden sei verschuldensunabhängig und stelle eine Haftung für erlaubtes Tun86 dar; der Unterliegende setze jedoch durch die Prozessführung den Zurechnungsgrund und verursache im Vermögen des Obsiegenden einen Schaden. 82 Vgl. etwa Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 357 ff., insb. 368 ff., nach dem die prozessualen Kostenvorschriften teilweise der Gefährdungshaftung zuzuordnen seien, teilweise der Verschuldenshaftung und nach dessen Ansicht auf Grundlage dieser Prinzipien eine Rechtsfort bildung gelingen könne, die kostenrechtliche Probleme wie die Konstellation der einseitigen Erledigungserklärung und die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht erst auf verfahrensrechtlichem Wege, sondern bereits auf materiell-rechtlicher Ebene löse. 83 Wurzer, JW 1921, 718, 720. 84 Becker-Eberhard, S. 9, 11; Fleddermann, S. 78; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 38 f.; Siebert, S. 75 ff.; vgl. auch Mümmler, JurBüro 1982, 987, 988; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63; Schneider, MDR 1971, 587; Schreiber, Jura 1990, 162, 164; Stein/Jonas- Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6. 85 Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 836 ff.; Grunsky, Verh. 51. DJT, Bd. 1 Teil A, S. 66 f.; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 357 f. (jeweils auch zum Folgenden); ferner Pühmeyer, S. 34 f.; Schneider, MDR 1981, 353, 354. 86 Unterschiedlich beurteilt wird, ob der Erfolg der Schadenszufügung bei der Gefährdungs haftung (notwendig) rechtswidrig ist: verneinend Bydlinski, Kostenersatz, S. 61 ff.; Esser, S. 91; Jansen, ZEuP 2003, 490, 513; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 3. a), S. 610; a. A. (Schadenserfolg stets rechtswidrig) Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 350 f. Fn. 20; Pühmeyer, S. 31 f.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Gegen die Zuordnung zur Gefährdungshaftung wird angeführt, dass durch die Einleitung eines Prozesses nicht nur möglicherweise, sondern notwendig Kosten anfallen.87 Zu beachten ist freilich, dass dies kein Argument gegen die Rechtfertigung der prozessualen Kostenhaftung im Haftungssystem ist. Denn als Grund für die Statuierung einer Gefährdungshaftung wird insbesondere die große Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts angeführt.88 Im Gegenteil legitimiert daher der Aspekt, dass durch einen Prozess notwendigerweise Rechtskonflikt kosten, wie insbesondere Gerichtskosten, anfallen, wohingegen dies im außerprozessualen Bereich nicht der Fall ist, gerade die unterschiedliche Erstattungs fähigkeit von Rechtskonfliktkosten im prozessualen und außerprozessualen Bereich und spricht insbesondere gegen eine analoge Anwendung der §§ 91 ff. ZPO im außerprozessualen Bereich.89 Gegen die Gleichstellung mit der übrigen Gefährdungshaftung sprechen jedoch die Unterschiede zu den Tatbeständen, deren Zuordnung zur Gefährdungshaftung anerkannt ist. Zunächst gehören zum Kreis der geschützten Rechtsgüter grundsätzlich nur Leben, Körper und Eigentum; primäre Vermögensschäden sind hingegen grundsätzlich90 nicht vom Schutzbereich erfasst.91 Weiterhin liegt der Gefährdungshaftung der Gedanke der Zusammengehörigkeit von Vorteil und korrespondierendem Risiko zu Grunde.92 Der nutzenziehende Inhaber einer Gefahrenquelle soll das Risiko des Eintritts eines Nachteils eines anderen tragen.93 Die prozessuale Kostenhaftung als Gefährdungshaftung begreifen, hieße den Prozess als Gefahrenquelle, den Prozessierenden als Inhaber der Gefahrenquelle zu erblicken.94 Auch wenn man sich hieran nicht störte, ist die Begründung eines Vorteils, der mit dem Risiko, dass die eigene Rechtsansicht nicht der Meinung des Gerichts entspricht oder vorgetragene Tatsachen nicht bewiesen werden können, korrespondiert, problematisch: Man könnte daran denken, diesen in der Justizgewährung zu sehen. Diese ist indes die Kehrseite des staatlichen 87
Becker-Eberhard, S. 36 f.; Fleddermann, S. 95 ff.; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 54; Siebert, S. 87, 127. 88 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 2. b), S. 607. 89 S. u.: Teil 2 § 16 II.; anders Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 836 ff., der den prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Gefährdungshaftung zuordnet und für eine analoge Anwendung der §§ 91 ff. ZPO plädiert. 90 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 2. c), S. 603 i. V. m. V 1. f), S. 636: eine Ausnahme bilde § 22 WHG (§ 89 WHG n. F.), wobei die Haftung für primäre Vermögensschäden mit der besonderen Rechtslage hinsichtlich des Wassers, das nicht im Eigentum des Nutzungsbefugten stehe, gerechtfertigt werden könne. 91 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 1. c), S. 602 f. 92 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 2. a), S. 605. 93 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 2. a), S. 605 f. 94 Ablehnend deswegen: Fleddermann, S. 96.
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Gewaltmonopols, der bürgerlichen Friedenspflicht und des Selbsthilfeverbots.95 Durch die Justizgewährung wird also erst der Ausgleich für das Verbot der Selbsthilfe und die bürgerliche Friedenspflicht geschaffen96 und kein darüber hinausgehender Vorteil des Einzelnen. Als Vorteil käme daher nur die Chance des Durchdringens mit dem eigenen Anliegen in Betracht. Die Vorteile, die als Ausgangspunkt der Tatbestände der Gefährdungshaftung gelten, sind indes konkreter. Von besonders großer Überzeugungskraft ist die Zusammengehörigkeit von Vorteil und korrespondierendem Risiko als Gerechtigkeitskriterium der Gefährdungshaftung, wenn der Inhaber der Gefahrenquelle professionell den wirtschaftlichen Nutzen zieht und die Risiken über die Preise auf seine Kunden – die mittelbare Nutznießer der Gefahrenquelle sind – umlegen oder seine unternehmerische Tätigkeit einstellen kann.97 Ferner passt der Rechtsgedanke auch dann, wenn es sich um einen privaten Vorteil handelt, weil dann Aspekte wie Vergnügen, Luxus und ähnliches für eine Risikozurechnung sprechen. Die Chance des Obsiegens mit der eigenen Rechtsposition mag zwar ein Grund für die Zurechnung der voraussehbaren Nachteile in Gestalt der Prozesskosten des Gegners in dem Falle, dass die Chance sich nicht realisiert, sein.98 Diese Chance ist aber gerade nicht mit den Vorteilen vergleichbar, die Hintergrund der Tatbestände der Gefährdungshaftung sind. 3. Aufopferungshaftung Teilweise wird der Kostenerstattungsanspruch des Obsiegenden der Aufopferungshaftung zugeordnet.99 Durch das Prozessieren verweigere die Gegenseite die Rechtsanerkennung. Auch die Zuordnung der Unterliegenshaftung zur Aufopferungshaftung erscheint nicht hilfreich. So muss zur Begründung aus § 91 ZPO erst ein Recht auf 95 BVerfGE 81, 347, 356; 74, 257, 261 f.; 54, 277, 292; Hk.ZPO-Saenger, Einf. Rdnr. 3; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 6; Schöpflin, JR 2003, 485, 487; Voßkuhle/Kaiser, JuS 2014, 312; Voßkuhle/Kaufhold, JuS 2010, 116, 118. 96 Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 6; Voßkuhle/Kaiser, JuS 2014, 312; Voßkuhle/Kaufhold, JuS 2010, 116, 118. 97 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I. 2. a), S. 605 f. (auch zum Folgenden). 98 Vgl. Bydlinski, Rechtsgrundsätze, S. 292 f.: die ausgleichende Gerechtigkeit fordere im Schadensrecht vor allem die Konzentration der zu erwartenden positiven Wirkungen einer Handlung mit den voraussehbaren nachteiligen beim Handelnden, da es sonst möglich wäre, positive Chancen zu lukrieren und gleichzeitig negative Risiken der betreffenden Handlung anderen aufzuerlegen. 99 Siebert, passim (auch zum Folgenden); vgl. für das österreichische Zivilprozessrecht auch Bydlinski, Kostenersatz, S. 64 ff., der unter Bezugnahme auf Siebert von einer Eingriffshaftung spricht; vgl. auch schon Nissen, Gruchots Beitr. 52 (1908), 836, 844 unter Verweis auf die Entscheidungen RGZ 59, 70, 74; 58, 130 zum Aufopferungsanspruch.
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prozessuale Beachtung des Rechtskreises abgeleitet werden,100 dessen Existenz äußerst fraglich ist,101 oder eine Ausnahme davon, dass Eingriffe in das bloße Vermögen grundsätzlich keine Ersatzpflicht nach sich ziehen, gemacht werden102. Die Bezeichnung als Aufopferungshaftung birgt die Gefahr in sich, dass verschleiert wird, dass das die (verschuldensunabhängige) Aufopferungshaftung rechtfertigende Moment – nämlich die Inanspruchnahme eines fremden Rechtsguts103 – gerade keine Voraussetzung für die prozessuale Kostenhaftung ist. 4. Systematisierung nach unterschiedlichen Prinzipien nach Hoffmann Hoffmann differenziert zwischen Vorschriften, die dem Prinzip der Erfolglosigkeitshaftung und jenen, die der Verschuldenshaftung zuzuordnen seien.104 §§ 91, 92, 96, 97 Abs. 1, 75 S. 2, 281 Abs. 3 S. 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO folgten dem Prinzip der Erfolglosigkeitshaftung,105 dagegen seien §§ 93, 94, 95 Alt. 2, 97 Abs. 2 ZPO der Verschuldenshaftung zuzuordnen und auch bei §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO sei ein Verschulden zu berücksichtigen. Im Hinblick auf diese Systematisierung fällt zunächst ins Auge, dass dabei Tatbestände wie §§ 95 Alt. 1, 238 Abs. 4, 344 ZPO, die sich weder der Erfolg losigkeitshaftung noch der Verschuldenshaftung zuordnen lassen, nicht erwähnt werden. Diese erwähnt Hoffmann lediglich in einer Fußnote und führt aus, dass sie (wie die Tatbestände der Erfolglosigkeitshaftung) auf Risikoerwägungen beruhten.106 Damit bedeutet die Einteilung nach Hoffmann also eigentlich eine Einteilung in Tatbestände, die der Risikohaftung und solche, die der Verschuldenshaftung zugeordnet werden, was freilich erst einmal nicht mehr bedeutet, als dass einige Kostenvorschriften dem Verschuldensprinzip folgen und andere nicht. Unter den Tatbeständen der Risikohaftung hebt er die Erfolglosigkeitshaftung hervor. Dass bei der prozessualen Kostenerstattung die Haftung grundsätzlich an 100 So
Siebert, S. 92 ff. Ausführlich hierzu jeweils Fleddermann, S. 99; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 52; die Konstruktion als Aufopferungshaftung ablehnend ferner Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6 Fn. 12; krit. auch Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 315 Fn. 45. 102 So Bydlinski, Kostenersatz, S. 65. 103 Vgl. Deutsch, Rdnr. 13; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 85 I 1. a), b), S. 655 und § 85 II 4., 5. S. 661 ff. 104 Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 348 ff., insb. 368 ff. (auch zum Folgenden). 105 Ferner ordnet Hoffmann dem Prinzip der Erfolglosigkeitshaftung §§ 302 Abs. 4 S. 2, 600 Abs. 2 ZPO zu, die hier nicht erwähnt werden, weil sie Schadensersatzansprüche darstellen, die im ordentlichen Klageverfahren geltend zu machen sind – vgl. Musielak/Voit-Musielak, § 302 Rdnr. 18; Musielak/Voit-Voit, § 600 Rdnr. 13 – und daher gerade nicht der prozessualen Kosten erstattung gleichstehen. 106 Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 348 Fn. 14. 101
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die Erfolglosigkeit knüpft, ist §§ 91, 92, 96, 281 Abs. 3 S. 2, 97 Abs. 1 ZPO unmittelbar zu entnehmen. Fraglich erscheint jedoch, ob mit Hoffmann von einer weitreichenden Geltung des Verschuldensprinzips auszugehen ist. Bei § 95 Alt. 2 ZPO ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass es auf ein Verschulden ankommt und bei § 97 Abs. 2 ZPO besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit hinsichtlich des Verschuldenserfordernisses.107 Dass §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bei einem Verschulden eine vom Unterliegensprinzip abweichende Lastenverteilung anordnen, belegt Hoffmann mit Fundstellen, die sich mit der Möglichkeit der Berücksichtigung materiell- rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Rahmen der Kostenentscheidungen gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beschäftigen.108 Insoweit geht es also nicht darum, ob der sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebende prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. teilweise auf einer Verschuldenshaftung beruht, sondern vielmehr darum, ob materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche zu einer von der Haftungsanordnung des prozessualen Kosten erstattungsanspruchs i. e. S. abweichenden Kostenentscheidung führen können. Bei §§ 93, 94 ZPO wird in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend das Verschulden als Voraussetzung für die Kostenhaftung jedenfalls nicht ausdrücklich benannt. a) Verschulden bei § 93 ZPO Im Hinblick auf die Quellen, die Hoffmann für seine Ansicht zitiert, ist zu konstatieren, dass diese zwar teilweise §§ 93, 94 ZPO ebenfalls der Verschuldenshaftung zuordnen, dabei aber entweder lediglich auf das eine Kostenhaftung nach diesen Vorschriften begründende Verletzen von Informationspflichten hinweisen109 oder aber hinzufügen, dass neben der Pflichtverletzung zwar ein Verschulden vorliegen müsse, dies aber ohne praktische Bedeutung sei, weil der objektive Verschuldensbegriff des materiellen Zivilrechts entscheidend sei.110 Im materiellen Zivilrecht ist freilich zwischen der Pflichtverletzung und der Sorgfaltswidrigkeit, auf die es – jedenfalls im Grundsatz111 – erst im Rahmen des Verschuldens ankommt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB), zu unterscheiden. Im Hinblick auf Informa 107 Vgl.
BGH NJW 1960, 818; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 97 Rdnr. 18, 20, 22, 24; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 97 Rdnr. 8; Stein/Jonas-Muthorst, § 97 Rdnr. 15. 108 Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 360 und ebd. Fn. 73. 109 Breyer, S. 144 ff. 110 BeckOK.ZPO-Jaspersen, § 93 Rdnr. 3. 111 Vgl. aber die Lehre vom Handlungsunrecht, die die Frage der Sorgfaltswidrigkeit bereits bei der Rechtswidrigkeit bespricht, nicht erst beim Verschulden, hierzu MünchKomm.BGB- Wagner, § 823 Rdnr. 6 f.; auch wird teilweise für eine Pflichtverletzung i. S. v. § 241 Abs. 2
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tionspflichtverletzungen bedeutet dies, dass bereits darin, dass nicht informiert wurde, die Pflichtverletzung zu erblicken ist. Die Frage, ob diese Pflichtverletzung demjenigen, der zur Information verpflichtet ist, aufgrund einer Sorgfaltswidrigkeit zuzurechnen ist, ist erst im Rahmen des Verschuldens relevant. Stürner, den Hoffmann ebenfalls zitiert, setzt sich überhaupt nicht mit der Frage auseinander, inwieweit neben einer Pflichtverletzung ein Verschulden erforderlich ist, sondern behandelt lediglich § 93 ZPO als Anknüpfungspunkt für (Informations)Pflichten.112 Mit der Frage des Erfordernisses eines Verschuldens bei § 93 ZPO haben sich weiterhin das OLG Köln und das OLG Saarbrücken auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass es nicht auf Verschuldensgesichtspunkte ankomme, sondern vielmehr darauf, ob der Kläger objektiv annehmen durfte, nur durch Klageerhebung zu seinem Recht zu kommen.113 Auch wenn die Gerichte damit vordergründig gerade nicht auf ein Verschulden abheben wollen, kommt es danach gerade darauf an, ob der Kläger sich objektiv sorgfaltsgemäß verhalten hat oder nicht. Im Zivilrecht wird zur Bestimmung der Fahrlässigkeit grundsätzlich114 gerade ein objektiver Sorgfaltsmaßstab angelegt,115 so dass letztlich doch auf ein Verschulden des Klägers abgestellt wird. Zu beachten ist jedoch, dass das OLG Saarbrücken116 zum einen das OLG Hamm117 und zum anderen das OLG Köln118 zitiert und das OLG Köln wiederum auf Herget119 Bezug nimmt. Herget und das OLG Hamm führen aber aus, dass eine Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO durch den Beklagten gegeben sei, wenn sein Verhalten ohne Rücksicht auf ein Verschulden und die materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen, was der allgemeinen Ansicht120 zur Frage des Vorliegens einer Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO durch den Beklagten BGB Sorgfaltswidrigkeit vorausgesetzt, vgl. Vgl. Deckenbrock, NJW 2009, 1247; MünchKomm.BGB-Ernst, § 280 Rdnr. 14 ff.; a. A. BGHZ 179, 238 Rdnr. 17 ff. 112 Stürner, S. 269 f. 113 OLG Köln NJW-RR 1994, 767; OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2009, 970, 971. 114 Zu Ausnahmen: Deutsch, Rdnr. 401 ff. 115 BGHZ 80, 186, 193; BGH NJW 2001, 1786; NJW-RR 1996, 981; RGZ 95, 16, 17; Deutsch, Rdnr. 400; Erman-Westermann, § 276 Rdnr. 10; Larenz/Canaris, Schuldrecht I, § 20 III, S. 284; MünchKomm.BGB-Grundmann, § 276 Rdnr. 55; NK.BGB-Dauner-Lieb, § 276 Rdnr. 13; Soergel-Pfeiffer, § 276 Rdnr. 83 f.; Staudinger-Caspers, § 276 Rdnr. 29 ff. 116 OLG Köln NJW-RR 1994, 767. 117 OLG Hamm MDR 1988, 971. 118 OLG Köln NJW-RR 1994, 767. 119 Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 3. 120 BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; BGH NJW 1979, 2040, 2041; RGZ 118, 261, 264; OLG München NJW-RR 2001, 42, 43; OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2009, 970, 971; OLG Zwei brücken NJW-RR 2007, 1164, 1165; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 29; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 7; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 13.
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entspricht. Hier klingt zwar ebenfalls die Anknüpfung an eine objektive Sorgfaltswidrigkeit des Klägers an. Dies darf aber nicht zu dem Schluss führen, dass § 93 ZPO der Verschuldenshaftung im Schadensersatzrecht gleichgestellt wird: aa) Keine subjektive Zurechnungsfähigkeit Zu beachten ist einerseits, dass – anders als sonst im Rahmen der Verschuldenshaftung, vgl. § 276 Abs. 1 S. 2 BGB – nicht etwa auf eine subjektive Zurechnungsfähigkeit abgestellt wird; es kommt nur darauf an, ob der Kläger objektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat. bb) Haftung des Beklagten trotz sorgfaltswidrigen Verhaltens des Klägers Ferner ist es nicht etwa so, dass nach § 93 ZPO dem Kläger die Kosten immer aufzuerlegen wären, wenn er den Prozess objektiv sorgfaltswidrig eingeleitet hat. Vielmehr setzt § 93 ZPO weiterhin ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten voraus. Kommt es hierzu nicht, greift der Grundsatz des § 91 ZPO und der Beklagte muss nicht nur seine eigenen Kosten tragen, sondern haftet – trotz eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens des Klägers – darüber hinaus verschuldensunabhängig für die Kosten des Klägers. Im System der prozessualen Kosten erstattung begründet § 93 ZPO daher nicht nur ein Einstehenmüssen des Klägers für objektiv sorgfaltswidriges Verhalten, sondern hat auch eine Risikohaftung des Beklagten für den Fall zur Folge, dass er nicht sofort anerkennt. cc) Verschuldensunabhängige Haftung des Klägers Weiterhin kann es nach § 93 ZPO auch zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Klägers kommen. Denn für die Veranlassung durch den Beklagten i. S. v. § 93 ZPO wird mit der Definition, dass eine Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO durch den Beklagten gegeben sei, wenn sein Verhalten ohne Rücksicht auf ein Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen,121 ein Verhalten des Beklagten vorausgesetzt, das die Vorstellung des Klägers, es bedürfe einer Klage, hervorgerufen hat. Darüber, ob dem Beklagten ein sofortiges Anerkenntnis mit der Folge der Kostentragung durch den Kläger gem. § 93 ZPO in den Fällen ermöglicht werden soll, in denen dem Kläger einerseits zwar kein Sorgfaltsverstoß vorgeworfen werden kann, andererseits aber auch kein Beklagtenverhalten neben die schlichte Nichterfüllung des klägerischen Begehrens tritt, dem die Klageerhebung zurechenbar wäre, wird mit der oben genannten allgemeinen Definition keine Aussage getroffen. 121
S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a); Nachweise ebd. bei Fn. 120.
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Dafür, ob § 93 ZPO der Verschuldenshaftung zuzuordnen ist, ist aber gerade entscheidend, wie eben diese Fälle zu beurteilen sind. Hat beispielsweise der Kläger die im Wettbewerbsrecht erforderliche Abmahnung oder zur Abwendung einer Haftung nach § 93 ZPO erforderliche Informationen an den Beklagten versandt und kommt die Sendung bei dem Beklagten nicht bzw. erst nach oder kurz vor der Klageerhebung an und ist Grund dafür ein außerhalb des Einflussbereichs des Klägers sowie des Beklagten liegendes Problem im Versand, so handelt der Kläger nicht sorgfaltswidrig und geht auch nicht sorgfaltswidrig davon aus, dass ein Anlass zur Klageerhebung besteht. Andererseits kann der Beklagte sich – mangels Erhalts der betreffenden Sendung – gar nicht zu dem Vortrag des Klägers verhalten. Die entscheidende Frage in diesen Fällen lautet, ob hier eine Veranlassung durch den Beklagten abgelehnt werden soll und ihm so die Möglichkeit gewährt wird, durch ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO die Kostentragung abzuwenden, oder ob mangels sorgfaltswidrigen Verhaltens des Klägers davon auszugehen ist, dass im Falle seines Prozesssiegs der Beklagte gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten tragen muss. Der BGH folgt dem erstgenannten Weg: In einem Beschluss vom 21.12.2006 führt er aus, dass der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben habe, wenn ihm das Abmahnschreiben des Klägers nicht zugegangen sei, weil der Kläger grundsätzlich das Risiko zu tragen habe, dass das abgesandte Abmahnschreiben auf dem Postweg verloren geht.122 Mit dem BGH ist davon auszugehen, dass § 93 ZPO kein Verschulden voraussetzt: Dafür, dass der Kläger in den genannten Fällen im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses des Beklagten gem. § 93 ZPO mit den Kosten zu belasten ist, spricht zunächst der Wortlaut, nach dem vorausgesetzt ist, dass der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Dass hiermit ein Verhalten gemeint ist, das neben den Grund für den Rechtsstreit in der Hauptsache tritt, ergibt sich daraus, dass die Norm ansonsten keinen Anwendungsbereich hätte und dass eine Auslegungshypothese, die zur Folge hätte, dass eine Rechtsnorm sinnlos würde, zu verwerfen ist, sofern es andere Aus legungsmöglichkeiten gibt.123 Die Norm hätte keinen Anwendungsbereich, wenn von einer Veranlassung seitens des Beklagten bereits mit Blick auf die Nicht 122 BGH GRUR 2007, 629 Rdnr. 13; die Frage, ob für den Klageanlass des Beklagten im Wettbewerbsrecht der Zugang des Abmahnschreibens erforderlich ist, ist freilich von der Frage zu unterscheiden, wer die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang trägt. Da der Beklagte sich im Falle des § 93 ZPO auf eine Ausnahmevorschrift zu seinen Gunsten beruft, trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Schreiben nicht zugegangen ist, vgl. BGH GRUR 2007, 629 Rdnr. 11. 123 Muthorst, § 7 Rdnr. 23.
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erfüllung des klägerischen Begehrens ausgegangen würde. Denn läge in jeder Nichterfüllung des klägerischen Begehrens bereits eine Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO, würde ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten in diesen Konstellationen gerade nicht zu einer Kostentragung des Klägers nach § 93 ZPO führen. Hat der Beklagte dagegen in keiner Weise einen Grund für den Rechtsstreit in der Hauptsache gesetzt, wird das Anliegen des Klägers nicht begründet sein und damit auch keine Nichterfüllung seitens des Beklagten vorliegen. Der Kläger wird im Rechtsstreit unterliegen, so dass der Kläger gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten zu tragen hat; der Beklagte hätte dann keinen Anlass für ein sofortiges Anerkenntnis. Hier besteht gerade die Möglichkeit, § 93 ZPO dahingehend auszulegen, dass die Veranlassung der Klageerhebung durch den Beklagten mehr voraussetzt, als die bloße Nichterfüllung des klägerischen Begehrens. Diese Auslegung entspricht dem allgemeinen Verständnis von § 93 ZPO: So wird allgemein davon ausgegangen, dass keine Veranlassung der Klageerhebung durch den Beklagten besteht, wenn der beklagte Schuldner nicht im Verzug ist, den Anspruch nicht bestritten hat sowie die Leistung nicht verweigert hat und der Kläger auch aus dem sonstigen Verhalten des Beklagten bei vernünftiger Würdigung nicht den Schluss ziehen kann, dass die Anspruchsdurchsetzung nur im Wege der Klage möglich ist.124 Das Beklagtenverhalten lasse in der Regel vor einer Leistungsaufforderung unter Einräumung einer angemessenen Prüfungsfrist nicht den Schluss zu, dass die Klage für die Anspruchsdurchsetzung erforderlich ist. Bei Wettbewerbssachen sei grundsätzlich zur Abwendung einer Kostenhaftung nach § 93 ZPO eine Abmahnung des Antragsgegners erforderlich.125 Ferner könne die mangelnde vorprozessuale Information des Beklagten über das die Klage begründende Recht zu einer Kostenhaftung nach § 93 ZPO führen.126 Auch Sinn und Zweck von § 93 ZPO und die Gesetzessystematik sprechen gegen das Erfordernis eines Verschuldens des Klägers: Neben der Vermeidung unnötiger Prozesse soll § 93 ZPO dem Beklagten in einem unnötigerweise eingeleiteten Prozess die Chance geben, die Kostentragung abzuwenden.127 Damit soll zum einen die Kostengerechtigkeit zugunsten des Beklagten gewährleistet und zum anderen der Prozessökonomie Rechnung getragen werden, die es gebietet, 124 Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 20; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 7 ff.; Stein/Jonas- Muthorst, § 93 Rdnr. 13, 17 ff. (jeweils auch zum Folgenden); vgl. ferner Musielak/VoitFlockenhaus, § 93 Rdnr. 2. 125 Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 17. 126 Ausführlich zu den anerkannten Fällen einer vorprozessualen Informationspflicht und für eine nicht auf Sonderfälle beschränkte, allgemeine vorprozessuale Informationspflicht: Stürner, S. 269 ff.; unter Bezugnahme auf Stürner a. a. O. auch Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 359; vgl. ferner Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 22. 127 OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1993, 126, 127; AG Charlottenburg FamRZ 1994, 117, 118; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 93 Rdnr. 1.
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in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeit einer zügigen und kostensparenden Erledigung zu schaffen.128 Dass der Gesichtspunkt der Prozessökonomie für die Schaffung eines An reizes für ein sofortiges Anerkenntnis spricht, leuchtet ohne Weiteres ein, weil ein sofortiges Anerkenntnis eine schnelle und kostensparende Erledigung des Rechtsstreits ermöglicht. Dem Argument der Kostengerechtigkeit könnte freilich entgegengehalten werden, dass die Haftung des obsiegenden Klägers nur „gerecht“ sei, wenn er sorgfaltswidrig gehandelt hat. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass – anders als im Schadensersatzrecht, in dem die Verneinung eines Anspruchs lediglich zur Folge hat, dass die eigenen Vermögensnachteile nicht von einem anderen reguliert werden – die Verneinung der Anwendbarkeit von § 93 ZPO die Anwendung von § 91 ZPO zur Folge hat und damit nicht nur kein Anspruch des Beklagten auf die Erstattung seiner eigenen Aufwendungen zur Entstehung gelangt, sondern auch ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Kosten gem. § 91 ZPO, der seinerseits kein Verschulden voraussetzt. Ferner ist allgemein anerkannt, dass das Risiko des Eingangs von Willenserklärungen unter Abwesenden in den Machtbereich des Empfängers der Erklärende trägt.129 Die Risiken seien am richtigsten verteilt, wenn der Adressat nur die aus seiner Sphäre stammenden Gefahren trägt und der Erklärende demgegenüber neben den aus seiner Sphäre stammenden Risiken diejenigen des Transports zwischen den Sphären. Entsprechend erscheint es richtig, dem Beklagten auch ohne ein Verschulden des Klägers die Möglichkeit der Abwendung der Kostentragung nach § 93 ZPO zu eröffnen, wenn die Klageerhebung durch den Kläger – wie im oben genannten Beispielsfall – nicht seiner Risikosphäre zuzurechnen ist. Hinzukommt, dass ausgehend vom Grundsatz des § 91 ZPO eine verschuldens unabhängige Haftung dem System der prozessualen Kostenerstattung besser entspricht. Für die Annahme des Verschuldenserfordernisses für die Kostentragung des Klägers nach § 93 ZPO bedürfte es daher entsprechender Anhaltspunkte im Wortlaut der Norm oder in den Gesetzesmaterialien. Solche sind gerade nicht ersichtlich. Festzuhalten ist somit, dass die Kostenhaftung des Klägers gem. § 93 ZPO kein Verschulden voraussetzt, sondern vielmehr auch die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses des Beklagten mit der Folge der Kostenlast des Klägers ermöglicht, wenn den Kläger zwar kein Verschulden trifft, von einem Verhalten 128 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 4; Leuschner, AcP 207 (2007), 64, 83; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 1. 129 Medicus/Petersen, Rdnr. 273 (auch zum Folgenden); MünchKomm.BGB-Einsele, § 130 Rdnr. 16; Staudinger-Schiemann, Eckpfeiler des Zivilrechts, C. Das Rechtsgeschäft Rdnr. 39.
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des Beklagten, das Veranlassung für die Klageerhebung gegeben hat, aber nicht die Rede sein kann. b) Verschulden bei § 94 ZPO Gem. § 94 ZPO hat der Kläger im Falle eines Anspruchsübergangs die Prozesskosten insoweit zu tragen, als sie dadurch entstanden sind, dass der Beklagte durch die Unterlassung der Mitteilung oder des Nachweises des Anspruchsübergangs veranlasst worden ist, den Anspruch zu bestreiten. Fraglich erscheint, ob diese Vorschrift Verschulden i. S. v. § 276 BGB, also insbesondere die objektive Sorgfaltswidrigkeit voraussetzt. Nach der Gesetzesbegründung darf der andere Teil erwarten, dass ihm der Anspruchsübergang vor der Erhebung der Klage mitgeteilt und auf Verlangen nachgewiesen wird.130 Dabei wird insbesondere auf § 410 BGB verwiesen. Es handele sich bei § 94 ZPO um eine Erweiterung des § 93 ZPO. Letztere Vorschrift reiche für den Fall des Anspruchsübergangs auf den Kläger nicht aus, weil dem Beklagten im Falle des § 94 ZPO nicht zugemutet werden könne, dass er sofort nach Erhebung der Klage unter Verzicht auf den Nachweis den Anspruch anerkenne. Dafür, dass auch bei § 94 ZPO kein Verschulden erforderlich ist und es für die Haftung vielmehr auf eine Abgrenzung der Risikosphären ankommt, spricht zum einen der Verweis der Gesetzesbegründung darauf, dass § 94 ZPO eine Erweiterung des § 93 ZPO darstelle. Denn, wie erörtert, setzt § 93 ZPO kein Verschulden voraus. Ferner spricht auch der Verweis auf § 410 BGB und damit der Aspekt des Schuldnerschutzes dagegen, für eine Haftung des Klägers gem. § 94 ZPO ein Verschulden vorauszusetzen. Denn gem. § 410 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Schuldner dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger ausgestellten Urkunde über die Abtretung verpflichtet. Diesem Schuldnerschutz soll mit § 94 ZPO gerade Rechnung getragen werden, so dass das Zugangsrisiko dem Schuldner nicht aufzu bürden ist. c) Zwischenergebnis zu 4. Die prozessualen Kostenvorschriften können zwar in solche Tatbestände unterteilt werden, die Verschulden voraussetzen und solche, die ein Verschulden nicht voraussetzen. Ferner knüpfen einige Tatbestände nur an Risikoerwägungen an und es gibt unter diesen solche, die eine Erfolglosigkeitshaftung anordnen und solche, die hierauf nicht abstellen. Hoffmann bedenkt in seiner Systematisierung aber nicht, dass es auch Kostenvorschriften – wie §§ 93, 94 ZPO – gibt, die zwar 130
Hahn/Mugdan, S. 87 (auch zum Folgenden).
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
im Grundsatz auf eine objektive Sorgfaltswidrigkeit abstellen, aber nicht nur eine Verschuldenshaftung, sondern darüber hinaus auch eine Risikohaftung vorsehen. Hinzu kommt, dass subjektive Zurechnungsvoraussetzungen, die im Schadensersatzrecht beachtlich sind, im Rahmen dieser Vorschriften nicht von Relevanz sind, so dass sie auch deswegen den Tatbeständen der schadensersatzrechtlichen Verschuldenshaftung nicht gleichstehen.
V. Zwischenergebnis zu § 5 Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch stellt einen materiell-rechtlichen Anspruch dar, der jedenfalls bei einem in der Hauptsache zivilrechtlichen Streit privatrechtlicher Natur ist. Zwischen Aufwendungs- und Schadensersatz besteht kein begriffliches Ausschließlichkeitsverhältnis, so dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht aus diesem Grund als Aufwendungs- oder Schadensersatzanspruch einzuordnen ist. Allerdings darf eine Einordnung als Schadensersatzanspruch nicht dazu führen, dass die im Schadensersatzrecht geltenden Regeln (insb. §§ 249 ff. BGB) und Prinzipien auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen werden. Die prozessuale Kostenerstattung kann aufgrund der Unterschiede zu den schadensersatzrechtlichen Haftungstatbeständen nicht einem der im Schadensersatzrecht anerkannten Haftungsgründe zugeordnet werden. Die Haftung des Unterliegenden stellt eine verschuldensunabhängige Erfolgsrisikohaftung dar. Neben § 91 ZPO ordnen beispielsweise §§ 92, 96, 97 Abs. 1, 75 S. 2, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO eine Erfolgsrisikohaftung an. Ausnahmen von der Haftung des Unterliegenden normieren insbesondere §§ 93, 94 ZPO, die bei einem objektiv sorgfaltswidrigen Verhalten des Klägers, aber auch – wenn ein solches nicht vorliegt – aufgrund einer Zurechnung des Anfalls der Prozesskosten zur Risikosphäre des Klägers dessen Haftung anordnen.
§ 6 Regelungssystem, Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts Wie erörtert, lässt sich die prozessuale Kostenhaftung allein nach Maßgabe schadensersatzrechtlicher Kategorien nicht erklären. Im Hinblick hierauf soll im Folgenden zunächst das Regelungssystem des Kostenrechts dargestellt werden (I.) und dann untersucht werden, welche Zwecke (II.) und Prinzipien (III.) ihm zu Grunde liegen. Dabei stehen das Regelungssystem, die mit den Kostenvorschriften verfolgten Zwecke und ihnen immanente Prinzipien nicht bezugslos nebeneinander. Denn die Verknüpfung bestimmter Voraussetzungen mit einer bestimmten Rechtsfolge ist das Ergebnis einer billi-
§ 6 Regelungssystem, Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts
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genden oder missbilligenden Bewertung des Gesetzgebers.131 Hinter den Normen, die Tatbestand und Rechtsfolge verknüpfen, als „äußeres System“ stehen also gesetzgeberische Zwecke und Interessenbewertungen, die das „innere System“ bilden. In den gesetzgeberischen Regelungsabsichten kommen wiederum Rechtsprinzipien i. S. v. Optimierungsgeboten132 oder wertende Entscheidungen zwischen mehreren konfligierenden Rechtsprinzipien zum Ausdruck.
I. Regelungssystem Wichtig für das Verständnis der Hintergründe der prozessualen Kostenerstattung ist zunächst die Erkenntnis, dass es sich einerseits um einen materiell-rechtlichen Anspruch zwischen zwei Rechtssubjekten handelt, der aber andererseits in unmittelbarem Zusammenhang mit der prozessualen Rechtsdurchsetzung steht. Weiterhin ist die (grundsätzlich133) zweistufige prozessuale Geltendmachung hervorzuheben. Die Kostengrundentscheidung ergeht im Rahmen des Endurteils und jeder sonstigen ein selbstständiges Verfahren abschließenden Entscheidung als Nebenentscheidung zur Hauptsache.134 Prüfungsgegenstand der Kostengrund entscheidung ist, wer Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist (vgl. z. B. §§ 91 ff., 281 Abs. 3, 238 Abs. 4, 344, 380 Abs. 1 S. 1, 409 Abs. 1 S. 1 ZPO) und gegebenenfalls in Höhe welcher Quote (vgl. § 92 ZPO) Ansprüche der Beteiligten bestehen.135 Auf Grundlage der Kostengrundentscheidung wird im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nach §§ 103 ff. ZPO der Haftungsumfang geprüft. Für die Kostengrundentscheidung regelt § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO den Grundsatz der Haftung desjenigen, der im Prozess unterliegt. Konsequent ist im Hinblick hierauf die Vorschrift des § 92 Abs. 1 ZPO, nach der bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen eine Kostenquotelung oder -aufhebung vorgesehen ist. Wie §§ 91, 92 ZPO ordnet § 97 Abs. 1 ZPO eine Haftung des Erfolglosen an; die Kosten eines erfolglos eingelegten Rechtsmittels fallen danach der Partei zur Last, die es eingelegt hat. Von dem Grundsatz der Haftung des Unterlegenen werden jedoch in vielen Vorschriften Ausnahmen gemacht. Hiervon sollen im Folgenden nur einige exemplarisch im Überblick dargestellt werden. So trägt gem. § 93 ZPO der in der 131 Muthorst, § 5 Rdnr. 38; Rüthers/Fischer/Birk, Rdnr. 136 ff.; 142 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 132 Alexy, S. 75 f.; Dworkin, S. 22 ff., insb. S. 26 f.; Muthorst, § 5 Rdnr. 35; vgl. zum Streit über die Bedeutung und die Begründung von Rechtsprinzipien Penski, JZ 1989, 105 ff. 133 Hierzu und zum Folgenden noch unten: Teil 1 § 10. 134 Vgl. statt aller Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 4 ff. 135 Vgl. statt aller Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 13 ff. (auch zum Folgenden).
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Hauptsache obsiegende Kläger die Kosten des Rechtsstreits, wenn der Beklagte zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben und sofort anerkannt hat. Voraussetzung einer Kostentragung nach § 95 ZPO ist die Säumnis eines Termins oder einer Frist oder das Verschulden der Verlegung eines Termins, der Vertagung einer Verhandlung, der Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung der Verhandlung oder der Verlängerung einer Frist. Ferner können gem. § 96 ZPO die Kosten eines erfolglosen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt. Gem. § 97 Abs. 2 ZPO werden der obsiegenden Partei die Kosten eines Rechtsmittels ganz oder teilweise auferlegt, wenn sie aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war. In Ermangelung einer Entscheidung in der Hauptsache kann in verschiedenen Konstellationen von vorn herein nicht an das Unterliegen angeknüpft werden. Dies ist beispielsweise bei der Klagerücknahme gem. § 269 ZPO der Fall. Trotzdem lässt sich die Haftung nach § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO mit dem Grundsatz der Haftung des Unterlegenen erklären: Mit der Klagerücknahme verzichtet der Kläger auf einen Sieg und wird daher dem Unterliegenden gleichgestellt.136 In § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO wird hiervon jedoch eine Ausnahme gemacht, wenn über die Kosten bereits rechtskräftig entschieden ist oder sie dem Beklagten aus „einem anderen Grund“ aufzuerlegen sind. Bei Klagerücknahme infolge Wegfalls des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit und Erledigung der Hauptsache ergeht nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bzw. § 91a Abs. 1 ZPO eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ des Gerichts. Auf die Frage, welche Gesichtspunkte bei §§ 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2, S. 3, 91a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen sind, wird später eingegangen.137 Weiterhin ist der sich ebenfalls aus §§ 91, 92 ZPO ergebende Grundsatz der Kosteneinheit hervorzuheben. Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO trägt derjenige die gesamten Kosten des Rechtsstreits, der im Prozess unterliegt. Die unterliegende Partei trägt also die Kosten aller Angriffs- und Verteidigungsmittel und aller Instanzen, auch wenn sie in einzelnen Punkten oder Instanzen siegreich war oder erst nachträglich in den Prozess eingetreten ist.138 Möglich ist gem. § 92 Abs. 1, 2. Alt. ZPO bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen eine Quotelung.139 Auch im Falle des § 93 ZPO, nach dem bei einem sofortigen Anerkenntnis140 des Be136
Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 8. S. u.: Teil 3 § 19 II. 2., III. 2. a) bb). 138 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 15 (auch zum Folgenden). 139 Vgl. zur Umdeutung einer Kostentrennung nach Streitgegenständen in eine Quotelung durch den Rechtspfleger: OLG Naumburg NJW-RR 2000, 1740. 140 § 93 ZPO ist auch im Falle des Teilanerkenntnisses anwendbar, vgl. BGHZ 40, 265, 269 f.; OLG Bremen NJW-RR 1990, 6; OLG Hamburg FamRZ 1993, 101, 102; OLG Schleswig 137
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klagten, der nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, ausnahmsweise der in der Hauptsache obsiegende Kläger die Kosten trägt, ergeht eine einheitliche Kostenentscheidung.141 Auf dem Grundsatz der Kosteneinheit baut das gesetzliche Pauschgebührensystem auf.142 Eine Kostentrennung stellt demgegenüber die Ausnahme dar und wird beispielsweise in §§ 94 bis 97, 238 Abs. 4, 281 Abs. 3 S. 2, 344, 75 ZPO angeordnet. Im Rahmen der Kostenfestsetzung ist der Haftungsumfang unabhängig davon, nach welchen Normen sich die Person des Anspruchsinhabers und -gegners sowie die Quote bestimmen, grundsätzlich § 91 ZPO zu entnehmen.143 Nach § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO sind Kosten des Rechtsstreits nur insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Dies gilt vorbehaltlich einer anderslautenden Kostenvereinbarung – in deren Rahmen die Parteien auch die Übernahme von nicht notwendigen Kosten vereinbaren können – auch im Rahmen eines Prozessvergleichs, auf dessen Grundlage die Kostenfestsetzung beantragt werden kann.144
II. Zwecke Im Folgenden wird im Hinblick auf das soeben dargestellte System überprüft, welche Zwecke das Kostenrecht hat. Dabei wird insbesondere dem Umstand Rechnung getragen, dass das Kostenrecht einerseits eine Haftung zwischen zwei (Privat)Rechtssubjekten begründet und die prozessuale Kostenhaftung andererseits im unmittelbaren Zusammenhang mit der prozessualen Rechtsdurchsetzung steht. FamRZ, 1984, 187 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 17; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 5; Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 5; grundsätzlich verneinend unter Hinweis auf den Wortlaut: Roidl, NJW 1968, 1865, 1866; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 1997, 1413, 1414; OLG Köln FamRZ 1986, 827; vgl. zur Voraussetzung mangelnder Klageveranlassung durch den Beklagten (im Hinblick auf §§ 266, 242 BGB): OLG Bremen NJW-RR 1990, 6, 7; OLG Köln FamRZ 1986, 827; OLG Schleswig FamRZ, 1984, 187 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 58; Künkel, NJW 1985, 2665, 2672. 141 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 17; auch im Falle des Teilanerkenntnisses ergeht eine einheitliche Entscheidung im Schlussurteil: Hk.ZPO-Gierl, Vor §§ 91–107 Rdnr. 23; gegebenenfalls unter entsprechender Anwendung von § 92 ZPO: OLG Hamburg FamRZ 1993, 101, 102; OLG Schleswig FamRZ 1984, 187 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 17; Stein/ Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 5; nicht überzeugend Gemmer, NJW 2012, 3479, 3481 Fn. 10, der die Entscheidung nach § 93 ZPO den Ausnahmefällen der Kostentrennung zuordnet. 142 Hk.ZPO-Gierl, Vor §§ 91–107 Rdnr. 23; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 7. 143 Vgl. Becker-Eberhard, S. 42; für die Kosten der Nebenintervention: MünchKomm. ZPO-Schulz, § 101 Rdnr. 4. 144 Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 9, 16.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Bei der Ermittlung der Zwecke des Kostenrechts ist nicht der Regelungsplan des (historischen) Gesetzgebers, sondern der objektivierte Wille des Gesetzgebers, im Sinne einer aktuell vernünftigen Regelung entscheidend, wie dieser sich insbesondere aus dem Sinnzusammenhang der Normen ergibt.145 Dabei ist jedoch mit Blick auf die Gewaltenteilung bei der Bestimmung des objektivierten Gesetzgeberwillens Zurückhaltung geboten, sofern sich ein dem objektivierten Gesetzgeberwillen entgegenstehender Wille des historischen Gesetzgebers ergibt.146 Jedenfalls wenn die Ermittlung des Willens des historischen Gesetzgebers unergiebig ist, bleibt allerdings lediglich der Rückgriff auf die objektive Auslegung.147 1. Sachgerechter Ausgleich Nach M. Bydlinski müsse die Schaffung eines sachgerechten Ausgleichs zwischen den Interessen der am Prozess beteiligten Parteien das zentrale Anliegen der Regelungen des Kostenersatzes sein.148 Es sei insbesondere zu vermeiden, dass derjenige, der als Sieger aus dem Prozess hervorgehe und nur durch das (objektiv betrachtet) rechtswidrige Verhalten seines Gegners zur Prozessführung gezwungen war, dennoch die Last der eigenen Prozesskosten tragen müsse. Freilich liegt der Regelungszweck von Gesetzen ganz allgemein darin, einander widerstreitende Interessen auf bestimmte Weise zum Ausgleich zu bringen.149 Allerdings wird auch für das (außervertragliche) Schadensersatzrecht der Zweck der Gewährung eines sachgerechten Ausgleichs hervorgehoben.150 Hieran wird teilweise Kritik dahingehend geübt, dass sich aus einer Ausgleichsfunktion für die normative Orientierung des Haftungsrechts, also für die Frage, unter welchen Voraussetzungen denn nun die Kompensation eines Schadens geboten sei, überhaupt nichts ableiten lasse.151 In der Tat ist es nicht Funktion des Haftungsrechts, sämt liche entstandenen Schäden auszugleichen; dies ist aber auch für die, die dem Haftungsrecht eine Ausgleichsfunktion beimessen wollen, selbstverständlich.152 Bei denjenigen, die von der Ausgleichsfunktion sprechen, steht die Gerechtigkeit im Vordergrund, nicht der Ausgleich an sich.153 145
BVerfGE 1, 299, Leitsatz 2: sog. objektive Auslegung; vgl. zur Kontroverse um die subjektive oder objektive Auslegung: Muthorst, § 7 Rdnr. 4 ff. 146 Röhl/Röhl, S. 631 f. (auch zum Folgenden). 147 Vgl. Muthorst, § 7 Rdnr. 5. 148 Bydlinski, Kostenersatz, S. 40 (auch zum Folgenden). 149 Muthorst, § 7 Rdnr. 16. 150 Deutsch, Rdnr. 17. 151 Kötz, FS Steindorff, 643 ff.; Kötz/Wagner, Rdnr. 57; MünchKomm.BGB-Wagner, Vor § 823 Rdnr. 43. 152 Deutsch, Rdnr. 1; Jansen, S. 36 f. 153 Jansen, S. 37.
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Entsprechend steht bei M. Bydlinski im Vordergrund, dass der im Prozess Unterliegende objektiv rechtswidrig den Gegner zur Prozessführung gezwungen habe und der Gegner hierfür keine Kosten tragen solle. Er beruft sich zum Nachweis auf die Gesetzesbegründung zu §§ 85 ff. CPO (CPO-Entwurf, entspricht im Wesentlichen §§ 91 ff. ZPO). Nach der Gesetzesbegründung gehe der Entwurf übereinstimmend mit den Prozessgesetzen von Hannover, Baden, Württemberg, Bayern, dem hannoverschen Entwurf, dem sächsischen Entwurf und dem norddeutschen Entwurf sowie Art. 130 code de procé dure von 1806154 von dem Grundsatz aus, dass das Unterliegen in der Hauptsache als Rechtsfolge die Verantwortlichkeit für die Prozesskosten nach sich ziehe.155 Das Prinzip der Strafe als Rechtsgrund sei allgemein aufgegeben; die Begründung aus der allgemeinen Pflicht zum Ersatze widerrechtlich verursachten Schadens spreche unter den neuen Prozessgesetzen nur Baden § 169 aus. Vermieden sei die ungerechte Schonung des Unterliegenden auf Kosten des Siegers, zu der der preußische Prozess vielfach durch unzutreffende Anwendung der Bestimmungen über die Verschuldung gelangt sei. Die in den einzelnen Rechten an erkannten Fälle der Kostenkompensation wie z. B. code de procédure Art. 132, preußische AGO I. 23 §§ 3, 6; Baden § 172; Hannover § 47 Nr. 1b widersprächen dem erörterten Prinzipe und seien zum großen Teil willkürlich und ungerecht. Dieser Gesetzesbegründung lässt sich allerdings lediglich entnehmen, dass der Unterliegende grundsätzlich die Kosten tragen soll und daher vom Verschuldenserfordernis abgesehen wurde; nicht entnehmen lässt sich der Begründung dagegen, warum der Unterliegende die Kosten grundsätzlich tragen soll. Nicht überzeugend erscheint die Annahme M. Bydlinskis, der Unterliegende hafte für ein (objektiv) rechtswidriges Verhalten. In der von ihm zitierten Stelle der Gesetzesmaterialien wird das Verschulden als Voraussetzung der Haftung abgelehnt. Bergmann geht überdies davon aus, dass der Gesetzgeber sich von den tradierten Rechtswidrigkeitslehren abwenden und den Grundsatz der Haftung für erlaubtes Handeln anerkennen wollte.156 Ob der historische Gesetzgeber dies tatsächlich intendierte, mag dahinstehen. Jedenfalls ergibt sich aus den Materialien nicht, dass der Gesetzgeber das Verhalten des Unterliegenden für rechtswidrig erachtete. Die These von der Kostenhaftung aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens des Unterliegenden ist insbesondere mit Blick auf die Erlaubtheit der Prozessführung abzulehnen. Der im Prozess Unterliegende ist gerade nicht zur Unterlassung der Prozessführung verpflichtet und es entspricht nicht dem allgemeinen 154 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 9. Hahn, S. 197 (auch zum Folgenden). 156 So aber Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 838. 155
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Sprachgebrauch, ein Verhalten als rechtswidrig zu bezeichnen, das keiner primären Handlungspflicht widerspricht. Auch der Intention einer Ansicht, die die Haftung mit der Rechtswidrigkeit begründet, wird ein Verständnis, nach dem kein Widerspruch zu einer primären Handlungspflicht vorliegt, nicht gerecht.157 Zudem trägt der Prozess durch die richterliche Entscheidung neuer Rechtsfragen im Rahmen von Sachverhalten, die der Gesetzgeber nicht bedacht hat, zur Weiterentwicklung des objektiven Rechts und zur Sicherung der Rechtseinheit bei.158 Danach ist in den Fällen ungeklärter Rechtsfragen die Prozessführung nicht nur erlaubt, sondern steht im Interesse des Allgemeinwohls. Selbst wenn man aber die Prozessführung des Unterliegenden für rechtswidrig hielte, bestünde die Gefahr eines Zirkelschlusses, wenn die Sachgerechtigkeit der Kostentragung des Unterliegenden mit der im Hinblick auf den Ausgang des Prozesses (objektiven) Rechtswidrigkeit des Prozessierens begründet würde. Denn die Rechtswidrigkeit der Prozessführung bestimmte sich dann ihrerseits nach dem Unterliegen im Rechtsstreit. Jedenfalls kommt der am Prozessausgang ausgerichteten Einordnung der Prozessführung als „(objektiv) rechtswidrig“ kein eigener Erklärungswert für die Haftung des Unterliegenden zu. Die Ausgleichsfunktion des Haftungsrechts wird allerdings nicht nur für die Schadensersatzpflicht des rechtswidrig Handelnden hervorgehoben. Vielmehr wird nach Deutsch die Ausgleichsfunktion bei der Gefährdungshaftung und der Auf opferungsentschädigung besonders deutlich; die Ausgleichsfunktion sei der Genugtuungsfunktion gegenüberzustellen.159 Wie bereits erörtert, lässt sich die prozessuale Kostenhaftung zwar weder den Tatbeständen der Gefährdungshaftung,160 noch denen der Aufopferungshaftung161 zuordnen. Mit dem Prozess entstehen aber unweigerlich Kosten; die Parteien lassen sich im Bewusstsein dieses Umstandes auf den Prozess ein. Die Haftung des Unterliegenden stellt dementsprechend eine Risikohaftung dar.162 Freilich lässt sich nicht nur der Unterliegende im Bewusstsein des Kostenanfalls auf den Prozess ein, sondern auch der Obsiegende. Hintergrund dafür, dass gleichwohl nicht jeder seine eigenen Kosten trägt, ist die Notwendigkeit des Eintritts in den Prozess zur Behauptung der eigenen Rechtsposition. Entsprechend wird teilweise darauf hingewiesen, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Klägers seine innere Recht fertigung im Verbot der Selbsthilfe und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Beklagten in der voraussetzungslosen Klagemöglichkeit 157
Vgl. allgemein zur Sanktionsthese Jansen, S. 51. MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 10 (auch zum Folgenden). 159 Deutsch, Rdnr. 17; vgl. auch v. Caemmerer, Gefährdungshaftung, S. 15. 160 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 2. 161 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 3. 162 S. o.: Teil 1 § 5 V. 158
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und dem daraus folgenden Zwang, sich zu verteidigen, selbst wenn die Klage aussichtslos sei, finde.163 Gegen das Selbsthilfeverbot als Hintergrund der prozessualen Kostenhaftung wird vorgebracht, dass sich hiermit nicht nur der Grundsatz der Haftung des unterliegenden Beklagten erklären lasse; ebenso könne man dieses für eine Haftung des Klägers, der sich mit seinem Standpunkt im Recht befindet oder auch für die Kostentragung der gesamten Gesellschaft heranziehen: So bestehe insbesondere ein Vorteil des obsiegenden Klägers, weil er bei der Rechtsrealisierung mit keinen ihn gefährdenden Widerstandshandlungen des Beklagten rechnen müsse.164 Entsprechend ließe sich auch die Zahlungspflicht des obsiegenden Klägers für den Prozess begründen, wenn man betonte, dass dieser eine „Hilfseinrichtung“ für den Kläger darstelle. Auch die Gesellschaft profitiere vom Selbsthilfeverbot, weil zum einen der Rechtsfrieden gesichert werde und zum anderen durch Bekanntwerden und Veröffentlichung über eine Vielzahl anderer Streitigkeiten als „Bestätigungs- und Musterverfahren“ befunden werde.165 Mit dem Selbsthilfeverbot lasse sich daher ebenfalls die staatliche Kostenübernahme begründen. Zu beachten ist allerdings, dass mit dem Hinweis auf das Selbsthilfeverbot nicht begründet werden soll, wer der Anspruchsgegner des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist – dies ist eine der Parteien, die es im Bewusstsein des Anfalls von Kosten zu einem Prozess hat kommen lassen und daher für dieses Risiko einstehen muss. Mit der Schaffung eines Ausgleichs für das Verbot der Selbsthilfe soll vielmehr erklärt werden, wer Anspruchsinhaber ist – dies soll der sich nach Maßgabe des Ausgangs des Rechtsstreits im Recht befindende Kläger sein, der als Folge des Verbots der Selbsthilfe seine Interessen im Prozesswege durchsetzen und hierfür Kosten aufwenden musste. Für die Kritik an der Begründung des Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Klägers mit dem Selbsthilfeverbot ergibt sich daher Folgendes: Die Möglichkeit der Begründung der Kostenübernahme durch die Gesellschaft betrifft gerade nicht die Frage nach dem Begünstigten, sondern nach dem zu Belastenden. Ein Nutzen der Gesellschaft spricht also nicht dagegen, dass Hintergrund des Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Klägers das Selbsthilfeverbot ist. Ferner kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich mit dem Verbot der Selbsthilfe ebenso ein Kostenerstattungsanspruch des unterliegenden Beklagten gegen den obsiegenden Kläger begründen lässt: Indem auf das Verbot 163
Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 314 f.; Bydlinski, Kostenersatz, S. 163; Stein/ Jonas22-Bork, vor § 91 Rdnr. 6; ähnlich Muthorst, in: Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 233, 239; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 25 f., 132; krit. Siebert, S. 138 ff., 161. 164 Siebert, S. 153 (auch zum Folgenden). 165 Siebert, S. 154 (auch zum Folgenden).
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
der Selbsthilfe als Grund für den Kostenerstattungsanspruch hingewiesen wird, wird vorausgesetzt, dass das Verbot der Selbsthilfe einen Ausgleich erforderlich macht, weil ohne das Verbot – und die Gewährleistung eines damit einhergehenden staatlichen Rechtsschutzes – ein Recht zur Selbsthilfe bestünde. Dies bedeutet aber, dass eine Rechtsposition bestehen muss, deretwegen dem Berechtigten ein Recht zur Selbsthilfe zustehen kann.166 Daher lässt sich mit dem Verbot der Selbsthilfe zwar die Begünstigung des im Rechtsstreit obsiegenden Klägers begründen – dieser ist nach Maßgabe des Ausgangs des Prozesses gerade im Recht und musste auf sein Recht zur Selbsthilfe verzichten. Hingegen lässt sich eine Kostenentscheidung zugunsten des unterliegenden Beklagten mit dem Verbot der Selbsthilfe nicht begründen. Dieser befindet sich nach Maßgabe des Ausgangs des Prozesses nicht im Recht und hat somit auch nicht auf ein Recht zur Selbsthilfe verzichten müssen. Gegen die voraussetzungslose Klagemöglichkeit des Klägers als Hintergrund des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Beklagten gegen den Kläger wird angeführt, dass diesem Aspekt neben der Präventivfunktion167 des Kostenerstattungsprinzips keine eigenständige Bedeutung zukomme.168 Auch dieser Kritik gegen die voraussetzungslose Klagemöglichkeit als Hintergrund des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Beklagten gegen den Kläger kann nicht zugestimmt werden. Es geht gerade nicht darum, zu begründen, dass der unterliegende Kläger die Kosten zu tragen hat, sondern vielmehr um die Begründung der Begünstigung des obsiegenden Beklagten. Der Beklagte muss sich auch einem aussichtslosen Prozess zur Vermeidung der Säumnisfolgen gem. §§ 331 ff. ZPO aktiv stellen169; bliebe er untätig, wäre dies für ihn also nachteilig. Der Prozess und die mit ihm einhergehenden Kosten können ihm also „aufgezwungen“ werden, während sein Untätigbleiben ihm im außerprozessualen Bereich grundsätzlich nicht zum Nachteil gereicht.170 Die Annahme, der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Beklagten solle einen Ausgleich gewähren für den mit der voraussetzungslosen Klagemöglichkeit des Klägers einhergehenden Zwang des Beklagten, sich dem Prozess aktiv zu stellen, erscheint daher konsequent. 166 Vgl. Schünemann, S. 67 f., 140: zur Voraussetzung einer selbsthilfefähigen Rechtsposi tion bei § 229 BGB. 167 Hierzu s. u.: Teil 1 § 6 II. 2. 168 Siebert, S. 161. 169 Becker-Eberhard, S. 25 ff. (auch zum Folgenden). 170 Es sei denn ihn treffen beispielsweise Informationspflichten. In diesem Fall kann der andere einen (materiell-rechtlichen) Kostenerstattungsanspruch (z. B. gem. § 280 Abs. 1 BGB) hinsichtlich seiner Rechtsverfolgungskosten haben, sofern der Inanspruchgenommene seiner Informationspflicht nicht nachkommt.
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Mit der Schaffung eines Ausgleichs für das Selbsthilfeverbot des im Prozess obsiegenden Klägers und für den Zwang des obsiegenden Beklagten, sich dem Prozess aktiv zu stellen, lassen sich weiterhin auch die Ausnahmen (z. B. §§ 93– 97, 238 Abs. 4 Hs. 1 ZPO) von dem Anspruch des Obsiegenden gegen den Unterliegenden erklären. Mit den prozessualen Kostenvorschriften soll ein Ausgleich geschaffen werden für gemessen an der Rechtsschutzgarantie notwendige Kosten. Danach wäre etwa im Anwendungsbereich des § 93 ZPO ein Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Klägers gerade nicht gerechtfertigt. Hat der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben und sofort anerkannt (§ 93 ZPO), so stellt sich der Rechtsstreit sowohl ex ante (es gab keinen Anlass zur Klage) als auch ex post (der Beklagte hat sofort anerkannt) als unnötig vom Kläger eingeleitet dar.171 Dagegen rechtfertigt sich der Kostenerstattungsanspruch zugunsten des Beklagten in diesem Fall wiederum im Hinblick auf die voraussetzungslose Klagemöglichkeit des Klägers und den damit einhergehenden Zwang des Beklagten, sich dem Prozess aktiv zu stellen. Im Falle der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat gem. § 238 Abs. 4 Hs. 1 ZPO grundsätzlich der (im Ergebnis obsiegende172) Antragsteller die Kosten zu tragen. Hintergrund ist, dass die Kosten der Säumnis nicht notwendig für den staatlichen Rechtsschutz sind, sondern um den säumnisbedingten Rechtsschutzverlust zu verhindern.173 Ferner ist hervorzuheben, dass mit den Kostenregelungen nicht nur die Interessen der am Prozess Beteiligten zu einem Ausgleich gebracht werden. Wie im Schadensersatzrecht gibt es eine weitere Perspektive, nämlich die Frage, wer im Rahmen der Gesellschaft den Nachteil tragen soll.174 Diese Frage ist freilich im Rahmen der prozessualen Kostenhaftung anders akzentuiert, als im geltenden Schadensersatzrecht. Denn der Unterliegende erhält mit der Prozessführung gerade keinen Sondervorteil, der den Vorteilen vergleichbar ist, die den Hintergrund der verschiedenen Gefährdungshaftungstatbestände bilden.175 Den Nutzen aus der Beschränkung des Selbsthilferechts des Klägers sowie der mangelnden Abwendungsmöglichkeit des Prozesses durch den Beklagten zieht nicht vorrangig der unterliegende Beklagte bzw. Kläger, sondern daneben ebenso die Allgemeinheit. Entsprechend lässt sich die (endgültige) Kostentragung des Unterliegenden auch nicht ohne Weiteres mit dem Aufopferungsgedanken erklären, denn Hinter-
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Muthorst, in: Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 233, 238. Vgl. Musielak/Voit-Grandel, § 238 Rdnr. 8: Unterliegt der Antragsteller nach gewährter Wiedereinsetzung und hat er daher gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Prozesskosten zu tragen, ist eine gesonderte Entscheidung über die Wiedereinsetzungskosten zulässig, aber entbehrlich. 173 Muthorst, in: Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 233, 240. 174 Vgl. Deutsch, Rdnr. 3; Esser, S. 69 ff.; Wieacker, JZ 1957, 535, 537. 175 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 2. 172
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grund der Aufopferungshaftung ist der Gedanke der Begünstigtenhaftung.176 Der Gesetzgeber hat sich gleichwohl dagegen entschieden, den gerichtlichen Rechtsschutz kostenlos zur Verfügung zu stellen und die gesamten Kosten der Staatskasse anzulasten oder sie einer gesetzlich eingerichteten Pflichtrechtsschutzversicherung aufzubürden177 und demgegenüber für die Kostentragung der miteinander in Interaktion tretenden Prozessbeteiligten. Mit Blick auf die Entscheidung für eine Kostentragung der interagierenden Beteiligten stellt das Kostenrecht eine Verteilungsordnung für die infolge des Prozesses notwendigerweise anfallenden Kosten auf.178 Den Hintergrund der Haftung des Unterliegenden stellen damit die gesetz geberische Entscheidungen einerseits für eine Kostentragung der miteinander in Interaktion tretenden Beteiligten, andererseits für einen Anspruch des Obsiegenden dar. Den Ausnahmen (z. B. §§ 93–97 ZPO) lässt sich entnehmen, in welchen Fällen der Gesetzgeber die Kostentragung des Unterliegenden vollständig oder teilweise für nicht sachgerecht erachtet und das Kostenrisiko anders verteilt hat (s. o.).179 Von dem durch die prozessualen Kostenregelungen geschaffenen Interessenausgleich zu trennen sind die Gebührenregelungen, insbesondere im GKG. Im Hinblick auf die zu den Prozesskosten gehörenden Gerichtskosten ist außerhalb der Vorschriften über die prozessuale Kostenerstattung im GKG (i. V. m. den Anlagen zum GKG) geregelt, wie hoch diese sind. Im Rahmen des GKG (i. V. m. den Anlagen) – nicht im prozessualen Kostenrecht – wird also bestimmt, welche Justizkosten Prozesskosten darstellen und welche nicht und daher durch den 176 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 85 V 1. a), S. 670; entscheidend ist insoweit nicht, wen man im Falle des Auseinanderfallens des Eingreifenden und Begünstigten für den Anspruchsgegner hält, denn diejenigen, die den Eingreifenden für passivlegitimiert halten, gehen davon aus, dass dieser einen Rückgriffsanspruch nach §§ 677, 683 BGB bzw. §§ 812 ff. BGB gegen den Begünstigten hat, s. nur MünchKomm.BGB-Brückner, § 904 Rdnr. 16 ff. m. w. N.; der BGH spricht sich in BGHZ 6, 102, 105 im Grundsatz für eine Haftung des Einwirkenden aus; offen gelassen, ob der „Begünstigte“ oder der „Störer“ Anspruchsgegner im Rahmen der zivilrechtlichen Aufopferungshaftung ist, dagegen bei BGHZ 60, 119, 124; 48, 98, 106 f.; beim öffentlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch und Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff spricht er sich für eine Haftung des Begünstigten aus, BGHZ 117, 240, 259; 13, 395, 398; 13, 81; 11, 248, 251; 7, 296. 177 Vgl. hierzu Grunsky, Verh. 51. DJT, Bd. 1 Teil A, S. 11 f., 22 ff. 178 Vgl. Becker-Eberhard, S. 37, 163, 165; Muthorst, in: Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 233, 239. 179 Vgl. Hahn, S. 197, 199; zum österreichischen Kostenrecht: Bydlinski, Kostenersatz, S. 40; vgl. zu § 96 ZPO: Musielak/Voit-Flockenhaus, § 96 Rdnr. 1: § 96 diene der Kostengerechtigkeit; zu § 97 Abs. 2 ZPO als Ausnahme von § 97 Abs. 1 ZPO aufgrund des Gedankens der Kostengerechtigkeit: OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 2000, 128; MünchKomm.ZPOSchulz, § 97 Rdnr. 1.
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Staat in der Form von Haushaltszuschüssen übernommen werden bzw. inwieweit Parteien dadurch, dass sie bei hohen Streitwerten weit mehr Gerichtskosten zahlen, als der einzelne Prozess den Staat tatsächlich kostet, durch eine „Sonder abgabe“ belastet werden.180 2. Prävention – Gerichtsentlastung und Schutz der Beteiligten Ferner wird daraus, dass eine Kostenverteilung gewählt wurde, die nicht lediglich eine pauschale Kostenteilung oder gegenseitige Aufhebung der Kosten vorsieht, sondern zum einen grundsätzlich dem Erfolglosen die Kosten auferlegt (vgl. §§ 91, 92, 97 ZPO), hiervon aber eine Ausnahme bei unerwünschter Prozessführung des Klägers macht (vgl. § 93 ZPO) und zum anderen infolge bestimmter unerwünschter Prozesshandlungen für diese eine Kostenteilung hinsichtlich der Mehrkosten bestimmt (§§ 94–96 ZPO), der Zweck der regulierenden und disziplinierenden Einflussnahme auf das Prozessverhalten der Beteiligten abgeleitet.181 Dies entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers. Zwar äußert sich die Begründung zu den Kostentatbeständen hierzu nicht; es lässt sich jedoch der Begründung des Armenrechts entnehmen. So wird in den Materialien darauf hingewiesen, die §§ 105, 106, 108 CPO-Entwurf böten Schutz gegen eine missbräuchliche Anwendung des Armenrechts.182 Nach § 105 CPO-Entwurf (vgl. § 123 ZPO183) hat die Bewilligung des Armenrechts auf die Verpflichtung zur Erstattung der dem Gegner erwachsenden Kosten gerade keinen Einfluss. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Gegners soll also zur Vermeidung der missbräuchlichen Prozessführung nicht von der Staatskasse beglichen werden, sondern von der mittellosen Partei. Dabei wird die Diskussion in der Literatur um die regulierende und diszi plinierende Einflussnahme auf das Prozessverhalten der Beteiligten unter dem Blickwinkel der Vermeidung einer übermäßigen Inanspruchnahme der Gerichte geführt.184 Hierbei geht es nicht um die Abschreckung vor jedweder Prozessfüh180 Baumgärtel, S. 122 ff., zur Rechtfertigung dieser „Sonderabgabe“ S. 124: die „Sonderabgabe“ diene der Erhaltung des Rechtspflegeapparats; hohe Streitwerte kämen vorwiegend in Prozessen der Wirtschaftsunternehmen vor, die erfahrungsgemäß die Rechtspflege mehr als der „Einmalprozessierer“ in Anspruch nähmen. 181 Bauer, VersR 1973, 110, 112; Baumgärtel, S. 124; ders., JZ 1975, 425, 426; Becker- Eberhard, S. 164; Demuth, DRiZ 1972, 27 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 2; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63; Stein/Jonas- Muthorst, vor § 91 Rdnr. 4; vgl. zum österreichischen Recht: Bydlinski, Kostenersatz, S. 42 f.; vgl. ferner zu dieser Funktion von Kostenvorschriften allgemein: BVerfGE 10, 264, 268; krit. zu diesem Zweck Bokelmann, ZRP 1973, 164. 182 Hahn, S. 208. 183 Vgl. zu verfassungsrechtlichen Bedenken an § 123 ZPO: Stein/Jonas-Bork, § 123 Rdnr. 1. 184 Nachweise s. o.: Teil 1 Fn. 181; hierzu noch unten: Teil 1 § 6 II. 4.
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rung – dies würde dem Ziel der Rechtsverfolgung185 widersprechen und stünde nicht im Einklang mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Justizgewährungsanspruch186. Vielmehr geht es darum, einerseits keine Anreize zur gerichtlichen Geltendmachung überzogener Ansprüche zu setzen und andererseits zu verhindern, dass bestehenden Verpflichtungen erst nach einer Verurteilung entsprochen wird.187 Das Ziel der Verhinderung unnötiger Prozesse kann auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot188 zurückgeführt werden, nach dem angesichts der beschränkten sachlichen und personellen Mittel der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen und möglichst minimiert werden sollte189. Daneben kommt auch der Schutz der Beteiligten eines Rechtsstreits vor un nötigen oder unnötig langen Prozessen und damit einhergehendem Zeit- und Kostenaufwand als Ziel der Prävention in Betracht. Dies entspricht den beiden Richtungen des Beschleunigungsgrundsatzes sowie dem umfassenderen Prinzip der Prozessökonomie190, die zwar nicht die Verhinderung unnötiger Prozesse zum Ziel haben191 und daher nicht den Hintergrund von §§ 91, 93 ZPO bilden können; mit der Verhinderung unnötig langer Prozesse aber beispielsweise hinter §§ 95, 96, 97 Abs. 2 ZPO stehen.192 Stand früher beim Beschleunigungsgrundsatz und der Prozessökonomie ganz die Schonung der Ressourcen der Justiz im Mittelpunkt, hat sich der Blickwinkel mit der verfassungsrechtlichen Dimension des Erfordernisses eines Schutzes gegen unnötig lange Prozesse (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG, 6 Abs. 1 EMRK) heute erweitert.193 Dass der Bürger nicht mehr als nötig durch das gerichtliche Verfahren belastet werden darf – und somit kein Anreiz für 185
Hierzu sogleich: Teil 1 § 6 II. 3. hierzu BVerfGE 107, 395, 406 f.; Hirtz, NJW 2012, 1686 ff.; Schöpflin, JR 2003, 485, 487. 187 Hau, JZ 2011, 1047; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198. 188 Schöpflin, JR 2003, 485, 486 Fn. 18; vgl. ferner Hofmann, ZZP 126 (2013), 83, 98 und 91 Fn. 67: es kommt nicht darauf an, inwieweit die Wirtschaftlichkeit als allgemeines Rechts prinzip ausgewiesen werden kann; ökonomische Überlegungen dürfen jedenfalls im Rahmen einer sach- und interessengerechten Auslegung berücksichtigt werden. 189 Vgl. Hagen, S. 88; Schöpflin, JR 2003, 485, 486. 190 Vgl. Schöpflin, JR 2003, 485, 486; a. A.: Hofmann, ZZP 126 (2013), 83, 96 f.: Beschleunigungsgrundsatz sei im Verhältnis zur Prozessökonomie ein aliud. 191 Vgl. Schöpflin, JR 2003, 485, 490. 192 Zum Zweck der Prozessbeschleunigung von § 95 ZPO: BVerfG AGS 2011, 203, 204; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 95 Rdnr. 1; Stein/Jonas-Muthorst, § 95 Rdnr. 1; Zöller-Herget, § 95 Rdnr. 1; für § 96 ZPO: MünchKomm.ZPO-Schulz, § 96 Rdnr. 1; für § 97 Abs. 2 ZPO: BGH NJW-RR 2005, 866, 867; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 97 Rdnr. 1; Musielak/Voit- Flockenhaus, § 97 Rdnr. 1. 193 MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 358; vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 81 Rdnr. 1. 186 Vgl.
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unnötige Prozesse geschaffen werden sollte – ist verfassungsrechtlich verankert: Auf Seiten des Gläubigers gebieten insbesondere die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie und das Eigentumsrecht gem. Art. 14 GG den Schutz vor einer unnötigen Verzögerung, da das geschützte Recht sonst entwertet würde; zu Unrecht Inanspruchgenommene werden durch eine Förderung unnötiger Prozesse in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen,194 weil sie sich als Beklagte vor Gericht verteidigen müssen, um die Säumnisfolgen gem. §§ 331 ff. ZPO zu verhindern. Ferner spricht für den Zweck der Prävention zugunsten der Beteiligten auch allein die Tatsache, dass mit dem Eintritt in den Prozess unumgänglich Prozesskosten anfallen. Entsprechend ist für das Schadensrecht neben der Ausgleichsfunktion der Zweck der Prävention, die der Verhinderung von Verletzungen und jedenfalls der Minimierung des Schadens dient, anerkannt.195 3. Rechtsverfolgung und Rechtsfortbildung Für das materielle Haftungsrecht wird weiterhin auf den Zweck der Rechtsverfolgung rekurriert. Das primäre Interesse setze sich im Schadensersatzanspruch fort; in Anwendung des Surrogationsprinzips trete der Anspruch an die Stelle des Guts.196 Zu beachten ist allerdings, dass beim prozessualen Kostenerstattungs anspruch – anders als beispielsweise beim Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB – nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, an die Stelle welchen „Guts“ er tritt. Der Rechtsverfolgung in diesem Sinne mag der prozessuale Kostenerstattungsanspruch dienen, sofern er (teilweise) mit der Haftungsanordnung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs übereinstimmt – so kann insbesondere aus einem Schadensersatzanspruch eine sich (teilweise) mit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch überschneidende Haftungsanordnung folgen.197 Soweit Schadensersatzanspruch und prozessualer Kostenerstattungsanspruch sich in der Haftungsanordnung überschneiden, kommt dementsprechend die Teilhabe am Zweck des Schadensersatzanspruchs, an die Stelle eines anderen Guts zu treten, in Betracht. Tritt der prozessuale Kostenerstattungsanspruch hingegen nicht neben einen Schadensersatzanspruch, ist höchst fraglich, ob dieser die Fortsetzung eines primären Interesses darstellt und durch ihn dieses primäre Interesse verfolgt wird. Wie bereits erörtert, erscheint die Ableitung eines Rechts auf prozessuale Beachtung des Rechtskreises aus § 91 ZPO jedenfalls nicht überzeugend.198 194 Vgl.
Schöpflin, JR 2003, 485, 487. Deutsch, Rdnr. 18. 196 Bydlinski, Schadensverursachung, S. 29 f.; Deutsch, Rdnr. 19; Neuner, AcP 133 (1931), 277, 291. 197 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). 198 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 3. 195
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Der Rechtsverfolgung dient das Kostenrecht aber in einem anderen Sinne: Dadurch, dass der im Rechtsstreit Obsiegende die für den Prozess aufgewandten Kosten im Kostenverfahren vom Gegner ersetzt bekommt, wird für denjenigen, der sich im Recht wähnt, ein Anreiz geschaffen, es auf einen Prozess ankommen zu lassen.199 Hiermit wird nicht nur ein Anreiz der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung des subjektiven Rechts durch den Einzelnen gesetzt, sondern daneben die Bewahrung des objektiven Rechts200 und die Durchbildung der Privatrechtsordnung infolge Konkretisierung generell-abstrakter Rechtssätze durch die Gerichte und damit die Rechtsfortbildung gefördert.201 Der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung und der Rechtsfortbildung dient zudem die Beschränkung des Umfangs202 des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs in § 91 ZPO. Denn ist das Kostenrisiko zu hoch, kann dieses mit Blick auf offene Rechtsfragen und die Beweisbarkeit von Tatsachen von einem Prozessieren abhalten.203 Gegen den Zweck der Rechtsverfolgung und Rechtsfortbildung lassen sich auch nicht §§ 93, 278 ZPO, § 15a EGZPO anführen. Der Prozessrechtsgesetzgeber bezweckt mit diesen Vorschriften die Förderung einer vorgerichtlichen, konsensualen Streitbeilegung.204 Eine Förderung der außergerichtlichen Streitbei legung schließt die Ziele der Rechtsverfolgung und der Rechtsfortbildung durch das gerichtliche Verfahren aber nicht aus. Vielmehr sind letzteres Zwecke des Zivilprozesses,205 die durch die Förderung der außerprozessualen Streitbeilegung gerade nicht eliminiert werden dürfen. Entsprechend wurde vor der Ein führung von § 15a EGZPO darauf hingewiesen, dass mit einem obligatorischen Schlichtungsverfahren zwar der außergerichtlichen Streitbeilegung der Vorrang eingeräumt werde, eine faktische Justizverweigerung hiermit aber gerade nicht einhergehe und sich die Justiz im Idealfall auf die Verfahren konzentrieren kön199 Vgl.
Breitkopf, S. 116; Breyer, S. 230; Hau, JZ 2011, 1047. Breitkopf, S. 116. 201 Baumgärtel, S. 123; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 805 ff.; Hau, JZ 2011, 2047; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198 f. 202 Zum Haftungsumfang s. u.: Teil 1 § 9. 203 Hau, JZ 2011, 1047 und 1049 ff., der sich daher de lege ferenda für eine Sperre der Erstattungsfähigkeit von Anwaltshonoraren oberhalb der RVG-Sätze aufgrund materiell-recht licher Kostenerstattungsansprüche ausspricht, was für den prozessualen Kostenerstattungs anspruch schon der lex lata entspreche; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198 ff. der sich zudem für eine Senkung der Kosten für die Prozessparteien durch die Verwendung von Steuermitteln oder anderen öffentlichen Beiträgen ausspricht, um das Ziel der Rechtsbildung und -fortbildung mehr zu fördern. 204 Thole, AcP 209 (2009), 498, 517; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3472; vgl. auch Althammer, FS Stürner, 95, 98. 205 MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 8 ff.; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 5; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 1 Rdnr. 9 ff.; vgl. auch Zöller-Vollkommer, Einl. Rdnr. 39. 200
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ne, bei denen es etwa auf die Rechtsfortbildung ankomme oder aber das Einigungspotential zwischen den Parteien vollständig ausgeschöpft sei.206 4. Gerichtsentlastung, Kostentransparenz und effektiver Rechtsschutz Ferner ist ein zentrales Anliegen des Kostenrechts der vereinfachte Ausgleich der durch den Prozess verursachten Kosten.207 Die Vereinfachung dient einerseits der Gerichtsentlastung.208 Andererseits dient die einfache Ausgestaltung der prozessualen Kostenerstattung dem Interesse der Parteien, die ihnen zur Last fallenden Kosten vor einem Prozess nach Art und Höhe möglichst zuverlässig absehen zu können.209 Dieses Ziel der Kostentransparenz ist über das Gebot der Rechts sicherheit verfassungsrechtlich abgesichert.210 Weiterhin dient die vereinfachte Kostenerstattung einem effektiven Rechtsschutz in angemessener Zeit.211 Das Ziel der einfachen Kostenerstattung äußert sich sowohl auf materiell- rechtlicher Ebene, als auch auf prozessualer Ebene. Materiell-rechtlich – für die Anspruchsentstehung – wird an leicht feststell bare Voraussetzungen angeknüpft.212 Insbesondere das in der Regel für die prozessuale Kostenhaftung entscheidende Unterliegen bzw. das Verhältnis zwischen Unterliegen und Obsiegen (§§ 91, 92, 97 ZPO) richtet sich schlicht nach dem Ergebnis des Prozesses. Und auch bei den übrigen Kostentatbeständen sind die Anspruchsvoraussetzungen so gewählt, dass jedenfalls grundsätzlich keine umfänglichen Nachforschungen zur Ermittlung der relevanten Tatsachen erforderlich sind und keine rechtlich schwierigen Fragen beantwortet werden müssen, um die Kostenpflicht der Beteiligten dem Grunde nach zu bestimmen. Für die Feststellung des Umfangs des Kostenerstattungsanspruchs ist zu prüfen, ob es sich um notwendige Prozesskosten handelt. Dabei ist dem Gesetz teilweise eindeutig zu entnehmen, wann es sich um notwendige Kosten des Rechtsstreits handelt. So bestimmt § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO, dass die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch 206
Leeb, BB Beil. 1998, Nr. 10, 3, 6. Becker-Eberhard, S. 161 ff., 165; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6; für das österreichische Kostenrecht: Bydlinski, Kostenersatz, S. 69 ff. 208 Vgl. zum österreichischen Recht: Bydlinski, Kostenersatz, S. 41; vgl. allgemein zum Grundsatz der Prozessökonomie: Schöpflin, JR 2003, 485, 487. 209 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 2 (auch zum Folgenden). 210 Vgl. EuGH NJW 2004, 833, 834; BGH NJW 2005, 1373, 1375; VG Köln NJW 2005, 3513. 211 Vgl. zum verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Rechtsschutz: Schöpflin, JR 2003, 485, 487. 212 Becker-Eberhard, S. 161 (auch zum Folgenden). 207
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die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis umfasst und dass die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Weiterhin sind nach § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Die Kostentransparenz wird durch die Anbindung der Erstattungspflicht an gesetzliche Pauschalgebühren nach dem GKG, RVG und JVEG gefördert.213 Allerdings wird nicht abschließend bestimmt, welche Kosten im Einzelnen als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen sind. Dennoch liegt auch der Bestimmung des Umfangs der Gedanke der Vereinfachung zu Grunde: Entsprechend dem Willen des (historischen) Gesetzgebers214 wird die Notwendigkeit der Kosten nach einem objektiven Maßstab, also nicht aus subjektiver Sicht des die Kosten Tätigenden, bestimmt.215 Zu der Frage, wann von notwendigen Kosten des Rechtsstreits auszugehen ist, hat sich in Rechtsprechung und Literatur eine umfangreiche Kasuistik entwickelt.216 Insbesondere daraus, dass für die Entscheidung darüber, ob es sich um notwendige Kosten des Rechtsstreits handelt, gem. § 21 Nr. 1 RPflG funktionell der Rechtspfleger zuständig ist, lässt sich schließen, dass bei der Frage nach dem Umfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs keine umfangreichen und schwierigen Nachforschungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erforderlich sein sollen. In prozessualer Hinsicht – auf der Ebene der Anspruchsdurchsetzung – stellt das Kostenverfahren nach §§ 308 Abs. 2, 103 ff. ZPO, welches das für die Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs allein zur Verfügung stehende Verfahren darstellt,217 ein gegenüber dem ordentlichen Klageverfahren stark vereinfachtes Verfahren dar.218
213
BVerfGE 118, 1, 18 f. Hahn, S. 197: die Erstattungspflicht werde durch § 85 CPO-Entwurf (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO) objektiv beschränkt auf die gegnerischen Kosten, soweit sie nach dem freien Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. 215 S. u.: Teil 1 § 9 III. 1. 216 Vgl. hierzu MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 92 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 20 ff. und 47 ff. 217 BVerfG NJW 1977, 145; BGHZ 28, 302, 308 f.; BGH NJW 1983, 284; RGZ 130, 217, 218; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 60; ausführlich hierzu: Becker-Eberhard, S. 309 ff. 218 Becker-Eberhard, S. 161 f. 214 Vgl.
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5. Verhinderung von Folgeprozessen und Rechtsfrieden Eine Gerichtsentlastung lässt sich lediglich erreichen, sofern Folgeprozesse verhindert werden.219 Mit der Verhinderung von Folgeprozessen geht das Prozessziel der möglichst nachvollziehbaren und zügigen Schaffung von Rechtsfrieden220 einher. Die Verhinderung von Folgeprozessen setzt insbesondere voraus, dass die Haftungsanordnung der prozessualen Kostenvorschriften in den Fällen, in denen ansonsten die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungs anspruchs im Rahmen einer ordentlichen Klage im Raum stünde,221 möglichst nah an die Haftungsanordnung, die sich aus etwaigen materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen ergeben kann, herankommt.222
III. Prinzipien Die der prozessualen Kostenerstattung immanenten Rechtsprinzipien lassen sich induktiv aus dem Kostenrecht herleiten, sind partiell verfassungsrechtlich vor gegeben und weisen in ihrem Kern teilweise eine überstaatliche, menschenrechtliche Dimension auf.223 Die für die prozessuale Kostenerstattung maßgeblichen Prinzipien erschließen sich insbesondere mit Blick auf die Gesetzeszwecke und ergeben sich entsprechend wiederum unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Kostenerstattungsrecht einerseits eine Haftung zwischen zwei (Privat)Rechtssubjekten begründet und die prozessuale Kostenhaftung andererseits im unmittelbaren Zusammenhang mit der prozessualen Rechtsdurchsetzung steht. Die folgende Zusammenstellung erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt einen Versuch dar, wichtige Prinzipien der prozessualen Kostenerstattung herauszuarbeiten. 219 Vgl.
Hofmann, ZZP 126 (2013), 83, 92 ff. zum Ziel des Rechtsfriedens Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 33 ff.; dieses Ziel steht neben weiteren Zielen, vgl. MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 9; Zöller-Vollkommer, Einl. Rdnr. 39; anders: Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 5; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 1 Rdnr. 17; Stürner, FS Baumgärtel, 545 f.: Die Herstellung von Rechtsfrieden sei Folge, nicht primärer Zweck richterlicher Tätigkeit. 221 Eine prozessuale Kostenerstattung schließt die Geltendmachung von materiell-recht lichen Kostenerstattungsansprüchen im ordentlichen Klageverfahren nicht per se aus; hierzu noch unten: Teil 2 § 12 I. 2. c), § 14 I. 2. b), bb); Teil 4 § 23 VII. 1., 2. 222 Vgl. Hau, JZ 2011, 1047: Das traditionelle deutsche System sei infolge der Gebühren fixierung wenig streitanfällig, während beispielsweise in England beklagt werde, dass dort dem Hauptsacheprozess allzu oft ein weiterer Rechtsstreit über die zu erstattenden Kosten nach folge. 223 Vgl. zu den privatrechtlichen Prinzipien des BGB: Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 1. 220 Vgl.
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Wie bereits erwähnt, werden hier unter Prinzipien Optimierungsgebote verstanden.224 Im Verhältnis der Prinzipien zu den Regeln der prozessualen Kostenvorschriften haben die Regeln Vorrang.225 Entsprechend ist im Falle der Kolli sion verschiedener Prinzipien226 entscheidend, welche gesetzgeberischen Interes senbewertungen und damit einhergehenden wertenden Entscheidungen zwischen mehreren konfligierenden Rechtsprinzipien hinter den Regeln im Rahmen des Regelungssystems stehen. Verbleiben in diesem vom Gesetzgeber abgesteckten Rahmen Spielräume, so hat jedes Prinzip so weit hinter das andere zurückzutreten, dass beide optimal zum Zuge kommen.227 1. „Veranlassungsprinzip“ bzw. „Veranlasserprinzip“ Die heute h. M. beruft sich auf das Veranlassungsprinzip bzw. Veranlasserprinzip als das der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegende Prinzip.228 Das Veranlassungsprinzip hat sich aus einer Diskussion um die haftungsrechtliche Einordnung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs entwickelt.229 Zunächst ging es dabei vornehmlich um die Frage nach dem Grund für die Anknüpfung der Haftung an das Unterliegen der Partei (§ 91 ZPO). Später wurde es auf das gesamte Kostenrecht ausgeweitet. Dabei wird jedoch zurecht bisweilen darauf hingewiesen, dass das Veranlassungsprinzip wenig konturiert ist230 und zudem die Erörterungen dazu, was unter dem Veranlassungsprinzip zu verstehen ist, divergieren.231 Die Darstellung unterschiedlicher Ansätze zum Veranlassungsprinzip im Folgenden [a)–e)]232 wird zeigen, dass mit dem Veranlassungsprinzip – entgegen dem ersten Anschein – gerade kein weitgehend konsentiertes, einheitlich ver224
S. o.: Teil 1 § 6. Wolf/Neuner, § 4 Rdnr. 51. 226 Hierzu Alexy, S. 78 ff. 227 Muthorst, § 5 Rdnr. 36. 228 BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; 118, 312, 325; 60, 337, 343; BGH NJW 2017, 2683 Rdnr. 10; OLG Köln MDR 1971, 585, 586; OLG München MDR 1955, 176, 177; Becker-Eberhard, S. 23 ff.; Brammsen/Leible, JuS 1997, 54, 58; Bydlinski, Kostenersatz, S. 59; Deubner, JuS 2004, 1063; ders., JuS 1998, 539, 542; Fleddermann, S. 100 ff.; Hommelsheim, S. 65 f.; MünchKomm.ZPO-Deppenkemper, § 506 Rdnr. 1, 19; MünchKomm.ZPO-Lindacher, §§ 51, 52 Rdnr. 34; Renner, MDR 1974, 353, 356; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 55 f.; Schreiber, Jura 1990, 162, 163 f.; Zöller-Althammer, § 88 Rdnr. 11; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 2; vgl. auch Sonnen, S. 43; aus dem älteren Schrifttum: Ulbricht, AcP 78 (1892), 48, 69 f. 229 Breitkopf, S. 142 f. (auch zum Folgenden). 230 Vgl. Breitkopf, S. 144 ff.; Breyer, S. 105 f.; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 360. 231 Vgl. Breitkopf, S. 144 ff. 232 Vgl. zu den unter a)–c) genannten Ansätzen bereits Breitkopf, S. 144 f. 225 Vgl.
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standenes Prinzip für die prozessuale Kostenhaftung besteht. Nicht klar ist unter anderem, ob Veranlassung rein objektiv als ein tatsächlicher Vorgang zu verstehen ist233 oder aber auch (ausnahmsweise) auf ein Verschulden bzw. subjektives Element abgestellt werden kann.234 Soweit den Vertretern des Veranlassungsprinzips allerdings vorgehalten wird, sie stünden für eine reine Kausalhaftung ein, ist dem zu widersprechen.235 Denn allen Ansätzen zum Veranlassungsprinzip ist gemein, dass der Prozessbeteiligte haften soll, dem die Entstehung der Kosten zurechenbar ist.236 Es wird also unter dem Begriff der Veranlassung erörtert, wessen Verhalten die Aufwendung der Kosten bei Verursachungsbeiträgen verschiedener Personen zuzurechnen ist. Diese Frage wird im Schadensersatzrecht unter dem Oberbegriff Zurechnung als Frage des Schutzzwecks der Norm oder Abgrenzung der Risikosphären237 oder beim Mitverschulden238 behandelt. Freilich wird dies im Bereich der prozessualen Kostenerstattung dahingehend eingeschränkt, dass eine Kostenbelastung eines nicht am Prozess beteiligten Dritten ausscheide.239 a) BGH Nach Auffassung des BGH folgt die Verteilung der Kostenlast für streitige Verfahren je nach dem Verfahrensausgang aus dem Veranlassungsprinzip.240 Die §§ 91, 97 ZPO beruhten auf dem Gedanken, dass die unterlegene Partei den Rechtsstreit verursacht habe.241 Dabei sei der Grundsatz, dass bei streitigen Verfahren die Kosten vom Unterlegenen zu tragen sind, aus dem Veranlassungsprinzip abgeleitet; denn wer unterliege, habe die Vermutung gegen sich, zum Streite Anlass gegeben zu haben.242 Es erscheine als ein Gebot der Billigkeit, 233 So
Schneider, MDR 1971, 587. Fleddermann, S. 104: Veranlassung sei objektiv zu verstehen, ergänzend und korrigierend könne jedoch der Verschuldensgedanke herangezogen werden. 235 So Breitkopf, S. 146 ff.; dagegen: Fleddermann, S. 103; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 56; vgl. auch Siebert, S. 77 ff., der unter Berufung auf Canaris, S. 474 das Veranlassungsprinzip zwar als rein an der Kausalität ausgerichtetes Prinzip versteht und daher als Zurechnungsprinzip ablehnt; die Vertreter des „Veranlassungsprinzips“ begrifflich allerdings der „Unrechtshaftung“ zuordnet, weil sie auf ein zu Unrecht Streiten abstellen. 236 So auch Bydlinski, Kostenersatz, S. 69. 237 Vgl. Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 35. 238 Vgl. Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 85 ff. 239 OLG München NJW-RR 1998, 788 f.; Stein/Jonas-Jacoby, § 88 Rdnr. 16; Zöller-Althammer, § 88 Rdnr. 11; krit. zur Abgrenzung zwischen Verfahrensbeteiligten und Dritten: Breitkopf, S. 220 ff. 240 BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; 121, 397, 400; 118, 312, 325; 60, 337, 343. 241 BGHZ 121, 397, 400. 242 BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; 60, 337, 343. 234 So
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nicht stets den jeweiligen Antragsteller als Veranlasser anzusehen, sondern vielmehr denjenigen, der durch unberechtigtes Verhalten Anlass zum Einschreiten der Gerichte geboten habe.243 Dass der Grundsatz der Haftung des Unterliegenden Ausfluss des Veranlassungsprinzips sei, zeige besonders die Bestimmung des § 93 ZPO, nach der der siegreiche Kläger die Kosten zu tragen habe, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben und den Anspruch sofort anerkannt habe.244 Da es hier unbillig wäre, den Beklagten mit Kosten zu belasten, sei die Regelung des § 91 ZPO durchbrochen. Im Übrigen entspreche es vor allem der Zweckmäßigkeit, die Berechtigung der vorprozessualen Standpunkte der Parteien im Wesentlichen schematisch am Prozessausgang zu messen.245 Der BGH stützt sich auf das Veranlassungsprinzip insbesondere in den Fällen des Auftretens eines vollmachtlosen Vertreters und leitet aus diesem Prinzip ab, dass die Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen seien, der das Auftreten des Vertreters ohne Vollmacht veranlasst habe.246 Dies könne der vollmachtlose Vertreter selbst, ein anderer Verfahrensbeteiligter, aber auch die Partei selbst sein. Habe der vollmachtlose Vertreter den Mangel der Vollmacht gekannt, seien danach in der Regel ihm die Kosten aufzuerlegen. Sei der Vertreter dagegen gutgläubig im Besitz einer tatsächlich erteilten Vollmacht, so handele er anders als im Fall des § 89 ZPO nicht im Bewusstsein seiner fehlenden Legitima tion, so dass in diesem Fall der Partei, die beispielsweise durch Erteilung einer nichtigen Vollmacht den Anlass zum Auftreten des vollmachtlosen Vertreters gegeben habe, die Kosten aufzuerlegen seien. Nach der Auffassung des BGH bedeutet die Zurechnung gemäß dem Veranlassungsprinzip damit eine Zurechnung aufgrund einer wertenden Betrachtung des zum Rechtsstreit führenden Verhaltens.247 Veranlasser soll derjenige sein, dessen unberechtigtes Verhalten den eigentlichen Grund für den Rechtsstreit bildet. Hierbei soll es grundsätzlich nicht auf subjektive Elemente ankommen; sie können aber die Veranlassung begründen. b) Rosenberg/Schwab/Gottwald Nach Rosenberg/Schwab/Gottwald liege der Grund der Kostenerstattungspflicht in der Veranlassung einer erfolglosen Prozessführung; dies gelte für den unter liegenden Kläger, durch dessen unbegründete Klage die Kosten entstanden seien und nicht minder für den Beklagten, der die Kostenschuld hätte vermeiden kön243
BGHZ 118, 312, 325. BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; 60, 337, 343 (auch zum Folgenden). 245 BGHZ 118, 312, 325. 246 BGHZ 121, 397, 400 (auch zum Folgenden); krit. Breitkopf, S. 162 ff. 247 Breitkopf, S. 160. 244
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nen, wenn er nicht zu der begründeten Klage Anlass gegeben hätte (arg. § 93 ZPO).248 Im Falle der vollmachtlosen Vertretung stellen Rosenberg/Schwab/ Gottwald wie der BGH darauf ab, dass demjenigen die Kosten aufzuerlegen seien, der das Auftreten des vollmachtlosen Vertreters veranlasst habe.249 Dem Verweis auf § 93 ZPO ist zu entnehmen, dass Rosenberg/Schwab/Gottwald den Hintergrund der Haftung des unterliegenden Beklagten ebenfalls in einem vorprozessuales Verhalten sehen, dem der Prozess mitsamt seiner Kosten zurechenbar ist. Dies gilt auch für den Fall des Auftretens eines vollmachtlosen Vertreters. Im Hinblick auf den unterliegenden Kläger wird hingegen allein die Klageeinleitung als Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung angesehen.250 Entsprechend führen Rosenberg/Schwab/Gottwald anders als der BGH nicht aus, dass hinter der Haftung des unterliegenden Klägers die Vermutung stehe, er habe zum Streit Anlass gegeben. Anders als der BGH weisen Rosenberg/Schwab/Gottwald zudem nicht darauf hin, dass der Grundsatz der Haftung des Unterliegenden insbesondere aus Zweckmäßigkeitserwägungen folge. c) Becker-Eberhard Nach dem von Becker-Eberhard251 in Anlehnung an Planck252 und die Rechtsprechung des BGH253 entwickelten Verständnis vom Veranlassungsprinzip sollen alle Kostenvorschriften auf dieses ihnen gemeinsame Prinzip zurückzuführen sein. Seiner Ansicht nach stelle sich der Prozess im Nachhinein aus Sicht des Verlierers als vergeblicher, unnötiger Prozess dar, den dieser bei objektiver Betrachtung hätte vermeiden können und sollen. Der Unterlegene habe die Prozesskosten zu tragen, weil er sie veranlasst habe. Der obsiegende Kläger habe zwar den Prozess durch die Klageerhebung begonnen und damit unmittelbar selbst veranlasst. Grund hierfür sei aber gewesen, dass der Beklagte ihn durch seine Leistungsverweigerung zu einer Leistungsklage bzw. durch das unberechtigte Bestreiten oder Behaupten eines Rechtsverhältnisses zu einer Feststellungsklage genötigt habe. Weiterhin müsse sich der obsiegende Beklagte dem vom Kläger begonnenen Prozess aktiv stellen, um die Säumnisfolgen gem. §§ 331 ff. ZPO zu verhindern. Die prozessuale Kostenhaftung habe ihren Grund mithin in der Veranlassung der eigenen Sache nicht dienlicher und daher unnötiger Kosten. Neben 248
Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 63 i. V. m. Rdnr. 18 ff. Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 56 Rdnr. 8. 250 A.M. Breitkopf, S. 161: jedes kausale Verhalten stelle nach Rosenberg eine Veranlassung dar. 251 Becker-Eberhard, S. 25 ff. (auch zum Folgenden); ihm folgend Fleddermann, S. 84 ff., 87 ff., insb. 100 ff.; Hommelsheim, S. 64 ff.; Schmitz, Kostenentscheidung, S. 54 ff. 252 Planck, S. 379 ff. 253 BGHZ 60, 337, 343. 249
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den Vorschriften, die äußerlich vom Erfolglosigkeitsprinzip getragen würden (§§ 91, 92, 96, 97 Abs. 1 ZPO) könnten mit dem Veranlassungsprinzip auch die anderen Kostenvorschriften erklärt werden, sofern sie nicht auf sozialen Motiven beruhten. So stellten insbesondere §§ 93, 94, 95 ZPO schon ihrem Wortlaut nach auf den Veranlassungsgedanken ab und Hintergrund dieser Haftungstatbestände sei gerade, dass der Prozess bzw. Prozessabschnitte unnötig und vermeidbar gewesen seien. Auch könnte die Kostenpflicht desjenigen, der die Klage oder das Rechtsmittel zurücknehme (§§ 269 Abs. 3 S. 2, 516 Abs. 3 S. 1, 565 S. 1 ZPO) und die Kostenhaftung für die aufgrund einer Verweisung anfallenden Mehr kosten (§ 281 Abs. 3 S. 2 ZPO) mit dem Veranlassungsgedanken erklärt werden. Zurückgenommene Anträge sowie durch eine Verweisung verursachte Mehrkosten erwiesen sich nachträglich als objektiv unnötig. Für Becker-Eberhard wird das Veranlassungsprinzip bei der Begründung des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 93 ZPO im Falle eines Verhaltens seitens des Beklagten, das die Klageerhebung durch den Kläger zur Folge hatte und sofortigen Verzichts seitens des Klägers, relevant.254 Es geht ihm bei der entsprechenden Anwendung von § 93 ZPO um eine „Auflösung“ des Gegeneinanders von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch. Die Fälle, in denen es nach der Darstellung Becker-Eberhards zu einem die analoge Anwendung von § 93 ZPO erfordernden Gegeneinander von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch kommt, gestalten sich dabei so, dass der Beklagte nach dem Wortlaut des § 91 ZPO gegen den unterliegenden Kläger einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch hätte und der Kläger gegen den Beklagten einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidrigen, schuldhaften Verhaltens des Beklagten (etwa nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB; § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO).255 In diesen Fällen sei der Beklagte im Sinne des Veranlassungsprinzips verantwortlich, weil er den Kläger in den Prozess „hineingetrieben“ habe.256 Danach scheint das Verschulden im Rahmen des Veranlassungsprinzips eine Rolle zu spielen. Andererseits soll aber das Veranlassungsprinzip nach Becker-Eberhard allein an das objektive Merkmal der Veranlassung anknüpfen; hinter ihm verberge sich der seiner subjektiven Elemente entkleidete Gedanke des Einstehenmüssens für die Folgen eigenen, einem anderen Nachteile bringenden Tuns.257 Hieraus könnte man wiederum schließen, dass das Veranlassungsprinzip eine Haftung für objektive Sorgfaltswidrigkeit meinen soll. Allerdings setzt auch das Verschulden im Schadensersatzrecht im Grundsatz 254
Becker-Eberhard, S. 291 ff. Becker-Eberhard, S. 292, 296 ff. i. V. m. S. 215 ff. 256 Becker-Eberhard, S. 296. 257 Becker-Eberhard, S. 165. 255
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lediglich eine objektive Sorgfaltswidrigkeit voraus (vgl. § 276 Abs. 2 BGB); das Verschuldenserfordernis soll nach Ansicht Becker-Eberhards mit dem Veranlassungsprinzip aber gerade auf der Strecke geblieben sein.258 Anders als der BGH stellt Becker-Eberhard dem Veranlassungsprinzip zudem nicht den Gedanken der Zweckmäßigkeit bzw. Vereinfachung gegenüber, sondern formuliert, dass das Veranlassungsprinzip so, wie es in den einzelnen Kostenvorschriften seinen Niederschlag gefunden habe, die Erstattungspflicht regelmäßig an offenkundige oder zumindest leicht feststellbare Voraussetzungen knüpfe. Mit der Wahl des Veranlassungsprinzips habe das Gesetz ein Verteilungs kriterium gefunden, das der materiellen Gerechtigkeit lediglich in den Grenzen zwischen dem Bestreben einer vereinfachten prozessualen Kostenerstattung, der Einflussnahme auf das Prozessverhalten der Parteien sowie der Notwendigkeit, einen Maßstab zur umfassenden Aufteilung der Kosten bereitzustellen, Geltung verschaffen könne. Das Veranlassungsprinzip scheint danach die Vereinfachung zu umfassen und nicht etwa aus Zweckmäßigkeitserwägungen Einschränkungen zu erfahren. Das Veranlassungsprinzip im Sinne Becker-Eberhards erreicht dadurch, dass es jeden Tatbestand der prozessualen Kostenerstattung gleichsam erklären soll und darüber hinaus auch in den Fällen passen soll, in denen zwar nach dem Wortlaut der Kostenvorschriften kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch bestünde, aber ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht, ein sehr hohes Abstraktionsniveau.259 Denn es muss den kleinsten gemeinsamen Nenner der Kostenvorschriften sowie materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche darstellen. Ferner stellt sich das Veranlassungsprinzip nach Becker- Eberhard als ein Kompromiss zwischen materieller Gerechtigkeit, Vereinfachung, Einflussnahme auf das Prozessverhalten der Parteien und umfassender Aufteilung der Kosten auf die Beteiligten dar und damit als eine im Kostenrecht vorgenommene spezifische Abwägung von Zwecken und Prinzipien. Hiernach wird das Veranlassungsprinzip in den mit den Kostenvorschriften getroffenen Abwägungsentscheidungen zwischen verschiedenen Grundsätzen und Zielrichtungen erblickt. d) M. Bydlinski M. Bydlinski vertritt für die österreichische ZPO insoweit die Auffassung Becker- Eberhards, als auch er davon ausgeht, dass im Unterliegen einer Partei regelmäßig zum Ausdruck komme, dass sie der eigentliche Veranlasser des Verfahrens 258
Becker-Eberhard, S. 165. auch Breitkopf, S. 162 für das Kriterium der „Erforderlichkeit“ bei Becker-Eber-
259 Vgl.
hard.
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sei, das zur Durchsetzung oder Verteidigung ihrer im Prozess vertretenen Rechtsposition objektiv nichts Förderliches habe beitragen können; der Prozess sich im Nachhinein aus Sicht des Verlierers betrachtet als unnötig erweise; der Unter legene den Prozess bei objektiver Betrachtung habe vermeiden können und sollen und nach alledem maßgeblich sein soll, welche Partei Kosten veranlasst habe, die sich als der eigenen Sache nicht dienlich und deshalb unnötig erwiesen hätten.260 Er fügt jedoch hinzu, dass dem Kostenrecht eine graduell abstufbare Veranlassungshaftung zu Grunde liege: Lägen bezüglich der Kosten (teilweise) stärkere Zurechnungsgründe auf Seiten einer Partei vor, fielen dieser die betreffenden Kosten zur Last.261 Es sei zwischen der „einfachen Veranlassung“ im Ergebnis unnötiger Aufwendungen, die ohne Rücksicht auf die genaueren Gründe zu einer Haftung führe, einerseits und andererseits der „qualifizierten Veranlassung“ von Kosten durch prozessuale Vorgänge betreffende, eindeutig der Sphäre einer Partei zurechenbare Umstände zu unterscheiden, wobei es auf ein Verschulden hierfür nicht ankomme.262 Die „qualifizierte Veranlassung“ bilde den stärkeren und daher vorrangigen Zurechnungsgrund; insbesondere dann, wenn sogar Verschulden vorliege. Wie der BGH stellt M. Bydlinski dem Veranlassungsprinzip das Vereinfachungsprinzip gegenüber.263 e) Muthorst Nach Muthorst264 ist das gemeinsame normative Fundament der Kostenvorschriften eine Veranlassungshaftung für unnötige Kosten und Freihaltung von notwendigen Kosten. Diese Wertung habe ihren Ausgangspunkt im Selbsthilfeverbot und der damit verbundenen Rechtsschutzgarantie: Man dürfe sein Recht nicht in die eigene Hand nehmen, sondern müsse es vor Gericht geltend machen bzw. man müsse Freiheitseingriffe, die man nicht hinnehmen wolle, im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes abwehren. Auf den staatlichen Rechtsschutz hätten alle den gleichen Anspruch, deshalb müsse die Kostenlast zwischen den Beteiligten gleichgerecht verteilt sein. Das dafür maßgebende Kriterium könne nur die gemessen am staatlichen Rechtsschutz fehlende Notwendigkeit von Kosten sein. Gemessen am staatlichen Rechtsschutz unnötig seien Kosten, wo staatlicher Rechtsschutz zu Unrecht beansprucht werde. Ob staatlicher Rechtsschutz zu Recht oder zu Unrecht beansprucht werde, werde in dem jeweiligen Verfahren 260 Vgl.
Bydlinski, Kostenersatz, S. 59. Bydlinski, Kostenersatz, S. 60 f. 262 Bydlinski, Kostenersatz, S. 61 (auch zum Folgenden). 263 Bydlinski, Kostenersatz, S. 79. 264 Muthorst, in: Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 233, 238 ff. (auch zum Folgenden). 261
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geklärt, deshalb sei auch für die Kostenlast weder die „wahre“ Rechtslage maßgebend noch eine Rechtslage, von der ein Beteiligter ex ante habe ausgehen dürfen, sondern die Rechtslage, wie sie sich als Ergebnis des Prozesses darstelle. Dass staatlicher Rechtsschutz nicht zu Unrecht beansprucht werde, sei aber nur notwendige, keine hinreichende Bedingung für die Notwendigkeit von Kosten. Werde eine Klage gegen jemanden gerichtet, der keinen Anlass zur Klage gegeben habe, erweise sich der staatliche Rechtsschutz als überflüssig, wenn der Beklagte sofort anerkenne. Dann seien die Kosten vom Kläger unnötig veranlasst. Im Ausgangspunkt komme es nicht auf die Bewertung von prozessualem oder gar vorprozessualem Verhalten der Beteiligten als sorgfalts- oder pflichtwidrig an. Das schließe es freilich nicht aus, in einzelnen Beziehungen sehr wohl daran anzuknüpfen, ob ein Beteiligter eine Sorgfaltspflicht verletzt habe oder nicht. f) Stellungnahme und Konsequenzen für diese Arbeit Die genauere Untersuchung unterschiedlicher Erörterungen zum Veranlassungsprinzip hat gezeigt, dass hinsichtlich der Bedeutung dieses Prinzips keine Einigkeit besteht. Dementsprechend sollte jedenfalls die undifferenzierte Bezugnahme auf das Veranlassungsprinzip vermieden werden, weil aus ihr nicht hervorgeht, welche Wertungen im Rahmen der Haftung nach Veranlassung relevant sein sollen. Nach hier vertretener Auffassung sind die oben dargestellten Ansätze abzu lehnen, soweit sie für den Grundsatz der Haftung des Unterliegenden auf die Bewertung eines prozessualen oder vorprozessualen Verhaltens als pflicht- oder sorgfaltswidrig abstellen. Dies vermag im Hinblick auf den Prozesszweck der Rechtsfortbildung265 nicht zu überzeugen. Soll hiernach in den Fällen ungeklärter Rechtsfragen gerade die Möglichkeit einer prozessualen Klärung eröffnet werden, erscheint es nicht überzeugend, stets davon auszugehen, dass die Klageerhebung bzw. die zurechenbare Verursachung der Klageerhebung des Unterliegenden hätte unterbleiben sollen. Dagegen erscheint die Annahme, dass der Haftung beispielsweise bei §§ 93, 94, 95, 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO ein Verhalten, das hätte unterbleiben sollen, zu Grunde liegt, einleuchtend: § 93 ZPO soll gerade unnötige Prozesse verhindern266; §§ 94, 95, 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO sind darauf gerichtet, prozessverlängerndes Verhalten zu verhindern267.268 265
S. o.: Teil 1 § 6 II. 3. OLG München NJW-RR 2001, 42, 43; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 1; Stein/ Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 1. 267 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 28. 268 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2. 266
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Der Terminus der Veranlassung bzw. das Veranlassungsprinzip verdeckt nach alledem die entscheidenden, unterschiedlichen Wertungen der Kostenvorschriften für die Zurechnung mehr, als dass es diese erhellt. Das Veranlassungsprinzip stellt kein (entsprechend den für das Schadensersatzrecht anerkannten Haftungsgründen) klar umrissenes Zurechnungsprinzip dar und birgt die Gefahr, dass nahezu jede als „billig“ empfundene Entscheidung auf dieses gestützt wird und dabei die gesetzlichen Regelungen für die Zurechnung aus dem Blick geraten.269 Im Hinblick auf die unterschiedlichen Bedeutungen, die dem Veranlassungsprinzip zugewiesen werden sowie die Gefahr der Verschleierung der unterschiedlichen Wertungen der Kostenvorschriften, erscheint eine Bezugnahme auf dieses Prinzip für die Zwecke dieser Arbeit nicht hilfreich. Entsprechend wird im Folgenden die Bezugnahme auf das „Veranlassungsprinzip“ vermieden und herausgearbeitet, welche unterschiedlichen Prinzipien der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegen. Dies bedeutet freilich nicht, dass hiermit alle Überlegungen der dargestellten Ansichten zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung abgelehnt werden, wie bereits den Ausführungen zu den Zwecken der prozessualen Kostenerstattung zu entnehmen ist und auch die folgenden Ausführungen zeigen werden. 2. Folgenzurechnung (Verantwortung) Die Prozesskosten haben nach den prozessualen Kostenvorschriften die miteinander in Interaktion tretenden Beteiligten eines Prozesses zu tragen. Die Zurechnung von Folgen zum Verhalten von Personen beruht einerseits auf der in der Rechtsordnung vorausgesetzten Willensfreiheit und andererseits auf der Begrenzung dieser Freiheit dort, wo wesentlich auch andere Personen betroffen werden.270 Die Person soll für ihre selbstbestimmten Entscheidungen einstehen und hierfür gegenüber anderen Verantwortung übernehmen. Die damit angesprochene Verantwortlichkeit ist allerdings ein „teleologisch offenes Konzept“.271 So wird im Schadensersatzrecht zwar in erster Linie ein 269
So auch Breitkopf, S. 166. Vgl. jeweils auch zum Folgenden Bork, BGB AT, Rdnr. 106; Bydlinski, System und Prinzipien, V. 6., S. 99 ff.; Medicus/Petersen, Rdnr. 6, 51 ff.; Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 11 ff.: auch zum Streit um die Willensfreiheit vor dem Hintergrund moderner Erkenntnisse der Neurophysiologie; aus verfassungstheoretischer Sicht: Möllers, in: Willensfreiheit und rechtliche Ordnung, 250 ff., 270 ff.; ferner Heun, in: Willensfreiheit und rechtliche Ordnung, 276, 280 ff.; aus zivilrechtlicher Sicht: Mankowski, AcP 211 (2011), 153 ff., 173 ff. 271 So treffend Jansen, ZEuP 2003, 490, 501; vgl. auch Deutsch, Rdnr. 3: verantwortlich könne einerseits derjenige sein, zu dessen Willen der Schaden infolge Verantwortenkönnens und Verantwortenmüssens zurechenbar sei und andererseits derjenige, dem die Haftung mit Blick auf die Gerechtigkeit der Schadensentlastung im sozialen Zusammenleben zugewiesen 270
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schuldhaftes Verhalten vorausgesetzt; dabei kommt es jedoch grundsätzlich – anders als im Strafrecht – nicht auf individuelle Fähigkeiten und Geschicklichkeiten an.272 Im Rahmen der schadensersatzrechtlichen Verschuldenshaftung trägt damit im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger grundsätzlich der Schädiger das Risiko der persönlichen Unzulänglichkeiten. Ferner kennt das Schadensersatzrecht nicht nur die Verantwortlichkeit für Verschulden, sondern auch die Zurechnung aufgrund der Schaffung eines Risikos, wie etwa im Rahmen der Gefährdungshaftung.273 Die prozessuale Kostenhaftung knüpft im Grundsatz an eine Risikoschaffung an, indem es die grundsätzliche Kostentragung durch die Parteien anordnet.274 Die Entscheidung für eine Kostentragung des Unterliegenden nach § 91 ZPO hat demgegenüber seinen Hintergrund nicht in dem Zurechnungsgrund der Risiko schaffung – denn beide Parteien haben sich auf den Prozess eingelassen –, sondern darin, dass der Obsiegende für seine Belastung einen Ausgleich erhalten soll.275 Im Hinblick auf den Grundsatz der Haftung des Unterliegenden für die vollständigen Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO lässt sich nun mit Blick auf das Prinzip der Folgenzurechnung nach Maßgabe der Selbstverantwortung die grundsätzliche Verschuldensunabhängigkeit auch der Ausnahmetatbestände erklären (z. B. 93276, 94277, 95 Alt. 1, 96, 101, 238 Abs. 4, 281 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO). Denn der Unterliegende soll lediglich das Risiko des Anfalls von Kosten, die darauf beruhen, dass er und der Gegner es haben auf einen Prozess ankommen lassen, tragen. Würden Ausnahmen von dem Grundsatz der Haftung des Unterliegenden nur bei schuldhaftem Verhalten anderer gemacht, so trüge der Unterliegende darüber hinaus aber das Risiko schuldloser kostenverursachender Hand lungen (Tun/Unterlassen) des Gegners oder anderer, die zu dem Verhalten der Parteien, für das der Unterliegende einstehen soll – die Nichterfüllung des klägerischen Begehrens seitens des Beklagten sowie die Klageeinreichung seitens des Klägers –, hinzutreten. Kostentatbestände, die ein Verschulden voraussetzen (§§ 95 Alt. 2, 97 Abs. 2 ZPO278), stellen demgegenüber eine Ausnahme dar. werde; vgl. auch Esser, S. 92 ff., insb. 94, 97 ff., ders., JZ 1953, 129, der zwischen persönlicher Verantwortung (Schuld) und der sozial gerechten Verteilung unvermeidbarer Wagnisse (Gefährdung) unterscheidet und bei der Bestimmung der Gerechtigkeit der Risikoverteilung bei Gefährdungen auf die soziale Verantwortung aufgrund der Einstandspflicht für die eigenen Betriebswagnisse abstellt. 272 Deutsch, Rdnr. 9 ff. 273 Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 20 ff. 274 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 275 Vgl. oben: Teil 1 § 6 II. 1. und sogleich noch: Teil 1 § 6 III. 3., 4. 276 Zur Verschuldensunabhängigkeit der Haftung nach § 93 ZPO s. o.: Teil 1 § 5 VI. 4. a). 277 Zur Verschuldensunabhängigkeit der Haftung nach § 94 ZPO s. o.: Teil 1 § 5 VI. 4. b). 278 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4.
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Die prozessuale Kostenhaftung setzt freilich, anders als das sonstige Privatrecht (vgl. §§ 104 ff., 1303 f., 2229, 179 Abs. 3 S. 2, 827, 828, 276 Abs. 1 S. 2 BGB), in dem mit Blick auf die Anknüpfung der Zurechnung an ein selbstbestimmtes Verhalten auch für die Zurechnung von Risiken – beispielsweise im Rahmen der Gefährdungshaftung – die subjektive Zurechnungsfähigkeit (analog §§ 104 ff. BGB bzw. §§ 827 f. BGB)279 verlangt wird,280 eine solche gerade nicht voraus. Die prozessuale Kostentragungspflicht trifft vielmehr auch die prozessunfähige Partei.281 Dies stellt jedoch keinen Widerspruch zur Geltung des Prinzips der Folgenzurechnung auf der Basis der Selbstverantwortung dar. Vielmehr wird im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung dem Prinzip lediglich mit Blick auf die besondere Interessenlage anders Rechnung getragen, als im übrigen Privatrecht. Denn neben dem sozial ausgerichteten Schutz des nicht Geschäftsfähigen (§ 104 BGB), beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 2, 106 BGB), nicht Deliktsfähigen (§§ 827, 828 Abs. 1 und 2 BGB) und nicht Einsichtsfähigen (§ 828 Abs. 3 BGB) durch die privatrechtliche Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit, ergibt sich aus dem Prinzip der Folgenzurechnung nach Maßgabe der Selbstverantwortung auch der Schutz vor Fremdbestimmung, die primär eine liberale, abwehrrecht liche Zielrichtung hat.282 Der Gedanke des Schutzes bei fehlender subjektiver Zurechnungsfähigkeit wird im Zivilprozess gem. §§ 51, 52 ZPO berücksichtigt, wonach für die Prozessfähigkeit die Vorschriften des BGB maßgeblich sind. Das Fehlen dieser Prozessvoraussetzung verhindert eine Entscheidung in der Sache.283 Allerdings wird durch diese Vorschriften nicht die Herbeiführung des Verfahrens an sich verhindert. Die (einstweilige) Beachtlichkeit der Klage eines Prozessunfähigen ist im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch geboten.284 Die Prozessfähigkeit wird gem. § 56 Abs. 1 ZPO erst infolge der Klageerhebung gerichtlich geprüft. Hinsichtlich der Gerichtskosten kommt eine Entlastung des Prozessunfähigen nach § 21 GKG in Betracht,285 so dass dem Schutz des Pro 279
Die Analogiebasis ist umstritten – vgl. zur Gefährdungshaftung, etwa für die Begründung der Haltereigenschaft nach § 7 Abs. 1 StVG bzw. Tierhaltereigenschaft: Hk.BGB-Staudinger, § 827 Rdnr. 2, § 833 Rdnr. 6; Staudinger-Oechsler, § 828 Rdnr. 6; zur Unfreiwilligkeit der Besitzaufgabe gem. § 935 Abs. 1: Neuner, JuS 2007, 401, 404; jeweils m. w. N. 280 Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 20, 64 ff. 281 BGHZ 121, 397, 399; RGZ 53, 65, 67; MünchKomm.ZPO-Lindacher, §§ 51, 52 Rdnr. 38; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 17; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 2. 282 Vgl. Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 66. 283 Breitkopf, S. 205. 284 Breitkopf, S. 205. 285 OLG Koblenz NJW-RR 2012, 891; BeckOK.ZPO-Jaspersen, § 91 Rdnr. 14.
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zessunfähigen insoweit Rechnung getragen wird. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Gegners besteht eine entsprechende Vorschrift hingegen nicht. Insoweit wird dem Schutz des Gegners vor exogener Beeinträchtigung entsprechend dem Zweck der prozessualen Kostenerstattung besonders Rechnung getragen: Hintergrund des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Obsiegenden nach § 91 ZPO ist gerade, dass dieser einen Ausgleich für den (faktischen) Zwang zur Prozessführung erhalten soll.286 Wird die Klage eines Prozessunfähigen dem Beklagten zugestellt – jedenfalls bei nicht manifester Prozessunfähigkeit ist die Klage zuzustellen;287 der Prozessunfähige kann gem. § 56 Abs. 2 ZPO auch einstweilen zur Prozessführung zugelassen werden –, so muss der Beklagte sich zur Abwendung der Säumnisfolgen des § 331 ZPO288 zur Prozessführung genötigt sehen. Weiterhin dient die einstweilige Zulassung nach § 56 Abs. 2 ZPO gerade dem einstweiligen Schutz der Rechte der prozessunfähigen Partei.289 Anders als im (übrigen) Zivilrecht290 wird also zum Schutz des Geschäftsunfähigen nicht etwa die Begründung von Rechtsfolgen ausgeschlossen, sondern werden vielmehr an dessen Handlungen Rechtsfolgen geknüpft. Die einstweilige Zulassung dient wei terhin der Prozessökonomie, da diese bei anschließender Heilung z. B. durch Genehmigung des gesetzlichen Vertreters eine Verfahrenswiederholung verhindert. Die Abweichung vom grundsätzlichen Schutz des Geschäfts- bzw. Deliktsunfähigen im Privatrecht vor nachteiligen Folgen seines Handelns bedeutet daher keine Abkehr von der Idee der Selbstverantwortung und darauf beruhender Folgenzurechnung, sondern stellt einerseits die Kompensation des anderen Teils für die durch den faktischen Zwang zur Prozessführung eingebüßte Selbstbestimmungsmöglichkeit in den Vordergrund und ist andererseits Folge einer im prozessualen Kostenerstattungsrecht anders gelagerten Prinzipienkollision. 286
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. Bei manifester Prozessunfähigkeit wird freilich in dem Kostenrisiko teilweise gerade ein Grund für das Unterbleiben der Zustellung und Terminierung gesehen, vgl. MünchKomm. ZPO-Lindacher, § 52 Rdnr. 36, 38; Thomas/Putzo-Seiler, § 253 Rdnr. 19; a. A. Hager, ZZP 97 (1984), 174, 177; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 96 Rdnr. 7: über die Prozessfähigkeit bzw. gesetzliche oder organschaftliche Vertretungsmacht sei vom Gericht stets in mündlicher Verhandlung im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage zu entscheiden, was eine Terminierung und Zustellung ohne Prüfung der Frage voraussetze. 288 Das Versäumnisurteil gegen den Beklagten setzt zwar die Zulässigkeit der Klage und damit auch die Prozessfähigkeit des Klägers voraus; im Hinblick auf die ex ante ungewisse Entscheidung des Gerichts über die Frage der Prozessfähigkeit ändert dies an dem faktischen Zwang des Beklagten zur Prozessführung jedoch nichts. 289 Breitkopf, S. 31 f., 205 f. (auch zum Folgenden). 290 Vgl. hierzu Soergel-Hefermehl, Vor § 104 Rdnr. 1, 10 f. 287
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3. Rechtsausübungsfreiheit (Schutz subjektiver Rechte) Die gesetzgeberische Entscheidung für einen Anspruch des im Rechtsstreit Obsiegenden entsprechend dem Umfang des Durchdringens mit dem von ihm geltend gemachten Recht gem. §§ 91, 92 ZPO hat ihren Hintergrund darin, dass eine vollständige Verwirklichung des Rechts ohne eine wirtschaftliche Schmälerung durch die Belastung mit Prozesskosten gewährleistet werden soll291 (Ausgleichsfunktion292), die drohende Kostenerstattungspflicht im Falle des Unterliegens zur freiwilligen Beachtung des Rechts beitragen293 (Prävention294) und die Chance auf eine Kostenerstattung etwaige Hemmungen vor einer gerichtlichen Geltendmachung überwinden soll (Rechtsverfolgung/Rechtsfortbildung295). Die prozessuale Kostenerstattung dient damit dem Schutz subjektiver Rechte bzw. der Rechtsausübungsfreiheit,296 insbesondere des Klägers einer Leistungsklage bzw. des Beklagten einer negativen Feststellungsklage. 4. Allgemeine Handlungsfreiheit Auf Seiten des obsiegenden Beklagten wird oftmals kein subjektives Recht bestehen.297 Er erhält mit der Kostenerstattung einen Ausgleich für den faktischen Zwang zur Prozessführung298 und soll vor einer übermäßigen gerichtlichen In anspruchnahme geschützt werden299. Damit wird die allgemeine Handlungsfreiheit300 geschützt. 5. Rechtsbewährung Der Kostenerstattungsanspruch des Obsiegenden gegen den Unterliegenden steht weiterhin im Dienste der Rechtsbewährung. Durch die Schaffung eines Anreizes zur Verfolgung und Verteidigung subjektiver Rechte sowie Verteidigung gegen deren unberechtigte Geltendmachung wird das objektive Recht bewahrt und die Durchbildung der Privatrechtsordnung 291 Bokelmann, ZRP 1973, 164, 169; Breitkopf, S. 116; Kohler, Prozeß als Rechtsverhältnis, S. 81; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198, 202; Siebert, S. 193 ff.; krit. Baumgärtel, S. 153. 292 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 293 Baumgärtel, S. 155; Breitkopf, S. 116; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198 f. 294 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2. 295 S. o.: Teil 1 § 6 II. 3. 296 Vgl. Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 32. 297 Möglich ist freilich, dass insoweit ein Anspruch auf Unterlassung der Rechtsverfolgung besteht, s. u.: Teil 2 § 12 III. 2. 298 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 299 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2. 300 Vgl. Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 40.
§ 6 Regelungssystem, Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts
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infolge Konkretisierung generell-abstrakter Rechtssätze durch die Gerichte gewährleistet. Der Rechtsbewährung dient andererseits auch die Schaffung eines Anreizes zur freiwilligen Beachtung subjektiver Rechte sowie zum freiwilligen Ablassen von einer unbegründeten Geltendmachung subjektiver Rechte. Im Idealfall soll mithin einerseits derjenige von einer (mutwilligen) Prozessführung abgehalten werden, der sein Unterliegen absehen kann, weil die Rechtslage klar ist und andererseits für denjenigen ein Anreiz zur Prozessführung geschaffen werden, der sein Obsiegen absehen kann sowie bei zweifelhaften Rechts- und Tatfragen ebenfalls ein Anreiz zur Prozessführung geschaffen werden. Letzteres ist freilich im Hinblick auf die Möglichkeit des Unterliegens mit der Folge der Kostentragung problematisch.301 Insoweit dient allerdings die Beschränkung des Umfangs des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf die notwendigen Kosten des Rechtsstreits, wozu insbesondere bei Weitem nicht alle Positionen gehören, die man nach §§ 249 ff. BGB im Rahmen eines Schadens ersatzanspruchs erstattet bekäme302 und die gesetzliche Gebührenfixierung im GKG und RVG (vgl. § 91 Abs. 2 ZPO303) der Kalkulierbarkeit des Risikos.304 6. Vereinfachung – Prozessökonomie und Rechtssicherheit Maßgeblich für die prozessuale Kostenerstattung ist weiterhin das Vereinfachungsprinzip. Dieses entspringt seinerseits den Prinzipien der Prozessökonomie305 und Rechtssicherheit306. Insbesondere die schematische Anknüpfung der prozessualen Kostenerstattung an das Unterliegen ermöglicht eine rasche Entscheidung, weil sie sich an dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache orientiert.307 Die einfache Ausgestaltung der Tatbestände der prozessualen Kostenerstattung macht es möglich, die Frage der prozessualen Kostenerstattung als Nebenentscheidung zu behandeln, ohne die Verfahren dadurch übermäßig in die Länge zu ziehen.308
301 Hierzu
Pawlowski, JZ 1975, 197 ff. Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 37 f. 303 Zur Beschränkung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf die gesetzlichen Gebührensätze noch unten: Teil 1 § 9 I. 2. a). 304 S. o.: Teil 1 § 6 II. 3.; Hau, JZ 2011, 1047 f. 305 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2. 306 S. o.: Teil 1 § 6 II. 4. 307 Vgl. BGHZ 118, 312, 325; Becker-Eberhard, S. 161 ff.; Bydlinski, Kostenersatz, S. 41. 308 Becker-Eberhard, S. 160. 302
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Die einfache Ausgestaltung der prozessualen Kostenerstattung steht weiterhin im Dienste der Kostentransparenz, die über das Gebot der Rechtssicherheit verfassungsrechtlich verankert ist.309 7. Prozessökonomie und allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot Dabei erschöpft sich das Prinzip der Prozessökonomie jedoch nicht in einer möglichst einfachen Ausgestaltung der prozessualen Kostenerstattung, der am besten entsprochen würde, wenn keine Ausnahmen von dem Grundsatz der Haftung des Unterliegenden gemacht würden. So dienen der Verfahrenskonzentration insbesondere die Kostentatbestände, die für ein nachlässiges Prozessieren Kostennachteile androhen (etwa §§ 95, 97 Abs. 2, 344 ZPO).310 Im Sinne der Prozessökonomie ist weiterhin die Voraussetzung eines sofortigen Anerkenntnisses bei § 93 ZPO. Bei der Frage nach der prozessökonomischen Ausgestaltung darf die Perspektive weiterhin nicht auf das einzelne Verfahren verengt werden; entscheidend ist vielmehr eine auf den jeweiligen Konflikt bezogene Gesamtschau.311 Die Ausnahmetatbestände der §§ 95, 97 Abs. 2, 344 ZPO verhindern insbesondere denkbare – beispielsweise auf §§ 280, 241 Abs. 2 BGB gestützte – Folgeprozesse.312 Denn die prozessuale Kostenerstattung schließt die Geltendmachung materiell- rechtlicher Kostenerstattungsansprüche nicht per se aus.313 Der Vermeidung unnötiger Prozesse dienen insbesondere §§ 93, 94 ZPO.314 Die Prozessökonomie zielt nicht auf die Verhinderung unnötiger Prozesse; diese Vorschriften haben ihren Hintergrund in dem allgemeinen Wirtschaftlichkeits gebot.315
309
S. o.: Teil 1 § 6 II. 4.; vgl. EuGH NJW 2004, 833, 834; BGH NJW 2005, 1373, 1375; VG Köln NJW 2005, 3513. 310 MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 367 (auch zum Folgenden); MünchKomm. ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 28. 311 Schöpflin, JR 2003, 485. 312 Die Annahme eines Haftungsprivilegs bei der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren (hierzu ausführlich unten: Teil 2 § 14 I. 3.) baut gerade darauf auf, dass die Interessen der Parteien durch die Ausgestaltung des Verfahrens, insbesondere auch die prozessuale Kostenerstattung, hinreichend geschützt sind. 313 S. u.: Teil 2 § 12 I. 2. c), § 14 I. 2. b), bb); Teil 4 § 23 VII. 1., 2. 314 BGHZ 168, 57 Rdnr. 19; OLG München NJW-RR 2001, 42, 43; Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 1; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 1; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 93 Rdnr. 1; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 1. 315 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2.
§ 7 Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung
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8. Privatautonomie Im Anwendungsbereich des § 98 ZPO hat die Kostenvereinbarung der Parteien Vorrang gegenüber der Regelung in § 98 ZPO, wonach es infolge eines Vergleichs mangels Kostenvereinbarung zu einer Kostenaufhebung kommt. Auch über den Umfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs kann im Rahmen eines Prozessvergleichs316 disponiert werden, so dass der Kostenerstattungs anspruch317 auch auf nicht notwendige Kosten gerichtet sein kann. Die Frage, inwieweit außerhalb eines Prozessvergleichs über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch verfügt werden und eine solche Vereinbarung im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens berücksichtigt werden kann, wird an späterer Stelle behandelt.318
§ 7 Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung Verschiedentlich wird die Frage der Rechtfertigung der prozessualen Kosten erstattung thematisiert. Ganz im Vordergrund steht dabei die Frage nach der Rechtfertigung des Grundsatzes der (verschuldensunabhängigen) Haftung des Unterliegenden. Entsprechend den unterschiedlichen Maßstäben, an denen die Legitimation von Normen gemessen werden kann, betreffen die Untersuchungen zur Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung teilweise die Vereinbarkeit mit der Verfassung als höherrangigem Recht,319 dem System der (Privat)Rechtsordnung,320 316
S. o.: Teil 1 § 3 II.; s. u.: Teil 1 § 10 II. 2. Dazu, wann durch die Kostenvereinbarung ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. e. S. geändert wird und andererseits ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch begründet wird, s. u.: Teil 1 § 8 II. 318 S. u.: Teil 1 § 8 I., § 10 I. 2, II. 3. 319 Vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 1 f.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 5: das Kostenrecht ist in seiner Grundsubstanz nicht verfassungswidrig; a. A. im Hinblick darauf, dass das Kostenrisiko für minderbemittelte Parteien eine faktische Rechtswegsperre darstelle Baumgärtel, JZ 1975, 425; Bokelmann, ZRP 1973, 164, 165; Däubler, BB 1969, 545, 549 ff.; Fechner, JZ 1969, 349, 352; Herrmann, Prozessrisiko/Armenrecht, S. 21 ff. 320 Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 314: eine Analogie zu §§ 91 ff. ZPO im außerprozessualen Bereich sei abzulehnen, da mit dem Eintritt in den Prozess die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung eine neue Qualität erreiche; während im außerprozessualen Bereich der betriebene Aufwand zur Rechtsverfolgung und -verteidigung noch weitgehend im Belieben der Parteien stünde, seien diese mit Eintritt in den Prozess dazu gezwungen, Kosten aufzuwenden; mit Leipold (Stein/Jonas20-Leipold, vor § 91 Rdnr. 6; vgl. auch Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6) sei davon auszugehen, dass die Kostenvorschriften der ZPO ihre innere Rechtfertigung letztlich einerseits im Verbot der Selbsthilfe, das den Kläger zum Anruf des Gerichts und zum Aufbringen der dazu notwendigen Kosten zwinge, und andererseits in der voraussetzungs317
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
dem Gesetzeszweck,321 darüber hinausgehenden rechtspolitischen Zielsetzungen322 sowie dem nach h. M. für die prozessuale Kostenerstattung maßgeblichen Veranlassungsprinzip323. Die Verfassungsmäßigkeit des Kostenrechts in seiner Grundsubstanz ist heute nicht mehr bestritten324 und ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Inwieweit die bestehenden Regelungen bestimmten Gesetzeszwecken genügen, wie insbesondere der Verhinderung mutwilliger Prozessführung einerseits und der Förderung der Prozessführung im Falle offener Rechtsfragen im Sinne der Rechtsfortbildung andererseits, ist im Wesentlichen eine empirische Frage,325 der hier ebenfalls nicht weiter nachgegangen werden soll. Das Veranlassungsprinzip bietet ohne weitere Spezifizierungen mangels hinreichender Bestimmtheit seines Inhalts326 schon keinen sinnvollen Maßstab für die Frage der Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung. Im Übrigen wird die Frage der Rechtfertigung der prozessualen Kostenerstattung in dieser Arbeit dort besprochen, wo sie relevant wird. So wurde die Frage, inwieweit die Ungleichbehandlung, die sich durch die Anwendbarkeit der prozessualen Kostenerstattungsvorschriften nach Prozesseintritt und ihre Unanlosen Klagemöglichkeit und dem daraus folgenden praktischen Zwang für den Beklagten, die Lasten der Verteidigung auf sich zu nehmen, auch wenn er mit einer aussichtlosen Klage überzogen werde, fänden; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 355 ff.: da das Privatrecht der individuellen Freiheit verpflichtet sei, könne die prozessuale Kostenhaftung nicht mit gemeinwohldienlichen Zwecken gerechtfertigt werden, sondern nur mit der besonderen Gefährdungslage; aus der älteren Lehre: Nissen, Gruchots Beitr. 52 (1908), 836, 843 f.: die mit Recht streitende Partei dürfe in dem Verhalten der anderen Partei, die ihr die Erstreitung des Rechts erschwere, ein Unrecht erblicken; auch bloß objektives Unrecht, dessen Fortsetzung zu befürchten stehe, könne im Privatrecht einen Unterlassungsanspruch auslösen; dass die zu Recht streitende Partei das ungerechte Gegenübertreten des anderen über sich ergehen lassen müsse, biete die Rechtfertigung für den Grundsatz der Kostentragung des Unterliegenden. 321 Vgl. Siebert, S. 138 ff. 322 Bokelmann, ZRP 1973, 164 ff.; Ehrig, ZRP 1971, 252 f.; Grunsky, Verh. 51. DJT, Bd. 1 Teil A, S. 7, 67, 82; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 358; Seetzen, ZRP 1971, 35 ff. 323 Vgl. Becker-Eberhard, S. 23 ff., insb. 25 ff.; Hommelsheim, S. 65 ff.: es wäre gesetzgeberische Willkür, der unterlegenen Partei ausschließlich wegen ihrer Erfolglosigkeit die Kosten aufzubürden; die Kostentragung des Unterliegenden rechtfertige sich im Hinblick auf das Veranlassungsprinzip; zu diesem s. o.: Teil 1 § 6 III. 1.; Becker-Eberhard, S. 25 f.; ders., ZZP 101 (1988), 303, 314 beruft sich zur Rechtfertigung der Haftung des Unterliegenden zudem auf Leipold (hierzu s. o.: Teil 1 Fn. 320). 324 Nachweise auch zur a. A., die im Wesentlichen in den 1970er Jahren vertreten wurde, s. o.: Teil 1 Fn. 319. 325 Vgl. zur Effektivität des Grundsatzes der Haftung des Unterliegenden gemessen an dem Ziel der Vermeidung rechtswidriger, aussichtsloser und mutwilliger Prozessführung: Siebert, S. 179 ff.; aus rechtspolitischer Sicht: Grunsky, Verh. 51. DJT, Bd. 1 Teil A, S. 7 ff. 326 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. f).
§ 8 Kostenvereinbarungen
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wendbarkeit davor ergibt, gerechtfertigt ist, bereits behandelt.327 Ferner wird noch darauf einzugehen sein, inwieweit Sinn und Zweck der prozessualen Kostenerstattung fordern, dass die sich aus ihr ergebende Haftungsanordnung die abschließend geltende ist und diese nicht wieder über einen entgegengesetzten oder höheren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in Frage gestellt werden kann.328
§ 8 Kostenvereinbarungen Die Parteien können jedenfalls im Rahmen eines Prozessvergleichs über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch disponieren.329 Im Folgenden soll geklärt werden, ob die Parteien auch im Übrigen mit Kostenvereinbarungen über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch disponieren können (I.). Ferner wird darauf eingegangen, wann der Parteiwille nach §§ 133, 157 BGB auf die Änderung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. gerichtet ist und wann demgegenüber davon auszugehen ist, dass mit der Kostenvereinbarung die Aufhebung eines etwaigen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. und die Begründung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gewollt ist (II.).
I. Disponibilität der Kostenvorschriften Bei Vorliegen eines entsprechenden Parteiwillens kann im Rahmen eines Prozessvergleichs insbesondere die Änderung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. vereinbart werden.330 Während früher im Übrigen unter Hinweis darauf, dass es sich bei den Kostenregelungen der ZPO um öffentliches Recht331 handele, eine Dispositionsbefugnis der Parteien abgelehnt wurde,332 geht die heute wohl h. M. davon aus, dass die Parteien über die Kostenlast nicht nur im Rahmen eines Prozessvergleichs ver fügen können.333 Problematisch ist insoweit freilich die verfahrensrechtliche 327
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1., III. 2., 3., 4. Hierzu s. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc), dd), ee). 329 S. o.: Teil 1 § 3 II. 330 S. o.: Teil 1 § 3 II. 331 Hierzu s. o.: Teil 1 § 5 II. 332 Vgl. u. a. RG SeuffArch 61 (1906), 33; OLG Hamburg SeuffArch 62 (1907), 244. 333 BGH NJW 2007, 1213; NJW-RR 2006, 1000; MDR 1972, 945, 946; MDR 1970, 46; NJW 1961, 460; Bork, Vergleich, S. 222 Fn. 79; vgl. auch MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 1, 3 f., 32, § 103 Rdnr. 16, der allerdings offen lässt, welche materiell-rechtlichen Wirkungen die sog. isolierte Kostenvereinbarung hat. 328
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Durchsetzung der Kostenvereinbarung.334 Nach a. A. ist demgegenüber danach zu differenzieren, ob die Kostenvereinbarung im Rahmen der Kostenentscheidung berücksichtigt werden kann; gegebenenfalls sei von einer verfügenden Wirkung auszugehen; im Übrigen käme den Kostenvereinbarungen nur schuldrechtliche Wirkung zu.335 Überzeugender erscheint es, davon auszugehen, dass die Parteien grundsätzlich – unabhängig von der Möglichkeit der Berücksichtigung der jeweiligen Vereinbarung im prozessualen Kostenverfahren – über die sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebende Haftungsanordnung disponieren können. Dies führt zwar dazu, dass es – soweit Kostenvereinbarungen nicht berücksichtigt werden können – zu Kostenentscheidungen kommen kann, die der materiellen Rechtslage nicht entsprechen. Würde man aber andererseits zum Zwecke der Verhinderung dieser Folge davon ausgehen, dass einer Kostenvereinbarung, sofern sie nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften im Rahmen einer Kostenentscheidung keine Berücksichtigung finden kann, immer nur schuldrechtliche Wirkung zukommt, widerspräche dies einem etwaigen Parteiinteresse an der Änderung eines bereits bestehenden Anspruchs gegenüber der ansonsten nur möglichen Begründung einer neuen Forderung im Rahmen der Kostenvereinbarung.336 Die Kostenvorschriften fordern nach ihrem Sinn und Zweck aber nicht etwa die Beschränkung der Möglichkeit der Parteidisposition über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S., sondern lediglich eine Einschränkung der Berücksichtigungsfähigkeit von Kostenvereinbarungen im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens. Die Wirksamkeit einer Parteiabrede über die Kostentragung wird auch nicht durch entgegenstehende Rechte etwaiger Prozessbevollmächtigter der Parteien berührt. Nach § 126 Abs. 1 ZPO steht zwar dem Anwalt ein Beitreibungsrecht an dem seinem Mandanten gegen den Gegner zustehenden Kostenerstattungsanspruch zu und diesem Beitreibungsrecht können gem. § 126 Abs. 2 ZPO Einreden aus der Person der Partei nicht entgegengesetzt werden. Dies steht jedoch Abreden der Parteien, die dazu führen, dass ein Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegen den Gegner gar nicht zur Entstehung gelangt337 und die daher auch das Zustandekommen eines entsprechenden Beitreibungsrecht des Anwalts von vornherein ausschließen, nicht entgegen.338 334
S. u.: Teil 1 § 10 I. 2. Becker-Eberhard, S. 212. 336 S. o.: Teil 1 § 3 II; s. u.: Teil 1 § 8 II. 337 Zum Entstehungszeitpunkt s. o.: Teil 1 § 4. 338 BGHZ 5, 251, 258 f.; BGH NJW 2007, 1213 Rdnr. 7; OLG Frankfurt a. M. NJW 1969, 144, 145; MünchKomm.ZPO-Wache, § 126 Rdnr. 12, 14; Stein/Jonas-Bork, § 126 Rdnr. 3, 6; Thomas/Putzo-Seiler, § 126 Rdnr. 7; Zöller-Geimer, § 126 Rdnr. 15. 335
§ 8 Kostenvereinbarungen
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Die Parteien können dabei selbstverständlich unmittelbar lediglich über einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch in ihrem Verhältnis, nicht dagegen über etwaige prozessuale Kostenerstattungsansprüche im Verhältnis zu anderen verfügen.339 Die Auswirkung eines Vergleichs im Verhältnis der Parteien zueinander auf den Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten ist Folge der gesetz lichen Anordnung gem. § 101 Abs. 1 i. V. m. § 98 ZPO (Grundsatz der Kosten parallelität).340 Soweit die Kostenvereinbarung der Parteien im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens nicht berücksichtigt werden kann und eine Kostenentscheidung nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO ergeht, gelangt im Falle der Nebenintervention gem. § 101 Abs. 1 ZPO ein entsprechender Erstattungsanspruch des Nebenintervenienten zur Entstehung, soweit die unterstützte Partei obsiegt. Über einen hiernach zugunsten des Nebenintervenienten entstehenden Kostenerstattungsanspruch können die Parteien lediglich im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Nebenintervenienten disponieren.
II. Auslegung von Kostenvereinbarungen Ob die Kostenvereinbarung zu einer Änderung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. führt oder aber (daneben) zum Entstehen eines materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, dessen Anspruchsgrundlage die Kostenvereinbarung darstellt, hängt vom Parteiwillen (§§ 133, 157 BGB) ab. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es nicht im Interesse der Parteien liegt, ein früheres Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neues zu ersetzen, da eine solche Novation insbesondere den Verlust von Forderungseigenschaften und akzessorischen Sicherheiten zur Folge hat.341 Im Regelfall entspricht es daher dem Parteiinteresse, in Bezug auf ein bestehendes Schuld verhältnis einen Änderungsvertrag zu schließen und dieses nicht vollständig aufzuheben und durch ein neues Schuldverhältnis zu ersetzen. Dies ist im Falle eines Prozessvergleichs nicht anders.342 Dieser bezweckt zwar neben einer Regelung der materiellen Rechtslage die Beendigung des Rechtsstreits und die Schaffung eines Vollstreckungstitels für die Zukunft. Einer Schuldumschaffung bedarf es hierfür jedoch nicht. Auch hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist davon auszugehen, dass dem Parteiinteresse grundsätzlich ein Änderungsvertrag, nicht da339 Vgl.
Bork, Vergleich, S. 285; MünchKomm.BGB-Habersack, § 779 Rdnr. 5. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 101 Rdnr. 30 ff. m. w. N. 341 BGH NJW 2003, 3345, 3346; Bork, Vergleich, S. 122 f. (auch zum Folgenden). 342 Vgl. BGH NJW 2003, 3345, 3346 (auch zum Folgenden). 340
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
gegen eine Novation entspricht. So kann insbesondere die Frage des Begründungszeitpunkts für die Parteien eine Rolle spielen.343 Die Vereinbarung kann freilich auch eine Aufhebung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs der einen Partei bei gleichzeitiger Begründung eines Kostenerstattungsanspruchs nebst Änderung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs der anderen Partei zum Inhalt haben, wobei hier nicht entschieden werden muss, ob dies eine umfassende Novation zur Folge hat. Wenn beispielsweise streitig ist, ob der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach besteht, ist ebenso streitig, wer bei Fortführung des Rechtsstreits unterläge und die Kosten gem. § 91 ZPO zu tragen hätte. Soll in diesem Fall nach der Vereinbarung etwa nur eine Partei einen Kostenerstattungsanspruch haben, kann dies nicht lediglich durch die Änderung des sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungs anspruchs erreicht werden. Denn es besteht die Möglichkeit, dass sich zugunsten der nach der Vereinbarung begünstigten Partei nach den prozessualen Kostenvorschriften gar kein Anspruch ergäbe, sondern lediglich der anderen Partei ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zustünde. Dem Parteiinteresse entspräche in diesem Fall die Aufhebung eines etwaigen Anspruchs der einen Partei, die Änderung eines etwaig bestehenden Anspruchs der anderen Partei (der Höhe nach) und für den Fall, dass die Änderung mangels Änderungsobjekts ins Leere geht, weil nach den prozessualen Kostenvorschriften gerade kein Anspruch der begünstigten Partei bestünde, die Begründung einer neuen Forderung dieser Partei. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Bestand eines Schuldverhältnisses aus den prozessualen Kostenerstattungsvorschriften zwischen den Parteien jedenfalls unstreitig ist, weil die prozessualen Kostenvorschriften unweigerlich mit Rechtshängigkeit bzw. teilweise auch bereits davor (vgl. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO) zur Anwendung kommen und im Hinblick auf die prozessuale Kostenhaftung lediglich streitig ist, zu wessen Gunsten sich ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch in welchem Maße verwirklicht (vgl. § 779 Abs. 2 BGB) und damit zugunsten beider Parteien der Grund eines prozessualen Kos tenerstattungsanspruchs, der als Änderungsgegenstand für den Vergleich in Betracht kommt, gelegt sei. Denn die Möglichkeit der vollumfänglichen Verwirklichung beider Ansprüche dadurch, dass sowohl die eine Partei als auch die andere vollständig obsiegen könnte, bedeutet spiegelbildlich, dass nach der Vorstellung der Parteien jede von ihnen ebenso vollständig unterliegen könnte und damit keinen Anspruch erhielte.
343
Vgl. z. B. §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO.
§ 9 Haftungsumfang
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§ 9 Haftungsumfang Eine Besprechung der umfangreichen Kasuistik zur Frage der Erstattungsfähigkeit verschiedener Posten ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Im Folgenden sollen daher die Tatbestandsmerkmale des Haftungsumfangs nur in ihren Grundzügen dargestellt und anhand von Beispielen erläutert werden. Unabhängig davon, nach welchen Normen sich die Person des Anspruchs inhabers und -gegners und die Quote bestimmen, ist der Haftungsumfang grundsätzlich § 91 ZPO zu entnehmen.344 Dies gilt vorbehaltlich einer anderslautenden Kostenvereinbarung in einem Prozessvergleich, in dessen Rahmen die Parteien auch die Übernahme von nicht notwendigen Kosten vereinbaren können.345 Im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung sind nur die unmittelbaren, mit Rücksicht auf den konkreten Rechtsstreit von den Parteien346 getätigten – oder für sie von dritter Seite verauslagten347 – Aufwendungen sowie ausnahmsweise auch Aufwendungen eines Dritten, die dieser im Hinblick auf seine eigene Prozessbeteiligung tätigt (vgl. § 101 Abs. 1 ZPO), erstattungsfähig.348
I. Kosten des Rechtsstreits Unter dem Begriff des Rechtsstreits i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO ist zunächst das Erkenntnisverfahren zu verstehen, das mit Klage- bzw. Widerklageerhebung beginnt und mit der Ausfertigung und Zustellung des Urteils endet.349 Zwar gelten gem. § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO die Kosten der Ausfertigung und Zustellung als Kosten der Zwangsvollstreckung. Dies soll jedoch lediglich die Kostenfestsetzung gem. § 105 Abs. 1 ZPO vor der Aufwendung dieser Kosten ermöglichen.350 Dagegen sollen diese nicht von den Kosten des Rechtsstreits ausgeschlossen werden, weil sie sonst nicht festgesetzt werden könnten, wenn eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich oder nicht notwendig ist.351 344 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rdnr. 28; Becker-Eberhard, S. 42; ferner Prütting/Gehrlein-Schneider, § 91 Rdnr. 1: § 91 ZPO stelle die „Kernvorschrift“ für das gesamte Kostenrecht dar. 345 Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 9. 346 Auch den Parteien eines Zwischenstreits, vgl. MünchKomm.ZPO-Damrau, § 387 Rdnr. 14; MünchKomm.ZPO-Schultes, § 71 Rdnr. 9. 347 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 16, 29. 348 RGZ 150, 37, 40; Becker-Eberhard, S. 42; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 2. 349 Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 7; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 19. 350 Vgl. OLG Stuttgart JW 1930, 3352; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 19 (jeweils auch zum Folgenden). 351 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 20; vgl. auch Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 9; anders ist dies im Fall der Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb, weil diese als
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Im Falle einer Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, 4 ZPO besteht die Besonderheit, dass nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO eine Zustellung der Klage nicht erforderlich ist. Wird die Klage nicht zugestellt, entsteht kein Prozessrechtsverhältnis und damit auch kein Rechtsstreit i. e. S.352 Als Kosten des Rechtsstreits sollen in diesem Fall die Kosten zu verstehen sein, die im Falle der Rücknahme der Klage nach der Zustellung erstattungsfähig gewesen wären.353 1. Zugehörige Verfahren/Verfahrensabschnitte Zu den Verfahrensabschnitten eines Rechtsstreits in der Hauptsache werden beispielsweise das Verfahren vor dem verweisenden oder abgebenden Gericht (§§ 281 Abs. 3 S. 1, 506 Abs. 2, 696 Abs. 1 S. 4, 700 Abs. 3 ZPO), die Rechts mittelverfahren, das Verfahren zur Berichtigung oder Ergänzung des Urteils gem. §§ 319 ff. ZPO gezählt.354 Auch die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens können zu den Kosten des Rechtsstreits in der Hauptsache zählen.355 Dies setzt die Identität der Streitgegenstände und der Parteien voraus.356 Von einer Identität der Streitgegenstände wird allerdings bereits ausgegangen, wenn die Streitgegenstände nur teilweise übereinstimmen.357 Umstritten ist, ob die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO erfasst werden;358 nach heute h. M. ist dies zu bejahen.359 Teil der Vollziehung und damit gem. § 928 ZPO Bestandteil der Vollstreckung gilt: OLG Celle NJW-RR 2009, 575. 352 MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 66. 353 Vgl. BGH NJW 2006, 775 Rdnr. 9; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 66. 354 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 22; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 20 ff. 355 Vgl. jeweils ausführlich auch zum Folgenden MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 25 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 21; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“; ferner Becker-Eberhard, S. 47. 356 BGH NJW 2003, 1322, 1323. 357 BGH NJW 2007, 1282; NJW-RR 2006, 810; vgl. ferner BGH NJW 2004, 3121: keine Teilkostenentscheidung gem. dem Rechtsgedanken des § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO bei hinter dem Verfahrensgegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens zurückbleibendem Streitgegenstand der Klage, sondern einheitliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren unter entsprechender Anwendung des § 96 ZPO. 358 Vgl. BGH NJW 2007, 1279 Rdnr. 12 ff.: ausführlich zum Streit und m. w. N. zu der vor dieser Entscheidung noch abweichenden h. M. 359 BGH NJW 2007, 1282; 2007, 1279 Rdnr. 15 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 42; Hk.ZPO-Pukall, § 494a Rdnr. 11; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 30, § 103 Rdnr. 56; Musielak/Voit-Huber, § 494a Rdnr. 4b; Schreiber, NJW 1991, 2600, 2602; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“; a. A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1028; OLG Koblenz NJW 2003, 3281, 3282.
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Kostenrechtlich selbstständige Verfahren wie das Arrest- oder einstweilige Verfügungsverfahren werden zwar nicht dem Rechtsstreit in der Hauptsache zugerechnet,360 stellen aber einen eigenständigen Rechtsstreit i. S. v. § 91 ZPO dar.361 Nicht zum Rechtsstreit gehört insbesondere ein paralleles oder dem Zivilrechtsstreit vorgelagertes Strafverfahren.362 2. Erstattungsfähige Kosten Zu den unmittelbaren, im Hinblick auf den Rechtsstreit gemachten Aufwendungen, gehören insbesondere die nach Maßgabe des GKG gezahlten Gebühren und Auslagen des Gerichts, die Kosten der Prozessvertretung, Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige.363 a) Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung Gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Anwalts stets zu erstatten. Nach h. M. folgt aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zudem, dass der prozessuale Kosten erstattungsanspruch nur die gesetzlichen Gebühren umfasst.364 Allerdings soll nicht die Erstattungsfähigkeit vereinbarter Honorare ausgeschlossen, sondern lediglich die Anspruchshöhe auf die gesetzlichen Regelsätze nach dem RVG begrenzt werden.365 Gegen die h. M. wird angeführt, dass der Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO unverändert aus einer Zeit stamme, zu der es Anwälten noch unmöglich gewesen sei, über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Gebührenvereinbarungen zu treffen.366 Daher wird im Hinblick auf die heute bestehende gesetzliche Anerkennung von Vergütungsvereinbarungen in §§ 3a ff., 34 RVG eine Limitierung der 360
Vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 24. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 10. 362 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 23; a. A. OLG Bamberg JurBüro 2003, 145. 363 Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 29 ff. 364 BVerfGE 68, 237, 251; BGH NJW 2018, 1477 Rdnr. 20; 2015, 3447 Rdnr. 56; OLG Dresden Rpfleger 2006, 44; OVG Lüneburg NJW 2004, 699, 700; Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 602; Becker-Eberhard, S. 189 f.; Hau, JZ 2011, 1047, 1050; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 61; Saenger/Uphoff, NJW 2014, 1412, 1413; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 125; Stoffregen, JuS 2010, 401, 402; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Honorarvereinbarung“. 365 BGH NJW 2018, 1477 Rdnr. 20; 2015, 3447 Rdnr. 56; OVG Lüneburg NJW 2004, 699, 700; LG Karlsruhe AnwBl 1970, 81 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rdnr. 107; Enders, JurBüro 2008, 617, 618; Hau, JZ 2011, 1047, 1049; Schneider/Wolf- Onderka/Schneider, § 3a Rdnr. 150. 366 Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2383; diese These wird übernommen von Knott/Gottschalk/Ohl, AnwBl 2010, 749, 750; Krüger/Raap, MDR 2010, 422, 424 f. 361
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Erstattbarkeit für problematisch gehalten.367 Vielmehr könne man sich auf den Standpunkt stellen, dass die aufgrund einer Vergütungsvereinbarung anfallenden Anwaltskosten nun ebenfalls gesetzliche Gebühren i. S. v. § 91 Abs. 2 ZPO darstellten.368 Das historische Argument verfängt nicht;369 die Normgeschichte bestätigt vielmehr die h. M. Denn § 87 Abs. 2 S. 1 CPO von 1877370 beschränkte die Erstattbarkeit noch nicht auf die „gesetzlichen Gebühren“. Vielmehr waren nach dem Wortlaut dieser Norm und in der Folgezeit zunächst auch noch von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO „[d]ie Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten“. In § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO wurde erst 1957 das Wort „gesetzlichen“ eingefügt.371 Der Grund für diese Gesetzesänderung erschließt sich mit Blick auf die Gebührenordnung für Rechtsanwälte (GORA) von 1879372, die sie ablösende Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO)373 und das heutige RVG. Die GORA ließ in § 93374 bereits Vergütungsvereinbarungen zu. Damals wurde die Erstattbarkeit von vereinbarten höheren Gebühren zwar nicht durch die CPO, aber durch § 94 GORA ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift war für das Verhältnis zum Erstattungspflichtigen die Vereinbarung i. S. v. § 93 GORA ohne Belang. Die BRAGO hat in § 3 zwar die Möglichkeit von Vergütungsvereinbarungen, nicht aber den Ausschluss der Erstattungspflicht nach § 94 GORA übernommen. Daraus folgt jedoch nicht, dass auch vereinbarte Honorare erstattungsfähig sein sollten. Die Regelung sollte vielmehr in die ZPO verlagert werden, weil sie nicht das Verhältnis des Anwalts zum Auftraggeber, sondern die Kostenerstattung zwischen den Prozessparteien betrifft und damit systematisch in der ZPO richtig aufgehoben ist.375 Die Änderung von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ist vor diesem Hintergrund zu sehen, so dass der Lesart der h. M., nach der der prozessuale Kostenerstattungsanspruch Anwaltsgebühren nur im Umfang der gesetzlichen Sätze erfasst, zuzustimmen ist. Ferner schweigen sich die Materialien zur Ablösung der BRAGO durch das RVG zu diesem Punkt aus, so dass diesen ein Änderungswille nicht zu entnehmen ist.376 367
Krüger/Raap, MDR 2010, 422, 424 f.; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2383. Krüger/Raap, MDR 2010, 422, 424 f. 369 BGH NJW 2018, 1477 Rdnr. 21 ff.; Hau, JZ 2011, 1047, 1049 f. (jeweils auch zum Folgenden). 370 RGBl. I 1877, S. 98. 371 BGBl. I 1957, S. 931. 372 RGBl. I 1879, S. 176. 373 BGBl. I 1957, S. 907. 374 RGBl. I 1879, S. 192. 375 BT-Drucks. 2/2545, S. 282. 376 Vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 187 f. 368
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Ein Änderungswille lässt sich schließlich nicht dem 2008 in das RVG eingefügten § 3a entnehmen. Diese Vorschrift normiert in Abs. 1 S. 3 die Pflicht des Anwalts, seinen Mandanten darüber zu belehren, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzlichen Gebühren erstatten muss. Diese Formulierung scheint der h. M. auf den ersten Blick zu widersprechen.377 Denn eine Erstattung ist danach gerade nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Allerdings lässt sich der Vorschrift andererseits nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber dem § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO einen anderen Inhalt dahingehend zuweisen wollte, dass die über die gesetzlichen Gebühren hinausgehenden Honorare im Rahmen eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ausnahmsweise doch erstattungsfähig sein sollen. Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht hierauf nicht ein;378 von einem Änderungswillen des Gesetzgebers ist daher nicht auszugehen. Der Wortlaut unterscheidet zudem nicht zwischen dem prozessualen und dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Die einschränkende Formulierung von § 3a Abs. 1 S. 3 RVG kann daher auch dahin gehend verstanden werden, dass das Bestehen materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, die in ihrem Umfang über den prozessualen Kostenerstattungs anspruch hinausreichen, nicht ausgeschlossen ist.379 b) Zeitversäumnis Mittelbare Einbußen sind lediglich ersatzfähig, soweit es sich um die Zeitversäumnis durch Termine und Reisen handelt (vgl. insoweit ausdrücklich § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO).380 Dagegen wird eine sonstige Zeitversäumnis – beispielsweise infolge des Durcharbeitens des Prozessstoffs381 – nicht berücksichtigt.382 c) Darlehen zwecks Prozessfinanzierung Ferner wird die Erstattung von Zinsen für ein Darlehen, das zur Finanzierung des Prozesses aufgenommen wurde, abgelehnt, da diese Aufwendungen nicht unmittelbar durch die Prozessführung erwachsen.383 377
A. A. Hau, JZ 2011, 1047, 1050: die Vorschrift bestätige die h. M. Vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10. 379 Hierzu s. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (d) (ff); ähnlich Hk.RVG-Teubel, § 3a Rdnr. 48. 380 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 35 (auch zum Folgenden); vgl. ferner Musielak/Voit- Flockenhaus, § 91 Rdnr. 10. 381 OLG Koblenz Rpfleger 2003, 384. 382 BGHZ 66, 112, 114; RGZ 150, 37, 41. 383 OLG Frankfurt a. M. JZ 1978, 806; OLG Köln JurBüro 1992, 819; OLG München NJWRR 2000, 1096; MDR 1980, 941 f.; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 1694; Jerger/Zehentbauer, NJW 2016, 1353; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 206. 378
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d) Kosten zwecks Prozessvermeidung Des Weiteren scheidet die prozessuale Erstattung hinsichtlich solcher Aufwendungen aus, die nicht im Hinblick auf den konkreten Rechtsstreit gemacht wurden. Insbesondere vorprozessuale Kosten, die zur Vermeidung eines Prozesses aufgewendet wurden, sind nicht prozessbezogen.384 e) Vorbereitungskosten Vorprozessuale, prozessbezogene Kosten werden dagegen als Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO angesehen, wenn sie mit dem konkreten Rechtsstreit in einer unmittelbaren Beziehung stehen und seiner Vorbereitung dienen sollen.385 Schwierigkeiten kann die Beantwortung der Frage bereiten, welche Kosten im Einzelnen prozessbezogen und damit als Vorbereitungskosten in diesem Sinne anzusehen sind.386 Unterschiedlich wird etwa beurteilt, ob neben einer inhalt lichen Verknüpfung auch eine zeitliche Nähe erforderlich ist387 oder ob ein langer zeitlicher Abstand indiziert, dass es am sachlichen Zusammenhang fehlt.388 Ferner werden diejenigen Kosten nicht als Vorbereitungskosten eingeordnet, die der Entscheidung über das „Ob“ der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dienen und die infolgedessen der Sphäre der jeweiligen Partei zugerechnet werden; für die Erstattungsfähigkeit als Vorbereitungskosten wird vorausgesetzt, dass diese das „Wie“ der Prozessführung betreffen.389 Problematisch ist beispielsweise die Feststellung des Prozessbezugs eines vorprozessualen Privatgutachtens.390 Der Prozessbezug wird verneint, wenn der Rechtsstreit sich zum Zeitpunkt des Gutachtens noch nicht einigermaßen konkret 384 Vgl.
zur Abwehr einer Abmahnung BGH NJW 2008, 2040; zur (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung BGH NJW-RR 2006, 501; OLG Frankfurt a. M. NJW 2005, 759; OLG Hamburg MDR 2005, 898; allgemein MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 43; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Vorbereitungskosten“. 385 BGH NJW 2013, 2668 Rdnr. 9; 2007, 3289 Rdnr. 6; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 40; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 39; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Vorbereitungskosten“. 386 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 40 (auch zum Folgenden); Musielak/Voit-Flocken haus, Vor § 91 Rdnr. 16. 387 Vgl. BGH NJW-RR 2009, 422 Rdnr. 12; OLG Frankfurt a. M. OLGR Frankfurt 2000, 11; OLG Hamburg MDR 1992, 194, 195: enger zeitlicher Zusammenhang sei nicht erforderlich; a. A. OLG Hamburg JurBüro 1991, 1105, 1106; 1990, 1468, 1469; 1988, 761; OLG Hamm OLGR Hamm 1994, 142; offen gelassen bei BGHZ 153, 235, 236. 388 OLG München MDR 1992, 415, 416. 389 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 40, 158; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 46 m. w. N. 390 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 158 (auch zum Folgenden).
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abgezeichnet hat.391 Von einem hinreichenden Prozessbezug sei jedenfalls immer dann auszugehen, wenn vor Erstellung des Gutachtens bereits die Klage angedroht wurde.392 Hingegen wird die Prozessbezogenheit von Gutachten, die vor Klageandrohung erstellt wurden, abgelehnt, wenn mit einem Gutachten erst die Erfolgsaussichten einer Klage abgeklärt,393 oder die eigene Einstandspflicht394 festgestellt werden soll.395 Im Falle eines vor Klageandrohung für einen Versicherer erstellten Gutachtens zum Zwecke der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage, ob ein Unfallgeschehen vorgetäuscht wurde, führte der BGH etwa aus, dass hiermit die Einstandspflicht geprüft worden sei. Diese Prüfung habe die Partei grundsätzlich in eigener Verantwortung vorzunehmen und die dadurch entstehenden Kosten selbst zu tragen.396 Dränge sich der Verdacht des Versicherungsbetrugs auf, so sei dagegen von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommen werde, so dass in diesem Fall ein Privatgutachten zu den Vorbereitungskosten gehöre.397 Nach entsprechenden Gesichtspunkten ist auch die Prozessbezogenheit vorprozessualer Detektivkosten zu beurteilen. So wird die Berücksichtigung dieser Positionen im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung etwa verneint, wenn der Einsatz eines Detektivs erst der Aufklärung der Erfolgsaussichten einer Klage diente.398 Die Kosten eines Detektivs sind weiterhin nicht als prozessbezogen anzusehen, wenn der Beauftragung ein allgemeiner Verdacht zu Grunde lag; erforderlich ist vielmehr ein ganz konkreter Verdacht.399 Weiterhin wird hinsichtlich vorprozessualer Anwaltskosten die Berücksichtigung des nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbaren Teils der Geschäftsgebühr (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV)400 im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung regelmäßig abgelehnt. Dieser zähle grundsätzlich nicht zu den 391
BGHZ 153, 235, 236; BGH NJW-RR 2009, 422 Rdnr. 9; NJW 2008, 1597 Rdnr. 6. BGHZ 153, 235, 237 f.; BGH NJW 2008, 1597 Rdnr. 8 f.; 2006, 2415 Rdnr. 7 f. 393 OLG Koblenz JurBüro 1995, 36, 37; OLG Köln JurBüro 2003, 313 f.; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. B 400; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 39; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Privatgutachten“. 394 BGH NJW 2008, 1597 Rdnr. 10; OLG Koblenz VersR 2014, 854; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Privatgutachten“. 395 Becker-Eberhard, S. 46 m. w. N. 396 BGH NJW 2008, 1597 Rdnr. 10; vgl. auch OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288. 397 BGH NJW-RR 2009, 422 Rdnr. 12; OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288. 398 LAG Düsseldorf JurBüro 2004, 34. 399 BGH NJW 2013, 2668 Rdnr. 10 f.; KG JurBüro 2004, 32; OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 647; OLG Koblenz OLGR Koblenz 2006, 1017; OLG Köln JurBüro 1994, 227; OLG Schleswig MDR 2006, 174, 175; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 121; Stein/Jonas- Muthorst, § 91 Rdnr. 69. 400 Vgl. § 15a RVG, hierzu MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 130 ff. m. w. N. zum Streit um die Folgen der Anrechnung, der vor der Regelung in § 15a RVG herrschte. 392
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Prozesskosten401, sondern sei nur unter den Voraussetzungen eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (z. B. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) im ordentlichen Klageverfahren, gegebenenfalls im Wege der Klagehäufung, erstattungsfähig.402 Dies entspricht regelmäßig den dargestellten Grund sätzen zur Berücksichtigung vorprozessualer Aufwendungen, da die vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit oftmals auf die Prozessvermeidung gerichtet sein wird, etwa im Falle eines anwaltlichen Abmahnschreibens, oder der Beratung über die Erfolgsaussichten einer Klage dient.403 f) Außergerichtliche prozessbegleitende Kosten Eine eingehendere Betrachtung des hinreichende Prozessbezugs ist für die Einordnung als Kosten des Rechtsstreits weiterhin hinsichtlich solcher außergerichtlicher Positionen erforderlich, die während des Prozesses aufgewendet werden, aber nicht bereits ausdrücklich von Gesetzes wegen zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, wie dies etwa hinsichtlich Anwaltskosten gem. § 91 Abs. 2 ZPO der Fall ist. Freilich wird der Prozessbezug für prozessbegleitende Aufwendungen in aller Regel zu bejahen sein, so dass sich die Frage der prozessualen Erstattungsfähigkeit auf die Voraussetzung der Notwendigkeit404 der jeweiligen Kosten konzentriert.405 Umstritten ist, ob auch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs (bei Prozessbezogenheit) zu den Kosten des Rechtsstreits gehören,406 oder dies entsprechend der Differenzierung in § 98 ZPO, der den Kosten eines (Prozess)Vergleichs (S. 1) die Kosten des Rechtsstreits (S. 2) gegenüberstellt, zu verneinen ist. Nach h. M. gehören die Kosten des außergerichtlichen Vergleichs zwar grundsätzlich nicht zu den Kosten des Rechtsstreits; die Parteien können dies aber vereinbaren.407
401
BGH NJW 2008, 2040 Rdnr. 8; 2008, 1323 Rdnr. 5; 2006, 2560. BGH NJW 2007, 2049 Rdnr. 12; Steenbuck, MDR 2006, 423, 424. 403 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 129. 404 S. u.: Teil 1 § 9 III. 3. 405 Becker-Eberhard, S. 48; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 42. 406 OLG Bamberg JurBüro 2003, 144, 145; OLG München OLGR München 1992, 47; Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 24 m. w. N. 407 BGH NJW 2011, 1680 Rdnr. 12 f.; 2009, 519 f.; OLG Frankfurt a. M. NJW 2005, 2465, 2466; OLG Hamm OLGR Hamm 2007, 738; OLG München FamRZ 1999, 1674; Hk.ZPOGierl, § 98 Rdnr. 13, 15; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 43; Zöller-Herget, § 98 Rdnr. 6. 402
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II. Kosten der Nebenintervention Den Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO werden in § 101 Abs. 1 ZPO die Kosten der Nebenintervention gegenübergestellt, die also nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO gehören.408 Das heißt aber nur, dass die Kosten der Nebenintervention nicht nach dem sonst geltenden Grundsatz des § 91 ZPO der unterliegenden Partei aufzuerlegen sind, sondern sich die Kostentragung nach § 101 Abs. 1 ZPO richtet, wonach die Kosten der Nebeninterven tion im Falle des Unterliegens der unterstützten Hauptpartei vom Nebeninter venienten selbst zu tragen sind und bei Obsiegen der unterstützten Hauptpartei vom Gegner. Das Maß der zu erstattenden Kosten der Nebenintervention richtet sich jedoch ebenfalls nach § 91 ZPO. Ebenso wie für die Kosten des Rechtsstreits gilt also gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass die Kosten der anwaltlichen Vertretung des Nebenintervenienten bei einem entsprechenden Kostentenor zu erstatten sind409 und es im Übrigen auf die Notwendigkeit der jeweiligen Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO ankommt.410
III. Notwendigkeit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist der Grundsatz zu entnehmen, dass nur diejenigen Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig sind.411 Kosten sind notwendig, wenn eine vernünftige und kostenorientierte Partei sie im Zeitpunkt der fraglichen Handlung412 für sachdienlich halten durfte.413 Die Voraussetzung der Notwendigkeit ist Ausdruck des Kostenschonungsgebots; der prozessuale Kostenerstattungsanspruch besteht danach nur im Rahmen einer sparsamen Prozessführung.414 Dabei müssen allerdings berechtigte prozes408
Stein/Jonas-Muthorst, § 101 Rdnr. 2. Vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 101 Rdnr. 4. 410 Vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 1995, 1214. 411 BGH NJW-RR 2005, 725, 726 (auch zum Folgenden). 412 A. A. hinsichtlich Vorbereitungskosten: MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 52: insoweit komme es darauf an, ob sich die Kosten zum Zeitpunkt des Prozessbeginns rückschauend als verfahrensfördernd darstellen. 413 BGHZ 209, 120 Rdnr. 8; 192, 140 Rdnr. 12; BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 24; NJW-RR 2005, 707, 708; AK.ZPO-Röhl, § 91 Rdnr. 8; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 51; usielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 8; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48; Thomas/Putzo M Hüßtege § 91 Rdnr. 9; Wieczorek/Schütze-Smid/Hartmann, § 91 Rdnr. 8 f.; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 12. 414 BGH NJW-RR 2013, 337 Rdnr. 5; NZG 2010, 831 Rdnr. 13; NJW-RR 2010, 1224 Rdnr. 9; NJW 2009, 3102 Rdnr. 9; NJW-RR 2004, 1724; 2004, 430; NJW 2003, 898, 900; OLG Stuttgart JurBüro 1983, 1090; OLG Thüringen OLG-NL 2006, 207; MünchKomm.ZPOSchulz, § 91 Rdnr. 49 (jeweils auch zum Folgenden). 409
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suale Interessen der Parteien nicht zurücktreten. Das Kostenschonungsgebot stellt eine besondere Ausprägung des die gesamte Privatrechtsordnung und das Prozessrecht415 durchdringenden Prinzips von Treu und Glauben dar416 und findet eine Parallele etwa in der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB.417 Es gilt insbesondere das Verbot des Rechtsmissbrauchs.418 Stets notwendig sind gerichtliche Gebühren und Auslagen, die an die Gerichtskasse gezahlt wurden und im Einklang mit dem Gebührenrecht stehen.419 1. Maßstab für die Beurteilung der Notwendigkeit Über den an die Beurteilung der Notwendigkeit (aus Sicht ex ante) anzulegenden Maßstab finden sich unterschiedliche Bemerkungen in Rechtsprechung und Schrifttum. Bisweilen wird hervorgehoben, dass für die Beurteilung der Notwendigkeit ein objektiver Maßstab anzulegen sei.420 Teilweise wird von einem nicht rein objektiven, sondern verobjektivierten Maßstab gesprochen.421 Weiterhin wird teilweise für einen subjektiven Maßstab eingetreten.422 Dabei meint Hansens, der sich für die Maßgeblichkeit eines subjektiven Maßstabs ausspricht, freilich inhaltlich nichts anderes als der BGH, soweit dieser sich für einen verobjektivierten Maßstab ausspricht. Entsprechend wird Hansens vom BGH als Vertreter einer verobjektivierten Sicht angeführt.423 Schließlich unterscheiden die Ansichten vom objektiven Maßstab einerseits und jene vom verobjektivierten Maßstab andererseits sich auch nur auf den ers415
BGHZ 31, 77, 83; BGH NJW 1997, 3377, 3379; RGZ 161, 350, 359; MünchKomm. ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 48. 416 BGH NJW 2014, 557 Rdnr. 13; 2007, 2257 Rdnr. 12 f.; OLG München MDR 2005, 57; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rdnr. 29; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 48; Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 11. 417 Vgl. OLG Celle OLGR Celle 2007, 455; OLG Düsseldorf MDR 1993, 1250; OLG Köln OLGR Köln 2008, 538, 539; Thüringer OLG OLG-NL 2006, 207, 208; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, § 91 Rdnr. 29; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 48. 418 BVerfG NJW 1990, 2124; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 49. 419 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 54. 420 Vgl. BGHZ 209, 120 Rdnr. 10; RGZ 32, 387, 389; OLG Düsseldorf JurBüro 1992, 34; AK.ZPO-Röhl, § 91 Rdnr. 8; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48; ferner Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 13; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91 Rdnr. 9; Wieczorek/Schütze-Smid/Hartmann, § 91 Rdnr. 9. 421 BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 24; Fölsch, MDR 2016, 503, 504; MünchKomm.ZPOSchulz, § 91 Rdnr. 114; vgl. auch BGH NJW-RR 2014, 240 Rdnr. 7; NJW 2008, 1087 Rdnr. 10; 2003, 756, 757: maßgeblich sei die ex ante-Sicht; nicht entscheidend sei, ob Aufwendungen auch objektiv erforderlich waren. 422 Hansens, zfs 2016, 287; ders., RVGreport 2014, 95, 97. 423 BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 24.
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ten Blick bzw. werden innerhalb der einzelnen Ansichten unterschiedliche Schlussfolgerungen für die Erstattungsfähigkeit gezogen. So wird von Vertretern des objektiven Maßstabs zwar angeführt, was die Partei für erforderlich halte, sei unerheblich. Unkenntnis und Ungewissheit der Partei, auch wenn sie unverschuldet seien, könnten die Erstattungsfähigkeit der Kosten für objektiv nicht erforderliche Handlungen nicht begründen.424 Hiermit begründet etwa Gierl, dass die Kosten eines Rechtsanwalts nicht erstattungsfähig seien, sofern im Zeitpunkt seiner Beauftragung die Klage bereits zurückgenommen sei.425 Ebenso seien die durch die Einreichung einer Berufungserwiderung nach Berufungsrücknahme entstandenen Kosten eines Anwalts auch dann nicht erstattungsfähig, wenn der Berufungsbeklagte die Rechtsmittelrücknahme nicht kannte oder kennen musste.426 Andererseits sollen nach Gierl für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit gerade die Erkenntnismöglichkeiten bei Erteilung des Mandats maßgeblich sein.427 Bei Anlegen dieses Maßstabs müsste aber gerade von der Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten, die für die Beauftragung eines Anwalts vor Kennenmüssen einer Rechtsmittelrücknahme durch den Gegner anfallen, ausgegangen werden. Ferner lehnt Flockenhaus als Vertreterin des objektiven Maßstabs die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des BGH, wonach es auf die (auch unverschuldete) Unkenntnis einer Partei oder ihres Rechtsanwalts hinsichtlich einer Rechtsmittelrücknahme des Gegners nicht ankomme, ab.428 Weiterhin hat der III. Zivilsenat des BGH die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten des Berufungsbeklagten bei Einreichung der Berufungserwiderung nach Berufungsrücknahme zwar in einem Beschluss vom 25.2.2016 unter Berufung auf den objektiven Maßstab abgelehnt.429 Auf Anfrage des XII. Zivilsenats, der dieser Ansicht nicht folgen wollte, teilte der III. Zivilsenat jedoch mit, dass seine Ansicht wohl teilweise missverstanden worden sei.430 Er habe nicht auf einen rein objektiven Maßstab abgestellt. Entscheidend sei, ob die konkrete Maßnahme aus der Perspektive einer vernünftigen und sparsamen Partei als objektiv geeignet erscheine. Im entschiedenen Fall habe es daran gefehlt, weil das Berufungsgericht dem Berufungskläger im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO die Rechtsmittelrücknahme anheimgestellt hatte, ohne dem Berufungsgegner eine Frist zur Erwiderung nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu setzen. 424
BGHZ 209, 120 Rdnr. 10; Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 13; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48. 425 BGHZ 209, 120 Rdnr. 10; Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 13. 426 Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 13. 427 Hk.ZPO-Gierl, § 91 Rdnr. 56. 428 Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 8. 429 BGHZ 209, 120 Rdnr. 10. 430 BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 30 (auch zum Folgenden).
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Es lässt sich damit festhalten, dass im Einzelnen zur Erstattungsfähigkeit bestimmter Positionen zwar Streit besteht. Nicht entscheidend ist insoweit jedoch, ob von einem „objektiven“, einem „objektivierten“ oder „subjektiven“ Maßstab ausgegangen wird. Bei der Beantwortung der Frage, welche Kosten im Einzelnen als notwendig zu erachten sind, sind die Zwecke und Prinzipien des Kostenrechts zu beachten.431 Nicht überzeugend erscheint es jedenfalls, bei der unbestritten maßgeblichen ex ante-Sicht auf den Kenntnisstand einer hypothetisch allwissenden Partei mit der Folge abzustellen, dass etwa im Falle einer Klage- oder Rechtsmittelrücknahme der Beklagte bzw. Rechtsmittelbeklagte Kosten, die er ohne Kenntnis von der Rücknahme aufgewandt hat, nicht erstattet bekommt. Dies hätte zur Folge, dass eine Erstattungsfähigkeit verneint würde, obwohl die Prozesspartei auf Grundlage aller ihr zur Verfügung stehenden Informationen zu einer bei objek tiver, also nicht subjektiv gefärbter Prüfung zutreffenden Beurteilung der Sachdienlichkeit einer Maßnahme gelangt ist.432 Dies wäre dem Regelungskonzept des § 91 ZPO systemfremd.433 Wie oben dargestellt, soll der obsiegende Kläger einen Ausgleich für das Verbot der Selbsthilfe, der obsiegende Beklagte einen Ausgleich für die voraussetzungslose Klagemöglichkeit und den daraus folgenden Zwang, sich zu verteidigen, erhalten.434 Diesem Ziel widerspräche es, an die Beurteilung der Frage der Notwendigkeit Anforderungen zu stellen, die selbst ein objektiver Betrachter in der konkreten prozessualen Situation der Partei nicht erfüllen könnte. Nach dem Grundsatz des § 91 ZPO reicht für eine Zurechnung der Kosten in Bezug auf den Kläger zudem aus, dass dieser die Klage eingereicht hat, für eine Zurechnung zum Beklagten, dass dieser das klägerische Begehren nicht erfüllt hat. Der Kläger soll danach das mit der Klageeinreichung einher gehende Risiko, der Beklagte das mit der Nichterfüllung des klägerischen Begehrens verbundene Risiko tragen.435 Dieser Risikoverteilung widerspräche es, wenn an die Beurteilung der Notwendigkeit Anforderungen gestellt würden, die in der konkreten Prozesssituation selbst von einem objektiven Betrachter nicht erfüllt werden könnten. Das mit der Prozessführung einhergehende Kostenrisiko würde hierdurch zu Lasten des Obsiegenden verschoben. Nach alledem ist bei der Beurteilung der Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO kein strikt objektiver Maßstab anzulegen.436 Andererseits betrifft zwar die Frage, ob 431
Hierzu s. o.: Teil 1 § 6. BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 25. 433 BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 25. 434 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 435 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 436 Vgl. auch BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 24: kein rein objektiver Maßstab, sondern „verobjektivierte ex ante Sicht“; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 49. 432
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die Kosten notwendig waren, den konkreten Rechtsstreit. Eine ausschließlich am Einzelfall ausgerichtete Betrachtung erweist sich jedoch mit Blick auf das der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegende Vereinfachungsprinzip, das insbesondere im Dienste der Kostentransparenz steht437 sowie das Kostenfest setzungsverfahren, das auf eine standardisierte Prüfung auf klarer Berechnungsgrundlage ausgelegt ist und daher wenig Raum für individuelle Abwägungen lässt, als nicht sachgerecht.438 Abzustellen ist danach auf die Sicht der Partei in der konkreten Prozesssituation und dann zu beurteilen, ob aus dem Blickwinkel eines objektiven Betrachters die Sachdienlichkeit zu bejahen ist.439 Es kommt darauf an, was nach den allgemeinen Anschauungen, insbesondere denen des prozessualen Rechtsverkehrs, unter Beachtung der tatsächlichen Verhältnisse aufzuwenden war.440 Dabei ist im Grundsatz eine typisierende Betrachtungs weise geboten, die eine Beurteilung der Erstattungsfähigkeit bestimmter Aufwendungen nach abstrakt-generalisierenden Kriterien zulässt und die Grundlage für eine Kasuistik schafft.441 2. Anwaltskosten § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO, wonach gesetzliche Gebühren und Auslagen eines Anwalts stets zu erstatten sind, liegt die Wertung zu Grunde, dass die anwaltliche Vertretung grundsätzlich förderlich für den Prozess ist.442 Für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ist die Notwendigkeit daher grundsätzlich nicht gesondert zu prüfen.443 Nur in engen Grenzen, wenn die Einschaltung eines Anwalts sich als offensichtlich nutzlos darstellt oder in Schädigungsabsicht erfolgt, werden die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Anwalts als nicht erstattungsfähig angesehen.444 Aus dieser gesetzgeberischen Wertung sowie § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, wonach dem Rechtsanwalt, der in eigener Sache tätig wird, die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als bevollmächtigter Rechtsanwalt erstattet verlangen könnte, folgt zudem, dass es für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Anwalts-
437
S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 50. 439 Vgl. BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 25. 440 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48. 441 BGHZ 209, 120 Rdnr. 11; BGH NJW 2018, 1403 Rdnr. 29; NJW-RR 2012, 695 Rdnr. 13; JurBüro 2010, 369 Rdnr. 7; NJW 2008, 2122 Rdnr. 19; NJW-RR 2008, 1378 Rdnr. 8; 2005, 1662; 2004, 1724; NJW 2003, 901, 902; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 50. 442 OLG München JurBüro 1973, 63, 64; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 57. 443 BGH NJW 2003, 1532; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 133. 444 OLG Hamm NJW 1970, 2217; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 57. 438
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kosten grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob eine Partei rechtskundig ist oder eine Rechtsabteilung unterhält.445 Handelt es sich um einen auswärtigen Anwalt oder werden mehrere Anwälte beauftragt, ist gem. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 und S. 2 ZPO die Notwendigkeit der Inanspruchnahme hingegen gesondert zu prüfen. Insoweit ist bei der Prüfung der Notwendigkeit insbesondere der Hintergrund des Abbaus der Postulationsschranken vor den Amts- und Landgerichten (1.1.2000) und den Oberlandesgerichten (1.8.2002) zu berücksichtigen. Beim Abbau der Postulationsschranken sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das persönliche Vertrauen der Partei in die Fähigkeit und Bereitschaft ihres Anwalts, ihre Belange vor Gericht optimal zu vertreten, ein wesentliches Kriterium bei der Anwaltswahl darstellt.446 Mit Blick auf den maßgeblichen typisierenden Maßstab447 ist allerdings nicht etwa für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Anwalts im Einzelfall zu prüfen, ob dies durch ein besonderes Vertrauensverhältnis gerechtfertigt ist.448 Vielmehr ist in Entsprechung zu der genannten gesetzgeberischen Zielsetzung davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Anwalts am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei mit Blick auf ein typischerweise bestehendes Vertrauensverhältnis schutzwürdig und daher in aller Regel als notwendig i. S. v. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO anzusehen ist.449 Die Kosten eines Distanzanwalts sind dagegen grundsätzlich450 dann nicht zu erstatten, wenn die Partei ihrerseits rechtskundig451 ist bzw. ein Unternehmen eine eigene Rechtsabteilung unterhält.452 Dies wird damit begründet, dass von einer rechtskundigen Partei bzw. ihren rechtskundigen Mitarbeitern erwartet 445 Vgl. BGH NJW-RR 2014, 240 Rdnr. 8; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 57; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 11. 446 BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53; BVerfGE 103, 1, 16 f.; BGH JurBüro 2010, 369 Rdnr. 5; NJW 2008, 2122 Rdnr. 14; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 62. 447 S. o.: Teil 1 § 9 III. 1. 448 BGH NJW-RR 2012, 695 Rdnr. 13; JurBüro 2010, 369 Rdnr. 5 ff.; NJW 2008, 2122 Rdnr. 13 ff.; NJW-RR 2005, 1662; 2004, 858 (jeweils auch zum Folgenden). 449 BGH NJW-RR 2012, 698 Rdnr. 8; 2008, 1378 Rdnr. 7 ff.; NJW 2007, 2048 Rdnr. 6; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 68 sowie zu unterschiedlichen Fallgruppen m. w. N.: Rdnr. 69 ff.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 17 f. 450 Anders wird dies etwa beurteilt, wenn es sich nicht um Routineangelegenheiten des jeweiligen Unternehmens oder Verbandes handelt oder Streitigkeiten betroffen sind, die in tatsächlicher Hinsicht besonders komplex sind oder schwierige Rechtsfragen aufwerfen, vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 72 m. w. N.; a. A. Karczewski, MDR 2005, 481, 483. 451 Eine Ausnahme wird im Falle des sich selbst vertretenden Anwalts gemacht, vgl. BGH NJW 2003, 1534; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 88. 452 BGH NJW-RR 2012, 698 Rdnr. 7 ff.; 2007, 129 Rdnr. 8; 2004, 855, 856; 2004, 856, 857; NJW 2004, 3187 f.; 2003, 898, 901; NJW-RR 2001, 36 f.; OLG Celle NJW-RR 2009, 557, 558;
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werden könne, dass diese einen am Gerichtsort ansässigen Anwalt schriftlich, telefonisch oder mittels moderner Kommunikationstechnik mit den für die Prozessführung erforderlichen Informationen versorgen und die notwendigen Anweisungen erteilen könnten. Voraussetzung hierfür ist freilich, dass das Unternehmen tatsächlich eine Rechtsabteilung hat, die mit der Sache befasst war.453 Eine Partei, die ihre Rechtsangelegenheiten „outsourct“ und die Bearbeitung einzelner Fälle einem „Hausanwalt“ überlässt, ohne einzelfallbezogene Anweisungen zu geben, darf nicht so behandelt werden, als sei sie rechtskundig. Im Bereich der prozessualen Kostenerstattung kommt es nur auf die tatsächlich gewählte Organisationsstruktur an. 3. Privatgutachten und Detektivkosten Die Beurteilung der Notwendigkeit einzelner Positionen ist in vielen Fällen streitig. Hier ist nicht der Ort, zu allen Fallgestaltungen Stellung zu nehmen. Anhand der beispielhaft aufgegriffenen Positionen der Privatgutachten und Detektivkosten soll vielmehr lediglich aufgezeigt werden, welche Gesichtspunkte für die Entscheidung über die Notwendigkeit der Kosten in den Fällen, in denen die Erstattungsfähigkeit zweifelhaft ist, herangezogen werden. Schwierigkeiten können sich zunächst bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Kosten für vorprozessuale sowie prozessbegleitende Privatgutachten ergeben.454 Ausgangspunkt für die Entscheidung darüber, ob entsprechende Kosten notwendig sind, muss sein, dass die Klärung streitiger Tatsachen im Wege der Beweisaufnahme durch die Einholung eines erforderlichen Sachverständigengutachtens Aufgabe des Gerichts ist.455 Daher bildet die Erstattungsfähigkeit der Kosten von Privatgutachten die Ausnahme. Die damit letztlich am Einzelfall ausgerichtete wertende Entscheidung, ob ausnahmsweise von der Notwendigkeit auszugehen ist, steht im Spannungsverhältnis zu dem grundsätzlich maßgeb lichen typisierenden Maßstab.456
OLG Koblenz NJW-RR 2004, 431, 432; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 71 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 453 BGH NJW 2006, 3008 Rdnr. 13; NJW-RR 2004, 1724 f.; 2004, 857, 858; 2004, 430, 431; OLG Bremen OLGR Bremen 2006, 305, 306; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 73 (jeweils auch zum Folgenden); a. A. OLG Köln AnwBl 2002, 116; VersR 2001, 257; Karczewski, MDR 2005, 481, 483. 454 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 46 f.; zur Frage der Prozessbezogenheit s. o.: Teil 1 § 9 I. 2. e), f). 455 Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 59. 456 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 52; zum grundsätzlich gebotenen typisierenden Maßstab s. o.: Teil 1 § 9 III. 1.
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Privatgutachten werden für notwendig erachtet, wenn die Partei ohne sachverständige Hilfe zu einem sachgemäßen Vortrag nicht fähig ist.457 Hierzu gehören insbesondere die Fälle, in denen die Partei ohne die Hilfe eines Sachverständigen nicht in der Lage ist, die Feststellungen eines Sachverständigen zu überprüfen oder zu erschüttern oder ihr Fragerecht ihm gegenüber nicht ausüben kann. Die Kosten eines vor einem Rechtsstreit eingeholten Gutachtens können sich weiterhin als notwendig darstellen, wenn eine ausreichende Klagegrundlage nur durch einen Sachverständigen beschafft werden kann, weil die Sachkunde der Partei nicht ausreicht und das Gutachten daher zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich ist.458 Daneben können für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit weitere Gesichtspunkte relevant sein, wie etwa die voraussichtliche Eignung des Privatgutachtens zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung und deren Erfolgsaussichten bei Berücksichtigung präsenter Anknüpfungstatsachen und die mögliche Förderung des Prozesserfolgs mit weiteren Darlegungs- und Beweismitteln. Weiterhin sind in der erforderlichen Gesamtbetrachtung aus Sicht einer verständigen und wirtschaftlich denkenden Partei auch die für ein Privatgutachten anfallenden Kosten nicht völlig außer Betracht zu lassen, auch wenn die Partei grundsätzlich alle zur vollen Wahrnehmung ihrer Interessen erforderlichen Maßnahmen ergreifen darf.459 Auf die Relevanz der jeweiligen Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme für das Prozessergebnis darf mit Blick auf die maßgebliche ex ante-Betrachtung nicht abgestellt werden.460 Der teilweise vertretenen Ansicht, für die Erstattung von Kosten eines Privatgutachtens bedürfe es der Beeinflussung des Rechtsstreits zugunsten der betreffenden Partei,461 ist daher nicht zu folgen.462 Streitig ist weiterhin, ob die Erstattung der Privatgutachterkosten voraussetzt, dass das Gutachten in den Prozess eingeführt wird.463 Stellt man für die Beurtei457 BGHZ 192, 140 Rdnr. 13; BGH NJW 2013, 1820 Rdnr. 25 f.; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. B 405 ff.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 59b (jeweils auch zum Folgenden). 458 BGHZ 153, 235, 238; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 572; OLG Hamburg JurBüro 1990, 1476; OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 544; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Privatgutachten“. 459 BGHZ 192, 140 Rdnr. 13; BGH NJW 2006, 2415 Rdnr. 10. 460 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48. 461 OLG Bamberg JurBüro 1990, 732; OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1984, 1083, 1084. 462 BGHZ 192, 140 Rdnr. 12; BGH NJW 2013, 1820 Rdnr. 27; OLG Hamm Rpfleger 2001, 616; NJW-RR 1996, 830; OLG Saarbrücken JurBüro 1988, 1360; OLG Stuttgart ZEV 2007, 536; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 52. 463 Vgl. BGH NJW 2013, 1823 Rdnr. 9: Einführung des Gutachtens in den Prozess sei nicht erforderlich; a. A. OLG Hamm NJW-RR 1996, 830, 831; OLG München NJW-RR 1995, 1470:
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lung der Notwendigkeit auf die ex ante-Perspektive ab, folgt hieraus, dass die Erstattungsfähigkeit weder von dem Ergebnis der Begutachtung noch von deren Überzeugungskraft abhängt.464 Dann kann aber von der Partei auch nicht verlangt werden, dass sie den Inhalt des Privatgutachtens durch entsprechenden Vortrag in den Rechtsstreit einführt oder das Gutachten im Rahmen des Rechtsstreits vorlegt. Nach heute ganz h. M. ist auch im Bereich vorprozessualer Aufwendungen die ex ante-Perspektive maßgeblich.465 Nach a. A. soll insoweit entscheidend sein, inwieweit die Partei die einzelnen Positionen zum Zeitpunkt des Prozessbeginns rückschauend noch als verfahrensfördernd ansehen durfte.466 Überzeugender erscheint es, mit der h. M. einheitlich auf eine ex ante-Perspektive abzustellen. Die von der Mindermeinung vertretene Beurteilung ex post ist systemfremd. Der Hinweis, ohne eine ex post-Betrachtung würde es nicht selten zu einer unbilligen Kostenbelastung des späteren Prozessgegners kommen,467 vermag nicht zu überzeugen. Auch die h. M. hält die Kosten für Privatgutachten nur ausnahmsweise für erstattungsfähig. Bei vorprozessualen Privatgutachten kommt hinzu, dass diese nur unter dem strengen Maßstab, der an die Beurteilung der Prozessbezogenheit bei Vorbereitungskosten zu stellen ist,468 erstattungsfähig sind. Im Hinblick auf Detektivkosten ergeben sich ähnliche Probleme wie bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens.469 So wird etwa teilweise wiederum gefordert, dass der Einsatz des Detektivs die prozessuale Stellung des Auftraggebers positiv beeinflusst haben muss.470 Da für die Notwendigkeit eine ex ante-Sicht maßgeblich ist, ist jedoch mit der Gegenansicht davon auszugehen, dass sich das Ermittlungsergebnis nicht zwingend zugunsten der Partei auswirken muss.471 Ferner wird ebenfalls verbreitet gefordert, dass die Gutachten müsse im Rechtsstreit vorgelegt werden; OLG Saarbrücken JurBüro 1990, 623: Ein führung in den Prozess auch durch Eingang in den Schriftsatz möglich; einschränkend: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rdnr. 104: Einführung in den Prozess sei grundsätz lich erforderlich. 464 BGH NJW 2013, 1823 Rdnr. 9 (auch zum Folgenden). 465 BGHZ 192, 140 Rdnr. 12; 153, 235, 236, 238; BGH NJW 2013, 1823 Rdnr. 5; 2013, 1820 Rdnr. 24, 27; 2006, 2415 Rdnr. 10; OLG Brandenburg VersR 2008, 1132; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 286; Musielak/Voit-Lackmann, § 91 Rdnr. 59; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 48. 466 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 52. 467 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 52. 468 S. o.: Teil 1 § 9 I 2. e). 469 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 47. 470 OLG München VersR 1977, 62; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. B 416 f.; Musielak/Voit- Flockenhaus, § 91 Rdnr. 46. 471 BGH NJW 2013, 2668 Rdnr. 10 f.; OLG Koblenz NJW-RR 2007, 293, 294; OLGR Koblenz 2006, 1017; OLG Schleswig MDR 2006, 174, 175; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. B 412;
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Ermittlungen des Detektivs in den Rechtsstreit eingeführt worden sind.472 Wie oben bereits zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens ausgeführt wurde, ist jedoch auch dies mit Blick auf die Beurteilung der Notwendigkeit der jeweiligen Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Vornahme abzulehnen.473 Weiterhin wird verbreitet einschränkend für die Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten vorausgesetzt, dass sie gemessen an der Bedeutung des Streitgegenstandes und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien angemessen erscheinen.474 Gegen solche Beschränkungen spricht jedoch, dass grundsätzlich auch hohe Kosten der Rechtsverfolgung und -verteidigung zu erstatten sind, solange sie zweckentsprechend sind und es keine billigere Möglichkeit gab.475 Aus dem Streitwert, dem Gesamtprozesskostenaufwand und der Bedeutung der Sache können sich jedoch Indizien für einen übermäßig hohen Aufwand ergeben.
§ 10 Prozessuale Durchsetzung Die prozessuale Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs erfolgt grundsätzlich476 zweistufig durch die richterliche Kostengrundentscheidung einerseits und das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren andererseits.
I. Kostengrundentscheidung Der Richter befindet im Rahmen der Kostengrundentscheidung darüber, wer Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist (vgl. z. B. §§ 91 ff., 281 Abs. 3, 238 Abs. 4, 344, 380 Abs. 1 S. 1, 409 Abs. 1 S. 1 ZPO) und gegebenenfalls in Höhe welcher Quote (vgl. § 92 ZPO) Ansprüche der Beteiligten bestehen.477 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 121; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Detektivkosten“. 472 OLG Koblenz OLGR Koblenz 2006, 1017; OLG München MDR 1970, 429; OLG Schleswig MDR 2006, 174, 175. 473 Vgl. auch v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. B 412, B 417. 474 BGH NJW 2013, 2668 Rdnr. 10 f.; OLG Karlsruhe MDR 1996, 1078; OLG Koblenz OLGR Koblenz 2006, 1017; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91 Rdnr. 46; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Detektivkosten“. 475 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 68 ff. (auch zum Folgenden). 476 Im Falle des Prozessvergleichs entfällt die Kostengrundentscheidung, dazu noch sogleich: Teil 1 § 10 I 2., II. 2. 477 Der Rechtspfleger trifft im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens jedoch eine eigene Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO, sofern in diesem Verfahren gesonderte Kosten anfallen. Er setzt die Kosten dann gleichzeitig der Höhe nach fest; hierzu: BVerfG NJW 1977,
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1. Grundsatz Die Kostengrundentscheidung ergeht gem. § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen im Rahmen des Endurteils und jeder sonstigen ein selbstständiges Verfahren abschließenden Entscheidung als Nebenentscheidung zur Hauptsache.478 Ein selbstständiges Verfahren abschließende Entscheidungen sind Endurteile, Vorbehaltsurteile und solche Beschlüsse, die infolge eines derart verselbstständigten Verfahrens ergehen, dass der Beschluss mit dem Endurteil auf eine Stufe zu stellen ist, wovon beispielsweise beim Arrestbefehl, der einstweiligen Verfügung, der Entscheidung über eine Erinnerung nach § 766 ZPO und bei einem selbstständigen Zwischenstreit mit Dritten auszugehen ist.479 Für den Fall der beiderseitigen Erledigungserklärung bestimmt § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO, dass der Richter über die Kosten im Rahmen eines Beschlusses zu entscheiden hat, bei der Rechtsmittelrücknahme ordnen dies §§ 516 Abs. 3 S. 1, 565 S. 1 ZPO an. Nach § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO ergeht ein Beschluss über die Kosten im Fall der Klagerücknahme grundsätzlich nur auf Antrag; ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht nach Abs. 4 S. 2 der Vorschrift über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden. 2. Kostenvereinbarung Im Falle des Prozessvergleichs entfällt die Kostengrundentscheidung, denn Grundlage für das Kostenfestsetzungsverfahren ist der Prozessvergleich (vgl. §§ 103 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und die in diesem Rahmen getroffene Kostenvereinbarung bzw. die mangels Kostenvereinbarung geltende Kostenfolge gem. §§ 98, 92 Abs. 1 S. 2 ZPO.480 Höchst umstritten ist, ob außerhalb eines Prozessvergleichs getroffene Kostenvereinbarungen im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens durchgesetzt werden können. Da solche Kostenvereinbarungen – anders als eine im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffene Vereinbarung (vgl. § 794 Nr. 1 ZPO) – keine zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel darstellen und daher auf ihrer Grundlage das Kostenfestsetzungsverfahren nicht betrieben werden kann (vgl. § 103 Abs. 1 ZPO), ist entscheidend, inwieweit eine der Kostenvereinbarung entsprechende Kostengrundentscheidung ergehen kann. 145; OLG Düsseldorf MDR 1991, 449; OLG Zweibrücken Rpfleger 2003, 101; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 104 Rdnr. 20; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 104 Rdnr. 78; Stein/Jonas-Muthorst, § 104 Rdnr. 25. 478 Vgl. statt aller Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 4 ff. (auch zum Folgenden). 479 Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 5, 10, bei Rdnr. 6 ff. m. w. N. zudem zu den Entscheidungen, im Rahmen derer keine Kostengrundentscheidung ergehen darf. 480 Zum Kostenfestsetzungsverfahren im Falle des Prozessvergleichs s. u.: Teil 1 § 10 II. 2.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
a) Auf Verfahrensbeendigung gerichteter außergerichtlicher Vergleich Ist ein außergerichtlicher Vergleich (auch) auf die Beendigung des Prozesses gerichtet, so kommen für die prozessuale Umsetzung verschiedene Wege in Betracht. Es steht den Parteien insbesondere frei, den Rechtsstreit fortzusetzen und ein der Einigung entsprechendes Urteil zu erstreben, was gegebenenfalls durch Anerkenntnis oder Verzicht (§§ 306, 307 ZPO) erreicht werden kann.481 Ferner können die Parteien einen ihrer Einigung entsprechenden Prozessvergleich schließen. Wählen die Parteien eine dieser Möglichkeiten, erhalten sie mit der im Urteil erfolgenden Kostengrundentscheidung bzw. dem gerichtlichen Vergleich einen für das Kostenfestsetzungsverfahren geeigneten Titel. Streitig sind hingegen die Folgen einer gerichtlichen Umsetzung der Einigung durch Klage- oder Rechtsmittelrücknahme (§§ 269, 516, 565 ZPO) oder beiderseitige Erledigungserklärung (§ 91a ZPO).482 aa) Keine Kostengrundentscheidung Nach einer Ansicht dürfe dann, wenn die Parteien die Kostenfrage ausdrücklich geregelt hätten, eine Kostenentscheidung nicht mehr ergehen.483 Äußerten sich die Parteien zur Kostenfrage nicht, habe die Kostenverteilung gem. § 98 ZPO analog zu erfolgen; gegebenenfalls könne eine Kostenentscheidung ebenfalls nicht mehr ergehen. Nach den allgemeinen Regeln, insbesondere gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO, sei nur dann zu entscheiden, wenn der außergerichtliche Vergleich keine Kostenvereinbarung enthalte und ausnahmsweise die Anwendung von § 98 ZPO dem (hypothetischen) Parteiwillen widerspreche. Der X. Zivilsenat484 begründet diese Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 14.7.1969 damit, dass das Gericht von den Parteien nicht zum Erlass einer bestimmten, von den gesetzlichen Prozesskostenvorschriften abweichenden, Kostenentscheidung verpflichten werden könnte. Weiterhin liefe ein solcher Beschluss darauf hinaus, einen außergerichtlichen Vergleich im Kostenpunkt für vollstreckbar zu erklären, was im Hinblick auf § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht möglich sei. Ferner seien die Parteien auf einen entsprechenden Ausspruch nicht angewiesen, weil ihnen zur Beitreibung der Kosten der Weg des Mahnverfahrens offen stehe. 481
Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 4 (auch zum Folgenden). MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 35 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 6. 483 Zu § 91a ZPO: BGH MDR 1970, 46 (auch zum Folgenden); OLG Hamm AnwBl 1982, 72 f.; OLG München JurBüro 1983, 1880, 1881; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 40; zu §§ 516, 565 ZPO: BGH NJW-RR 2006, 1000 Rdnr. 5, 7. 484 BGH MDR 1970, 46. 482
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bb) Kostenentscheidung ausnahmsweise Unter Berufung auf die Rechtsprechung des X. Zivilsenats485 führt der XII. Zivilsenat in einer Entscheidung vom 15.3.2006 für den Fall einer Rechtsmittelrücknahme aus, dass die Anwendung von § 91a ZPO im Ausgangspunkt die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung zur Beendigung eines Kostenstreits der Parteien voraussetze, was auch bei einem außergerichtlichen Vergleich dann nicht der Fall sei, wenn sich die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits – entweder kraft einer ausdrücklichen Bestimmung oder aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 98 S. 2 ZPO – aus dem Inhalt des Vergleichs selbst ergebe.486 Auch eine Kostenentscheidung gemäß §§ 516 Abs. 3, 565 ZPO komme nicht in Betracht, weil die Kostenvereinbarung der Parteien diesen allgemeinen Regeln vorgehe.487 Da die Kostenverteilung einer Vereinbarung der Parteien folge, sei grundsätzlich für eine gerichtliche Kostenentscheidung kein Raum mehr, und zwar auch soweit zur Auslegung der Vereinbarung auf die gesetzliche Vermutung des § 98 S. 2 ZPO zurückgegriffen werde. Allerdings könne in den Fällen einer rein außergerichtlichen Verständigung über die Kostenlast zur Klarstellung ein deklaratorischer Beschluss angezeigt sein.488 Dabei beruft sich der Senat insbesondere auf Bergerfurth489, nach dessen Auffassung im Falle des außergerichtlichen Vergleichs häufiger als beim Prozessvergleich ein deklaratorischer Kostenbeschluss angezeigt sei, nämlich insbesondere dann, wenn die Parteien oder der Rechtspfleger mit Rücksicht auf die Ausgleichung der Gerichtskosten eine Klarstellung wünschen. Der Hinweis auf den Rechtspfleger, der gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zuständig ist, lässt vermuten, dass der XII. Zivilsenat und Bergerfurth davon ausgehen, dass die Kostenfestsetzung im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs auch ohne Kostengrundentscheidung erfolgen kann. Der V. Zivilsenat hat in einer Entscheidung vom 8.12.2006 weiterhin für den Fall eines außergerichtlichen Vergleichs entschieden, dass – sofern eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ausnahmsweise in Betracht komme, weil eine Kostenentscheidung nach § 98 Abs. 2 ZPO nicht dem Parteiinteresse entspreche – im Rahmen der Entscheidung nach billigem Ermessen gem. § 91a ZPO das Gericht an die von den Parteien getroffene Kostenverteilung zwar nicht gebunden sei, diese aber berücksichtigen könne.490 485
S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) aa). BGH NJW-RR 2006, 1000 Rdnr. 4. 487 BGH NJW-RR 2006, 1000 Rdnr. 5. 488 BGH NJW-RR 2006, 1000 Rdnr. 7. 489 Bergerfurth, NJW 1972, 1840, 1843. 490 BGH NJW 2007, 835 Rdnr. 1, 17. 486
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cc) Kostengrundentscheidung mit dem Inhalt der Vereinbarung Nach einer weiteren Ansicht sei eine sich aus dem außergerichtlichen Vergleich ergebende Kostenvereinbarung bzw. gegebenenfalls – sofern kein abweichender Parteiwille ersichtlich ist – eine der Regelung des § 98 ZPO entsprechende Kostenfolge gem. §§ 91a Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3 ZPO durch Beschluss festzustellen, aus dem sodann die Kostenfestsetzung betrieben werden könne.491 Teilweise wird die direkte Anwendung dieser Vorschriften abgelehnt, aber für eine analoge Anwendung eingetreten.492 Es bedürfe einer entsprechenden Kostengrundentscheidung, da die aufgrund einer (positiven) Parteivereinbarung oder nach der gesetzlichen Regel verteilten Kosten des Rechtsstreits in Ermangelung eines vollstreckbaren Kostentitels nicht wie sonst einer Kostenfestsetzung zugänglich seien. Die Parteien würden ansonsten auf einen zweiten Prozess über die Kosten verwiesen, was nicht prozess ökonomisch wäre. Das gelte auch im Vergleich zu einem Mahnverfahren, da dieses ebenfalls nicht auf eine an dem Maßstab des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO aus gerichtete Prüfung der beantragten Kostenpositionen zugeschnitten sei und der Erstattungspflichtige daher wegen jeglicher, unter Umständen geringfügiger Einwände gezwungen wäre, gegen den Mahnbescheid vorzugehen. dd) Stellungnahme Mit der zuletzt genannten Ansicht ist der Verweis auf die Möglichkeit eines Mahnverfahrens abzulehnen. Vielmehr ist den Parteien im Sinne der Verfahrens ökonomie grundsätzlich die Möglichkeit zu eröffnen, die Kosten des Rechtsstreits entsprechend der getroffenen Vereinbarung im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens durchzusetzen. Da der außerprozessuale Vergleich kein für die Kostenfestsetzung geeigneter Titel ist, bedarf es insoweit einer gerichtlichen Entscheidung. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt, dass der Prozessvergleich ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist. Sie schließt jedoch die Möglichkeit einer Kostengrundentscheidung, auf deren 491 Zu § 91a ZPO: OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 654; OLG Bremen OLGZ 1980, 222, 223 ff.; OLG Schleswig JurBüro 1993, 745 f.; Stein/Jonas-Muthorst, § 98 Rdnr. 6, § 91a Rdnr. 35; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Vergleich“; vgl. zur Berücksichtigung der Kostenfolge aus § 98 ZPO im Rahmen einer Entscheidung gem. § 91a ZPO: BGH NJW-RR 1997, 510; zu § 516 Abs. 3 ZPO (§ 515 Abs. 3 ZPO a. F.): BGH MDR 1972, 945, 946: im konkreten Fall fehlte es lediglich am Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenentscheidung, weil der Beklagte die im Vergleich übernommenen Kosten unstreitig schon gezahlt hatte; vgl. auch Thomas/Putzo-Hüßtege, § 98 Rdnr. 4: Kostenvereinbarung könne berücksichtigt werden. 492 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 36 ff. (auch zum Folgenden).
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Grundlage die Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO erfolgen kann, im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs nicht aus. Dass die Parteien mit ihrer Kostenvereinbarung auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. einwirken können, steht einer entsprechenden Kostengrundentscheidung nicht entgegen. Eine solche ergeht in diesen Fällen mit Blick auf den Kostenerstattungsanspruch deklaratorisch, hat aber hinsichtlich der Möglichkeit des Betreibens des Kostenfestsetzungsverfahrens konstitutive Wirkung. Sie wirkt hinsichtlich des Erstattungsanspruchs nicht gestaltend, sondern stellt diesen fest. Deklaratorische und feststellende Kostenentscheidungen sind dem System der prozessualen Kostenerstattung nicht fremd. Zwar stellt die Kostenentscheidung nach h. M. grundsätzlich die aufschiebende Bedingung für die Entstehung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs dar,493 wonach ihr in aller Regel also konstitutive und gestaltende Wirkung zukommt. Von einer deklaratorischen Natur wird jedoch dann ausgegangen, wenn infolge eines Prozessvergleichs Streit der Parteien hinsichtlich der Kostenvereinbarung besteht und das für die Auslegung der Kostenvereinbarung zuständige Gericht, vor dem der Vergleich geschlossen wurde, die Kostentragungspflicht im Rahmen eines Beschlusses feststellt.494 Im Falle einer beiderseitigen Erledigungserklärung, Klage- oder Rechtsmittelrücknahme infolge eines außergerichtlichen Vergleichs bedarf es weder einer analogen Anwendung von §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3 ZPO, noch eines Rückgriffs auf die im Falle des Prozessvergleichs anerkannte Möglichkeit eines deklaratorischen Beschlusses bei Streit über die Auslegung der Kostenvereinbarung. Vielmehr kann entsprechend der prozessualen Umsetzung des außerprozessualen Vergleichs mittels beiderseitiger Erledigungserklärung oder Klagebzw. Rechtsmittelrücknahme in direkter Anwendung von §§ 91a Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3 ZPO über die Kostentragung entschieden werden. Diese Vorschriften schließen nach ihrem Wortlaut eine Entscheidung über die Kostentragung im Falle einer Kostenvereinbarung nicht aus. Im Falle der Klagerücknahme spricht hierfür insbesondere, dass ein außergerichtlicher Vergleich gerade einen „anderen Grund“ i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO darstellt495 und das Gericht nach § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO auf Antrag über die sich aus § 269 Abs. 3 ZPO ergebende Kostenfolge zu entscheiden hat. Im Wortlaut von § 516 Abs. 3 ZPO hat die Möglichkeit der Berücksichtigung von Kostenvereinbarungen zwar keinen Ausdruck gefunden. Der Gesetzgeber 493
S. o.: Teil 1 § 4. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 13; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 98 Rdnr. 7; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 98 Rdnr. 11. 495 BT-Drucks. 14/4722, S. 80; BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 12; NJW-RR 2010, 1476 Rdnr. 10; 2005, 1662, 1663; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 15. 494
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hat dies allerdings in seiner Begründung zu § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO implizit be stätigt: danach werde in § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO klargestellt, dass dem Kläger die Kosten nicht auferlegt werden könnten, wenn eine der schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen vorliege, z. B. wenn der Beklagte durch außergerichtlichen Vergleich zur Kostentragung verpflichtet sei.496 Wird in § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Berücksichtigung von Kostenvereinbarungen aber lediglich klargestellt, lässt dies den Schluss zu, dass diese auch bei einer Rechtsmittelrücknahme zu berücksichtigen sind.497 Gegen eine Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO im Falle der beiderseitigen Erledigungserklärung spricht auch nicht, dass das Gericht nach „billigem Ermessen“ unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden hat. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dem Richter hiermit grundsätzlich ein weiter Spielraum bei der Entscheidung über die Kosten zusteht,498 spricht dies nicht gegen die Alternativlosigkeit der Entscheidung im speziellen Fall einer (ausdrücklichen, konkludenten oder entsprechend der Auslegungsregel499 des § 98 ZPO anzunehmenden) Kostenvereinbarung der Parteien.500 Vielmehr entspricht dann nur die inhaltlich der Kostenvereinbarung entsprechende Entscheidung „billigem Ermessen“, weil durch die Einigung bereits geregelt ist, wer die Kosten zu tragen hat. Von einer dahingehend gebundenen Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO kann freilich nicht ausgegangen werden, wenn die Wirksamkeit oder Auslegung der Kostenvereinbarung ihrerseits die Prüfung schwieriger Sach- oder Rechts fragen mit sich bringt. Denn bei der Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO hat der Richter nach h. M. zum einen ein Ermessen hinsichtlich der weiteren Beweis erhebung, wobei (auch) dem Zweck der Vereinfachung und Beschleunigung Rechnung zu tragen ist und eine weitere Sachaufklärung nicht stattfinden darf, wenn sie unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde.501 Zum anderen 496
BT-Drucks. 14/4722, S. 80. Vgl. auch MünchKomm.ZPO-Rimmelspacher, § 516 Rdnr. 23. 498 So insbesondere: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 118; ebenfalls für ein Ermessen des Gerichts, aber in engeren Grenzen: Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 24 ff.; ähnlich restriktiv Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 31 ff.; noch einschränkender Stickelbrock, S. 448: dem Richter werde Ermessen nur hinsichtlich der Entscheidung über eine weitere Beweiserhebung eingeräumt, von der Aufgabe der Rechtsfindung und der damit verbundenen Klärung auch schwieriger Rechtsfragen sei der Richter dagegen nicht befreit. 499 Vgl. Hahn, S. 200. 500 Vgl. zur „Ermessensreduzierung auf Null“: Stickelbrock, S. 202 ff. (Verwaltungsermessen), i. V. m. S. 219 ff., insb. 244 ff. (zur Übertragbarkeit der Ermessenslehre auf das richterliche Ermessen). 501 BGHZ 21, 298, 300; 13, 142, 145; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; Göppinger, S. 207 ff.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 22; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 497
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braucht das Gericht nach herrschender Auffassung bei einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO schwierige Rechtsfragen nicht zu entscheiden.502 In diesen Fällen bleibt dem Inhaber eines (neben einen etwaigen geänderten prozessualen Kostenerstattungsanspruch) tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus einer Kostenvereinbarung die Möglichkeit der Geltendmachung im ordentlichen Klageverfahren. b) Isolierte Kostenvereinbarung Unterschiedlich beurteilt wird weiterhin, ob auch im Falle einer „isolierten“ Kostenvereinbarung die Einigung der Parteien berücksichtigt werden kann. aa) Meinungsstand Nach ganz überwiegender Ansicht kann eine isolierte Kostenvereinbarung nicht berücksichtigt werden, wenn der Prozess fortgeführt wird mit der Folge, dass § 91 ZPO einschlägig ist.503 Teilweise wird die Berücksichtigung einer Kostenvereinbarung bei der Kostenverteilung – auch wenn es infolgedessen zur Verfahrensbeendigung kommt – bereits deswegen abgelehnt, weil die betreffende Vereinbarung keine Abrede über die Verfahrensbeendigung enthält und mithin keinen auf Verfahrensbeendigung gerichteten Vergleich darstellt.504 Nach einer weiteren Ansicht sei eine isolierte Kostenvereinbarung auch bei Fortführung des Prozesses mit der Folge, dass eigentlich § 91 ZPO einschlägig Rdnr. 38; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 31 m. w. N. auch zur a. A.; Stickelbrock, S. 433 ff. m. w. N. auch zur a. A.; die Gegenansicht ist noch restriktiver und hält eine weitere Beweis aufnahme für grundsätzlich unzulässig, vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 978; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 115 f. m. w. N. 502 BGHZ 163, 195, 197; 67, 343, 345 f.; BGH NJW-RR 2009, 425 Rdnr. 9; 2009, 422; NJW 2007, 1591 Rdnr. 22; NJW-RR 2004, 1219, 1220; NJW 1994, 256 f.; 1954, 1038; OLG München OLGR München 1999, 281; OLG Stuttgart MDR 1997, 1137, 1138; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 134; Hk.ZPO-Gierl, § 91a Rdnr. 44; MünchKomm.ZPOSchulz, § 91a Rdnr. 52; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 23; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 30; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 48; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 27; a. A. MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 55; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 37; Stickelbrock, S. 432 f.; Wieczorek/Schütze-Smid/Hartmann, § 91a Rdnr. 12: jedenfalls bei hohen Streitwerten müssten auch schwierige Rechtsfragen entschieden werden. 503 BGHZ 5, 251, 258; Becker-Eberhard, S. 212 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 4; ferner diejenigen, die davon ausgehen, dass die Entscheidung nach billigem Ermessen gem. § 91a ZPO bzw. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Berücksichtigung der Kostenvereinbarung erst ermöglicht, vgl. etwa OLG München OLGR München 2004, 218; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 48; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Vergleich“. 504 KG FamRZ 1986, 652; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 4 i. V. m. Rdnr. 3.
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wäre, zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig und im konkreten Fall mit Sinn und Zweck der §§ 91 ff. ZPO vereinbar ist.505 Dies entspreche dem Vereinfachungsprinzip, das §§ 91 ff. ZPO beherrsche, da das Gericht sich bei schlichter Übernahme der Kostenvereinbarung weitere Überlegungen über die Kostentragung ersparen könne. Ferner wird vertreten, dass eine (isolierte) Kostenvereinbarung generell bei einem entsprechenden Antrag des aus der Kostenvereinbarung Begünstigten zu berücksichtigen sei.506 bb) Stellungnahme Nicht überzeugend erscheint es, zwischen Kostenvereinbarungen, die im Rahmen eines Vergleichs geregelt sind, der sogleich auf Verfahrensbeendigung gerichtet ist und solchen, die zwar unabhängig von einer Vereinbarung, die auf die Beendigung des Verfahrens gerichtet ist, getroffen wurden, in deren Folge es aber dennoch zur Verfahrensbeendigung durch übereinstimmende Erledigungserklärung oder Klage- bzw. Rechtsmittelrücknahme kommt, zu unterscheiden. Denn im Rahmen der Entscheidungen gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3, Abs. 4, 516 Abs. 3 ZPO können Kostenvereinbarungen gerade berücksichtigt werden.507 Nicht ersichtlich ist, warum dies nur bei einer Kostenvereinbarung im Rahmen eines auf Beendigung des Verfahrens gerichteten Vergleichs gelten sollte. Auf der anderen Seite kann eine Kostenvereinbarung dort, wo das Gesetz keinen Raum für ihre Berücksichtigung lässt, keinen Einfluss auf die Kostenentscheidung haben, auch dann nicht, wenn die Kostenvereinbarung unstreitig ist. Die grundsätzliche Anknüpfung der Kostenlast an das Unterliegen gem. §§ 91, 92 ZPO beruht unter anderem auf dem Vereinfachungsprinzip.508 Die Kostentatbestände sind so ausgestaltet, dass das Gericht grundsätzlich anhand offenkundiger Tatsachen ohne zeit- und damit auch kostenaufwendige Prüfung, ins besondere ohne Beweisaufnahme509 über die Kostentragung entscheiden 505
Bork, Vergleich, S. 220 ff. Grunsky, FS Schwab, 165, 171, 174. 507 S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd), b) bb). 508 S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. 509 Die Zulässigkeit einer Beweisaufnahme allein wegen des Kostenpunktes wird nur ausnahmsweise bejaht, so hinsichtlich des Anlasses zur Klageerhebung bei § 93 ZPO, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 28, Anh § 286 Rdnr. 36; Becker-Eberhard, S. 214 Fn. 9; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 13; Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 6 Stichwort „Beweislast“; bei § 95 für die Frage des Verschuldens, vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 95 Rdnr. 5; Stein/Jonas-Muthorst, § 95 Rdnr. 3; umstritten bei § 91a ZPO, vgl. Becker-Eberhard, S. 214 Fn. 9; Hk.ZPO-Gierl, § 91a Rdnr. 43; gegen die Zulässigkeit: Schneider, § 25 XI, S. 150; ders., MDR 1976, 885; Smid, ZZP 97 (1984), 245 ff.; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 46a; differenzierend: Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 31; 506
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kann.510 Den Gerichten soll bei der als Annex zur Hauptsache gebührenfrei511 ergehenden prozessualen Kostengrundentscheidung gerade kein zusätzlicher Aufwand entstehen.512 Hierzu stünde jedenfalls die Berücksichtigung streitiger Kostenvereinbarungen im Widerspruch. Aber auch die Berücksichtigung unstreitiger Kostenvereinbarungen muss mit Blick auf diese Wertungen ausscheiden: Im Einzelfall mag eine Übernahme der unstreitigen Kostenvereinbarung gegenüber einer Kostenentscheidung nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften einfacher sein.513 Jedoch widerspricht die Berücksichtigung unstreitiger Kostenvereinbarungen im Hinblick auf folgende Erwägungen dem Vereinfachungsprinzip: So ist etwa klärungsbedürftig, welche Aufgaben und Prüfungskompetenz der Richter im Rahmen eines Vergleichsabschlusses hat.514 Diese Frage stellt sich für das Gericht ebenfalls, sofern es die Übernahme einer Kostenvereinbarung erwägt. Ferner kann auch bereits die Beurteilung der Frage, ob die Kostenvereinbarung unstreitig ist, das Verfahren verlängern; so etwa, wenn es bei einem nicht ausdrücklichen Bestreiten für die Geständnisfiktion gem. § 138 Abs. 3 ZPO darauf ankommt, dass die Absicht, die Kostenvereinbarung bestreiten zu wollen, nicht aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Das Erfordernis entsprechender Erwägungen widerspräche der Wertung, dass der Rechtsstreit insbesondere mit Blick auf die Gebührenfreiheit der als Annex zur Hauptsache ergehenden Kostenentscheidung nicht durch die Klärung des Kostenpunktes in die Länge gezogen werden soll.515 Davon, dass das Gericht isolierte Kostenvereinbarungen grundsätzlich nicht für die Kostenentscheidung übernehmen kann, ging auch der Gesetzgeber aus, der mit der Novelle 1977516 § 93a Abs. 1 S. 3 ZPO a. F. (jetzt: § 150 Abs. 4 S. 3 FamFG) einfügte, wonach das Gericht bei Scheide- und Folgesachen eine Koseinschränkend auch BVerfG NJW 1993, 1060, 1061: in der Regel keine weitere Beweisaufnahme; zulässig soll jedenfalls eine Beweisaufnahme im Hinblick auf präsente Beweismittel sein, vgl. BGHZ 21, 298, 300; OLG Düsseldorf JR 95, 205; Hk.ZPO-Gierl, § 91a Rdnr. 43; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 49. 510 Becker-Eberhard, S. 214. 511 Entfällt die Hauptsache, so richten sich die Gerichtsgebühren nach dem mit der Entscheidung über die Kosten verbundenen Arbeitsaufwand des Gerichts; vgl. Nr. 1211 GKG-KV, insb. zu Entscheidungen gem. §§ 91a, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. 512 Becker-Eberhard, S. 213. 513 Vgl. Becker-Eberhard, S. 213; Bork, Vergleich, S. 222. 514 Vgl. Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2857; Salje, DRiZ 1994, 285 ff.; vgl. ferner LG Kiel SchlHA 2009, 364: im Bereich des § 278 Abs. 6 ZPO treffe das Gericht eine „gewisse Prüfungs- und Belehrungspflicht“; Schlosser, FS Schumann, 389, 394: hinsichtlich der richter lichen Prüfungspflicht zwischen Protokollierungstätigkeit und Beschlussfassung unterscheidend; Wolf, FS Rechberger, 719, 727 ff.: für eine Analogie zu § 17 BeurkG. 515 Vgl. oben: Teil 1 § 6 III. 6. 516 BGBl. I 1976, S. 1421.
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
tenvereinbarung der Parteien ganz oder teilweise seiner Entscheidung zu Grunde legen konnte.517 Der gesonderten Regelung hätte es nicht bedurft, wenn entsprechende Vereinbarungen ohnehin beachtlich wären.518
II. Kostenfestsetzungsverfahren Auf Antrag erfolgt im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO die Festsetzung des Haftungsumfangs. Grundlage für das Kostenfestsetzungsverfahren ist die Kostenentscheidung des Gerichts oder der Prozessvergleich mit der (protokollierten) Kostenvereinbarung der Parteien oder der mangels Kostenvereinbarung geltenden Kostenfolge gem. §§ 98, 92 Abs. 1 S. 2 ZPO (§§ 103 Abs. 1, 704 ff., 794 ZPO). 1. Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung Prüfungsgegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens ist, welche konkreten Positionen in welcher Höhe notwendige Kosten des Rechtsstreits (§ 91 ZPO) bzw. der Nebenintervention (§ 101 Abs. 1 ZPO) darstellen. In den Fällen der Kostentrennung ist zudem zu prüfen, welche Positionen in welcher Höhe aufgrund des nach der jeweiligen Kostenvorschrift maßgeblichen Ereignisses erstattet werden können. So ist beispielsweise darüber zu befinden, welches die Kosten der Säumnis darstellen, die nach § 344 ZPO der Säumige zu tragen hat; welches die Kosten sind, die durch das Ausbleiben des Zeugen (§ 380 ZPO519) oder Sachverständigen (§ 409 ZPO) entstanden sind. Zuständig ist nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG i. V. m. §§ 103 ff. ZPO der Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszugs (§§ 103 Abs. 2 S. 1, 104 Abs. 1 S. 1 ZPO). Anders ist es aber im Falle der Kostentrennung nach § 95 ZPO, bei der bereits der Richter im Rahmen der Kostengrundentscheidung darüber zu befinden hat, welche Positionen dem Verhalten, welches der Grund für die Kostentrennung ist, zurechenbar sind520 und im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens folglich nur noch über die zu erstattende Höhe zu entscheiden ist.
517
Vgl. BT-Drucks. 7/650, S. 193. Becker-Eberhard, S. 214. 519 Vgl. zum Tenor der Kostengrundentscheidung nach § 380 Abs. 1 S. 1 ZPO: Hk.ZPO- Siebert, § 380 Rdnr. 5. 520 Vgl. MünchKomm.ZPO-Schulz, § 95 Rdnr. 6; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 95 Rdnr. 3. 518
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2. Prozessvergleich Bildet ein Prozessvergleich die Festsetzungsgrundlage, richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach der Parteivereinbarung;521 auch wenn die einzelnen Positionen nicht zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO gehören, können sie daher gegebenenfalls im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens in der vereinbarten Höhe festgesetzt werden.522 Soweit die Parteien in Bezug auf bestimmte Kosten vereinbart haben, dass diese dem Grunde nach zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gehören, entfällt insoweit die Prüfungspflicht im Kostenfestsetzungsverfahren. Haben die Parteien keine Vereinbarung zur Höhe getroffen, muss im Kostenfestsetzungsverfahren jedoch noch geprüft werden, ob die einzelnen Posten als notwendig anzusehen sind. Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens, das eine einfache, rasche und im Allgemeinen auf die Prozessakten beschränkte Bearbeitung erfordert, wird freilich oftmals eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien über die jeweiligen Positionen erforderlich sein. Denn in den Prozessakten nicht dokumentierte Aufwendungen erlauben häufig keine hinreichende Klärung, ob geltend gemachte Positionen wie insbesondere Gebühren für die außerprozessuale Anwaltstätigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.523 Umstritten ist, ob im Falle eines Prozessvergleichs, in dessen Rahmen die Parteien eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens abweichend von § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG eine Vereinbarung hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs treffen, für die nach dieser Vorschrift kein Erstattungsanspruch besteht – insbesondere Anwaltskosten –, die betreffenden Kosten festgesetzt werden können. Während teilweise davon ausgegangen wird, dass infolge der Vereinbarung der Anspruch nicht mehr streitig und der Höhe nach bestimmbar sei und im Interesse der Prozessökonomie das Kostenfestsetzungsverfahren Anwendung finden könne,524 wird dies nach wohl h. M.525 unter Hinweis darauf, dass das Kostenfestsetzungsverfahren nur für die Ermittlung der gesetzlichen Prozesskosten Anwendung finden solle und nicht für privatrechtliche Kostenerstattungsansprüche genutzt werden könne und es sich bei § 12a ArbGG um ein öffentlich-rechtliches Festset521
S. o.: Teil 1 § 9. KG MDR 1990, 555; OLG Bamberg MDR 2007, 1044, 1045; OLG Oldenburg JurBüro 2007, 35; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 98 Rdnr. 25 (jeweils auch zum Folgenden). 523 BGH MDR 2005, 656. 524 LAG Frankfurt a. M. NJW 1958, 1415; LAG München AnwBl 1979, 67; Hk.ArbGGPfizer/Augenschein, § 12a Rdnr. 10. 525 LAG Düsseldorf MDR 2004, 1147; LAGE § 12a ArbGG 1979 Nr. 9; LAG Hamm MDR 1972, 546; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. C 8; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 157; G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 30; Tschischgale/Satzky, S. 168 f. 522
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
zungsverbot handele, abgelehnt. Teilweise wird weiterhin zwar grundsätzlich mit der zuletzt genannten Ansicht davon ausgegangen, dass Kosten, die nach § 12a ArbGG nicht erstattet werden können, auch nicht infolge einer Kostenvereinbarung im Rahmen eines Prozessvergleichs festgesetzt werden können, dem aber hinzugefügt, dass sich daher – eine die Festsetzung ermöglichende – Titulierung einer Kostenvereinbarung im Vergleich bereits der Höhe nach empfehle.526 Mit der zuerst genannten Ansicht ist davon auszugehen, dass die Festsetzung von Kosten, deren Erstattung gem. § 12a ArbGG auf Grundlage gesetzlicher Anspruchsnormen ausgeschlossen ist,527 nach Maßgabe einer entsprechenden im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffenen Kostenvereinbarung im Kostenfestsetzungsverfahren möglich ist: Zunächst verfängt der Einwand gegen die Kostenfestsetzung nach Maßgabe einer entsprechenden Kostenvereinbarung, das Kostenfestsetzungsverfahren dürfe nicht für privatrechtliche Kostenerstattungsansprüche genutzt werden, nicht. Einerseits ist auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch jedenfalls dann pri vatrechtlicher Natur, wenn die Hauptsache eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit darstellt,528 was im Rahmen der Arbeitsgerichtsbarkeit grundsätzlich der Fall ist (vgl. § 2a ArbGG). Andererseits können die Parteien im Rahmen eines Prozessvergleichs über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. disponieren und diesen insbesondere im Sinne der Vereinbarung ändern.529 Dabei wird eine Änderung des sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. oftmals dem Parteiwillen entsprechen.530 Wird der prozessuale Kostenerstattungsanspruch aber entsprechend der Kostenvereinbarung in seiner Höhe verändert, widerspräche die Festsetzung eines niedrigeren – den Kostenvorschriften entsprechenden – Betrages der materiellen Rechtslage. Weiterhin widerspräche die Vorenthaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens für die Festsetzung eines (geänderten) prozessualen Kostenerstattungsanspruchs der Regelungssystematik des Gesetzes, das für die prozessuale Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs – auch im Falle des Prozessvergleichs (vgl. §§ 103 Abs. 1, 794 Nr. 1 ZPO) – gerade das Kostenfestsetzungsverfahren vorsieht. § 12a ArbGG ist auch keine Einschränkung der Dispositionsbefugnis der Parteien mit der Folge zu entnehmen, dass eine Kostenvereinbarung im Rahmen eines Prozessvergleichs nur schuldrechtliche Wirkung hätte. Insbesondere kann 526
LAG Düsseldorf MDR 2004, 1147; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. C 8; GK.ArbGG- Schleusener, § 12a Rdnr. 157. 527 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3). 528 S. o.: Teil 1 § 5 II. 529 S. o.: Teil 1 § 3 II., § 8, § 9. 530 Hierzu s. o.: Teil 1 § 3 II., § 8 II.
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dieser Vorschrift kein Festsetzungsverbot für den Fall der Kostenvereinbarung hinsichtlich Positionen, die nach § 12a ArbGG nicht erstattet werden, entnommen werden. Soweit für den Ausschluss der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostenvereinbarung angeführt wird, es handele sich bei § 12a ArbGG um ein Festsetzungsverbot, wird dies nicht weiter begründet531 oder auf die Materialien zum ArbGG,532 nach denen eine Erstattung der Kosten durch die Gegenseite nach § 61 Abs. 1 S. 2 ArbGG a. F. (§ 12a ArbGG) ausgeschlossen sei,533 verwiesen. Die Gesetzesbegründung verhält sich jedoch gerade nicht zu der Frage, inwieweit die Parteien eine Kostenvereinbarung hinsichtlich Kosten, deren Erstattung nach § 12a ArbGG ausgeschlossen ist, treffen können sowie dazu, ob gegebenenfalls eine Kostenfestsetzung nach Maßgabe der im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffenen Vereinbarung möglich ist, sondern betrifft die Kostenerstattung aus gesetzlichen Anspruchsgrundlagen.534 Dass es im Rahmen der Vertragsfreiheit möglich ist, von § 12a ArbGG abweichende Regelungen zu treffen, insbesondere auch im Rahmen eines Prozessvergleichs, entspricht allgemeiner Ansicht.535 Etwas anderes vertreten auch diejenigen nicht, die sich generell gegen die Festsetzung von Kosten, deren Erstattung nach § 12a ArbGG ausgeschlossen ist, auf Grundlage einer Kostenvereinbarung aussprechen.536 Weiterhin folgt ein Ausschluss der Festsetzung von Kosten entsprechend der im Prozessvergleich getroffenen Vereinbarung auch nicht aus einer etwaigen öffentlich-rechtlichen Natur von § 12a ArbGG, die im Hinblick darauf, dass diese Vorschrift jedenfalls grundsätzlich den Umfang bürgerlich-rechtlicher Ansprüche regelt, ohnehin fraglich ist.537 Jedenfalls kann, wie allgemein für die prozessualen Kostenvorschriften bereits näher ausgeführt,538 aus einem etwaigen öffentlich- rechtlichen Charakter keine besondere Bindungswirkung von § 12a ArbGG abgeleitet werden. Inwieweit diese Vorschrift auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche beschränkt, ist vielmehr eine Frage des Telos der Norm.539 Die 531 LAG Düsseldorf MDR 2004, 1147; v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. C 8; GK.ArbGG- Schleusener, § 12a Rdnr. 157. 532 BT-Drucks. 2/1340, S. 3. 533 Tschischgale/Satzky, S. 168 Fn. 55. 534 Hierzu noch unten: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3). 535 BAG NZA 2006, 259 Rdnr. 36; G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 28; Grunsky/ Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 5; Hauck/Helml/Biebl-Helml, § 12a Rdnr. 5; Schwab/ Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 30; Tschischgale/Satzky, S. 168 f. 536 Vgl. v. E/H/D/A-Hellstab, Rdnr. C 8; G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 28; Tschischgale/Satzky, S. 168 f. 537 S. o.: Teil 1 § 5 II. 538 S. o.: Teil 1 § 5 II. 539 Hierzu noch unten: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3).
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Möglichkeit von Kostenvereinbarungen, die von § 12a ArbGG abweichende Regelungen treffen, wird aber nicht bestritten und § 12a ArbGG gibt auf die Frage, ob eine Kostenfestsetzung nach Maßgabe entsprechender Vereinbarungen möglich ist, keine Antwort. Selbst wenn man also von einer besonderen Bindungs wirkung der Norm ausgeht, erstreckt sich diese Wirkung jedenfalls nicht auf die Möglichkeit der Kostenfestsetzung infolge von Kostenvereinbarungen. Auch ist für die Kostenfestsetzung nach Maßgabe der im Prozessvergleich getroffenen Kostenvereinbarung nicht erforderlich, dass die Höhe der Positionen genau bestimmt ist. Vielmehr reicht es aus, wenn die Höhe bestimmbar ist, insbesondere nach Maßgabe des RVG. Aus der Parteivereinbarung muss sich allerdings eindeutig ergeben, dass die Erstattung insbesondere der Kosten eines Rechtsanwalts gewollt ist.540 Denn im Anwendungsbereich von § 12a ArbGG findet eine Erstattung für das erstinstanzliche Urteilsverfahren grundsätzlich – anders als gem. § 91 Abs. 2 ZPO im Rahmen des Zivilverfahrens – nicht statt. 3. Kostenvereinbarung außerhalb eines Prozessvergleichs Wird eine außerhalb eines Prozessvergleichs getroffene Kostenvereinbarung im Rahmen von Entscheidungen nach §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3 ZPO berücksichtigt,541 so werden die Kosten des Rechtsstreits nach Maßgabe der jeweiligen Kostengrundentscheidung festgesetzt. Die Parteien können zudem vereinbaren, dass die Kosten des außergericht lichen Vergleichs zu den Kosten des Rechtsstreits zählen542 und so – wenn sie eine von § 98 S. 1 ZPO abweichende Kostenverteilung regeln – eine Festsetzung auch der Vergleichskosten erreichen.
§ 11 Zusammenfassung zu Teil 1 Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch kann sowohl im Verhältnis der Parteien zueinander, als auch im Verhältnis einer Partei zu einem Dritten bestehen. Im Rahmen dieser Arbeit wird zwischen dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. und dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. w. S. differenziert. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. bezeichnet die Haf540 Vgl. auch BAG NZA 2006, 259 Rdnr. 36; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 5; a. A. Weimar, NZA 2003, 540, 542, nach dem der Vergleich bei Bezugnahme auf die Kosten des Rechtsstreits eine „Einschränkung“ enthalten müsse; die Rechtsanwaltskosten seien andernfalls entgegen § 12a Abs. 1 ArbGG zu erstatten. 541 Zum Erfordernis einer Kostengrundentscheidung in diesem Fall s. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd), b) bb). 542 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. f), Nachweise ebd. Fn. 407.
§ 11 Zusammenfassung zu Teil 1
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tungsanordnung, die unmittelbar in den prozessualen Kostenvorschriften geregelt ist. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. w. S. ist demgegenüber ein Anspruch, der bei Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in der Kostenentscheidung zur Entstehung gelangt. Dieser erste Teil konzentriert sich auf die Grundlagen des prozessualen Kostenerstattungs anspruchs i. e. S. Sofern im Rahmen dieser Arbeit nicht differenziert wird und lediglich vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch die Rede ist, ist der prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. gemeint. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. findet seine Anspruchsgrundlage in den prozessualen Kostenvorschriften. Auch der prozessuale Kosten erstattungsanspruch i. w. S. findet seine Anspruchsgrundlage in der jeweiligen Kostenvorschrift, die die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kosten erstattungsanspruchs nach „billigem Ermessen“ zulässt. Nach heute ganz h. M. entsteht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch (i. e. S. und i. w. S.) mit Eintritt der Rechtshängigkeit unter der aufschiebenden Bedingung der zugunsten der einen oder anderen Partei ergehenden Kosten grundentscheidung. Auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit kann jedoch für den Fall der Klagerücknahme bei Wegfall des Anlasses zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO) nicht abgestellt werden, wenn die Klage nicht mehr zugestellt wird (vgl. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO a. E.). Weiterhin kann an den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit auch nicht ohne Weiteres im Verhältnis zu einem Dritten angeknüpft werden. Für die Lösung der praktisch bedeutsamen Fälle – wie die Pfändbarkeit, Abtretbarkeit, Aufrechenbarkeit und Berücksichti gungsfähigkeit im Insolvenzverfahren – ist mit der dargestellten juristischen Konstruktion allerdings ohnehin nichts gewonnen. Es kommt vielmehr immer auf die Ausgestaltung des jeweiligen Rechtsinstituts einerseits sowie des Erstat tungsanspruchs andererseits und deren jeweilige Zwecke an. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch stellt einen materiell-rechtlichen Anspruch dar, der jedenfalls bei einem in der Hauptsache zivilrechtlichen Streit privatrechtlicher Natur ist. Zwischen Aufwendungs- und Schadensersatz besteht kein begriffliches Ausschließlichkeitsverhältnis, so dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht mit Blick auf ein solches als Aufwendungs- oder Schadensersatzanspruch einzuordnen ist. Eine Zuordnung zum Schadensersatzrecht darf jedenfalls nicht zur Folgen haben, dass die im Schadensersatzrecht geltenden Regeln (insb. §§ 249 ff. BGB) und Prinzipien unbesehen auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen werden. Aufgrund der Unterschiede zu den schadensersatzrechtlichen Haftungstatbeständen sollte die prozessuale Kostenerstattung nicht einem der im Schadensersatzrecht anerkannten Haftungsgründe zugeordnet werden. Die Haftung des Unterliegenden stellt eine verschuldensunabhängige Erfolgsrisikohaftung dar. Neben § 91 ZPO ordnen beispiels-
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Teil 1: Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
weise §§ 92 Abs. 1, 96, 97 Abs. 1, 75 S. 2, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO eine Erfolgs risikohaftung an. Ausnahmen von der Haftung des Unterliegenden normieren insbesondere §§ 93, 94 ZPO, die aufgrund einer Zurechnung des Anfalls der Prozesskosten zur Risikosphäre des Klägers dessen Haftung anordnen. Nach § 91 ZPO gilt der Grundsatz der Unterliegendenhaftung. Aus §§ 91, 92 ZPO ergibt sich der Grundsatz der Kosteneinheit. Eine Kostentrennung stellt demgegenüber die Ausnahme dar und wird beispielsweise in §§ 94 bis 97, 238 Abs. 4, 281 Abs. 3 S. 2, 344, 75 ZPO angeordnet. Mit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch soll ein sachgerechter Ausgleich gewährt werden. Der obsiegende Kläger erhält einen Ausgleich vor dem Hintergrund des Verbots der Selbsthilfe, der obsiegende Beklagte für die voraussetzungslose Klagemöglichkeit und den daraus folgenden Zwang, sich zu verteidigen. Die prozessualen Kostenerstattungsvorschriften dienen zudem der regulierenden und disziplinierenden Einflussnahme auf das Prozessverhalten. Eine übermäßige Inanspruchnahme der Gerichte soll verhindert werden. Die Beteiligten eines Rechtsstreits sollen vor unnötigen oder unnötig langen Prozessen und damit einhergehendem Zeit- und Kostenaufwand geschützt werden. Weiterhin steht die prozessuale Kostenerstattung im Dienste der Rechtsverfolgung und Rechtsfortbildung. Ihre vereinfachte Ausgestaltung, insbesondere durch die grundsätzliche Anknüpfung an das Unterliegen, dient der Kostentransparenz und einem effektiven Rechtsschutz in angemessener Zeit. Schließlich ist eine Gerichtsentlastung nur zu erreichen, wenn auch Folgeprozesse verhindert werden. Der prozessualen Kostenerstattung liegen folgende Prinzipien zu Grunde: Das Prinzip der Folgenzurechnung (Verantwortung); die Rechtsausübungsfreiheit (Schutz subjektiver Rechte); mit Blick auf den Beklagten, dem oftmals kein subjektives Recht auf Unterlassung der gerichtlichen Inanspruchnahme zustehen wird, die allgemeine Handlungsfreiheit; die Rechtsbewährung; das Vereinfachungsprinzip; die Prozessökonomie; das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot; im Anwendungsbereich des § 98 ZPO das Prinzip der Privatautonomie. Die Parteien können im Rahmen von Kostenvereinbarungen über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. disponieren. Sie können den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. ändern und einen neuen, materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruch begründen. Dem wohlverstandenen Partei interesse (§§ 133, 157 BGB) wird zumeist die Änderung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. (neben der Begründung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs) entsprechen. Der Haftungsumfang ist grundsätzlich § 91 ZPO zu entnehmen. Kosten sind notwendig, wenn eine vernünftige und kostenorientierte Partei sie im Zeitpunkt der fraglichen Handlung für sachdienlich halten durfte. Es kommt darauf an, was nach den allgemeinen Anschauungen, insbesondere denen des prozessualen
§ 11 Zusammenfassung zu Teil 1
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Rechtsverkehrs, unter Beachtung der tatsächlichen Verhältnisse aufzuwenden war. Dabei ist im Grundsatz eine typisierende Betrachtungsweise geboten, die eine Beurteilung der Erstattungsfähigkeit bestimmter Aufwendungen nach abstrakt-generalisierenden Kriterien zulässt und die Grundlage für eine Kasuistik schafft. Die prozessuale Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs erfolgt grundsätzlich zweistufig durch die richterliche Kostengrundentscheidung einerseits und das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren andererseits. Anders ist dies im Falle des Prozessvergleichs, der gem. §§ 103 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Kostenfestsetzungsgrundlage darstellt. Dagegen stellen weder ein außerprozessualer Vergleich noch eine isolierte Kostenvereinbarung eine Kostenfestsetzungsgrundlage dar. Insoweit bedarf es für die Durchsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren also einer Kostengrundentscheidung. Eine die Kostenvereinbarung berücksichtigende Kostengrundentscheidung kann insbesondere im Falle der beiderseitigen Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO sowie der Klage- bzw. Rechtsmittelrücknahme nach §§ 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3, 565 ZPO ergehen. Bildet ein Prozessvergleich die Festsetzungsgrundlage, richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach der Parteivereinbarung. Im Kostenfest setzungsverfahren ist auch die Festsetzung von Kosten, deren Erstattung § 12a ArbGG auf Grundlage gesetzlicher Anspruchsnormen ausschließt, nach Maß gabe einer entsprechenden, im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffenen, Kostenvereinbarung möglich.
Teil 2
Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch Unter einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wird ein Anspruch verstanden, der die Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten ermöglicht und rein privatrechtlicher Natur ist.1 Ein zusammenhängendes, materiell-rechtliches Kostenerstattungsrecht ist im deutschen bürgerlichen Recht nicht kodifiziert.2 Allerdings können Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen die Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten ermöglichen. Materiell- rechtliche Kostenerstattungsansprüche können sich insbesondere aus vertrag licher Abrede, Vertragsverletzung, vorvertraglicher Pflichtverletzung, unerlaubter Handlung und Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Bedeutung erlangt eine materiell-rechtliche Kostenerstattung, wenn die Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach den prozessualen Vorschriften nicht erfüllt sind, oder ein solcher Anspruch nicht mehr durchsetzbar ist.3 Steht dagegen einer Partei der Weg der prozessualen Kostenerstattung offen, wird sie diesen grundsätzlich wählen, weil das prozessuale Kostenverfahren am einfachsten, sichersten und schnellsten zu einem Kostentitel verhilft (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
§ 12 Allgemeines zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung Wie bereits erwähnt, werden unter dem Begriff des materiell-rechtlichen Kos tenerstattungsanspruchs Ansprüche zusammengefasst, die auf die Erstattung von Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungskosten gerichtet sind, deren Anspruchsgrundlage nicht im Prozessrecht geregelt ist.4
1 Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16; ferner in Abgrenzung zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch bereits oben: § 1 VI. 1. 2 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 50; Hösl, S. 15. 3 Becker-Eberhard, S. 51 (auch zum Folgenden). 4 S. o.: § 1 IV. 1.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
I. Anwendbarkeit der Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts Es ist allgemein anerkannt, dass Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts grundsätzlich (auch) einen Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten gewähren können, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.5 1. Außerprozessuale Rechtskonflikte Unstreitig können materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche im Bereich rein außerprozessualer Rechtskonflikte bestehen.6 2. Prozessuale Rechtskonflikte Aber auch wenn es zum Prozess gekommen und damit eine Kostenerstattung nach den prozessualen Kostenvorschriften grundsätzlich möglich ist, ist nach allgemeiner Ansicht eine Kostenerstattung nach materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen nicht schlichtweg ausgeschlossen.7 Dies entspricht der Ansicht des Gesetzgebers der CPO. So wird im Rahmen der Begründung zu § 85 des Entwurfs der CPO (späterer § 87 CPO, heutiger § 91 ZPO) darauf hingewiesen, dass außerhalb des Prozesskostenersatzes Schadensersatzansprüche liegen, deren Fundament nicht allein durch die Tatsache des Obsiegens im Rechtsstreit, sondern noch durch weitere Umstände begründet wird. Von einer entsprechenden gesetzlichen Klarstellung wurde abgesehen, weil die Möglichkeit einer materiell-rechtlichen Kostenerstattung nach Auffassung der Verfasser der CPO „nicht zweifelhaft“ sei.8
5 Vgl. BGHZ 66, 112, 114; 45, 251, 256 f.; BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 7; 2002, 680; 1990, 1906, 1907; 1988, 2032; OLG Brandenburg JurBüro 2009, 144, 145; OLG Koblenz JurBüro 74, 1175; OLG München NJW 1971, 518; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 32, 43 ff.; Becker-Eberhard, S. 139; Hösl, S. 13 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 18; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 15; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16 ff.; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 13 ff.; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11. 6 Vgl. Hösl, S. 13 ff. m. w. N.; ferner Becker-Eberhard, S. 51, 137. 7 Siehe nur Becker-Eberhard, S. 141 ff.; Hau, JZ 2011, 1047, 1049; Loritz, S. 53 ff.; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 15; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16; ferner Blomeyer, ZPR, § 129 V. 2. b), S. 779, der von den Prozesskosten, die seiner Ansicht nach nicht auf Grundlage materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche erstattet werden können, mittelbare Prozessaufwendungen abgrenzt, die keine Prozesskosten darstellten und daher selbstständig einklagbar seien, wie der Verlust bei Notverkäufen zur Geldbeschaffung für Prozesskosten, in extremen Fällen auch eine außergewöhnliche Zeitversäumnis wegen des Prozessbetriebs. 8 Hahn, S. 197.
§ 12 Allgemeines zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung
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Die Ausschließlichkeit der prozessualen Kostenerstattung wird allerdings – freilich heute9 nur noch vereinzelt – für den Bereich der Prozesskosten vertreten. Unter Prozesskosten werden die Kosten des Rechtsstreits als unmittelbare Aufwendungen der Parteien zur Prozessführung verstanden.10 a) Herget/Blomeyer: Ausschließlichkeit prozessualer Kostenerstattung Die Argumente der wenigen Stimmen im Schrifttum, die die Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten aufgrund materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlagen per se ablehnen, vermögen indes nicht zu überzeugen: Nach Herget11 könne der Begriff des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sinnvoll nur verwendet werden, wenn er in Beziehung zu einem begonnenen oder in Aussicht genommenen Prozess gesetzt werde; hieraus schließt Herget, dass ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nicht die „reinen Prozesskosten“, worunter die Gebühren und Auslagen nach dem RVG, FamGKG und GKG fielen, erfasse, die wegen und ab Einleitung eines Gerichtsverfahrens durch „bloße Veranlassung“ ausgelöst würden. Diese rein begriffliche Argumentation überzeugt indes nicht: Bejaht man die Anwendbarkeit der allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen auf vorprozessuales Verhalten, das die Aufwendung von Rechtskonfliktkosten zur Folge hat, wäre zu erläutern, an welchem Tatbestandsmerkmal die Erstattung der Prozesskosten jeweils scheitern soll bzw. woraus folgt, dass neben den prozessualen Kostenvorschriften die allgemeinen Regeln auf diese Kosten keine Anwendung finden. Zudem müsste aus dieser Betrachtungsweise folgen, dass der prozessuale Kostenerstattungs anspruch auf der einen Seite und der materiell-rechtliche Kostenerstattungs anspruch auf der anderen nicht einander widersprechende Haftungsanordnungen aussprechen können. Es ist indes allgemein anerkannt, dass aus materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen auch eine der prozessualen Kostenhaftung entgegengesetzte Kostentragung folgen kann, wovon auch Herget ausgeht.12 Dies 9 Vgl. Becker-Eberhard, S. 142 ff.: zur reichsgerichtlichen Rechtsprechung, die sich erst allmählich von der Idee, Prozesskosten könnten nur nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften erstattet werden, abwandte und in der Folge jedenfalls für Vorbereitungskosten, die zu den Prozesskosten zählen – vgl. RGZ 66, 186, 198 ff. – davon ausging, dass auch materiell- rechtliche Kostenerstattungsansprüche auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein können. 10 RGZ 150, 37, 40; Becker-Eberhard, S. 42; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 83 Rdnr. 7. 11 So Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11; vgl. auch Schneider, MDR 1981, 353. 12 Vgl. Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 12; ferner Schneider, MDR 1981, 353, 355: im Rahmen von § 91a ZPO könne das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigt werden; der Klageantrag könne auf eine Kostenfeststellungsklage umgestellt werden. Dies setzt aber jeweils voraus, dass Kosten, die wegen und ab Einleitung eines Gerichtsverfahrens aufgewandt werden – auch soweit es sich nicht um „Vorbereitungskosten“
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entspricht insbesondere der ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten und ihr sogar entgegengerichtet sein könne, sofern zusätzliche Umstände hinzukämen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten.13 Ein gleichermaßen prozessual wie materiell-rechtlich begründeter Kostenerstattungsanspruch habe eine Doppelnatur.14 Nach Blomeyer können Prozesskosten nur im Festsetzungsverfahren geltend gemacht werden; ein materiell-rechtlicher Anspruch (wegen Verschuldens) gegen den Prozessgegner sei ausgeschlossen.15 Hierfür bringt er die Rechtsprechung des BGH an, nach der die Klage grundsätzlich keinen rechtswidrigen Eingriff darstelle;16 wohingegen mit einer Verwarnung und Klage auf Schadens ersatz und Unterlassung wegen Verletzung eines Gebrauchsmusters rechtswidrig in den Gewerbebetrieb eingegriffen werde.17 Freilich geht der BGH in den zitierten Entscheidungen nicht davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch gerichtet auf die Erstattung von Prozesskosten schlichtweg ausgeschlossen ist. Zum einen behandeln die beiden zitierten Entscheidungen nicht die Erstattung von Prozesskosten, sondern die Erstattung darüber hinausgehender Schäden. Im Rahmen der Entscheidung vom 7.3.195618 begründet er die Verneinung des Schadensersatzanspruchs gem. § 823 Abs. 2 BGB zudem damit, dass die Klage allein keine verbotene Eigenmacht darstelle, sondern gerade das Gegenteil eigenmächtigen Handelns sei, da mit ihr von dem Mittel Gebrauch gemacht werde, das im Rechtsstaat für die Entscheidung und Entwirrung von Streitigkeiten unter Privatpersonen gegeben sei. Er verneint in dieser Entscheidung also lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs und geht nicht davon aus, dass es auf die Prüfung der Voraussetzungen bereits deswegen nicht mehr ankomme, weil die Anwendung der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen ausgeschlossen ist. In der zweiten zitierten Entscheidung vom 5.11.196219 bejaht der BGH einen Schadensersatzanspruch sogar. Weiterhin wird in diesen Entscheidungen nicht besprochen, inwieweit ein Schadensersatzanspruch, der an ein handelt – im Rahmen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigt werden können. 13 BGHZ 197, 147 Rdnr. 16; 45, 251, 257; BGH NJW 2012, 1291 Rdnr. 8; 2011, 2368 Rdnr. 10; 2002, 680; NJW-RR 1995, 495; NJW 1990, 1906, 1907; zu dieser Rechtsprechung noch ausführlich unter Teil 4 § 23 I. 5. a). 14 BGHZ 190, 353 Rdnr. 16; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 16, 18. 15 Blomeyer, ZPR, § 129 V. 2. b), S. 779 (auch zum Folgenden). 16 BGHZ 20, 169, 171 f. 17 BGHZ 38, 200, 206 f. 18 BGHZ 20, 169 ff. 19 BGHZ 38, 200 ff.
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vorprozessuales Verhalten anknüpft – so kann der Beklagte einer Leistungsklage etwa schon vorprozessual in Verzug geraten sein und damit ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Betracht kommen – neben die prozessuale Kostenerstattung treten kann. Blomeyer erkennt weiterhin, dass die Regelungen der prozessualen Kostenerstattung einerseits und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche andererseits unterschiedliche Haftungsanordnungen aussprechen können und führt insoweit unter Bezugnahme auf Entscheidungen des RG, OLG Köln, BAG20 aus, dass ein „bürgerlichrechtlicher Anspruch auf Kostenerstattung […] möglich sein [soll], wenn der Kläger zwischen Einreichung und Zustellung der Klage die verlangte Leistung erhält, daraufhin die Klage zurücknimmt und zu den Kosten verurteilt wird.“ In diesem Falle komme es heute nach Blomeyer aber regelmäßig zur gemeinsamen Erledigungserklärung gem. § 91a Abs. 1 ZPO und damit zur sachgemäßen Kostenentscheidung. Freilich setzt die Entscheidung nach Maßgabe des § 91a Abs. 1 ZPO eine übereinstimmende Erledigungserklärung voraus. Hätte aber der Beklagte keine materiell-rechtliche Haftung zu erwarten und müsste er demgegenüber im Falle einer Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO mit einer ihm nachteiligen Kostenentscheidung rechnen, würde er der Erledigungserklärung des Klägers kaum zustimmen. b) Maßgeblichkeit der Regeln über die Normenkonkurrenz Die Anwendbarkeit anderer Anspruchsgrundlagen neben den prozessualen Kostenvorschriften ist nach den Regeln über die Konkurrenzen von Normen zu bestimmen.21 Auf das Konkurrenzverhältnis zwischen Normen kommt es an, wenn mehrere Normen ihrem Wortlaut nach für den gleichen Sachverhalt oder sich teilweise überschneidende Sachverhalte gelten.22 Sind Schadensersatzansprüche oder Kostenvereinbarungen ihrem Wortlaut nach auf die Erstattung von Prozess kosten gerichtet, setzt dies gerade voraus, dass an den maßgeblichen Lebensvorgang – der Eintritt in den Prozess und der damit verursachte Kostenanfall – von der einschlägigen Regelung die Rechtsfolge der Erstattung der Prozesskosten geknüpft wird. Der Eintritt in den Prozess sowie der Anfall hiermit einhergehender Kosten werden ebenso von den prozessualen Kostenvorschriften vorausgesetzt. Tatbestände der materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenerstattung können in vielen verschiedenen Konstellationen zusammentreffen. Für die Fra20
RG 54, 37, 40 f.; Köln JMBl NRW 60, 228; BAG NJW 1961, 92, 93 = BAGE 10, 39, 42. Becker-Eberhard, S. 146 ff.; allgemein zur Konkurrenz von Rechtsnormen: Zippelius, S. 30 ff. 22 Zippelius, S. 30 ff. 21
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ge, ob Schadensersatzansprüche (auch) auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sind, kann es etwa darauf ankommen, inwieweit dem Schädiger die prozessuale Geltendmachung des Anspruchs gegen ihn durch den Geschädigten zurechenbar ist23 und damit auf eine Frage des (haftungsausfüllenden) Tatbestands; obsiegt der Geschädigte im Prozess, steht ihm mit § 91 ZPO gegen den unterliegenden Schädiger ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu, der erst unter der Voraussetzung des Eintritts in den Prozess zustande kommt. Die verschiedenen Normsysteme knüpfen hier folglich an sich teilweise überschneidende Sachverhalte jeweils Rechtsfolgen an.24 Nicht entscheidend ist hier die Frage, ob bei Zusammentreffen mehrerer Anspruchsgrundlagen zugleich auch mehrere Ansprüche zur Entstehung gelangen und daher von einer Anspruchskonkurrenz25 auszugehen ist, oder ob nur ein mehrfach begründeter Anspruch entsteht und damit eine sog. Anspruchsnormenkonkurrenz26 vorliegt.27 An dieser Stelle soll vielmehr herausgearbeitet werden, ob ein Rangverhältnis dahingehend besteht, dass sich die Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten nur nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften bestimmt („normenverdrängende Konkurrenz“28). Diese Frage stellt sich – wenn auch in unterschiedlichem Gewande – bei dem Ausgangspunkt einer (freien) Anspruchskonkurrenz ebenso wie im Rahmen der Lehre von der Anspruchsnormenkonkurrenz:29 Geht man von dem Grundsatz der freien Anspruchskonkurrenz aus, ist zu erörtern, ob neben dem sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungs anspruch ein Anspruch auf Ersatz von Prozesskosten auf Grundlage anderer Anspruchsnormen in Betracht kommt, oder vielmehr ausschließlich die Normen über die prozessuale Kostenerstattung Anwendung finden. Vertritt man dem gegenüber mit der Lehre von der Anspruchsnormenkonkurrenz den Ansatz, dass 23
S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b). Becker-Eberhard, S. 151 f., 154 ff.: Das Heranziehen der Regeln über die Normkonkurrenz zur Beurteilung des Verhältnisses der prozessualen zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung bedürfe einer Abwandlung der Konkurrenzfrage dahingehend, dass die Konkurrenz auf Rechtsfolgenseite zu beurteilen sei. 25 So die h. M.: BGHZ 116, 297, 300; 66, 315, 319; 55, 392, 395; 17, 214, 217; 9, 301, 302; BGH NJW-RR 1996, 1121, 1122; Dietz, passim, insb. S. 70 ff., 214 ff.; 332 ff.; Erman-SchmidtRäntsch, § 194 Rdnr. 9; Jauernig-Teichmann, Vor § 823 Rdnr. 3; Klein, S. 18 und passim; Medicus/Lorenz, SR I, Rdnr. 398; MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 40; Palandt- Ellenberger, § 195 Rdnr. 17. 26 Vgl. Bork, BGB AT, Rdnr. 293; Eichler, AcP 162 (1963), 401, 417; Georgiades, passim; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 83 VI. 1., S. 597; Wolf/Neuner, § 21 Rdnr. 8. 27 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 149. 28 MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 37; Wolf/Neuner, § 21 Rdnr. 4. 29 Vgl. auch Klein, S. 44 ff.; Medicus/Petersen, Rdnr. 76; Staudinger-Peters/Jacoby, § 195 Rdnr. 32 f. 24 Anders
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bei Vorliegen der Voraussetzungen mehrerer Anspruchsgrundlagen gleichwohl nur ein einziger Anspruch bestehe, dessen Voraussetzungen und Rechtsfolgen durch Kombination einzelner Elemente dieser Anspruchsgrundlagen zu gewinnen sei,30 ist ebenfalls zu erörtern, welcher Norm jeweils der Vorrang einzuräumen ist. Hinzukommt, dass die Vertreter der Anspruchsnormenkonkurrenz ihrerseits von einem einheitlichen Anspruch nur im Falle gleichgerichteter Ansprüche ausgehen, wenn also derselbe Anspruchsinhaber gegen denselben Anspruchsgegner nach mehreren Anspruchsnormen eine Leistung verlangen kann und insbeson dere die prozessuale Geltendmachung einheitlich ausgestaltet ist und im Übrigen ebenfalls vom Vorliegen mehrerer Ansprüche.31 Zunächst müssen prozessualer und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch aber keineswegs gleichgerichtet sein. Vielmehr können sich aus ihnen – lässt man zunächst einmal die Frage nach dem Vorrang außen vor – auch sich widersprechende Haftungsanordnungen ergeben, der Anspruchsinhaber des prozessualen also zugleich Anspruchsgegner des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs und der Anspruchsinhaber des materiell-rechtlichen zugleich Anspruchsgegner des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs sein.32 Ferner ist ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch einer Partei gerichtet auf die Erstattung der Prozesskosten gegen einen Dritten möglich.33 Insbesondere ist aber der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens geltend zu machen,34 der materiell-rechtliche demgegenüber – jedenfalls grundsätzlich35 – im ordentlichen Klageverfahren36 und die prozessuale Geltendmachung folglich nicht einheitlich ausgestaltet, so dass auch nach der Lehre von der Anspruchsnormenkonkurrenz im Verhältnis des materiell-rechtlichen zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch von zwei unabhängigen Ansprüchen, also einer Anspruchskonkurrenz auszugehen ist.37 30
Georgiades, S. 173 ff. Georgiades, S. 165 ff., S. 219 ff., insb. S. 238 f.; vgl. auch Bork, BGB AT, Rdnr. 293; Wolf/ Neuner, § 21 Rdnr. 9 f.: eine Anspruchskonkurrenz könne zudem im Hinblick auf die unterschiedlichen Zwecke der Anspruchsgrundlagen bestehen. 32 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. a) und ausführlich noch unten: Teil 3 § 18. 33 S. u.: Teil 3 § 18 III. 34 S. o.: Teil 1 § 10. 35 Zur Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche noch unter Teil 3; kommt es im Falle eines Prozessvergleichs ausnahmsweise zur Novation, wird im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens auf Grundlage des Prozessvergleichs ein materiell- rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht, hierzu s. o.: Teil 1 § 2 II., § 8 II. 36 Hahn, S. 197; Becker-Eberhard, S. 322 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 21. 37 So auch Loritz, S. 35, 53 f., 57; a. A. Sonnen, S., 116 ff., der die Frage, ob die Unterschiede in der prozessualen Durchsetzbarkeit und gegensätzliche Haftungsanordnungen zur An31
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aa) Kostenvereinbarungen Unumstritten ist es den Parteien möglich, durch eine Kostenvereinbarung im Rahmen der Vertragsfreiheit einen Anspruch gerichtet auf die Erstattung von Prozesskosten zu begründen. Insoweit ist lediglich fraglich, inwieweit die Parteien verfügend auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch einwirken oder aber nur eine schuldrechtliche Abrede hinsichtlich der Erstattung von Prozesskosten treffen können.38 Auch Herget und Blomeyer, die auf den ersten Blick generell eine Erstattung von Prozesskosten nur auf Grundlage der prozessualen Kostenvorschriften zulassen,39 wenden sich nicht gegen die privatautonome Begründung eines Anspruchs gerichtet auf die Erstattung von Prozesskosten. Vielmehr nennen sie lediglich gesetzliche – insbesondere schadensersatzrecht liche – Anspruchsgrundlagen, aus denen sich materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche ergeben können und gehen insoweit auf das Verhältnis zum pro zessualen Kostenerstattungsanspruch ein. Jedenfalls materiell-rechtliche Kos tenerstattungsansprüche, die ihre Grundlage in einer Kostenvereinbarung finden, können mithin auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein. bb) Gesetzliche Anspruchsnormen Fraglich erscheint mit Blick auf die Ansicht Hergets und Blomeyers demgegen über, ob nach den Regeln der Normenkonkurrenz die Begründung gesetzlicher, insbesondere schadensersatzrechtlicher, Kostenerstattungsansprüche gerichtet auf die Erstattung von Prozesskosten, ausgeschlossen ist. (1) Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung Um eine scheinbare, vom Gesetz ausdrücklich ausgeräumte, Normenkonkurrenz40 handelt es sich im Verhältnis des prozessualen zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht. Weder die Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung noch jene des Schadensersatzrechts schließen die Erstattung von Prozesskosten auf Grundlage von Schadensersatzansprüchen explizit aus. Wie bereits Becker-Eberhard überzeugend dargestellt hat, kann entgegen der Rechtsprechung des RG insbesondere § 103 Abs. 1 ZPO kein Ausschluss der Entstehung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche entnommen werden.41 spruchskonkurrenz führen, freilich nicht behandelt; jedenfalls im Hinblick auf etwaige Regressansprüche gegenüber Dritten geht allerdings auch er von einer Anspruchskonkurrenz aus, ders., S. 116 f.; offen gelassen bei Becker-Eberhard, S. 170 f. 38 S. o.: Teil 1 § 8 I. 39 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. a). 40 Vgl. Zippelius, S. 30. 41 Becker-Eberhard, S. 146 ff.
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Die reichsgerichtliche Rechtsprechung ging davon aus, dass ein Anspruch auf die Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines Titels und nur im Kostenfest setzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO geltend gemacht werden könne und neben diesen erschöpfenden Regelungen kein Raum für privatrechtliche Prozesskostenerstattungsansprüche sei.42 Freilich beziehen sich §§ 103 ff. ZPO nach ihrer ge setzessystematischen Stellung lediglich auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch und verhalten sich nicht zur Frage der Entstehung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche. Auch hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung Regelungen hinsichtlich materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche zu treffen.43 (2) Keine Spezialität Im Fall der Spezialität tritt die allgemeinere hinter der spezielleren Regelung zurück. Spezialität liegt vor, wenn eine Norm alle Merkmale des allgemeineren Begriffs und noch wenigstens ein weiteres Begriffsmerkmal aufweist.44 Die Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung stellen keine spezielleren Regelungen in diesem Sinne dar.45 Vielmehr setzen sie grundsätzlich insbesondere gerade kein Verschulden voraus,46 das demgegenüber regelmäßig eine Voraussetzung von Schadensersatzansprüchen ist. Ferner besteht oftmals ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch, auch wenn kein materiell-rechtlicher in Betracht kommt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Kläger mangels Vertrags mit dem Beklagten mit seiner Leistungsklage unterliegt. In diesem Fall hat der Beklagte gegen den Kläger einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch aus § 91 ZPO, die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB sind aber nicht ohne Weiteres erfüllt.47 Noch deutlicher wird es im Falle unberechtigter (wettbewerbs rechtlicher) Abmahnungen: Unterliegt in diesem Fall der Kläger mit seiner Unterlassungsklage gegen den Beklagten, kommen mangels Sonderbeziehung regelmäßig nur deliktische Ansprüche des Beklagten in Betracht. Oftmals werden aber die Voraussetzungen, insbesondere die Verletzung eines absoluten Rechts gem. § 823 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sein.48 42 RGZ 130, 217, 218 f.; vgl. auch Pühmeyer, S. 62, der seine Argumentation mit § 103 ZPO allerdings ausdrücklich auf das prozessuale Verhältnis zwischen prozessualem und materiell- rechtlichem Kostenerstattungsanspruch beschränkt. 43 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. 44 Sonnen, S. 94; Zippelius, S. 31 f. 45 Vgl. etwa Becker-Eberhard, S. 153; Sonnen, S. 94; a. A. nur Chemnitz, AnwBl 1978, 355. 46 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 1. 47 Vgl. zur Haftung auf Rechtskonfliktkosten aus c.i.c.: Teil 2 § 14 II. 1. f). 48 S. u.: Teil 2 § 14 II. 3. b).
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(3) Entscheidend: teleologische Erwägungen Die Unanwendbarkeit gesetzlicher materiell-rechtlicher Kostenerstattungsan sprüche für die Erstattung von Prozesskosten kann mithin allenfalls aus einer Subsidiarität bzw. Konsumtion49 folgen, die sich aus teleologischen Erwägungen ergeben kann.50 Entscheidend ist damit, ob Sinn und Zweck der prozessualen Kostenerstattung materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche im Bereich der Prozesskosten ausschließen. Methodisch finden diese Erwägungen ihren Platz im Rahmen der Auslegung bzw. Rechtsfortbildung.51 An dieser Stelle geht es dabei zunächst noch nicht darum, ob in bestimmten Fallgestaltungen die Erstattung auf Grundlage materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche infolge einer restriktiven Auslegung oder teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrund lage zu verneinen ist bzw. ob prozessuale Kostenvorschriften in ihrem Anwendungsbereich eine materiell-rechtliche Kostenerstattung ausschließen. Auf diese Fragen wird später zurückzukommen sein.52 Mit Blick auf die Ausführungen Hergets und Blomeyers soll hier vielmehr lediglich erörtert werden, ob Sinn und Zweck der prozessualen Kostenerstattung die Anwendung anderer gesetzlicher Anspruchsgrundlagen für den Bereich der Prozesskosten per se ausschließen. Dies ist indes abzulehnen und mit der heute ganz h. M., die die Frage, ob materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche überhaupt auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein können, gar nicht mehr problematisiert,53 die grundsätzliche Anwendbarkeit zu bejahen:54 (a) Im Verhältnis zu Dritten Besonders deutlich ist dies im Hinblick auf etwaige (schadensersatzrechtliche) Regressansprüche gegenüber Dritten. Dass der Sinn und Zweck der prozessualen Kostenvorschriften solchen Ansprüchen nicht entgegenstehen kann, ergibt sich bereits daraus, dass sie das Verhältnis zu nicht am Prozess Beteiligten (grundsätzlich55) nicht regeln. Im Gegenteil spricht das Ziel eines sachgerechten Aus49
Krit. Dietz, S. 18 Fn. 18: gegen die Übertragbarkeit dieser Konkurrenzform auf das Zivilrecht. Becker-Eberhard, S. 153 f. 51 Becker-Eberhard, S. 176; Loritz, S. 55 f. 52 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b), 3. 53 Siehe nur MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 16, 18; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 15; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16; jeweils m. w. N. 54 Vgl. Becker-Eberhard, S. 157 ff.: ausführlich gegen ältere Ansichten, die die Erstattungsfähigkeit auf Grundlage anderer materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Hinblick auf die Nebensächlichkeit und Abhängigkeit vom Rechtsstreit verneinten. 55 Anders etwa im Bereich des § 49 Abs. 2 WEG, vgl. Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 25; Bärmann/Pick, § 49 Rdnr. 3. 50
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gleichs56 nach dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen57 für eine Kostentragung desjenigen, der den Prozess schuldhaft verursacht hat. Dass im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung trotzdem nicht sogleich über jedwede etwaige Kostenhaftung Dritter entschieden wird, hat seinen Hintergrund im Vereinfachungsprinzip58, das im Dienste der Gerichtsentlastung, Kostentransparenz sowie des effektiven Rechtsschutzes59 steht. Der Prozess würde insbesondere dadurch in die Länge gezogen, dass den Dritten vor einer Verurteilung in die Kosten rechtliches Gehör zu gewähren wäre.60 Der Gesetzgeber hat entsprechend mit dieser Begründung eine Regelung, die eine Entscheidung zu Lasten von Anwälten, gesetzlichen Vertretern, anderen Prozessbevollmächtigten, Gerichtsvollziehern und Richtern hinsichtlich der durch sie verschuldeten Prozesskosten im Rahmen der Kostenfestsetzung ermöglicht, abgelehnt.61 Bei einer etwaigen Ersatzpflicht der genannten Dritten handele es sich um eine „ganz fremde Angelegenheit“, deren Mitentscheidung durch ein Urteil den Prozess „verwirren und verweitläufigen“ müsse. Dieser Begründung lässt sich zugleich entnehmen, dass der Gesetzgeber Erstattungsansprüche gegenüber Dritten nicht etwa im Sinne der Gerichtsentlastung und Kostentransparenz per se ausschließen wollte. Diese sollten nur nicht durch entsprechende Kostenvorschriften automatisch mit in den Prozess zwischen Kläger und Beklagtem hineingezogen werden. Auch erschiene der Ausschluss von Folgeprozessen gegenüber Dritten, deren Pflichtigkeit gar nicht Gegenstand des Erstverfahrens war, als gesetzgeberische Willkür. Insbesondere vermögen die Prinzipien der Vereinfachung62, der Prozessökonomie und das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot63 einen Ausschluss von Folgeverfahren gegenüber Dritten nicht zu rechtfertigen: Das Vereinfachungsprinzip gebietet nur eine möglichst einfache Bestimm barkeit und Durchsetzbarkeit des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs64 und die gesetzliche Umsetzung kann, sofern neben dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein gleichgerichteter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht, dessen Anspruchsinhaber und -gegner also mit jenen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs übereinstimmen, auch insoweit zu einer vereinfachten Kostenerstattung führen, weil nicht erst eine ordentliche Klage 56
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 58 S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. 59 S. o.: Teil 1 § 6 II. 4. 60 Vgl. Waldner, rechtliches Gehör, Rdnr. 308 und ff. m. w. N. 61 Vgl. Hahn, S. 203 f. (auch zum Folgenden). 62 S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. 63 S. o.: Teil 1 § 6 III. 7. 64 S. o.: Teil 1 § 6 III. 6.; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 161 f. 57
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erhoben werden muss. Demgegenüber ermöglicht die prozessuale Kostenerstattung grundsätzlich gerade nicht die Haftung Dritter, so dass insoweit gleichgerichtete Ansprüche in aller Regel nicht entstehen und folglich materiell-recht liche Regressansprüche nicht vor dem Hintergrund des Vereinfachungsprinzips ausgeschlossen sein können. Die Prozessökonomie zielt von vorherein nicht auf die Verhinderung unnötiger Prozesse ab, sondern auf die ökonomische Ausgestaltung des jeweiligen Prozesses.65 Dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht zwar die Verhinderung unnötiger Prozesse und dementsprechend gebietet es eine vorrangige außerprozessuale Rechtsverfolgung und -verteidigung dort, wo für das Durchdringen mit der eigenen Rechtsposition ein Prozess gerade nicht erforderlich ist,66 es ist aber nicht auf den Ausschluss materiell-rechtlicher Rechtspositionen gerichtet. (b) Im Verhältnis der Parteien zueinander Ferner können auch im Verhältnis zwischen den Parteien die Voraussetzungen des Tatbestands eines Schadensersatzanspruchs erfüllt sein; die Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung indes eine entgegengesetzte Haftungsanordnung vorsehen. Zu einem solchen Gegeneinander kann es kommen, wenn der Schadens ersatzanspruch an ein Verhalten einer der Parteien anknüpft, das im Rahmen der Tatbestände der prozessualen Kostenerstattung nicht berücksichtigt werden kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Kläger infolge einer vorprozessualen Informationspflichtverletzung des Beklagten eine von vornherein unbegründete Klage erhebt. Infolge einer Informationspflichtverletzung des Beklagten können in haftungsbegründender Hinsicht beispielsweise die Voraussetzungen von Ansprüchen aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB; § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO erfüllt sein. Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist mangels Begründetheit der Klage zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht möglich,67 so dass eine Kostenentscheidung gem. § 91 ZPO zu Lasten des Klägers ausgehen müsste; eine entsprechende Anwendung von § 93 ZPO auf diesen Fall wird von der ganz h. M.68 abgelehnt. 65
S. o.: Teil 1 § 6 III. 7. S. o.: Teil 1 § 6 II. 2., III. 7. 67 Siehe nur Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 5; hierzu noch ausführlich unten: Teil 3 § 18 II., § 19 V. 68 BGHZ 79, 275, 279 f.; BGH NJW 1994, 2895 f.; MDR 1979, 1000, 1001; OLG Dresden MDR 2003, 1079; OLG Düsseldorf JurBüro 1982, 1240; OLG Hamm MDR 1982, 676; OLG Koblenz NJW-RR 1986, 1443; WRP 1983, 171; OLG Schleswig MDR 2001, 1078; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 8; Bork, JZ 1994, 1011; Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 6; Loritz, ZZP 99 (1986), 112, 113; MünchKomm.ZPO-Musielak, § 306 Rdnr. 7; MünchKomm. ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 5, 62; Musielak/Voit-Musielak, § 306 Rdnr. 5; Prütting/Gehrlein- Schneider, § 93 Rdnr. 6; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 1; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 93 66
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Dem Zweck eines sachgerechten Ausgleichs nach dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen entspricht auch in diesem Fall die Haftungsanordnung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, die denjenigen mit den Kosten belastet, dem der Eintritt in den Prozess mit Blick auf sein vorprozessual schuldhaftes Verhalten zurechenbar ist. Auch ist der Vorrang der prozessualen Haftungsanordnung in diesen Fällen wiederum nicht aus dem Vereinfachungsprinzip, der Prozessökonomie oder dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot ableitbar: Die Anknüpfung der Haftung in § 91 ZPO an das Unterliegen ermöglicht zwar eine rasche Entscheidung im Sinne des Vereinfachungsprinzips. Der Unterliegende haftet nach § 91 ZPO allerdings allein für das Risiko, dass er bei Eintritt in einen Prozess mit der eigenen Rechtsposition unterliegt.69 Die Haftungsanordnung in § 91 ZPO trifft demgegenüber keine Aussage über die Entscheidung in Fällen, in denen erst ein schuldhaftes Verhalten der gegnerischen Partei zum Eintritt in den Prozess geführt hat. Sinn und Zweck der prozessualen Kostenhaftung gebieten mithin auch im Verhältnis der Parteien zueinander keinen Ausschluss der Anwendbarkeit anderer Anspruchsgrundlagen; im Gegenteil, die materiell-rechtliche Kostenanordnung kann dem Zweck eines sachgerechten Ausgleichs nach dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen gerade besser entsprechen als die prozessuale. Dieses Ergebnis, wonach die prozessuale Kostenerstattung im Bereich der Prozesskosten entgegengerichtete materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche der Parteien gegeneinander nicht per se ausschließt, entspricht allgemeiner Ansicht. Denn unstreitig kann jedenfalls bei der Entscheidung nach billigem Ermessen gem. § 269 Abs. 3 S. 370 ein entgegengesetzter materiell-rechtlicher Rdnr. 2a; Thomas/Putzo-Seiler, § 306 Rdnr. 4; Vollkommer, AcP 187 (1987), 610, 619 ff.; Zöller-Feskorn, § 306 Rdnr. 11; vgl. auch Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 2: für die Fälle, in denen eine reziproke Anwendung von § 93 ZPO bejaht werde, bestünden andere Möglichkeiten, die Kostenpflicht des Beklagten herbeizuführen; allerdings unter Hinweis darauf, dass § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einen Gesetz gewordenen Ausdruck der möglichen reziproken Anwendung des § 93 ZPO darstelle; für eine reziproke Anwendung von § 93 ZPO dagegen: Becker-Eberhard, S. 286 ff.; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 380 ff.; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26; vgl. für das Arrestverfahren auch LG Hamburg NJW-RR 1987, 381, 382; für den Fall der Erledigung nach Rechtshängigkeit – in dem nach ganz h. M. durch eine einseitige Erledigungserklärung der Kläger die Kostenhaftung des Beklagten gem. § 91 ZPO herbeiführen kann – OLG Frankfurt a. M. OLGZ 1993, 480, 481; WRP 1982, 422; OLGZ 1981, 99, 100 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 109; hierzu noch unten: Teil 3 § 19 IV. 69 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 70 BT-Dr. 14/4722, S. 81: Gesetzesbegründung zu § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO; BGHZ 197, 147 Rdnr. 19; BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663; 2005, 217; NJW 2004, 1530; OLG Brandenburg BauR 2012, 556; OLG Dresden OLG-NL 2003, 164, 165 f.; OLG Karlsruhe NJW 2012, 1373, 1374; OLG München OLGR München 2004, 218; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213 f.; AG
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden, nach ganz h. M. auch im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO.71 Dies setzt gerade voraus, dass materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche in diesen Fällen auch auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein können. Nicht ganz so eindeutig ist die Beurteilung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit mit Blick auf die Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung davon auszugehen ist, dass hinsichtlich der Prozesskosten die Entstehung gleichgerichteter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ausgeschlossen ist. Im Hinblick darauf, dass Schadensersatzansprüche grundsätzlich (auch) auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein können, kommt eine Ausnahme für bestimmte Fallgestaltungen methodisch im Wege der restriktiven Auslegung bzw. teleologischen Reduktion in Betracht. Hierauf wird im Rahmen der Ausführungen zum schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch72 eingegangen. c) Zwischenergebnis zu 2. Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können auch auf die Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein. Dies gilt nicht nur für materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche, die ihre Grundlage in einer Kostenvereinbarung finden, sondern auch für gesetzliche Anspruchsgrundlagen. Im Hinblick auf materiell- rechtliche Kostenerstattungsansprüche gegenüber Dritten folgt dies bereits daraus, dass die Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung dieses Verhältnis grundsätzlich nicht behandeln. Aber auch im Verhältnis der Parteien zueinander ist nach Sinn und Zweck der prozessualen Kostenvorschriften das Entstehen ma teriell- rechtlicher Kostenerstattungsansprüche hinsichtlich der Prozesskosten nicht ausgeschlossen. Bad Segeberg NJOZ 2014, 805, 808; AG Hersbruck NJOZ 2004, 3394, 3395; Tegeder, NJW 2003, 3327; s. u.: Teil 3 § 19 III. 2. 71 BGH NJW 2002, 680 = LM Nr. 74 zu § 91a ZPO mit Anm. Becker-Eberhard; BGH MDR 1981, 126; OLG Bamberg JurBüro 1977, 1770; OLG Düsseldorf NJW-RR 2013, 124; OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1991, 431; FamRZ 1987, 85; OLG Hamm MDR 2001, 470; FamRZ 1993, 1343, 1344; MDR 1987, 589; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1719, 1720; 1999, 1216, 1217; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLG Köln FamRZ 2001, 1718, 1719; JurBüro 1989, 217; OLGZ 1986, 237, 240 f.; MDR 1979, 1028; NJW 1978, 111; OLG Nürnberg NJW 1975, 2206; OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 499, 500; OLG Stuttgart VersR 1973, 627 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 134, 136; Becker-Eberhard, S. 258 ff., 326; ders., FG 50 Jahre BGH, 273, 282 f.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 24; Prütting/ Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 33; Schilken, Rdnr. 632; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 34; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 48; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 24; ferner Wieczorek/ Schütze-Smid/Hartmann, § 91a Rdnr. 12: die von den für die prozessuale Kostenerstattung geltenden Grundsätze abweichende Berücksichtigung materiell-rechtlicher Erstattungsansprüche sei zwar dogmatisch bedenklich, aus Vereinfachungsgründen aber akzeptabel; s. u.: Teil 3 § 19 II. 72 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b), 3.
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II. Auswirkungen von Beschränkungen der prozessualen Kostenerstattung Erhebliche Differenzen bestehen darüber, welche Auswirkungen die Beschränkung des Haftungsumfangs im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung und dieser Beschränkung zu Grunde liegende Zwecke und Prinzipien auf die Entstehung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche haben. Insoweit ist zunächst die bereits erwähnte73 Rechtsprechung des BGH zur Beschränkung des Verhaltens, das im Falle eines prozessualen Vorgehens zur schadensersatzrechtlichen Haftungsbegründung führen kann,74 zu nennen, auf die im Rahmen der Besprechung der schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsansprüche noch näher eingegangen wird.75 Ferner wird diskutiert, inwieweit die Beschränkung des Umfangs des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gem. § 91 ZPO auf die notwendigen Kosten des Rechtsstreits sowie – im arbeitsgerichtlichen Verfahren – gem. § 12a ArbGG der Ausschluss eines Anspruchs der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs sich auf den Umfang eines etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auswirkt. Auch hierauf wird genauer im Rahmen der Besprechung der materiell-rechtlichen Kostenerstattung aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen eingegangen. Einigkeit besteht darüber, dass die Parteien im Rahmen von Kostenvereinbarungen im Haftungsumfang von § 91 ZPO sowie § 12a ArbGG abweichende Regelungen treffen können.76
III. Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungsund Rechtsverteidigungskosten In Literatur und Rechtsprechung findet sich die Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten.77 Im Rahmen einiger Anspruchsgrundlagen wird lediglich von Rechtsverfolgungskosten,78 bei anderen 73
S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. a). BGHZ 179, 238 Rdnr. 12; 164, 1, 6; 154, 269, 271 ff.; 148, 175, 181 f.; 118, 201, 206; 95, 10, 18 ff.; 74, 9, 15 f.; 36, 18, 20 f.; 20, 169, 171 f.; BGH NJW-RR 2011, 338 Rdnr. 16; 2008, 1147 Rdnr. 8; NJW-RR 2005, 315, 316; NJW 1988, 2032, 2033; 1980, 189, 190, insoweit in BGHZ 75, 1 nicht abgedruckt. 75 S. u.: Teil 2 § 14 I. 3. a). 76 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) aa). 77 S. o.: § 1 IV. 2. 78 Vgl. beispielsweise Becker-Eberhard, S. 63 f. zum Verzugsschadensersatzanspruch. 74
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hingegen von Rechtsverfolgungs- als auch Rechtsverteidigungskosten79 gesprochen. Bisweilen wird kritisiert, dass die Kosten einer außergerichtlichen Ver teidigung nicht im gleichen Maße erstattungsfähig seien, wie die Kosten einer außergerichtlichen Rechtsverfolgung80 und davon ausgegangen, dass die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungs kosten andererseits unterschiedlichen Grundsätzen folge.81 Im Hinblick auf die allgemeine Gebräuchlichkeit82 dieses Begriffspaars und die These, dass die Erstattungsfähigkeit unterschiedlichen Grundsätzen folge, erscheint es sinnvoll, in einem ersten Schritt aufzuzeigen, was unter den Begriffen der Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten verstanden wird. In einem zweiten Schritt wird sodann mit Blick auf die zugewiesenen Begriffsbedeutungen besprochen, woher ein etwaiger Unterschied in der Erstattungsfähigkeit rührt, um den Vorwürfen einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungskosten andererseits begegnen zu können. 1. Begriffe der Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten Die Begriffe Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten im Bereich der materiell-rechtlichen Kostenerstattung werden aus einem materiell-rechtlichen Blickwinkel verwandt. Es kommt also nicht darauf an, welche prozessuale Position – Kläger oder Beklagter83 – der ein Recht Verfolgende bzw. der sich gegen eine Rechtsverfolgung Verteidigende hat.84 a) Hösl Nach Hösl85 liegt eine Rechtsverteidigung vor, wenn ein gegnerisches Vorbringen nach dem Satz „Das vorgetragene Recht besteht nicht.“ lediglich abgewehrt 79
Vgl. beispielsweise Becker-Eberhard, S. 65 ff. zum Kostenerstattungsanspruch aus positiver Forderungsverletzung. 80 Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1249. 81 Vgl. Hösl, S. 17 f., 39, 47: Fallgestaltungen, bei denen ein „Umschlagen“ einer Rechtsverteidigung in eine Rechtsverfolgung vorliege, seien nach den Regeln der Erstattung von Rechtsverfolgungskosten zu lösen. 82 S. o.: § 1 IV. 2., Nachweise ebd. Fn. 17. 83 Das Verhalten des im prozessualen Sinne angreifenden Klägers stellt sich im Falle eines etwa auf Feststellung des Nichtbestehens des vom Beklagten (vorprozessual) geltend gemachten Anspruchs gerichteten Klagantrags als eine Verteidigung gegen die vorprozessuale Rechtsverfolgung des Beklagten dar; der einen Anspruch verfolgende Beklagte verteidigt sich dennoch im Prozess seinerseits gegen den prozessualen Angriff des Klägers. 84 Vgl. auch Thole, AcP 209 (2009), 498, 524. 85 Vgl. Hösl, S. 5 f. (auch zum Folgenden).
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wird. Eine Rechtsverfolgung soll hingegen vorliegen, wenn (zusätzlich zu der Verneinung des gegnerischen Vorbringens) der Satz „Ich habe das Recht auf …“ gilt. Die Rechtsverteidigung schlage in eine Rechtsverfolgung um, sobald (zum Zwecke der Verteidigung) ein Recht geltend gemacht werde. Nach diesem Begriffsverständnis können beispielsweise nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattbare Rechtskonfliktkosten keine Rechtsverteidigungskosten darstellen, da der Verzug gem. § 286 BGB gerade voraussetzt, dass der Gläubiger einen Anspruch aktiv geltend macht. Besonders deutlich wird diese aktive Position desjenigen, der sich auf den Verzug seines Gegenübers beruft, durch die gem. § 286 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Mahnung.86 Aber auch, wenn gem. § 286 Abs. 2 BGB eine Mahnung nicht erforderlich ist, ändert dies nichts daran, dass Rechtskonfliktkosten, die gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattet werden können, auf der aktiven Geltendmachung eines Anspruchs beruhen. Dies folgt aus Voraussetzungen und Rechtsfolgenanordnung von §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB: § 286 BGB setzt gerade voraus, dass ein (Haupt)Anspruch besteht, mit dessen Erfüllung der Anspruchsgegner in Verzug gerät. Die Verzögerung der Leistung muss (adäquat) kausal für den Schaden sein. Indem ein Verzugsschadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB gerade voraussetzt, dass der Anspruchsteller sich im Hinblick auf den (Haupt)Anspruch in der Position eines Rechtsverfolgers befindet und die Erstattung eines (adäquat) kausal auf der Verzögerung der Leistung beruhenden Schadens anordnet, ist der Anspruchsteller nach dem Begriffsverständnis Hösls notwendig Rechtsverfolger. Werden Kosten, die zur Abwehr einer unberechtigten Rechtsverfolgung aufgewendet werden, aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB geltend gemacht, ergibt sich nach diesem Begriffsverständnis Folgendes: Besteht ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer unberechtigten Rechtsverfolgung und ist ein Verzug gem. § 286 BGB mit dem jeweiligen Unterlassungsanspruch möglich,87 stellt die
86 Vgl. Canaris, ZIP 2003, 321, 322: das Zentrum von § 286 BGB werde durch das Erfordernis der Mahnung gebildet. 87 Vgl. BGHZ 84, 244, 248 f.; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 37: der Begriff des Verzugs setzt voraus, dass die Leistung noch nachgeholt werden kann; Köhler, AcP 190 (1990), 497, 522; Staudinger-Olzen, § 241 Rdnr. 140: Verzug ist begrifflich nicht ausgeschlossen, kommt aber jedenfalls nicht in Betracht, wenn es sich um eine sog. absolute Fixschuld handelt und damit im Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht Unmöglichkeit eintritt; ferner Wendt, AcP 92 (1902), 1, 68 f.: bei Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungspflicht liege zumeist Unmöglichkeit vor; krit. hinsichtlich eines Verzugs mit einem Unterlassungsanspruch: Haller, JurBüro 1997, 342, 343; generell gegen die Möglichkeit der Leistung als Voraussetzung des Verzugs hingegen: Rogowski, AcP 104 (1909), 303 ff.; vgl. zur Zweckerreichung bei Unterlassungspflichten: Henckel, AcP 174 (1974), 97, 124; Köhler, AcP 190 (1990), 497, 519 ff.
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Geltendmachung dieses Unterlassungsanspruchs nicht lediglich eine reaktive Rechtsverteidigung, sondern ihrerseits eine Rechtsverfolgung dar.88 Nach Hösl können Rechtsverteidigungskosten insbesondere aus positiver Vertragsverletzung bzw. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB und aus culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 und 3, § 241 Abs. 2 BGB erstattungsfähig sein.89 Die Besonderheit bei dieser Haftung liege gerade in der Unabhängigkeit von einem vom Rechtsverteidiger verfolgten Recht. Aufgrund dieser Unabhängigkeit stelle sich die Rechtsverteidigung nicht als eine Rechtsverfolgung dar. b) Becker-Eberhard Becker-Eberhard erwähnt im Rahmen des Anspruchs auf Verzugsschadensersatz (§ 286 BGB a. F. bzw. heute §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) den Begriff der Rechtsverteidigungskosten nicht. Insoweit ist vielmehr lediglich von Rechtsverfolgungskosten die Rede.90 Dies vermittelt zunächst den Eindruck, dass er den Begriff der Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten wie Hösl verwendet. Entsprechendes gilt für die Erläuterung Becker-Eberhards zu den Fallgruppen der positiven Forderungsverletzung: „In [den] Fallgruppen geht es darum, ob und inwieweit eine in der Sache unberechtigte Rechtsverfolgung, d. h. die Verfolgung nicht oder so nicht bestehender Rechte, bzw. eine gleichermaßen unberechtigte Rechtsverteidigung, also das Bestreiten eines vom anderen Teil zu Recht geltend gemachten Anspruchs oder sonstigen Rechtsverhältnisses, einen Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung auslösen können.“91 Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Insbesondere beruft sich Becker-Eberhard zur Verneinung von Erstattungsansprüchen hinsichtlich der Kosten wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen und patent- oder zeichenrechtlicher Verwarnungen aus Verzug unter anderem darauf, dass es in diesen Fallgestaltungen um die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gehe und bei solchen Ansprüchen der Verzug nach h. M. begrifflich nicht möglich sei.92 Dass im Rahmen des Anspruchs auf Erstattung des Verzögerungsschadens von Rechtsverteidigungskosten in der Abhandlung Becker-Eberhards nicht die Rede ist, könnte daher ebenso auf diesem vermeintlichen begrifflichen Ausschluss von Ansprüchen aus Verzug beruhen. Ferner lassen auch seine erläuternden Ausführungen im Rahmen der Fallgruppenbildung zur positiven Forde88 Vgl.
Hösl, S. 32 f., 36 f., 39: „Umschlagen der Rechtsverteidigung in eine Rechtsverfolgung“. 89 Hösl, S. 49 und 108 (auch zum Folgenden). 90 Vgl. Becker-Eberhard, S. 63 f. 91 Becker-Eberhard, S. 66 f., Hervorhebungen im Original. 92 Becker-Eberhard, S. 57 f. Fn. 17.
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rungsverletzung nicht den Schluss auf ein der Abgrenzung Hösls entsprechendes Verständnis zu. Zwar soll eine Rechtsverteidigung vorliegen, wenn Rechte bestritten werden. Becker-Eberhard fügt dem jedoch nicht hinzu, dass zum Zwecke der Abwehr gerade keine Rechte verfolgt werden dürfen. c) Thole Thole versteht den Begriff der Rechtsverfolgung als Oberbegriff (auch) der Rechtsverteidigung.93 Zudem führt er aus, dass sich das Bestreiten eines Anspruchs mit seinem kontradiktorischen Gegenteil, der Berühmung mit einem subjektiven Recht, von dem geltend gemachten Anspruch verschont zu bleiben, übersetzen lasse.94 Ein subjektives Recht dieses Inhalts kann etwas anderes als einen Unterlassungsanspruch meinen, wenn vertraglich vereinbart wurde, dass die Inanspruchnahme zu unterbleiben hat und man das sich hieraus ergebende Forderungsrecht als Rechtsposition – entgegen heute allgemeiner Ansicht – dem Anspruch als Schutzmittel gegenüberstellt.95 Thole beschränkt seine Ausführungen indes nicht auf diesen Fall. Er versteht das subjektive Recht vielmehr allgemein im Sinne eines Abwehrrechts gegen eine Inanspruchnahme.96 Ein solches Abwehrrecht im Sinne einer subjektiven Anknüpfung einer Pflicht zum Unterlassen an denjenigen, der die Unterlassung verlangen kann, wird als Unterlassungsanspruch bezeichnet.97 Daher wird nach Ansicht Tholes also mit der Rechtsverteidigung ein Anspruch auf Unterlassung einer Rechtsverfolgung verfolgt. Die Rechtsverteidigung lässt sich demnach also (immer) auch als Rechtsverfolgung darstellen. Zu beachten ist allerdings, dass mit der Zuwiderhandlung gegen die Pflicht zur Unterlassung der Rechtsverfolgung die Einhaltung dieser Pflicht insoweit unmöglich ist, als es um den Zeitpunkt oder Zeitraum der Zuwiderhandlung geht, so dass in der Folge ein etwaiger Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die konkrete Pflichtverletzung nicht (mehr) verfolgt werden kann.98 Thole kann im Hinblick hierauf nur Folgendes meinen: Wurde die Unterlassungspflicht bereits verletzt, wird die (neuerliche) Verletzung der Pflicht zur Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung oft vorhersehbar sein. Die Pflicht zur Unterlassung der unberechtigten Rechtsverfolgung wäre in diesem 93 So
Thole, AcP 209 (2009), 498, 503. Thole, AcP 209 (2009), 498, 523. 95 Vgl. zum Anspruchsbegriff Henckel, AcP 174 (1974), 97, 142. 96 Vgl. Thole, AcP 209 (2009), 498, 523 f. 97 Henckel, AcP 174 (1974), 97, 134. 98 Vgl. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 98 f.: die Unterlassungsklage richte sich nicht auf die Beseitigung eines Eingriffs; ihr Ziel sei allein die Abwehr künftiger Beeinträchtigungen. 94
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Fall hinreichend bestimmt und es bestünde eine Gefahr künftiger Verletzung der Unterlassungspflicht, so dass ein Unterlassungsanspruch existierte.99 Die Abwehr der unberechtigten Rechtsverfolgung wird dann meist (auch) der Vorbeugung der weiteren (unberechtigten) Geltendmachung eines Rechts und damit der Durchsetzung des entsprechenden Unterlassungsanspruchs dienen. Letztlich weicht Tholes Begriffsverständnis von jenem Hösls nur ab, weil er – anders als Hösl – davon ausgeht, dass mit der Verteidigung gegen eine Rechtsverfolgung immer auch die Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs für die Zukunft einhergeht. 2. Hintergrund der unterschiedlichen Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten Gemeinsam ist den dargestellten Begriffsverständnissen, dass unter Rechtsverfolgungskosten Kosten verstanden werden, mit denen ein subjektives Recht verfolgt wird, unter Rechtsverteidigungskosten Kosten, die aufgewandt werden, um eine Rechtsverfolgung des anderen Teils abzuwenden. Die unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungskosten andererseits folgt zunächst daraus, dass im Rahmen bestimmter Anspruchsgrundlagen, etwa §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB die aktive Geltendmachung eines Anspruchs – und damit die Rechtsverfolgung – im Fokus steht, nicht dagegen die Abwehr einer Rechtsverfolgung. Vorausgesetzt, man geht grundsätzlich davon aus, dass auch der Verzug mit einem Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung möglich ist und daher ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Betracht kommt, erfolgt die Erstattung der entsprechenden Aufwendungen nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als „Rechtsverfolgungskosten“ und eben nicht als „Rechtsverteidigungskosten“. Daraus, dass sich mit Blick auf das dargestellt Begriffsverständnis aus bestimmten Anspruchsgrundlagen keine Rechtsverteidigungskosten ergeben können, folgt zudem automatisch die Erstattungsfähigkeit aufgrund unterschiedlicher Regeln. Denn die Anspruchsgrundlagen stellen gerade Regeln dar, die angeben, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch besteht.100 Hinzukommt, dass die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten voraussetzt, dass das verfolgte Recht auch besteht. Das subjektive Recht, dessen Durchsetzung die Rechtsverfolgungskosten dienen, stellt letztlich auch die Rechtfertigung für ihre Erstattungsfähigkeit dar. Dies wird nicht hinreichend berücksichtigt, wenn die unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfol99
Vgl. ausführlich zu den Voraussetzungen für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Verletzung von Schutzpflichten: Köhler, AcP 190 (1990), 496, 509 ff. 100 Vgl. Muthorst, § 5 Rdnr. 29.
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gungskosten und Rechtsverteidigungskosten moniert wird. Begrifflich wird für das Vorliegen von Rechtsverteidigungskosten eben nicht vorausgesetzt, dass auch ein subjektives Recht verfolgt wird. Umgekehrt rechtfertigt ein etwaiger Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung ebenso die Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen die unberechtigte Rechtsverfolgung: Aufwendungen zur Abwehr einer unberechtigten Rechtsverfolgung wären oftmals nicht erstattungsfähig, wenn eine weitere (unberechtigte) Geltendmachung eines vermeintlichen Rechts nicht zu befürchten wäre. Muss der unberechtigt Inanspruchgenommene nicht befürchten, dass der Anspruchsteller weiterhin unberechtigt Ansprüche geltend macht, weil dieser beispielsweise eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, so wären (weitere101) Aufwendungen zur Abwehr der unberechtigten Rechtsverfolgung nicht erforderlich. Die Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten auf Grundlage einer schadensersatzrechtlichen Anspruchsnorm setzt aber gerade voraus, dass der Aufwendende die Rechtskonfliktkosten zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte für erforderlich halten durfte.102 Weiterhin bejaht Hösl aufbauend auf die Rechtsprechung des BGH103 zur Erstattung von Kosten einer berechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die Erstattung von Rechtsverteidigungskosten aus §§ 683, 670 BGB.104 Der BGH stellt zur Begründung des Anspruchs aus GoA gerade darauf ab, dass der Abgemahnte als Störer einem Anspruch gem. § 1004 BGB auf Beseitigung der Störung ausgesetzt ist. Er habe zur Vermeidung eines kostspieligen Rechtsstreits ein Interesse an einer außergerichtlichen Abmahnung. Wollte man diese Rechtsprechung auf die Fälle einer Rechtsverteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsverfolgung übertragen, wäre also danach zu fragen, ob im Hinblick auf die unberechtigte Rechtsverfolgung ein Unterlassungsanspruch besteht.105 101 Da durch eine Unterlassungserklärung allerdings erst eine Wiederholungsgefahr ausgeräumt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, § 20 Rdnr. 15), wären etwaige Aufwendungen des Inanspruchgenommenen, die zur Abgabe der Unterlassungserklärung geführt haben, erstattungsfähig, sofern eine weitere Inanspruchnahme nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen wäre. 102 Vgl. Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1249: Rechtsverteidigungskosten seien danach insbesondere erforderlich, wenn der (unberechtigte) Rechtsverfolger seinen Anspruch beharrlich weiterverfolge oder seinerseits anwaltlich vertreten sei; vgl. zur Voraussetzung der Erforderlichkeit noch unten: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2). 103 BGHZ 52, 393 ff. 104 Hösl, S. 139 ff.; krit. Becker-Eberhard, ZZP 119 (2006), 120, 124 f. 105 Diesen Aspekt versucht Hösl, S. 143 indes zu entschärfen, indem er darauf hinweist, dass ein Anspruch aus GoA nicht voraussetze, dass das Geschäft zur Beseitigung einer Störung beigetragen hat; es sei wohl unbestreitbar, dass es (auch) im Interesse des Verfolgers eines nichtbestehenden Rechts liege, auf Fehleinschätzungen hingewiesen zu werden; krit. hierzu Becker-Eberhard, ZZP 119 (2006), 120, 124 f.
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Es kann daher festgehalten werden, dass die unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungskosten andererseits nicht auf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung dieser Positionen beruht, sondern vielmehr Folge der vorgenommenen Begriffsabgrenzungen ist und eine Erstattungsfähigkeit sowohl von Rechtsverfolgungs- als auch von Rechtsverteidigungskosten sich grundsätzlich mit Blick auf ein (verfolg bares) subjektives Recht rechtfertigt. Der Kritik an der unterschiedlichen Erstattungsfähigkeit kann daher nicht gefolgt werden.
IV. Unterscheidung zwischen Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens und unzutreffender Rechtsbehauptung Becker-Eberhard106 führt in einer Anmerkung zu einer BGH-Entscheidung vom 12.12.2006107 zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten, die bei der Abwehr einer unberechtigten Inanspruchnahme anfallen, aus, dass es keine Seltenheit sei, dass einem Anspruchsteller ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der ihm durch eine (sachlich berechtigte) außergerichtliche Rechtsverfolgung entstandenen Kosten zustehe. Dagegen seien Fälle, in denen ein zu Unrecht Inanspruchgenommener Erstattung der Kosten seiner (berechtigten) Rechtsverteidigung verlangen könne, eher die Ausnahme. Der Grund liege darin, dass Rechtsverfolgungskosten sich häufig als Teil der beanspruchten Hauptleistung darstellten und aus demselben Rechtsgrund geschuldet würden wie diese. Dies sei insbesondere bei Schadensersatzansprüchen der Fall. Denn dass Rechtsverfolgungskosten mit zum zu ersetzenden Schaden gehörten, sei seit langem anerkannt. Aber auch, wenn der Hauptanspruch nicht auf Schadensersatz, sondern sonstige Leistung gerichtet sei, könne leicht ein auf Kostenersatz gerichteter Schadensersatzanspruch entstehen. Den Schadensersatz anspruch löse nicht das Bestreiten des Anspruchs aus, sondern die damit regelmäßig einhergehende Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens. Wer das Bestehen eines gegen ihn erhobenen Anspruchs bestreite, werde dem Gläubiger in der Regel zugleich die Erfüllung vorenthalten und sich den dafür vorgesehenen Sanktionen aussetzen. Der Verzugsschadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sei der typische Fall eines schadensersatzrechtlichen Kosten erstattungsanspruchs des Anspruchstellers. Bei der unberechtigten Rechtsberühmung, insbesondere der unberechtigten Anspruchstellung habe man es dagegen zunächst nur mit einer sachlich unzutreffenden Rechtsbehauptung zu tun. Sie sei, sofern nicht weitere Umstände hinzu 106 107
Becker-Eberhard, LMK 2007, 220539 (auch zum Folgenden). BGH NJW 2007, 1458 ff.
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träten, als solche ebenso wenig schadensersatzbewehrt wie das bloße Anspruchsbestreiten auf der Passivseite. Im „Kampf ums Recht“ ein Recht zu behaupten oder zu bestreiten, sei im Ansatz völlig unverdächtig und zur Wahrung der eigenen Interessen grundsätzlich erlaubt. Die entscheidende Frage sei daher, was hinzukommen müsse, um aus der zunächst noch unverfänglichen unberechtigten Rechtsbehauptung eine schadensersatzbewehrte und deshalb zum Auslösen eines Kostenerstattungsanspruchs geeignete Pflichtverletzung zu machen oder einen anders gearteten Kostenerstattungsanspruch zu begründen. Nach diesen Ausführungen besteht mithin oftmals ein Anspruch auf Kosten, die der Verfolgung eines Anspruchs dienen; demgegenüber kann sich das Auf finden einer Anspruchsgrundlage hinsichtlich anderer Rechtskonfliktkosten als schwierig erweisen. Ob Becker-Eberhard darin zu folgen ist, dass die entscheidende Frage ist, ob die sachlich unberechtigte Anspruchsberühmung eine Pflichtverletzung darstellt, oder ob mit dem BGH im Falle einer bestehenden Sonderbeziehung davon auszugehen ist, dass die unberechtigte Inanspruchnahme stets eine Pflichtverletzung i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB darstellt, aber genau zu prüfen ist, ob der Anspruchsteller auch schuldhaft handelt,108 soll hier offen bleiben.109 Was die Unterscheidung zwischen den Fällen des Anspruchsbestreitens einerseits, die mit der Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens einhergeht und den Fällen einer unberechtigten Rechtsberühmung andererseits anbelangt, so erscheinen die Ausführungen zunächst einleuchtend. Freilich lässt sich nicht nur bei materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen im Falle des unberechtigten Bestreitens durch den Inanspruchgenommenen von einer Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens sprechen. Vielmehr kann auch bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen danach differenziert werden, ob lediglich eine unzutreffende Rechtsbehauptung, oder die Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens vorliegt: Sind beispielsweise (ausnahmsweise) die Voraussetzungen von § 823 Abs. 1 BGB infolge einer unberechtigten Anspruchsberühmung erfüllt, wurde also insbesondere ein absolutes Recht verletzt – denkbar ist etwa ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung oder eine unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung, eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Rechtsverfolgung in ehrkränkender Weise, das Hervorrufen gesundheitlicher Beeinträchtigungen vor allem seelischer Art beim zu Unrecht Belangten durch eine besonders penetrante Rechtsverfolgung –110, so 108
S. u.: Teil 2 § 12 VI. 2. b). Vgl. zum Streitstand: Hofmann, ZfPW 2018, 152, 164. 110 Becker-Eberhard, S. 82 ff., 85 ff.; ders., LMK 2007, 220539; Lipp, JuS 1990, 790, 792. 109
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
ist diesem Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nach Wendehorst zumindest theoretisch ein entsprechender negatorischer oder quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch (analog) § 1004 BGB vorgeschaltet.111 Bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen entspricht nach Hadding112 jeder (Neben)Leistungspflicht – auch solchen i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB113 – ein Anspruch auf Erfüllung. Diese Sichtweise hätte zur Folge, dass jede unberechtigte Rechtsverfolgung sowie -verteidigung, die einen Schadensersatzanspruch zur Folge hat, eine Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens darstellt. Zu beachten ist jedoch, dass die Ansicht, jeder Pflicht gehe ein Anspruch voraus, nicht unumstritten ist.114 So werden Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB und § 241 Abs. 2 BGB bisweilen sogar danach abgegrenzt, ob ein ihnen entsprechender Primäranspruch besteht (dann § 241 Abs. 1 BGB), oder nicht (dann § 241 Abs. 2 BGB).115 Ungeachtet dieser Streitigkeiten um die Frage, ob einer Pflicht stets ein Anspruch korrespondiert, ist Becker-Eberhard allerdings insoweit zu folgen, als die sachlich unrichtige Rechtsbehauptung allein nicht zu einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch führt.116 Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob mit der 111
Wendehorst, S. 29. Hadding, FS Konzen, 193, 200. 113 Vgl. Hadding, FS Konzen, 193, 212 f.: unter Nebenleistungspflicht versteht Hadding gerade eine Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB. 114 Vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496, 503 ff.: nicht jeder Unterlassungspflicht entspreche ein Unterlassungsanspruch; vgl. auch Grigoleit, FS Canaris, 275, 278: die abstrakte Qualität sei idealtypisches Charakteristikum der Schutzpflicht; eine gewisse Konkretisierung ex ante könne sich jedoch aus vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Vorschriften ergeben; vgl. ferner Henckel, AcP 174 (1974), 97, 111: sog. unselbstständige Nebenpflichten seien nicht einklagbar und ebd. S. 121 und 127 f.: die Antwort auf die Frage, ob einer Rechtspflicht ein Anspruch entspreche, hänge davon ab, wie man den materiellen Anspruch definiere; ebd. S. 134, 138: der Unterlassungsanspruch sei nichts anderes als die subjektive Anknüpfung der Pflicht zum Unterlassen an die Person desjenigen, der die Unterlassung verlangen könne. 115 Vgl. Gröschler, FS Konzen, 109, 114: Nebenpflichten seien solche Pflichten, auf deren Einhaltung der Gläubiger keinen eigenständigen Primäranspruch habe; krit. zu dieser Abgrenzung Grigoleit, FS Canaris, 275, 279: entscheidend sei für die Klagbarkeit einer Pflicht allein, ob sie konkretisierbar, d. h. auch im prozessualen Sinne hinreichend bestimmt sei; ebd. S. 289 ff.: ein Erfüllungsanspruch spiele bei Schutzpflichten mangels Konkretisierbarkeit oder weil bei Konkretisierbarkeit der Schutzpflicht zumeist zeitgleich oder zeitnah auch ein Schaden im Vermögen des Gläubigers eintrete und sich die Erfüllung daher erledige oder weil der Schutzpflichtgläubiger der Schädigung grundsätzlich ohne Nachteile ausweichen könne, so dass dieser kein schutzwürdiges Interesse an der isolierten Durchsetzung habe, keine Rolle; vgl. ferner Medicus, FS Canaris, 835, 839: die umstrittene Einklagbarkeit von Schutzpflichten könne Bedeutung erlangen, wenn schon eine Pflichtverletzung stattgefunden habe und weitere Verletzungen zu besorgen seien. 116 Vgl. zur dogmatischen Unterscheidung zwischen bloßer Anspruchsberühmung und zusätzlichen „Pflichtwidrigkeitsmomenten“ auch Hofmann, ZfPW 2018, 152, 163 ff. 112 Vgl.
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unrichtigen Rechtsbehauptung ein Verhalten einhergeht, an das das Recht einen Erstattungsanspruch knüpft.
V. Anknüpfungspunkt der Pflichtwidrigkeit als Grundsatz Anders als im Bereich der prozessualen Kostenerstattung,117 sind im Rahmen der materiell-rechtlichen Kostenerstattung gesetzliche Anspruchsgrundlagen, die an ein pflichtgemäßes Verhalten einen Anspruch auf Ersatz von Rechtskonfliktkosten knüpfen, nicht ersichtlich. So entsprechen beispielsweise den absoluten Rechten, die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt werden, Pflichten Dritter, Eingriffe in die absolut geschützten Rechte zu unterlassen bzw. zum Schutz der absoluten Rechte positive Handlungen vorzunehmen.118 Durch § 823 Abs. 2 BGB werden Rechtsgüter vor positiven Handlungen und Unterlassungen geschützt, die konkrete Verhaltensnormen verletzen und daher pflichtwidrig sind. Auch Schadensersatzansprüche auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage gem. §§ 280 ff. BGB entstehen aufgrund von Pflichtverletzungen. Es existieren zwar Schadensersatzansprüche, die kein pflichtwidriges Verhalten voraussetzen, wie beispielsweise § 904 S. 2 BGB. Eine etwaige Erstattung von Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungskosten aus solchen Normen knüpft jedoch nicht (allein) an die Erfüllung des jeweiligen haftungsbegründenden Tatbestandes an: Für § 904 S. 2 BGB ist zwar anerkannt, dass nicht nur der unmittelbare Sachschaden, sondern auch mittelbare Schäden erstattungsfähig sein können.119 Bei einem Anspruch aus § 904 S. 2 BGB widerspräche es jedoch dem Zweck von § 904 S. 1 BGB, wenn dem Eigentümer120 ein Anspruch auf Erstattung der Kosten gewährt würde, die zur Abwehr des Eingriffs in sein Eigentum entstehen. Ihn trifft hinsichtlich jenes Eingriffs bzw. jener Einwirkung gem. § 904 S. 1 BGB eine Duldungspflicht.121 Anders ausgedrückt, gibt ihm das Eigentum wegen § 904 S. 1 BGB gerade kein Recht, die Einwirkung eines anderen auf die Sache zu verbieten, wenn eine Notstandsituation im Sinne dieser Norm vorliegt. Anerkannt ist jedoch, dass Kosten, die bei der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs anfallen, erstattungsfähig sein können.122 Entsprechend können 117
Hierzu: Teil 1 § 6 II. 1. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 110 (auch zum Folgenden). 119 BGHZ 36, 217, 221; MünchKomm.BGB-Brückner, § 904 Rdnr. 14; Soergel-Baur, § 904 Rdnr. 18. 120 Zu sonstigen Anspruchsinhabern, insb. dem Besitzer: MünchKomm.BGB-Brückner, § 904 Rdnr. 14. 121 BGH NJW-RR 2002, 1576; RGZ 156, 187, 190; MünchKomm.BGB-Brückner, § 904 Rdnr. 14. 122 So die ganz h. M., vgl. BGHZ 127, 348, 351; BGH NJW 2018, 935 Rdnr. 6; 2017, 3588 118
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Kosten, die bei der Verfolgung des Anspruchs aus § 904 S. 2 BGB anfallen, auf Grundlage eben dieser Norm erstattungsfähig sein. Allerdings rechtfertigt in diesem Fall gerade das der Haftungsanordnung der jeweiligen Schadensersatznorm widersprechende Verhalten die Zurechnung des Schadens, der sich aus dem Aufwand der Rechtsverfolgungskosten ergibt. Ein Anspruch auf Erstattung der entsprechenden Kosten besteht also gerade, weil der Schädiger seiner Schadensersatzpflicht nicht nachkommt und mithin pflichtwidrig123 handelt. Weiterhin stellt der BGH124 für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten aus §§ 683, 670 BGB, die er für die Kosten einer berechtigten (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung bejaht hat, gerade darauf ab, dass der Abgemahnte als Störer in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB zur Beseitigung der Störung auf eigene Kosten verpflichtet ist. Einem Beseitigungsanspruch gem. § 1004 BGB geht aber gerade eine Pflicht zur Unterlassung der jeweiligen Beeinträchtigung voraus. Auch für einen Anspruch auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten aus §§ 683, 670 BGB nach der Rechtsprechung des BGH125 wird also gerade vorausgesetzt, dass der Inanspruchgenommene (Abgemahnte) eine Pflicht verletzt hat. Hiergegen spricht auch nicht, dass der BGH in der betreffenden Entscheidung ausführt, der Befugnis zur Abmahnung eines Verbands zur Förderung gewerb licher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG a. F. (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n. F.) als Gläubiger entspreche nach der gesetzlichen Regelung keine Pflicht des Störers zu einem entsprechenden Handeln, mit deren Erfüllung dieser durch die erfolglose Abmahnung in Verzug geraten könnte. Hiermit begründet der BGH lediglich, dass der Störer gegenüber einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach den gesetzlichen Regelungen nicht zu einem bestimmten posi tiven Tun verpflichtet ist, bzw. kein entsprechender Anspruch des Verbands besteht, mit dessen Erfüllung der Störer in Verzug geraten könnte. Auf die einem Anspruch gem. § 1004 BGB vorgeschaltete Unterlassungspflicht geht der BGH mithin nicht ein.126 Rdnr. 6; 2007, 1450 Rdnr. 11; 2005, 356; 2004, 444, 446; NJW-RR 1989, 953, 956; NJW 1986, 2243, 2244 f.; Becker-Eberhard, S. 53 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 167, 180 ff.; Nixdorf, VersR 1995, 257; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 56; Pühmeyer, S. 14 f.; Roussos, S. 367, 370 ff.; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 118 ff.; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 114; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2378; s. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa), auch zur a. A. 123 Anders: Becker-Eberhard, LMK 2007, 220539, nach dem es sich in diesem Fall um einen „unselbstständigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch“ handele, der seinen Grund in der Verweigerung anspruchsgemäßen Verhaltens finde und nicht auf einer zusätzlichen Pflichtverletzung beruhe, sondern sich als Teil der beanspruchten Hauptleistung darstelle. 124 BGHZ 52, 393, 399 f. 125 Hierzu s. u.: Teil 2 § 15. 126 Vgl. hierzu auch Fritzsche, S. 395.
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Der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen auf Erstattung der Kosten der vom Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung gem. § 767 Abs. 2 BGB127 setzt zwar keine Pflichtverletzung des Bürgen voraus; es handelt sich hierbei allerdings auch nicht um einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei der Rechtsverfolgung gegenüber dem Bürgen angefallen sind, sondern um einen Regressanspruch hinsichtlich der Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber dem Hauptschuldner entsprechend dem für die Bürgschaft grundlegenden Regelungsmodell der Akzessorietät. Allerdings wird auch insoweit hervorgehoben, dass der Anspruch ohne Rücksicht auf Verzug oder sonstige schuldhafte Leistungsstörungen des Hauptschuldners bestehe.128 Im Hinblick darauf, dass der Bürge nach § 767 Abs. 2 BGB nicht nur für materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, sondern auch für prozessuale Kostenerstattungsansprüche in diesem Verhältnis haftet,129 ist dies auch zutreffend. Allerdings bildet den Hintergrund für eine Haftung des Bürgen für einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Hauptschuldner in diesem Fall eben nicht ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, sondern ein prozessualer, der in der Tat kein pflichtwidriges Verhalten voraussetzt.130 Etwaigen gegenüber dem Hauptschuldner begründeten (gesetzlichen) materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen ist demgegenüber entsprechend den obigen Ausführungen ein pflichtwidriges Verhalten des Hauptschuldners gemeinsam. Ein pflichtwidriges Verhalten ist hingegen nicht Voraussetzung für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der in der vertraglichen Übernahme von Rechtskonfliktkosten gründet. Es mag zwar ein anspruchs- bzw. pflichtwidriges Verhalten desjenigen vorliegen, der auf Erstattung der Rechtskonfliktkosten in Anspruch genommen wird. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten auf Grundlage einer Vereinbarung setzt dies aber nicht notwendig voraus. Vielmehr ist die Selbstbestimmung der Privatrechtsakteure im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen ein eigenständiger Legitimationsgrund:131 Mit der vertraglichen Bindung wird die Privatautonomie im Sinne der rechtlichen Handlungsfreiheit dahingehend, dass der einzelne Privatrechtsakteur an Stelle staatlicher Regelung seine rechtlichen Beziehungen zu anderen selbstbestimmt und willkürlich ohne Angabe von Gründen regeln kann, ausgeübt.132
127
Vgl. auch § 1210 Abs. 2 BGB; hierzu: MünchKomm.BGB-Damrau, § 1210 Rdnr. 6. MünchKomm.BGB-Habersack, § 767 Rdnr. 8; Staudinger-Horn, § 767 Rdnr. 33. 129 Mugdan II, S. 371; BGH NJW 2009, 1879 Rdnr. 13; MünchKomm.BGB-Habersack, § 767 Rdnr. 9; Staudinger-Horn, § 767 Rdnr. 34. 130 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 131 Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 30. 132 Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 28. 128
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VI. Rechtsverwirklichung und Risikoverteilung Die Frage, in welchen Fällen das Recht die Erstattung von Rechtskonfliktkosten ermöglicht, kann Einfluss auf die Rechtsverwirklichung haben. Einerseits darf die Verwirklichung des materiellen Rechts nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Inhaber bestehender Rechte wegen des Risikos der (Kosten)Haftung auf die Geltendmachung verzichtet.133 Das dem jeweiligen materiellen Recht zu Grunde liegende Steuerungsziel würde unterminiert, wenn die drohende Haftung zu einer Überabschreckung von der Geltendmachung und Durchsetzung subjektiver Rechte führte. Andererseits ist aber auch das Interesse des von einer unberechtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung Betroffenen an einem möglichst umfassenden Schutz seines Integritäts- und Vermögensinteresses zu beachten.134 Hat der Inhaber eines subjektiven Rechts bzw. der unberechtigt Inanspruchgenommene keine Aussicht auf die Erstattung der ihm bei der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung anfallenden Kosten, kann auch dies der Rechtsverwirklichung abträglich sein. Dieser Steuerungswirkung der Kostenerstattung für die Rechtsverwirklichung ist im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Rechnung zu tragen. Die Förderung der Rechtsdurchsetzung durch die Gewährung eines Erstattungsanspruchs einerseits und die Gewährleistung der Kalkulierbarkeit des Haftungsrisikos, bestenfalls Vermeidbarkeit der Haftung zur Verhinderung von Risikoaversion hinsichtlich der Verfolgung der eigenen Rechtsposition andererseits muss dem gesetzlichen Regelungssystem und den diesem zu Grunde liegenden Wertungen entsprechen. 1. Ausdrückliche gesetzliche Regelungen Hat der Gesetzgeber sich explizit für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten ausgesprochen, erübrigt sich freilich die Frage danach, ob ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Förderung der Rechtsverwirklichung zu gewähren ist. Dem Anspruchsgegner des Erstattungsanspruchs wird in diesem Fall gesetzlich das Risiko des Anfalls von Kosten auf Seiten des Anspruchsinhabers für die Rechtsdurchsetzung aufgebürdet. Anspruchsgrundlagen, die explizit einen Anspruch auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten begründen, finden sich etwa in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sowie § 97a Abs. 3 UrhG, nach denen ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer berechtigten Abmahnung besteht. Insoweit ist freilich nach Maßgabe des jeweiligen Regelungszusammenhangs zu bestimmen, inwieweit Rechtskonfliktkosten zu erstatten sind. So stellen sich nach der Geset133
Thole, AcP 209 (2009), 498, 518 (auch zum Folgenden); vgl. auch Hofmann, ZfPW 2018, 152, 167 f. 134 Vgl. auch Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 805 ff.
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zesbegründung zu § 12 Abs. 1 UWG die Kosten einer berechtigten Abmahnung nicht etwa stets als erforderlich dar. Vielmehr sei gerade bei den gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten regelmäßig von einer Personal- und Sachausstattung auszugehen, die es ermögliche, bei Fällen mittleren Schwierigkeitsgrads die Ansprüche außergerichtlich und ohne Rechtsanwalt geltend zu machen.135 2. Risikoverteilung in anderen Fällen Inwieweit Anspruchsgrundlagen, die nach ihrem Wortlaut nicht explizit auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichtet sind, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gewähren, ist durch Auslegung der betreffenden Regelungen zu ermitteln. Auf die Einzelheiten der einen Anspruch auf Erstattung von Rechtskonflikt kosten gewährenden Anspruchsgrundlagen sowie die Frage der Folgen der prozessualen Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung für die Anwendbarkeit der all gemeinen (insbesondere schadensersatzrechtlichen) Anspruchsgrundlagen wird später zurückgekommen. An dieser Stelle soll aber bereits ein Überblick über die entscheidenden gesetzlichen Anspruchsgrundlagen und die der Gewährung eines Anspruchs auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten zu Grunde liegenden Wertungen gegeben werden. Denn die Zusammenschau des Regelungssystems ist entscheidend für die Frage, inwieweit Anspruchsgrundlagen, deren Wortlaut nicht explizit auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichtet ist, einen entsprechenden Anspruch gewähren. Insbesondere Schadensersatzansprüche sind oftmals (auch) auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichtet.136 Kosten der Verfolgung eines Anspruchs stellen etwa einen typischen Verzugsschaden dar und können damit gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattungsfähig sein.137 Ferner kommt als Anspruchsgrundlage bei Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB insbesondere ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB138 sowie im Falle der Verletzung eines absoluten Rechts ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB139 in Betracht. Im Rahmen der Prüfung, ob ein tatbestandsmäßiges, insbesondere pflichtwidriges, schuldhaftes Verhalten vorliegt, die Aufwendung von Rechtskonfliktkosten zum Zwecke der Verfolgung eigener Rechte bzw. der Verteidigung gegen die 135
BT-Drucks. 15/1487, S. 25. Hierzu noch ausführlich unten: Teil 2 § 14. 137 BT-Drucks. 14/6040, 225: hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten, die bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers anfallen; Becker-Eberhard, S. 63; hierzu noch ausführlich unten: Teil 2 § 14 II. 1. c). 138 S. u.: Teil 2 § 14 II. 1. e). 139 S. u.: Teil 2 § 14 II. 3. 136
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Rechtsverfolgung eines Anderen dem haftungsbegründenden Verhalten des Kontrahenten zurechenbar sind und damit die Rechtskonfliktkosten auf Grundlage der jeweiligen Anspruchsgrundlage erstattet werden können, ist der vertraglichen,140 vertragstypischen und gesetzlichen141 Risikoverteilung Rechnung zu tragen.142 Die Diskussion, inwieweit insbesondere mit Blick auf den und im Verhältnis zum prozessualen Kostenerstattungsrecht ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten besteht, konzentriert sich dabei auf das Vorliegen der Voraussetzungen des jeweiligen haftungsbegründenden Tatbestands. Gegebenenfalls entspricht es dem im Schadensersatzrecht nach § 249 BGB geltenden Grundsatz der Totalreparation, dass die zur Wiederherstellung des bisherigen Zustandes notwendigen Rechtskonfliktkosten auf Grundlage der einschlägigen Anspruchsnorm zu erstatten sind. Dementsprechend stellen insbesondere die zur Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs erforderlichen Kosten nach heute allgemeiner Auffassung grundsätzlich einen dem haftungsbegründenden Verhalten zurechenbaren Schadensposten dar und können danach als Folgeschaden auf Grundlage der Anspruchsnorm des jeweiligen Schadensersatzanspruchs erstattungsfähig sein. Auf Einzelheiten der Haftungsausfüllung wird an späterer Stelle eingegangen.143 Auf der Ebene der Haftungsbegründung wird verschiedentlich versucht, eine Gleichstellung des Schuldners und des (Putativ)Gläubigers hinsichtlich der Erstattung von Kosten, die der Verfolgung eines Rechts durch den Gläubiger bzw. der Verteidigung gegen die unberechtigte Inanspruchnahme dienen, herbeizuführen.144 Insbesondere wird bisweilen einerseits für eine weitreichende Haftung im Rahmen von Sonderverbindungen gem. § 280 Abs. 1 BGB infolge der Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB durch eine sachlich unberechtigte Inanspruchnahme145 sowie für eine weitreichende deliktische Haftung,146 andererseits für die Absenkung der Anforderungen an einen verschuldensausschließenden Rechtsirrtum im Rahmen der Schuldnerhaftung147 eingetreten. Diese 140 Vgl. Haertlein, MDR 2009, 1, 3: das zu Grunde liegende Schuldverhältnis könne nach Art, Inhalt oder den Umständen zu besonderer Fürsorge oder Schonung anhalten. 141 Die hier als die Risikoverteilung verstanden wird, die das Gesetz normiert, also die gesetzlich typisierte vertragliche Risikoverteilung miteinbezieht, vgl. auch Kaiser, FS Canaris, 531, 535. 142 Vgl. Kaiser, NJW 2008, 1709, 1711. 143 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b). 144 Krit. zur Unterscheidung nach den Parteirollen Thole, AcP 209 (2009), 498, 523 f., 534 f., 538 f. 145 So etwa Kaiser, FS Canaris, 531, 535, 545 ff.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 534 f. 146 Besonders weitreichend AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 147 So Kaiser, FS Canaris, 531, 545 f.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 538 f.
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Ansätze vermögen indes mit Blick auf die dem Gesetz zu entnehmenden Interessenabwägungen und die dem Privatrecht immanenten Prinzipien nicht zu überzeugen: a) Strenge Schuldnerhaftung als gesetzliche Risikozuweisung So trägt das Risiko einer Nicht- und Schlechtleistung gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 bzw. § 283 BGB der Schuldner, gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB trägt er das Risiko der verspäteten Leistung. Entsprechend steht das materielle Recht einem „Recht auf Irrtum“ des Schuldners zurückhaltend gegenüber.148 Insbesondere belegt § 291 BGB den Schuldner mit der Haftung für Rechtshängigkeitszinsen und bürdet ihm insoweit das Risiko dafür auf, dass er sich auf einen Prozess einlässt. Weiterhin stellt § 286 Abs. 1 S. 2 BGB der Mahnung die Klage gleich, so dass die Klageerhebung unweigerlich den Verzug zur Folge hat. Dieser Risikozuweisung entsprechend wird vom BGH die Berufung des Schuldners auf einen entschuldigenden Rechtsirrtum nur in engen Grenzen zugelassen.149 Der gesetzlichen Risikozuweisung im Rahmen der Verzugshaftung widerspräche es insbesondere, das Bestehen eines Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB infolge eines Rechtsirrtums, der sich im allgemeinen Prozessrisiko erschöpft, mangels Verschuldens zu verneinen. Entsprechend wird ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB nicht etwa mangels Verschuldens unter Hinweis darauf abgelehnt, dass das Bestehen einer Forderung sicher nur im Rechtsstreit geklärt werden und vom Schuldner nicht verlangt werden kann, dass er das Ergebnis des Rechtsstreits voraussieht. b) Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB Demgegenüber erklärt der BGH150 in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 zur Erstattungsfähigkeit von Rechtsverteidigungskosten, die infolge einer sachlich unberechtigten Anspruchserhebung aufgewandt wurden, den Aspekt, dass das Bestehen einer Forderung sicher nur im Rechtsstreit geklärt werden und vom Schuldner nicht verlangt werden könne, das Ergebnis des Rechtsstreits voraus zusehen, gerade für relevant im Rahmen von §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Auch wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, das Vorliegen eines Rechtsirrtums im Rahmen der schuldnerischen (Verzugs)Haftung nach an148
Kaiser, FS Canaris, 531, 543 f.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 518 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 149 BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW 2007, 428 Rdnr. 25; 2006, 3271 Rdnr. 18 ff.; 2001, 3114, 3115; 1983, 2318, 2320 f.; 1974, 1903, 1904; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 117 ff.; Staudinger-Caspers, § 276 Rdnr. 55 ff.; vgl. auch Kaiser, FS Canaris, 531, 546. 150 BGHZ 179, 238 Rdnr. 20, 26.
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deren Grundsätzen zu beurteilen, als im Falle der Prüfung der Haftung gem. § 280 Abs. 1 BGB aufgrund der Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB durch die sachlich unberechtigte Inanspruchnahme,151 ist dies im Ergebnis mit Blick auf die gesetzliche Risikoverteilung wertungsmäßig richtig. Denn, wie oben bereits erwähnt, macht es einen Unterschied, ob jemand lediglich eine Rechtsbehauptung aufstellt, oder damit eine Pflichtverletzung einhergeht.152 Steht eine Verzugshaftung im Raum und ist nur noch die Frage des Verschuldens beim Vorliegen eines Rechtsirrtums offen, ist zu berücksichtigen, dass mit der sachlich unberechtigten Rechtsverteidigung notwendig eine Pflichtverletzung – die Nichtleistung – einhergeht. Während sich im Bereich der Schuldnerhaftung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder auch §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 bzw. § 283 BGB aus dem Gesetz ergibt, dass die (zeitweise) Nicht- oder Schlechtleistung eine Pflichtverletzung darstellt, stellt § 241 Abs. 2 BGB eine konkretisierungsbedürftige und -fähige Generalklausel dar.153 Welchen Umfang und Inhalt Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB haben, hängt damit von dem jeweiligen Regelungssystem, in dessen Rahmen die Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB in Frage steht, insbesondere vom jeweiligen Schuldverhältnis,154 den gesetzgeberischen Interessenabwägungen im maßgeblichen Regelungssystem sowie den dem Privatrecht immanenten Rechtsprinzipien ab.155 Entsprechend wurde vor der erwähnten BGH-Entscheidung156 aus 2009 im Falle der sachlich unberechtigten Inanspruchnahme die Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB überwiegend aufgrund einer umfänglichen Berücksichtigung der involvierten Interessen, gesetzgeberischen Entscheidungen sowie dem Privatrecht immanenten Rechtsprinzipien beurteilt. Danach stellte die unberechtigte Inanspruchnahme auch im Rahmen von Sonderverbindungen nicht ohne Weiteres eine Pflichtverletzung dar.157 Denn jeder soll grundsätzlich seine eigenen Interessen verfolgen dürfen, ohne bei der Wahrnehmung seiner Eigeninteressen durch überbordende Vorprüfungspflichten im Interesse des anderen Teils unzumutbar beschränkt und damit gleichsam zum Anwalt des Anderen ge151
Vgl. etwa Thole, AcP 209 (2009), 498, 539; vgl. auch Kaiser, FS Canaris, 531, 535, 539, 545, 547: zum Gleichlauf des Kostenrisikos im Rahmen der Schuldnerhaftung einerseits und der Haftung des Putativgläubigers andererseits. 152 S. o.: Teil 2 § 12 IV., V. 153 MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 55. 154 MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 55. 155 Vgl. allgemein und zu § 242 BGB: Lange, S. 48 ff., 177 ff.; Haubelt, S. 58 ff.; Zöllner, NJW 1999, 3240, 3242. 156 BGHZ 179, 238 Rdnr. 20, 26. 157 BGH NJW 1996, 389, 390; 1988, 2032, 2033; Becker-Eberhard, S. 67 ff., 103; Haertlein, 516 ff.; a. A. AG Münster NJW-RR 1994, 1261 f.; Hösl, S. 83.
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macht zu werden.158 Dies entspricht dem der Rechtsordnung zu Grunde liegenden Prinzip der Selbstverantwortung159, insbesondere der privatrechtlichen Leit idee der Regelung von Interessenkonflikten zwischen zwei in Interaktion tretenden und eigenverantwortlich ihre Interessen wahrnehmenden Rechtsgenossen.160 Im Rahmen eines Streits um das Bestehen von Rechten muss es zudem im Sinne der Rechtsverwirklichung erlaubt sein, in einem gewissen Rahmen die für den eigenen Standpunkt sprechenden Gesichtspunkte vorzubringen und das eigene Begehren im günstigen Licht darzustellen; dem Gegner kann grundsätzlich der Vortrag des für seinen Standpunkt Erheblichen überlassen werden. Anders als im Bereich der Haftung des Schuldners infolge der Nichtleistung, wird der zu Unrecht Inanspruchgenommene zudem nicht ohne Weiteres in seinen Interessen betroffen.161 Er hat vielmehr die Möglichkeit, passiv zu bleiben und dem Leistungsbegehren nicht nachzukommen, ohne dass hieraus für ihn Nachteile erwüchsen.162 Der BGH hat sich mit seinem Urteil vom 16.1.2009 zur Haftung gem. § 280 Abs. 1 BGB infolge der Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB durch die sachlich unberechtigte Inanspruchnahme nicht gegen diese Wertung gestellt,163 sondern die Behandlung der entsprechenden Gesichtspunkte von der Ebene der Pflichtwidrigkeit auf jene des Verschuldens verlagert.164
158 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 74. Bork, BGB AT, Rdnr. 106; Bydlinski, System und Prinzipien, V. 6., S. 99 ff.; Medicus/Petersen, Rdnr. 6, 51 ff.; Wolf/Neuner, § 10, Rdnr. 10 ff.: auch zum Streit um die Willensfreiheit vor dem Hintergrund moderner Erkenntnisse der Neurophysiologie; aus verfassungstheoretischer Sicht: Möllers, in: Willensfreiheit und rechtliche Ordnung, 250 ff., 270 ff.; ferner Heun, in: Willensfreiheit und rechtliche Ordnung, 276, 280 ff.; aus zivilrechtlicher Sicht: Mankowski, AcP 211 (2011), 153 ff., 173 ff.; ferner schon oben: Teil 1 § 6 III. 2. 160 Vgl. Becker-Eberhard, S. 73 f. (auch zum Folgenden). 161 Becker-Eberhard, S. 72 (auch zum Folgenden). 162 Dagegen Kaiser, FS Canaris, 531, 540: in den Fallgestaltungen, die ihrer Ansicht nach gegen die Möglichkeit sprechen, passiv zu bleiben, wenn nämlich der Putativgläubiger unter Berufung auf eine nicht bestehende Forderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht oder gegen eine Forderung aufrechnet, ist der Putativgläubiger allerdings jeweils (auch) Schuldner und hat daher nach den strengen Maßstäben der Schuldnerhaftung für seine Nichtleistung einzustehen. 163 So aber Sutchet, JZ 2008, 637, 640. 164 Thole, AcP 209 (2009), 498, 528; der BGH kann hierdurch dem Aspekt der Sorgfaltswidrigkeit – wie vom Gesetz vorgesehen, vgl. § 276 Abs. 2 BGB – auch im Falle von Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB im Rahmen des Verschuldens Rechnung tragen; nach a. A. ist die Sorgfaltswidrigkeit hingegen schon im Rahmen der Frage beachtlich, ob eine Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB verletzt wurde, vgl. Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1248; MünchKomm. BGB-Ernst, § 280 Rdnr. 14 ff., 18. 159 Vgl.
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In diesem Urteil vom 16.1.2009165 sowie in einem Urteil vom 23.1.2008166 befasst sich der BGH insbesondere mit der Risikoverteilung im Kaufrecht im Falle eines Tatsachenirrtums und der hiermit einhergehenden Frage der Erstattung von Rechtskonfliktkosten: Das Urteil des VIII. Senats vom 23.1.2008 behandelt die Frage, inwieweit der Käufer für den dem Verkäufer aufgrund eines unberechtigten Mängelbeseitigungsverlangens entstehenden Schaden haftet. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass die Mängelbeseitigungsrechte des Käufers nicht durch das Risiko der Haftung für etwaige (Rechtskonflikt)Kosten des Verkäufers entwertet werden dürfen. Indem der BGH eine Haftung des Käufers gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB grundsätzlich für möglich hält, trägt er dem Umstand Rechnung, dass derjenige, in dessen Sphäre sich der Vertragsgegenstand befindet, die Ursache eines Symptoms regelmäßig leichter ermitteln kann.167 Andererseits berücksichtigt er mit der Beschränkung der Rücksichtnahmepflicht des Käufers auf eine Überprüfung im Rahmen der eigenen Möglichkeiten, dass das Haftungsrisiko für den Käufer minimierbar sein muss, ohne dass er hierdurch zum „Anwalt“168 der anderen Seite gemacht wird. Der V. Senat nimmt im Urteil vom 16.1.2009 auf das Urteil des VIII. Senats vom 23.1.2008 Bezug und hält eine Haftung des Verkäufers aus § 280 Abs. 1 BGB für die Rechtsverteidigungskosten des Käufers, die aufgrund einer unberechtigten Inanspruchnahme auf Zahlung des Kaufpreises und eines grundlosen Rücktritts anfielen, grundsätzlich für möglich. Während das Urteil des VIII. Senats vom 23.1.2008 sich noch dahingehend verstehen ließ, dass der BGH die entscheidenden Wertungen im Rahmen der für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB erforderlichen Pflichtverletzung verortet,169 geht der V. Senat in diesem neueren Urteil davon aus, dass jede unberechtigte Rechtsverfolgung im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses eine Pflichtverletzung darstellt und die relevanten Wertungsgesichtspunkte im Rahmen des Verschuldens zu behandeln sind.170 Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entspreche der Gläubiger, wenn er prüfe, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Bleibe nach dieser Plausibilitätskontrolle171 ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, dürfe der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergeben165
BGHZ 179, 238 ff. BGH NJW 2008, 1147 ff. 167 Vgl. Haertlein, MDR 2009, 1, 3; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712 f. 168 So Haertlein, MDR 2009, 1, 3. 169 Vgl. auch Haertlein, MDR 2009, 1, 2 f.; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1711. 170 Krit. Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1248. 171 Ähnlich Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712: „Evidenzkontrolle“. 166
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den Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verhalten letztlich als unberechtigt herausstelle. Im Ergebnis keinen Unterschied macht es regelmäßig, ob man die in diesen Entscheidungen im Rahmen der Frage, ob ein Tatsachenirrtum zum Ausschluss des Vertretenmüssens führt, geforderte Prüfung, ob der eigene Standpunkt plausibel ist, auch im Bereich des Rechtsirrtums für entscheidend hält.172 Denn muss der Vertragspartner damit rechnen, dass der Inanspruchgenommene Kontrahent anwaltliche Beratung einholen und dafür Kosten aufwenden wird und geht man daher davon aus, dass er verpflichtet ist, vor der Inanspruchnahme des Anderen die Begründetheit des Anspruchs in rechtlicher Hinsicht sorgfältig zu prüfen, so ist das Maß der Rechtsprüfungspflicht wie das der Tatsachenprüfungspflicht so zu bemessen, dass keine Fachkenntnisse verlangt werden. Nach diesem Maßstab verletzt der Anspruchsteller nicht schuldhaft eine Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB, wenn die Rechtslage zweifelhaft ist und eine verlässliche Beurteilung nur mit professioneller Fachkunde möglich ist. Ist andererseits die Rechtslage für den Anspruchsteller so klar, dass er ohne Schwierigkeiten erkennen kann, dass der Anspruch nicht besteht, liegt in der Rechtsanmaßung zwar eine schuldhafte Pflichtverletzung. Allerdings kann in derartigen Fällen der Inanspruchgenommene die Unbegründetheit der Anspruchsanmaßung typischerweise ebenso leicht erkennen, so dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich173 und damit schadensersatzrechtlich nicht ersatzfähig ist. Der entscheidende Unterschied zwischen der Tatsachen- und Rechtsprüfung zur Abwendung einer Haftung besteht darin, dass die Kontrahenten meist in gleicher Weise zur Rechtserkenntnis fähig sind, während dem Anspruchsteller die Ermittlung von Tatsachen wesentlich leichter fallen kann als dem Anspruchsgegner, wenn diese sich in der Sphäre des Anspruchstellers befinden.174 Da die Wahrung der eigenen Interessen grundsätzlich Vorrang vor der Schonung des anderen Teils hat, ist der Putativgläubiger nicht zur Hinzuziehung von Erkenntnismitteln verpflichtet, die auch dem Kontrahenten zur Verfügung stehen – wie typischerweise die Erlangung von Rechtskenntnis – und sich so gleichsam zum Anwalt des Anderen zu machen. Anders liegt es hingegen, wenn zur Beurteilung der Rechtslage relevante (i. d. R. tatsächliche) Umstände der Wahrnehmungssphäre des Anspruchsgegners entzogen, dem Anspruchsteller aber leicht zugänglich sind. Die Annahme einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB zur Vorprüfung ist in diesem Fall angemessen. 172
Haertlein, MDR 2009, 1, 2 f. (auch zum Folgenden). Hierzu s. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2). 174 Haertlein, MDR 2009, 1, 3 (auch zum Folgenden). 173
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Freilich kann ausnahmsweise auch eine eingehende rechtliche Vorprüfung e rforderlich sein. Dies ist der Fall, wenn das betreffende Schuldverhältnis nach Art, Inhalt oder den besonderen Umständen zu erhöhter Fürsorge oder Schonung anhält.175 Einer entsprechenden gesetzgeberischen oder auch privatautonom zwischen den Kontrahenten getroffenen Interessenbewertung kann mit erhöhten Anforderungen an eine rechtliche Prüfung vor der Verfolgung des eigenen Rechtsstandpunkts Rechnung zu tragen sein. So können beispielsweise Arbeitsoder Mietvertragsparteien dazu verpflichtet sein, bei Abrechnungen gesteigerte rechtliche Sorgfalt walten zu lassen. Den Umständen nach ist eine profunde Rechtsprüfung zu fordern, wenn der Anspruchsteller professioneller Rechtskenner ist und das betreffende Schuldverhältnis seiner Berufsausübung zuzuordnen ist,176 oder wenn er den entscheidenden Rechtsfragen ausnahmsweise erheblich näher steht als der Inanspruchgenommene, wie etwa ein Arzt hinsichtlich der Frage, ob eine Untersuchung im Sinne des Gebührentatbestands als „einfach“ oder als „eingehend und das gewöhnliche Maß übersteigend“ zu bewerten ist. Mit Blick auf die gesetzliche Interessenbewertung und die dem Privatrecht zu Grunde liegenden Rechtsprinzipien lässt sich weiterhin die ständige Rechtsprechung des BGH177 zum Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB bei einer Kündigungserklärung des Vermieters ohne bestehendes Kündigungsrecht erklären. Danach trage der Vermieter das Risiko, dass er die Rechtslage falsch beurteilt.178 Dieser Rechtsprechung wird insbesondere mit der Begründung zugestimmt, dass der Vermieter, der dem Mieter die Mietsache gar nicht erst überlasse, aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB hafte und daher die nachträgliche Erfüllungsverweigerung ebenfalls zu einem Schadensersatzanspruch führen müsse.179 Dass der Schaden nach Überlassung der Mietsache erst durch den Willensentschluss des Mieters, auszuziehen, entstehe, könne über § 254 Abs. 1 BGB berücksichtigt werden.180 Beuge sich der Mieter einer unberechtigten Kündigung vorschnell, mindere sich sein Schadensersatzanspruch. Mit dieser Rechtsprechung wird mithin einerseits berücksichtigt, 175
Haertlein, MDR 2009, 1, 3 (auch zum Folgenden). Nicht ausreichend ist es, dass jemand kein juristischer Laie ist; insbesondere sind geschädigte Anwälte nicht etwa per se dazu verpflichtet, ihre Fähigkeiten unentgeltlich in den Dienst des Schädigers zu stellen, vgl. auch Wagner, NJW 2006, 3244, 3246. 177 BGHZ 89, 296, 301 ff.; BGH NJW 2005, 2395, 2396; NZM 1998, 718; NJW 1988, 1268, 1269; vgl. ferner BGH NJW-RR 2002, 730: Räumungsverlangen des Vermieters ohne vorherige Kündigung; vgl. hierzu und mit weiteren Beispielen zur unberechtigten Verfolgung von Gestaltungsrechten: Kaiser, FS Canaris, 531, 535 ff. (auch zum Folgenden). 178 A. A. Klinkhammer, NJW 1997, 221 ff. 179 Kaiser, NJW 2008, 1708, 1711; dies., FS Canaris, 531, 536 f., 540 f. 180 Kaiser, NJW 2008, 1708, 1711; dies., FS Canaris, 531, 536 f., 540 f. (auch zum Folgenden). 176
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dass der Gesetzgeber sich für eine strenge Schuldnerhaftung entschieden hat und damit dem Vermieter, der seine Pflicht zur Gebrauchsüberlassung in Abrede stellt, grundsätzlich das Risiko eines Rechtsirrtums aufgebürdet.181 Andererseits wird dem Prinzip der Selbstverantwortung durch die Berücksichtigung der Entscheidung des Mieters zum Auszug im Rahmen des Mitverschuldens Rechnung getragen. c) Deliktsrecht Bei der Frage, wie extensiv ein die deliktrechtliche Haftung auslösendes Verhalten angenommen wird, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber einer umfassenden deliktischen Generalklausel eine Absage erteilt hat und die Haftung für primäre Vermögensschäden nur ausnahmsweise, insbesondere nach § 826 BGB im Falle der sittenwidrigen Schädigung, zulässt.182 Ferner sind die bereits für die Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB infolge der Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dargelegten Grundsätze zu beachten, wonach es insbesondere dem Prinzip der Selbstverantwortung und dem Ziel der Rechtsverwirklichung widerspräche, überbordende Haftungsrisiken für den Fall der sachlich unberechtigten Rechtsberühmung zu schaffen, die nicht zugleich mit der Verwehrung gegen eigene Leistungspflichten einhergeht.183 Nicht zu folgen ist daher insbesondere dem vom AG Bad Homburg184 in seinem Urteil vom 2.7.1986 vertretenen Standpunkt, dass die unberechtigte Anspruchsberühmung regelmäßig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle, weil der Einzelne das Recht habe, von der Überziehung mit von vornherein unberechtigten Forderungen verschont zu bleiben, und damit eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB zu bejahen sei.185
181 Im Bereich der Wohnraummiete spricht für diese Risikoverteilung zusätzlich die besondere Schutzbedürftigkeit der Wohnung als existentieller Lebensbereich, vgl. Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 63; ferner Vossler, MDR 2009, 300, 303, der allgemein im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen von einer besonderen Schutzbedürftigkeit ausgeht. 182 Zu den Grundstrukturen des Deliktrechts: Canaris, VersR 2005, 577 ff. 183 S. o.: Teil 2 § 12 VI. 2. b). 184 AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 185 Die Rechtsprechung des AG Bad Homburg wird allgemein abgelehnt, vgl. BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 17; LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106; Becker-Eberhard, LMK 2007, 220539; Hösl, S. 123; Lipp, JuS 1990, 790, 792.
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VII. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten Geht es um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, wird oftmals lediglich das zweiseitige Verhältnis zwischen demjenigen, der berechtigt oder unberechtigt Rechte gegenüber einem anderen verfolgt und jenem anderen, der sich berechtigt oder unberechtigt gegen die Rechtsverfolgung zur Wehr setzt, angesprochen.186 Dies resultiert vermutlich daraus, dass die Bezeichnung als „materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch“ insbesondere in Bezug und Abgrenzung zum „prozessualen Kostenerstattungsanspruch“ genutzt wird und der Begriff des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs oftmals lediglich für das kostenrechtliche Verhältnis der Prozessparteien zueinander verwandt wird.187 Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können jedoch ebenfalls gegen einen Dritten, der nicht Teil des Rechtskonflikts ist, in welchem die entsprechenden Kosten aufgewandt wurden, bestehen. So kann insbesondere der Geschädigte, der zunächst erfolglos gegen einen Dritten vorgegangen ist, einen Schadensersatzanspruch, der (auch) auf Erstattung der Kosten jenes Rechtskonflikts gerichtet ist, gegen den Schädiger haben.188 Ferner kann gem. § 767 Abs. 2 BGB der Gläubiger gegen den Bürgen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber dem Hauptschuldner haben.189 Weiterhin können insbesondere in Wohnungseigentumssachen materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche der Wohnungseigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Verwalter bestehen.190 Gegebenenfalls können dem Verwalter gem. § 49 Abs. 2 WEG191 Kosten eines Rechtsstreits, in dem er selber nicht Partei ist, auferlegt werden. Es geht dabei beispielsweise um die Berücksichtigung einer Schadensersatzpflicht des Verwalters, die aus einer fehlerhaften Einberufung einer Eigentümerversammlung192 resultiert oder wenn die Ungültigkeit eines Eigentümerbeschlusses darauf beruht, dass der berufsmäßig 186
Vgl. nur Becker-Eberhard, passim; Hösl, passim; Pühmeyer, passim. Vgl. oben: Teil 1 § 2 I. Fn. 3. 188 BGH NJW 1971, 134, 135 f.; 1969, 1109, 1110; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 117; dagegen keine Ersatzpflicht nach BGH NJW-RR 1988, 554; ausführlich hierzu Scheffelt, NJW 2018, 901 ff.: neben der genannten Konstellation des Vorgehens gegen den falschen Schuldner auch zum Fall der Leistungskette, m. w. N. 189 S. o.: Teil 2 § 12 V. 190 Vgl. BGH NZM 2010, 748 Rdnr. 8; Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 20; Bonifacio, ZWE 2012, 206, 207; MünchKomm.BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 1, 5 f.; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 72; Rau, ZMR 1998, 1 ff. 191 S. u.: Teil 3 § 20; Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 192 OLG München NZM 2006, 934, 935. 187
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tätige Verwalter der Eigentümerversammlung eine nicht hinreichend bestimmte Beschlussvorlage unterbreitet193 oder von dem Verwalter die Mindestanforderungen an eine Abrechnung nicht beachtet wurden und er damit gegen seine Verpflichtungen aus § 28 Abs. 3 WEG verstoßen hat194.195
VIII. Befreiungsansprüche Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können auch auf Befreiung bzw. Freistellung von Verbindlichkeiten gerichtet sein. Im Drei-Personen-Verhältnis ist der Befreiungsgläubiger einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten ausgesetzt und kann vom Befreiungsschuldner verlangen, ihn von der Verbindlichkeit zu befreien.196 Ist der Befreiungsschuldner Gläubiger der Verbindlichkeit, die den Befreiungsgläubiger belastet, so darf der Befreiungsschuldner seine Forderung nicht geltend machen und ist zum Erlass verpflichtet.197 Ein Freistellungsanspruch kann sich zunächst aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben.198 Ferner kann die Belastung mit einer Verbindlichkeit einen Schaden darstellen,199 so dass insbesondere schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsansprüche auf Befreiung gerichtet sein können. Weiterhin hat gem. § 257 S. 1 BGB der Gläubiger eines Aufwendungsersatzanspruchs einen Anspruch auf Befreiung von den Verbindlichkeiten, die er als Aufwendungen eingeht.200 Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz i. S. v. § 257 S. 1 BGB kann sich etwa aus § 670 BGB ergeben. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch kann insbesondere auf Befreiung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch gerichtet sein.201 Ist beispielsweise ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers, der aufgrund einer pflichtwidrigen und schuldhaften vorprozessualen Auskunftsverweigerung des Beklagten eine unbegründete Klage erhoben hat, begründet und ist der Schadensersatzanspruch auch auf die Erstattung der Prozesskosten 193 Vgl.
OLG Oldenburg ZMR 2005, 814. BayObLG ZWE 2004, 372. 195 MünchKomm.BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 6; weitere Beispiele bei Bärmann- Roth, § 49 Rdnr. 35. 196 Görmer, JuS 2009, 7. 197 Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 189. 198 Staudinger-Bittner, § 257 Rdnr. 22. 199 BGHZ 59, 148, 150; 57, 78, 80 f.; BGH NZG 2011, 631 Rdnr. 21; NJW 2007, 1809 Rdnr. 20; 1999, 1542, 1544; 1993, 2232, 2233; 1993, 1137, 1138; 1992, 2221, 2222; NJW-RR 1989, 211, 213; 1987, 43, 44; Larenz, Schuldrecht I, § 29 II b), S. 494; MünchKomm.BGB- Oetker, § 249 Rdnr. 16, 29, § 250 Rdnr. 4; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 189. 200 Görmer, JuS 2009, 7, 8 (auch zum Folgenden). 201 Vgl. BGH NJW 2002, 680; Becker-Eberhard, S. 240 f. (auch zum Folgenden). 194
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gerichtet, so ist der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch vor der Erfüllung eines etwaigen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten aus § 91 ZPO auf Befreiung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch gerichtet.
IX. Zusammenfassung zu § 12 Ein zusammenhängendes, materiell-rechtliches Kostenerstattungsrecht ist im deutschen bürgerlichen Recht nicht kodifiziert. Allerdings können Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts in ihren Voraussetzungen und Rechts folgen die Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten ermöglichen. Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können sowohl auf Erstattung von außerprozessualen Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten, als auch auf Erstattung von Prozesskosten gerichtet sein. Der Kritik an der unterschiedlichen Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten und Rechtsverteidigungskosten im außerprozessualen Bereich kann nicht gefolgt werden. Hintergrund ist, dass bei einigen Anspruchsgrundlagen die aktive Geltendmachung eines Hauptanspruchs im Vordergrund steht und schon aus diesem Grund von Rechtsverfolgungskosten gesprochen wird, obwohl ebenso von Rechtsverteidigungskosten die Rede sein könnte, weil die konkreten Kosten der Verteidigung gegen eine Rechtsverfolgung dienen. Ferner setzen Rechtsverfolgungskosten bereits begrifflich voraus, dass ein subjektives Recht verfolgt wird, das dann auch ihre Erstattungsfähigkeit rechtfertigt. Besteht aber umgekehrt ein Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung, rechtfertigt dieser ebenso die Erstattung von Rechtsverteidigungskosten. Die sachlich unrichtige Rechtsbehauptung – etwa die Behauptung eines Anspruchs – führt allein nicht zu einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob mit der unrichtigen Rechtsbehauptung ein Verhalten einhergeht, an das das Recht einen Erstattungsanspruch knüpft. Anders als der prozessuale Kostenerstattungsanspruch knüpft die materiell- rechtliche Kostenerstattung grundsätzlich an ein pflichtwidriges Verhalten an. Die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kann Einfluss auf die Rechtsverwirklichung haben. Einerseits trägt die Erstattung dem Interesse des von einer unberechtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung Betroffenen an einem möglichst umfassenden Schutz seines Integritäts- und Vermögensinteresses Rechnung. Andererseits darf die Verwirklichung des materiellen Rechts nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Inhaber bestehender Rechte wegen des Risikos der (Kosten)Haftung auf die Geltendmachung verzichtet. Dieser Steuerungswirkung der Kostenerstattung für die Rechtsverwirklichung ist im Rahmen der gesetz
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lichen Regelungen Rechnung zu tragen. Dem Gesetz sind die maßgeblichen Risikoverteilungen zu entnehmen. Dabei ist insbesondere der Grundsatz der strengen Schuldnerhaftung zu beachten, sowie das Absehen des Gesetzgebers von einer allgemeinen deliktischen Generalklausel für primäre Vermögensschäden. Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können nicht nur im Verhältnis der Kontrahenten eines Rechtskonflikts, sondern auch gegen einen Dritten, der nicht Teil des konkreten Rechtskonflikts ist, bestehen. Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können auf Kostenerstattung sowie auf Befreiung bzw. Freistellung von Verbindlichkeiten gerichtet sein.
§ 13 Vertragliche Kostenübernahme Als Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kommt eine vertragliche Vereinbarung über die Kostentragung in Betracht. Vor dem Bestehen eines Rechtskonflikts wird allerdings jedenfalls im außerprozessualen Bereich grundsätzlich kein Anlass für die vertragliche Übernahme von Kosten bestehen.202 Im Hinblick auf einen Prozess, den eine Partei bis zur letzten Instanz führen möchte, um eine höchstrichterliche Entscheidung einer Rechtsfrage zu erlangen, ist ein Interesse zur vertraglichen Übernahme der Kosten jedoch vorstellbar. Ist es bereits zu einem Rechtskonflikt gekommen und wurden entsprechende Kosten aufgewandt, so kann insbesondere im Rahmen eines Vergleichs die Übernahme von Rechtskonfliktkosten, die dem anderen Teil angefallen sind, geregelt werden.203 Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass im Rahmen eines Vergleichs kein neues Schuldverhältnis begründet werden soll, sondern vielmehr dasjenige, auf das sich der Vergleich bezieht, durch den Vergleich modifiziert wird.204 Dem Parteiwillen kann aber (ausnahmsweise) die Begründung neuer Forderungen im Rahmen des Vergleichs entsprechen.205 Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Existenz des Schuldverhältnisses, aus dem sich ein Anspruch auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten ergeben soll, zwischen den Parteien streitig
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Becker-Eberhard, S. 52; Hösl, S. 20 f. (jeweils auch zum Folgenden); vgl. aber Pfeiffer, FS Lindacher, 77, 78 f.: zur Absicherung von Gerichtsstandsvereinbarungen durch Vereinbarung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. 203 Vgl. hierzu auch schon oben: Teil 1 § 3 II., § 8. 204 BGH NJW 2003, 3345, 3346; 2002, 1503; Bork, Vergleich, S. 122 f.; MünchKomm. BGB-Habersack, § 779 Rdnr. 33 f.; Staudinger-Marburger, § 779 Rdnr. 38, 42; s. o.: Teil 1 § 8 II. 205 BGH NJW 2002, 1503; Bork, Vergleich, S. 312, 315 f.; MünchKomm.BGB-Habersack, § 779 Rdnr. 34; Staudinger-Marburger, § 779 Rdnr. 46; s. o.: Teil 1 § 8 II.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
ist und eine Bestätigung gem. § 141 BGB nicht in Betracht kommt206, weil Streit nicht hinsichtlich der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts besteht, sondern bezüglich der Erfüllung des Tatbestands eines Rechtsgeschäfts oder der Existenz eines gesetzlichen Schuldverhältnisses.207 Besteht die Möglichkeit, dass das streitige Schuldverhältnis, aus dem sich (nach Ansicht einer Partei) ein Kostenerstattungsanspruch ergeben soll, nicht besteht und soll im Rahmen des Vergleichs gerade eine (anteilige) Kostenerstattung geregelt werden, so entspricht es dem Partei willen, dass (neben die Änderung einer etwaig bestehenden Forderung) eine neue Forderung mit dem vereinbarten Inhalt tritt. Besteht nämlich das streitige Schuldverhältnis nicht, so läuft ein Änderungsvertrag mangels Änderungsobjekts ins Leere.208 Ein Institut, das ähnlich der Bestätigung im Falle der Nichtigkeit, den Parteien die Möglichkeit gewährt, durch vertragliche Einigung ein nicht existentes Schuldverhältnis nachträglich zu konstituieren, gibt es nicht. Es bedarf mithin der Begründung einer neuen Forderung (neben der Änderung eines etwaig bestehenden Schuldverhältnisses), um der Möglichkeit des Nichtbestehens des Schuldverhältnisses Rechnung zu tragen. Gegebenenfalls ist Anspruchsgrundlage für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch die entsprechende Vereinbarung im Rahmen des Vergleichsvertrags, die neben eine potentiell bestehende Anspruchsgrundlage aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis tritt.
§ 14 Schadensersatzansprüche Praktisch wichtig sind materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen.
I. Allgemeines zum schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch Im Hinblick auf die verschiedentlich vorgenommene Differenzierung zwischen „unselbstständigen“ und „selbstständigen“ schadensersatzrechtlichen Kostener206 Nach heute wohl h. M. können die Parteien ein nichtiges Rechtsgeschäft durch Bestätigung heilen: BGH NJW 1999, 3704, 3705; Bork, BGB AT, Rdnr. 1238; ders., Vergleich, S. 124 ff.; Medicus/Petersen, Rdnr. 532; MünchKomm.BGB-Busche, § 141 Rdnr. 1; Staudinger-Roth, § 141 Rdnr. 1, 13; Wolf/Neuner, § 58 Rdnr. 4 f.; wohl auch Palandt-Ellenberger, § 141 Rdnr. 1; nach früher herrschender und auch heute noch teilweise vertretener Ansicht können die Parteien einem nichtigen Rechtsgeschäft durch eine Bestätigung hingegen nicht zur Wirksamkeit verhelfen; sie müssten das Geschäft neu abschließen: Mugdan I, S. 472 f.; Brox/Walker, § 15 Rdnr. 21, 23 f.; Reinicke/Tiedtke, NJW 1982, 1430, 1433; v. Thur, § 56 VI., S. 292 f. 207 Vgl. Bork, Vergleich, S. 121 ff., 129. 208 Bork, Vergleich, S. 130 (auch zum Folgenden).
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stattungsansprüchen wird im Folgenden zunächst erläutert, was es hiermit auf sich hat (1.). Anschließend wird erörtert, inwieweit Rechtskonfliktkosten einen dem haftungsbegründenden Verhalten zurechenbaren Schaden darstellen (2.) und auf die Frage eingegangen, ob der Rechtsprechung zur Haftungsprivilegierung bei Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zu folgen ist (3.). Ferner werden mögliche Anspruchsgrundlagen dargestellt und für ausgewählte Anspruchsnormen erörtert, inwieweit diese für die Kostenerstattung in Betracht kommen (4.) und kurz auf Voraussetzungen der haftungsbegründenden Tatbestände eingegangen (5.). 1. Unterscheidung zwischen selbstständigem und unselbstständigem schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch Nach teilweise vorgenommener Differenzierung soll ein unselbstständiger schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch vorliegen, wenn bereits vor Anfallen von Rechtsverfolgungskosten ein Schadensersatzanspruch bestand und die aufgewendeten Kosten gerade der Durchsetzung jenes Schadensersatz anspruchs dienen.209 Dagegen handele es sich um einen selbstständigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, wenn dieser unabhängig vom Rechtsgrund eines „Hauptanspruchs“ bestehe.210 Diese Unterscheidung gibt für die Frage nach dem Bestehen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs jedoch nicht mehr her, als die Erkenntnis, dass Kosten, die gerade der Durchsetzung eines bestehenden Schadens ersatzanspruchs dienen (dessen haftungsbegründende Voraussetzungen also vorliegen), im Rahmen des haftungsausfüllenden Tatbestandes dieses Hauptanspruchs Berücksichtigung finden können. Ferner können Rechtsverfolgungskosten nicht nur dann im Rahmen des haftungsausfüllenden Tatbestands eines bestehenden Schadensersatzanspruchs Berücksichtigung finden, wenn sie gerade der Durchsetzung jenes Schadensersatzanspruchs dienen. Vielmehr können beispielsweise auch Kosten, die zur Verfolgung eines Ersatzanspruchs gegen den eigenen Versicherer aufgewendet werden211 oder (Abmahn)Kosten, die der Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs dienen,212 209 Grundlegend: Becker-Eberhard, S. 53 ff.; vgl. ferner Hösl, S. 25 f.; Hk.BGB-Schulze, § 249 Rdnr. 6; Nixdorf, VersR 1995, 257; ferner Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2377 f., der das Begriffspaar primärer (entsprechend „selbstständiger“ schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch) und sekundärer Schaden (entsprechend „unselbstständiger“ schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch) wählt. 210 Becker-Eberhard, S. 63; Hösl, S. 26. 211 BGH NJW 2006, 1065; 2005, 1112. 212 BGH NJW 2011, 155 Rdnr. 11; LG Hamburg ZUM-RD 2007, 586, 587: Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts;
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Aufwendungen, die der Verfolgung eines absoluten Rechts i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB dienen213 im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Schädiger berücksichtigt werden.214 Das Begriffspaar des unselbstständigen und selbstständigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs wird im Folgenden daher nicht verwendet. 2. Rechtskonfliktkosten als zurechenbarer Schaden Im Hinblick auf die Kosten, die jemand zur Verteidigung bzw. Verfolgung seiner Rechte aufwendet, ist zunächst fraglich, ob diese Posten bei dieser Person einen dem Verhalten des Schädigers zurechenbaren Schaden begründen. a) Schaden Nach einer gängigen Definition stellt ein Schaden in Abgrenzung zu Aufwendungen, die freiwillige Vermögensopfer darstellen, ein unfreiwilliges Vermögens opfer dar.215 Auf den ersten Blick scheint es sich bei Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten nicht um unfreiwillige Vermögensopfer zu handeln, da diese infolge eines freien Willensentschlusses von demjenigen aufgewendet werden, der seine Rechte verfolgen, bzw. verteidigen möchte. Dennoch ist heute anerkannt, dass auch Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten einen Schaden darstellen können.216 Im Hinblick auf die oben genannte Schadensdefinition wird angeführt, dass kein Widerspruch bestehe, weil die Aufwendung der Kosten auf einem vom Schadensereignis ausgehenden faktischen Zwang beruhe.217 Becker-Eberhard, S. 59: Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. 213 Vgl. BGHZ 111, 168, 177 ff.: Verfolgung des Sorgerechts. 214 Becker-Eberhard, S. 57 ff. 215 Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Lorenz, § 256 Rdnr. 5; Erman-Ebert, Vor § 249 Rdnr. 14; Jäckle, JZ 1978, 675, 677; Larenz, Schuldrecht I, § 27 II. a), S. 426; Lensing, r + s 2012, 157, 159; MünchKomm.BGB-Oetker/Krüger, § 256 Rdnr. 2; Wagner, NJW 2006, 3244; a. A. Thiele, FS Felgentraeger, 393, 396. 216 Becker-Eberhard, S. 54 f.; Loritz, S. 21 f.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 141, 167 ff., insb. 180 ff.; Pühmeyer, S. 16 f. 217 Becker-Eberhard, S. 55; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 44; Wagner, NJW 2006, 3244, 3245; vgl. aber noch Reinecke, VersR 1955, 593 f.: Ausnahme hinsichtlich des Erfordernisses der Freiwilligkeit bezüglich Schadensbeseitigungskosten, zu denen er auch Rechtsverfolgungskosten zählt; vgl. auch OLG Brandenburg NZBau 2006, 720, 721; ferner Palandt- Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 44: Willensentschluss werde nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst; a. A. Wendehorst, S. 111: die Aufwendung von Rechtskonfliktkosten gehöre in die Vermögenssphäre des Geschädigten, weil sie auf der freien und vom haftungsbegründenden Verhalten des Schädigers unabhängigen Entscheidung beruhe,
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Andere gehen in Abkehr von der oben genannten Definition davon aus, dass auch Aufwendungen des Geschädigten einen ersatzfähigen Schaden darstellen können und es lediglich auf die Frage der Zurechenbarkeit ankomme.218 Einigkeit besteht also heute darüber, dass die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten keine Frage des Schadensbegriffs ist. Zu diesem Ergebnis kommt man auch bei Anwendung der nach heute ganz h. M. bei der Frage nach dem ersatzfähigen Schaden den Ausgangspunkt bildenden Differenzhypothese,219 nach der ausgehend von § 249 Abs. 1 BGB für die Schadensermittlung ein Vergleich der Vermögenslage infolge des Schadensereignisses mit dem hypothetischen Güterstand ohne das Schadensereignis entscheidend ist: Werden etwa zum Zwecke der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs Rechtsverfolgungskosten aufgewandt, so stellen sich dies gerade als Folge des Schadensereignisses dar, die ohne das Schadensereignis nicht eingetreten wäre. Freilich ist heute ebenfalls allgemein anerkannt, dass der Schaden sich nicht allein nach der Differenzhypothese bestimmen lässt, sondern auch normative Gesichtspunkte zu beachten sind.220 Welche Vermögenspositionen in die Rechenoperation einzubeziehen sind, ist wertend zu ermitteln und insbesondere eine Frage der Zurechenbarkeit der Nachteile zum Schadensereignis.221 b) (Objektive) Zurechnung und Mitverschulden Die Aufwendung von Rechtskonfliktkosten durch den Geschädigten stellt sich als eine mittelbare Folge222 des Verhaltens des Schädigers dar. Das „Dazwischene inen anderen mit der Wahrung der eigenen Interessen zu beauftragen; nach Wendehorst sind die entsprechenden Aufwendungen jedoch auf Grundlage eines „allgemeinen Wertausgleichs“ zu erstatten, vgl. Wendehorst, S. 548 f., 584 ff. 218 Hösl, S. 24; Jäckle, JZ 1978, 675, 677; Loritz, S. 23; Pühmeyer, S. 16 f.; Sonnen, S. 70 f.; Stoll, Haftungsfolgen, S. 312. 219 BGHZ 161, 361, 366; 98, 212, 217; BGH NJW 2001, 1274, 1275; 2001, 673, 674; 2000, 734, 736; 1998, 302, 304; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 18 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 10; die Differenzhypothese geht auf Mommsen zurück, vgl. Mommsen, S. 3 ff. und passim; hierzu HKK-Jansen, §§ 249–253, 255 Rdnr. 104 ff.; Schiemann, FS Hagen, 27, 40 ff.; ders., FS Seiler, 259 ff. 220 BGHZ 173, 169 Rdnr. 21; 161, 361, 367; 98, 212, 217 f., 223 f.; BGH NJW 2018, 541 Rdnr. 22; NJW-RR 2015, 275 Rdnr. 17; 2008, 786 Rdnr. 13; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 21 f.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 12 ff.; Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck, S. 38; Wendehorst, S. 59 ff., insb. S. 62. 221 HKK-Jansen, §§ 249–253, 255 Rdnr. 73, 107; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 1, 21 f., 103 ff.; Staudinger-Schiemann, Vor §§ 249–254 Rdnr. 41; Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck S. 38; Soergel-Ekkenga/Kuntz, Vor § 249 Rdnr. 42, 44. 222 Krit. zu dieser Abgrenzung und für eine Unterscheidung zwischen „Verletzungsschaden“ und „Folgeschaden“: Wendehorst, S. 84.
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treten“ des Geschädigten führt nicht per se schon zum Ausschluss der Zurechenbarkeit.223 Der Schädiger haftet allerdings gem. § 254 BGB insoweit nicht, als dem Geschädigten ein Mitverschulden zur Last fällt.224 Für Schäden, die im Zurechnungszusammenhang mit einem obliegenheitswidrigen Verhalten des Geschädigten stehen, bestimmt § 254 Abs. 1 Hs. 2 BGB, dass der Schädiger insoweit nicht haftet, als die „Umstände“ – wie die Verschuldensgrade und insbesondere die Verursachungsbeiträge – die Zurechnung unterbrechen.225 Weiterhin besteht Einigkeit darüber, dass über die Einschränkung der Haftung nach Maßgabe des Mitverschuldens hinaus weitere positive Beschränkungen der Haftung erforderlich sind, weil eine im Übrigen lediglich an der Äquivalenz theorie ausgerichtete Haftung viel zu weit ginge.226 Mithilfe der Adäquanztheorie,227 der Lehre vom Schutzzweck der Norm228 und Konkretisierung oder Erweiterung der Schutzzwecklehre im Wege der Zurechnung nach Risikobereichen229 wird eine ausufernde Haftung vermieden.
223 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 141 ff. (zur mittelbaren Kausalität) und insbesondere Rdnr. 167, 180 ff. (Rechtsverfolgungskosten; dort auch zum Folgenden); Palandt- Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 33; Staudinger-Vieweg, Eckpfeiler des Zivilrechts, J. Schadens ersatzrecht Rdnr. 111. 224 Für eine extensive Anwendung von § 254 BGB zur Lösung von Zurechnungsfragen ohne die Adäquanztheorie und die Lehre vom Schutzbereich der Norm: Lorenz, FS Deutsch, 251, 256 ff. 225 Vgl. Deutsch, Rdnr. 570, 581; Lorenz, FS Deutsch, 251, 256 f. 226 BGHZ 2, 138, 141; Deutsch, Rdnr. 134; Larenz, Schuldrecht I, § 27 III a, S. 434; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 104; Musielak, JA 2013, 241; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 25; Soergel-Spickhoff, § 823 Rdnr. 22; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 12; Wendehorst, S. 86. 227 BGHZ 137, 11, 19; 57, 137, 141; 7, 198, 204; 3, 261, 265 ff.; BGH NJW 2005, 1420, 1421; 2000, 947, 948; 1995, 126, 127; Erman-Ebert Vor § 249 Rdnr. 31 f.; MünchKomm. BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 109 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 26; Soergel-Ekkenga/ Kuntz, Vor § 249 Rdnr. 126 ff.; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 12 ff.; Wendehorst, S. 33 f.; krit. v. Caemmerer, Rechtsvergleichung und Schuldrecht, 395, 402 ff.; Lange, Verh. 43. DJT, Bd. 1 Teil 1, S. 10 ff.; Lorenz, FS Deutsch, 251, 253 f. 228 Vgl. BGHZ 107, 359, 364; 57, 245, 256; 27, 137; BGH NJW 2005, 1420, 1421; 2001, 1274, 1275 (Sinn und Zweck aller in Betracht kommenden Rechtsnormen); 2000, 947, 948; 1999, 3203; v. Caemmerer, Rechtsvergleichung und Schuldrecht, 395, 402 ff.; ders., DAR 1970, 283 ff.; Lange, Verh. 43. DJT, Bd. 1 Teil 1, S. 38 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 120 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 29; Soergel-Ekkenga/Kuntz, Vor § 249 Rdnr. 176 ff.; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 27 ff.; krit. Lorenz, FS Deutsch, 251, 255; Stoll, FS Dölle, Bd. I, 371, 397. 229 Deutsch, FS Jahr, 251 ff.; Huber, FS Wahl, 301, 320 ff.; Mädrich, S. 63 ff.; vgl. auch Lange, JZ 1976, 198, 206 f.; Musielak, JA 2013, 241, 243 ff.
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Anhand dieser allgemeinen Grundsätze wird im Folgenden erörtert, inwieweit Rechtskonfliktkosten grundsätzlich als zurechenbarer Schadensposten angesehen werden können [aa)], auch Prozesskosten einen zurechenbaren Schaden darstellen können [bb)] und die Verteilungskriterien der prozessualen Kostenerstattung [cc)–ee)] Einfluss auf die Frage der Zurechenbarkeit haben können. aa) Grundsatz: Rechtskonfliktkosten sind zurechenbarer Schaden Nach der Adäquanztheorie muss das betreffende Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen.230 An der Adäquanz scheitert die Zurechenbarkeit der Aufwendung von Rechtskonfliktkosten des Geschädigten zum Schadensereignis folglich nur, wenn der Geschädigte zum Zwecke der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung ganz und gar außergewöhnliche Mittel ergreift.231 Ferner scheitert der Ersatz von Rechtskonfliktkosten grundsätzlich auch nicht am Schutzzweck der Norm. Als typische Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten gilt der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB).232 Liegen die Voraussetzungen des Verzugs vor, wird die grundsätzliche Zurechenbarkeit der Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers zur in der Verzögerung liegenden haftungsbegründenden Pflichtverletzung nicht bezweifelt. Darüber hinaus wird die Annahme, bei Rechtskonfliktkosten handele es sich um eine dem Schadensereignis zurechenbare Position auch dann nicht bezweifelt, wenn die Rechtskonfliktkosten nicht (nur) einen Folgeschaden darstellen, sondern die „Verursachung der Kosten als solche einen Haftungsgrund bildet“233 und mithin eine primäre Verletzungsfolge darstellt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn in der unberechtigten Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung die haftungsbegründende Pflichtverletzung i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB liegt.234 Ferner wird die Ersatzfähigkeit auf deliktischer Anspruchsgrundlage nicht in Zweifel gezogen, wenn die Rechtwahrnehmung als 230
BGHZ 3, 261, 265 ff.; BGH NJW 2005, 1420, 1421; Erman-Ebert, Vor § 249 Rdnr. 31 f.; Hk.BGB-Schulze, Vor §§ 249–253 Rdnr. 14 f.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 109 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 26 ff.; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 12 ff. 231 Becker-Eberhard, S. 55. 232 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, 225: hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten, die bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers anfallen; Becker-Eberhard, S. 63. 233 Stoll, Haftungsfolgen, S. 470 (auch zum Folgenden). 234 S. u.: Teil 2 § 14 II. 1. e) aa).
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
selbstständiger Haftungsgrund in Betracht kommt, weil sie sich als mutwillig oder schikanös erweist, als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wenn der Betroffene durch die schuldhafte Verletzungshandlung in einen existenzgefährdenden Rechtsstreit hineingezogen wird. Auch wird die Ersatzfähigkeit von Rechtskonfliktkosten nicht bezweifelt, wenn das von dem Schädiger zu verantwortende Schadensereignis gerade darin liegt, dass der Betroffene zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit einem Dritten veranlasst wird, beispielsweise durch eine falsche Auskunft. Unter dem Aspekt des Schutzbereichs der Norm bzw. der Zurechnung nach Risikobereichen wird bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Rechtskonflikt kosten allerdings diskutiert, ob Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs regelmäßig eine im Rahmen der jeweils einschlägigen schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage erstattungsfähige Schadensposition darstellen oder nicht: Nach heute ganz herrschender Meinung sind die Kosten, die der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs dienen, auf Grundlage eben dieses Schadensersatzanspruchs erstattungsfähig, sofern der Geschädigte sie für erforderlich halten durfte.235 Die wenigen Stimmen, die dies ablehnen, sprechen sich allerdings zum einen nicht generell gegen die Erstattungsfähigkeit dieser Positionen aus, sondern leiten einen Anspruch lediglich dogmatisch anders her: Nach Wendehorst236 seien die entsprechenden Posten nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst. Da hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten damit eine Gesetzeslücke237 bestehe, seien diese jedoch aufgrund eines neuen Rechtsinstituts, des „allgemeinen Wertausgleichs“, zu erstatten. Nach Stoll238 sei es völlig überzogen, wenn der Geschädigte alle durch das Schadensereignis veranlassten Maßnahmen zur Verfolgung des Ersatzanspruchs dem Schädiger nach den für Folgeschäden geltenden Grundsätzen in Rechnung stellen dürfte; Voraussetzungen und Umfang des Kostenerstattungsanspruchs bei außergerichtlicher Rechtsverfolgung seien daher in Analogie zu den §§ 91 ff. ZPO239 zu entwickeln. 235 Vgl. BGHZ 127, 348, 351; BGH NJW 2018, 935 Rdnr. 6; 2017, 3588 Rdnr. 6; 2007, 1450 Rdnr. 11; 2006, 1065 Rdnr. 5; 2005, 356; 2004, 444, 446; NJW-RR 1989, 953, 956; NJW 1986, 2243, 2244 f.; Becker-Eberhard, S. 53 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 167, 180 ff.; Nixdorf VersR 1995, 257 ff.; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 56; Pühmeyer, S. 14 f.; Roussos, S. 367, 370 ff.; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2378; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 118 f.; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 114. 236 Wendehorst, S. 107 ff., 548 f., 584 ff. 237 Wendehorst, S. 543 ff. 238 Stoll, Haftungsfolgen, S. 466 ff. 239 Hierzu noch unten: Teil 2 § 16.
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Zum anderen vermögen die Einwände gegen die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten als Folgeschaden nicht zu überzeugen: Wendehorst setzt in ihrer Argumentation voraus, dass nach dem Kriterium des Schutzzwecks der Norm erforderlich sei, dass sich das spezifische Risiko, das mit der Verletzungshandlung einhergehe, verwirkliche und das allgemeine Risiko, dass mit der Durchsetzung von Rechten Unkosten verbunden sein können, hierzu nicht zähle.240 Ein genereller schadensrechtlicher Schutzzweck, der die Überwälzung bestimmter Nachteile vom Geschädigten auf den Schädiger bei allen Schadensersatzansprüchen geböte, existiere nicht.241 Es sei nicht einzusehen, warum die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten dem Zweck schadensrechtlicher Haftungsnormen in höherem Maße entsprechen sollte als dem Zweck anderer Anspruchsgrundlagen.242 Freilich entspricht diese Auslegung des Schutz zweckkriteriums nicht der Auffassung der ganz h. M., die gerade davon ausgeht, dass Rechtsverfolgungskosten grundsätzlich vom Schutzzweck schadensersatzrechtlicher Normen umfasst sind.243 Die Schutzzwecklehre findet nicht nur im Rahmen der Haftungsbegründung, also bei der Frage Anwendung, ob im Hinblick auf den konkreten Haftungsgrund für die eingetretene Erstverletzung eine Ersatzpflicht besteht, sondern auch im Bereich der Haftungsausfüllung, in deren Rahmen die Zurechnung von Schadensfolgen in §§ 249 ff. BGB für Schadensersatzansprüche einheitlich geregelt ist und nach normativen Gesichtspunkten eingeschränkt wird.244 Ferner gilt im Schadensrecht gem. §§ 249 ff. BGB das Prinzip der Totalreparation,245 das im Rahmen anderer Anspruchsgrundlagen gerade nicht gilt. Das Kriterium des Schutzzwecks der Norm soll die zu weitgehende Haftung, die mit einer unbeschränkten Folgenzurechnung einherginge, gerade beschränken und nicht erst begründen. Auch unter Anwendung der Theorie vom Schutzzweck der Norm muss die Nichtersatzfähigkeit von Nachteilen, die aus dem haftungsbegründenden Verhalten resultieren, daher die Ausnahme bleiben.246 Insbesondere ist nicht etwa für jeden Schadensposten der Nachweis erforderlich, dass der Gesetzgeber diesen als ersatzfähig erkannt hat; nicht zu ersetzen sind nur solche Nachteile, die der Gesetzgeber entweder ausschließen wollte, oder ausgeschlossen hätte, wenn er an sie gedacht hätte.247 Die Zurechnung von 240
Wendehorst, S. 108. Wendehorst, S. 109. 242 Wendehorst, S. 109 f. 243 Vgl. die bei Teil 2 Fn. 235 Genannten; dies erkennt auch Wendehorst, S. 110. 244 Vgl. Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 30 und ff. m. w. N. 245 Mugdan II, S. 10 f.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 3; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 2 ff. 246 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 125 (auch zum Folgenden). 247 Vgl. auch Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 27: Das Ergebnis einer adäquaten Zurechnung sowie der Verneinung von Adäquanz stehe unter dem Vorbehalt eines haftungserweitern241
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Rechtsverfolgungskosten als typische Aufwendungen infolge eines Schadens ereignisses ist daher weder mit Blick auf die Schutzzwecklehre abzulehnen, noch erscheint die Einbeziehung in den Schadensersatzanspruch im Hinblick auf andere Anspruchsgrundlagen, die einen entsprechenden Anspruch nicht gewähren, widersprüchlich, sondern ist vielmehr eine Folge des gesetzlichen Regelungs systems. Ferner ist auch vor dem Hintergrund der Ausführungen Stolls die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten als Folgeschaden eines Schadensereignisses nicht abzulehnen. Zunächst entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Schädiger nicht alle durch das Schadensereignis veranlassten Maßnahmen zur Verfolgung des Ersatz anspruchs zu tragen hat, sondern nur jene, die der Aufwendende unter verständiger Würdigung für erforderlich bzw. notwendig halten durfte.248 Unabhängig davon, ob man davon ausgeht, dass dies aus dem Schadensersatzrecht immanenten Wertungen folgt, oder aus § 91 ZPO,249 bedarf es zum Zwecke einer sachgemäßen Beschränkung des schadensersatzrechtlichen Ausgleichs von Rechtsverfolgungskosten als Folgeschaden jedenfalls keines kompletten Ausschlusses der Erstattung aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Das von Stoll genannte Beispiel, dass eine Kostenerstattung entfallen solle, wenn der Schädiger keinen Anlass zu der Befürchtung gegeben habe, er werde den Ersatzanspruch des Berechtigten nicht befriedigen und dass eben diese Wertung § 93 ZPO zu Grunde liege,250 lässt sich unter Anwendung der einschränkenden Voraussetzung der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit sachgerecht lösen: Der Aufwendende durfte bei verständiger Würdigung gerade nicht davon ausgehen, dass die Rechtsverfolgungskosten erforderlich sind. Ferner möchte auch Stoll die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten als Folgeschaden im Rahmen von schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen nicht vollständig ausschließen, sondern geht in bestimmten Fallgestaltungen vielmehr von deren Erstattungsfähigkeit auf Grundlage eines Schadensersatzanspruchs aus.251 Ob in anderen Fallgestaltungen ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten vollkommen abzulehnen oder auf einen bestimmten Umfang zu beschränken ist, ist eine Frage der Auslegung bzw. teleologischen Reduktion der schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage und folgt nicht daraus, dass Schadensersatzansprüche per se nicht auf die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten als Folgeschaden gerichtet sind. den oder -begrenzenden besonderen Zwecks der Haftungsnorm oder des der Haftung zu Grunde liegenden Vertragsverhältnisses; die Schutzzwecklehre sei Konsequenz der methodischen Notwendigkeit einer teleologischen Norminterpretation. 248 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2). 249 Hierzu s. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b). 250 Stoll, Haftungsfolgen, S. 466. 251 Stoll, Haftungsfolgen, S. 470.
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Mit Blick auf den Schutzzweck der Norm ist demgegenüber etwa bei §§ 989, 990 BGB (i. V. m. Art. 21 ScheckG) davon auszugehen, dass Kosten nicht erfasst sind, welche durch Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs gegen Personen anfallen, die gerade in anderer Weise als durch die Unmöglichkeit der Heraus gabe den Schaden mitverursacht haben.252 Als problematisch im Hinblick auf den Schutzbereich der Norm (insb. § 823 Abs. 1 BGB) gelten weiterhin insbesondere Kosten, die der Geschädigte zum Zwecke der Strafverfolgung gegen den Schädiger253 bzw. der Verteidigung in einem Strafverfahren254 aufwendet.255 Auf diesen Problemkreis soll hier im Hinblick darauf, dass sich diese Arbeit lediglich mit der Kostenerstattung infolge einer privatrechtlichen Rechtsverfolgung oder -verteidigung befasst, nicht weiter eingegangen werden. bb) Prozesskosten als im Grundsatz zurechenbarer Schadensposten Schadensersatzansprüche können im Grundsatz sowohl im Verhältnis zu Dritten, als auch im Verhältnis der Parteien untereinander auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichtet sein.256 Ein kompletter Ausschluss der schadensersatzrechtlichen Kostenerstattung im Bereich der Prozesskosten stünde im Widerspruch zu dem der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegenden Zweck des sachgemäßen Ausgleichs nach dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen und ließe sich auch nicht mit dem Zweck der Gerichtsentlastung im Dienste der Prinzipien der Vereinfachung, der Prozessökonomie und des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots rechtfertigen.257 Dementsprechend wird 252 BGH NJW 1990, 909, 910; Menk, WuB I D 3 Scheckverkehr 2.90, 157, 159; MünchKomm.HGB-Häuser, Scheckverkehr Rdnr. D 435; Rehbein, EWiR 1990, 401, 402. 253 Vgl. BGHZ 75, 230, 235; 24, 263; OLG Düsseldorf VersR 1972, 52; LG Köln NJW 1964, 2064; Freundorfer, NJW 1977, 2153, 2154; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 45; vgl. auch Reinecke, VersR 1956, 675 ff.; ders., VersR 1955, 593 ff.; ferner Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 118: hinsichtlich der Kosten der Strafverfolgung des Geschädigten ergäbe sich aus besonderen Vorschriften wie § 164 StGB, dass die Strafverfolgung einem Privaten nur zugerechnet werden solle, wenn die Veranlassung eines Strafverfahrens einen Straftatbestand erfülle, ferner ebd. Rdnr. 119: die Anschließung an das Strafverfahren könne der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen dienlich und daher dem Schädigerverhalten zurechenbar sein; für eine Einbeziehung von Nebenklagekosten in den Schutzbereich des § 823 Abs. 1 BGB: Leonhard, NJW 1976, 2152; Loritz, S. 26 ff.; Sonnen, S. 77 ff. 254 Vgl. BGHZ 27, 137; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 118; ferner Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 45, nach dessen Ansicht es allerdings oftmals schon an der Kausalität fehle. 255 MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 187; Pühmeyer, S. 13 f.; Soergel-Ekkenga/ Kuntz, § 249 Rdnr. 127; vgl. auch Lange, JZ 1976, 198, 207. 256 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) bb) (3) (a) und (b). 257 Zu den für die prozessuale Kostenerstattung maßgeblichen Zwecke und Prinzipien s. o.: Teil 1 § 6 II., III.
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insbesondere die Erstattung von Prozesskosten aufgrund eines Schadensersatzanspruchs, der an ein vorprozessuales, schuldhaftes Verhalten anknüpft, das nach den prozessualen Kostenvorschriften nicht berücksichtigt werden konnte und eine der Haftung des Unterliegenden gem. § 91 ZPO entgegengesetzte Haftungsanordnung trifft, nicht ausgeschlossen.258 Insoweit ist mithin auch nicht davon auszugehen, dass die Zurechnung von Prozesskosten zum Schadensereignis per se zu verneinen ist. Fraglich ist hingegen, ob die Prozesskosten auch in den Fällen gleichgerichteter Haftungsanordnungen als ein dem Schadensereignis zurechenbarer Schaden einzuordnen sind. Dies wird ganz überwiegend259 – freilich grundsätzlich ohne Begründung260 – bejaht.261 Zu einem Nebeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kos tenerstattungsanspruch kann es etwa kommen, wenn der Kläger im Prozess gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch geltend macht und mit diesem Begehren obsiegt. Denn Schadensersatzansprüche lassen oftmals die Erstattung von Kosten zu, die aus der Verfolgung des jeweiligen Schadensersatzanspruchs resultieren.262 Bei einer auf einen anderen Anspruch gerichteten Klage kommt insbesondere ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB gegen den Beklagten auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Betracht.263 Schadensersatzrechtliche Grundsätze gebieten keine Herausnahme aus der schadensersatzrechtlichen Erstattung. Zunächst gilt nach §§ 249 ff. BGB der Grundsatz der Totalreparation.264 Ferner wird der Zurechnungszusammenhang durch das Dazwischentreten des Geschädigten nicht per se unterbrochen.265 Die Gewährung eines Erstattungsanspruchs entspricht insbesondere dem schadens ersatzrechtlichen Zweck eines sachgerechten Ausgleichs nach dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen266.
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S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) bb) (3) (b). a. A. hinsichtlich der Erstattung von Prozesskosten auf materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlage s. o.: Teil 2 § 12. I. 2. a); für den Fall gleichgerichteter Ansprüche ablehnend weiterhin NK.BGB-Schulte-Nölke, § 286 Rdnr. 15. 260 Vgl. aber die Begründung bei Becker-Eberhard, S. 157 ff. 261 Vgl. BGHZ 197, 147 Rdnr. 16; 190, 353 Rdnr. 16; 66, 112, 114; BGH NJW 2004, 444, 446; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 43; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 186; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 16, 18; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 56; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 115. 262 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa). 263 Hierzu noch unten: Teil 2 § 14 II. 1. c). 264 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa), Nachweise ebd. Fn. 245. 265 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b). 266 Siehe nur Deutsch, Rdnr. 1 ff.; Wolf/Neuner, § 10 Rdnr. 11 ff., 17 ff. 259 Zur
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Der Ausschluss der Zurechnung der Prozesskosten zum haftungsbegründenden Verhalten im Falle gleichgerichteter prozessualer und materiell-rechtlicher Haftungsanordnung könnte sich folglich allenfalls aus den Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung bzw. jenen zu Grunde liegenden Zwecken und Prinzipien ergeben. Eine entsprechende Auslegung267 bzw. teleologische Reduktion268 des jewei ligen Schadensersatzanspruchs wäre dogmatisch außerhalb der Lehre vom Schutzzweck der Norm bzw. der Zurechnung nach Risikobereichen zu verorten. Denn tritt der schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsanspruch gleichgerichtet neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch und entspricht diesem auch der Höhe nach – nur um diese Fallgestaltung soll es an dieser Stelle gehen –, können aus den prozessualen Kostenvorschriften hinsichtlich der Prozesskosten, auf die sich der prozessuale Kostenerstattungsanspruch gerade bezieht, keine von der schadensersatzrechtlichen Haftung abweichenden Risikozuweisungen folgen. Bei genauerem Hinsehen kann dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen, das sowohl dem Schadensersatzrecht, als auch der prozes sualen Kostenerstattung269 zu Grunde liegt, durch das Bestehen eines weiteren, neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden, materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs sogar besser Rechnung getragen werden, als im Falle der ausschließlichen Erstattungsfähigkeit auf Grundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs: Der Ausschluss materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche in diesen Fällen hätte zur Folge, dass für die Erstattung der Kosten nur der prozessuale Kostenerstattungsanspruch zur Verfügung stünde, der ausschließlich im prozessualen Kostenverfahren geltend zu machen ist,270 das nicht den gleichen Rechtsschutz wie das ordentliche Klageverfahren gewährt.271 Insbesondere ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens funktionell nicht der Richter, sondern gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG i. V. m. §§ 103 ff. ZPO der Rechtspfleger zuständig; die Glaubhaftmachung der Ansätze genügt nach § 104 Abs. 2 ZPO. Dies mag im Bereich der ab und wegen der Klageerhebung angefallenen Gebühren und Aus267 Vgl. MünchKomm.BGB-Säcker, Einl. Rdnr. 140; Palandt-Grüneberg, Einl. Rdnr. 36, 39, 42: Die systematische Auslegung ist nicht auf ein Gesetz als Regelungsgesamtheit begrenzt; vielmehr sind die in der Gesamtrechtsordnung vorgegebenen Wertungsmaßstäbe zu beachten. 268 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 364 f.: die teleologische Reduktion einer Norm könne auch durch den Zweck einer anderen Norm geboten sein; krit. hierzu Rüthers/Fischer/Birk, Rdnr. 903a. 269 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 270 Becker-Eberhard, S. 317 ff. 271 Vgl. ausführlich Becker-Eberhard, S. 405 ff.
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lagen, die teilweise auch als „reine Prozesskosten“ bezeichneten werden,272 unproblematisch sein, denn insoweit ist die Prozesskosteneigenschaft und ihre Notwendigkeit zweifelsfrei.273 Demgegenüber ist die Feststellung der Prozesskosten eigenschaft und Notwendigkeit im Hinblick auf sonstige Kosten, insbesondere sog. Vorbereitungskosten und die während des Prozesses aufgewandten Kosten für eigene Ermittlungen einer Partei, beispielsweise für Privatgutachten oder einen Detektiv, schwieriger und nicht ohne Weiteres ersichtlich.274 Vor allem aber kann die prozessuale Kostenerstattung insoweit etwa mangels hinreichenden Prozessbezugs abgelehnt werden, der eine materiell-rechtliche Kostenerstattung gerade nicht ausschließt. In den Fällen, in denen die prozessuale Kostenerstattung mangels Prozessbezogenheit der jeweiligen Aufwendung abgelehnt wird, wird zwar bisweilen darauf hingewiesen, dass entsprechende Kosten der Sphäre der jeweiligen Partei zuzurechnen seien.275 Dies bezieht sich aber lediglich auf die prozessuale Kostenerstattung und soll eine etwaige Erstattung auf materiell- rechtlicher Anspruchsgrundlage nicht ausschließen.276 Im Hinblick darauf, dass hinsichtlich vorprozessualer Aufwendungen und prozessbegleitender Kosten für Ermittlungen einer Partei oftmals ungewiss ist, ob die Voraussetzungen der prozessualen Kostenerstattung gegeben sind und damit überhaupt ein Nebeneinander der Haftungsanordnungen vorliegt, ist jedenfalls hinsichtlich jener Kosten, deren Erstattungsfähigkeit im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung ungewiss ist, davon auszugehen, dass ein (möglicherweise) gleichgerichteter schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben eine etwaige prozessuale Kostenhaftung treten kann.277 Fraglich erscheint demgegenüber, ob dem System der prozessualen Kostenerstattung ein Ausschluss materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche bezüglich der ab und wegen der Klageerhebung anfallenden Gebühren und Auslagen, deren Prozesskosteneigenschaft und Notwendigkeit zweifelsfrei ist, zu entnehmen ist. Mit dem Ziel der Gerichtsentlastung und dem Prinzip der Vereinfachung schwer vereinbar erschiene es zwar, wenn eine ordentliche Klage gerichtet auf die Erstattung der Prozesskosten auf Grundlage des materiell-rechtlichen Kos 272 Becker-Eberhard, S. 410 i. V. m. 406; Schneider, MDR 1981, 353, 358; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11. 273 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 406. 274 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. e), f); Becker-Eberhard, S. 409. 275 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. e); MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 40, 158; vgl. auch Becker- Eberhard, S. 46 m. w. N. 276 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 44; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 139 ff.; insb. S. 167 f. 277 Vgl. BGHZ 111, 168, 171 f.; 66, 112, 114 f.; BGH NJW 2004, 444, 446.
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tenerstattungsanspruchs in diesen Fällen unbegrenzt zulässig wäre.278 Allerdings ist nicht bereits die Entstehung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungs anspruchs mit Sinn und Zweck der prozessualen Kostenerstattung unverträglich; dem Ziel der Gerichtsentlastung und dem Prinzip der Vereinfachung kann vielmehr auf prozessualer Ebene Rechnung getragen werden. Die Erstattung der Prozesskosten im prozessualen Kostenverfahren bildet in diesen Fällen gerade den einfacheren und billigeren Weg, so dass, solange und soweit die prozessuale Kostenerstattung tatsächlich möglich ist, von einem prozessualen Vorrang des Kostenverfahrens nach §§ 308 Abs. 2, 103 ff. ZPO auszugehen ist, weil es für die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Klageverfahren am Rechtsschutzbedürfnis fehlt.279 Möglicherweise ist der Ausschluss neben die prozessuale Kostenerstattung tretender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Hinblick auf die ab und wegen der Klageerhebung angefallenen Gebühren und Auslagen („reine Prozesskosten“) jedoch mit Blick auf die im Bereich der prozessualen Kosten erstattung geltenden Restriktionen in §§ 99 Abs. 1, 321 ZPO geboten. Dies kann nicht bereits mit dem Hinweis darauf, dass §§ 99 Abs. 1, 321 Abs. 2 ZPO nur die Möglichkeit der prozessualen Geltendmachung betreffen, abgelehnt werden. Vielmehr entsteht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nach h. M. gerade unter der aufschiebenden Bedingung der zugunsten der einen oder anderen Partei ergehenden Kostengrundentscheidung und ist auflösend bedingt durch die Aufhebung der Kostengrundentscheidung im Instanzenzug.280 Die Einschränkungen hinsichtlich der Anfechtbarkeit in § 99 Abs. 1 ZPO und der Ergänzung des Urteils nach § 321 Abs. 2 ZPO haben danach Auswirkungen auf die endgültige Entstehung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs bzw. seinen Umfang. Die Beschränkung der Anfechtung der Kostenentscheidung in § 99 Abs. 1 ZPO hat zur Folge, dass für den Regelfall jede Anfechtung der Kostenentscheidung, die nicht gemeinsam mit einem Rechtsmittel in der Hauptsache erfolgt, ausgeschlossen ist. Voraussetzung für die Anfechtung der Kostengrundentscheidung mitsamt der Hauptsacheentscheidung ist damit, dass der Rechtsmittelführer auch durch die Hauptsache in irgendeiner Weise beschwert ist und das Rechtsmittel in der Hauptsache auch im Übrigen zulässig ist.281 Normzweck von § 99 Abs. 1 ZPO ist es, Ungereimtheiten zwischen der Kostenentscheidung und der Hauptsacheentscheidung der höheren Instanz zu vermeiden und zu verhindern, 278 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 164 (auch zum Folgenden). Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 401 ff. 280 S. o.: Teil 1 § 4. 281 RGZ 102, 290, 291; BGH NJW 1976, 1267; OLG Zweibrücken NJW 2002, 2722; Becker-Eberhard, S. 318 und ebd. Fn. 25; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 99 Rdnr. 13; Stein/ Jonas-Muthorst, § 99 Rdnr. 6; Zöller-Herget, § 99 Rdnr. 4. 279
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dass die Rechtsmittelinstanz sich nur zum Zwecke der Entscheidung über die Kosten mit der Hauptsache auseinandersetzen muss.282 Der in § 99 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck kommende Aspekt der Nebensächlichkeit der Kostenentscheidung könnte einen Ausschluss der Entstehung materiell- rechtlicher Kostenerstattungsansprüche fordern. Wie oben bereits erwähnt, ist eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auf prozessualer Ebene nicht unbeschränkt möglich. Die Kostenklage ist solange und soweit die Prozesskosten im prozessualen Kostenverfahren geltend gemacht werden können, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Dies hilft freilich im Anwendungsbereich von § 99 Abs. 1 ZPO nicht weiter, soweit mangels Zulässigkeit eines Rechtsmittels in der Hauptsache die Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gerade beschränkt wird. Freilich hätte der Ausschluss einer materiell-rechtlichen Kostenerstattung im Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 ZPO potentiell immer den Ausschluss gerade nicht gleichgerichteter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche zur Folge. Denn in den Fällen, in denen im Hinblick auf die Beschränkung der Anfechtbarkeit nach § 99 Abs. 1 ZPO ein Interesse an der Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bestehen kann, geht es ja gerade darum, auf Grundlage des letzteren noch die (vermeintlich) richtige Haftungsanordnung durchsetzen zu können. Der Aspekt der Nebensächlichkeit der prozessualen Kostenentscheidung müsste damit die Entstehung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, welche neben die nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften eigentlich richtige Haftungsanordnung treten, der die Kostenentscheidung aber nicht entspricht, ausschließen. Eine derart weitreichende Wirkung kann dem Zweck von § 99 Abs. 1 ZPO indes nicht entnommen werden. Die Beschränkung der Anfechtbarkeit in § 99 Abs. 1 ZPO rechtfertigt sich ihrerseits vielmehr erst dadurch, dass die Kostentatbestände regelmäßig einfach zu handhaben sind und die Kostenentscheidung nach dem Grundsatz der Unterliegenshaftung gem. §§ 91 f. ZPO oftmals schlicht als Annex zur Hauptsache ergehen kann.283 Dementsprechend wird auch die isolierte Anfechtung einer den pro-
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BGHZ 131, 185, 187; BGH NJW-RR 2003, 1075; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 681, 682; OLG Köln Rpfleger 1987, 429; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 99 Rdnr. 1; Musielak/ Voit-Flockenhaus, § 99 Rdnr. 1; Stein/Jonas-Muthorst, § 99 Rdnr. 1. 283 Vgl. Becker-Eberhard, S. 159 f. und ebd. S. 160 Fn. 83: es wäre gesetzgeberische Willkür, die Prozesskosten allein im Hinblick auf den Aspekt der Nebensächlichkeit in das insbesondere mit Blick auf § 99 Abs. 1 ZPO mit bei weitem geringeren Rechtsschutzgarantien als das Klageverfahren ausgestattete Kostennebenverfahren zu verweisen und den ordentlichen Klageweg zu versagen.
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zessualen Kostenvorschriften widersprechenden Kostenentscheidung entgegen § 99 Abs. 1 ZPO unter im Einzelnen streitigen Voraussetzungen zugelassen.284 Entsprechendes gilt für § 321 Abs. 2 ZPO, nach dem im Falle der versehentlich285 unterbliebenen Kostengrundentscheidung eine Urteilsergänzung nur bei fristgemäßer Beantragung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils286 möglich ist. Die Versäumnis der zweiwöchigen Frist hat den Verlust eines etwaigen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zur Folge, kann aber nicht den Ausschluss der Entstehung eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, der neben die sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebende Haftungsanordnung tritt, rechtfertigen. cc) Einfluss von Verteilungskriterien der prozessualen Kostenerstattung Der Gesetzgeber hat mit der Verteilungsordnung der prozessualen Kostenerstattung eine Interessenbewertung vorgenommen und hat sich einerseits für die Erfolgsrisikohaftung des Unterliegenden (insb. §§ 91, 92 ZPO), die ihren Hintergrund insbesondere in dem (faktischen) Zwang zur Prozessführung hat, entschieden287 und andererseits mit diesem Grundsatz als Ausgangspunkt Ausnahmen für Fälle geregelt (z. B. §§ 93–97 ZPO), in denen er die Kostentragung des Unter liegenden vollständig oder teilweise für nicht sachgerecht erachtet hat.288 Ferner hat er Regelungen zum Haftungsumfang in § 91 ZPO getroffen. Fraglich ist, inwieweit diese gesetzgeberischen Interessenbewertungen Einfluss auf die schadensersatzrechtliche Kostenerstattung haben. Das Bestehen einer Schadensersatzpflicht wird von §§ 249 ff. BGB vorausgesetzt. An dieser Stelle geht es daher nicht um die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen dem Grunde nach, sondern vielmehr um die Frage, inwieweit die Wertungen, die den für die Kostenentscheidung relevanten Regeln zu Grunde 284 Vgl. Thomas/Putzo-Hüßtege, § 99 Rdnr. 7, 9: isolierte Anfechtbarkeit im Falle unzulässiger Kostenentscheidung; BGHZ 131, 185, 188; OLG Düsseldorf MDR 1990, 832; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 99 Rdnr. 19: bei „greifbarer Gesetzeswidrigkeit“; vgl. auch Stein/Jonas-Muthorst, § 99 Rdnr. 4 m. w. N. 285 Ist die Kostenentscheidung bewusst unterblieben oder rechtsirrtümlich ganz oder teilweise abgelehnt worden, ist eine Ergänzung nach § 321 ZPO nicht möglich, siehe nur BGHZ 182, 158 Rdnr. 70; Becker-Eberhard, S. 317 und ebd. Fn. 22; Zöller-Feskorn, § 321 Rdnr. 2; in diesem Fall ist unbeschadet § 99 Abs. 1 ZPO die Einlegung eines Rechtsmittels möglich, da nicht die Kostenentscheidung, sondern deren Fehlen gerügt wird, vgl. BGH NJW 1959, 291 f.; OLG Celle NJW-RR 2003, 1509 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 99 Rdnr. 5; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 99 Rdnr. 3; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 99 Rdnr. 2; Stein/ Jonas-Muthorst, § 99 Rdnr. 4; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 99 Rdnr. 7. 286 Becker-Eberhard, S. 317; Zöller-Feskorn, § 321 Rdnr. 12. 287 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 288 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1.
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liegen, Einfluss auf die Zurechnung zu dem die schadensersatzrechtliche Haftung begründenden Verhalten haben. Während im Schadensersatzrecht die Zurechenbarkeit von Nachteilen zum Schadensereignis nach Maßgabe der Adäquanztheorie und der Schutzzweck lehre jeweils wertend zu ermitteln ist und nach § 254 BGB insbesondere ein Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen ist, bestehen im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung beispielsweise mit §§ 91 ff. ZPO konkretere Regeln für die Folgenzurechnung bei Eintritt in einen Prozess. Methodisch käme eine Berücksichtigung der im Kostenrecht getroffenen Interessenbewertungen im Rahmen der Auslegung in Betracht. Die Auslegung findet ihre Grenzen insbesondere nicht bereits im Hinblick darauf, dass das Schadensersatzrecht und die prozessuale Kostenerstattung in unterschiedlichen Gesetzen geregelt sind.289 Denn Ziel der systematischen Aus legung ist die Ermittlung desjenigen Auslegungsergebnisses, das die für einen Sachverhalt relevanten Rechtssätze zu einem möglichst widerspruchsfreien, kohärenten Ganzen, also zu einer Wertungseinheit, zusammenbringt.290 Hierbei besteht insbesondere keine Bindung an systematische Kategorien des Gesetz gebers, die sich infolge des historischen Zustandes der Rechtsdogmatik herausgebildet haben; entscheidend sind die Gesetzeswertungen in ihrer Gesamtheit. Die systematische Auslegung ist dabei nicht auf ein Gesetz als Regelungsgesamtheit begrenzt; vielmehr sind die in der Gesamtrechtsordnung vorgegebenen Wertungsmaßstäbe zu beachten.291 Die Auslegung findet ihre Grenze freilich im Gesetzeswortlaut.292 Eine Aus legungshypothese, die mit dem Wortlaut noch nicht einmal im weitesten Sinne in Einklang gebracht werden kann, ist zu verwerfen. Ein entsprechender Inhalt kann der Rechtsnorm im Wege der Auslegung nicht entnommen werden, sondern allenfalls Ergebnis einer Rechtsfortbildung sein. Die Berücksichtigung von im Kostenrecht getroffenen Interessenbewertungen im Rahmen der schadensersatzrechtlichen Kostenerstattung ist jedoch nicht bereits mit Blick auf die Wortlautgrenze abzulehnen. Vielmehr besteht im Rahmen des Wortlauts der schadens ersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen etwa Raum hinsichtlich der Frage, welche Nachteile einen aus der schuldhaften Verletzung eines absoluten Rechts i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB entstehenden Schaden darstellen oder einen aus der 289 So aber Loritz, S. 55 f.: die prozessualen Kostenvorschriften könnten nicht im Wege der Auslegung des Schadensersatzrechts berücksichtigt werden, sondern nur im Wege der Rechtsfortbildung, weil bei Normen ganz unterschiedlicher Gesetze die Grenzen der Auslegung überschritten seien; offen gelassen bei Becker-Eberhard, S. 176. 290 MünchKomm.BGB-Säcker, Einl. Rdnr. 140. 291 Palandt-Grüneberg, Einl. Rdnr. 36, 39, 42. 292 Muthorst, § 7 Rdnr. 20 (auch zum Folgenden).
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Pflichtverletzung im Rahmen eines Schuldverhältnisses resultierenden Schaden (vgl. § 280 Abs. 1 BGB). Nur die danach zu berücksichtigenden Nachteile stellen dann den Anknüpfungspunkt für § 249 Abs. 1 BGB dar, wonach der Zustand herzustellen ist, der ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestünde. Die danach im Schadensersatzrecht erforderliche wertende Betrachtung bei der Beurteilung der Zurechenbarkeit widerspricht auch nicht dem Willen des historischen Gesetzgebers.293 Die Verfasser des BGB haben insbesondere eine Konkretisierung des Schadensbegriffs gerade nicht vorgenommen. Explizit der Wissenschaft und Praxis überlassen werden sollte die Frage der Vorteilsanrechnung,294 also die Annahme eines Schadens trotz des Erhalts von Vorteilen infolge des schädigenden Ereignisses. Die Lösung hänge wesentlich mit der Feststellung des Schadensbegriffs zusammen, welche nicht für alle Fälle nach allen auch sonst zweifelhaften Seiten hin durch das Gesetz erfolgen könne.295 Ferner wird in den Materialien darauf hingewiesen, von einer gesetzlichen Regelung des Inhalts, dass es keinen Unterschied mache, ob die Handlung oder Unterlassung unmittelbar oder mittelbar den Schaden bewirkt hat, sei nicht nur deswegen abgesehen worden, weil dies für überflüssig gehalten worden sei und nur dann auszusprechen gewesen wäre, wenn der Unterscheidung eine besondere Bedeutung hätte zukommen sollen, sondern insbesondere auch mit Blick darauf, dass diese Hervorhebung nicht unbedenklich wäre, weil der Begriff von unmittelbarem und mittelbarem Schaden nicht genügend aufgeklärt sei und im Gesetz selbst ausgesprochen in der Praxis zu „gefährlichen Untersuchungen“ führen müsste.296 Weiterhin lässt auch der Hinweis des Gesetzgebers, dass selbstverständliche Voraussetzung für die schadensersatzrechtliche Erstattungsfähigkeit sei, dass der Schaden, dessen Ersatz verlangt werde, im Kausalzusammenhang mit derjenigen Handlung oder Unterlassung des Verpflichteten stehe, welche den Anspruch begründe,297 Interpretationsraum. Denn den Bestimmungen des BGB liegt die Differenzhypothese Mommsens zu Grunde.298 Nach Mommsen soll für die Ersatzpflicht hinsichtlich weiterer Schadensfolgen zwar in der Tat nur Kausalität erfor293 Vgl. zum Willen des historischen Gesetzgebers als Grenze der Auslegung Horn, Einf. Rechtswissenschaft u. Rechtsphilosophie, Rdnr. 179a; Muthorst, § 7 Rdnr. 5: die Bindung an den Willen des historischen Gesetzgebers lockere sich mit zunehmendem Alter des Gesetzes; Maunz/Dürig-Hillgruber, Art. 97 Rdnr. 57 ff.: Ziel der Auslegung sei gerade der Wille des historischen Gesetzgebers. 294 Mugdan II, S. 10 (auch zum Folgenden). 295 Vgl. auch HKK-Jansen, §§ 249–253, 255 Rdnr. 38. 296 Mugdan II, S. 10. 297 Mugdan II, S. 10. 298 HKK-Jansen, §§ 249–253, 255 Rdnr. 41 i. V. m. Rdnr. 17 ff., 39; vgl. ferner Mugdan II, S. 10, 12, wo zwar nicht explizit auf Mommsen Bezug genommen wird und nicht der Ausdruck „Differenz“ verwendet wird; die Idee vom Schaden als Vermögensdifferenz ist jedoch voraus-
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derlich sein.299 Freilich verstanden weder Mommsen noch die Verfasser des BGB den Begriff der Kausalität im heutigen Sinne, wonach zwischen Kausalität und Zurechnung zu unterscheiden ist. So ergibt sich nach Mommsen aus dem Erfordernis des Kausalnexus etwa, dass bei der Berechnung des Schadens nur diejenigen Nachteile einbezogen werden könnten, welche eine wirkliche Folge der zum Ersatz verpflichtenden Tatsache seien und das Dazwischentreten Dritter zum Abbruch des Kausalzusammenhanges führen könne,300 während dies heute als eine Frage der Zurechenbarkeit diskutiert wird.301 Auch die Frage des hypothetischen Kausalverlaufs, die Mommsen dem Erfordernis der Kausalität zuordnete,302 wird heute als Problem der Zurechenbarkeit behandelt.303 Ferner ging der Gesetzgeber insbesondere davon aus, dass es auf § 254 BGB überhaupt nur dann ankommt, wenn die Eigenverantwortlichkeit des Geschädigten nicht schon den Kausalzusammenhang und damit jede Verantwortlichkeit des Schädigers von vornherein ausschließt.304 Wobei die Gesetzesverfasser insoweit lediglich den Fall eines schuldhaften Verhaltens des Geschädigten im Auge hatten. Andererseits wurde aber die Möglichkeit einer Unterbrechung des „Kausalzusammenhangs“ durch ein schuldloses Verhalten des Geschädigten auch nicht explizit ausgeschlossen. Nach alledem hat der historische Gesetzgeber Interpretationsraum hinsichtlich der Frage gelassen, welche Nachteile als dem Schadensereignis zurechenbar anzusehen und damit als Rechnungsposten in die Schadensberechnung mit einzustellen sind. Voraussetzung für eine Übernahme von Interessenbewertungen des Kostenrechts ist allerdings, dass schadensersatzrechtliche Regelungen, Zwecke und Prinzipien keine abweichende Folgenzurechnung erfordern. dd) Einfluss der Verteilungskriterien der Kostengrundentscheidung Die Frage des Einflusses der mit den prozessualen Kostenvorschriften für die Kostengrundentscheidung vorgenommenen Interessenbewertungen auf die Zurechnung zu einem einen Schadensersatzanspruch begründenden Verhalten kann sich in sehr vielen Fallgestaltungen stellen. Im Folgenden sollen lediglich beispielhaft zwei Konstellationen aufgezeigt und überprüft werden, inwieweit die gesetzt; der Bezug zu Mommsens „Lehre von den Interessen“ wird insbesondere dadurch deutlich, dass hervorgehoben wird, dass dem Gläubiger das volle Interesse zu ersetzen sei. 299 Mommsen, S. 115 ff., 137 ff. 300 Mommsen, S. 141 f., insb. Fn. 7. 301 Vgl. etwa MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 157 ff. 302 Mommsen, S. 145 ff. 303 BGHZ 104, 355, 359 f.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 208; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 55; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 93. 304 Mugdan II, S. 13 (auch zum Folgenden); HKK-Jansen, § 254 Rdnr. 7.
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für die Kostengrundentscheidung relevanten Kostenregelungen einen Einfluss auf die Frage der Zurechenbarkeit im Schadensersatzrecht haben können. (1) Geltendmachung zu hoher Ansprüche Der Einfluss der für die Kostengrundentscheidung beachtlichen Interessenbewertungen kann zunächst im Falle der Geltendmachung einer dem Grunde nach bestehenden, aber im Umfang zu hohen Forderung durch den Anspruchsteller von Interesse sein. Macht der Anspruchsteller einen Schadensersatzanspruch geltend, können die Kosten der Rechtsverfolgung einen erstattungsfähigen Folgeschaden darstellen.305 Handelt es sich um einen anderen Anspruch, können die Rechtsverfolgungskosten insbesondere gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattungsfähig sein. (a) Außer- und vorprozessualer Bereich Unterschiedlich beurteilt wird zunächst, inwieweit im Falle der Geltendmachung eines zu hohen Anspruchs außer- und vorprozessuale Anwaltskosten einen erstattungsfähigen Schaden darstellen können. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht seien außer- und vorprozessuale Anwaltskosten hinsichtlich desjenigen Betrags ersatzfähig, den eine einsichtige, die konkreten Umstände abwägende Partei geltend gemacht hätte.306 Nach dieser Ansicht können also auch Rechtsanwaltskosten erstattet werden, die infolge der Geltendmachung eines Anspruchs, der den tatsächlich bestehenden Anspruch der Höhe nach übersteigt, entstehen. Vornehmlich von der Rechtsprechung wird dagegen vertreten, dass diese Aufwendungen grundsätzlich lediglich insoweit erstattet werden, als der Anspruch in der richtigen Höhe verfolgt wurde bzw. soweit der Anspruchsteller mit dem Begehren durchgedrungen ist.307
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S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa) (auch zum Folgenden). § 249 Rdnr. 97; Kubisch, NJW 1970, 1456; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 126; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 116. 307 Vgl. jeweils auch zum Folgenden BGH NJW 2018, 938 Rdnr. 6; 2018, 937 Rdnr. 10; 2018, 935 Rdnr. 7; 2017, 3588 Rdnr. 7; 2008, 1888; 2005, 1112; 1970, 1122 f.: unter Verweis darauf, dass so die Kostenlast des Schädigers mit § 92 Abs. 1 ZPO korrespondiere; OLG München VersR 1977, 1036; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 57; offen gelassen bei BGH NJW 1986, 2243, 2245. 306 Erman-Ebert,
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(aa) Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zur objektiven Begrenzung Der BGH weist insoweit darauf hin, dass darüber hinausgehende Kosten dem Schädiger nicht als Folge seines Verhaltens zurechenbar seien.308 Diese Rechtsprechung gründet zunächst auf der Heranziehung des (auch) §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 2 ZPO zu Grunde liegenden Rechtsgedankens: In der Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 1970,309 die auch in der jüngeren BGH-Rechtsprechung zur Begrenzung der Erstattung vorprozessualer Anwaltsgebühren zitiert wird,310 führte der BGH aus, dass die objektive Beschränkung der Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten sich daraus ergäbe, dass der Geschädigte Anwaltskosten zum Zwecke der Durchsetzung eines Anspruchs gegen den Schädiger, der etwa deswegen unbegründet sei, weil der Schädiger das schädigende Ereignis nicht schuldhaft herbeigeführt habe, nicht erstatten müsse und nichts anderes hinsichtlich des Teils eines Anspruchs gelten könne, der den letztlich begründeten Teil übersteige. Mit diesem Ergebnis korrespondiere die Regelung, die die ZPO hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs treffe. Soweit eine Partei unbegründete Ansprüche geltend mache, treffe sie grundsätzlich gem. § 92 Abs. 1 ZPO selbst die Kostenlast. Insoweit die Bestimmung des § 92 Abs. 2 ZPO es dem Gericht ermögliche, dem Schädiger die gesamten Prozesskosten dann aufzuerlegen, wenn die Zuvielforderung des Geschädigten verhältnismäßig geringfügig war und keine Kosten veranlasste oder wenn der Betrag der Klageforderung von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ausmittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war, gehe es hier um eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Einräumung einer richterlichen Befugnis, die nicht dazu führen könne, den Umfang des sachlich-rechtlichen Kostenanspruchs weiter zu ziehen. Der BGH macht hinsichtlich der Maßgeblichkeit des objektiv bestehenden Anspruchs zudem keine Ausnahme hinsichtlich solcher Ansprüche, deren Höhe durch Schätzung zu ermitteln ist, wie bei Schmerzensgeld und merkantilem Minderwert. Einen Hinweis hierauf gibt zum einen bereits die soeben dargestellte Stelle zu § 92 Abs. 2 ZPO in der Entscheidung aus dem Jahr 1970. In dieser Entscheidung beruft der BGH sich zudem auf eine Entscheidung aus dem Jahr 1963311, in der der BGH eine Ausweitung des sachlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs unter Aufgabe seiner mit Urteil aus 1962312 vertretenen Meinung aus-
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BGH NJW 2018, 937 Rdnr. 7; 2017, 3588 Rdnr. 7; 2005, 1112; 1970, 1122, 1123. BGH NJW 1970, 1122, 1123. 310 Vgl. BGH NJW 2018, 935 Rdnr. 7; 2017, 3588 Rdnr. 7; 2005, 1112. 311 BGHZ 39, 60. 312 BGH NJW 1962, 637. 309
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drücklich ablehnt.313 In der Entscheidung aus dem Jahr 1962314 hatte der BGH sich noch dafür ausgesprochen, dass bei Ansprüchen, die weitgehend von einer Schätzung abhängen (Schmerzensgeld, merkantiler Minderwert), sich der für die Erstattung maßgebliche Gegenstandswert nach dem Betrag richte, der aus Sicht zur Zeit der Anmeldung verständigerweise vertretbar war und es insoweit also nicht darauf ankomme, in welcher Höhe der Anspruch letztlich bestand. Ferner ist dem Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten nach Auffassung des BGH nicht notwendig der materiell begründete, sondern gegebenenfalls der Gegenstandswert zu Grunde zu legen, der der letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe entspricht, da es sich um eine Nebenforderung handele, deren Höhe sich erst bestimmen lasse, wenn die Hauptforderung konkretisiert sei. Nehme der Geschädigte die von Schädigerseite erbrachte Leistung auf die Hauptforderung als endgültig hin und stelle die Höhe der Hauptforderung nicht zur gerichtlichen Entscheidung, so sei für die Bestimmung des dem Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten zu Grunde zu legenden Gegenstandswerts von der Berechtigung der Hauptforderung (nur) in Höhe der Erfüllungsleistung auszugehen.315 In einem Urteil vom 1.10.1968316 weist der BGH zudem darauf hin, dass der Kläger Anwaltskosten hinsichtlich derjenigen Beträge, von deren Einklagung er Abstand genommen habe, selber tragen müsse, da er sich insoweit freiwillig in die Position des Unterliegenden begeben habe. (bb) Stellungnahme Eine Stellungnahme zu der dargestellten BGH-Rechtsprechung und der Gegenmeinung in der Literatur hat sich mit folgenden Fragen zu befassen: 1. Ist grundsätzlich mit dem BGH von einer objektiven Begrenzung auszugehen oder mit der Gegenmeinung in der Literatur darauf abzustellen, welchen Betrag eine einsichtige, die konkreten Umstände abwägende Partei anwaltlich geltend gemacht hätte? 2. Sofern mit dem BGH von einer objektiven Beschränkung ausgegangen wird: Kann dies auch für die Fälle gelten, in denen dem Anspruchsteller die Ermittlung der Höhe seines Anspruchs nicht möglich ist und daher ein unbezifferter Klagantrag zulässig wäre? 3. Kann dem BGH darin gefolgt werden, dass ein (teilweises) vorprozessuales Ablassen von der Anspruchsverfolgung zum Ausschluss der Erstattungsfähigkeit der entsprechenden Anwaltskosten führt?
Zunächst zu Frage 1.: Zuzugeben ist der die BGH-Rechtsprechung ablehnenden Literaturansicht, dass im Rahmen des Schadensersatzrechts ein Ursachenbeitrag 313 Vgl.
BGH NJW 1970, 1122, 1123. BGH NJW 1962, 637. 315 BGH NJW 2018, 935 Rdnr. 8; ferner BGH NJW 2018, 937 Rdnr. 10; 2017, 3527 Rdnr. 19; 2005, 1112, 1113; 1970, 1122, 1123; VersR 1968, 1145, 1147. 316 BGH VersR 1968, 1145, 1147. 314
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des Geschädigten grundsätzlich lediglich dann anspruchsmindernd berücksichtigt wird, wenn dieser sich sorgfaltswidrig verhalten hat. Diese Wertung ist zuvörderst § 254 BGB zu entnehmen. Ferner wird auch die Erforderlichkeit im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht aus der Perspektive ex-post beurteilt, sondern vielmehr davon ausgegangen, dass der Geschädigte diejenigen Restitutionsmaßnahmen in Eigenregie durchführen dürfe, „die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen“.317 Nach diesen Grundsätzen wird ebenso allgemein die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen, die der Geschädigte zur Verhinderung eines konkret drohenden Schadenseintritts,318 zur Schadensbeseitigung319 oder zum Zwecke der Schadens minderung aufgewendet hat, beurteilt.320 Dies soll im Grundsatz insbesondere auch für die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten gelten.321 Weiterhin wird in den sog. Herausforderungsfällen (Verfolgungsfälle und Rettungs fälle) danach gefragt, ob sich der geschädigte Verfolger bzw. Rettende durch das Verhalten des Schädigers zur Verfolgung bzw. Rettung herausgefordert fühlen durfte.322 Zuzustimmen ist der letztgenannten Ansicht weiterhin, soweit die Begründung des BGH in seinem Urteil vom 13.4.1970323 zurückgewiesen wird, wonach sich die objektive Beschränkung der Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten daraus ergäbe, dass der Geschädigte Anwaltskosten zum Zwecke der Durchsetzung eines Anspruchs gegen den Schädiger, der etwa deswegen unbegründet sei, weil der Schädiger das schädigende Ereignis nicht schuldhaft herbeigeführt habe, nicht erstatten müsse und nichts anderes hinsichtlich des Teils eines Anspruchs gelten könne, der den letztlich begründeten Teil übersteige.324 Denn besteht schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch, stellt sich die Frage der 317 BGHZ 183, 21 Rdnr. 8; 160, 377, 383; 115, 364, 369; 61, 346, 349 f.; BGH NJW 2010, 2118 Rdnr. 8; 2006, 360 Rdnr. 9; 2005, 135, 136; Geigel-Knerr, Kap. 3 Rdnr. 8; Hk.BGB-Schulze, § 249 Rdnr. 5; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 12; krit. MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 386; krit. im Hinblick auf das Verhältnis von § 249 Abs. 2 S. 1 zu § 251 BGB: Staudinger- Schiemann, § 249 Rdnr. 232 ff. 318 BGH NJW 1993, 3331, 3332; vgl. auch Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 115 ff. m. w. N. 319 BGHZ 66, 182, 192. 320 BGH NJW 1979, 2197; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 44. 321 BGH NJW 2005, 1112; 2004, 444, 445, 1986, 2243, 2245. 322 BGHZ 172, 263 Rdnr. 15 f.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 170 ff.; MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 454 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 41 ff.; jeweils m. w. N. 323 BGH NJW 1970, 1122 f. 324 Vgl. Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 116 (auch zum Folgenden).
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Zurechenbarkeit von Rechtsverfolgungskosten mangels haftungsbegründenden Ereignisses gar nicht; demgegenüber spricht der Grundsatz der Totalreparation bei Erfüllung eines haftungsbegründenden Tatbestandes zunächst einmal für die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen, die als Folge des Schadensereignisses getätigt wurden und ist besonders zu begründen, woran die Zurechnung gegebenenfalls scheitert. Die §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 ZPO zu Grunde liegenden Interessenbewertungen können auch nicht ohne Weiteres auf den außer- und vorprozessualen Bereich übertragen werden. Denn die Interessenlage ist eine andere. Zunächst setzen die Regelungen der §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 ZPO gerade kein Verschulden voraus und es gilt auch nicht der Grundsatz der Totalreparation. Zudem liegt diesen Vorschriften unter anderem das Vereinfachungsprinzip, das seinerseits den Prinzipien der Prozessökonomie und Rechtssicherheit entspringt,325 zu Grunde. Auch wenn jedoch die spezifisch für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch getroffene Interessenbewertung nicht auf den außerprozessualen Bereich übertragbar ist, kann eine Beschränkung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus schadensersatzrechtlichen Zwecken, Prinzipien und Interessenbewertungen folgen. Für das materielle Haftungsrecht wird insbesondere auf den Zweck der Rechtsverfolgung rekurriert. Das primäre Interesse setze sich im Schadensersatzanspruch fort; in Anwendung des Surrogationsprinzips trete der Anspruch an die Stelle des Guts.326 Dies kann eine im Grundsatz objektive Begrenzung im Bereich der Anwaltskosten rechtfertigen. Hiergegen spricht auch nicht, dass eine entsprechende objektive Begrenzung für andere Schadenspositionen nicht vorgenommen wird. Hinsichtlich Anwaltskosten besteht die Besonderheit, dass mit Blick auf die Regelungen des RVG, insbesondere die Streitwert tabelle in Anlage 2 zum RVG, eine objektive Begrenzung entsprechend der Höhe des tatsächlich bestehenden Anspruchs überhaupt möglich ist. Für die Berücksichtigung dieser Regelungen im Rahmen der Zurechenbarkeit spricht das Gebot einer wertungseinheitlichen, kohärenten Auslegung mit Blick auf die Gesamtrechtsordnung.327 Ihnen kann gerade eine gesetzgeberische Wertung für die Frage entnommen werden, welche Kosten im Falle anwaltlicher Beratung mit der Verfolgung eines Anspruchs in einer bestimmten Höhe notwendig einhergehen. Die objektive Begrenzung sollte aber nur dann vorgenommen werden, wenn diese im konkreten Fall (anderen) schadensersatzrechtlichen Interessenbewertungen nicht widerspricht. Auf die ex ante-Perspektive wird insbesondere etwa 325
S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. Bydlinski, Schadensverursachung, S. 29 f.; Deutsch, Rdnr. 19; Neuner, AcP 133 (1931), 277, 291. 327 Vgl. hierzu oben: Teil 2 § 14 I 2. b) cc). 326
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dann abzustellen sein, wenn die Geltendmachung eines erhöhten Anspruchs gerade auf einer (Auskunfts)Pflichtverletzung des Schädigers beruht. Auch der BGH lässt mit Blick auf entgegenstehende schadensersatzrechtliche Interessenbewertungen Ausnahmen von der objektiven Begrenzung zu. In seinem Urteil vom 10.1.2006328 zeigt er auf, dass schadensersatzrechtliche Wertungen bisweilen gerade die Zurechnung von Anwaltskosten erfordern, die der Durchsetzung eines Anspruchs gegen den eigenen Versicherer dienen, der über den gegen den Schädiger bestehenden Anspruch hinausgeht. In diesem Urteil ging es um die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten für die Geltendmachung eines Anspruchs beim eigenen Versicherer infolge einer erheblichen Verletzung bei einem Verkehrsunfall. Der BGH führt aus, dass die Grenze der Zurechenbarkeit dieser Aufwendungen zum haftungsbegründenden Verhalten des Schädigers dort zu ziehen sei, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der Gesundheit, dem Ersatz entgangenen Gewinns oder der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse dienten. Dies könne der Fall sein, wenn der Geschädigte Kosten aufwende, um von seinem privaten Unfallversicherer Leistungen zu erhalten, die den vom Schädiger zu erbringenden Ersatzleistungen weder ganz noch teilweise entsprächen. Eine Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten könne im Einzelfall aber auch dann in Betracht kommen, wenn es an einer derartigen Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehle. Ein solcher Fall könne gegeben sein, wenn der Geschädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage sei, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden. Zu Frage 2.: Bei Schadenspositionen, deren Höhe durch Schätzung zu ermitteln ist, wie bei Schmerzensgeld und merkantilem Minderwert, erscheint eine objektive Begrenzung der vor- bzw. außerprozessualen Anwaltskosten in Höhe des letztlich bestehenden Anspruchs nicht überzeugend. Zwar mag das Surrogationsprinzip zunächst ebenso wie im Falle anderer Schadenspositionen für eine objektive Begrenzung sprechen. Dagegen spricht jedoch, dass auch durch gründlichste anwaltliche Beratung eine höchstwahrscheinlich „richtige“ Aussage über die Höhe des Anspruchs nicht getroffen werden kann. Das Prinzip der Totalreparation muss sich in diesem Fall daher gegenüber dem Surrogationsprinzip durchsetzen, um das außer- und vorprozessuale Kostenrisiko nicht in einer den schadensersatzrechtlichen Interessenbewertungen widersprechenden Weise zu Lasten des Geschädigten zu verschieben. Denn wie bereits ausgeführt, sind auf schadensersatzrechtlicher Anspruchsgrundlage im Ausgangspunkt Rechtsverfolgungskosten erstattungsfähig, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaft 328
BGH NJW 2006, 1065 Rdnr. 6 ff.
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lich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Eine entsprechende Interessenbewertung ist für den Bereich der prozessualen Kostenerstattung auch dem prozessualen Kostenrecht zu entnehmen: In Fällen, in denen dem Kläger die Ermittlung der Höhe seines Anspruchs nicht möglich und daher ein unbezifferter Klagantrag zulässig ist, unterläge der Kläger im Prozess gerade nicht mit einem Teilbetrag, bzw. bei Angabe einer mit Blick auf die Bestimmtheit des Klagantrags erforderlichen Größenordnung oder eines Mindestbetrags seitens des Klägers hätte das Gericht nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem Beklagten die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen, wenn der ausgeurteilte Betrag nicht mehr als 20–25 % von dem angegebenen Richtwert abweicht.329 Der Kläger trägt in diesen Fällen folglich nicht das volle Kostenrisiko; vielmehr darf er gerade eine Größenordnung bzw. einen Mindestbetrag angeben, den er aus verständiger Sicht ex ante für erforderlich halten durfte, ohne einen Kostennachteil befürchten zu müssen. Ein unbezifferter Klagantrag ist insbesondere zulässig, wenn gem. § 287 ZPO eine Ermittlung des Betrags durch Beweisaufnahme, insbesondere Sachverständigengutachten erforderlich ist oder die Höhe von einer richterlichen Schätzung abhängt.330 Weiterhin lässt § 254 ZPO einen vorerst unbezifferten Klagantrag zu, wenn dem Kläger eine Bezifferung aufgrund einer Informationspflichtverletzung331 seitens des Beklagten nicht möglich ist und im Wege der Stufenklage das Informationsrecht zusammen mit dem Leistungs anspruch geltend gemacht wird. Zwar können diese für den prozessualen Bereich getroffenen Wertungen mit Blick auf die unterschiedlichen Prinzipien und Zwecke der prozessualen Kosten erstattung einerseits und der materiell-rechtlichen Kostenerstattung andererseits nicht ohne Weiteres auf die letztere im außer- und vorprozessualen Bereich übertragen werden. Für eine entsprechende Handhabung im Rahmen der materiellrechtlichen Kostenerstattung im außer- und vorprozessualen Bereich spricht dennoch das Gebot der möglichst widerspruchsfreien Gesetzesauslegung im Sinne einer Wertungseinheit332. Denn es wäre nicht einsichtig, für den Bereich der prozessualen Kostenerstattung, in dem das Prinzip der Totalreparation gerade nicht 329 Vgl. BGH NJW 1982, 340, 341; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 955; OLG Köln VersR 1995, 358; Butzer, MDR 1992, 539 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 92 Rdnr. 23: 20–30 %; Röttger, NJW 1994, 368 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, § 92 Rdnr. 13; Zöller-Herget, § 92 Rdnr. 12. 330 Vgl. BGH NJW 1967, 1420, 1421; ferner MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 253 Rdnr. 117 ff.; Stein/Jonas-Roth, § 253 Rdnr. 46 ff. 331 Vgl. Musielak/Voit-Foerste, § 254 Rdnr. 2 m. w. N.: im Wege der Stufenklage kann jedes Informationsrecht geltend gemacht werden; Rechnungslegung im Sinne des § 254 ZPO ist Rechenschaftslegung. 332 Vgl. hierzu: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc).
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gilt, den Geschädigten/Anspruchsteller von dem entsprechenden Kostenrisiko freizuhalten und hingegen im Schadensersatzrecht, dem dieses Prinzip zu Grunde liegt, die Erstattung entsprechender Anwaltskosten zu versagen. Zu beachten ist freilich, dass sich aus schadensersatzrechtlichen Interessenbewertung auch im Falle der Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 287 ZPO das Erfordernis einer objektiven Anspruchsbeschränkung ergeben kann. So ist etwa hinsichtlich der quantitativen Bestimmung der Verursachungsbeiträge gem. § 254 Abs. 1 BGB der Anwendungsbereich des § 287 ZPO eröffnet333 – wobei der BGH die Zulässigkeit eines unbezifferten Klagantrags (und damit die Frage, wer das Risiko höherer Prozesskosten infolge falscher Bewertung der Verursachungsbeiträge durch den Kläger tragen soll) insoweit freilich explizit offen gelassen hat334. Schadensersatzrechtlich ist jedenfalls zu beachten, dass bei zweifelhaftem Umfang des Mitverschuldens oder der Mitverursachung des Geschädigten die erhöhten Anwaltskosten gerade infolge des jeweiligen Mitverschuldens bzw. der Mitverursachung angefallen und damit nicht dem Verantwortungsbereich des Schädigers, sondern demjenigen des Geschädigten zuzurechnen sind. Die insoweit maßgeblichen Vorschriften der § 254 Abs. 1 BGB; §§ 9, 17 Abs. 1 und 2 StVG; § 4 HaftPflG statuieren ihrerseits eine Ausnahme von der Total reparation.335 In diesen Fällen kann freilich nicht nur eine objektive Begrenzung der Erstattung von Anwaltskosten, sondern vielmehr auch eine quotale Begrenzung anderer Rechtsverfolgungskosten, wie beispielsweise Sachverständigenkosten,336 geboten sein. Zu Frage 3.: Abzulehnen ist schließlich die Bemessung des für die schadensersatzrechtliche Erstattungsfähigkeit maßgeblichen Gebührenwerts nach dem Wert der letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe. Soweit hierfür hervorgehoben wird, dass es sich bei den Anwaltskosten um eine Nebenforderung handele, bei der – sofern die Hauptforderung nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werde – von der Berechtigung der Hauptforderung (nur) in Höhe der Erfüllungsleistung auszugehen sei, scheint hiermit auf eine Beschränkung der prozessualen Durchsetzbarkeit abgehoben zu werden. Eine entsprechende Interessenbewertung – hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs – kann allenfalls § 99 Abs. 1 ZPO entnommen werden, der die Anfechtbarkeit der prozessualen Kostenentscheidung von der Rechtsmitteleinlegung in der Hauptsache abhängig macht. Der in dieser Vorschriften zum Ausdruck kom333
BGHZ 121, 210, 214; Hk.ZPO-Saenger, § 287 Rdnr. 8. BGH NJW 1967, 1420, 1421; für zulässig gehalten in diesem Fall aber bei LG Köln Urt. vom 15.5.2013 – 18 O 148/08, juris Rdnr. 36. 335 BGH DS 2012, 165 Rdnr. 8. 336 Vgl. hierzu: BGH DS 2012, 165 Rdnr. 9 m. w. N. auch zur a. A.; OLG Düsseldorf MDR 2011, 655. 334
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mende Aspekt der Nebensächlichkeit der Kostenentscheidung kann schon im Bereich der Prozesskosten nicht zum Ausschluss des Entstehens eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs führen.337 Dann kann aus dem Rechtsgedanken dieser Vorschrift erst Recht keine Beschränkung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs hinsichtlich vor- oder außerprozessualer Kosten folgen. Besteht aber ein materiell-rechtlicher Anspruch, ist nach dem Justizgewährungsanspruch der Zugang zu den Gerichten und eine tatsächliche und rechtliche Prüfung sowie verbindliche Entscheidung des Richters zu gewährleisten.338 Weiterhin kann eine Anspruchsbeschränkung auf materiell-rechtlicher Ebene nicht dem Rechtsgedanken der §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 ZPO entnommen werden. Insbesondere kann nicht darauf abgestellt werden, dass der Anspruchsteller sich hinsichtlich des nicht weiter verfolgten Teils der Hauptforderung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Das Ablassen von der Verfolgung eines (Teil)Anspruchs kann viele Gründe haben und muss insbesondere nicht darauf beruhen, dass der Anspruchsteller sich in die Rolle des Unterliegenden begibt. Anders als im prozessualen Bereich fehlt es gerade an einem eindeutigen Anknüpfungspunkt für das Unterliegen. Denkbar ist etwa, dass die weitere Rechtsverfolgung wegen des allgemeinen Prozessrisikos, wegen mangelnder Realisierungschancen eines Titels oder aus Kulanz (vorerst) aufgegeben wird. Dies wird auch vom BGH in einem Urteil vom 4.11.1987,339 das sich mit der Frage der analogen Anwendbarkeit der prozessualen Kostenvorschriften im außerprozessualen Bereich auf Ebene der Anspruchsbegründung340 befasst, hervorgehoben. Eine Beschränkung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gerichtet auf vor- oder außerprozessuale Anwaltskosten in den Fällen der „letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe“ kommt mithin lediglich unter den Voraussetzungen eines hierauf gerichteten Vergleichs oder Erlassvertrags in Betracht.341 (b) Prozessualer Bereich Von besonderer Relevanz ist die Frage des Einflusses der Haftungsanordnung in § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO auf einen etwaigen schadensersatzrechtlichen Kos tenerstattungsanspruch des Klägers im prozessualen Bereich hinsichtlich der Positionen, die auch von der prozessualen Kostenerstattung erfasst sind; was Anwaltskosten anbelangt also insbesondere die Verfahrens- und Terminsgebühr.342 337
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. a) bb). MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 277. 339 BGH NJW 1988, 2032, 2034 (auch zum Folgenden). 340 Hierzu noch unten: Teil 2 § 16. 341 So auch Junglas, NJW 2018, 936. 342 Vgl. Hk.ZPO-Gierl, Vor §§ 91–107 Rdnr. 8. 338
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Denn klagt der Anspruchsteller eine zu hohe Forderung ein, sind die gesamten Prozesskosten – also die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers und des Beklagten quotal von den Parteien zu tragen. Dann hat also einerseits der Kläger gegen den Beklagten einen quotalen prozessualen Kosten erstattungsanspruch hinsichtlich der ihm angefallenen Kosten – des Gerichts kostenvorschusses (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG) und seiner außergerichtlichen Kosten, die notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen – und andererseits der Beklagte einen quotalen prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich seiner Kosten. Nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen hat der Kläger demgegenüber, soweit sich der Umfang des Schadensersatzanspruchs hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten danach beurteilt, inwieweit der Kläger diese aus verständiger Sicht ex ante für erforderlich halten durfte und er diesen Anforderungen entsprechend von der Notwendigkeit der betreffenden Posten ausgehen durfte, einerseits einen Anspruch auf die Erstattung seiner gesamten Rechtsverfolgungskosten und nicht nur auf einen Teil, andererseits auf Freistellung343 vom (quotalen) prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Beklagten. Es käme also zu einem Gegeneinander von materiell-rechtlicher und prozessualer Haftungsanordnung. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch darf jedoch der sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO ergebenden Risikoverteilung sowie den dieser Regelung zu Grunde liegenden Zwecken und Prinzipien nicht widersprechen. Bestünde im Falle von Schadensersatzklagen regelmäßig ein über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinausgehender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, widerspräche dies insbesondere dem Vereinfachungsprinzip344. Zudem wäre ein gegen den Beklagten gerichteter Freistellungsanspruch hinsichtlich der auf seiner Seite angefallenen Kosten mit Blick auf dessen teilweises Obsiegen im Prozess problematisch. Denn der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Beklagten ist mit Blick auf den faktischen Zwang zur Prozessführung gerechtfertigt345 und das Prozessieren des Beklagten erfolgt im Hinblick auf den Teil, mit dem er letztlich obsiegt, im Interesse der Rechtsbewährung346. Eine ex ante-Sicht ist nach hier vertretener Ansicht jedenfalls dann maßgeblich, wenn die Geltendmachung eines erhöhten Anspruchs gerade auf einer Pflichtverletzung des Schädigers beruht.347 In diesem Fall des Gegeneinanders von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch ergibt sich die vorrangige Vermögenszuordnung jedoch aus der materiell-rechtlichen 343
S. o.: Teil 2 § 12 VIII. S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. 345 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. 346 S. o.: Teil 1 § 6 II. 3., III. 5. 347 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (a) (bb). 344
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Haftungsanordnung, da Hintergrund dieser eine (vorprozessuale) Pflichtverletzung der anderen Partei ist, die im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung keine Berücksichtigung finden kann.348 Ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten, der darauf beruht, dass der Beklagte etwa vorprozessual eine falsche Auskunft erteilt hat, die gerade die Geltendmachung eines überhöhten Anspruchs seitens des Klägers zur Folge hatte, wäre daher auf die Erstattung der gesamten Rechtsverfolgungskosten des Klägers und Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Beklagten gerichtet; die schadensersatzrechtliche stellte also die letztlich vorrangige Vermögenszuordnung dar. Im Übrigen wird hier dafür eingetreten, bei Schadenspositionen, deren Höhe durch Schätzung zu ermitteln ist, wie bei Schmerzensgeld und merkantilem Minderwert, ebenfalls auf die Sicht ex ante abzustellen und keine objektive Begrenzung vorzunehmen.349 Insoweit dürfte es freilich im Hinblick auf die Regelung in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gerade nicht zu einem Gegeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch kommen. Ferner stellt sich die Frage des Einflusses der prozessualen Haftungsanordnung auf den Schadensersatzanspruch auch in den Fallgestaltungen, in denen nach hier vertretener Ansicht nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen eine objektive Begrenzung für die Erstattung der Anwaltskosten des Geschädigten zu bejahen ist. Denn die Übertragung der für den außerprozessualen Bereich angenommenen objektiven Begrenzung des Schadensersatzanspruchs auf die Anwaltskosten, die bei der Geltendmachung des Anspruchs in der richtigen Höhe angefallen wären, auf den prozessualen Bereich, hätte gerade keinen Gleichlauf mit der Haftungsanordnung in § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO zur Folge. Der Unterschied zwischen der Haftungsanordnung gem. § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO und der objektiven schadensersatzrechtlichen Begrenzung der Haftung lässt sich am besten anhand eines Beispiels darstellen: Klagt der Geschädigte 5.000 € ein und obsiegt mit 2.500 €, so ergeht eine Kostengrundentscheidung dahingehend, dass die Kosten des Rechtsstreits von Kläger und Beklagtem jeweils zu 50 % zu tragen sind. Ist der Kläger anwaltlich vertreten, so ergibt sich hinsichtlich seiner Anwaltskosten Folgendes: Gem. Nr. 3100 RVG-VV entsteht eine 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Streitwert von 5.000 € und damit 1,3 × 303 € (vgl. Gebührentabelle in Anlage 2 zum RVG350) = 393,90 €. Die Terminsgebühr beträgt gem. Nr. 3104 RVG-VV 1,2 × 303 € = 363,60 €. Der Betrag von insgesamt 757,50 € ist vom Beklagten zu 50 % zu erstatten, also i. H. v. 378,75 €. Demgegenüber wären, hätte der Kläger von vornherein nur eine Klage i. H. v. 2.500 € erhoben, die Verfahrens- und Terminsgebühr aus dem Streitwert von 2.500 € (also aus dem Streitwert bis zu 3.000 €) angefallen, also 2,5 × 201 € = 502,50 €. Wäre im Falle der Klage i. H. v. 5.000 € für 348
S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) bb) (3) (a), (b). S. o.: Teil 2 § 14 2. b) dd) (1) (bb). 350 BGBl. I 2013, S. 2703 (auch zu den folgenden Beträgen laut Gebührentabelle). 349
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den Umfang des neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden Schadensersatzanspruchs auf den Gegenstandswert der letztlich objektiv begründeten Forderung i. H. v. 2.500 € abzustellen, bestünde ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Anwaltskosten des Klägers, der seinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch um 123,75 € (502,50 € - 378,75 €) überstiege.
Gegen einen entsprechenden Schadensersatzanspruch sprechen jedoch die sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO ergebende Risikoverteilung sowie die dieser Regelung zu Grunde liegenden Zwecke und Prinzipien. Denn hätte § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO keinen Einfluss auf den Schadensersatzanspruch des Klägers, bestünde im Falle von Schadensersatzklagen regelmäßig ein über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinausgehender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, was insbesondere dem Vereinfachungsprinzip widerspräche. Ferner rechtfertigt sich eine quotale Verteilung vor dem Hintergrund, dass das Prozessieren des Beklagten hinsichtlich des Teils, mit dem er letztlich obsiegt, im Interesse der Rechtsbewährung erfolgt. Im Anwendungsbereich des § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO wird nach den dieser Vorschrift zu Grunde liegenden Wertungen mithin grundsätzlich hinsichtlich Positionen, die Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, dann eine Beschränkung der schadensersatzrechtlichen Haftung erforderlich sein, wenn nicht eine (vorprozessuale) (Auskunfts)Pflichtverletzung des Beklagten, die gerade die Geltendmachung des erhöhten Anspruchs seitens des Klägers zur Folge hatte, eine Haftungsverteilung nach originär schadensersatzrechtlichen Grundsätzen erfordert. (c) Zusammenfassung zu (1) Die Folgen der Geltendmachung eines zu hohen Anspruchs auf die Zurechenbarkeit von Rechtsverfolgungskosten zum Verhalten des Inanspruchgenommenen sind abhängig von der jeweiligen Fallkonstellation. Im vor- und außerprozessualen Bereich führt § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO nicht unmittelbar zu einer objektiven Begrenzung der schadensersatzrechtlichen Erstattung von Rechtsverfolgungskosten. Eine objektive Begrenzung kann allerdings nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen, insbesondere dem Surroga tionsprinzip, geboten sein. Demgegenüber ist insbesondere in Fällen, in denen die Höhe des Schadensersatzanspruchs weitgehend von einer Schätzung abhängt, wie beim Schmerzensgeld oder merkantilen Minderwert, darauf abzustellen, ob der Geschädigte aus verständiger Sicht ex ante die Kosten für erforderlich halten durfte. Auf die ex ante-Perspektive ist auch dann abzustellen, wenn die Geltendmachung eines erhöhten Anspruchs gerade auf einer (Auskunfts)Pflichtverletzung des Schädigers beruht.
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Ein vorgerichtliches Ablassen von der weiteren Verfolgung eines (Teil)Anspruchs führt nicht ohne Weiteres zum Wegfall eines Erstattungsanspruchs hinsichtlich der insoweit entstandenen Anwaltskosten. Auch wenn es zu einem Prozess gekommen ist, ist im Falle eines zulässigen unbezifferten Klagantrags nach der Bestimmung des § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO keine Begrenzung eines Schadensersatzanspruchs geboten. Denn in diesem Fall unterliegt der Kläger gerade nicht mit einem Teil bzw. bei Angabe einer mit Blick auf die Bestimmtheit des Klagantrags erforderlichen Größenordnung seitens des Klägers hätte das Gericht nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem Beklagten die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen, wenn der ausgeurteilte Betrag nicht mehr als 20–25 % von dem angegebenen Richtwert abweicht. Demgegenüber können § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO und diesem zu Grunde liegende Wertungen im prozessualen Bereich im Falle eines bezifferten Klagantrags hinsichtlich derjenigen Positionen, die auch Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, eine Begrenzung des Schadensersatzanspruchs erfordern. Allerdings stellt die schadensersatzrechtliche Haftungsanordnung die vorrangige dar, wenn eine (vorprozessuale) (Auskunfts)Pflichtverletzung des Beklagten gerade die Geltendmachung des erhöhten Anspruchs seitens des Klägers zur Folge hatte. (2) Einstweiliger Rechtsschutz und Klagerücknahme In den Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes und der Klagerücknahme kann sich nach Abschluss des Verfahrens die Frage stellen, ob die insoweit angefallenen Kosten schadensersatzrechtlich anders verteilt werden müssen, als dies in der entsprechenden prozessualen Kostenentscheidung geschehen ist.351 Inwieweit eine solche Umkehrung möglich ist und wo die Frage dogmatisch zu verorten ist, ist umstritten. Die verschiedenen Positionen werden im Folgenden dargestellt und anschließend hierzu Stellung genommen und aufgezeigt, wie die maßgeblichen Wertungen im Rahmen der Zurechenbarkeit Berücksichtigung finden können. (a) Rechtsprechung des BGH Der BGH352 beruft sich in diesen Fällen auf die von ihm in ständiger Rechtsprechung353 ausgesprochenen Grundsätze zum Verhältnis der materiell-rechtlichen 351
Vgl. zum Fall des einstweiligen Rechtsschutzes: Becker-Eberhard, S. 236 ff. BGHZ 45, 251, 257; BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 10; NJW-RR 1995, 495; diese Rechtsprechung befürwortend etwa: Erman-Ebert, § 249 Rdnr. 95; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 19, 23 ff. 353 S. o.: § 1 I., Nachweise ebd. Fn. 3. 352
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zur prozessualen Kostenerstattung. Danach sei eine prozessuale Kostentragungsregelung nicht erschöpfend, sondern lasse Raum für ergänzende sachlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung, etwa aus Vertrag, wegen Verzugs oder aus unerlaubter Handlung. Ein solcher Anspruch könne je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er könne der prozessualen Regelung sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukämen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht haben berücksichtigt werden können. Bleibe jedoch der Sachverhalt, der zu einer abschließenden Kostenentscheidung geführt habe, unverändert und träten keine selbstständigen Umstände hinzu (wie z. B. eine sittenwidrige Schädigung i. S. v. § 826 BGB), dann gehe es nicht an, nunmehr den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen entgegengesetzt zu beurteilen. Selbstständige Umstände liegen nach Ansicht des BGH nicht schon darin, dass die Voraussetzungen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs einerseits und eines (meist bereits vorprozessual begründeten) materiell-rechtlichen Kos tenerstattungsanspruchs andererseits voneinander abweichen. In dem Urteil vom 18.5.1966354 zur Frage der Möglichkeit der schadensersatzrechtlichen Erstattung der Kosten eines einstweiligen Verfügungsverfahrens bei entgegengesetztem Urteil in der Hauptsache führt der BGH aus, dass bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und einer entsprechenden Kostenentscheidung zu Lasten des unterliegenden Antragstellers dieser auch dann nicht Erstattung der Kosten des Verfügungsverfahrens verlangen könne, wenn er im Hauptprozess aufgrund einer anderen rechtlichen Beurteilung des streitigen Rechtsverhältnisses obsiege. Schon aus dem Grundsatz der Rechtskraft folge, dass die prozessuale Kostenregelung weitere sachlich-recht liche Ansprüche ausschließe. Streitigkeiten allein über die Kosten sollten zudem selbst dann möglichst eingeschränkt werden, wenn noch keine abschließende Entscheidung vorliege, wie sich aus der grundsätzlichen Unzulässigkeit isolierter Kostenanfechtungen und aus der Kostenregelung nach Erledigung der Hauptsache (§§ 99, 91a ZPO) ersehen lasse. Das müsse erst recht gelten, wenn bereits eine endgültige Kostenentscheidung in einem abgeschlossenen selbstständigen Verfahren ergangen sei. Der damit eingetretene Rechtsfriede könne nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetz liche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsehe. Der gegenteilige Standpunkt würde zu untragbaren Ergebnissen führen.355 Stünde nämlich die Möglichkeit offen, die Kostenpflicht für ein abgeschlossenes Verfügungsverfah354 355
BGHZ 45, 251 ff. (auch zum Folgenden). Vgl. auch BGH NJW-RR 1995, 495, 496 (auch zum Folgenden).
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ren nachträglich unter dem Gesichtspunkt sachlich-rechtlicher Schadensersatzansprüche erneut aufzurollen, dann müssten diese auch dann durchgreifen können, wenn kein anschließender Hauptprozess geführt worden sei; denn dessen erfolgreicher Abschluss wäre nicht die Voraussetzung für einen materiell-recht lichen Schadensersatzanspruch. Auch wäre zu befürchten, dass in dem Schadensersatzprozess erneut streitig werde, ob der Verfügungsantrag zu Unrecht wegen unrichtiger Rechtsanwendung oder zu Recht wegen mangelnder Dringlichkeit oder unzureichender Glaubhaftmachung zurückgewiesen worden sei. Im Anschluss an diese Entscheidung hat der BGH mit Urteilen vom 19.10. 1994356 und 16.2.2011357 die Fälle der Klagerücknahme entsprechend beurteilt: Im Urteil vom 19.10.1994 führt der BGH zunächst aus, dass eine von der Entscheidung vom 18.5.1966 abweichende Behandlung nicht deswegen geboten sei, weil nach § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO das Verfahren als nicht anhängig geworden anzusehen sei. Der Grundsatz der Rechtskraft stelle nicht die alleinige und auch nicht die tragende Erwägung des Urteils vom 18.5.1966 dar. In beiden Entscheidungen beruft der BGH sich ferner insbesondere darauf, dass die Kostentragungsregelung des § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO sich als Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zu Grunde liegenden Prinzips darstelle, nach dem die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.358 Zu diesem Zweck fingiere § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO im Falle der Klagerücknahme den geltend gemachten Klageanspruch ohne Rücksicht auf seine materiell-rechtliche Begründetheit als für den anhängigen Rechtsstreit nicht bestehend und bilde damit den Rechtsgrund für das prozessuale Unterliegen des Klägers und seine hieran anknüpfende kostenrechtliche Haftung. Diese Haftung könne deshalb auch nicht nachträglich wieder durch eine abweichende Bewertung der materiell-rechtlichen Rechtslage rückgängig gemacht werden, die der vom Gesetzgeber gewollten und in § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO kostenrechtlich vollzogenen Fiktion zuwiderlaufe. In den dargestellten Entscheidungen lehnt der BGH insbesondere eine Lösung des jeweiligen Einzelfalls anhand des Kriteriums der Adäquanz ab, die teilweise in den Vorinstanzen erfolgte, auch wenn diese letztlich zu dem gleichen Ergebnis geführt hatte.359
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BGH NJW-RR 1995, 495. BGH NJW 2011, 2368. 358 BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 11; NJW-RR 1995, 495 (jeweils auch zum Folgenden). 359 BGHZ 45, 251, 256; BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 6, 9 ff.; vgl. auch BGH NJW-RR 1995, 495. 357
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(b) Teile der Instanzrechtsprechung und Literatur Teile der Instanzrechtsprechung und der Literatur treten der Rechtsprechung des BGH entgegen.360 Dabei wird zunächst kritisiert, dass bereits nicht ersichtlich sei, ob der BGH die Kostenklage aus materiellem Recht für unzulässig oder unbegründet halte.361 Ferner wird darauf hingewiesen, dass eine Klage, die unter Berufung auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Ergebnis auf die Umkehrung einer prozessualen Kostenerstattungsregelung gerichtet sei, nicht wegen deren entgegenstehender Rechtskraft von vornherein unzulässig sei.362 Wäre dies anders, würden die Rechte des prozessualen Kostenschuldners unzulässig eingeschränkt, denn er könnte die Frage, inwieweit ihm ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Schadensersatz im Hinblick auf die Prozesskosten gegen den Gegner zusteht, weder im Rahmen der prozessualen Kostenentscheidung, die sich mit den Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht zu befassen habe, noch in einem gesonderten Erkenntnisverfahren zur Überprüfung stellen. Nur dürfe nicht etwa die Rechtskraft in der Hauptsache selbst den Anspruch, aufgrund dessen der Schadensersatz gefordert wird, ausschließen.363 Weiterhin verkenne der BGH, dass das Auseinanderfallen der Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen und eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs den Regelfall darstelle und daher grundsätzlich gerade von unterschiedlichen Sachverhalten auszugehen sei.364 Meist läge es gerade so, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch seine Grundlage allein in einem prozessualen Vorgang – etwa der Einreichung und späteren Rücknahme des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – und der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch demgegenüber seine Grundlage in einem vorprozessualen Sachverhalt finde, wie beispielsweise einem Wettbewerbsverstoß. Selbst wenn aber ausnahmsweise ein Schadensersatzanspruch im Prozessverlauf entstehe,365 habe die Unterschiedlichkeit der Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstat360
OLG Dresden NJW 1998, 1872; Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 816 ff.; Loritz, S. 119 f.; Roth, FS Gottwald, 529, 531; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 19; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 51; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18a; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 13. 361 Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 815. 362 OLG Dresden NJW 1998, 1872, 1873; Roth, FS Gottwald, 529, 531 (jeweils auch zum Folgenden). 363 Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 19. 364 Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 816; Loritz, S. 119 f.; Roth, FS Gottwald, 529, 531 (jeweils auch zum Folgenden). 365 Zur Frage der Haftungsprivilegierung bei Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens s. u.: Teil 2 § 14 I. 3.
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tungsanspruchs einerseits und des prozessualen andererseits zur Folge, dass für die Frage des Bestehens eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zusätzliche Umstände von Relevanz seien und damit nach den Grundsätzen des BGH ein solcher materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gerade nicht per se ausgeschlossen sein dürfte.366 Bei Schadensersatzansprüchen seien regelmäßig die Merkmale der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens relevant, also fundamentale Zurechnungskriterien des materiellen Haftungsrechts, die stets auch eine andere oder gegensätzliche Bewertung rechtfertigten, als sie das prozessuale Kostenrecht ohne jegliche Berücksichtigung von Rechtswidrigkeit und Verschulden vorsehe.367 Vor diesem Hintergrund überzeuge auch die Erwägung des BGH nicht, der eingetretene Rechtsfriede dürfe nicht nachträglich wieder mit der Erwägung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich nicht gerechtfertigt. Denn es sei durchaus fraglich, ob dem prozessualen Kostenrecht die Aufgabe der endgültigen Befriedung unter den Beteiligten überhaupt zukommen und ob ihm ihre Erfüllung überhaupt gelingen könne. Hierzu seien die auf dem objektiven Veranlassungsprinzip beruhenden Voraussetzungen der prozessualen Kostenhaftung zu undifferenziert und zu wenig am Ziel eines materiell gerechten Ausgleichs der Prozesskosten orientiert. Dies hänge damit zusammen, dass die Anspruchsvoraussetzungen des prozessualen Kostenrechts den verschiedensten Anforderungen zu genügen hätten. Insbesondere sollten sie eine einfache und zügige, keine zusätzlichen gerichtlichen Ermittlungen erfordernde Handhabung der Kostenfrage ermöglichen, was nur durch ein teilweises Hint anstellen materiell gerechter Ausgleichskriterien erkauft werden könne. Eine Regelung, die wie die prozessuale Kostenregelung Rechtsfolgen herbeiführe, die rechtswidriges und schuldhaftes Handeln ausgleichs- und sanktionslos lasse, könne jedoch allenfalls formell, nicht aber auch inhaltlich befriedende Wirkung haben.368 Der BGH verkenne zudem, dass auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwei Fälle anerkannt seien, in denen eine prozessuale Kostenentscheidung durch die nachträgliche Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kosten erstattungsanspruchs umgekehrt werden könne.369 Der erste Fall betreffe den Vollstreckungsgläubiger, der eine Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen einen Dritten habe pfänden lassen und sich, nachdem dieser trotz Aufforderung die Drittschuldnererklärung nicht oder nicht richtig abgegeben habe, zur Klage aus der Drittschuld veranlasst sehe. Erst dann 366
Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 817 (auch zum Folgenden). Becker-Eberhard, S. 245; Loritz, S. 119 f. 368 Becker-Eberhard, S. 163 ff., 167, 246, 399. 369 Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 817 f. (auch zum Folgenden). 367
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bringe der Drittschuldner vor, die Drittschuld bestehe nicht oder sei Einwendungen ausgesetzt. In diesem Fall sei der Kläger gerade nicht daran gehindert, gegen den Drittschuldner den Schadensersatzanspruch aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO im Klagewege geltend zu machen. Im zweiten Fall gehe es um den Kläger, der erst nach Klageerhebung erfahre, dass der im Verzug befindliche Beklagte die Schuld zwischenzeitlich noch vor Klageerhebung erfüllt habe. Auch könne der Verweis des BGH auf die Unbilligkeit der mit einer abweichenden Ansicht verbundenen Ergebnisse nicht überzeugen. Vielmehr komme man, auch wenn man einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht schon im Ansatz für ausgeschlossen halte, über die Prüfung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen zu sachgerechten Ergebnissen. Habe etwa der Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Versäumung der Vollziehungsfrist selbst zu vertreten, fehle es an der adäquaten Kausalität eines beanstandeten Wettbewerbsverstoßes für die in dieser Situation angezeigte kostenfällige Rücknahme des Antrags auf Erlass der Verfügung. Ebenso biete ein Wettbewerbsverstoß weder Anlass noch Ursache für einen mangels Dringlichkeit oder wegen unzureichender Glaubhaftmachung zurückzuweisenden Verfügungsantrag. (c) Stellungnahme Überzeugend erscheint zunächst die Erwägung des OLG Dresden,370 dass es nicht angehen könne, einerseits dem Kläger auf materiell-rechtlicher Ebene einen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch zuzuerkennen, insoweit aber andererseits die Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung zu verweigern: Es ist anerkannt, dass bei Beschränkung des Prüfungsumfangs auf bestimmte Ansprüche eine Klage auf Grundlage der vom Prüfungsumfang ausgenommenen Ansprüche nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig ist. Entsprechend wird von denjenigen, die vertreten, dass das nach § 32 ZPO zuständige Gericht nur für die Entscheidung über deliktische Ansprüche zuständig ist,371 davon ausgegangen, dass bei einer Abweisung der deliktischen Klage eine auf vertragliche Schadensersatzansprüche gestützte erneute Klage vor dem insoweit 370
OLG Dresden NJW 1998, 1872. MünchKomm.ZPO-Patzina, § 32 Rdnr. 19; Peglau, MDR 2000, 723; krit. auch Musielak/Voit-Heinrich, § 1 Rdnr. 13 f., § 12 Rdnr. 9 ff., § 32 Rdnr. 10; a. A. die heute h. M. BGHZ 153, 173, 176 ff.: Änderung der Rechtsprechung mit Blick auf § 17 Abs. 2 GVG; Hk.ZPO-Bendtsen, § 12 Rdnr. 13; Kiethe, NJW 2003, 1294; Zöller-Schultzky, § 32 Rdnr. 21, § 12 Rdnr. 20 m. w. N. 371
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zuständigen Gericht erhoben werden kann.372 Ebenso gehen diejenigen, die im Anwendungsbereich von § 29 ZPO einen Gerichtsstand kraft Sachzusammenhangs ablehnen, von einer gespaltenen Zuständigkeit aus.373 Nicht überzeugend erscheint es daher einerseits das Bestehen eines für die prozessuale Kostenentscheidung nicht beachtlichen materiell-rechtlichen Kos tenerstattungsanspruchs zu bejahen oder dahinstehen zu lassen, andererseits aber davon auszugehen, dass eine Klage auf Grundlage des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs wegen entgegenstehender Rechtskraft der prozessualen Kostenentscheidung unzulässig ist. Freilich hebt der BGH in den Fällen der Klagerücknahme nicht auf die Rechtskraft ab und auch in der Entscheidung aus dem Jahr 1966 zum einstweiligen Rechtsschutz ist der Hinweis auf die Rechtskraft nicht die einzige und auch nicht die tragende Begründung. Ferner ist dem BGH nicht zu folgen, soweit er darauf hinweist, dass der Kläger sich durch die Klagerücknahme freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben habe und bei gleichbleibendem Sachverhalt die durch den Rechtsstreit veranlassten Kosten abschließend und ohne Rücksicht darauf zu tragen habe, ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimme oder nicht374. Ginge man davon aus, dass ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht, der die Kostenfrage von der prozessualen Haftungsanordnung abweichend regelt, müsste dem Anspruchsinhaber mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch375 auch die Möglichkeit der prozessualen Durchsetzung seiner Rechtsposition gewährt werden. Ausnahmen von der Klagbarkeit bestehen nur in wenigen gesetzlich gesondert geregelten Fällen, z. B. im Hinblick auf den Anspruch zur Eingehung der Ehe (§ 1297 Abs. 1 BGB) oder im Falle der unvollkommenen Verbindlichkeiten, in denen trotz eines wirksamen Leistungsversprechens kein Anspruch entsteht.376 Die Argumente des BGH lassen sich andererseits aber teilweise auch für eine Beschränkung der Folgenzurechnung im Rahmen des jeweiligen Schadensersatzanspruchs fruchtbar machen und damit für eine Lösung auf materiell-recht licher Ebene. So führt er im Urteil vom 18.5.1966377 zwar aus, dass es zweifel372 Vgl. MünchKomm.ZPO-Patzina, § 32 Rdnr. 19; Musielak/Voit-Heinrich, § 12 Rdnr. 9 ff., § 32 Rdnr. 10; Peglau, MDR 2000, 723; vgl. aus der früheren Rechtsprechung und Literatur BGHZ 132, 105, 111; Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 279. 373 MünchKomm.ZPO-Patzina, § 29 Rdnr. 22, § 12 Rdnr. 35 ff. m. w. N. 374 BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 12 unter Verweis auf BGH NJW-RR 2005, 1662; NJW 2004, 223; NJW-RR 1995, 495. 375 Hierzu: Maunz/Dürig-Hillgruber, Art. 92 Rdnr. 10 f.; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 6 ff. 376 Vgl. Pohlmann, Rdnr. 265 f. 377 BGHZ 45, 251, 256.
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haft sei, ob die strittige Frage mit einer ursächlichen Betrachtung, die in der Vorinstanz vorgenommen wurde, gelöst werden könne. Die Ausführungen des BGH können aber auch im Sinne einer Erweiterung der Erwägungen des Berufungsgerichts zur Risikozuweisung auf materiell-rechtlicher Ebene nach Maßgabe der prozessualen Kostenregelungen verstanden werden. Insbesondere weist er darauf hin, dass die Erwägungen der Vorinstanz bereits in die richtige Richtung zeigten und führt dann die oben genannte, in ständiger Rechtsprechung vertretene Formulierung des Verhältnisses des materiell-rechtlichen zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch an. Die Vorinstanz hatte darauf abgestellt, dass das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zwar schneller sei, aber für die Beteiligten erheblich mehr Risiken berge als der Hauptprozess, die nicht darauf beschränkt seien, dass dem Antragsteller keine ausreichende Glaubhaftmachung gelinge, sondern insbesondere auch dann hervortreten könnten, wenn es – wie im Streitfall – um grundsätzliche oder umstrittene Rechtsfragen gehe, deren endgültige Klärung erst durch ein abschließendes Revisionsurteil im Hauptverfahren zu erreichen sei. Wer sich in solchen Fällen zu dem Verfügungsverfahren entschließe, müsse die durch kostenfällige Zurückweisung seines Antrages entstehenden Kosten als eine Art Risikoprämie in Kauf nehmen.378 Ferner weist der BGH im Urteil vom 19.10.1994 explizit darauf hin, dass der Aspekt der Rechtskraft nicht die alleinige und auch nicht die tragende Erwägung der Entscheidung vom 18.5.1966 gewesen sei379 und begründet seine Rechtsprechung insbeson dere mit der abschließenden Entscheidung der Kostenfrage auf Grundlage der §§ 91, 97, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nach Maßgabe des Prinzips der Haftung der im Rechtsstreit unterliegenden Partei in den entschiedenen Fällen.380 Dies hebt er auch im Urteil vom 16.2.2011 hervor.381 Entgegenzutreten ist dem Einwand gegen die Rechtsprechung des BGH, dass dem prozessualen Kostenrecht die Aufgabe der endgültigen Befriedung unter den Beteiligten nicht zukomme und es diese überhaupt nicht erfüllen könne. Die prozessualen Kostenregelungen bezwecken unter anderem gerade die Verhinderung von Folgeprozessen und die Schaffung von Rechtsfrieden.382 Diese Aufgabe können die Regelungen der prozessualen Kostenerstattung nur insoweit nicht erfüllen, als materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche zur Entstehung gelangen, die im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung nicht berücksichtigt werden können und daher im Wege einer auf den jeweiligen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gestützten Klage geltend gemacht werden können. 378
Zu den Ausführungen der Vorinstanz im genannten BGH-Urteil. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (a). 380 BGH NJW-RR 1995, 495 f. 381 BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 13. 382 S. o.: Teil 1 § 6 II. 5. 379
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Ferner ist die prozessuale Kostenerstattung auch nicht immer nur auf eine vorläufige Haftungsanordnung gerichtet, die in jedem Fall durch einen etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch umgekehrt werden kann. Vielmehr soll mit der prozessualen Kostenhaftung des Unterliegenden gerade ein Ausgleich für den faktischen Zwang des Obsiegenden zur Prozessführung geschaffen werden.383 Diese Haftung ist am Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen orientiert.384 Der Unterliegende soll gerade das Risiko des Anfalls von Kosten, die darauf beruhen, dass er und der Gegner es haben auf einen Prozess ankommen lassen, tragen. Auch rechtfertigen die Rechtswidrigkeit und das Verschulden, die regelmäßig Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen darstellen, nicht aber Voraussetzung der prozessualen Kostenerstattung sind, nicht stets eine von den Regelungen der prozessualen Kostenerstattung abweichende Haftungsanordnung. Denn mit der Kostentragung des Unterliegenden wird dem Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen im Hinblick darauf, dass nicht auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten abgestellt wird, nicht per se weniger, sondern vielmehr mit Blick auf die mit Eintritt in den Prozess anders gelagerten Interessen anders Rechnung getragen. Aus dem Prinzip der Folgenzurechnung nach Maßgabe der Selbstverantwortung ergibt sich auch der Schutz vor Fremdbestimmung, für die der Obsiegende gerade einen Ausgleich erhalten soll. In den hier betrachteten Fallgestaltungen besteht freilich die Besonderheit, dass der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes Unterliegende bzw. der die Klage Zurücknehmende im Rahmen eines etwaigen Folgeverfahrens die obsiegende Partei ist. Die Kostentragung im Erstverfahren stellt sich nach Maßgabe der im Folgeprozess festgestellten Sach- und Rechtslage folglich als eine Kostentragung desjenigen dar, der sich mit der von ihm vertretenen Position im Recht befunden hat. Allerdings gehen die Parteien mit dem Eintritt in das jeweilige Verfahren das Risiko einer von der eigenen Rechtsansicht abweichenden Rechtsauffassung des Gerichts und der mangelnden Beweisbarkeit der relevanten Umstände ein und sollen nach §§ 91, 92 und auch 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten gerade nach Maßgabe ihres Unterliegens in dem jeweiligen Verfahren tragen. Zudem würden insbesondere die Ziele einer einfachen und zügigen Hand habung der Kostenfrage385 bei einer Gesamtbetrachtung des sich ergebenden Verfahrensaufwandes unterlaufen, wenn die im Sinne der Vereinfachung und Beschleunigung gestaltete prozessuale Kostenerstattung regelmäßig zur Folge hät-
383
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1., III. 2. S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. (auch zum Folgenden). 385 S. o.: Teil 1 § 6 II. 4., III. 6. 384
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te, dass im Rahmen eines Folgeprozesses die Kostenfrage auf Grundlage eines Schadensersatzanspruchs erneut anders beurteilt werden könnte. Was den Hinweis auf die beiden Fallgestaltungen anbelangt, in denen anerkannt sei, dass die prozessuale Haftungsanordnung nicht die abschließend geltende sein soll, sondern dem Kläger vielmehr möglich sei, auf Grundlage eines Schadensersatzanspruchs die daraus folgende entgegengesetzte Haftungsanordnung durchzusetzen, so widerspricht der BGH dem nicht; vielmehr geht er insoweit vom Vorliegen „zusätzlicher Umstände“ aus, die im Rahmen der Kostenvorschriften, die eine Erfolgsrisikohaftung anordnen, nicht berücksichtigt werden können und infolge derer es auch nach der Rechtsprechung des BGH zu einem der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch kommen kann.386 Soweit Umstände wie eine vorprozessuale Auskunftspflichtverletzung des Beklagten in der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten, begibt sich derjenige, der eine Klage zurücknimmt, nach Auffassung des BGH gerade nicht „freiwillig“ in die Rolle des Unterliegenden.387 Die abweichende Behandlung der genannten Fälle erscheint auch überzeugend: Können Umstände im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung nicht berücksichtigt werden, liegen sie gerade außerhalb des Risikos, das der letztlich Unterliegende tragen soll. Dem BGH ist auch darin zuzustimmen, dass in den hier betrachteten Fallgestaltungen nicht lediglich im Einzelfall anhand des Kriteriums der Adäquanz eine Zurechnung zum Schadensereignis abzulehnen ist.388 Vielmehr können die prozessualen Kostenregelungen und diesen zu Grunde liegende Wertungen auch eine darüber hinausgehende Beschränkung der Zurechnung erfordern. Eine solche Zurechnungsbeschränkung nach Maßgabe des Kostenrechts ist auch zu lässig: Wie bereits erörtert, lässt das Schadensersatzrecht bei der Frage, welche Vermögensnachteile dem Schadensereignis zurechenbar sind, Interpretationsraum. Im Sinne der Wertungseinheit der Rechtsordnung sind die prozessualen Kostenregelungen und die diesen zu Grunde liegenden Zwecke und Prinzipien zu beachten, soweit die schadensersatzrechtliche Haftungsanordnung und die Regelung der prozessualen Kostenerstattung auf sich teilweise überschneidende 386 Vgl.
BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 11 f.; NJW 2002, 680; NJW-RR 1995, 495; 1990, 1906, 1907. 387 Vgl. BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 12; NJW-RR 1995, 495 f.; vgl. auch Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 818: jedenfalls in den Fällen einer vorprozessualen Auskunftspflichtverletzung des Beklagten und der vorprozessualen Erledigung sei es weniger echte Freiwilligkeit als die Einsicht, durch das Verschulden des Beklagten in eine Prozesslage hineingeraten zu sein, in der ein Festhalten am bisherigen Prozessziel unweigerlich zum Prozessverlust führen müsse. 388 Vgl. BGHZ 45, 251, 256 ff.; BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 6, 9; NJW-RR 1995, 495.
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Sachverhalte389 anwendbar sind und die Regelungen der prozessualen Kosten erstattung und die diesen immanenten Wertungen dies erfordern. Bei einem vorprozessual begründeten Schadensersatzanspruch stellt sich gerade die Frage, inwieweit die Kosten, die infolge des Eintritts in den Prozess und des Prozessierens der Parteien anfallen, dem Schadensereignis zurechenbar sind und damit einen zurechenbaren Schaden im Sinne der jeweiligen Haftungsnorm darstellen; auch die prozessualen Kostenvorschriften regeln die Folgenzurechnung bei Eintritt in den Prozess, so dass die Regelungssysteme auf sich teilweise überschneidende Sachverhalte anwendbar sind. Es lässt sich daher festhalten, dass die prozessualen Kostenregelungen für die Fälle des einstweiligen Rechtsschutzes und der Klagerücknahme und die diesen Regelungen immanenten Wertungen Einfluss auf die Folgenzurechnung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs haben können und damit die Umkehrung der Kostenentscheidung nach Maßgabe eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Antragstellers bzw. Klägers ausgeschlossen sein kann. Nicht überzeugend scheint es demgegenüber, davon auszugehen, dass ein der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteter Schadensersatzanspruch zwar bestehen mag, aber prozessual nicht durchgesetzt werden kann. ee) Einfluss des Haftungsumfangs der prozessualen Kostenerstattung Fraglich ist, inwieweit Beschränkungen des Haftungsumfangs im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung Einfluss auf die Folgenzurechnung im Rahmen von Schadensersatzansprüchen haben. §§ 249–254 BGB enthalten einen in vielerlei Hinsicht ausfüllungsbedürftigen gesetzlichen Rahmen für die Bestimmung des Umfangs des zu ersetzenden Schadens.390 Ferner ist insbesondere jeweils wertend zu ermitteln, welche Nachteile dem Schadensereignis zurechenbar sind.391 Im Hinblick hierauf ist es grundsätzlich möglich, den sich vornehmlich aus § 91 ZPO ergebenden Beschränkungen des Haftungsumfangs des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs392 und den diesen zu Grunde liegenden Wertungen im Wege der Auslegung des betreffenden Schadensersatzanspruchs bei der Frage der Zurechenbarkeit des jeweiligen Nachteils zum Schadensereignis Rechnung zu tragen. Zu beachten ist jedoch, dass – anders als in den zuvor behandelten Fällen zur Frage des Einflusses der für die Kostengrundentscheidung maßgeblichen Krite389 Zur Anwendbarkeit der Grundsätze der Normenkonkurrenz in diesem Fall s. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b). 390 Soergel-Ekkenga/Kuntz, Vor § 249 Rdnr. 1. 391 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc). 392 S. o.: Teil 1 § 9.
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rien auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch – die Regelung zum Haftungsumfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs in § 91 ZPO ihrerseits hinsichtlich vieler Aspekte konkretisierungsbedürftig ist. Insoweit ist zu untersuchen, inwieweit die in Rechtsprechung und Literatur im Bereich der prozessualen Kostenerstattung aufgestellten Kriterien zur Beantwortung der Frage der Zugehörigkeit zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits auch für die Erstattung auf schadensersatzrechtlicher Anspruchsgrundlage gelten. (1) Prozesskosten Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist zunächst auf die Erstattung von „Prozesskosten“ und damit auf die Erstattung der unmittelbar durch den Prozess verursachten Kosten393 beschränkt. (a) Grundsatz Wie bereits erwähnt, wird allgemein jedenfalls von der grundsätzlichen Möglichkeit des Bestehens schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsansprüche außerhalb des Bereichs der Prozesskosten ausgegangen.394 (aa) Pühmeyer Pühmeyer führt hierzu aus, dass mit der Beschränkung der prozessualen Kostenerstattung weder eine Risikobegrenzung bezweckt, noch eine Beeinträchtigung des staatlichen Rechtsschutzes zu befürchten sei, wenn materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gewährt werden, die die Erstattung von Nachteilen ermöglichen, die keine Kosten des Rechtsstreits darstellen.395 Er begründet dies insbesondere mit der Gesetzesbegründung zur CPO von 1877396, nach der außerhalb des Prozesskostenersatzes Schadensersatzansprüche lägen, deren Fundament nicht allein durch die Tatsache des Obsiegens im Rechtsstreit, sondern noch durch weitere Umstände begründet würden; solche Forderungen seien nach den Motiven im besonderen Prozesse zu verfolgen. Die Zwecke einer bewussten Risikoverteilung und der Verhinderung der Verkümmerung des Rechtsschutzes seien mit der Beschränkung auf die Erstattung der Kosten des Rechtsstreits in § 91 ZPO nicht so eindeutig zum Ausdruck gekommen, dass sie den Ausschluss der Erstattung auch etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche hinsichtlich Nach teilen, die nicht zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, rechtfertigen würden. Eine 393
S. o.: Teil 1 § 9 I. S. o.: Teil 2 § 12 I. 1., 2.; ferner Becker-Eberhard, S. 176 ff.; Loritz, S. 59 ff.; Pühmeyer, S. 76 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, § 91 Rdnr. 37 f. 395 Pühmeyer, S. 76 ff., 86 ff. (auch zum Folgenden). 396 Hahn, S. 197. 394
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entsprechende Auslegung widerspräche den Motiven, dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Es stelle zudem kein Gebot der materiellen Gerechtigkeit dar, weitergehende, mit dem Prozess einhergehende Schäden dem selbst zu tra genden allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen. Dagegen spreche die gravierende Bedeutung von Prozessschäden für den einzelnen sowie die Tatsache, dass der Ersatzpflichtige die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung bereits im vor prozessualen Stadium begangen habe und dieser vorprozessuale Bereich dem allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzrecht unterliege. (bb) Loritz Nach Loritz habe die Beschränkung der prozessualen Kostenerstattung auf die Kosten des Rechtsstreits nicht die Funktion, die Belastung des Schuldners zu begrenzen; über die Kosten des Rechtsstreits hinausgehende Schäden würden von § 91 ZPO gar nicht erfasst.397 Denn der prozessuale Kostenerstattungsanspruch könne mit Blick auf seine Akzessorietät zur Entscheidung des Rechtsstreits von vornherein nur einen Ausgleich der Kosten des jeweiligen Rechtsstreits regeln. Nur in diesem Rahmen könne mit § 91 ZPO eine Abwägung zwischen den Interessen des Kostenschuldners und -gläubigers vollzogen worden sein. Die Begrenzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf die Kosten des Rechtsstreits habe also nur die Funktion, die Grenzen dessen zu bezeichnen, worüber die prozessrechtlichen Kostenerstattungsnormen überhaupt eine Entscheidung treffen könnten und könne daher nicht selbst als Ausdruck einer Interessenbewertung betrachtet werden. (cc) Becker-Eberhard Demgegenüber geht Becker-Eberhard davon aus, dass die Beschränkung der prozessualen Kostenerstattung auf die Erstattung von Prozesskosten vorrangig gerade der Belastungsbegrenzung dient.398 Die mit dem Prozess für den am Ende kostenpflichtigen Teil verbundene Kostenerstattungslast solle begrenzt und damit zugleich die Überschaubarkeit des Kostenrisikos eines Prozesses gewährleistet werden. Die Begrenzung diene damit letztlich der Gewährleistung eines effektiven, rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechenden gerichtlichen Rechtsschutzes, der bei einer unbeschränkten Kostenhaftung stark gefährdet wäre. Eine unbegrenzte Haftung auf alle dem Gegner entstandenen Kosten hätte zur Folge, dass insbesondere weniger begüterte Parteien, die im Falle ihrer Kostenfälligkeit den zu erstattenden Betrag nicht aufbringen könnten, von einer gerichtlichen Verfolgung ihrer Rechte abgehalten würden. Die damit verbundene, zumindest bestimmte Bevölke397 398
Loritz, S. 60 ff. (auch zum Folgenden). Becker-Eberhard, S. 177 ff. (auch zum Folgenden).
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rungskreise treffende Verkümmerung des staatlichen Rechtsschutzes wäre im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip äußerst bedenklich. Eine Begrenzung etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche auf die Kosten des Rechtsstreits sei gleichwohl mit Blick auf die Unterschiede des prozessualen Kostenrechts einerseits und des materiellen Rechts andererseits nicht geboten. Das mit dem Prozess verbundene hohe und möglicherweise sogar abschreckende Kostenrisiko gründe auf der Ausgestaltung des prozessualen Kostenrechts. Dieses knüpfe an wenig differenzierte, offen zutage liegende prozessuale Vorgänge wie das Ob siegen oder Unterliegen an, stelle insbesondere von Rechtswidrigkeit und Verschulden unabhängige Haftungsvoraussetzungen auf und verteile die Kosten des Rechtsstreits stets vollständig auf die Parteien. Hierdurch werde ein besonderes, für die Parteien unausweichliches und nur schwer kalkulierbares Risiko, neben dem möglichen Verlust des Prozesses auch noch dessen Kosten tragen zu müssen, begründet. Mit Blick auf die Ausgestaltung, die in die Nähe der Gefährdungshaftungstatbestände rücke und des damit einhergehenden besonderen Kostenrisikos, sei eine Beschränkung des Umfangs – wie dies auch bei den gesetzlichen Gefährdungshaftungstatbeständen regelmäßig geschehe – erforderlich. Ganz anders liege demgegenüber das Risiko, nach materiellem Recht kostenpflichtig zu werden. Zum einen wirke sich dieses Risiko weit weniger abschreckend auf die Bereitschaft der Parteien aus, um ihr Recht einen Prozess zu führen, als das durch das prozessuale Kostenrecht begründete Risiko. Im Gegensatz zum Prozesskostenrecht, das grundsätzlich zu einem Kostenausgleich in die eine oder andere Richtung führe und deshalb stets beide Parteien unausweichlich in die Gefahr bringe, kostenpflichtig zu werden, gehe angesichts der Lückenhaftigkeit des materiell- rechtlichen „Kostenrechts“ nicht mit jedem Rechtsstreit ein unausweichliches materiell-rechtliches Kostenhaftungsrisiko einher. Zum anderen sei das durch das materielle Recht ausgelöste Haftungsrisiko im Gegensatz zu jenem des Prozesskostenrechts nicht unmittelbar an die Prozessführung geknüpft. Der nach materiellem Recht Kostenpflichtige unterliege letztlich dem allgemeinen, grundsätzlich in jeder Lebenssituation bestehenden Risiko, nach materiellem Recht, insbesondere Schadensersatzrecht, haftpflichtig zu werden. Es erscheine daher gerechtfertigt, in der Beschränkung des Prozesskostenrechts auf die Erstattung von Prozesskosten lediglich ein Instrument zur Abmilderung des besonderen prozessualen Kosten risikos zu erblicken; eine Übertragung dieser Haftungsbeschränkung auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche sei somit nicht vorzunehmen. (dd) Stellungnahme Den Ausführungen Pühmeyers und Loritz’ ist insoweit zuzustimmen, als der Gesetzgeber in der Tat eine Begrenzung materiell-rechtlicher Kostenerstattungs-
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ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche, durch die Beschränkung der prozessualen Kostenerstattung auf die Kosten des Rechtsstreits nicht im Blick hatte. Andererseits ist mit Becker-Eberhard davon auszugehen, dass im Hinblick auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch eine Belastungsbegrenzung bezweckt ist. Eine Belastungsbegrenzung wurde auch im übrigen Haftungsrecht bei verschuldensunabhängigen Haftungstatbeständen mit Blick auf die Kalkulierbarkeit des Haftungsrisikos verbreitet für erforderlich gehalten (vgl. etwa §§ 10 ProdHaftG, 12 StVG, 9 HPflG, 88 AMG, 33 GenTG, 15 UmwHG).399 Diese wurden zudem im Hinblick auf die Verschuldensunabhängigkeit der jeweiligen Haftungstatbestände geschaffen und gelten daher nicht für eine etwaige Verschuldenshaftung, beispielsweise aus § 823 BGB.400 Für das Konkurrenzverhältnis zwischen der prozessualen Kostenhaftung einerseits und etwaigen Schadensersatzansprüchen andererseits liegt in der Tat eine parallele Würdigung dahingehend nahe, dass die Beschränkung der prozessualen Kostenhaftung auf die Prozesskosten sich nicht auf Schadensersatzansprüche erstreckt, die an weitere Voraussetzungen anknüpfen. Auch wird man nicht davon ausgehen können, dass zur Abwendung einer Verkümmerung des staatlichen Rechtsschutzes ein Ausschluss jeglicher Erstattungsansprüche außerhalb des Bereichs der Prozesskosten erforderlich ist. Im Gegenteil wird die Haftung vor dem Hintergrund der Schadensausgleichsfunktion ihrerseits gerade als Folge des verfassungsrechtlich garantierten sekundären Rechtsschutzes angesehen.401 Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Nachteilen außerhalb des Bereichs der Prozesskosten aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen schließt freilich nicht aus, dass § 91 ZPO bezüglich bestimmter Positionen eine besondere Interessenbewertung zu entnehmen ist, die auch im Rahmen der schadensersatzrechtlichen Kostenerstattung zu beachten ist. Dies wird im Folgenden untersucht. (b) Zeit- und Arbeitsaufwand Anders als für den Arbeitsaufwand, der der Schadensbeseitigung402 dient, kann der Geschädigte im Hinblick auf Zeit- und Arbeitsaufwand, der Folge der Schadensabwicklung403 ist – wozu insbesondere der Aufwand zur rechtlichen Gel399
Vgl. MünchKomm.BGB-Wagner, § 10 ProdHaftG Rdnr. 1. Medicus/Lorenz, SR II, § 82 Rdnr. 11 f., 16 ff., § 83 Rdnr. 5; zu § 12 StVG: LG Dortmund DAR 2012, 463, 464; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, § 12 Rdnr. 1; zu § 88 AMG: Jänisch, PharmR 2004, 107, 108. 401 Deutsch, Rdnr. 34 m. w. N. 402 BGH NJW 2009, 1066 Rdnr. 19; NJW-RR 2001, 887; NJW 1961, 729; OLG Frankfurt a. M. NJOZ 2013, 1019; Lipp, NJW 1992, 1913. 403 Krit. zu dieser Unterscheidung: Lange/Schiemann, § 6 XIV 3, S. 387: die Grenzen zwi400 Vgl.
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tendmachung und Durchsetzung eines Anspruchs gezählt wird –, nach h. M. keinen Ersatz verlangen.404 Hintergrund hiervon sei die (auch) § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO zu Grunde liegende Interessenbewertung:405 Im Wege eines Umkehrschlusses wird aus § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsverfolgung und -verteidigung zunächst eine Zurechnungsgrenze für den prozessualen Kos tenerstattungsanspruch abgeleitet. Diese Zurechnungsgrenze könne nicht auf eine prozessuale Natur des Anspruchs zurückgeführt werden, die ohnehin zweifelhaft sei. Vielmehr sei diese Beschränkung das Ergebnis einer wertende Abgrenzung, die Ausdruck in der Aufzählung in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO gefunden habe. Es werde damit einem echten Anspruch auf Schadloshaltung, der nur seine Grundlagen formal aus prozessualem Geschehen nehme, eine Zurechnungsgrenze gezogen, weil der Verkehr diese Mühewaltung bei der Rechtswahrung zum eigenen Pflichtenkreis der Partei rechne. Eine entsprechende Zurechnungsgrenze wird auch für einen etwaigen neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch angenommen.406 Die Begrenzung rechtfertige sich auch hier aus Erwägungen des Verantwortungsbereichs und der Praktikabilität. Der Umstand, dass ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch oft weitergehende Voraussetzungen (z. B. Verschulden) habe, könne es nicht rechtfertigen, einen durch das Verfahrensrecht abgeschnittenen zusätzlichen Erstattungsanspruch, der in weiten Bereichen regelmäßig gegeben wäre, in ein besonderes (Teil-)Streitverfahren zu verweisen. Diese Frage könne dann erst recht nicht anders beurteilt werden, wenn es zu einer außergerichtlichen Regulierung komme. Nicht ausgeschlossen wird damit freilich, dass im Einzelfall nach den konkreten Umständen auch eine weitergehende materiell-rechtliche Kostenhaftung gegeben schen Schadensbeseitigung und Schadensabwicklung seien fließend; Lieb, FS Steindorff, 705, 721 f.: es gäbe einen solchen Unterschied nicht, die Kosten von Schadensnachweis und -durchsetzung gehörten zu den Kosten der Schadensbeseitigung. 404 BGHZ 131, 220, 225; 127, 348, 352; 111, 168, 177; 76, 216, 218; 75, 230, 231 ff.; 66, 112 ff.; BGH NJW 2012, 2267 Rdnr. 10; 2009, 1066 Rdnr. 19; 1969, 1109: selbst dann kein Ersatz, wenn die Arbeitszeit für eine gewinnbringende Tätigkeit hätte verwendet werden können; OLG Frankfurt a. M. NJOZ 2013, 1019; NJW 2012, 2977, 2978; MünchKomm.BGB- Oetker, § 249 Rdnr. 84, 88; Geigel-Knerr, Kap. 3 Rdnr. 111; Jauernig-Teichmann, Vor §§ 249– 253 Rdnr. 16; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 59, 68; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 128; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 125 f.; Staudinger-Vieweg, Eckpfeiler des Zivilrechts, J. Schadensersatzrecht, Rdnr. 53; vgl. auch Lipp, NJW 1992, 1913, 1918: mit abweichender Begründung. 405 BGHZ 75, 230, 231 f.; 66, 112, 114 ff. (jeweils auch zum Folgenden); vgl. auch MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 88. 406 BGHZ 75, 230, 231 f.; 66, 112 ff. (jeweils auch zum Folgenden); vgl. auch MünchKomm. BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 88.
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sein kann.407 So könne insbesondere im Falle ganz ungewöhnlicher Belastungen, die über die üblichen, ohne besondere Entschädigung zu erbringenden, persön lichen Bemühungen um die Erlangung des geschuldeten Ersatzes hinausgehen, von einer schadensersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit auszugehen sein.408 In der Literatur wird die dargestellte Zurechnungsbeschränkung demgegenüber teilweise abgelehnt. Soweit mit dem Arbeits- und Zeitaufwand nachweisbar Vermögensnachteile einhergingen, seien diese auszugleichen; dies stelle eine notwendige Konsequenz des schadensrechtlichen Gebots der Totalreparation dar.409 Diese Auffassung wiederspricht der dargestellten h. M. allerdings nicht per se. Denn die Aufopferung der persönlichen Freizeit stellt danach gerade keinen Vermögensnachteil, sondern einen immateriellen Verlust dar, der schadensersatzrechtlich grundsätzlich keinen Ersatzanspruch zur Folge hat (§ 253 Abs. 1 BGB).410 Bei der hier behandelten Zurechnungsfrage geht es gerade darum, inwieweit der Geschädigte im Bereich der Schadensabwicklung seine persönliche Freizeit opfern muss, oder aber unter Zuhilfenahme des Kommerzialisierungs gedankens Ersatz für den möglichen anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Kritikwürdig sind die Ausführungen der h. M. insoweit, als auf den Gesichtspunkt der „Praktikabilität“ abgestellt wird. Die prozessuale Kostenerstattung ist zwar in der Tat vom Vereinfachungsprinzip geprägt. Wie bereits erörtert, kann dieses, soweit es in Regelungen der prozessualen Kostenerstattung zum Ausdruck kommt, auch die Beschränkung etwaiger neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche erfordern, auch wenn diese auf weiteren Voraussetzungen wie insbesondere einem Verschulden beruhen.411 Höchst zweifelhaft erscheint es demgegenüber, unter Berufung auf dieses Prinzip auch im außerprozessualen Bereich einen Erstattungsanspruch auszuschließen. Jedenfalls insoweit kommt es vielmehr auf den von der h. M. ebenfalls angeführten Aspekt der Abgrenzung nach Verantwortungsbereichen an. Die h. M. weist im Hinblick hierauf darauf hin, dass die entsprechende Interessenbewertung nicht nur im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung, sondern ebenso im Rahmen des Schadensersatzrechts vorzunehmen sei. Hier ist nicht der Ort, die Frage zu behandeln, ob das Ergebnis der h. M. nach schadensersatzrechtlichen Erwägungen, insbesondere etwa nach Maßgabe des Kommerzialisierungsgedan407
BGHZ 76, 216, 219; 66, 112, 115 (jeweils auch zum Folgenden). RGZ 150, 37, 41 f. 409 Lange/Schiemann, § 6 XIV 3, S. 386; Lieb, FS Steindorff, 705 ff., 720 ff.; Wilhelm, WM 1988, 281 ff.; vgl. auch Erman-Ebert, § 249 Rdnr. 50. 410 Vgl. auch Lipp, NJW 1992, 1913, 1918; Mertens, S. 152 f. 411 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (b), (2) (c). 408 Vgl.
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kens,412 überzeugt.413 Festgehalten werden kann jedoch, dass eine Ablehnung der Ersatzfähigkeit von Zeit- und Arbeitsaufwand im Bereich der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung nicht Folge einer Erweiterung einer sich aus § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ergebenden Zurechnungsbeschränkung auf materiell-rechtliche Kosten erstattungsansprüche ist, sondern auf einer (auch) im Schadensersatzrecht vorzunehmenden Interessenbewertung beruht. (c) Sonstige mittelbare Prozessaufwendungen Wie bereits erörtert, werden zu den Kosten des Rechtsstreits nur solche Aufwendungen gerechnet, die einen unmittelbaren Bezug zum Rechtsstreit haben und nicht nur mittelbar durch diesen veranlasst wurden.414 Insbesondere ist im Bereich vorprozessualer Aufwendungen, etwa für Privatgutachten und Detektivkosten, oftmals problematisch, ob insoweit von einem hinreichenden Prozessbezug ausgegangen werden kann und damit von „unmittelbar“ durch den Rechtsstreit veranlassten Kosten. Soweit im Falle der Ablehnung des hinreichenden Prozessbezugs darauf hingewiesen wird, dass entsprechende Kosten der Sphäre der jeweiligen Partei zuzurechnen seien, bezieht sich dies allein auf die prozessuale Kostenerstattung; eine Erstattung auf materiell- rechtlicher Anspruchsgrundlage soll gerade nicht ausgeschlossen sein.415 Dies überzeugt. Der Wortlaut des § 91 ZPO ließe selbst im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung auch den Ersatz mittelbarer Prozessaufwendungen zu.416 Eine restriktive Auslegung ist insoweit allerdings insbesondere mit Blick auf die Rechtswidrigkeits- und Verschuldensunabhängigkeit des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs und die Kalkulierbarkeit des Prozesskostenrisikos417 geboten. Sind demgegenüber die weitergehenden haftungsbegründenden Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs erfüllt, können diese Nachteile als zurechenbarer Schaden auf Grundlage der schadensersatzrechtlichen Haftungsnorm erstattungsfähig sein. 412 Zur Kommerzialisierungsthese: BGHZ 98, 212 ff.; 92, 85, 90 f.; 63, 98, 100 ff.; Grunsky, Vermögensschaden, S. 36; Köndgen, AcP 177 (1977), 1 ff.; Lange/Schiemann, § 6 III, S. 253 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 41; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 11 f.; Soergel- Ekkenga/Kuntz, § 253 Rdnr. 2; Wiese, S. 21; ablehnend gegenüber der Kommerzialisierungsthese Brinker, S. 215 ff.; Diederichsen, FS Klingmüller, 65, 73 ff.; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401 ff.; Meder, S. 45 ff.; Schulte, S. 48 ff.; Staudinger-Schiemann, § 253 Rdnr. 15 ff.; Ströfer, passim; Tolk, S. 94 ff. 413 Kritisch zur h. M.: Grunsky, Vermögensschaden, S. 76 ff.; Schmidt, NJW 1976, 1932, 1933; Weimar, NJW 1989, 3246; ferner Lipp, NJW 1992, 1913, 1918 ff. 414 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. 415 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). 416 So auch Pühmeyer, S. 85. 417 Hau, JZ 2011, 2047, ferner s. o.: Teil 1 § 6 II. 4., III. 6.
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Entsprechend hat der BGH zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten entschieden, dass sich für diese keine auf das Schadensersatzrecht herüberwirkenden Zurechnungsgrenzen aus den Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung ergeben.418 (d) Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO stellt nach h. M. nicht nur eine Privilegierung hinsichtlich der Anwaltskosten dar – insoweit muss gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Notwendigkeit nicht gesondert festgestellt werden419 –, sondern begrenzt den prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Hinblick auf Anwaltskosten auch der Höhe nach auf die gesetzlichen Gebühren.420 Inwieweit diese Beschränkung Einfluss auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche hat, wird unterschiedlich beurteilt: (aa) Begrenzung entsprechend prozessualem Grundsatz Teilweise wird davon ausgegangen, dass auch der Umfang eines etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs entsprechend dem in § 91 Abs. 2 ZPO, § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, § 193 Abs. 3 SGG, § 139 Abs. 3 FGO zum Ausdruck gekommenen Grundsatz auf die gesetzlichen Gebühren beschränkt sei.421 (bb) Keine Begrenzung durch § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO Nach a. A. sei die Begrenzung nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO – anders als etwa § 12a ArbGG – nicht im Sinne einer absoluten Beschränkung auch etwaiger materiell- rechtlicher Kostenerstattungsansprüche zu verstehen.422 (cc) Begrenzung nicht gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, aber § 254 BGB Ferner wird teilweise eine Begrenzung nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO abgelehnt, aber davon ausgegangen, dass sich eine Begrenzung aus der Schadensminderungsobliegenheit gem. § 254 BGB ergäbe, da in aller Regel davon auszugehen
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BGHZ 111, 168, 177 f. S. o.: Teil 1 § 9 III. 2. 420 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. a). 421 BGHZ 200, 20 Rdnr. 48 f.; 68, 86, 88 ff.; LG Hamburg VersR 1968, 263; vgl. auch Loritz, S. 118. 422 Vgl. BGH NJW 2003, 3693, 3697 f.; Becker-Eberhard, S. 173 ff., insb. 176 ff.; Hau, JZ 2011, 1047, 1051; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2378 f., 2381 ff. 419
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sei, dass sich Anwälte finden ließen, die für eine Vergütung nach dem RVG tätig würden.423 Unter denjenigen, die eine strikte Begrenzung auf die gesetzlichen Gebühren (entsprechend dem u. a. in § 91 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommenden Grundsatz) ablehnen und auf dem Schadensersatzrecht immanente Begrenzungen abstellen, finden sich in neuerer Zeit zudem in Literatur424 und Rechtsprechung425 Stimmen, die darlegen, dass eine Ersatzpflicht in Bezug auf Anwaltshonorare, die die gesetzlichen Gebühren übersteigen, im Einzelfall durchaus gegeben sein kann. (dd) Weitreichende Erstattungsfähigkeit unter Rückgriff auf §§ 3a ff. RVG Darüber hinaus wird teilweise dafür eingetreten, dass die Frage, inwieweit nach § 254 BGB bzw. dem Maßstab der Erforderlichkeit vereinbarte Honorare vom Schädiger zu erstatten seien, unter Rückgriff auf §§ 3a ff. RVG beantwortet werden könne.426 Nach § 3a RVG liege eine tatsächliche Vermutung für ein unangemessenes Honorar erst vor, wenn das vereinbarte das gesetzliche Honorar um mehr als das Fünffache übersteige.427 Für eine entsprechend weitreichende Erstattungsfähigkeit spreche der Grundsatz der Totalreparation. Zudem lasse die Rechtsprechung selbst die Erstattung überhöhter Schadensbeseitigungskosten i. S. v. § 249 Abs. 2 BGB zu.428 (ee) Grundsätzlich nur gesetzliche Gebühren unter Rückgriff auf § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG Ferner wird unter Rückgriff auf § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG vertreten, dass grundsätzlich nur die gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig seien; ein materiell- 423 Vgl. Enders, JurBüro 2009, 1, 2; Lange/Schiemann, § 10 X 3 j, S. 591; MünchKomm. BGB-Oetker, § 254 Rdnr. 94; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 254 Rdnr. 114; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 121; ferner auch Hk.ZPO-Gierl, Vor §§ 91–107 Rdnr. 14. 424 Gerold/Schmidt-Mayer, § 3a Rdnr. 75; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2383, 2387 ff.; Saenger/Uphoff, NJW 2014, 1412, 1414 f.; vgl. auch Hau, JZ 2011, 1047, 1051, der sich jedoch de lege ferenda für eine Zurechnungsbeschränkung auch hinsichtlich materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ausspricht, vgl. ebd. S. 1052 f.; ferner Lange/Schiemann, § 10 X 3 j, S. 591; MünchKomm.BGB-Oetker, § 254 Rdnr. 94; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 254 Rdnr. 114; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11. 425 OLG Koblenz NJW 2009, 1153; OLG München AG 2011, 204; OLG München OLGR München 2006, 35. 426 Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 602 ff.; Knott/Gottschalk/Ohl, AnwBl 2010, 749, 750 ff.; Krüger/Raap, MDR 2010, 422, 425 f. 427 Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 604. 428 Knott/Gottschalk/Ohl, AnwBl 2010, 749, 752 ff.
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rechtlicher Kostenerstattungsanspruch auf darüber hinausreichende Kosten infolge von Honorarvereinbarungen bestehe nur im Ausnahmefall.429 (ff) Stellungnahme Eine Stellungnahme hierzu hat von den gesetzlichen Wertungen auszugehen. Mit der Regelung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO wird vorausgesetzt, dass im Grundsatz Anwälte auffindbar sind, die für die gesetzlichen Gebühren tätig werden. Andererseits lässt sich § 3a Abs. 1 S. 3 RVG entnehmen, dass ausnahmsweise auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, der auf Erstattung eines über die gesetzlichen Gebühren hinausreichenden Anwaltshonorars gerichtet ist, gegeben sein kann. Denn nach dieser Vorschrift hat die Vergütungsvereinbarung einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Regelung setzt damit zwar zum einen voraus, dass grundsätzlich kein Erstattungsanspruch besteht; zum anderen aber auch, dass ein solcher im Einzelfall bestehen kann.430 Der Ansicht, nach der auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch auf Erstattung von Honoraren, die die gesetzlichen Gebühren übersteigen, schlichtweg ausgeschlossen ist, ist daher nicht zu folgen. Auch der Ansicht, die grundsätzlich von einer Erstattungsfähigkeit von Sonderhonoraren ausgeht, die sich im Rahmen des i. S. v. § 3a Abs. 2 RVG Angemessenen halten, ist nicht zu folgen. Nach § 3a Abs. 2 RVG wird im Verhältnis des Anwalts zum Mandanten der Grundsatz der Vertragsfreiheit bei unangemessen hohen Honoraren durchbrochen. Demgegenüber kann aus dieser Vorschrift nicht abgeleitet werden, dass alle Honorarvereinbarungen, die im Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant geschlossen werden und sich unterhalb der Grenze der Unangemessenheit befinden, auch zu einem entsprechenden Erstattungsanspruch gegenüber dem Schädiger führen. Dies widerspräche vielmehr der § 3a Abs. 1 S. 3 RVG zu entnehmenden Interessenbewertung. Wie bereits erörtert, fordert auch der Grundsatz der Totalreparation nicht die Erstattung aller Nachteile, die im Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen, sondern es ist wertend zu ermitteln, welche Positionen als dem Schadensereignis zurechenbar anzusehen und daher in die Differenzrechnung einzustellen sind.431 Dabei sind im Sinne der 429
BGH NJW 2015, 3447 Rdnr. 57 f. S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. a); ferner Hau, JZ 2011, 1047, 1051; Knott/Gottschalk/Ohl, AnwBl 2010, 749, 751; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2378; vgl. auch BT-Drucks. 16/8384, S. 10: der rechtssuchenden Person werde mit dem entsprechenden Hinweis verdeutlicht, dass sie die Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteige, grundsätzlich [Hervorhebung nicht im Original] selbst tragen müsse. 431 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc) (auch zum Folgenden). 430
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Wertungseinheit der Rechtsordnung die gesetzgeberischen Wertentscheidungen im Rahmen der Gesamtrechtsordnung zu berücksichtigen. Ferner verfängt auch der Hinweis auf die Rechtsprechung zur Erstattungs fähigkeit von Schadensbeseitigungskosten432 nicht. Zunächst sollen danach unwirtschaftliche und unsachgemäße Maßnahmen von eingesetzten Helfern nur dann zu erstatten sein, wenn den Geschädigten insoweit kein Verschulden trifft.433 Hier geht es aber gerade darum, ob mit Blick auf die (von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO vorausgesetzte) Möglichkeit, einen für die gesetzlichen Gebühren tätigen Anwalt zu beauftragen, grundsätzlich eine Vermutung dahingehend besteht, dass der Geschädigte aus Sicht ex ante nicht davon ausgehen darf, dass die Vereinbarung eines Sonderhonorars zum Erreichen des Rechtsschutzziels erforderlich ist und somit um die Frage des Vorliegens eines sorgfaltswidrigen Handelns des Geschädigten. Weiterhin kann aus der Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Schadensbeseitigungskosten schon deswegen nichts für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten in Höhe einer getroffenen Honorarvereinbarung hergeleitet werden, weil sie sich mit der speziellen Frage der Zurechenbarkeit von Verhalten der Helfer des Geschädigten befasst. Ferner wird in der Rechtsprechung gerade zwischen Aufwendungen, die der Schadensbeseitigung dienen und Aufwendungen zur Schadensabwicklung, zu denen insbeson dere Rechtsverfolgungskosten gezählt werden, unterschieden.434 Schadensbeseitigungsaufwendungen werden gegenüber sonstigen (Folge)Nachteilen privilegiert behandelt, weil sie unmittelbar der Naturalrestitution dienen. Zu solchen Schadensbeseitigungsaufwendungen ist die vorgebrachte Rechtsprechung ergangen.435 Mit Blick auf die § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO und § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG zu Grunde liegenden Wertungen ist damit im Ergebnis dem differenzierenden Ansatz zu folgen, wonach schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsansprüche grundsätzlich lediglich auf die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe der gesetzlichen Gebühren gerichtet sind, der Nachweis, dass sich im Einzelfall ein darüber hinausgehendes Sonderhonorar als erforderlich dargestellt hat, aber nicht ausgeschlossen ist. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO bildet damit zwar keine absolute Zurechnungsgrenze; die der Vorschrift sowie § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG zu Grunde liegende Interessenbewertung ist aber auch im Hinblick auf einen etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu berücksichtigen. 432
BGHZ 63, 182 ff.; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 248, 249. BGHZ 63, 182; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 248; OLG Köln OLGR Köln 1992, 126; OLG München r + s 2008, 439 f. 434 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (b) mit Nachweisen bei Fn. 402–404 (vgl. auch zum Folgenden). 435 Vgl. BGHZ 63, 182 ff.; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 248, 249. 433
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(2) Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit Einschränkend wird für die Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten auf Grundlage von schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen allgemein gefordert, dass die Kosten sich als notwendige bzw. erforderliche Aufwendungen darstellen.436 Die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten ist entscheidend hinsichtlich der Frage, ob der Geschädigte die Aufwendung von Rechtskonfliktkosten überhaupt für erforderlich halten durfte,437 als auch hinsichtlich des zu erstattenden Umfangs.438 (a) Dogmatische Einordnung Keine Einigkeit besteht darüber, wo die Frage nach der Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten dogmatisch zu verorten ist.439 Teilweise wird davon ausgegangen, dass das Kriterium der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der Kosten (erst) im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB als einschränkende Voraussetzung zu berücksichtigen sei.440 Nach a. A. ergibt sich diese Beschränkung aus § 91 ZPO.441 Eine weitere Ansicht bezieht sich zwar nicht auf § 91 ZPO, geht aber dennoch davon aus, dass die Schadensersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt der Zurech-
436 BGHZ 127, 348, 351; BGH NJW 2018, 935 Rdnr. 6; 2017, 3588 Rdnr. 6; 2007, 1450 Rdnr. 11; 2006, 1065 Rdnr. 5; 2005, 356; 2004, 444, 446; NJW-RR 1989, 953, 956; NJW 1986, 2243, 2244 f.; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 163; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 181; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 119, 123. 437 BGHZ 127, 348, 351; 111, 168, 174 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 181. 438 BGHZ 111, 168, 178; Löwisch, NJW 1986, 1725, 1726 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 184. 439 Offen gelassen bei BGH NJW 2011, 2300 Rdnr. 12: im Hinblick auf die Regelvergütung eines Anwalts entfalle ein Schadensersatzanspruch […] weder infolge eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht, noch entfalle bei wertender Betrachtung der Zurechnungszusammenhang. 440 BGH NJW 1971, 134, 135 f. (im Rahmen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB für die Kosten der Inanspruchnahme eines Dritten infolge Veranlassung durch den Schädiger); NJW 1969, 1109 (Anspruch auf Erstattung der Kosten der Nebenintervention aus einem Vorprozess gegen den Nebenintervenienten); Becker-Eberhard, S. 55 f.; Löwisch, NJW 1986, 1725, 1726; Prütting/Wegen/Weinreich-Schmidt-Kessel/Kramme, § 280 Rdnr. 28; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2387 f.; Schneider, MDR 1981, 353, 360; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 254 Rdnr. 114; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 114, 121, 123; Thiele, FS Felgentraeger, S. 393, 398; Zeiss, NJW 1967, 703, 709; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11; vgl. auch v. Caemmerer, VersR 1971, 973, 974. 441 Loritz, S. 62 ff. (auch zum Folgenden).
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nung von vornherein auf die erforderlichen Aufwendungen zu beschränken sei und nicht erst im Rahmen des Mitverschuldens.442 Eine weitere Meinung möchte die Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten im Falle eines Schadensersatzanspruchs infolge der Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verorten und dagegen bei Schäden außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Norm beim Mitverschulden gem. § 254 BGB.443 Die letztgenannte Ansicht verkennt, dass die h. M. zwischen sog. Schadens beseitigungskosten und Schadensabwicklungskosten differenziert und zu den Herstellungskosten i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Rechtsverfolgungskosten grundsätzlich gerade nicht zählt,444 sondern von einem Folgeschaden ausgeht, der zwar auch im Wege der Naturalrestitution zu ersetzen ist,445 für den sich die Voraussetzung der Erforderlichkeit aber jedenfalls nicht unmittelbar aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ergibt. Soweit die Frage der Erforderlichkeit beim Mitverschulden gem. § 254 BGB verortet wird, wird dies insbesondere damit begründet, dass mit Blick auf die Vorschrift des § 254 BGB keine planwidrige Regelungslücke bestehe und daher § 91 ZPO446 bzw. § 249 Abs. 2 BGB447 nicht analog angewendet werden könnten. Dem ist in methodischer Hinsicht entgegenzuhalten, dass es hier nicht um eine analoge Anwendung des § 91 ZPO (bzw. § 249 Abs. 2 BGB) geht, sondern um die Auslegung des jeweiligen Schadensersatzanspruchs.448 Soweit darauf hingewiesen wird, dass dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine Ersetzungsbefugnis nur hinsichtlich jener Schadensposten gewährt werde, die infolge der Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung 442 BGHZ 127, 348, 350; BGH NZM 2012, 607; NJW 2011, 3657 Rdnr. 20; 2011, 1222 Rdnr. 23; 2011, 782 Rdnr. 16; 2010, 3035 Rdnr. 14, 26; NJW-RR 2010, 428 Rdnr. 20; NJW 2008, 1744 Rdnr. 5; NJW-RR 2008, 656 Rdnr. 17; 2007, 856 Rdnr. 10 ff.; NJW 2005, 1112; Lensing, r + s 2012, 157, 161; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 180 ff.; Nixdorf, VersR 1995, 257, 258; Wagner, NJW 2006, 3244, 3245; vgl. auch BGH NJW 2011, 2300 Rdnr. 12; ferner BGH NJW 2011, 296 Rdnr. 8: im Rahmen eines Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB beruft sich der BGH zwar auf § 254 Abs. 2 BGB, zitiert aber andererseits die BGH-Rechtsprechung, die die Frage der Erforderlichkeit nicht erst im Rahmen des Mitverschuldens, sondern bereits bei der Zurechenbarkeit verortet. 443 Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 603. 444 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (b); vgl. ferner etwa BGH NJW 2006, 1065 Rdnr. 4 f. sowie BGHZ 111, 168, 178 f.: der BGH bezeichnet die Detektivkosten in dieser Entscheidung zwar als „Schadensbeseitigungskosten“, wendet aber gleichwohl § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht direkt an. 445 Hierzu noch unten: Teil 2 § 14 I. 2. c). 446 Becker-Eberhard, S. 190. 447 Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 603. 448 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc).
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einer Sache entstanden sind und nach dem Zweck von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vor allem sichergestellt werden solle, dass der Geschädigte das verletzte Rechtsgut nicht dem Schädiger anvertrauen müsse,449 spricht dies nicht gegen die Verortung des Kriteriums der Erforderlichkeit der jeweiligen Rechtskonfliktkosten im Rahmen der objektiven Zurechenbarkeit. Vielmehr privilegiert das Gesetz mit § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Herstellungskosten des Geschädigten gerade. Ist schon in diesem Bereich die Erforderlichkeit der Aufwendungen nicht erst als Frage des vom Schädiger zu beweisenden Mitverschuldens zu behandeln, spricht dies vielmehr dafür, dass für Aufwendungen zum Zwecke der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung die Voraussetzung der Erforderlichkeit auch vom Geschädigten darzulegen und zu beweisen ist. Gegen das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke wird insbesondere angeführt, dass § 254 BGB Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Verschuldensprinzips sei.450 Die für die Haftungsbegründung bei verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen geforderte Sorgfaltswidrigkeit sowie subjektive Zurechnungsfähigkeit seitens des Schädigers seien entsprechend nach § 254 BGB Voraussetzungen für das Eintreten einer Haftungsminderung im Falle einer Mitverursachung durch den Geschädigten.451 § 254 BGB komme damit eine gewichtige Bedeutung im Gefüge des Schadensersatzrechts zu. Wendehorst lehnt die Verortung der Frage der Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten bei § 254 BGB hingegen gerade mit dem Hinweis ab, dass dann die Einschränkung der Erstattungsfähigkeit auf die erforderlichen Kosten die Zurechnungsfähigkeit des Geschädigten voraussetzte und dass es nicht überzeugen könne, dass der zurechnungsunfähige Geschädigte wegen einer Bagatellsache einen Staranwalt beauftragen dürfe und dann diese Kosten ersetzt bekomme.452 Dieser Einwand vermag allerdings nicht zu überzeugen: Ein Zurechnungsunfähiger kann bereits keinen wirksamen Vertrag mit seinem Anwalt schließen (§§ 104, 105 BGB). Schließt sein gesetzlicher Vertreter in diesem Fall einen entsprechenden Vertrag oder stimmt einem Vertrag des Zurechnungsunfähigen zu, gewährleistet § 254 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 278 BGB die Berücksichtigung der Entscheidung des gesetzlichen Vertreters, einen Anwalt für ein unangemessen hohes Honorar zu beauftragen. Jedoch kann die Berücksichtigung eines Verursachungsbeitrags des Geschädigten bereits bei der Frage der Zurechenbarkeit nach dem Schutzzweck der Norm bzw. nach Risikobereichen jedenfalls dann nicht als systemfremd im Rah449
Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 603. Becker-Eberhard, S. 190 f. (auch zum Folgenden). 451 Vgl. zur Sorgfaltswidrigkeit und Zurechnungsfähigkeit im Rahmen von § 254 BGB: MünchKomm.BGB-Oetker, § 254 Rdnr. 29 ff., 34 m. w. N. 452 Wendehorst, S. 111. 450
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men der schadensersatzrechtlichen (Verschuldens)Haftung abgelehnt werden, wenn man sich der Rechtsprechung und ihr folgenden Literaturansicht zur Behandlung der Herausforderungsfälle453 anschließt. Insoweit wird davon ausgegangen, dass ein Willensentschluss des Geschädigten, der zu einem Verhalten führt, zu dem der Geschädigte sich durch das Schadensereignis nicht herausgefordert fühlen durfte, zur Folge hat, dass die darauf beruhenden Schadensfolgen dem Schadensereignis nicht zurechenbar sind. Weiterhin entspricht es der Ansicht des historischen Gesetzgebers, dass eine Mitverantwortlichkeit des Geschädigten nicht notwendiger Weise immer erst im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB zu berücksichtigen ist, sondern vielmehr auch bereits zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führen kann.454 Es entspricht zudem dem Gesichtspunkt der Wertungseinheit der Rechtsordnung, wenn die Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit von Rechtskonfliktkosten beim schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch bereits bei der Frage, welche Nachteile in die Differenzrechnung einzustellen sind, entscheidend ist. Denn hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens gem. § 254 BGB ist der Schädiger beweisbelastet, die Voraussetzung der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit bei § 91 ZPO bzw. § 249 Abs. 2 BGB muss demgegenüber der Geschädigte beweisen.455 Mit dem BGH456 kann für die Verortung bei der objektiven Zurechenbarkeit neben §§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB, 91 ZPO auf § 670 BGB sowie § 13a Abs. 1 S. 1 FGG (vgl. § 80 S. 1 FamFG) verwiesen werden, in deren Rahmen die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit von Aufwendungen des Ersatz- bzw. Erstattungs berechtigten eine Voraussetzung ist, die der Aufwendende darzulegen und zu beweisen hat. Die Erwägung des BGH, dass der Geschädigte durch seine Entscheidung, die Störung selbst zu beseitigen, die Entstehung und den Umfang des Schadens bestimme, so dass ihm zugemutet werden könne und müsse, sich hierbei in den Grenzen des Angemessenen zu halten und unter diesem Aspekt gegebenenfalls die entstandenen Kosten gegenüber dem Schädiger zu rechtfertigen, passt nicht nur im Falle von Schadensbeseitigungskosten, zu denen der BGH in 453 Vgl. BGHZ 172, 263 Rdnr. 15 f.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 170 ff.; MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 454 ff.; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 41 ff.; jeweils m. w. N. 454 Mugdan II, S. 13; HKK-Jansen, § 254 Rdnr. 7; s. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc). 455 BGHZ 111, 168, 178 f.; Bauerschmidt, JuS 2011, 601, 604; Löwisch, NJW 1986, 1725, 1726; Schlosser, NJOZ 2009, 2376, 2387 f.; Schneider, MDR 1981, 353, 360; vgl. auch Woitke witsch, MDR 2012, 500, 502: der dies damit begründet, dass Aufwendungen als freiwillige Vermögensopfer eigentlich nicht unter den Begriff des Schadens subsumierbar seien. 456 Vgl. BGHZ 111, 168, 178 f. (auch zum Folgenden); ferner BGHZ 66, 182, 192.
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dem betreffenden Fall aufgewandte Detektivkosten zählte, sondern generell für Aufwendungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dienen. Stellt man insoweit darauf ab, inwieweit der Geschädigte aus verständiger Sicht ex ante die Kosten für erforderlich halten durfte,457 wird hierdurch einerseits dem schadensersatzrechtlichen Grundsatz Rechnung getragen, dass nur ein sorgfaltswidriges Verhalten des Geschädigten eine Anspruchsminderung zur Folge hat.458 Andererseits ist nach h. M. auch die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO aus der Perspektive ex ante zu beurteilen,459 so dass ein weitgehender Gleichlauf nebeneinandertretender prozessualer und schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsansprüche gefördert wird. Freilich ist mit dem BGH davon auszugehen, dass das Maß des Erforderlichen sich grundsätzlich nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang bestimmt.460 Inwieweit ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch entsprechend dem Maßstab des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zu bestimmen ist, ist wiederum eine Frage der Anspruchskonkurrenz, auf die sogleich noch näher eingegangen wird.461 Festgehalten werden kann an dieser Stelle, dass weder der Ansicht zu folgen ist, nach der die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO eine absolute Grenze auch eines etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs darstellt, noch der Ansicht, dass die Frage der Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten erst im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB zu prüfen ist. Vielmehr ist die Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten bereits im Rahmen der objektiven Zurechenbarkeit entscheidend, so dass der Geschädigte insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist. Inwieweit die Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten im Einzelfall darüber hinaus eine Frage des Mitverschuldens gem. § 254 BGB sein kann, hängt davon ab, welchen Maßstab man für die Prüfung der Erforderlichkeit im Rahmen der objektiven Zurechenbarkeit anlegt. Werden etwa besondere Fähigkeiten des Geschädigten oder andere Besonderheiten der konkreten Fallgestaltung insoweit für nicht beachtlich gehalten, können diese beim Mitverschulden relevant werden.462 Zwar ist der objektive Fahrlässigkeitsmaßstab nach § 276 Abs. 1 S. 2 BGB auch im Rahmen von § 254 BGB entscheidend.463 Wie bei der Beurteilung 457
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (a) (bb), Nachweise ebd. bei Fn. 317. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (a) (bb). 459 S. o.: Teil 1 § 9 III., Nachweise ebd. bei Fn. 413. 460 BGHZ 111, 168, 178 f. 461 S. u.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b) (bb). 462 So offenbar im Bereich von Anwaltskosten: MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 180 ff. i. V. m. § 254 Rdnr. 93. 463 Deutsch, Rdnr. 571; Staudinger-Schiemann, § 254 Rdnr. 39. 458
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der objektiven Sorgfaltswidrigkeit nach § 276 Abs. 1 S. 2 BGB464 bestimmt sich der konkret anzusetzende Maßstab im Rahmen des Mitverschuldens allerdings nach dem jeweiligen Verkehrskreis, so dass es insbesondere auf den Beruf und das Alter ankommen kann.465 (b) Maßstab zur Beurteilung der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit Im Folgenden wird zunächst dargestellt, welche Grundsätze sich zum Kriterium der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit in Rechtsprechung und Schrifttum unter schadensersatzrechtlichen Aspekten entwickelt haben. In einem zweiten Schritt wird darauf eingegangen, inwieweit der im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung für die Frage der Notwendigkeit der jeweiligen Position anzulegende typisierende Maßstab466 Auswirkungen auf die schadensersatzrechtliche Kostenerstattung haben kann. (aa) Schadensersatzrechtliche Grundsätze Der BGH führt zur Frage der schadensersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten aus, dass es sich einer generalisierenden Betrachtung entziehe, ob die jeweils ergriffene Maßnahme aus der maßgeblichen ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falls zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.467 Dies sei vielmehr vom Tatrichter unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles festzustellen. Die spezielle Situation des Geschädigten sei mit Blick auf die gebotene „subjektbezogene Schadensbetrachtung“468 beachtlich.469 In einfach gelagerten Fällen, bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rechnen sei, könne der Geschädigte eine erstmalige Geltendmachung seiner Rechte grundsätzlich selbst vornehmen; unter diesen Umständen bedürfe es zur sofortigen Einschaltung eines Rechtsanwalts zusätzlicher Voraussetzungen in der Person des Geschädigten, wie etwa eines Mangels an geschäftlicher Gewandtheit oder einer Verhinderung zur Wahrnehmung seiner Rechte. 464
BGHZ 39, 281, 283 m. w. N.; Palandt-Grüneberg, § 276 Rdnr. 15 f. BGH VersR 1965, 877, 878; KG VersR 1975, 770, 771; OLG Bamberg VersR 1965, 989, 990; MünchKomm.BGB-Oetker, § 254 Rdnr. 35, 84; Staudinger-Schiemann, § 254 Rdnr. 39. 466 S. o.: Teil 1 § 9 III. 1. 467 BGHZ 127, 348, 350 ff.; 66, 182, 193; BGH NZM 2012, 607 Rdnr. 4 (jeweils auch zum Folgenden); vgl. auch BGH NJW 2011, 1222 Rdnr. 23 f. 468 Vgl. hierzu BGHZ 163, 362, 365; 155, 1, 5; 115, 364, 369; 66, 239, 245, 248 f.; 63, 182, 184; 54, 82, 85; 45, 212, 218 f.; BGH NJW 2005, 357, 358. 469 BGH NJW-RR 2007, 856 Rdnr. 10; NJW 2005, 1112, 1113. 465
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Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH etwa entschieden, dass im Wettbewerbsrecht die Beauftragung eines Anwalts für Abmahnungen nicht erforderlich sei, wenn bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen der Abmahnende über hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung verfüge.470 Diese werde vom Gesetzgeber insbesondere bei Einrichtungen i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG vorausgesetzt.471 Dagegen könne ein Unternehmen, das nicht zu diesen Einrichtungen gehöre, zum Zwecke der Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch grundsätzlich auch dann einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung beauftragen und die dadurch entstehenden Kosten vom Verletzer ersetzt verlangen, wenn es über eine eigene Rechtsabteilung verfüge.472 Weiterhin ist nach Auffassung des BGH im Falle eines als Großvermieter einzustufenden Vermieters die Einschaltung eines Anwalts im Routinefall einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs weder für die Erstmahnung noch für den Ausspruch der Kündigung als notwendig anzusehen.473 Inwieweit diese Voraussetzungen vorlägen, sei für jeden Vermieter objektiv zu bestimmen; es komme nicht darauf an, ob er eine Rechtsabteilung habe; bei einem gewerblichen Großvermieter könne ein Kündigungsschreiben vielmehr von dem kaufmännisch geschulten Personal gefertigt werden.474 Der BGH geht folglich von dem Grundsatz aus, dass in einfach gelagerten Fällen Rechtskonfliktkosten, die bei der erstmaligen Geltendmachung der eigenen Rechte anfallen, nicht zu erstatten sind. Ausnahmen hiervon – sowohl dahingehend, dass Rechtskonfliktkosten für die erstmalige Geltendmachung der eigenen Rechte erforderlich sind, als auch dahingehend, dass neben der erstmaligen auch eine weitergehende Verfolgung der eigenen Rechte nicht zu einem schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch führt – können aufgrund von Umständen in der Person des Geschädigten geboten sein.475 Ferner wird sich die Sach- und Rechtslage im Einzelfall oftmals aus Sicht des Geschädigten gerade nicht als einfach darstellen.476 Er wird oft nicht wissen, insbesondere etwa im Rahmen von Verkehrsunfällen, in welcher Höhe ihm ein Anspruch zusteht. 470
BGH NJW-RR 2007, 856 Rdnr. 11; NJW 2004, 2448; NJW 1984, 2525. Vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 25 zu § 12 I UWG. 472 BGH NJW 2011, 155 Rdnr. 12; GRUR 2010, 1038 Rdnr. 23 f.; NJW 2008, 2651 Rdnr. 14 ff. 473 BGH NZM 2012, 607 Rdnr. 4; NJW 2011, 296 Rdnr. 9. 474 BGH NJW 2011, 296 Rdnr. 9. 475 Anders: Nixdorf, VersR 1995, 257, 260, der die BGH-Rechtsprechung dahingehend interpretiert, dass sich grundsätzlich jedermann sofort anwaltlicher Hilfe anvertrauen könne und hierfür anfallende, notwendige Kosten vom Schädiger zu tragen seien und eine Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage hierfür nicht vorausgesetzt werde. 476 So auch MünchKomm.BGB-Oetker, § 254 Rdnr. 93; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 120 (jeweils auch zum Folgenden). 471
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Dieser Rechtsprechung wird im Schrifttum überwiegend, jedenfalls im Grundsatz, gefolgt.477 Teilweise wird im Schrifttum gegen die BGH-Rechtsprechung angebracht, dass es einem gesicherten Grundsatz des Schadensrechts entspreche, dass die persönlichen Verhältnisse des Geschädigten keine Anspruchsminderung zur Folge haben könnten.478 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: zum einen kommt es im Rahmen des Mitverschuldens auf die persönlichen Verhältnisse des Geschädigten an;479 zum anderen spricht sich insbesondere der BGH für eine „subjektbezogene Schadensbetrachtung“480 aus. Weiterhin wird kritisiert, dass diese Rechtsprechung zur Folge hätte, dass eine Privatperson die Kosten eines Rechtsanwalts grundsätzlich liquidieren könne, während ein Rechtsanwalt seine Berufstätigkeit im Interesse des Schädigers ausüben müsse.481 Der BGH hat die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Rechtsanwalt nach den dargestellten Grundsätzen seine Rechtskunde zum Zwecke der Geltendmachung eigener Rechte einzusetzen hat und nicht die Kosten eines anderen Anwalts bzw. die Kosten der eigenen Tätigkeit ersetzt verlangen kann, bisher nicht abschließend entschieden.482 Freilich betont der BGH auch im Falle einer rechtskundigen Partei gerade, dass diese in einfach gelagerten Fällen für die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs483 keinen Erstattungsanspruch habe. Diese Rechtsprechung knüpft an die oben dargelegten Grundsätze zur schadensersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit von Arbeits- bzw. Zeitauf477 Vgl. etwa MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 180 ff., § 254 Rdnr. 93; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 57; Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 125: einschränkend allerdings hinsichtlich der Berücksichtigung individueller Fähigkeiten; Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 120; a. A. Erman-Ebert, § 249 Rdnr. 97: es komme nicht darauf an, ob ein Rechtsanwalt erforderlich sei; Wagner, NJW 2006, 3244, 3248 f.: die einzige Grenze der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten sei § 242 BGB im Falle des Rechtsmissbrauchs. 478 Wagner, NJW 2006, 3244, 3246. 479 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (a), Nachweise ebd. bei Fn. 464 f. 480 Nachweise zur Rechtsprechung des BGH bei Teil 2 Fn. 468 f.; ferner etwa Geigel-Knerr, Kap. 3 Rdnr. 120; Saenger/Uphoff, NJW 2014, 1412, 1414; Steffen, NJW 1995, 2057, 2058; krit. hierzu Haug, VersR 2000, 1471 ff. 481 Soergel-Ekkenga/Kuntz, § 249 Rdnr. 125; Wagner, NJW 2006, 3244, 3246. 482 Vgl. Nixdorf, VersR 1995, 257, 258; ferner BGH NJW 1984, 1884: einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Kosten eines beauftragten Anwalts bejahend im Falle eines Juristen, der seine Ausbildung allerdings noch nicht vollständig abgeschlossen hat, wenn die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist; BGH NJW 2004, 2448: kein Anspruch eines sich selbst vertretenden Anwalts im Falle einer Abmahnung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes; für einen Kostenerstattungsanspruch des sich selbst vertretenden Anwalts etwa BAG NZA 1995, 545, 548; LG Mainz NJW 1972, 161, 162; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 57; a. A. AG Hamburg VersR 1969, 673 f.; AG München VersR 1969, 1103. 483 BGHZ 127, 348, 351 f.
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wand484 an und möchte verhindern, dass der Geschädigte eigenen Arbeits- bzw. Zeitaufwand bei der Geltendmachung eigener Rechte durch „Outsourcing“ abwendet und so die zur Erstattungsfähigkeit eigenen Arbeits- bzw. Zeitaufwands aufgestellten Grundsätze umgeht.485 Die Rechtsprechung zur schadensersatzrechtlichen Relevanz eigenen Arbeits- bzw. Zeitaufwands stellt maßgeblich auf die „Verkehrsauffassung“ ab, nach der für den Aufwand der persönlichen Freizeit für die Schadensabwicklung kein Erstattungsanspruch zu gewähren sei, da diese Aufwendungen dem Verantwortungsbereich des Geschädigten zuzurechnen seien.486 Anders liegt der Fall hingegen, wenn ein geschädigter Rechtsanwalt in einem nicht einfach gelagerten Fall seine Arbeitszeit für die Geltendmachung der eigenen Rechte einsetzt. Handelt es sich dagegen aus Sicht eines geschädigten Anwalts um einen einfach gelagerten Fall, entspricht es der schadensersatzrechtlichen Interessenbewertung, dass er für die erstmalige Geltendmachung der eigenen Rechte seine Freizeit aufopfert. Denn hinsichtlich der Anforderungen, die an die Obliegenheit zur Schadensgeringhaltung zu stellen sind, ist der jeweilige Verkehrskreis des Geschädigten maßgeblich.487 (bb) Auswirkungen der Grundsätze zu § 91 ZPO Bisweilen wird ausgeführt, dass für den Umfang des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs darauf abzustellen sei, inwieweit die Kosten i. S. v. § 91 ZPO zur Rechtsverfolgung notwendig waren.488 Dem kann – jedenfalls in dieser Allgemeinheit – nicht gefolgt werden: Zunächst ergibt sich – wie dargelegt – die Voraussetzung der Erforderlichkeit bereits aus schadensersatzrechtlichen Erwägungen. Weiterhin ist die Übertragung der im Rahmen von § 91 ZPO vorgenommenen Interessenbewertungen, die insbesondere vom Vereinfachungsprinzip getragen werden,489 in den außerprozessualen Bereich grundsätzlich nicht gerechtfertigt.490 Andererseits kann – wie oben näher ausgeführt491 – eine Beschränkung eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nach Maßgabe der Regelungen der pro484
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (b). Vgl. auch Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 126. 486 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (b). 487 Nachweise bei Teil 2 Fn. 465. 488 Loritz, S. 62 ff.; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 184; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 20. 489 Vgl. etwa zum im Rahmen von § 91 ZPO anzulegenden Maßstab für die Beurteilung der Notwendigkeit oben: Teil 1 § 9 III. 1. 490 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (a) (bb). 491 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (b). 485
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zessualen Kostenerstattung und diesen zu Grunde liegenden Zwecken und Prinzipien auf die Positionen, die (auch) Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, geboten sein. Freilich ist – wie im Schadensersatzrecht – auch für die Frage der Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO die ex ante-Perspektive eines verständigen Menschen bzw. einer verständigen Partei maßgeblich.492 Ein Unterschied zu dem im Schadensersatzrecht angelegten Maßstab ergibt sich demgegenüber aus der im Rahmen von § 91 ZPO mit Blick auf das Vereinfachungsprinzip gebotenen typisierenden Betrachtung,493 wohingegen im Schadensersatzrecht die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Die hinter der im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung maßgeblichen typisierenden, kasuistischen Betrachtung stehende Interessenbewertung, wonach der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielende Gerechtigkeitsgewinn in keinem Verhältnis zu den Nachteilen stünde, die damit einhergingen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht,494 würde ausgehöhlt, wenn in weiten Bereichen gegebene, neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretende schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsansprüche aufgrund der insoweit vorzunehmenden einzelfallbezogenen Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten einen über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinausreichenden, im ordentlichen Klageverfahren geltend zu machenden, materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gewährten. Im Bereich von Anwaltskosten ist allerdings Folge der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO, dass die gesetzlichen Gebühren und Auslagen in aller Regel zu erstatten sind.495 Grundsätzlich unbeachtlich ist dabei die eigene Rechtskunde oder das Bestehen einer Rechtsabteilung. Es kommt lediglich auf die tatsächliche Organisation an; insbesondere entfällt ein Erstattungsanspruch nicht etwa infolge eines „Outsourcings“ der Bearbeitung von Rechtsfragen. Ferner bestimmt § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, dass auch dem in eigener Sache tätigen Anwalt die entsprechenden Gebühren und Auslagen zu erstatten sind. Damit reicht die prozessuale Kostenerstattung im Bereich von Anwaltskosten eher noch weiter als die Erstattung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen, so dass insoweit die Heranziehung des im Rahmen von § 91 ZPO geltenden Maßstabs nicht zu einer Begrenzung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs führte. Andersherum kann § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO aber für die zu 492
S. o.: Teil 1 § 9 III. S. o.: Teil 1 § 9 III. 1. 494 BGH JurBüro 2010, 369 Rdnr. 7; NJW 2008, 2122 Rdnr. 19; NJW-RR 2008, 1378 Rdnr. 8; 2005, 1662; 2004, 1724; NJW 2003, 901, 902; ferner oben: Teil 1 § 9 III. 1. 495 S. o.: Teil 1 § 9 III. 2. (auch zum Folgenden). 493
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den Prozesskosten gehörenden Anwaltskosten entnommen werden, dass diese grundsätzlich auch notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen. Sind neben den Voraussetzungen eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs die weiteren haftungsbegründenden Voraussetzungen eines daneben tretenden Schadensersatzanspruchs erfüllt, entspricht es einer kohärenten Auslegung, jedenfalls solche Posten, die notwendige Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO darstellen, dem haftungsbegründenden Verhalten zuzurechnen. Im Bereich von Privatgutachten und Detektivkosten ist zu beachten, dass diese im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung eine Sonderposition einnehmen. Insbesondere ist insoweit das Vorliegen eines hinreichenden Prozessbezugs sowie der Notwendigkeit im Einzelfall zu prüfen, womit der im Übrigen gebotenen typisierenden Betrachtung eine Absage erteilt wird.496 Die Einbeziehung in die prozessuale Kostenerstattung wird insbesondere vor dem Hintergrund, dass anderenfalls die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungs anspruchs im Raum stünde, mit dem Aspekt der Prozesswirtschaftlichkeit gerechtfertigt.497 Bei den genannten Kosten geht es damit im Grundsatz nicht um die Übertragung des zu § 91 ZPO entwickelten Maßstabs für die Beurteilung der Notwendigkeit; vielmehr wird – wie im Schadensersatzrecht – eine Beurteilung im Einzelfall für erforderlich gehalten. Freilich wird andererseits oftmals zwischen den Voraussetzungen des hinreichenden Prozessbezugs und der Notwendigkeit nicht klar unterschieden, sondern die Notwendigkeit gerade mit Blick auf den hinreichenden Prozessbezug beurteilt.498 Die Voraussetzung des hinreichenden Prozessbezugs führt aber lediglich zu einer Begrenzung der prozessualen Kostenerstattung, nicht einer etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattung.499 Ferner wird teilweise für die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Privatgutachten und Detektivkosten im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung gefordert, dass diese sich durch eine Prozessförderung auch aus Sicht ex post als erforderlich darstellen.500 Im Hinblick auf Detektivkosten wird weiterhin einschränkend gefordert, dass diese sich gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien in vernünftigen Grenzen halten.501 Dies ist der im Bereich der prozessualen Kostenerstattung gebotenen restriktiven Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von vorprozessualen und prozessbegleitenden Parteiaufwendun496
S. o.: Teil 1 § 9 III. 3. BGH NJW-RR 2006, 501 Rdnr. 11; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91 Rdnr. 40; Dittmar NJW 1986, 2088, 2089 f. 498 Vgl. etwa OLG Bremen MDR 2015, 1200, 1201; OLG Hamburg MMR 2014, 476, 477; OLG Koblenz NJW-RR 2015, 1166, 1167. 499 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (c). 500 S. o.: Teil 1 § 9 III. 3. 501 S. o.: Teil 1 § 9 III. 3. 497
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gen geschuldet, die nicht auf den Bereich der materiell-rechtlichen Kostenerstattung übertragen werden kann.502 Dementsprechend kann es bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Aufwendungen für Privatgutachten oder Detektivkosten nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen und den für den Bereich der prozessualen Kostenerstattung für diese Positionen entwickelten Grundsätzen zu einem Gleichlauf kommen; die schadensersatzrechtliche Erstattungsfähigkeit wird aber nicht durch eine besonders restriktive Beurteilung der Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO bei diesen Kosten beschränkt. (3) Sondervorschrift § 12a ArbGG Nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht im Falle einer Arbeitsrechtsstreitigkeit erster Instanz kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands. Diese Vorschrift schließt nach allgemeiner Ansicht neben der prozessualen Kostenerstattung auch die Erstattung entsprechender Kosten auf Grundlage eines gesetzlichen503 materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus.504 (a) Ausnahmen: Ansprüche nach §§ 840 Abs. 2 S. 2 ZPO, 826 BGB Ausgenommen von der Ausschlusswirkung ist nach Sinn und Zweck von § 12a ArbGG die Haftung des Drittschuldners gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO infolge der Verletzung seiner Informationspflicht gem. § 840 Abs. 1 ZPO. Auch eine Haftung infolge sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB kann in Betracht kommen. (aa) § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO Während das BAG505 zunächst den Ausschluss nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG auch hinsichtlich des auf § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO gestützten Schadensersatzanspruchs des Gläubigers gegen den vor dem Arbeitsgericht als Drittschuldner verklagten Arbeitgeber für einschlägig hielt, wird dies in Rechtsprechung und Lite502
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (c). Dagegen ist die vertragliche Begründung zulässig, s. o.: Teil 1 § 10 II. 2. 504 Nach h. M. in direkter Anwendung, vgl. BAGE 70, 191, 193 ff.; BAG NZA 2006, 259; ErfK-Koch, § 12a ArbGG Rdnr. 2; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 15; G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 8; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 4 ff.; Hauck/ Helml/Biebl-Helml, § 12a Rdnr. 7; Hk.ArbGG-Pfizer/Augenschein, § 12a Rdnr. 7; Schleusener/Kühn, NZA 2008, 147, 148 f.; Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 27; nach a. A. in analoger Anwendung: Becker-Eberhard, S. 195 ff., 209; Loritz, S. 69; vgl. auch Ostermeier, NJW 2008, 551, 552 f.: Ausschluss der Erstattung auf materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlage nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm; ferner Ulrici, BB 2006, 1386, 1387. 505 BAGE 24, 486; 21, 1; 10, 39, 44 ff. 503
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ratur heute zu Recht – soweit ersichtlich – einheitlich abgelehnt.506 Eine unmittelbare Anwendung ist vom Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ohnehin nicht gedeckt.507 Denn nach dieser Vorschrift besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der genannten Kosten. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO aber begründet schon keinen Anspruch der obsiegenden Partei. Vielmehr hat nach dieser Norm der im Einziehungsprozess unterliegende Kläger (Pfändungsgläubiger) einen Anspruch gegen den obsiegenden Beklagten (Drittschuldner). Es käme damit allenfalls eine analoge Anwendung von § 12a ArbGG in Betracht. Eine Analogie ist jedoch mangels planwidriger Regelungslücke zu verneinen: Eine planwidrige Regelungslücke kann sich aus der Unvollständigkeit des Gesetzes mit Blick auf die ihm immanente Teleologie ergeben.508 Die dem Gesetz immanente Teleologie folgt auch aus objektiven Rechtszwecken und allgemeinen Rechtsprinzipien.509 Sinn und Zweck von § 12a ArbGG erfordert im Falle des § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO aber gerade nicht den Ausschluss der Erstattung der in § 12a ArbGG genannten Positionen. § 12a ArbGG dient der Verbilligung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens und der Minderung des Kostenrisikos.510 Den Hintergrund hierfür bildet die sozialpolitische Zielsetzung, dem Arbeitnehmer die Sorge davor zu nehmen, bei der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe ein hohes Kostenrisiko zu tragen.511 Daneben folgt aus der nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gebotenen Waffengleichheit, dass auch der Arbeitgeber vom Schutzzweck des § 12a ArbGG erfasst ist.512 Dieser Schutzzweck 506 LG Köln NJW-RR 1990, 125; LG Rottweil NJW-RR 1989, 1469; LG Tübingen NJW 1982, 1890; AG Wermelskirchen JurBüro 2012, 547; BAGE 65, 139, 142 ff.; BAG NJW 2006, 717; LAG Baden-Württemberg JurBüro 1994, 135; LAG Düsseldorf MDR 1995, 1044; LAG Köln InVo 1996, 50; Becker-Eberhard, S. 207; ErfK-Koch, § 12a ArbGG Rdnr. 2; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 43; G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 9 f.; Grunsky/Waas/Benecke/ Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 7 f.; Hauck/Helml/Biebl-Helml, § 12a Rdnr. 7; Hk.ArbGG-Pfizer/ Augenschein, § 12a Rdnr. 12; Schleusner/Kühn, NZA 2008, 147, 151; Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 29; Zöller-Herget, § 840 Rdnr. 14. 507 Vgl. auch BAGE 65, 139, 142; BAG NJW 2006, 717 Rdnr. 16; G/M/P-Germelmann/ Künzl, § 12a Rdnr. 10; Hk.ArbGG-Pfizer/Augenschein, § 12a Rdnr. 12. 508 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 194 f. 509 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195 f. 510 Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 1; Schleusener/Kühn, NZA 2008, 147, 149. 511 Becker-Eberhard, S. 196 ff.; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 1; Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 4; vgl. auch Hk.ArbGG-Pfitzer/Augenschein, § 12a Rdnr. 6: krit., es handele sich nur scheinbar um einen Vorteil, weil der Arbeitnehmer im Falle des Obsiegens keinen Erstattungsanspruch habe; die historisch bedingte Regelung bedürfe daher der Überprüfung dahingehend, ob sie den gegenwärtigen Verhältnissen noch gerecht werde. 512 BAGE 10, 39, 45; Becker-Eberhard, S. 197; vgl. auch BAGE 65, 139, 146; Schwab/ Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 4.
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gebietet aber keinen Schutz des Arbeitgebers vor Kosten, die er einem Dritten, nämlich dem Pfändungsgläubiger, durch die schuldhafte513 Verletzung einer nach § 840 Abs. 1 ZPO bestehenden Informationspflicht zugefügt hat.514 Insbesondere handelt es sich dabei nicht um eine aus dem Arbeitsverhältnis folgende Pflicht, sondern eine außerhalb desselben liegende Erklärungspflicht, die der Arbeitgeber als Drittschuldner dem Pfändungsgläubiger selbst schuldet. Hinzukommt, dass eine entsprechende Anwendung von § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG im Widerspruch zum Sanktionszweck von § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO stünde. (bb) § 826 BGB Weiterhin kann trotz § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ein Anspruch wegen sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB bestehen. Das ist der Fall, wenn das Verfahren allein mit dem Ziel betrieben wird, den Gegner mit außergerichtlichen Kosten zu belasten.515 Denn § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG dient der Erleichterung der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung, nicht hingegen der Ermöglichung einer sittenwidrigen Schädigung der Gegenpartei. Ob es insoweit einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG bedarf, oder von einer analogen Anwendung der Vorschrift abzusehen ist, hängt einerseits davon ab, ob man davon ausgeht, § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG beschränke bereits in direkter Anwendung auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche oder aber mit der Gegenmeinung, dass es insoweit einer Analogie bedürfe.516 Andererseits kommt es darauf an, ob ein Anspruch der im Prozess obsiegenden oder unterliegenden Partei im Raum steht.517 (b) Vor- und außerprozessualer Bereich Umstritten ist, ob § 12a ArbGG sich auch auf vor- sowie außerprozessuale Kosten für die Einschaltung eines Bevollmächtigten oder Beistands bezieht. Dabei geht es insbesondere um die Frage der Erstattungsfähigkeit des nicht auf die 513 Der Anspruch aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO setzt Verschulden voraus, BGHZ 79, 275; MünchKomm.ZPO-Smid, § 840 Rdnr. 24. 514 BAGE 65, 139, 146 (auch zum Folgenden); Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 29. 515 Hessisches LAG AE 2007, 53 f.; Sächsisches LAG LAGE § 826 BGB 2002 Nr. 2; ArbG Leipzig LAGE § 826 BGB 2002 Nr. 1; ErfK-Koch, § 12a ArbGG Rdnr. 2; GK.ArbGG- Schleusener, § 12a Rdnr. 16 (auch zum Folgenden); G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 11; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 9; Hauck/Helml/Biebl-Helml, § 12a Rdnr. 8 (auch zum Folgenden); Löw, MDR 2007, 637, 639; Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 27a (auch zum Folgenden); Ulrici, AuR 2007, 12, 13; a. A. ArbG Heilbronn NZA-RR 2002, 494; Korinth, ArbRB 2005, 299; offen gelassen bei BAGE 10, 39. 516 Vgl. die Nachweise bei Teil 2 Fn. 504. 517 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3) (a) (aa).
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Verfahrensgebühr anrechenbaren Teils der Geschäftsgebühr (Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV), die infolge der Beauftragung eines Anwalts zwecks Abwendung eines Rechtsstreits angefallen ist, bzw. der Anwaltskosten, wenn es nach der vorprozessualen Auseinandersetzung nicht mehr zu einem Prozess gekommen ist.518 Die h. M. geht davon aus, dass auch die Erstattung dieser Positionen auf schadensersatzrechtlicher Anspruchsgrundlage ausgeschlossen ist.519 Nach a. A. ist die Erstattung dieser Kosten hingegen nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ausgeschlossen.520 (aa) Wortlaut Vom Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist jedenfalls der Fall, in dem es nach einer vorprozessualen Auseinandersetzung nicht mehr zu einem Prozess gekommen ist, nicht erfasst.521 Insoweit kommt also allenfalls eine analoge Anwendung in Betracht. Dagegen ist der Anwendungsbereich der Norm nach ihrem Wortlaut nicht beschränkt auf die Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO, so dass nach ihrem Wortlaut nicht notwendig nur die Erstattung derjenigen vorprozessualen Kosten, die der Vorbereitung des Rechtsstreits dienten, ausgeschlossen ist, sondern auch ein Ausschluss jener Aufwendungen, die der Abwendung eines Prozesses dienten und damit nicht im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung berücksichtigungsfähig sind,522 in Betracht kommt.523 (bb) Historische Entwicklung § 12a ArbGG wurde durch die Beschleunigungsnovelle zum ArbGG 1979 eingefügt.524 Die Vorschrift geht auf § 61 Abs. 1 S. 2 ArbGG von 1953525 zurück, wur518
Vgl. GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 37. BAGE 29, 426 ff.; LAG Niedersachsen NdsRpfl 2007, 288; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 37; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Waas, § 12a Rdnr. 12; Hauck/Helml/BieblHelml, § 12a Rdnr. 9; Schwab/Weth-Vollstädt, § 12a Rdnr. 16; vgl. auch Schleusener/Kühn, NZA 2008, 147, 149 f.: schadensersatzrechtlicher Anspruch bestehe zwar, sei aber nicht durchsetzbar. 520 Chemnitz, AnwBl 1978, 355; Ostermeier, NJW 2008, 551 ff. 521 Vgl. auch Schleusener/Kühn, NZA 2008, 147, 149. 522 Zur Zugehörigkeit vorprozessualer Kosten zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO s. o.: Teil 1 § 9 I. 2. d), e). 523 So zu § 61 Absatz 1 Satz 2 ArbGG a. F. auch Mes, AP ArbGG 1953 § 61 Kosten Nr. 14 a. E. 524 BGBl. I 1979, S. 857; vgl. ferner Schleusener/Kühn, NZA 2008, 147, 148 f. (auch zum Folgenden). 525 BGBl. I 1953, S. 1267. 519
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de nur unwesentlich redaktionell geändert und aus systematischen Gründen in § 12a ArbGG verschoben.526 § 61 Abs. 1 S. 2 ArbGG a. F. geht auf die wortgleiche Vorgängervorschrift des § 61 Abs. 1 S. 2 ArbGG von 1926 zurück. Die Gesetzesmaterialien von 1979527 und 1953528 weisen lediglich die unveränderte Übernahme der Vorgängervorschrift aus. In der Gesetzesbegründung zum ArbGG von 1926 wird darauf hingewiesen, dass „die Erstattung der Kosten eines Prozessbevollmächtigten [ohnehin] kaum in Frage käme, nachdem Rechtsan wälte von der [erstinstanzlichen] Prozessvertretung ausgeschlossen“529 seien. Hiermit wird auf § 11 Abs. 1 ArbGG 1926 Bezug genommen, nach dem bis 1953 Rechtsanwälte von der erstinstanzlichen Prozessvertretung im Arbeitsgerichtsverfahren ausgeschlossen waren.530 Waren aber Rechtsanwälte von der erstinstanzlichen Prozessvertretung ausgeschlossen, könnte dies dafür sprechen, dass der Gesetzgeber gerade (auch) die Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten, die der Abwendung eines Rechtsstreits dienten, ausschließen wollte, wenn der Vorschrift ansonsten keine eigenständige Bedeutung neben § 11 Abs. 1 ArbGG zukäme. Eine eigenständige Bedeutung ließe sich jedoch auch mit dem Ausschluss einer Erstattung von Kosten, die aufgrund einer anwaltlichen Beratung für die Prozessführung der Partei anfallen, begründen. Im Übrigen können der Gesetzesbegründung keinerlei Überlegungen – in die eine oder in die andere Richtung – entnommen werden. (cc) Systematik Die Frage, ob sich aus dem systematischen Standort der Norm im ArbGG ergibt, dass § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG in direkter Anwendung lediglich für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch gilt – was zur Folge hätte, dass die Vorschrift in ihrem direkten Anwendungsbereich lediglich die Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO beträfe – oder aber § 12a ArbGG direkt auch auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche anwendbar ist, ist umstritten.531 Geht man mit der h. M. davon aus, dass § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG bereits im direkten Anwendungsbereich auch für materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gilt, kommt eine direkte Anwendung auf Kosten, die nicht der Vorbereitung des Rechtsstreits gedient haben, sondern vielmehr der Verhinderung eines Prozesses, grundsätzlich in Betracht. 526
BT-Drucks. 8/1567, S. 29. BT-Drucks. 8/1567, S. 29. 528 BT-Drucks. 1/3516, S. 31. 529 RT-Drucks. 3/3019, S. 23. 530 RGBl. I 1926, S. 509. 531 Nachweise bei Teil 2 Fn. 504. 527
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(dd) Sinn und Zweck Unabhängig davon, welcher Ansicht insoweit gefolgt wird, kommt es allerdings letztlich darauf an, ob nach Sinn und Zweck von § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG die Anwendung auch auf vorprozessuale Kosten, die nicht der Vorbereitung des Rechtsstreits dienten, sowie außerprozessuale Kosten geboten ist: Vom Ausgangspunkt einer direkten Anwendung der Norm auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche geht es um die Frage einer nach Sinn und Zweck gebotenen restriktiven Auslegung der Anwendbarkeit nur auf die Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO. Vom Ausgangspunkt einer nach systematischen Erwägungen ausgeschlossenen direkten Anwendung von § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG geht es darum, ob die Vorschrift im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck analog anzuwenden ist. Darauf, ob Sinn und Zweck von § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG den Ausschluss vorprozessualer Anwaltskosten gebieten, kommt es ferner auch dann an, wenn man im Rahmen des Schutzzwecks der in Betracht kommenden schadensersatzrechtlichen Norm die gesetzgeberische Interessenbewertung in § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG berücksichtigt.532 Möglicherweise ist eine Beschränkung der Erstattungsfähigkeit im Hinblick auf die besondere Ausgestaltung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens geboten. Vor dem Hintergrund des Ausschlusses der Erstattung von erstinstanzlichen Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren gem. § 12a ArbGG einerseits, wohingegen andererseits nach § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO Anwaltskosten im Zivilprozess in aller Regel zu erstatten sind, könnte zunächst daran gedacht werden, dass sich arbeitsgerichtliche und zivilprozessuale Streitigkeiten hinsichtlich der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung unterscheiden. Hierfür könnte die Spezialisierung der Richterschaft der Arbeitsgerichtsbarkeit in Verbindung mit der Besonderheit der hohen und historisch gewachsenen Schlichtungsverpflichtung der Richter im arbeitsgerichtlichen Verfahren533 sprechen. So wird insbesondere darauf hingewiesen, dass der Vorsitzende im Rahmen der Güteverhandlung (§ 54 ArbGG) das gesamte Streitverhältnis so umfassend zu erörtern habe, dass auch eine rechtsunkundige Partei in die Lage versetzt werde, die mündliche Verhandlung vor der Kammer unter Beachtung der vom Gericht erteilten Auf lagen vorzubereiten.534 Freilich dürfen Richter Hinweise nur im Rahmen ihrer Neutralitätspflicht erteilen und es gilt auch im arbeitsgerichtlichen (Urteils535) 532 So
Ostermeier, NJW 2008, 551, 552 f. Brand, S. 395; GK.ArbGG-Dörner, Einf. Rdnr. 2; Globig, S. 26 ff., insb. 30 f.; Linsenmaier, NZA 2004, 401, 402; Söllner, FS Arbeitsgerichtsbarkeit, 1, 13. 534 ErfK-Koch, § 54 ArbGG Rdnr. 4; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner-Benecke, § 54 Rdnr. 19. 535 Im Beschlussverfahren gilt gem. § 83 Abs. 1 ArbGG der Untersuchungsgrundsatz; § 12a 533
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Verfahren der Beibringungsgrundsatz.536 Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Unterschied in der Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im Zivilprozess einerseits und arbeitsgerichtlichen Verfahren andererseits sich dadurch rechtfertigt, dass die anwaltliche Vertretung vor dem Arbeitsgericht nicht notwendig ist, kann hieraus für den vor- und außerprozessualen Bereich nichts hergeleitet werden. Denn im vor- und außerprozessualen Bereich hilft den Kontrahenten eine Expertise der arbeitsrechtsgerichtlichen Richterschaft gerade nicht weiter. Für den Fall eines Eintritts in einen Prozess stellt sich aber jedenfalls ein Teil der vorprozessualen Kosten als Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO dar: Die Geschäftsgebühr wird nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 vor Nr. 3100 RVG-VV auf die prozessualen Rechtsanwaltskosten angerechnet und verliert hierdurch – soweit die Anrechnung reicht – ihren eigenständigen Charakter.537 Jedenfalls insoweit greift § 12a ArbGG daher ein. Hieraus folgt weiterhin, dass auch im Falle einer rein außerprozessualen Auseinandersetzung der Teil der Geschäftsgebühr, der nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 vor Nr. 3100 RVG-VV im Falle eines Prozesses anrechenbar wäre und daher gem. § 12a ArbGG nicht erstattet würde, nicht zu erstatten ist. Denn wäre die Erstattung dieser Kosten nicht ausgeschlossen, schüfe § 12a ArbGG, nach dem mit Eintritt in den Prozess jedenfalls ein Ausschluss der Erstattung des anrechenbaren Teils besteht, für die Partei, die die Belastung mit Kosten des gegnerischen Anwalts im außerprozessualen Bereich fürchtet, einen Anreiz zum Eintritt in den Prozess, der vom Zweck der Norm nicht gedeckt und insbesondere mit Blick auf die nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen gebotene Vermeidung einer unnötigen Inanspruchnahme der Gerichte538 zu verhindern ist.539 Eine Rechtsfortbildung nach Maßgabe dieses Zwecks, der insbesondere auch der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegt, scheidet auch im arbeitsgericht lichen Verfahren nicht aus, denn der Arbeitsgerichtsprozess ist Zivilprozess und folgt vorbehaltlich bestehender Spezialvorschriften im Grundsatz den Vorschriften der Zivilprozessordnung.540 Ferner soll nach §§ 54, 54a, 57 Abs. 2 ArbGG541 im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine gütliche Streitbeilegung gerade gefördert Abs. 1 S. 1 ArbGG bezieht sich allerdings ausdrücklich nur auf das Urteilsverfahren und findet im Rahmen des Beschlussverfahrens keine Anwendung; hierzu G/M/P-Germelmann/Künzl, § 12a Rdnr. 37. 536 Schmädicke, NZA 2007, 1029, 1030 f; Schwab/Weth-Korinth/Nause, § 54 Rdnr. 9. 537 Vgl. auch Schleusener/Kühn NZA 2008, 147. 538 S. o.: Teil 1 § 6 II. 4., III. 6., 7. 539 Vgl. auch BAGE 29, 426, 428. 540 Siehe nur GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 4. 541 Vgl. für das allgemeine zivilprozessuale Verfahren §§ 278 ZPO, 15a EGZPO.
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werden;542 mit § 54a ArbGG insbesondere eine außergerichtliche Konfliktbeilegung. Dabei steht vor allem die Förderung der außergerichtlichen Streitlösung (auch) im Dienste der Entlastung der Justiz.543 Darüber hinaus ist nach dem Telos von § 12a ArbGG davon auszugehen, dass sich der Ausschluss auch auf den nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr sowie insgesamt außerprozessuale Anwaltskosten betreffend arbeitsrechtliche Streitigkeiten erstreckt. Denn Zweck der Minderung des Kostenrisikos im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist insbesondere der Schutz des im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Regel sozial schwächeren Arbeitnehmers gegenüber dem sozial stärkeren Arbeitgeber.544 Gemessen hieran wäre es aber nicht einsichtig, im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten zwischen dem an rechenbaren und dem nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr sowie insgesamt zwischen prozessualen und außerprozessualen Anwaltskosten zu differenzieren. Hinsichtlich eines gegen den Arbeitgeber gerichteten Erstattungsanspruchs gilt mit Blick auf den Grundsatz der Waffengleichheit545 Entsprechendes. c) Restitution oder Kompensation Inwieweit Rechtskonfliktkosten im Wege der Restitution nach § 249 BGB oder der Kompensation gem. § 251 BGB erstattungsfähig sind, hängt maßgeblich von der – umstrittenen546 – Abgrenzung der Anwendungsbereiche dieser Normen ab. Geht man davon aus, dass die Aufwendungen, die bei Sach- und Personenschäden bloß aus Anlass der Schädigung – also nicht unmittelbar zur Beseitigung des Schadens – vom Geschädigten getätigt werden, nicht im Wege der Naturalrestitution erstattet werden können, ist insoweit der Anwendungsbereich von § 251 BGB eröffnet.547 Dieser Abgrenzung entsprechend wird teilweise davon ausgegangen, dass Rechtsverfolgungskosten, insbesondere Kosten der Verfolgung des Schadensersatzanspruchs im Falle von Sach- und Personenschäden, nicht unter § 249 BGB fallen, sondern im Wege der Kompensation gem. § 251 BGB zu erstatten sind.548
542 Vgl. zur Förderung der konsensualen Streitbeilegung als Hintergrund von § 12a ArbGG: Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 839 ff. 543 GK.ArbGG-Schütz, § 54a Rdnr. 1; G/M/P-Prütting, § 54a Rdnr. 4. 544 BVerfGE 31, 306, 309 f.; GK.ArbGG-Schleusener, § 12a Rdnr. 1. 545 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3) (a) (aa). 546 Vgl. zum Streit um die Abgrenzung der Anwendungsbereiche: Haug, VersR 2000, 1329 ff. 547 Vgl. Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 234, § 251 Rdnr. 32. 548 Staudinger-Schiemann, § 251 Rdnr. 114.
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Die Vertreter eines weiten, wirtschaftlichen Verständnisses549 von der Naturalrestitution sind demgegenüber der Ansicht, dass Kosten der Rechtsverfolgung bei Sach- und Personenschäden gem. § 249 BGB erstattungsfähig sind.550 Auch im Falle von Vermögensverletzungen ist für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten nicht automatisch der Anwendungsbereich von § 249 Abs. 1 BGB eröffnet: Insbesondere die Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung im Wege der Naturalrestitution oder aber Kompensation, hängt einerseits ebenfalls davon ab, ob der Begriff der Naturalrestitution weit in einem wirtschaftlichen Sinne oder vielmehr eng verstanden wird und andererseits davon, welche Ansicht man zu der Frage der im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung erstattungsfähigen Posten551 vertritt. Die Ansicht, im Falle des Schadensersatzes statt der Leistung scheide eine Naturalrestitution aus, weil die Herstellung auf die kraft Gesetztes (insb. gem. § 281 Abs. 4 BGB) ausgeschlossene Erfüllung der Forderung hinauslaufen würde,552 ist vor dem Hintergrund der wohl h. M. zur Abgrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung vom Schadensersatz neben der Leistung, nach der als Schadensersatz statt der Leistung nur die Positionen qualifizierten, die auf der endgültigen Nichtleistung beruhen,553 im Hinblick auf die primär geschuldete Leistung folgerichtig. Nicht ersichtlich ist jedoch bei Zugrundelegung eines wirtschaftlichen Verständnisses von der Naturalrestitution,554 warum hinsichtlich Folgeschäden, zu denen auch Rechtskonfliktkosten zählen können, eine Naturalrestitution nicht möglich sein sollte.555 Jedenfalls, wenn sich der Aufwand von Rechtskonfliktkosten als primäre Verletzungsfolge darstellt und damit ein primärer Vermögensschaden vorliegt und die Rechtskonfliktkosten folglich auch nicht lediglich einen Folgeschaden dar549
Vgl. Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 2 m. w. N. Jeweils ohne Bezugnahme auf Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1: BGHZ 127, 348, 351; BGH NJW 2006, 1065; MünchKomm.BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 180 ff.; für eine Erstattungsfähigkeit gem. § 249 Abs. 1 BGB: BGH NJW-RR 2007, 856 Rdnr. 10; LG Mannheim NJOZ 2007, 4525, 4526; für die Erstattung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Jauernig-Teichmann, § 249 Rdnr. 4. 551 Zu der Frage inwieweit Rechtskonfliktkosten nach den unterschiedlichen Ansichten zum Anwendungsbereich des Schadensersatzes statt der Leistung erstattet werden können s. u.: Teil 2 § 14 I. 4. a). 552 Hk.BGB-Schulze, § 251 Rdnr. 2; Palandt-Grüneberg, § 251 Rdnr. 3. 553 S. u.: Teil 2 § 14 I. 4. a) dd). 554 So insb. auch Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 2. 555 So auch Staudinger-Schwarze, § 280 Rdnr. E 3; geht man freilich davon aus, dass Schadensersatz statt der Leistung nur auf das Äquivalent für die ursprüngliche Leistung [vgl. hierzu unten: Teil 2 § 14 I. 4. a) aa)] gerichtet ist, sind Folgeschäden von vornherein nicht als Schadensersatz statt der Leistung erstattungsfähig. 550
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stellen, ist der Anwendungsbereich von § 249 BGB eröffnet.556 Dies ist etwa beim Verzugsschadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB hinsichtlich der Kosten der Verfolgung eines (Haupt)Anspruchs der Fall.557 Auch können Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten im Rahmen eines Anspruchs auf Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB infolge unberechtigter Rechtsverteidigung bzw. -verfolgung558 einen solchen primären Vermögensschaden darstellen. Die Verortung der Rechtskonfliktkosten bei den Herstellungskosten gem. § 249 BGB oder der Kompensation in Geld gem. § 251 BGB ist freilich im Ergebnis nicht entscheidend; entsprechend wird in der Praxis oftmals auf keine der Normen Bezug genommen, wenn es um die Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten geht.559 Von einer Entscheidung der Abgrenzungsfrage in den umstrittenen Fallgestaltungen als Problem des allgemeinen Schuldrechts wird auch hier abgesehen. d) Zusammenfassung zu 2. Rechtskonfliktkosten können einen im Rahmen von Schadensersatzansprüchen erstattungsfähigen Schadensposten darstellen. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist, dass die Aufwendungen des Geschädigten dem haftungsbegründenden Verhalten des Schädigers zugerechnet werden können. Die Zurechenbarkeit beurteilt sich nach der Adäquanztheorie, der Lehre vom Schutzbereich der Norm und in Konkretisierung oder Erweiterung der Schutzzwecklehre unter Beachtung von Risikobereichen. Ferner haftet der Schädiger gem. § 254 BGB insoweit nicht, als dem Geschädigten ein Mitverschulden zur Last fällt. Insbesondere können die Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs im Rahmen eben dieses Schadensersatzanspruchs als Folgeschaden erstattet werden. Auch Prozesskosten können einen erstattungsfähigen Schadensposten darstellen. Dies gilt zunächst in den Fällen, in denen ein Schadensersatzanspruch an ein 556 Vgl.
BGH NJW-RR 2007, 856 Rdnr. 10: Abmahnkosten. Zum Verzugsschadensersatzanspruch s. u.: Teil 2 § 14 II. 1. c). 558 Hierzu noch unten: Teil 2 § 14 II. 1. e). 559 BGHZ 111, 168, 177 ff. (Verfolgung des Sorgerechts als absolutes Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB); BGH NJW 2011, 155 Rdnr. 11 (Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als absolutes Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB); BGH NJW 2006, 1065 (Verfolgung von Ansprüchen gegen die eigene private Unfallversicherung wegen Körperverletzung); BGH NJW 1986, 2243, 2244 f. (Verfolgung von Kündigungs- und Anfechtungsrecht zur Befreiung von der Vertragsbindung als aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung entstandener Schaden). 557
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vorprozessuales, schuldhaftes Verhalten, das nach den prozessualen Kostenvorschriften nicht berücksichtigt werden konnte, anknüpft und eine der Haftung des Unterliegenden gem. § 91 ZPO entgegengesetzte Haftungsanordnung trifft. Aber auch die Entstehung von gleichgerichteten prozessualen und materiell-recht lichen Kostenerstattungsansprüchen ist nicht ausgeschlossen. Dem System der prozessualen Kostenerstattung kann auch kein Ausschluss materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche bezüglich der ab und wegen der Klageerhebung anfallenden Gebühren und Auslagen entnommen werden. Im Rahmen der im Schadensersatzrecht gebotenen wertenden Betrachtung bei der Beurteilung der Zurechenbarkeit können grundsätzlich auch die Verteilungskriterien der prozessualen Kostenerstattung Berücksichtigung finden. Inwieweit dies der Fall ist, ist eine Frage der Auslegung der schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage sowie der betreffenden Vorschriften der prozessualen Kostenerstattung. Im Falle der Geltendmachung eines zu hohen Anspruchs im prozessualen Bereich können § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO und dieser Vorschrift zu Grunde liegende Wertungen hinsichtlich derjenigen Positionen, die auch Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, eine Begrenzung des Schadensersatzanspruchs erfordern. In den Konstellationen des einstweiligen Rechtsschutzes und der Klagerücknahme können die prozessualen Kostenregelungen und diesen immanente Wertungen Einfluss auf die Folgenzurechnung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs haben und damit die Umkehrung der Kostenentscheidung nach Maßgabe eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Antragstellers bzw. Klägers ausschließen. Aus der Beschränkung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf Prozesskosten ergibt sich keine entsprechende Beschränkung des materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs. Die Ablehnung der schadensersatzrechtlichen Ersatzfähigkeit von Zeit- und Arbeitsaufwand im Bereich der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung ist nicht Folge einer Erweiterung einer sich aus § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ergebenden Zurechnungsbeschränkung auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche, sondern beruht auf einer (auch) im Schadensersatzrecht vorzunehmenden Interessenbewertung. Für Anwaltskosten im Falle von Honorarvereinbarungen gilt Folgendes: § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der nach h. M. den prozessualen Kostenerstattungsanspruch auf die gesetzlichen Anwaltsgebühren beschränkt, bildet zwar keine absolute Zurechnungsgrenze. Die Vorschrift setzt aber voraus, dass es möglich ist, die erforderliche Rechtsberatung zu den gesetzlichen Gebühren zu erhalten. Diese § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zu Grunde liegende Interessenbewertung hat eine Ausstrahlungswirkung auf das Schadensersatzrecht.
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Die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO stellt keine absolute Zurechnungsgrenze für einen etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch dar. Die Frage der Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten ist aber auch nicht erst im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB, für das der Schädiger die Beweislast trägt, zu prüfen. Vielmehr ist die Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten bereits im Rahmen der objektiven Zurechenbarkeit entscheidend, so dass der Geschädigte insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist. Das der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegende Vereinfachungsprinzip kann eine Heranziehung des bei der Beurteilung der Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO anzulegenden typisierenden Maßstabs (auch) für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Rahmen eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs erfordern. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG schließt nach allgemeiner Ansicht neben der prozessualen Kostenerstattung auch die Erstattung entsprechender Kosten auf Grund lage eines gesetzlichen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus. Ausgenommen von der Ausschlusswirkung ist nach Sinn und Zweck von § 12a ArbGG die Haftung des Drittschuldners gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO. Auch eine Haftung infolge sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB kann in Betracht kommen. In seinem Anwendungsbereich schließt § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG auch die Erstattung von Anwaltskosten im vor- und außerprozessualen Bereich aus. Inwieweit Rechtskonfliktkosten im Wege der Restitution nach § 249 BGB oder der Kompensation gem. § 251 BGB erstattungsfähig sind, hängt maßgeblich von der – umstrittenen – Abgrenzung der Anwendungsbereiche dieser Normen ab. Die Verortung der Rechtskonfliktkosten bei den Herstellungskosten gem. § 249 BGB oder der Kompensation in Geld gem. § 251 BGB ist jedoch im Ergebnis nicht entscheidend. 3. Haftungsprivileg bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren? Unterschiedlich beurteilt wird, inwieweit in der Geltendmachung eigener Rechte im Rahmen eines staatlichen Verfahrens ein zu einem Schadensersatzanspruch des Kontrahenten führendes, haftungsbegründendes Verhalten liegen kann. Dieser Streit betrifft – neben der Erstattungsfähigkeit anderer Nachteile – auch die Frage, inwieweit für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten eine schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlage zur Verfügung steht. a) Die Rechtsprechung des BGH In ständiger Rechtsprechung geht der BGH davon aus, dass allein die Erhebung einer Klage oder eine sonstige Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte keine
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unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB560 und auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben und daher keine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung561 darstelle.562 Eine Haftung wegen einer Vertragsverletzung könne nur unter außergewöhnlichen Verhältnissen angenommen werden.563 Die In anspruchnahme besonderen Vertrauens durch die Partei und der Vertragszweck könnten eine einvernehmliche Abwicklung gebieten, so dass die Durchsetzung eigener Ansprüche im Wege eines staatlichen Verfahrens zurückstehen müsse. In einer Entscheidung, die zur Haftung eines Vermieters wegen positiver Vertragsverletzung infolge gerichtlicher Geltendmachung eines Räumungsverlangens erging, hat der BGH564 zwar eine Haftung des Vermieters für den aus der Rechtsverfolgung resultierenden Schaden des Mieters bejaht. In der Begründung weicht er allerdings nicht von dem Grundsatz ab, dass allein in der gerichtlichen Rechtsverfolgung kein pflichtwidriges Verhalten liege. Der BGH rekurriert vielmehr auf die Besonderheiten des Falles und weist insbesondere darauf hin, dass der Vermieter aufgrund einer (vorprozessualen) Pflichtverletzung seinerseits nicht erfahren habe, dass sein Begehren unbegründet war. Diese Interessenbewertung soll weiterhin nicht nur für den Verfahrensbetreiber gelten, sondern – jedenfalls im deliktischen Bereich – auch zugunsten desjenigen, der sich im Verfahren gegen eine berechtigte Forderung zur Wehr setzt.565 In dogmatischer Hinsicht hat der BGH zunächst das Bestehen eines Rechtfertigungsgrundes566 angeführt und ist in der Folge davon ausgegangen, dass die Rechtswidrigkeit im Falle eines subjektiv redlichen Verhaltens nicht indiziert sei, sondern dieses vielmehr aufgrund der verfahrensrechtlichen Legalität die Vermutung der Rechtmäßigkeit567 genieße. Diese Vermutung greife ein, weil auch eine materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens typischerweise Schäden zur Folge haben könne, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen könnten und die der Gegner ersatzlos hinnehmen müsse.568 Eine andere Beurteilung würde die freie Zugänglichkeit 560 BGHZ 164, 1, 6; 154, 269, 271 ff.; 148, 175, 181 f.; 118, 201, 206; 95, 10, 18 ff.; 74, 9, 15 f.; 36, 18, 20 f.; BGH NJW-RR 2011, 338 Rdnr. 16. 561 BGH NJW 1988, 2032, 2033; 1980, 189, 190, insoweit in BGHZ 75, 1 nicht abgedruckt. 562 BGHZ 179, 238 Rdnr. 12; 20, 169, 171 f.; BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 8; NJW-RR 2005, 315, 316. 563 BGH NJW-RR 2005, 315, 316 f. (auch zum Folgenden) unter Bezugnahme auf Hopt, S. 265 ff.; Schultz-Süchting, S. 21; Zeiss, NJW 1967, 703, 706 f. 564 BGH NJW-RR 2002, 730, 731. 565 BGH NJW 2004, 446, 447. 566 BGHZ 36, 18, 21; 20, 169, 171 f. 567 BGHZ 154, 269, 271 f.; 118, 201, 206; 95, 10, 19; 74, 9, 14 f.; BGH NJW-RR 2005, 315, 316. 568 BGHZ 154, 269, 272; 74, 9, 15.
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der staatlichen Rechtspflegeverfahren in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise einschränken.569 Ein Rechtspflegeverfahren sei nur bei ungehindertem Zugang uneingeschränkt funktionsfähig.570 Der freie Zugang würde aber durch eine im Falle des Rechtsirrtums drohende Schadensersatzsanktion weitgehend beseitigt. Eine solche Beschränkung könne regelmäßig nicht durch berechtigte Interessen der Gegenseite gerechtfertigt werden. Der im Verfahren förmlich beteiligte Prozessgegner werde vielmehr durch verfahrensrechtliche Regelungen – wie etwa die verschuldensunabhängige Haftung des Klägers nach §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO – hinreichend geschützt.571 Eine Haftung soll hingegen in Betracht kommen, wenn der Gegner am Rechtspflegeverfahren nicht förmlich beteiligt ist und daher seine Rechte nicht geltend machen kann572 oder wenn der Kläger/Antragsteller sich leicht überprüfbaren Hinweisen auf die Unrichtigkeit seiner Rechtsposition verschließt.573 In diesen Ausnahmefällen sei entweder aufgrund der besonderen Schutzwürdigkeit des Gegners oder der fehlenden Schutzwürdigkeit des Schadensverursachers für ein „Recht auf Irrtum“ kein Raum.574 Im außerprozessualen Bereich gelte das beschriebene Haftungsprivileg nicht.575 b) Das Schrifttum In der Literatur wird dieses vom BGH vertretene Haftungsprivileg kritisiert. Dabei richtet sich die Kritik zunächst gegen die dogmatische Konstruktion. Insbesondere im Hinblick auf die ältere Rechtsprechung wird kritisiert, dass ein besonderer Rechtfertigungsgrund mit der Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Rechtsdurchsetzung nicht anzuerkennen sei.576 Hiermit werde ein vom übrigen Haftungsrecht divergierender Begriff der Rechtswidrigkeit geschaffen, wofür die verfahrensrechtliche Legalität mangels Identität zwischen prozessualer Ordnungsmäßigkeit und materieller Rechtswidrigkeit nicht angeführt werden könne.577 569
BGHZ 74, 9, 15. BGH NJW-RR 2005, 315, 316 (auch zum Folgenden). 571 BGHZ 179, 238 Rdnr. 14; 164, 1, 6; 154, 169, 272; 118, 201, 206; 74, 9, 16; BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 8; 2004, 446, 447; 1995, 397. 572 BGHZ 165, 311, 315; 154, 269, 273; 118, 201, 206; 58, 207, 213. 573 BGHZ 154, 269, 273; 74, 9, 17. 574 BGH NJW-RR 2011, 338; 2005, 315, 316 (auch zum Folgenden). 575 Vgl. hierzu insbesondere die Anfrage des I. Zivilsenats beim Großen Senat: BGH NJW 2004, 3322 ff. und die Entscheidung des Großen Senats: BGHZ 164, 1 ff.; ferner BGHZ 179, 238 Rdnr. 12 ff.; BGH NJW 2008, 1147 f. 576 Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 362; Götz, S. 169, 195. 577 Götz, S. 195 i. V. m. S. 145 f. 570
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Weiterhin wird auf die Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung des BGH hingewiesen.578 Auf der einen Seite folge der BGH bei der Erhebung einer unbegründeten Klage,579 bei unbegründeter Verteidigung gegen eine Leistungsklage580 sowie für den Fall der Vollstreckung nach Tilgung der titulierten Schuld581 der Lehre vom Handlungsunrecht. Kläger, Beklagter und befriedigter Gläubiger müssten grundsätzlich nicht die Berechtigung ihres Vorgehens prüfen, so dass die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung durch Inanspruchnahme eines staatlichen Rechtspflegeverfahrens grundsätzlich rechtmäßig sei. Auf der anderen Seite wende der BGH582 die Lehre vom Handlungsunrecht nicht bei der Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen an, die nach seiner Rechtsprechung trotz der Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens und unabhängig von der beachteten Sorgfalt rechtswidrig sei. Ferner verfange das Argument des BGH, dass der Prozessgegner durch verfahrensrechtliche Regelungen hinreichend geschützt werde, nicht.583 Das zeige sich insbesondere bei sogenannten Begleitschäden, die nicht durch die gerichtliche Entscheidung als solche hervorgerufen würden, sondern durch das Verfahren begleitende Umstände. Zudem sei die Haftungsprivilegierung nicht im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch und das Rechtsschutzmonopol des Staates geboten.584 Es sei vielmehr zwischen materiell-rechtlich begründeter und materiell-rechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme zu unterscheiden. Der Staat könne den Bürgern zwar nicht verbieten, ihre Rechte durch Rechtspflegeverfahren zur Geltung zu bringen, wenn er ihnen die Selbsthilfe verbiete, weil er ansonsten seiner Schutzpflicht nicht genüge. Hieraus folge, dass die materiell-rechtlich begrün dete Verfahrensinanspruchnahme Rechtsverletzungen und Beeinträchtigungen rechtfertige, die mit ihr zwangsläufig einhergingen. Wer hingegen kein subjek tives Recht habe, solle kein materiell-rechtlich unbegründetes Verfahren betreiben, sondern stillhalten. Er verzichte dann auf nichts, was ihm zustehe. Der Verfahrensgegner habe dagegen ein schützenswertes Recht, von Schädigungen durch eine materiell-rechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme freigehalten zu werden. 578
Haertlein, S. 353 f. (auch zum Folgenden). BGHZ 154, 269, 271 ff. 580 Vgl. BGH NJW 2004, 446, 447. 581 Vgl. BGHZ 74, 9, 14 ff. 582 Vgl. BGHZ 118, 201, 206; 58, 207, 213. 583 Baur, JZ 1962, 95, 96; Becker-Eberhard, S. 102; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 359; Götz, S. 145 f.; Haertlein, MDR 2009, 1, 4; Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S. 293, 303 f.; Lindemann, S. 140; Schulz-Süchting, S. 106 f.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 511 ff.; Wagner, ZIP 2005, 49, 55 (jeweils auch zum Folgenden). 584 Haertlein, S. 365 ff.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 514 (jeweils auch zum Folgenden). 579 Vgl.
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Auch der Aspekt, dass der Rechtschutzsuchende oftmals nicht wissen könne, ob sein Begehren sich als begründet herausstelle und deshalb durch das Risiko einer materiell-rechtlichen Haftung von der Verfahrensinanspruchnahme abgehalten werden könnte, legitimiere nicht das vom BGH vertretene Haftungsprivileg. Der Verfahrenszugang werde nicht unzulässig erschwert. Vielmehr sei es der zivilprozessrechtliche Regelfall, dass materiell-rechtlich unbegründete Begehren eine negative Kostenfolge nach §§ 91 ff. ZPO hätten.585 Auch bestünden mit §§ 302 Abs. 4 S. 3; 600 Abs. 2; 717 Abs. 2, 3; 945; 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 S. 2 ZPO Haftungsfolgen, die das Recht auf Verfahrenszugang nicht übermäßig beschnitten.586 Der Justizgewährungsanspruch sei anerkanntermaßen nur verletzt, wenn dem Zugang zu den Gerichten unzumutbare, sachlich nicht begründbare Hindernisse entgegengesetzt würden. In der bloßen Nicht-Gewährung eines Haftungsprivilegs, das die deliktische und vertragliche Verschuldenshaftung sonst nicht kenne, könne eine solche unzumutbare Beschneidung des Rechtsschutzzugangs nicht gesehen werden.587 Bedenklich würde das Haftungsrisiko nur dort, wo jeder redliche Kläger, der das „Opfer“ seiner Fehleinschätzung der Rechts lage werde, mit einer umfassenden, womöglich gar verschuldensunabhängigen Haftung belastet werde.588 Teile der Literatur wenden sich weiterhin gegen die divergierenden Haftungsmaßstäbe im gerichtlichen und außergerichtlichen Bereich.589 Dabei wird zunächst darauf hingewiesen, dass nicht einsichtig sei, warum derjenige, der direkt Klage erhebe, gegenüber demjenigen, der zunächst außer gerichtlich seine Rechte geltend mache, haftungsrechtlich privilegiert werden sollte.590 In §§ 93, 278 ZPO und § 15a EGZPO offenbare sich jedenfalls das gegenläufige Ziel einer konsensualen, vorgerichtlichen Streitbeilegung des Prozess rechtsgesetzgebers. Weiterhin stelle sich im Hinblick auf vorprozessual durch eine unberechtigte Rechtsverfolgung begründete Schadensersatzansprüche die Frage, ob die Haftung wieder entfallen solle, wenn auf die vorprozessuale eine gerichtliche 585
Haertlein, S. 368 ff. (auch zum Folgenden). Götz, S. 98 ff.; Hopt, S. 193; insbesondere im älteren Schrifttum wurden hingegen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Kostenregelungen der §§ 91 ff. ZPO laut, vgl. Bauer, VersR 1973, 110 ff.; Bokelmann, ZRP 1973, 164 ff.; Däubler, BB 1969, 545 ff.; Fechner, JZ 1969, 349 ff.; Seetzen, ZRP 1971, 35 ff. 587 Thole, AcP 209 (2009), 498, 515. 588 Thole, AcP 209 (2009), 498, 515; vgl. auch Wagner, ZIP 2005, 49, 56. 589 Vgl. Faust, JZ 2006, 365, 367; Haertlein, MDR 2009, 1, 4; Hofmann, ZfPW 2018, 152, 157; Kaiser, NJW 2008, 1709 ff.; dies., FS Canaris, 531, 542 ff.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 516 ff.; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3472. 590 Althammer, FS Stürner, 95, 103, 105; Thole, AcP 209 (2009), 498, 517; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3472; vgl. ferner Faust, JZ 2006, 365, 367. 586 Hierzu
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Rechtsverfolgung folge.591 Das angerufene Gericht müsste die erlittenen Schäden unter Umständen unterschiedlich danach behandeln, ob sie zeitlich vor oder nach der Klageerhebung eingetreten sind. Dies könne nicht überzeugen. Ferner sei die Annahme eines Haftungsprivilegs bei Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens mit Blick auf die strenge materiell-rechtliche Schuldnerhaftung widersprüchlich.592 Sei jemand zur Herausgabe einer Sache verpflichtet, hafte er gem. §§ 292, 818 Abs. 4, 989 BGB ab Rechtshängigkeit verschärft. Verschuldensunabhängig habe der Schuldner eine Geldschuld nach § 291 BGB von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Ferner stehe gem. § 286 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungsklage einer Mahnung gleich, so dass der Schuldner mit Klageerhebung in Verzug gerate. Der BGH593 stelle zudem hohe Anforderungen an einen das Verschulden des Verzugs ausschließenden Irrtum. Mit Blick auf die unterschiedlichen Kritikpunkte divergieren die in der Literatur zur Frage der Haftungsbegründung bei Inanspruchnahme eines Verfahrens der staatlichen Rechtspflege vertretenen Ansätze. Teilweise wird eine Haftungsbegrenzung auf anderem dogmatischen Wege bzw. mit abweichender Begründung befürwortet, die in ihren Ergebnissen weitgehend der Rechtsprechung des BGH entspricht, wobei zum Teil eine generelle Befreiung von einfacher Fahrlässigkeit gefordert wird,594 wohingegen andere für eine Haftungsbeschränkung auf bewusst unwahre Behauptungen und schikanöse Prozessführung595 eintreten. Nach einer weiteren Ansicht sollen die Sorgfaltsanforderungen im Wege einer Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall und unter Berücksichtigung der jeweiligen Verfahrensart ermittelt werden.596 Ferner sprechen sich Teile des Schrifttums gegen eine besondere Haftungsprivilegierung bei Inanspruchnahme eines staatli591
Thole, AcP 209 (2009), 498, 518; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3473 (jeweils auch zum Folgenden). 592 Althammer, FS Stürner, 95, 104; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1710; dies., FS Canaris, 531, 543 f., 547; Thole, AcP 209 (2009), 498, 518 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 593 Vgl. hierzu BGH NJW 2012, 2882 Rdnr. 17 ff.; AG 2011, 554 Rdnr. 27; NJW 2007, 428 Rdnr. 25; 2006, 3271 Rdnr. 19; VersR 1990, 893, 894; 1983, 2318, 2321; vgl. auch Rönnau/ Faust/Fehling, JuS 2004, 667, 671. 594 Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 367 f.; Weitnauer, AcP 170 (1970), 437, 442.; Zeiss, NJW 1967, 703, 705. 595 Becker-Eberhard, S. 104 f.; Blomeyer, Schadensersatzansprüche des im Prozess Unterlegenen wegen Fehlverhaltens Dritter, S. 42 ff. 45 f.; ferner Häsemeyer, S. 21, 139 ff. 142 und passim, der zwischen der „Durchsetzungshaftung“ und der Haftung für „Begleitschäden“ unterscheidet und für letztere einen Anspruch lediglich im Falle der Erfüllung der Voraussetzungen des § 826 BGB bejaht. 596 Götz, S. 197 ff.; Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S. 289 ff., 302 f., 305; Hopt, S. 243 ff.; Konzen, S. 316 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 2 Rdnr. 21; Schultz-Süchting, S. 111 ff.
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chen Verfahrens und für ein „Recht auf Irrtum“ auch im außerprozessualen Bereich,597 unabhängig von der Schuldner- oder Gläubigerstellung598 aus. c) Stellungnahme Soweit sich die Kritik in der Literatur gegen die dogmatische Begründung der Haftungsprivilegierung mit einem Rechtfertigungsgrund richtet, verfängt sie jedenfalls599 mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des BGH nicht mehr. Denn danach ist die Rechtswidrigkeit einer unberechtigten Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung im Falle der Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens nicht indiziert. Die Rechtswidrigkeit muss also – wie dies im Bereich der sog. Rahmenrechte vertreten wird und von der Lehre vom Handlungsunrecht auch im Übrigen600 – positiv festgestellt werden.601 Ferner erscheint auch die Kritik, dass der BGH die verfahrensmäßige Legalität nicht für das Haftungsprivileg anbringen könne, da zwischen prozessualer Ordnungsmäßigkeit und materieller Rechtmäßigkeit keine Identität bestehe, nicht gerechtfertigt. Das Haftungsprivileg kann gerade nicht mit dem Hinweis, die prozessrechtlichen Verhaltensanforderungen seien ausschließlich auf den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens, auf die sachgerechte Entscheidungsfindung ausgerichtet,602 abgelehnt werden. Vielmehr ist die Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens, insbesondere im Wege der Klageerhebung, vor dem Hintergrund des Justizgewährungsanspruchs sowie den Prozesszwecken der Rechts597 Faust, JZ 2006, 365, 366 f.: für eine differenzierte Betrachtung nach Maßgabe der Gefährlichkeit des jeweiligen Verhaltens, das für eine Haftungsbegründung in Betracht kommt; Haertlein, S. 385 f.; ders., MDR 2009, 1, 4; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1710; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3472; vgl. auch Vossler, MDR 2009, 300, 303: zur unberechtigten Geltendmachung eines Anspruchs. 598 Kaiser, FS Canaris, 531, 549 f.; Thole, AcP 209 (2009), 498, 530 ff., der sich für eine situative Bestimmung des anzulegenden Sorgfaltsmaßstabs ausspricht. 599 Teilweise wird im Hinblick darauf, dass der BGH auch in seiner früheren Rechtsprechung von einer unbeschränkten Haftung für vorsätzliches sittenwidriges Fehlverhalten ausging (vgl. BGHZ 36, 18, 21; 20, 169, 172), darüber hinaus bezweifelt, dass die ältere Rechtsprechung von einem Rechtfertigungsgrund ausging, vgl. Götz, S. 144 f. (auch zum Folgenden); Thole, AcP 209 (2009), 498, 508. 600 Vgl. zum Streitstand: MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 4 ff. m. w. N.; vgl. zur dogmatischen Verortung des Haftungsprivilegs im Rahmen der Rechtswidrigkeit oder des Verschuldens: Thole, AcP 209 (2009), 498, 526 ff. 601 Althammer, FS Stürner, 95, 103; ferner Wagner, ZIP 2005, 49, 54: die Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen der Haftung liegt nicht – wie im Falle von Rechtfertigungsgründen – beim Schädiger, sondern beim Geschädigten; vgl. aber Kaiser, NJW 2008, 1709, 1710; dies., FS Canaris, 531, 532, 541 ff., die auch noch zur heutigen Rechtsprechung die Frage nach einem Rechtfertigungsgrund der prozessualen Inanspruchnahme aufwirft. 602 Vgl. Götz, S. 145.
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verfolgung und Rechtsfortbildung als grundsätzlich rechtmäßig anzusehen.603 Zudem geht mit einem Rechtsstreit und der Verteidigung der eigenen Rechts position notwendig der Angriff auf die gegnerische Rechtsposition einher.604 Ist dieser Angriff aber im Prozess im Streit um das Recht insbesondere mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch und die Prozesszwecke als erlaubt anzusehen, entspricht die Annahme, dass die Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zur Geltendmachung der eigenen Rechte auch schadensersatzrechtlich grundsätzlich nicht als rechtswidrig anzusehen ist, einer an der Wertungseinheit der Rechtsordnung ausgerichteten Auslegung605 des Schadensersatzrechts. Andererseits können freilich die dem jeweiligen materiell-rechtlichen Rechtsverhältnis zu Grunde liegenden Wertungen, insbesondere im Falle einer vertraglichen Verbindung, die Beurteilung der jeweiligen Prozesshandlung als rechtswidrig im Sinne des Schadensersatzrechts fordern. Diesem Gesichtspunkt verschließt sich allerdings auch der BGH nicht.606 Auch ist es nicht widersprüchlich, dass der BGH von einem Haftungsprivileg nicht im Verhältnis zu einem verfahrensfremden Dritten ausgeht, sondern entspricht vielmehr der von ihm angenommenen Rechtfertigung der Privilegierung durch den verfahrensrechtlichen Schutz des Kontrahenten. Zuzugeben ist der Kritik im Schrifttum demgegenüber, dass die verfahrensrechtlichen Regelungen keinen dem Schadensersatzrecht entsprechenden umfänglichen Integritätsschutz gewährleisten. Freilich beruft sich der BGH gar nicht darauf, dass das Verfahrensrecht für alle mit der Prozessführung einhergehenden Nachteile des Gegners einen Ausgleich schafft, sondern er hebt die besondere verfahrensrechtliche Interessenabwägung hervor und dass das Verfahrensrecht seinerseits teilweise Schadensersatzansprüche wie §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO bereitstellt und dass dort, wo solche Sanktionen fehlen, kein Ersatz durch einen Rückgriff auf § 823 Abs. 1 BGB stattfinden dürfe.607 Ferner kann – wie der BGH hervorhebt – auch derjenige, der nicht nur formal ein Verfahren einleiten durfte, sondern sich auch materiell im Recht befunden hat, die mit dem Verfahren typischerweise einhergehenden Nachteile, die über die erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen, nicht ohne Weiteres vom Gegner ersetzt verlangen.608 Hintergrund der Rechtsprechung ist damit eine besondere, den Regelungen des Verfahrensrechts entnommene Interessenbewertung, wonach einerseits der freie Zugang zu den Gerichten 603
Vgl. oben: Teil 1 § 6 II. 1.; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 104. Häsemeyer, S. 143. 605 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc). 606 S. o.: Teil 2 § 14 I. 3. a). 607 BGHZ 36, 18, 21. 608 BGHZ 74, 9, 15. 604 Vgl.
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hinreichend berücksichtigt wird, aber andererseits die Kontrahenten dadurch ausreichend geschützt sind, dass sie ihrerseits ihre Rechtsposition im Verfahren verteidigen können und die einander entgegengerichteten Standpunkte einer richterlichen Prüfung unterzogen werden609 und teilweise besondere im Verfahrensrecht geregelte Ersatzansprüche bestehen, auch wenn damit nicht in gleicher Weise wie durch eine allgemeine deliktsrechtliche Haftung Ansprüche gewährt werden.610 Inwieweit eine Beschränkung des Integritätsschutzes auch gerechtfertigt ist, beurteilt sich danach, ob die darin zum Ausdruck kommende Interessenbewertung gemessen am Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts einerseits und des Prozessrechts andererseits diesen beiden Systemen angemessen Rechnung trägt. Nicht überzeugend erscheint insoweit die in der Literatur zum Teil vertretene Differenzierung zwischen der materiell-rechtlich begründeten und der materiell- rechtlich unbegründeten Inanspruchnahme. Zwar kann die mit dem Selbsthilfeverbot notwendig einhergehende Schutzpflicht eine Privilegierung des materiell- rechtlich nicht Berechtigten nicht legitimieren, da die Forderung nach einem Ausgleich für das Verbot der Selbsthilfe gerade voraussetzt, dass ein subjektives Recht besteht, das ohne die Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes ein Recht zur Selbsthilfe begründen würde. Jedoch ist ein haftungsfreier Raum – entgegen der Ansicht vereinzelter Literaturstimmen – auch zugunsten des sich materiell nicht im Recht Befindenden mit Blick darauf geboten, dass der Rechtsschutz suchende oftmals nicht wissen kann, ob sich sein Begehren letztlich als begründet herausstellt. Für den außerprozessualen Bereich wurde im Hinblick hierauf bereits ausgeführt, dass allein die materiell unberechtigte Rechtsbehauptung keine materiell-rechtliche Kostenhaftung begründet.611 Im prozessualen Bereich kommt hinzu, dass der Prozess nicht nur ein Mittel zur Durchsetzung von Rechten ist, sondern gerade auch der Klärung dient, ob diese überhaupt bestehen.612 Entsprechend hat das BVerfG entschieden, dass eine Handhabung des Schadensersatzrechts, die den gutgläubigen Strafanzeigeerstatter mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall belastet, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupteten Vorwurfs führe, gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoße.613 In Rahmen dieser Entscheidung bezieht sich das BVerfG explizit auf die Rechtsprechung des BGH, die zur Schadensersatzhaftung durch Ingangsetzen und Betreiben von Zivilverfahren ergangen ist. Es bestätigt einerseits die (einfachgesetzliche) Auslegung des BGH und zeigt ande609
BGHZ 154, 269, 272; 118, 201, 206; 74, 9, 15 f.; Becker-Eberhard, S. 103 f. Vgl. auch BGHZ 164, 1, 6. 611 S. o.: Teil 2 § 12 IV. 612 Becker-Eberhard, S. 103. 613 BVerfGE 74, 257 ff. (auch zum Folgenden). 610
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rerseits die verfassungsrechtliche Relevanz – freilich für den Sonderfall der Strafanzeige – auf. Auch sprechen gegen eine Privilegierung des sich materiell nicht im Recht Befindenden in Bezug auf eine schadensersatzrechtliche Haftung nicht die (im Grundsatz, vgl. § 91 ZPO) an ein materiell-rechtlich unbegründetes Begehren anknüpfenden prozessualen Kostenvorschriften. Zunächst setzen diese grundsätzlich gerade kein rechtswidriges Verhalten voraus.614 Ferner begründen die prozessualen Kostenvorschriften nicht nur eine Haftung; vielmehr führen sie und die ihnen zu Grunde liegenden Zwecke und Prinzipien sowie die ihnen zu entnehmenden Interessenbewertungen teilweise auch zu einem Ausschluss von materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen, die dem jeweiligen prozessualen entgegengerichtet sind615 bzw. einer Beschränkung etwaiger neben einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche.616 Auch dass mit §§ 302 Abs. 4 S. 3; 600 Abs. 2; 717 Abs. 2, 3; 945; 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 S. 2 ZPO Haftungsfolgen bestehen, die das Recht auf Verfahrenszugang nicht übermäßig beschneiden, spricht nicht gegen einen partiellen Ausschluss darüber hinausreichender Schadensersatzansprüche, für die haftungsbegründend auf ein prozessuales Verhalten abzustellen wäre. Vielmehr wird durch die genannten Vorschriften sichergestellt, dass der durch Maßnahmen des Kontrahenten Betroffene hinreichend vor damit einhergehenden Nachteilen geschützt wird. Ferner geht mit dem Eintritt in den Prozess im Hinblick auf die von der prozessualen Kostenhaftung umfassten Positionen unweigerlich das Risiko der Kostenbelastung einher, das neben dem Ausgleich der betreffenden Kosten auch der Verhinderung mutwilliger Prozessführung dient.617 Führte der Eintritt in den Prozess zusätzlich regelmäßig zur Begründung darüber hinausreichender Schadensersatzansprüche gegen den fahrlässig die Rechtslage verkennenden Verfahrensinitiator, die zudem in ihrem Umfang nicht kalkulierbar wären, drohten die Haftungsrisiken bei einer Gesamtbetrachtung den freien Zugang zu den Gerichten gerade in unzumutbarer Weise zu erschweren.618 Bedenklich würde das Haftungsrisiko insbesondere nicht erst dann, wenn eine umfassende, verschuldensunabhängige Haftung im Raum stünde. Vielmehr bestünde eine übermäßige Zugangshürde zum Prozess, der insbesondere auch ein Instrument zur Klärung des Bestehens eines Rechts ist, wenn das Einleiten eines 614
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (b), (2) (c). 616 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (b), ee). 617 S. o.: Teil 1 § 6 II. 2., III. 5. 618 Vgl. BVerfG NJW 2006, 136, 137 m. w. N.; Sachs-Degenhart, Art. 103 Rdnr. 48: von einer unzumutbaren Erschwerung des freien Zugangs zu den Gerichten sei insbesondere auszugehen, wenn die Kostenrisiken außer Verhältnis zum Rechtsschutzziel stünden. 615
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Prozesses bei (leicht619) fahrlässiger Verkennung der Sach- und/oder Rechtslage stets zu einer dem Prinzip der Totalreparation folgenden schadensersatzrecht lichen Haftung führte. Auch spricht gegen den Ausschluss der Haftung für fahrlässige Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens nicht der teilweise im Schrifttum angeführte Aspekt, dass so derjenige, der direkt Klage erhebe, gegenüber demjenigen, der zunächst außergerichtlich seine Rechte geltend mache, haftungsrechtlich privilegiert würde und dies dem §§ 93, 278 ZPO und § 15a EGZPO zu entnehmenden gegenläufigen Ziel einer konsensualen, vorgerichtlichen Streitbeilegung widerspräche. Denn die Gewährung eines besonderen haftungsfreien Raums bei In anspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zur Geltendmachung von Rechten bezweckt gerade nicht eine Besserstellung gegenüber der außerprozessualen Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung, sondern soll einerseits der Wertung der verfahrensrechtlichen Erlaubtheit bestimmter Handlungen und andererseits insbesondere rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung tragen. Ferner liegt in der materiell unberechtigten Rechtsbehauptung für sich genommen nach richtiger Ansicht auch im außerprozessualen Bereich nicht bereits ein haftungsbegründendes Verhalten. Die Klageerhebung unter fahrlässiger Verkennung, dass das geltend gemachte Recht nicht besteht, könnte lediglich aufgrund des besonderen, verfahrensimmanenten Schädigungspotenzials schadensersatzrechtlich anders zu beurteilen sein und vor diesem Hintergrund – anders als regelmäßig die Geltendmachung eines Anspruchs im außerprozessualen Bereich – ohne Weiteres ein haftungsbegründendes Verhalten darstellen. Nur dieser Folgerung soll durch die Gewährung eines besonderen „Rechts auf Irrtum“ im prozessualen Bereich entgegengewirkt werden. Eine Sonderstellung nimmt freilich die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung ein.620 Im außerprozessualen Bereich wird mit Blick auf die hiermit potentiell einhergehenden existenzgefährdenden Eingriffe und der jedenfalls als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch das Grundgesetz geschützten Interessen des Wettbewerbs, sich unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte frei entfalten zu können, von einer strengen deliktischen Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB für Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ausgegangen.621 619 Vgl.
BVerfGE 74, 257, 260 f.; BGHZ 74, 9, 14: Haftung nur im Falle von unredlichem i. S. v. vorsätzlichem oder leichtfertigem Verhalten. 620 Vgl. hierzu Thole, AcP 209 (2009), 498, 509 ff. (auch zum Folgenden). 621 Hierzu BGHZ 164, 1 ff.; 62, 29, 31 ff.; 38, 200, 206 ff.; BGH NJW 1996, 397, 399; 1979, 916; RGZ 141, 336, 338; 58, 24, 27 ff.; MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 328 ff.: nach herkömmlicher Rechtsprechung setzt die Verletzung keine Interessenabwägung voraus; vgl. aber BGH NJW 2006, 1432 Rdnr. 20 f.; NJW-RR 2006, 832 Rdnr. 24 f.: der I. Zivilsenat spricht sich in Abwendung von der früheren BGH-Rechtsprechung infolge der Entscheidung des Gro-
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Während der BGH in seiner früheren Rechtsprechung dafür eintrat, dass entsprechend auch der durch eine Unterlassungsklage Verwarnte, anders als ein sonst in Anspruch genommener Schuldner, von der Klage besonders betroffen werde,622 hat der Große Senat im Jahr 2005 entschieden, dass auch im Falle der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung die gerichtliche Rechtsverfolgung nicht ohne Weiteres zu einer Haftung des Verwarners führen darf.623 Insoweit wird allerdings durch die Prozessvoraussetzungen, das Risiko der Kostenhaftung nach § 91 ZPO im Falle des Unterliegens oder gem. § 93 ZPO im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses sowie der daneben tretenden schadensersatzrechtlichen Haftung, sofern sich die Partei leicht überprüfbaren Hinweisen auf die Unrichtigkeit ihrer Rechtsposition verschließt, der sofortigen Klageerhebung ohne Vorprüfung des eigenen Standpunktes hinreichend entgegengewirkt.624 Auch kann den Stimmen in der Literatur, die meinen, dass aus der Haftungsbeschränkung in Bezug auf prozessuales Verhalten gefolgert werden müsste, dass eine Haftung, die an ein vorprozessuales Verhalten anknüpft, durch die gerichtliche Rechtsverfolgung wieder entfallen müsste, nicht gefolgt werden. Dies wird einerseits von denjenigen, die sich gegen die Anknüpfung einer schadens ersatzrechtlichen Haftung bei fahrlässiger Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zum Zwecke der Geltendmachung von Rechten aussprechen, nicht vertreten. Andererseits ist – wie bereits erörtert – Zweck der Haftungsbeschränkung nicht die Besserstellung desjenigen, der ein Verfahren betreibt, gegenüber demjenigen, der seine Rechte (nur) außerprozessual verfolgt, sondern die Vermeidung der Unterminierung des prozessualen Rechts auf Verteidigung der eigenen Rechtsposition sowie eines übermäßigen, mit dem Verfahren unweigerlich einhergehenden Haftungsrisikos, das eine unter rechtsstaatlichen Aspekten bedenkliche Zugangshürde zu den Gerichten darstellte. Weiterhin spricht der Hinweis, dass das angerufene Gericht die erlittenen Schäden unter Umständen unterschiedlich danach behandeln müsste, ob sie zeitlich vor oder nach der Klageerhebung eingetreten sind, nicht gegen ein besonderes „Recht auf Irrtum“ im Prozess. Vielmehr ist die Berücksichtigung der Wertungen, die der Begrenzung der Haftungsbegründung durch prozessuales Verhalten zu Grunde liegen, im Rahmen der Frage der Zurechenbarkeit zu einem ßen Senats im Jahr 2005 zur Haftungsprivilegierung bei klageweiser Geltendmachung des Schutzrechts (BGHZ 164, 1 ff.) im Falle der außerprozessualen unberechtigten Schutzrechtsverwarnung für eine Beurteilung der Rechtswidrigkeit nach Maßgabe einer Güter- und Interessenabwägung aus. 622 BGHZ 38, 200, 206 f. 623 BGHZ 164, 1, 6 ff. 624 BGHZ 164, 1, 8 f.; Vossler, MDR 2009, 300, 302 f.; krit. Thole, AcP 209 (2009), 498, 510.
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vorprozessualen, haftungsbegründenden Verhalten möglich und entspricht einer an den Wertungen des Verfahrens- und Verfassungsrechts ausgerichteten Auslegung des Schadensersatzrechts.625 Ferner steht die Haftungsbeschränkung bei Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens nicht im Widerspruch zu der strengen materiell-rechtlichen Schuldnerhaftung. Diese rechtfertigt sich dadurch, dass der Gläubiger zur Geltend machung seines Rechts aktiv werden muss und nur so verhindern kann, dass bei ihm (weitere) Nachteile aus der Vorenthaltung entstehen.626 Auch stellt es keinen Widerspruch dar, dass §§ 292, 818 Abs. 4, 989 BGB ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eine verschärfte Haftung vorsehen, der Schuldner eine Geldschuld nach § 291 BGB von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an verschuldensunabhängig verzinsen muss und gem. § 286 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungsklage einer Mahnung gleichsteht. Vielmehr wird der diesen Vorschriften zu Grunde liegenden Interessenbewertung entsprechend, im Bereich der Schuldnerhaftung kein umfassendes Recht auf Irrtum postuliert und eine Haftungsprivilegierung bei gerichtlicher Rechtsverteidigung oftmals nicht einmal angesprochen.627 Die Haftungsprivilegierung hinsichtlich verfahrensrechtlich erlaubter Verhaltensweisen einerseits und die strenge Schuldnerhaftung andererseits stellen auch keine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit dar. Vielmehr steht der Haftung des Schuldners für die Vorenthaltung eines Rechtsgegenstands die Gläubigerhaftung bei Ausübung privaten Zwangs im Falle der Selbsthilfe sowie bei Inanspruchnahme staatlichen Zwangs gegenüber.628 Für den Fall der Selbsthilfe (§ 229 BGB) erklärt § 231 BGB den unverschuldeten Irrtum ausdrücklich für unbeachtlich und statuiert eine Risikohaftung. Bei der Inanspruchnahme staat lichen Zwangs führt die vorläufige Sicherung eines vermeintlichen Rechts durch Arrest oder einstweilige Verfügung nach § 945 ZPO zu einer verschuldensunabhängigen Haftung; im Falle der Vollstreckung bei noch nicht rechtskräftigem Titel ordnen §§ 302 Abs. 4 S. 3; 600 Abs. 2; 717 Abs. 2 ZPO eine Risikohaftung an. Für das Schiedsverfahren finden sich entsprechende Regelungen in §§ 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 S. 2 ZPO. Mit dem BGH und der herrschenden Lehre ist damit unter Berücksichtigung verfahrens- und verfassungsrechtlicher Anforderungen ein haftungsfreier Raum bei gutgläubiger Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zum Zwecke der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung zu befürworten. 625
Vgl. oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc). S. o.: Teil 2 § 12 IV. 627 Vgl. Becker-Eberhard, S. 99; Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S. 296; Hopt, S. 265 Fn. 1; Thole, AcP 209 (2009), 498, 519, 522; Zeiss, NJW 1967, 703, 705. 628 Häsemeyer, S. 10 ff. (auch zum Folgenden). 626
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4. Anspruchsgrundlagen Für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten werden als mögliche Anspruchsgrundlagen zumeist insbesondere der Schadensersatzanspruch aufgrund (Schuldner)Verzugs (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB), culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), positiver Vertrags-/Forderungsverletzung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), deliktsrechtlicher Haftung (insb. §§ 823 ff. BGB), Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch den Drittschuldner (§ 840 ZPO) genannt.629 a) Schadensersatz statt der Leistung Hingegen wird die Erstattungsmöglichkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 Abs. 3 i. V. m. §§ 281, 282, 283 bzw. § 311a Abs. 2 BGB) ganz überwiegend nicht erwähnt.630 Es stellt sich daher die Frage, ob Rechtskonfliktkosten einen im Rahmen eines Schadensersatzes statt der Leistung ersatzfähigen Schadensposten darstellen können. Zur Beantwortung dieser Frage ist es sinnvoll, sich vor Augen zu führen, dass der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) als typische Anspruchsgrundlage für Rechtsverfolgungskosten genannt wird.631 Rechtsverfolgungs- als auch Rechtsverteidigungskosten seien ferner aufgrund einer positiven Vertrags-/Forderungsverletzung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) erstattungsfähig.632 Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der verschiedenen Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Schuldrechts ist höchst umstritten. aa) Äquivalent für die ursprüngliche Leistung Teilweise wird vertreten, dass „statt“ der Leistung lediglich das „eigentliche“ Leistungsinteresse im Sinne eines Äquivalents für die ursprüngliche Leistung zu ersetzen sei.633 Alle übrigen Positionen sind dann vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen im Rahmen eines Schadensersatzes neben der Leistung, also 629 Vgl. Becker-Eberhard, S. 53 ff.; Haller, JurBüro 1997, 342 ff.; Hau, JZ 2011, 1047, 1050; Hösl, S. 24 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 18; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16; zu den genannten Anspruchsgrundlagen noch unten: Teil 2 § 14 II. 630 Vgl. aber Hösl, S. 42 ff.: für einen Anspruch aus §§ 283 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB (§§ 280, 325 BGB a. F.). 631 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 225: hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten, die bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers anfallen; Becker-Eberhard, S. 63. 632 Vgl. Becker-Eberhard, S. 65 ff. 633 Vgl. Canaris, FS Wiegand, 179, 236; ders., Karlsruher Forum 2002, 5, 40 f.: „reiner“ Mangelschaden; Westermann-Schultz, S. 62 ff. (jeweils auch zum Folgenden).
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als Verzögerungsschaden gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB erstattungsfähig. Hiernach käme eine Erstattung von Rechtskonfliktkosten als „Schadensersatz statt der Leistung“ folglich lediglich in Betracht, sofern der ursprüngliche Leistungsanspruch gerade auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichtet war. Als Schadensersatz statt der Leistung könnten Rechtskonfliktkosten somit nur erstattet werden, soweit eine Vereinbarung hinsichtlich der Erstattung von Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten besteht.634 Hingegen stellten Rechtskonfliktkosten keine erstattungsfähige Position im Rahmen eines Schadensersatzes statt der Leistung dar, wenn der Hauptanspruch nicht auf Rechtskonfliktkosten gerichtet ist, was regelmäßig der Fall ist. Dennoch ist die Möglichkeit der Erstattung von Rechtskonfliktkosten als Schadensersatz statt der Leistung unter Zugrundelegung dieser Meinung nicht nur eine theoretische. Es kann durchaus ein Interesse bestehen, anstelle des auf die Rechtskonfliktkosten gerichteten Primäranspruchs, Schadensersatz statt der Leistung zu begehren: Der Schadensersatzanspruch unterliegt nicht derselben (fortgesetzten) Verjährung des Primäranspruchs,635 die Verjährung beginnt vielmehr für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung erneut.636 bb) „Naturalleistungsinteresse“ Nach anderer Ansicht637 ist im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung das „Naturalleistungsinteresse“ des Gläubigers zu ersetzen. Neben der gegenständlichen bzw. unmittelbaren Naturalleistung sei im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung das Interesse an der planmäßigen Verwendungsmöglichkeit der Leistung zu ersetzen.638 Hingegen seien Rechtsverfolgungskosten als überplanmäßige Aufwendungen zur Erlangung der Naturalleistung nicht im Rahmen eines Anspruchs auf Scha-
634
Hierzu s. o.: Teil 2 § 13. So aber MünchKomm.BGB-Grothe, § 199 Rdnr. 24; Palandt-Ellenberger, § 199 Rdnr. 15; Reinicke/Tiedke, ZIP 1999, 1905. 636 BGHZ 142, 36, 44; 107, 179, 184; MünchKomm.BGB-Ernst, § 281 Rdnr. 94, 172 ff.: für den Beginn der Verjährung mit Ablauf der Nachfrist, bzw. im Fall des § 281 Abs. 2 BGB mit Eintritt des Umstands, aufgrund dessen der Gläubiger nachfristlos Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann; Staudinger-Otto/Schwarze, § 281 Rdnr. G1: Beginn der Verjährung mit Schadensersatzverlangen; anders: Staudinger-Peters/Jacoby, § 199 Rdnr. 24: entscheidend sei grundsätzlich der fruchtlose Fristablauf; das Schadensersatzbegehren, wenn nachfristlos Schadensersatz geltend gemacht wird. 637 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 735 ff. 638 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 736, 739 ff. 635
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densersatz statt der Leistung erstattbar. Diese stellten vielmehr einen Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung dar.639 Auch nach dieser Auffassung sind Rechtskonfliktkosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung freilich dann erstattungsfähig, wenn auch der Hauptanspruch auf Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten gerichtet ist. cc) Gleichlauf mit Rechtsprechung zum Nichterfüllungsschaden Anlehnend an die Rechtsprechung640 zum Nichterfüllungsschaden nach altem Schuldrecht wird weiterhin ausgeführt, dass der Schadensersatz statt der Leistung alle Schäden umfasse, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung nicht eingetreten wären.641 Insbesondere der Verzögerungsschaden könne in den Schadensersatz statt der Leistung einbezogen werden.642 Nach dieser Auffassung können Rechtskonfliktkosten, hinsichtlich derer jedenfalls anerkannt ist, dass sie einen Verzögerungsschaden darstellen können, mithin in weiterem Umfang als nach den vorgenannten Ansichten, also nicht nur im Falle eines auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichteten Primär anspruchs, als Posten eines Schadensersatzes statt der Leistung erstattungsfähig sein. dd) Durch endgültige Nichtleistung verursachter Schaden Eine verbreitete Meinung grenzt weiterhin zeitlich anhand des Kriteriums der letztmöglichen Nacherfüllung ab. Als Schadensersatz statt der Leistung sind danach die Schäden zu ersetzen, die auf der endgültigen Nichtleistung beruhen.643 Schäden, die im letztmöglichen Zeitpunkt für die Nacherfüllung (Schadenser639
Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 748. BGH NJW 1999, 3625, 3625 f.; 1998, 2901, 2902 f.; ferner Palandt61-Heinrichs, § 326 Rdnr. 26 i. V. m. § 325 Rdnr. 10. 641 BGH JZ 2010, 44 Rdnr. 20; Huber, AcP 210 (2010), 319, 335 ff.; MünchKomm. BGB-Emmerich, Vor § 281 Rdnr. 1, 3; Recker, NJW 2002, 1247. 642 Vgl. hierzu Staudinger-Schwarze, § 281 Rdnr. B 136 ff.; vgl. zum alten Recht BGH NJW 1997, 1231; RGZ 96, 159, 160; 90, 423, 425; Palandt61-Heinrichs, § 326 Rdnr. 26; vgl. auch Huber, AcP 210 (2010), 319, 340 ff.; Recker, NJW 2002, 1247: ab Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung könne daneben kein Verzögerungsschaden mehr geltend gemacht werden, dieser gehe vielmehr notwendig im Schadensersatz statt der Leistung auf; ferner Arnold, ZJS 2009, 22, 26: auch der Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB gehe nach dieser Meinung im Schadensersatz statt der Leistung auf. 643 BGH NJW 2010, 2426 Rdnr. 13; Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Faust, § 437 Rdnr. 69; Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Lorenz, § 280 Rdnr. 28; Kaiser, FS Westermann, 351, 355 ff.; Lorenz, JuS 2008, 203, 204; MünchKomm.BGB-Ernst, § 281 Rdnr. 118 ff.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 620. 640
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satzverlangen gem. § 281 Abs. 4 BGB, Rücktritt, Unmöglichkeit) nicht mehr abwendbar waren, sind danach als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen. Nach dem danach relevanten Zeitpunkt besteht der Hauptanspruch nicht mehr. Es besteht vielmehr ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung bzw. (daneben, vgl. § 325 BGB) ein Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis (§§ 346 ff. BGB). Hinsichtlich der zur Verfolgung dieser Ansprüche644 oder anderer Sekundärrechte wie Minderung oder Aufwendungsersatz aufgewandten Kosten kommt nach dieser Auffassung eine Erstattung als Schadensersatz statt der Leistung in Betracht, da diese im Falle der Nacherfüllung nicht angefallen wären. ee) Durch Nichtleistung in angemessener Nachfrist verursachter Schaden Nach einer weiteren Auffassung645 soll es darauf ankommen, ob eine Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen (fiktiven) Nachfrist den entstandenen Schaden beseitigt hätte. Sei dies zu bejahen, handele es sich – unabhängig davon, ob der Schaden zeitlich nach einem Schadensersatzverlangen des Gläubigers gem. § 281 Abs. 4 BGB eingetreten ist – um eine Position, die als Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen sei. Nach dieser Auffassung können daher Rechtskonfliktkosten auch insoweit im Rahmen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung erstattungsfähig sein, als sie vor dem Zeitpunkt des Untergangs des Hauptanspruchs aufgewendet wurden. Insbesondere können danach also Kosten, die der Verfolgung des Hauptanspruchs dienen, eine Position eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung darstellen. ff) Zwischenergebnis zu a) Nach allen Auffassungen können Rechtskonfliktkosten jedenfalls teilweise im Rahmen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung erstattungsfähig sein. Es kann damit festgehalten werden, dass als Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten auch diejenigen Normen in Betracht kommen, die auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet sind. Von der Entscheidung des Streits um die richtige Abgrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung vom Schadensersatz neben der Leistung als Frage des allgemeinen Schuld rechts wird hier abgesehen.
644 Zum
Einbezug von Kosten in den Schadensersatzanspruch, dessen Durchsetzung sie dienen, vgl. oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa). 645 Ostendorf, NJW 2010, 2833, 2836 f.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
b) Positive Vertragsverletzung bzw. Forderungsverletzung im neuen Schuldrecht Das Institut der positiven Vertragsverletzung bzw. positiven Forderungsverletzung wurde zum alten Schuldrecht entwickelt.646 Zum neuen Recht wird noch teilweise unter Hinweis auf § 280 BGB ausgeführt, dass Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten im Rahmen eines Anspruchs aus positiver Forderungsverletzung bzw. positiver Vertragsverletzung erstattungsfähig sein können.647 Da die Fallgruppen der positiven Forderungsverletzung bzw. positiven Vertragsverletzung648 seit der Schuldrechtsreform 2002649 vom Grundtatbestand des § 280 Abs. 1 BGB erfasst werden,650 wird in dieser Arbeit von der Verwendung dieser Begriffe abgesehen.651 c) Zwischenergebnis zu 4. Als Anspruchsgrundlagen für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kommen auch diejenigen Normen in Betracht, die einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gewähren. Von der Bezugnahme auf das Institut der positiven Vertragsverletzung bzw. positiven Forderungsverletzung wird in dieser Arbeit abgesehen. 5. Haftungsbegründender Tatbestand Die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch ergeben kann, setzen in haftungsbegründender Hinsicht die Erfüllung verschiedenster Tatbestandsmerkmale voraus. So bedarf es beispielsweise für Ansprüche gem. §§ 280 ff. BGB insbesondere eines Schuldverhältnisses bzw. einer Sonderverbindung und einer Pflichtverletzung. Für die Erfüllung des Tatbestands des § 823 Abs. 1 BGB bedarf es der Verletzung eines absoluten Rechts, bei §§ 3, 9 UWG652 muss ein Wettbewerbsverstoß vor646 Grundlegend: Staub, FS 26. DJT, 31 ff.; ausführlich hierzu: Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a), S. 106 ff., § 24 I a), S. 363 ff.; vgl. ferner BGHZ 11, 80, 84; RGZ 161, 330, 337; 106, 22 ff.; 104, 15 f.; 93, 285 ff.; 67, 5 ff.; 54, 98 ff.; Palandt61-Heinrichs, § 276 Rdnr. 104; krit. zur Theorie Staubs: Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 268 ff.; ders., AcP 158 (1959), 273, 285. 647 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 8; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16, 18. 648 Fallgruppen der pVV bzw. pFV waren insbesondere: Schlechtleistung, sofern nicht spezielle Gewährleistungsvorschriften (insbesondere des Kauf- oder Werkvertragsrechts) einschlägig waren; Verletzung von Rücksichtnahmepflichten, Neben- bzw. Schutzpflichten; zu den verschiedenen Fallgruppen: Palandt61-Heinrichs, § 276 Rdnr. 107 ff. 649 BGBl. I 2001, S. 3138. 650 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 133 ff. 651 Vgl. zur „Verabschiedung“ der pVV: Teichmann/Weidmann, FS Hadding, 287 ff. 652 Hierzu BGH GRUR 2007, 631 ff.; OLG Frankfurt a. M. GRUR 1985, 239 (zu §§ 3, 13
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liegen. Mit Ausnahme der Gefährdungshaftung (beispielsweise § 7 Abs. 1 StVG) wird zudem Verschulden vorausgesetzt.
II. Einzelheiten zu relevanten Anspruchsgrundlagen Im Folgenden werden Einzelheiten der für die schadensersatzrechtliche Kostenerstattung relevanten Anspruchsgrundlagen erörtert. Eine umfassende Erörterung aller in Betracht kommenden Anspruchsnormen ist an dieser Stelle nicht möglich. Die folgenden Ausführungen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 1. Im Rahmen einer Sonderverbindung Bei Bestehen eines vertraglichen Schuldverhältnisses oder einer anderweitigen Sonderverbindung können sich materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aus §§ 280 ff. BGB ergeben. a) Sonderverbindung Neben vertraglichen Schuldverhältnissen stellen insbesondere rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse gem. § 311 Abs. 2 und Abs. 3 BGB Sonderverbindungen dar, im Rahmen derer §§ 280 ff. BGB Anwendung finden.653 Neben vorvertraglichen kommen nachvertragliche Beziehungen in Betracht.654 Nach der Rechtsprechung des BGH stellen beispielsweise die Rechtsbeziehungen zwischen einem Geschädigten und dem sich zunächst für zuständig erklärenden, unzuständigen Haftpflichtversicherer, bei dem der Geschädigte Ansprüche geltend gemacht hat,655 sowie die Rechtsverhältnisse zwischen den bei einem Wettbewerbsverstoß Beteiligten,656 Sonderverbindungen dar, im Rahmen derer §§ 280 ff. BGB anzuwenden sind.657 Das Bestehen einer Sonderverbindung zwischen unzuständigem Haftpflichtversicherer und Anspruchsteller begründet der BGH658 mit der für den AnAbs. 2 Nr. 1 UWG a. F.); Harte/Henning-Goldmann, § 9 UWG Rdnr. 116 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, § 9 UWG Rdnr. 1.29; Ohly/Sosnitza-Ohly, § 9 Rdnr. 11. 653 Hierzu Staudinger-Schwarze, § 280 Rdnr. B 10 ff., 19, 25 ff. 654 Staudinger-Schwarze, § 280 Rdnr. B 11 f. 655 BGH NJW 1996, 2724. 656 BGH NJW 1995, 715, 716 f.; 1990, 1905; NJW-RR 1988, 1066; 1987, 225; NJW 1987, 3251, 3252; aber BGH NJW 1995, 715: keine Sonderverbindung und damit keine Aufklärungspflicht des zu Unrecht Abgemahnten; krit. zu letzterer Entscheidung Ulrich, WRP 1995, 282, 285 f. 657 Vgl. Palandt-Grüneberg, § 280 Rdnr. 8. 658 BGH NJW 1996, 2724 f.
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spruchsteller erkennbaren Einlassung auf die Bearbeitung des Schadensfalls als zuständiger Haftpflichtversicherer. Eine wettbewerbsrechtliche Sonderverbindung ergibt sich nach Auffassung des BGH659 daraus, dass eine tatsächliche Wettbewerbsverletzung vorliegt und der Wettbewerbsverstoß durch eine Abmahnung konkretisiert wird.660 Mit der Abmahnung werde dem Störer die Möglichkeit gegeben, einen aussichtslosen Prozess und damit einhergehende Kosten zu vermeiden. Die in der Abmahnung liegende Rücksichtnahme begründe nach Treu und Glauben auch Rücksichtnahmepflichten des Abgemahnten. Nach h. M.661 entsteht eine Sonderverbindung jedoch nicht allein dadurch, dass ein Anspruch geltend gemacht wird, der tatsächlich nicht besteht oder jedenfalls nicht weiter verfolgt wird. Ausnahmen können nach Auffassung des BGH662 gelten, wenn der Inanspruchgenommene im Einzelfall besonders schutzwürdig ist. In der Literatur wird dagegen teilweise vertreten, dass eine Sonderbeziehung zwischen Anspruchsteller und Inanspruchgenommenem durch die Figur der „culpa in petendo“ konstruiert werden kann und muss.663 Denn die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs führe nicht ohne Weiteres zu einer deliktsrechtlichen Haftung. Insbesondere sei nicht mit dem AG Bad Homburg664 davon auszugehen, dass die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs mit der Begründung, jeder habe das Recht, von der unberechtigten Inanspruchnahme verschont zu werden, regelmäßig zu einer Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führt.665 Auch seien die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlagen §§ 677, 683, 670 BGB666 und § 678 BGB667 zugunsten des zu Unrecht Inanspruchgenommenen nicht erfüllt.668 Ferner sei 659 BGH NJW 1995, 715, 716 f.; 1990, 1905; NJW-RR 1988, 1066; 1987, 225 f.; NJW 1987, 3251, 3252 (jeweils auch zum Folgenden). 660 Hierzu und zum Folgenden: Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 821. 661 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 13; 2001, 2716, 2717; 1988, 2032, 2033; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822; Haller, JurBüro 1997, 342, 343; Hofmann, ZfPW 2018, 152, 158; Stein/ Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 18. 662 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 14 unter Bezugnahme auf Krebs, S. 265. 663 Althammer, FS Stürner, 95, 108 ff.; Lipp, JuS 1990, 790, 793 ff. 664 AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 665 Althammer, FS Stürner, 95, 106; Lipp, JuS 1990, 790, 792; insoweit auch BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 17; LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106; Becker-Eberhard, LMK 2007, 220539; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 819; Haller, JurBüro 1997, 342, 344. 666 Für die Erfüllung der Voraussetzungen hingegen OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566, 568. 667 Bejahend für das Wettbewerbsrecht OLG Frankfurt a. M. GRUR 1989, 858; OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857; OLG München GRUR-RR 2008, 461; Hösl, S. 137 f.; ablehnend: Ahrens, NJW 1982, 2477, 2478. 668 Althammer, FS Stürner, 95, 107; insoweit auch BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 16; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 826; Haller, JurBüro 1997, 342, 343.
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auch eine analoge Anwendung der §§ 91 ff. ZPO im außerprozessualen Bereich abzulehnen.669 Rechtspolitisch überzeuge es jedoch nicht, den zu Unrecht Inanspruchgenommenen für den Erhalt eines (prozessualen) Kostenerstattungsanspruchs darauf zu verweisen, er könne eine negative Feststellungsklage erheben; die Bemühungen des zu Unrecht Inanspruchgenommenen um eine außergerichtliche Streitbeilegung müssten honoriert und nicht kostenrechtlich sanktioniert werden.670 Die Kodifizierung der Grundsätze der culpa in contrahendo stehe der Anerkennung eines weitergehenden Schutzpflichtverhältnisses nicht entgegen, weil der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes den erreichten Stand in § 311 BGB lediglich habe registrieren, nicht aber die Fortentwicklung versagen wollen.671 Die Haftung könne auf die Herbeiführung einer Sonderrechtsbeziehung zum Putativschuldner und die dadurch gewonnene Möglichkeit, Einfluss auf seine Integritätssphäre zu gewinnen, gegründet werden. Althammer, der für die Figur der „culpa in petendo“ eintritt, räumt jedoch dogmatische Bedenken ein.672 So verlange die wohl überwiegende Ansicht für die Anwendbarkeit von § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB das Einverständnis beider mit dem Zustandekommen des geschäftlichen Kontakts, während die einseitige Kontaktaufnahme noch keine Sonderbeziehung begründe. Der Vertrauensgedanke könnte die Haftung aus „culpa in petendo“ (nur) dann stützen, wenn darauf abgestellt werde, dass aus Sicht des Putativschuldners die Inanspruchnahme nur unter sorgfältiger Ausschöpfung der eigenen Erkenntnisquellen erfolgen solle. Bergmann673 führt gegen eine Haftung auf Rechtskonfliktkosten des Anspruchstellers für die erste unberechtigte Inanspruchnahme an, dass die Rechtsanmaßung allenfalls ein Sonderverhältnis begründen könne;674 aber noch keine Verletzung einer Schutzpflicht aus eben diesem Verhältnis darstelle. Eine etwaige Sonderverbindung mit daraus ableitbaren Verhaltenspflichten werde – sofern man es überhaupt für möglich halte, dass eine Sonderverbindung infolge unberechtigter Rechtsanmaßung entstehe675 – erst mit der eingetretenen Rechtsun sicherheit und folglich eine juristische Sekunde nach der Geltendmachung der zweifelhaften Rechtsposition begründet.676 669
Althammer, FS Stürner, 95, 107 f.; Lipp, JuS 1990, 790, 791. Althammer, FS Stürner, 95, 111. 671 Althammer, FS Stürner, 95, 109 (auch zum Folgenden). 672 Althammer, FS Stürner, 95, 110 (auch zum Folgenden). 673 Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 823. 674 Bezugsnehmend auf den Begriff der Sonderverbindung von Krebs, S. 210 ff., 241 ff. 675 Vgl. Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822 f.: zu den unterschiedlichen Ansätzen zum Entstehen einer Sonderverbindung. 676 Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 821 f., 823; anders: Althammer, FS Stürner, 95, 110 Fn. 112: Begründung des Schutzpflichtverhältnisses und die Pflichtverletzung fielen in einem Akt zusammen. 670
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Dies überzeugt: Eine Sonderverbindung ist dadurch gekennzeichnet, dass – abweichend vom Deliktsrecht – zwischen den Beteiligten die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gegenseite besteht.677 Die Rücksichtnahmepflichten im Rahmen einer Sonderverbindung gehen mit dem Schutz auch des allgemeinen Vermögens des Geschädigten über die allgemeinen deliktsrecht lichen Schutzpflichten hinaus.678 Das Bestehen dieser Pflichten bedarf einer Rechtfertigung.679 Die Erstattung reiner Vermögensschäden im Rahmen einer Sonderverbindung wird als Kompensation spezifischer Einwirkungsmöglichkeiten und der eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeit, die eine besondere Schutzbedürftigkeit des Gefährdeten begründen und durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks legitimiert.680 Jedenfalls vor der ersten Inanspruchnahme durch eine Person, die bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beziehung zu dem Inanspruch genommenen hatte, stehen die Beteiligten nicht in einem Verhältnis zueinander, das das Bestehen über die deliktischen Schutzpflichten hinausreichender, auf den Schutz des reinen Vermögensinteresses gerichteter Pflichten, rechtfertigt. Bestehen aber vor der unberechtigten Inanspruchnahme keine Unterlassungspflichten aus einer Sonderverbindung, können solche durch die unberechtigte Rechtsverfolgung auch nicht verletzt werden. Für die Möglichkeit einer Haftung aus „culpa in petendo“ kann daher nicht angeführt werden, dass die Begründung des Schutzpflichtverhältnisses und die Pflichtverletzung in einem Akt zusammenfallen.681 Bestand die Sonderbeziehung nicht vor dem in Frage stehenden Verhalten des Rechtsanmaßers, kann dieses mangels Bestehens von Pflichten aus einer Sonderverbindung keine Pflichtverletzung darstellen. Ob durch die erste unberechtigte Rechtsanmaßung eine Sonderverbindung begründet wird und daher die etwaige weitere Geltendmachung der zweifelhaften Rechtsposition zur Haftung für die Rechtskonfliktkosten des Angegriffenen gem. § 280 Abs. 1 BGB führen kann, hängt maßgeblich von dem für die Begründung einer Sonderverbindung verfolgten Ansatz ab.682 Eine Legitimation nur eines Teils der diskutierten Sonderbeziehungen ist mit dem Abstellen auf eine – wenn auch ausgedünnte – rechtsgeschäftliche Bezie-
677 Vgl.
Krebs, S. 211. Krebs, S. 211. 679 Krebs, S. 213. 680 Krebs, S. 213 ff. 681 So aber Althammer, FS Stürner, 95, 110 Fn. 112. 682 Vgl. Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822 f.; ausführlich zu den unterschiedlichen Ansätzen Krebs, S. 170 ff. 678
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hung möglich.683 Die Grenze dieses Ansatzes ist erreicht, wenn die Rechtsanmaßung außerhalb eines bestehenden (vor)vertraglichen Verhältnisses stattfindet.684 Die Parteien eines Rechtskonflikts stehen sich zudem in Abwehrhaltung gegenüber, so dass auch das Abstellen auf ein gewährtes und in Anspruch genommenes Vertrauen685 Schwierigkeiten bereitet.686 Knüpft man das Entstehen von Sonderverbindungen an die gesteigerten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechts- und Interessensphäre eines anderen durch sozialen bzw. finalen Kontakt, könnte hingegen eine Sonderverbindung durch die unberechtigte Rechtsanmaßung entstehen. Entscheidend ist, welche Arten sozialen Kontakts man für die Begründung einer Sonderbeziehung ausreichen lässt.687 Fordert man einen qualifizierten sozialen Kontakt, der einen angestrebten Leistungsaustausch als Legitimationsgesichtspunkt voraussetzt,688 ist die Begründung einer Sonderverbindung durch unberechtigte Rechtsanmaßung problematisch, weil die Parteien sich im Rahmen eines Rechtskonflikts gerade in Abwehrhaltung gegenüberstehen und keinen „Gemeinschaftserfolg“689 anstreben.690 Betont man hingegen mit Krebs die infolge einer reduzierten Verteidigungsmöglichkeit besonderen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtsgüter der Gegenseite und lässt für das Ziel einer Leistungserbringung die objektiv im Interesse der Rechtsordnung liegende Klärung der Frage der Berechtigung der geltend gemachten Rechtsposition ausreichen,691 ist die Begründung einer Sonderbeziehung durch die unberechtigte Rechtsanmaßung möglich: Bei Unklarheiten über die Existenz und/oder den Umfang einer Rechtsposition ist die Verteidigungsund Durchsetzungsmöglichkeit der Beteiligten herabgesetzt, weil zum einen jede Partei für sich alleine die Berechtigung der Forderung nicht klären und zum anderen von dem anderen keine vollständigen und zutreffenden Informationen er-
683 Vgl.
Krebs, S. 170. Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822; Haller, JurBüro 1997, 342, 343. 685 Vgl. hierzu Canaris, JZ 1965, 475, 476; krit. aufgrund der Unbestimmtheit dieses An satzes: Krebs, S. 187. 686 Vgl. Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822. 687 Vgl. Krebs, S. 74 ff.; ferner Larenz, MDR 1954, 515, 516 f.; Picker, AcP 183 (1983), 369, 413 ff.; ders., JZ 1987, 1041, 1045: krit. zur Weite und Unbestimmtheit des Ansatzes vom „einfachen sozialen Kontakt“. 688 Vgl. hierzu Krebs, S. 180 ff.; ferner Picker, JZ 1987, 1041, 1058. 689 Picker, JZ 1987, 1041, 1058. 690 Vgl. Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 822: der sich gegen eine unberechtigte Rechtsanmaßung Verteidigende trete dem Rechtsanmaßer in Abwehrhaltung entgegen und öffne seine Sphäre gerade nicht. 691 Vgl. Krebs, 210 ff., 241 ff. 684 Vgl.
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warten kann.692 Die Begründung einer Sonderbeziehung mit diesem Ansatz hält auch der BGH bei besonderer Schutzbedürftigkeit des unberechtigt Inanspruchgenommenen für möglich (s. o.).693 b) Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Schuldrechts ist problematisch. Insbesondere die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 282, 283 BGB und § 311a Abs. 2 BGB auf der einen und des Anspruchs auf Schadensersatz neben der Leistung in Form des einfachen Schadensersatzes aus § 280 Abs. 1 BGB und Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. § 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auf der anderen Seite ist umstritten.694 Im Verhältnis des Schadensersatzes statt der Leistung zum Schadensersatz neben der Leistung wird unterschiedlich beurteilt, inwieweit die auf Schadens ersatz statt der Leistung gerichteten Anspruchsgrundlagen auch auf den Ersatz derjenigen Schäden gerichtet sein können, deren Erstattung § 280 Abs. 1 BGB und §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Schadensersatz neben der Leistung ermöglichen. Inwieweit nach den verschiedenen Ansichten Rechtskonfliktkosten auch als Schadensersatz statt der Leistung erstattet werden können, wurde bereits erörtert.695 Im Hinblick hierauf werden im Folgenden nicht alle Anspruchsgrundlagen, aus denen Rechtskonfliktkosten als Schadensersatz statt der Leistung erstattungsfähig sein können, behandelt, sondern lediglich der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB wegen Unmöglichkeit für den Sonderfall der Frage nach der Erstattungsfähigkeit von Kosten der Verfolgung eines Anspruchs auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung aufgegriffen. c) §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB Zunächst können Rechtskonfliktkosten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Verzugsschaden erstattungsfähig sein.696 692 Vgl.
Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 823; Krebs, S. 243. BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 14 unter Bezugnahme auf Krebs, S. 265. 694 Ackermann, JuS 2012, 865, 868; Arnold, ZJS 2009, 22; Ostendorf, NJW 2010, 2833; vgl. auch Bredemeyer, ZGS 2010, 71 ff.; Canaris, Karlsruher Forum 2002, 5, 41 f.; Kaiser, FS Westermann, 351 ff.; Lorenz, JuS 2008, 203 ff. 695 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a). 696 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 225: hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten, die bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers anfallen; zum alten Schuldrecht: Becker-Eberhard, S. 63. 693
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aa) Verfolgtes Recht § 286 BGB setzt voraus, dass ein Anspruch697 besteht, mit dessen Erfüllung der Anspruchsgegner in Verzug geraten kann. Zu unterscheiden ist für die Möglichkeit der Verzögerung zwischen Ansprüchen, die auf ein positives Tun gerichtet sind und Unterlassungsansprüchen. (1) Auf positives Tun gerichteter Anspruch Einen Leistungsanspruch i. S. v. § 286 BGB stellt zunächst der auf ein positives Tun gerichtete Anspruch auf Primärleistung aus einem rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis dar.698 Aber auch die Sekundäransprüche, die bei der Störung von Primärpflichten relevant werden (z. B. Schadensersatzansprüche)699, stellen Leistungsansprüche i. S. v. § 286 BGB dar.700 Ferner kann ein Verzug gem. § 286 BGB auch hinsichtlich einer Forderung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis (z. B. gem. §§ 823701, 812 BGB) vorliegen. Aber auch auf sachenrechtliche Ansprüche702 kann § 286 BGB anwendbar sein.703 So ist beispielsweise in § 990 Abs. 2 BGB ausdrücklich vorgesehen, dass sich im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis eine Haftung wegen Verzugs ergeben kann704 und für den negatorischen Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB von der ganz h. M. die (analoge705) Anwendbarkeit der Vorschriften über den Schuldnerverzug anerkannt706. Weiterhin kommen als verfolgte Rechte – sofern die Verzugshaftung 697 Vgl. zur Frage, hinsichtlich welcher Ansprüche ein Verzug in Betracht kommt: MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 7 ff.; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 4 f. 698 Vgl. Hösl, S. 32. 699 MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 26; wobei ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB bei Bestehen eines Schadensersatzanspruchs in der Praxis nicht relevant ist, weil die infolge einer verzögerten Begleichung des Schadensersatzanspruchs entstehenden Kosten i. d. R. vom haftungsausfüllenden Tatbestand jenes Anspruchs umfasst sind, s. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa). 700 Vgl. Erman-Hager, § 286 Rdnr. 14: die Verzugsvorschriften sind auf alle Ansprüche aus rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen anwendbar. 701 Vgl. aber Fn. 699. 702 Ausführlich zum „dinglichen“ Anspruch Picker, FS Bydlinski, 269 ff. 703 Hierzu ausführlich Schwerdtner, passim; vgl. auch Erman-Hager, § 286 Rdnr. 15; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 8; Staudinger-Löwisch/Feldmann, Vor §§ 286–292 Rdnr. 37 f. 704 Vgl. ausführlich Henckel, AcP 174 (1974), 97, 130 ff.: Verzugsregelungen seien nur analog anwendbar; ferner MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 8. 705 MünchKomm.BGB-Ernst, Einl. SchuldR Rdnr. 5. 706 Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Fritzsche, § 1004 Rdnr. 125; Erman-Ebbing, § 1004 Rdnr. 71; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 8; Palandt-Herrler, § 1004 Rdnr. 48; Picker, S. 161 Fn. 14; Reinicke, NJW 1968, 791; Schwerdtner, S. 156; Staudinger-Gursky, § 1004 Rdnr. 165; a. A. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 130 ff., 133: wer seiner Beseitigungspflicht nicht
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nach Gesetzeszweck und Interessenlage nicht ausscheidet707 und unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets708 – familienrechtliche Ansprüche709 wie der Auskunftsanspruch gem. § 1605 BGB, Ansprüche aus §§ 1378, 1613, 1615l BGB, erbrechtliche Ansprüche710 (vgl. § 2024 S. 3 BGB) und auch öffentlich-rechtliche Ansprüche711 in Betracht. Hingegen ist die Möglichkeit einer Haftung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB bei der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten712 i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB problematisch: Geht man mit Gröschler713 davon aus, dass Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB bzw. § 242 BGB714 sich von Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB gerade dadurch unterscheiden, dass bei Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB ein der Pflicht korrespondierender Anspruch besteht, bei den übrigen Pflichten i. S. v. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB hingegen nicht, mangelte es bei den Pflichten i. S. v. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB an dem für eine Verzugshaftung erforderlichen (verfolgbaren) Anspruch. Allerdings können sich Leistungstreuepflichten und Schutznachkomme, hafte bereits aus § 823 BGB auf Schadensersatz, so dass es einer Verzugshaftung nicht bedürfe; vgl. aber hierzu Staudinger-Gursky, § 1004 Rdnr. 165, der aufzeigt, dass § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB auch Sachverhalte erfasst, bei denen gerade keine Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB begründet ist und es mithin einer Verzugshaftung bedarf; vgl. ferner Katzenstein, AcP 206 (2006), 96, 117: Henckel folgend. 707 Vgl. Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 4 f.; Staudinger-Löwisch/Feldmann, Vor §§ 286– 292 Rdnr. 37 ff. 708 BGHZ 36, 344 ff.; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 4. 709 MünchKomm.BGB-Ernst, Einl. SchuldR Rdnr. 4, § 286 Rdnr. 10; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 4; Soergel-Benicke/Nalbantis, § 286 Rdnr. 19. 710 MünchKomm.BGB-Ernst, Einl. SchuldR Rdnr. 4, § 286 Rdnr. 11; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 4; Soergel-Benicke/Nalbantis, § 286 Rdnr. 20. 711 Hierzu: MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 12 ff.; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 5; Soergel-Benicke/Nalbantis, § 286 Rdnr. 21 ff.; Staudinger-Löwisch/Feldmann, Vor §§ 286–292 Rdnr. 40 ff. 712 Vgl. BGHZ 179, 238 Rdnr. 17; MünchKomm.BGB-Ernst, § 280 Rdnr. 93 ff.; zur unterschiedlichen Terminologie: MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 33, 47 ff.; Staudinger- Olzen, § 241 Rdnr. 147 ff., 154 ff.; ferner Gröschler, FS Konzen, 109, 116: verdichteten sich Leistungstreuepflichten und Schutzpflichten zu eigenständigen Ansprüchen, handele es sich nicht mehr um Nebenpflichten, sondern um echte Nebenleistungspflichten, die unter §§ 241 Abs. 1, 281 BGB fielen; Hadding, FS Konzen, 193, 201: Unterscheidung lediglich zwischen Hauptleistungspflichten und Nebenleistungspflichten; Henckel, AcP 174 (1974), 97, 111: Unterscheidung zwischen Hauptpflichten, selbstständigen und unselbstständigen, abhängigen und unabhängigen Nebenpflichten. 713 Gröschler, FS Konzen, 109, 112 ff. 714 Vgl. Gröschler, FS Konzen, 109, 112 ff.: Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB seien nur Schutzpflichten i. e. S., die dem Schutz des Integritätsinteresses dienten; die Leistungstreuepflicht diene hingegen der Verwirklichung und Sicherung des Leistungsinteresses, nicht des Integritätsinteresses.
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pflichten nach Ansicht Gröschlers hinsichtlich konkreter Einzelaspekte zu eigenständigen Ansprüchen verdichten; in diesem Fall handele es sich um echte Nebenleistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB.715 Folgt man hingegen Hadding716 in der Annahme, dass mit jeder Pflicht auch ein Anspruch korrespondiert, so kann eine Verzugshaftung gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB gleichwohl ausgeschlossen sein, wenn das Bestehen einer Pflicht erst mit ihrer Verletzung, also ex post, erkannt oder erkennbar wird.717 Denn ein Anspruch auf Erfüllung der (primären) Pflicht kann dann allenfalls für die Zukunft verfolgt werden. Insbesondere Schutz- und Aufklärungspflichten müssen zumeist vom Schuldner spontan wahrgenommen werden.718 Diese Pflichten werden auch idealtypisch als situationsabhängig und abstrakt-generell charakterisiert.719 Sind Pflichten nicht konkretisierbar,720 bevor es zu ihrer Verletzung kommt, scheidet ein auf diese Pflichten gestützter, ex ante bestimmbarer721 Anspruch aus.722 (2) Unterlassungsansprüche Der Schuldnerverzug setzt voraus, dass die Leistung noch möglich ist.723 Bei Verletzung von Unterlassungspflichten ist daher relevant, ob die Unterlassung noch nachholbar ist. Ein Verstoß gegen Unterlassungspflichten führt grundsätzlich zur Unmöglichkeit bzw. bei Dauerverpflichtungen zur Teilunmöglichkeit der Pflichterfüllung. Lediglich wenn die Zuwiderhandlung rückgängig gemacht werden kann oder das Unterlassen nachholbar ist, ist eine Leistungsverzögerung denkbar.724 715
Gröschler, FS Konzen, 109, 116. Hadding, FS Konzen, 193, 200 f. 717 Vgl. Hadding, FS Konzen, 193, 200: dass eine Nebenleistungspflicht erst durch ihre Nicht- oder Schlechterfüllung unter dem Aspekt einer Schadenersatzpflicht ins Blickfeld gerate, ändere nichts daran, sondern setze geradezu voraus, dass es einen Anspruch auf Erfüllung der verletzten Nebenpflicht gab. 718 Vgl. MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 67. 719 Grigoleit, FS Canaris, 275, 277 ff. 720 Vgl. Grigoleit, FS Canaris, 275, 278: die abstrakte Qualität sei nur idealtypisches Charakteristikum der Schutzpflicht; eine gewisse Konkretisierung könne sich aus vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Vorschriften ergeben. 721 Vgl. Hadding, FS Konzen, 193, 200: jeder (Neben)Leistungspflicht entspreche ein Anspruch auf Erfüllung; vgl. ferner ebd., S. 201 f.: eine andere Kategorie, wie Neben-, Schutzoder Verhaltenspflichten, bestehe nicht. 722 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 509 f. 723 Erman-Hager, § 286 Rdnr. 4; Fritzsche, S. 396; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 522; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 36 ff.; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 12; Staudinger- Löwisch/Feldmann, Vor §§ 286–292 Rdnr. 16 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 724 Erman-Hager, § 286 Rdnr. 8; Fritzsche, S. 396 f.; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 522; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 45; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 12; Staudinger- 716
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB stellt sich insbesondere für Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung bzw. die Kosten eines auf die Abmahnung folgenden Prozesses.725 Ferner vertritt Hösl, dass die Kosten der Verfolgung eines Anspruchs auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung aus dieser Anspruchsgrundlage verlangt werden können.726 Bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungspflichten und der Pflicht zur Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung727 – beispielsweise die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs oder Gestaltungsrechts – handelt es sich grundsätzlich728 um Dauerpflichten, bei denen die Nichtleistung zur Teilunmöglichkeit führt:729 Die Zuwiderhandlung gegen die (fortdauernde) Pflicht, sich wettbewerbskonform zu verhalten bzw. nicht unberechtigt Rechte anzumaßen, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Bei Dauerpflichten kommt zwar eine Nachholbarkeit in Betracht, wenn die Unterlassungspflicht nur für einen bestimmten Zeitraum geschuldet ist und der festgelegte Anfangszeitpunkt keine überragende Bedeutung für den Gläubiger hat.730 Die Pflicht zur Unterlassung von Wettbewerbsverstößen ist jedoch als gesetzliche Pflicht nicht befristet, so dass jede Verletzung zur Teilunmöglichkeit führt. Die Pflicht zur Unterlassung einer Rechtsverfolgung kann hingegen nachholbar sein, wenn diese Pflicht ausnahmsweise ausdrücklich für einen bestimmten Zeitraum vereinbart wurde und dem Anfangszeitpunkt keine überragende Bedeutung zukommt. Liegt dagegen keine derartige Befristung vor – also insbesondere wenn zwischen den Parteien gar keine Vereinbarung im Hinblick auf die Pflicht zur Unterlassung der Rechtsverfolgung besteht und sich die Unterlassungspflicht vielmehr als Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB darstellt – hat jede Verletzung eine Teilunmöglichkeit zur Folge. Auch lässt sich eine Verzugshaftung nicht mit der Überlegung begründen, der Rechtsverfolger käme mit einer Pflicht zur Ausräumung der Gefahr eines VerstoLöwisch/Feldmann, Vor §§ 286–292 Rdnr. 21 f.; Staudinger-Olzen, § 241 Rdnr. 140; ferner Wendt, AcP 92 (1902), 1, 68 f.: bei Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungspflicht liege zumeist Unmöglichkeit vor; vgl. auch BGHZ 84, 244, 248 f.; krit. hinsichtlich eines Verzugs mit einem Unterlassungsanspruch: Haller, JurBüro 1997, 342, 343; generell gegen die Möglichkeit der Leistung als Voraussetzung des Verzugs hingegen: Rogowski, AcP 104 (1909), 303 ff. 725 Vgl. Fritzsche, S. 401 f.; Köhler, FS Piper, 309, 315 f. 726 Hösl, S. 31 ff. 727 Sofern eine solche besteht, s. o.: Teil 2 § 12 III. 2., IV., VI. 2. b). 728 Die Vereinbarung einer Pflicht zur Unterlassung einer Rechtsverfolgung für einen bestimmten Zeitpunkt ist zwar theoretisch möglich, praktisch jedoch nicht relevant. 729 BGHZ 101, 325, 332; Fritzsche, S. 398; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 12; Staudinger- Löwisch/Feldmann, Vor §§ 286–292 Rdnr. 21. 730 Erman-Hager, § 286 Rdnr. 8; Fritzsche, S. 399; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 522; Palandt-Grüneberg, § 286 Rdnr. 12.
§ 14 Schadensersatzansprüche
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ßes gegen die Pflicht zur Unterlassung der Rechtsanmaßung – was insbesondere durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung möglich wäre – in Verzug. Ein Unterlassungsanspruch wird fortlaufend durch die Nichtvornahme der Zuwiderhandlung erfüllt.731 Hingegen hätte die Beseitigung der Gefahr eines Verstoßes keine Erfüllung der Unterlassungspflicht zur Folge. Selbst wenn eine Pflicht zur Beseitigung der Gefahr einer Zuwiderhandlung im Einzelfall besteht, führte die Nichtbeseitigung also möglicherweise zu einer Nichterfüllung bzw. verspäteten Erfüllung des betreffenden auf ein positives Tun gerichteten Anspruchs, nicht aber des Unterlassungsanspruchs. Festzuhalten ist mithin, dass für die Erstattung der Kosten der Verfolgung eines auf die Unterlassung eines Wettbewerbsverstoßes bzw. allgemein einer unberechtigten Rechtsverfolgung gerichteten Anspruchs §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage grundsätzlich ausscheidet. Andererseits kann ein Verzugsschadensersatzanspruch im Falle eines Verstoßes gegen ein befristetes pactum de non petendo732 bestehen, wenn der Anfangszeitpunkt keine überragende Bedeutung hat. bb) Durch den Verzug verursachter Schaden Nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sind weiterhin nur diejenigen Schäden erstattungsfähig, die gerade auf dem Verzug beruhen. Da der Verzug grundsätzlich eine Mahnung voraussetzt (§ 286 Abs. 1 BGB), sind die Kosten der ersten – verzugsbegründenden – Mahnung nicht gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ersetzbar.733 In Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs (RL 2011/7/EU) durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 22.7.2014,734 in Kraft getreten am 29.7.2014, wurde insbesondere § 288 Abs. 5 BGB eingefügt, wonach der Gläubiger einer Entgeltforderung735 im Verzugsfall einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale für Rechtsverfolgungskosten i. H. v. 40 € hat. Nach Abs. 5 S. 3 der Vorschrift ist die 731
Fritzsche, S. 367; Henckel, AcP 174 (1974), 97, 123; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 502 f.; MünchKomm.BGB-Fetzer, § 362 Rdnr. 35; Staudinger-Olzen, § 241 Rdnr. 139; a. A. Thomä, JZ 1962, 623, 626: schlichtes Unterlassen könne nicht Gegenstand der Erfüllung sein; Befolgung von Unterlassungspflichten stelle keine Erfüllung, sondern Respektierung der Güterzuordnung bzw. der obligatorischen Gebundenheit dar. 732 Hierzu: MünchKomm.BGB-Krüger, § 271 Rdnr. 18; Staudinger-Bittner, § 271 Rdnr. 18. 733 BGH NJW 1985, 320, 324; MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 165; MünchKomm. BGB-Gaier, Vor § 346 Rdnr. 44 Fn. 162; Staudinger-Löwisch/Feldmann, § 286 Rdnr. 225. 734 BGBl. I 2014, S. 1218. 735 Dazu, welche Forderungen hierunter fallen, vgl. MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 82 ff. m. w. N.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Pauschale auf einen etwaigen geschuldeten schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch anzurechnen. In der Geltendmachung der Pauschale liegt mithin kein Verzicht auf einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch.736 Die Überleitungsvorschrift findet sich in Art. 229 § 34 EGBGB. Danach gilt die Regelung für nach dem 28.7.2014 abgeschlossenen Verträge sowie im Falle von Dauerschuldverhältnissen bei Vertragsschlüssen zwischen dem 16.3.2013 und dem 28.7.2014, soweit die Gegenleistung nach dem 30. Juni 2016 zu erbringen ist.737 d) §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB Nachdem die Erstattung von Kosten der Verfolgung eines Anspruchs auf Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB für die meisten Fälle wegen (Teil)Unmöglichkeit der Erfüllung der Unterlassungspflicht für die Zeit der Zuwiderhandlung abgelehnt wurde, sei an dieser Stelle auf die Erstattung gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB738 eingegangen. Ist ein Teil einer Leistung unmöglich geworden, kann ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB hinsichtlich dieses Teils bestehen (vgl. §§ 283 S. 1, 281 Abs. 1 S. 2).739 Folgt man jedoch der Meinung, nach der als Schadensersatz statt der Leistung lediglich das Äquivalent für die ursprüngliche Leistung740 verlangt werden kann oder der Ansicht, nach der nur das „Naturalleistungsinteresse“741 ersetzt werden kann, ist eine Erstattung der Kosten der Verfolgung des Anspruchs auf Un terlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung abzulehnen: Die Kosten der Verfolgung des notwendigerweise in die Zukunft gerichteten Unterlassungs anspruchs742 stellen weder ein Äquivalent für die ursprünglich geschuldete Unterlassung dar, noch sind sie vom Interesse an der „planmäßigen Verwendungsmöglichkeit“743 der Unterlassung gedeckt. Hingegen kommt eine Erstattung in Betracht, wenn man davon ausgeht, dass als Schadensersatz statt der Leistung diejenigen Posten ersetzt werden können, die durch die endgültige Nichtleistung verursacht wurden744 und auch, wenn ein Gleichlauf mit der Rechtsprechung zum Nichterfüllungsschaden745 vertreten 736
MünchKomm.BGB-Ernst, § 288 Rdnr. 39. Vgl. hierzu MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 2. 738 Vgl. Fritzsche, S. 402: für § 280 Abs. 1 BGB a. F.; ferner Hösl, S. 42 ff. 739 Staudinger-Schwarze, § 283 Rdnr. 35 ff., 65; ferner Palandt-Grüneberg, § 283 Rdnr. 5. 740 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a) aa). 741 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a) bb). 742 vgl. Fritzsche, S. 215. 743 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a) bb). 744 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a) dd). 745 S. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a) cc). 737
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wird: Nach diesen Ansichten können als Schadensersatz statt der Leistung auch Folgeschäden erstattet werden.746 Die Kosten der Verfolgung des Unterlassungsanspruchs, die insbesondere für eine Abmahnung anfallen, wären nicht aufgewandt worden, hätte der Unterlassungsschuldner die Unterlassungspflicht nicht verletzt. Im Hinblick auf Wettbewerbsverstöße wird hiergegen jedoch angeführt, dass dem entgegenstehe, dass der Gesetzgeber des UWG jeweils nur dem durch einen Wettbewerbsverstoß unmittelbar Verletzten einen Schadensersatzanspruch gewährt habe (§§ 1, 14, 19, 13 VI UWG a. F.; § 9 UWG n. F.).747 Diese gesetzgeberische Entscheidung würde unterlaufen, wenn über §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB auch denjenigen, denen nach dem UWG zwar ein Unterlassungsanspruch, aber kein Schadensersatzanspruch (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2–4 UWG) zusteht, für jeden Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht ein Anspruch auf Schadensersatz gewährt würde. Für den Verstoß gegen eine Pflicht zur Unterlassung unberechtigter Rechtsverfolgung ist zu beachten, dass diese zumeist mangels Parteivereinbarung keine (Neben)Leistungspflicht748 i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB darstellt, sondern vielmehr als Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB besteht749. Der Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB setzt jedoch voraus, dass der Schuldner von einer Haupt- oder Nebenleistungspflicht befreit wurde.750 Geht man mit der h. M. davon aus, dass Neben-, Schutz- bzw. Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB und (Neben)Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB im Alternativitätsverhältnis zueinander stehen,751 ergibt sich Folgendes: Selbst wenn sich durch die (erstmalige) Verletzung der Pflicht zur Unterlassung einer unberechtigten Rechtsverfolgung als Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB, diese zu einer (Neben)Leistungspflicht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB mit entsprechendem Unterlassungsanspruch verdichtet,752 lag eine (Neben)Leistungspflicht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung gerade noch nicht vor. Folgt man freilich der Ansicht Haddings, dass die Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB als auf Erfüllung gerichtete Nebenleistungspflichten unabhängig von einer 746 Vgl. auch MünchKomm.BGB-Ernst, § 283 Rdnr. 13: bei teilweisem Leistungsausschluss Schadensersatz für den ausgebliebenen Teil und etwaige Folgeschäden. 747 Fritzsche, S. 402. 748 Vgl. Hösl, S. 32. 749 Vgl. BGHZ 179, 238 Rdnr. 17; BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 12; Hösl, S. 33 ff. 750 Palandt-Grüneberg, § 283 Rdnr. 3. 751 BT-Drucks. 14/6040, S. 125; Jauernig-Mansel, § 241 Rdnr. 9 ff.; MünchKomm.BGB- Bachmann, § 241 Rdnr. 33, 60 ff.; Palandt-Grüneberg, § 241 Rdnr. 5 ff.; Staudinger-Olzen, § 241 Rdnr. 157; ferner schon Stoll, Leistungsstörungen, S. 27 ff. 752 Vgl. Gröschler, FS Konzen, 109, 116.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Konkretisierung eine „Leistung“ i. S. v. § 241 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB zum Inhalt haben,753 könnte man hieraus folgern, dass §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB unabhängig von der Art der betroffenen Pflicht anwendbar ist. Allerdings besteht mit § 282 BGB eine Spezialregelung für die Frage, wann bei Verletzung einer Pflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden kann.754 Auch wenn man mit Hadding davon ausgeht, dass Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB (Neben)Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB darstellen, ist daher davon auszugehen, dass die richtige Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung bei der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB nicht §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB, sondern vielmehr §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB ist. e) § 280 Abs. 1 BGB Rechtskonfliktkosten können ferner als einfacher Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB erstattungsfähig sein. Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten aus § 280 Abs. 1 BGB stellt sich hinsichtlich jener Posten, die keinen Verzögerungsschaden darstellen und nicht als Schadensersatz statt der Leistung erstattet werden. aa) Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB Wie zu §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB755 und §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB756 erläutert, betreffen die Anwendungsbereiche der genannten Anspruchsgrund lagen grundsätzlich nicht die Erstattung von Rechtskonfliktkosten, die auf der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB beruhen. Sind die Anwendungsbereiche des Schadensersatzes statt der Leistung gem. § 280 Abs. 3 BGB und des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung gem. § 280 Abs. 2 BGB nicht eröffnet, kann ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB bestehen.757 Entsprechend ist anerkannt, dass infolge einer unberechtigten Rechtsanmaßung, sofern diese eine Pflichtverletzung i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB darstellt, ein Anspruch auf Erstattung der Rechtskonfliktkosten aus § 280 Abs. 1 BGB bestehen kann.758
753
Hadding, FS Konzen, 193, 200 ff.; vgl. auch Motzer, JZ 1983, 884, 888. Vgl. auch Hadding, FS Konzen, 193, 212 f. 755 S. o.: Teil 2 § 14 II. 1. c) aa) (1). 756 S. o.: Teil 2 § 14 II. 1. d). 757 Vgl. Jauernig-Jauernig, § 280 Rdnr. 4; MünchKomm.BGB-Ernst, § 280 Rdnr. 2. 758 Hierzu: Becker-Eberhard, S. 65 ff. (zur pFV im alten Schuldrecht); Hösl, S. 48 ff.; aiser, FS Canaris, 531, 533 ff., insb. 539, 541. K 754
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(1) Unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs So kann beispielsweise die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs einen Anspruch des unberechtigt Inanspruchgenommenen hinsichtlich der Kosten, die er zur Abwehr des Angriffs aufwendet, zur Folge haben, sofern die unberechtigte Inanspruchnahme eine Rücksichtnahmepflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB verletzt.759 Unterschiedlich wird im Hinblick auf die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs beurteilt, ob der Putativgläubiger hiermit ohne Weiteres eine Pflicht aus der Sonderverbindung verletzt760 oder ob es vielmehr einer darüber hinausgehenden Feststellung bedarf, dass die etwaige Beeinträchtigung von Interessen, Rechten und Rechtsgütern des anderen Teils durch die Geltendmachung eines Anspruchs auf einer fehlerhaften Abwicklung des Schuldverhältnisses beruht761. Geht man mit dem V. Zivilsenat davon aus, dass die unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen einer Sonderverbindung grundsätzlich eine Pflichtverletzung darstellt, ist zu diskutieren, ob der Putativgläubiger die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).762 Der BGH763 geht – unter Berufung auf Kaiser, die eine „Evidenzkontrolle“ vorschlägt764 – davon aus, dass der Putativgläubiger die Pflichtverletzung lediglich dann zu vertreten habe, wenn die Geltendmachung des Anspruchs einer „Plausibilitätskontrolle“ nicht standhalte. Beständen Unsicherheiten, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Partei vorliegt, solle der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen können, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen. Es sei danach zu fragen, ob der Anspruchsteller seinen Rechtsstandpunkt in der Sache für vertretbar halten durfte.765 759 Vgl. BGHZ 179, 238 Rdnr. 17; BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 10; 2007, 1458 Rdnr. 11; ausführlich hierzu Becker-Eberhard, S. 70 ff.; Hösl, S. 73 ff. 760 Vgl. BGHZ 179, 238 Rdnr. 17; OLG Düsseldorf AnwBl 1969, 446; AG Bonn MDR 1999, 347; AG Gummersbach JurBüro 2001, 144; AG Herford JurBüro 1981, 425 ff.; AG Münster NJW-RR 1994, 1261, 1262; Hösl, S. 83. 761 So BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 12 ff. hierzu Haertlein, MDR 2009, 1 f.; ferner LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106: heranzuziehen seien die für das Feststellungsinteresse im Rahmen einer negativen Feststellungsklage relevanten Kriterien; Deckenbrock NJW 2009, 1247, 1248; vgl. auch MünchKomm.BGB-Ernst, § 280 Rdnr. 14; ferner zur pFV: Becker-Eberhard, S. 72 ff. 762 Vgl. auch Hösl, S. 83. 763 BGHZ 179, 238 Rdnr. 20, 26 f. 764 Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712. 765 Für eine Behandlung dieser Aspekte der gerechten Risikozuweisung im Rahmen des Verschuldens auch: Kaiser, FS Canaris, 531, 545.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Diese Aspekte der Risikozuweisung werden von der Ansicht, nach der es für die Annahme einer Pflichtverletzung bei unberechtigter Geltendmachung eines Anspruchs der Feststellung bedarf, dass die Beeinträchtigung von Interessen, Rechten oder Rechtsgütern des anderen Teils auf einer fehlerhaften Abwicklung der Sonderverbindung beruht, bereits bei der Frage nach dem Vorliegen einer Pflichtverletzung behandelt.766 Die Verortung der Frage nach der richtigen Risikozuweisung und damit das Erfordernis einer Kontrolle der Plausibilität des eigenen Standpunkts im Rahmen der Pflichtverletzung oder aber des Vertretenmüssens wirkt sich auf die Beweislastverteilung aus (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Freilich wird dies im Ergebnis keine großen Unterschieden machen: Die Plausibilität bzw. Vertretbarkeit des eigenen Standpunkts soll nach der Rechtsprechung des BGH für eine Exkulpa tion ausreichen, so dass der Entlastungsbeweis nicht allzu hohe Anforderungen stellt.767 Unabhängig davon, ob die Haftung des Putativgläubigers für die Rechtsverteidigungskosten des Inanspruchgenommenen im Rahmen der Pflichtverletzung oder des Verschuldens problematisiert wird, ist zu beachten, dass es einen Bereich eines „erlaubten Risikos“ bei der Geltendmachung von Ansprüchen geben muss,768 um der Gefahr der Überabschreckung vor der Durchsetzung berechtigter Ansprüche zuvorzukommen.769 Maßgeblich dafür, wie weit der Bereich des „erlaubten Risikos“ abzustecken ist, ist die vertragliche und gesetzliche770 Risikoverteilung im Rahmen der jeweiligen Sonderverbindung.771 (2) Unberechtigte Ausübung eines Gestaltungsrechts Weiterhin kann infolge einer unberechtigten Ausübung eines Gestaltungsrechts ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung aus § 280 Abs. 1 BGB bestehen. Ein solcher Anspruch besteht freilich nicht, wenn mit der unberechtigten Anfechtung, Kündigung oder des unberechtigten Rücktritts die Nichtleistung auf einen (Haupt)Leistungsanspruch einhergeht und für die Verfolgung jenes An766 BGH NJW 2008, 1147 Rdnr. 12 ff.; Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1248; Thole, AcP 209 (2009), 498, 528 f.; zur pFV: Becker-Eberhard, S. 74 ff. 767 Vgl. Haertlein, MDR 2009, 1, 2: die Prüfungspflicht sei so zu bemessen, dass keine Fachkenntnisse verlangt werden; ferner Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1248: die Beweislast umkehr in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB laufe leer. 768 Becker-Eberhard, S. 73 f.; Huber, § 29 V, S. 722: zum Rechtsirrtum. 769 Haertlein, MDR 2009, 1, 3; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712; dies., FS Canaris, 531, 545; Thole, AcP 209 (2009), 498, 525; auch schon oben: Teil 2 § 12 VI. 770 S. o.: Teil 2 Fn. 141. 771 S. o.: Teil 2 § 12 VI.; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 73.
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spruchs oder eines an seine Stelle tretenden Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung Kosten aufgewandt werden. In diesem Fall ist der Anwendungsbereich des § 280 Abs. 2 BGB und/oder § 280 Abs. 3 BGB eröffnet. Die Berufung auf eine die (Haupt)Leistungspflicht sichernde Nebenleistungspflicht zur Leistungstreue ist dann überflüssig;772 ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung des Anspruchs ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. §§ 281, 283 oder 311a Abs. 2 BGB. Beruht die Aufwendung der Rechtskonfliktkosten hingegen gerade auf der unberechtigten Geltendmachung des Gestaltungsrechts, kommt ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht: Wendet beispielsweise ein Mieter zur Verteidigung gegen eine (unwirksame) Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter Kosten für einen Anwalt auf, so steht die Erstattung der Anwaltskosten, die auf der unberechtigten Kündigung beruhen, im Raum. Diese Kosten sind nicht Folge der Nichtleistung bzw. verzögerten Leistung des Vermieters. Hier stellt sich die Frage, inwieweit ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten gem. § 280 Abs. 1 BGB als Schadensersatz neben der Leistung besteht. Unterschiedlich beurteilt wird auch bei der unberechtigten Verfolgung eines Gestaltungsrechts, unter welchen Umständen hierin eine verschuldete Pflichtverletzung liegt. Teilweise wird unter Betonung des Umstandes, dass mit der (unberechtigten) Geltendmachung eines Gestaltungsrechts der Fortbestand eines Vertrages angegriffen werde, davon ausgegangen, dass eine besonders intensive Beeinträchtigung der Interessen des Vertragspartners vorliege und daher – im Gegensatz zur unberechtigten Geltendmachung eines Anspruchs – oftmals ein Verstoß gegen eine Nebenpflicht – nämlich die Leistungstreuepflicht – vorliege.773 Diese Ansicht wird mit dem Hinweis kritisiert, wie bei der unberechtigten Geltendmachung eines Anspruchs sei der Adressat eines unberechtigten Gestaltungsrechts berechtigt, passiv zu bleiben und dem Begehren des Vertragspartners nicht Folge zu leisten. Die Schutzbedürftigkeit des Adressaten einer unberechtigten Geltendmachung eines Anspruchs und des Adressaten der unberechtigten Ausübung eines Gestaltungsrechts sei daher gleich groß.774 Nach hier vertretener Ansicht ist eine differenzierende Betrachtung erforderlich: Geht es um die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Pflichtverletzung und des Vertretenmüssens erfüllt sind. Zur Verhinderung der Überabschreckung vor der berechtigten Geltendmachung von Ansprüchen und Ausübung von Ge772
Kaiser, FS Canaris, 531, 538 f. Becker-Eberhard, S. 67 ff. 774 Vgl. auch Hösl, S. 82. 773 So
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
staltungsrechten muss es jeweils einen Bereich eines „erlaubten Risikos“ hinsichtlich der Richtigkeit des eigenen Standpunktes geben. Wie dargelegt, bestimmen sich die Grenzen jenes Bereichs des „erlaubten Risikos“ nach der vertrag lichen und gesetzlichen Risikoverteilung. Bei der Geltendmachung von Gestaltungsrechten wie Anfechtung, Kündigung oder Rücktritt wird das Bestehen des Vertrages und damit auch der Anspruch des anderen Teils auf die Hauptleistung negiert.775 Im Hinblick hierauf erscheint es angebracht, den Bereich des „erlaubten Risikos“ beispielsweise für den (unberechtigt) kündigenden Vermieter nicht zu großzügig zu bemessen.776 Geht es andererseits beispielsweise um die (unberechtigte) Ausübung eines Widerrufsrechts i. S. v. § 355 BGB, ist dem gesetzlichen Verbraucherschutz Rechnung zu tragen und das Vorliegen einer verschuldeten Pflichtverletzung im Lichte der Verbrauchereigenschaft zu bewerten. (3) Unberechtigtes Bestreiten eines Anspruchs vor Fälligkeit Wird ein Anspruch unberechtigt bestritten, geht dies oft mit der Erfüllung der Voraussetzungen des Schuldnerverzugs einher, so dass die Kosten der Verfolgung des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB verlangt werden können.777 Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung eines Anspruchs könnte sich jedoch aus § 280 Abs. 1 BGB ergeben, wenn der Schuldner das Bestehen des Anspruchs schon vor der Fälligkeit ernsthaft bestreitet.778 In diesem Fall sind die Voraussetzungen des Verzugs nicht erfüllt. Im Hinblick auf einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB ist wiederum anhand der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung im konkreten Fall zu prüfen, ob in dem Bestreiten eines Anspruchs vor Fälligkeit eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt. bb) Nichtleistung und verspätete Leistung Weiterhin könnte an einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB hinsichtlich der nicht gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattungsfähigen Kosten der verzugsbegründenden Erstmahnung gedacht werden. Eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten ist jedoch zu verneinen:779 Zwar stellt die Nichtleistung bei Fälligkeit eine Pflichtverletzung dar. Aus § 280 Abs. 2 BGB ergibt sich jedoch, dass Schadens775 Vgl.
BGHZ 179, 238 Rdnr. 16. hierzu Kaiser, FS Canaris, 531, 536. 777 Becker-Eberhard, S. 77: zu § 286 BGB a. F. 778 Becker-Eberhard, S. 78: zum Anspruch aus pFV nach altem Recht. 779 MünchKomm.BGB-Ernst, § 286 Rdnr. 165 (auch zum Folgenden); für das alte Schuldrecht zur Haftung aus pVV: BGH NJW 1985, 320, 324; BayObLG NJW-RR 1993, 280; Becker- Eberhard, S. 78; Emmerich, JuS 1972, 471, 472; a. A. OLG Köln MDR 72, 606; Schneider, MDR 1959, 899, 901. 776 Ausführlich
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ersatz wegen Verzögerung der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB verlangt werden kann.780 cc) Schlechtleistung Nach Auffassung des BGH kommt ferner bei Lieferung einer mangelhaften Sache für die Anwaltskosten, die der Käufer zur Verfolgung seines Rücktrittsrechts aufgewandt hat, ein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB in Betracht.781 Freilich hängt die Annahme eines Anspruchs auf Schadensersatz neben der Leistung oder aber eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung in diesem Fall davon ab, welcher Meinung man im Hinblick auf die Abgrenzung der Anwendungsbereiche folgt.782 Unter Hinweis darauf, dass Kosten, die der Durchsetzung von Sekundärrechten wie Rücktritt, Minderung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz dienen, im Falle der Nacherfüllung nicht angefallen wären, wird teilweise vertreten, dass jene Rechtsverfolgungskosten vom Schadensersatz statt der Leistung umfasst werden.783 Geht man dagegen mit dem BGH davon aus, dass es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung handelt, bedarf es weiterhin der Entscheidung für die Anwendbarkeit von §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder aber § 280 Abs. 1 BGB. Da die Sekundärrechte grundsätzlich eine Fristsetzung verbunden mit einer Aufforderung zur Nacherfüllung voraussetzen (vgl. §§ 281 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB) und in der mit einer Fristsetzung verbundenen Aufforderung zur Nacherfüllung in der Regel eine (konkludente) Mahnung erblickt werden kann,784 ist die Anwendung der einen oder anderen Anspruchsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Verfolgung von Sekundärrechten allerdings grundsätzlich nicht entscheidend. Unterschiedlich wird weiter beurteilt, ob die Kosten der Verfolgung eines Nacherfüllungsanspruchs nur unter den Voraussetzungen des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB,785 oder aber gem. § 280 Abs. 1 BGB als einfacher Schadensersatz786 erstattet werden können. 780 Palandt-Grüneberg,
§ 286 Rdnr. 44. BGHZ 170, 86 Rdnr. 35. 782 Hierzu s. o.: Teil 2 § 14 I. 4. a). 783 Bamberger/Roth³-Faust, § 437 Rdnr. 67; nunmehr dagegen nur noch die Erstattung als Verzugsschaden erwähnend: Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Faust, § 437 Rdnr. 85. 784 Canaris, JZ 2001, 499, 515; Lorenz/Riehm, Rdnr. 547; Westermann-Buck, S. 157. 785 BT-Drucks. 14/6040, S. 335; Westermann-Buck, S. 156 f. 786 Bamberger/Roth³-Faust, § 437 Rdnr. 67; a. A. aber nunmehr Bamberger/Roth/Hau/ Poseck-Faust, § 437 Rdnr. 85: Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung; vgl. ferner Lorenz/Riehm, Rdnr. 547. 781 Vgl.
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Hier spielt die Heranziehung der einen oder anderen Anspruchsgrundlage auch in der Praxis eine Rolle: Zwar kann in der mit einer Fristsetzung verbundenen Aufforderung zur Nacherfüllung in der Regel eine (konkludente) Mahnung erblickt werden. Die Kosten dieser Aufforderung zur Nacherfüllung – beispielsweise Anwaltskosten – werden jedoch als Verzugsschaden nicht erstattet, sofern nicht gem. § 286 Abs. 2 BGB ausnahmsweise keine Mahnung erforderlich ist. Unterfielen die Kosten der Verfolgung des Nacherfüllungsanspruchs hingegen nicht dem Anwendungsbereich von §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB, so wäre § 280 Abs. 1 BGB anwendbar und die genannten Kosten könnten erstattet werden. Nach der amtlichen Begründung soll insbesondere für Rechtsverfolgungskosten, die dem Verkäufer durch die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs entstehen, die Erfüllung der Verzugsvoraussetzungen von Bedeutung sein.787 Dies scheint zunächst dafür zu sprechen, dass die Kosten der erstmaligen Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs nicht gem. § 280 Abs. 1 BGB erstattet werden können. Allerdings wird in der amtlichen Begründung weiterhin darauf hingewiesen, dass es deswegen praktisch kaum zu Problemen kommen werde, weil in der Aufforderung zur Nacherfüllung, erst recht in Verbindung mit einer Fristsetzung, in aller Regel eine Mahnung zu sehen sein werde.788 Ginge man indes davon aus, dass (auch) für die Erstattung der Kosten des ersten Nacherfüllungsverlangens die Voraussetzungen des Verzugs erfüllt sein müssen, bestünde grundsätzlich – also sofern es einer Mahnung gem. § 286 Abs. 1 BGB bedarf – gerade kein Erstattungsanspruch. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber an die Kosten der ersten Aufforderung zur Nacherfüllung nicht gedacht hat. Zudem ist nach der Gesetzesbegründung die Erstattung des auf der Lieferung einer mangelhaften Sache beruhenden Schadens nicht von der Erfüllung der Voraussetzungen gem. § 286 BGB abhängig, sondern nach § 280 Abs. 1 BGB zu erstatten.789 Als Beispiel für einen nach § 280 Abs. 1 BGB zu erstattenden Schaden wird der Betriebsausfallschaden genannt. Hinsichtlich des durch das erstmalige Nacherfüllungsverlangen entstandenen Schadens liegt insoweit eine mit dem Fall des Betriebsausfallschadens vergleichbare Interessenlage vor, als dieser wie der Betriebsausfallschaden einen Folgeschaden darstellt, der auf der Lieferung einer mangelhaften Sache beruht. Der Betriebsausfallschaden würde unter der Voraussetzung der Mahnung zeitweise 787
BT-Drucks. 14/6040, S. 225. BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 789 BT-Drucks. 14/6040, S. 225 (auch zum Folgenden). 788
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(bis zur Mahnung) nicht erstattet; die Kosten des ersten Nacherfüllungsverlangens würden ebenfalls nicht erstattet. Teilweise wird daher eine unterschiedliche Behandlung dieser Posten für widersprüchlich gehalten.790 Freilich ist die Gewährung des Betriebsausfallschadens im Wege des einfachen Schadensersatzes dadurch gerechtfertigt, dass die Mangelhaftigkeit der Sache möglicherweise zunächst nicht bemerkt und daher eine verzugsbegründende Mahnung nicht ausgesprochen wird, wodurch dem Erwerber keine Nachteile entstehen sollen.791 Anders stellt es sich dagegen bei Rechtsverfolgungskosten dar, da diese erst anfallen, wenn das Leistungsdefizit zu Tage tritt. Es ist daher davon auszugehen, dass Anwaltskosten für das erste Nacherfüllungsverlangen grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. f) §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Ein Anspruch auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten kann sich weiterhin aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten ergeben.792 So kann beispielsweise ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen die Verfolgung vertraglicher Pflichten aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bestehen, wenn die Verfolgung vertraglicher Pflichten mangels Zustandekommens eines Vertrages unberechtigt ist.793 Weiterhin kann eine vorvertrag liche Täuschungshandlung zu einem Anfechtungsrecht (§ 123 BGB) oder Kündigungsgrund führen.794 Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung des jeweiligen Gestaltungsrechts kann dann ebenfalls gem. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bestehen.795 Hinsichtlich der Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Abmahnung besteht grundsätzlich kein Erstattungsanspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB.796 Wie bereits erörtert, ist davon auszugehen, dass Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB voraussetzen, dass eine Sonderverbindung bereits vor einer 790 Lorenz/Riehm, Rdnr. 547; vgl. auch Westermann-Buck, S. 156 f., die hieraus allerdings folgert, dass auch der mangelbedingte Ausfallschaden nicht von § 280 Abs. 1 BGB, sondern allein von § 280 Abs. 1 und 2 BGB erfasst sei. 791 Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Faust, § 437 Rdnr. 85 (auch zum Folgenden). 792 Becker-Eberhard, S. 82; Bitterkühn, NJW 1954, 708; Hösl, S. 110 ff.; Mümmler, JurBüro 1993, 334. 793 AG Geislingen MDR 1979, 578; AG Münster NJW-RR 1994, 1261 f.; Becker-Eberhard, S. 82; Hösl, S. 110 ff. 794 Vgl. BGH NJW 1986, 2243, 2244. 795 Vgl. BGH NJW 1986, 2243, 2244 f. 796 OLG Köln GRUR 2001, 525, 529; Kunath, WRP 2000, 1074, 1075; a. A. Chudziak, GRUR 2012, 133, 137 ff.; Selke, WRP 1999, 286, 288 f.
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etwaigen Pflichtverletzung vorliegt.797 Im Hinblick auf die Kosten der Verteidigung gegen die erstmalige unberechtigte Abmahnung scheidet ein Anspruch gem. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB also bereits mangels Bestehens eines Kontakts vor einer etwaigen Pflichtverletzung aus. Ob im Hinblick auf mögliche weitere Abmahnungen eine die Annahme einer Sonderverbindung rechtfertigende Beziehung besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Nach Auffassung des BGH kann insbesondere eine besondere Schutzbedürftigkeit eines Beteiligten das Entstehen einer Sonderverbindung rechtfertigen.798 2. GoA – § 678 BGB Teilweise wird davon ausgegangen, dass dem Adressaten einer unberechtigten Abmahnung ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen den Angriff aus § 678 BGB gegen den unberechtigt Abmahnenden zustehen kann.799 Hintergrund dieser Ansicht ist, dass nach früherer Rechtslage800 infolge einer Entscheidung des BGH801 aus dem Jahr 1969 dem berechtigt einen Wettbewerbsverstoß Abmahnenden sowie auch heute noch im Kennzeichenrecht dem berechtigt Abmahnenden, ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung aus §§ 677, 683, 670 BGB gewährt wird.802 Ein Anspruch aus § 678 BGB wird nicht bereits durch die Regelung eines Anspruchs auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten des missbräuchlich Abgemahnten in § 8 Abs. 4 S. 2 UWG, der durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 8.10.2013 eingeführt wurde,803 ausgeschlossen. Vielmehr bleiben gem. § 8 Abs. 4 S. 3 UWG weitergehende Ansprüche unberührt.804 Nach zum Teil vertretener Ansicht wird ein Rückgriff auf Ansprüche aus GoA im Wettbewerbsrecht jedoch durch § 12 Abs. 1 S. 2 UWG insgesamt, also auch für den unberechtigt Abgemahnten, dem § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gerade keinen Anspruch gewährt, ausgeschlossen.805 797
S. o.: Teil 2 § 14 II. 1. a). BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 14; hierzu schon oben: Teil 2 § 14 II. 1. a). 799 OLG Frankfurt a. M. GRUR 1989, 858; OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857, 858; GRUR 1983, 200, 201; OLG München GRUR-RR 2008, 461; LG Düsseldorf GRUR 1989, 543, 544; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, § 4 UWG Rdnr. 4.183; MünchKomm.BGB6-Seiler, § 678 Rdnr. 9; Vossler MDR 2009, 300, 301; a. A. LG Mannheim GRUR 1985, 328, 329; Ahrens, NJW 1982, 2477, 2478: wegen Dazwischentretens des Abgemahnten durch Tätigung freiwilliger Aufwendungen keine Zurechenbarkeit. 800 Heute besteht mit § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ein spezialgesetzlicher Anspruch. 801 BGHZ 52, 393 ff. 802 Hierzu s. u.: Teil 2 § 15. 803 BGBl. I 2013, S. 3714, 3716. 804 Vgl. auch Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler/Feddersen, § 8 UWG Rdnr. 4.6. 805 OLG Hamm NJOZ 2010, 2522, 2523. 798
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Dem ist jedoch nicht zu folgen. Der Gesetzgeber wollte mit § 12 Abs. 1 S. 2 UWG die Rechtsprechung nachvollziehen, die dem berechtigt Abmahnenden aus §§ 683, 677, 670 BGB einen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen gewährt hat.806 Auf die Folgen einer unberechtigten Abmahnung geht die Gesetzesbegründung hingegen nicht ein. Höchst fraglich ist allerdings, ob der unberechtigt Abmahnende ein Geschäft des Abgemahnten führt.807 Bejaht man dies, kommt es insbesondere auf das Vorliegen eines Übernahmeverschuldens des Abmahnenden an. An die Sorgfaltspflichten des Abmahnenden dürfen im Wettbewerbsrecht allerdings nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, weil die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs durch zu große Haftungsrisiken übermäßig erschwert würde, obwohl die privatrechtliche Wahrung des lauteren Wettbewerbs vom Gesetzgeber gerade vorgesehen ist.808 Zweifel an der Berechtigung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung reichen für einen Sorgfaltspflichtverstoß daher nicht aus.809 3. Deliktsrecht Steht die Erfüllung eines deliktischen Tatbestands durch eine Handlung fest, können die Kosten einer (berechtigten) Rechtsverfolgung als durch die Verletzungshandlung adäquat verursachter Schaden im Rahmen einer deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlage erstattungsfähig sein.810 Soll hingegen die deliktische Haftung für Rechtskonfliktkosten erst damit begründet werden, dass durch eine (unberechtigte) Rechtsanmaßung ein deliktisch geschütztes Rechtsgut verletzt wird, ergeben sich Schwierigkeiten. Im Folgenden wird daher zwischen der Erstattung von Rechtsverfolgungskosten bei berechtigter Rechtsverfolgung und der Erstattung von Kosten, die bei der Verteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsanmaßung anfallen, differenziert. a) Kosten der berechtigten Rechtsverfolgung Wie bereits erwähnt, kann sich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs aus der den Schadensersatzanspruch ge806
BT-Drucks 15/1487, S. 25. Vgl. – verneinend – zum Anspruch des berechtigt Abmahnenden aus §§ 677, 683, 670 BGB: Bärenfänger, GRUR 2012, 461, 463; Einsiedler, WRP 2003, 354; Loritz, S. 20 f.; Schmid, GRUR 1999, 312, 313; Stein/Jonas22-Bork, vor § 91 Rdnr. 18 und ebd. Fn. 54; s. u.: Teil 2 § 15. 808 Ahrens, NJW 1982, 2477, 2479; Harte/Henning-Omsels, § 4 Nr. 4 UWG Rdnr. 185. 809 OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857, 858; GRUR 1983, 200, 202; Hösl, S. 138; vgl. auch OLG München GRUR-RR 2008, 461, 463. 810 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa). 807
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währenden Anspruchsgrundlage ergeben.811 Wird etwa ein Anspruch des allgemeinen Deliktsrechts (§§ 823 ff. BGB) oder auch ein Schadensersatzanspruch aus dem Straßenverkehrsrecht (§§ 7, 18 StVG) verfolgt, können die dafür aufgewandten Kosten einen durch die Verletzungshandlung adäquat verursachten Schaden darstellen.812 Ferner können auch die Kosten, die der Beseitigung der Rechtsgutsverletzung oder der Durchsetzung der zukünftigen Unterlassung dienen, einen zu erstattenden Schadensposten darstellen. So sind etwa bei einer Verletzung des Sorgerechts, das als absolutes Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist,813 die Detektivkosten, die der Ermittlung des Aufenthalts der Kinder für ihre Rückführung dienen, gem. § 823 Abs. 1 BGB zu erstatten, sofern sie aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erscheinen.814 Ebenso können die Kosten einer Abmahnung, die der Durchsetzung der Unterlassung der künftigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dienen, gem. § 823 Abs. 1 erstattungsfähig sein.815 Besondere Bedeutung erlangt die Ersatzfähigkeit von Kosten nach deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen für die Abmahnung von Verstößen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Mangels eine Sonderverbindung begründenden vorherigen Kontakts des Abmahners und des Abgemahnten scheiden Schadensersatzansprüche aus §§ 280 ff. BGB jedenfalls im Hinblick auf die erste Abmahnung aus.816 Zunächst können sondergesetzliche Schadensersatzansprüche wie § 9 UWG,817 §§ 14 Abs. 6,818 15 Abs. 5819 MarkenG, § 139 Abs. 2 PatG,820 § 24 Abs. 2 GebrMG,821
811
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) aa). Becker-Eberhard, S. 56 f.; Nixdorf, VersR 1995, 257; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 17. 813 BGHZ 111, 168, 172; RGZ 141, 319, 320; OLG Koblenz FamRZ 1958, 137, 138; OLG Köln FamRZ 1963, 447; OLG Nürnberg FamRZ 1959, 71; OLG Schleswig FamRZ 1965, 224; Erman-Wilhelmi, § 823 Rdnr. 46; MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 302; Palandt-Sprau, § 823 Rdnr. 17; Staudinger-Hager, § 823 Rdnr. B 183. 814 Vgl. BGHZ 111, 168, 174 ff. 815 Vgl. BGH NJW 2011, 155 Rdnr. 11. 816 S. o.: Teil 2 § 14 II. 1. a). 817 Vgl. BGH GRUR 2007, 631 ff.; OLG Frankfurt a. M. GRUR 1985, 239 (zu §§ 3, 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG a. F.); Harte/Henning-Goldmann, § 9 UWG Rdnr. 116 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, § 9 UWG Rdnr. 1.29; Ohly/Sosnitza-Ohly, § 9 Rdnr. 11. 818 Vgl. hierzu BGH GRUR 2011, 817 Rdnr. 26; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 122; Fezer, § 14 Rdnr. 1041. 819 BGH GRUR 2010, 239 Rdnr. 51. 820 BGHZ 170, 338 Rdnr. 45; Mes, § 139 PatG Rdnr. 189, 274. 821 Mes, § 24 GebrMG Rdnr. 70 f. 812
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§ 97 Abs. 2 UrhG,822 die dem Deliktsrecht im weiteren Sinne zuzuordnen sind,823 auf die Erstattung der Kosten der (berechtigten) Abmahnung bzw. Verwarnung des spezialgesetzlich untersagten Verhaltens sowie der Kosten der Verfolgung der genannten Schadensersatzansprüche824 gerichtet sein.825 Inwieweit neben die spezialgesetzlichen Ansprüche Forderungen aus allgemeinem Deliktsrecht treten können, hängt davon ab, ob die jeweilige spezial gesetzliche Regelung für das betroffene Verhalten eine abschließende Spezial regelung darstellt.826 b) Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsverfolgung Sondergesetzliche Aufwendungsersatzansprüche wie §§ 8 Abs. 4 S. 2 UWG; § 97a Abs. 4 S. 1 UrhG für die Kosten der Rechtsverteidigung gegen die unberechtigte Rechtsverfolgung sind die Ausnahme.827 Nur in seltenen Fällen stellt die unberechtigte Rechtsanmaßung oder das unberechtigte Bestreiten einer Rechtsposition für sich eine deliktsrechtlich relevante Handlung dar.828 Typischerweise scheitern deliktische Ansprüche daran, dass es an einem Eingriff in eines der gem. § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte fehlt.829 aa) Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb Zunächst wird durch die Geltendmachung eines nicht bestehenden Anspruchs oder die Negierung einer bestehenden Rechtsposition grundsätzlich nicht in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.830 (1) Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung Nach der Rechtsprechung des BGH kann jedoch im Falle einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in 822 Vgl.
Ewert/v. Hartz, ZUM 2007, 450: zu § 97 Abs. 1 UrhG a. F. Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, Einl. Rdnr. 7.2; Lettl, § 1 Rdnr. 1. 824 Vgl. für § 9 UWG: Harte/Henning-Goldmann, § 9 UWG Rdnr. 123; für § 14 MarkenG: BGH GRUR 2010, 239 Rdnr. 51. 825 Becker-Eberhard, S. 57 f. 826 Hierzu Becker-Eberhard, S. 58 f.; für das Lauterkeitsrecht: BGH MDR 1985, 291 f.; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, Einl. Rdnr. 7.3 ff.; Lettl, § 10 Rdnr. 64; zum Markenrecht: Fezer, § 2 Rdnr. 56 ff.; zum Urheberrecht: Loewenheim-Vinck, § 81 Rdnr. 64. 827 Vgl. auch Hofmann, ZfPW 2018, 152, 160. 828 Becker-Eberhard, S. 82 ff.; Hösl, S. 115 ff. 829 Hofmann, ZfPW 2018, 152, 160. 830 Becker-Eberhard, S. 84; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 819; Hösl, S. 124 ff. 823
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den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bestehen, der insbesondere auch auf die Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen die Verwarnung gerichtet ist.831 (2) Unberechtigte Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes Eine Ausweitung der Grundsätze zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf die Fälle der unberechtigten Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes wird allgemein abgelehnt:832 Nach dem BGH könne der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrecht lichen Abmahnung diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, weil mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit einer Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergingen.833 In der Literatur wird gegen die Übertragung der Grundsätze zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung zudem angeführt, dass das Institut der Abmahnung als gesetzlich vorgesehene Vorstufe des gerichtlichen Verfahrens (§ 12 Abs. 1 S. 1 UWG), das auch dem Interesse des Abgemahnten diene, gefährdet würde, wenn das Haftungsrisiko für den Abmahner zu groß wäre.834 Zudem spreche das Grundrecht des Abmahners aus Art. 5 Abs. 1 GG für die Zulässigkeit einer Abmahnung ohne ein zu großes Haftungsrisiko. Ein Rückgriff auf § 823 Abs. 1 BGB sei neben dem Schadensersatzanspruch aus § 9 S. 1 UWG entbehrlich; jedenfalls könne § 823 Abs. 1 BGB keinen weitergehenden Schutz begründen.835 Andere weisen darauf hin, dass ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb lediglich bei unmittelbaren Beeinträchtigungen des Betriebs als solchen vorliege.836 Schutzrechtsverwarnungen könnten eine Einstellung der Produktion oder des Vertriebs zur Folge haben und seien daher viel belastender als Verwarnungen wegen eines Wettbewerbsverstoßes, die beispielsweise ledig831 BGHZ 164, 1 ff.; 62, 29; 38, 200, 204; BGH NJW-RR 1998, 331, 332; schon RGZ 58, 24, 27 ff.; Palandt-Sprau, § 823 Rdnr. 140; krit. Faust, JZ 2006, 365, 368; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 81 III 4., S. 554 f.; MünchKomm.BGB-Wagner, § 823 Rdnr. 329; Sack, NJW 2009, 1642 ff.; Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3471: wettbewerbsrechtliche Ansprüche begründeten ausreichenden Schutz für den Fall der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung. 832 Vgl. hierzu Deutsch, GRUR 2006, 374, 378 f.; MünchKomm.UWG-Ann/Hauck, Teil I. Rdnr. 137; jeweils m. w. N. 833 BGH GRUR-RR 2011, 343; GRUR 2011, 152 Rdnr. 63; zustimmend Spindler, GRUR 2011, 101, 106. 834 Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, § 4 UWG Rdnr. 4.166 (auch zum Folgenden). 835 Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, § 4 UWG Rdnr. 4.168. 836 Chudziak, GRUR 2012, 133, 136 unter Verweis auf BGHZ 52, 393, 397 f.; vgl. ferner BGHZ 163, 9, 15 f.; BGH NJW 1983, 812, 813.
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lich zur Einstellung bestimmter Werbemaßnahmen führten.837 Eine unmittelbare Beeinträchtigung liege daher nur bei unberechtigten Abmahnungen, die die Verletzung eines Schutzrechts betreffen, nicht aber im Hinblick auf Abmahnungen, mit denen vermeintliche Wettbewerbsverstöße geltend gemacht werden, vor.838 bb) Allgemeines Persönlichkeitsrecht Abzulehnen ist die Ansicht des AG Bad Homburg839, nach der die unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs regelmäßig zu einer Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führe.840 Durch die unberechtigte Rechtsanmaßung wird grundsätzlich gerade nicht die Erheblichkeitsschwelle zu einer Persönlichkeitsverletzung überschritten.841 Nur im Ausnahmefall begründet die Art und Weise und der Inhalt der Rechtsanmaßung eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.842 So kann beispielsweise ein besonders ehrverletzendes Vorgehen bei der Rechtsanmaßung eine Verletzungshandlung begründen.843 4. Haftung des Drittschuldners gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO Ferner kann sich insbesondere aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO ein auf die Erstattung von Rechtskonfliktkosten gerichteter Schadensersatzanspruch ergeben. Verletzt der Drittschuldner seine Auskunftspflicht844 aus § 840 Abs. 1 ZPO und muss der Vollstreckungsgläubiger deswegen Kosten aufwenden, um sich Gewissheit über die Existenz und Durchsetzbarkeit der Forderung zu verschaffen, so gewährt § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO dem Vollstreckungsgläubiger einen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Drittschuldner.845 837
Chudziak, GRUR 2012, 133, 136; Selke, WRP 1999, 286, 287. Chudziak, GRUR 2012, 133, 136 unter Verweis auf OLG Köln GRUR 2001, 525, 529. 839 AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 840 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 17; LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106; Althammer, FS Stürner, 95, 106; Becker-Eberhard, LMK 2007, 220539; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 819; Haller, JurBüro 1997, 342, 344; Hösl, S. 123; Lipp, JuS 1990, 790, 792; Vossler, MDR 2009, 300. 841 Becker-Eberhard, S. 85 ff.; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 819; Hösl, S. 121 ff. 842 Becker-Eberhard, S. 85; Hösl, S. 122 f. 843 Becker-Eberhard, S. 85 f.; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 819; Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S. 303 ff. 844 BGH NJW 2010, 1674 Rdnr. 12; Becker-Eberhard, S. 90 f.; dieser Pflicht entspricht kein (gerichtlich durchsetzbarer) Anspruch, vgl. BGHZ 91, 126, 128 f.; BGH NJW-RR 2006, 1566 Rdnr. 10; Musielak/Voit-Becker, § 840 Rdnr. 8: Obliegenheit bzw. Handlungslast des Drittschuldners; MünchKomm.ZPO-Smid, § 840 Rdnr. 2; Zöller-Herget, § 840 Rdnr. 15. 845 Becker-Eberhard, S. 90 f. 838
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III. Zusammenfassung zu § 14 Schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlagen können auf die Erstattung von Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten gerichtet sein. Die Zwecke, Prinzipien und Interessenbewertungen der prozessualen Kostenerstattung können auf die schadensersatzrechtliche Erstattung ausstrahlen. Inwieweit sie einen Ausschluss bzw. eine Begrenzung etwaiger neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretender oder diesem entgegengerichteter schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsansprüche gebieten, ist eine Frage der Auslegung der schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage sowie der betroffenen prozessualen Kostenvorschriften. Die den prozessualen Kostenvorschriften zu Grunde liegenden Zwecke, Prinzipien und Interessenbewertungen können bei Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Zurechenbarkeit zu berücksichtigen sein. Ferner können sie bereits bei der Frage, wann ein haftungsbegründendes Verhalten vorliegt, relevant sein. Insbesondere ist bei gutgläubiger Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens zum Zwecke der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung ein haftungsfreier Raum zu befürworten. Für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kommen als mögliche schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlagen insbesondere die Schadensersatzansprüche aufgrund (Schuldner)Verzugs (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB), culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), deliktsrechtlicher Haftung (insb. §§ 823 ff. BGB), Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch den Drittschuldner (§ 840 ZPO) in Betracht. Inwieweit Rechtskonfliktkosten auch als Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung erstattungsfähig sind, hängt von der (streitigen) Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Schadensersatzes statt der Leistung und des Schadensersatzes neben der Leistung ab. Die für einen Anspruch nach §§ 280 ff. BGB erforderliche Sonderbeziehung entsteht nicht ohne Weiteres durch eine unberechtigte Inanspruchnahme. Der Ansicht, die mit der Figur der „culpa in petendo“ eine Haftung für die Rechts verteidigungskosten befürwortet, die infolge einer (ersten) unberechtigten Inanspruchnahme angefallen sind, ist nicht zu folgen. Ob durch die erste unberechtigte Rechtsanmaßung eine Sonderverbindung begründet wird und daher die etwaige weitere Geltendmachung der zweifelhaften Rechtsposition zur Haftung für die Rechtskonfliktkosten des Angegriffenen gem. § 280 Abs. 1 BGB führen kann, hängt maßgeblich von dem für die Begründung einer Sonderverbindung verfolgten Ansatz ab. Ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB kann im Falle der Verfolgung von Ansprüchen, die auf ein positives Tun gerichtet sind, bestehen. Grundsätzlich scheidet diese An-
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spruchsgrundlage hingegen für die Erstattung der Kosten der Verfolgung eines auf die Unterlassung eines Wettbewerbsverstoßes bzw. allgemein einer unberechtigten Rechtsverfolgung gerichteten Anspruchs aus. Ein Verzugsschadensersatzanspruch kann jedoch im Falle eines Verstoßes gegen ein befristetes pactum de non petendo bestehen, wenn der Anfangszeitpunkt keine überragende Bedeutung hat. Nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sind nur diejenigen Schäden erstattungsfähig, die gerade auf dem Verzug beruhen. Die Kosten der ersten – verzugsbegründenden – Mahnung sind nicht gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erstattungsfähig. Ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsverfolgung kommt nur in Betracht, wenn die Pflicht zur Unterlassung der unberechtigten Rechtsverfolgung (ausnahmsweise) eine (Neben)Leistungspflicht i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB darstellt. Werden Rücksichtnahmepflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB verletzt, können darauf beruhende Rechtskonfliktkosten nach § 280 Abs. 1 BGB erstattungsfähig sein. Mit der unberechtigten Geltendmachung eines Anspruchs im Rahmen einer Sonderbeziehung können Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB verletzt werden. Allerdings muss es bei der Geltendmachung von Ansprüchen einen Bereich eines „erlaubten Risikos“ geben; die dem Grunde oder der Höhe nach unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen darf nicht ohne Weiteres zu einem Erstattungsanspruch gegen den Putativgläubiger führen. Maßgeblich dafür, wie weit der Bereich des „erlaubten Risikos“ abzustecken ist, ist die vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung im Rahmen der jeweiligen Sonderverbindung. Weiterhin kann infolge einer unberechtigten Ausübung eines Gestaltungsrechts ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung aus § 280 Abs. 1 BGB bestehen, sofern hiermit nicht die Nichtleistung auf einen (Haupt)Leistungsanspruch einhergeht und die Kosten zur Verteidigung hiergegen aufgewandt werden (da im letzteren Fall nur unter den weiteren Voraussetzungen der § 280 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ein Schadensersatzanspruch bestünde). Zur Verhinderung der Überabschreckung vor der berechtigten Ausübung von Gestaltungsrechten muss es wiederum einen Bereich eines „erlaubten Risikos“ hinsichtlich der Richtigkeit des eigenen Standpunktes geben. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn der Schuldner das Bestehen des Anspruchs schon vor der Fälligkeit ernsthaft bestreitet. Die Kosten eines Nacherfüllungsverlangens sind grundsätzlich nicht gem. § 280 Abs. 1 BGB, sondern nur als Verzögerungsschaden gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB zu erstatten.
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Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen die Verfolgung vertraglicher Pflichten kann gem. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bestehen, wenn die Verfolgung vertraglicher Pflichten mangels Zustandekommens eines Vertrages unberechtigt ist. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verfolgung eines Gestaltungsrechts kann sich aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ergeben, wenn aufgrund einer vorvertragliche Täuschungshandlung ein Anfechtungsrecht (§ 123 BGB) oder Kündigungsgrund besteht. Ein Anspruch aus § 678 BGB kann nach teilweise vertretener Auffassung hinsichtlich der Kosten einer Verteidigung gegen eine unberechtigte Abmahnung bestehen. Höchst fraglich ist jedoch, ob der unberechtigt Abmahnende ein Geschäft des Abgemahnten führt. Bejaht man dies, wird es im Wettbewerbsrecht jedenfalls oft am Übernahmeverschulden des Abmahnenden fehlen. Weiterhin kommen für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten deliktische Anspruchsgrundlagen in Betracht. Insbesondere die Kosten der Verfolgung des jeweiligen Schadensersatzanspruchs können im Rahmen der betreffenden Anspruchsgrundlage als Folgeschaden erstattungsfähig sein. Ferner können auch die Kosten, die der Beseitigung der Rechtsgutsverletzung oder der Durchsetzung der zukünftigen Unterlassung dienen, einen zu erstattenden Schadensposten darstellen. Nur selten gewähren deliktische Anspruchsgrundlagen dagegen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Rechtsverfolgung. Denn die unberechtigte Rechtsanmaßung oder das unberechtigte Bestreiten einer Rechtsposition für sich stellt zumeist keine deliktsrechtlich relevante Handlung dar. Durch die Geltendmachung eines nicht bestehenden Anspruchs oder die Negierung einer bestehenden Rechtsposition wird grundsätzlich nicht in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird in der Praxis im Falle der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gemacht. Die unberechtigte Rechtsanmaßung führt grundsätzlich auch nicht wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu einer Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB. Durch die unberechtigte Rechtsanmaßung wird in aller Regel nicht die Erheblichkeitsschwelle zu einer Persönlichkeitsverletzung überschritten.
§ 15 Aufwendungsersatzanspruch aus GoA Diskutiert wird für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten weiterhin der Anspruch auf Aufwendungsersatz aus GoA. Der BGH hat mit Urteil vom 15.10.1969 entschieden, dass ein Verband zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs hinsichtlich der Kosten für eine (berechtigte) wettbewerbsrechtliche Abmahnung einen Anspruch aus §§ 683, 677,
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670 BGB haben kann.846 Zur Begründung führt der BGH an, dass durch einen Wettbewerbsverstoß und die damit einhergehende Unklarheit, ob eine Wieder holung des Wettbewerbsverstoßes bevorstehe, ein Störzustand entstehen könne, den der Störer in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB auf seine Kosten zu beseitigen habe. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass derjenige, der vom Störer die Beseitigung der Störung verlangen kann, gem. § 683 BGB Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen als Geschäftsführer ohne Auftrag habe, soweit er seinerseits bei der Beseitigung der Störung helfe und dabei im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig werde.847 Die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus GoA seien auch im Hinblick auf die Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung erfüllt. Denn die vorprozessuale Abmahnung des Störers sei geeignet, zur beschleunigten Beseitigung der entstandenen Unklarheit beizutragen und liege auch im Interesse des Störers, der Gelegenheit erhalte, einen kostspieligeren Rechtsstreit zu vermeiden. In der Praxis hat der Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. §§ 683, 677, 670 BGB in der Folge erhebliche Bedeutung erlangt.848 Heute gewähren zwar § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sowie § 97a Abs. 3 UrhG Ansprüche auf Erstattung der für die berechtigte Abmahnung von Wettbewerbsverstößen bzw. Urheberrechtsverletzungen erforderlichen Aufwendungen. Von Relevanz ist der Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag jedoch nach heutiger Rechtslage noch dort, wo spezialgesetzlich kein (verschuldensunabhängiger) Anspruch auf Aufwendungsersatz normiert ist.849 So wird im Markenrecht für die Kosten der Abmahnung einer Markenverletzung der Anspruch aus §§ 683, 677, 670 BGB herangezogen.850 Hösl spricht sich zudem für eine Ausdehnung der Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten auf die Fälle der Aufwendung von Kosten für die Abwehr einer unberechtigten Rechtsverfolgung aus.851 Der BGH führt hiergegen an, dass die Verteidigung gegen eine Rechtsverfolgung keine dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Rechtsverfolgers entsprechende Maßnahme darstelle und die Rechtsprechung zur Erstattung der Abmahn 846
BGHZ 52, 393 ff. Unter Verweis auf BGH NJW 1966, 1360; RGZ 167, 55, 58 f. 848 BGHZ 115, 210, 212; BGH GRUR 1991, 679, 680; 1984, 129, 131; NJW 1984, 2525; OLG Frankfurt a. M. MDR 1985, 414; Becker-Eberhard, S. 107; Harte/Henning-Brüning, § 12 UWG Rdnr. 78. 849 Szalai, DZWIR 2014, 1, 4 Fn. 18. 850 BGH GRUR 2011, 754 ff.; OLG Hamburg GRUR-RR 2008, 370; OLG München MMR 2010, 100, 101; Fezer, § 14 Rdnr. 1077; Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14–19d Rdnr. 296. 851 Hösl, S. 141 ff. 847
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kosten aus §§ 683, 677, 670 BGB auf den Besonderheiten und Gepflogenheiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes beruhe und nicht verallgemeinert werden könne.852 Auch in der Literatur findet eine Verallgemeinerung der dargestellten Rechtsprechung keinen Anklang.853 Kritik wird in der Literatur aber auch für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes an der Rechtsprechung des BGH geäußert.854 Teilweise wird darauf hingewiesen, es handele sich bei der Abmahnung schon nicht um die Besorgung eines fremden Geschäfts.855 Ob dieser Ansicht Folge geleistet wird, hängt davon ab, wie das Fremdgeschäft definiert wird.856 So weist Becker-Eberhard857 darauf hin, dass ein Fremdgeschäft nicht nur vorliege, wenn der Geschäftsherr, wäre er in der Situation des Geschäftsführers, das Geschäft in der gleichen Art und Weise wie der Geschäftsführer durchführen würde und könnte; es reiche vielmehr aus, wenn der Geschäftsführer in irgendeiner Weise im Rechtskreis des anderen tätig werde. So werde insbesondere auch in den Rettungsfällen davon ausgegangen, dass der Retter im Rechtskreis des in Not Geratenen tätig werde. Mit den Kritikern ist allerdings davon auszugehen, dass jedenfalls die erste Abmahnung grundsätzlich nicht im Interesse des Abgemahnten liegt, da dieser bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ohne vorherige Abmahnung die Kostentragung gem. § 93 ZPO durch ein sofortiges Anerkenntnis hätte abwenden können. Durch die erste Abmahnung verhindert der Abmahner lediglich die infolge eines sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO für ihn negative Kostenfolge.858 Im Hinblick auf die danach regelmäßig erst im Interesse des Abgemahnten liegende wiederholte Abmahnung bereitet weiterhin die Begründung, dass die Geschäftsführung dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahn852 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 16; auch schon BGH NJW 1986, 2243, 2245; a. A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566, 568. 853 Althammer, FS Stürner, 95, 107; Becker-Eberhard, ZZP 119 (2006), 120, 124; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 826. 854 Ausführlich hierzu Bärenfänger, GRUR 2012, 461 ff.; Becker-Eberhard, S. 109 ff.; Oppermann, AcP 193 (1993), 497, 516 ff. 855 Bärenfänger, GRUR 2012, 461, 463; Einsiedler, WRP 2003, 354; Loritz, S. 20 f.; Schmid, GRUR 1999, 312, 313; Stein/Jonas22-Bork, vor § 91 Rdnr. 18. 856 Krit. zur Voraussetzung des Fremdgeschäfts: Staudinger-Bergmann, Vor §§ 677 ff. Rdnr. 34, 116 ff., insb. Rdnr. 130: Die angebotenen Definitionen beschränkten sich weitgehend auf Leerformeln; das tatbestandliche Vorliegen der Fremdheit sei damit größtenteils argumentationsoffen. 857 Becker-Eberhard, S. 112. 858 Bärenfänger, GRUR 2012, 461, 463; Becker-Eberhard, S. 119 f.; Einsiedler, WRP 2003, 354, 355; Stein/Jonas22-Bork, vor § 91 Rdnr. 18 Fn. 54.
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ten entspricht (§ 683 S. 1 BGB), Schwierigkeiten. Die Nichtbefolgung der ersten Abmahnung lässt eher darauf schließen, dass der Abgemahnte an einer außerprozessualen Störungsbeseitigung nicht interessiert ist.859 Insoweit wird für die wettbewerbsrechtliche Abmahnung freilich darauf hingewiesen, dass der freie Wettbewerb ein Rechtsgut der Allgemeinheit und ein entgegenstehender Wille des Abgemahnten daher gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB unbeachtlich sei.860 Nach heutiger Rechtslage bedarf es wegen § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aber gerade keines Rückgriffs mehr auf den Anspruch aus GoA. Im Kennzeichenrecht, wo der Anspruch aus GoA mangels spezialgesetzlicher Regelung noch herangezogen wird, kann so jedoch nicht argumentiert werden: Anders als im Lauterkeitsrecht besteht an der Beseitigung der Kennzeichenverletzung kein im Rahmen von § 679 Alt. 1 BGB erforderliches, besonderes861 öffentliches Interesse.862 Ist im Einzelfall davon auszugehen, dass die Abmahnung dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entspricht, müssen die Aufwendungen sich für den Abmahnenden weiterhin als erforderlich darstellen (§ 670 BGB).863 Mit Blick auf die Argumentation für die Begründung eines Anspruchs auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten aus §§ 683, 677, 670 BGB – die Vermeidung von im Vergleich zu den Kosten der Abmahnung höheren Kosten eines Gerichtsverfahrens – ist zudem darauf hinzuweisen, dass dieser Anspruch sich jedenfalls nicht auf Kosten beziehen kann, die infolge der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung anfallen.864
859
Becker-Eberhard, S. 120 (auch zum Folgenden). LG Düsseldorf NJW 1982, 239, 240; LG Frankfurt a. M. WRP 1977, 129, 130; LG Freiburg NJW 1976, 2216, 2217; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 824; Hiersemann, NJW 1971, 777, 781; Loewenheim, WRP 1979, 839, 842. 861 Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 824, 826; MünchKomm.BGB-Schäfer, § 679 Rdnr. 7 f.; Palandt-Sprau, § 679 Rdnr. 3; Staudinger-Bergmann, § 679 Rdnr. 21: es genügt nicht das allgemeine Interesse der Rechtsgemeinschaft an einem pflichtgemäßen Verhalten. 862 Bärenfänger, GRUR 2012, 461, 463. 863 Vgl. zur Erforderlichkeit der Kosten für einen Patentanwalt für eine markenrechtliche Abmahnung: BGH GRUR 2011, 754 Rdnr. 15 ff.; Bärenfänger, GRUR 2012, 461, 465; Zur Voraussetzung der Erforderlichkeit für die Erstattungsfähigkeit im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs schon oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2). 864 Becker-Eberhard, S. 122. 860
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
§ 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO Die ganz h. M.865 lehnt eine analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften ab. Nach a. A. sind die Kostenvorschriften der ZPO als Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs im außerprozessualen Bereich hingegen analog heranzuziehen.866
I. Hintergrund Hintergrund der Erwägung einer analogen Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften zur Begründung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im außerprozessualen Bereich ist, dass die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen keine umfassende Erstattung von Rechtskonfliktkosten ermöglichen.867 Dies beruht zum einen auf der grundsätzlichen Verschuldensabhängigkeit der Schadensersatzansprüche und zum anderen darauf, dass im deliktischen Bereich ein allgemeiner Vermögensschutz nicht vorgesehen und insbesondere § 823 Abs. 1 BGB auf den Schutz bestimmter Rechtsgüter beschränkt ist. Nicht überzeugen kann jedoch die Erwägung Bergmanns, die (berechtigte) Rechtsdurchsetzung müsse zur Erstattung der dafür notwendigen Kosten führen, weil sie der Behauptung des eigenen Rechts diene, wodurch die Verwirklichung der objektiven Rechtsordnung gefördert werde.868 Insbesondere wird hierbei nicht berücksichtigt, dass in Rechtskonflikten typischerweise Zweifel hinsichtlich der betroffenen Rechtsposition bestehen.869 Bei zweifelhaften Rechtsposi tionen ist jedoch zu befürchten, dass die Gewährung von verschuldensunabhängigen Kostenerstattungsansprüchen nicht zu einer Förderung der Rechtsdurchsetzung, sondern vielmehr infolge des Haftungsrisikos zur Abschreckung des Rechtsinhabers vor der Rechtsdurchsetzung führt.870 Einen Bereich eines „er865 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 19 ff.; 1988, 2032, 2034; OLG Hamburg GRUR 1983, 200, 201; Althammer, FS Stürner, 95, 107 f.; Becker-Eberhard, S. 126 ff.; ders., ZZP 101 (1988), 303, 312 ff.; Dittmar, NJW 1986, 2088, 2090; Habscheid, NJW 1958, 1002; Hiersemann, NJW 1971, 777, 781; Hösl, S. 156 f.; Jerger/Zehentbauer, NJW 2016, 1353; Kleinwegener, FamRZ 1992, 755, 757; Kubisch, NJW 1958, 1879; Lepke, DB 1985, 1231, 1233; Loritz, GRUR 1981, 883, 887 f.; Schneider, MDR 1981, 353, 354; Siebert, S. 258 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 16; Wolf, FS Henckel, 911, 912 f.; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 11; vgl. auch Hofmann, ZfPW 2018, 152, 174, der sich für eine Lösung de lege ferenda ausspricht. 866 OLG München NJW 1958, 1000, 1002; Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 832 ff.; wohl auch Kniestedt, WRP 1960, 147, 150; Sojka, MDR 1995, 27; Stoll, Haftungsfolgen, S. 471 f.; aus dem älteren Schrifttum: Friedländer, JW 1932, 1160; Roeger, JW 1919, 667. 867 Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 311. 868 Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 805 f., 831 f. 869 Vgl. Unberath, JZ 2010, 975, 976; das sieht auch Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 823. 870 Vgl. Thole, AcP 209 (2009), 498, 518.
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laubten Risikos“, in dessen Rahmen keine Haftungssanktionen drohen, sollte es hinsichtlich der Richtigkeit der eigenen Rechtsposition daher geben.871 Weiterhin führt Bergmann für einen allgemeinen materiell-rechtlichen Kosten erstattungsanspruch in Analogie zu den prozessualen Kostenvorschriften an, die Lage desjenigen, der sich gegen die Geltendmachung eines nicht bestehenden Anspruchs (zunächst) außergerichtlich zur Wehr setze, sei unbefriedigend.872 Das allgemeine System des Vermögensschutzes des BGB versage, weil die (unberechtigte) Geltendmachung eines Rechts bis auf einen engen Bereich nicht rechtswidrig sei. Ferner wird der Unterschied zur prozessualen Kostenerstattung als unbefriedigend empfunden:873 Die prozessualen Kostenvorschriften gewähren im Prozess ein umfassendes Erstattungssystem. Insbesondere kommt es für die Haftung des Unterliegenden gem. § 91 Abs. 1 ZPO, die den Grundsatz bildet, auf ein Verschulden nicht an. Kommt es bei einem Rechtskonflikt kurz vor dem Eintritt in einen Prozess aufgrund einer anderweitigen Erledigung nicht mehr zu einem Prozess und ist damit die Möglichkeit der prozessualen Kostenerstattung abgeschnitten, wird der Unterschied als besonders unbefriedigend wahrgenommen. So mag es sein, dass bisweilen gerade noch eine berechtigte Aussicht desjenigen, der „im Recht“ war, bestand, seine Kosten auf Grundlage der prozessualen Kostennormen erstattet zu bekommen, es jedoch an materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen fehlt, so dass er mangels Eintritts in einen Prozess seine Kosten selber tragen muss. Weiterhin könnte die Gewährung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in den Fällen, in denen bereits eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, die (nochmalige) außerprozessuale Geltendmachung des Begehrens und damit die außerprozessuale Rechtsdurchsetzung fördern.874 So besteht beispielsweise für den Bereich des Markenrechts keine spezialgesetz liche Anspruchsgrundlage für die Abmahnkosten und ein Anspruch aus §§ 683, 677, 670 BGB wird zumeist mangels Erfüllung der Voraussetzungen nicht bestehen. Demgegenüber bestünde – bei Eintritt in den Prozess – infolge eines Obsiegens ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch gem. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Förderung der außerprozessualen Rechtsdurchsetzung durch Gewährung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche mag als rechtspolitisch sinn871
S. o.: Teil 2 § 12 IV., VI. 2. b), § 14 II. 1. e) aa) (1), (2). Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 831. 873 Vgl. Becker-Eberhard, S. 123 f.; ders., ZZP 101 (1988), 303, 304, 311 f. (jeweils auch zum Folgenden); Bergmann, AcP 211 (2011), 803 ff.; Wendehorst, S. 160: ob dieser Wertungswiderspruch es rechtfertige, auf der Grundlage eines argumentum a fortiori die §§ 91 ff. ZPO analog bei der außergerichtlichen Streitbeilegung heranzuziehen, erscheine freilich zweifelhaft. 874 Vgl. Althammer, FS Stürner, 95, 98. 872
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
voll erachtet werden.875 Entsprechend wurden spezialgesetzliche Ansprüche auf Erstattung der für die berechtigte Abmahnung von Wettbewerbsverstößen und Urheberrechtsverletzungen erforderlichen Aufwendungen in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und § 97a Abs. 3 UrhG kodifiziert. Ob jedoch auch die Voraussetzungen für eine Analogie vorliegen, ist im Folgenden näher zu prüfen.876
II. Kostenvorschriften als Ausnahmevorschriften für die Kostenerstattung im prozessualen Bereich Die analoge Anwendung der Kostenvorschriften im außerprozessualen Bereich ist jedoch bereits deswegen abzulehnen, weil es sich hierbei um Ausnahmevorschriften für den prozessualen Bereich handelt: Mit dem Eintritt in den Prozess erreicht die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung eine neue Qualität.877 Der Kostenaufwand für eine Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung steht im außerprozessualen Bereich noch weitgehend im Belieben der Beteiligten. So kann es der Anspruchsteller beispielsweise bei einem Mahnschreiben ohne die Einschaltung eines Anwalts belassen; der (zu Unrecht) Inanspruchgenommene kann sich passiv verhalten, ohne Kostennachteile zu befürchten. Dagegen sind Kosten, sobald es zu einem Prozess gekommen ist, unvermeidlich. Es fallen Gerichtsgebühren an und vor Landgerichten auch unweigerlich Anwaltskosten (vgl. § 78 ZPO). Der Beklagte kann sich nicht darauf beschränken, passiv zu bleiben, möchte er Prozessnachteile verhindern (§§ 138 Abs. 3, 296, 331 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. m. § 276 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ZPO). Zudem muss nicht nur dem Gegner der eigene Standpunkt dargelegt werden, sondern vielmehr der Richter überzeugt werden. Zur Herbeiführung des Prozesserfolgs werden die Parteien daher auch kostenträchtigere Maßnahmen ergreifen. Die Kostenvorschriften finden also nur in der besonderen Situation des Prozesses ihren Sinn; ihre Rechtfertigung finden sie zum einen hinsichtlich des Klägers im Selbsthilfeverbot und zum anderen in der voraussetzungslosen Klagemöglichkeit und dem damit einhergehenden faktischen Zwang des Beklagten zur unter Umständen kostenträchtigen Verteidigung auch gegen eine aussichtslose Klage.878 Zu kurz gegriffen ist es daher, daraus, dass die Kostenlast der unterliegenden Partei eine Haftung für zwar gefahrgeneigtes, aber grundsätzlich erlaub875 Vgl. Althammer, FS Stürner, 95, 98; ferner Wagner/Thole, NJW 2005, 3470, 3472; Thole, AcP 209 (2009), 498, 517. 876 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195, 247: nur rechtspolitische Kritikwürdigkeit reicht nicht aus. 877 Becker-Eberhard, S. 131 ff.; ders., ZZP 101 (1988), 303, 314 (auch zum Folgenden). 878 Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 314 f.; Stein/Jonas22-Bork, vor § 91 Rdnr. 6; ähnlich Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 6.
§ 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO
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tes und zu duldendes Verhalten ist, zu schließen, dass der prozessuale Kosten erstattungsanspruch eine verallgemeinerbare positivrechtliche Teilregelung eines allgemeinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs darstelle.879 Nach hier vertretener Ansicht können als (weitere) Anspruchsgrundlagen für einen allgemeinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch somit die prozessualen Kostenvorschriften nicht herangezogen werden.880
III. Keine planwidrige Regelungslücke Geht man davon aus, dass eine analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften im außerprozessualen Bereich nicht schlichtweg ausgeschlossen ist, ist die Analogie dennoch mangels planwidriger Regelungslücke abzulehnen. Eine planwidrige Regelungslücke kann sich aus der Unvollständigkeit des Gesetzes mit Blick auf die ihm immanente Teleologie ergeben.881 Die dem Gesetz immanente Teleologie folgt auch aus objektiven Rechtszwecken und allgemeine Rechtsprinzipien.882 Weiterhin kann eine planwidrige (Rechts)Lücke bestehen, wenn es einer Regelung nicht gemessen am Plan des Gesetzes selbst, wohl aber mit Blick auf die Erfordernisse der Gesamtrechtsordnung bedarf.883 1. Anderweitige Anspruchsgrundlage ist einschlägig Soweit Rechtskonfliktkosten bereits auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung über die Kostentragung, eines Schadensersatzanspruchs oder eines Aufwendungsersatzanspruchs erstattet werden können, fehlt es bereits an einer Regelungslücke.884 Mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wurde durch die ZPO-Reform 2002 weiterhin eine Regelung für den Fall geschaffen, dass der Anlass zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit wegfällt.885 Neben dem Anlasswegfall nach Anhängigkeit ist sowohl vom Wortlaut als auch vom Zweck der Vorschrift der Fall des Anlasswegfalls vor Einreichung der Klage erfasst.886 Damit hat eine Fallgruppe, in der die analoge 879
So aber Bergmann, AcP 211 (2011), 803, 838. dass auch die Begründung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche auf Grundlage einer „culpa in petendo“ abzulehnen ist, schon oben: Teil 2 § 14 II. 1. a). 881 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 194 f. 882 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195 f. 883 Muthorst, § 8 Rdnr. 13; gegen den Begriff der Rechtslücke Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 196 und S. 246: „Lücke i. w. S.“. 884 BGH NJW 1986, 2243, 2245; Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 310 f. 885 Hierzu: MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 55 ff. und noch unten: Teil 3 § 19 III. 2. 886 S. u.: Teil 3 § 19 III. 2. b) bb); KG NJW-RR 2009, 1411, 1412; OLG Köln OLGR Köln 880 Dazu,
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften in Erwägung gezogen wurde,887 Eingang in das Gesetz gefunden. 2. Keine anderweitige Anspruchsgrundlage ist einschlägig Aber auch wenn keine andere Anspruchsgrundlage zur Erstattung von Rechtskonfliktkosten gegeben ist, ist die Kostenerstattung auf Grundlage einer analogen Anwendung der Kostenvorschriften mangels planwidriger Regelungslücke abzulehnen. a) Kein lückenloser Ausgleich von Vermögensnachteilen im materiellen Recht Mit der analogen Anwendung der Kostenvorschriften würde für den außerprozessualen Bereich eine verschuldensunabhängige Haftung eingeführt. Dies wäre bedenklich,888 weil im materiellen Recht gar kein lückenloser Ausgleich von Vermögensnachteilen angestrebt wird. Die bedeutsamste Gruppe von Anspruchsgrundlagen bei der Erstattung von Rechtskonfliktkosten sind die Schadensersatzansprüche. Schadensersatz wird grundsätzlich nur bei schuldhafter Schädigung gewährt;889 aus der einzeltatbestandlichen Regelung der Gefährdungshaftung folgt der gesetzgeberische Wille, dass über die ausdrücklich geregelten Fälle hinaus eine Ausweitung nicht zulässig890 bzw. jedenfalls nur in engen Grenzen891 zulässig ist.892 Eine planwidrige Regelungslücke ergibt sich mithin nicht alleine daraus, dass im schadensersatzrechtlichen Anspruchssystem Rechtskonfliktkosten lediglich bei Vorliegen von 2004, 79, 81; OLG München OLGR München 2004, 218 f.; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213, 214; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1216 f.; dies., JA 2005, 447, 448; Elzer, NJW 2002, 2006, 2008, Erbacher, S. 43 ff.; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858; MünchKomm. ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 61; Musielak, JuS 2002, 1203, 1205; Musielak/Voit- Foerste, § 269 Rdnr. 13b; Schumann, FG Vollkommer, 155, 177; Schur, KTS 2004, 373, 389; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 53; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 16; Vossler, MDR 2009, 667, 669; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18c; a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 38; Bonifacio, MDR 2002, 499; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 297; für eine analoge Anwendung Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 130 Rdnr. 37. 887 Vgl. Becker-Eberhard, S. 124 f.; Friedlaender, JW 1932, 1160. 888 BGH NJW 2007, 1458 Rdnr. 21; 1988, 2032, 2034; Schneider, MDR 1981, 353, 354; vgl. auch Haller, JurBüro 1997, 342, 347. 889 Becker-Eberhard, S. 130; ders., ZZP 101 (1988), 303, 313 f. (auch zum Folgenden). 890 BGHZ 63, 234, 237; Deutsch, Rdnr. 651, der sich hierzu jedoch in Rdnr. 652 kritisch äußert; ders., NJW 1992, 73, 74; Fuchs, Kap. 10, A. III., S. 283. 891 BGHZ 55, 229, 234; 54, 332, 336 f.; Deutsch, Rdnr. 652; ders., VersR 1971, 1, 3 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 84 I 1. b), S. 601. 892 Vgl. auch Fischer, JuS 2013, 694; Jerger/Zehentbauer, NJW 2016, 1353 f.; Schneider, MDR 1981, 353, 354; krit. Kötz/Wagner, Rdnr. 514.
§ 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO
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Verschulden erstattet werden, sofern nicht ein Gefährdungshaftungstatbestand einschlägig ist. Außerhalb von Sonderbeziehungen ist zudem kein allgemeiner Vermögensschutz vorgesehen, vielmehr knüpft insbesondere § 823 Abs. 1 BGB im deliktsrechtlichen Bereich eine Haftung nur an die Verletzung bestimmter Rechte. Auch im übrigen Schuldrecht wird zudem der Ausgleich von Vermögensnachteilen im Wege des Aufwendungs-, Nutzungs- und Verwendungsersatzes (z. B. §§ 346 f., §§ 439 Abs. 2, 635 Abs. 2, §§ 677, 683, 670, §§ 994 ff., § 812 BGB) an die Erfüllung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen geknüpft. b) „Statikprinzip“ Entgegen der Auffassung Wendehorsts893 offenbart sich zudem keine planwidrige Regelungslücke infolge unvollkommener Verwirklichung des „Statikprinzips“894. Ihr zufolge werden die Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs aufgrund des „Statikprinzips“ und im Übrigen lediglich rechtspolitischer Er wägungen als dem haftungsbegründenden Verhalten zurechenbare Schadensposition angesehen.895 Es sei jedoch nicht einzusehen, warum die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten dem Zweck schadensrechtlicher Haftungsnormen in höherem Maße entsprechen sollte als dem Zweck anderer Anspruchsgrundlagen.896 Nicht einsichtig sei, weshalb die Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs ohne Weiteres erstattet würden; die Kosten der Durchsetzung eines Rücktrittsrechts, Vindikationsanspruchs oder eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung hingegen nicht.897 Selbst wenn man mit Wendehorst davon ausgeht, dass dem Bereich der Haftungsausfüllung im Schuldrecht898 das „Statikprinzip“ zu Grunde liegt, kann eine Prinzipienlücke indes nicht bejaht werden. Nach Wendehorst bedeutet das „Statikprinzip“ nämlich positiv formuliert, dass keiner der Beteiligten aus einem ungewünschten Ereignis einen Restvorteil erlangen darf, soweit ein anderer Beteiligter aus demselben Ereignis einen Restnachteil erleidet; wobei aufgrund von anderen kollidierenden Rechtsprinzipien und Einzelwertungen gleichwohl ein Ausgleich unterbleiben könne.899 893 Wendehorst, S. 110, 160 Fn. 414, S. 546 ff., die die Lücke allerdings nicht mit einer analogen Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, sondern im Rahmen eines „allgemeinen Wertausgleichs“ schließen möchte, vgl. S. 160, 554 ff. 894 Hierzu Wendehorst, S. 40 ff., 498 ff. 895 Wendehorst, S. 160 f. 896 Wendehorst, S. 109. 897 Wendehorst, S. 110. 898 Vgl. Wendehorst, S. 6. 899 Wendehorst, S. 41.
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Unterschiede in der Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten folgen aber gerade aus anderen Rechtsprinzipien und Einzelwertungen: Dass etwa die Kosten einer verzugsbegründenden (Erst)Mahnung nicht erstattungsfähig sind, entspricht gerade dem gesetzgeberischen Plan. Dass Kosten der Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs, die als adäquat kausaler Schaden des einen Schadensersatzanspruch begründenden Verhaltens angesehen werden, auch ohne das Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen erstattet werden können, erklärt sich aus der Andersartigkeit des Schadensersatzanspruchs gegenüber Gestaltungsrechten sowie Ansprüchen wie dem Vindikationsanspruch oder dem Bereicherungsanspruch. Den §§ 249 ff. BGB liegt das Prinzip der Totalreparation zu Grunde.900 Die von diesem Prinzip gemachten Ausnahmen durch das Erfordernis der Zurechenbarkeit von Vermögensnachteilen anhand der Kriterien der Adäquanz, des Schutzzwecks der Norm und Risikoer wägungen901 bedürfen ihrerseits einer Rechtfertigung.902 Dagegen liegt weder dem Vindikationsanspruch noch dem Bereicherungsanspruch das Prinzip der Totalreparation zu Grunde. Ein Gestaltungsrecht gewährt gerade keinen Anspruch, so dass nach der gesetzgeberischen Konzeption für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Durchsetzung eines Gestaltungsrechts die Voraussetzungen einer (neben das Gestaltungsrecht tretenden) Anspruchsgrundlage erfüllt sein müssen. c) Gleichbehandlungsgrundsatz Zu den Rechtsprinzipien, die für die Frage des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke von Bedeutung sind, gehört insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung des Gleichartigen.903 aa) Unterschied der Kostenerstattung bei prozessualer und außerprozessualer Rechtsdurchsetzung Eine planwidrige Regelungslücke ergibt sich jedoch auch nicht im Hinblick auf den Unterschied der Erstattungsfähigkeit von Rechtskonfliktkosten im außerprozessualen Bereich einerseits und im prozessualen Bereich andererseits:904 Wie 900
Mugdan II, S. 10, 18; Palandt-Grüneberg, Vor § 249 Rdnr. 3; Staudinger-Schiemann, § 249 Rdnr. 2 ff. 901 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b). 902 Ausführlich hierzu Lorenz, FS Deutsch, 251, 252 ff. 903 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195, vgl. auch Muthorst, § 8 Rdnr. 13: eine Rechtslücke kann nur durch Rückgriff auf die der Rechtsordnung insgesamt zu Grunde liegenden Rechtsprinzipien bestimmt werden. 904 So auch Becker-Eberhard, S. 129 ff.
§ 16 Analoge Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO
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bereits dargelegt, erreicht die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung mit dem Eintritt in den Prozess eine neue Qualität.905 Der vorprozessuale Rechtskonflikt einerseits und der prozessuale Rechtsstreit andererseits sind gerade nicht gleich artig. bb) Waffengleichheit Der vornehmlich aus dem Prozessrecht bekannte Grundsatz der Waffengleichheit lässt sich – neben der Herleitung aus dem Anspruch auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren – auch auf Art. 3 GG stützen.906 Teilweise wird davon ausgegangen, dass sich aus dem Grundsatz der Waffengleichheit (auch) für den außerprozessualen Bereich ergebe, dass derjenige, der sich gegen eine (unberechtigte) Inanspruchnahme verteidigt, demjenigen, der sich gegen eine (unberechtigte) Rechtsverteidigung zur Wehr setzt, durch Gewährung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche gleichgestellt werden müsse.907 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass materiell-rechtliche Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Verteidigung gegen eine unberechtigte Inanspruchnahme bestehen können. Insbesondere kann sich ein Anspruch im Rahmen bestehender Sonderverbindungen aus § 280 Abs. 1 BGB ergeben.908 Besteht außerhalb von Sonderverbindungen nur in wenigen Fällen als Folge einer unberechtigten Rechtsverfolgung ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten, beispielsweise aus § 823 Abs. 1 BGB bei einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung,909 so ist der Grund dafür, dass im deliktischen Bereich gerade kein allgemeiner Vermögensschutz gewährt wird. Dies entspricht gerade dem gesetzgeberischen Plan. Der Bedarf einer materiell-rechtlichen Kostenerstattung wird weiterhin mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO begründet.910 Diese Vorschrift ermögliche eine richter liche Kostenentscheidung nur, wenn eine ursprünglich begründete Klage nach Anhängigkeit ihre Berechtigung verliert, nicht hingegen, wenn die Klage von Anfang an unbegründet war, etwa wenn der Kläger die Klage wegen vom Gericht aufgezeigter Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit zurücknehme.911 Der Hinweis auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vermag jedoch jedenfalls keine planwidrige Regelungslücke im Bereich der materiell-rechtlichen Kostenerstattung zu be905
S. o.: Teil 2 § 16 II. BVerfGE 52, 131, 156. 907 Althammer, FS Stürner, 95, 98; Deckenbrock, NJW 2009, 1247, 1249. 908 S. o.: Teil 2 § 14 II. 1. e) aa) (1). 909 S. o.: Teil 2 § 14 II. 3. b) aa) (1). 910 Althammer, FS Stürner, 95, 98 f. (auch zum Folgenden). 911 Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 59. 906
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Teil 2: Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
gründen. Über das Bestehen des Kostenerstattungsanspruchs aus § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wird gem. § 269 Abs. 4 ZPO dem Grunde nach durch richterlichen Beschluss entschieden, die Festsetzung erfolgt im Festsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO.912 Unter Bezugnahme auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO könnte mithin allenfalls eine planwidrige Regelungslücke im System der prozessualen Kostenerstattungsansprüche begründet werden.913
IV. Zwischenergebnis zu § 16 Die prozessualen Kostenvorschriften können nicht analog als Anspruchsgrund lagen zur Begründung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche herangezogen werden.
§ 17 Zusammenfassung zu Teil 2 Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können sich insbesondere aus vertraglicher Abrede, Vertragsverletzung, vorvertraglicher Pflichtverletzung, unerlaubter Handlung und Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Sie können sowohl auf außerprozessuale als auch prozessuale Rechtsverfolgungs- bzw. -verteidigungskosten gerichtet sein. Die – teilweise kritisierte – unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungskosten andererseits im Rahmen der außerprozessualen Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung beruht nicht auf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung dieser Positionen. Sie ist insbesondere Folge der diesen Begriffen zugeschriebenen Bedeutungen. Ferner rechtfertigt sich die Erstattungsfähigkeit sowohl von Rechtsverfolgungs- als auch von Rechtsverteidigungskosten grundsätzlich mit Blick auf das Bestehen eines (verfolgbaren) subjektiven Rechts. Die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kann Einfluss auf die Rechtsverwirklichung haben. Einerseits trägt die Erstattung dem Interesse des von einer unberechtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung Betroffenen an einem möglichst umfassenden Schutz seines Integritäts- und Vermögensinteresses Rechnung. Andererseits darf die Verwirklichung des materiellen Rechts nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Inhaber bestehender Rechte wegen des Risikos der (Kosten)Haftung auf die Geltendmachung verzichtet. Dieser Steuerungswirkung 912
Vgl. Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 60. Vgl. Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 59: zu Recht eine analoge Anwendung ablehnend trotz Annahme eines Risses in der Prozessrechtsdogmatik, den der Gesetzgeber nicht bedacht habe. 913
§ 17 Zusammenfassung zu Teil 2
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der Kostenerstattung für die Rechtsverwirklichung ist im Rahmen der gesetz lichen Regelungen Rechnung zu tragen. Dabei ist insbesondere der Grundsatz der strengen Schuldnerhaftung zu beachten, sowie das Absehen des Gesetzgebers von einer allgemeinen deliktischen Generalklausel für primäre Vermögensschäden. Inwieweit die prozessualen Kostenvorschriften und die diesen zu Grunde liegenden Zwecke, Prinzipien und Interessenabwägungen einen Ausschluss bzw. eine Beschränkung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche erfordern, ist eine Frage der Auslegung bzw. teleologischen Reduktion. Die vertragliche Kostenübernahme erfolgt oftmals im Rahmen von Vergleichen. Gegebenenfalls kann in dem Vergleich (neben der Änderung eines etwaig bestehenden Kostenerstattungsanspruchs) ein (neuer) materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch begründet werden. In der Praxis wichtig sind insbesondere materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Dabei können die den prozessualen Kostenvorschriften zu Grunde liegenden Zwecke, Prinzipien und Interessenbewertungen insbesondere im Rahmen der Zurechenbarkeit zu berücksichtigen sein. Auch können sie bereits bei der Frage, wann ein haftungsbegründendes Verhalten vorliegt, relevant sein. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes wird verbreitet für die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer berechtigten Abmahnung als Aufwendungser satzanspruch aus GoA gem. §§ 683, 677, 670 BGB eingetreten. Da mittlerweile in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sowie § 97a Abs. 3 UrhG Aufwendungsersatzansprüche für die berechtigte Abmahnung von Wettbewerbsverstößen bzw. Urheberrechtsverletzungen geregelt sind, ist der Aufwendungsersatzanspruch aus GoA in diesen Bereichen nicht mehr relevant. Dort, wo spezialgesetzlich kein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Aufwendungsersatz normiert ist – etwa im Markenrecht –, stellt sich die Frage der Möglichkeit der Erstattung aus §§ 683, 677, 670 BGB aber nach wie vor. Nach hier vertretener Ansicht werden die Voraus setzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus GoA gem. §§ 683, 677, 670 BGB für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten freilich selten erfüllt sein. Mit Blick auf die Argumentation für die Begründung eines Anspruchs auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten aus §§ 683, 677, 670 BGB – die Vermeidung von im Vergleich zu den Kosten der Abmahnung höheren Kosten eines Gerichtsverfahrens –, kann dieser Anspruch sich jedenfalls nicht auf Kosten beziehen, die infolge der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung anfallen. Eine analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften für die Begründung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ist nach hier vertretener Ansicht abzulehnen.
Teil 3
Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche Wie bereits mehrfach erwähnt, können aus materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen einerseits und den Regelungen der prozessualen Kostenerstattung andererseits unterschiedliche Haftungsanordnungen folgen. Für diese Fälle werden verschiedene Möglichkeiten der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Prozess diskutiert. Als Ergebnis einer solchen Berücksichtigung entsteht der sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebende prozessuale Kostenerstattungsanspruch i. e. S. gar nicht erst oder diesem kann der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch mit prozessualen Mitteln entgegengehalten werden.
§ 18 Fallgestaltungen Zu einem Gegeneinander der prozessualen und der materiell-rechtlichen Haftungsanordnung kann es sowohl bei materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen, die ihre Anspruchsgrundlage in einer vertraglichen Vereinbarung finden, als auch bei materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen aus gesetzlichen Anspruchsgrundlagen, insbesondere Schadensersatzansprüchen, kommen. Dabei werden allerdings vertragliche Vereinbarungen oftmals (neben der Begründung eines neuen Anspruchs, der seine Anspruchsgrundlage in der Verein barung findet) auf die Änderung des sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. gerichtet sein.1 Im Hinblick hierauf wurde die Möglichkeit der Berücksichtigung der der Kostenvereinbarung entsprechenden Haftungsanordnung bereits im Rahmen der Ausführungen zur prozessualen Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs behandelt.2 1 2
S. o.: Teil 1 § 8 II. S. o.: Teil 1 § 10 I. 2., II. 2., 3.
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Aus einem Schadensersatzanspruch kann sich dann ein dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. entgegengerichteter Anspruch ergeben, wenn Umstände, die zu seiner Entstehung führen, nach den prozessualen Kostenvorschriften nicht berücksichtigt werden können.3
I. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Klägers und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Beklagten In der Praxis nicht von Relevanz und nur schwer vorstellbar ist die Konstellation, dass einerseits nach den prozessualen Kostenvorschriften ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers begründet ist und andererseits der Beklagte gegen den Kläger einen gesetzlichen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch innehat.4 Becker-Eberhard5 hat bereits ausführlich dargelegt, was der Hintergrund hierfür ist: Zunächst sind die Fälle, in denen ein materiell-rechtlicher Kosten erstattungsanspruch des Inanspruchgenommenen – des späteren Beklagten einer Leistungsklage6 – besteht, ohnehin selten.7 Zudem müsste sich ein materiell- rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Beklagten gegen den obsiegenden Kläger richten, weil das geltende prozessuale Kostenerstattungsrecht, abgesehen von wenigen Ausnahmen,8 keinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des unterliegenden Klägers kennt. Daraus, dass der Kläger in der Hauptsache siegreich ist, folgt aber, dass eine den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch auslösende Pflichtverletzung sich nicht aus einer sachlich unberechtigten Rechtsverfolgung ergeben kann, sondern lediglich aus den Begleitumständen der Rechtsverfolgung. Denkbar ist demnach etwa, dass der Kläger entgegen einer aus dem materiellen Rechtsverhältnis zum Beklagten folgenden Nebenpflicht zur einstweiligen Unterlassung einer Klage voreilig einen Prozess einleitet, beispielsweise dadurch, dass er dem Beklagten keine ausreichende Möglichkeit zur außergerichtlichen Erledigung gibt. Sollten nun tatsächlich einmal die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten trotz Obsiegens des Klägers in der Hauptsache gegeben sein, sind regelmäßig zugleich die Voraussetzungen gegeben, unter denen der Beklagte die prozessuale 3
S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) bb) (3) (b), § 14 I. 2. b) dd) (2) (c). Becker-Eberhard, S. 233. 5 Becker-Eberhard, S. 233 ff. 6 Denkbar ist zwar auch, dass der Inanspruchgenommene im Wege einer negativen Feststellungsklage als Kläger gegen den Anspruchsteller vorgeht; die Leistungsklage des Anspruch stellers stellt aber den Standardfall dar. 7 Hierzu s. o.: Teil 2 § 12 IV., VI. 2. b), c), § 14 II. 1. e) aa) (1). 8 Vgl. § 93b Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 ZPO. 4 Vgl.
§ 18 Fallgestaltungen
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Kostenhaftung des Klägers gem. § 93 ZPO durch ein sofortiges Anerkenntnis herbeiführen kann. Erkennt der Beklagte hingegen nicht i. S. v. § 93 ZPO sofort an, so sind die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten kaum erfüllt, weil sich aus dessen Prozessverhalten schließen lässt, dass er ohnehin nicht bereit gewesen wäre, außerprozessual einer Leistungsaufforderung des Klägers – bei deren Vorliegen und Nichtbefolgung der Beklagte i. S. v. § 93 ZPO Veranlassung zur Klage gegeben hätte9 – Folge zu leisten, so dass es an der Zurechenbarkeit der mit dem Prozess einhergehenden Kosten zur Pflichtverletzung des Klägers fehlte.
II. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Beklagten und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers Von großer praktischer Relevanz ist dagegen die Fallgestaltung, in der nach den prozessualen Kostenvorschriften ein Kostenerstattungsanspruch des Beklagten begründet ist und dagegen ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage besteht, der auf Freistellung von der prozessualen Kostenhaftung hinsichtlich der Kosten des Beklagten und auf Erstattung der eigenen Kosten gerichtet ist. Befindet sich der Beklagte in der Hauptsache mit seiner Position im Recht und kann er auch die ihm obliegenden Beweise erbringen, so kommt bei ungehindertem Fortlauf des Prozesses ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Beklagten gem. § 91 ZPO zur Entstehung. Dieser Haftungsanordnung können aber materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche (z. B. gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO; §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286; § 280 Abs. 1 BGB) des Klägers gegenüberstehen, die einerseits auf Erstattung seiner eigenen Kosten und andererseits auf Freistellung von dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Beklagten hinsichtlich dessen Kosten gerichtet sind. Ein solches Gegeneinander kann freilich in den Fällen des Eintritts eines erledigenden Ereignisses – beispielsweise Erfüllung – nach Rechtshängigkeit durch eine einseitige Erledigungserklärung10 des Klägers aufgelöst werden, da sich 9
Vgl. oben: Teil 1 § 5 IV. 4. a), insb. bei cc). Nach heute ganz h. M. handelt es sich hierbei um eine grundsätzlich zulässige Klage änderung, vgl. BVerfG NJW 1993, 1060, 1061; BGH NJW 2008, 2580 Rdnr. 8; 2002, 442; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1658; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 263 Rdnr. 12, 40; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 79; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 29; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 47; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 34; a. A. El-Gayar, S. 197; MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 92; Rosenberg/Schwab/Gottwald17, § 131 Rdnr. 34 f.: Institut sui generis; Blomeyer, ZPR, § 64 I, S. 333 ff.; ders., JuS 1962, 212: kostenmäßig privilegierte Klagerücknahme; a. A. Grunsky, Verfahrensrecht, § 12 III 1, S. 111 f.; ders., FS Schwab, 165 ff., 176: die einseitige Erledigungserklärung sei abzulehnen, die entsprechende 10
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
das Klagebegehren infolge der Erledigungserklärung auf Feststellung der Erledigung richtet und der Kläger so eine ihm günstige Kostenentscheidung gem. § 91 ZPO11 erreichen kann. Dagegen kann der Kläger durch eine einseitige Erledigungserklärung eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten nach h. M. in der zivilprozessualen Rechtsprechung und Literatur nicht herbeiführen, wenn sein Begehren nie begründet war und es sich daher auch nicht erledigen konnte12 oder das erledigende Ereignis vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eintritt; auch dann nicht, wenn das klägerische Begehren sich erst nach Anhängigkeit der Klage erledigt hat.13 Anwendung des § 93 ausreichend; die einseitige Erledigungserklärung stelle jedoch Gewohnheitsrecht dar; vgl. ausführlich zu den unterschiedlichen Ansichten: El-Gayar, S. 31 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 132 Rdnr. 22 ff. 11 Siehe nur Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 45; früher wurde dagegen teilweise für eine (analoge) Anwendung des § 91a ZPO eingetreten, vgl. OLG Düsseldorf MDR 1962, 137; Reinelt, NJW 1974, 344, 347. 12 Soweit ersichtlich, wird jedenfalls in jüngerer Zeit im Grundsatz nicht mehr vertreten, dass in den Fällen der anfänglichen (auch schon vorprozessualen) Unbegründetheit, in denen auch kein weiteres erledigendes Ereignis hinzutritt, eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers erfolgreich sein kann; so aber noch Jonas, JW 1937, 210; ferner unter Anwendung von § 91a ZPO im Falle der einseitigen Erledigungserklärung LAG Frankfurt a. M. BB 1964, 533; Schmidt, JR 1951, 558, 559; teilweise wird aber im Sonderfall der Geltendmachung des Auskunfts- und Leistungsbegehrens im Wege der Stufenklage für die Anwendbarkeit der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung plädiert, vgl. OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1987, 964; Bork, JZ 1994, 1011; Fett, S. 70 ff.; Kassebohm, NJW 1994, 2728, 2733; Stein/Jonas- Muthorst, § 91a Rdnr. 7; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Stufenklage“; a. A. die h. M.: BGH NJW 1994, 2895; Hk.ZPO-Saenger, § 254 Rdnr. 16; MünchKomm.ZPO-Becker- Eberhard, § 254 Rdnr. 26; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 43; Prütting/Gehrlein- Geisler, § 254 Rdnr. 19; Stein/Jonas-Roth, § 254 Rdnr. 24; Thomas/Putzo-Seiler, § 254 Rdnr. 6; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 254 Rdnr. 65. 13 BGHZ 155, 392, 400; 127, 156, 163; 83, 12, 14; OLG Dresden OLG-NL 2002, 162, 163; OLG Köln MDR 1992, 410; Becker-Eberhard, S. 270 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 30 ff.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 37; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 52; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 132 Rdnr. 29, 31; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 11; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 35 f.; a. A. OLG Naumburg FamRZ 2002, 1042, 1043; Deubner, JuS 1962, 205, 210; Ulrich, NJW 1994, 2793, 2794: Einbeziehung auch der Fälle der Erledigung zwischen Klageeinreichung und -zustellung; krit. auch Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1656; ferner: El-Gayar, S. 180 ff.: ausführlich zum Meinungsstand hinsichtlich der Einbeziehung der Fälle der Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit; noch weiter Reinelt, NJW 1974, 344 ff.: auch im Falle der vorprozessualen Erledigung; nach einer weiteren Ansicht kommt es nur darauf an, dass ein (weiteres) erledigendes Ereignis eingetreten ist, das – wenn auch ohne Prüfung der vorherigen Erfolgsaussichten des klägerischen Anliegens – zur Erledigung geführt hätte, vgl. zum Streit über einen weiten oder engen Erledigungsbegriff; jeweils m. w. N.: El-Gayar, S. 114 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 76 ff., 91 f.
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Damit sind für die Frage der Möglichkeit der Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Verhältnis der Parteien zueinander die Konstellationen von Relevanz, in denen das Begehren des Klägers nie begründet war und er die Klage infolge einer vorprozessualen Informationspflichtverletzung des Beklagten erhoben hat sowie die Fälle einer Erledigung vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers kann im ersten Fall gerade aufgrund einer Informa tionspflichtverletzung bestehen und im zweiten Fall insbesondere auf einer Verzögerung der Leistung gründen.
III. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten Ferner kann die im Rechtsstreit unterliegende Partei, die gem. § 91 ZPO einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Obsiegenden ausgesetzt ist, hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten haben.14
§ 19 Im Verhältnis der Parteien zueinander Hat der Kläger gegen den Beklagten einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, gerichtet auf die Erstattung seiner Kosten sowie die Freistellung von den Kosten des Beklagten, so entspricht es insbesondere dem Zweck der Verhinderung von Folgeprozessen,15 dem Kläger die Möglichkeit zu eröffnen, den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bereits in dem laufenden Verfahren durchzusetzen. Bestünde diese Möglichkeit nicht, so müsste der Kläger neben der Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Klageverfahren die Möglichkeit haben, den Anspruch gegenüber dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Gegners im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Als Einwendung i. S. v. § 767 Abs. 1 ZPO käme im Hinblick darauf, dass der zunächst auf Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners gerichtete materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch infolge Erfüllung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf Rückzahlung des insoweit Geleisteten gerichtet wäre, der dolo-agit- Einwand (§ 242 BGB) in Betracht;16 wegen des Ausschlusses der Berücksichti14
S. o.: Teil 2 § 12 VII. S. o.: Teil 1 § 6 II. 5. 16 Vgl. BGH NJW 2015, 955 Rdnr. 40. 15
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gung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im prozessualen Kostenverfahren wäre für die zeitliche Beschränkung nach § 767 Abs. 2 ZPO kein Raum.17 Die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im laufenden Verfahren setzt freilich einerseits voraus, dass die Regelungen des geltenden Kostenrechts und die ihnen zu Grunde liegenden Zwecke und Prinzipien dies zulassen; andererseits muss die Berücksichtigung im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens auch mit dem jeweiligen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verträglich sein. Von vornherein nicht geeignet zur vollständigen Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers sind Vorschläge in der früheren Rechtsprechung und Literatur, wonach für eine Beeinflussung der prozessualen Kostenfolge nach Maßgabe des Grundsatzes „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“18 eingetreten wurde. Ebenso wenig kann eine vollständige Berücksichtigung durch Aufrechnung19 erfolgen: Denn der dolo agit-Einwand könnte zwar die Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten hemmen; er taugt aber nicht als Grundlage für die Entstehung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. w. S. des Klägers.20 Was den Vorschlag der Aufrechnung des Klägers mit seinem materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruch auf die Erstattung der ihm entstandenen Anwaltskosten anbelangt, so wird die Berücksichtigung zu Recht im Hinblick auf die Zuständigkeitsverteilung zwischen Richter und Rechtspfleger abgelehnt.21 Denn der Richter müsste sich Klarheit über die Höhe der Forderungen verschaffen, was aber zum Zuständigkeitsbereich des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren gehört. Insbesondere kann aber auch die Aufrechnung des Klägers mit den ihm angefallenen Rechtsverfolgungskosten gar nicht zu einer vollständigen Entlastung führen. Vielmehr verhinderte er lediglich um den Preis (eines Teils22) des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs hinsicht17 Vgl.
Grunsky, FS Schwab, 165, 166; ferner Stein/Jonas-Muthorst, § 104 Rdnr. 14. OLG Celle NdsRpfl. 1958, 155; OLG Hamburg HRR 30, Nr. 1166; Schmidt, JR 1951, 558, 559. 19 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 840 Rdnr. 18. 20 Becker-Eberhard, S. 253 f. 21 Becker-Eberhard, S. 255; Stein/Jonas-Muthorst, § 104 Rdnr. 17 (jeweils auch zum Folgenden); ablehnend auch BGHZ 79, 275, 280; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 84 Rdnr. 59; Schmitz, NJW 1994, 567; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 10. 22 Unwahrscheinlich ist mit Blick auf den Gerichtskostenvorschuss, den der Kläger zunächst einzuzahlen hat, dass der Umfang des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers mit jenem des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten übereinstimmt. 18
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lich der ihm angefallenen Kosten eine Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten, obwohl sein Schadensersatzanspruch auch auf Freistellung von diesen Kosten gerichtet war.23
I. „Abkopplung“ der Kostenentscheidung von der Hauptsache Nach Grunsky soll die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungs ansprüche in der Kostenentscheidung auf Antrag durch eine Auflösung des grundsätzlichen Gleichlaufs zwischen Hauptsache- und Kostenentscheidung möglich sein.24 Diese Ansicht widerspricht allerdings Wortlaut, System und Sinn und Zweck der prozessualen Kostenerstattung.25 Die prozessualen Kostenvorschriften sehen gerade nicht stets die Möglichkeit einer Entscheidung auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der „Abkopplung“ der prozessualen Kostenentscheidung von der Hauptsache vor. Vielmehr ergibt sich insbesondere aus §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO der Grundsatz der Parallelität von Hauptsache- und Kostenentscheidung. Diese Regel ist Ausdruck des das Kostenrecht beherrschenden Vereinfachungsprinzips. Dieses steht der Möglichkeit der Erwirkung einer Kostenentscheidung über einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der bislang noch gar nicht Gegenstand des Prozesses war, entgegen. Ferner ist die als Annex zur Hauptsache ergehende Kostenentscheidung gebührenfrei. Dies ist nur gerechtfertigt, weil dem Gericht durch die Kostenentscheidung im Grundsatz keine zusätzlichen Mühen entstehen.26
II. Beiderseitige Erledigungserklärung Im Falle der beiderseitigen Erledigungserklärung hat das Gericht gem. § 91a Abs. 1 ZPO nach „billigem Ermessen“ unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei entspricht es ganz h. M., dass die beiderseitige Erledigungserklärung kein erledigendes Ereignis voraussetzt, die Rechtsfolgen knüpfen an die gemeinsame Parteidisposition an.27 Eine Ent23
Becker-Eberhard S. 255 f. Grunsky, FS Schwab, 165, 171 ff.; vgl. auch LAG Frankfurt a. M. BB 1971, 709; ferner LG Freiburg MDR 1984, 237 f., das allerdings offen lässt, ob die unmittelbare Berücksichtigung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs möglich ist, oder aus systematischen Gründen eine analogen Anwendung des § 91a ZPO oder § 93 ZPO erforderlich ist. 25 Vgl. hierzu auch schon oben: Teil 1 § 10 I. 2. b); ferner bereits Becker-Eberhard, S. 248 ff. 26 Becker-Eberhard, S. 213. 27 BGHZ 83, 12, 14 f.; Bergerfurth, NJW 1992, 1655; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 25; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 132 Rdnr. 10; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 2, 10, 21; a. A. wohl nur Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 23 ff., 47, 68 f. 24
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scheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO kann also auch ergehen, wenn das Begehren des Klägers von Anfang an unbegründet war. Ob im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO materiell- rechtliche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden können, ist umstritten. 1. Meinungsstand Die h. M. geht davon aus, dass im Rahmen der gem. § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Entscheidung nach „billigem Ermessen“ ein materiell-rechtlicher Kosten erstattungsanspruch beachtlich ist, wenn sein Bestehen sich ohne besondere Schwierigkeiten, insbesondere ohne Beweisaufnahme feststellen lässt.28 Nach anderer Ansicht scheidet hingegen die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Ansprüche im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO aus. Die Kostenentscheidung habe sich vielmehr allein aus dem System der Kostenvorschriften zu ergeben.29 Zunächst sei im Falle einer vorprozessualen Informationspflichtverletzung des Beklagten schon aufgrund einer reziproken Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten zu treffen.30 Im Falle der Klaglosstellung vor Zustellung sei der Anwendungsbereich der privilegierten Klagerücknahme (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO) eröffnet und davon auszugehen, dass auch nur dieser Weg der Verfahrensbeendigung ohne Urteil gegeben sei. Ferner ergäben sich Bedenken angesichts der Pauschalisierung der prozessualen Kostenerstattung der Höhe nach; der im Kostenfestsetzungsverfahren durchsetzbare Anspruch werde einen etwaigen ma28 BGH NJW 2002, 680 = LM Nr. 74 zu § 91a ZPO mit Anm. Becker-Eberhard; BGH MDR 1981, 126; OLG Bamberg JurBüro 1977, 1770; OLG Düsseldorf NJW-RR 2013, 124; OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1991, 431; FamRZ 1987, 85; OLG Hamm MDR 2001, 470; 1987, 589; FamRZ 1993, 1343, 1344; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1719, 1720; 1999, 1216, 1217; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLG Köln FamRZ 2001, 1718, 1719; JurBüro 1989, 217; OLGZ 1986, 237, 240 f.; MDR 1979, 1028; NJW 1978, 111; OLG Nürnberg NJW 1975, 2206; OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 499, 500; OLG Stuttgart VersR 1973, 627 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 134, 136; Becker-Eberhard, S. 258 ff., 326; ders., FG 50 Jahre BGH, 273, 282 f.; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 24; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 33; Schilken, Rdnr. 632; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 34; Thomas/ Putzo-Hüßtege, § 91a Rdnr. 48; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 24; ferner Wieczorek/Schütze-Smid/Hartmann, § 91a Rdnr. 12: die von den für die prozessuale Kostenerstattung geltenden Grundsätze abweichende Berücksichtigung materiell-rechtlicher Erstattungsansprüche sei zwar dogmatisch bedenklich, aus Vereinfachungsgründen aber akzeptabel. 29 OLG Dresden JurBüro 2000, 657, 659; MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 61; Smid, ZZP 97 (1984), 245, 308 ff.; Stickelbrock, S. 430 f.; vgl. auch Wolf, FS Henckel, 911, 917 f. 30 MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 61 (auch zum Folgenden).
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teriell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht selten unterschreiten.31 Damit aber würden berücksichtigte materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche in ihrem Umfang beschnitten; durch die Rechtskraft des Kostenbeschlusses nach § 91a Abs. 1 ZPO werde die weitere Geltendmachung von Kostenersatz ausgeschlossen. 2. Stellungnahme Zuzugeben ist denjenigen, die sich gegen eine Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bei der Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO aussprechen, dass im Rahmen der Entscheidung nach billigem Ermessen dem Beklagten in den hier relevanten Fallgestaltungen unter reziproker Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden können.32 Freilich wird andererseits außerhalb des Anwendungsbereichs von § 91a ZPO eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten aufgrund einer reziproken Anwendung des § 93 ZPO von der ganz h. M. zu Recht abgelehnt.33 Hintergrund der Annahme, § 91a Abs. 1 ZPO lasse die reziproke Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO erst zu, ist, dass mit der Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten bei der Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO eine Auflockerung der starren Regelungen in §§ 91 ff. ZPO stattfindet.34 Nicht nur die Erfolgsaussichten der Klage sollen berücksichtigt werden, sondern auch die Sach- und Rechtslage und das rechtserhebliche Verhalten der Parteien vor Prozessbeginn sowie während des Prozesses, insbesondere inwieweit Kosten unnütz vermehrt wurden.35 Die so verstandene Billigkeit, die der
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Smid ZZP 97 (1984), 245, 310 (auch zum Folgenden). OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2006, 1581; GRUR 1979, 338, 339; OLG Hamm MDR 2011, 1319; OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1454; OLG Naumburg Beschl. vom 25.2. 13 – 1 W 5/13, juris; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 829; Hk.ZPO-Gierl, § 91a Rdnr. 46; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 44; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 23; Prüt ting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 32; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 33; Stickelbrock, S. 429; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 25; vgl. auch OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1092: nicht explizit unter reziproker Anwendung des § 93 ZPO, sondern weil die Kostenbelastung der Beklagten Prozessökonomie und Billigkeit entspreche; a. A. BPatGE 24, 11, 13; vgl. ferner OLG Brandenburg NJW-RR 2003, 795; OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 1580, 1581 f.: die reziproke Anwendung (des Rechtsgedankens) des § 93 ZPO wird in diesen Entscheidungen gar nicht erwähnt, sondern die Kostenbelastung des Beklagten vielmehr lediglich auf die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gestützt. 33 S. u.: Teil 3 § 19 IV. 34 Göppinger, S. 201; vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 33; Stickelbrock, S. 430 f.; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 24 f. 35 Göppinger, S. 200, 215 f. 32 Vgl.
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Einzelfallgerechtigkeit36 Rechnung trägt, mag in § 93 ZPO sowie in den §§ 94 ff. ZPO, in denen sich vom Grundsatz der Unterliegenshaftung abweichende Regelungen für die Kostenverteilung finden, Ausdruck gefunden haben,37 so dass die Beantwortung der Frage danach, was in den hier behandelten Fällen als „billig“ anzusehen ist, sich an dem Regelungsgehalt dieser Vorschriften orientieren kann. Die prozessuale Kostenverteilung nach Maßgabe des billigen Ermessens gem. § 91a Abs. 1 ZPO darf freilich nicht als völlig ungebundene Entscheidung (miss) verstanden werden, mit der Folge einer freien Neuschöpfung prozessualer oder gar vorprozessualer Pflichten. Selbst wenn man die Kostenentscheidung für weniger bedeutsam als eine Entscheidung in der Hauptsache hält, darf sie nicht der Willkür des jeweiligen Richters unterstellt werden.38 Vielmehr ist der Entscheidungsmaßstab des „billigen Ermessens“39 in den Grenzen der gesetzlichen Wertungen zu konkretisieren. Da keine prozessuale Kostenvorschrift existiert, die spiegelbildlich zu § 93 ZPO die Kostenbelastung des in der Hauptsache obsiegenden Beklagten vorsieht und damit aus dem System der prozessualen Kostenerstattung zunächst einmal keine vorprozessualen Pflichten des Beklagten abgeleitet werden können, verbleibt insoweit ein Rekurs auf Pflichten, die sich aus Regeln außerhalb des Kostenrechts ergeben, wie insbesondere aus Sonderverbindungen, oder etwa § 840 Abs. 1 ZPO. Das Abstellen auf den Rechtsgedanken des § 93 ZPO, der im Anwendungsbereich des § 91a Abs. 1 ZPO die Berücksichtigung vorprozessualer Pflichtverletzungen des Beklagten und im Hinblick hierauf eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten legitimiere, rechtfertigt sich mithin regelmäßig gerade aus einer (schuldhaften) Pflichtverletzung, die (zugleich) einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers begründet. Die Kostenbelastung des Beklagten aufgrund eines vorprozessualen Verhaltens, das (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 91a ZPO) nicht zu einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Klägers führen könnte und auch keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch begründete, ist daher regelmäßig abzulehnen. Jedenfalls bedürfte eine Kostenentscheidung, nach der dem Beklagten aufgrund eines vorprozessualen Verhaltens, das keinen materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruch begründet, die Kosten auferlegt werden, einer besonderen Rechtfertigung am Maßstab gesetzlicher Wertungen.40 Rechtfertigt 36 Ausführlich
zum Begriff der Billigkeit Lochstampfer, S. 97 ff. Stickelbrock, S. 431. 38 Stickelbrock, S. 430. 39 Ausführlich zum Meinungsstand um das Verhältnis der Begriffe Billigkeit und Ermessen bei § 91a ZPO: Stickelbrock, S. 430 i. V. m. S. 299 ff., insbesondere 313 ff. 40 Ein solcher (Ausnahme)Fall mag etwa gegeben sein, wenn der Zugang eines (vorprozessualen) Abmahnschreibens – mit dem der Abmahnende seinerseits das Risiko einer Kostenbelastung gem. § 93 ZPO infolge eines sofortigen Anerkenntnisses vermeiden möchte [s. o.: Teil 1 37 Vgl.
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aber im Grundsatz lediglich ein Verhalten, das (auch) einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zur Folge hätte, eine reziproke Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO, so hat eine darauf beruhende Kostenbelastung des Beklagten gerade die jeweilige materiell-rechtliche Haftungsanordnung zum Hintergrund. Was den Hinweis auf die Möglichkeit einer privilegierten Klagerücknahme im Falle der Erledigung vor Rechtshängigkeit anbelangt, so schließt diese in ihrem Anwendungsbereich eine beiderseitige Erledigungserklärung mit der Folge einer Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO nicht aus. Vielmehr kann der Kläger die Hauptsache ebenso für erledigt erklären, mit der Folge, dass bei einer Erledigungserklärung des Beklagten bzw. mangels Widerspruchs seinerseits innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen (vgl. § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO), das Gericht gem. § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten entscheidet. Ob die Prozesshandlung des Klägers im Einzelfall als Erledigungs- oder Rücknahmeerklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln; gegebenenfalls kann auch eine Umdeutung analog § 140 BGB geboten sein.41 Ferner hat eine Berücksichtigung eines vorprozessualen Verhaltens des Beklagten, aufgrund dessen dem Kläger ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zusteht, auch nicht die Beschneidung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, der den Umfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs übersteigt, zur Folge. Vielmehr kann die Bindungswirkung der Entscheidungen im Kostenverfahren nicht die (anschließende) Geltendmachung von Positionen auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ausschließen, die im Kostenfestsetzungsverfahren gar nicht berücksichtigt werden konnten.42 Weiterhin ist die h. M., gemessen an den allgemeinen Grundsätzen zur Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO, bei der Frage, inwieweit materiell-recht liche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden können, sehr restriktiv: Die von der h. M. vorgenommene Einschränkung der Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nur, wenn sein Bestehen sich ohne besondere Schwierigkeiten, insbesondere ohne Beweisaufnahme feststellen lässt, beruht darauf, dass die Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen hat und daher eine § 5 IV. 4. a) cc)] – vereitelt wird und es daher nicht zum Entstehen einer Sonderverbindung kommt, die nach der Rechtsprechung des BGH gerade durch eine berechtigte Abmahnung mit der Folge von Informationspflichten des Abgemahnten entsteht [s. o.: Teil 2 § 14 II. 1. a)]; für eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten Abgemahnten in einem solchen Fall unter Verweis auf § 242 BGB: OLG Hamm Magazindienst 2011, 34. 41 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 13; Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13c. 42 Hierzu s. u.: Teil 4 § 23 VII. 2.
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Fortführung des Streits zur Feststellung des Bestehens eines materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs regelmäßig ausscheiden muss.43 Zu beachten ist jedoch, dass die gebotene Entscheidung auf Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes andererseits nach ganz h. M. eine Beweiserhebung nach dem Zeitpunkt der beiderseitigen Erledigungserklärung nicht per se ausschließt.44 Freilich kann die im Rahmen von § 91a Abs. 1 gebotene Vereinfachung und Beschleunigung gegen eine Beweiserhebung sprechen.45 Nach dem Zeitpunkt der Erledigungserklärungen vorgebrachter unstreitiger neuer Sachvortrag ist daher grundsätzlich zu berücksichtigen. Strittige Tatsachen und Beweismittel sind hingegen dann grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, wenn es hierfür einer Beweisaufnahme bedürfte, die ein besonderes Verfahren erforderte und einen Beweisbeschluss voraussetzte. Kann die Beweisaufnahme dagegen einfach und ohne besondere Kosten erfolgen, wie insbesondere bei Vorlage von Urkunden, kann das Gericht ausnahmsweise eine Beweisaufnahme durchführen. Jedenfalls präsente Beweismittel sind grundsätzlich zu berücksichtigen.46 Diese Grundsätze zur Berücksichtigung neuer Tatsachen und Beweismittel beruhen auf dem Spannungsverhältnis zwischen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO und dem Grundsatz rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG.47 Die Parteien beenden durch die beiderseitige Erledigungserklärung zwar den Rechtsstreit in der Hauptsache, rechtshängig bleibt jedoch der Streit um die Kostenverteilung. Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO ist den Parteien daher rechtliches Gehör zu gewähren.48 Soweit einer Partei bislang kein rechtliches Gehör gewährt worden ist, ist dieser zur Wahrung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1 GG eine Frist zur Äußerung zu setzen und neues Vorbringen auch dann zu berücksichtigen, wenn man im Grundsatz auf den Sachund Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärung abstellt. Die verfassungsgemäße Interpretation von § 91a Abs. 1 ZPO fordert zudem, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht per se ausgeschlossen wird.49 Dabei ist zwar nicht davon auszugehen, dass jeder erhebliche Beweisantritt zur Durchführung der Beweisaufnahme zwingt; denn dann bliebe von der prozessökonomischen Zielsetzung von § 91a Abs. 1 ZPO nichts übrig. Andererseits hat der Richter im Rahmen des 43
Schur, KTS 2004, 373, 381. S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd); Nachweis ebd. bei Fn. 501 (auch zum Folgenden). 45 Stickelbrock, S. 434 (auch zum Folgenden). 46 Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 22; vgl. aber Stickelbrock, S. 443: auch Nichtberücksichtigung kann aus Gründen der Waffengleichheit rechtmäßig sein. 47 Vgl. Stickelbrock, S. 436 ff. m. w. N. (auch zum Folgenden). 48 BVerfGE 67, 96, 99 f.; BGHZ 21, 298, 300; 13, 142, 145; Waldner, rechtliches Gehör, Rdnr. 407 f. 49 Stickelbrock, S. 440 ff., insb. 442 f. m. w. N. (auch zum Folgenden). 44
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ihm hinsichtlich der weiteren Sachaufklärung eröffneten Ermessens zu berücksichtigen, wie wahrscheinlich weitere Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme sind. Hieran hat er unter Berücksichtigung des gegenläufigen Gesichtspunkts der Prozessökonomie seine Entscheidung über eine weitere Beweisaufnahme auszurichten. Vor diesem Hintergrund erscheint aber eine abweichende Behandlung von Umständen, die (auch) einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers begründen können, nicht gerechtfertigt: Das nach Art. 103 Abs. 1 GG geschützte Äußerungsrecht betrifft Ausführungen, die für die spätere Entscheidung nach dem bisherigen Streitstand möglicherweise erheblich sein können.50 Auch Ausführungen zu einer etwaigen (schuldhaften) vorprozessualen Pflichtverletzung des Beklagten können für die Kostenentscheidung erheblich sein, sei es, dass man insoweit auf eine reziproke Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO, oder auf das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kosten erstattungsanspruchs abstellt, der eine Kostenbelastung des Beklagten in den hier betrachteten Fallgestaltungen der anfänglichen Unbegründetheit der Klage regelmäßig erst rechtfertigt. Gegen die restriktive Haltung der h. M. gegenüber der Möglichkeit der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche lässt sich zudem unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten die Möglichkeit anführen, hierdurch Folgeverfahren zu verhindern. Dies spricht insbesondere für die Möglichkeit der Berücksichtigung präsenter Beweismittel hinsichtlich eines materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. Auch insoweit ist daher davon auszugehen, dass jedenfalls unstreitige neue Tatsachen zu berücksichtigen sind und eine Beweisaufnahme zwar grundsätzlich auszuscheiden hat, aber nicht per se ausgeschlossen ist.
III. Klagerücknahme Nimmt der Kläger die Klage zurück, so hat er nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten zu tragen, es sei denn, dass über die Kosten bereits rechtskräftig entschieden ist, oder er sie aus einem „anderen Grund“ zu tragen hat. Im Anwendungsbereich von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hat das Gericht – in Anlehnung an die Vorschrift des § 91a Abs. 1 ZPO – bei einem entsprechenden Antrag (§ 269 Abs. 4 ZPO) nach „billigem Ermessen“ über die Kosten zu entscheiden.
50
Maunz/Dürig-Remmert, Art. 103 Abs. 1 Rdnr. 76; vgl. auch BVerfGE 65, 305, 307.
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
1. § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO Auf den ersten Blick scheint in den hier relevanten Fallgestaltungen § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO die Möglichkeit der Kostenbelastung des Beklagten zu schaffen, indem eine Ausnahme von der grundsätzlichen Kostentragung des Klägers statuiert wird, sofern die Kosten dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuer legen sind. Zu Recht wird in einer schadensersatzrechtlichen Haftungsanordnung jedoch von der ganz h. M.51 kein „anderer Grund“ im Sinne dieser Vorschrift erblickt. Denn nach der Gesetzesbegründung sollte hiermit lediglich dem durch Art. 3 des Kindesunterhaltsgesetzes vom 6.4.199852 völlig neu formulierten und heute weggefallenen53 § 93d ZPO a. F. sowie den bereits bisher von der Rechtsprechung anerkannten Fällen einer Kostentragung des Beklagten Rechnung getragen werden.54 Nach § 93d ZPO a. F. konnten der in Anspruch genommenen Partei, die zu einem Verfahren, das die gesetzliche Unterhaltspflicht betrifft, dadurch Anlass gegeben hat, dass sie der Verpflichtung, über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, die Kosten des Verfahrens abweichend von den Vorschriften der §§ 91 bis 93a und 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nach billigem Ermessen ganz oder teilweise auferlegt werden.55 Von der Rechtsprechung anerkannt war nach der Gesetzesbegründung insbesondere die Berücksichtigung eines außergerichtlichen Vergleichs, nach dem der Beklagte die Kosten zu tragen hat;56 die Berücksichtigung gesetzlicher materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ist hingegen nicht erwähnt und stellte auch keine von der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe für die Kostentragung durch den Beklagten im Fall der Klagerücknahme dar.57 51 Vgl.
BGH NJW-RR 2010, 1476 Rdnr. 10; 2005, 1662, 1663; NJW 2004, 223; OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 2078, 2079; OLG Naumburg NJOZ 2005, 1633, 1634; LG Berlin Das Grundeigentum 2004, 109 f.; LG Bonn NJOZ 2005, 1567; Bonifacio, MDR 2002, 499; Deckenbrock/Dötsch, JurBüro 2003, 568, 572 Fn. 57; Hannich/Meyer-Seitz-Engers, § 269 Rdnr. 9; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 41; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 297 f.; Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 15; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18a; vgl. auch Erbacher, S. 26; Prütting/Gehrlein-Geisler, § 269 Rdnr. 22; a. A. Schneider, JurBüro 2002, 509; Timme, JA 2000, 224, 226; für den Fall der Stufenklage: Zimmermann, § 254 Rdnr. 12a. 52 BGBl. I 1998, S. 666. 53 Aufgehoben durch Art. 29 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familien sachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 mit Wirkung vom 1.9.2009, BGBl. I 2008, S. 2586. 54 BT-Drucks. 14/4722, S. 80; vgl. auch BT-Drucks. 13/7338, S. 33. 55 BT-Drucks. 14/4722, S. 80. 56 BT-Drucks. 14/4722, S. 80. 57 BGH NJW 2004, 223, 224.
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Nach der Gesetzesbegründung ist in den von der Rechtsprechung bisher nicht anerkannten Fällen der Kostentragung des Beklagten vielmehr der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO eröffnet; im Rahmen der Entscheidung nach „billigem Ermessen“ können danach materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche Berücksichtigung finden.58 2. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO Wie bereits erwähnt, wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO im Rahmen der ZPO-Reform 2002 insbesondere die Möglichkeit der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche eröffnen.59 Um die Regelung ranken sich verschiedene Streitigkeiten, die rechtsstaatliche Bedenken sowie den Anwendungsbereich der Vorschrift und damit auch die Frage betreffen, inwieweit sie tatsächlich die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ermöglicht. Eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO kann nach dem letzten Halbsatz dieser Vorschrift auch ohne Klagezustellung ergehen. Hieraus wird teilweise geschlossen, dass die Klagerücknahme auch ohne vorherige Zustellung möglich sei;60 andere gehen davon aus, dass es sich mangels vorheriger Rechtshängigkeit in diesem Falle nicht um eine Klagerücknahme im Rechtssinne handele61.62 a) Verfassungsmäßigkeit/verfassungskonforme Auslegung Mit Blick darauf, dass die auf prozessökonomischen Erwägungen beruhende Vorschrift aufgrund eines Billigkeitsurteils eine unter Umständen erhebliche Kostenbelastung einer Nicht-Partei ermöglicht, werden rechtsstaatliche Bedenken aufgezeigt.63 aa) Meinungsstand Einigkeit besteht im Hinblick hierauf darüber, dass das Recht auf Gehör des Beklagten64 (Art. 103 Abs. 1 GG) jedenfalls erfordert, dass diesem der Antrag 58
BT-Drucks. 14/4722, S. 81. S. o.: Teil 3 § 19 III. 1.; BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 60 Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13a. 61 MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 62; Schumann, FG Vollkommer, 155, 180 f. 62 Krit. zum dogmatischen Bruch durch § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO: Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214 f. 63 Dalibor, ZZP 119 (2006), 331, 334 ff.; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 526, 527; Schumann, FG Vollkommer, 155, 180 ff.; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18d. 64 Anders: MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 62: Gegner, der mangels Klagezustellung nicht mehr zum Beklagten werde. 59
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auf Kostenentscheidung samt Klageschrift zur Kenntnis zu geben ist;65 am sichersten erfolgt dies durch förmliche Zustellung zur Stellungnahme.66 Teilweise wird darüber hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Bestimmung einer Äußerungsfrist die förmliche Zustellung des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO mit beigefügter Klage und Klagerücknahmeerklärung für erforderlich erachtet.67 Weiterhin ist, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit der Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht eröffnet hat (vgl. §§ 91a Abs. 1 S. 1, 78 Abs. 3 ZPO), der Beklagte gegebenenfalls auch zur Bestellung eines Anwalts aufzufordern.68 Teilweise wird § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wegen Verstoßes gegen die Waffen gleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG)69 sowie Art. 19 Abs. 4 GG70 für verfassungswidrig gehalten. Mit Blick auf das Gebot der Waffengleichheit sei § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO problematisch, weil die Vorschrift generell zu einer formellen Ungleichbehandlung der Beteiligten führe, weil sich der Beklagte aufgrund seiner Verfahrensposition nicht sachgerecht gegen die Kostenfolge verteidigen könne.71 Dies betreffe insbesondere Fälle, bei denen er eine vollständige oder teilweise Kostentragungspflicht nicht abwenden könne, die ihn bei ordnungsgemäßer Tatsachenermittlung nach den Grundsätzen der §§ 91 ff. ZPO nicht träfe. Mit der Rücknahmeerklärung werde das Klageverfahren rückwirkend beendet (§ 269 Abs. 3 S. 1 ZPO) und die Entscheidungsgrundlage festgelegt, ohne dass es auf ein Zutun des Beklagten ankomme. Der Kläger bestimme allein den Umfang des für die Entscheidung maßgeblichen Streitstoffes. Trete der Beklagte dem Begehren mit erheb lichen Einwendungen entgegen, so könne er weder die Durchführung eines Prozesses erzwingen, noch könne er die Richtigkeit der seine Darstellung stützenden Behauptungen im Wege der Beweiserhebung abschließend klären lassen, da im Kostenverfahren die Beweisaufnahme regelmäßig unstatthaft sei. Der Gegner könne bei schlüssigem Klägervortrag allenfalls ein materiell-rechtswidriges untechnisches „non liquet“ mit gegenseitiger Kostenaufhebung erreichen. Mit der Entbindung des Richters von einer ordentlichen Prüfung wie im Erkenntnisver65
Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13a. Deckenbrock/Dötsch, JA 2005, 447, 449; dies., MDR 2004, 526, 527; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 62; Schumann, FG Vollkommer, 155, 181 f.; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 58; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18 d. 67 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 41; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18d. 68 Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13a; Schumann, FG Vollkommer, 155, 181; Zöller- Greger, § 269 Rdnr. 19. 69 Dalibor, ZZP 119 (2006), 331, 334 ff., 344 f. 70 OLG Brandenburg OLGR Brandenburg 2005, 559, 560. 71 Dalibor ZZP 119 (2006), 331, 334 f. 66
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fahren und der Ermöglichung einer – von materiellen Überlegungen losgelösten – Billigkeitsentscheidung außerhalb eines Prozessrechtsverhältnisses könnten prozessuale Kostenerstattungsansprüche unabhängig von einer materiellen Ersatzpflicht geschaffen werden. Daraus, dass der Beklagte eine der wirklichen Rechtslage entsprechende, ihn von den Kosten entlastende Entscheidung nicht erzwingen könne und im Rahmen des ihm offen stehenden Verfahrens der sofortigen Beschwerde die gegen ihn ergangene Kostenentscheidung lediglich auf richtige Ermessensausübung überprüfen lassen könne, folge zudem ein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG.72 Nach h. M. kann den verfassungsrechtlichen Vorgaben allerdings durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO Rechnung getragen werden.73 Nach Ansicht des BGH74 habe die beklagte Partei trotz des „an sich entgegenstehenden Wortlauts“ einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wobei ihr Tatsachenvortrag und die zu seiner Untermauerung angeführten Beweismittel nach der Natur der Sache – anders als grundsätzlich im Fall des § 91a Abs. 1 ZPO – nicht deshalb unberücksichtigt bleiben könnten, weil sie bislang noch nicht vorgetragen worden seien. Ferner erstrebe der Kläger im Fall des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO eine vom Regelfall des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung und habe daher – ebenfalls abweichend vom Fall des § 91a Abs. 1 ZPO – darzulegen und zu beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspreche. Inwieweit sich das Gericht bei einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Tatsachenfeststellung mit einem bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil begnügen darf, hat der BGH allerdings bislang offen gelassen.75 Einschränkend wird teilweise angeführt, dass nur eine summarische Prognose und keine abschließende Gewissheit vor allem zur Begründetheit der Klage erforderlich sei und vielmehr ein Wahrscheinlichkeitsurteil ausreiche, wobei der Kläger die betreffenden Tatsachen nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen müsse.76 72
OLG Brandenburg OLGR Brandenburg 2005, 559, 560. BGH NJW 2006, 775 Rdnr. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 41; Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 16; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858. 74 BGH NJW 2006, 775 f.; dem BGH folgend: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 41; Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13; Prütting/Gehrlein-Geisler, § 269 Rdnr. 29; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 16. 75 BGHZ 197, 147 Rdnr. 13. 76 Deubner, JuS 2006, 516, 519 Fn. 22; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 56. 73
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Über die vom BGH aufgestellten Anforderungen an eine Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hinaus wird teilweise – außer bei Einverständnis mit dem schriftlichen Verfahren – die Anberaumung der mündlichen Verhandlung gefordert. Andere gehen davon aus, dass diese auf Ersuchen des Beklagten stattfinden müsse. Die mündliche Verhandlung sei mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK geboten,77 da es sich im Falle des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO – anders als bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO – um eine kontradiktorische Entscheidung über einen Sachverhalt handele, nämlich das Bestehen, die Fälligkeit, Einredefreiheit der Klageforderung, Anlass zur Klage und Tatsache sowie Zeitpunkt dessen Wegfalls, zu dem sich der Gegner nicht habe äußern können.78 bb) Stellungnahme Anders als im Falle der Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO kann der Kläger mit einer Klagerücknahme bzw. einer Rückziehung der Klage im Sinne der Rückgängigmachung der Klageeinreichung79 mit einer einseitigen Erklärung eine Kostenentscheidung nach „billigem Ermessen“ herbeiführen. Dies und der Umstand, dass der Beklagte sich im Zeitpunkt der Erklärung des Klägers oftmals noch nicht zur Sache geäußert haben wird, ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich garantierten Rechte des Beklagten problematisch. Man wird den Belangen des Beklagten jedoch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hinreichend Rechnung tragen können und nicht von einer Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ausgehen müssen. Zunächst ist dem Beklagten rechtliches Gehör zu gewähren. Dabei ist durch Art. 103 Abs. 1 GG zwar nicht die förmliche Zustellung des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO mit beigefügter Klage und Klagerücknahmeerklärung geboten; das Gericht hat aber zu prüfen, ob dem Beklagten auch tatsächlich rechtliches Gehör gewährt wurde und sich – etwa durch förmliche Zustellung – Kenntnis darüber zu verschaffen, ob ihn die zur Gewährung rechtliches Gehörs übersandten Schriftsätze erreicht haben.80 Weiterhin dürfen erhebliche Beweisangebote des Beklagten nicht unberücksichtigt bleiben. Eine Beweiserhebung zur Feststellung des Kostenpflichtigen ist zwar grundsätzlich nicht vorgesehen, aber auch nicht per se ausgeschlossen. Wie bereits erwähnt, kann insbesondere im Falle der beiderseitigen Erledigungserklä77
Schumann, FG Vollkommer, 155, 182. § 269 Rdnr. 19. 79 Vgl. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 62; s. o.: Teil 3 § 19 III. 2. 80 Vgl. BVerfGE 50, 280, 285 f.; 42, 243, 246; 36, 85, 88; BVerfG NJW 2013, 2658; 2006, 2248, 2249. 78 Zöller-Greger,
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rung (§ 91a Abs. 1 ZPO) eine (weitere) Beweiserhebung erfolgen.81 Ferner kann auch im Anwendungsbereich des § 93 ZPO hinsichtlich der Frage der Klageveranlassung eine Beweisaufnahme erfolgen.82 Auch ist dem Einwand, § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ermögliche eine von mate riellen Überlegungen losgelöste Billigkeitsentscheidung und habe prozessuale Kostenerstattungsansprüche unabhängig von einer materiellen Ersatzpflicht zur Folge, entgegenzutreten. Wie bereits zur Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO erläutert wurde, darf die Regelung nicht als eine ungebundene Entscheidung (miss)verstanden werden, mit der Folge einer freien Neuschöpfung vorprozessualer Pflichten.83 Vielmehr muss die Konkretisierung der Generalklausel des „billigen Ermessens“ in den Grenzen der maßgeblichen gesetzlichen Wertungen erfolgen. Aus den prozessualen Kostenvorschriften lassen sich keine vorpro zessualen Pflichten des Beklagten ableiten. Daher setzt eine Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zugunsten des Klägers grundsätzlich84 einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten voraus. Was die Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 4 GG anbelangt, so ist dessen Schutzbereich nach – bestrittener – Auffassung insbesondere des BVerfG im Hinblick auf die Gewährung zivilrechtlichen Rechtsschutzes nicht eröffnet, da bei einem Verständnis dahingehend, dass öffentliche Gewalt auch die Gesetzgebung meint, die Vorschriften der Normenkontrolle (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, 4a, Art. 100 Abs. 1 GG) leer liefen85 und „öffentliche Gewalt“ i. S. v. Art. 19 Abs. 4 GG eng im Sinne der vollziehenden Gewalt zu verstehen ist und der Rechtsschutz gegen richter liche Entscheidungen nicht erfasst ist.86 81
S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. BGH GRUR 2007, 629; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2009, 1437; OLG Hamm MDR 2004, 1078; Becker-Eberhard, S. 302, 214 Fn. 9; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 9, 23, 66; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 16; Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 6 Stichwort „Beweislast“. 83 S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. (auch zum Folgenden). 84 S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. und ebd. Fn. 40: Kostenentscheidungen zugunsten des Klägers ohne Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bedürfen jedenfalls einer besonderen Rechtfertigung. 85 BVerfGE 112, 185, 207; 45, 297, 334; 24, 33, 50 f.; Dalibor, ZZP 119 (2006), 331, 335; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 19 Rdnr. 44; Sachs-Sachs, Art. 19 Rdnr. 122 ff.; a. A. AK.GG-Ramsauer, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 54; v. Mangoldt/Klein/Starck-Huber, Art. 19 Rdnr. 435; Maunz/DürigSchmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 93; v. Münch/Kunig-Krebs, Art. 19 Rdnr. 62. 86 BVerfGE 116, 1, 9 f.; 115, 205, 228; 112, 185, 207; 107, 395, 403 ff.; 49, 329, 340; 25, 352, 365; 22, 106, 110; 15, 275, 280; 11, 263, 265; 4, 74, 96; AK.GG-Ramsauer, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 55; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 19 Rdnr. 42, 45; Maunz/Dürig-Schmidt/Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 96 ff.; Sachs-Sachs, Art. 19 Rdnr. 120; Schenke, JZ 2005, 116 ff.; a. A. Dreier- Schulze-Fielitz, Art. 19 IV Rdnr. 49; v. Mangoldt/Klein/Starck-Huber, Art. 19 Rdnr. 442; v. Münch/Kunig-Krebs, Art. 19 Rdnr. 63. 82 Vgl.
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Selbst wenn man aber von der Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 19 Abs. 4 GG ausginge und auf dieser Grundlage von der Notwendigkeit einer richter lichen Überprüfung sowie davon, dass § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ein richterliches Ermessen gewährt, läge in der Überprüfung nur auf Ermessensfehler durch das Beschwerdegericht keine Verletzung des Rechts aus Art. 19 Abs. 4 GG. Vielmehr besteht ein Art. 19 Abs. 4 GG entsprechender Rechtsschutz im Falle des Bestehens eines (Verwaltungs)Ermessens gerade, wenn die richterliche Überprüfung auf Ermessensfehler gewährleistet ist.87 Mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie ist freilich bereits die Eröffnung eines richterlichen Gestaltungsspielraums durch § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO problematisch. Insoweit bedarf es allerdings keines Rückgriffs auf Art. 19 Abs. 4 GG. Denn der zivilrechtliche Rechtsschutz ist durch den allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus dem Rechtsstaatsprinzip i. V. m. dem jeweiligen Grundrecht verfassungsrechtlich abgesichert.88 Diese grundgesetzliche Garantie umfasst den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung. Verfassungsrechtlich garantiert ist eine richterliche Überprüfung des jeweiligen Rechtsschutzziels unter einem in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich umfassenden Prüfungsauftrag89 bei Beachtung der maßgeblichen Rechtsschutzstandards.90 Hiergegen verstößt eine nur summarische Prüfung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zwar grundsätzlich nicht.91 Anders ist dies jedoch im Falle einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu beurteilen. Zum einen ist der Grund für die summarische Prüfung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die besondere Eilbedürftigkeit, während die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO lediglich im Sinne der Verfahrensökonomie92 die Verhinderung von Folgeprozessen auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bezweckt. Zum anderen kann im Falle des vorläufigen Rechtsschutzes die umfängliche Prüfung im nachfolgenden Hauptsacheverfahren erfolgen, während der Beklagte im Falle der Berücksichtigung eines vermeintlichen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers oftmals seinerseits keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger haben wird, mit dem er im Rahmen eines Folgeprozesses die vormalige Kostenauferlegung 87
Vgl. statt aller Maunz/Dürig-Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 189 f. BVerfGE 107, 395, 401, 406 f.; Maunz/Dürig-Schmidt/Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 97 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 89 BVerfGE 112, 185, 207; 85, 337, 345; 54, 277, 291. 90 Maunz/Dürig-Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 17, zu den Rechtsschutzstandards, wie insbesondere Art. 103 Abs. 1 GG: ebd. Rdnr. 18. 91 Vgl. BVerfG NVwZ-RR 2005, 442; vgl. auch Stickelbrock, S. 442. 92 Vgl. Stickelbrock, S. 442: zu § 91a Abs. 1 ZPO. 88
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ieder rückgängig machen könnte. Denn die sachlich unberechtigte Geltend w machung von Ansprüchen führt für sich genommen grundsätzlich noch nicht zu einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch.93 Ferner wird insbesondere durch die Klageerhebung grundsätzlich kein materiell-rechtlicher Kosten erstattungsanspruch begründet.94 Im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch des Beklagten muss eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten aufgrund eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers daher ausscheiden, wenn der Richter nicht von dem Bestehen des betreffenden Anspruchs überzeugt ist. Auch darf von einer Beweiserhebung nicht etwa mit der Folge einer gegenseitigen Kostenaufhebung abgesehen werden. Diese Interpretation hält sich in den Grenzen des im Wege der verfassungskonforme Auslegung Möglichen. Ihre Grenzen findet die verfassungskonforme Auslegung dort, wo sie dem Wortlaut und klaren Willen des Gesetzgebers widerspricht, der normative Gehalt einer Norm grundsätzlich neu bestimmt werden müsste oder ein wesentliches gesetzgeberisches Ziel verfehlt würde.95 Die Voraussetzungen der für eine Berücksichtigung im Rahmen einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche betreffen Umstände, die mit Blick auf die Voraussetzung des Anlasswegfalls im Sinne des Wegfalls des Klagegrundes96 und die bei der Entscheidung nach „billigem Ermessen“ zu berücksichtigenden Tatsachen – insbesondere kann der Verzug des Beklagten etwa eine Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO begründen97 – für eine Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ohnehin relevant sind. Zudem soll mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nach der Gesetzesbegründung gerade die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsan sprüche ermöglicht werden.98 Wird dementsprechend infolge einer verfassungskonformen Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einerseits von der Entscheidung zu Lasten des Klägers nur abgesehen, wenn das Gericht vom Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers überzeugt ist, muss das Gericht andererseits nicht bereits zur Begründung der Anwendbarkeit des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO von der Voraussetzung des Anlasswegfalls vor Rechtshängigkeit die volle Überzeugung erlangt haben.99 93
S. o.: Teil 2 § 12 IV., VI. 2. b), c), § 14 II. 1. e) aa) (1), 2., 3. b), Teil 3 § 18 I. S. o.: Teil 2 § 14 I. 3. c). 95 BVerfGE 90, 263, 275; 54, 277, 297 ff.; Dalibor, ZZP 119 (2006), 331, 342, der mit Blick hierauf eine verfassungskonforme Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO insgesamt ablehnt. 96 S. u.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5). 97 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 98 BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 99 Die hier vorausgesetzte Überzeugung vom Bestehen eines materiell-rechtlichen Kosten94
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Weiterhin ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten, sofern man mit dem BGH davon ausgeht, dass im Rahmen einer Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären sind und die Rechtsfortbildung des materiellen Rechts auszuscheiden hat.100 Die Mündlichkeit ist weder vom Grundgesetz noch durch sonstiges, der ZPO übergeordnetes Recht geboten.101 Mittelbar wird die Mündlichkeit jedoch mit der Garantie der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 1 EMRK vorgeschrieben, soweit diese Garantie greift.102 Gemessen am Zweck der Öffentlichkeit muss eine mündliche Verhandlung insbesondere nicht erfolgen, wenn der Gegenstand des Verfahrens keine Fragen von öffentlicher Bedeutung aufwirft.103 Vor diesem Hintergrund wird insbesondere davon ausgegangen, dass „bloße Kostenentscheidungen“ eine vorhergehende mündliche Verhandlung nicht erfordern. Die Auslegung dahingehend, dass im Rahmen einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO – entsprechend der h. M. zu § 91a Abs. 1 ZPO104 – schwierige Rechtsfragen nicht zu entscheiden sind, belastet den Beklagten bei verfassungskonformer Interpretation nicht. Denn nach der verfassungskonformen Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO des BGH hat der Kläger zu beweisen, dass seine Belastung mit den Kosten billigem Ermessen widerspricht. Entsprechend hat er (jedenfalls vorerst105) das Risiko zu tragen, dass die Entscheidung schwieriger Rechtsfragen unterbleibt erstattungsanspruchs als Verzugsschaden oder im Falle einer klageweisen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs als Folgeschaden hat freilich zur Folge, dass das Gericht jedenfalls hinsichtlich des ursprünglichen Bestehens eines Klageanlasses – nämlich des Anspruchs, mit dem der Beklagte in Verzug geraten ist bzw. des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs – Überzeugung erlangen muss. 100 BGHZ 197, 147 Rdnr. 13; OLG Braunschweig BeckRS 2012, 04765. 101 Hk.EMRK-Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 Rdnr. 170 ff.; Stein/Jonas-Kern, § 128 Rdnr. 6 f. (auch zum Folgenden). 102 Wäre nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK eine mündliche Verhandlung erforderlich, so wäre davon auszugehen, dass sie auch grundgesetzlich geboten ist. Denn ein allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren ist auch im deutschen Recht anerkannt und wird aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet (vgl. z. B. BVerfGE 110, 339, 342; BVerfG NJW 2010, 287; 2003, 2225; Hk.EMRK-Meyer- Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 Rdnr. 89). Zudem steht die EMRK zwar nach dem BVerfG einem Bundesgesetz gleich und damit unter dem Grundgesetz; sie ist jedoch als Auslegungs hilfe bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen (BVerfGE 128, 326; BVerfG NJW 2014, 2563, 2564; vgl. auch BVerfG NJW 2012, 2262). 103 EGMR NJW 2003, 1921, 1922 f.; Hk.EMRK-Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 Rdnr. 172. 104 S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd), Nachweise ebd. Fn. 502. 105 Zu der Frage, ob der Kläger die Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO im Wege der Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs rückgängig machen kann, s. u.: Teil 4 § 23 VII. 1. b).
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und infolgedessen nicht feststeht, ob ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers besteht, so dass in diesem Falle die Kosten nicht etwa gegeneinander aufzuheben,106 sondern vielmehr dem Kläger aufzuerlegen sind. Da weiterhin der Kläger nicht den Weg eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO wählen muss, sondern stattdessen eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs erheben kann,107 wird man auch mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch des Klägers nicht davon ausgehen müssen, dass im Rahmen von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO schwierige Rechtsfragen zu klären sind. b) Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit Eine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO setzt einen Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit voraus. aa) Anlass und Anlasswegfall i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO Es muss folglich zunächst einmal ein Anlass zur Klageeinreichung bestanden haben, der sodann weggefallen ist. Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich beurteilt.108 (1) Entsprechend Erledigungsbegriff Die wohl h. M. geht davon aus, dass ein Anlass i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO immer dann besteht, wenn das klägerische Begehren zunächst begründet war und sich dann erledigt hat und prüft an dieser Stelle noch nicht, ob der Beklagte auch Veranlassung zur Klage i. S. v. § 93 ZPO109 gegeben hat und ob der Kläger von einem etwaigen Anlasswegfall vor Anhängigkeit hätte wissen müssen. Diese Aspekte werden dann erst im Rahmen der vom Gericht anzustellenden Billigkeitserwägungen berücksichtigt.110
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So aber OLG Braunschweig BeckRS 2012, 04765. BGHZ 197, 147 Rdnr. 8. 108 Vgl. zum Streit: KG NJW-RR 2009, 1411, 1413: letztlich offen gelassen. 109 Hierzu s. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 110 OLG Dresden OLG-NL 2003, 164, 166; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 114; OLG Jena NJOZ 2010, 1215; Deckenbrock/Dötsch, JA 2005, 447, 448; dies., MDR 2004, 1214, 1216; Hannich/Meyer-Seitz-Engers, § 269 Rdnr. 12; Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13; Schumann, FG Vollkommer, 155, 177. 107
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(2) Entsprechend Erledigungsbegriff und Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO Nach teilweise vertretener Ansicht setzt das (vormalige) Bestehen eines Anlasses i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO – neben der ursprünglichen Begründetheit des Klagebegehrens – voraus, dass der Kläger einen Grund zu der Annahme hatte, dass er ohne die Klage nicht zu seinem Recht kommen werde.111 Hieran fehle es beispielsweise, wenn der Kläger dem Beklagten vor der Klageeinreichung keine angemessene Zeit zur Prüfung des geltend gemachten Rechts gelassen habe oder nicht davon habe ausgehen müssen, dass seinem (berechtigten) Begehren nicht (rechtzeitig) Folge geleistet werde. Von einem Anlasswegfall sei in Anlehnung an den herrschenden Erledigungsbegriff auszugehen, wenn das Klagebegehren zunächst zulässig und begründet gewesen und durch Eintritt des erledigenden Ereignisses unzulässig oder unbegründet geworden sei. (3) Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO und § 93d ZPO a. F. Nach einer weiteren Ansicht komme es demgegenüber für das Vorliegen eines Anlasses i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO – wie bei § 93 ZPO und § 93d ZPO a. F. – lediglich darauf an, dass der Kläger die Klage für notwendig halten durfte.112 Für einen Anlasswegfall sei entscheidend, ob eine Klage objektiv noch erforderlich war.113 (4) Differenzierend nach Zeitpunkt des Anlasswegfalls Ferner wird teilweise davon ausgegangen, dass eine Billigkeitsentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO im Fall des Anlasswegfalls vor Klageeinreichung voraussetze, dass der Kläger hiervon schuldlos keine Kenntnis hatte.114 (5) Stellungnahme Mit der h. M. ist davon auszugehen, dass ein Anlass i. S. v. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zur Klageeinreichung jedenfalls dann besteht, wenn das klägerische Begehren zu irgendeinem Zeitpunkt begründet war und demgegenüber die Frage, ob der Klä-
111
OLG Frankfurt a. M. NZM 2007, 340 f.; OLG Naumburg BeckRS 2010, 30215 unter II. 2. a); MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 59 (auch zum Folgenden); Prütting/ Gehrlein-Geisler, § 269 Rdnr. 26 ff. 112 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 37 (auch zum Folgenden); Erbacher, S. 59 ff., insb. S. 63 f. 113 Erbacher, S. 64. 114 OLG Karlsruhe NJW 2012, 1373, 1374; OLG München OLGR München 2004, 218, 219; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213, 214; offen gelassen bei KG NJW-RR 2009, 1411, 1413.
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ger die Klageeinreichung bereits und weiterhin für erforderlich halten durfte, im Rahmen des „billigen Ermessens“ des Gerichts beachtlich ist. Zunächst spricht hierfür der Wortlaut von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Denn nicht etwaige Hintergründe, die den Kläger dazu veranlasst haben, sein Begehren gerade gerichtlich durchzusetzen – wie etwa der Verzug des Beklagten vor Klageerhebung – fallen später weg, sondern das Klagebegehren erledigt sich. Denkbar wäre es nach dem Wortlaut freilich auch, für den Anlass und den Anlasswegfall jeweils auf die Sicht des Klägers abzustellen, also danach zu fragen, ob dieser eine Klage zunächst für erforderlich halten durfte und dies später nicht mehr der Fall war. Dieses Verständnis zum Begriff des Anlasses entspräche insbesondere demjenigen im Rahmen von § 93d ZPO a. F., der erst nach der Einfügung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, nämlich mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Fami liensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008115 gestrichen wurde (vgl. nunmehr § 243 FamFG). Nach § 93d ZPO a. F. konnten die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen ganz oder teilweise abweichend von den Vorschriften der §§ 91 bis 93a und 269 Abs. 3 S. 2 ZPO der in Anspruch genommenen Partei auferlegt werden, wenn diese zu einem Verfahren, das die gesetzliche Unterhaltspflicht betrifft, dadurch Anlass gegeben hat, dass sie der Verpflichtung, über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist. „Anlass“ wird in dieser Vorschrift gerade nicht mit dem Klagebegehren – dem Unterhaltsanspruch – gleichgesetzt, sondern bezieht sich auf die Auskunftspflichtverletzung. Somit meint „Anlass“ in dieser Vorschrift die Erforderlichkeit aus Sicht des Klägers infolge der Auskunftspflichtverletzung des Beklagten. Allerdings hätte das Abstellen auf die Klägersicht für den Anlasswegfall zur Folge, dass aus dem Anwendungsbereich von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO alle Fälle ausgenommen wären, in denen der Kläger erst nach dem Zeitpunkt einer (trotz objektiver Erledigung noch erfolgenden) Zustellung von der Erledigung des Klagebegehrens vor der Zustellung erfahren hat und hiervon auch nicht vorher bereits Kenntnis hätte haben müssen. Dies widerspräche aber dem erklärten Willen des Gesetzgebers, der mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO gerade für die Fälle der Erledigung vor Rechtshängigkeit, bei denen nach h. M. eine Klage auf Feststellung der Erledigung nicht erfolgreich wäre, eine Lösung schaffen wollte.116 Weiterhin erscheint es mit Blick auf den Wortlaut von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, wonach gerade der vormals bestehende Anlass weggefallen sein muss, nicht überzeugend, das Bestehen eines Anlasses zunächst aus der Sicht des Klägers zu beurteilen und 115 116
BGBl. I 2008, S. 2586. BT-Drucks. 14/4722, S. 81.
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für den Anlasswegfall sodann darauf abzustellen, ob objektiv das Klagebegehren nicht mehr begründet war. Ferner wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO den Fall des Wegfalls des Klagegrundes vor Rechtshängigkeit betreffe und erläutert, dass nach der h. M. eine Klageänderung auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache nur dann erfolgreich sei, wenn die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nach Rechtshängigkeit erfolgtes Ereignis unzulässig oder unbegründet werde, was insbesondere dann nicht gegeben sei, wenn der Anlass für die Klageerhebung – etwa durch Zahlung des eingeklagten Betrages – vor Rechtshängigkeit weggefallen sei.117 Der Gesetzgeber setzt damit im Grundsatz den Begriff des Anlasses dem Klagegrund gleich. Unter Klagegrund wird gerade der Lebenssachverhalt verstanden, auf den der Klageantrag gestützt wird,118 nicht etwa die (zusätzlichen) Umstände, die eine Veranlassung i. S. v. § 93 ZPO begründen. Weiterhin besteht weder eine Notwendigkeit bereits beim ursprünglichen Bestehen eines Anlasses auch die Veranlassung des Beklagten i. S. v. § 93 ZPO zu prüfen, noch im Falle des Anlasswegfalls vor Anhängigkeit die Frage, ob der Kläger die Klage noch für erforderlich halten durfte, zu behandeln. Diese Interpretationen sollen den Beklagten vor der Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO mit der Folge einer Entscheidung nach „billigem Ermessen“ schützen. Bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift darf das Gericht allerdings nur unter Berücksichtigung des Weiteren erheblichen Vortrags und entsprechender Beweisantritte des Beklagten gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu dessen Lasten entscheiden; der Kläger muss beweisen, dass die Kostentragung durch ihn „billigem Ermessen“ widerspräche.119 Zu dem erheblichen Vortrag des Beklagten gehören insbesondere die Umstände, die nach den § 93 ZPO zu Grunde liegenden Wertungen die Kostenbelastung des Klägers begründen.120 Die damit maßgebliche Auslegung des „Anlasswegfalls“ im Rahmen von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hat zur Folge, dass vom Anwendungsbereich der Norm die Fälle, in denen das klägerische Begehren nie bestand, ausgenommen sind. Der originäre Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst daher eine der hier relevanten Fallgestaltungen nicht:121
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BT-Drucks. 14/4722, S. 81. Siehe nur MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 253 Rdnr. 75; Musielak/Voit-Foerste, § 253 Rdnr. 25. 119 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb). 120 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb), zu § 91a ZPO: Teil 3 § 19 II. 2. 121 Zur Frage der erweiternden Auslegung bzw. analogen Anwendbarkeit s. u.: Teil 3 § 19 III. 3. 118
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Bestand das vom Kläger geltend gemachte Recht gegenüber dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt und trifft den Beklagten eine entsprechende Informationspflicht, die dieser verletzt hat, weshalb der Kläger von der Unbegründetheit seines Begehrens keine Kenntnis haben konnte und entschließt jener sich infolgedessen zur Klageerhebung, so kann gerade aufgrund der Informationspflichtverletzung des Beklagten ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten bestehen,122 dessen Berücksichtigung im Rahmen von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO jedoch nicht möglich ist. bb) Zeitpunkt des Anlasswegfalls Unbestritten ist der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in den Fällen der Erledigung des klägerischen Begehrens zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage eröffnet.123 Die h. M. geht weiterhin davon aus, dass eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auch dann in Betracht kommt, wenn das klägerische Begehren sich bereits vor Anhängigkeit der Klage erledigt hat.124 Die Gegenansicht, nach der eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in diesem Fall ausscheide,125 stützt sich insbesondere darauf, dass bei Anlasswegfall vor Anhängigkeit zur Einreichung der Klage eben kein Anlass bestanden habe126 sowie darauf, dass es mangels eines (nachfolgenden) Prozessrechtsverhältnisses auch keine Prozesskosten gäbe.127 Freilich setzt § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nach seinem Wortlaut nicht voraus, dass das Klagebegehren128 noch zum Zeitpunkt der Anhängigkeit Aussicht auf Erfolg hatte. Ferner soll es nach der Gesetzesbegründung gerade mög122
Zu möglichen Anspruchsgrundlagen s. o.: Teil 3 § 18 II. Siehe z. B. Hannich/Meyer-Seitz-Engers, § 269 Rdnr. 10; Prütting/Gehrlein-Geisler, § 269 Rdnr. 21; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 130 Rdnr. 36; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 16; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18c. 124 OLG Köln OLGR Köln 2004, 79, 81; OLG München OLGR München 2004, 218; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213, 214; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1216 f.; dies., JA 2005, 447, 448; Elzer, NJW 2002, 2006, 2008; Erbacher, S. 43 ff.; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 61; Musielak, JuS 2002, 1203, 1205; Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13b; Schumann, FG Vollkommer, 155, 177; Schur, KTS 2004, 373, 389; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 53; Thomas/Putzo-Seiler, § 269 Rdnr. 16; Vossler, MDR 2009, 667, 669; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18c; vgl. ferner Rosenberg/Schwab/ Gottwald, § 130 Rdnr. 38: für analoge Anwendung im Falle der Erledigung vor Anhängigkeit. 125 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 38; Bonifacio, MDR 2002, 499; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 297. 126 Bonifacio, MDR 2002, 499. 127 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 38. 128 Zum Verständnis des Begriffs des Anlasses in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO i. S. v. Klagegrund s. o.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5). 123
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lich sein, über § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche in den Fällen zuzulassen, „die bisher von der Rechtsprechung nicht als Ausnahmefall anerkannt sind“.129 Für die Relevanz der Regelung in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wird in der Gesetzesbegründung zwar der Fall der Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit beispielhaft erwähnt;130 eine Beschränkung auf diese Konstellation lässt sich den Materialien aber nicht entnehmen. Insbesondere kann ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers etwa wegen Verzugs des Beklagten auch bestehen, wenn der Beklagte den Anspruch des Klägers bereits vor dem Zeitpunkt der Anhängigkeit erfüllt hat, der Kläger hiervon aber vor Einleitung des Klageverfahrens keine Kenntnis hätte haben müssen.131 Gegen die Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO spricht auch nicht, dass noch kein Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen ist. Dieses wird zum einen nach allgemeiner Ansicht erst im Zeitpunkt der Klageerhebung begründet und besteht auch zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit noch nicht (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO).132 Zum anderen können dem Kläger auch bei Erledigung vor dem Zeitpunkt der Anhängigkeit Kosten anfallen, etwa für die Einreichung der Klageschrift und insbesondere für seinen Prozessbevollmächtigten.133 Aus den § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu Grunde liegenden Wertungen, insbesondere der bezweckten Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, folgt gerade, dass diese als Prozesskosten zu qualifizieren sind und bei einer entsprechenden Kostengrund entscheidung gem. § 269 Abs. 4 ZPO im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden können. Als „Kosten des Rechtsstreits“ sind im Falle einer Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO bei Rücknahme vor der Zustellung diejenigen Kosten anzusehen, die im Falle der Rücknahme nach Zustellung der Klage erstattungsfähig gewesen wären.134 Im Falle der Erledigung nach Rechtshängigkeit ist § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hingegen nicht einschlägig; auch eine analoge Anwendung135 muss mit Blick auf den klaren Wortlaut und nach dem Willen des Gesetzgebers, der an der Möglich129
BT-Drucks. 14/4722, S. 81. BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 131 Zur Voraussetzung der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der jeweiligen Rechtskonfliktkosten im Rahmen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs s. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2); ferner Schur, KTS 2004, 373, 389. 132 Siehe z. B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grdz § 128 Rdnr. 10, Übers § 214 Rdnr. 6; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 66; MünchKomm.ZPO-Rauscher, Einl. Rdnr. 32; Zöller-Vollkommer, Einl. Rdnr. 52. 133 Schur, KTS 2004, 373, 389. 134 BGH NJW 2006, 775; Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18d. 135 Hierfür: Bonifacio, MDR 2002, 499 f.; MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 23; Schneider, JurBüro 2002, 509, 510. 130
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keit der einseitigen Erledigungserklärung bei Erledigung nach Rechtshängigkeit nichts ändern wollte,136 ausscheiden.137 c) Erfordernis der Zustimmung des Beklagten gem. § 269 Abs. 1 ZPO Nach Beginn der mündlichen Verhandlung ist eine Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 1 ZPO nur mit Einwilligung des Beklagten möglich. Für eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis, die nach teilweise vertretener Ansicht bei Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit geboten sei, um zu verhindern, dass der Beklagte eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO blockiert,138 ist mit Blick auf die systematische Zuordnung der Regelung der Kostenentscheidung bei Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit zur Klagerücknahme und den Wortlaut des § 269 Abs. 1 ZPO, der ab dem Beginn der mündlichen Verhandlung einschränkungslos eine Einwilligung des Beklagten fordert, kein Raum.139 d) Unzweckmäßigkeit des Vorgehens gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO Das Vorgehen gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO ist im Hinblick darauf, dass die Parteien die Kostenvergünstigung nach Nr. 1211 Ziff. 1 GKG-KV verlieren und daher drei Gerichtsgebühren anstatt einer sowie etwaige zusätzliche Anwaltskosten beim Antragsgegner entstehen, unzweckmäßig. Empfehlenswert kann daher das Absehen von einem entsprechenden Antrag und die Einigung mit dem Gegner sein.140 Kommt eine Einigung nicht in Betracht, ist für den Kläger die Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs die sicherere Variante, da er im Falle einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO insbesondere das Risiko trägt, dass das Gericht von der Entscheidung einer schwierigen Rechtsfrage absieht und nicht die Überzeugung erlangt, dass eine Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers billigem Ermessen widerspricht.141 136
BT-Drucks. 14/4722, S. 81. BGH NJW 2014, 3520; 2004, 223, 224; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 269 Rdnr. 38; Erbacher, S. 71 ff.; Gehrlein, MDR 2003, 421; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 57; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 91a Rdnr. 17; Musielak, JuS 2002, 1203, 1205; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 297; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 130 Rdnr. 39. 138 Bremkamp, JA 2010, 207, 211; Fritzsche-Brandt, JA 2008, 365 ff. 139 Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; Erbacher, S. 96; Hannich/Meyer-Seitz- Engers, § 269 Rdnr. 3; Huber, JuS 2002, 690, 691; Löhnig, JA 2004, 122, 124; MünchKomm. ZPO-Becker-Eberhard, § 269 Rdnr. 63; vgl. auch Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 55 i. V. m. Rdnr. 1. 140 Vgl. Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18e; zu beachten ist freilich, dass in diesem Fall bei anwaltlicher Vertretung eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV-RVG entsteht. 141 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb). 137
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3. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO analog bei nie aussichtsreicher Klage Nach teilweise vertretener Ansicht soll § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO analog auf die Fälle angewendet werden, in denen das Klagebegehren zwar nie begründet war, der Kläger aber dennoch zu der Klage – insbesondere durch eine Auskunftspflichtverletzung des Beklagten – veranlasst worden ist.142 Teilweise wird für eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beschränkt auf den Fall der Stufenklage eingetreten, bei der sich in der Auskunftsstufe ergibt, dass ein Anspruch nicht besteht und daher der Leistungsantrag unbegründet ist.143 In diesem Fall sei mit der Erteilung der – zunächst verweigerten – Auskunft der „Anlass“ für den Leistungsantrag weggefallen. Die Stufenklage sei zwar zu diesem Zeitpunkt auch insoweit rechtshängig, jedoch fehle noch die erforderliche Bezifferung und habe bisher das Verfahrenshindernis der „sukzessiven Verhandlung“ bestanden, so dass von einer Rechtsähnlichkeit zu den Fallgestaltungen, die vom direkten Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erfasst seien, auszugehen sei. Nach einer weiteren Ansicht ist die entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO abzulehnen.144 Der BGH hat die entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in einem Fall, in dem der Kläger auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs wegen behaupteter Auskunftspflichtverletzung der Beklagten deren Kostenbelastung beantragt hat, verneint.145 Es sei keine vergleichbare Fallgestaltung gegeben und auch keine planwidrige Regelungslücke erkennbar. Aus Gründen der Prozessökonomie sei in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch ausnahmsweise bereits im Rahmen der Kostenentscheidung des laufenden Prozesses zu berücksichtigen. Dabei fordere eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht nur eine sachliche Prüfung der geltend gemachten Forderung, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. Mit diesen Fragen solle die prozessuale Kostenentscheidung – von dem im Gesetz geregelten Ausnahmefall abgesehen – sonst nicht belastet werden. Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO sei daher einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. 142
Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13b; Saueressig, ZZP 119 (2006), 463, 471 ff.: für den Fall der verspäteten, unrichtigen oder unvollständigen Drittschuldnererklärung (§ 840 ZPO). 143 Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 43; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Stufenklage“ (auch zum Folgenden). 144 BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663 f.; OLG Köln VersR 2015, 473, 474; MünchKomm. ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26 i. V. m. Fn. 74. 145 BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663 f. (auch zum Folgenden).
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Spräche man sich mit Blick auf teleologische Erwägungen für eine Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO im Fall einer Auskunftspflichtverletzung des Beklagten, wodurch dieser den Kläger zur Erhebung einer unbegründeten Klage veranlasst hat, aus, so könnte dem für die Fälle, in denen der Beklagte noch vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit die entscheidende Auskunft erteilt, methodisch im Wege der Auslegung Rechnung getragen werden. Denn der Wortlaut lässt auch eine Auslegung dahingehend zu, dass sich das vormalige Bestehen eines Anlasses sowie der Anlasswegfall danach beurteilt, ob der Kläger eine Klage für erforderlich halten durfte.146 Gerade in den Fällen einer (vorprozessualen) Auskunftspflichtverletzung des Beklagten wird es sich aber oftmals so zutragen, dass der Beklagte erst im Laufe des Prozesses seiner Auskunftspflicht nachkommt.147 Jedenfalls insoweit kommt allenfalls eine Analogie in Betracht. Für eine analoge Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wird insbesondere vorgebracht, der Fall, dass die Klage nie aussichtsreich war, der Kläger aber gleichwohl zu ihr veranlasst worden sei, sei schon von § 93d ZPO a. F. (jetzt § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG) erfasst gewesen; das ZPO-Reformgesetz habe aber ausdrücklich weitergehen wollen.148 Freilich hat der Gesetzgeber der in § 93d ZPO a. F. vorgesehene Ausnahme von der „Kostenautomatik“ infolge einer Klagerücknahme nicht mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO Rechnung tragen wollen, sondern den Vorrang der Regelung des § 93d ZPO a. F. für den Fall von Unterhaltsstreitigkeiten im Rahmen von § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO bestätigt, wonach der Kläger die Kosten nicht zu tragen hat, sofern sie dem Beklagten „aus einem anderen Grund“ aufzuerlegen sind.149 Weiterhin wurde mit der Ausnahmevorschrift des § 93d ZPO a. F. die Förderung einer bereit- und freiwilligen außerprozessualen umfassenden Auskunftserteilung des Verpflichteten bezweckt, damit der Berechtigte nicht den zeitraubenden und umständlichen Weg einer Stufenklage nach § 254 ZPO gehen muss. § 93d ZPO a. F. bezweckte damit zuvörderst die Verhinderung bereits des ersten Prozesses aufgrund einer Auskunftspflichtverletzung und normierte für Verstöße eine „Kostenstrafe“.150 Dagegen dient die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche bei § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO der Verhinderung von Folgeprozessen;151 der Gesetzgeber hatte insoweit gerade nicht die Verhinderung eines durch eine Auskunftspflichtverletzung veranlassten Erstprozesses vor Augen. 146
S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5). Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 289. 148 Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13b; Saueressig, ZZP 119 (2006), 463, 472. 149 S. o.: Teil 3 § 19 III. 1. 150 BT-Drucks. 13/7338, S. 33; BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663; Zöller27-Herget, § 93d Rdnr. 1. 151 Vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 147
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Für das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke sowie die Vergleichbarkeit der Interessenlage könnte aber gerade der Zweck der Verhinderung von Folgeprozessen auf Grundlage von materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen vor dem Hintergrund der Verfahrensökonomie angeführt werden. Allerdings ist die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke bereits im Hinblick darauf problematisch, dass der Gesetzgeber gerade vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 93d ZPO a. F., auf die in der Gesetzesbegründung zu § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auch Bezug genommen wurde,152 sowie die bereits vor der Einfügung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bestehende Diskussion um die kostenrechtliche Behandlung der Fälle, in denen ein der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch aufgrund einer Auskunftspflichtverletzung seitens des Beklagten besteht,153 den genannten Fallgestaltungen im Rahmen von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hätte Rechnung tragen können. Mit Blick auf den Wortlaut von § 93d ZPO a. F. sowie § 93 ZPO hätten mit § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die genannten Fälle etwa durch folgende Formulierung erfasst werden können: „Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen oder hat die in Anspruch genommene Partei dadurch zur Klage Veranlassung gegeben, dass sie einer Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen“. Ferner spricht das Vereinfachungsprinzip, das das Kostenrecht mit Blick auf die grundsätzliche Anknüpfung der Kostenhaftung an leicht feststellbare und meist sogar offenkundige Vorgänge prägt,154 gegen eine über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hinausreichende Anwendung der Norm. Insbesondere sind Fälle, in denen materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aufgrund von Informationspflichtverletzungen in Betracht kommen, ganz anders gelagert, als die vom originären Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erfassten Konstellationen. Die Feststellung eines Anspruchs auf Erstattung des Verzögerungsschadens setzt neben dem ursprünglichen Bestehen der klageweise geltend gemachten Forderung gem. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB eine Nichtleistung infolge einer Mahnung voraus, welche unter Vorlage des entsprechenden Schriftstücks nachgewiesen werden kann. Das Verschulden wird im Bereich der Schuldnerhaftung nur in sehr engen Grenzen verneint155 und wird in aller Regel 152
Vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 80; ferner bereits zur Änderung im Rahmen des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder: BT-Drucks. 13/7338, S. 33. 153 Vgl. etwa Becker-Eberhard, S. 216 ff., 280 ff. m. w. N.; zu legislatorischen Vorstößen zur Änderung des Kostenrechts: ders., S. 286 ff., insb. S. 289. 154 S. o.: Teil 1 § 6 III. 6.; ferner Becker-Eberhard, S. 161. 155 S. o.: Teil 2 § 12 VI. 2. a).
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gegeben sein. Demgegenüber kann die Feststellung des Bestehens einer Auskunftspflicht – etwa als Nebenpflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB – sowie der Umfang dieser Pflicht sich erheblich schwieriger darstellen. Weiterhin kann insbesondere im Bereich von Auskunftspflichtverletzungen als Nebenpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB nicht im Grundsatz von einem Verschulden ausgegangen werden; vielmehr bedarf es für die Feststellung des anzulegenden Sorgfaltsmaßstabs einer Bewertung der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung.156 Hinzukommt, dass die Parteien – insbesondere der Kläger – mit Blick auf die Folgen eines Vorgehens nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO kein Interesse an einer entsprechenden Anwendung der Norm in den Fällen einer Informationspflichtverletzung des Beklagten haben werden. Denn, wie bereits ausgeführt, verlieren die Parteien zum einen die Kostenvergünstigung nach Nr. 1211 Ziff. 1 GKG-KV, zum anderen muss der Kläger beweisen, dass die Kostentragung durch ihn nicht „billigem Ermessen“ entspricht.157
IV. Sofortiger Verzicht Die h. M.158 wendet sich zu Recht gegen die Ansicht,159 nach der der Kläger aufgrund einer reziproken Anwendung des § 93 ZPO durch sofortigen Verzicht einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch gegen den (obsiegenden) Beklagten erhalten kann. Dabei wird gegen die entsprechende Anwendung insbesonde156
S. o.: Teil 2 § 12 VI. 2. b). S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. d). 158 BGHZ 79, 275, 279 f.; BGH NJW 1994, 2895 f.; MDR 1979, 1000, 1001; OLG Dresden MDR 2003, 1079; OLG Düsseldorf JurBüro 1982, 1240; OLG Hamm MDR 1982, 676; OLG Koblenz NJW-RR 1986, 1443; WRP 1983, 171; OLG Schleswig MDR 2001, 1078; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 8; Bork, JZ 1994, 1011; Hk.ZPO-Gierl, § 93 Rdnr. 6; Loritz, ZZP 99 (1986), 112, 113; MünchKomm.ZPO-Musielak, § 306 Rdnr. 7; MünchKomm. ZPO-Schulz, § 93 Rdnr. 5, 62; Musielak/Voit-Musielak, § 306 Rdnr. 5; Prütting/Gehrlein-Schneider, § 93 Rdnr. 6; Stein/Jonas-Muthorst, § 93 Rdnr. 1; Thomas/Putzo-Hüßtege, § 93 Rdnr. 2a; Thomas/Putzo-Seiler, § 306 Rdnr. 4; Vollkommer, AcP 187 (1987), 610, 619 ff.; Wolf, FS Henckel, 911, 913 f.; Zöller-Feskorn, § 306 Rdnr. 11; vgl. auch Zöller-Herget, § 93 Rdnr. 2: für die Fälle, in denen eine reziproke Anwendung von § 93 ZPO bejaht werde, bestünden andere Möglichkeiten, die Kostenpflicht des Beklagten herbeizuführen; allerdings unter Hinweis darauf, dass § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einen Gesetz gewordenen Ausdruck der möglichen reziproken Anwendung des § 93 ZPO darstelle. 159 Becker-Eberhard, S. 286 ff.; Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 380 ff.; MünchKomm. ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 254 Rdnr. 68; vgl. für das Arrestverfahren auch LG Hamburg NJW-RR 1987, 381, 382; für den Fall der Erledigung nach Rechtshängigkeit – in dem nach ganz h. M. durch eine einseitige Erledigungserklärung der Kläger die Kostenhaftung des Beklagten gem. § 91 ZPO herbeiführen kann – OLG Frankfurt a. M. OLGZ 1993, 480, 481; 1981, 99, 100 f.; WRP 1982, 422; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, § 93 Rdnr. 109. 157
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
re angeführt, dass es sich bei § 93 ZPO um eine Ausnahmevorschrift handele und die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung nicht erfüllt seien. Dem ist zuzustimmen. In den Fällen der „Erledigung“ vor Rechtshängigkeit ist mit Blick auf die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bereits das Bestehen einer Regelungslücke zu verneinen.160 Erfährt der Kläger vom Anlasswegfall erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung, so ist zwar eine Einwilligung des Beklagten erforderlich (§ 269 Abs. 1 ZPO); von einer Planwidrigkeit des damit verhinderten einseitigen Ablassens des Klägers von der weiteren prozessualen Rechtsverfolgung kann jedoch mit Blick auf die systematische Einordnung der Regelung in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zur Klagerücknahme nicht ausgegangen werden.161 Aber auch im Übrigen – also hinsichtlich der Fälle, in denen ein materiell- rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers aufgrund einer vorprozessualen Informationspflichtverletzung des Beklagten besteht – ist eine entsprechende Anwendung von § 93 ZPO abzulehnen. Zunächst erscheint – wie bereits zur Frage der analogen Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erläutert – die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke problematisch, weil im Zuge der Einfügung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, mit dem die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Rahmen der Kostenentscheidung für die Fälle der „Erledigung“ vor Rechtshängigkeit ermöglicht wurde, auch die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche infolge einer Informationspflichtverletzung des Beklagten hätte geregelt werden können, der Gesetzgeber hiervon aber abgesehen hat.162 Ferner verfängt der Hinweis darauf, dass § 93 ZPO eine Kostentragung nach dem Verschuldensprinzip regele und daher tauglicher Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung der schuldhaften Verletzung einer vorprozessualen Informa tionspflicht des Beklagten sei,163 nicht. Denn zunächst setzt § 93 ZPO – wie eingehend erörtert – in seinem direkten Anwendungsbereich kein Verschulden des Klägers voraus.164 Ferner stellt das Verschuldensprinzip jedenfalls nicht ein den prozessualen Kostenvorschriften gemeinsames Prinzip dar,165 so dass seine unvollständige Verwirklichung nicht zu einer planwidrigen Regelungslücke führt. Zudem ist der Grundsatz der Kostentragung des Unterliegenden gesetzlich in § 91 ZPO verankert; dieser (Erfolgs)Risikohaftung166 liegt insbesondere das Ver160
Zum Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO s. o.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5). S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. c). 162 S. o.: Teil 3 § 19 III. 3. 163 So: Hoffmann, ZZP 125 (2012), 345, 380 f. 164 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 165 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 1., 4. c). 166 S. o.: Teil 1 § 5 V. 161
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einfachungsprinzip167 zu Grunde. Dieses spricht aber gegen eine erweiternde Anwendung von § 93 ZPO mit der Folge des Erfordernisses einer Prüfung der schuldhaften Verletzung von Informationspflichten seitens des Beklagten im Rahmen der Kostenentscheidung. Weiterhin bedeutete die Möglichkeit einer Kostenbelastung des obsiegenden Beklagten bei konsequenter entsprechender Anwendung des § 93 ZPO die Begründung einer Haftung des Beklagten auch in den Fällen, in denen kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers besteht. Denn die Haftung des Klägers im direkten Anwendungsbereich des § 93 ZPO setzt insbesondere kein Verschulden voraus.168 § 93 ZPO hat in seinem direkten Anwendungsbereich vielmehr zur Folge, dass der Kläger auch dann, wenn ihn kein Verschulden trifft, das Risiko eines sofortigen Anerkenntnisses und damit das Kostenrisiko für diesen Fall trägt.169 Zur Abwendung dieses Risikos ist er gehalten, den Beklagten zur Leistung aufzufordern, abzumahnen und gegebenenfalls hinreichend zu informieren;170 das Risiko, dass dem Beklagten eine Leistungsaufforderung, Abmahnung oder Informationen ohne Verschulden des Klägers nicht zugehen, trägt der Kläger.171 Die spiegelbildliche Anwendung der Vorschrift hätte damit die Begründung einer Risikohaftung des Beklagten zur Folge. Damit würde aber eine verschuldensunabhängige Haftung begründet, die der Gesetzgeber weder als prozessuale noch als materiell-rechtliche Kostenhaftung vorgesehen hat. Dies erschiene im Hinblick auf die Gesamtrechtsordnung, in der die verschuldensunabhängige Haftung die Ausnahme bildet,172 jedoch problematisch. Würde aber § 93 ZPO nur in den Fällen reziprok angewandt, in denen auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht,173 so wäre eigentlicher Grund der Kostenbelastung nicht ein hinter § 93 ZPO stehender Grundgedanke, sondern die materiell-rechtliche Kostenhaftung. § 93 ZPO ist aber gerade nicht auf die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ausgerichtet,174 sondern statuiert eine Risikohaftung des Klägers.
167
S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 169 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 170 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 171 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4. a) cc). 172 S. o.: Teil 2 § 16 I., III. 2. a); Nachweise ebd. bei Fn. 888–891. 173 So wohl Becker-Eberhard, S. 286, 301, der auf die Möglichkeit der Herstellung eines Gleichklangs zwischen materiell-rechtlicher und prozessualer Kostenerstattung abstellt und die Fälle, in denen kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht und gleichwohl eine „Veranlassung“ der Klageerhebung durch den Beklagten bei entsprechender Anwendung von § 93 ZPO in Betracht käme, nicht erwähnt. 174 So auch Becker-Eberhard, S. 290, 300 f. 168
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Auch der Hinweis auf das Veranlassungsprinzip,175 das nach h. M. ein den prozessualen Kostenvorschriften gemeinsames Prinzip darstellt,176 kann die entsprechende Anwendung von § 93 ZPO nicht rechtfertigen. Wie oben näher erörtert, besteht hinsichtlich der Bedeutung dieses Prinzips keine Einigkeit; teilweise ist bereits unklar, was unter dem Veranlassungsprinzip genau verstanden wird.177 Insbesondere kann einem Verständnis dahingehend, dass auch dem Grundsatz der Haftung des Unterliegenden gem. § 91 ZPO ein vorprozessual unberechtigtes Verhalten zu Grunde liegt, nicht gefolgt werden.178 § 93 ZPO stellt sich im Hinblick auf die Berücksichtigung eines vorprozessualen Verhaltens für die Kostenentscheidung vielmehr als Ausnahmeregelung im Rahmen des Systems der prozessualen Kostenerstattung dar. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass den Kostenvorschriften das „Veranlassungsprinzip“ gemeinsam ist, erscheint die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke problematisch. Denn der in der Sache unterliegende Kläger wäre infolge der (seiner Sache im Ergebnis nicht dienlichen) Klageerhebung stets auch „Veranlasser“.179 Und auch wenn man das Veranlassungsprinzip anders dahingehend versteht, dass nur derjenige Veranlasser ist, bei dem der stärkste Zurechnungsgrund ausgemacht werden kann,180 spricht gegen die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke das das Kostenrecht prägende Vereinfachungsprinzip. Insoweit hilft auch der Hinweis darauf nicht weiter, dass bereits im direkten Anwendungsbereich des § 93 ZPO diese Norm in gewisser Weise dem Vereinfachungsgedanken widerspreche.181 Das gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis der Anknüpfung an das Unterliegen gem. § 91 ZPO zur Berücksichtigung auch vorprozessualen Verhaltens, um die Haftung des obsiegenden Klägers zu begründen (§ 93 ZPO), spricht vielmehr gerade gegen die entsprechende Anwendung des § 93 ZPO zur Begründung einer Haftung des obsiegenden Beklagten. Entsprechend ist auch mit Blick auf das Prinzip der Folgenzurechnung auf den Verantwortlichen182 die Annahme einer die entsprechende Anwendung von § 93 ZPO rechtfertigenden planwidrigen Regelungslücke abzulehnen. 175 So
Becker-Eberhard, S. 291 ff. S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. 177 Zu den unterschiedlichen Ansätzen ausführlich oben: Teil 1 § 6 III. 1. 178 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. f). 179 Vgl. Bork, JZ 1994, 1011; vgl. auch Vollkommer, AcP 187 (1987), 610, 620; ferner Becker-Eberhard, S. 26, der allerdings auf S. 291 gegenteilig davon ausgeht, dass es möglich sei, dass der Kläger die Klage nicht veranlasst habe und sich hieraus eine planwidrige Regelungslücke ergebe, die eine reziproke Anwendung des § 93 ZPO rechtfertige. 180 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. d). 181 So: Becker-Eberhard, S. 301 f. 182 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 176
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V. Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung Teilweise wird weiterhin für die Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung eingetreten.183 1. Keine grundsätzliche Ausdehnung Eine erweiternde Anwendung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung scheitert nicht bereits an der Einfügung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO.184 Zwar wurde in der Gesetzesbegründung auf den Erledigungsbegriff der h. M. hingewiesen und mit Blick auf die Fälle einer „Erledigung“ vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO geschaffen.185 Allerdings hat der Gesetzgeber den Erledigungsbegriff der h. M. damit nicht bestätigt, sondern auf diesen lediglich Bezug genommen. Die Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung auf die Fälle des Anlasswegfalls vor Rechtshängigkeit ist dennoch zu verneinen. Denn hinter der Ermöglichung der Abwendung der Kostenbelastung durch eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers steht, dass der Beklagte – obwohl er am Ende im Recht ist – das Kostenrisiko dafür tragen soll, dass er sich zunächst gegen eine zulässige und begründete Klage zur Wehr gesetzt hat.186 Dieser Gedanke verfängt nicht, wenn die Klage bereits bei Begründung der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet war. Das gilt auch, wenn die Klage zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist. Aus der Sicht des Beklagten – die hier entscheidend ist – macht es nämlich keinen Unterschied, ob das Ereignis in dieser Zeitspanne stattgefunden hat, oder bereits vor Anhängigkeit. Ferner hätte die Ausweitung der Möglichkeit der Herbeiführung der Kostenbelastung des Beklagten durch eine einseitige Erledigungserklärung auf die Fälle der „Erledigung“ vor Rechtshängigkeit zur Folge, dass auch in den Fällen, in denen kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers besteht (etwa weil die Verzugsvoraussetzungen bei Klageeinreichung noch nicht vorlagen) eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten herbeigeführt werden könnte.187 Eine entsprechende Haftungsanordnung rechtfertigte sich jedoch weder mit Blick auf das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kosterstattungsanspruchs, noch – wie im Falle der Erledigung nach Rechtshängigkeit – durch eine 183
Nachweise s. o.: Teil 3 Fn. 12 und 13. So aber Zöller31-Vollkommer, § 91a Rdnr. 42: § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO stelle eine abschließende Sonderregelung dar; a. A. Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 42. 185 BT-Drucks. 14/4722, S. 81. 186 Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 11 (auch zum Folgenden). 187 Vgl. BGHZ 83, 12, 15 f.; Becker-Eberhard, S. 274 f. (jeweils auch zum Folgenden). 184
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Eingehung des Kostenrisikos seitens des Beklagten dadurch, dass er es auf einen Prozess hat ankommen lassen. Anders könnte es sich darstellen, wenn der Beklagte einer Auskunftspflicht erst im Rahmen des Prozesses nachkommt und der Kläger erst infolge der Auskunft erkennt, dass sein Klagebegehren unbegründet ist.188 Für eine Anwendung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung in diesem Fall könnte auf den ersten Blick sprechen, dass der Beklagte es erst auf einen Prozess hat ankommen lassen, bevor er seiner Auskunftspflicht nachgekommen ist und dem Kläger erst durch die erteilten Informationen die Unbegründetheit seines Anliegens ersichtlich wurde. Gegen eine entsprechende Ausweitung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung spricht jedoch, dass die Auferlegung des Kostenrisikos in der Hauptsache, in der der Kläger einen Leistungsanspruch verfolgt, nicht durch die Auskunftserteilung seitens des Beklagten erst im Prozess gerechtfertigt wird. Vielmehr ist es zunächst einmal die Sache des Klägers, die materiellen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zu überprüfen;189 das Risiko einer im Ergebnis falschen Einschätzung soll er gem. §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1, 306 ZPO gerade tragen.190 Auch rechtfertigt eine etwaige Feststellung des ursprünglichen Bestehens eines Auskunftsanspruchs nicht die Abwälzung des Kostenrisikos hinsichtlich einer auf einen Leistungsanspruch gerichteten Klage. Dadurch, dass der Beklagte einer Auskunftspflicht nicht nachkommt und es insoweit auf einen Prozess ankommen lässt, geht er mit Blick auf die prozessuale Kostenerstattung nach Maßgabe der prozessualen Kostenvorschriften (prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. e. S.191) lediglich das Risiko ein, hinsichtlich eines Auskunftsanspruchs zu unterliegen und daher insoweit gem. § 91 ZPO mit den Kosten des Rechtsstreit belastet zu werden. Bei Bestehen einer entsprechenden materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage kann zwar ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers bestehen; dieser vermag dann aber eine Haftungsanordnung zu Lasten des Beklagten nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – insbesondere eines Verschuldens – zu rechtfertigen. Müssten aber für den Erfolg einer einseitigen Erledigungserklärung mit der Folge der Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten in den Fällen der Auskunftspflichtverletzung des Beklagten die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geprüft wer188
Vgl. zu dieser Fallgruppe auch Becker-Eberhard, S. 280 ff. BGH NJW-RR 2005, 1662, 1664: zur Frage der Anwendbarkeit des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. 190 S. o.: Teil 1 § 6 II. 1.; vgl. auch Becker-Eberhard, S. 281. 191 S. o.: Teil 1 § 2 II. 189 Vgl.
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den, wäre die Interessenlage mit dem Fall des Eintritts eines objektiv erledigenden Ereignisses, in dessen Folge der Kläger eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten gem. § 91 ZPO im Wege der zulässigen Klageänderung auf Feststellung der ursprünglich gegebenen und jetzt weggefallenen Zulässigkeit und Begründetheit der Klage erreichen kann,192 nicht vergleichbar.193 2. Sonderfall Stufenklage gem. § 254 ZPO Im Schrifttum und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird jedoch teilweise die Ansicht vertreten, dass im Falle der Stufenklage gem. § 254 ZPO, bei der sich aus der Erfüllung des Auskunftsanspruchs in der ersten Stufe das Nichtbestehen des in der zweiten Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruchs ergibt, anders zu entscheiden sei.194 Im Falle der einseitigen Erledigungserklärung habe gem. § 91 ZPO der Beklagte die Kosten zu tragen, weil durch die – negative – Auskunft eine prozessuale Erledigung des Leistungsanspruchs eingetreten sei: Die ursprünglich zulässig unbeziffert erhobene Klage (vgl. § 254 ZPO) sei nachträglich durch die Negativauskunft als solche unzulässig geworden.195 Ferner wird darauf hingewiesen, dass es dem Sinn des § 254 ZPO sowie der Verknüpfung der beiden Ansprüche entspreche, von einer Erledigung des Zahlungsanspruchs auszugehen.196 Es erscheine kaum gerechtfertigt, dem Kläger die Stufenklage zu ermöglichen und ihm im Interesse der Prozessökonomie Anreize zu setzen, gleich beide Ansprüche rechtshängig zu machen, ihm dann aber bei nur einseitiger Erledigung die Kosten aufzuerlegen, die durch den – wie sich infolge der Auskunft herausgestellt habe: von Beginn an unbegründeten – Leistungs antrag verursacht worden seien. Weiterhin wird teilweise argumentiert, der Zahlungsantrag sei als unbezifferter Antrag gar nicht von vorherein unbegründet gewesen; der Satz, der Beklagte habe den jeweiligen Saldo herauszugeben, sei im Gegenteil materiell-rechtlich gültig, auch wenn sich ein Saldo zugunsten des Klägers nicht ergäbe, nur komme der Herausgabepflicht in diesem Fall prozessual keine Bedeutung mehr zu.197 192
So die h. M., Nachweise s. o.: Teil 3 Fn. 11. So auch Becker-Eberhard, S. 283. 194 OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1987, 964; Bork, JZ 1994, 1011; Fett, S. 70 ff.; Kassebohm, NJW 1994, 2728, 2733; Stein/Jonas22-Bork, § 91a Rdnr. 7; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 7; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Stufenklage“. 195 Fett, S. 71 f.; Kassebohm, NJW 1994, 2728, 2732; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 7; Zöller-Althammer, § 91a Rdnr. 58 Stichwort „Stufenklage“. 196 Bork, JZ 1994, 1011; Kassebohm, NJW 1994, 2728, 2730 (jeweils auch zum Folgenden); Stein/Jonas22-Bork, § 91a Rdnr. 7. 197 Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 7; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91a Rdnr. 136. 193
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Mit der h. M.198 ist dies indes abzulehnen. Die einseitige Erledigungserklärung hat nur Erfolg, wenn die Klage zunächst zulässig und begründet war und durch ein erledigendes Ereignis nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist. Die Klage war in der Leistungsstufe aber zu keinem Zeitpunkt begründet.199 Daran ändert auch eine etwaige prozessuale Erledigung200 nichts. Bestand nie ein positiver Saldo zugunsten des Klägers, erscheint es zudem nicht überzeugend, von der Begründetheit des Antrags in der Leistungsstufe zu sprechen. Denn in diesem Fall hat der Kläger keinen Leistungsanspruch und hatte einen solchen auch zu keiner Zeit. Weiterhin wird bei Ablehnung der Möglichkeit einer einseitigen Erledigungserklärung die prozessökonomische Zielsetzung des § 254 ZPO nicht unterminiert, sofern man mit der h. M. die Möglichkeit des Klägers bejaht, im Wege der Klageänderung auf die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs überzugehen und hierdurch eine ihn begünstigende Kostenentscheidung zu erlangen.201 Vor allem aber rechtfertigt die in § 254 ZPO ermöglichte Verknüpfung der Anträge sowie die Möglichkeit eines zunächst unbezifferten Zahlungsantrags nicht die Begründung einer Risikohaftung des Beklagten hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits auch in Bezug auf den Zahlungsantrag. Nur hinsichtlich des bestehenden Auskunftsanspruchs verfängt der Gedanke, dass der Beklagte das Kostenrisiko dafür tragen soll, dass er sich (zunächst) gegen eine zulässige und begründete Klage zur Wehr gesetzt hat. Die Vermeidung einer vom Gesetzeszweck des § 254 ZPO nicht getragenen Risikohaftung des Beklagten spricht im Übrigen auch gegen eine Auslegung, wonach die Stufenklage in den hier betrachteten Fällen in der Leistungsstufe begründet sei. Denn bei Anwendung der Grundsätze über die einseitige Erledigungserklärung haftete der Beklagte dem Kläger infolge der Erledigung der Hauptsache gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO auch in den Fällen, in denen der Kläger gegen den Beklagten keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch hat, etwa weil der Beklagte die Auskunftspflicht nicht schuldhaft verletzt hat. Die 198 BGH NJW 1994, 2895; OLG Frankfurt a. M. FamRZ 2018, 1928, 1930 f.; Hk.ZPO- Saenger, § 254 Rdnr. 16; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26; Musielak/ Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 43; Prütting/Gehrlein-Geisler, § 254 Rdnr. 19; Stein/Jonas- Roth, § 254 Rdnr. 24; Thomas/Putzo-Seiler, § 254 Rdnr. 6; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 254 Rdnr. 65. 199 Vgl. etwa BGH NJW 1994, 2895; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 43. 200 Bereits eine prozessuale Erledigung ablehnend: Stein/Jonas-Roth, § 254 Rdnr. 24; dem folgend: MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 26 Fn. 65. 201 S. u.: Teil 3 § 19 VI.
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Begründung einer solchen Risikohaftung ist von der Zielsetzung des § 254 ZPO indes nicht gedeckt, der lediglich aus prozessökonomischen Gründen die kostengünstige (§ 44 GKG) Stufenklage ermöglicht und damit aufeinander folgende Doppelprozesse über dasselbe Lebensverhältnis verhindert und darüber hinaus dem Kläger bei Bestehen eines Leistungsanspruchs gegen den Beklagten die Herbeiführung der Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BGB sowie das In-Verzug-Setzen des Beklagten (§ 286 Abs. 1 S. 2 BGB) trotz noch unbezifferten Leistungsanspruchs ermöglicht.202 Auch im Falle der Stufenklage ist mithin davon auszugehen, dass eine Haftung des Beklagten für die Kosten, die mit Blick auf die Leistungsstufe entstehen, nur bei Bestehen eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers angezeigt ist. Die erweiternde Anwendung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung ist auch insoweit daher abzulehnen.
VI. Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Klageänderung Der Kläger hat nach h. M. die Möglichkeit, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Wege der gem. § 264 Nr. 3 ZPO zulässigen bzw. jedenfalls i. S. v. § 263 ZPO sachdienlichen Klageänderung im bisherigen Prozess geltend zu machen, indem er statt des ursprünglichen Begehrens Ersatz der ihm durch die Klageerhebung entstandenen Kosten vom Beklagten verlangt.203 1. Rechtsprechung des BGH Der BGH hat – zuletzt mit Urteil vom 5.5.1994 – vor dem Hintergrund, dass der Kläger mit einer auf Zahlung gerichteten Klage auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Berechnung seiner Forderung stieße, entschieden, dass eine Klageände202
Vgl. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 254 Rdnr. 1 ff.; Stein/Jonas-Roth, § 254 Rdnr. 1. 203 BGHZ 79, 275, 280 f.; BGH NJW 1994, 2895; OLG Düsseldorf OLGR Düsseldorf 2002, 296 f.; OLG Naumburg JurBüro 2011, 150; Bonifacio, MDR 2002, 499; MünchKomm.ZPOSchulz, § 91a Rdnr. 20; Musielak, JuS 2002, 1203, 1206; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 91a Rdnr. 43; Prütting/Gehrlein-Geisler, § 269 Rdnr. 36; Prütting/Gehrlein-Hausherr, § 91a Rdnr. 53; Schneider, JurBüro 2002, 509, 510; Schur, KTS 2004, 373, 376 ff.; Stein/Jonas-Roth, § 254 Rdnr. 25; Thomas/Putzo-Seiler, § 254 Rdnr. 6; Wolff, NJW 2003, 553, 557; Zöller- Greger, § 269 Rdnr. 18e und § 254 Rdnr. 15; a. A. MünchKomm.ZPO4-Lindacher, § 91a Rdnr. 24; ders., JR 2005, 92, 93; Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328; krit. auch Bork, JZ 1994, 1011 f.; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 254 Rdnr. 69.
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rung auf Feststellung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zulässig sei.204 Dieses Vorgehen habe zur Konsequenz, dass die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sich im Ergebnis mit der Kostenentscheidung decke, was aber nichts daran ändere, dass der Ausspruch hinsichtlich des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine sachliche Entscheidung, der Kostenausspruch gem. § 91 ZPO dagegen eine prozessuale Entscheidung sei.205 Die Kostenentscheidung enthalte in diesem Fall, abweichend von der Regel der §§ 91 ff. ZPO, einen materiellen Teil wegen des Schadensersatzanspruchs des Klägers, den dieser in dem anhängigen Verfahren durchsetzen könne. 2. Kritik im Schrifttum Diese Rechtsprechung wird im Schrifttum kritisiert. Zunächst wird die Verträglichkeit der Berücksichtigung eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs mit Blick auf die Voraussetzung des Schadens angezweifelt. Werde ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt, so verhindere dies eine nachteilige Kostenentscheidung, was zur Folge hätte, dass der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch nicht gegeben sei.206 Weiterhin wird dem Übergang zur Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in der Hauptsache entgegengesetzt, dass insoweit mit Blick auf die Möglichkeit der Herbeiführung einer Kostenentscheidung zugunsten des Klägers gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis abzulehnen sei.207 Ferner wird darauf hingewiesen, dass sich mit der Lösung über die Klageänderung eine teilweise Belastung des Klägers mit den Prozesskosten nicht umgehen lasse, weil die geänderte (Kosten-)Klage gegenüber der ursprünglichen Klage regelmäßig einen niedrigeren Streitwert habe. Zwar sei umstritten, nach welchen Vorschriften eine solche Verminderung des Streitwertes in einem laufenden Prozess kostenrechtlich zu behandeln sei; Einigkeit bestehe jedoch insoweit, als letztlich auch der mit der Klageänderung siegreiche Kläger – gem. § 269 Abs. 3 S. 2, 96 oder 92 ZPO – einen Teil der Prozesskosten tragen müsse.208 Von anderer Seite wird darauf hingewiesen, dass die Kostenentscheidung nur dann wirklich exakt im Sinne der materiellen Rechtslage wäre, wenn die Kosten 204
BGHZ 79, 275, 280 f.; BGH NJW 1994, 2895, 2896; WM 1981, 386 ff. BGH NJW 1994, 2895, 2896; WM 1981, 386, 388 (jeweils auch zum Folgenden). 206 Vgl. Grunsky, FS Schwab, 165, 168. 207 Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328. 208 Becker-Eberhard, S. 220, 223 mit Nachweisen zu den verschiedenen Ansichten. 205
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nach dem ursprünglichen Streitwert berechnet und insoweit zu Lasten des Klägers entschieden würde, während der Beklagte nur die Mehrkosten zu tragen hätte.209 Der Zulassung eines auf Feststellung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gerichteten Antrags wird weiterhin entgegengehalten, dass die dem Kläger bereits entstandenen Kosten – insbesondere die Gerichtskosten (vgl. § 6 Abs. 1 GKG) und etwaige bereits entstandene Anwaltskosten – bezifferbar seien und im Hinblick hierauf die Geltendmachung im Wege der Leistungsklage, nicht aber der Feststellungsklage zulässig sei.210 Zudem sei die vom BGH vertretene gemischte, teils aus materiell-rechtlichen und teils aus prozessualen Anspruchsgrundlagen begründete Entscheidung über die Kosten, die teils Hauptsacheentscheidung und teils eine echte Kostengrundentscheidung wäre, abzulehnen.211 Auf den ersten Blick erscheine es zwar absurd, die Kostenpflicht zweimal auszusprechen; das beruhe aber nur darauf, dass der BGH einen Feststellungsantrag zulassen wolle.212 Ferner sei das Kostenfestsetzungsverfahren weder von seiner personellen Ausstattung213 noch von den in ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten her dazu geeignet, in ihm abschließend über den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu befinden.214 3. Stellungnahme Mit der h. M. ist von der Möglichkeit der Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Beklagten im Wege der gem. § 264 Nr. 3 ZPO zulässigen bzw. jedenfalls i. S. v. § 263 ZPO sachdienlichen Klage änderung im bisherigen Prozess auszugehen. Der Kritik im Schrifttum an der Rechtsprechung des BGH ist nur teilweise zuzustimmen: a) Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs – Voraussetzung des Schadens Dem Einwand, eine den Kläger begünstigende Kostenentscheidung hätte zur Folge, dass der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch mangels Schadens nicht bestehe, kann nicht gefolgt werden. Zunächst sind dem Kläger bereits eigene Kosten entstanden, wie etwa der Gerichtskostenvorschuss und gegebenenfalls Anwaltskosten bzw. eine Verbindlich209
Grunsky, FS Schwab, 165, 169. Bork, JZ 1994, 1011, 1012; Schneider, MDR 1981, 353, 357. 211 Becker-Eberhard, S. 327 f.; Bork, JZ 1994, 1011, 1012. 212 Bork, JZ 1994, 1011, 1012. 213 Schneider, MDR 1981, 353, 357: unter Verweis auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. 214 Becker-Eberhard, S. 329. 210
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keit gegenüber seinem Prozessvertreter. Jedenfalls insoweit entsteht der Schaden nicht erst mit der ihm nachteiligen Kostenentscheidung. Was die Kosten des Beklagten anbelangt, so entsteht dessen prozessualer Kostenerstattungsanspruch (nach ganz h. M.) mit der Rechtshängigkeit aufschiebend bedingt durch die Kostenentscheidung.215 Insoweit führte der Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung also zur Verhinderung des Bedingungseintritts. Dies ist allerdings unschädlich, da insoweit gem. § 91 ZPO infolge des Obsiegens in der Hauptsache ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Entstehung gelangt. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Antrag in der Hauptsache auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auch die Kosten des Beklagten umfasst, wäre dem dargestellten Einwand nicht zu folgen: Mit der prozessualen Haftungsanordnung aus § 91 ZPO, die bereits im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit begründet wurde und durch die entsprechende Kostenentscheidung nur aufschiebend bedingt ist, liegt schon eine ganz konkrete Gefährdung vor. Dies mag in diesem besonderen Fall für das Bestehen eines Schadens bereits ausreichen. Jedenfalls erscheint es nicht sinnvoll, das Vorliegen eines Schadens aufgrund der juristischen Konstruktion des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im Sinne der h. M. auszuschließen. Insbesondere ließen sich die Regelungen zur prozessualen Kostenerstattung ebenso gut erklären, wenn man davon ausginge, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entsprechend den prozessualen Kostenvorschriften jedenfalls in den Fällen einer gebundenen Entscheidung des Gerichts (wie insbesondere bei § 91 ZPO) bereits eine juristische Sekunde vor der Entscheidung endgültig zur Entstehung gelangt und das Gericht lediglich entsprechend der gesetzlichen Kostenregelung entscheidet. Ferner wird zu Recht heute verbreitet darauf hingewiesen, dass für die Lösung der praktisch bedeutsamen Fälle mit der juristische Konstruktion des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nichts gewonnen ist; es kommt vielmehr immer auf die Ausgestaltung des jeweiligen Rechtsinstituts einerseits sowie des Erstattungsanspruchs andererseits und die jeweiligen Zwecke an.216 b) Rechtsschutzbedürfnis Auch der teilweise vorgebrachten Kritik, dass im Hinblick auf die Möglichkeit der Herbeiführung einer Kostenentscheidung zugunsten des Klägers gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ein solches Vorgehen mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen sei,217 ist entgegenzutreten. 215
S. o.: Teil 1 § 4. S. o.: Teil 1 § 4. 217 Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328. 216
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Der Anwendungsreich von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ist von vornherein nicht in den Fällen eröffnet, in denen das Begehren des Klägers zu keinem Zeitpunkt begründet war.218 Aber auch im Übrigen ist der Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung nicht mangels Rechtsschutz bedürfnisses abzulehnen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels offen steht; auf einen verfahrensmäßig unsichereren Weg darf er jedoch nicht verwiesen werden.219 Ein schnelleres und billigeres Mittel lässt das Rechtsschutzbedürfnis daher nur entfallen, sofern durch dieses jedenfalls vergleichbar sicher und wirkungsvoll Rechtsschutz gewährleistet wird. Der Kostenantrag gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO ist im Vergleich zur Kostenerstattungsklage weder notwendig billiger und einfacher noch ein vergleichbar wirkungsvoller und sicherer Weg zur Durchsetzung eines materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers.220 Denn zunächst erhalten die Parteien bei einem Vorgehen gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO die im Falle der Klagerücknahme gem. Nr. 1211 Ziff. 1 GKG- KV grundsätzliche Vergünstigung auf eine anstatt drei Gerichtsgebühren nach Nr. 1211 Ziff. 1 a. E. GKG-KV gerade nicht. Weiterhin hat im Falle eines Vorgehens nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO eine sachliche Prüfung der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, des behaupteten erledigenden Ereignisses sowie eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen.221 Im Rahmen des Verfahrens gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO kann insbesondere mit Blick auf die Belange des Beklagten die Berücksichtigung weiteren Tatsachenvortrags sowie gegebenenfalls eine weitere Beweiserhebung erforderlich sein,222 so dass es nicht notwendig das einfachere Verfahren darstellt. Ferner stellt das Vorgehen nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO für den Kläger insbesondere kein gleich sicheres Mittel zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dar.223 Denn im Rahmen einer Entscheidung 218
S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5), 3. BGHZ 197, 147 Rdnr. 10; 165, 96, 99 f.; 111, 168, 171; BGH NJW-RR 2009, 1148 Rdnr. 5 f.; NJW 1994, 1351, 1352 (jeweils auch zum Folgenden). 220 BGHZ 197, 147 Rdnr. 11 ff. (auch zum Folgenden). 221 Hierzu oben: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb); ferner BGHZ 197, 147 Rdnr. 13; BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663 f. 222 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb); ferner BGHZ 197, 147 Rdnr. 13; BGH NJW 2006, 775 Rdnr. 10. 223 Vgl. auch Musielak, JuS 2002, 1203, 1206. 219
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gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO müssen nach h. M. schwierige Rechtsfragen nicht entschieden werden und er trägt das Risiko, dass das Gericht keine Überzeugung dahingehend erlangt, dass seine Belastung mit den Kosten billigem Ermessen widerspricht.224 c) Teilweise Kostenbelastung des Klägers durch Streitwertverringerung? Nicht zu folgen ist der Ansicht, nach der die Kostenentscheidung der materiellen Rechtslage nur dann entspräche, wenn die Kosten nach dem ursprünglichen Streitwert berechnet und insoweit zu Lasten des Klägers entschieden würde, während der Beklagte nur die Mehrkosten zu tragen hätte. Vielmehr ist in den hier betrachteten Fallgestaltungen der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch des Klägers gerade auch auf die Kosten nach dem ursprünglichen Streitwert gerichtet, da die Erhebung der ursprünglichen Klage auf einer vorprozessualen Pflichtverletzung des Beklagten beruht. Weiterhin ist auch der Ansicht, dass mit der Lösung über die Klageänderung eine teilweise Belastung des Klägers mit den Prozesskosten nicht umgangen werden könne, nicht zu folgen. In der Tat wird zwar im Falle der quantitativen Klagebeschränkung überwiegend eine Kostenbelastung des Klägers gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO insoweit, als er von seinem ursprünglichen Klagebegehren Abstand genommen hat, vertreten.225 Ein Fall der quantitativen Klagebeschränkung liegt bei dem Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung aber nicht vor: Eine quantitative Klagebeschränkung ist gegeben, wenn der Kläger bei unverändertem Klagegrund seinen Antrag ermäßigt.226 Mit dem Übergang vom ursprünglichen Leistungsbegehren auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits wird aber nicht lediglich der Umfang des Klagebegehrens beschränkt, sondern vielmehr gerade der Klagegrund geändert.227 Eine weitere Ansicht geht allerdings davon aus, dass mit jeder Klageänderung eine Klagerücknahme hinsichtlich des ursprünglichen Antrags einhergehe, woraus allerdings nicht die Anwendbarkeit von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO geschlossen 224
S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb), d); ferner BGHZ 197, 147 Rdnr. 13 m. w. N. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 263 Rdnr. 105, § 264 Rdnr. 23; Zöller-Greger, § 263 Rdnr. 18; vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 99 Rdnr. 25 f.; a. A. Walther, NJW 1994, 423, 426: Anwendbarkeit von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nur im Falle der vollständigen Klagerücknahme. 226 Zöller-Greger, § 263 Rdnr. 18. 227 Vgl. zum Begriff des Klagegrunds schon oben: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5): Klagegrund ist der Lebenssachverhalt, auf den der Klageantrag gestützt wird. 225
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wird, sondern vielmehr das Erfordernis einer Quotelung gem. § 92 ZPO.228 In der älteren Literatur wurde weiterhin teilweise davon ausgegangen, dass der Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung notwendig eine teilweise Kostenbelastung des Klägers gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (§ 271 Abs. 3 ZPO a. F.) zur Folge hätte.229 Zu beachten ist jedoch, dass, unabhängig davon, wie man die Anwendbarkeit der §§ 269 Abs. 3 S. 2, 92 ZPO sonst im Falle der Klageänderung beurteilt, diese jedenfalls in dem hier besprochenen Fall weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind.230 Denn dies wäre mit Blick auf die Entscheidung in der Hauptsache, in der der Kläger mit dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch insgesamt und nicht nur mit einer Quote durchdringt, widersprüchlich.231 Für die Kostenentscheidung ist daher gem. § 91 Abs. 1 ZPO entscheidend, ob der Kläger mit dem neuen Antrag obsiegt oder unterliegt. Was die Möglichkeit einer teilweisen Kostenbelastung des Klägers unter Berufung auf § 96 ZPO anbelangt, so kann eine etwaige Streitwertverringerung diese nicht zur Folge haben, da die den Streitgegenstand selbst konstituierenden Prozesshandlungen, wozu auch die Klageänderung zählt, keine Angriffs- und Verteidigungsmittel darstellen.232 Eine Kostenbelastung gem. § 96 ZPO kommt im Fall der Klageänderung nur in Betracht, sofern die ursprüngliche Klage besondere Kosten, wie etwa eine Beweisaufnahme, verursacht hat.233 Von einer Kostentrennung gem. § 96 ZPO ist freilich ebenfalls abzusehen, sofern dies mit der schadensersatzrechtlichen Haftungsanordnung nicht im Einklang stünde, da ansonsten die Kostenentscheidung dem Hauptsacheausspruch widerspräche. d) Zulässigkeit der Feststellungsklage/gemischte Kostenentscheidung Problematisch erscheint allerdings der vom BGH aufgezeigte Weg über die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Feststellungsklage mit der Folge eines gemischten, teilweise auf dem in der Hauptsache geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch 228
Stein/Jonas-Roth, § 263 Rdnr. 31, 34 i. V. m.§ 269 Rdnr. 62; vgl. auch Mohr, NJW 1974, 935; Rixecker, ZZP 96 (1983), 505, 508. 229 Tschischgale, JurBüro 1964, 849, 852; Weber, DRiZ 1979, 243, 244. 230 Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 13 (auch zum Folgenden); vgl. auch Linke, ZZP 87 (1974), 284, 305. 231 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 223, der jedoch von einem unabwendbaren äußerlichen Gegeneinander von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenausspruch ausgeht. 232 MünchKomm.ZPO-Schulz, § 96 Rdnr. 3; vgl. auch MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 263 Rdnr. 104. 233 Vgl. Stein/Jonas-Roth, § 263 Rdnr. 34, § 269 Rdnr. 62; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 263 Rdnr. 107; Zöller-Greger, § 263 Rdnr. 18.
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und teilweise auf den prozessualen Kostenvorschriften beruhenden Kostenausspruchs. Zunächst ist es dem Kläger möglich, seine bisherigen Kosten – insbesondere den Gerichtskostenvorschuss und etwaige Anwaltskosten – zu beziffern. Der auf den ersten Blick naheliegende Einwand gegen den Vorrang der Leistungsklage im hiesigen Fall unter Hinweis darauf, dass die Zulassung eines Antrags auf Feststellung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht mangels Vollstreckbarkeit des darauf lautenden Tenors auszuscheiden habe, weil infolge der entsprechenden Kostenentscheidung gerade das Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO eröffnet sei und der Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO einen Vollstreckungstitel darstelle,234 ist bei näherer Betrachtung zurückzuweisen. Hintergrund des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage vor der Feststellungsklage ist zwar in der Tat, dass das Feststellungsinteresse in der Regel mangels Vollstreckbarkeit des Feststellungsurteils zu verneinen ist.235 Allerdings ist der vom BGH aufgezeigte Weg der Betreibung des Kostenfestsetzungsverfahrens auf Grundlage einer Kostengrundentscheidung, die (auch) auf einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch beruht, abzulehnen. Dies widerspräche zunächst der Gesetzessystematik, da das Gericht gem. § 308 Abs. 2 ZPO grundsätzlich neben der Entscheidung in der Hauptsache über die Kosten zu entscheiden hat und in der danach zu treffenden Kostengrundentscheidung die sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebende Haftungsanordnung auszusprechen ist.236 Insbesondere ist aber das Kostenfestsetzungsverfahren darauf ausgerichtet, den Umfang prozessualer Kostenerstattungsansprüche festzustellen. Im Rahmen der Frage der Haftungsausfüllung bei einem schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch können jedoch schwierige rechtliche und tatsächliche Probleme auftauchen, wenn festzustellen ist, ob der konkrete Kostenansatz noch dem Schadensereignis zurechenbar ist oder nicht,237 auf deren Beantwortung das Kostenfestsetzungsverfahren nicht ausgelegt ist.238 Die unmittelbare Verfolgung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens ist auch nicht mit Blick auf §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zuzulassen. Wie erörtert, lassen diese Vorschriften aus verfahrensökonomischen Gründen die Berücksichtigung materiell- 234
Vgl. etwa KG NJW 1991, 499, 500; OLG Hamburg NJW-RR 1998, 1616. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 256 Rdnr. 54. 236 Vgl. Becker-Eberhard, S. 329 i. V. m. 314, 324 ff.; Bork, JZ 1994, 1011, 1012. 237 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (b). 238 Becker-Eberhard, S. 325. 235
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rechtlicher Kostenerstattungsansprüche in der Kostengrundentscheidung zu.239 Unter der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Rahmen von §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO wird jedoch lediglich die Berücksichtigung des Bestehens eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach – also insbesondere das Vorliegen einer (vorprozessualen) Pflichtverletzung des Beklagten sowie eines Verschuldens – verstanden, denn die Prüfung des Haftungsumfangs ist im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens240. Kommt es zu einer Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Rahmen einer Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO oder § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, entsteht ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch i. w. S.,241 der zwar insbesondere mit Blick darauf, dass wie im Rahmen der Kostenfestsetzung, auch im Rahmen eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs die „Notwendigkeit“ bzw. „Erforderlichkeit“ der jeweiligen Position zu prüfen ist, oft der schadensersatzrechtlichen Haftungsanordnung entsprechen bzw. dieser jedenfalls sehr nahe kommen wird, andererseits aber vor dem Hintergrund der Unterschiede im Haftungsumfang242 – insbesondere auch bei der Beurteilung der „Notwendigkeit“243 – gerade nicht mit diesem übereinstimmen muss. Eine unmittelbare Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Rahmen des Kostenverfahrens könnte allenfalls dadurch umgangen werden, dass neben der Feststellung des Bestehens eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in der Hauptsache (auch) insoweit eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ergeht. Allerdings erscheint es nicht nur absurd, die Kostenpflicht zweimal auszu sprechen.244 Vielmehr hätte diese Konstruktion letztlich nur zum Ziel, anstelle der Bezifferung und Prüfung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch zur Entstehung gelangen zu lassen, um diesen im Rahmen des Verfahrens gem. §§ 103 ff. ZPO festsetzen zu lassen. Dagegen kann dem BGH nicht darin gefolgt werden, dass ein Feststellungsantrag bereits wegen der Schwierigkeiten, die sich bei der Notwendigkeit einer Bezifferung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ergäben, zulässig sei. Insoweit beruft sich der BGH245 auf Linke246, nach dem der Kläger auf 239
S. o.: Teil 3 § 19 II. 2., III. 2. S. o.: Teil 1 § 10 II. 1. 241 S. o.: Teil 1 § 2 II. 242 S. o.: Teil 1 § 9, Teil 2 § 14 I. 2. b) ee). 243 S. o.: Teil 1 § 9 III.; Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b). 244 Bork, JZ 1994, 1011, 1012. 245 BGHZ 79, 275, 280; BGH WM 1981, 386, 387. 246 Linke, ZZP 87 (1974), 284, 305. 240
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erhebliche Schwierigkeiten bei der Berechnung seiner Forderung stoße, wenn er vermeiden wolle, dass im Falle seines Obsiegens der Beklagte durch die materielle Entscheidung einerseits und die Kostenentscheidung andererseits mindestens teilweise doppelt belastet werde. Den Ausführungen Linkes liegt die Ansicht zu Grunde, dass der Kläger in der Hauptsache den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch so zu beziffern hätte, dass er bei einer Addition des in der Hauptsache geltend gemachten Betrags mit dem im Verfahren gem. §§ 103 ff. ZPO festzusetzenden Betrag insgesamt die betreffenden Kosten nur einmal erstattet erhält. Ein solches Vorgehen wird jedoch auch von denjenigen, die sich für die Geltendmachung eines bezifferten Antrags in der Hauptsache aussprechen, nicht verlangt.247 Vielmehr hat der Kläger danach in der Hauptsache die ihm bereits angefallenen Kosten – insbesondere den Gerichtskostenvorschuss sowie etwaige Anwaltskosten – zu beziffern. Die Kostenentscheidung betrifft in diesem Fall dann die dem Kläger nach der Klageänderung erwachsenen Kosten sowie die gesamten Kosten des Beklagten. Dies ist im Urteil auszusprechen, so dass der Kostenbeamte weiß, was er auszurechnen hat und was nicht.
VII. Zusammenfassung zu § 19 Die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers infolge des Verzugs oder einer Auskunftspflichtverletzung des Beklagten ist im Rahmen einer Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO bei beiderseitiger Erledigungserklärung möglich. Einseitig kann der Kläger die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zunächst infolge einer Klagerücknahme im Verfahren gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO bewirken. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist jedoch nicht eröffnet, wenn das Begehren des Klägers zu keinem Zeitpunkt begründet war. Ferner ist dem Kläger das einseitige Ablassen von dem Klagebegehren ab Beginn der mündlichen Verhandlung gem. § 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr möglich. Hinzukommt, dass das Vorgehen gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO für den Kläger kein dem ordentlichen Klageverfahren vergleichbar sicheres Verfahren zur Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs darstellt. Ein Gegeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch in den hier betrachteten Fällen kann auch nicht durch eine analoge Anwendung von § 93 ZPO oder die Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung aufgelöst werden. 247 Vgl. Bork, JZ 1994, 1011, 1012; Stein/Jonas-Muthorst, § 91a Rdnr. 13 (jeweils auch zum Folgenden).
§ 20 Im Verhältnis zu Dritten
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Der Kläger kann seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im laufenden Verfahren aber durch Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung geltend machen. Der Rechtsprechung des BGH, nach der bezüglich des materiell-rechtlichen Kosten erstattungsanspruchs ein Feststellungsantrag zulässig ist und eine einheitliche Kostenmischentscheidung ergeht, die teilweise auf dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und teilweise auf den prozessualen Kostenvorschriften beruht, ist jedoch nicht zu folgen. Der Kläger kann die ihm bereits angefallenen Kosten beziffern. Weiterhin ist unabhängig davon, wie das Verhältnis der Klageänderung zur Klagerücknahme sonst beurteilt wird, in der Kostenentscheidung nicht (teilweise) zu Lasten des Klägers zu entscheiden.
§ 20 Im Verhältnis zu Dritten Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Verhältnis zu einem Dritten kann grundsätzlich nicht bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden. Ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Verhältnis zu einem Dritten – beispielsweise zum Streithelfer – ist vielmehr im Grundsatz im Rahmen eines neuen Prozesses geltend zu machen.248 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich in § 49 Abs. 2 WEG.249 Nach dieser Vorschrift können dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits ist. Nach der Gesetzesbegründung zu § 49 Abs. 2 WEG250 soll eine Kostenentscheidung zu Lasten des nicht (als Partei) oder nur als Nebenintervenient beteiligten Verwalters aus Gründen der Prozessökonomie möglich sein, da andernfalls die Wohnungseigentümer ihren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Verfahren durchsetzen müssten.251 Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Verwalters gem. § 49 Abs. 2 WEG252 ist daher nur bei
248
Vgl. zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers: BGH NJWRR 2005, 1159; Musielak/Voit-Flockenhaus, § 101 Rdnr. 2; Schneider, MDR 1983, 801 und 803; Stein/Jonas-Muthorst, § 101 Rdnr. 5. 249 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 250 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 251 BT-Drucks. 16/887, S. 41; vgl. aber § 1 Fn. 6 m.N. zum Hintergrund der Streichung der Vorschrift. 252 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6.
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs253 gegen ihn gerechtfertigt.254 Der Verwalter ist als gegebenenfalls zukünftiger Kostenschuldner vor seiner Verurteilung zur Kostentragung vom Gericht anzuhören (Art. 103 GG).255 Ohne eine Beteiligung des Verwalters darf eine Kostenauferlegung nicht erfolgen. Weiterhin müssen mit Blick auf das Gebot der Waffengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG)256 Ausführungen des Verwalters zur Frage des Bestehens eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs und des groben Verschuldens dem Parteivortrag gleichgestellt werden.257 Bestreitet daher der Verwalter erhebliche Tatsachen, ist über diese Beweis zu erheben, sofern sie nicht bereits im Rahmen der Hauptsacheentscheidung erheblich waren und festgestellt worden sind. Zu beachten ist freilich, dass das Gericht von einer Entscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG258 absehen kann, wenn sich der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch nur unter besonderen Schwierigkeiten, etwa nur durch eine Beweisaufnahme, feststellen lässt.259
§ 21 Zusammenfassung zu Teil 3 Soweit aus den Regelungen der prozessualen Kostenerstattung einerseits und materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen andererseits unterschiedliche Haftungsanordnungen folgen, kann sich die Frage stellen, inwieweit die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bereits im Ausgangsprozess möglich ist. Von großer praktischer Relevanz ist dabei folgende Fallgestaltung: Nach den prozessualen Kostenvorschriften ist ein Kostenerstattungsanspruch des Beklagten begründet; dem Kläger steht infolge Verzugs oder einer Auskunftspflichtver253
Vgl. hierzu oben: Teil 2 § 12 VII. etwa BGH NJW-RR 2017, 464 Rdnr. 9; NZM 2010, 748 Rdnr. 8; Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 20; Bonifacio, ZWE 2012, 206, 207; Hügel/Elzer, § 49 Rdnr. 11; MünchKomm. BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 5 f.; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 72. 255 Bärmann/Pick, § 49 Rdnr. 4; Bonifacio, ZWE 2012, 206, 209; Hügel/Elzer, § 49 Rdnr. 29 (auch zum Folgenden); Niedenführ, ZWE 2009, 69, 73. 256 Vgl. für die Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 schon oben: Teil 3 § 19 III. 2. a). 257 Vgl. Bonifacio, ZWE 2012, 206, 209 (auch zum Folgenden). 258 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 259 LG Berlin NJW 2009, 2544, 2545; LG Hamburg ZMR 2011, 481, 482; ZMR 2010, 987; LG München I ZWE 2010, 415, 416; Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 43; Bonifacio, ZWE 2012, 206, 209; Hügel/Elzer, § 49 Rdnr. 15; Jennißen-Suilmann, § 49 Rdnr. 28; MünchKomm. BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 5; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 70; Riecke/Schmid-Abramenko, § 49 Rdnr. 3; vgl. zur Parallele bei § 91a ZPO: Teil 3 § 19 II. 2. 254 Vgl.
§ 21 Zusammenfassung zu Teil 3
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letzung des Beklagten ein diesem prozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegengerichteter schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu. Er hat also einen Anspruch auf Freistellung von der prozessualen Kostenhaftung hinsichtlich der Kosten des Beklagten und auf Erstattung der eigenen Kosten. War das klägerische Begehren nie begründet oder hat es sich vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit erledigt, kann der Kläger die Kostentragung des Beklagten nicht durch eine einseitige Erledigungserklärung herbeiführen. Die Berücksichtigung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers ist im Rahmen einer Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO bei beiderseitiger Erledigungserklärung möglich. Einseitig kann der Kläger die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs mit einer Klagerücknahme im Verfahren gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO bewirken. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht eröffnet, wenn das Begehren des Klägers nie begründet war. Ferner ist dem Kläger das einseitige Ablassen von dem Klagebegehren ab Beginn der mündlichen Verhandlung gem. § 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr möglich. Weiterhin stellt das Vorgehen gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO für den Kläger kein dem ordentlichen Klageverfahren vergleichbar sicheres Verfahren zur Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dar. Ein Gegeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch kann auch nicht durch eine analoge Anwendung von § 93 ZPO oder die Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung aufgelöst werden. Der Kläger kann seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im laufenden Verfahren aber durch Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung geltend machen. Nach hier vertretener Ansicht ist allerdings der Rechtsprechung des BGH, nach der bezüglich des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ein Feststellungsantrag zulässig ist und eine einheitliche Kostenmischentscheidung ergeht, die teilweise auf dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und teilweise auf den prozessualen Kostenvorschriften beruht, nicht zu folgen. Denn der Kläger kann die ihm bereits angefallenen Kosten beziffern. Weiterhin kann sich die Frage der Möglichkeit der Berücksichtigung stellen, wenn die unterliegende Partei einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz der bzw. Freistellung von den Prozesskosten gegen einen Dritten hat. Grundsätzlich kann ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Verhältnis zu einem Dritten nicht bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich in § 49 Abs. 2 WEG.260 260
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6.
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Teil 3: Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche
Nach dieser Vorschrift können dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft Prozesskosten eines Prozesses auferlegt werden, in dem er nicht Partei ist, wenn ihn ein grobes Verschulden trifft.
Teil 4
Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage Für die Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist das besondere Kostenverfahren der ZPO – die Kostengrundentscheidung einerseits und das Kostenfestsetzungsverfahren andererseits – vorgesehen.1 Dagegen ist der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch im ordentlichen Klageverfahren geltend zu machen. Unumstritten ist eine Kostenklage aus materiellem Recht einschränkungslos zulässig, soweit nicht zu den Prozesskosten gehörige Aufwendungen betroffen sind.2 Ihr stehen weder ein noch andauerndes noch ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Kostengrund- oder Kostenfestsetzungsverfahren entgegen. Problematisch ist demgegenüber das Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage im Bereich der Prozesskosten. Da es sowohl zu einem Nebeneinander als auch zu einem Gegeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch kommen kann, fragt sich, in welchem Verhältnis die für die Geltendmachung der Erstattungsansprüche grundsätzlich zur Verfügung stehenden Verfahren zueinander stehen. Dabei geht es um die vier Grundfragen der Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren einerseits und Kostenklage andererseits, um die Möglichkeit des Nebeneinanders, eines parallelen Gegeneinanders sowie des Nacheinanders der Verfahren.3 Die Frage der Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage hat sich im Rahmen dieser Arbeit bereits im Verhältnis eines Vorgehens gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO einerseits und des Übergangs auf die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der 1
S. o.: Teil 1 § 10. nur Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 91 Rdnr. 50; Becker-Eberhard, S. 337 (auch zum Folgenden); Hahn, S. 197; Loritz, S. 61 f. i. V. m. S. 99 f.; Pühmeyer, S. 83 ff., 88, 100 f.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 19. 3 Ausführlich zu den Grundfragen der Wahlfreiheit, des Nebeneinanders und Nacheinanders: Becker-Eberhard, S. 332 ff.; vgl. zur Frage des Nebeneinanders und Nacheinanders auch Loritz S. 75; Sonnen, S. 9 ff. 2 Siehe
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
Klageumstellung andererseits gestellt.4 Zu besprechen ist noch, inwieweit im Übrigen eine Wahlfreiheit besteht. An einem Nebeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage kann eine Partei etwa ein Interesse haben, wenn sie bereits vorprozessual mit Blick auf den späteren Prozess Aufwendungen getätigt hat, beispielsweise für vorprozessuale Gutachten oder sonstige Ermittlungen, etwa infolge Beauftragung eines Detektivs. Denn hinsichtlich jener Positionen wird aus Sicht ex ante oft zweifelhaft sein, ob sie notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen, die im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden können.5 Ebenso verhält es sich hinsichtlich Kosten, die während des Prozesses aufgewendet werden, hinsichtlich derer die Entscheidung über die Voraussetzungen der Prozessbezogenheit und/oder Notwendigkeit aus Sicht ex ante aber schwer zu beurteilen ist, wie beispielsweise Kosten für prozessbegleitende Privatgutachten.6 Weiterhin kann eine Partei Interesse an der Verfolgung eines dem gegnerischen Ziel im prozessualen Kostenverfahren entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs haben. Insoweit wurde bereits erörtert, dass dem Kläger der Übergang auf die Kostenklage auf Grundlage des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Klageänderung möglich ist mit der Folge, dass das Gegeneinander der Ansprüche aufgelöst wird, da dem Kläger in der Hauptsache ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der bisher aufgewandten, eigenen Kosten zuerkannt wird und in der Kostenentscheidung infolge des Obsiegens mit dem neuen Begehren zu seinen Gunsten zu entscheiden ist.7 Denkbar ist aber auch, dass eine Partei nach Abschluss des Verfahrens in der ursprünglichen Hauptsache mit einer Kostengrundentscheidung zu ihren Lasten nunmehr – in Parallele zu einem etwaigen vom Gegner angestrengten Kostenfestsetzungsverfahren – im ordentlichen Klageverfahren einen auf die Erstattung ihrer Kosten und die Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners gerichteten materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen möchte.8 Gegebenenfalls liegt mit der Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Verhältnis zum Kostenfestsetzungsverfahren ein Gegeneinander und im Verhältnis zum Kostengrundverfahren ein Nacheinander der Verfahren vor. 4
S. o.: Teil 3 § 19 VI. 3. b). S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. e), III. 3. 6 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. f), III. 3. 7 S. o.: Teil 3 § 19 VI. 3. 8 Vgl. BGHZ 197, 147 Rdnr. 20: Zur Möglichkeit einer Kostenklage auf Grundlage eines dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nach Klagerücknahme. 5
§ 22 Zur Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren
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Das Problem eines möglichen Nacheinanders von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage wurde bereits im Rahmen der Erörterungen zur Zurechenbarkeit beim schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruch sowie kurz bei der Frage der Möglichkeit der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche im Ausgangsverfahren aufgegriffen. Insoweit wurde vor dem Hintergrund, dass im Rahmen des prozessualen Kostenverfahrens regelmäßig materiell-rechtliche Haftungsanordnungen außer Betracht zu bleiben haben, darauf hingewiesen, dass mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie das Bestehen eines der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs oder eines über den prozessualen hinausgehenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht unter Hinweis darauf offen gelassen werden kann, dass letzterer jedenfalls prozessual nicht durchsetzbar sei.9 Andererseits soll aber die prozessuale Haftungsanordnung nicht immer nur eine vorläufige sein, die in jedem Fall unter dem Vorbehalt einer anderweitigen, insbesondere schadensersatzrechtlichen Bewertung steht. Mit Blick auf die der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegenden Zwecke und Prinzipien ist vielmehr teilweise eine Beschränkung der Zurechenbarkeit im Rahmen des jeweiligen Schadensersatzanspruchs erforderlich.10 In diesem Teil der Arbeit wird noch darauf einzugehen sein, wie sich das prozessuale Kostenverfahren und das Klageverfahren auf prozessualer Ebene zueinander verhalten. Insbesondere wird erörtert, inwieweit ein Nacheinander der Verfahren wegen entgegenstehender Rechtskraft oder mangels Rechtsschutzbedürfnisses ausgeschlossen ist.
§ 22 Zur Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren Hinsichtlich der Frage der Wahlfreiheit ist zwischen den Fällen, in denen eine Kostenentscheidung von Amts wegen gem. § 308 Abs. 2 ZPO ergeht und dem Fall der Klagerücknahme, bei dem dies nicht der Fall ist, zu unterscheiden.
I. Kostengrundentscheidung von Amts wegen gem. § 308 Abs. 2 ZPO Mit Blick auf § 308 Abs. 2 ZPO, nach dem das Gericht grundsätzlich auch ohne Antrag der Parteien über die Kosten zu erkennen hat, kann im Grundsatz weder der Kläger noch der Beklagte einseitig11 von der Geltendmachung des prozes9
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (c); Teil 3 § 19. Vgl. oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (c), (2) (c), ee) (2) (b) (bb). 11 Die Parteien können freilich eine materiell-rechtlich wirksame Vereinbarung darüber treffen, nach der prozessuale Kostenerstattungsansprüche nicht entstehen; s. o.: Teil 1 § 8 I.; zur 10
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
sualen Kostenerstattungsanspruchs im Kostengrundverfahren absehen und stattdessen einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Kostenklage geltend machen. Ferner fehlt für die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage in den Fällen, in denen eine Kostengrundentscheidung gem. § 308 Abs. 2 ZPO ergeht, hinsichtlich der Positionen, die sicher zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits gehören, regelmäßig12 das Rechtsschutzbedürfnis. Denn insoweit ist ein Vorgehen im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. §§ 103 ff. ZPO möglich. Demgegenüber wird unterschiedlich beurteilt, inwieweit hinsichtlich Kosten, die im Vorfeld eines Prozesses aufgewandt wurden oder außerprozessual prozessbegleitend, mit Blick auf das im Grundsatz offen stehende Kostenverfahren das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu bejahen ist.13 Während der BGH14 davon ausgeht, dass für eine Kostenklage hinsichtlich Positionen, die zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO gehören, regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wird dem Gläubiger in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung15 teilweise ein Wahlrecht zugebilligt. Freilich werden beide Ansichten oftmals zu den gleichen Ergebnissen führen, weil der BGH vom Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses jedenfalls in den Fällen ausgeht, in denen der Prozessbezug nicht einfach zu beurteilen ist und das Vorgehen gem. §§ 103 ff. ZPO für den Gläubiger daher mit dem Risiko der Zurückweisung behaftet wäre.16 Wie bereits erörtert, ist gerade bei vorprozessualen Aufwendungen, insbesondere Privatgutachten und Detektivkosten, die Beurteilung des hinreichenden Prozessbezugs oftmals schwierig.17 Hinzukommt, dass der Prozessbezug sich mit Blick auf die divergierende Spruchpraxis der Gerichte nicht immer verlässlich einschätzen lässt, so dass bei der Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Kostenklage der großzügigere Maßstab vorzuziehen ist.18 Ferner ist das KostenfestsetMöglichkeit der Berücksichtigung im prozessualen Kostenverfahren s. o.: Teil 1 § 10 I. 2., II. 2., 3. 12 Zum Sonderfall der drohenden Verjährung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs s. u.: Teil 4 § 23 I. 5. 13 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 22 (auch zum Folgenden). 14 BGHZ 111, 168, 171; BGH NJW 2007, 3289 Rdnr. 6; 1990, 122, 123; vgl. auch Stein/ Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 22. 15 Vgl. OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1983, 283; OLG Köln NJW 1986, 1546; OLG München VersR 1988, 525; OLG Nürnberg NJW-RR 2005, 1664; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 255; a. A. OLG München NJW 1971, 518. 16 Vgl. BGHZ 111, 168, 171 f. 17 S. o.: Teil 1 § 9 I. 2. e). 18 Becker-Eberhard, S. 409 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 22.
§ 22 Zur Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren
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zungsverfahren im Grundsatz gar nicht auf eine einzelfallbezogene Prüfung ausgelegt.19 Vielmehr stehen die Erkenntnismöglichkeiten hinter denen eines ordentlichen Prozesses zurück. Dies wird im Bereich derjenigen Aufwendungen, die offensichtlich zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, dadurch ausgeglichen, dass sich die Prüfung auf wenige, verhältnismäßig einfach festzustellende Umstände beschränkt, nicht aber im Hinblick auf die hier betrachteten vorprozessualen und prozessbegleitenden, außerprozessualen Aufwendungen, bei denen gerade eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich ist. Insoweit bleibt daher die Zuverlässigkeit eines Vorgehens gem. §§ 103 ff. ZPO hinter dem ordentlichen Klageverfahren zurück, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis in aller Regel zu bejahen sein wird.
II. Klagerücknahme Anders stellt sich die Lage im Fall der Klagerücknahme dar, weil das Gericht gem. § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO nur auf Antrag über die Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3 S. 2 oder S. 3 ZPO entscheidet. Insoweit wurde bereits erörtert, dass die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage nicht aufgrund der Möglichkeit eines Vorgehens nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen ist.20 Ist demgegenüber der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO eröffnet und steht daher fest, dass infolge der Klagerücknahme der Kläger die Kosten zu tragen hat (§ 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO) oder mit Blick auf einen außergericht lichen Vergleich der Kläger und/oder der Beklagte (§ 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO),21 so stellt sich das prozessuale Kostenverfahren im Grundsatz gegenüber der Kostenklage als einfacher, billiger und hinsichtlich derjenigen Positionen, für die bereits aus Sicht ex ante feststeht, dass sie notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen, ebenso sicher dar, so dass eine klageweise Geltendmachung eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist.22 Hinsichtlich derjenigen Positionen, für die nicht bereits aus Sicht ex ante feststeht, dass sie notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen, kann das Rechtsschutzbedürfnis jedoch auch im Anwendungsbereich von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht verneint werden.23 19
Becker-Eberhard, S. 404 f. (auch zum Folgenden). S. o.: Teil 3 § 19 VI. 3. b). 21 S. o.: Teil 3 § 19 III. 1. 22 Vgl. ausführlich hierzu: Becker-Eberhard, S. 401 ff.; ferner BGHZ 111, 168, 171; Loritz, S. 99 ff.; MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 20; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 16; Sonnen, S. 15 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 22. 23 Vgl. oben: Teil 4 § 22 I. 20
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
§ 23 Zum Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren Die Möglichkeit eines Nebeneinanders der Verfahren stellt sich mit Blick auf die Rechtshängigkeitssperre (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) sowie das Rechtsschutzbedürfnis. Beim Gegeneinander der Verfahren stellt sich die Frage, ob mit der Kostenklage auf Grundlage des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Verhältnis zum prozessualen Kostenverfahren das kontradiktorische Gegenteil24 geltend gemacht wird, so dass ebenfalls ein Eingreifen der Rechtshängigkeitssperre im Raum steht. Der Zulässigkeit eines Nacheinanders der Verfahren könnte die Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) der vorhergehenden Entscheidung im anderen Verfahren – gegebenenfalls ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des kontradiktorischen Gegenteils – entgegenstehen; ferner kommt auch insoweit das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses in Betracht. Weiterhin könnte das Gericht im Folgeverfahren an die vorhergehende, rechtskräftige Entscheidung gebunden sein, sofern insoweit über eine für das Folgeverfahren relevante Vorfrage entschieden wurde (Präjudizialität25).
I. Meinungsstand Mit der dogmatischen Klärung der Fragen eines möglichen Neben- und Nacheinanders des prozessualen Kostenverfahrens und der Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs hat sich zuletzt Becker- Eberhard26 ausführlich befasst. Vor ihm haben insbesondere Loritz,27 Pühmeyer28 und Sonnen29 bereits das Verhältnis der Verfahren zueinander beleuchtet. 1. Becker-Eberhard Nach Becker-Eberhard greift die Rechtshängigkeitssperre mangels Entsprechung der Streitgegenstände weder im Verhältnis zwischen Kostengrundverfahren und Kostenklage, noch im Verhältnis zwischen Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage.30 Mit Blick auf das Rechtsschutzbedürfnis bestehe aber keine Wahlfreiheit zwischen den Verfahren, soweit die zu den „reinen Prozesskosten“31 24
Vgl. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 66. Vgl. hierzu MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 51 f. 26 Becker-Eberhard, S. 332 ff. 27 Loritz, S. 75 ff. 28 Pühmeyer, S. 97 ff. 29 Sonnen, S. 9 ff. 30 Becker-Eberhard, S. 345 ff., 350 ff. 31 Zu diesem Begriff schon oben: Teil 2 § 12 I. 2. a). 25
§ 23 Zum Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren
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gehörenden Aufwendungen betroffen seien; insoweit könne es daher auch nicht zu einem Nebeneinander der Verfahren kommen.32 Demgegenüber sei das Nebeneinander der Verfahren nicht hinsichtlich solcher Kosten abzulehnen, die nicht zu den „reinen Prozesskosten“ gehörten, da das prozessuale Kostenverfahren sich insoweit als das unsicherere Verfahren darstelle.33 Weiterhin stehe einem Nacheinander der Verfahren die Rechtskraft der vorhergehenden Entscheidung mangels Entsprechung der Streitgegenstände bzw. weil die Streitgegenstände nicht im Verhältnis des „kontradiktorischen Gegenteils“ zueinander stünden, nicht entgegen.34 Auch sei das Gericht im Folgeverfahren nicht unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität an eine Entscheidung im vorhergehenden Verfahren gebunden. 2. Pühmeyer Auch Pühmeyer geht davon aus, dass der in materieller Rechtskraft erwachsende Kostenfestsetzungsbeschluss der Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Klageverfahren nicht entgegenstehe.35 3. Loritz Nach Loritz ist zu differenzieren: Grundsätzlich stehe eine im Kostenverfahren ergangene Entscheidung einer nachfolgenden Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht entgegen.36 Würde jedoch im Falle einer Entscheidung nach billigem Ermessen, wie beispielsweise bei § 91a Abs. 1 ZPO, ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt, so sei dieser Kostenausspruch der materiellen Rechtskraft fähig, wenn das Gesetz die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Gesichtspunkte in vollem Umfang gestattet und in der Entscheidung sämtliche relevanten Umstände berücksichtigt werden konnten; dies habe den Prozessbeteiligten zu der Zeit, als sie solche noch vorbringen hätten können, erkennbar gewesen sein müssen und diese Aspekte müssten aus dem Urteil oder Beschluss ersichtlich sein.37 Weiterhin stehe die Rechtshängigkeitssperre einem Nebeneinander der Verfahren (grundsätzlich) mangels übereinstimmender Streitgegenstände nicht entgegen.38 32
Becker-Eberhard, S. 410 i. V. m. 401 ff. Becker-Eberhard, S. 410 ff. 34 Becker-Eberhard, S. 369 ff. (auch zum Folgenden). 35 Pühmeyer, S. 97 ff. 36 Loritz, S. 79 ff. 37 Loritz, S. 85: unter Hinweis darauf, dass ein solcher Fall freilich praktisch nie vorkommen werde. 38 Loritz, S. 99. 33
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
Für eine Kostenklage fehle es aber an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn und soweit die Geltendmachung des Leistungsbegehrens auch im Kostenfestsetzungsverfahren möglich sei.39 4. Sonnen Sonnen gelangt unter Befürwortung der Lehre von der Anspruchsnormenkonkurrenz zu dem Ergebnis, dass es immer nur einen Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten gebe.40 Daraus, dass im Kostenverfahren die Voraussetzungen materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche nicht geprüft werden können, schließt er, dass die prozessualen Kostenvorschriften als Vorrangnormen gegenüber dem materiellen Recht anzusehen seien.41 Hieraus folge, dass die Rechtskraft einer Kostenentscheidung der nachfolgenden Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs entgegenstehe.42 Freilich stimmt die Ansicht Sonnens bereits materiell-rechtlich nicht mit den in dieser Arbeit gefundenen Ergebnissen überein, wonach die materiell-recht liche Haftungsanordnung gerade die letztlich vorrangige sein kann,43 so dass schon aus diesem Grunde die Rechtskraft einer Kostenentscheidung einem Folgeprozess auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht mit der Begründung Sonnens entgegenstehen kann. 5. Heutiger Stand der Rechtsprechung und Literatur Einvernehmen besteht heute darüber, dass eine Kostenklage solange und soweit unzulässig ist, als die Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im prozessualen Kostenverfahren möglich ist und Positionen betroffen sind, die sicher zum Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens gehören.44 Zu diesen sog. „reinen Prozesskosten“45 zählen insbesondere Gerichtsgebühren und die Verfahrens- und Terminsgebühren für einen Prozessbevollmächtigten,
39
Loritz, S. 99 f. Sonnen, S. 122. 41 Sonnen, S. 123. 42 Sonnen, S. 124, 134 f., 137. 43 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b); Teil 3. 44 BGHZ 190, 353 Rdnr. 16; 111, 168, 171; 75, 230, 235; BGH NJW-RR 2010, 674 Rdnr. 13; NJW 2002, 1503, 1504; Becker-Eberhard, S. 410 i. V. m. 401 ff.; Loritz, S. 99 f.; MünchKomm. ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 20; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor 91 Rdnr. 16; Sonnen, S. 14 ff.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 22; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 15; Thomas/ Putzo-Seiler, Vor § 253 Rdnr. 27; Zöller-Greger, Vor § 253 Rdnr. 18b. 45 Vgl. Becker-Eberhard, S. 410 i. V. m. 406; Schneider, MDR 1981, 353, 358; Zöller- Herget, Vor § 91 Rdnr. 11. 40
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Auslagenvorschüsse auf Zeugen- und Sachverständigenkosten.46 Insoweit besteht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs parallel zum Kostengrundverfahren nur ausnahmsweise, wenn etwa die Verjährung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs droht.47 Jedenfalls nach Erlass einer Kostengrund entscheidung hat der insoweit Begünstigte allerdings auch bei drohender Verjährung eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kein Rechtsschutzbedürfnis mehr hinsichtlich einer Kostenklage, da er auf Grundlage der Kostengrundentscheidung das Kostenfestsetzungsverfahren betreiben kann. Einigkeit herrscht weiterhin darüber, dass die Geltendmachung der nicht sicher zum Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens gehörenden Positionen, wie etwa Aufwendungen für vorprozessuale Gutachten, im ordentlichen Klageverfahren regelmäßig neben dem Kostengrundverfahren zulässig ist:48 Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich Kosten, die vor Beginn des Rechtsstreits entstanden sind, könne gem. § 260 ZPO mit dem Anspruch in der Hauptsache verbunden oder durch Widerklage erhoben werden.49 Entsprechend könnten prozessbegleitende außerprozessuale Kosten, deren Berücksichtigungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht verlässlich eingeschätzt werden kann, im Wege der Klageerweiterung50 bzw. Widerklage geltend gemacht werden.51 Auch denkbar sei die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in einem selbstständigen Rechtsstreit.52 Fraglich ist allerdings, ob Positionen, deren Berücksichtigungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht sicher vorhersehbar ist, auch parallel im Klagewege und Kostenfestsetzungsverfahren verfolgt werden können. Diese Frage wird zumeist nicht behandelt.53 Ferner fehlt es dem Erstattungsberechtigten zweifellos am Rechtsschutzbedürfnis, wenn über einen bestimmten Kostenansatz bereits ein bezifferter, rechtskräftiger Titel vorliegt.54 Sind Kosten in einem rechtskräftigen Kostenfestset46
Becker-Eberhard, S. 406. Becker-Eberhard, S. 408 (auch zum Folgenden). 48 S. o.: Teil 4 § 22 I. 49 Becker-Eberhard, S. 333 f.; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 21; Thomas/Putzo- Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 15. 50 Eine nachträgliche Klagehäufung ist nach h. M. wie eine Klageänderung zu behandeln, vgl. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 260 Rdnr. 29, § 263 Rdnr. 21 m. w. N. 51 Becker-Eberhard, S. 334 f. 52 Becker-Eberhard, S. 343. 53 Hierzu aber Becker-Eberhard, S. 350 ff., 410 ff., wobei die Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis sich auf das Nebeneinander von Kostengrundverfahren und Kostenklage konzentrieren (vgl. S. 410). 54 Becker-Eberhard, S. 400 (auch zum Folgenden). 47
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zungsbeschluss tituliert, können diese deshalb nicht erneut aus einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch eingeklagt werden; umgekehrt ist ein Kostenfestsetzungsverfahren unzulässig, soweit über die betreffenden Posten bereits ein stattgebendes Urteil auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kos tenerstattungsanspruchs besteht. Im Übrigen ist jedoch äußerst umstritten, inwieweit ein Nacheinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage zulässig ist: a) BGH Wie bereits erwähnt, führt der BGH55 in ständiger Rechtsprechung aus, dass eine prozessuale Kostentragungsregelung nicht erschöpfend sei, sondern Raum lasse für ergänzende sachlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung, etwa aus Vertrag, wegen Verzugs oder aus unerlaubter Handlung. Ein solcher Anspruch könne je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er könne der prozessualen Regelung sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukämen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibe jedoch der Sachverhalt, der zu einer abschließenden Kostenentscheidung geführt habe, unverändert und träten keine selbstständigen Umstände hinzu, dann gehe es nicht an, nunmehr den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen entgegengesetzt zu beurteilen. Diese Grundsätze seien auch anzuwenden, soweit es um den umgekehrten Fall gehe, wenn also eine Position zunächst vergeblich mit einer Kostenklage eingeklagt worden sei.56 Seien die vorgebrachten Gründe nicht ausreichend, den materiell-rechtlichen Anspruch zu stützen und die Anspruchsvoraussetzungen im Kostenfestsetzungsverfahren keine für den Anspruchsteller günstigeren, so sei eine erneute Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch nicht möglich. Dem stehe die insoweit bindende Entscheidung des Gerichts über den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch entgegen, ohne dass es darauf an käme, ob dies bereits aus der Rechtskraft dieser Entscheidung herzuleiten sei. Offengelassen hat der BGH, ob – wofür viel spreche – ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch dann begründet sein könne, wenn er auf Gründe gestützt werde, die für die Abweisung des materiell-rechtlichen Anspruchs nicht tragend gewesen seien.57
55
S. o.: § 1 I., Nachweise ebd. Fn. 3. BGHZ 197, 147 Rdnr. 17; BGH NJW 2012, 1291 Rdnr. 8 ff. (auch zum Folgenden); vgl. auch die Entscheidung der Vorinstanz OLG Köln AGS 2010, 43 f. 57 BGH NJW 2012, 1291 Rdnr. 10. 56
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Diese Rechtsprechung wird teilweise dahingehend interpretiert, dass der BGH eine Kostenklage, soweit keine „selbstständigen Umstände“ hinzukommen, für unzulässig erkläre.58 Freilich lässt sich den dargestellten Grundsätzen nicht entnehmen, ob eine Kostenklage gegebenenfalls unzulässig oder unbegründet sein soll.59 Weiterhin steht nach Ansicht des BGH der auf das Kostenverfahren folgenden Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Grundsatz nicht die Rechtskraft einer Entscheidung im Kostenverfahren entgegen: Die Erstattungspflicht auf sachlich-rechtlicher Grundlage bilde einen gegenüber der Zuordnung der Verfahrenskosten unter den Verfahrensbeteiligten nach prozessualen Maßstäben und nach Maßgabe des Kostenrechts anders artigen, die Verteilung von Kostenlasten in der außerprozessualen Rechtsbeziehung der Parteien zueinander betreffenden und von anderen Voraussetzungen abhängigen sowie gegebenenfalls eigenständige Rechtsfolgen mit sich bringenden Streitgegenstand.60 Anders stelle es sich jedoch dar, wenn der Richter in die Kostenentscheidung eine sachlich-rechtliche Erstattungspflicht erkennbar mit einbezogen habe.61 In diesem Fall hindere die Rechtskraft der Kostenentscheidung die Prüfung derselben Frage in einem anderen Verfahren. Im Falle einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO ist nach Auffassung des BGH62 eine Partei jedenfalls dann nicht daran gehindert, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen die andere Partei durchzusetzen, wenn das Gericht in seinem Kostenbeschluss die Prüfung der materiellen Rechtslage ausdrücklich abgelehnt und auf die Möglichkeit verwiesen hat, einen etwaigen Anspruch im Klageweg durchzusetzen. Im Falle einer Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO beruft sich der BGH auf die von ihm in ständiger Rechtsprechung zum Verhältnis der prozessualen zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung vertretenen Grundsätze mit der Folge, dass es dem Kläger bei einer für ihn ungünstigen Entscheidung versagt sei, seinen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Prozess geltend zu machen, sofern keine zusätzlichen, bei der Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 4 ZPO nicht berücksichtigten Umstände hinzuträten.63 Entscheide sich der Kläger dagegen nach Rücknahme seiner – vor Rechtshängigkeit erledigten – Klage für die Erhebung einer Kostenerstattungsklage und gelange er hiermit 58 Vgl. Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 16; Zöller-Herget, Vor § 91 Rdnr. 13 (ablehnend). 59 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (b), (c). 60 BGHZ 111, 168, 170 f.; BGH NJW 2003, 3693, 3697 (jeweils auch zum Folgenden). 61 BGH NJW 2003, 3693, 3698 (auch zum Folgenden) unter Berufung auf Loritz, S. 83 ff. 62 BGH NJW 2002, 680 f. 63 BGHZ 197, 147 Rdnr. 17 (auch zum Folgenden).
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nicht zum Erfolg, so stehe die bindende Entscheidung des Gerichts über den mit dieser Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch einer erneuten Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch in einem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO entgegen. Eine Entscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG64 ist demgegenüber nach Auffassung des BGH65 der materiellen Rechtskraft nicht fähig. Der materiellen Rechts kraft fähig seien nur Entscheidungen des Gerichts über den prozessualen Anspruch, der sich nach der von dem Kläger erstrebten Rechtsfolge und aus dem Lebenssachverhalt, aus dem er diese herleite, bestimme. Dadurch, dass dem Verwalter nach § 49 Abs. 2 WEG66 die Kosten nur auferlegt werden könnten, wenn ihn ein grobes Verschulden treffe, sei die Aussage einer abschlägigen Entscheidung aber notwendig auf einen Teilaspekt beschränkt, so dass nicht über den prozessualen Anspruch befunden werden könne. Kosten, die dem Verwalter auferlegt würden, könnten allerdings mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht ein zweites Mal geltend gemacht werden. b) Schrifttum und Teile der instanzgerichtlichen Rechtsprechung Teilweise wird im Schrifttum unter Berufung auf die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH davon ausgegangen, dass eine auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gestützte Kostenklage unzulässig sei, sofern der maßgebliche Sachverhalt unverändert und bereits insgesamt in der Kostengrundentscheidung des Vorprozesses berücksichtigt worden sei.67 Teilweise wird dabei auf die entgegenstehende Rechtskraft der vorhergehenden Entscheidung verwiesen.68 Nach Flockenhaus sei es auch konsequent, nach rechtskräftiger Abweisung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs grundsätzlich eine spätere Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren auszuschließen.69 Demgegenüber hindere nach Roth und Schulz den Kläger im Hinblick auf den unterschiedlichen Prüfungsmaßstab die Rechtskraft eines Sachurteils, mit dem eine Klage auf Erstattung von Vorbereitungskosten abgewiesen werde, grundsätzlich nicht daran, seinen Anspruch anschließend in einem Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO zu verfolgen.70 Soweit ein materiell-rechtlicher 64
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. BGH NZM 2010, 748 Rdnr. 9 ff. 66 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 67 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 23 f.; Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 17; Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 56. 68 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 23 f. 69 Musielak/Voit-Flockenhaus, Vor § 91 Rdnr. 17. 70 MünchKomm.ZPO-Schulz, Vor § 91 Rdnr. 25; Roth, FS Gottwald, 529, 534 f. (jeweils auch zum Folgenden); vgl. auch Palandt-Grüneberg, § 249 Rdnr. 56. 65
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Kostenerstattungsanspruch an dem Merkmal der Erforderlichkeit scheitere, bestehe allerdings kein Anlass, die Notwendigkeit erneut unter dem noch strengeren objektiven Maßstab der prozessualen Kostenerstattung zu prüfen. Es sei sinnlos, ein mit den überlegenen Erkenntnismitteln (Strengbeweis) des Zivilprozesses gewonnenes Ergebnis durch ein summarisches Verfahren zu korrigieren, in dem sich bereits die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen der angemeldeten Kostenposition als ausreichend erweise. Nach verbreiteter Auffassung in der Literatur sowie Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung seien die vom BGH in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze zur Frage des Verhältnisses des prozessualen Kostenverfahrens zur Kostenklage hingegen abzulehnen. Die Rechtsprechung des BGH überzeuge nicht, weil im Kostenverfahren nicht materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche und im Erkenntnisverfahren nicht nach den Kriterien des § 91 ZPO geprüft werden dürfe; wo aber eine Prüfung verboten sei, sei eine Bindungswirkung der vorangehenden Entscheidung abzulehnen.71 Weiterhin wird in der Literatur teilweise eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auch dann für zulässig erachtet, wenn im Rahmen einer Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO72 oder § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO73 ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geprüft und verneint wurde. Dies wird zum einen damit begründet, dass die Prüfung im Rahmen der betreffenden Entscheidungen nur summarisch erfolgen müsse und eine Kostentragungspflicht nach „billigem Ermessen“ sich nicht nach den Erfordernissen gebundener Rechtsanwendung bestimme; es handele sich um eine Entscheidungen ohne abschließende Richtigkeitsgewähr.74 Ferner werde der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch im Verfahren nach § 91a ZPO nicht „durch Klage oder durch Widerklage erhoben“ und habe nur mittelbar Einfluss auf die Kostenentscheidung, so dass eine Rechtskraftwirkung bereits am klaren Wortlaut des § 322 Abs. 1 ZPO scheitere. Die Beurteilung des Gerichts habe für die Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO allenfalls präjudizielle Bedeutung; die Entscheidung über präjudizielle Rechtsverhältnisse nehme aber nicht an der Rechtskraft einer Entscheidung teil.75 71 OLG Dresden NJW 1998, 1872, 1873; Becker-Eberhard, S. 377 ff.; 391 ff.; Loritz, S. 80 ff., 106 ff.; Zöller-Herget, § 91 Rdnr. 13; vgl. auch Roth, FS Gottwald, 529, 531, 534; Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 19; Thomas/Putzo-Hüßtege, Vor § 91 Rdnr. 16. 72 Deubner, JuS 2002, 685, 686. 73 Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 57; ders., LMK 2013, 349131; vgl. ferner Becker-Eberhard, FS Gerhardt, 25, 42 f.; dem BGH folgend dagegen etwa Musielak/Voit-Foerste, § 269 Rdnr. 13c. 74 Zu § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO: Roth, LMK 2013, 349131; Stein/Jonas-Roth, § 269 Rdnr. 57; zu § 91a ZPO: Becker-Eberhard, LM Nr. 74 zu § 91a ZPO, 683, 684. 75 Becker-Eberhard, LM Nr. 74 zu § 91a ZPO, 683, 684; vgl. auch Deubner, JuS 2002, 685, 686.
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Auch zur Frage der Rechtskraft einer Entscheidung gem. § 49 Abs. 2 WEG76 gehen die Meinungen im Schrifttum auseinander: Zum Teil wird mit dem BGH davon ausgegangen, dass eine abschlägige Entscheidung nicht einer erneuten Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Verwalter im ordentlichen Klageverfahren entgegenstehe.77 Nach a. A. sei die Rechtsprechung des BGH dagegen abzulehnen. Eine klageweise Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sei wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, wenn eine Entscheidung gem. § 49 Abs. 2 WEG78 zu Lasten des Verwalters mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass es an jeglicher Pflichtwidrigkeit fehle.79 Nach einer weiteren Ansicht sei eine Kostenklage auch dann unzulässig, wenn eine Entscheidung gem. § 49 Abs. 2 WEG80 zu Lasten des Verwalters mangels Feststellbarkeit eines groben Verschuldens abgelehnt wurde.81
II. Gang der Untersuchung Sowohl für die Frage nach dem Eingreifen der Rechtshängigkeitssperre, als auch für jene nach der Unzulässigkeit des Folgeverfahrens wegen entgegenstehender Rechtskraft ist maßgeblich, ob die Streitgegenstände des prozessualen Kostenverfahrens und der materiell-rechtlichen Kostenklage übereinstimmen. Im Hinblick hierauf wird im Folgenden zunächst der heutige Stand der Streitgegenstandslehre aufgezeigt. Mit Blick auf die Prüfungsbeschränkungen im prozessualen Kostenverfahren einerseits, das nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch (i. e. S. und i. w. S.) zum Gegenstand hat und der Kostenklage andererseits, in deren Rahmen nur materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche geltend gemacht werden können, soll zudem dargestellt werden, welche Bedeutung entsprechenden Prüfungsbeschränkungen für die Grenzen des Streitgegenstands und damit des Eingreifens der Rechtshängigkeitssperre sowie der entgegenstehenden Rechtskraft beigemessen wird. 76
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. Schmid, NZM 2008, 185, 187. 78 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 79 Bärmann-Roth, § 49 Rdnr. 52; Drasdo, NZM 2009, 257, 260; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 70; vgl. auch MünchKomm.BGB-Engelhardt, § 49 WEG Rdnr. 7. 80 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 81 LG Berlin NJW 2009, 2544, 2546; Jennißen-Suilmann, § 49 Rdnr. 30 ff.: freilich unter der Annahme, dass § 49 Abs. 2 WEG eine materiell-rechtliche Haftungsmilderung i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB darstelle. 77
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Unter Berücksichtigung der gefundenen Ergebnisse kann sodann erörtert werden, inwieweit ein Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren möglich ist und ob das Gericht im Folgeverfahren an eine vorhergehende Entscheidung gebunden ist.
III. Stand der Streitgegenstandslehre Einigkeit besteht heute darüber, dass mit einer Mehrheit einschlägiger materiell- rechtlicher Anspruchsgrundlagen, die auf die gleiche Rechtsfolge gerichtet sind, nicht notwendig eine entsprechende Anzahl eigenständiger Streitgegenstände bzw. prozessualer Ansprüche einhergeht.82 Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden jedoch verschiedene Versuche unternommen, den Streitgegenstand aus materiell-rechtlicher Richtung zu bestimmen.83 So hat etwa Georgiades einen neuen materiell-rechtlichen Anspruchsbegriff nach dem Vorbild des prozessualen Anspruchs entwickelt.84 Henckel, der von einem variablen, funktionsabhängigen materiellen Anspruchsbegriff ausgeht,85 sucht eine Lösung für die Schwierigkeiten der Streitgegenstandslehre unter Bezugnahme auf die Funktionen des materiellen Anspruchsbegriffs; nach ihm bilde ein Verfügungsobjekt im Sinne des Zessionsrechts einen Streitgegenstand.86 Die materiell-rechtlichen Ansätze konnten sich jedoch vor dem Hintergrund der h. M., die in materiell-rechtlicher Hinsicht von dem Grundsatz der Selbstständigkeit der miteinander konkurrierenden Ansprüche ausgeht,87 nicht durchsetzen.88 Auch die auf Schwab89 zurückgehende Lehre vom eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff, die sich zur Bestimmung des Streitgegenstands ganz auf den Klageantrag konzentriert,90 hat sich nicht durchgesetzt, da eine Bestimmung des Streitgegenstands nur nach Maßgabe des Antrags nicht durchführbar ist, wenn sich dem Antrag nicht hinreichend präzise entnehmen lässt, worauf das klägeri-
82
Statt aller Albrecht, S. 118; Pohlmann, Rdnr. 317, 319. hierzu Althammer, S. 65 ff.; Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 30 ff. 84 Georgiades, S. 239 ff.; vgl. hierzu auch Althammer, S. 69 ff.; vgl. zur durch Georgiades geprägten sog. Anspruchsnormenkonkurrenz schon oben: Teil 2 § 12 I. 2. b). 85 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 280 f., 253 ff. 86 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 272 ff., der von einem variablen Anspruchsbegriff ausgeht; vgl. hierzu Althammer, S. 65 ff. 87 Vgl. etwa MünchKomm.BGB-Bachmann, § 241 Rdnr. 41; MünchKomm.BGB-Grothe, § 195 Rdnr. 46; jeweils m. w. N. 88 Albrecht, S. 124 f.; Pohlmann, Rdnr. 317; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 93 Rdnr. 8 ff. 89 Vgl. Schwab, S. 183 ff. 90 Vgl. hierzu Albrecht, S. 119 f. m. w. N. 83 Ausführlich
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sche Begehren gerichtet ist.91 Entsprechend wird von den Vertretern des eingliedrigen Streitgegenstandsbegriffs der Lebenssachverhalt als „Auslegungshilfe“ herangezogen, wenn der Antrag alleine für die Bestimmung des Streitgegenstands nicht ausreicht.92 Vor diesem Hintergrund wird dafür plädiert, den Lebenssachverhalt neben dem Antrag als begriffsbestimmendes Merkmal des Streitgegenstands anzusehen. Heute ganz herrschend ist der sog. zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff, wonach der Streitgegenstand sich nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt.93 Dabei geht der BGH von einem weiten Verständnis des Begriffs des Lebenssachverhalts aus. Der Lebenssachverhalt bzw. Klagegrund gehe über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus; zu diesem seien alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat.94 Die Bestimmung des Lebenssachverhalts durch den BGH wird im Schrifttum zum Teil als zu unbestimmt zurückgewiesen, wobei die daraus gezogenen Konsequenzen divergieren.95 Teilweise wird davon ausgegangen, dass zu dem Lebenssachverhalt nur diejenigen Tatsachen gehören, die auch für den in Betracht kommenden materiellen Rechtssatz entscheidend sind.96 Dieser Ansicht wird entgegengehalten, dass der Begriff des Lebenssachverhalts durch sie nicht konkretisiert werde, sondern die bestehenden Probleme bei der Beantwortung der Frage, welches die Tatsachen sind, die der Klage zu Grunde liegen, lediglich auf die Ebene des materiellen Rechts verschoben würden.97 Weiterhin haben die Schwierigkeiten bei der Herausbildung eines einheit lichen Streitgegenstandsbegriffs dazu geführt, dass in der neueren Literatur zu91
Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 70, 74 (auch zum Folgenden). Schwab, S. 185. 93 Vgl. BGHZ 183, 77 Rdnr. 10; 168, 179 Rdnr. 15; 157, 47, 50; 154, 342, 347 f.; 153, 173, 175; 117, 1, 5; BGH NJW 2011, 2787 Rdnr. 14; 2008, 3570 Rdnr. 9; Albrecht, S. 120 f., 123 ff.; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, Vor § 253 Rdnr. 32 und ff.; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 69, 73 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 93 Rdnr. 11 ff.; Thomas/Putzo-Seiler, Einl. II Rdnr. 25; vgl. zu den unterschiedlichen Ausprägungen: Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 18 ff. 94 BGHZ 198, 294 Rdnr. 15; 117, 1, 7; BGH NJW 2013, 540 Rdnr. 14; NJW-RR 2009, 790 Rdnr. 17; NJW 2007, 2560 Rdnr. 16; 1999, 3126, 3127; 1996, 3151, 3152; NJW-RR 1996, 1276. 95 Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 75 f. m. w. N. aus dem Schrifttum. 96 Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 76. 97 Habscheid, FS Schwab, 181, 188. 92 Vgl.
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nehmend die Meinung vertreten wird, dass kein Einheitsbegriff gefunden werden könne, sondern der maßgebliche Streitgegenstand vielmehr variabel nach der jeweiligen Verfahrenssituation zu bestimmen sei.98 Insbesondere wird teilweise mit Blick auf den Zweck des jeweiligen Rechtsinstituts der Streitgegenstand unterschiedlich im laufenden Verfahren einerseits und nach Abschluss des Verfahrens andererseits gebildet.99 Hinsichtlich der anderweitigen Rechtshängigkeit, der Klageänderung und Klagehäufung sollen die Grenzen des Umfangs des klägerischen Dispositionsakts weit verstanden werden, damit eine umfassende Er ledigung des Streitstoffs erreicht werden kann. So würde gewährleistet, dass bei unverändertem Antrag auch im Falle von Modifikationen und Erweiterungen des Klagegrundes der Streitgegenstand derselbe bleibe. Dagegen sei nach Abschluss des Verfahrens der Streitgegenstand eher eng zu fassen, um mit Blick auf die Rechtskraftwirkung die Präklusion neu vorgebrachter Tatsachen in Grenzen zu halten. Um diese unterschiedliche Erstreckung des Streitgegenstandes zu erreichen, wird teilweise für die Heranziehung des eingliedrigen Streitgegenstandsbegriffs im laufenden Verfahren und des zweigliedrigen nach Abschluss des Verfahrens eingetreten.100 Andere sprechen sich für die dargelegte Differenzierung unter Anwendung des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs auch im laufenden Verfahren aus.101 Nach einer weiteren Ansicht ist für den in Abhängigkeit zum jeweiligen Verfahrensstadium zu bestimmenden Streitgegenstand nicht der Antrag, sondern vielmehr das geltend gemachte Interesse entscheidend.102 Diesen relativen Ansätzen wird entgegengehalten, dass sie den Verfahrensstoff nicht konkreter machten, sondern nur die Umstände seiner Einbringung stärker berücksichtigten.103 Der einheitliche Streitgegenstandsbegriff, der sowohl Antrag als auch Sachverhalt angemessen berücksichtige, biete mit der Einbeziehung des jeweiligen Lebenssachverhaltes bzw. Klagegrundes hinreichend Spielraum, den Normzweck und die Interessen der Parteien zu berücksichtigen.
98 Vgl. etwa Althammer, S. 199, 265 ff., 289 ff., 505 ff., 750 ff.; Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 43, 46 ff.; Zöller-Vollkommer, Einl. Rdnr. 82; vgl. zu den unterschiedlichen relativen Ansätzen Albrecht, S. 121 ff. (auch zum Folgenden). 99 Prütting/Gehrlein-Prütting, Einl. Rdnr. 19; Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 59 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 100 Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 59 ff. 101 Prütting/Gehrlein-Prütting, Einl. Rdnr. 19. 102 Althammer, S. 751; ders., ZZP 123 (2010), 163, 178 ff. 103 Albrecht, S. 129 (auch zum Folgenden).
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IV. Streitgegenstandslehre und Subsumtionsbeschränkungen Die Lösung praktischer Probleme hängt letztlich in aller Regel nicht davon ab, welcher Theorie zum Streitgegenstandsbegriff man sich anschließt.104 Die Ergebnisse divergieren jedoch gerade in den Fällen, in denen die Tatbestände mehrerer miteinander konkurrierender Anspruchsnormen verwirklicht sind und Subsumtionsbeschränkungen eine umfängliche Prüfung in einem Verfahren verhindern,105 wobei die Lösungen freilich nicht unbedingt mit der Grundidee der jeweiligen Ansicht korrespondieren: So lässt etwa Schwab eine Parallele von Urkundsprozess und Klage aus dem Grundgeschäft zu, obwohl nach seiner eingliedrigen Streitgegenstandslehre eigentlich die Rechtshängigkeitssperre eingreift.106 Weiterhin geht er – vor dem Hintergrund der Ablehnung einer Zusammenhangszuständigkeit mit der früheren Rechtsprechung des BGH107 – davon aus, dass in den Fällen der Klage in den besonderen Gerichtsständen der §§ 29, 32 ZPO der Streitgegenstand ausnahmsweise auf den jeweiligen materiell-rechtlichen Anspruch beschränkt ist und daher die Rechtskraft einer Entscheidung in einem der genannten Gerichtsstände nicht einer erneuten, auf die nicht geprüfte Anspruchsgrundlage gestützten, Klage entgegensteht.108 Habscheid dagegen lehnt ein Nebeneinander der Klage aus Wechsel oder Scheck im Urkundsprozess einerseits und aus dem Grundgeschäft andererseits ab, obwohl mit Blick auf die unterschiedlichen Sachverhalte nach seiner mehrgliedrigen Streitgegenstandslehre mehrere Streitgegenstände vorliegen und daher § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht einschlägig ist. Er verneint für die zweite Klage jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.109 Entsprechend geht er vor, wenn zunächst in einem der besonderen Gerichtsstände der §§ 29, 32 ZPO geklagt wurde und dann im allgemeinen Gerichtsstand, obwohl nach seiner Lehre – ebenfalls unter Ablehnung einer Zusammenhangszuständigkeit – verschiedene Streitgegenstände vorliegen.110 Die Ergebnisse Henckels, der wie Habscheid davon ausgeht, dass auch der anspruchsbegründende Sachverhalt für den Streitgegenstand entscheidend ist, 104
Horn, JuS 1992, 681, 685; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 68. hierzu Becker-Eberhard, S. 350 ff.; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, Vor § 253 Rdnr. 35 (jeweils auch zum Folgenden). 106 Schwab, S. 127 f. 107 Hierzu schon oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (c); Nachweise, auch zur jüngeren BGH-Rechtsprechung, nach der eine Zusammenhangszuständigkeit zu bejahen ist, ebd. bei Fn. 371–373. 108 Schwab, S. 155 ff. 109 Habscheid, S. 164, 280. 110 Habscheid, S. 160 ff., 278. 105 Vgl.
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weichen von den Ergebnissen Habscheids teilweise ab. Nach Henckel kommt es für die Frage, wann ein einheitlicher Verfügungsgegenstand und damit auch ein einheitlicher Streitgegenstand vorliegt, darauf an, ob ein und dieselbe Willensbetätigung den Tatbestand mehrerer Normen abschließend erfüllen kann. Dies treffe für den Kaufvertrag und die Wechselbegebung nicht zu; die kausale Verknüpfung der Verträge liege außerhalb ihrer Tatbestandsstücke.111 Hieraus schließt er, dass ein Nebeneinander von Urkundsprozess wegen der Wechselforderung und einer weiteren Klage aus der Kausalforderung zulässig sei. Es bestehe kein Bedürfnis, die zweite Klage unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zu verhindern.112 Sei im Prozess um die Kausalforderung umstritten, ob die Wechselforderung bestehe, so könne der Prozess um die Kausalforderung gem. § 148 ZPO ausgesetzt und so eine Urteilskollision vermieden werden.113 Anders stelle es sich dar, wenn deliktische und vertragliche Schadensersatzansprüche konkurrierten.114 Zwar liege der Vertragsschluss als Tatbestandsvoraussetzung des vertraglichen Schadensersatzanspruchs vor den Umständen, die die Tatbestandsmerkmale des deliktischen Anspruchs verwirklichten. Allerdings sei die Frage, wann der Vertrag geschlossen wurde, allenfalls für die Subsumtion erheblich, nicht aber für die Individualisierung des Schadensersatzanspruchs. Der Vertragsschluss sei nur eine notwendige Vorgeschichte für den vertraglichen Schadensersatzanspruch. Die entscheidenden Sachverhaltsmerkmale des Vertrags- und Deliktsanspruchs fielen demgegenüber zusammen und die Voraus setzungen beider Anspruchsnormen seien durch ein und dieselbe unteilbare Handlung abschließend erfüllt. Die Begrenzung der §§ 29, 32 ZPO beziehe sich lediglich auf die Subsumtionstätigkeit des Gerichts, nicht aber auf den Streitgegenstand.115 Dementsprechend stehe einer weiteren Klage neben dem Prozess im besonderen Gerichtsstand die Rechtshängigkeitssperre entgegen.116 Ferner sei, auch wenn nur der Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung oder des Vertrages beachtlich gewesen sei, über den einheitlichen Streitgegenstand abschließend entschieden und eine neue Klage mit Blick auf die Rechtskraft nicht möglich. Jedoch erschöpfe die klageabweisende Entscheidung den Streitgegenstand nicht, da der Richter durch besondere gesetzliche Norm gehindert sei, den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Dies habe zur Folge, dass die Klage mit demselben Streitgegenstand nochmals in einem Gerichtsstand, in 111
Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 266 f. Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 289, insb. Fn. 130. 113 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 289. 114 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 266. 115 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 278. 116 Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 280. 112
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dem auch die Prüfung unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei, erhoben werden könne.117 Althammer kommt infolge einer variablen Bestimmung des Streitgegenstandes zu dem Ergebnis, dass der Parallele von Klagen aus dem Wechsel und dem Grundgeschäft wegen der Interessenidentität die Rechtshängigkeitssperre ent gegenstehe.118 Die Beschränkung des Prüfungsgegenstands sei jedoch bei der Bestimmung der Rechtskraftgrenzen beachtlich, weshalb die Rechtskraft der abweisenden Entscheidung aus dem Wechsel einer Klage aus dem Grundgeschäft nicht entgegenstehe. Trotz Interessenidentität beschränke sich er Urteilsgegenstand auf den rechtlichen Aspekt des Wechsels. Nach Roth, der ebenfalls ein Vertreter eines variablen Streitgegenstandsbegriffs ist und für die eingliedrige Bestimmung des Streitgegenstandes im laufenden Verfahren eintritt,119 stehe dem Nebeneinander von Klagen aus dem Grundgeschäft und dem Wechsel die Rechtshängigkeitssperre im Grundsatz entgegen.120 Dennoch lägen aber wegen der unterschiedlichen Verfahrensarten zwei Streitgegenstände vor, wenn eine Klage im Wechsel- oder Scheckprozess erhoben werde und sodann parallel zum Erstverfahren aus dem Grundgeschäft geklagt werde. Nach h. M. betreffen Klagen aus dem Wechsel und dem Grundgeschäft unterschiedliche Streitgegenstände.121 Hieraus wird einerseits gefolgert, dass dem Nebeneinander der Klagen nicht die Rechtshängigkeitssperre122 und andererseits, dass dem Nacheinander nicht die Rechtskraft der Entscheidung im ersten Prozess123 entgegensteht. Weiterhin stellt sich nach heute h. M. im Falle der Klage in einem der besonderen Gerichtsstände der §§ 29, 32 ZPO bei Zusammentreffen von vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüchen die Frage der Folge von Subsum tionsbeschränkungen für den Streitgegenstand und damit die Rechtshängigkeit 117
Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 279. Althammer, S. 545 (auch zum Folgenden). 119 S. o.: Teil 4 § 23 III. 120 Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 65 (auch zum Folgenden). 121 BGHZ 157, 224, 232; BGH NJW 1982, 2823; OLG Hamburg WM 1986, 383; OLG Köln VersR 2002, 627; OLG Saarbrücken WM 1998, 833, 835; Hk.ZPO-Saenger, § 261 Rdnr. 20; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 260 Rdnr. 69; Musielak/Voit-Foerste, § 261 Rdnr. 12; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 76; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 261 Rdnr. 99; Zöller- Vollkommer, Einl. Rdnr. 70. 122 OLG Hamburg WM 1986, 383; OLG Saarbrücken WM 1998, 833, 835; Hk.ZPO- Saenger, § 261 Rdnr. 20; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 69; Musielak/Voit- Foerste, § 261 Rdnr. 12; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 261 Rdnr. 99; Zöller-Greger, § 261 Rdnr. 5. 123 MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 117; Musielak/Voit-Musielak, Einl. Rdnr. 75 f. 118
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und Rechtskraft nicht mehr, da insoweit von einer Zusammenhangszuständigkeit ausgegangen wird.124 Unter denjenigen, die eine Zusammenhangszuständigkeit in einem der Gerichtsstände nach §§ 29, 32 ZPO ablehnen, ist unstreitig, dass die Rechtskraft einer Entscheidung im besonderen Gerichtsstand einer erneuten Klage auf Grundlage des materiell-rechtlichen Anspruchs, der vor dem zunächst angerufenen Gericht nicht geltend gemacht werden konnte, nicht entgegensteht.125 Demgegenüber wird die Möglichkeit eines Nebeneinanders von Klagen aus vertraglicher und deliktischer Anspruchsgrundlage zumeist nicht erörtert.
V. Nebeneinander der Verfahren Wie bereits erwähnt, ist weitgehend anerkannt, dass die Positionen, deren Berücksichtigungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht sicher vorhersehbar ist, wie dies etwa hinsichtlich Vorbereitungskosten und prozessbegleitender, außerprozessualer Kosten der Fall ist,126 bereits während des laufenden Rechtsstreits in der Hauptsache und damit auch parallel zum Kostengrundverfahren auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Klageverfahren geltend gemacht werden können.127 Im Folgenden wird unter Bezugnahme auf die Streitgegenstandslehre zunächst kurz erörtert, weshalb dies auch in dogmatischer Hinsicht überzeugt. Sodann wird besprochen, ob hinsichtlich der Positionen, die nicht sicher zu den Prozesskosten gehören128 auch die parallele Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren und im ordentlichen Klageverfahren zulässig ist. 1. Kostengrundverfahren und Kostenklage Für die Bestimmung des Streitgegenstands ist, wie oben näher dargestellt, der Antrag von entscheidender Bedeutung.129 Das Kostengrundverfahren setzt nach § 308 Abs. 2 ZPO einen Antrag jedoch nicht voraus. Dem Verfahren wird deswegen jedoch nicht etwa der Streitgegenstand abgesprochen.130 Das (gesetzlich bestimmte) Verfahrensziel ist die Verurteilung des Gegners in die Kosten dem Grunde nach. Die Anwendung von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist im Verhältnis von Kostengrundverfahren und Kostenklage also nicht von vornherein ausgeschlossen. 124
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (c), ebd. Fn. 371. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (c), Nachweise ebd. bei Fn. 371–373. 126 Vgl. Becker-Eberhard, S. 409. 127 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 128 S. o.: Teil 4 § 22 I, § 23 I. 5. 129 S. o.: Teil 4 § 23 III. 130 Vgl. Becker-Eberhard, S. 346. 125
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Becker-Eberhard führt zur Frage des Verhältnisses von Kostenklage zum Kostengrundverfahren aus, dass die Rechtshängigkeitssperre bereits deswegen nicht eingreife, weil mit der Kostenklage in aller Regel ein bezifferter Leistungsantrag gerichtet auf die Erstattung bestimmter Kosten gestellt werde, wohingegen im Kostengrundverfahren lediglich über die Kostentragung dem Grunde nach entschieden werde.131 Er verweist dabei auf die anerkannten Grundsätze für das Verhältnis zwischen positiver Feststellungsklage und der entsprechenden Leistungsklage. Insoweit werde einhellig jedenfalls für den Fall, dass die Feststellungsklage zuerst erhoben wurde, vertreten, dass die Ziele beider Klagen nicht identisch seien, sondern vielmehr der Gegenstand der bereits erhobenen Feststellungsklage hinter dem der Leistungsklage zurückbleibe, so dass die Rechtshängigkeit der ersteren der danach erhobenen Leistungsklage nicht entgegenstehe.132 Ferner weist er darauf hin, dass sich die zum Verhältnis zwischen Feststellungs- und Leistungsklage einhellige Ansicht auch dann auf das Verhältnis zwischen Kostenklage und Kostengrundverfahren übertragen lasse, wenn man davon ausgehe, dass die Kostengrundentscheidung eine gestaltende Entscheidung sei – wie die heute ganz h. M., nach der die Kostengrundentscheidung die aufschiebende Bedingung für das Entstehen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs darstellt133 –, da auch Leistungs- und Gestaltungsbegehren ohne Zweifel nicht identisch seien.134 Freilich wendet sich Becker-Eberhard seinerseits heute gegen eine entsprechende Beurteilung des Verhältnisses von Leistungs- zur Feststellungsklage und führt aus, dass der Streitgegenstand von Leistungs- und Feststellungsklage, die denselben Anspruch betreffen, teilidentisch sei mit der Folge, dass auch bei zuerst erhobener Feststellungsklage der nachfolgenden Leistungsklage die Rechtshängigkeitssperre des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegenstehe.135 Die Gegenmeinung lässt die Leistungsklage zwar nicht an der Rechtshängigkeit der Feststellungsklage scheitern, allerdings sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungklage erneut zu prüfen; sofern es nicht mehr gegeben ist, habe der Kläger nur die Möglichkeit, seine Klage für erledigt zu erklären.136
131
Becker-Eberhard, S. 345 ff. Becker-Eberhard, S. 348 f. m. w. N. zur Frage des Verhältnisses der Leistungs- zur Feststellungsklage. 133 S. o.: Teil 1 § 4. 134 Becker-Eberhard, S. 349. 135 MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 62 ff. 136 BGH NJW-RR 2013, 1105 Rdnr. 10; 1990, 1532, 1533; Thomas/Putzo-Seiler, § 261 Rdnr. 14; krit. Wieczorek/Schütze-Assmann, § 256 Rdnr. 250 ff. 132
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Welcher Ansicht man im Verhältnis von Leistungs- zur Feststellungsklage folgt, kann letztlich dahinstehen, da Rückschlüsse für die Frage des Verhältnisses von Kostenklage zum Kostengrundverfahren nicht angezeigt sind: Die Kostengrundentscheidung beruht grundsätzlich auf dem sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch. Ob im Laufe des Verfahrens aufgrund von Prozesshandlungen der Parteien – beispielsweise bei beiderseitiger Erledigungserklärung gem. § 91a Abs. 1 ZPO – die haftungsbegründenden Voraussetzungen eines etwaigen materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigt werden können, ist zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns noch nicht absehbar. Eine Teilidentität wie im Verhältnis zwischen Feststellungs- und Leistungsklage ist daher grundsätzlich nicht gegeben. Auch wenn man sich für eine Anwendbarkeit von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO im Verhältnis zwischen Feststellungs- und Leistungsklage ausspricht, folgt hieraus folglich nicht, dass die Rechtshängigkeitssperre auch einem Nebeneinander von Kostenklage und Kostengrundverfahren entgegensteht. Ferner kann auch nicht in Entsprechung zur anderen Ansicht zum Verhältnis der Feststellungs- zur Leistungsklage davon ausgegangen werden, dass mit der Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Verfahren hinsichtlich des Kostengrundverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis entfällt. Zunächst bildet die Kostengrundentscheidung die Festsetzungsgrundlage nicht nur für die Positionen, die nach allgemeiner Ansicht auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in Klagehäufung neben dem Hauptsacheanspruch bzw. im Wege der Widerklage geltend gemacht werden können,137 sondern insbesondere (auch) für die sog. „reinen Prozesskosten“138, deren Prozesskosteneigenschaft nicht zweifelhaft ist. Ferner steht die Frage des „Ob“ einer Kostengrundentscheidung gem. § 308 Abs. 2 ZPO grundsätzlich139 nicht zur Disposition der Parteien;140 eine das Kostengrundverfahren betreffende (Teil)Erledigungserklärung scheidet bereits aus diesem Grund aus. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit Blick auf das Rechtsschutzinteresse das Kostenverfahren einerseits und die Kostenklage andererseits hinsichtlich der Positionen, die nicht zu den „reinen Prozesskosten“ gehören, 137
Vgl. oben: Teil 4 § 23 I. 5. S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 139 Eine Ausnahme stellt der Prozessvergleich dar, der seinerseits die Grundlage für das Kostenfestsetzungsverfahren bildet, s. o.: Teil 1 § 10 II. 2.; eine weitere Ausnahme bildet der Fall der Klagerücknahme, vgl. § 269 Abs. 4 ZPO. 140 Zur Frage, inwieweit Kostenvereinbarungen im Rahmen der Kostenentscheidung berücksichtigt werden können s. o.: Teil 1 § 10 I. 2. 138
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von vornherein nur wahlweise offen stehen. Denn die Kostenklage kann an Voraussetzungen des jeweiligen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs scheitern (z. B. mangels Verschuldens), auf die es für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht ankommt. 2. Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage Wurden die betreffenden Kostenpositionen bereits neben dem Hauptanspruch im Wege der Klagehäufung bzw. widerklagend geltend gemacht, so stellt sich die Frage der Zulässigkeit eines Nebeneinanders von Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage nicht, da in diesem Fall bereits vor der Möglichkeit der Einleitung des Kostenfestsetzungsverfahrens über den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch befunden wurde. Die Frage der Möglichkeit eines Nebeneinanders von Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage stellt sich daher nur, wenn ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in einem gesonderten Prozess neben dem Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden soll. Mit dem Kostenfestsetzungsantrag wird die Festsetzung aller zugunsten des Antragstellers erstattungsfähigen Kosten geltend gemacht. Der Antrag muss nicht dem Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen,141 das Kostenfestsetzungsverfahren bezweckt seinerseits die Bezifferung der Kostengrundentscheidung der Höhe nach.142 Gleichwohl wird allgemein davon ausgegangen, dass der Rechtspfleger einer Partei im Festsetzungsverfahren nicht mehr zusprechen darf, als sie beantragt hat.143 Zur Spezifizierung des maßgeb lichen Streitgegenstands ist der den geltend gemachten Ansätzen zu Grunde liegende Sachverhalt heranzuziehen.144 141 Vgl.
Becker-Eberhard, S. 350; Loritz, S. 90 f. BGH NJW 2013, 2824 Rdnr. 9 m. w. N. 143 OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 2004, 68; OLG Koblenz NJW-RR 2012, 447; v. E/H/ D/A-Dörndorfer, Rdnr. B 71; Hk.ZPO-Gierl, § 103 Rdnr. 7: Stein/Jonas-Muthorst, § 104 Rdnr. 23. 144 Unterschiedlich beurteilt wird, ob der maßgebliche Lebenssachverhalt weit zu verstehen ist mit der Folge, dass der Rechtspfleger einen Austausch von nicht zu erstattenden, aber angemeldeten gegen angefallene, aber nicht angemeldete Kostenpositionen vornehmen kann; die wohl h. M. bejaht dies, sofern zwischen den ausgetauschten Positionen ein hinreichender, die Annahme eines einheitlichen Lebenssachverhalts rechtfertigender, Zusammenhang besteht: vgl. OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 2004, 68; OLG Koblenz JurBüro 1992, 610 f.; 1992, 474; v. E/H/D/A-Dörndorfer, Rdnr. B 71 f.; MünchKomm.ZPO-Schulz, § 104 Rdnr. 64; Zöller- Herget, § 104 Rdnr. 21 Stichwort „Gebührenauswechslung“; für die beschränkungslose Zulässigkeit des Austausches im Rahmen des Gesamtbetrages dagegen OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 546; OLG Koblenz VersR 1990, 500; Stein/Jonas-Muthorst, § 104 Rdnr. 23; a. A. OLG Koblenz NJW-RR 2012, 447 (kein Austausch zwischen Verfahrens- und Terminsgebühr); Hk.ZPO-Gierl, § 103 Rdnr. 7. 142
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a) Rechtshängigkeitssperre Die Beantwortung der Frage, ob die Rechtshängigkeitssperre im Verhältnis von Kostenklage und Kostenfestsetzungsverfahren eingreift, hängt einerseits davon ab, welche Umstände zum Streitgegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens gerechnet werden und andererseits davon, welcher Ansicht man zur Frage der Streitgegenstandsidentität bei Subsumtionsbeschränkungen folgt. Geht man davon aus, dass der Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens auf die Bestimmung des Anspruchsumfangs der prozessualen Kostenhaftung begrenzt ist und die Umstände der Haftungsbegründung nicht umfasst,145 so kommt allenfalls eine Teilidentität der Streitgegenstände in Betracht. Die wohl h. M. lehnt im Falle der Teilidentität das Eingreifen der Rechtshängigkeitssperre ab.146 Selbst wenn man aber der Gegenansicht folgte, nach der im Verhältnis von Feststellungsklage zur Leistungsklage die Rechtshängigkeitssperre wegen Teil identität eingreift,147 wäre dies auf das Verhältnis von Kostenfestsetzungsverfahren zur Kostenklage nicht übertragbar: Das Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht auf die umfängliche Prüfung des Anspruchsumfangs hinsichtlich aller in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen gerichtet; Gegenstand ist nicht der haftungsausfüllende Tatbestand etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche. Der Rechtspfleger ist vielmehr auf die Prüfung beschränkt, ob und inwieweit die geltend gemachten Kostenansätze zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits gehören.148 Überwiegend wird freilich (stillschweigend) davon ausgegangen, dass der Streitgegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens unter Berücksichtigung auch jener Umstände zu bestimmen ist, die für die Entstehung des prozessualen Kosten erstattungsanspruchs dem Grunde nach relevant sind.149 Dies überzeugt. Der Rechtspfleger ist im Kostenfestsetzungsverfahren zwar an den Ausspruch der Kostengrundentscheidung gebunden und ihm kommt insoweit keine Prüfungskompetenz zu. Andererseits hat er aber die Kostengrundentscheidung der Kostenfestsetzung gerade zu Grunde zu legen; erst aus den für die Kostengrundentscheidung relevanten Umständen ergibt sich, wer Anspruchsteller und Anspruchsgegner ist und in Höhe welcher Quote ein Erstattungsanspruch begründet ist. Bei einer entsprechenden Bestimmung des Streitgegenstands des Kostenfestsetzungsverfahrens ergibt sich nach den unterschiedlichen Ansichten zur Frage 145
Dies klingt bei Pühmeyer, S. 100 an. S. o.: Teil 4 § 23 V. 1., Nachweise ebd. bei Fn. 136. 147 S. o.: Teil 4 § 23 V. 1., Nachweis ebd. bei Fn. 135. 148 Vgl. zur Verschiedenheit des Haftungsumfangs der materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenhaftung oben: Teil 3 § 19 VI. 3. d). 149 Vgl. Becker-Eberhard, S. 350 ff.; Loritz, S. 94 f. 146
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der Streitgegenstandsidentität im Falle von Subsumtionsbeschränkungen150 folgendes Bild: aa) Anwendung der Lehre Habscheids Geht man mit Habscheid davon aus, dass Subsumtionsbeschränkungen immer zu einer Divergenz der Streitgegenstände führen, beträfen Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage immer unterschiedliche Streitgegenstände mit der Folge, dass die Rechtshängigkeitssperre151 einer Parallele der Verfahren nicht entgegenstünde. bb) Anwendung der Lehre Henckels Unter Zugrundelegung der Lehre Henckels wäre zu differenzieren: Jedenfalls soweit materiell-rechtlicher und prozessualer Kostenerstattungsanspruch ausnahmsweise152 durch dieselbe(n) unteilbare(n) Handlung(en) abschließend erfüllt wären, wäre von einem einheitlichen Streitgegenstand auszugehen. In aller Regel wird jedoch ein etwaiger neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretender materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nicht erst durch die Prozessführung begründet, sondern bereits vorprozessual. Becker-Eberhard ist der Ansicht, dass in diesem Fall nach der Lehre Henckels von unterschiedlichen Streitgegenständen auszugehen sei.153 Freilich begründet Henckel die Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände im Verhältnis von Wechsel zu Grundgeschäft damit, dass die kausale Verknüpfung der Tatbestandsmerkmale außerhalb der Tatbestände liege. Im Verhältnis von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch kommt es aber zu Überschneidungen hinsichtlich der für die Tatbestände maßgeblichen Umstände: Zunächst sind im Rahmen eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bei der Prüfung, inwieweit ein zurechenbarer Schaden vorliegt, der Eintritt in den Prozess und die folgende Prozessführung sowie die damit einhergehenden Kosten von Relevanz. Ferner erwächst auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch regelmäßig nicht allein aus dem Prozessgeschehen.154 Dies mag für einzelne Tatbestände der Kostentrennung, wie etwa §§ 95, 96 ZPO, zutreffen, nicht aber hinsichtlich der Tatbestände der Erfolgsrisikohaftung, insbesondere §§ 91 f. ZPO, die an das Unterliegen mit dem jeweiligen Rechtsschutzbegehren anknüpfen. Zum maßgeblichen Lebenssachverhalt gehört insoweit 150
Zum Folgenden mit Nachweisen s. o.: Teil 4 § 23 IV. Zum Rechtsschutzbedürfnis sogleich Teil 4 § 23 V. 2. b). 152 S. o.: Teil 2 § 14 I. 3. 153 Becker-Eberhard, S. 359. 154 So aber Becker-Eberhard, S. 351. 151
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nicht nur das vordergründige Unterliegen im Prozess, sondern gehören vielmehr auch die Umstände, die für das Begehren in der Hauptsache maßgeblich sind. Damit ist nach der Lehre Henckels jedenfalls dann von einem einheitlichen Streitgegenstand im Verhältnis zwischen materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch auszugehen, wenn der Kläger in der Hauptsache mit einem Schadensersatzanspruch obsiegt, der in seinem haftungsausfüllenden Tatbestand auch die Kosten des Rechtsstreits umfasst. Zweifelhaft ist hingegen, ob im Falle der Geltendmachung eines anderweitigen Anspruchs in der Hauptsache und eines neben den prozessualen Kostenerstat tungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch etwa aus Verzug nach Henckel ebenfalls von übereinstimmenden Streitgegenständen auszugehen wäre. Überschneidungen der maßgeblichen Umstände lägen auch insoweit hinsichtlich der Voraussetzungen der prozessualen Kostenvorschriften einerseits und des zurechenbaren Schadens andererseits vor. Zudem ist die Frage des Bestehens des in der Hauptsache geltend gemachten Anspruchs sowohl für die Erfolgsrisikohaftung gem. §§ 91 f. ZPO, als auch als Voraussetzung für den Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB entscheidend. Zusätzlich setzt der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB aber regelmäßig eine Mahnung sowie insbesondere Verschulden voraus. Trotzdem wird man auch insoweit unter Anwendung der Lehre Henckels zu einem einheitlichen Streitgegenstand kommen müssen. Denn auch im Verhältnis von Schadensersatzansprüchen aus Vertrag und Delikt geht er, obgleich der Vertragsschluss eine Voraussetzung des vertraglichen Schadensersatzanspruchs ist und zeitlich dem den Schadensersatzanspruch begründenden Verhalten vorgelagert ist, von einem einheitlichen Streitgegenstand aus. Auch hebt Henckel hervor, dass für die Prüfung der Identität der Streitgegenstände entscheidend sei, wie die Tatbestände der betreffenden Normen die Schnittpunkte festlegten, mit denen der Lebensvorgang zum Zwecke der Individualisierung zerlegt werde.155 Fielen in diesen Zeitausschnitt auch Sachverhaltsteile, die den Tatbestand anderer Anspruchsnormen ausfüllten, erfüllten bestimmte, unteilbare Sachverhaltsstücke gleichzeitig die Tatbestände mehrerer Normen und seien schließlich die Tatbestände dieser Normen gleichzeitig abschließend erfüllt, so läge trotz mehrerer Anspruchsnormen ein einheitliches materiell-rechtliches Verfügungsobjekt und damit ein einheitlicher Streitgegenstand vor. Für den die Prozesskosten betreffenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch einerseits und den daneben tretenden Verzugsschadensersatzanspruch andererseits sind, wie dargelegt, unteilbare Sachverhaltsstücke entscheidend. Die genannten gleichgerichteten Ansprüche werden zudem durch das Prozessieren und den Anfall der damit einhergehenden Kosten gleichzeitig abschließend erfüllt. 155
Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand, S. 277 (auch zum Folgenden).
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cc) Anwendung der Lehre Schwabs und Roths Folgt man der eingliedrigen Streitgegenstandslehre Schwabs, so betreffen das Kostenfestsetzungsverfahren und die Kostenklage auf Grundlage eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs hinsichtlich der Prozesskosten das gleiche Ziel und beziehen sich daher auf denselben Streitgegenstand. Danach müsste die Rechtshängigkeitssperre eigentlich eingreifen. Allerdings macht er im Verhältnis zwischen Wechselprozess und einer auf das Grundgeschäft gestützten Klage eine Ausnahme und lässt ein Nebeneinander aufgrund der Beschränkung des Wechselprozesses auf die durch Urkunden nachweisbaren Tatsachen zu.156 Mit Blick auf die bestehenden Prüfungsbeschränkungen wird man unter Übertragung der Ausführungen Schwabs auf das Verhältnis von Kostenfestsetzungsverfahren einerseits und Kostenklage andererseits zur Zulässigkeit des Nebeneinanders kommen müssen. Entsprechendes gilt für die Beurteilung des Verhältnisses von Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage nach dem variablen Streitgegenstandsbegriff Roths, der bezüglich des Verhältnisses von Wechselprozess und auf das Grundgeschäft gestützter Klage Schwab folgt.157 dd) Anwendung der Lehre Althammers Anders ist das Ergebnis bei Anwendung der variablen Streitgegenstandslehre Althammers, der eine Parallele von Klagen aus Wechsel- und Grundgeschäft wegen Eingreifens der Rechtshängigkeitssperre für unzulässig hält. Bei Zugrundelegung dieser Ansicht wird man auch das Nebeneinander von Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage für unzulässig halten müssen. ee) Stellungnahme Becker-Eberhards Becker-Eberhard spricht sich unter Bezugnahme auf die Funktionen der Rechtshängigkeitssperre – die Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen in parallel laufenden Verfahren und Verhinderung einer unnützen mehrfachen und gleichzeitigen Prozessführung über dieselbe Streitsache, die mit dem doppelten Aufwand an Zeit, Mühen und Kosten für den jeweiligen Prozessgegner158 sowie die staatlichen Rechtspflegeorgane159 verbundenen ist–, für den engen Habscheid schen Streitgegenstandsbegriff und daher gegen das Eingreifen der Rechtshän156
Schwab, S. 127. Vgl. Stein/Jonas-Roth, vor § 253 Rdnr. 65 Fn. 325. 158 Vgl. auch BGHZ 4, 314, 322; BGH NJW 2002, 1503. 159 Vgl. auch Haas, FS Ishikawa, 165. 157
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gigkeitssperre im Verhältnis zwischen Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage aus:160 Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestehe mit Blick auf die in beiden Verfahren bestehenden Prüfungsbeschränkungen nicht. Es könne von vornherein nicht widersprüchlich sein, aus einem beschränkten Subsumtionsschluss in dem einen Verfahren einem Begehren stattzugeben und es in einem anderen aufgrund eines ebenfalls beschränkten Subsumtionsschlusses abzuweisen. Im Übrigen spiegelten unterschiedliche Ergebnisse im materiellen Klageund im prozessualen Kostenverfahren – richtige Rechtsanwendung vorausgesetzt – lediglich die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen von materiellem Recht und Prozesskostenrecht wider. Nicht so einfach sei die Beurteilung des Eingreifens der Rechtshängigkeitssperre mit Blick auf ihr zweites Ziel, der Vermeidung einer mehrfachen und gleichzeitigen Befassung der Rechtspflegeorgane mit „der Streitsache“. Der Anspruchsinhaber des prozessualen sowie materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs könne nur einmal die Leistung, auf die beide Anspruchsgrundlagen gerichtet sind, verlangen. Für die Bestimmung der maßgeblichen „Streitsache“ i. S. v. § 261 ZPO komme es darauf an, ob man sich für einen weiten oder engen Anwendungsbereich der Rechtshängigkeitssperre ausspreche. Da nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein Nebeneinander zweier Verfahren unweigerlich ausgeschlossen sei, sofern diese die gleiche „Streitsache“ beträfen, lasse sich der Schluss ziehen, dass nach dem gesetzgeberischen Motiv das Instrument der Rechtshängigkeitssperre nur solche Fälle erfassen solle, in denen ganz eindeutig und ohne jede Ausnahme von vornherein jedes anerkennenswerte Interesse des Klägers an einer gleichzeitigen, mehrfachen Prozessführung fehle. Ein evidentes und generelles Fehlen jeglichen Interesses an einer Verfahrensverdoppelung lasse sich allerdings nur dann bejahen, wenn im jeweiligen Zweitverfahren nicht nur dasselbe Ziel verfolgt werde wie im ersten, sondern die Berechtigung dieses Begehrens in beiden Verfahren vom Gericht auch anhand derselben rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu prüfen sei. Von einem offensichtlich und von vornherein fehlenden Interesse des Anspruchstellers an einer gleichzeitigen und mehrfachen Prozessführung könne jedoch nicht bei bloßer Identität der Verfahrensziele aber Verschiedenheit ihrer rechtlichen und tatsächlichen Begründung ausgegangen werden. Der Anspruchsteller mache insoweit lediglich von der ihm nach dem materiellen Recht zustehenden Möglichkeit verfahrensrechtlich Gebrauch, dasselbe Ziel aus verschiedenen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu beanspruchen. Dem Gesichtspunkt des Schutzes der Rechtspflegeorgane vor überflüssiger Inanspruchnahme könne im Einzelfall unter be160
Becker-Eberhard, S. 363 ff. (auch zum Folgenden).
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sonderen Umständen hinreichend über das Institut des Rechtsschutzbedürfnisses Rechnung getragen werden. ff) Eigene Stellungnahme Wie aufgezeigt, ist ein Nebeneinander des Kostenfestsetzungsverfahrens und der Kostenklage nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bei Zugrundelegung der Ansichten Henckels und Althammers zur Streitgegenstandsidentität bei Subsumtionsbeschränkungen abzulehnen; bei Zugrundlegung der Lehren Habscheids, Schwabs, Roths und der Stellungnahme Becker-Eberhards scheitert ein Nebeneinander hingegen nicht an der Rechtshängigkeitssperre. Nicht entscheidend ist danach, ob ein eingliedriger oder mehrgliedriger, variabler oder einheitlicher Streitgegenstandsbegriff zu Grunde gelegt wird. Überzeugend erscheint die an Sinn und Zweck des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ausgerichtete Auslegung Becker-Eberhards, wonach die Rechtshängigkeitssperre nur einschlägig sei, wenn offensichtlich und von vornherein ein anerkennenswertes Interesse des Klägers an der Verfahrensverdoppelung fehle, was nicht der Fall sei, wenn das Anliegen nicht in einem Verfahren unter allen in Betracht kommenden rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten geprüft werden könne. Insbesondere wird so ein Gleichlauf mit der Rechtskraftsperre erzielt. Denn jedenfalls die Rechtskraft einer Entscheidung steht einem erneuten Verfahren auf Grundlage von rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten, die aufgrund von Subsumtionsbeschränkungen im ersten Verfahren nicht berücksichtigt werden konnten, nicht entgegen.161 Mit Blick auf die weitgehend parallelen Zwecke der Rechtshängigkeits- und der Rechtskraftsperre (Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen und mehrfacher Belastung der Gerichte mit derselben Streit sache162) entspricht die Annahme eines parallelen Anwendungsbereichs dieser Rechtsinstitute einer möglichst widerspruchfreien, kohärenten Auslegung im Sinne der Wertungseinheit163 des Gesetzes. Ferner lässt die Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses genügend Raum für eine Abweisung des Zweitverfahrens auf Ebene der Zulässigkeit, sofern für ein Nebeneinander der Verfahren kein schutzwürdiges Interesse besteht.164 Selbst wenn man jedoch im Grundsatz von einem weiten Streitgegenstands begriff im Rahmen des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ausgeht, erscheint im Falle von 161
S. o.: Teil 4 § 23 IV. MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, Vor § 253 Rdnr. 36, § 261 Rdnr. 6; vgl. auch Koussoulis, S. 225; krit. zur Zweckentsprechung demgegenüber Herrmann, Rechtshängigkeit, S. 71 ff. 163 Vgl. MünchKomm.BGB-Säcker, Einl. Rdnr. 140. 164 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 369. 162
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Subsumtionsbeschränkungen eine einschränkende Auslegung bzw. – sofern man der Ansicht ist, diese sei im Rahmen der Wortlautgrenze nicht möglich – eine teleologische Reduktion geboten, da ein schutzwürdiges Interesse für ein Nebeneinander von Verfahren mit Subsumtionsbeschränkungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, sondern der Mehrheit von materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen auch auf Ebene der prozessualen Durchsetzbarkeit Rechnung zu tragen ist.165 b) Rechtsschutzbedürfnis Auch ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass ein Nebeneinander von Kostenklage und Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich vorprozessualer sowie prozessbegleitender, außerprozessualer Aufwendungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses166 unzulässig ist. An einem Nebeneinander von Kostenfestsetzungsverfahren, das allein den prozessualen Kostenerstattungsanspruch (i. e. S. und i. w. S.) zum Gegenstand hat und der Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann vielmehr gerade aufgrund dieser Prüfungsbeschränkungen ein schutzwürdiges Interesse bestehen. Für die Kostenklage auf Grundlage des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann das Rechtsschutzbedürfnis in aller Regel nicht abgelehnt werden: Hinsichtlich vorprozessualer Aufwendungen sowie prozessbegleitender, außerprozessualer Kosten ist einerseits oftmals nicht sicher, ob diese notwendige Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO darstellen und daher im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens berücksichtigt werden können. Ferner ist – wie für die Frage der Wahlfreiheit zwischen den Verfahren – auch in Bezug auf das Nebeneinander entscheidend, dass die Erkenntnismöglichkeiten im Kostenfestsetzungsverfahren hinter jenen des ordentlichen Klageverfahrens zurückbleiben und das Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO im Grundsatz nicht auf eine einzelfallbezogene Prüfung ausgerichtet ist.167 Hinsichtlich derjenigen Aufwendungen, für die hier die Möglichkeit eines Nebeneinanders der Verfahren besprochen wird, wie insbesondere Kosten für vorprozessuale Privatgutachten oder Detektivkosten, wird aber gerade eine einzelfallbezogene Betrachtung für erforderlich gehalten.
165
Vgl. auch MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 49. Vgl. zur Frage, ob die Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis überhaupt neben dem Institut der Rechtshängigkeitssperre und der Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO Anwendung findet: Becker-Eberhard, S. 411 ff. m. w. N. 167 S. o.: Teil 4 § 22 (auch zum Folgenden). 166
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Aber auch hinsichtlich des Kostenfestsetzungsverfahrens kann das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig nicht abgelehnt werden. Zunächst kann ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gerade an zusätzlichen Voraussetzungen, von denen der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht abhängt, scheitern. Ferner kann der Anspruchsinhaber mit der Geltendmachung der Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren gegebenenfalls – sofern die Berücksichtigungsfähigkeit der betreffenden Positionen bejaht wird – einfacher und schneller an einen entsprechenden Vollstreckungstitel gelangen. Zu beachten ist freilich, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entfallen kann.168 Ein Nebeneinander der Verfahren kann sich im Einzelfall insbesondere als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn mit der Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bereits klagehäufend neben dem Hauptanspruch bzw. im Wege der Widerklage nur zugewartet wurde, um eine doppelte Entscheidung über die Notwendigkeit der Kosten herbeizuführen. Denn die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit ist sowohl Voraussetzung schadensersatzrechtlicher, als auch prozessualer Kostenerstattungsansprüche; zu Recht wird im Falle der Abweisung einer Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kos tenerstattungsanspruchs mangels Notwendigkeit der Kosten die Zulässigkeit der anschließenden Geltendmachung der betroffenen Positionen im Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt.169
VI. Gegeneinander der Verfahren Die Geltendmachung einander entgegengerichteter Haftungsanordnungen im Wege des Kostengrundverfahrens und der Kostenklage einerseits sowie des Kostenfestsetzungsverfahrens und der Kostenklage andererseits könnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt des kontradiktorischen Gegenteils zum Eingreifen der Rechtshängigkeitssperre führen; im Übrigen kann eines der Verfahren lediglich im Falle der Verneinung eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein. 1. Kostengrundverfahren und Kostenklage Werden Prozesskosten klagehäufend neben dem Hauptsacheanspruch bzw. im Wege der Widerklage geltend gemacht, kommt es im Verhältnis von Kostengrundverfahren und Kostenklage nicht nur zu einem Nebeneinander, sondern zugleich zu einem Gegeneinander. Denn das Kostengrundverfahren betrifft gem. § 308 Abs. 2 ZPO seinerseits zwei entgegengesetzte Streitgegenstände, nämlich 168 169
BGH NJW 2012, 3722 Rdnr. 24; vgl. auch Wieczorek/Schütze-Assmann, § 256 Rdnr. 258. S. u.: Teil 4 § 23 VII. 3.
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aus Sicht beider Parteien jeweils die Verurteilung des Gegners in die Kosten dem Grunde nach.170 Die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage stellt im Verhältnis zur im Kostengrundverfahren begehrten Verurteilung des Gegners in die Kosten mit Blick auf die jeweiligen Subsumtionsbeschränkungen – einerseits hinsichtlich des materiell-rechtlichen, andererseits des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs – nicht das kontra diktorische Gegenteil dar. Unabhängig davon, wie man das Verhältnis von Leistungsklage zur (negativen) Feststellungsklage beurteilt,171 greift daher die Rechtshängigkeitssperre nicht ein. Auch kann das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des Kostengrundverfahrens nicht verneint werden. Hierfür können insbesondere nicht die Grundsätze der h. M. zum Verhältnis von negativer Feststellungsklage zur Leistungsklage des anderen Teils vorgebracht werden, wonach bei Erhebung der Leistungsklage nach der negativen Feststellungsklage nicht die Rechtshängigkeitssperre eingreife, da das Rechtsschutzziel der Leistungsklage über dasjenige der negativen Feststellungsklage hinausgehe,172 aber das Feststellungsinteresse hinsichtlich der negativen Feststellungsklage entfalle, sobald die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden könne.173 Insoweit kann auf die Begründung im Rahmen der Ausführungen zum Nebeneinander von Kostengrundverfahren und Kostenklage verwiesen werden.174 2. Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage Zu einem Gegeneinander von Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage kann es insbesondere in den oben näher behandelten Fällen kommen, wenn es zu entgegengerichteten Haftungsanordnungen aus den prozessualen Kostenvorschriften einerseits und schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen andererseits kommt. Wird in diesen Fällen der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch nicht bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt, so muss dem Anspruchsinhaber die Möglichkeit eröffnet werden, seinen auf Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners und Erstattung der eigenen Kosten gerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bereits par170
Zum Streitgegenstand im Kostengrundverfahren s. o.: Teil 4 § 23 V. 1. Vgl. schon oben: Teil 4 § 23 V. 1. und sogleich: Teil 4 § 23 VI. 2. b). 172 Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 99 Rdnr. 27; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 256 Rdnr. 291, § 261 Rdnr. 95; a. A. – außer bei der Widerklage – MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 65, § 256 Rdnr. 67. 173 BGHZ 165, 305, 309; 99, 340, 342; BGH NJW 1994, 3107, 3108 m. w. N. zur ständigen BGH-Rechtsprechung; Thomas/Putzo-Seiler, § 256 Rdnr. 19; Zöller-Greger, § 256 Rdnr. 7d, 16. 174 S. o.: Teil 4 § 23 V. 1. 171
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allel zum Kostenfestsetzungsverfahren im Wege der Kostenklage geltend zu machen.175 a) Erst Kostenfestsetzungsverfahren, dann Kostenklage Die Rechtshängigkeitssperre greift jedenfalls nicht, sofern zunächst das Kostenfestsetzungsverfahren eingeleitet wurde und sodann die entgegengesetzte Kostenklage. Denn der dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegengerichtete materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch ist nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens. Der Kläger hat zudem ein Rechtsschutzinteresse an der Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Rahmen des ordentlichen Klageverfahrens, da die Kostenklage unter Berufung auf einen materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruch einerseits gerade auf Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners und andererseits darüber hinaus auf den Ersatz der eigenen Kosten gerichtet ist. b) Erst Kostenklage, dann Kostenfestsetzungsverfahren Fraglich erscheint demgegenüber, ob ein Antrag einer Partei auf Festsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im Rahmen des Verfahrens gem. §§ 103 ff. ZPO zulässig ist, wenn der Gegner bereits zuvor die Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, gerichtet auf die Erstattung der eigenen Kosten sowie Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch der anderen Partei, erhoben hat. Insoweit könnte in Parallele zum Verhältnis von Leistungsklage zur negativen Feststellungsklage des anderen Teils die Rechtshängigkeitssperre greifen. Während die h. M. dann, wenn zunächst die negative Feststellungsklage erhoben wird, die infolgedessen erhobene Leistungsklage des anderen Teils nicht an der Rechtshängigkeitssperre scheitern lässt,176 entspricht es allgemeiner Auffassung, dass im umgekehrten Fall – wenn zunächst die Leistungsklage erhoben wird und daraufhin die negative Feststellungsklage des anderen Teils – die negative Feststellungsklage gem. § 261 Abs. 3 S. 1 ZPO unzulässig ist.177 Die Leistungsklage umfasse auch den Streitgegenstand der späteren Feststellungsklage, 175
S. o.: Teil 3 § 19. S. o.: Teil 4 § 23 V. 1., Nachweise ebd. bei Fn. 136. 177 BGH NJW 1989, 2064 f.; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2002, 296; Bernreuther, WRP 2010, 1191, 1197; Habscheid, S. 270 ff.; MünchKomm.ZPO-Becker-Eberhard, § 261 Rdnr. 64; Musielak/Voit-Foerste, § 256 Rdnr. 37; Schwab, S. 130; Stein/Jonas-Roth, § 261 Rdnr. 31; Wieczorek/Schütze-Assmann, § 256 Rdnr. 291, § 261 Rdnr. 95; Zöller-Greger, § 256 Rdnr. 16 (jeweils auch zum Folgenden). 176
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da der Antrag auf Verurteilung zur Leistung zugleich den engeren Feststellungsantrag enthalte, dass der Anspruch bestehe. Auf den ersten Blick mag die auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gestützte Klage im Hinblick darauf, dass sie (auch) auf Freistellung vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch des anderen Teils gerichtet ist, den Streitgegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens umfassen. Zu beachten ist jedoch, dass das Kostenfestsetzungsverfahren insoweit über die Kostenklage hinausreicht, als es auf den Erhalt eines Leistungstitels des Antragstellers gerichtet ist.178 Daher kann insoweit nicht vom Eingreifen der Rechtshängigkeitssperre ausgegangen werden. Ferner hat der Antragsteller des Kostenfestsetzungsver fahrens nicht die Möglichkeit, den auf die Erstattung seiner Kosten gerichteten prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Leistungs(wider)klage im Rahmen des ordentlichen Klageverfahrens geltend zu machen. Im Hinblick hierauf kann auch das Rechtsschutzinteresse für das der Kostenklage entgegengerichtete Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig nicht verneint werden.
VII. Nacheinander der Verfahren Im Hinblick auf das Nacheinander der Verfahren ist zunächst zu beachten, dass die Entscheidung in der Hauptsache des Ausgangsverfahrens einerseits zur Unzulässigkeit einer etwaigen folgenden Kostenklage führen kann und andererseits Bindungswirkung für das Folgeverfahren auf Grundlage eines materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs haben kann.179 Soweit in der Hauptsache bereits ein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer oder prozessbegleitender, außerprozessualer Rechtskonfliktkosten geltend gemacht wurde,180 ist eine nochmalige, sich auf die gleichen Positionen beziehende – gegebenenfalls auf das kontradiktorische Gegenteil gerichtete – Klage entweder wegen entgegenstehender Rechtskraft181 oder, solange die Entscheidung 178
Vgl. zum Verhältnis von Freistellungs- und Leistungsbegehren: BGHZ 149, 222, 225 f. Vgl. Stein/Jonas-Muthorst, vor § 91 Rdnr. 19. 180 Zur Zulässigkeit s. o.: Teil 4 § 23 V., VI. 1. 181 Nach der ganz herrschende ne bis in idem-Lehre wirkt die Rechtskraft als negative Prozessvoraussetzung, vgl. nur BGHZ 198, 294 Rdnr. 13 m. w. N. zur ständigen BGH-Rechtsprechung; OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1735, 1736; Hk.ZPO-Saenger, § 322 Rdnr. 10; MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 13; Musielak/Voit-Musielak, § 322 Rdnr. 5; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 152 Rdnr. 5 ff.; a. A. die sog. Bindungstheorie, danach erschöpft sich die Rechtskraftwirkung darin, dass das Gericht in einem späteren Verfahren nicht anders entscheiden darf; für eine Entscheidung gleichen Inhalts werde es aber regelmäßig am Rechtsschutzbedürfnis fehlen, so heute noch Lüke, Rdnr. 353, 359; vgl. zur (älteren) materiellen Rechtskrafttheorie etwa Stein/Jonas-Althammer, § 322 Rdnr. 21 ff.; für eine modifizierte Form der materiellen Rechtskrafttheorie auch noch Blomeyer, JR 1968, 407, 409: Urteil bilde unwi179
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noch nicht rechtskräftig ist, mit Blick auf die Rechtshängigkeitssperre,182 unzulässig. Wurde in der Hauptsache ein (nicht auf die Erstattung von Prozesskosten gerichteter) Schadensersatzanspruch geltend gemacht, so ist der Richter im Rahmen eines Folgeprozesses, in dem unter Berufung auf jenen Schadensersatzanspruch Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht werden, an eine rechtskräftige Entscheidung über den Schadensersatzanspruch gebunden („Präjudizialität“).183 Entsprechend ist im Falle der Geltendmachung eines anderweitigen Anspruchs in der Hauptsache der Richter eines Folgeprozesses, in dem Rechtsverfolgungskosten unter Berufung auf den Schuldnerverzug geltend gemacht werden, an die rechtskräftige Entscheidung über den Hauptanspruch im Vorprozess gebunden. Im Folgenden ist noch zu besprechen, wie das Nacheinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage aufgrund eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu beurteilen ist. 1. Kostenklage nach Kostengrundentscheidung Die Leistungsklage, mit der ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht wird, kann bereits deswegen nicht vor dem Hintergrund einer zuvor ergangenen Kostengrundentscheidung als unzulässig abgewiesen werden, weil ihr Gegenstand über jenen einer Entscheidung über das Bestehen eines Anspruchs dem Grunde nach hinausgeht.184 Inwieweit eine Kostenklage mit Blick auf die Möglichkeit der Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO auf Grundlage der Kostengrundentscheidung zulässig ist, wurde bereits besprochen.185 In Betracht kommt im Übrigen allenfalls eine Bindungswirkung im Folgeprozess (Präjudizialität). Für die Frage, wie sich die Kostengrundentscheidung auf eine anschließende Kostenklage auswirkt, ist zwischen den Fällen, in denen in der Kostengrundentscheidung entsprechend den prozessualen Kostenvorschriften über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. befunden wird und den Entscheidungen nach „billigem Ermessen“ gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, § 49 Abs. 2 derlegliche Vermutung, dass die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge dem Recht entspreche; vgl. auch Stein/Jonas-Althammer, § 322 Rdnr. 31 ff.: die materiell-rechtliche Wirkung der Rechtskraft bestehe in der verbindlichen Festlegung einer konkreten Rechtsfolge. 182 Vgl. zur Dauer der Rechtshängigkeit: Musielak/Voit-Foerste, § 261 Rdnr. 8. 183 Vgl. etwa BGH NJW-RR 2006, 712 Rdnr. 15; NJW 2003, 3058, 3059; Musielak/ Voit-Musielak, § 322 Rdnr. 10 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 155 Rdnr. 8 ff. 184 Becker-Eberhard, S. 375 f.; vgl. zum Verhältnis von Feststellungs- und Leistungsklage BGH NJW 1989, 393, 394; Musielak/Voit-Musielak, § 322 Rdnr. 58. 185 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5., V. 2. b).
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WEG186, in deren Rahmen ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden kann, zu differenzieren. a) Kostengrundentscheidung über prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. Ein Fall „echter“ Präjudizialität ist jedenfalls bei einer Kostengrundentscheidung über den sich aus den prozessualen Kostenvorschriften ergebenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. nicht gegeben. Denn „echte“ Präjudizialität liegt nur dann vor, wenn der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der im neuen Prozess geltend gemachten Rechtsfolge gehört.187 Nach den sich aus § 322 Abs. 1 ZPO ergebenden Grenzen beschränkt sich die Bindungswirkung auf den unmittelbaren Gegenstand eines Urteils, d. h. die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, nicht hingegen auf einzelne Elemente des Urteils, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht. Der Inhalt der auf den prozessualen Kostenvorschriften beruhenden Kostengrundentscheidung stellt kein Tatbestandsmerkmal eines etwaigen nachfolgend geltend gemachten schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dar; die einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. betreffende Kostengrundentscheidung steht im Verhältnis zur nachfolgenden, auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gestützten, Kostenklage auch nicht etwa wie das Feststellungsurteil zur nachfolgenden Leistungsklage. Wie oben näher erörtert, können die für die Kostengrundentscheidung maßgeblichen Kriterien zwar Einfluss auf etwaige neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretende oder diesem entgegengerichtete materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche haben:188 Anhand der Fälle, in denen ein zu hoher Anspruch eingeklagt wird,189 sowie der Fallgestaltungen des einstweiligen Rechtsschutzes und der Klagerücknahme190 wurde aufgezeigt, dass die Regelungen der prozessualen Kostenerstattung und die diesen zu Grunde liegenden Prinzipien und Interessenbewertungen bei schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen Einfluss auf die Voraussetzung der Zurechenbarkeit haben können. Im Tenor der Kostengrundentscheidung wird aber nicht die Zurechenbarkeit ausgesprochen, diese ist – nach Maßgabe der prozessualen Kostenvor186
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. BGH NJW-RR 2006, 712 Rdnr. 15; NJW 2003, 3058, 3059; MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 51 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 155 Rdnr. 8, 12 f. (jeweils auch zum Folgenden). 188 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd). 189 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1). 190 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2). 187
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schriften – vielmehr lediglich eine Vorfrage für die Entscheidung über die Kostentragung dem Grunde nach. Über die Fälle „echter“ Präjudizialität hinaus besteht teilweise ein Bedürfnis an einer Bindungswirkung, um gänzlich unvereinbare Entscheidungen zwischen den Parteien zu vermeiden.191 Einigkeit besteht darüber, dass es solche Fälle überhaupt gibt, umstritten ist dagegen, in welchen Fällen eine Bindungswirkung besteht und wie diese Fälle dogmatisch zu lösen sind. Ausgelöst wurde die Diskussion um eine über die „echte“ Präjudizialität hinausreichende Bindungswirkung 1959 durch Zeuner, der sich für eine Bindung an vorhergehende Entscheidungen im Rahmen von „Sinnzusammenhängen“ ausgesprochen hat.192 Der Ansatz Zeuners wird freilich überwiegend unter Hinweis auf die Unbestimmtheit sowie darauf, dass nach dem Gesetz (insb. § 322 ZPO) weder Raum noch Notwendigkeit für eine entsprechende Bindungswirkung bestehe, abgelehnt.193 Nach Althammer etwa solle man die Unterscheidung zwischen Schlussfrage und Vorfrage nicht formal, sondern in wertender Betrachtung treffen, so dass die in der entschiedenen Schlussfrage deutlich Ausdruck findenden Streitpunkte auch dann als rechtskräftig entschieden angesehen werden könnten, wenn man sie rein konstruktiv als Vorfrage einordnen könnte.194 Der BGH spricht sich im Verhältnis von prozessualer Kostenentscheidung zur Kostenklage zwar nicht explizit für das Vorliegen einer Fallgruppe aus, in der von einer Präjudizialität auszugehen ist. Dennoch können seiner Rechtsprechung Anhaltspunkte für die Annahme einer Bindungswirkung der prozessualen Kostenentscheidung entnommen werden.195 So wird in den Entscheidungen des BGH zur Frage der Möglichkeit einer „Umkehrung“ einer im einstweiligen Rechtsschutz oder infolge einer Klagerücknahme ergangenen prozessualen Kostenentscheidung insbesondere auf § 99 ZPO verwiesen. Aus dieser Regelung könne der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, Streitigkeiten allein über die Kosten möglichst einzuschränken. Die sachliche Begründung hierfür finde sich darin, dass der mit der Kostenentscheidung eingetretene Rechtsfriede nicht nachträglich wieder mit der Erwägung beseitigt werden solle, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt. 191 MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 53; Stein/Jonas-Althammer, § 322 Rdnr. 202 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 192 Zeuner, passim. 193 Vgl. etwa BGH NJW 2003, 3058, 3059; Becker-Eberhard, S. 390; MünchKomm. ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 54; Stein/Jonas-Althammer, § 322 Rdnr. 205 (jeweils m. w. N.). 194 Stein/Jonas-Althammer, § 322 Rdnr. 206. 195 BGHZ 45, 251, 257; BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 10, 13; NJW-RR 1995, 495 (jeweils auch zum Folgenden); siehe zu dieser Rechtsprechung auch schon oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2).
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Gegen eine den Fällen der Präjudizialität entsprechende Bindungswirkung im Verhältnis zwischen Kostengrundentscheidung und nachfolgender Kostenklage spricht allerdings, dass die Frage, inwieweit von einer Einflussnahme auf schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsansprüche auszugehen ist, von der jeweiligen Fallgestaltung abhängt. So ist die Begrenzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nach Maßgabe der prozessualen Kostenregelungen und diesen zu Grunde liegenden Prinzipien und Interessenbewertungen insbesondere dann abzulehnen, wenn der Beklagte seinerseits durch eine Auskunftspflichtverletzung das prozessuale Vorgehen des Klägers bzw. die Geltendmachung eines zu hohen Anspruchs verursacht hat und der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch gerade infolge jener Auskunftspflichtverletzung besteht. Anerkannt ist die Möglichkeit einander entgegengerichteter Haftungsanordnungen aus prozessualem und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch auch im Falle der vorprozessualen Erledigung. Weiterhin hätte eine entsprechende Bindungswirkung zur Folge, dass der nach materiellem Recht bestehenden doppelten Anspruchsberechtigung keine entsprechende Verdoppelung der prozessualen Chancen gegenüber gestellt würde.196 Im Rahmen der Frage, ob ein auf Prozesskosten gerichteter materiell-recht licher Kostenerstattungsanspruch, der neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch treten bzw. auch diesem entgegengerichtet sein kann, mit Blick auf die prozessualen Kostenvorschriften und diesen zu Grunde liegenden Wertungen auf materiell-rechtlicher Ebene ausgeschlossen ist, wurde bereits dargelegt, dass den die prozessuale Kostenerstattung betreffenden Vorschriften (insb. auch §§ 99 Abs. 1, 321 ZPO) kein den Bestand eines etwaigen materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs betreffender Ausschluss entnommen werden kann.197 Ebenso wenig kann diesen Vorschriften eine Begrenzung der prozes sualen Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs entnommen werden. Dies ist insbesondere mit Blick auf die gegenüber dem ordentlichen Klageverfahren geringeren Rechtsschutzgarantien, die die Beschränkung der Anfechtbarkeit in § 99 Abs. 1 ZPO gerade zur Folge hat,198 abzulehnen. Die genannten Vorschriften betreffen vielmehr lediglich die prozessuale Kostenerstattung. Hinzukommt, dass den Tendenzen, die Rechtskraftbindung weit zu fassen, die Idee zu Grunde liegt, dass – unabhängig von der Richtigkeit der jeweiligen Entscheidung – durch die Bindung in anderen Verfahren die Autorität der Gerichte am besten gefördert werde.199 Einleuchtender erscheint jedoch das Gegenteil. 196
Becker-Eberhard, S. 391 f. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). 198 Vgl. auch Becker-Eberhard, S. 159 f. und ebd., S. 160 Fn. 83. 199 MünchKomm.ZPO-Gottwald, § 322 Rdnr. 55 (auch zum Folgenden). 197
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Das in einem Folgeverfahren angerufene Gericht wird sinnvollerweise gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Vorprozessakten beiziehen und ohne plausiblen Grund auch nicht von einer überzeugenden Erstbeurteilung auch bloßer Urteils elemente abweichen. Ausreichend zur Wahrung der materiell-rechtlichen Sinnzusammenhänge erscheint daher die Rechtsbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG). Als Vorteil erweist sich das Fehlen einer Bindung demgegenüber, wenn sich im zweiten Verfahren erweist, dass im ersten Verfahren klare Sach- oder Rechtsfehler unterlaufen sind, da die Rechtskraft sonst nur in engen Grenzen durchbrochen werden kann, die Aufrechterhaltung der objektiv falschen Entscheidung aber nur das geschehene Unrecht determinieren würde. Nach alledem ist mithin nicht von einer Bindungswirkung der den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. betreffenden Kostengrundentscheidung im Rahmen eines anschließenden ordentlichen Klageverfahrens auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auszugehen. Vielmehr hat das Gericht des Folgeprozesses in der Entscheidung über einen auf Prozesskosten gerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegebenenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene den Einfluss der prozessualen Kostenvorschriften und diesen zu Grunde liegenden Wertungen auf einen etwaigen neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden oder diesem entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu berücksichtigen. b) Kostengrundentscheidung nach „billigem Ermessen“ Möglicherweise ist die Frage der Bindungswirkung der Kostengrundentscheidung für eine nachfolgende Kostenklage auf Grundlage eines materiell-recht lichen Kostenerstattungsanspruchs in den Fällen der Kostenentscheidung nach „billigem Ermessen“ gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO und § 49 Abs. 2 WEG200 anders zu beantworten. Wie oben näher dargelegt, können im Rahmen dieser Entscheidungen materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche dem Grunde nach berücksichtigt werden.201 Auch insoweit scheidet allerdings eine „echte Präjudizialität“ aus. Denn das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung, welche Entscheidung „billigem Ermessen“ i. S. v. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO sowie § 49 Abs. 2 WEG202 entspricht.203 200
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. S. o.: Teil 3 § 19 II., III. 2., VI. 3. d). 202 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 203 Vgl. zu § 91a ZPO: Becker-Eberhard, LM Nr. 74 zu § 91a ZPO, 683, 684. 201
§ 23 Zum Neben-, Gegen- und Nacheinander der Verfahren
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Eine Bindungswirkung könnte dennoch zu bejahen sein, da Kostenentscheidungen nach §§ 91a Abs. 1204, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO205 teilweise und eine Kostenentscheidung zu Lasten des Verwalters gem. § 49 Abs. 2 WEG206 immer nur vor dem Hintergrund eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gerechtfertigt werden können. Mit Teilen der Literatur207 ist dies jedoch auch dann, wenn ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geprüft und verneint wurde, abzulehnen. Denn es handelt sich um Entscheidungen ohne abschließende Richtigkeitsgewähr: Jedenfalls im Rahmen der Entscheidungen gem. § 91a Abs. 1 ZPO und § 49 Abs. 2 WEG208 hat das Gericht Ermessen hinsichtlich der Frage, inwieweit mit Blick auf einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch eine weitere Beweiserhebung stattfindet.209 Eine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO zu Lasten des Beklagten, der der Klagerücknahme nicht zugestimmt hat, darf nach hier vertretener Ansicht mit Blick auf die verfassungsrechtlich garantierten Rechte des Beklagten zwar nicht ergehen, wenn das Gericht hinsichtlich des Bestandes eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht – gegebenenfalls durch eine weitere Beweisaufnahme – die volle Überzeugung erlangt hat.210 Dagegen bedeutet eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO zu Lasten des Klägers nicht, dass das Gericht das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs abschließend geprüft hätte. Denn auch hinsichtlich § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO wird aus verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht zu folgern sein, dass das Gericht bezüglich einer weiteren Beweisaufnahme kein Ermessen hat. Vielmehr wird ein Ermessen insoweit – in Entsprechung zum Verfahren bei § 91a Abs. 1 ZPO211 – zu bejahen sein und im Falle der Ablehnung einer weiteren umfangreichen Beweisaufnahme nach dem Grundsatz des § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO zu Lasten des Klägers zu entscheiden sein. In allen genannten Entscheidungen kann das Gericht zudem „schwierige Rechtsfragen“ offen lassen.212 Auch erscheint es nicht überzeugend, eine Bindungswirkung unter Hinweis darauf anzunehmen, dass der (vermeintliche) Inhaber eines materiell-rechtlichen 204
S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb). 206 S. o.: Teil 3 § 20; die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 207 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. b); Nachweise ebd. Fn. 72–75, 77. 208 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 209 S. o.: Teil 3 § 19 II., § 20. 210 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb). 211 S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. 212 S. o.: zu § 91a ZPO: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd), Nachweise ebd. bei Fn. 502; zu § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb), Nachweise ebd. bei Fn. 100; zu § 49 Abs. 2 WEG: Teil 3 § 20, Nachweise ebd. bei Fn. 259. 205
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
Kostenerstattungsanspruchs nicht gezwungen sei, die diesen begründenden Umstände vorzutragen und dadurch eine den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verneinende Entscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO oder § 49 Abs. 2 WEG213 zu riskieren bzw. unter Berufung auf entsprechende Umstände eine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO zu beantragen. Zunächst widerspräche dies der hinter einer Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche stehenden prozessökonomischen Zielsetzung, hierdurch Folgeverfahren zu verhindern und den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bereits im Ausgangsprozess im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens zu berücksichtigen. Denn mit Blick auf die genannten Unsicherheiten hinsichtlich einer Entscheidung nach billigem Ermessen würde die Bejahung einer Bindungswirkung einer ablehnenden Entscheidung für denjenigen, der meint, dass ihm ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zusteht, einen Anreiz dafür schaffen, die entsprechenden Umstände im Ausgangsverfahren nicht vorzutragen und den Anspruch anschließend im Rahmen eines ordentlichen Klageverfahrens geltend zu machen. Hinzukommt, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass den Schriftsätzen der Parteien Umstände, die für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch relevant sein können, zu entnehmen sind, unabhängig davon, ob derjenige, der sich (später) eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berühmt, die Berücksichtigung im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO oder § 49 Abs. 2 ZPO214 bezweckte.215 Die Bejahung eines Ermessens des Gerichts hinsichtlich der Berücksichtigung der Umstände, die für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch entscheidend sind, einerseits und die Bindungswirkung einer ablehnenden Entscheidung andererseits wäre zudem mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch216 problematisch. Dieser garantiert insbesondere die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren; verfassungsrechtlich garantiert ist eine richterliche Überprüfung des jeweiligen Rechtsschutzziels unter einem in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich umfassenden Prüfungsauftrag217 bei Beachtung der maßgeblichen Rechtsschutzstandards.218 Hiergegen 213
Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 215 Im Falle einer Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO ist dies demgegenüber unwahrscheinlich, weil der Kläger in diesem Fall gerade vor dem Hintergrund eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Beklagten die Entscheidung nach billigem Ermessen beantragt. 216 BVerfGE 107, 395, 401, 406 f.; Maunz/Dürig-Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 97 ff. (jeweils auch zum Folgenden). 217 BVerfGE 85, 337, 345; 54, 277, 291. 218 Maunz/Dürig-Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 17; zu den Rechtsschutzstandards, 214
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verstößt eine nur summarische Prüfung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zwar grundsätzlich nicht.219 Die summarische Prüfung ist jedoch insoweit einerseits aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit und andererseits gerade vor dem Hintergrund, dass eine umfängliche Prüfung des Begehrens noch im nachfolgenden Hauptsacheverfahren erfolgen kann, gerechtfertigt. Ist folglich bereits mangels abschließender Richtigkeitsgewähr der Entscheidungen nach billigem Ermessen gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO sowie § 49 Abs. 2 WEG220 die Bindungswirkung im Rahmen eines Folgeprozesses abzulehnen, so kommt es für die Frage der Bindungswirkung einer Entscheidung gem. § 49 Abs. 2 WEG221 gar nicht darauf an, dass nach dieser Vorschrift dem Verwalter die Kosten nur im Falle eines groben Verschuldens auferlegt werden können und die Prüfung damit auf einen Teilaspekt des prozessualen Anspruchs beschränkt ist. 2. Kostenklage nach Kostenfestsetzungsentscheidung Wie bereits erwähnt, ist eine Kostenklage im Anschluss an eine Kostenfestsetzungsentscheidung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, sofern Posten betroffen sind, hinsichtlich derer der Erstattungsberechtigte bereits mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss einen Titel hat.222 Problematisch ist demgegenüber, welche Konsequenzen die abschlägige Entscheidung mit Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens – sei es vor dem Hintergrund einer bereits abschlägigen Kostengrundentscheidung oder der Ablehnung der Erstattung bestimmter Posten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens – hat. Der BGH stellt in seiner Rechtsprechung zur Frage der Möglichkeit einer Umkehrung einer prozessualen Kostenentscheidung insbesondere darauf ab, dass neben der Kostengrundentscheidung bereits ein bestandskräftiger Kostenfestsetzungsbeschluss bestehe und dass es nicht angehen könne, einen unveränderten Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt habe, nunmehr erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen.223 Fraglich erscheint daher, welche Auswirkungen das Bestehen eines bestandskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses auf eine nachfolgende Kostenklage hat. wie insbesondere Art. 103 Abs. 1 GG: ebd. Rdnr. 18; vgl. auch schon oben: Teil 3 § 19 III. 2. a) bb) (auch zum Folgenden). 219 Vgl. BVerfG NVwZ-RR 2005, 442; vgl. auch Stickelbrock, S. 442. 220 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 221 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 222 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 223 BGH NJW 2011, 2368 Rdnr. 10 m. w. N.
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a) Rechtskraft Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss liegt zwar eine Entscheidung über ein Leistungsbegehren vor, so dass die Entsprechung der Streitgegenstände nicht bereits im Hinblick darauf, dass das (Leistungs)Begehren im Rahmen eines anschließenden ordentlichen Klageverfahrens offensichtlich über die Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren hinausgeht – wie dies im Verhältnis von Kostengrundentscheidung und Kostenklage der Fall ist224 – abgelehnt werden kann. Die Kostenklage kann allerdings mit Blick auf die Prüfungsbeschränkung im Kostenverfahren nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft als unzulässig abgewiesen werden. Dies gilt selbst dann, wenn das Kostenfestsetzungsverfahren auf Grundlage einer Kostengrundentscheidung gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, § 49 Abs. 2 WEG225, die auf einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch beruht, betrieben wurde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Entscheidung über den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach insoweit keine abschließende Richtigkeitsgewähr bietet.226 Ferner werden im Kostenfestsetzungsverfahren nicht die haftungsausfüllenden Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geprüft, sondern es wird nach Maßgabe des sich aus § 91 ZPO ergebenden Haftungsumfangs entschieden. b) Rechtsschutzbedürfnis Mit Blick auf die Prüfungsbeschränkungen im Kostenverfahren sowie die geringere Rechtsschutzintensität dieses Verfahrens gegenüber dem ordentlichen Klageverfahren227 kann auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenklage im Grundsatz nicht verneint werden. Insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung eines dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. Anders könnte dies bezüglich eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden, gleichgerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Hinblick auf die sog. „reinen Prozesskosten“, zu denen insbesondere Gerichtsgebühren und die Verfahrens- und Terminsgebühren für einen Prozessbevollmächtigten, Auslagenvorschüsse auf Zeugen- und Sachverständigenkosten zählen,228 deren Erstattungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt wurde, zu beurteilen sein. Zwar ist das Kostenverfahren nicht 224
S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 226 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. b). 227 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). 228 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 225
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gleich rechtsschutzintensiv wie das ordentliche Klageverfahren; dies ist aber hinsichtlich der sog. „reinen Prozesskosten“ grundsätzlich unproblematisch, da deren Prozesskosteneigenschaft und Notwendigkeit nicht zweifelhaft sind.229 In den hier betrachteten Fällen ist jedoch eine endgültig ablehnende Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren ergangen. Vor diesem Hintergrund kann ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Kostenklage auf Grundlage des materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gerade nicht im Hinblick auf die zweifelsfreie Zugehörigkeit zu den notwendigen Prozesskosten verneint werden. Freilich wird es gerade mit Blick auf die unproblematische Erstattungsfähigkeit der betreffenden Positionen im Kostenfestsetzungsverfahren in der Praxis kaum zu der genannten Fallgestaltung kommen. c) Präjudizialität Weiterhin ist eine Präjudizialität zu verneinen. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen im Rahmen der Behandlung des Verhältnisses von Kostengrund entscheidung und anschließender Kostenklage verwiesen werden.230 Dies gilt auch, sofern zwar eine zusprechende Kostengrundentscheidung, jedoch eine abschlägige Kostenfestsetzungsentscheidung bezüglich bestimmter Positionen vorliegt. Insbesondere kann auch im Falle einer Kostenklage auf Grundlage eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten nach Maßgabe schadensersatzrechtlicher Grundsätze – ausnahmsweise231 – nach einem großzügigeren Maßstab als die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO zu beurteilen ist, weil schadensersatzrechtliche Regelungen, Zwecke und Prinzipien im konkreten Fall eine abweichende Folgenzurechnung erfordern.232 Im Übrigen bietet das Kostenfestsetzungsverfahren mit Blick auf die personelle Ausstattung233 und die in ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten keine der Prüfung im ordentlichen Klageverfahren entsprechende Richtigkeitsgewähr.234
229
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. a), b). 231 Zum möglichen Einfluss der zur Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO entwickelten Grundsätze auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten im Rahmen eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs s. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b) (bb). 232 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc). 233 Schneider, MDR 1981, 353, 357: unter Verweis auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. 234 Vgl. Becker-Eberhard, S. 329; s. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) bb). 230
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Teil 4: Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage
3. Kostenfestsetzungsverfahren nach Entscheidung über Kostenklage Im Grundsatz nicht anders zu beurteilen ist der umgekehrte Fall, wenn nach einer abschlägigen Entscheidung über einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im ordentlichen Klageverfahren das Kostenfestsetzungsverfahren auf Grundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs betrieben wird. Denn Gegenstand des ordentlichen Klageverfahrens ist nur der materiell-rechtliche, nicht hingegen der prozessuale Kostenerstattungsanspruch. Andererseits erscheint es überzeugend, mit dem BGH und Teilen der Literatur im Falle der Ablehnung eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs mangels Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der geltend gemachten Positionen, die Möglichkeit der anschließenden Geltendmachung im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu verneinen.235 Einschränkend ist insoweit freilich zu fordern, dass im Kostenfestsetzungsverfahren für die betroffenen Positionen kein großzügigerer Maßstab gilt. Zu Recht weist Schulz darauf hin, dass kein Anlass besteht, das die Notwendigkeit der Kosten betreffende Ergebnis, das mit den überlegenen Erkenntnismitteln des ordentlichen Klageverfahrens (Strengbeweis) erlangt wurde, in einem Verfahren zu korrigieren, in dem bereits die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen ausreicht.236 Die Frage, inwieweit ein Kostenfestsetzungsverfahren nach einer Entscheidung über eine Kostenklage betrieben werden kann, stellt sich im Grundsatz lediglich hinsichtlich derjenigen Positionen, die bereits in parallele zum Kostenverfahren im Wege der Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht werden können, also die nicht zu den „reinen Prozesskosten“ gehörenden vorprozessualen und außerprozessualen, prozess begleitenden Aufwendungen.237 Hinsichtlich dieser Positionen ist im Kostenfestsetzungsverfahren gerade kein anderer Maßstab als im Rahmen der Kostenklage anzulegen.238 Im Hinblick hierauf ist im Falle des Scheiterns der Kostenklage mangels Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit der geltend gemachten Positionen das Rechtsschutzbedürfnis für die anschließende Geltendmachung der betreffenden Kosten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens zu verneinen. Auch hinsichtlich der „reinen Prozesskosten“ kann die Geltendmachung eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage aber bereits neben dem Kostenverfahren zulässig sein, wenn die Verjährung des materiell-recht 235
S. o.: Teil 4 § 23 I. 5., Nachweise ebd. bei Fn. 56, 69 und 70. S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. b); Nachweise ebd. bei Fn. 70. 237 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5., V. 1., 2. b). 238 Vgl. hierzu oben: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b) (bb). 236
§ 24 Zusammenfassung zu Teil 4
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lichen Kostenerstattungsanspruchs droht.239 Insoweit kann – wie oben näher dargelegt – im Rahmen eines neben den prozessualen Kostenerstattungsanspruch tretenden schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs hinsichtlich der Positionen, die (auch) Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, eine Beurteilung der Erforderlichkeit entsprechend der für die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO maßgeblichen Grundsätze geboten sein.240 Soweit im Hinblick hierauf die Erforderlichkeit der Kosten im Rahmen des im Klageverfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruchs entsprechend den zu § 91 ZPO für die Voraussetzung der Notwendigkeit geltenden Grundsätzen geprüft wurde, ist die nochmalige Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren ebenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
§ 24 Zusammenfassung zu Teil 4 Im Bereich der Prozesskosten ist das Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage problematisch. Dabei geht es um die vier Grundfragen der Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren einerseits und Kosten klage andererseits, der Möglichkeit des Nebeneinanders, eines parallelen Gegeneinanders sowie des Nacheinanders der Verfahren. Nach § 308 Abs. 2 ZPO besteht im Kostengrundverfahren grundsätzlich keine Wahlfreiheit. Im Grundsatz kann danach weder der Kläger noch der Beklagte von der Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs absehen. Eine Kostenklage ist jedenfalls hinsichtlich derjenigen Positionen, die sicher zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits zählen, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn der Kostenerstattungsanspruch kann im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. §§ 103 ff. ZPO durchgesetzt werden. Eine Wahlmöglichkeit besteht dagegen im Falle der Klagerücknahme, da das Gericht gem. § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO nur auf Antrag über die Kostentragungspflicht entscheidet. Die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage kann im Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt werden. Ist demgegenüber der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO eröffnet, so stellt sich das prozessuale Kostenverfahren im Grundsatz gegenüber der Kostenklage als einfacher, billiger und ebenso sicher dar, so dass eine klageweise Geltendmachung eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. 239 240
S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b) (bb).
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Das Rechtsschutzbedürfnis für eine klageweise Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs wird jedoch sowohl im Anwendungsbereich des § 308 Abs. 2 ZPO als auch des § 269 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 ZPO nach hier vertretener Ansicht grundsätzlich zu bejahen sein, sofern Positionen betroffen sind, die aus der ex ante-Perspektive nicht sicher zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits gehören. Für das Neben-, Gegen- und Nacheinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage gilt Folgendes: Mit Blick auf die Prüfungsbeschränkungen im prozessualen Kostenverfahren einerseits, in dem nur über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch (i. e. S. und gegebenenfalls i. w. S.) entschieden wird und im ordentlichen Klageverfahren andererseits, das nicht die prozessuale Kostenerstattung, sondern lediglich etwaige materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche zum Gegenstand hat, greifen die Rechtshängigkeits- und Rechtskraftsperre im Verhältnis der Verfahren zueinander nicht ein. Die Zulässigkeit eines Nebeneinanders der Verfahren kann aber am Rechtsschutzbedürfnis scheitern. So ist eine Kostenklage auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs mangels Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, solange und soweit die betreffenden Positionen im prozessualen Kostenverfahren geltend gemacht werden können, sofern hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der betreffenden Kosten im prozessualen Kostenverfahren keine Zweifel bestehen. Dies betrifft insbesondere Gerichtskosten sowie die Verfahrens- und Terminsgebühr für einen Anwalt. Dagegen können die Positionen, deren Erstattungsfähigkeit im prozessualen Kostenverfahren nicht ex ante zweifelsfrei beantwortet werden kann, bereits klagehäufend neben der Klage in der Hauptsache bzw. im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. Dies betrifft insbesondere vorprozessuale Aufwendungen, aber auch prozessbegleitende, außerprozessuale Kosten, beispielsweise für vorprozessuale oder prozessbegleitende Privatgutachten. Für das Gegeneinander von Kostenklage und Kostengrundverfahren gilt Entsprechendes. Ein Rechtsschutzbedürfnis wird demgegenüber auch hinsichtlich der Posten, die sicher Prozesskosten darstellen, in aller Regel gegeben sein hinsichtlich einer Geltendmachung eines der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in Parallele zum Kostenfestsetzungsverfahren. Ein Nacheinander der Verfahren scheitert hinsichtlich der Positionen, deren Erstattungsfähigkeit im ersten Verfahren bejaht wurde, am Rechtsschutzbedürfnis.
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Soweit eine Erstattungsfähigkeit im vorangegangenen Verfahren verneint wurde, wird man das Rechtsschutzbedürfnis für das folgende Verfahren dagegen in aller Regel nicht verneinen können. Anders ist dies, wenn zunächst ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Wege der Kostenklage geltend gemacht wurde und die Erstattungsfähigkeit mangels Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit abgelehnt wurde, sofern die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs zu prüfende Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten entsprechend den für die Notwendigkeit der Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO maßgeblichen Grundsätzen beurteilt wurde. In diesem Fall ist eine anschließende Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Weiterhin ist das Gericht im ordentlichen Klageverfahren auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs weder an eine etwaige Kostengrund- noch an eine Kostenfestsetzungsentscheidung eines vorangegangenen prozessualen Kostenverfahrens gebunden, da insoweit nicht über ein präjudizielles Rechtsverhältnis entschieden wird. Es hat freilich auf materiell-rechtlicher Ebene den Einfluss der prozessualen Kostenvorschriften und der diesen zu Grunde liegenden Wertungen auf einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu berücksichtigen. Eine Bindungswirkung ist schließlich auch dann abzulehnen, wenn in den Kostengrundentscheidungen nach billigem Ermessen gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO, 49 Abs. 2 WEG ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geprüft und verneint wurde. Denn es handelt sich dabei um Entscheidungen ohne abschließende Richtigkeitsgewähr.
Teil 5
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Der BGH führt zum Verhältnis der prozessualen zur materiell-rechtlichen Kos tenerstattung in ständiger Rechtsprechung aus, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten und ihr sogar entgegengerichtet sein könne, sofern zusätzliche Umstände hinzukämen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten.1 Bleibe hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt habe, unverändert, dann gehe es nicht an, den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Weiterhin können nach der Rechtsprechung des BGH zu § 91a Abs. 1 ZPO, § 49 Abs. 2 WEG2 und der Gesetzesbegründung zu § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO im Rahmen der entsprechenden Kostenentscheidungen nach „billigem Ermessen“ materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden. Diese Rechtsprechung und Gesetzesbegründung haben Anlass für eine Untersuchung der Grundlagen der prozessualen und materiell-rechtlichen Kostenerstattung sowie insbesondere die dogmatische Begründung für eine gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Regelungssysteme gegeben. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich thesenhaft wie folgt zusammenfassen: 1. Diese Arbeit befasst sich mit Erstattungsansprüchen für Kosten, die für die Rechtsverfolgung und/oder Rechtsverteidigung anfallen. Das Begriffspaar Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten wird unterschiedlich verstanden.3 Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff der Rechtskonfliktkosten als Oberbegriff eingeführt.4 2. Als prozessualer Kostenerstattungsanspruch wird der Anspruch bezeichnet, der aus den prozessualen Kostenvorschriften folgt und im Kostengrund(§ 308 Abs. 2 ZPO) und -festsetzungsverfahren (§§ 103 ff. ZPO) durchgesetzt 1
S. o.: § 1 I. (auch zum Folgenden). Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 3 S. o.: Teil 2 § 12 III. 4 S. o.: § 1 IV. 2. 2
392
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
wird.5 Da diese Arbeit unter anderem die Frage behandelt, inwieweit ein ma teriell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in der (prozessualen) Kostenentscheidung berücksichtigt werden kann, sind jedoch die Fälle, in denen die Haftungsanordnung den prozessualen Kostenvorschriften zu entnehmen ist, von jenen Fällen, in denen diese aus einem materiell-rechtlichen Kostenerstat tungsanspruch folgt, zu unterscheiden. In dieser Arbeit wird daher vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. w. S. gesprochen, sofern die Kostenentscheidung auf der Haftungsanordnung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs beruht. Die originär den Kostenvorschriften entnommene Haftungsanordnung wird prozessualer Kostenerstattungsanspruch (i. e. S.) ge nannt. 3. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch (i. e. S.) stellt einen materiell- rechtlichen Anspruch dar,6 der jedenfalls bei einem in der Hauptsache zivil rechtlichen Streit privatrechtlicher Natur ist.7 Teilweise wird der prozessuale Kostenerstattungsanspruch als Aufwendungsersatzanspruch bezeichnet; teilweise dem Schadensersatzrecht zugeordnet.8 Eine solche Zuordnung ist nicht mit Blick auf ein begriffliches Ausschließlichkeitsverhältnis von Aufwen dungsersatz einerseits und Schadensersatz andererseits erforderlich. Ein solches besteht nicht. Eine Zuordnung zum Schadensersatzrecht darf jedenfalls nicht zur Folgen haben, dass die im Schadensersatzrecht geltenden Regeln (insb. §§ 249 ff. BGB) und Prinzipien unbesehen auf den prozessualen Kosten erstattungsanspruch übertragen werden. Aufgrund der Unterschiede zu den schadensersatzrechtlichen Haftungstatbeständen sollte die prozessuale Kos tenerstattung nicht einem der im Schadensersatzrecht anerkannten Haftungsgründe zugeordnet werden.9 Die Haftung des Unterliegenden stellt eine verschuldensunabhängige Erfolgsrisikohaftung dar.10 Neben § 91 ZPO ordnen beispielsweise §§ 92 Abs. 1, 96, 97 Abs. 1, 75 S. 2, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO eine Erfolgsrisikohaftung an. Ausnahmen von der Haftung des Unterliegenden normieren insbesondere §§ 93, 94 ZPO, die aufgrund einer Zurechnung des Anfalls der Prozesskosten zur Risikosphäre des Klägers dessen Haftung anordnen.
5
S. o.: § 1 IV. 1.; Teil 1 § 2 II. (auch zum Folgenden). S. o.: Teil 1 § 5 I. 7 S. o.: Teil 1 § 5 II. 8 S. o.: Teil 1 § 5 III. (auch zum Folgenden). 9 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 10 S. o.: Teil 1 § 5 IV. 4., insb. c), V. (auch zum Folgenden). 6
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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4. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch bezweckt einen sachgerechten Ausgleich.11 Der obsiegende Kläger erhält einen Ausgleich vor dem Hintergrund des Verbots der Selbsthilfe, der obsiegende Beklagte für die voraussetzungslose Klagemöglichkeit und den daraus folgenden Zwang, sich zu verteidigen. Die prozessualen Kostenerstattungsvorschriften dienen zudem der regulierenden und disziplinierenden Einflussnahme auf das Prozessverhalten.12 Eine übermäßige Inanspruchnahme der Gerichte soll verhindert werden. Die Beteiligten eines Rechtsstreits sollen vor unnötigen oder unnötig langen Prozessen und damit einhergehendem Zeit- und Kostenaufwand geschützt werden. Weiterhin steht die prozessuale Kostenerstattung im Dienste der Rechtsverfolgung und Rechtsfortbildung.13 Ihre vereinfachte Ausgestaltung, insbesondere durch die grundsätzliche Anknüpfung an das Unterliegen, dient der Kostentransparenz und einem effektiven Rechtsschutz in angemessener Zeit.14 Schließlich ist eine Gerichtsentlastung nur zu erreichen, wenn auch Folgeprozesse verhindert werden.15 5. Nach heute h. M. liegt der prozessualen Kostenerstattung das Veranlassungsprinzip zu Grunde.16 Die Untersuchung unterschiedlicher Erörterungen zum Veranlassungsprinzip17 hat jedoch gezeigt, dass hinsichtlich der Bedeutung dieses Prinzips keine Einigkeit besteht.18 Der Terminus der Veranlassung bzw. das Veranlassungsprinzip verdeckt die entscheidenden, unterschiedlichen Wertungen der Kostenvorschriften für die Zurechnung mehr, als dass es diese erhellt. Entsprechend wurde die Bezugnahme auf das „Veranlassungsprinzip“ vermieden und herausgearbeitet, welche unterschiedlichen Prinzipien der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegen. 6. Der prozessualen Kostenerstattung liegen folgende Prinzipien zu Grunde: Das Prinzip der Folgenzurechnung (Verantwortung);19 die Rechtsausübungsfreiheit (Schutz subjektiver Rechte);20 mit Blick auf den Beklagten, dem oftmals kein subjektives Recht auf Unterlassung der gerichtlichen Inanspruchnahme zustehen wird, die allgemeine Handlungsfreiheit;21 die Rechtsbewäh11
S. o.: Teil 1 § 6 II. 1. (auch zum Folgenden). S. o.: Teil 1 § 6 II. 2. (auch zum Folgenden). 13 S. o.: Teil 1 § 6 II. 3. 14 S. o.: Teil 1 § 6 II. 4. 15 S. o.: Teil 1 § 6 II. 5. 16 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. 17 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. a)–e). 18 S. o.: Teil 1 § 6 III. 1. f) (auch zum Folgenden). 19 S. o.: Teil 1 § 6 III. 2. 20 S. o.: Teil 1 § 6 III. 3. 21 S. o.: Teil 1 § 6 III. 4. 12
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rung;22 das Vereinfachungsprinzip;23 die Prozessökonomie; das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot;24 im Anwendungsbereich des § 98 ZPO das Prinzip der Privatautonomie.25 7. Die Parteien können im Rahmen von Kostenvereinbarungen über den pro zessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. disponieren.26 Sie können den prozessualen Kostenerstattungsanspruch i. e. S. ändern und einen neuen, ma teriell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch begründen. Dem wohlverstan denen Parteiinteresse (§§ 133, 157 BGB) wird zumeist die Änderung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs i. e. S. (neben der Begründung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs) entsprechen.27 8. Der Haftungsumfang ist grundsätzlich § 91 ZPO zu entnehmen.28 Kosten sind notwendig, wenn eine vernünftige und kostenorientierte Partei sie im Zeitpunkt der fraglichen Handlung für sachdienlich halten durfte.29 Es kommt darauf an, was nach den allgemeinen Anschauungen, insbesondere denen des prozessualen Rechtsverkehrs, unter Beachtung der tatsächlichen Verhältnisse aufzuwenden war.30 Dabei ist im Grundsatz eine typisierende Betrachtungsweise geboten, die eine Beurteilung der Erstattungsfähigkeit bestimmter Aufwendungen nach abstrakt-generalisierenden Kriterien zulässt und die Grundlage für eine Kasuistik schafft.31 9. Die prozessuale Durchsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs erfolgt grundsätzlich zweistufig durch die richterliche Kostengrundentscheidung einerseits und das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren andererseits.32 Anders ist dies im Falle des Prozessvergleichs, der gem. §§ 103 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Kostenfestsetzungsgrundlage darstellt.33 Dagegen stellen weder ein außerprozessualer Vergleich noch eine isolierte Kostenvereinbarung eine Kostenfestsetzungsgrundlage dar.34 Insoweit bedarf es für die Durchsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren also einer Kosten22
S. o.: Teil 1 § 6 III. 5. S. o.: Teil 1 § 6 III. 6. 24 S. o.: Teil 1 § 6 III. 7. 25 S. o.: Teil 1 § 6 III. 8. 26 S. o.: Teil 1 § 8 I. (auch zum Folgenden). 27 S. o.: Teil 1 § 8 II. 28 S. o.: Teil 1 § 9. 29 S. o.: Teil 1 § 9. 30 S. o.: Teil 1 § 9 III. 31 S. o.: Teil 1 § 9 III. 1. 32 S. o.: Teil 1 § 10. 33 S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. 34 S. o.: Teil 1 § 10 I. 2. a) dd) und b) bb) (jeweils auch zum Folgenden). 23
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grundentscheidung. Eine die Kostenvereinbarung berücksichtigende Kostengrundentscheidung kann insbesondere im Falle der beiderseitigen Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO sowie der Klage- bzw. Rechtsmittelrücknahme nach §§ 269 Abs. 3 und 4, 516 Abs. 3, 565 ZPO ergehen. Bildet ein Prozessvergleich die Festsetzungsgrundlage, richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach der Parteivereinbarung.35 Im Kostenfestsetzungs verfahren ist auch die Festsetzung von Kosten, deren Erstattung § 12a ArbGG auf Grundlage gesetzlicher Anspruchsnormen ausschließt, nach Maßgabe einer entsprechenden, im Rahmen eines Prozessvergleichs getroffenen, Kostenvereinbarung möglich. 10. Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche können sich insbesondere aus vertraglicher Abrede, Vertragsverletzung, vorvertraglicher Pflichtverletzung, unerlaubter Handlung und Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben.36 Grundsätzlich können sie sowohl auf außerprozessuale37 als auch prozessuale38 Rechtsverfolgungs- bzw. Rechtsverteidigungskosten gerichtet sein. 11. Die – teilweise kritisierte39 – unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten einerseits und Rechtsverteidigungskosten andererseits im Rahmen der außerprozessualen Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung beruht nicht auf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung dieser Positionen.40 Sie ist insbesondere Folge der diesen Begriffen zugeschriebenen Bedeutungen. Die Erstattungsfähigkeit sowohl von Rechtsverfolgungsals auch von Rechtsverteidigungskosten rechtfertigt sich grundsätzlich mit Blick auf das Bestehen eines (verfolgbaren) subjektiven Rechts. 12. Anders als im Bereich der prozessualen Kostenerstattung knüpft die mate riell-rechtliche Erstattung von Rechtskonfliktkosten – mit Ausnahme vertraglich vereinbarter Erstattungsansprüche – an ein pflichtwidriges Verhalten an.41 13. Die Erstattung von Rechtskonfliktkosten kann Einfluss auf die Rechtsverwirklichung haben.42 Einerseits trägt die Erstattung dem Interesse des von einer unberechtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung Betroffenen an 35
S. o.: Teil 1 § 10 II. 2. (auch zum Folgenden). S. o.: Teil 2 § 13, § 14 I. 4., II., § 15. 37 S. o.: Teil 2 § 12 I. 1., 2. 38 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2., § 14 I. 2. b) bb). 39 S. o.: Teil 2 § 12 III. 40 S. o.: Teil 2 § 12 III. 2. (auch zum Folgenden). 41 S. o.: Teil 2 § 12 V. 42 S. o.: Teil 2 § 12 VI. (auch zum Folgenden). 36
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einem möglichst umfassenden Schutz seines Integritäts- und Vermögens interesses Rechnung. Andererseits darf die Verwirklichung des materiellen Rechts nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Inhaber bestehender Rechte wegen des Risikos der (Kosten)Haftung auf die Geltendmachung verzichtet. Dieser Steuerungswirkung der Kostenerstattung für die Rechtsverwirklichung ist im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Rechnung zu tragen. Dabei ist insbesondere der Grundsatz der strengen Schuldnerhaftung43 zu beachten, sowie das Absehen des Gesetzgebers von einer allgemeinen deliktischen Generalklausel für primäre Vermögensschäden44. 14. Inwieweit die prozessualen Kostenvorschriften und die diesen zu Grunde liegenden Zwecke, Prinzipien und Interessenabwägungen einen Ausschluss bzw. eine Beschränkung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche erfordern, ist eine Frage der Auslegung bzw. teleologischen Reduktion.45 15. Die vertragliche Kostenübernahme erfolgt oftmals im Rahmen von Vergleichen.46 Gegebenenfalls kann in dem Vergleich (neben der Änderung eines etwaig bestehenden Kostenerstattungsanspruchs) ein (neuer) materiell-recht licher Kostenerstattungsanspruch begründet werden. 16. In der Praxis wichtig sind insbesondere materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aus schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen.47 Die den prozessualen Kostenvorschriften zu Grunde liegenden Zwecke, Prinzipien und Interessenbewertungen können insbesondere im Rahmen der Zu rechenbarkeit zu berücksichtigen sein.48 Methodisch ist die Berücksichtigung im Wege der Auslegung möglich. Auch können sie bereits bei der Frage, wann ein haftungsbegründendes Verhalten vorliegt, relevant sein.49 17. Die Verteilungskriterien der Kostengrundentscheidung können insbesondere in folgenden Fällen eine Beschränkung der Zurechenbarkeit erfordern: Im Falle der Geltendmachung eines zu hohen Anspruchs im prozessualen Bereich können § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO und dieser Vorschrift zu Grunde liegende Wertungen hinsichtlich derjenigen Positionen, die auch Gegenstand der prozessualen Kostenerstattung sind, eine Begrenzung des Scha-
43
S. o.: Teil 2 § 12 VI. 2. a). S. o.: Teil 2 § 12 VI. 2. c). 45 S. o.: Teil 2 § 12 I. 2. b) bb) (3) (b). 46 S. o.: Teil 2 § 13 (auch zum Folgenden). 47 S. o.: Teil 2 § 14. 48 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) cc) (auch zum Folgenden). 49 S. o.: Teil 2 § 14 I. 3 c). 44
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densersatzanspruchs erfordern.50 In den Konstellationen des einstweiligen Rechtsschutzes und der Klagerücknahme können die prozessualen Kostenregelungen und diesen immanente Wertungen die Umkehrung der Kostenentscheidung nach Maßgabe eines schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Antragstellers bzw. Klägers ausschließen.51 18. Im Hinblick auf die Regelungen zum Haftungsumfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs hat die Untersuchung zunächst ergeben, dass der Beschränkung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf Prozesskosten im Grundsatz keine entsprechende Beschränkung des materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu entnehmen ist.52 Die Ablehnung der schadensersatzrechtlichen Ersatzfähigkeit von Zeit- und Arbeitsaufwand im Bereich der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung ist nicht Folge einer Erweiterung einer sich aus § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ergebenden Zurechnungsbeschränkung auf materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche, sondern beruht auf einer (auch) im Schadensersatzrecht vorzunehmenden Interessenbewertung.53 Für Anwaltskosten im Falle von Honorarvereinbarungen gilt Folgendes: § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der nach h. M. den prozessualen Kostenerstattungsanspruch auf die gesetzlichen Anwaltsgebühren beschränkt, bildet zwar keine absolute Zurechnungsgrenze.54 Die Vorschrift setzt aber voraus, dass es möglich ist, die erforderliche Rechtsberatung zu den gesetzlichen Gebühren zu erhalten. Diese § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zu Grunde liegende Interessenbewertung hat eine Ausstrahlungswirkung auf das Schadensersatzrecht. 19. Weiterhin stellt die Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO keine absolute Zurechnungsgrenze für einen etwaigen schadensersatzrechtlichen Kostenerstattungs anspruch dar.55 Die Frage der Erforderlichkeit von Rechtskonfliktkosten ist dennoch nicht erst im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB zu prüfen. Vielmehr ist die Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten bereits im Rahmen der (objektiven) Zurechenbarkeit entscheidend. Das der prozessualen Kostenerstattung zu Grunde liegende Vereinfachungsprinzip kann eine Heranziehung des bei der Beurteilung der Notwendigkeit i. S. v. § 91 ZPO anzulegenden typisierenden Maßstabs auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Rahmen eines neben den prozessualen Kostenerstattungs 50
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (1) (b), (c). S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) dd) (2) (c). 52 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (a). 53 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (b). 54 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (1) (d) (ff) (auch zum Folgenden). 55 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (a) (auch zum Folgenden). 51
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anspruch tretenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs erfordern.56 20. Die Sondervorschrift des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG schließt nach allgemeiner Ansicht neben der prozessualen Kostenerstattung auch die Erstattung entsprechender Kosten auf Grundlage eines gesetzlichen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus.57 In seinem Anwendungsbereich schließt § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG (analog) auch die Erstattung von Anwaltskosten im vor- und außerprozessualen Bereich aus.58 Ausgenommen von der Ausschlusswirkung ist nach Sinn und Zweck von § 12a ArbGG die Haftung des Drittschuldners gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO.59 Auch eine Haftung infolge sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB kann in Betracht kommen.60 21. Die Rechtsprechung des BGH, wonach allein die Erhebung einer Klage oder eine sonstige Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte keine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB und auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben und daher keine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung darstellt („Haftungsprivilegierung bei Inanspruch nahme staatlicher Verfahren“) überzeugt nach hier vertretener Ansicht.61 Sie entspricht der herausgearbeiteten Möglichkeit des Einflusses der verfahrensrechtlichen Interessenbewertung auf die Beurteilung des Vorliegens eines haftungsbegründenden Verhaltens. 22. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes wird verbreitet für die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer berechtigten Abmahnung als Aufwendungsersatzanspruch aus GoA gem. §§ 683, 677, 670 BGB eingetreten.62 Da mittlerweile in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sowie § 97a Abs. 3 UrhG Aufwendungs ersatzansprüche für die berechtigte Abmahnung von Wettbewerbsverstößen bzw. Urheberrechtsverletzungen geregelt sind, ist der Aufwendungsersatz anspruch aus GoA in diesen Bereichen nicht mehr relevant. Dort, wo spezial gesetzlich kein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Aufwendungsersatz normiert ist – etwa im Markenrecht –, stellt sich die Frage der Möglichkeit der Erstattung aus §§ 683, 677, 670 BGB aber nach wie vor. Nach hier vertretener Ansicht werden die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatz 56
S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (2) (b) (bb). S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3). 58 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3) (b). 59 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3) (a) (aa). 60 S. o.: Teil 2 § 14 I. 2. b) ee) (3) (a) (bb). 61 S. o.: Teil 2 § 14 I. 3. c) (auch zum Folgenden). 62 S. o.: Teil 2 § 15 (auch zum Folgenden). 57
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anspruchs aus GoA gem. §§ 683, 677, 670 BGB für die Erstattung von Rechtskonfliktkosten freilich selten erfüllt sein. Mit Blick auf die Argumentation für die Begründung eines Anspruchs auf Erstattung von Rechtskonfliktkosten aus §§ 683, 677, 670 BGB – die Vermeidung von im Vergleich zu den Kosten der Abmahnung höheren Kosten eines Gerichtsverfahrens –, kann dieser Anspruch sich jedenfalls nicht auf Kosten beziehen, die infolge der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung anfallen. 23. Eine analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften für die Begründung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ist nach hier vertretener Ansicht mit der h. M. abzulehnen.63 24. Soweit aus den Regelungen der prozessualen Kostenerstattung einerseits und materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen andererseits unterschiedliche Haftungsanordnungen folgen, kann sich die Frage stellen, inwieweit die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bereits im Ausgangsprozess möglich ist.64 Von großer praktischer Relevanz ist dabei folgende Fallgestaltung: Nach den prozessualen Kostenvorschriften ist ein Kostenerstattungsanspruch des Beklagten begründet; dem Kläger steht infolge Verzugs oder einer Auskunftspflichtverletzung des Beklagten ein diesem prozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegengerichteter schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu.65 Er hat also einen Anspruch auf Freistellung von der prozessualen Kostenhaftung hinsichtlich der Kosten des Beklagten und auf Erstattung der eigenen Kosten. War das klägerische Begehren nie begründet oder hat es sich vor dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit erledigt, kann der Kläger die Kostentragung des Beklagten nicht durch eine einseitige Erledigungserklärung herbeiführen. 25. Die Berücksichtigung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers ist in dieser Fallgestaltung zunächst im Rahmen einer Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO bei beiderseitiger Erledigungserklärung möglich.66 26. Einseitig kann der Kläger die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs mit einer Klagerücknahme im Verfahren gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO bewirken.67 Der Anwendungsbereich dieser Norm ist allerdings nicht eröffnet, wenn das Begehren des Klägers nie be63
S. o.: Teil 2 § 16. S. o.: Teil 3. 65 S. o.: Teil 3 § 18 II. (auch zum Folgenden). 66 S. o.: Teil 3 § 19 II. 2. 67 S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. 64
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gründet war.68 Ferner ist dem Kläger das einseitige Ablassen von dem Klagebegehren ab Beginn der mündlichen Verhandlung gem. § 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr möglich.69 Weiterhin stellt das Vorgehen gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO für den Kläger kein dem ordentlichen Klageverfahren vergleichbar sicheres Verfahren zur Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dar.70 27. Ein Gegeneinander von prozessualem und materiell-rechtlichem Kosten erstattungsanspruch kann auch nicht durch eine analoge Anwendung von § 93 ZPO71 oder die Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung72 aufgelöst werden. 28. Der Kläger kann seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im laufenden Verfahren aber durch Übergang auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege der Klageänderung geltend machen.73 Nach hier vertretener Ansicht ist allerdings der Rechtsprechung des BGH, nach der bezüglich des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ein Feststellungsantrag zulässig ist und eine einheitliche Kostenmischentscheidung ergeht, die teilweise auf dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und teilweise auf den prozessualen Kostenvorschriften beruht, nicht zu folgen.74 Denn der Kläger kann die ihm bereits angefallenen Kosten beziffern. 29. Weiterhin kann sich die Frage der Möglichkeit der Berücksichtigung stellen, wenn die unterliegende Partei einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungs anspruch auf Erstattung der bzw. Freistellung von den Prozesskosten gegen einen Dritten hat.75 Grundsätzlich kann ein materiell-rechtlicher Kosten erstattungsanspruch im Verhältnis zu einem Dritten nicht bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden.76 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich in § 49 Abs. 2 WEG.77 Nach dieser Vorschrift können dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft Prozesskosten eines Pro
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S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. b) aa) (5), 3. S. o.: Teil 3 § 19 III. 2. c). 70 S. o.: Teil 3 § 19 III. 3. 71 S. o.: Teil 3 § 19 IV. 72 S. o.: Teil 3 § 19 V. 73 S. o.: Teil 3 § 19 VI. 3. 74 S. o.: Teil 3 § 19 VI. 3. d) (auch zum Folgenden). 75 S. o.: Teil 3 § 18 III. 76 S. o.: Teil 3 § 20 (auch zum Folgenden). 77 Die Vorschrift wurde gestrichen, dazu m.N. s. o.: § 1 Fn. 6. 69
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zesses auferlegt werden, in dem er nicht Partei ist, wenn ihn ein grobes Verschulden trifft. 30. Im Bereich der Prozesskosten ist das Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage problematisch.78 Dabei geht es um die vier Grundfragen der Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren einerseits und Kostenklage andererseits, der Möglichkeit des Nebeneinanders, eines parallelen Gegeneinanders sowie des Nacheinanders der Verfahren. 31. Nach § 308 Abs. 2 ZPO besteht im Kostengrundverfahren grundsätzlich keine Wahlfreiheit.79 Im Grundsatz kann danach weder der Kläger noch der Beklagte von der Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungs anspruchs absehen. Eine Kostenklage ist hinsichtlich derjenigen Positionen, die sicher zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits zählen, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn der Kostenerstattungsanspruch kann im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. §§ 103 ff. ZPO durchgesetzt werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine klageweise Geltend machung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs wird nach hier vertretener Ansicht jedoch grundsätzlich zu bejahen sein, sofern Posi tionen betroffen sind, die aus der ex ante-Perspektive nicht sicher zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits gehören. 32. Eine Wahlmöglichkeit besteht dagegen im Falle der Klagerücknahme, da das Gericht gem. § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO nur auf Antrag über die Kostentragungspflicht entscheidet.80 Die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Kostenklage kann im Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt werden. Ist demgegenüber der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO eröffnet, so stellt sich das prozessuale Kostenverfahren hinsichtlich Positionen, die sicher zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, gegenüber der Kostenklage als einfacher, billiger und ebenso sicher dar, so dass eine klageweise Geltendmachung eines entsprechenden materiell- rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. 33. Das Neben-, Gegen- und Nacheinander von prozessualem Kostengrundverfahren und Kostenklage81 sowie Kostenfestsetzungsverfahren und Kosten 78
S. o.: Teil 4 (auch zum Folgenden). S. o.: Teil 4 § 22 I. (auch zum Folgenden). 80 S. o.: Teil 4 § 22 II. (auch zum Folgenden). 81 Zum Nebeneinander s. o.: Teil 4 § 23 V. 1.; zum Gegeneinander s. o.: Teil 4 § 23 VI. 1.; zum Nacheinander s. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. 79
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klage82 scheitert mit Blick auf die jeweiligen Prüfungsbeschränkungen nicht an der Rechtshängigkeits- bzw. Rechtskraftsperre. 34. Die Zulässigkeit eines Nebeneinanders der Verfahren kann aber am Rechtsschutzbedürfnis scheitern. Für die Kostenklage auf Grundlage eines mate riell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs fehlt regelmäßig83 das Rechts schutzbedürfnis, solange und soweit die betreffenden Positionen im prozessualen Kostenverfahren geltend gemacht werden können, sofern hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der betreffenden Kosten im prozessualen Kostenverfahren keine Zweifel bestehen.84 Dies betrifft insbesondere Gerichtskosten sowie die Verfahrens- und Terminsgebühr für einen Anwalt.85 Dagegen können die Positionen, deren Erstattungsfähigkeit im prozessualen Kostenverfahren nicht ex ante zweifelsfrei beantwortet werden kann, bereits klagehäufend neben der Klage in der Hauptsache bzw. im Wege der Widerklage geltend gemacht werden.86 Dies betrifft insbesondere vorprozessuale Aufwendungen, aber auch prozessbegleitende, außerprozessuale Kosten, beispielsweise für vorprozessuale oder prozessbegleitende Privatgutachten.87 Auch für die Geltendmachung dieser Positionen auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs neben dem Kostenfestsetzungs verfahren besteht grundsätzlich88 ein Rechtsschutzbedürfnis.89 35. Für die Zulässigkeit des Gegeneinanders von Kostenklage und Kostengrundverfahren gilt Entsprechendes.90 Ein Rechtsschutzbedürfnis wird dem gegenüber auch für Kosten, die sicher Prozesskosten darstellen, in aller Regel gegeben sein hinsichtlich einer Geltendmachung eines der prozessualen Haftungsanordnung entgegengerichteten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in Parallele zum Kostenfestsetzungsverfahren.91 36. Ein Nacheinander der Verfahren scheitert hinsichtlich der Positionen, deren Erstattungsfähigkeit im ersten Verfahren bejaht wurde, am Rechtsschutz 82 Zum Nebeneinander s. o.: Teil 4 § 23 V. 2. a) ff); zum Gegeneinander s. o.: Teil 4 § 23 VI. 2. a), b); zum Nacheinander s. o.: Teil 4 § 23 VII. 2. a), 3. i. V. m. § 23 IV. 83 Zum Ausnahmefall der drohenden Verjährung eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs s. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 84 S. o.: Teil 4 § 22 I., § 23 I. 5. 85 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 86 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5, V. 1. 87 S. o.: Teil 4 § 23 I. 5. 88 Zur möglichen Ausnahme gem. § 242 BGB s. o.: Teil 4 § 23 V. 2. b). 89 S. o.: Teil 4 § 23 V. 2. b), VI. 2. 90 S. o.: Teil 4 § 23 VI. 1. 91 S. o.: Teil 4 § 23 VI. 2. a), b).
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bedürfnis.92 Soweit eine Erstattungsfähigkeit im vorangegangenen Verfahren verneint wurde, wird man das Rechtsschutzbedürfnis für das folgende Verfahren dagegen in aller Regel nicht verneinen können.93 Anders ist dies, wenn zunächst ein schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch im Wege der Kostenklage geltend gemacht und die Erstattungsfähigkeit mangels Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit abgelehnt wurde, sofern die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs zu prüfende Erforderlichkeit der Rechtskonfliktkosten entsprechend den für die Notwendigkeit der Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 ZPO maßgeblichen Grundsätzen beurteilt wurde.94 In diesem Fall ist eine anschließende Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. 37. Weiterhin ist das Gericht im ordentlichen Klageverfahren auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs weder an eine etwaige Kostengrundentscheidung95 noch an eine Kostenfestsetzungsentscheidung96 eines vorangegangenen prozessualen Kostenverfahrens gebunden, da insoweit nicht über ein präjudizielles Rechtsverhältnis entschieden wird. Es hat freilich auf materiell-rechtlicher Ebene den Einfluss der prozessualen Kostenvorschriften und der diesen zu Grunde liegenden Wertungen auf einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu berücksichtigen.97 Eine Bindungswirkung ist schließlich auch dann abzulehnen, wenn in den Kostengrundentscheidungen nach billigem Ermessen gem. §§ 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO, 49 Abs. 2 WEG ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geprüft und verneint wurde.98 Denn es handelt sich insoweit um Entscheidungen ohne abschließende Richtigkeitsgewähr.
92
S. o.: Teil 4 § 23 I. 5., VII. 2. S. o.: Teil 4 § 23 VII. 2. b), 3. 94 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 3. 95 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. a), b). 96 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 2 c). 97 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. a). 98 S. o.: Teil 4 § 23 VII. 1. b) (auch zum Folgenden). 93
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Gesetzesmaterialien Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes, BT-Drucks. 1/3516. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes, BT-Drucks. 2/1340. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 2/2545. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts, BT-Drucks. 7/650. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, BT-Drucks. 8/1567. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte, BT-Drucks. 12/4993. Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder, BT-Drucks. 13/7338. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722. Gesetzentwurf der Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Rainer Brinkmann (Dortmund), Iris Follak, Hans-Joachim Hacker, Reinhold Hemker, Gustav Herzog, Barbara Imhof, Ilse Janz, Marianne Klappert, Anette Kramme, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Winfried Mante, Dirk Manzewski, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Holger Ortel, Margot von Renesse, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Karsten Schönfeld, Richard Schuhmann (Delitzsch), Reinhard Schultz (Everswinkel), Erika Simm, Joachim Stünker, Jella Teuchner, Hedi Wegener, Matthias Weisheit, Dr. Rainer Wend, Heino Wiese (Hannover), Waltraud Wolff, Heidi Wright, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Irmingard Schewe-Gerigk, Helmut Wilhelm (Amberg), Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuld rechts, BT-Drucks. 14/6040. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks. 15/1971. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungs eigentumsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 16/887. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren, BT-Drucks. 16/8384. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten-
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Gesetzesmaterialien
und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG), BT-Drucks. 19/18791. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kostenund grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG), BR-Drucks. 168/20. Bericht des 9. Ausschusses (soziale Angelegenheiten) zum Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes, RT-Drucks. 3/3019.
Sachregister Abkopplung der Kostenentscheidung von der Hauptsache 293 Abmahnung, berechtigte – Deliktsrecht 131, 151, 266 – Geschäftsführung ohne Auftrag 129, 134, 272–275 – Markenverletzung 266 f., 273 – Notwendigkeit der Kosten 136 f., 209 – Schadensersatz statt der Leistung bei Unmöglichkeit 255 – Schuldnerverzug 126, 252 – Sonderverbindung 244 – Urheberrechtsverletzung 266 f., 273, 278 – Wettbewerbsverstoß 30 f., 126, 129, 209, 242, 244, 252 f., 255, 264 f., 266 f., 268 f., 272–275, 278 Abmahnung, unberechtigte – culpa in contrahendo 263 f. – Deliktsrecht 117, 268 f. – Geschäftsführung ohne Auftrag 264 f. – Kosten der Verteidigung gegen ~ 267 – Wettbewerbsverstoß 117, 131, 268 f. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 131, 145, 156, 244, 266, 269 Analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften 276–284 Analoge Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bei nie aussichtsreicher Klage 316– 319 Anfechtung, berechtigte 263 Anfechtung, unberechtigte 258, 260 Anlasswegfall – vor Anhängigkeit 279 f., 313 f. – vor Rechtshängigkeit 309–313 – zwischen Anhängigkeit und Rechts hängigkeit 279 f., 313 Anspruchsanmaßung, siehe Inanspruch nahme, unberechtigte Anspruchserhebung, unberechtigte, siehe Inanspruchnahme, unberechtigte
Anspruchsgrundlagen – materiell-rechtliche Kostenerstattung 238–242, 243–270 – prozessuale Kostenerstattung 12–15 Anspruchskonkurrenz 114 f. Anspruchsnormenkonkurrenz 114 f., 348 Anwaltskosten – Arbeitsgerichtsverfahren 101–104, 214–221 – Erstattungsfähigkeit bei Honorarverein barung 75–77, 199–202 – Geltendmachung zu hoher Ansprüche 169–181 – Notwendigkeit 85–87, 212 f. Arbeitsaufwand, Kostenerstattung 195–198, 210 f. Arbeitsgerichtsverfahren, Kostenerstattung – Anwaltskosten 101–104, 214–221 – materiell-rechtliche Kostenerstattung 214–221 – prozessuale Kostenerstattung 101–104 Aufopferungshaftung 25 f., 43 f. Aufrechnung 292 f. Aufwendungsersatzanspruch – Geschäftsführung ohne Auftrag 272–275 – materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch 272–275 – prozessualer Kostenerstattungsanspruch 21 f. Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung 323–327 – Grundsatz 323–325 – Stufenklage 325–327 Auskunftspflicht – Klageanlass durch ~verletzung 120 f. 311, 313, 316–319, 324–327, 379 – materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch bei Verletzung einer ~ 147, 156, 173–174, 179 f., 190, 214–216, 238, 269, 313, 320, 379
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Sachregister
– Nichterfüllung der ~ durch den Drittschuldner, siehe Drittschuldnerhaftung – prozessualer Kostenerstattungsanspruch bei Verletzung einer ~ 300, 311, 316–319, 324–327 Äußeres System der prozessualen Kosten erstattung 34–37 Außergerichtlicher Vergleich, Kostenvereinbarung 70 f., 92–100, 104, 149 f., 300 Außerprozessuale Kosten – materiell-rechtliche Kostenerstattung 110, 161–163, 169–177, 198 f., 208–214, 216–221 – prozessuale Kostenerstattung 78–80, 87–90, 101 Befreiungsanspruch, materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch als ~ 147 f. Beiderseitige Erledigungserklärung 14, 91–100, 293–299, 347, 351, 353, 363, 380–384 – siehe auch Erledigung der Hauptsache – Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche 91–100, 293–299, 363, 380–384 Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche 287–336 – Abkopplung der Kostenentscheidung von der Hauptsache 293 – Aufrechnung 292 f. – Ausdehnung der Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung 323–327 – beiderseitige Erledigungserklärung 91– 100, 293–299, 363, 380–384 – dolo agit-Einwand 292 – Dritte 146 f., 337 f., 380–384 – Klageänderung 327–336 – Klagerücknahme 91–100, 299–319, 380–384 – Kostenvereinbarung 69–72, 91–100 – reziproke Anwendung von § 93 ZPO 319–322 – sofortiger Verzicht, siehe reziproke Anwendung von § 93 ZPO Billiges Ermessen, Kostenentscheidung – beiderseitige Erledigungserklärung 91– 100, 293–299, 363, 380–384 – Klagerücknahme 91–100, 299–319, 380–384
– Kostenbelastung des Verwalters der Wohnungseigentumsgemeinschaft 2, 146 f., 337 f., 380–384 Culpa in contrahendo 126, 238, 245, 263 f., 270 – Abmahnung, unberechtigte 263 f. – Rechtsverfolgungskosten 263 – Rechtsverteidigungskosten 126, 263 f. Culpa in petendo 244–246 Deliktsrecht 112, 117, 131, 145, 151, 156, 235, 244, 265–269 – Abmahnung, berechtigte 131, 151, 266 – Abmahnung, unberechtigte 117, 268 f. – allgemeines Persönlichkeitsrecht 131, 145, 156, 244, 266, 269 – eingerichteter und ausgeübter Gewerbe betrieb 112, 131, 156, 235, 267–269 – Rechtsverfolgungskosten 265–267 – Rechtsverteidigungskosten 145, 267–269 – Risikoverteilung und Erstattung von Rechtskonfliktkosten 145 – Schutzrechtsverwarnung, unberechtigte 131, 235 f., 268 f., 283 – sittenwidrige Schädigung 145, 216 – Wettbewerbsverstoß, unberechtigte Abmahnung 117, 268 f. Detektivkosten – materiell-rechtliche Kostenerstattung 162, 198 f., 207, 213 f., 266, 342, 344 f., 371 f. – prozessuale Kostenerstattung 79, 87–90, 342, 344 f., 371 f. Disponibilität der Kostenvorschriften 69–71 Dolo agit-Einwand 292 Dritte – Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche 146 f., 337 f., 380–384 – materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch gegen ~ 146 f., 337 f. – prozessualer Kostenerstattungsanspruch im Verhältnis zu ~n 6, 9, 17, 53, 71, 81, 91 Drittschuldnerhaftung 185 f., 214–216, 238, 269 Eingerichteter und ausgeübter Gewerbe betrieb 112, 131, 156, 235, 267–269
Sachregister Einseitige Erledigungserklärung 289 f., 323–327 – siehe auch Erledigung der Hauptsache Einstweiliger Rechtsschutz 181–191 Entstehungszeitpunkt des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs 16–18 Erfolglosigkeitshaftung, siehe Erfolgsrisikohaftung Erfolgsrisikohaftung 26 f., 34, 40 f., 61, 84 – siehe auch Risikohaftung Erforderlichkeit der Kosten, siehe Notwendigkeit der Kosten Erledigung der Hauptsache – beiderseitige Erledigungserklärung 14, 91–100, 293–299, 347, 351, 353, 363, 380–384 – einseitige Erledigungserklärung 289 f., 323–327 – vor Rechtshängigkeit 17, 36, 279, 301–315, 320, 323, 351 f., 380–383 Feststellung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs 327–336 Feststellungsklage, siehe Feststellung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs Folgeverfahren, siehe Präjudizialität Freistellungsanspruch, materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch als ~ 147 f. Gefährdungshaftung 23–25 Gegeneinander von Kostenverfahren und Kostenklage 341 f., 346, 372–375 – Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage 373–275 – Kostengrundverfahren und Kostenklage 372 f. – Rechtshängigkeitssperre 373–375 – Rechtsschutzbedürfnis 373–375 – Streitgegenstand 372–375 Gegeneinander von materiell-rechtlichem und prozessualem Kostenerstattungs anspruch 120–122, 178 f., 287–291 – Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, siehe dort – Fallgestaltungen 287–291 Geltendmachung eines Anspruchs, unberechtigte, siehe Inanspruchnahme, unberechtigte
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Geltendmachung zu hoher Ansprüche 169– 181 – Anwaltskosten 169–180 – außerprozessualer Bereich 169–177 – prozessualer Bereich 177–180 – vorprozessualer Bereich 169–177 Geschäftsführung ohne Auftrag 129, 134, 264–265, 272–275 – Abmahnung, berechtigte 129, 134, 272–275 – Abmahnung, unberechtigte 264 f. – Aufwendungsersatz 272–275 – Markenverletzung 266 f., 273 – Rechtsverteidigungskosten 129, 264 f., 273 f. – Schadensersatz 264 f. – Wettbewerbsverstoß 272–275 Gestaltungsrechtsausübung, berechtigte 209, 261, 263 – Anfechtung 263 – Kündigung 209, 263 – Rücktritt 261 Gestaltungsrechtsausübung, unberechtigte 142, 144 f., 252, 258–260 – Anfechtung 258–260 – Kündigung 144 f., 258–260 – Rücktritt 142, 258–260 Haftungsgrund des prozessualen Kosten erstattungsanspruchs 5, 34–67 – äußerer Haftungsgrund 34–37 – innerer Haftungsgrund 34 f., 37–67 Haftungsprivileg bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren 252–237 Haftungsumfang des prozessualen Kosten erstattungsanspruchs 73–90 Hauptsacheerledigung, siehe Erledigung der Hauptsache Honorarvereinbarung, Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten 75–77, 199–202 Inanspruchnahme, unberechtigte 130–133, 138, 139–145, 244–248, 252 f., 257 f., 267, 269, 277, 283 Informationspflicht, siehe Auskunftspflicht Inneres System der prozessualen Kosten erstattung 34 f., 37–67 Isolierte Kostenvereinbarung 97–100
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Sachregister
Klageänderung 327–336 Klageanlass – Auskunftspflichtverletzung 120 f. 311, 313, 316–319, 324–327, 379 – Wegfall vor Rechtshängigkeit 17, 36, 279, 301–315, 320, 323, 351 f., 380–383 Klagerücknahme – Analoge Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bei nie aussichtsreicher Klage 316–319 – Anlasswegfall vor Anhängigkeit 279 f., 313 f. – Anlasswegfall vor Rechtshängigkeit 17, 36, 279, 301–315, 351 f., 380–383 – Anlasswegfall zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit 279 f., 313 f. – Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche 299–319, 380–384 – Kostenentscheidung nach billigem Ermessen 91–100, 299–319, 380–384 – materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch im Falle der ~ 91–100, 181–191, 299–319, 380–384 – Verfassungsmäßigkeit von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO 301–309 Klageveranlassung 28–33, 111, 309 f., 312 Kompensation 221–223 – siehe auch Restitution Konkurrenz von materiell-rechtlichem und prozessualem Kosterstattungsanspruch 110–123, 156–221, 225–237 Konkurrenz von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage, siehe Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage Kostenentscheidung – siehe auch Kostengrundentscheidung – Berücksichtigung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche, siehe dort – Billiges Ermessen, siehe dort Kostenerstattungsanspruch – materiell-rechtlicher ~, siehe dort – prozessualer ~, siehe dort Kostenfestsetzungsverfahren 100–104 – Verhältnis zur Kostenklage 364–372, 373–375, 383–387 Kostengrundentscheidung 90–100 – siehe auch Kostengrundverfahren
Kostengrundverfahren 90 f. – Verhältnis zur Kostenklage 361–364, 372 f., 376–383 Kostenklage 162–165, 309, 315, 327–336, 341–389 – Verhältnis zum prozessualen Kostenverfahren, siehe Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage Kostenvereinbarung – Anspruchsgrundlage 10, 15, 71 f., 149 – Auslegung 71 f. – Außergerichtlicher Vergleich 70 f., 92–100, 104, 149 f., 300 – isolierte ~ 97–100 – Prozessvergleich 10, 15, 16, 37, 67, 69 f., 91, 101–104 Kostenverfahren, siehe prozessuales Kostenverfahren Kündigung – berechtigte 209, 263 – unberechtigte 144 f., 258–260 Mängelbeseitigungsverlangen, unberechtigtes 142 f. Markenverletzung – berechtigte Abmahnung 266 f., 273 – Geschäftsführung ohne Auftrag 266 f., 273 Materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch – Analoge Anwendung der prozessualen Kostenvorschriften 276–284 – Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung 199–202 – Anwendbarkeit zivilrechtlicher Anspruchsgrundlagen 110–122 – Arbeitsaufwand 195–198, 210 f. – Arbeitsgerichtsverfahren, § 12a ArbGG 214–221 – Auskunftspflichtverletzung 147, 156, 173–174, 179 f., 190, 214–216, 238, 269, 313, 320, 379 – außerprozessualer Bereich 110, 162, 169–177, 198 f., 208–214, 216–221 – Befreiungsanspruch 147 f. – Begriff 6–7 – Beschränkung der prozessualen Kosten erstattung, Auswirkungen 123, 165–221, 225–237
Sachregister – culpa in contrahendo 126, 238, 245, 263 f., 270 – culpa in petendo 244–246 – Deliktsrecht 112, 117, 131, 145, 151, 156, 235, 244, 265–269 – Detektivkosten 162, 198 f., 207, 213 f., 266, 342, 344 f., 371 f. – Dritter, ~ gegen Dritten 146 f., 337 f. – einstweiliger Rechtsschutz 181–191 – Erforderlichkeit der Kosten 203–214 – Freistellungsanspruch 147 f. – Geltendmachung zu hoher Ansprüche 169–181 – Geschäftsführung ohne Auftrag 129, 134, 264–265, 272–275 – Haftungsprivileg bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren 252–237 – Informationspflichtverletzung 147, 156, 173–174, 179 f., 190, 214–216, 238, 269, 313, 320, 379 – Klagerücknahme 91–100, 181–191, 299–319, 380–384 – mittelbare Prozessaufwendungen 198 f. – Notwendigkeit der Kosten 203–214 – Positive Forderungsverletzung/Vertragsverletzung 126, 238, 242 – praktische Bedeutung 109 – Privatgutachten 162, 198 f., 213 f., 342, 344 f., 371 f. – Prozesskosten 110–122, 159–165, 177–180, 181–202, 211–214, 225–237 – Rücksichtnahmepflicht, Verletzung 139– 145, 244, 246, 250–252, 255–260 – Schadensersatzanspruch 150–272 – Schadensersatz neben der Leistung 248– 254, 256–263 – Schadensersatz statt der Leistung 222, 238–241, 254–256 – vertragliche Kostenübernahme 10, 15, 71 f., 149 f. – vorprozessuale Kosten 162, 169–177, 198 f., 216–221 – Zeitaufwand 195–198, 210 f. Mietverhältnis – berechtigte Kündigung 209 – unberechtigte Kündigung 144 f., 229, 259 f.
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Mittelbare Prozessaufwendungen – materiell-rechtliche Kostenerstattung 198 f. – prozessuale Kostenerstattung 77 Nacheinander von prozessualem Kosten verfahren und Kostenklage – Kostenfestsetzungsverfahren nach Kostenklage 386 f. – Kostenklage nach Kostenfestsetzungs entscheidung 383–387 – Kostenklage nach Kostengrundentscheidung 376–383 – Präjudizialität 347, 353, 376–380 – Rechtskraft 182–184, 188, 346–354, 375–384 – Rechtsschutzbedürfnis 352, 384 f., 386 f. – Streitgegenstand 376–378, 380, 384 Nebeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage – Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage 364–372 – Kostengrundverfahren und Kostenklage 361–364 – Rechtshängigkeitssperre 346 f., 362 f., 365–371 – Rechtsschutzbedürfnis 163 f., 349, 358 f., 363, 371 f. – Streitgegenstand 361 f., 364–371 Nebenintervention 6, 9, 17, 71, 81, 100 Normenkonkurrenzlehre 113–115 Notwendigkeit der Kosten – Abmahnung, berechtigte 136 f., 209 – materiell-rechtliche Kostenerstattung 203–214 – prozessuale Kostenerstattung 81–90 Positive Forderungsverletzung/Vertrags verletzung 126, 238, 242 – siehe auch Rücksichtnahmepflicht Präjudizialität 347, 353, 376–380 Prinzipien der prozessualen Kostenerstattung 51–67 Privatgutachten – materiell-rechtliche Kostenerstattung 162, 198 f., 213 f., 342, 344 f., 371 f. – prozessuale Kostenerstattung 87–90
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Sachregister
Prozesskosten – materiell-rechtliche Kostenerstattung 110–122, 159–165, 177–180, 181–202, 211–214, 225–237 – prozessuale Kostenerstattung 73–80 – zurechenbarer Schaden 159–165 Prozessualer Kostenerstattungsanspruch – Anwaltskosten bei Honorarvereinbarung 75–77 – Arbeitsaufwand 196 – Arbeitsgerichtsverfahren, § 12a ArbGG 101–104 – Aufopferungshaftung 25 f., 43 f. – Auskunftspflichtverletzung 300, 311, 316–319, 324–327 – äußeres System 34–37 – außerprozessuale Kosten 78–80, 87–90, 101 – Begriff 6, 9–12 – Detektivkosten 79, 87–90, 342, 344 f., 371 f. – Disponibilität 69–71 – Dritte, ~ im Verhältnis zu Dritten 6, 9, 17, 53, 71, 81, 91 – Entstehungszeitpunkt 16–18 – Gefährdungshaftung 23–25 – Haftungsgrund, siehe dort – Haftungsumfang 73–90 – Informationspflichtverletzung 300, 311, 316–319, 324–327 – ~ im engeren Sinne 9–12 – ~ im weiteren Sinne 9–12 – inneres System 34 f., 37–67 – Kostenverfahren, siehe prozessuales Kostenverfahren – mittelbare Prozessaufwendungen 77 – Notwendigkeit der Kosten 81–90 – Prinzipien 51–67 – Privatgutachten 87–90 – prozessuale Durchsetzung 90–107 – Rechtfertigung 67–69 – Rechtsnatur 3, 6, 18–21 – Schadensersatzanspruch 21 f. – Vereinfachungsprinzip 49 f., 57, 65 f., 85, 98 f., 119 f., 159, 162 f., 178, 189, 197, 211 f., 293, 318, 322 – vorprozessuale Kosten 78–80, 87–90 – Zeitaufwand 77 – Zwecke 37–51
Prozessuales Kostenverfahren – Kostenfestsetzungsverfahren 100–104 – Kostengrundentscheidung 90–100 – Verhältnis zur Kostenklage, siehe Verhältnis von prozessualem Kosten verfahren zur Kostenklage Prozessvergleich, Kostenvereinbarung im ~ 10, 15, 16, 37, 67, 69 f., 91, 101–104 Putativgläubiger, siehe Inanspruchnahme, unberechtigte Rechtfertigung der prozessualen Kosten erstattung 67–69 Rechtsanmaßung, siehe Rechtsverfolgung, unberechtigte Rechtshängigkeitssperre – Gegeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 372–375 – Nebeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 346 f., 362 f., 365–371 Rechtskonfliktkosten, Begriff 7 Rechtskraft 182–184, 188, 346–354, 375–384 Rechtsnatur des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs 3, 6, 18–21 Rechtsschutzbedürfnis – Gegeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 373– 375 – Nacheinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 352, 384 f., 386 f. – Nebeneinander von prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 163 f., 349, 358 f., 363, 371 f. – Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage 344 f. Rechtsverfolgung, unberechtigte – Abmahnung, siehe Abmahnung, unberechtigte – Gestaltungsrecht, siehe Gestaltungsrechtsausübung, unberechtigte – Inanspruchnahme, unberechtigte 130– 133, 138, 139–145, 244–248, 252 f., 257 f., 267, 269, 277, 283 – Mängelbeseitigungsverlangen, unberechtigtes 142 f.
Sachregister – Schutzrechtsverwarnung, unberechtigte 131, 235 f., 268 f., 283 Rechtsverfolgungskosten – Begriff 7, 123–128 – culpa in contrahendo 263 – Deliktsrecht 265–267 – Erstattungsfähigkeit 124–133 – Folgeschaden 151 f., 156–159 – Geschäftsführung ohne Auftrag 272 f., 274 f. – Gestaltungsrechtsausübung, berechtigte, siehe dort – Rücksichtnahmepflicht, Verletzung 124– 126, 260 f. – Schadensersatz statt der Leistung 238– 242, 254–256 – Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten 7, 123–130 – Verzugsschaden 124–126, 248–254 Rechtsverteidigungskosten – Begriff 7, 123–128 – culpa in contrahendo 126, 263 f. – culpa in petendo 244–246 – Deliktsrecht 145, 267–269 – Erstattungsfähigkeit 124–133 – Geschäftsführung ohne Auftrag, Aufwendungsersatz 273 f. – Geschäftsführung ohne Auftrag, Schadensersatz 264 f. – Rücksichtnahmepflicht, Verletzung 124– 126, 139–145, 257–260 – Schadensersatz statt der Leistung bei Unmöglichkeit 254–256 – Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten 7, 123–130 – Verzugsschaden 124–126, 252 f. Restitution 221–223 – siehe auch Kompensation Reziproke Anwendung von § 93 ZPO 294– 297, 319–322 Risikobereiche, Zurechnung von Rechts konfliktkosten 154, 156, 161, 205 f. Risikohaftung 26 f., 29, 33 f., 40 f., 61, 84 – siehe auch Erfolgsrisikohaftung Risikoverteilung und Erstattung von Rechtskonfliktkosten 136–145 – Deliktsrecht 145
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– Rücksichtnahmepflicht 139–145 – Schuldnerhaftung 139 Rücksichtnahmepflicht, Verletzung einer ~ 139–145, 244, 246, 250–252, 255–260 – Risikoverteilung und Erstattung von Rechtskonfliktkosten 139–145 – unberechtigte Ausübung eines Gestaltungsrechts 144 f., 258–260 – unberechtigte Inanspruchnahme 138, 139–145, 257 f. – unberechtigtes Bestreiten eines Anspruchs vor Fälligkeit 260 Rücktritt, berechtigter 261 Rücktritt, unberechtigter 142, 258–260 Schaden, Rechtskonfliktkosten als ~ 152 f. Schadensersatzanspruch 150–272 – Auskunftspflichtverletzung 147, 156, 173 f., 179 f., 190, 214–216, 238, 269, 313, 320, 379 – außerprozessualer Bereich 162, 169–177, 198 f., 208–214, 216–221 – culpa in contrahendo 126, 238, 245, 263 f., 270 – culpa in petendo 244–246 – Deliktsrecht 112, 117, 131, 145, 151, 156, 235, 244, 265–269 – Drittschuldnerhaftung 185 f., 214–216, 238, 269 – Haftungsprivileg bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren 252–237 – Informationspflichtverletzung 147, 156, 173 f., 179 f., 190, 214–216, 238, 269, 313, 320, 379 – Kompensation 221–223 – materiell-rechtlicher Kostenerstattungs anspruch als ~ 150–272 – positive Forderungsverletzung/Vertragsverletzung 126, 238, 242 – Prozesskosten 110–122, 159–165, 177–180, 181–202, 211–214, 225–237 – prozessualer Kostenerstattungsanspruch als ~ 21 f. – Restitution 221–223 – Rücksichtnahmepflicht, Verletzung 139– 145, 244, 246, 250–252, 255–260 – Schadensersatz neben der Leistung 248– 254, 256–263
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Sachregister
– Schadensersatz statt der Leistung 222, 238–241, 254–256 – Schadensminderungsobliegenheit 82, 144 f., 154, 168, 172, 176, 199 f., 203–208 – Schlechtleistung 261–263 – Unmöglichkeit 251 f., 254–256 Schadensersatz neben der Leistung 248– 254, 256–263 Schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch 150–272 – selbstständiger und unselbstständiger 151 f. Schadensersatz statt der Leistung 222, 238–241, 254–256 – Kostenerstattung als ~ 238–241 – unberechtigte Rechtsverfolgung 254–256 – Unmöglichkeit 254–256 Schadensminderungsobliegenheit 82, 144 f., 154, 168, 172, 176, 199 f., 203–208 Schlechtleistung 261–263 Schuldnerverzug – Abmahnkosten 126, 252 – unberechtigte Rechtsverfolgung 252 f. – Verzugsschaden 126, 137, 155, 253 f., 262 Schutzrechtsverwarnung, unberechtigte 131, 235 f., 268 f., 283 Schutzzweck der Norm 154–159, 161, 166, 205 f. Selbstständiger schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch 151 f. Sittenwidrige Schädigung 145, 216 Sofortiger Verzicht 319–322 Sonderverbindung 243–248, 263 f., 266 – culpa in petendo 244–246 – Wettbewerbsverstoß 244 Streitgegenstand, Streitgegenstandslehre 355–357 – ~ und Subsumtionsbeschränkungen 358– 361 Stufenklage 316 f., 325–327 Subsumtionsbeschränkungen 358–361 Übereinstimmende Erledigungserklärung, siehe beiderseitige Erledigungserklärung Unselbstständiger schadensersatzrechtlicher Kostenerstattungsanspruch 151 f. Unterscheidung zwischen Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten
– Begriffe der Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungskosten 7, 123–128 – Hintergrund unterschiedlicher Erstattungsfähigkeit 7, 128–130 Urheberrechtsverletzung 266 f., 273, 278 Veranlassung der Klage durch den Beklagten 28–33, 111, 309 f., 312 – siehe auch Veranlassungsprinzip Veranlassungsprinzip 3, 52–60, 68, 322 Vereinbarung über Kostentragung, siehe Kostenvereinbarung Vereinfachungsprinzip 49 f., 57, 65 f., 85, 98 f., 119 f., 159, 162 f., 178, 189, 197, 211 f., 293, 318, 322 Vergleich – siehe auch Kostenvereinbarung – außergerichtlicher Vergleich 70 f., 92–100, 104, 149 f., 300 – Prozessvergleich 10, 15, 16, 37, 67, 69 f., 91, 101–104 Verhältnis des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch 110–123, 156–221, 225–237 Verhältnis von prozessualem Kostenverfahren zur Kostenklage – Gegeneinander 341 f., 346, 372–375 – Kostengrundverfahren und Kostenklage 361–364, 372 f., 376–383 – Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenklage 364–372, 373–375, 383–387 – Nacheinander, siehe dort – Nebeneinander, siehe dort – Präjudizialität 347, 353, 376–380 – Rechtshängigkeitssperre, siehe dort – Rechtskraft 182–184, 188, 346–354, 375–384 – Rechtsschutzbedürfnis, siehe dort – Wahlfreiheit, siehe dort Vertragliche Kostenübernahme, siehe Kostenvereinbarung Verwalter der Wohnungseigentumsgemeinschaft, Kostenbelastung 2, 146 f., 337 f., 380–384 Verzugsschaden, siehe Schuldnerverzug Vorbereitungskosten 352, 361 – materiell-rechtliche Kostenerstattung 162, 217–220, 352, 362
Sachregister – prozessuale Kostenerstattung 78–80, 352, 362 Vorprozessuale Kosten – materiell-rechtliche Kostenerstattung 162, 169–177, 198 f., 216–221 – prozessuale Kostenerstattung 78–80, 87–90 Wahlfreiheit zwischen prozessualem Kostenverfahren und Kostenklage – Klagerücknahme 345 – Kostengrundentscheidung von Amts wegen gem. § 308 Abs. 2 ZPO 343–345 – Rechtsschutzbedürfnis 344 f. Wettbewerbsverstoß – Abmahnung, berechtigte 30 f., 126, 129, 209, 242, 244, 252 f., 255, 264 f., 266 f., 268 f., 272–275, 278 – Abmahnung, unberechtigte 117, 131, 268 f.
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– Deliktsrecht 117, 268 f. – Geschäftsführung ohne Auftrag 272–275 – Sonderverbindung 244 Wohnungseigentumsgemeinschaft, Kostenbelastung des Verwalters 2, 146 f., 337 f., 380–384 Zeitaufwand – materiell-rechtliche Kostenerstattung 195–198, 210 f. – prozessuale Kostenerstattung 77 Zurechenbarer Schaden, Rechtskonflikt kosten als ~ 154, 156, 161, 205 f. Zurechnungsgrund des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs, siehe Haftungsgrund Zwecke der prozessualen Kostenerstattung 37–51