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German Pages 572 Year 2002
DÖRTE DIEMERT
Der Innenrechtsstreit im öffentlichen Recht und im Zivilrecht
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dömer Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles
Band 145
Der Innenrechtsstreit im öffentlichen Recht und im Zivilrecht Von
Dörte Diemert
Duncker & Humblot . Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfalischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D6 Alle Rechte vorbehalten
© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-10962-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @
Vorwort Entscheidungen über innerorganisatorische Konflikte haben in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ihren festen Platz. Trotz der hohe Praxisrelevanz kann jedoch von rechtsdogmatischer Klarheit nicht gesprochen werden. Uneinigkeit herrscht schon über den Gegenstand der sog. Innenrechtsstreitigkeiten, zu denen teils nur die sog. Organstreitigkeiten, teils aber auch bestimmte mitgliedschaftliehe Klagen gezählt werden. Fragen u. a. nach der Konzeption des innerorganisatorischen Rechtsschutzes und dem Umfang der gerichtlich durchsetzbaren Rechte werden von der Rechtsprechung und der Literatur unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Lösungen zugefiihrt. Die vorliegende Untersuchung nimmt die Diskussion um innerorganisatorischen Rechtsschutz im Bereich des Zivilrechts, insbesondere des Aktienrechts, zum Anlaß, Grundfragen der Innenrechtsstreitigkeiten vergleichend zu untersuchen. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2002 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfiilischen-Wilhelms Universität zu Münster als Dissertation angenommen wurde. Sie wurde mit dem Harry-Westermann-Preis ausgezeichnet. Das Manuskript der Arbeit wurde im Dezember 2001 abgeschlossen; neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur konnten darüber hinaus noch bis Juli 2002 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Janbernd Oebbecke, der die Arbeit thematisch angeregt und mit kompetentem Rat betreut hat. Er hat mich während meiner Tätigkeit zunächst als studentische Hilfskraft an der HeinrichHeine Universität zu Düsseldorf, später als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kommunalwissenschaftlichen Institut der Westfalischen-Wilhelms Universität zu Münster vielfiiltig fachlich gefördert und unterstützt. Zu herzlichem Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Prof. Dr. Ingo Saenger fiir die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und Herrn Prof. Dr. Werner Hoppe rur seine Diskussionsbereitschaft. Dankbar bin ich weiterhin den Herausgebern, Frau Prof. Dr. Ursula Ne/les und Herren Prof. Dres Dirk Ehlers und Heinrich Dörner, rur die Aufnahme in die Schriftenreihe, sowie dem Freundeskreis Rechtswissenschaft e. V. fiir die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Bedanken möchte ich mich schließlich bei Herrn Ste/an Plettendorff und Frau Dr. Anke Freisburger rur die kritische Durchsicht des Manuskripts. Meinen Eltern, Frau Lieselotte und Herrn Dr. Klaus Diemert, die mich während all der Jahre liebevoll begleitet haben, widme ich diese Arbeit. Münster, im November 2002
Dörte Diemert
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................
23
Erster Teil Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
§I
§2
34
Der Begriff des Innenrechtsstreits ...............................................................
34
I.
Innenrechtsstreitigkeiten und Organstreitigkeiten.....................................
34
11. Die Unterscheidung von Außen- und Innenrecht......................................
35
I. Die historische Entwicklung, insb. die sog. Impermeabilitätstheorie .
36
2. Die heutige Bedeutung der Unterscheidung .......................................
40
3. Stellungnahme ....................................................................................
43
III. Die Rechtssubjektivität der Organisation..................................................
51
I. Der traditionelle Begriff der Rechtsfähigkeit............................... .......
51
2. Die Lehre von der Relativität der Rechtstahigkeit..............................
54
a) Der Inhalt der Lehre ............................. ........................................
54
b) Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität.......................................
56
c) Die Rezeption im öffentlichen und im Zivilrecht.........................
57
3. Rechtssubjektivität und Rechtspersönlichkeit ....................................
61
IV. Zwischenergebnis .....................................................................................
64
Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits ......................................................
68
I.
Die Rechtsbereiche öffentliches und privates Recht.................................
70
I!. Die Unterscheidung von Organisationen öffentlichen und privaten Rechts .......................................................................................................
71
1. Die materiellen Abgrenzungskriterien ................................................
72
8
Inhaltsverzeichnis a) Die Innehabung hoheitlicher Gewalt............................................
73
b) Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und Interessen............
73
2. Das formelle Abgrenzungskriterium...................................................
80
3. Die historische Entwicklung der Unterscheidung...............................
83
III. Zwischenergebnis .....................................................................................
85
Zweiter Teil
Innenrechtssubjekte
§3
§4
90
Das Organ .................. ........................................................................ ............
90
I.
Überblick und Terminologie.....................................................................
90
11. Der Meinungsstand im öffentlichen Recht........................ ........................
93
I. Die Entwicklung des OrganbegrifTs....................................................
93
a) Der OrganbegriffWolffs ..............................................................
93
b) Die Kritik am Organbegriff: Die Organisation als Zurechnungseinheit...........................................................................................
94
c) Die Relativität der Organschaft ...................................... ..............
96
2. Die Zurechnungsendsubjektivität der Organe ....................................
97
III. Der Streitstand im Zivilrecht ....................................................................
99
I. Das traditionelle Organverständnis.....................................................
100
2. Neuere Ansätzen auf dem Boden der Lehre von der Teilrechtsfiihigkeit......................................................................................................
103
IV. Stellungnahme ..........................................................................................
107
Die Mitglieder................................................................................................
III
I.
Der Streitstand im öffentlichen Recht.......................................................
III
I. Streitigkeiten um die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid.............................................................................................
III
a) Ausdrückliche landesgesetzliche Regelungen ..............................
113
b) Die Rechtslage ohne ausdrückliche gesetzliche Vorgaben - Der Streitstand.....................................................................................
114
aa) Die Organqualität der Vertretungspersonen...........................
115
bb) Das Bürgerbegehren als Entscheidungsträger ........................
116
Inhaltsverzeichnis
9
cc) Bürgerbegehren und Bürgerentscheid als Bündelung bürgerschaftlicher Mitwirkungsrechte im Außenverhältnis..............
118
2. Die Abwehrklage des Bürgers ............................................................
121
a) Die Entwicklung der Rechtsprechung ..........................................
122
b) Kritik und alternative Begründungsansätze..................................
126
3. Zusammenfassung ..............................................................................
132
11. Der Streitstand im Zivilrecht ....................................................................
134
1. Streitigkeiten um Hauptversammlungskompetenzen ..........................
135
2. Die Abwehrklage des Gesellschafters.................................................
137
a) Die Abwehrklage als Gesellschafterklage ....................................
137
b) Die abgeleitete Gesellschafterklage..............................................
140
c) Die Gesellschafterklagen aus eigenem Recht...............................
144
aa) Die deliktsrechtlichen Modelle ..............................................
144
bb) Die verbandsrechtlichen Modelle...........................................
145
(I) Der verbandsrechtlich-organschaftliche Lösungsansatz...
146
(2) Der verbandsrechtlich-mitgliedschaftliche Lösungsansatz...................................................................................
149
d) Integrative Lösungsmodelle durch Einbeziehung von Organund Mitgliederklagen ...................................................................
153
3. Zusammenfassung..............................................................................
157
In. Stellungnahme ..........................................................................................
159
1. Die Abgrenzungsstrategien: Organ begriff oder Interessenschutz .......
160
a) Die Rechtslage bei Organstreitverfahren auf Bundes- und Landesverfassungsebene .... .................................................................
160
b) Abgrenzung anhand eines formellen und apersonalen Organ begriffs.............................................................................................
165
c) Die funktionale Unterscheidung anhand der Interessenlage.........
167
2. Das Mitglied und seine Mitwirkungsrechte ........................................
171
a) Zur Vergleichbarkeit ...................... .... ................................ ...... ....
171
aa) Die Mitgliedschaft in privaten und in öffentlich-rechtlichen Verbänden..............................................................................
171
bb) Die Relativierung der MitgliedsteIlung des Aktionärs. ...... ....
173
10
§5
Inhaltsverzeichnis b) Die Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte ...................................
174
aa) Die Behandlung der Mitgliedschaftsrechte im Zivilrecht.......
175
bb) Die Behandlung der Mitgliedschaftsrechte im öffentlichen Recht......................................................................................
176
(I) Das Wahlrecht in der Status-Lehre Jellineks ...................
178
(2) Der Wähler als Inhaber eines apersonalen Amtes? ..........
180
3. Die Tauglichkeit der Abgrenzungskriterien........................................
182
a) Die Abgrenzung anhand eines formellen, apersonalen Organbegriffs .........................................................................................
182
aa) Das mitgliedschaftliche Wahl- und Stimmrecht auf der Schnittstelle von Herrschaft und individueller Freiheit..........
183
bb) Ergebnis: keine apersonale Anknüpfung mitgliedschaftlicher Mitwirkungsrechte..........................................................
189
b) Die funktionale Abgrenzung anhand der Interessenbindung........
191
c) Ergebnis.......................................................................................
192
Die Organmitglieder .....................................................................................
195
I.
Streitstand im öffentlichen Recht..............................................................
196
1. Einfuhrung..........................................................................................
196
a) Die Trennung von Amt und Amtswalter ......................................
196
b) Die Beteiligtenfähigkeit im Rahmen des Organstreits ..................
197
2. Die Anknüpfung an ein institutionalisiertes apersonales internes Funktionssubjekt ........................................................ ........................
20 I
3. Die Entwicklung zu einer personalen Anknüpfung ............................ 204 II. Streitstand im Zivilrecht ............................................................ ...............
212
I. Einfuhrung..........................................................................................
213
a) Die rechtlichen Beziehungen des Organmitglieds zu Organisation und Amt ................................................................................
213
b) Die Partei fähigkeit im Organstreit................................................
216
2. Die personale Anknüpfung................................................................. 218 a) Die traditionelle Auffassung.........................................................
219
b) Die Vertreter eines neueren Organverständnisses ........................
221
Inhaltsverzeichnis
11
3. Die Anknüpfung an ein institutionalisiertes apersonales internes Funktionssubjekt ........................................................................... .....
222
III. Stellungnahme ..........................................................................................
224
1. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ........................... .... .....
224
2. Der prozessuale Testfall: Wechsel der natürlichen Person bei Innenrechtsstreitigkeiten..............................................................................
227
a) Der Diskussionsstand zu Gemeinderats- und Aufsichtsratsmitgliedern. ............................. ...........................................................
228
aa) Der Personalwechsel bei Gemeinderatsmitgliedern .... ...... .....
228
bb) Der Personalwechsel bei Aufsichtsratsmitgliedern ................
231
b) Die prozessualen Konsequenzen einer apersonalen Anknüpfung
232
aa) Die permanent existenten Funktionssubjekte .............. ...........
232
(I) Das Beispiel Bundestag bzw. Landtag.............................
233
(2) Übertragbarkeit auf sonstige Innenrechtsstreitigkeiten ....
235
bb) Die periodisch existenten Funktionssubjekte .........................
238
(1) Das Beispiel der Fraktion.................................................
239
(2) Übertragbarkeit auf sonstige Innenrechtsstreitigkeiten ....
241
c) Die prozessualen Konsequenzen einer personalen Anknüpfung..
243
aa) Der Abgeordnete zwischen Amt und Status...........................
244
(I) Inkorporation des Abgeordneten in den Staat..................
247
(2) Die Pflichten bindung des Abgeordneten .................. .......
249
(3) Der Abgeordnete als Inhaber eines öffentlichen Status....
253
bb) Der Personal wechsel bei Abgeordneten.................................
256
d) Übertragbarkeit der personalen Anknüpfung auf sonstige Innenrechtsstreitigkeiten.............................................................. ..........
262
aa) Die Übertragbarkeit aufGemeinderatsmitglieder...................
263
(I) Die Anwendbarkeit parlamentsrechtlicher Grundsätze im kommunalen Bereich .......... ........................................
263
(2) Grundrechte und Amtsprinzip..........................................
268
bb) Die Übertragbarkeit auf Aufsichtsratsmitglieder....................
269
3. Übertragbarkeit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Personalwechsel.................................................................................
271
12
Inhaltsverzeichnis a) Die objektive Funktion des verfassungsgerichtlichen Organstreitverfahrens ........................... ..................................................
272
b) Gewaltenteilende Aspekte bei anderweitigen Innenrechtsstreitigkeiten........................................................................................
275
c) Ergebnis und prozessuale Konsequenzen.....................................
277
Dritter Teil
Rechtsschutzkonzeptionen rur den Innenrechtsstreit
§6
279
Innenrechtsstreitigkeiten als Streit um subjektive Rechtspositionen ........
280
I.
Die besondere Problematik des subjektiven Rechtsschutzmodells ...........
280
I. Das subjektive öffentliche Recht im herkömmlichen Sinn und seine Bedeutung...........................................................................................
280
2. Andersartigkeit der Innenrechtspositionen .........................................
281
11. Ansätze im öffentlichen Recht..................................................................
282
I. Subjektive Rechte im Innenbereich ...... ............................. .................
283
2. Begründung der subjektiven Rechtsschutzkonzeption .. .....................
284
a) Das Kriterium der Popularklage...................................................
284
b) Herleitung aus dem verfassungsrechtlichen Organstreit...............
285
3. Kriterien der Subjektivierung .............................................................
287
a) Die Interessentheorien..................................................................
287
b) Das Definitionselement "Interesse" als Zwecksetzung.................
290
c) Die Kompetenz als entscheidendes Kriterium..............................
295
d) Die Kritik an den rechtstechnischen Ansätzen .............................
297
e) Grundrechtsanreicherung .............................................................
299
f)
Auffassung der Rechtsprechung...................................................
301
111. Ansätze im Zivilrecht................................................................................
303
I. Subjektive Rechte im Innen bereich ........... .........................................
303
2. Begründung der subjektiven Rechtsschutzkonzeption .......................
306
3. Kriterien der Subjektivierung .............................................................
308
IV. Zusammenfassung.....................................................................................
312
§7
§8
§9
Inhaltsverzeichnis
\3
Innenrechtsstreitigkeiten als objektives Kontrollverrahren .......................
314
I.
Ansätze im öffentlichen Recht..................................................................
314
11. Ansätze im Zivilrecht................................................................................
316
1. Objektive Kontrolle im Wege des zivilgerichtlichen Organstreits......
316
2. Die Beschlußkontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen.............
318
a) Der Funktionärsklagecharakter der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen von Aktionären ................................................... .......
320
b) Der Funktionärsklagecharakter der Klagen von Vorstandsund Aufsichtsratsmitgliedern........................................................
324
3. Die Beschlußkontrolle von Aufsichtsratsbeschlüssen ........................
325
111. Zusammenfassung.....................................................................................
331
Innenrechtsstreitigkeiten im Wege der Prozeßstandschaft........................
333
I.
Ansätze im öffentlichen Recht............................ .................. ...... ..............
334
11. Ansätze im Zivilrecht................................................................................
335
IH. Zusammenfassung....................................................................... ..............
340
Stellungnahme zu den verschiedenen Konzeptionen des Innenrechtsstreits ................................................................ ........ .................... ..................
342
I.
Die prozeßstandschaftlichen Lösungen...... ........................ .......................
342
11. Subjektives oder objektives Rechtsschutzmodell......................................
346
I. Die vermeintliche Parallele zum Verfassungsorganstreit ...................
346
2. Der Ausschluß der "Popularklage" .....................................................
349
3. Die Funktion der Verwaltungsprozesses ............................................
352
4. Die Funktion des Zivilprozesses.........................................................
355
111. Zwischenergebnis .....................................................................................
356
Vierter Teil Die Subjektivierung von Innenrechtspositionen
§ 10 Die herkömmlichen Kriterien des subjektiven Rechts................................ I.
357 357
Das Kriterium des Individualinteressenschutzes.......................................
357
1. Interessenpluralität innerhalb von Organisationen .............................
357
14
Inhaltsverzeichnis 2. Eigene Interessen der Organe im Wege der Interessenrepräsentation
358
3. Das Interesse als rein menschliche Eigenschaft..................................
360
4. Der Begriff des subjektiven Rechts als Ursprung des Widerspruchs..
362
5. Die generelle Tauglichkeit des Interessenkriteriums ..........................
366
11. Das Kriterium der Rechtsmacht................................................................
369
I. Zum veränderten Verhältnis von Kompetenz und subjektivem Recht
373
2. Die ermächtigende Norm....................................................................
375
3. Die Zuordnung ...................................................................................
381
§ t t Der Zweck der Norm ....................................................................................
384
I.
Rechtssatz- und Grundrechtsabhängigkeit der subjektiven Rechte...........
386
I. Die Grundrechtsbindung des Gesetzgebers auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts.............................................................................
386
2. Die Grundrechtsbindung des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Privatrechts.........................................................................................
389
11. Innerorganisatorische Geltung der Grundrechte .......................................
392
I. Grundrechtsgeltung im Innenbereich staatlicher Organisationen .......
392
a) Grundrechtsgeltung in Sonderverbindungen ................................
394
b) Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren ................
396
2. Grundrechtsgeltung im Innenbereich zivilrechtlicher Organisationen 401 111. Auswirkungen innerorganisatorischer Grundrechtsgeltung ......................
404
I. Der gesetzgeberische und richterliche Spielraum .....................................
404
2. Die Subjektivierung der Kompetenzordnung............................................
406
3. Ergebnis....................................................................................................
412
Fünfter Teil
Innerorganisatorische Streitkonstellationen - Zwei Streitfragen
§ 12 Die mitgliedschaftliche Abwehrklage........................................................... I.
417 417
Die zwei Begründungswege der Abwehrklage ... .............. ......... ........ .......
418
I. Die Begründung der Abwehrklage im öffentlichen Recht............ ......
418
2. Die Begründung der Abwehrklage im Zivilrecht................................
419
Inhaltsverzeichnis
15
11. Der organisationsrechtliche Begründungsansatz ......................................
420
1. Allgemeines Abwehrrecht gegen gesetz- und satzungswidrigem Verbandshandeln................................................................................
421
2. Abwehrklage bei Verletzungen von Mitgliedschaftsrechten ..............
425
a) Rechtslage im öffentlichen Recht und im Zivilrecht ....................
426
b) Stellungnahme..............................................................................
428
IlI. Der grundrechtlich-freiheitliche Ansatz....................................................
433
1. Die Begründung der Mitgliedschaft ...................................................
434
2. Kompetenzverletzungen und -verlagerungen .....................................
435
a) Die dogmatische Erfassung mittelbar-faktischer Grundrechtsbeeinträchtigungen ...........................................................................
436
b) Verbandsstruktur und Autonomie des Mitgliedes ........................
438
c) Unterschreitung des Schutzminimums .........................................
440
IV. Ergebnis...................... .......................................................................... ....
444
§ 13 Rechtmäßigkeits- und Kompetenzkontrolle durch Organmitglieder ........ 445 I.
Streitstand im öffentlichen Recht..............................................................
445
1. Organ interne Rechtmäßigkeitskontrolle durch Ratsmitglieder ...........
447
a) Grundsatz: Keine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle ................
447
b) Beispiele umstrittener Subjektivierung.........................................
450
aa) Die Vorschriften über die Sitzungsöffentlichkeit...................
450
bb) Das Stimmrecht: Zählwert oder Erfolgswert..........................
453
2. Organexterne Rechtmäßigkeitskontrolle durch Ratsmitglieder ..........
458
a) Kontrolle aus abgeleitetem Recht (Prozeßstandschaft) ................
458
b) Kontrolle aus eigenem Recht........................................................
463
11. Streitstand im Zivilrecht ...........................................................................
469
1. Organ interne Rechtmäßigkeitskontrolle .............................................
469
a) Rechtmäßigkeitskontrolle im Aufsichtsrat....................................
469
b) Rechtmäßigkeitskontrolle in der Hauptversammlung...................
471
c) Sitzungsöffentlichkeit und Erfolgswert der Stimme.....................
472
16
Inhaltsverzeichnis 2. Organexterne Rechtmäßigkeitskontrolle durch Aufsichtsratsmitglieder.......................................................................................................
474
a) Kontrolle aus abgeleitetem Recht.................................................
476
aa) Die Kontrollbefugnisse des Gesamtaufsichtsrats ...................
476
bb) Prozeßstandschaft der Aufsichtsratsmitglieder.......................
478
b) Kontrolle aus eigenem Recht........................................................
483
aa) Herleitung aus §§ 116, 93 AktG.............................................
484
bb) Herleitung aus § 245 Nr. 5 AktG ...........................................
485
cc) Herleitung aus den Mitwirkungsrechten (Holzmüller-Rechtsprechung)..............................................................................
487
III. Stellungnahme ..........................................................................................
489
I. Die organ interne Rechtmäßigkeitskontrolle .......................................
489
a) Grundsatz: Keine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle ................
489
b) Subjektivierung der Vorschriften über die Sitzungsöffentlichkeit 491 c) Subjektivierung des Erfolgswerts der Stimme..............................
496
2. Die organexterne Rechtmäßigkeitskontrolle.......................................
498
a) Überwachungs- und Kontrollrecht der Organmitglieder ..............
498
b) Prozeßstandschaft der Organmitglieder........................................
499
c) Verletzung eigener Mitwirkungs- und Teilhaberechte .................
502
IV. Zusammenfassung.. ...................................................................................
512
Gesamtergebnis....................................................................................................... 513 Zusammenfassung der Ergebnisse in Leitsätzen ..................................................
518
Literaturverzeichnis ...............................................................................................
538
Sachwortverzeichnis............................................................................................... 566
Abkürzungsverzeichnis a. A. AcP AtP
AG AG AG AktG allg. a.M. Anm. AO AöR Art.
AS AT Aufl. BaWü Bay BayObLG BayVB\. BB Bd. Besch\. BetrVG 52 BGB BGH BGHZ BörsG Brandbg Brem BSG 2 Diemert
anderer Ansicht Archiv rur die civilistische Praxis Archiv rur Presserecht Aktiengesellschaft Amtsgericht Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz allgemein anderer Meinung Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Amtliche Sammlung Allgemeiner Teil Auflage Baden-Württemberg, baden-württembergisch Bayern, bayerisch Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Der Betriebs-Berater Band Beschluß Betriebsverfassungsgesetz v. 11.10.1952/15.1.1972 Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Börsengesetz v. 27.5.1908 Brandenburg Bremen, bremisch Bundessozialgericht
18
Abkürzungsverzeichnis
BT
Besonderer Teil
Bürger\.
Bürgerlichen
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BWG
Bundeswahlgesetz
BWVPr.
Baden-Württembergische Verwaltungspraxis
d.
des /der
DB
Der Betrieb
DJT
Deutscher Juristentag
DÖV
Die öffentliche Verwaltung
DV
Deutsche Verwaltung
DVB\.
Deutsches Verwaltungsblatt
DVP
Deutsche Verwaltungspraxis
DZWir
Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrechtl Deutsche Zeitschrift rur Wirtschafts- und Insolvenzrecht
Einf
Einführung
Entsch.
Entscheidung
ESVGH
VGH Kassel
EuZW
Europäische Zeitschrift ftlr Wirtschaftsrecht
EvStL
Evangelisches Staatslexikon
EWiR
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
f.fff.
folgende
Fn
Fußnote
FS
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GO
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GS
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HbdGR
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HbdStR
Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland
Abkürzungsverzeichnis Hess
Hessen, hessisch
HGO
Hessische Gemeindeordnung
HkWP
Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis
HSGZ
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INF
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JA
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Jura (Zeitschrift)
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KommunalO
Kommunalordnung
19
KomWG
Kommunalwahlgesetz
KSVG
Kommunalselbstverwaltungsgesetz
KVM-V
Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommem
LG
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Landes- und Kommunalverwaltung
MDR
Monatsschrift rur Deutsches Recht
MittBayNot
Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Berlin
Mot
Motive
Münch.
Münchener
M-V
Mecklenburg-Vorpommem
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
Nds; nds
Niedersachsen, niedersächsisch
NdsVBI.
Niedersächsische Verwaltungsblätter
NJ
Neue Justiz
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NRW
Nordrhein-Westfalen
NVwZ
Neue Zeitschrift rur Verwaltungsrecht
NVwZ-RR
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungs-Report
NWVBI.
Nordrhein-westflilische Verwaltungsblätter
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
NZS
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20
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OVG
Oberverwaltungsgericht
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PersV
Die Personal vertretung
RdJB
Recht der Jugend und des Bildungswesens
RhPf
Rheinland-Pfalz, rheinland-pflilzisch
Rn
Randnummer
ROHG
Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts
S.
Seite, Siehe
s.
siehe
Saarl, saarl
Saarland, saarländisch
sächs.
sächsisch
SachsAn
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Sachsen
SächsVBI.
Sächsische Verwaltungsblätter
SchlH
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SGB
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StuGR
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v.
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Verf.
Verfasser /in
VerfDH
Verfassungsgerichtshof
VerwArch
Verwaltungsarchiv
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
Vorb.
Vorbemerkung
VR
Verwaltungsrundschau
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfD
Verwaltungsverfahrensgesetz
WiB
Wirtschaftsrechtliche Beratung - Zeitschrift rur Wirtschaftsanwälte und Unternehmensjuristen
Abkürzungsverzeichnis WissR WiVerw
21
Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, Wissenschaftsförde-
rung
Wirtschaft und Verwaltung
WM
Wertpapier-Mitteilungen
WuB
Entscheidungen zum Wirtschafts- und Bankenrecht
z.
zum / zur
ZaöRV
Zeitschrift rur ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
ZG
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ZGR
Zeitschrift rur Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZHR
Zeitschrift rur das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift rur Wirtschaftsrecht
ZZP
Zeitschrift rur Zivilprozeß
Im übrigen wird verwiesen auf Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Autl., Berlin 1993.
Einleitung "Der Wunsch, sich zusammenzuschließen und überindividuelle Vereinigungen zu bilden, ist ein Grundelement sozialen Lebens". Das BedUrfuis, "überindividuelle Organisationen zu schaffen", gehört "zu jeder höheren Kultur". I Wenn viele Menschen zu einer gewillkUrten sozialen Einheit zusammengefaßt und ihre gemeinsamen Angelegenheiten wahrgenommen werden sollen, bedarf es stets einer Organisation, die bestimmt, von wem und aufweIche Weise diese Angelegenheiten wahrzunehmen sind. 2 Trotz einer solchen Organisation kann es - ebenso wie in allen anderen Bereichen menschlichen Zusammenlebens innerhalb einer auf diesem Wege gebildeten Einheit zu Streitigkeiten über die Aufgabenverteilung und -wahrnehmung kommen. Soweit die innerorganisatorische Aufgabenverteilung rechtlich geregelt ist, kann von einem internen Rechtsstreit gesprochen werden. Solche internen Streitigkeiten sind insbesondere aus dem Bereich des Kommunalverfassungsrechts3 , des Hochschulverfassungsrechts 4 und des Rechts der Rundfunkanstaltens - um nur einige Beispiele zu nennen - bekannt, finden sich
Weick, in: Staudinger, BGB, Einl. zu §§ 21 ff., Rn 6. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 71 I a) (S. 2). 3 Krebs, Jura 1981, 569 (570) nennt den Kommunalverfassungsstreit das "bekannteste Beispiel rur den verwaltungsrechtlichen Organ streit" - s. u. a. OVG Hamburg, Urt. v. 12.6.1985 - Bf. V 38/84 -, in: DVBl. 1986, 242 ff.; VG Kassel, Urt. v. 13.1.1988III/4 E 2259/86 -, in: NJW 1989, 415 ff.; VGH Kassel, Urt. v. 7.6.1977 - 11 OE 95/75 -, in: DVBl. 1978, 821 ff.; OVG Münster, Urt. v. 16.7.1991 - 15 A 1429/88 -, in: NWVBl. 1992, 17 ff.; VG Bremen, Urt. v. 28.6.1994 - 1 A 107/92 -, zitiert bei Röper, VR 1995, 436. 4 OVG Berlin, Urt. v. 23.1.1975 - OVG VB 47.73 -, in: DÖV 1975,571 f.; OVG Münster, Urt. v. 30.8.1985 -15 A 706/82 -, in: NVwZ 1986,851 f.; OVG Münster, Urt. v. 9.12.1988 - 15 A 271/86 -, in: NWVBl. 1990, 11 f.; VGH Kassel, Urt. v. 15.6.19846 OE 10/83 -, in: WissR 15 (1985), 96 ff.; s. hierzu Fink, WissR 1994, 126 ff.; Heinrich, Verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten im Hochschulinnenbereich, 1975; Ewald, WissR 3 (1970), 35 ff.; Ewald. WissR 4 (1971), 269 ff.; Fuss, WissR 5 (1972), 97 ff.; HojJmann-Becking, DVBl. 1972,299 ff.; Zimmerling, Organ streitigkeiten innerhalb der Hochschule, 1976; Alberts, WissR 12 (1974), 50 ff.; Bremer, WissR 10 (1977), 1 ff.; Franzke, DÖV 1972, 851 ff. 5 OVG Bautzen, Beschl. v. 7.3.1997 - 3 S 129/97 -, in: SächsVBl. 1997, 268 ff.; OVG Münster, Urt. v. 24.1.1995 - 5 A 1746/91 -, in: NWVBl. 1995,223 ff.; OVG Hamburg, Entsch. v. 19.5.1993 - Bs III 555/92 -, unveröffentlicht (Juris); s. auch Püttner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 131. I
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aber auch in anderen Bereichen6 • Die Gerichte sehen keine Bedenken, die ursprünglich zum Kommunalverfassungsstreitverfahren entwickelten Grundsätze wegen der gleichen Interessenlage auch auf Streitigkeiten im innerorganisatorischen Bereich nichtkommunaler öffentlich-rechtlicher Körperschaften 7 und sonstiger öffentlich-rechtlicher Organisationen8 anzuwenden. Entscheidungen Uber innerorganisatorische Konflikte, insbesondere Organstreitigkeiten9 , haben in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ihren festen Platz. lo Sie wurden einem praktischen BedUrfuis folgend von der Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickelt ll und zählen 6 s. u. a. zu Streitigkeiten innerhalb einer Jagdgenossenschaft OVG Münster, Urt. v. 30.10.1957 - IV A 1043/55 -, in: OVGE MüLü 13, 82 (83 f.); innerhalb einer Zahnärztekammer OVG Münster, Urt. v. 18.1.1973 - XIII A 237/70 -, in: OVGE MüLü 28, 208 ff.; innerhalb einer Landwirtschaftskammer OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.1957 - III OVG A 62/57 -, in: OVGE 12, 414 ff.; innerhalb einer Industrie- und Handelkammer OVG Münster, Urt. 1.9.1989 - 15 A 2584/86 -, in: OVGE 41, 229 ff.; zwischen den Vorsitzenden zweier Gerichtskammern VGH Kassel, Beschl. v. 7.8.1978 - VIII TL 1/78 -, in: ESVGH 28, 223 f. u. BVerwG, Urt. v. 28.11.1975 - BVerwG VII C 47.73 -, in: BVerwGE 50, 11 ff.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.10.1999 - X ARZ 247/99 -, in: NJW 2000, 80 (81); zwischen Mitglied und Präsidenten des Präsidiums eines Sozialgerichts über die Behandlung eines organinternen Beschlußantrages VGH Mannheim, Urt. v. 5.12.1978 - X 2676/78 -, in: DÖV 1980, 573 f. u. schließich zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Schiedsgerichtsurteil v. 21.5.1973, DÖV 1973, 852 ff.; zu letztem Schotz, DÖV 1973, 843 ff. 70VG Münster, Urt. v. 18.1.1973 - XIII A 237/70 -, in: OVGE MüLü 28, 208 (209); aus neuerer Zeit: OVG Münster, Beschl. v. 2.9.1997 - 15 A 2770/94 -, in: NWVBI. 1998, 149 mit Verweis auf BVerwG, Beschl. v. 9.10.1984 - 7 B 187.84 -, in: NVwZ 1985, 112(113). 8 s. z. B. Organstreitverfahren im Verwaltungsrat einer Stadtsparkasse OVG Münster, Urt. v. 18.8.1989 - 15 A 2422/86, in: NVwZ-RR 1990, 101 ff.; zur Anwendung der Grundsätze des Organstreitverfahrens auf Kompetenzkonflikte im Arztkassenrecht Schnapp, NZS 1997, 152 ff. u. im Schulrecht Staube, RdJB, 1978, 188 ff. - Kritisch zu der "über den bisherigen Rechtsstand hinausgehenden Rechtsfortbildung" Püttner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen VerwaItungsrichtertag 1980, S. 13 I ff. 9 Zur Begriffsverwendung s. ausfiihrlieh unter § 1 I. 10 Papier, DÖV 1980, 292 spricht davon, daß dem verwaltungsgerichtlichen Organstreit inzwischen ein "fester Platz innerhalb der verwaItungsprozessualen Rechtsschutzinstitute" zukomme. 11 Die erste Entscheidung erging vom OVG Lüneburg, Urt. v. 1.9.1950 -11 A 306/50 -, in: OVGE MüLü 2, 225 (229 f.) zu Streitigkeiten innerhalb eines Kreises. Dieses Urteil kann als Geburtstunde der später unter der Bezeichnung "Kommunalverfassungsstreit" bekannt geworqenen Organ streitigkeiten auf Kommunalebene bezeichnet werden; vgl. OVG Münster, Urt. v. 4.4.1962 - III A 1122/61 -, in: OVGE, 17,261 (262). Andere Obergerichte folgten dieser Rspr. s. 0 VG Münster, Urt. v. 30.10.1957 - IV A 1043/55 -, in: OVGE 13, 82 ff.; Urt. v. 2.2.1972 - III A 887/69 -, in: OVGE 27, 258 ff.; OVG Koblenz, Urt. v. 8.3.1965 - 6 A 22/64 -, in: AS 9, 335 (336 f.); BVerwG, Beschl. v. 8.12.1955 - BVerwG I B 8.55 -, in: BVerwGE 3, 30 ff.; s. Bethge, DVBI. 1980, 309, der von der "prätorischen Leistungskraft der Verwaltungsgerichtsbarkeit" spricht u. Buchwald, Organstreit, S. 13. - Gemeindeinterne Streitigkeiten wurden auch schon vor Einfiihrung der Generalklausel unter der Herrschaft des Enumerationsprinzips
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zum gesicherten Instrumentarium des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes l2 • Trotz dieser hohen Praxisrelevanz kann jedoch von rechtsdogmatischer Klarheit immer noch kaum gesprochen werden: 13 Sowohl hinsichtlich der Grundlagen als auch in Bezug auf Einzelfragen bestehen in Rechtsprechung und Lehre nach wie vor erhebliche Meinungsverschiedenheiten, von denen hier nur einige beispielhaft genannt seien. Uneinigkeit besteht schon über die statthafte Klageart. 14 Während zu Beginn der Diskussion um Organstreitigkeiten ein Verfahren "sui generis" angenommen wurde,15 wird inzwischen auf die Klagearten der VwGO zurUckgegriffen l6 . Ganz überwiegend werden - mangels Außenwirkung innerorganisatorischer Maßnahmen - nicht Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage 17, sondern allgemeine Leistungsklage l8 oder die Feststellungsklage 19 rur statthaft gehalten. 20 Diskutiert wird darUber hinaus die analoge Anentschieden; s. Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 31, 33; Bethge, HkWP 11, S. 176; Bonk, Organstreitigkeiten, S. 19 ff.; a. A. OVG Münster, Urt. v. 4.4.1962 -111 A 1122/61-, in: OVGE 17,261 ff. 12 Papier, DÖV 1980,292; Krebs, Jura 1981, 569 (571). J3 Dogmatischen Nachholbedarf konstatieren Friauf, Der Staat 9 (1979), 223 (228); Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (275 f.); Hoppe, NJW 1980, 1017; Krebs, Jura 1981,569 (571); Püttner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 130; Fehrmann, NWVBI. 1989, 303 (306). 14 s. hierzu u. a. die Darstellung von Lerche, in: FS Knöpfte, S. 175 ff. 15 OVG Münster, Urt. v. 4.4.1962 - III A 1122/61 - OVGE 17,261 (263); OVG Münster, Urt. v. 29.3.1967 - III A 1084/63 -, in: OVGE MüLü 23, 124 (126); OVG Münster, Urt. v. 2.2.1972 - III A 887/69 -, in: OVGE MüLü 27, 258 (260); ove Münster, Urt. v. 18.1.1973 - XIII A 237170 -, in: OVGE MüLü 28, 208 (209); vgl. auch VG Frankfurt, Urt. v. 28.1.2000 -7 E 100/98 -, in: HSGZ 2000,379 (381). 16 OVG Koblenz, Urt. v. 18.4.1966 - 6 A 16/65 -, in: AS 10,55 (56); VGH Kassel, Urt. v. 7.6.1977 - 11 OE 95175 -, in: DVBI. 1978, 821 (822); OVG Berlin, Urt. v. 11.5.1983 - OVG 3 B 30.82 -, in: OVGE 17, 12 (13); OVG Münster, Urt. v. 17.12.1976 - XV A 1584174 -, in: OVGE MüLü 32, 192 (194). 17 So aber Streinz, BayVBI. 1983,744 (747); Obermayer, BayVBI. 1967, 122 (123); Kopp/Schenke, VwGO, Vor § 40 Rn 7; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 21 Rn 12; auch Fehrmann, NWVBI. 1989, 303 (304) u. Jockisch, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 68 f., halten in Ausnahmet1ille die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fllr zulässig. - Martensen, JuS 1995, 1077 und Schnapp, VerwAreh 78 (1987), 407 (445) halten eine Außenwirkung fllr möglich, da quasi "von außen", d.h. von einem fremden Kompetenzbereich her, in innerorganisatorische Rechtspositionen eingegriffen werde. 18 SO Z. B. OVG Hamburg, Urt. v. 12.6.1985 - Bf. V 38/84 -, in: DVBI. 1986,242. 19 SO Z. B. VGH Kassel, Urt. v. 7.6.1977 - 11 OE 95175 -, in: DVBI. 1978,821 (822); VGH Kassel, Urt. v. 10.3.1981- 11 OE 12/80-, in: NVwZ 1982,44 (45). 20 OVG Koblenz, Urt. v. 8.3.1965 - 6 A 22/64 -, in: AS 9, 335 (338); OVG Koblenz, Urt. v. 18.4.1966 - 6 A 16/65 -, in: AS 10, 55 (57); VG Chemnitz, Beschl. v. 22.5.2000 - 1 K 741100 -, in: SächsVBI. 2000, 195 (196) m. w. N.; Stahl, DVBI. 1972, 764 (771 0; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 128 ff.; Krebs, Jura 1981, 569 (580); Papier, DÖV 1980, 292 (298); Schoch, JuS 1987, 783 (788); Wengenroth, Gemeinderatsmit-
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wendbarkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage21 und die Frage, ob Verwaltungsgerichte im Rahmen solcher Streitigkeiten zur Kassation befugt sind,22 welche regulär nur bei der Anfechtungsklage möglich ist. Weiterhin ist strittig, ob zur Vermeidung von Popularklagen23 bei Organstreitigkeiten das Erfordernis glieder, S. 202; Fromm, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 18; Jockisch, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 70 ff., 97 tf. 21 Für die (doppelte) Analogie: Ehlers, NVwZ 1990, 105 (107); Ehlers Jura 2001, 415 (419); Stumpf, BayVBI. 2000, 103 (107); 1. Schmidt, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, § 113 Rn 109; a. A. hingegen die h. M.: VGH München, Urt. v. 10.12.1986 - Nr. 4 B 85 A.916 -, in: BayVBI. 1987,239 (240) m. w. N.; VGH München, Urt. v. 29.7.1987 - Nr. 4 B 86.01352 -, in: BayVBI. 1988, 16; Erichsen/Biermann, Jura 1997, 157 (162); Bauer/Krause, JuS 1996, 411 (415); Wengenroth, Gemeinderatsmitglieder, S. 203 ff; Rozek, JuS 1995,414 (416); Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn 71; Spannowsky, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 113 Rn 139; Pietzker, in: Schoch/Schmidt-AßmannlPietzner, VwGO Vorb § 42 Abs. I Rn 18; wohl auch Gerhardt, in: Schoch/SchmidtAßmannlPietzner, VwGO, § 113 Rn 106 ff., der eine Anwendung der allg. Feststellungsklage gern. § 43 VwGO befürwortet, aber für eine Anwendung des in § 113 Abs. I Satz 4 VwGO enthaltenden Rechtsgedankens des "Fortsetzungsbonus" im Rahmen des Feststellungsinteresse ist; offengelassen von VGH München, Urt. v. 22.6.1983 - Nr. 4 B 80 A.1769 -, in: BayVBI. 1984, 79 - Neuerdings scheint der VGH München die analoge Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in Betracht zu ziehen, denn er führt im Urt. v. 28.4.1995 - Az. 4 B 94.2561 -, in: BayVBI. 1995,661 (662), aus, daß ein "Antrag auf Feststellung nach Erledigung der Hauptsache analog § 113 Abs. I Satz 4 VwGO" vom Kläger nicht gestellt wurde. - Anders als bei Kommunalverfassungsstreitigkeiten hat die Rspr. bei (erledigten) Wahlanfechtungsklagen teilw. eine analoge Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zugelassen, obwohl Wahlen ebenfalls keinen Verwaltungsakt darstellen sollen; vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 20.1.1977 - 1 R 104/76 -, in: DVBI. 1977, 1000 (1001); a. A. VG Braunschweig, Urt. v. 15.6.1972 -I A 16/72 -, in: DVBI. 1973,47 mit abI. Anm. v. Bettermann. 22 Befürwortend VGH München, Urt. v. 28.4.1995 - Az. 4 B 94.2561 -, in: BayVBI. 1995,661 (662) m. w. N.; Urt. v. 29.7.1987 - 4 B 86.01352 -, in: BayVBI. 1988, 16 f m. w. N.; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.8.1978 - 11 A 196/76 -, in: DÖV 1979, 170; VGH Kassel, Urt. v. 15.6.1984 - 6 OE 10/83 -, in: WissR 1985, 96 (97); OVG Lüneburg, Urt. v. 1.9.1950 - 11 OVG A 306150 -, in: OVGE 2, 225 (232 f.); Schwarplys, Die allgemeine Gestaltungsklage als Rechtsschutzform gegen verwaltungsinteme Regelungen am Beispiel der Kommunalverfassungsstreitigkeiten, 1996; Strahl, Allgemeine Gestaltungsklage, insb. S. 107 ff.; Heermann, Gemeinderatsbeschluß, S. 298; Bethge, in: HKWP 11, S. 187: Graf, BayVBI. 1982, 332 ff.; Stumpf, BayVBl. 2000, 103 ff.; Jokkisch, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 119 ff.; vgl. auch Lerche, in: FS Knöptle, S. 182 ff.; a. A. VGH Mannheim, Urt. v. 26.10.1972 - 1366172 -, in: ESVGH 23, 203 (205); Preusche, NVwZ 1987, 854 (856), Wengenroth, Gemeinderatsmitglieder, S. 201; Gern, VBIBW 1989,449 (450); Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 42 Abs. 1 Rn 20; Erichsen, in: FS Menger, S. 232; Schoch, JuS 1987, 783 (788 f); Fehrmann, NWVBl. 1989,303 (305); - s. die Darstellung des Streitstandes bei Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-AßmannlPietzner, Vorb § 42 Abs. 1 Rn 20 u. speziell zum Hochschulverfassungsstreit Alberts, WissR 12 (1974), 50 (55 f.). 23 VGH Mannheim, Urt. v. 18.1.1988 - 1 S 1036/87 -, in: VBIBW 1988, 407; Beschl. v. 4.11.1993 -1 S 953/93 -, in: NVwZ-RR 1994,229; OVG Lüneburg, Urt. v. 11.10.1960 - V OVG A 80/60 -, in: OVGE 16, 349 (350 f); OVG Münster, Urt. v. 2.2.1972 - III A 887/69 -, in: OVGE 27, 258 (263 ff.); Bethge, in: HkWP 11, S. 183; s. auch Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rn 25.
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der Klagebefugnis zur Anwendung kommt24 und wie subjektive Rechte im Innenbereich zu begründen sind 25 . Außerdem herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Beteiligtenflihigkeit im Rahmen von Organstreitigkeiten zu begründen ist26 und welche Auswirkungen die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenrechtsstreitigkeiten auf den einstweiligen Rechtsschutz hae 7• Unterschiedliche Auffassungen bestehen schließlich über die Abgrenzung der Innen- von den Außenrechtsstreitigkeiten, so bei der Frage, ob ggf. auch mitgliedschaftliche Klagen zu den Innenrechtsstreitigkeiten zu zählen sind,28 was insbesondere bei Klagen anläßlich von kommunalen Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden29 deutlich wird.
24 So die h. M. s. etwa BVerwG, Besch!. v. 22.12.1988 - 7 B 208/87 -, in: NVwZ 1989,470; Besch!. v. 3.2.1994 -7 B 11/94 -, in: NVwZ-RR 1994, 352; OVG Koblenz, Urt. v. 29.8.1984 - 7 A 19/84 -, in: NVwZ 1985, 283; OVG Lüneburg, Urt. v. 11.10.1960 - V OVG A 80/60 -, in: OVGE 16,349 (350f.); OVG Münster, Urt. v. 2.2.1972 - III A 887/69 -, in: OVGE 27, 258 (263 ff.); VGH Mannheim, Urt. v. 18.1.1988 -1 S 1036/87 -, in: VBIBW 1988,407; VGH Mannheim, Besch!. v. 1.9.1992 - 1 S 506/92 -, in: Der Landkreis 1993, 186; Besch!. v. 4.11.1993 - 1 S 953/93 -, in: NVwZ-RR 1994,229; Urt. v. 13.3.2000 - 1 S 2441/99 -, in: VBIBW 2000, 322; Knöppel, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 100; Fehrmann, NWVB!. 1989, 303 (305) m. w. N.; Bethge, in: HkWP 11, S. 183; Redekerlvon Oertzen, VwGO, § 42 Rn 25; Nachw. zur Gegenauffassung bei Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 292 ff. u. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn 362. 25 s. unten § 6 11. 3. 26 s. unten § 5 I. I. b). - Zur Bedeutung der Beteiligtenfllhigkeit im Rahmen von Organstreitigkeiten s. Püttner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 135; Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 43 ff.; s. auch Hoffmann-Becking, DVB!. 1972, 299 ff.; insb. zur Beteiligtenfllhigkeit von Fakultäten Franzke, DÖV 1972,851 (852 f.). 27 s. OVG Münster, Besch!. v. 12.6.1992 - 15 B 2283/92 -, in: DVB!. 1993, 212 (213); OVG Münster, Besch!. v. 20.7.1992 - 15 B 1643/92 -, in: OVGE 43, 81 (87); VGH Kassel, Besch!. v. 30.10.1986 - 2 TG 2890/86 -, in: NVwZ 1988, 81; VG Frankfurt, Besch!. v. 2.6.1982 - VIII1 G 2764/82 -, in: NVwZ 1983,373 (374); OVG Bautzen, Besch!. v. 07.03.1997 - 3 S 129/97 -, in: SächsVB!. 1997, 268 (270); OVG Bautzen, Besch!. v. 15.08.1996 - 3 S 465/96 -, in: LKV 1997,229 f.; Bracher, NWVB!. 1994, 409; s. auch die Zusammenstellung bisher unveröffentlichter Rechtsprechung von Fehrmann, NWVB!. 1989,303 (308 f.). 28 Vg!. VG Dessau, Urt. v. 18.05.1995. 1 A 76/94 -, in: LKV 1996,77, weIches die Klage einer Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft gegen den Beschluß des Gemeinschaftsausschusses nicht als Kommunalverfassungsstreit ansah, weil die klagende Gemeinde keine organschaftlichen Rechte geltend mache, sondern mitgliedschaftliehe Rechte wahrnehme. 29 Für die Annahme einer Außenrechtsstreitigkeit: VGH Kassel, Urt. v. 14.7.1988 - 6 UE 296/85 -, in: NVwZ-RR 1989, 574 f.; VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; a. A. Innenrechtsstreit: VG Darmstadt, Besch!. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 (157); OVG Koblenz, Besch!. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995, 411 (412); OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.1996 - 7 A 12861/95 -, in: NVwZ-RR 1997, 241; OVG Lüneburg, Besch!. v. 27.5.1998 - 10 M 1723/98 -, in: NdsVB!. 1998, 240; VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 -
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Diese Uneinigkeit über die prozessualen Voraussetzungen und den Gegenstand von Innenrechtsstreitigkeiten beruht zum Teil darauf, daß verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten anders als der verfassungsrechtliche Organstreit, der in Art. 93 I Nr. I GG und in den §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG seine prozessuale Verankerung und rechtliche Prägung erfahren hat, auch nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung am 21.01.1960 nicht ausdrücklich gesetzlich normiert sind. 30 Da die Verwaltungsgerichtsordnung auf den Rechtsschutz des Bürgers gegen die Exekutive, also auf sog. Außenrechtsstreitigkeiten, zugeschnitten ist, weisen Innenrechtsstreitigkeiten eine Vielzahl von Grund- und Detailproblemen auf, die ihre Einpassung in das System der Verwaltungsgerichtsordnung erschweren. 31 Die literarische Auseinandersetzung mit dieser Thematik fand ihren Höhepunkt in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der VwGO und dem Verwaltungsrichtertag 1980, auf dem der Versuch unternommen wurde, dem Gesetzgeber einen Regelungsvorschlag zu unterbreiten. 32 Diesem Unterfangen war - nach wie vor basiert der Innenrechtsstreit allein auf von Rechtsprechung und literatur erarbeiteten Grundsätzen - kein Erfolg beschieden. Nach dem öffentlich eingestandenen Fehlschlag33 nahm das Interesse an der Diskussion zeitweilig ab. Nach wie vor beschäftigen sich jedoch wissenschaftliche Bearbeitungen mit dieser rechtlichen Problematik; erst kürzlich hat Roth die Fragestellungen der
4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998, 90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; VG Hannover, Urt. v. 23.2.2000 - 1 A 3488/99 -, in: NdsVBI. 2001, 101; rur Streitigkeit zwischen Organen bzw. "Quasi"-Organen: VGH Mannheim, Urt. v. 13.4.1993 - 1 S 1076/92 -, in: NVwZ-RR 1994, 110; VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - 1 A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); OVG Münster, Beschl. v. 15.11.1996 - 15 B 2861/96, NVwZ 1997,816; OVG Greifswald, Beschl. v. 24.7.19961 M 43/46 -, in: NVwZ 1997,306 (307); VGH München, Urt. v. 18.3.1998 - Az. 4 B 97.3249 -, in: BayVBI. 1998,402 (403); VG Köln, Urt. v. 3.9.1999-4 K 2849/97 -, in: NWVBI. 2000, 269 - s. im übrigen § 4 I. I. b). 30 s. Kopp/Schenke, VwGO, § 1 Rn 8 - Eine gesetzliche Regelung findet sich allein in § 63 Abs. 2 Satz 3-5 HGO. 31 Lerche, in: FS Knöpfte, S. 174; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (441); Hoppe, Organ streitigkeiten, S. 33,124; Hoppe. NJW 1980, 1017 (\017 0; Hoppe, DVBI. 1970, 845; Bethge, DVBI. 1980, 309 (310); Bethge, DVBI. 1980, 824; Tsatsos, Organ streit, S. 46; Krebs, Jura 1981, 569 (571,577). 32 Püttner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 129 ff.; Brossok, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 139 ff.; s. auch die Nachlese bei Bethge, DVBI. 1980, 824 f. u. Papier, DÖV 1980, 292 ff. 33 Bethge, DVBI. 1980, 824, schreibt, daß sich im Gegenteil auf dem Verwaltungsrichtertag gezeigt habe, "in welch fundamentalen Positionen teilweise noch kontroverse Auffassungen bestehen und wieviel dogmatische Basis- und Filigranarbeit noch vonnöten ist, um halbwegs konsensflihige und weiterfiihrende Ergebnisse zu erzielen".
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verwaltungsrechtlichen Organstreitigkeiten zum Thema seiner Habilitationsschrift gemacht. 34 Allerdings beschränken sich diese Bearbeitungen auf den Bereich des öffentlichen Rechts und konzentrieren sich auf Streitigkeiten zwischen und innerhalb von Organen, während mitgliedschaftliche Klagen regelmäßig ausgeklammert werden. 35 In der rechtswissenschaftlichen Diskussion im Zivilrecht, insbesondere in der Rechtsprechung und der Literatur zum Aktienrecht, werden aber vermehrt Prozeßkonstellationen behandelt, die im öffentlichen Recht schon länger unter der Bezeichnung Organstreitigkeiten bekannt sind. Anders als im öffentlichen Recht wurde im Zivilrecht lange Zeit keine grundsätzliche Diskussion um das Problem der Rechtsnatur und der Klagbarkeit von Kompetenzen von Organen und Organmitgliedern privatrechtlicher Organisationen gefiihrt. Bei den privatrechtlichen Körperschaften standen weniger die Rechte der Organe als vielmehr die Rechte der Mitglieder - bei der Aktiengesellschaft die Rechte der Aktionäre - und deren gerichtlicher Schutz im Vordergrund des Interesses. 36 Der Rechtsschutz innerhalb nicht-mitgliedschaftlicher Organe und im Verhältnis nicht-mitgliedschaftlicher Organe zueinander ist dagegen in der Literatur kaum behandelt worden. 3? Dies hat sich im Bereich des Gesellschaftsrechts mit Einfiihrung des Mitbestimmungsgesetzes 1976 geändert. 38 Während bis 1951 der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nur aus Anteilseignervertretern bestand, ermöglichte das Mitbestimmungsgesetz die Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. 39 Insbesondere von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat werden seitdem Rechtsstreitigkeiten um Befugnisse und Pflichten von Organen und Organmitgliedern in der Aktiengesellschaft vor die Gerichte
34 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten - Das subjektive Recht im innerorganisatorischen Verwaltungsrechtskreis und seine verwaltungsgerichtliche Geltendmachung, Berlin 2001. 35 s. stellvertretend Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 493 f. Fn 28 mit der Begründung, die ARAG-Garmenbeck-Rspr. des BGH, Urt. v. 21.4.1997 - 11 ZR 175/95 - (ARAG/Garmenbeck - 3. Instanz), in: BGHZ 135, 244 (248), beruhe "weniger auf präszisen dogmatischen Ableitungen aus der Orgastellung der klageberechtigten Aufsichtsratsmitglieder als vielmehr auf Besonderheiten des Gesellschaftsrecht" und sei aus diesem Grunde "nicht auf die Organe und Organteile juristischer Personen des öffentlichen Rechts übertragbar". 36 Lewerenz, Leistungsklagen, S. 16 tT. m. w. N. 37 Lewerenz, Leistungsklagen, S. 16 f. 38 Lewerenz, Leistungsklagen, 1977; Häsemeyer, ZHR, 144 (1980), 265; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 ff.; Säcker, NJW 1979, 1521 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 ff.; Lutter, AcP 180 (1980),84 (130 tT.). 39 Zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer nach dem MontanmitbestG 1951 (ergänzt 1956), dem MitbestG 1976 u. dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 s. den Überblick bei Büdenbender, JA 1999,713 (716 tT.).
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getragen. 40 Seit diesen Klagen und einer ersten breiter angelegten Untersuchung durch Lewerenz41 im Jahr 1977 werden die Streitkonstellationen unter dem Stichwort "Organklagen" oder "Organ streitigkeiten" im Schrifttum zum Aktienrecht sehr kontrovers behandelt. 42 Bei ihrer Behandlung stehen Rechtsprechung und Literatur vor ähnlichen konstruktiven Problemen, wie sie sich im öffentlichen Recht ergeben. Strittig ist insbesondere, ob Organe Träger innerorganisatorischer Rechte sein43 und auf welchem Wege diese von ihnen durchgesetzt werden können44 • Diskutiert werden weiterhin die inter- und intraorganschaftlichen Befugnisse von Organmitgliedern; umstritten ist hier insbesondere, unter weIchen Voraussetzungen ein Organmitglied zu einer Kontrolle der Organbeschlüsse befugt ist. 45
40 s. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.10.1973 - 6 U 131/72 - (Bayer - 2. Instanz); in: WM 1973, 1425 ff. (Klage eines Arbeitnehmervertreters gegen die Aktiengesellschaft auf Feststellung der Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses, durch welchen ein totales Schweigegebot der Aufsichtsratsmitglieder in der Geschäftsordnung festgelegt wurde); LG Köln, Urt. v. 13.7.1976 - 30 121/76 - (Feiten u. Guilleaume), in: AG 1976, 329 (Klage eines Arbeitnehmervertreters gegen das Zusammenwirken des Vorstandes mit einem - in der Satzung nicht vorgesehenen - sog. Aktivitätsausschuß, dessen Mitglieder von den bei den HauptaktionäTen entsandt worden sind, mit der Begründung, die Aufsichtsratssitzungen würden damit zu einer reinen Formalie). 41 Lewerenz, Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft, Berlin 1977. 42 Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. u. AktG, 2. Aufl., Vorb. § 76 Anm. 4 bezeichnet die Vorstellung der Aktiengesellschaft als eines Streitverbandes eigenberechtigter Organe unter Einschaltung der Gerichte als ein "Schreckbild". - Ein Überblick über die Entwicklung im Aktienrecht findet sich u. a. bei Landrock, Innenrechtsstreit, S. 41 ff.; Borgmann, Organ streit, S. 1 ff., Hauswirth, Organ streitigkeiten, S. I ff., 8 ff.; Bork, ZGR 1989, 1 (3). 43 s. zur Diskussion um die Rechtsträgerschaft der Informationsrechte aus § 90 AktG Poseck, OB 1996,2165 (2166) m. w. N.; zum Vereinsrecht Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn 1791 - Im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich nur wenige Ansätze rur einen Organstreit; s. hierzu Schütz, Sachlegitimation, S. 116. 44 Zu denkbaren Kompetenzverletzungen zwischen Organen der Aktiengesellschaft s. z. B. Timm, AG 1980, 172 (185); Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 239 ff. - Zum Vereinsrecht, in dem Streitigkeiten zwischen Organen soweit ersichtlich bisher noch nicht gerichtlich entschieden worden sind, vgl. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn 1791; s. auch zum Stiftungsrecht Hof, in: Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrecht, § 9 Rn 48 u. zu vergleichbaren Streitkonstellationen bei Rechtsstreitigkeiten des Betriebsrats Raab, Rechtsschutz des Betriebsrats, S. 148. 45 Zum Aktienrecht s. u. a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.\0.1973 - 6 U 131/72 (Bayer-2.lnstanz), in: WM 1973, 1425 ff.; LG Köln, Urt. v. 13.7.1976-30121/76(Feiten u. Guilleaume), in: AG 1976, 329 mit Anm. HommelhojJ/Timm, AG 1976, 330 ff.; LG Mainz, Urt. v. 1.4.1977 - 11 HO 4/77 -, in: WM 1977, 904 ff. mit Anm. Mertens AG 1978, 309 ff.; Timm, AG 1980, 172 (185); zum Vereinsrecht: BGH, Urt. v. 14.3.1968 - II ZR 52/66 - , in: BGHZ 49 (1968), 369 (398), der eine Rechtsverletzung des Mitglieds eines Geschäftsausschusses verneinte, da die Streitfrage sich ohne eine Entscheidung der Mitgliederversammlung noch im Vorfeld interner, vereinsrechtlich
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Schließlich ist auch in der zivilrechtlichen, insb. der aktienrechtlichen Diskussion umstritten, wie das Verhältnis zwischen Organstreitigkeit und sog. mitgliedschaftlicher Abwehrklage, mit welcher mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte und die Kompetenzen des mitgliedschaftlichen Organs geschützt werden sollen, zu bestimmen ist. Während hier teilweise eine "Standortbestimmung der Aktionärsklage im System des aktienrechtlichen Organstreits..46, und ein beide Konfliktsituationen integrierendes Klagemodell47 verlangt wird, sieht die überwiegende Auffassung in mitgliedschaftsrechtlichen Klagen Außenrechtsstreitigkeiten, die der Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten in der Hauptversammlung dienten, und nicht die besonderen Charakteristika und Probleme des aktienrechtlichen Organstreitverfahrens aufwiesen. 48 Bei der Suche nach Lösungsansätzen zur Bewältigung des - zumindest im Aktienrecht relativ neuen "Phänomens" der Organstreitigkeiten - greift insbesondere das Schrifttum in großem Umfang auf Rechtsprechung und Literatur zum Organstreit im öffentlichen Recht zurück und entwickelt die hier aufgezeigten Ansätze auf der Basis der bestehenden aktienrechtlichen Dogmatik fort49 • Dies läßt es 5innvoll erscheinen, die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur im öffentlichen Recht und im Zivilrecht, insbesondere ihre gegenseitige Beeinflussung50 nachzuzeichnen und vergleichend zu untersuchen. Von dem im Wege eines Vergleichs zu gewinnenden Standpunkt aus lassen sich möglicherweise gemeinsame Strukturen erkennen, auf die bei der Beantwortung von Einzelfragen in der Diskussion um den Innenrechtsstreit in beiden Rechtsberei-
noch unverbindlicher Auseinandersetzung befinde; a. A. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rn 1790, der eine Beschlußkontrolle bei Verletzung organschaftlicher Rechte rur möglich hält; so auch zur Kontrolle von Beschlüssen eines Stiftungskuratoriums BGH, Urt. v. 14.10.1993 - III ZR 157/91 -, in: NJW 1994, 184 (185). 46 Rehbinder, ZGR 1983,92 (106); so auch Westermann, ZGR 1984,352 (378). 47 Landrock, Innenrechtsstreitigkeiten, S. 3 tT.; 73 tf. 169 tf.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Plugradt, Leistungsklagen, 3 tf., 63 f. u. S. 156, der annimmt Aktionärsklagen lägen auf der Schwelle zwischen einern Innenrechtsstreit und einern gewöhnlichen Außenrechtsstreit, da die Kläger zwar als natürliche Personen, zugleich aber auch wie ein Organ der Gesellschaft handelten; Teichmann, in: FS Mühl, S. 633 tf. behandelt beide Problembereich zusammen, ohne die Abgrenzungsfrage zu erörtern. 48 Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311 Fn 204); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d (S. 430); K. Schmidt, JbFfSt 1989/90, 182 (183); Raiser, AG 1989, 185 (186 f.); Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 5 u. 29. - s. unten § 4 11. 49 s. z. B.Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 323 f., welche die Rechsstellung der Mitglieder einer Deligiertenversammlung in Anlehnung an die RechtssteIlung von Gemeinderatsmitglieder konstruieren will. so s. z. B. OVG Münster, Beschl. v. 9.7.1999 - 8 B 1089/99 -, nicht veröffentlicht, welches die Übertragung der zivilrechtlichen Rspr. zur Beschlußkontrolle durch Aufsichtsratsmitglieder auf den Verwaltungsrat einer Stadt-Sparkasse abgelehnt hat.
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chen zurUckgegriffen werden kann. Dabei ist zunächst Bedenken gegen den Vergleich als Untersuchungsmethode entgegenzutreten. Der Vergleich verschiedener Normen einer Rechtsordnung mit dem Bemühen, diese zueinander in Beziehung zu setzen und aufeinander abzustimmen oder rechtstheoretische Erkenntnis zu gewinnen, gehört zum "täglichen Bemühen" eines Juristen 51 . Vergleichen zielt darauf ab, die Gemeinsamkeit hinter allen Einzeldivergenzen zu sehen;52 es bezweckt neben der kontrastierenden Darstellung u. a. dogmatische Aufhellung, Systematisierung und ggf. Ermittlung allgemeiner Rechtsprinzipien und gilt als Grundlage jeder ordnenden Erkenntnis. 53 Voraussetzung rur einen funktionsbezogenen Vergleich ist zunächst die Vergleichbarkeit der Ausgangssituationen: 54 Unvergleichbares läßt sich nicht sinnvoll vergleichen. 55 Als übergeordneter Bezugspunkt (tertium comparationis)56 bietet sich hier der Begriff "Innenrechtsstreit" an. Da sich durch die Fassung des Oberbegriffs das Spektrum der zu vergleichenden Situationen erweitern und begrenzen läßt, hängt schon von seiner möglichst präzisen Formulierung die Tragflihigkeit des Vergleichs ab. Der übergeordnete Bezugspunkt ist mit Rücksicht auf den angestrebten Zweck des Vergleichs zu wählen, anders ausgedrUckt: Bei einem funktionellen Vergleich kann vergleichbar nur das sein, was dieselbe Aufgabe, dieselbe Funktion erfilllt. 57 Im ersten Teil der Arbeit ist deshalb zunächst der Begriff des Innenrechtsstreits (§ 1) und die funktionelle Vergleichbarkeit von Innenrechtsstreitigkeiten im öffentlichen und im Zivilrecht (§ 2) zu klären. Im zweiten Teil gilt das Augenmerk verschiedenen Innenrechtssubjekten, nämlich Organen, Mitgliedern und Organmitgliedern. Anband einer Darstellung des Streitstands zu der Frage, inwiefern diese Subjekte Träger von Rechten und Pflichten innenrechtlicher Natur sind, sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der öffentlich- und zivilrechtlichen Diskussion nachgezeichnet und auf ihre Berechtigung überprUft werden (§ 3 - § 5). Im dritten Teil werden danach die zum Innenrechtsstreit Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § I I (S. 2). Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung § 1 I (S. 2 f.). 53 Zu den verschiedenen Zwecken der Rechtsvergleichung Strebel, ZaöRV 24 (1964),405 (405 f.); s. auch K. Schmidt, in: FS Semler, S. 329. - Auch wenn - mangels Vergleich verschiedener Rechtsordnungen der Welt - keine Rechtsvergleichung im eigentlichen Sinne vorliegt (Zweigert/Kötz, § 1 I [So 2 f.]; Strebel, ZaöRV 24 [1964],405 [406]), unterscheiden sich die Zwecke in diesem Punkte nicht. 54 Rheinsteinlvon Borries/Niethammer, S. 26; PierothiSchlink, Grundrechte, Rn 431. 55 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 11 (S. 33). 56 Zu den Voraussetzungen der Vergleichbarkeit s. PierothiSchlink, Grundrechte, Rn 431 ff. 57 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 II (S.33); Rheinsteinlvon Borries/Niethammer, S. 26. 51
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vorgeschlagenen Rechtsschutzkonzeptionen dargestellt und bewertet. Aufgezeigt wird, auf welchem Wege und mit welchen BegrUndungen Rechtsprechung und Literatur den Innenrechtsstreit entweder als Streit um subjektive Rechtspositionen (§ 6) oder als objektives Kontrollverfahren (§ 7) konstruieren. Behandelt werden auch die unterschiedlichen, insbesondere im Zivilrecht stark vertretenen, prozeßstandschaftlichen Lösungsansätze (§ 8). Im Anschluß an eine Stellungnahme zu den verschiedenen Rechtsschutzkonzeptionen (§ 9) wird im 4. Teil untersucht, welche Kriterien geeignet sind, subjektive Rechtspositionen im Innenbereich von Organisationen zu begründen. Hierbei erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff des subjektiven Rechts (§ 10) und eine ausfUhrliche Stellungnahme zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber - und hilfsweise die Rechtsprechung - innerorganisatorische subjektive Rechte annehmen müssen (§ 11). Abschließend soll anband dieser Ergebnisse rur zwei besonders umstrittene Bereiche des Innenrechts die Existenz subjektiver Rechte näher untersucht werden; nämlich rur mitgliedschaftliche Abwehrklagen (§ 12) und die Rechtmäßigkeits- und Kompetenzkontrolle durch Organmitglieder (§ l3). Die im Rahmen der Untersuchung gefundenen wesentlichen Ergebnisse werden anschließend im Rahmen eines Gesamtergebnisses gewürdigt. Eine Zusammenfassung anband von Leitsätzen beschließt die Arbeit.
3 Diemert
Erster Teil
Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich § 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits Die Frage nach dem "begrifflichen Rahmen" des Innenrechtsstreits, läßt sich nicht losgelöst von der Frage nach Innen- und Außenrecht generell beantworten. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenrecht ist bis heute niCht befriedigend gelöst. Sie ist maßgeblich geprägt durch die historische EntwiCklung, insb. die sog. Impermeabilitätstheorie, weshalb teilweise bezweifelt wird, ob sie heute noch existent ist (unten 11. 1.). Die Abgrenzung selbst ist verquickt mit dogmatisch schwierigen, teilwiese stark umstrittenen und bis heute nicht restlos geklärten Fragen, so z. B. mit der Frage nach der Rechtsnatur der juristischen Person oder des subjektiven öffentlichen Rechts (unten 11.2.). Bevor diesen Gesichtspunkten nachgegangen wird und die Voraussetzungen rur die Annahme von Innenrecht herausgearbeitet werden (unten 11.3. u. III.), soll jedoch zunächst eine begriffliche KlarsteIlung im Verhältnis zu Organstreitigkeiten erfolgen (nachfolgend 1.).
I. Innenrechtsstreitigkeiten und Organstreitigkeiten
Vom Begriff des Innenrechtsstreits umfaßt sind verschiedene recht unterschiedliche Erscheinungsformen von Auseinandersetzungen im InnenbereiCh von Organisationen. Schon in der Einleitung wurde deutlich, daß es um Streitigkeiten von und zwischen Organen, aber auch um Streitigkeiten von Mitgliedern und Organmitgliedern geht. Diesem FacettenreiChtum entsprechen die unterschiedlichen begrifflichen Annäherungsversuche in Rechtsprechung und Literatur. Vielfach wird hierbei der Begriff des Organstreits gebraucht. Dieser impliziert, daß hierunter nur Streitigkeiten zu verstehen sind, an denen Organe oder Organteile beteiligt sind. l Dementsprechend wird in Anschluß an Hoppe2 häufig I OVG Kohlenz, Urt. v. 8.3.1965 - 6 A 22/64 -, in: AS 9, 335 (337); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 25; Fuss, WissR 5 (1972), 97 (98); Schwarplys, Gestaltungsklage, S. 18; Fromm, VR 1979,242; Ewald, WissR 4 (1971), 269 (273); Ritgen, Bürgerbegehren, S. 253; Bauer/Krause, JuS 1996, 411; Bark, ZGR 1989, I (3), der aller-
§ I Der Begriff des Innen rechtsstreits
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zwischen Streitigkeiten zwischen Organen (sog. Interorganstreitigkeit) und Konflikten innerhalb eines Organs (sog. Intraorganstreitigkeiten) als UnterflUlen des Organstreits differenziere. Dem Wortsinn nach ist der Begriff des Innenrechtsstreits allgemeiner als der des Organstreits; er ermöglicht die Erfassung aller Streitigkeiten um Binnenbeziehungen innerhalb von Organisationen, ggf. auch solcher von Mitgliedern und Organmitgliedern4 • Durch die Wahl des "Innenrechtsstreits" als "tertium comparationis" kann folglich der Gefahr einer terminologischen Verkürzung des Sachproblems5 begegnet werden.
11. Die Unterscheidung von Außen- und Innenrecht Die Beschränkung der Untersuchung auf Innenrechtsstreitigkeit macht eine Abgrenzung von Außen- und Innenrecht erforderlich. Obwohl vielfach mit diesen Kategorien gearbeitet wird, wirft ihre definitorische Abgrenzung bis heute immer noch Fragen auf. 6 Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenbereich ist bei allen Organisationen von Bedeutung. 7 Auch im Zivilrecht finden diese "Arbeitsbegriffe"S Verwendung,9 ihren Ausgangspunkt hat die begriffliche dings die Organisation als Organträger (die Aktiengesellschaft) ebenfalls als Beteiligte des Innenrechtsstreits ansieht, was umstritten ist; Bethge, HkWP 11, S. 177; Dolde, FS Menger, S. 435; ErichseniBiermann, Jura 1997, 157 (158); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 51 ff., 57, 59, 91 ff. 2 Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 120; auch Knöppe/, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 94, differenziert schon (1969) zwischen Streitigkeiten zwischen verschiedenen Organen und Streitigkeiten innerhalb eines Organs, ohne allerdings zur Bildung der Begriffe "Interorganstreit" und "Intraorganstreit" zu gelangen. 3 Kritisch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 52 ff., der diese Aufteilung fUr unpräzise und teilweise erläuterungsbedürftig hält. 4 s. VG Schwerin, Beschl. v. 29.6.1999 - I B 573/99 -, in: LKV 2000, 167, welches ausfUhrt, in einem Kommunalverfassungsstreit seien allein die Innenrechtsbeziehungen einer Gemeinde oder ihrer Organe betroffen. 5 Groß, Kollegialprinzip, S. 315; s. auch Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 7 I Rn I (S. 95), der fUr den verfassungsrechtlichen Organstreit darauf verweist, daß GG und BVerfGG fUr dieses Verfahren keinen offiziellen Namen haben. Zwar hätten sich Bezeichnungen wie "Organ streit", "Organstreitigkeit", "Organstreitigkeiten innerhalb des Bundes", "Bundesorganstreit" u. ä. sich eingebürgert, sie benennten aber allein unvollständig und etwas vage - die Streitenden, verrieten aber nichts über den Streitgegenstand. 6 Erichsen, in: FS Menger, S. 214; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (445). 7 Zum Hochschulrecht Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 17 Fn I; zum Stiftungsrecht Ebersbach, Stiftungsrecht, Anm. 1- 7.2 und 7.3. 8 Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 161. 9 S. z. B. Hueck, Gesellschaftsrecht, S. 104, 116 (zur OHG), S. 150, 152 (zur Kommanditgesellschaft), S. 171 f. (zur Stillen Gesellschaft); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
Unterscheidung zwischen Außen- und Innenbereich jedoch Im öffentlichen Recht.
I. Die historische Entwicklung, insb. die sog. Impermeabilitätstheorie Die frUhen Ansätze ftlr die Unterscheidung zwischen Außen- und Innenrechtsverhältnissen reichen in das 18. Jahrhundert zurück, in dem William B1ackstone das Staatsrecht als solches öffentlicher und privater Rechtsverhältnisse zwischen Herrscher und Untertanen darstellte, und zwar noch ohne den Staat selbst als Rechtssubjekt zu begreifen. \0 Dieser Denkansatz wurde in das kontinentaleuropäische Rechtsdenken übernommen und hier in der Beziehung verfeinert, daß die rechtlichen Verhältnisse im Staat in Einzelbeziehungen staatlicher Organe zueinander und zu den Individuen aufgelöst wurden,11 und damit das Fundament ftlr die spätere Unterscheidung von Innen- und Außenrechtsverhältnissen gelegt wurde. In der Folgezeit, genauer im Jahre 1837, wurde vom Göttinger Juristen Albrecht der Vorschlag gemacht, den Staat als juristische Person zu verstehen. 12 Diese Konstruktion wurde bald nach der Jahrhundertmitte zur vorherrschenden Anschauung; mit der allgemeinen Anerkennung der von Gerber und Laband vertretenen formalen Methode der Staatsbetrachtung sogar zum "unangefochtenen Dogma der Staatsrechtslehre,d3. Das Verständnis des Staates als juristische Person war geeignet, den Streit der Prätendenten "Volk" und "Monarch" um die Souveränität zu befrieden, weil es den zentralen Bezugspunkt politischer Herrschaft in eine beide überdachende Ebene verlagerte und somit dem Zugriff beider entzog. 14 Bezugspunkt der Souveränität wurde damit allein der Staat als juristische Person. Die rechtliche Omnipotenz der natürlichen Person des absoluten Landessouveräns wurde schlicht durch diejenige einer auf die Staatsorganisation verengten juristischen Person "Staat" ersetzt. 15 Sie umkleidete nun die § 7 I 3 (S. 179) (zum Innenverhältnis der Verbände) - Des häufigeren wird auch auf die bekannte Unterscheidung im Gesellschaftsrecht zwischen Geschäftsfiihrungsbefugnis (Innenverhältnis) und Vertretungsmacht (Außenverhältnis) verwiesen; so z.B. Rupp, Grundfragen, S. 34; Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 75; Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 23; kritisch Spanner, VerwArch 57 (\ 966), 192 tT. u. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 164. \0 S. Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (386). 11 Haenel, Staatsrecht, S. 96 tT., wo nicht nur fiir den Staat, sondern überhaupt fiir "kooperative Verbände" unterschiedliche Rechtsverhältnisse konstatiert werden. 12 Albrecht, Rezension, in: Göttingische gelehrte Anzeigen 1837, 1489 (1492). 13 Böckenförde, in: FS WoltT, S. 273; s. auch Böckenförde, Gesetz, S. 234 f., 247 f., 256,376. 14 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (278 f.); Böckenförde, in: FS WoltT, S. 290. 15 Rupp, Grundfragen, S. \04.
§ I Der Begriff des Innenrechtsstreits
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isolierte Gesamtheit der völlig heterogenen, vom Volk und dem Monarchen ausgeübten Staatsgewalt und ihre Organisation mit dem Begriff der juristischen Person "Staat", ohne diesen selbst als Organismus der Gemeinschaft aller Bürger zu verstehen. 16 Mit dem Gedanken der Einheit der Staatsgewalt gerieten die komplexen inneren Strukturen, die erst ein planvolles Zusammenwirken staatlicher Funktionen und Organe mit dem Ziel der Herstellung einer Wirkungseinheit ermöglichten, aus dem Blick. 17 Hierin wird das Fundament rur die auf Laband l8 und Jellinek l9 zurückgefiihrte Impermeabilitätstheorie gesehen, wonach die Abgrenzung von Außen- und Innenbereich die Scheidelinie zwischen Recht und rechts freiem Raum sein sol1,20 und deren dogmatische Auswirkungen in der Diskussion um Innenrechtsstreitigkeiten noch heute spürbar sind. 21 Laband und Jellinek verstanden die Funktion des Rechts als "Abgrenzung der Befugnisse und Pflichten der einzelnen Subjekte gegeneinander,,22. Recht setze "seinem Wesen nach eine Mehrheit von Willensträgem voraus, die miteinander kollidieren können". Dementsprechend könnten "Verhaltensmaßregeln, die ein einzelner sich gibt, [ ... ] niemals Rechtsvorschriften sein". Regeln, die sich innerhalb der Verwaltung selbst hielten, die "in keiner Richtung einem außerhalb derselben stehenden Subjekte Beschränkungen auferlegen oder Befugnisse einräumen, ihm nichts gewähren oder nichts entziehen, ihm nicht gebieten und nicht verbieten", seien deshalb keine Rechtsvorschriften. 23 Der Rechtssatzbegriff dieser Lehre war damit definitionsgemäß auf das Außenrechtsverhältnis zwischen Bürger und Staat bezogen und deshalb nicht in der Lage, Beziehungen im Staatsinneren als rechtliche zu erfassen. 24 Ein solcher Rechtssatzbegriff gilt nach heutigem Verständnis im öffentlichrechtlichen Schrifttum als überholt; die Impermeabilitätstheorie wird ausnahms-
16
17
65.
Rupp, Grundfragen, S. 104. Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (279); s. auch Stettner, Kompetenzlehre, S.
Laband, Staatsrecht 11, S. 181. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 194. 20 s. hierzu die ausführliche Darstellung bei Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 165 ff. m. w. N. 21 Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (228); Bethge, DVBI. 1980, 309 (310 f.); Buchwald, Organstreit, S. 147; Lerche, in: FS Knöpfte, S. 174 f.; Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 66 f. 22 Laband, Staatsrecht 11, S. 181. 23 Laband, Staatsrecht 11, S. 181. 24 V gl. Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 22; Hoppe, Organstreitigkeiten. S. 161 ff.; Rupp, Grundlagen, S. 20; Fink, WissR 1994, 126 (127); Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Auft., § 7 A 3 (S. 125 ff.); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 71. 18
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38
I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
los abgelehnt. 2s Die historisch bedingte Funktion dieses Rechtssatzbegriffes in der konstitutionellen Monarchie, nämlich nur die vom Volk "eroberten" und gegen den Staat abgeschirmten Bereiche dem Recht zuzuordnen, während der Staat innerhalb seines Exekutivbereichs von den Schranken des Rechts befreit sei, sei im demokratischen Rechtsstaat hinfällig. 26 Im Zivilrecht kam der sog. Impermeabilitätstheorie nie eine Bedeutung zu. 27 Zwar finden sich Ansätze, die aus der vermeintlichen Parallele zwischen juristischer Person und natürlicher Person rechtliche Schlüsse ziehen: So wurde vertreten, daß die Rechtsnatur des Beschlusses, als "Wille" einer Personenmehrheit, völlig parallel zum Willen einer natürlichen Person zu bestimmen sei, weshalb dem nicht verlautbarten Beschluß wie dem nicht erklärten Individualwillen der Charakter des Rechtsgeschäfts abzusprechen sei. 28 Der Beschluß als Ergebnis der Willensbildung eines Gesellschaftsorgans sei noch keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern zunächst nur ein als Tatsache zu behandelnder innerer Vorgang. 29 Durchgesetzt hat sich jedoch schon bald die Meinung, die den wesentlichen Unterschied des Beschlusses gegenüber dem Willen des Einzelmenschen betonte: 3o Die Stellungnahme des Kollektivs komme - anders als der Wille einer Einzelperson - nur durch ein Zusammenwirken der Organmitglieder zustande und stelle eine neue selbständige Einheit dar, die unmittelbare Rechtswirkung entfalte. 3 ] Einer Rechtsexemtheit des Innenbereichs zivilrechtlicher Organisationen stand außerdem von Anfang an die aus Gläubiger- und
25 Rupp, Grundfragen, S. 19 fT.; Böckenförde, Gesetz, S. 234 fT.; Erichsen, in: FS Menger, S. 214; Schnapp, Arntsrecht und Bearntenrecht, S. 66 tT.; Schnapp, AöR \05 (1980), 243 (244 tT.); Stettner, Kompetenzlehre, S. 65 f.; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 161 tT.; Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (228); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 70 tT.; Neyses, Rundfunkverfassungsstreitverfahren, S. 37 fT.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 154 - 166; Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 20 tT.; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 122; Becker-Birck, Insichprozeß, S. 41 tT.; Bauer, Organklagen, S: 31 f; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 35 tT.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 167 tT. m. w. N. 26 Vgl. Neyses, Rundfunkverfassungsstreitverfahren, S. 39 f; Böckenförde, Gesetz, S. 131; Jesch, Gesetz und Verwaltung, S.90; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 72; Becker-Birck, Insichprozeß, S. 41; Rupp, Grundfragen, S. 110. 27 FOr das Zivilrecht s. u. a.: Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 38 fT.; Lewerenz, Leistungsklage, S. 62 f; Bauer, Organklagen, S. 29 tT, 47 fT.; Bork, ZGR 1989, I (13); s. auch Landrock, Innenrechtsstreit, S. 75 m. w. N., die den rechtlichen Beurteilungsmaßstab für die Funktionsabläufe im Innenbereich in die Organisationsregeln des AktG sieht. 28 So KG, Beschl. v. 16.3.1959 - I W 137/59-, in: NJW 1959, 1445 (1446) m. w. N.; vgl. auch RG, Urt. v. 15.6.1989, in: RGZ 25, 195 (201); RG, Urt. v. 14.1.1907, in: RGZ 65, 91 (93). 29 So KG, Beschl. v. 16.3.1959-1 W 137/59-, in: NJW 1959,1445 (1446). 30 s. hierzu die Nachweise bei Baltzer, Beschluß, S. 177. 31 Baltzer, Beschluß, S. 177.
§ I Der Begriff des Innenrechtsstreits
39
Mitgliederschutzgründen32 erforderliche Verbindlichkeit der Organisationsregelungen entgegen. 33 Damit könnte man auf den Gedanken kommen, auch die Abgrenzung des "Innen"- und "Außenbereichs" als "leere Fassade einer längst versunkenen Staatsrechtslehre" mangels eigenständiger Bedeutung aufzugeben. 34 In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird kritisiert, die "weitergeschleppte" Unterscheidung lasse sich nur mit dem Recht einer "absolutistischen Rechtsstruktur',3S erklären, hinter der die Vorstellung einer vorexistenten, durch rechtliche Schranken zugunsten des einzelnen nur begrenzten Staatsgewalt stehe. 36 Die ganz überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur37 hält demgegenüber an der grundsätzlichen - wenn auch nicht immer trennscharfen - Unterscheidung von Innenbereich und Außenbereich fest. In der systemtheoretischen Unterscheidung beider Sphären sieht sie nicht lediglich eine Folgeerscheinung der Impermeabilitätslehre,38 sondern sie hält diese fiir sachlich berechtigt und dogmatisch fruchtbar. 39 Keine Einigkeit herrscht aber darüber, anhand welcher Kriterien Innenrecht und Außenrecht im einzelnen abgegrenzt werden können. Die geläufige Umschreibung des Außenrechts als das Recht, das die Regelungen der Beziehung Staat - Bürger betrifft, ist nicht trennscharf genug. 40 Rein formale Aspekte, wie die Bezeichnung der Vorschrift, Diktion, Form und Publikation, können zwar als Indizien herangezogen werden,41 allein entscheidende Faktoren bei der Abgrenzung von Innen- und Außenrecht können sie jedoch nicht sein. 42
32 Vgl. Hueck, Gesellschaftsrecht, S. 176 ff. 33 Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 40; zur Haftung bei Verletzung intern auferlegter Beschränkungen durch den Geschäftsführer s. u. a. Mertens, in: Hachenburg, GmbHG, § 37 Anm. 27 fT. 34 Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 168; so auch Jockisch, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 39. 35 Schmidt, Gesetzesvollziehung, S. 44. 36 Schmidt, Gesetzesvollziehung, S. 28, 44; kritisch auch Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 168. 37 Bethge, DVBI. 1980, 309 (314); Erichsen, in: FS Menger, S. 214; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S.I64; Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (40 I); Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 7 A 3 (125 ff.); Krüger, in: FS Smend, 1952, S. 214 ff.; Bachof, in: FS Laforet, S. 285; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 206 ff.; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 117, 122; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (315 Fn 43). 38 Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (401). 39 Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (230); Bethge, DVBI. 1980,309 (314); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 166; s. auch Alberts, WissR 12 BVerwG, Beschl. v. 12.6.1989 - 7 B 123.88 -, in: DVBI. 1990, 153 (1974), 50 (54). 40 Schwabe, JA 1975,45 (48). 41 Schwabe, JA 1975,45 (48).
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
Die verschiedenen materiellen Abgrenzungskriterien verdeutlichen, daß die Gegenüberstellung Innen- und Außenbereich bzw. Innen- und Außenrecht in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet wird. Verknüpfungen finden sich zum Rechtssatzbegriff, zum Begriff des subjektiven Rechts und der Grundrechte, zum Begriff der juristischen Person und zu dem der Organisation. Diese Verknüpfungen sollen kurz aufgezeigt werden (unten 2.), bevor im Rahmen einer Stellungnahme untersucht wird, inwiefern und anhand welcher Kriterien die Abgrenzung von Außen- und Innenbereich vorzunehmen ist (unten 3.).
2. Die heutige Bedeutung der Unterscheidung
Die Zuordnung entweder zum Außen- oder zum Innenrecht wird von einigen gleichgesetzt mit den Regelungsbereichen von Rechtsverordnung bzw. materiellem Gesetz einerseits (Außenbereich) und Verwaltungsvorschriften andererseits (lnnenbereich): Eine Absonderung der Rechtssätze der Verwaltung von der übrigen Rechtsrnasse wird hier teilweise anhand der verfassungsrechtlich statuierten Funktionsbereiche vorgenommen. 43 Abzustellen sei auf die Befugnisnorm, d.h. auf die Erzeugungsregeln, indem festzustellen sei, wer eine Materie verbindlich ordnen könne. 44 Nicht "ein wie immer gearteter Inhalt einer Regelung [lasse] die betreffende Norm zum materiellen Gesetz werden [ ... ], sondern allein die Tatsache, daß sie von einem Träger gesetzgebender Gewalt in Ausübung eben dieser Regelungsgewalt erlassen wurde,,45. Andere verknüpfen das Außenrecht mit dem Geltungsbereich subjektiver öffentlicher Rechte. So sollen Regelungen des Innenrechts, welche Kompetenzen von Organen und Organteilen begründen, keine subjektiven Rechte gewähren. Das subjektive Recht, welches als Ausdruck der Individualität und Freiheit der Person gegenüber dem Staat verstanden wird,46 habe mit innenrechtlichen Regelungen, die der Zusammenordnung einzelmenschlichen Wirkens und Handeins zu einem einheitlichen Wirkungszusammenhang dienten,47 nichts gemein. 48
42 Schwabe, JA 1975, 45 (48); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 177; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 125, der allerdings darauf hinweist, daß die Bezeichnung zwar nicht bei der Qualifikation der Maßnahme, wohl aber ftlr den Rechtsschutz bedeutsam sei. 43 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 168. 44 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 166-183, insb. 180. 45 Hansen, Fachliche Weisung, S. 143 f., 324. 46 Pflugradt, Leistungsklagen, S.29; Wahl, in: Schoch/Schmidt-AßmanniPietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120: "Das subjektive öffentliche Recht ist Ausdruck von Individualtiät und Personalität".
§ 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits
41
Dieselbe Überlegung findet sich z. B. bei der Abgrenzung von Grund- und Betriebsverhältnis von Beamten wieder. 49 Unter dem Grundverhältnis als Außenrechtsverhältnis wird das rechtliche Verhältnis verstanden, in dem Beamte oder sonstige Organwalter als mit eigenen Rechten ausgestattete Rechtssubjekte zu dem Dienstherrn oder Organ stehen, während das Betriebsverhältnis lediglich deren Rolle als Organwalter im Rahmen der Organisation und deren Funktionsabläufe regeln soll (Innenrechtsverhältnis).50 Auch der Rechtsschutz der Gemeinde bei Weisungen der Aufsichtsbehörde basiert auf diesen Überlegungen. Während Weisungen im Rahmen der Rechtsaufsicht über Selbstverwaltungsangelegenheiten Außenwirkung zugeschrieben wird, da diese die Gemeinde als Trägerin des subjektiven Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 GG beträfen, wird die Außenwirkung fachaufsichtlicher Weisungen im Rahmen von Auftragsangelegenheiten von der überwiegenden Auffassung abgelehnt, da diese nur verwaltungsinterne Bedeutung im Verhältnis zwischen vor- und nachgeordneter Behörde erlangten. 51 Auch bei den Begriffsmerkmalen des Verwaltungsakts gern. § 35 Satz I VwVfG wird von einem Großteil von Schrifttum und Rechtsprechung rur die Begründung von "Außenwirkung" darauf abgestellt, ob die Regelung darauf gerichtet sei, in die Rechtssphäre des Betroffenen einzugreifen. Außenwirkung einer Maßnahme wird angenommen, wenn sie ein Rechtssubjekt als Träger eigener subjektiver Rechte betreffe. 52
47 Bäckenförde, in: FS Wolff, S. 303; Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120. 48 OVG Münster, Urt. v. 27.7.1990 - 15 A 709/88 -, in: NVwZ-RR 1991,260 (261); OVG Bautzen, Beschl. v. 31.7.1996 - 3 S 274/96 -, in: NVwZ-RR 1997,665; Bethge, in: HkWP H, S. 183; Erichsen, KommunaIR d. L. NRW, § 7 C (S. 119); WoljJlBachof, VerwaltungsR 11, § 72 I c 5 (S. 17); Fuss, WissR 5 (1972), 97 (111); Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 23 (S. 447-449, S. 452); Kingreen, DVBI. 1995, 1337 (1338 f.); Lüders, RatsausschUsse, S. 88; Bonk, Organstreitigkeiten, S. 87 ff.; Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120. 49 s. Krüger, in: FS Smend, S. 214. 50 Ule, VVDStRL 15 (1957), 133 (151 tT.); Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 119 ff.; s. hierzu Freund, Innenrecht, S. 62 ff.; Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 136 ff. 5\ Vgl. Freund, Innenrecht, S. 40 ff. m. w. N. 52 VGH Kassel, Beschl. v. 23.11.1995 - 6 TG 3539/95 -, in: NVwZ-RR 1996, 409; Bonk, Organstreitigkeiten, S. 108; Kopp, VwVfG, § 35 Rn 47; Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn 7; Martensen, JuS 1995, 1077; Pütfner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 136 f.; Renck-Laujke, BayVBI. 1982, 75; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (445 Fn 171); Schwarplys, Gestaltungsklage, S. 34 f. - So auch zur Frage, ob eine Vorschrift Rechtssatzcharakter hat, vgl. Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 120; Obermayer, VwVfG, § 35 Rn 104; Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 145 f.; Jesch, AöR 84 (1959), 74 (83); vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 9.5.1951 - III A 336/50 -, in: OVGE 5, 28 (35).
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
In dieselbe Richtung geht die zur Frage der Grundrechtsgeltung vertretene Auffassung, wonach eine Berufung auf Grundrechte durch Innenrechtssubjekte nicht möglich sei. 53 Innerorganisatorische Regelungen sollten den Vorgang der Zusammenordnung sichern;54 sie bezweckten nicht den Schutz von Individualinteressen, sondern wiesen einen instrumentalen, pflichtenorientierten Charakter auf. 55 Aufgrund der Zurechnung an die juristische Person werde eine normative Neutralisierung des OrganhandeIns, genauer die Aufspaltung personalen Handelns in individuelle und organisierte Bestandteile, erforderlich. 56 Die scharfe Scheidung von institutioneller und personeller Sphäre soll das gesamte Verfassungsrecht durchziehen. Die Grundrechte werden als prototypische Ausprägung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft angesehen; sie markierten und sicherten - so wird gesagt - die Grenzziehung zwischen grundrechtlicher und demokratischer Freiheitsidee und freiheitlichem und organisatorischem Teil der Verfassung. 57 So wird vom staatlichem Tätigwerden und Staatswillensbildungsprozeß allein im Bereich institutionalisierter StaatIichkeit gesprochen, während die grundrechtlichen Freiheiten lediglich eine Mitwirkung am Volks-, nicht aber am StaatswiIIensbildungsprozeß begründeten, und damit im "Vorfeld des Staatlich-Institutionellen" verblieben. 58 Während die bisherigen Abgrenzungen auf den Hoheitsträger Staat als juristische Person ausgerichtet sind, stellt eine neuere Auffassung den Begriff der Organisation in das Zentrum der Aufinerksamkeit. 59 Nach der von Rupp in Ab53 OVG Münster, Urt. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (160); VerjGH Bayern, Entsch. v. 23.7.1984 - Vf. 15-VII-83 -, in: BayVBl. 1984,747 (749); OVG Münster, Urt. v. 9.12.1988 - 15 A 271/86 -, in: NWVBl. 1990, 11; BVerwG, Beschl. v. 12.2.1988 -7 B 123/87 -, in: NVwZ 1988,837; OVG Münster, Urt. v. 27.7.1990 - 15 A 709/88 -, in: NVwZ-RR 1991, 260 (261); Müller, JuS 1990, 997 (999); Bauer/Krause, JuS 1966, 512 (515); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 348; Schnell, Freie Meinungsäußerung, S. 68 ff.; Betghe, DVBl. 1980, 824 (825); Waechter, Kommunalrecht, Rn 412; Geis, BayVBl. 1992,41 ff.; GramIich, BayVBl. 1989,9 (10). 54 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 29; Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 65; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 71 m. w. N.; s. auch Papier, DÖV 1980,292 (294). 55 Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 65. 56 Scholz/Langer, Stiftung, S. 69, 71 f.; vgl. Betghe, DVBl. 1980, 824 (825); Waechter, Kommunalrecht, Rn 412; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136. 57 s. Rupp, in: HbdStR I § 28 Rn 34 ff. m. w. N.; Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 391; besonders anschaulich Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 (168), der ausfljhrt: "Die Fundamentalalternative des Verfassungsrechts ist damit gekennzeichnet: grundrechtliche und demokratische Legitimation. Alle Lebensäußerungen des grundgesetzlichen Gemeinwesens müssen sich der einen oder der anderen Seite zuordnen lassen. Tertium non datur.". 58 Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 8, 27, 30; Schmitt Glaeser, VVDStRL 31, 179(221 f.). 59 Rupp, Grundfragen, S. 34; Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 6; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 794; Erichsen, in: FS Menger,
§ 1 Der Begriff des Innen rechtsstreits
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grenzung zur Impenneabilitätslehre herausgearbeiteten Definition zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich müssen diejenigen Rechtsbeziehungen als Innenrechtsverhältnis oder Innenbeziehung verstanden werden, die "ausschließlich den organschaftlichen Funktionsablauf zwischen Organwaltern, Organen und Organismus betreffen; als Außenrechtsverhältnis dagegen der Komplex von Rechtsrelationen, durch welche das Verhältnis von Verwaltungsorganisation einerseits zu Subjekten, die nicht in der Wahrnehmung einer Organfunktion begriffen sind, andererseits bestimmt wird,,60. Die Differenzierung zwischen Innenrecht und Außenrecht erfolgt danach anhand einer Betrachtung der Rechtsnonnadressaten;61 entscheidend ist nach dieser Auffassung, ob diese in der Wahrnehmung von Organfunktionen begriffen sind (Innenrecht) oder nicht (Außenrecht). Innenrecht wird angenommen, wenn eine Regelung sich an ein in der Wahrnehmung von Organ funktionen begriffenes Subjekt richtet. 62
3. Stellungnahme
Gegen die Trennung von Innen- und Außenrecht anhand der Frage, ob die Vorschrift im Funktionsbereich der Verwaltung ergangen ist oder nicht, sprechen mehrere inhaltliche Bedenken. Sie widerspricht zunächst dem Grundgedanken, einen Rechtsakt bei seiner Qualifikation materiell und nicht allein anhand der zugrundeliegenden Kompetenznonn zu beurteilen. 63 Die Lösung versagt außerdem dort, wo die Exekutive eine Doppelkompetenz hat. Eine Doppelkompetenz besteht, wenn die Exekutive ein und dieselbe Regelung aufbeide Regelungskompetenzen stützen könnte, wenn ihr also nicht nur die Amts- und Geschäftsleitungsgewalt, sondern auch gesetzgebende Gewalt zusteht. 64 Solche Überschneidungen sind eine notwendige Folge der UndurchfUhrbarkeit einer strikten Gewaltenteilung. In diesem Fall kann die Exekutive zwischen zwei Regelungsgattungen, nämlich der Rechtsverordnung als materiellem Gesetz und
s. 214; vgl. auch Schnapp, AöR 105 (1980), 243 (256 ff.); Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160 ff.; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 132 f. 60 Rupp, Grundfragen, S. 34. 61 Erichsen, in: FS Menger, S. 214; Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (4410; Schnapp, AöR \05 (1980), 243 (250); vgl. auch BVerwG Urt. v. 17.2.1978 -BVerwG 1 C \02.76-, in: BVerwGE 55, 250 (255); Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 132 f.; Rupp, Grundfragen, S. 34, Schwabe, JA 1975,45 (490; vgl. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 794 m. w. N. 62 Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160 f.; Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 18, Friauj. Der Staat 9 (1970), 223 (229); Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 23; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 132 f.; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (314); Fuss, WissR 5 (1972), 97 (\02 f.). 63 Schwabe, JA 1975, 45 (48). 64 Hansen, Fachliche Weisung, S. 268.
44
I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
der Verwaltungsverordnung als Innenrecht wählen. 65 Bei diesem Abgrenzungsund Qualifikationsproblem66 wird von den Vertretern einer an der Befugnisnonn orientierten Abgrenzung dann doch wieder auf fonnelle Kriterien wie "Wortlaut, Diktion und Verkilndungsfonn" abgestellt,67 also auf Kriterien, die mit der Kompetenznonn nichts zu tun haben. Hilfsweise wird von einigen auch auf den Willen der Exekutive abgestellt. 68 Damit wird aber gerade die Auffassung widerlegt, wonach nicht "der Wille der dekretierenden Stelle ilber die Frage der Rechtssatzeigenschaft entscheide,,69, sondern allein eine nach objektiven, verfassungsrechtIich-systematischen Erwägungen vorgenommene Verfassungsinterpretation. 70 Es zeigt sich weiterhin, daß schon die konstitutionelle Staatsrechts Iehre vor dem Problem der Abgrenzung von Rechtsverordnung (Außenbereich) und Verwaltungsvorschrift (Innenbereich) stand/ 1 und auch hier wegen der Doppelkompetenzen der Exekutive keine Abgrenzung anhand der Befugnisnonn vorgenommen werden konnte. 72 Nach der seinerzeitigen Verfassungslage war die Volksvertretung zwar an der Gesetzgebung zu beteiligen, die ausführenden Verwaltungsvorschriften konnten jedoch durch die Filrsten und Regierungen erlassen werden. 73 Das Bemilhen um eine begriffliche Abgrenzung von Gesetz und Verwaltungsverordnung hatte folglich zentrale Bedeutung rur die Abgrenzung der Kompetenzen von Volksvertretung und monarchischer Regierung. Hinzu trat, daß Bilrger sich rur die Begrilndung von AnsprUchen nicht auf bloße Verwaltungsanordnungen berufen konnten, sondern aus deren Verletzung allenfalls SchadensersatzansprUche im Wege der Amtshaftung ableiten konnten. 74 Die Unterscheidung zwischen Rechtsverordnung und Verwaltungsverordnung wurde mit Hilfe der Unterscheidung zwischen fonnellen und materiellen Gesetzen vorgenommen. 75 Unter einem Gesetz im fonnellen Sinne wurde dabei unabhängig vom Inhalt alles verstanden, was in der Fonn eines Gesetzes und Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 177; Hansen, Fachliche Weisung, S. 269. Hansen, Fachliche Weisung, S. 268. 67 Hansen, Fachliche Weisung, S. 269. 68 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 178, der den Willen als Indiz, als "Ausgangspunkt der ,Normenkontrolle''', heranziehen will. 69 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 177. 70 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 177. 71 s. anschaulich Krüger, in: FS Smend, S. 215: "Die Verknüpfung der Unterscheidung von RVo und VA mit dem Unterschied von Außen und Innen beherrscht bis heute Theorie und Praxis." 72 Anschütz, Kritische Studien, S. 2 f., 8 ; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 181. 73 s. ausfilhrlich Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 178 tT. m. w. N. 74 Roth, Verwaltungsrechtliche Organ streitigkeiten, S. 180 f. 75 s. auch Krüger, in: FS Smend, S. 213. 65
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§ 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits
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damit in dem verfassungsrechtlich vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren erging, während das Gesetz im materiellen Sinne gerade in der Anordnung eines Rechtssatzes lag. 76 Rechtsverordnungen wurden, anders als Verwaltungsverordnungen, als Gesetze im materiellen Sinne, als Rechtsnormen, verstanden. 77 Damit verlagerte sich die Abgrenzung auf den Rechtssatzbegriff, und entlang dieser Scheidelinie verlief auch der gerichtliche Rechtsschutz. 78 Da die Definition des Rechtssatzbegriffes mit Hilfe von Kriterien wie Allgemeinheit oder Abstraktheit der getroffenen Regelung fehlschlagen mußte, weil es erstens auch Verwaltungsverordnungen abstrakt-generellen Charakters und zweitens ausnahmsweise auch bloße Individual- und Einzelfallregelungen durch Rechtssätze gab/9 ging das Bestreben Labands und JeIlineks dahin, den Rechtssatz mit Hilfe des verfolgten Regelungszwecks, nämlich der ,,Abgrenzung der Befugnisse und Pflichten der einzelnen Subjekte gegeneinander", zu definieren: 80 "Hat ein Gesetz den nächsten Zweck, die Sphäre der freien Thätigkeit von Persönlichkeiten gegeneinander abzugrenzen, ist es der socialen Schrankenziehung wegen erlassen worden, so enthält es die Anordnung eines Rechtssatzes, ist daher auch ein Gesetz im materiellen Sinne, hat es jedoch irgendeinen anderen Zweck so ist es kein materielles, sondern nur ein formelles Gesetz,,81. Alles Recht ist damit Beziehung von Rechtssubjekten;82 das Recht regelte die Abgrenzung von Sphären der Handlungsfreiheit von Personen. 83 Rechtssätze waren damit zweifellos im Verhältnis verschiedener (natürlicher oder juristischer) Personen zueinander denkbar, aber nicht ohne weiteres im Innenbereich einer juristischen Person. 84 Schon in der konstitutionellen Staatsrechts lehre konnte damit nicht auf das formelle Kriterium der Befugnisnorm zur Qualifizierung des Rechtsakts zurückgegriffen werden. Vielmehr spricht die von Laband und Jellinek vorgeLaband, Staatsrecht II, S. 63 f., 69 f.; Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 231. Laband, Staatsrecht 11, S. 87. 78 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 184. 79 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 184 f. 80 Laband, Staatsrecht II, S. 181 (Hervorhebung im Original); s. auch Krüger, in: FS Smend, S. 213, der auf darauf verweist, daß dadurch, daß das Gesetz "nur noch als ein Modus des staatlichen HandeIns" angesehen wurde und "der moderne Rechtsstaat in dieser Form auch andersartige Aufgaben bewältigt als lediglich die Rechtssetzung", die Voraussetzungen vorlagen, um den Unterschied "zwischen dem Gesetz als Form und dem Rechtssatz als einem - möglichen - Inhalt dieser Form" (wieder)zuerkennen. 81 Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 240; s. hierzu Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 185 m. w. N. 82 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 10; Laband, Staatsrecht I, S. 84; s. Krüger, in: FS Smend, S. 213. 83 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 186. 84 Krüger, in: FS Smend, S. 214; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 186. 76 77
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nommene Abgrenzung fUr eine Verknüpfung der Begriffe Außen- und Innenrecht mit dem der Rechtsperson und - über den Bezug auf die Sphäre der Handlungsfreiheit - mit der Idee grundrechtlieh gewährter bzw. subjektiv-rechtlich geschützter Freiheit. Damit ist aber zunächst die Frage zu beantworteten, inwiefern die von Laband und Jellinek etablierte Abgrenzung zu einer Trennung von Recht und Nichtrecht und damit zu der abzulehnenden 85 Annahme rechtlicher Impermeabilität juristischer Personen fUhrt. 86 Auch wenn die herrschende Lehre im Konstitutionalismus den Rechtssatzbegriff auf das Verhältnis zwischen Rechtssubjekten beschränkte und damit Regelungen, die sich allein im Innenbereich juristischer Personen bewegten, aus dem materiellen Rechtssatz ausnahm, verstand sie den Staat entgegen dem heutigen Eindruck nicht als rechtlich impermeable Person. 87 Diese heute vorherrschende und mit dem Begriff der Impermeabilitätstheorie bezeichnete Annahme hat Roth unter Hinweis auf zwei Umstände widerlegt: Erstens wurde der Rechtssatz in der konstitutionellen Staatsrechtslehre von seinem Zweck und nicht etwa von seinem unmittelbaren Adressatenkreis her definiert. Auch organisationsadressierte Rechtssätze konnte deshalb durchaus Außenwirkung haben, wenn sie ihrem Zweck nach (auch) als Abgrenzung der Rechtssphäre der Bürger gedacht waren. 88 Zwar mußten die Vertreter dieser Abgrenzung von Rechtssatz und Verwaltungsvorschrift einräumen, daß die Unterscheidung im Einzelfall sehr zweifelhaft sein könne: Es gibt "zahlreiche Vorschriften über die Erledigung staatlicher Geschäfte, weIche nach ihrem Inhalte eine doppelte Auffassung zulassen; sie können gedacht werden als bloße Instruktionen fUr Behörden und Beamte, sie können aber auch in dem Sinne aufgefaßt werden, daß dadurch Dritten Rechte und Pflichten erwachsen. [ ... ] Ob nun das Eine oder das Andere gewollt ist, muß durch Interpretation festgestellt werden,,89. Diese Schwierigkeiten ändern aber nichts daran, daß nach dieser Lehre Rechtssätze auch im Innenbereich des Staates existieren konnten. 90 Zweitens ging auch die konstitutionelle Staatsrechts lehre davon aus, daß auch interne Schrankenziehungen im Verhältnis staatlicher Organe zueinander vorgenommen würden und damit Rechtssätze vorlägen. 91 Anders als Anschütz, der Rechtssätze nur im Verhältnis zwischen Personen annahm und deshalb "die ,Ressortverhältnisse' der Behörden wohl durch Normen, nicht aber durch s. oben § I 11. I. Vgl. Krüger, in: FS Smend, S. 216. 87 Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 189. 88 Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 242 ff.; s. Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 189 ff. 89 Laband, Staatsrecht 11, S. 182 (Hervorhebung im Original). 90 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 193. 91 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 189. 85
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§ I Der Begriff des Innenrechtsstreits
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Rechtssätze abgegrenzt" sah,92 ging die überwiegende Auffassung - so auch Laband und Jellinek - davon aus, daß sich die Definition des Rechtssatzes als Schrankenziehung auf alle Einheiten bezog, die in irgendeiner Weise willensund handlungsfähig seien. 93 Sie bezog deshalb auch die Abgrenzung der Organsphären in den Rechtssatzbegriff ein: 94 Organe, Behörden und Beamte stellten "eine Mehrheit von Willensträgem" dar, "unter welchen ,wechselweiser Eingriff, eine Collision, eine Ausgleichung möglich ist"'. "Darum sind denn aber auch diejenigen objektiven Normen, welche die Abgrenzung und Zusammenordnung der im Staate oder im verwaltenden Staate mitwirkenden menschlichen Willenskräfte feststellen, Rechtssätze,,95. Damit wurde der Staat gerade nicht als rechtlich impermeable Person verstanden,% sondern anerkannt, daß "auch die Zuständigkeiten der Organe und der Weg, auf dem ihr Wille sich äußert, [ ... ] durch Rechtssätze festgestellt werden müssen'.97. Unter allen Umständen sei "eine Rechtsordnung dort notwendig, wo mehrere Organe zusammenwirk[t]en, und bei kollegialisch gestalteten Organen, wo der Organwille erst durch einen juristischen Prozeß aus den Aktionen einer Vielheit individueller Willen gewonnen werden" müsse. 98 Allerdings verneinte die seinerzeit herrschende Meinung, daß es sich bei solchen Streitigkeiten um subjektive Rechtsstreitigkeiten handeln könnte. 99 Damit scheint - zumindest historisch gesehen - die Unterscheidung von Außen- und Innenrecht nicht filr den Gegensatz RechtlNichtrecht zu stehen, sondern mit dem Geltungsbereich subjektiver Rechte oder Grundrechte verknüpft zu sein. Damit läge Außenwirkung immer dann vor, wenn eine Maßnahme darauf gerichtet ist, in subjektive Rechte einzugreifen. 100
92 So Anschütz, Kritische Studien, S. 74 f., der weiter ausführt, daß das Recht"seinem Wesen nach nie innerpersönlich" sei, sondem"eine Mehrheit von Personen voraus[setze], zwischen deren Willenssphären es seine Schranken zieht." 93 Laband, Staatsrecht 11, S. 181; Haenel, Das Gesetz, S. 207 f., 231 f.; s. Roth, Verwaltungsrechtliche Organ streitigkeiten, S. 198 ff. 94 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 198. 95 Haenel, Das Gesetz, S. 232 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Jellinek, Allg. Staatslehre, S. 543; Laband, Staatsrecht 11, S. 181. 96 Ausführliche Nachweise bei Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 201 Fn 172. 97 Jellinek, Allg. Staatslehre, S. 543. 98 Jellinek, Allg. Staatslehre, S. 543. 99 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 196 f., 227; Laband, Staatsrecht I, S. 367; s. Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 207 ff. 100 s. Kopp, VwVfG, § 35 Rn 47 m. w. N. u. Obermayer, VwVfG, § 35 Rn \04 (die für die Annahme von Außenrecht bzw. eines Verwaltungsaktes die Rechtsbetroffenheit für ausreichend halten); Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn 71 (die auf die Intention der Behörde abstellen); nicht eindeutig Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn 4.5.1 - Krit. zu der Auffassung, von der Betroffenheit des Bürgers (als Folge einer
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
Konsequenterweise müßte in einem solchen Verhältnis bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG und ein Verwaltungsverfahren gern. § 9 VwVfG angenommen werden. lol Gerade die Frage nach der Rechtsträgerschaft, der Existenz subjektiver Rechte und der Grundrechtsgeltung innerhalb von juristischen Personen ist aber umstritten. Es erscheint fraglich, ob allein aufgrund des Zurechnungsmoments das Handeln in personal-individuelle und organisatorische Bestandteile aufgespaltet werden kann, wie dies insbesondere durch die Unterscheidung zwischen Grund- und Betriebsverhältnis getan wird. Die Fortentwicklung der Verfassungsrechtslehre und insbesondere der Grundrechtstheorie legen es nahe, zu hinterfragen, inwieweit nicht auch das Tätigwerden innerhalb und für die juristische Person Ausdruck der Individualität und Freiheit ist, und ob die - dem Trennungsdenken zugrunde liegende - Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft gerechtfertigt ist. Inwieweit die Trennung zwischen personal-individueller und organisatorisch-institutioneller Sphäre aufrecht erhalten werden kann, ist deshalb anhand einer Untersuchung der innerhalb der Zurechungseinheit tätigen Subjekte festzustellen. 102 Weiter ist zu untersuchen, welche Bedeutung dem Zurechnungsmoment für den Begriff des Innenrechts zukommt, insbesondere inwiefern er allein mit dem Begriff der juristischen Person verbunden ist. Indem die konstitutionelle Staatsrechtslehre die Gesamtheit der von Volk und Monarchen ausgeübten Staatsgewalt und ihrer Organisation mit dem Begriff der juristischen Person umkleidete, gerieten die innere Strukturen, angefangen von der Mitwirkung der Bürger über Wahlen bis zum planvollen Zusammenwirken der staatlichen Organe, die erst die Herstellung einer Wirkungseinheit ermöglichten, aus dem Blick. 103 Der Staat kann jedoch - ebenso wenig wie jede andere juristische Person - allein auf das Einheitsmoment reduziert werden, sondern ist eine vom Recht beherrschte und durchdrungene, historisch, politisch, kulturell oder soziologisch zusammengewachsene Gemeinschaft. 104 Tatsächlich umfaßt der Begriff des Innenrechts beides, sowohl das Moment der (externen) Einheit, als auch das des (internen) Zusammenwirkens: Die Begriffe "Innen" und "Außen" sind Relationsbegriffe, deren Inhalt vom jeweils ein-
Maßnahme) könne auf die Rechtsnatur (und damit die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen) der Maßnahme geschlossen werden: Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 180; Forsthoff, VerwaItungsrecht, 9. Aufl., S. 129 Fn I; Hansen, Fachliche Weisung, S. 144, 267 f.; Schwabe, JA 1975,45 (49); Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160. 101 Roth, Verwaltungsrechtliche ürganstreitigkeiten, S. 795, 801. 102 s. unten 2. Teil. 103 Rupp, Grundfragen, S. 104; Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (279); vgl. Stettner, Kompetenzlehre, S. 65. 104 Rupp, Grundfragen, S. 110.
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genommenen Bezugspunkt, vom "trennenden Gebilde" abhängt. \05 Und unabhängig davon, wie dieses Gebilde definiert wird - ob es nun eine Kommune (wie beim Kommunalverfassungsstreit), eine Hochschule (wie beim Hochschulverfassungsstreit) oder auch eine Aktiengesellschaft ist -, kann von einem "Innen" nur gesprochen werden, wenn ein "Außen" existiert, denn die Begriffe bedingen sich gegenseitig und können nicht isoliert verwendet werden: Von einem Gegenstand kann nur dann gesagt werden, er befinde sich innerhalb eines Raumes, wenn dieser Raum von außen gesehen werden kann. Ohne je den Blick nach außen werfen zu können bzw. ohne dies zumindest gedanklich zu tun, kann die Zuordnung "Innen" nicht vorgenommen werden, weil das Vorstellungsbild den zum Verständnis notwendigen Gegenbegriff "Außen" nicht kennt. Der Standort rur die Zuordnung zu einem "Innen" und "Außen" ist also zumindest gedanklich ein externer. Voraussetzung rur die Existenz von Innenrecht ist demnach, daß das "Gebilde" als solches auch im außenrechtlichen Verhältnis in Erscheinung tritt, d.h. Endpunkt außenrechtlicher Beziehungen sein kann, und letzte nicht nur an die hinter dem "Gebilde" stehenden Menschen angeknüpft werden. Das "Gebilde" muß also als von den Menschen losgelöste und verselbständigte Wirkungseinheil in Erscheinung treten. Hand in Hand einher geht dies damit, daß das verselbständigte Gebilde in der Lage sein muß, nach außen als solches zu handeln und einen ihm zurechenbaren Willen zu bilden, der ihm und nicht den dahinter stehenden Menschen zugerechnet werden muß. Ohne diese Fähigkeit ging eine Zuweisung von Rechten und Pflichten im Außenverhältnis von Anfang an ins Leere. 106 Es bedarf mithin einer internen Regelung, die bestimmt, von wem und auf welche Weise diese Angelegenheiten wahrzunehmen sind. \07 Es sind die wechselseitigen Beziehungen und die Zuständigkeiten der Funktionssubjekte festzulegen, um auf diesem Wege die Willensbildung und Handlungsfiihigkeit herzustellen, die rechtlichen Zweckschöpfungen anders als dem Menschen \08 nicht von vornherein gegeben ist. Verkürzt kann daher gesagt werden: Innenrecht hat damit - neben der Abstraktion im Außenverhältnis - eine interne Willensbildungs- und Handlungsorganisation, eine sog. Innendifferenzierung, \09 Schnapp, VerwArch 78 (1987),407 (445). WoljJ, Organschaft, Bd. I, S. 151: "Sie [die Verleihung der Rechtstahigkeit, Anm. d. Verf.] findet ihre Schranke in der stets notwendigen rechtselementaren Verifizierbarkeit und das heißt schließlich nichts anderes als in der tatsächlichen Realisierbarkeit ihrer Gebote."; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 174. 107 WolfflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 71 1 a) (S. 2); Bäckenfärde, in: HbdSR 11, § 30 Rn 9 f.; lohn, Rechtsperson, S. 72 f. spricht hinsichtlich juristischer Personen davon, daß die Handlungsflihigkeit des Ganzen noch durch einen (häufig komplizierten) Apparat herzustellen sei, nämlich die Handlungsorganisation. 108 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 174. 109 Der Begriff der Innendifferenzierung geht zurück auf Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (399). 105
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
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zur Voraussetzung. IIO Dies bedeutet nicht notwendigerweise die Etablierung von gesonderten Willensbildungs- und Geschäftstuhrungs- bzw. Vertretungsorganen, auch wenn solche regelmäßig vorliegen. I 11 Diese beiden Voraussetzungen liegen bei juristischen Personen vor. Mit dem Begriff der juristischen Person wird primär die Anerkennung als Rechtssubjekt durch Verleihung der Rechtsfiihigkeit zum Ausdruck gebracht 112. Ihnen wird als gedanklichen Zweckschöpfungen - eine sowohl von ihren Mitgliedern und von den tur sie handelnden Menschen als auch von Dritten getrennte Rechtssphäre mit eigenen Rechten und Pflichten zuerkannt; sie nehmen als selbständige Rechtssubjekte am Rechtsverkehr teil. 113 Auch verfügen sie über die erforderliche Willensbildungs- und Handlungsorganisation, um die ihnen zukommenden Rechte und Pflichten auszuüben. Insofern scheint es nahezuliegen, als Zurechnungseinheit die juristische Person zu benennen. Auf der anderen Seite kennt die Rechtsordnung eine große Zahl ,juristischer Gebilde", die ohne juristische Person zu sein, Zurechnungseinheiten sind, indem sie einzelmenschliches Handeln und Wollen zusammenordnen und nach außen hin als Einheit auftreten (so z. B. beim nichtrechtsfiihigen Verein). I 14 Die Besonderheiten der inneren Zusammenordnung einzelmenschlichen Wirkens zu einer übergeordneten Einheit sind nicht auf juristische Personen begrenzt. Zur Erfassung aller entsprechender Gebilde bietet sich der Begriff der Organisation an. 115 Als äußerlich sichtbare Organisation, als Organisation im weiteren Sinne, ist eine ,organisierte menschliche Wirkungseinheit' zu verste-
A. A. Habersack, BB 2001, 477 (478). Vg!. zur Willensbildung und Handlungsflihigkeit der (Außen-)GbR, soweit die Gesellschafter in Gesamtgeschäftsführung und -vertretung tätig werden und hierdurch "organschaftliche" Befugnisse wahrnehmen Habersack, BB 200 I, 477 (478); Schreiber, Jura 2001, 346 (347 f.); Wiedemann, JZ 2001, 661 (662); Hadding, ZGR 2001, 712 (719). Auch nach Einschätzung von Erichsen, in: FS Menger, S. 218, ist es für die Annahme von Innenrecht nicht erforderlich, daß Organe oder abstrahierte Subjekte handeln. Zu den Zurechnungssubjekten des Innenrechts gehöre auch der Organ- oder Amtswalter. Seiner Auffassung nach sei es deshalb aussagekräftiger "den Gegenstand des Innenrechts mit der Wahrnehmung von Zuständigkeiten zu beschreiben" anstelle mit der Formulierung "organschaftlicher Funktionsablauf' zu arbeiten. A. A. Böckenförde, in: HbdSR 11, § 30 Rn 10. 112 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 9 Rn I; Weick, in: Staudinger, BGB, Ein!. zu §§ 21 ff., Rn 8; WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht I, § 32 111 c) (S. 208); WoljJ, Organschaft I, S. 2; Hadding, ZGR 2001,712 (718). 113 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 9 Rn 1; Hübner, Allg. Teil d. BGB, § 13 Rn 190 (S. 112). 114 Vg!. Bachof, AöR 83 (\ 958), 208 (257). 115 So der Ansatz von Böckenförde, in: FS Woltf, S. 287 ff. 110
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§ I Der Begriff des Innenrechtsstreits
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hen. 116 Organisation im engeren Sinne l17, die Organisationsstruktur l18 , ist demgegenüber der Inbegriff, der wechselseitigen Beziehungen der Funktionssubjekte untereinander und zu den beteiligten Menschen. Organisationsrecht beschäftigt sich mit dem normativen System, welches diese Beziehungen rechtlich regelt. 119 Das Wesen und auch das Problem der juristischen Person l20 hängt demgegenüber auf das engste zusammen mit dem Begriff der Rechtsperson und dem der Rechtssubjektivität bzw. Rechtsfllhigkeit. 121 Inwiefern einer Organisation Rechtsfiihigkeit zukommen muß, damit diese nach außen hin als Einheit in Erscheinung tritt, und damit die Voraussetzungen fiir Innenrecht vorliegen, ist im folgenden zu untersuchen (nachfolgend II1.).
111. Die Rechtssubjektivität der Organisation Der Begriff der Rechtsfllhigkeit taucht in der geltenden Rechtsordnung in bezug auf Menschen in § 1 BGB und in bezug auf Organisationen an verschiedenen Stellen des Bürgerlichen Gesetzbuches auf. 122 Was unter dem Begriff der Rechtsfiihigkeit zu verstehen ist, wird an keiner Stelle des Gesetzes erklärt; die gesetzlichen Bestimmungen setzen den Begriff der Rechtsfiihigkeit voraus.
I. Der traditionelle Begriff der Rechtsfähigkeit Die herkömmliche Auffassung bestimmt den Begriff der Rechtsfllhigkeit als die Fähigkeit eines Menschen oder einer Organisation, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, oder - inhaltlich gleichbedeutend - als die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben. 123 Dieses Verständnis rührt von einer Gleichsetzung 116 Böckenförde, in: FS Wolff. S. 292; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 11. 117 Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht H, § 711 b 3). 118 Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 14. 119 Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 71 11 b (S. 5). 120 Zu den verschiedenen Theorien s. die ausfllhrliche Darstellung bei Wolf!, Organschaft I, S. 1-87; einen kurzen Überblick geben u. a. Hübner, Allg. Teil d. BGB, § J3 Rn 192 f.; Larenz/Wolf; Allg. Teil d. Bürger\. Rechts, § 9 Rn 7-11. 121 Wolf!, Organschaft I, S. 2; John, Rechtsperson, S. 60; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 11 5 a (S. 199) - Zur weit verbreiteten Unklarheit über die Begriffe "Rechtsfähigkeit", "Rechtsperson" und "Rechtssubjekt"; s. Bachof, AöR 83 (1958), 208 (257); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 504 f. 122 Vg\. z. B. §§ 21, 22, 42, 80 BGB. 123 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Autl., § 24 11 I (S. 403); s. auch Pawlowski, Allg. Teil d. BGB, § 2 I I Rn 98.
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von Rechtsfähigkeit mit Rechtssubjektivität und Rechtspersönlichkeit her und fllhrt häufig zu dem Schluß, daß die Rechtsfähigkeit Voraussetzung rur die Trägerschaft von Rechten und Pflichten sei, so daß zuerst nach dem Vorhandensein der Rechtsfähigkeit gefragt werden müsse, ehe entschieden werden könne, ob ein soziologisches Substrat, ein Gebilde, Rechte und Pflichten haben, also "Rechtssubjekt" sein könne. 124 Diese Verknüpfung klingt an, wenn es heißt, daß die "mit der Rechtsfähigkeit gleichbedeutende" Rechtspersönlichkeit "Vorbedingung aller Rechte und Pflichten" sein soll. 125 Die Rechtsfähigkeit im traditionellen Sinn orientiert sich demnach an der Person. 126 Aus rechtsethischer Siche 27 ist die Möglichkeit, Rechte und Pflichten zu haben, untrennbar mit dem die Persönlichkeit begründenden Moment der "Einheit des Willens und des Selbstbewußtseins,,128 bzw. mit der "natürlichen Ganzheit des Menschen,,129 verknüpft. Eine Aufteilung der Rechtsfähigkeit ist danach ausgeschlossen, weil diese gegen die natürliche Ganzheit und Einheit des Menschen verstieße. 130 Diese Auffassung entspricht auch der durch den Gleichheitsgrundsatz begründeten Auffassung, daß die Rechtsfähigkeit rur alle Subjekte gleich seL 131 Die Rechtsfähigkeit wird deshalb als ein feststehender, geschlossener Wert, als ein "universales juristisches Vermögen" betrachtet, das "keine Beschränkungen" duldet und "sich notwendig auf alle Arten von Rechtsbeziehungen erstreckt".132 Die Rechtsfähigkeit wird verstanden als ungeteilte und umfassende Fähigkeit, als abstrakte Zuordnung von Rechten und Pflichten, ohne weiter nach 124 s. Bachof, AöR 83 (1958), 208 (260 f). Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts 1/1, § 83 I (S. 474); vg\. auch Endemann, in: Handwörterbuch, S. 652. 126 So ausdrücklich WolflNaujoks, Rechtsfähigkeit, S. 209, der davon ausgeht, daß die Rechtsperson ohne Rechtsfähigkeit nicht möglich, mit ihr dagegen stets gegeben sei; so auch Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Autl., § 24 " 1 (S. 404), der in der Rechtsflihigkeit ein "Essentiale der juristischen Person" sieht; vg\. auch Flume, ZHR 136 (1972), 177 (192). 127 Larenz, Iherings Jahrbücher 83 (1933), 108 (152); Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts 1/1, § 83 II 1 (S. 478). 128 Larenz, Iherings Jahrbücher 83 (1933), 108 (152). 129 WolflNaujoks, Rechtsfähigkeit, S. 209, der auch die Trennung der Begriffe "Person" und "Rechtsfähigkeit" ablehnt. 130 WolflNaujoks, Rechtsflihigkeit, S. 209. \31 Enneccerus/Nipperdey, Allg. Tei\. d. Bürger\. Rechts 11/1, § 83 " 2 f. (S. 479). 132 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Autl., § 24 " 1 (S. 403); a. A. aber in späteren Autlagen, vg\. Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 25" 1 (S. 485), in der (unter Verweis auf Bachof, AöR 83 [1958],208 ff.) davon ausgegangen wird, daß anders als im bürgerlichen Recht, weIches sich an der Vollrechtsfähigkeit der natürlichen Person orientiere, im öffentlichen Recht die Rechtsfähigkeit auch in nur begrenztem Umfang verliehen werden könne, und in diesem Fall teilrechtsfähige Verbände oder sonstige Organisationsformen des öffentlichen Rechts vorlägen. 125
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konkreten Fähigkeiten des einzelnen Rechtssubjekts in bezug auf die verschiedenen Rechtsnonnen zu differenzieren: lJ3 Die abstrakte Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann entweder nur in vollem Umfang oder überhaupt nicht vorhanden sein. 134 Obwohl rechtsphilosophisch an der Person des Menschen ausgerichtet, wird der auf diese Weise entwickelte Begriff der Rechtsfähigkeit auch auf juristische Personen bzw. Verbände übertragen. 135 Daß diese Begriffsbestimmung filr juristische Personen nicht paßt, liegt auf der Hand. So entbehren die im Zivilrecht über Rechtsflihigkeit verfUgenden natürlichen oder juristischen Personen der Rechtspersönlichkeit im Bereich des Völkerrechts. Umgekehrt wird dem Staat als Subjekt des Völkerrechts in den Rechtsrelationen des Familienrechts keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt. 136 Auch ihre Anwendung auf natürliche Personen zieht im Einzelfall Erklärungsbedarf nach sich. So wird der Grund filr die mangelnde Fähigkeit des universal rechtsflihigen Säuglings, rechtswirksam zu handeln, nicht in den Grenzen der Rechtsflihigkeit, sondern in den Schranken seiner Handlungsflihigkeit gesehen. 137 Die Inhaberschaft von konkreten Rechten und Pflichten kann also im Einzelfall von den besonderen Eigenschaften des Rechtssubjekts wie u. a. Alter, Geschlecht, geistige Gesundheit, Nationalität
133 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 24 11 I (S. 403). - So wendet sich Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts 111, § 83 I (S. 474), ausdrücklich dagegen, die Rechtsfllhigkeit mit der Handlungsfllhigkeit, d.h. der Fähigkeit, durch den eigenen Willen Rechtswirkungen hervorzurufen, zu verwechseln; Endemann, in: Handwörterbuch, S. 652; s. auch Flume, ZHR 136 (1972), 177 (192). 134 WolflNaujoks, Rechtsfllhigkeit, S. 209; s. hierzu die Darstellung bei Pawlowski. Allg. Teil d. BGB, § 2 I 2 Rn 109, der allerdings von Rechtsfllhigkeit im engeren Sinne spricht. 135 WolflNaujoks, Rechtsfllhigkeit, S. 209; Larenz, Iherings Jahrbücher 83 (1933), 108 (152), der auch hier von der "Willenseinheit" und dem "realen Willenszentrum" ausgeht, und deshalb eine "relative juristische Person" ablehnt. Explizit für den unbeschränkten Rechtsfllhigkeitsbegriff bei juristischen Personen ist Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 24 11 I (S. 403 f.); s. generell zur Übertragung die Einschätzung bei Fabricius, Rechtsfllhigkeit, S. 21 f.; Teilweise wird jedoch die Einschränkung vorgenommen, daß juristischePersonen nicht der Rechtsbeziehungen fllhig sind, die nur Menschen eigen sind. So Flume, ZHR 136 (1972), 177 (192); Enneccerus/Nipperdey. Allg. Teil d. Bürger\. Rechts 1/1, § 103 (S. 607 ff.). Letzter differenziert hinsichtlich der Einordnung als Subjekt: Da es eine Frage des positiven Rechts sei, ob eine Organisation als Rechtssubjekt anerkannt werden solle oder nicht, stehe nichts im Wege, eine solche Anerkennung nur in einzelnen Beziehungen auszusprechen. Hierbei sei allerdings nicht von einer Mittelstufe der Rechtsfllhigkeit zu sprechen (§ 103 V [So 618]); a.A. insofern WolflNaujoks, Rechtsfllhigkeit, S. 209. 136 So schon Thoma, in: HDStR 11, S. 611, der wohl als erster die relative Natur der Rechtspersönlichkeit angesprochen hat; so auch Fabricius, Rechtsfllhigkeit, S.23 f.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten. S. 516 f. 137 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 2411 I (S. 403), der die Frage allerdings nur im Zusammenhang mit der juristischen Person erörtert.
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abhängen. Solche subjektbezogenen Unterschiede 138 werden von dem traditionellen Verständnis folglich durch Abstufungen in der Handlungsflihigkeit, nicht aber in der Rechtsflthigkeit berücksichtigt.139 Rechtsflthigkeit im herkömmlichen Sinne bedeutet deshalb nur, daß ein mit dieser Fähigkeit ausgestattetes Gebilde generell alle Rechte und Pflichten haben kann, sofern die sonstigen weiteren Voraussetzungen vorliegen.
2. Die Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit
An diesem Verständnis von einer unbeschränkten, aber dafilr im Einzelfall inhaltsleeren 140 Rechtsflthigkeit setzt die Kritik der Lehre von der Relativität der Rechtsfiihigkeit ein. 141
a) Der Inhalt der Lehre Es müsse bei Bestimmung des Begriffs der Rechtsflthigkeit der Tatsache Rechnung getragen werden, daß soziale Einheiten und z. B. Kinder als rechtsfiihig anerkannt wUrden, obwohl sie eine natürliche Handlungsflihigkeit nur sehr begrenzt oder überhaupt nicht besäßen. 142 Ausgangspunkt einer Bestimmung des Begriffs der Rechtsflihigkeit müsse deshalb die Erkenntnis sein, daß niemand alle denkbaren Rechte und Pflichten haben könne. 143 In diesem Umstand erblickt die Lehre von der Relativität der Rechtsflthigkeit nicht nur eine Abstufung in der Handlungsflthigkeit im Einzelfall, sondern in der Rechtsfiihigkeit selbst, die nach ihrem Verständnis nur soweit reichen soll, wie die Handlungsfähigkeit jeweils reicht. Die jeweilige Handlungsflthigkeit relativiert sozusagen s. hierzu die Beispiele bei Fabricius, Rechtsfähigkeit, S. 24. Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 24 11 1 (S. 403) spricht von "Schranken der materiellen Befugnisse". 140 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 284 f., kritisieren die abstrakte Begriffsbildung, die ihren äußerten Grad der Sinnentleerung bei dem Begriff der "Person" erreiche, sofern sie unter ihr nur das Rechtssubjekt, den "möglichen Träger von Rechten und Pflichten" verstehe. Wer dieser Träger sei, was es überhaupt heiße, Rechte und Pflichten zu haben, bleibe hierbei völlig außer Betracht. 141 Vertreter der Lehre sind u. a. im öff. Recht: Woljf, Organschaft I, S. 187 ff.; Hoppe, Organ streitigkeiten, S. 166 ff.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 504 ff., 516 ff.; im Zivilrecht: Fabricius, Rechtsfähigkeit, S. 60 f.; John; Rechtsperson, S. 222 (; Pawlowski, Allg. Teil d. BGB, § 2 1 Rn 98 a ff., 109 ff.; Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 9 Rn 17. 142 Fabricius, Rechtsfähigkeit, S. 42 f.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 516 ff. 143 Woljf, Organschaft I, S. 202-204, spricht davon, daß es eine "totale" Zurechnungssubjektivität nicht gebe; so auch Rupp, Grundfragen, S. 22 f. 138 139
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die Rechtsflthigkeit eines Subjekts. 144 An die Stelle einer lediglich abstrakten Zuordnung von Rechten und Pflichten tritt die von der Handlungsflthigkeit nunmehr abhängige Rechtsflthigkeit, verstanden als die Fähigkeit, rechtlich wirksam zu handeln, sei es auch durch einen Boten, Vertreter oder ein Organ. 145 Inhalt und Umfang der Rechtsflthigkeit des einzelnen Subjekts können deshalb außerordentlich verschieden sein und sind nach dieser Auffassung stets relativ zu den unterschiedlichen Rechtsnormen,146 aus denen sie induktiv gewonnen werden. 147 Die Rechtsflthigkeit eines Subjekts bestimmt sich fUr die entsprechende Rechtsrelation allein in Bezug auf die diese regelnden Rechtssätze. 148 Zwar besitzt auch die herkömmliche Lehre eine gewisse Möglichkeit der Stufung. So hat sie als Form der Organisation unterhalb der voll rechtsflthigen Person die Gesamthand eingeschaltet. 149 Diese Figur beschwört indessen mehr systematische Probleme herauf, als sie zu lösen imstande ist. Denn vor dem Hintergrund des traditionellen Verständnisses der Rechtsflthigkeit als der Fähigkeit, "Träger" von Rechten und Pflichten zu sein, mußte sich notwendig ein auswegloser Streit darüber entwickeln, wer bei der Gesamthand der wirkliche Träger der Rechte ist. 150 Diese Fragestellung beherrscht bis heute die Diskussion über die Gesamthand und hat kürzlich zu einem Grundsatzurteil des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshof gefUhrt, 151 der - wie noch zu zeigen sein wird - die Lehre von der Relativität der Rechtsflthigkeit nunmehr stUtzt. Mit der BefUrwortung der Relativität der Rechtsflthigkeit muß das traditionelle Verständnis der Rechtsflthigkeit nicht generell aufgegeben werden. Der abstrakte Begriff der Rechtsflthigkeit im traditionellen Sinn erhält gerade durch die Bezugnahme auf den Gleichheitssatz einen verfassungspolitischen Aspekt, der durch den Zusatz "allgemein" oder "generell" gekennzeichnet werden Fabricius, Rechtsfliliigkeit, S. 43 ff. Fabricius, Rechtsfliliigkeit, S. 61. 146 Wolf!, Organschaft I, S. 202. 147 Fabricius, Rechtsfliliigkeit, S. 52. 148 Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 166 mit ausführlichen Literatumachweisen; Rupp, Grundfragen, S. 23; Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (284); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 65; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (315 f); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 508, 517 f 149 John, Rechtsperson, S. 221. 150 John, Rechtsperson, S. 221 f 151 BGH, Urt. v. 29.1.2001 - 11 ZR 331100 -, in: NJW 2001, \056 ff.; Besprechungen u. a. von K. Schmidt, NJW 2001, 993 ff.; K. Schmidt, JuS 2001, 509; Habersack, BB 2001, 477 ff.; Timme/Hülk, JuS 2001, 536 ff.; Gesman-Nuissl, WM 2001, 973 tT.; Ulmer, ZIP 2001, 585 tT.; Hadding, ZGR 2001, 712 ff. m. w. N.; Boin, GmbHR 2001, 513 ff.; Jauernig, NJW 2001, 2331; Werten bruch, NJW 2002, 324 ff.; s. hierzu ausführlich unten § 1 III. 2. c) u. § 2 111. 144 145
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
kann l52 und der in diesem Sinne juristisch besagt, daß die Rechtsfähigkeit rur alle Menschen im Grundsatz die gleiche iSt. 153 In diesem abstrakten Sinne ist der Begriff der Rechtsfähigkeit von Nutzen, es muß jedoch gegenwärtig sein, daß dieser rein logische abstrakte, umfassende Begriff der Rechtsfähigkeit nicht geeignet ist, als subjektbezogener Begriff eine universale, schlechthin gleiche Rechtsfähigkeit jedes Menschen (oder jeder juristischen Persom) zu begründen. Denn in dem ihm zugrunde liegenden Abstraktionsverfahren wird gerade von dem einzelnen Menschen, von seinen individuellen Fähigkeiten, abgesehen und ein systematischer Begriff gebildet, dessen Umfang zwar alle irgendeinem Menschen zustehenden "Rechtsfähigkeiten" umschließt, der aber deshalb nicht mehr wirklichkeitsbezogen ist, sondern als Ordnungsbegriff auf einer idealen Ebene liegt. 154 Der abstrakt-allgemeine Begriff der Rechtsfähigkeit ist damit kein Oberbegriff, aus dem deduktiv die Rechtsfähigkeit des einzelnen Menschen oder der einzelnen Organisation abgeleitet werden kann. 155
b) Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität Um den Unterschied zwischen diesem abstrakten, rechtstheoretischen Begriff und der konkreten Rechtsfähigkeit im Einzelfall, d.h. dem gesetzestechnischen Begriff 56 deutlich zu machen, wird teilweise im Anschluß an Bachofl57 von Vollrechtsfähigkeit und Teilrechtsfähigkeit gesprochen. Vollrechtsfähigkeit ergebe sich aus dem logischen, abstrakten und umfassenden Begriff der Rechtsfähigkeit in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz. Vollrechtsfähigkeit hätten die geltenden Gesetze im Auge, wenn sie Subjekte rur rechtsfähig erklärten oder ihnen Rechtspersönlichkeit beilegten. 15s Teilrechtsfähigkeit sei demgegenüber die Fähigkeit eines - in eine oder mehrere einzelne Normen oder in ein Teilgebiet der Rechtsordnung hineingestellten - Zuordnungssubjekts zu rechtlich wirksamem Verhalten. 159 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 517. Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 56. 154 Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 51. 155 Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 52. 156 Die Feststellung, daß der Begriff der Rechtsilihigkeit bald in einer rechtstheoretischen und bald in einer gesetzestechnischen Bedeutung gebraucht wird, geht zurück auf Bachof, AöR 83 (1958), 208 (257). 157 So auch die Terminologie bei Fabricius, Rechtsilihigkeit, S. 61 ff.; Wolf!, Organschaft I, S. 205, spricht von prinzipiell rechtsilihigen und partiell rechtsilihigen Organisationen. 158 Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 59. 159 Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 61. 152 153
§ 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits
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Da der Begriff der Rechtsfähigkeit in der heutigen Rechtssprache jedoch nach wie vor mit dem der juristischen Person in Zusammenhang gebracht wird und deshalb durch dessen Verwendung Mißverständnisse naheliegen, erscheint es terminologisch sinnvoller, den farbloseren und indifferenteren Begriff der Rechtssubjektivität in Gegenüberstellung zur allgemeinen und generellen (VolI)Rechtsfähigkeit, d.h. der Rechtsfähigkeit im traditionell verstandenen Sinn, zu benutzen. 16o Auch die Rechtsprechung zum öffentlichen Recht greift beim Innenrechtsstreitigkeiten auf diesen Begriff zurück. 161 Rechtssubjektivität, d.h. Zuordnungssubjektivität, ist also die normativ begründete Eigenschaft eines Menschen oder eines anderen sozialen Substrats, Zuordnungssubjekt mindestens eines Rechtssatzes zu sein. 162 Die Einsicht in die Relativität aller Rechtsfähigkeit ergibt, daß zur Begründung der Rechtsubjektivität die Zuordnung eines Rechts oder einer Pflicht in einer bestimmten Rechtsrelation durch die Rechtsordnung ausreichend ist. 163 Damit steht fest, daß die Rechtsfähigkeit nicht Voraussetzung, sondern die Folge der Zuordnung von Rechten und/oder Pflichten ist. 164
c) Die Rezeption im öffentlichen und im Zivilrecht Die Erkenntnis, daß Rechtssubjektivität in diesem Sinne rechtsverhältnisbezogen ist, d.h. von der jeweiligen Rechtsrelation abhängt und damit in Umfang
160 Wolff, Organschaft H, S. 224 ff.; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 65; Rupp, Grundfragen, S. 85; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 167; vgl. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 517 f; a.A. Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (403), der die Unterscheidung von Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität grundsätzlich flir entbehrlich hält. 161 VGH Mannheim, Urt. v. 25.5.1976 -1485175 -, in: BWVPr 1977, 1181 (182). 162 WolfflBachof, Verwaltungsrecht I, § 32 III a) (S. 207); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 508. 163 WolfflBachof, Verwaltungsrecht I, § 32 III a (S. 207); Bachof, AöR 83 (1958), 208 (260); Rupp, Grundfragen, S. 82 f; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 167 f; Hoffmann-Becking, DVBI. 1972, 299 (300); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 508. - Die Frage, inwieweit auch die Zuordnung nur einer Pflicht zur Begründung von Rechtssubjektivität ausreichend ist, ist umstritten; bejahend Rupp Grundfragen, S. 83; Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978),385 (403); BGH, Urt. v. 29.1.2001 - II ZR 331100 -, in: NJW 2001, \056; ablehnend: Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 506. 164 Rupp, Grundfragen, S. 83; Bachof, AöR 83 (1958), 208 (260 f.); Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (284); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 506 ff.; Bitter, Leistungsklagen, S. 19; Krebs, Jura 1981, 569 (574); a.A. Endemann, in: Handwörterbuch, S. 652 f
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
und Inhalt sehr unterschiedlich sein kann, hat sich im öffentlichen Recht zu Recht al1gemein durchgesetzt. 165 Im Zivilrecht hat die Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit bzw. der Rechtssubjektivität bisher dagegen nur langsam Boden gefaßt. 166 Die aktuel1e Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der Gesellschaft bürgerlichen Rechts dürfte hier jedoch einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung markieren. Die bisherige Rechtsprechung und Lehre zum Zivilrecht standen der Anerkennung einer rechtsverhältnisbezogenen Rechtssubjektivität ablehnend gegenüber. Den juristischen Personen sollten im Grundsatz al1e Rechte zustehen, welche auch natürlichen Personen zugänglich seien. 167 Eine Beschränkung dieser grundsätzlich unbeschränkten und umfassenden Rechtsfähigkeit l68 sei bei juristischen Personen auf dem Gebiet des Privatrechts nur insofern anzuerkennen, als sie gewisse Rechte deren Natur nach überhaupt nicht erwerben und nicht haben könnten, wie z.B. familienrechtliche Rechte und Pflichten. 169 Deshalb aber schon der juristischen Person nur eine "Teilrechtsfiihigkeit" zuzuerkennen, sei nicht überzeugend, da die Rechtsordnung mit der Anerkennung als Rechtssubjekt diesem nicht die Fähigkeit einräume, jede Art von Rechten haben
165 Schiedsgerichtsurteil v. 21.5.1973, OÖV 1973,852 (854); OVG Münster, Urt. v. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE MüLü 36, 154 (156); OVG Münster, Urt. v. 19.9.1977 - V A 879/76 -, in: OVGE MüLü 33, 131 (136); VGH Kassel, Urt. v. 14.6.1994 - 4 UE 2433/88 -, in: ESVGH 44, 291 (292); Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S.49; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 165; Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn 17 (S. 373 f.); Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (403); Rupp, Grundfragen, S. 82 f; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 65 f; Bachof, AöR 83 (1958), 208 (263); Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 166 ff.; Krebs, Jura 1981,569 (574); Bethge, HKWP 11, S. 188; Erichsen; Kommunalrecht NRW, § 7 C (S. 118); Becker-Birk, Insichprozeß, S. 35; Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 18 ff.; Buchwald, Organstreit, S. 146; Tsatsos, Organ streit, S. 33 f.; Ehlers, Teilrechtsflihigkeit, passim; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 504 ff. 166 Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (220) stellt fest: "Organe von juristischen Personen sind in weitaus geringerem Maß mit zivilprozessualer Parteiflihigkeit als mit verwaltungsprozessualer Beteiligtenflihigkeit gesegnet. Eine tragflihige Theorie der 'innerkörperschaftlichen Rechtssubjekte' ist für das Privatrecht nicht entwickelt, die Möglichkeit solch relativer Rechtsfähigkeit im Innenbereich der privatrechtlichen Verbände einschließlich ihrer prozessualen Implikationen kaum reflektiert."; s. auch Freund, Innenrecht, S. 121 f - Vertreter der Relativität der Rechtsflihigkeit im Zivilrecht sind u. a.: Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 60 f; John; Rechtsperson, S. 222 f., der allerdings weiter geht als Fabricius und auch Schlußfolgerungen für die Personifikation zieht; Pawlowski, Allg. Teil d. BGB, § 2 I Rn 98 a ff., 109 ff.; Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts, § 9 Rn 17; so wohl auch BGH, Urt. v. 10.2.1992 - 11 ZR 54/91 -, in: ZIP 1992, 695 (698); Posek, OB 1996,2165 (2165 f.); Bork, ZGR (1989), I (13 ff.); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 173 ff.; Bauer, Organklagen, S. 69 ff. 167 Weick, in: Staudinger, BGB, Einl zu §§ 21 ff., Rn 28. 168 Schultze-v.Lasaulx, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Aufl., Vor § 21 Rn 19. 169 Schultze-v.Lasaulx, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Aufl., Vor § 21 Rn 19; Weick, in: Staudinger, BGB, Einl zu §§ 21 ff., Rn 31.
§ 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits
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zu können, andererseits aber auch der juristischen Person - wenigstens auf dem Gebiet des Privatrechts - nicht nur einzelne bestimmte Rechte und Pflichten zuordne. 170 Der Begriff der Teilrechtsflihigkeit fUhre aus diesem Grunde fUr das Verständnis juristischer Personen des Privatrechts nicht weiter. 171 Nach geltendem Recht - so noch der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993 - komme Rechtsflihigkeit nur natürlichen und juristischen Personen zu, und Abweichungen hiervon im Sinne beispielsweise einer Organrechtsflihigkeit seien außerhalb der vom Gesetzgeber anerkannten Ausnahmen grundsätzlich nicht anzunehmen. 172 Eine planwidrige Regelungslücke liege nicht vor, vielmehr ermögliche das geltende Recht sachgerechte Lösungen. 173 Die Lehre von der Relativität der Rechtsflihigkeit befrachte im Gegenteil den Begriff der Rechtsflihigkeit mit so vielen Einzelproblemen, daß dieser am Ende bis zu Unbrauchbarkeit zergliedert sei. Die Einzelprobleme, mit denen die Lehre von der relativen Rechtsflihigkeit den Rechtsflihigkeitsbegriff belade, gehörten alle an ihren spezifischen Platz. 174 Die Frage der [generellen, Anm. d. Verf.] Rechtsflihigkeit sei vor diesen Detailproblemen zu prüfen und dürfe nicht mit ihnen auf eine Stufe gestellt werden. 175 Das bisherige Festhalten am herkömmlichen Begriff der Rechtsflihigkeit erklärt sich mit der Orientierung des bürgerlichen Rechts an der Vollrechtsfähigkeit der natürlichen Person, während im öffentlichen Recht der Modellfall der natürlichen Person weniger im Vordergrund steht. 176 Auch das Zivilrecht schließt aber - wie die passive Parteiflihigkeit des nicht eingetragenen Vereins gern. § 50 Abs. 2 ZPO zeigt - Differenzierungen in der Zuerkennung der Rechtsflihigkeit nicht generell aus l77 und in der Diskussion der letzten Jahrzehnte wurde zunehmend eine Durchbrechung der alternativen Betrachtungsweise zwischen rechtsflihigen und nichtrechtsflihigen Subjekten, beispielsweise tUr den nichtrechtsflihigen Verein, die BGB-Gesellschaft oder die Erbengemein-
Schultze-v.Lasaulx, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Autl., Vor § 21 Rn 19. Schultze-v.Lasaulx, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Autl., Vor § 21 Rn 19. 172 BGH, Urt. v. 17.5.1993 - " ZR 89/92 -, in: BGHZ 122, 342 (345). 173 BGH, Urt. v. 17.5.1993 -" ZR 89/92 -, in: BGHZ 122,342 (345) zur Frage der Rechtsfliliigkeit von Organen innerhalb der Aktiengesellschaft. 174 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V b (S. 220). 175 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V b (S. 220). 176 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 10. Autl., § 25 " 1 (S. 485); Enneccerusl Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts 1/1, 1952, § 105 I (S. 408) knüpft demgegenüber den Umfang der Rechtsfliliigkeit allein an die juristische Person an. Für den Umfang der Rechtsfliliigkeit sei die Unterscheidung zwischen juristischer Person des öffentlichen und des Privatrechts im allgemeinen ohne Bedeutung (S. 408 Fn 2). - In der Autlage von 1959 differenziert er hingegen zwischen juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Recht (§ \05 I [So 623 ff.]). 177 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, 10. Autl., § 25" 1 (S. 485). 170 171
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
schaft,178 gefordert. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Diskussion um die mit Gesamthandsvermögen ausgestattete, nach außen in Erscheinung tretende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Eine neuere Auffassung sieht diese nicht nur als Sondervermögen der Gesellschafter an, sondern versteht die Gesellschaft als ein eigenständiges, von ihren Mitgliedern zu unterscheidendes Zuordnungssubjekt. 179 Nunmehr folgt auch der Bundesgerichtshof in einer weit über die Grenzen des rechtswissenschaft lichen Schrifttums beachteten l80 Grundlagenentscheidung vom 29.1. 200 I dieser von einem beträchtlichen Teil der gesellschaftsrechtlichen Literatur vertretenen Auffassung. Unter Hinweis auf seine neuere Rechtsprechung, wonach die GbR als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen könne,181 ruhrt der Bundesgerichtshof aus: "Soweit sie [die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Anm. d. Verf.] in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsflihig (vgl. § 14 II BGB),,\82. "Der Senat", so wird im Urteil ausgeruhrt, "hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung rur geboten, die (Außen-)GbR in dem Umfang als im Zivilprozeß parteiflihig anzusehen, in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.,,\83 Schon in früheren Entscheidungen deutete sich diese Richtungsentscheidung an, mit der die Neuorientierung im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nun endgültige Anerkennung findet. So hatte der rur das Gesellschaftsrecht zuständige 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs schon in einer Entscheidung aus dem Jahre 1992 der Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Status einer - jedenfalls teilweise - verselbständigten Organisation zugebilligt, 184 worin von einigen 178 Für eine Durchbrechung der Zweiteilung: Fabricius, Rechtstahigkeit, S. 59 tT. und S. 110 tT. 179 So mittlerweile nahezu das gesamte Schrifttum zum Gesellschaftsrecht; vgl. insbesondere Flume, ZHR 136 (1972), 177 ff.; Flume, Personengesellschaft, § 7 11 (S. 90); s. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 III (S. 203 tT., insb. S. 213); weitere Nachweise bei Habersack, JuS 1993, 1 (Fn 7). - Zur dogmatischen Erfassung des Rechts der Personengesellschaften vgl. auch Westermann, ZHR 144 (1980), 232 tT. u. Reuter, ZGR 1981, 365 tT.; zur Problematik auch im Steuerrecht s. Herrmann, DStZ 1998, 87 tT. 180 K. Schmidt, JuS 2001 509: "Das Urteil ist als Sensation durch die Wirtschaftspresse gegangen."; s. die Besprechungen u. a. von K. Schmidt, NJW 2001, 993 tT.; Habersack, BB 2001, 477 tT.; Wiedemann, JZ 2001, 661 tT. 181 Das Urteil verweist hier auf die Entscheidungen BGH, Beschl. v. 4.11.1991 - 11 ZB 10/91 -, in: BGHZ 116,86 (88) u. BGH, Urt. v. 15.12.1980 - 11 ZR 52/80 -, in: BGHZ 79, 374 (378 f.). 182 BGH, Urt. v. 29.1.2001 - 11 ZR 331100 -, in: NJW 2001, 1056. 183 BGH, Urt. v. 29.1.2001 - 11 ZR 331100 -, in: NJW 2001, 1056. 184 BGH, Urt. v. 10.2.1992 - 11 ZR 54/91 -, in: ZIP 1992, 695 (698); a.A. BAG, Urt. v. 6.7.1989-6 AZR 771187 -, in: NJW 1989,3034 (3035).
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schon die Befilrwortung der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gesehen wurde. 185 Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 200 I dürfte die Lehre von der Teilrechtsflihigkeit damit auch filr das Zivilrecht anerkannt worden sein,186 auch wenn der 11. Senat den Begriff der Teilrechtsfähigkeit in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Ausfilhrungen zum Umfang von Rechts- und Parteiflihigkeit und zur Qualifikation als juristischer Person lassen jedoch keinen anderen Schluß zu. "Soweit" die Gesellschaft "eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig" und in diesem Umfang soll sie auch im Zivilprozeß parteiflihig sein 187 • Der Senat geht mithin davon aus, daß die Rechtsfähigkeit Folge der Begründung von Rechten und Pflichten ist, in deren Umfang besteht und damit relativ ist.
3. Rechtssubjektivität und Rechtspersönlichkeit
In der Literatur werden teilweise weitergehende Voraussetzungen filr die Annahme von Rechtssubjektivität aufgestellt, indem diese mit Fragen der Rechtspersönlichkeit verknüpft wird. So kritisiert John die These von der "Relativität der Rechtsfähigkeit" als eine zu sehr auf eine Problematik konzentrierte und damit nicht umfassend genug angelegte Analyse. Es fehle die Einbettung in eine generelle Untersuchung des Problems der Rechtsperson 188: "Rechtssubjektivität" könne nicht als einheitlicher Komplex definiert werden, sondern stelle sich unter den Aspekten der 185 So das frühere Mitglied des 11. Zivilsenats Brandes, WM 1989, 1357 (1359): "Abweichend von der früheren Rechtsprechung wird die Gesamthand nicht als Sondervermögen der Gesellschafter, sondern selbst als Rechtsträger angesehen"; zustimmend auch Habersack, JuS 1993, 1 (2). 186 Zur Entwicklung der Rechtsprechung des BGHs zur Rechts- u. "Beteiligungsfiihigkeit" der GbR z. B. in Hinblick auf die Beteiligung an anderen Gesellschaften Wertenbruch, BB 2001, 737 (738 ff.); s. auch den Vorlagebeschluß des BayObLG, Beschl. v. 18.10.2000 - 3 Z BR 164/00 -, in: JZ 2001, 417 (419) m. Anm. Piepenstock, JZ 200 I, 419 f. Nach Auffassung des BayObLG ist die Beteiligung einer GbR an einer Personenhandelsgesellschaft zulässig. Aufgrund der entgegenstehende Entscheidung des OLG Zweibrücken v. 24.11.1981 hat das Gericht die Frage dem BGH zur Entscheidung vorgelegt. - Entgegen dem Trend verneint der I. BGH-Senat, Urt. v. 24.2.2000 -I ZR 168/97 -, in: NJW 2000, 2268, bisher die Markenfiihigkeit der GbR; vgl. Ann, JA 2001, 92 ff. u. K. Schmidt, JuS 2001, 507. Ob diese Rechtsprechungspraxis angesichts der neuesten Rechtsprechung des I. Senats Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. - Zur Grundbuchfiihigkeit s. u. a. U/mer/StejJek, NJW 2002, 330 ff. u. Wetenbruch, NJW 2002, 324 (329). 187 BGH, Urt. v. 29.1.2001 - 11 ZR 331/00 -, in: NJW 2001, 1056. 188 John, Rechtsperson, S. 224 Fn 29.
I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
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Handlung, der Haftung und der Identitätskundgabe jeweils verschieden dar. 189 Die "Trägerschaft" müsse deshalb nach eben diesen Funktionen analysiert werden, die im Begriff des "subjektiven Rechts" nur recht und schlecht zusammengespannt seien: 190 Ein Recht "haben" bedeute zunächst, daß der einzelne Mensch oder die Organisation dazu berufen sei, dieses auszuüben und betreffe dementsprechend zunächst die Handlungsseite. Es treffe deshalb zu, daß die Probleme der Rechtsflihigkeit mit der Handlung und der Handlungsorganisation verbunden seien. 191 Zurecht werde die Handlungsflihigkeit insofern als wesentlicher Grundbestandteil der Rechtsflihigkeit hervorgehoben. Indem aber die Rechtsflihigkeit einseitig vom Handeln aus bestimmt werde, könne der Namensflihigkeit und insbesondere der Haftung kein klarer systematischer Ort zugewiesen werden. Das "Haben" eines Rechtes bedeute über das Handeln hinaus vielfach auch, daß die mit dem Recht verbundenen Kompetenzen der betreffenden Rechtsperson zugunsten einer anderen entzogen werden könnten, und müsse deshalb mit der Frage der Haftung - sozusagen als "passive" Seite - im Zusammenhang betrachtet werden. 192 Die Identitätsausstattung, der Name, trete schließlich als drittes Element zwar erst über eine besondere Klasse von Rechten, die sog. "Persönlichkeitsrechte", in Erscheinung,193 halte als Klammer jedoch die ersten beiden Elemente zusammen und filhre als äußeres Zeichen der Verselbständigung zu einer Individualisierung der Rechtsperson. 194 Eine Verselbständigung, die John als "Personifikation" kennzeichnet,195 kann seiner Auffassung zufolge erst dann vorliegen, wenn die drei Strukturelemente der Personifikation, nämlich Handlungsorganisation, Haftungsverband und Name, gegeben sind. Im Anschluß an John vertritt Ulmer, daß die Rechtsflihigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vom Vorliegen einer Handlungsorganisation, eines Haftungsverbandes und einer Identitätsausstattung abhängig gemacht werden solle. 196 Der Gedanke, daß Haftungsmasse und Rechte- und Ptlichtenzuordnung übereinstimmen mUssen, begegnet einem in der Diskussion um Innenrechtsstreitigkeiten auch an anderer Stelle. So leitet Hommelhoff aus der Haftungsverfassung der Aktiengesellschaft Bedenken gegen die Zuordnung von Rechten und Pflichten an den Aufsichtsrat als Organ her, da dieser nicht selbst hafte, wenn
John, Rechtsperson, S. 225. John, Rechtsperson, S. 225. 191 John, Rechtsperson, S. 225. 192 John, Rechtsperson, S. 225. 193 John, Rechtsperson, S. 225. 194 John, Rechtsperson, S. 73. 19S John, Rechtsperson, S. 218: "Personifikation heißt Verselbständigung". 196 Ulmer, AcP 198 (1998), 113 (126 tT., 150) u. Ulmer, ZIP 200 I, 585 (593 f.) im Anschluß an John, Rechtsperson, S. 72 ff. 189 190
§ 1 Der ßegriff des Innenrechtsstreits
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Aufsichtsratspflichten verletzt würden. 197 Und auch der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993 eine allgemeine Organrechtsflihigkeit u. a. mit dem Argument verneint, Organe seien weder als Vollstreckungsschuldner, noch - mangels Vermögens - als Kostenschuldner tauglich. 198 Dennoch soll auf die Systematik Johns hier nicht detailliert eingegangen werden. Die Frage des Innenrechts ist - das wurde oben deutlich - zunächst eine solche der Herstellung von Handlungsflihigkeit nach außen und nicht der Haftung oder des Namens. 199 John beschäftigt sich mit Fragen der Personifikation, d. h. mit der Frage der Rechtsperson. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung zur Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Qualifikation als juristische Person verneint. 20o Die Frage, wie das Verhältnis zwischen "Rechtspersönlichkeit" und "Rechtsflihigkeit" zu bestimmen ist, ist damit noch nicht beantworteeO I und kann auch hier keiner Klärung Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (296). Weth, in: Musielak, ZPO § 50 Rn 19. 199 Westermann, ZHR 144 (1980), 232 (235), weist bezüglich der Personengesellschaft darauf hin, daß man richtigerweise den Gesichtspunkt der Haftung aus den mit der Rechtssubjektivität verbundenen Vorstellungen ausblenden müsse. Auch Flume, Personengesellschaft, § 7 11 (S. 90) klammert bei der Untersuchung der Teilrechtsflihigkeit der Gesamthand die Schuldenhaftung des einzelnen Mitglieds aus, und Hadding, ZGR2001, 712 (715), betont, daß das "Vorhandensein eines gesamthänderischen oder bruchteilsmäßigen Gesellschaftsvermögens [ ... ] nicht maßgeblich tUr die rechts- und Parteiflihigkeit einer GbR [ist], sondern nur die zum Erreichen des Gesellschaftszwecks erforderliche Teilnahme am Rechtsverkehr; allein dadurch ist die konkrete GbR eine ,Außengesellschaft'''; Habersack, BB 2001, 477 (478); Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973 (976) u. Hadding, ZGR 2001, 712 (720 f.), weisen weiterhin zurecht darauf hin, daß die Rechtsflihigkeit nicht von einer Identitätsausstattung abhängig gemacht werden könne. Die Teilnahme am Rechtsverkehr unter einem eigenen Namen sei nicht erforderlich, ausreichend tUr die Zuordnung von Rechten und Ptlichtensei vielmehr, daß das Subjekt aufirgendeine Weise bezeichnet, d. h. individualisiert, werden könne. Sie halten deshalb bei der Außen-GbR trotz fehlender Registerpublizität eine Teilnahme am Rechtsverkehr unter dem Namen der Gesellschafter und eines das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatzes tUr hinreichend. Habersack hält weiterhin auch eine Handlungsorganisation tUr entbehrlich, zumindest soweit diese allein in der Etablierung eines besonderen GeschäftstUhrungs- und Vertretungsorgans liegen solle, da auch die in Gesamtvertretung handelnden Gesellschafter organschaftliehe Befugnisse wahrnähmen (s. hierzu oben § 1 11. 3. u. unten § I IV.). 200 BGH, Urt. v. 29.1.2001-11 ZR 331/00-, in: NJW 2001,1056. 201 So auch K. Schmidt, NJW 2001, 993 (996). Zur Frage, ob aus der Relativität der Rechtsflihigkeit auch die Relativiät der Rechtspersönlichkeit folgt, s. Rupp, Grundfragen, S. 82, (in Fn 177); Thoma, in: HDStR 11, S. 610 f.; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 65 ff.; Lindacher, in: Lüke/Wax, Münch. Komm. z. ZPO, § 50 Rn 4; Steinbeck, Überwachungsptlicht, S. 176; Bäckenfärde, FS Wolff, S. 281 f.; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 166; vgl. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 507. - Diese Diskussion hat sich mit dem Urteil des BGH v. 29.1.2001 zur Außen-GbR verstärkt. In der sich anschließenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung sind tUr die Beibehaltung der Differenzierung von juristischer Person und gesellschaftsrechtlicher Gesamthand: Ulmer, ZIP 2001, 584 (588 f.); wohl auch Gesmann-Nuissl, WM 197 198
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
zugefilhrt werden. Zumindest setzt der Bundesgerichtshof Rechtsflihigkeit und Rechtspersönlichkeit nicht gleich; aus der Rechtsfiihigkeit folgt mitnichten, daß das rechtsflihige Subjekt auch juristische Person ist. 202
IV. Zwischenergebnis Voraussetzung filr die Zuordnung von Rechten und Pflichten im Außen verhältnis ist folglich nicht die "Vollrechtsfiihigkeil", also die Rechtsflihigkeit im herkömmlichen Sinne, sondern die aus der Zuordnung der Rechte und Pflichten folgende relative Rechtsfiihigkeit. Dies entspricht der herrschenden Meinung im öffentlichen Recht und auch der überwiegenden Literatur zum Innenrechtsstreit in der Aktiengesellschaft. 203 Es steht dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, an wen er seine Rechtssätze richtet. Er kann sie an natürliche Personen, aber auch an vorhandene oder erst noch zu schaffende soziale Personenzusammenschlüsse oder sonstige Organisationen adressieren. Wenn die Rechtsordnung einer solchen Organisation selbst Rechte und Pflichten zuweist, wenn also Rechtsbeziehung bei dem übergeordneten Gebilde als Wirkungseinheit enden und nicht bis zu den hinter diesem Gebilde stehenden Personen vordringen, dann begründet die Rechtsordnung dadurch die Rechtsfiihigkeit dieses Gebildes;204 eine Rechtsflihigkeit, die man als "themenbezogene", "punktuelle" oder "Teilrechtsfilhigkeil" - oder eben Rechtssubjektivität - bezeichnen kann, um sie von der umfassenderen Rechtsflihigkeit, wie sie § 1 BGB anspricht,205 zu trennen. 206 Dabei ist die Bezeichnung als Rechtssubjektivität vorzugswürdig, da der Begriff der Rechtsflihigkeit in der von der Zivilrechtsdogmatik geprägten Rechtssprache nach wie vor überwiegend im Sinne der Vollrechtsfiihigkeit und der Rechtsper2001,973 (974); fUr Entmythologisierung der juristischen Person: Hadding, ZGR 2001, 712 (718) m. w. N., der ausfUhrt: "Deshalb ist es - jedenfalls fUr das gegenwärtIg geltende Recht - auch ohne Belang, rur juristische Personen den Terminus ,Rechtspersönlichkeit' (,als solche') auszumachen, der gegenüber ,Rechtsfähigkeit' keinen eigenen Inhalt meint". 202 Habersack, BB 2001, 477 (478). 203 Bitter, Leistungsklagen, S. 18 f.; Plugradt, Leistungsklag~n, S. 28; Bauer, Organklagen. S. 34 f., 69 tT.; Bark, ZGR 1989, 1 (13 f.); Steinbeck, Uberwachungspflicht, S. 173 ff. 204 Flume, Personengesellschaft, § 7 II (S. 90). 205 s. Hadding, ZGR 2001, 712 (718), der ausfUhrt: "Es liegt auf der Hand, daß umfassend ,rechtsfähig' [00'] nur der einzelne Mensch als natürliche Person ist, und zwar gern. § 1 BGB mit der Vollendung seiner Geburt. Demgegenüber ist jegliche Gemeinschaft von Menschen, wenn und soweit ihre Rechtsfähigkeit auf diesem oder jenem Wege, d. h. unter bestimmten Voraussetzungen, in der jeweiligen Rechtsordnung angenommen, also letztlich fingiert wird, im Verhältnis zum einzelnen Menschen immer nur relativ rechtsfähig." 206 Bark, ZGR 1989, 1 (13 f.); Flume, Personengesellschaft, § 7 II (S. 90 f.).
§ 1 Der Begriff des Innenrechtsstreits
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sönlichkeit verstanden wird. 207 Die Fragen der Rechtspersönlichkeit sind aber nicht mit denen der Rechtssubjektivität zu vermischen; insbesondere bleiben die Aspekte der Identitätsausstattung und Haftung hier außen vor. Entscheidender Gesichtspunkt rur die notwendige Verselbständigung der abstrakten Einheit gegenüber den hinter ihr stehenden Menschen in der Weise, daß das abstrakte Gebilde nach außen rechtlich in Erscheinung tritt, ist demnach die Rechtssubjektivität. Rechtssubjektivität liegt schon immer dann vor, wenn eine Organisation Zuordnungspunkt von Rechten und Pflichten ist. 20S Soweit dies gegeben ist und die Organisation über eine rechtliche Binnendifferenzierung verfUgt, kann von Innenrecht gesprochen werden. Innenrecht ist demnach das Recht, welches die Rechtsbeziehungen (Zuständigkeit, Verfahren der Willensbildung, interne Rechtsakte etc.) der Funktionssubjekte einer Organisation regelt, die als solche Träger von Rechten und/oder Pflichten ist, d.h. der Rechtsubjektivität zukommt. Die rechtlich normierte innere Ordnung dient der Wahrnehmung dieser Rechte und Pflichten, indem sie die Willensbildung und Handlungsfllhigkeit sicherstellt. Auch bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann folglich von Innenrecht gesprochen werden. Soweit sie durch Organe bzw. Quasiorgane handelt, d.h. die Vertretungsbefugnis durch organisatorischen Akt auf einen einzelnen Gesellschafter übertragen worden ist, ist sie Organisation. 209 Wird ihr weiterhin zumindest teilweise die Fähigkeit zugestanden, als solche Träger von Rechten und Pflichten zu sein, liegt auch hier Innenrecht vor. Es kann zu Streitigkeiten der Funktionssubjekte kommen, die dann begrifflich den Innenrechtsstreitigkeiten unterfallen. FestgehaIten werden kann damit, daß die Differenzierung zwischen Innenrecht und Außenrecht anhand einer Betrachtung der Rechtsnormadressaten er-
207 Rupp, Grundfragen, S. 86; so auch die Feststellung bei Flume, Personengesellschaft, § 7 II (S. 90); s. aber die Ansätze aus der Diskussion um die Rechts- und Parteifähigkeit der Außen-GbR, welche den Begriff der Teilrechtsfähigkeit ablehnen, sondern der Außen-GbR volle Rechtsfähigkeit zukommen lassen wollen, was für sie nicht notwendigerweise mit der Verleihung von Rechtspersönlichkeit gleichzusetzen ist, s. Ulmer, ZIP 2001, 585 (588 f.) u. Hadding, ZGR 2001, 712 (718 f.), letzter allerdings kritisch zur Differenzierung zwischen Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit (S. 719), u. Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973 (974), die von umfassender "Rechtssubjektivität bzw. Rechtsfähigkeit" spricht. 208 Vgl. auch Hoffmann-Becking, DVBI. 1972,299 (300), der betont, daß eine Vereinigung durch die Zuordnung von Pflichten im Hinblick auf die betreffenden Rechtssätze eine "punktuelle" Rechtssubjektivität erlange und schon auf diese Weise zu einer "rechtlich verfaßten sozialen Organisation" werde, u. Hadding, ZGR 2001, 712 (714 f., 718 f.). 209 WolfflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 71 III b (S. 7 f.).
5 Diemert
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
folgt.2JO Innenrecht liegt vor, wenn eine Regelung an ein in Wahrnehmung von Organfunktionen begriffenes Subjekt adressiert iSt. 211 Dies ist der Fall, wenn es um die Wahrnehmung und Abgrenzung von Zuständigkeiten und Verfahren geht, die die Willensbildung und Handlungsflihigkeit einer Organisation sicherstellen und auf diesem Wege die Voraussetzungen daftlr schaffen, daß rechtliche Rechte und/oder Pflichten der Organisation wahrgenommen werden können. Zu betonen ist das in der Adressierung zum Ausdruck kommende intentionale Moment bei der Bestimmung von Innenrecht. Soweit - wie zum Beispiel bei Interpretationsregelungen - objektiv eine Deutung als Innenrecht wie als Außenrecht möglich ist, ist auf die Intention des Regelungsgebers abzustellen. Die Frage, ob Außen- oder Innenrechtssubjekte faktisch betroffen sind, ist nicht entscheidend, denn allein anband der tatsächlichen Folgen einer Norm kann nicht auf deren Rechtsqualität geschlossen werden. 212 Erforderlich ist vielmehr, daß deren Verhältnisse geregelt werden sollen. Die Regelungsintention kann häufig ohne große Schwierigkeiten ermittelt werden: Auf sie kann anband der gewählten Formalien und des Verfahrens zurückgeschlossen werden. 213 Auch ein Blick auf die Ermächtigungsgrundlage kann seine Berechtigung haben, da ohne gegenteilige Hinweise in der Regel davon ausgegangen werden kann, daß derjenige, dem keine Befugnis zum Erlaß von Außenrechtssätzen zusteht, solche auch nicht setzen wollte. 214 Die Abgrenzung danach, ob die Norm an einen Adressaten innerhalb oder außerhalb der Organisation ergeht, erleichtert weiterhin die Einsicht, daß die Zuordnung zum Innen- oder Außenbereich nicht absolut, sondern standortbezogen 215 und damit relativ ist: Auch die hier dem Außenbereich zugeordneten Beziehungen des Staates zu seinen Bürger sind Innenrechtsbeziehungen, sieht man den Staat aus dem Blickwinkel des völkerrechtlichen Außenverhältnisses. 216
210 BVerwG Urt. v. 17.2.1978 - BVerwG I C 102.76 -, in: BVerwGE 55, 250 (255); Erichsen, in: FS Menger, S.214; Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (441 f.); Schnapp, AöR 105 (1980), 243 (250); vgl. auch Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 132 f.; Rupp, Grundfragen, S. 34, Schwabe, JA 1975, 45 (49 f.); vgl. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 794 m.w.N. 211 Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160 f.; Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 18, Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (229); Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 23; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (314); Fuss, WissR 5 (1972), 97 (102 f.). 212 s. schon oben § I 11. 3. Fn 100. 2\3 Schwabe, JA 1975,45 (50). 214 Rupp, Grundfragen, S. 94. 215 Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 18 Fn 4. 216 Rupp, Grundfragen, S. 21 m. w. N.; so auch Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (388).
§ I Der Begriff des Innenrechtsstreits
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Damit wird die pauschalisierende Dichotomie von Außen- und Innenrechtsverhältnis überwunden,217 und ist das Verhältnis von Außen- und Innenrecht neu zu bestimmen. 218 Solange die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenbereich gesetzlich festgeschrieben ist - wie in § 35 und § 9 VwVfG - kann auf diese nicht verzichtet werden. 219 Die Unterscheidung zwischen Außen- und Innenrecht erfaßt die unterschiedliche Funktion, die dem Recht zukommen kann. Innenrecht dient primär der Zusammenordnung der Menschen zu einer Einheit und damit der Willensbildung und Herstellung von Handlungsflihigkeit. 220 Auch die Kritiker der Differenzierung zwischen Innen- und Außenrecht müssen zugestehen, daß eine solche Trennung zur Bezeichnung unterschiedlicher Rechtsnormadressaten und damit unterschiedlicher Funktionen von Recht möglich ist. 221 Im 2. Teil der Arbeit ist deshalb unter Heranziehung des Schrifttums und der Rechtsprechung zu öffentlichem und Zivilrecht zu untersuchen, unter welchen Umständen Rechtsnormadressaten "in der Wahrnehmung von Organfunktionen" begriffen sind. Hierbei ist der Frage nachzugehen, inwiefern die hier angenommene funktionelle Unterscheidung zwischen Innen- und Außenrecht bei den einzelnen Innenrechtssubjekten möglich ist. Auch wird überprüft, inwiefern, wie teilweise vorgeschlagen, eine Unterscheidung anhand grundrechtlich- oder subjektiv-rechtlich geschützter Sphären möglich ist. Voraussetzung einer solchen vergleichenden Untersuchung ist jedoch, daß die Sachverhalte vergleichbar sind222 (nachfolgend § 2).
Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978),385 (401). Zu Maß und Qualität der Trennung der Teilbereiche s. Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (388); Bäckenfärde, Organisationsgewalt, S. 75 fT.; Rupp, Grundfragen, S. 50 ff.; Larenz, AöR 93 (1968), 308 (315 Fn 43); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 167; Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (231). 219 Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 5 f. 220 Haenel, Staatsrecht, S. 91 f.; Bethge, DVBI. 1980,309 (314); Friauj, Der Staat 9 (1970), 223 (230); Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 118. 221 Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 77, läßt ausdrücklich offen, ob die Differenzierung beibehalten werden kann, u. Schmidt, Gesetzesvollziehung, S. 28, sieht die Gefahr von Begriffsvertauschungen und Zirkelschlüssen insbesondere dort, wo die Unterscheidung von "Innen"- und "Außenwirkung" mehr umschreiben solle als Unterschiede des Adressatenkreises. 222 s. oben Einleitung. 217
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§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits Dem Vergleich von Innenrechtsstreitigkeiten in Organisationen des öffentlichen Rechts einerseits und des privaten Rechts andererseits könnte entgegengehalten werden, daß sich ein solches methodisches Vorgehen schon aufgrund der Unterscheidung zwischen Organisationen des öffentlichen und des Zivilrechts und der zwischen beiden bestehenden Unterschiede verbietet. Die Parallele zwischen dem Innenrechtsstreit in öffentlich-rechtlichen Organisationen und solchen des Zivilrechts wird häufig bestritten oder zumindest ein hieraus zu ziehender Nutzen bezweifelt.' Beide Rechtsbereiche seien durch jeweils spezifische Besonderheiten geprägt, die einen Vergleich ausschlössen. 2 Während der Bereich der öffentlichen Organisationen durch Interessenpluralität und konfligierende Teilsysteme geprägt sei, knüpften zivilrechtliche Organisationen an eine Interesseneinheit an. So sei das Staatswesen, anders als eine Aktiengesellschaft, durch einen hohen Grad von Pluralität gekennzeichnet und erwachse die Staatsgewalt aus dem Zusammenspiel verschiedener (konfligierender) Teilsysterne, die jeweils bestimmte öffentliche Interessen repräsentierten. 3 Nur von "originellen Idealisten und Verkünder[ n] eines gesetzesübergreifenden juristischen Systems" und denjenigen, die die ,juristische Person als ein konfliktoffenes plurales System" konzipieren wollten, könne deshalb eine Übertragung von Lösungsansätzen aus dem einen in den anderen Bereich und die damit einhergehende "Sprengung von Gesetz und Tradition" betrieben werden. 4 Mit ähnlichen Erwägungen verneinte auch das OVG MünsterS in einem Beschluß aus dem Jahre 1999 einen Antrag auf Zulassung der Beschwerde, der u. a. darauf gestUtzt worden war, daß die Grundsätze der ARAG-GarmenbeckEntscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Aufsichtsralsmitglied einer Aktiengesellschaft bereits aufgrund seiner Stellung als Aufsichtsratsmitglied ei-
I Von öffentlich-rechtlicher Seite: OVG Münster, Beschl. v. 9.7.1999 - 8 B 1089/99 -, unveröffentlicht; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 493 f. Fn 28; von zivilrechtlicher Seite: Mertens, ZHR 154 (1990), 24 (24 f.); Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 90; kritisch auch Schneider, in: FS Fischer, S. 734 f. 2 Mertens, ZHR 154 (1990), 24 (24 f.); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 493 f. Fn 28. 3 Mertens, ZHR 154 (1990), 24 (24). 4 Mertens, ZHR 154 (1990), 24 (25) zur Übertragung öffentlich-rechtlicher Lösungsansätze ins Aktienrecht. 5 0 VG Münster, Beschl. v. 9.7. 1999 - 8 B 1089/99 -, unveröffentlicht.
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
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ne organinterne Klagebefugnis gegen rechtswidrige Beschlüsse habe, auf Organstreitigkeiten von Verwaltungsratmitgliedem einer Stadt-Sparkasse zu übertragen seien. Das Gericht begründete seine ablehnende Entscheidung damit, daß "die aus der venneintlichen Strukturähnlichkeit zwischen Sparkasse einerseits und Aktiengesellschaft andererseits im Hinblick auf ihre Aufgaben, ihre Organe, deren Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Legitimation abgeleitete Gleichstellung ( ... ) die jeweilige Rechtsnatur und AufgabensteIlung von privatrechtlicher Aktiengesellschaft und Sparkasse bereits im Ansatz" verkenne. Denn die Sparkassen seien aufgrund ihres besonderen Status als öffentlich-rechtliche Anstalten und des ihnen gesetzlich zugeordneten öffentlichen Auftrags Teil der öffentlichen Verwaltung der Gemeinde und Gemeindeverbände; sie nähmen "öffentliche Aufgaben" war. 6 Zwar seien die Sparkassen weitgehend rechtlich und organisatorisch verselbständigt, dennoch zählten sie zu den in das kommunale System integrierten Einrichtungen ihres Gewährträgers. Träger seien demokratisch strukturierte Gemeinden und Kreise kraft ihrer gemeinwohlorientierten Verwaltungskompetenz und - anders als freie Sparkassen, Banken oder Aktiengesellschaften - nicht kraft eines gewinnorientierten Kapitaleinsatzes. 7 Auch wenn die Sparkassen überwiegend als Universalbanken tätig seien und ihre Geschäftstätigkeit ganz überwiegend in privatrechtlicher Fonn und im Wettbewerb zu den privaten Kreditinstituten abgewickelt werde, habe dies nicht zur Folge, daß die Sparkassen aus dem Funktionskreis der öffentlichen Verwaltung zu entlassen seien. 8 Zu untersuchen ist deshalb, ob diese Einwände einem funktionsbezogenen Vergleich der Innenrechtsstreitigkeiten entgegenstehen. Es soll deshalb zunächst die Unterscheidung der Rechtsbereiche "öffentliches Recht" und "Privatrecht" dargestellt werden (nachfolgend 1.), bevor in einem zweiten Schritt die Kriterien der Unterscheidung zwischen Organisationen des öffentlichen und des Zivilrechts herausgearbeitet werden (unten 11.). Im Anschluß daran wird untersucht, ob sich anhand dieser Unterscheidung Gesichtspunkte ergeben, die einem funktionellen Vergleich der Innenrechtsstreitigkeiten entgegenstehen (unten 111.).
So auch B VerwG, Urt. V. 14.2.1984 - 1 C 81. 78 -, B VerwGE 69, 11 (22). OVG Münster, Beschl. v. 9.7.1999 - 8 B \089/99 -, unveröffentlicht. In diese Richtung auch Winter, in: SZ, Nr. 179 v. 6.8.1999, der einer Übertragung aktienrechtlicher Maßstäbe zur Beurteilung der Rentabilität und Kostendeckung auf den Staat entgegenhält, daß Staatsziele begründet ethisch seien und als "Verlustgeschäfte" nicht mit Zielen von Unternehmen verglichen werden könnten, die "in erster Linie auf Gewinnmaximierung, Kostendeckung, Verlustminimierung, Produktivität und Rentabilität zu achten" hätten. 8 OVG Münster, Beschl. v. 9.7.1999 - 8 B \089/99 -, unveröffentlicht, mit Verweis auf VerjGH NW, Urt. v. 11.07,1980 - VerfGH 8179 -, in: DVBI. 1981, 216 tT. 6
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
I. Die Rechtsbereiche öffentliches und privates Recht Die Einteilung in Privatrecht und öffentliches Recht und ihre strenge Unterscheidung sind typisch rur das modeme kontinental-europäische Recht. 9 Die Zweiteilung in einen privatrechtlichen und einen öffentlich-rechtlichen Bereich ist jedoch keine begrifflich-apriorische. Dies zeigt die von Rechtsordnung zu Rechtsordnung sehr unterschiedliche Grenzziehung zwischen den Bereichen sowie das in manchen Rechtsordnungen festzustellende völlige Fehlen einer solchen Zweiteilung. \0 Schon im römischen Recht wurde zwischen ius publicum und ius privatum unterschieden. Aber diesen Wörtern kam vor allem ein deskriptiver Wert zu und die Einteilung diente noch keinem Streben nach einem theoretisch ausgereiftem System. II Erst die Pandektistik hat die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht als eine grundlegende Selbstverständlichkeit von sowohl wissenschaftlicher als auch praktischer Bedeutung herausgearbeitet, als im 19. jahrhundert die Notwendigkeit erkannt wurde, die Rechtsverhältnisse der Hoheitsträger wissenschaftlich zu durchdringen. 12 In der folgenden Zeit entwickelte sich das Bild von den beiden Welten des privaten und des öffentlichen Rechtes, welche durch eine tiefe Kluft getrennt seien. Zwar wurden Berührungspunkte und Verflechtungen zwischen beiden Rechtsgebieten gesucht, gefunden und kommentiert. Das Bild selbst aber blieb präsent und prägt bis heute das juristische Denken. 13 Obwohl die Berechtigung der Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht fast einmütig angenommen wird, konnte sie bisher nicht auf eine eindeutige, wissenschaftlich definitorische Grundlage gestellt werden; bis heute besteht über die grundsätzlichen Kriterien der Grenzziehung in der deutschen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung keine Einigkeit. 14 Es sind verschie9 Rheinstein/von Borries/Niethammer, S. 35 Rn 14; Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 37. \0 Bachof, AöR 83 (1958), 208 (227); Rheinstein/von Borries/Niethammer, S. 35 Rn 14; Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 36; Bier/ing, Grundbegriffe, Bd. H, S. 150, spricht deshalb davon, daß die "Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht keinesfaHs eine Eintheilung des Rechts schlechtweg [... ], sondern im äußersten FaHe nur eine auf jedes Rechtssystem rur sich anwendbare [enthält].". II Kelsen, AöR 31 (1913),53 (57), legt ausruhr1ich dar, daß die Unterscheidung in ius privatum und ius publicum nur eine beiläufige, ohne tiefere Begründung und ohne weitere Konsequenzen war, die maßgeblich einem praktischen Bedürfnis diente; so auch Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 35. 12 Brnckner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 35 f.; zur Entwicklung der Trennung s. auch Boehmer, Grundlagen I, S. 169 ff. \3 Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 36. 14 Bachof, AöR 83 (1958), 208 (228); Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 35; Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384, steHt ein Unbehagen fest, "einen verstaubten Zank-
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
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denste Abgrenzungstheorien entwickelt worden. Heute noch diskutiert l5 werden die "Interessentheorie", die "Subordinationstheorie", die "Traditionstheorie" und die "Subjekts- oder Sonderrechtstheorie".16 Diese Theorien bemühen sich um eine Abgrenzung der Rechtsbereiche. Sie beantworten filr sich noch nicht die Frage nach der Abgrenzung der juristischen Personen bzw. Organisationen;17 im Gegenteil, sie setzen diese - wie bei der "Subjekts- oder Sonderrechtslehre,,18 - teilweise sogar als Anknüpfungspunkt voraus.
11. Die Unterscheidung von Organisationen öffentlichen und privaten Rechts Insbesondere von den Vertretern der Subjekts- oder Sonderrechtslehre wurden Kriterien entwickelt, die eine saubere Unterscheidung der Subjekte und damit die klare Abgrenzung der Rechtsbereiche des öffentlichen und des Zivilrechts ermöglichen sollen. Wolff, als Vertreter der Sonderrechtstheorie, formuliert seine Lehre in der letzten Fassung so: "Während Zuordnungsobjekte des 'privaten Rechts' beliebige Personen sind, ist 'öffentliches Recht' der Inbegriff derjenigen Rechtssätze, deren berechtigtes oder verpflichtetes Zuordnungssubjekt ausschließlich ein Träger hoheitlicher Gewalt ist. [ ... ] Öffentlich-rechtlich sind mithin diejenigen Pflichten, Rechte und AnsprUche und Rechtsverhältnisse, die sich aus einem Rechtssatz ergeben, der nicht jedermann (potentiell oder aktuell), sondern notwendig nur einen Staat oder ein Subjekt verpflichtet oder berechtigt, das durch Staatsakt zur Wahrnehapfel aus der Versenkung hervorzuholen", dessen es sich zu erwehren gelte, denn der Schluß liege nahe, daß "eine sinnentleerte Komplikation der Rechtsordnung" fortgeschleppt werde. Kelsen, AöR 31 (1913),53 (76), fUhrt aus, daß der Zustand, in dem sich die fUr die gesamte Rechtswissenschaft grundlegende Lehre vom Gegensatz zwischen Privat- und öffentlichem Recht befinde, "den beispiellosen Tiefstand der heutigen Rechtstheorie" bezeichne. Auch von Köhler, Grundlehren des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 24 stellt fest,"daß es bisher nicht möglich gewesen ist, die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Recht in zweifelsfreier allgemein gUltiger Form zu ziehen." 15 Eine Darstellung weiterer, älterer Theorien findet sich bei Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S. 29; WoljJlBachof, Verwaltungsrecht I, § 22 11 a Nr. 1-5 (S.98). 16 s. Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 ff.; Kelsen, AöR 31 (\ 982), 53 tT. 17 s. D. Schmidt, Unterscheidung, S. 118; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § I Rn I ff., zur Abgrenung von privatem und öffentlichem Recht einerseits und § 9 Rn I ff., zur Unterscheidung der juristischen Personen andererseits. 18 WoljJ, AöR 76 (1950/51), 205 (209); krit. hierzu u. a. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 135 a. E. - 138 u. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § I Rn 17 (S. 10), die hierin einen Zirkelschluß sehen; a.A. Menger, in: FS Wolff, S. 166; Schmidt, Abgrenzung, S. 135 fT.
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
mung gemeinsamer Angelegenheiten einer über individuelle Beziehungen hinausgehenden Personenvielfalt verpflichtet ist. Da die Subjekte hoheitlicher Gewalt durch Rechtssatz, Verwaltungs- oder Organisationsakt - also rechtens - errichtet werden, sind sie rechtlich notwendig und ist mithin das öffentliche Recht das Recht der rechtlich notwendigen Subjekte.,,19 Zur Unterscheidung der Subjekte hoheitlicher Gewalt von denen des Privatrechts werden damit materielle und formelle Kriterien herangezogen: die Trägerschaft hoheitlicher Gewalt und die Wahrnehmung gemeinsamer Angelegenheiten einer über individuelle Beziehungen hinausgehenden Personenvielfalt (als materielle Kriterien) und die Errichtung durch Staatsakt (als formelles Kriterium).
J. Die materiellen Abgrenzungskriterien
Die Verpflichtung zur Wahrnehmung gemeinsamer Angelegenheiten einerüber individuelle Beziehungen hinausgehenden - Personenvielfalt und die Trägerschaft von Hoheitsgewalt finden sich als materielle Abgrenzungskriterien auch bei vielen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entwickelten Ansätzen zur Abgrenzung öffentlich-rechtlicher und privat-rechtlicher Organisationen. So wird fUr die Qualifizierung als Organisation des öffentlichen oder des privaten Rechts teilweise die Teilnahme an der staatlichen Herrschaftsausübung20 oder die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben, die Tätigkeit im öffentlichen Interesse bzw. die gemeinnützige Tätigkeit als entscheidend angesehen?1 Auch bei einigen Vertretern der Anknüpfung an das formelle Kriterium des Errichtungsaktes klingen diese inhaltlichen Ansätze an. So fUhrt Larenz22 aus, im Privatrecht sei den am jeweiligen Rechtsverhältnis Beteiligten die Wahrnehmung ihrer Individualinteressen oder der in Vereinigungen gebündelten Individualinteressen übertragen. Es gehe im wesentlichen um die Durchsetzung und den Ausgleich dieser miteinander konkurrierenden und sich zum Teil wi-
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 22 11 c (S. 99 f.). So u. a. F/einer, Institutionen, S. 54, 100; lellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 266; von Köhler, Grundlehren des Deutschen Verwaltungsrecht, S. 209. 21 Der BGH, Urt. v. 18.12.1954 - 11 ZR 222/53 -, in: BGHZ 16, 59 (64), spricht von der Tätigkeit im öffentlichen Interesse; Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 25112 (S. 491), spricht von der Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht. - Auch bei Weick, in: Staudinger, BGB, Ein\. zu §§ 21 ff. Rn 21 f., klingt der Zweck als Abgrenzungskriterium neben dem des Errichtungsakt an. Vg\. ferner den Überblick bei Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 25 11 2 (S. 485 19
20
Fn 6). 22
Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts, § 1 Rn 7.
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
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derstreitenden Individualinteressen. Demgegenüber sei in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen mindestens immer ein Hoheitsträger beteiligt, dem ein AIIgemeininteresse zur Wahrnehmung zugewiesen ist, das gegenüber Individualinteressen oder anderen - von anderen Hoheitsträgern verfolgten - Allgemeininteressen durchzusetzen und zum Ausgleich zu bringen sei. Die Heranziehung dieser materiellen Kriterien begegnet jedoch bei näherer Betrachtung und insbesondere bei der Erprobung im Einzelfall Bedenken.
a) Die Innehabung hoheitlicher Gewalt Allein aus der Innehabung hoheitlicher Gewalt kann der besondere Charakter der juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht erklärt werden. Wer Hoheitsträger ist, richtet sich nach der einseitigen Regelungsbefugnis gegenüber einzelnen Bürgern. 23 Die Fähigkeit zur Ausübung von Hoheitsgewalt ist kein Wesensmerkmal der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Die Beleihung von juristischen Personen privaten Rechts und der Umstand, daß es juristische Personen des öffentlichen Rechts gibt, die nicht mit hoheitlicher Gewalt ausgestattet sind, zeigen, daß es auf die Innehabung von Hoheitsgewalt filr die Qualifizierung als Institution des öffentlichen Rechts nicht ankommen kann. 24
b) Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und Interessen Auch die angefilhrten verschiedenen Funktionen der juristischen Personen filhren nicht zu einer trennscharfen Abgrenzung zwischen solchen des öffentlichen und des privaten Rechts. Der Versuch, juristische Personen des öffentlichen Rechts dadurch zu kennzeichnen, daß die Aufgaben und Interessen, die sie wahrzunehmen haben, solche der Gemeinschaft oder öffentliche sind,25 sieht sich den Einwänden ausgesetzt, die auch gegen die Interessentheorie vorgebracht werden, denn letztlich fußt er gedanklich auf ihrem Fundament. 26 Die Interessentheorie ist argumentativ im Gegensatz von privaten und öffentlichen Interessen beheimatet. Die Berechtigung schon dieser Unterscheidung ist
23 Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (392), der eine "Hoheitstheorie" zur Abgrenzung entwickelt. 24 So Mielke, Abgrenzung, S. 99. 25 s. u. a. Rosin, Das Recht der öffentlichen Genossenschaft, S. 16 ff. u. Niederberger, Öffentlich-rechtliche Korporation, S. 26 f.; vgl. auch von Tuhr, Allgemeine Lehren, § 31 (S. 452f.). 26 Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S. 38; Mielke, Abgrenzung, S. 101.
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
zunächst fraglich. Sie impliziert, daß das öffentliche/gemeine vom privaten/individuellen Interesse geschieden werden kann. Eine Aussage, die zweifelhaft erscheint, beschäftigt man sich näher mit der Bestimmung von öffentlichen und privaten Interessen: So sind die Begriffe der "öffentlichen Aufgabe" und des "öffentlichen Interesses" einem ständigen Bedeutungswandel unterworfen?7 Der Begriff des "Allgemeininteresses" kann verschiedenste normative, politische, kulturelle oder sozial relevante Aspekte erfassen, die im Rahmen des AIIgemeininteresses zu berücksichtigen und miteinander in Einklang und zum Ausgleich zu bringen sind. 28 Dies folgt schon daraus, daß die "Allgemeinheit" eine unbestimmte Personenmehrheit ist und der Begriff des Allgemeininteresses pluralistisch bestimmt wird. 29 Die Angelegenheiten öffentlichen Interesses sind deshalb so vielgestaltig wie die gesellschaftlichen BedUrfnisse und wandeln sich mit ihnen. 30 Die Rechtsprechung gibt diesen Pluralismus öffentlicher Interessen zwar nur selten zu, denn die Möglichkeit eines solchen In-sich-Konflikts öffentlicher Interessen widerspricht "dem überkommenen Bild vom monarchischen Gemeinwohl als einer ,vorgegebenen' geschlossenen Größe,,3 t, in der Literatur ist aber nahezu nicht mehr bestritten, daß öffentliche Interessen und Gemeinwohlgehalte nicht wie eine empirisch-deskriptiv festzustellende Voraussetzung ermittelt werden können. 32 Aufgrund des weitgehenden Mangels inhaltlicher Maßstäbe wird die Bestimmung dessen, was der Inhalt des öffentlichen Interesses und des Gemeinwohls ist, zu einer Frage der Entscheidungskompetenz: 33 Die Bindung von Funktionssubjekten einer öffentlich-rechtlichen Organisation an ein Allgemeininteresse bedeutet nicht mehr, als daß das Organ die zu verfolgenden Zwecke nicht selbst setzt, sondern sie ihm - und zwar von der Allgemeinheit - vorgege27 Mielke, Abgrenzung, S. 102 f.; Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S. 30, 38 f.; Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 1,2 (S. 17) und § 6,2 (S. 113); Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 69; FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S. 88, spricht deshalb von der angeblichen Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf ein "nebulöses" öffentliches Interesse. 28 Buchwald, Organstreit, S. 134. 29 Auch Buchwald, Organstreit, S. 133 f., betont aufgrund der Anknüpfung rur die Zweckbestimmung an die Allgemeinheit die verschiedenen Subjekte der Allgemeinheit; s. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 478 f. 30 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 117 m. w. N.; Schröder, Anwendungsbereich des Parlamentsrechts, S. 379, 389 f.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 476 ff.; Damkowski, DVBI. 1978,229 (231). 31 Häberle, Öffentliches Interesse, S. 421. 32 Schröder, Anwendungsbereich des Parlamentsrechts, S. 379, 389 f.; Stettner, Kompetenzlehre, S. 203, spricht deshalb davon, daß die Ennittlung von Gemeinwohlgehalten kein "Wahrheits"-problem darstelle; s. auch Möllering, WiVerw 2001, 25 (35 f.); Stober, Mitgliederklagen, S. 65 f. 33 Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 69 insb. Fn 7; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 478 f., 498 f.
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ben werden. 34 Das Allgemeininteresse ist nicht darum ein solches, weil dieses in der Befugnisnorm etwa inhaltlich determiniert wäre oder aber von der Ausübung der Befugnis immer alle gleichmäßig profitieren oder darin berücksichtigt werden, sondern weil die Definitionsmacht darüber beim Gemeinwesen liegt.35 Zu Recht stellt deshalb der Verwaltungsgerichtshof München in einer neueren Entscheidung zu den Kompetenzen der Industrie- und Handelskammern darauf ab, wem das "Recht zur Interessendefinition", in diesem Fall das Recht zur "Definition des Gesamtinteresses der Kammerzugehörigen" zukommt. 36 Eine realistische Konzeption des öffentlichen Interesses stellt folglich primär darauf ab, wie, d.h. in welchem Verfahren ein Interessenstandpunkt bezogen oder eine Entscheidung gefällt wird, und prüft erst sekundär, was sie beinhaltet. 37 Auch im Zivilrecht ist im Innenbereich von Organisationen keine Interessenhomogenität zu konstatieren, obwohl auch hier von der Ausrichtung auf ein Gemeininteresse ausgegangen wird. 38 Der Bezugs- und Zielpunkt, an dem die Ausrichtung der Organisation zu messen ist, variiert von Rechtsform zu Rechtsform und hängt insbesondere vom Verbandszweck ab. Dabei ist z. B. bei der Aktiengesellschaft die Zweckausrichtung selbst ebenso abstrakt und dehnbar, wie im öffentlichen Recht der Begriff des "öffentlichen Interesses". Der Bezugs- oder Zielpunkt, an dem die konkrete Aufgabenwahmehmung zu messen ist, ist schon auf einer begrifflich-systematischen Ebene zweifelhaft und umstritten. 39 Allgemeine Verhaltensmaxime in der Aktiengesellschaft soll entweder das Unternehmens- oder das Gesellschaftsinteresse sein. 40 Eine Unterscheidung die34 Buchwald, Organstreit, S. 128, die auf S. 131 deshalb davon spricht, das Interesse sei nur "ein Platzhalter rur die noch zu erfolgende oder auch vorgegeben Zwecksetzung". 35 Buchwald, Organstreit, S. 130 f; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 478; s. auch Möllering, WiVerw 2001,25 (30) zum Gesamtinteresse der Handel- und Gewerbetreibenden. 36 VGH München, Urt. v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 -, in: GewAreh 2000, 60 (61); s. hierzu Ehlers, JK 00, GG Art. 2 1/32 u. Stober, Mitgliederklagen, S. 65 f 37 Fröhler/Oberndorfer, Körperschaften, S. 75; Stober, Mitgliederklagen, S. 65 f; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 476 ff., 498 f; zur Verfahrens- und Kompetenzbezogenheit der Gemeinwohlfrage auch Stettner, Kompetenzlehre, S. 203 f 38 So zutreffend Buchwald, Organstreit, S. 139, die festhält, daß Organe privatrechtlicher juristischer Personen (die Buchwald ansonsten aus ihrer Bearbeitung ausklammert) sich zwar nicht durch einen Bezug auf das Allgemeininteresse, aber durch ihre Verantworltichkeit im Sinne von Rechenschaftspflichtigkeit im Hinblick auf das Interesse der jeweiligen juristischen Person auszeichnen. .. 39 s. hierzu mit ausruhrlichen Nachweisen Scholz/Langer, Stiftung, S. 82; Steinbeck, Uberwachungspflicht, S. 45 ff.; Bauer, Organklagen, S. 11 f.; Wagner, Aufsichtsgremien, S. 72; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, § 13 (S. 386 tf.). 40 BGH, Urt. v. 5.6.1975 - II ZR 156/73 - (Bayer - 3. Instanz), in: BGHZ 64, 325 (331) ("Untemehmensinteresse"); BGH, Urt. v. 07.03.1994 - II ZR 52/93 -, in: BGHZ 125,239 (243) ("sachliches untemehmeriches Interesse"); BGH, Urt. v. 19.4.1982-11
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
ser beiden Begriffe durch deren präzise Definition hat der Bundesgerichtshof bisher nicht deutlich vorgenommen, sondern wendet sich in seinen Entscheidungen unmittelbar den Interessen zu, die von den jeweiligen Maßnahmen berilhrt werden. Im Schrifttum zum Aktienrecht herrscht aber Einigkeit darilber, daß der Bundesgerichtshof auch die Interessen der Aktionäre, insbesondere die der Minderheit, der Gesellschaftsgläubiger, der Arbeitnehmer sowie die öffentlichen Interessen (einschließlich Arbeitsplatzerhaltung zur Gewährleistung des sozialen Friedens) berilcksichtigt,41 auch wenn diese nicht den gleichen Rang und die gleiche Wertigkeit haben. 42 Auch die bisher wohl überwiegende, wenngleich in der neueren Literatur von vielen bestrittene Auffassung geht dahin, daß - entsprechend der ursprilnglichen Fassung des § 70 Abs. 1 AktG 1937 - die Geschäftsfilhrung des Vorstandes und die inhaltlich kongruente Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats ihren Bezugspunkt und ihre Verhaltensmaxime im "Unternehmensinteresse" und im "Gemeinwohl" finde 43 . Sie gestehen dabei aber ein, daß "die sich hinter den Begriffen verbergenden Wertungskonflikte - z.B. Produktivität, Arbeitsplatzerhaltung und Ökologie - mit diesen schönen Worten nur angedeutet,,44 seien. Die Gegenauffassung mißt dem Begriff des Unternehmensinteresses nur einen relativ begrenzten Wert filr die praktische Anwendung ZU. 45 Auch in der zivilrechtlichen Literatur wird deshalb teilweise eingeräumt, daß in der generalklauselartigen Offenheit der herangezogenen Zielformeln nur die Unbestimmtheit und der Prozeßcharakter der Zielbildung im Unternehmen dokumentiert werde, und deshalb ihre rechtliche Auflösung in Kompetenz- und Verfahrensregelungen propagiert. 46 ZR 55/81 -, in: BGHZ 83, 319 (321); Urt. v. 9.2. I 998 - 11 ZR 278/96 -, in: BGHZ 138, 71 (76); Urt. v. 23.06.1997 - 11 ZR 132/93 -, in: BGHZ 136, 133 ff. ("Gesellschaftsinteresse"). - Teilweise verwendet der BGH auch beide Begriffe gleichzeitig, s. BGH, Urt. v. 07.03.1994 - 11 ZR 52/93 -, in: BGHZ 125, 239 (243 f.). Nach Ftume, juristische Person, § 2 VII (S. 59 ff.) sind Unternehmensinteresse und Gesellschaftsinteresse de lege lata bei der Aktiengesellschaft entsprechend der Identifikation von Unernehmen und juristischer Person bei der Aktiengesellschaft identisch. S. auch Jürgenmeyer, Unternehmensinteresse, S. 62 f.; Schilling, in: FS Fischer, S. 683; Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. z. AktG, 1. Autl., Vor § 95 Rn 4. 4\ Henze, BB 2000, 209 (212). 42 BGH, Urt. v. 09.02.1998 - 11 ZR 278/96 - (Sachsenmitch), in: BGHZ 138, 71 ff., der bei Abwägung die Belange der Minderheitsaktionäre zugunsten der Arbeitnehmerund Öffentlichkeitsinteressen hintenan stellte; s. hierzu: Henze, BB 2000, 209 (212). 43 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 11 1 a (S. 813 f.) m. w. N.; s. auch Raiser, ZHR 144 (1980), 206 (229). 44 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 I a (S. 814). 45 Zu den kritischen Stimmen s. die Nachweise bei Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, § 13 (S. 386 ff.); Jürgenmeyer, Das Unternehmensintersse, 1984. 46 Raiser, ZHR 144 (1980), 206 (223 f.); s. hierzu auch Schotz/Langer, Stiftung, S. 82.
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Auch die internen Auffassungen über den Inhalt des Unternehrnens- bzw. Gesellschaftsinteresses können auseinander gehen47 und gruppenspezifisch geprägt sein. So hat das im sog. Opel-Fall erstinstanzlich zuständige Landgericht Darmstadt 1986 angenommen, Aufsichtsratsmitglieder nähmen neben dem allgemeinen Unternehmensinteresse auch die spezifischen Belange der sie entsendenden Gruppe wahr. 48 Das in zweiter Instanz entscheidende OLG Frankfurt hat demgegenüber zwar ausdrücklich die Interessenhomogenität und die Unterordnung der Einzel- und Gruppeninteressen unter das Unternehmensinteresse betont,49 doch kann bei Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat ein gruppenspezifisches Verständnis des Unternehmenswohls nicht bezweifelt werden. 50 Auch besondere Aktionärsgruppen - beispielsweise bei Aktienbesitz in den Händen von Gründerfamilien oder ihrer Nachkommen oder bei öffentlichen Anteilseignern neben privaten - bündeln ähnlich wie die Arbeitnehmervertreter in der Praxis häufig ihre spezifischen Interessen oder versuchen dies zumindest. 51 Nicht nur der Aufsichtsrat ist damit tatsächlich von Interessenheterogenität geprägt,52 Vergleichbares ist ftlr die Hauptversammlung und die Aktiengesellschaft insgesamt festzustellen. Das Bundesverfassungsgericht ftlhrt ausdrücklich aus, daß nur "im Idealfall [ ... ] eine vollständige Interessenhomogenität unter den Gesellschaftern" bestehe und die Interessen der Aktionäre nicht nur untereinander, sondern oft auch im Verhältnis zur Gesellschaft divergent seien. 53 Gesetz und Satzung dienten deshalb d~m Ausgleich der widerstreitenden Interessen und ennöglichten auf diesem Wege die Funktionstahigkeit der Gesellschaft. 54 Der ft1r die Aktiengesellschaft zu ziehende Schluß gilt auch ftlr andere Organisationsfonnen des Zivilrechts; auch hier wird die dominante und zentrale Be-
47 Zu dieser Problematik in Verbänden allgemein Lutter, AcP 180 (1980), 84 (92,
121 ).
48 LG Darmstadt, Urt. v. 6.5.1986 - 14 0 328/85 - (Opel- 2. Instanz), in: AG 1987, 218 (219), siehe die ablehnende Anmerkung von Kort, CR 1987, 105. 490LG Frankfurt, Urt. v. 22.1.1988 - 24 U 217/86 - (Opel- 2. Instanz), in: AG 1988, 109 (110), mit zustimmender Anmerkung von Kort, CR 1988, 289 u. Sonnenhol, WuB II A. § 111 AktG 1.88 (S. 580); ablehnend auch BGH, Urt. v. 28.11.1988 - 11 ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106,54 (65). so Büdenbender, JA 1999, 813 (819). 51 Büdenbender, JA 1999,813 (819). 52 Büdenbender, JA 1999, 813 (821); Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. z. AktG, I. Aufl., Vor § 95 Rn 4. 53 BVerjG, Besch!. v. 20.09.1999 - I BvR 168/93 -, in: NJW 2000, 129. 54 BVerjG, Besch!. v. 20.09.1999 - I BvR 168/93 -, in: NJW 2000, 129.
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
deutung des Organisationszwecks als rechtlicher Bewertungsmaßstab rur jegliches Handeln zugunsten einer prozeduralen Betrachtung relativiert. 55 Die Interessentheorie verkennt weiterhin - auch dies durfte bei der vorangehenden Betrachtung deutlich geworden sein -, daß, selbst wenn man von der Unterscheidbarkeit öffentlicher und privater Interessen ausgeht, beide dem gesamten Recht eigentümlich sind. Es gibt kein Privatrecht, das nicht auch dem öffentlichen Interesse, kein öffentliches Recht, das nicht auch dem Privatinteresse verpflichtet ist. Privates Recht ordnet die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Bürger nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch aus dem öffentlichen Interesse am Rechtsfrieden heraus. 56 Umgekehrt verpflichten die Grundrechte und insbesondere der Grundsatz des Übermaßverbots, dazu, die Interessensphäre des einzelnen Bürgers auch dann zu beachten, wenn öffentlichrechtlich gehandelt wird. 57 Eine Differenzierung anhand der verschiedenen Interessen muß sich folglich entgegenhalten lassen, daß der Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen rur beide Rechtsgebiete charakteristisch ist. 58 Auch wenn, wie dies in Fortentwicklung der Interessentheorie getan wird, die Ausgleichungsfunktion der Rechtsnormen beider Gebiete berücksichtigt wird, indem man darauf abstellt, daß öffentlich solche Verhältnisse sind, bei denen das öffentliche Interesse überwiege, und alle anderen Verhältnisse privater Natur seien,59 kann das wahrgenommene Interesse nicht maßgeblich sein. Denn auch die Vorschriften des Familienrechts, des Arbeits- und Mietrechts60 oder des Nachbarrechts 61 dienen konkreten öffentlichen Interessen, deren Nachrangigkeit gegenüber den Privatinteressen nicht deutlich wird. Schließlich zeigt die Vielfliltigkeit der subjektiv-öffentlichen Rechte, daß auch bei vielen öffentlichrechtlichen Vorschriften ein solches Überwiegen öffentlicher Interessen nicht
55 Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. z. AktG, I. Aufl., Vor § 95 Rn 4; Lutter, AcP 180 (1980), 84 (92) betont, daß obwohl die Interessen innerhalb eines Verbandes, einer privaten Zweckgemeinschaft mindestens in der Idee gleichgerichtet und gemeinsam sind, können sie im Konkreten, insbesondere bei Festlegung der einzelnen Maßnahmen zur Zweckverfolgung, vielfiUtig konfligieren. 56 Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S. 30; D. Schmidt, Unterscheidung, S. 88; Mielke, Abgrenzung, S. 57 f; s. auch Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn 16 (S. 9 f.); Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 53; Menger, in: FS Wolff, S. 158 f.; krit. hingegen Walz, Wesen des öffentlichen Rechts, S.30. 57 Schmidt, Unterscheidung, S. 89; vgl. auch Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S.41. 58 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürgerlichen Rechts, § 1 Rn 8 f. (S. 3). 59 So u. a. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 53. 60 Walz, Wesen des öffentlichen Rechts, S. 30 f.; Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 1 Rn 8 (S.3). 61 Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 21 ff.
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festzustellen ist.62 Das subjektive öffentliche Recht soll von seinen Voraussetzungen her ja gerade davon abhängig sein, daß eine Norm Individualinteressen, d. h. private Interessen, schützen will. 63 Die Interessentheorie wird deshalb zu Recht von der überwiegenden Auffassung als ungeeignet angesehen, privates und öffentliches Recht64 bzw. Organisationen des öffentlichen Rechts und des Zivilrechts zu scheiden. 6s Aus diesem Grunde kann auch der Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit rur die Abgrenzung nicht herangezogen werden. Die Relevanz der Gemeinnützigkeit soll daraus folgen, daß eine Aufgabe dann als staatlich zu qualifizieren sei, wenn sie aus gemeinnützigen Motiven und nicht aus dem Gedanken der Gewinnerzielung heraus wahrgenommen werde, und die Art der Wahrnehmung an der Gemeinnützigkeit orientiert sei. Daß die dieser Überlegung zugrundeliegende Gegenüberstellung von egoistisch-individuell (zivilrechtlich) und altruistischsozial (öffentlich-rechtlich) sich nicht aufrechterhalten läßt, zeigen schon die zahlreichen juristischen Personen des Privatrechts, die gemeinnützige Aufgaben wahrnehmen.66 So kennt das Bürgerliche Gesetzbuch Vereine, und damit juristische Personen des Privatrechts, die politische oder soziale Zwecke verfolgen, d. h. Zwecke, die den Begriff der öffentlichen Aufgabe berühren. Anhand der wahrgenommenen Aufgaben oder Interessen kann damit keine überzeugende Abgrenzung von Organisationen des öffentlichen Rechts und des Zivilrechts vorgenommen werden.
Kelsen, AöR 31 (1913),53 (80 tT.); Menger, in: FS WoltT, S. 159. So das herkömmliche und immer noch herrschende Verständnis des subjektivenötTentlichen Rechts. Vg!. WolfflBachof, Verwaltungsrecht I, § 43 1 b 2 (S. 322). 64 BVerjG, Besch!. v. 22.4.1958 - 2 BvL 32,34,35/56 -, in: BVerfGE 7, 342 (355); OVG Lüneburg, Urt. v. 29.3.1968 - 1 A 54/66 -, in: DÖV 1968, 803 f.; Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 1 Rn 16 (S. 9 f.); Bierling, GrundbegritTe, Bd. 11, §§ 196, 198 (S. 157 - 159, 161); Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts 1/1, § 104 I (S. 619); Kelsen, AöR 31 (1913),53 (77 - 86); Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 1 Rn 24, halten die Interessentheorie nur für bedingt geeignet, auch wenn sie einen berechtigen Kern enthalte; Menger, in: FS Wolff, S. 157 - 159; Molitor, Über ötTentliches Recht und Privatrecht, S. 30; Schöne, Privatrecht und ötTentliches Recht, S. 44 - 49; WoljJ, AöR 76 (1950/51), 205 (21 I); WolfflBachof, Verwaltungsrecht I, § 2211 (S. 98); weitere Nachw. u. a. bei D. Schmidt, Unterscheidung, S. 93 Fn 86. 65 Molitor, Über ötTentliches Recht und Privatrecht, S. 38 f.; a. A. Walz, Wesen des ötTentlichen Rechts, S. 31, der zwar die Unzulänglichkeit der Interessentheorie benennt, in ihr dennoch ein "einfaches provisorischen Unterscheidungsmittel" zur Abgrenzung von ötTentlichem und Privatrecht sieht. 66 Mielke, Abgrenzung, S. 106; Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 45; so auch schon von Tuhr, Allgemeine Lehren, § 31 (S. 452); Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts 1/1, § 104 I (S. 619). 62 63
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
2. Das formelle Abgrenzungskriterium
Gegenüber der an materielle Gesichtspunkte anknüpfenden Abgrenzung hat die Orientierung an der Art der Errichtung im heutigen Schrifttum ganz überwiegend Zustimmung gefunden67 . Juristische Personen des Privatrechts sollen sich danach von denen des öffentlichen Rechts dadurch unterscheiden, daß die ersten auf einem privatrechtlichen GrUndungsakt (GrUndungsvertrag, Stiftungsgeschäft), die letzten auf einem Hoheitsakt, insbesondere einem Gesetz, beruhen oder nachträglich durch ein Gesetz als Träger öffentlicher Aufgaben anerkannt worden sind. 68 Obwohl damit ein formelles Kriterium als Anknüpfungspunkt herangezogen wird, ist dessen Wahl nicht frei von inhaltlichen Erwägungen. Die Anknüpfung beruht auf dem Gedanken des hierarchischen Geflilles im öffentlichen Recht gegenüber der Gleichordnung im Zivilrecht. Als wesentliches Kennzeichen und grundlegendes Ordnungsprinzip des Privatrechts wird die Privatautonomie angesehen;69 der Vertrag wird zum zentralen privatrechtlichen Instrument. 7o Juristische Personen des Privatrechts sollen deshalb regelmäßig kraft Privatautonomie durch freien Entschluß der sich zu einer solchen Person Zusammenschließenden entstehen, selbst wenn eine staatliche Mitwirkung in Form einer Genehmigung oder Eintragung hinzutreten muß. 71 Demgegenüber soll das öffentliche Recht geprägt sein von der Subordination des Bürgers unter das Gemeinwesen, welches die Rechtsbeziehungen im Einzelfalls durch einseitige Verfugung gestalten könne. 72 Das Über-lUnterordnungsverhältnis sei notwendige Konsequenz der Prämisse, daß der Staat eine vorgegebene hoheitliche Aufgabe, ein öffentliches Interesse, grundsätzlich wahrnehmen müsse, während es im Privaten Recht nur das individuelle Wollen, das private Interesse gebe. 73 Der so umrissene und mit der Eigenschaft als juristischer Person des öffentlichen Rechts verbundene mehr oder weniger ausgeprägte Sonderstatus wird als das entscheidende Moment ftlr die Art und Weise ihrer Entstehung angesehen. 74 67 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts, § 9 Rn 3, bezeichnen sie als "heute herrschende Lehre"; ebenso u.a. von Tuhr, Allgmeine Lehren, § 31 I (S. 453); Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I/I, § 104 I (S. 619); Fahse, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Autl., § 89 Rn 17; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 116; Hübner, Allg. Teil d. BGB, S. 115; Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht I, § 34 11 (S. 244 f.). 68 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts, § 9 Rn 3; Bachof, AöR 83 (1958), 208 (252); Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht I, § 34 II (S. 244 f.). 69 Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts, § 1 Rn 2. 70 Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 42. 71 Bachof, AöR 83 (1958), 208 (253); Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht I, § 34 I b) (S. 244 f.). 72 Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 42. 73 Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 42. 74 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 116.
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Denn die Entscheidung darüber, weIche Gebilde an der staatsbezogenen Sonderrechtsordnung teilhaben und in welchem Umfang sie in diese Ordnung eingelassen werden sollen, könne allein dem Staat zustehen. 75 Eine Entscheidung, die er durch den rur die Errichtung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erforderlich gehaltenen Staatsakt treffe. Die der Subjekts- oder Sonderrechtstheorie zugrunde liegende Motivation, nämlich der Gegensatz von Über-lUnterordnung und Gleichordnung, begegnet denselben Bedenken, die gegen die "Subordinationstheorie" vorgebracht werden. Gegen diese wird zu Recht angeführt, sie sei nicht in der Lage, die Leistungsverwaltung und den öffentlichen Vertrag zu erklären. 76 Auch verkennt sie, daß nicht nur im öffentlichen Recht, sondern auch im Privatrecht Verhältnisse der Über-lUnterordnung etwa zwischen Eltern und Kindern oder im Arbeitsrecht existieren. 77 Sie begegnet zudem angesichts des im Grundgesetz niedergelegten Grundsatzes der Volkssouveränität, der Grundrechte und der Rechtsschutzgarantie auch verfassungsrechtlichen Einwänden. 78 Fraglich ist schließlich, ob - abseits dieser Bedenken - mit dem Errichtungsakt überhaupt ein Differenzierungskriterium zur VerfUgung steht, anband dessen eine eindeutige und trennscharfe Abgrenzung der Organisationen des öffentlichen und des privaten Rechts möglich erscheint. Denn die Bildung des Gegensatzpaares, Rechtsgeschäft/juristische Person des Privatrechts und HoheitsaktIjuristische Person des öffentlichen Rechts,79 stößt auf die systematische Schwierigkeit, daß unser Rechtssystem die gänzlich freie Gründung juristischer Personen nicht kennt, sondern auch juristische Personen des Privatrechts zur Gründung eines Staatsaktes bedürfen. 80 Entweder tritt zu einem privaten Rechtsgeschäft wie bei der Stiftung ein Staatsakt hinzu oder am Schluß des Entstehungsprozesses ist wie bei Idealvereinen81 oder der Aktiengesellschaft82 eine
Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 116; Woljf, AöR 76 (1950/51), 205 (210). Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (392) m. w. N. 77 So schon Kelsen, AöR 31 (1913),53 (93); s. auch Boehmer, Grundlagen I, S. 165; Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (392). 78 So Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 286, der der Subordinationstheorie die Tendenz zuschreibt, die Staatsgewalt zu stärken; Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (391 f) m. w. N. kritisiert, sie pflege den "Untertanengeist von einst"; s. auch Boehmer, Grundlagen I, § 7 I 1 (S. 164); Pawlowski, Allgemeiner Teil, § 1 Rn 11-13 (S. 5 f.). 79 Diese findet sich schon bei von Tuhr, Allgemeine Lehren, § 31 I (S. 453). 80 Rittner, Die werdende juristische Person, S. 44; die einzelnen Prinzipien nennt Schultze-v. Lasaulx, in: Soergel/Siebert, BGB, 11. Aufl., Vor § 21 Rn 15 ff. - Anders allerdings bei der sog. Außen-GbR, die als (teil-)rechtsfähige Organisation des Privatrechts anerkannt worden ist, s. oben § I III. 2. c), die allerdings keiner staatlichen Registereintragung bedarf. 81 §§ 59 ff. BGB. 82 §§ 36 ff. AktG. 75
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6 Di.mett
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
Registereintragung erforderlich. 83 Dem Einwand wird zwar entgegnet, daß bei juristischen Personen des Privatrechts der erforderliche Staatsakt dem privatautonom getätigten Rechtsgeschäft nur hinzutrete, ohne diesem den rechtsgeschäftlichen Charakter zu nehmen. 84 Im Verhältnis zu Personen des öffentlichen Rechts, deren Gründung gleichfalls in zwei Akten erfolgt, überzeugt dieser Standpunkt aber nicht. 85 So erfolgt die Gründung eines gemeindlichen Zweckverbands freiwillig und setzt neben der Feststellung der Satzung durch die übergeordnete Behörde eine entsprechende Einigung voraus. 86 Auch sind der Norddeutsche Rundfunk87 und das Zweite Deutsche Femsehen88 durch Staatsvertrag gegründet worden, dem die beteiligten Länder durch Gesetz zugestimmt haben. 89 Auch eine Differenzierung nach der Besonderheit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes (öffentlicher oder privatrechtlicher Vertrag) verbietet sich, da die Abgrenzung auf diese Weise nur verlagert wird und zu einem Zirkelschluß
filhrt. Eine Differenzierung der juristischen Personen anband des zugrundeliegenden Errichtungsakts kann damit nicht ohne Bedenken befUrwortet werden. 90 Eine Zuordnung anband dieses Kriteriums ist eindeutig nur dort, wo der Gesetzgeber die Rechtsnatur der zu qualifizierenden Organisation ausdrücklich bestimmt hat. 91 Bei Fehlen entsprechender gesetzlicher Regelungen ist demgegenüber eine Neuorientierung erforderlich: Hier wird teilweise auf die Funktion der Organisation,92 und damit wieder auf inhaltlich Kriterien, zurückgegriffen. Andere ziehen Vermutungsregeln heran: Teilweise wird in diesen Fällen generell 83 Diese ist hingegen bei der Außen-GbR, die durch den BGH, Urt. v. 29.1.2001 - 11 ZR 331/00 - als rechtsfähig anerkannt wurde, nicht erforderlich. Während bei juristischen Personen des Privatrechts der Einwand, daß sie zu ihrer Gründung eines zusätzlichen Staatsaktes bedürfen, greift, verliert diese Argumentation bei den Organisationen des Privatrechts, insb. bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deshalb an Schlagkraft. 84 So schon von Tuhr, Allgemeine Lehren, § 31 I (S. 453). 85 D. Schmidt, Unterscheidung, S. 124. 86 Beispiel nach D. Schmidt, Unterscheidung, S. 124. 87 V gl. BVerwG, Urt. v. 28.5.1980 - BVerwG 7 A 2.79 -, in: BVerwGE 60, 162 tT. 88 Vgl. BVerwG, Urt. v. 5.11.1965 - BVerwG VII C 119.64 - , in: BVerwGE 22, 299 ff. 89 Beispiele nach D. Schmidt, Unterscheidung, S. 124. 90 D. Schmidt, Unterscheidung, S. 124; ebenso Reuter, in: RebmannlSäckerlRixecker, Münch. Komm. z. 8GB, § 89 Rn 4. 91 So z.B. bei der Deutschen Bundesbank (§ 2 S. I Gesetz über die Deutsche Bundesbank); die Bundesanstalt filr Arbeit (§ 189 Abs. I Satz I Arbeitsmrderungsgesetz); die Handwerkerinnung (§ 53 Satz 1 HandwO) u. v. m. Zu weiteren Beispielen s. D. Schmidt, Unterscheidung, S. 126. 92 Bachof, AöR 83 (1958), 208 (230); Weid" in: Staudinger, BGB, Einl zu §§ 21 ff., Rn 22; s. auch H. P. Westermann, in: ErmanfWestermann, BGB, Vor § 21 Rn 11, der auf die Betrauung mit öffentlichen Aufgaben und auf das Eingefilgtsein in die öffentliche Verwaltung abstellt, und damit die Abgrenzungsprobleme nur verschiebt.
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
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der privatrechtliche Rechtscharakter der Organisation angenommen, da eine juristische Person des öffentlichen Rechts nur vorliegen soll, wenn besondere Umstände dafür sprechen. 93 Teilweise wird auch mit Blick auf das im Zivilrecht geltende Numerus-clausus-Prinzip und Überlegungen hinsichtlich eines wirksamen Vertrauensschutzes eine Vermutung für die öffentlich-rechtliche Natur ausgesprochen. 94 Selbst dort, wo eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers vorliegt, ist damit rur die hier angestrebte Untersuchung zunächst nichts gewonnen. Zwar kann anband des formellen Kriteriums eine rein positiv-rechtliche Zuordnung der Organisation vorgenommen werden. Diese Grenzziehung bleibt jedoch inhaltsleer. 9s Für die Frage nach der Vergleichbarkeit kann nur entscheidend sein, ob über diese formelle Einteilung hinaus systematische oder inhaltlichen Erwägungen rur die Entscheidung des Gesetzgebers mal in die eine, mal in die andere Richtung zum Tragen gekommen sind,96 und ob diese Erwägungen einem funktionellen Vergleich entgegenstehen. Untersucht man die Gründe rur die Unterscheidung in öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Organisationen, so ist festzustellen, daß diese ganz überwiegend historisch bedingt ist.
3. Die historische Entwicklung der Unterscheidung Die heutige Anerkennung juristischer Personen ist das Ergebnis einer langdauernden Entwicklung. Die von der Pandektenwissenschaft rur das Privatrecht entwickelte Rechtsfigur der ,juristischen Person" wurde im 19. Jahrhundert rur das Gebiet des öffentlichen Rechts übernommen 97 und der Staat zur juristischen Person des öffentlichen Rechts erklärt. 98 Von entscheidender Bedeutung rur die Ausbildung der juristischen Person des öffentlichen Rechts war hierbei die materielle Rechtsstaatsidee, welche sich gegen die Auffassung des Staats als "Wohlfahrtsstaat" wandte, indem sie seine Aufgaben auf die Erhaltung von Sicherheit und Ordnung beschränkte und indem sie die Wohltätigkeit sowie die Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 162 Fn 123 m. w. N. So D. Schmidt, Unterscheidung, S. 133. 95 s. z. B. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn 10 (S. 6), dem es "hoffnungslos erscheint, die Grenzziehung zwischen öffentlichem und privatem Recht, mit einer nicht bloß inhaltsleeren Formen zu beschreiben". 96 In diese Richtung auch Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn 10 (S. 6); Püttner, Verwaltungsrecht, S. 69; Weick, in: Staudinger, BGB, Einl §§ 21 ff. Rn 22, die aufgrund der "Inhaltsleere" auf die historischen Umstände abstellen wollen. Püttner, Verwaltungsrecht, S. 69, kennzeichnet diese Abgrenzungsmethode als die "Traditionstheorie". - Die Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung betont auch der BayVerjGH, 20.6.1056 - Vf. 87 VII 53 - , in: BayVBI. 1956, 274 (275). 97 Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 25 11 I (S. 484). 98 Albrecht, Rezension, in: Göttingische gelehrte Anzeigen, S. 1489 tT. 93
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I. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
wirtschaftliche und kulturelle Betätigung der staatsfreien Sphäre des Individuums reservierte. 99 Die absolute Willensmacht des Trägers der Staatsgewalt sollte eingeschränkt und ihre Betätigung durch Gesetze geregelt werden. loo Mit der Sonderstellung des öffentlichen Rechts sollte die Macht des souveränen Fürstenstaats gegen den widerstrebenden Adel und später das liberale Bürgertum abgeschirmt werden, während hinter der Begründung des autonomen Privatrechts die Absicht stand, aus dem Machtbereich des absoluten Staates einen Freiraum filr die bürgerliche Gesellschaft herauszuschneiden. 101 Aus dieser Gegenüberstellung von Gesellschaft und Staat entwickelte sich der Statusunterschied zwischen juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts; 102 es wurde notwendig, die überindividuellen Gruppierungen entweder dem Rechtskreis des Individuums oder dem des Staates zuzuordnen, auch wenn zwischen den Privatgesellschaften und den Korporationen, die um ihrer Gemeinnützigkeit willen "öffentlich" genannt wurden, unter der Geltung des Allgemeinen Landrechts nur graduelle Unterschiede bestanden. 103 Die gemeinsamen Eigenarten und die einzelnen Sachunterschiede etwa zwischen Staatseinrichtungen mit formell eigener Rechtspersönlichkeit, Gebietskörperschaften mit Selbstverwaltung, berufsständischen Kammern, Innungen, Aktiengesellschaften mit gemeinwichtigen Aufgabe, Genossenschaften mit gemeinnützigen Zielen, politischen Parteien und Wohltätigkeitsvereinen fanden in dieser Zweiteilung aber keine unmittelbare Berücksichtigung. 104 Die gemeinsame Herkunft und teilweise nur geringen Unterschiede lassen insbesondere bei Gemeinschaften und Verbänden, die zwischen dem umfassenden staatlichen Gemeinwesen und dem Einzelnen existieren, lOS keine zwingenden inhaltlichen Gründe filr eine Zuordnung entweder zum öffentlichen oder zum zivilen Bereich erkennen. 106 Der Gegensatz zwischen juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts ist eine Folgeerscheinung des im 19. Jahrhundert entwickelten Span-
99 s. hierzu ausfllhrlich Bul/inger, in: Hoffmann-RiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 241 ff. m. w. N. 100 Mielke, Abgrenzung, S. 170. 101 Zuleeg, VerwAreh 73 (1982), 384 (386); s. ausfllhrlich auch Stol/eis, in: Hoffmann-RiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 43 ff. 102 Mielke, Abgrenzung, S. 36; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 75 f. 103 Bul/inger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 68 m. w. N. 104 Bul/inger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 69; vgl. auch FröhlerlOberndorfer, Körperschaft, S. 88. 105 Auf die Schwierigkeit deren Zuordnung weist Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 68, hin. In diese Richtung auch FröhleriOberndorfer, Körperschaften, S. 2f. 106 Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 25 II 2 (S. 491), schreibt, daß zahlreiche Mischformen auf der sich immer mehr verwischenden Grenzlinie zwischen öffentlichem und privatem Recht entstanden, fIlr deren Zuordnung auf den ,Fingerzeig' der Entstehung im Rahmen einer ,Gesamtwürdigung' zurUckgegriffen werden könne.
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
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nungsverhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft. 107 Forsthoff schreibt deshalb zum Begriff der öffentlichen Verbände, daß dieser aus einer ganz spezifischen historisch-politischen Situation hervorgegangen sei und als echter politischer Begriff in einem ganz bestimmten "politisch-polemischen" Zusammenhang seine Funktion gehabt habe. 108
111. Zwischenergebnis Die historische Entwicklung zeigt also, daß greifbare inhaltlich-systematische Erwägungen rur die Aufteilungen der Organisationen in solche des öffentlichen und des privaten Rechts nicht erkennbar sind. 109 Das der Vielzahl unterschiedlichster juristischer Personen des öffentlichen Rechts gemeinsame Merkmal, nämlich Errichtung durch einen hoheitlichen Organisationsakt, I 10 überzeugt als Differenzierungskriterium nicht. 111 Es handelt sich um ein rein formelles Kriterium; eine Aufteilung der juristischen Personen ist hiernach eine rein positiv-rechtliche l12 - oder mit anderen Worten: eine "rechtssystematische des objektiven Rechts,,113 - und kann einem inhaltlich orientierten Vergleich nicht entgegenstehen. Obwohl das geltende Recht von der Zweiteilung in privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Organisationsformen ausgeht, darf die Vorstellung von den "zwei Welten" die Behandlung interdisziplinärer Fragen nicht erschweren. I 14 107 Mielke, Abgrenzung, S. 36, 170; Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S.23; Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft, S. 10. - Auch Wolf1, AöR 76 (1950/51), 205 (212) räumt die geschichtliche Bedingtheit der Aufteilung ein, die deshalb "schwankend" sei; s. auch Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 123 u. FröhleriOberndorfer, Körperschaften, S. 88. 108 Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft, S. 8, 10; in diese Richtung auch Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 25, 2 (S. 486 f.). 109 Vgl. Mielke, Abgrenzung, S. 172; Wolf1, AöR 76 (1950/51), 205 (212). 110 Mielke, Abgrenzung, S. 171. 111 Teilweise wird deshalb die Aufgabe der Aufteilung gefordert; s. Mielke, Abgrenzung, S. 172; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 76, 80 f.; krit. auch Forsthoff, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 22 I (S. 410), der feststellt, daß im Rahmen der Daseinsvorsorge die Formen des öffentlichen und privaten Rechts im gewissen Umfang austauschbar seien, der eine Aufgabe der Trennung trotz weitgehender Relativierung aber nicht für sinnvoll hält. 112 Mielke, Abgrenzung, S. 172. 1\3 Wolf1, AöR 76 (1950/51), 205 (20~); Bachof, AöR 83 (1958), 208 (227); Stol/eis, in: Hoffmann-RiemlSchmidt-Aßmann, Offentliches Recht und Privatrecht, S. 41 f., spricht hinsichtlich der Unterscheidung von öffentlichem und Privatrecht von einer "historisch situierbare[n] Redeweise", von einem gedanklichen Konstrukt und einem Ordnungsmodell der juristischen Welt. 114 Auf diese Erschwernis weist Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 45, hin.
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1. Teil: Innenrechtsstreitigkeiten und ihr Vergleich
Die Unterscheidung behält - beispielsweise rur Zuständigkeitsfragen, spezifische Handlungsfonnen und -maßstäbe 115 - ihre Bedeutung. 116 Verfassungsgeber und einfacher Gesetzgeber orientieren sich an dieser Unterscheidung. 117 Sie darf aber nicht daran hindern, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Struktur und Funktionsweise zwischen den heute etablierten öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Organisationsfonnen herauszuarbeiten. I 18 Im Wege einer vergleichenden Betrachtung kann im Verein des Bürgerlichen Gesetzbuchs und in der Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts primär das Gemeinsame der Personenvereinigung gesehen werden: 119 von der mitgliedschaftlichen Struktur l20 über die gemeinschaftliche Zielsetzung und die autonome innere Ordnung l21 bis zur schwer greifbaren, aber u. U. sehr spürbaren Abhängigkeit der Mitglieder von der außerrechtlichen Meinungsbildung der Vereinigung 122 • 123 Die Problematik des Innenrechtsstreits ist nicht auf eine bestimmte Gesellschaftsfonn beschränkt. 124 Es lassen sich allgemein und speziell im Hinblick auf den Innenrechtsstreit vergleichbare Zielsetzungen und Strukturen nachweisen, die eine isoliert voneinander gefllhrte Diskussionen als unzweckmäßig erscheinen lassen. 125 Einer rechtsfonnübergreifenden Untersu-
115 Brückner, in: FS Schweizer Juristentag, S. 44; FarsthajJ, Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 22 I (S. 410); Menger, in: FS Wolff, S. 150 f.; Brahm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 39 ff. 116 s. Stalleis, in: Hoffinann-RiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 43, der festhält, die Dichotomie werde "auf ihre technische Funktion zuruckgestuft". Gegen die Herabstufung der Zweiteilung auf die rechtstechnische Frage der Gerichtsbarkeit aber Bullinger, in: Hoffmann-RiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 249. 117 Menger, in: FS Wolff, S. 150; Brahm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S.
39.
118 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 90; vgl. Stalleis, in: HoffinannRiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 43, 59. 119 Vgl. aus der neueren Lit.: Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 123 f., Weicle, in: Staudinger, BGB, Einl. zu §§ 21 ff., Rn 10. 1201nsb. zur mitgliedschaftlichen Struktur s. Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 308, 317. 121 Vgl. z. B. Schatz/Langer, Stiftung, S. 78, die die parallele Verteilung der Funktionen zwischen Vorstand und Verwaltungsrat der "Stiftung Warentest" einerseits und zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft andererseits betonen. 122 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 90 f. 123 s. Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 90 f.; zurückhaltender Bullinger., in: Hoffmann-RiemlSchmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 239 ff., insb. S. 258. 124 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 2; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 19. 125 s. aus dem zivilrechtlichen Schrifttum: Bitter, Leistungsklagen, S. 14; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 65 ff.; Bauer, Organklagen, S. 42 f.; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 90, der einer unkritischen Übertragung jedoch Zurückhaltung entgegenbringt; Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 127; vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S.
§ 2 Vergleichbarkeit des Innenrechtsstreits
87
chung steht folglich die positiv-rechtliche Aufteilung in Organisationen des öffentlichen und des privaten Rechts nicht im Wege.
666; aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum: Krebs, Jura 1981,569 (580); Kisker, Insichprozeß, S. 20 f.
Zweiter Teil
Innenrechtssubjekte Innenrecht ist das Recht, welches die Rechtsbeziehungen der Funktionssubjekte einer Organisation regelt, die selbst Träger von Rechten und Pflichten ist. 1 Zum Außenrecht gehören demgegenüber die Regelungen, die die Subjekte nicht als Glied der Organisation betreffen, sondern als außerhalb ihrer stehende. Die Abgrenzung von Innen- und Außenrecht ist damit letztlich eine Frage des Normadressaten. 2 Wann ist aber der Normadressat als Funktionssubjekt, also als Glied der internen Organisation, betroffen, und wann steht er außerhalb der Organisation? Maßgebender Gesichtspunkt muß - zumindest nach der hier befilrworteten Unterscheidung von Innen- und Außenrecht - die Funktion des Normadressaten sein. Die rechtlich normierte innere Ordnung dient der Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Organisation "nach außen", indem sie die Willensbildung und Handlungsflihigkeit der Organisation sicherstellt. Innenrechtssubjekte sind folglich solche Nonnadressaten, die dieser organschaftlichen Funktion dienen. Auch wenn der Begriff der "Organfunktion" bzw. der "organschaftlichen Funktion" mit Schwierigkeiten behaftet ist, weil er ursprünglich mit der Denkfigur der juristischen Person verbunden war, soll er hier Verwendung finden, um die Funktion bei Willensbildung und Herstellung von Handlungsflihigkeit einer Organisation zu kennzeichnen. 3 Diese Abgrenzung erscheint einfach, soweit die Organisationsnormen institutionelle, künstliche Subjekte bilden. 4 Soweit z. B. ein Organ Normadressat ist, liegt die Qualifizierung des entsprechenden Rechtssatzes als eines solchen des Innenrechts nahe, denn das Organ existiert als künstlich geschaffene WirkeinheitS gerade, um die WiIIlensbildung und Handlungsfähigkeit nach außen sicherzustellen. Schwieriger wird die Unterscheidung dort, wo nicht nur an eine apersonale, institutionelle Wirkeinheit angeknüpft werden kann, sondern auch
hierzu oben § I IV. Vgl. Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978),385 (404). 3 Zu den Schwierigkeiten dieses Begriffs s. H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 150 f. 4 Vgl. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht II, § 72 I d (S. 17 f.). 5 WoljJlBachof, Verwaltungsrecht II, § 74 I a (S. 45). 1 s.
2
2. Teil: Innenrechtssubjekte
89
an die dahinter stehenden natürlichen Personen. Da die Regelungen des Organisationsrechts häufig keine präzise Zuordnung vornehmen, bereitet es vielfach Probleme festzustellen, wann eine Regelung oder Maßnahme nun gerade darauf abzielt, das in der Wahrnehmung von Organ funktionen befindliche Subjekt (dann Innenrecht) oder die hinter dem sog. Funktionssubjekt stehende natürliche Person als solche (dann Außenrecht) zu betreffen. 6 Diese Schwierigkeiten sind insbesondere bei den sog. Organmitgliedern zu bewältigen, aber auch bei den Mitgliedern von Organisationen ist umstritten, inwiefern diese Funktionssubjekt der Organisation und damit Innenrechtssubjekt sein können. Nachfolgend soll deshalb die Rechtsstellung von Organen (§ 3), Mitgliedern (unten § 4) und Organmitgliedern (unten § 5) daraufhin untersucht werden, inwiefern diese die WilIensbildung und Handlungsfähigkeit der Organisation nach außen hin sicherstellen und damit als Funktionssubjekte auftreten. Auch der aufgeworfenen Frage, ob eine Unterscheidung zwischen Innen- und Außenrecht anhand grundrechtlich oder subjektiv-rechtlich geschützter Sphären möglich ist, 7 wird hierbei nachzugehen sein.
6 7
Auf diese Problematik weist u. a. Schwabe, JA 1975,45 (50) hin. s. oben § 1 II 2.
§ 3 Das Organ Juristische Personen und andere Organisationen können als gedankliche Zweckschöpfung nicht selbst handeln, weshalb Organe tUr sie tätig werden müssen. \ Als - allgemein gesprochen - "Mittel zur Versehung von Funktionen,,2 ertUlIen Organe die Aufgaben der Organisation. 3 Organe unterscheiden sich entsprechend der inneren Organisationsstruktur u. a. hinsichtlich Zusammensetzung, Aufgaben, Funktion und nicht zuletzt in ihrer Bezeichnung. Der Untersuchung, inwiefern Organe in Rechtsprechung und Schrifttum zum öffentlichen Recht und zum Zivilrecht als Innenrechtssubjekte angesehen werden (unten 11. u. 111.), soll deshalb ein kurzer Überblick über die im Rahmen der Bearbeitung betrachteten Organe vorangestellt und terminologische Festlegungen vorgenommen werden (nachfolgend 1.) I. Überblick und Terminologie
Im öffentlichen Recht werden insbesondere die Organe der Gemeinde untersucht. Hinsichtlich der Verwaltungsorgane von Gemeinden bestehen Unterschiede, die sich aus der unterschiedlichen Konzeption der Gemeindeverfassungssysteme ergeben: Die Verwaltungsleitung obliegt in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig-Holsteins, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen dem Bürgermeister,4 in Hessen hingegen dem Gemeindevorstand (bzw. dem Magistrat) (§ 9 Abs. 2 HGO). Die Verwaltungsleitung in der Gemeinde erfolgt damit in der Regel durch ein Individualorgan, den Bürgermeister. Bei der hessischen Magistratsverfassung ist sie demgegenüber kollegial gestaltet, denn das Verwaltungsorgan ist hier der Gemeindevorstand, in Städten "Magistrat" genannt (§ 9 Abs. 2 HGO), der sich aus dem Bürgermeister, dem Ersten und den weiteren Beigeordneten zusammensetzt (§ 65 Abs. I HGO). Als Individualorgane5 werden Organe verstanden, deren Zuständigkeiten Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 9 Rn I. Vg!. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht H, § 74 lab (S. 46). 3 Zu den verschiedenen Organbegriffen und ihrer Entwicklung s. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht H, § 74 I (S. 46 ff.); Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 28 ff.; Schreiber, BayVB!. 2000, 129 (131 ff.). 4 § 42 GO BaWü; Art. 37 BayGO; § 61 GO Brandbg; § 38 KV M-V; § 47 GO RhPf; § 59 KSVG Saarl; § 51 GO Sachsen; § 57 GO SachsAn; § 29 KommunalO Thür; § 50 GO SchlH; § 62 GO Nds; § 62 GO NRW. I
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§ 3 Das Organ
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nur von einem Organwalter allein (sog. monistische Organel bzw. von einem leitenden Organwalter und rur diesen funktionsteilig von mehreren, von ihm koordinierten, weisungsabhängigen Organwaltern (sog. monokratische Organe)7 wahrgenommen werden. Kollegialorgane sind hingegen solche, deren Zuständigkeiten von mehreren gleichberechtigten Organwaltern wahrgenommen werden und deren Wille sich dementsprechend in Beschlüssen äußert. 8 Soweit das Verwaltungsorgan als Individualorgan ausgestaltet ist, soll deshalb im folgenden vom "Bürgermeister", bei einer kollegialischen Ausgestaltung hingegen vom "Magistrat" gesprochen werden. Weitere Differenzierungen im Begrifflichen werden nur dort vorgenommen, wo dies der rechtlichen Klarheit wegen notwendig erscheint. Die von der Bürgerschaft gewählte Vertretung und damit das Repräsentativorgan9 der Gemeinde ist ein Kollegialorgan, rur welches unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden: in Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein die Bezeichnung "Gemeindevertretung,,10 bzw. in den Städten "Stadtverordnetenversammlung". 11 In Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen fUhrt dieses Kollegialorgan die Bezeichnung "Gemeinderat,,12 bzw. in Städten "Stadtrat',I3, in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen l4 die Bezeichnung "Rat". Aus Gründen der begrifflichen Vereinfachung soll das gemeindliche Repräsentativorgan im weiteren als "Gemeinderat" bezeichnet werden. 15 Bei den Mitgliedern des Gemeinderates wird demgegenüber auf die kürzere Bezeichnung "Ratsmitglieder" zurückgegriffen. 5 So die begriffliche Differenzierung bei Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 4\; s. auch WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 75 11 (S. 7\ f.). 6 WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 75 11 a(S. 71). 7 WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 75 11 b (S. 72). 8 WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht II, § 75 III a (S. 73). 9 Zum Begriff des Repräsentativorgans s. WolfJ!Bachof, VerwaItungsrecht 11, § 75 \ d 2 (S. 64 ff.), der zwischen Repräsentativorgan und Repräsentationsorgan differenziert. Repräsentativorgan ist das Organ, in dem die Träger einer Körperschafts repräsentiert werden (z. B. Bundestag, Landtag, Gemeinderat, Kreistag, Ärztekammerversammlung u. s. w.), während Repräsentationsorgane solche sind, die eine Organisation als solche sozial oder rechtlich repräsentieren (z. B. Bundespräsident, Präsident des Landtages u. s. w.). 10 § 49 GO HGO; § 32 Abs. 2 Satz 1 GO Brandbg; § 22 KV M-V; § 31 GO SchlH. 11 § 32 Abs. 2 Satz 2 GO Brandbg; § 27 Abs. 5 GO SchlH; § 22 Abs. \ Satz 2, 3 KV M-V("Stadtvertretung" bzw. "Bürgerschaft"); § 49 HGO ("Stadtverordneter"). 12 § 24 GO BaWü; Art. 30 BayGO; § 32 GO RhPf; § 32 KSVG Saarl; § 27 GO Sachsen; § 44 GO SachsAn; § 23 KommunalO Thür. 13 § 28 Abs. 2 Satz 1 GO RhPf; § 29 Abs. 2 KSVG Saarl; § 27 Abs. 2 GO Sachsen; § 36 Abs. 1 Satz 2 GO SachsAn; § 22 Abs. 1 Satz 2 KommunalO Thür. 14 § 31 GO Nds; § 40 GONRW. 15 So auch der terminologische Vorschlag bei Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 313.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Auch andere Funktionssubjekte innerhalb von Gemeinden werden teilweise als Organe oder zumindest Organteile angesehen. Umstritten ist beispielsweise, ob auch die Bürgerschaft als solche l6, bestimmte Ausschüsse l7, Fraktionen l8 oder die Vorsitzenden von Kollegialorganen l9 Organ- bzw. Organteilqualität haben - um nur einige Beispiele zu nennen. Soweit die Organqualität dieser Subjekte fUr die Untersuchung relevant ist, wird hierauf an entsprechender SteIle eingegangen. 2o Im Bereich der zivilrechtlichen Organisationen interessieren besonders die Organe der Aktiengesellschaft. Diese verfUgt nach den Regelungen des Aktiengesetzes über drei Organe: Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat. Auch hier kann zwischen Individual- und Kollegialorganen unterschieden werden. Der Aufsichtsrat hat notwendigerweise mehrere Organmitgliede~l und ist insofern Kollegialorgan. Beim Vorstand der Aktiengesellschaft ist die konkrete Ausgestaltung maßgeblich. § 76 11 I AktG besagt, daß der Vorstand aus einer oder mehreren Personen bestehen kann. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft kann dementsprechend als Individualorgan gestaltet sein. Soweit es mehrere gleichberechtigte Vorstandsmitglieder gibt, ist der Vorstand Kollegialorgan. 22 Wirft man einen Blick in das GmbH- und ins Vereinsrecht, dann werden auch hier unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten deutlich: Die GmbH verfUgt regulär über die Gesellschafterversammlung, den GeschäftsfUhrer und teilweise auch über einen Aufsichtsrat, dessen Einrichtung erst ab einer bestimmten Mindestgröße der GmbH 23 obligatorisch, ansonsten fakultativ ist. 24 Der Verein 16 Hierzu ausflihrIich bei der Frage der Innenrechtsqualität von Organisationsmitgliedern unten § 4 I. 17 S. Z. B. die Diskussion um die Organqualität der Bezirksausschüsse: Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 46 f1, 54 f.; Kiack, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 35 f.; vgl. auch WaljflBachaf, Verwaltungsrecht H, § 87 1 (S. 228) zu den Gemeindeorgane. 18 Der VGH Kassel, Beschl. v. 2.8.1984 - 2 TG 607/84 -, in: HSGZ 1987,209 ff. bejaht auch bei Streitigkeiten innerhalb von Fraktionen (Streit zwischen Fraktionsmitglied u. Fraktion über Fraktionsausschluß) eine Organstreitigkeit; so auch das OVG Münster, Beschl. v. 20.7.1992 - 15 B 1643/92, in: OVGE (MüLü) 43, 81 t1; im einzelnen strittig s. VGH München, Urt. v. 9.3.1988 - 4 B 86.03226 -, in: NJW 1988,2754 ff.; Rathe, BayVBI. 1989,359 ff.; Aulehner, JA 1989,478 ff. 19 Vgl. Heinrich, Streitigkeiten im Hochschulinnenbereich, S. 113; Knöppel, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 116. 20 s. zur Bürgerschaft § 4 I. 21 Die Mindestgröße des Aufsichtsrats beträgt drei Mitglieder. Die Satzung kann eine höhere Zahl festsetzen, wobei die Zahl allerdings durch drei teilbar sein muß (§ 5 AktG). Aufsichtsräte großer Konzerne erreichen derzeit die Höchstzahl von 21 Mitgliedern; s. Wagner, Aufsichtsgremien, S. 55 u. Deckert, JuS 1999,736 (737). 22 Vgl. Wagner, Aufsichtsgremien, S. 71. 23 Bei mehr als 500 beschäftigten Arbeitnehmenr ist gern. § 77 BetrVG 52 ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden, dessen Sitze zu einem Drittel gern. § 76 Abs. I BetrVG
§ 3 Das Organ
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wiederum hat als körperschaftlicher Zusammenschluß mindestens zwei Organe: die Mitgliederversammlung und den Vorstand. 25 Weitere Vereinsorgane, insbesondere zur Kontrolle des Vorstands,26 kann der Verein durch Satzung bilden. 27 Bei der BGB-Gesellschaft schließlich ist umstritten, inwieweit diese Organe haben kann,28 wenn ja, welche dies sind und was rur Konsequenzen sich hieraus rur einen Organstreit ergeben. Auch hierauf wird an entsprechender Stelle zurUckzukommen sein. 29
11. Der Meinungsstand im öffentlichen Recht Der Organbegriff wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Im Anschluß an Wolff wird in organisationsrechtlichen Erörterungen heute überwiegend der Begriff des Organs im juristischen Sinne zu Grunde gelegt.
J. Die Entwicklung des OrganbegrijJs
a) Der OrganbegriffWolffs Unter dem Organ verstand Wolff zunächst ein durch organisierende Rechtssätze gebildetes, selbständiges institutionelles Subjekt von transitorischen Zuständigkeiten zur funktionsteiligen Wahrnehmung von Aufgaben einer juristischen Person. 30 Bei einer rationalen, arbeitsteiligen Organisation sei eine genaue Abgrenzung der (Teil-)Aufgaben, Befugnisse und Verbindlichkeiten der Subjekte gegeneinander erforderlich, die mit dem Begriff der Zuständigkeit erfaßt werden könne. 31 Dabei unterscheidet Wolff danach, ob die Zuordnung von 52 von Arbeitnehmervertretern einzunehmen sind. Bei einer GmbH mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern muß ein paritätischer Aufsichtsrat gebildet werden, der je zur Hälte aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besteht, § I MitbestG. Sonderregelungen bestehen teilweise im Montanbereich und nach KAG. Soweit ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden ist, finden auf diesen die Vorschriften des AktG Anwendung, § 52 GmbHG. 24 Zum fakultativen Beirat s. ausführlich Wagner, Aufsichtsgremien, S. 161 tf.; Hörtnagt, INF 1997, 336 tf. - Zum Aufsichtsrat bei der GmbH und bei anderen Gesellschaftsformen Deckert, JuS 1999,736 (737). 25 Sauter/Schweyer/Watdner, Verein, Rn 308. 26 Zu Kontrollorganen beim Verein Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger\. Rechts, § 10 Rn 81. 27 Vg\. Sauter/Schweyer/Watdner, Verein, Rn 308. 28 Vg\. schon oben § 1 IV. 29 s. unten § 3 IV. 30 Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 11, 3. Aufl., § 74 I f(S. 45). 31 Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 72 I a I (S. 14).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Rechten und Pflichten objektiv-rechtlich endgültig erfolgt - in diesem Fal1 spricht er von Eigenzuständigkeit bzw. Endzuständigkeit - oder ob nur eine vorläufige Zuordnung stattfindet. Da es sich im letzten Fal1 um die Berechtigung oder Verpflichtung zur Ausübung von Zuständigkeiten eines anderen handelt, spricht er hier von der Wahmehmungszuständigkeit. 32 Diese Unterscheidung ist rur den von Wolff begründeten Organbegriff wesentlich. Kennzeichen des organschaftlichen HandeIns ist nämlich seiner Auffassung nach, daß die Handlungen des Organs nicht diesem selbst, sondern der übergeordneten Einheit der juristischen Person zugeordnet werden. 33 Die im Organ zusammengefaßten Zuständigkeiten haben also Rechte und Pflichten der juristischen Person zum Inhalt, weshalb die Zuständigkeiten der Organe Wahrnehmungszuständigkeiten sind und auch als transitorische Zuständigkeiten bezeichnet werden können. Der sog. juristische Organbegriff erfaßt die rechtstechnische Seite organisatorischen HandeIns, da die Zurechnung und Zuordnung von Verhalten im Mittelpunkt stehen: 34 Als Zurechnungseinheiten sind bei Wolff ursprünglich Organ und juristische Person "unvermittelt" aufeinander bezogen. 35
b) Die Kritik am Organbegriff: Die Organisation als Zurechnungseinheit Die von Wolff dargelegte Konstruktionsbasis des Organbegriffs, die ihren Ausgangspunkt al1ein im rechtstechnischen Zurechnungspunkt der juristischen Person und der Zurechnungsproblematik hat, wird jedoch zu Recht als zu schmal empfunden, um al1e innerorganisatorischen Gegebenheiten des Staates bruchlos erfassen und konstruktiv verarbeiten zu können. 36 So bezeichnet Wolff Funktionssubjekte, die die Zuständigkeiten teilrechtsflihiger und nichtrechtsflihiger Organisationen wahrnehmen als "Quasi-Organe".3? Den durch Inbezugnahme auf die juristischen Person erweckten Eindruck, es käme auf die Vol1rechtsflihigkeit der Organisation an, hat Wolff später korrigiert. 38 Es könne jede, also auch eine teilrechtsflihige Organisation Organe haben, die sie integrieren und handlungsflihig machten. Die Organschaft werde
32 Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 72 I b (S. 14); so auch Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 169. 33 Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 169. 34 Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f 1 (S. 49). 35 Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht 11, 3. Autl., § 74 I f(S. 45). 36 s. Bäckenfärde, in: FS Wolff, S. 279 f.; vgl. auch Scholz, DÖV 1973, 843 (844). 37 Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f9 (S. 50). 38 Wo/fflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f(S. 48 f.).
§ 3 Das Organ
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"nicht so sehr zur Rechtsfähigkeit, als vielmehr zur Handlungstahigkeit von Organisationen" benötigt.39 Die Bedeutung dieser begrifflichen Modifikation läßt sich veranschaulichen, wenn der Blick von der juristischen Person abgewendet und auf andere Organisationen gelenkt wird, die nicht juristische Person sind: Auch die Personengesellschaft des bUrgerlichen Rechts oder der nichtrechtsflihige Verein sind dann nämlich Organisationen mit Organen. 40 Zwar ist die Ansicht weit verbreitet, im Gegensatz zum Recht der juristischen Personen 41 kenne das Personengesellschaftsrecht keine Organe. 42 Diese Auffassung ist Folge der unbewältigten Gesamthandsdiskussion, bei der es um Kernprobleme der Rechtsträgerschaft und der Rechtszuordnung gehe 3 Wer die Gesellschafter als die wahren Rechtssubjekte und als Träger des Verbandswillens betrachtet, wird die Organqualität der Geschäftsftlhrer nicht erkennen. Wer dagegen mit der Verselbständigung gesamthänderischer Verbände Ernst macht, muß den Grundgedanken auch hierher ausdehnen: 44 Ein Verband, der Träger von Rechten und Pflichten sein kann, ist notwendig auch eine Willens- und Handlungseinheit, er mag juristische Person oder Gesamthand sein. 45 Richtig ist, daß die Willens- und Handlungsflihigkeit der Verbände - mit anderen Worten die organschaftliehe Willens- und Handlungszurechnung - nicht auf den Bereich der juristischen Personen beschränkt bleiben kann. 46
Woljf, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f6, (S. 50). So erkennen Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 67; Schütz, Sachlegitimation, S. 114, in der von den Mitgliedern einer Personengesellschaft gebildeten Gesellschafterversammlung ein Organ der Gesellschaft; s. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 2 d) (S. 218), § 8 IV 2 d) (S. 218). 41 Schütz, Sachlegitimation, S. 114, spricht vom Recht der Körperschaften. 42 Vgl. Schütz, Sachlegitimation, S. 114. - Auch Reuter, ZGR 1981,364 (365), wirft anläßlich der Abgrenzung von Vereins- und Gesellschaftsrecht die Frage auf, ob fUr körperschaftliche Organisationen schon ein "Nebeneinander geschäftsfUhrender und nicht geschäftsfUhrender Mitglieder" ausreiche oder ob zusätzliche Anforderungen hinsichtlich der formellen Organisation zu stellen sind. 43 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 111 1 a) (S. 203); s. Westermann, ZHR 144 (1980),232 tf.; Schreiber, Jura 2001 346 (347 f.). 44 s. Hadding, ZGR 2001,712 (719), der ausfUhrt: "Mit der Eigenschaft 'juristische Person' zu sein, ist auch nicht etwa verknüpft, daß nur bei diesen Gesellschaften Organe vorgesehen sind". 45 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 5 (S. 2 \3) - Der BGH, Urt. v. 10.2.199211 ZR 54/91 -, in: ZIP 1992, 695 (698), hat die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als jedenfalls teilweise - verselbständigte Organisation anerkannt, die eigene Gläubiger haben kann. 46 Eine analoge Anwendung des § 31 BGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat die Rechtsprechung bisher aber abgelehnt; vgl. Frey, ZIP 1992, 700 (702). - Im Anschluß an das BGH-Urteil v. 29.1.2001 - 11 ZR 331/00 - wird nunmehr teilweise die Anwendbarkeit des § 31 BGB auch auf die GbR angenommen, s. Boin, GmbHR 200 I, 39
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
c) Die Relativität der Organschaft Die Aufgabe der Zurechnungseinheit ,juristische Person" hat aber zur Folge, daß der Organbegriff relativ wird. Einheitsbildung durch Sicherstellung der Willensbildung und Handlungsfähigkeit ist insoweit erforderlich, als die "Gesamtheit" als solche Träger von Rechten und Pflichten ist. Hierfiir braucht sie nicht rechtsfiihig im herkömmlichen Sinne sein. Ausreichend ist Teilrechtsfilhigkeit in Hinblick auf ein Rechtsverhältnis, d.h. die Trägerschaft von auch nur einem Recht oder einer Pflicht, also Rechtsubjektivität im oben geschilderten Sinne. 47 Ebenso wie die Trägerschaft von Rechten und Pflichten durch den Gesamtorganismus relativ, d.h. bezogen auf das jeweilige Rechtsverhältnis ist, ist folglich auch der Organbegriffein insofern relativer. 48 Ein und dieselbe Institution kann im Verhältnis zu einer anderen Organ und zugleich im Verhältnis zu einer dritten Organteil sein, während sie in Beziehung zu einer vierten wiederum der Organqualität möglicherweise entbehrt. 49 Die Rechtsordnung ist durch keinen organsationssystematischen "Regelfall" gebunden oder vorprogrammiert: Erkenntnisquelle fiir die Rechtsubjektivität wie filr die organschaftlichen Beziehungen ist das positive Recht. 50 Die Relativität der Organschaft ist damit keine Ausnahme, sondern ihr kennzeichnendes Element. 51 Der Begriff der Organschaft kann aus diesem Grunde auch im Verhältnis der Funktionssubjekte eines Gesamtorganismus zueinander, also im Innenrechtskreis Verwendung finden. 52 So kann der Vorsitzende eines Kollegialorgans (z.B. Gemeinderat), der dieses in Organstreitigkeiten gegenüber anderen Organen oder auch gegenüber den Organmitgliedern (Ratsmitgliedern) vertritt, inso-
513; Hadding, ZGR 2001,712 (726); Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973 (974); vgl. auch Ulmer, ZIP 2001, 585 (597). 47 s. oben unter § I III. 2. b) u. § I IV. 48 Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 40; Schnapp, Jura 1980, 68 (74), der davon spricht, daß "die rechtswissenschaftliche Klassifizierung einer Einheit nicht ein fiir allemal gilt, sondern nur je nach der in Frage stehenden Rechtsbeziehung." 49 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (284); Schnapp, Jura 1980, 68 (74); Böckenförde, in: FS Wolff, S. 278 f; Ewald, DVBI. 1970, 237 (241 f.); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 40; so auch Scholz, DÖV 1973,843 (845), zum Mitglied des Sachverständigenrats. so Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (284); Schnapp, Jura 1980, 68 (70). SI Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (284). 52 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 4; a. A. WoljflBachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f(S. 49), der zwar die partielle Organeigenschaft bei teilrechtsflihigen Organisation bejaht, eine innerorganisationsrechtliche Teilrechtsflihigkeit jedoch nicht ausreichen läßt, weil sonst der Unterschied der Organe i. e. s. von ihren unselbständigen Wirkeinheiten (Organteilen) wieder abhanden käme.
§ 3 Das Organ
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fern als "Organ" (des Rates) angesehen werden. 53 Im Verhältnis von übergeordneter Organisation (z.B. Gemeinde) und außenstehendem Dritten ist demgegenüber nur das Kollegialorgan "Organ" und der Vorsitzende Organteil. Der Organbegriff ist folglich von der jeweiligen Teilrechtsordnung abhängig.
2. Die Zurechnungsendsubjektivität der Organe
Voraussetzung fllr einen Innenrechtsstreit zwischen Organen über Kompetenzen und Verpflichtungen ist nach dem oben erarbeiteten Verständnis von Innen- und Außenbereich weiterhin, daß Organe einer zumindest teilrechtsfllhigen Organisation selbst Rechtssubjektivität in dem Sinne haben, daß ihnen Rechte und Pflichten nicht nur transitorisch, sondern endgültig zugewiesen werden (Zurechnungsendsubjektivität). Erst unter dieser Voraussetzung erscheint es möglich, von Rechtsbeziehungen und entsprechenden Streitigkeiten im Innenbereich der Organisation, d.h. zwischen Funktionssubjekten der Organisation, zu sprechen. Dem steht die dem Organbegriff innewohnende dogmatische Figur der transitorischen Wahrnehmungszuständigkeit entgegen: Organe sollen nach dem Organbegriff Wolffs gerade nicht eigene Rechte und Pflichten, sondern transitorisch die der übergeordneten (teil-) rechtsfllhigen Organisation wahrnehmen. Träger der Rechte und Pflichten und damit Zurechnungsendsubjekt ist letztlich die (teil-)rechtsfllhige Organisation und nicht das Organ. Die Figur der transitorischen Wahrnehmungszuständigkeit, d.h. die Herstellung einer Zurechnungsbeziehung zwischen Organ und juristischer Person ist sinnvoll, sofern es sich um die Beziehungen der juristischen Person zu außerhalb ihrer selbst stehenden Rechtssubjekten handelt. 54 Die Zurechnung des OrganhandeIns zur Organisation hat die Funktion, der Organisation eine Willensbildung und damit ein Handeln "nach außen" zu ermöglichen. Ein außenstehender Dritter tritt in eine Rechtsbeziehung zu einer rechtlichen Einheit, auch wenn er tatsächlich mit einer natürlichen Person, dem Organwalter, spricht. 55 Diese Funktion wird in der Literatur zum öffentlichen Recht zunehmend als entbehrlich angesehen, sofern das Verhältnis von Organen derselben Organisation zueinander in Frage steht,56 denn hier geht es gerade nicht um die Herstel53 Auch Wo(ffhat schon eingeräumt, daß es möglich erscheine, daß ein Organteil vereinzelte (enumerierte) eigene Zuständigkeiten im Verhältnis zu demjenigen Organ besitze, dessen Teil es sei, und spricht insofern von (Unter-)Organ; s. WolfJ!Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f (S. 53). 54 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285). 55 V gl. Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285). 56 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285); Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (404 f.); Rupp, Grundfragen, S. 85 ff.; Bleutge, Kommunalverfa,ssungsstreit,
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Jung von HandJungsfllhigkeit nach außen. Die Organschaft, d.h. die Fähigkeit, OrganhandeJn zu vermitteln, wird irrelevant, wenn es um das Problem eigener Befugnisse des "Organs" im Verhältnis zu anderen Organen geht. 57 Das bedeutet: aufOrganebene sind "Organe" nicht mehr Organe. 58 Zurechnungsendsubjekt von Innenrechtssätzen ist dieser Auffassung nach nicht die übergeordnete Organisation, sondern der nach dem internen Organisationsrecht eigenständige Funktionsträger. 59 Seine Rechtssubjektivität folgt aus und ist - nach dem Prinzip der Relativität von Rechtsfllhigkeit - beschränkt auf die ihn betreffenden Kompetenzen und Pflichten. 60 Sie ist auf den Innenbereich beschränkt und kann sich nicht auf die Relation zu außenstehenden Dritten erstrecken. 61 Nach dem überwiegend vorherrschenden Verständnis des Innenrechtsstreits im öffentlichen Recht können Organe folglich Träger innenrechtlicher Kompetenzen und Rechte sein. Im Hinblick auf die vorstehenden AusfUhrungen müßte präziser von denjenigen Funktionssubjekten, die im Außenverhältnis Organqualität haben, gesprochen werden. Denn Organe, soweit sie im Rechtsverhältnis zu anderen Organe stehen, könnten nicht mehr als Organe bezeichnet werden. 62 Letzteres erscheint aber als zu kompliziert und auch als unnötig, soweit nicht S. 66 f.; Bethge, in: HkWP H, S. 188; Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 49; Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 26 tT.; Buchwald, Organstreit, S. 146; Erichsen, in: FS Menger, S. 215 f.; Ewald, DVBI. 1970,237 (241 f.); Schreiber, BayVBI. 2000, 129 (134). 57 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285); s. auch Erichsen, in: FS Menger, S. 216; Ewald, DVBI. 1970,237 (241 f.); Schreiber, BayVBI. 2000, 129 (134). 58 Schnapp, Rechtstheorie 9 (1978), 275 (285); vgl. auch Böckenforde, in: FS WoltT, S. 278 f.; Ewald, DVBI. 1970,237 (241); Rupp, Grundfragen, S.89; so auch die AusfUhrungen Borks, ZGR (1989), 1 (15), zum Organ streit in der Aktiengesellschaft. 59 Bethge, DVBI. 1980, 309 (314); Bethge, in: HkWP H, S. 188; Achterberg, Rechtstheorie 9 (1978), 385 (404 f.); Rupp, Grundfragen, S. 81 tT.; Böckenforde, FS WoltT, S. 278; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (316); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 67, Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S.49; Buchwald, Organstreit, S. 146 f.; Ewald, DVBI. 1970,237 (241 f.); Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (233). - So auch die Rspr.; s. u. a. OVG Lüneburg, Urt. v. 20.7.1999 - 10 K 4836/97 -, in.: NdsVBI. 1999, 265 (265 f.). 60 Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S.49; Buchwald, Organstreit, S. 146; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (316); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 67. 61 Friauf, Der Staat 9 (1970), 223 (233); Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn 18; Lorenz, AöR 93 (1968), 308 (317); Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 22; Ewald, DVBI. 1970,237 (241 f.). 62 Erichsen, in: FS Menger, S. 216; Ewald, DVBI. 1970,237 (241). - Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht H, § 74 I f (S. 49) hat diese Schwierigkeit schon bei der späteren Ausweitung des OrganbegritTs auch auf teilrechtsfllhige Organisationen erkannt. Ausdrücklich stellt er fest, daß eine bloß innerorganisationsrechtIiche Teilrechtsflihigkeit der Organisation nicht ausreiche, weil sonst der Unterschied der Organe i. e. S. von ihren unselbständigen Wirkeinheiten wieder abhanden käme.
§ 3 Das Organ
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aus der Bezeichnung "Organ" rechtliche Folgen gezogen werden. 63 Mit Rücksicht darauf, daß sich die unkorrekte Terminologie eingebürgert hat, soll der Begriff des Organs auch filr den Innenbereich verwendet werden und bei deren "Funktionssubjekten" in Anlehnung an den Wortlaut des § 63 BVerfDG von Organteilen gesprochen werden. 64
III. Der Streitstand im Zivilrecht
Während im öffentlichen Recht die Frage, ob Organe als sog. Innenrechtssubjekte Träger von innenrechtlichen Rechten und Pflichten sein können, überwiegend bejaht wird, wird dieser Schlußfolgerung im zivilrechtlichen Schrifttum und der Rechtsprechung mit Zurückhaltung begegnet, obwohl gerade im Aktienrecht das Bedürfuis nach sog. "Organklagen" verstärkt gesehen und diskutiert wird. So wird z. B. von einigen Vertretern im aktienrechtlichen Schrifttum die Forderung erhoben, daß der Aufsichtsrat über die gesetzlich statuierten Kontrollmechanismen hinaus bei gesetzes- oder satzungswidrigem Verhalten des Vorstandes Klage gegen diesen erheben können müsse. Zur Begründung wird angefilhrt, daß der Aufsichtsrat zwar über eine Vielzahl von Möglichkeiten verfUge, mit denen er auf ein gesetzes- oder satzungs widriges Verhalten des Vorstandes reagieren kann: Die Palette reicht von der Rüge gegenüber der Hauptversammlung (§ 171 Abs.2 AktG) über die Schadensersatzklage (§§ 93 Abs.2, 112 AktG) bis zur Abberufung des Vorstandes (§ 84 Abs. 3 AktG). Diese Instrumente werden jedoch als zu undifferenziert angesehen, um im Einzelfall die wirksame Klärung einer innerorganisatorischen Meinungsverschiedenheit zu erreichen: 65 Die Anrufung der Hauptversammlung gern. § 111 Abs. 3 AktG sei ineffektiv, da die Hauptversammlung selbst wiederum nur auf Antrag des Vorstandes über die Geschäftsfilhrungsmaßnahmen beschließen könne. Die Abberufung des Vorstandes gern. § 84 Abs. 3 AktG wiederum stelle in Fällen, in denen sich die Zusammenarbeit ansonsten positiv gestalte, ein zu schneidiges Reaktionsmittel dar. 66 Die Frage, ob ein entsprechendes Bedürfnis nach innergesellschaftlichen Klagen anzuerkennen und wenn ja, auf welche Weise ihm Rechnung zu tragen ist, wird auf unterschiedliche Weise beantwortet. Während eine eher als tradiEwald, DVBI. 1970,237 (242). Erichsen, in: FS Menger, S. 216; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 40. 65 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (289); Ebenroth, ZZP 101 (1988), 70 (71); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 180 ff.; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 121; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 53 ff.; Poseck, DB 1996,2165 (2167). 66 Bauer, Organklagen, S. 17 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (289); Pflugradt, Leistungsklagen, S. 53 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 180 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (230). 63
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
tionell zu bezeichnende Auffassung Organklagen abweisend gegenüber steht (nachfolgend I.), finden sich im neueren aktienrechtlichen Schrifttum Ansätze, die die Lehre von der Rechtssubjektivität ftlr das Aktienrecht fruchtbar machen wollen und das Modell des Organstreits auf die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft übertragen (unten 2.).
1. Das traditionelle Organverständnis
Von einer eher als traditionell zu bezeichnenden Auffassung wird nachdrücklich gegen die Anerkennung einer "Organrechtsflthigkeit" in Bezug auf innerorganisatorische Rechtsbeziehungen Stellung bezogen. 67 Rechtsflthigkeit komme nach geltendem Recht nur natürlichen und juristischen Personen zu. Außerhalb vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassener Ausnahmen von diesem Grundsatz sei eine allgemeine Organrechtsflthigkeit grundsätzlich nicht anzuerkennen. 68 Organe seien weder als Vollstreckungsschuldner, noch - mangels Vermögen als Kostenschuldner tauglich. 69 Ein Rechtsstreit um organschaftliehe Konflikte sei dogmatisch daher weder mit den gegebenen prozeß- und vollstreckungsrechtlichen Regelungen des Zivilprozesses noch mit dem korporationsrechtlichen Prinzip der Einheit der juristischen Person vereinbar, sondern verletze das interne OrganisationsgefUge. 70 Die Annahme einer solchen relativen Rechtsflthigkeit von Organen und entsprechender Parteiflthigkeit fUhre zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit. 71 In Anbetracht der gesetzlich geregelten in-
67 BGH, Urt. v. 17.5.1993 -11 ZR 89/92 -, in: BGHZ 122, 342 (345); LG Dortmund, Beschl v. 10.8.1984 -120580/83 -, in: Die Mitbestimmung, 1984,410 (411); Flume, Juristische Person, § 11 V (S. 405); Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), I (23); Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. z. AktG, 2. Aufl., Vorb. § 76 Rn 3 tT.; Weth, in: MusieIak, ZPO § 50 Rn 19; wohl auch Brücher, AG 1989, 190 (191 f.); offengelassen hingegen noch von BGH, Urt. v. 28.11.1988 - 11 ZR 57/88 -, in: BGHZ 106, 54 (60 f.). - Auch die Vertreter einer prozeßstandschaftlichen Konstruktion verneinen eine Organrechtsflihigkeit; s. Häsemeyer, ZHR 144 (1988), 265 (271 f.); Teichmann, FS Mühl, S. 667; zum prozeßstandschaftlichen Rechtsschutzmodell s. unten § 8 11. 68 BGH, Urt. v.17.5.1993 -11 ZR 89/92 -, in: BGHZ 122,342 (345); aLG Hamburg, Urt. v. 6.3.1992 - 11 U 134/91 -, in: ZIP 92, 1310 (1312). 69 aLG Hamburg, Urt. v. 6.3.1992 -11 U 134/91 -, in: ZIP 92, 1310 (1312); Weth, in: Musielak, ZPO § 50 Rn 19. 70 aLG Hamburg, Urt. v. 6.3.1992 -11 U 134/91 -, in: ZIP 92,1310 (1312) spricht von einem "Fremdkörper" in der Zivilprozeßordnung; Mertens, in: Zöllner, Köln Komm. z. AktG, 2. Aufl., Vorb. § 76 Rn 6; Flume, Juristische Person, § II V (S. 405); Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (23); Weth, in: Musielak, ZPO § 50 Rn 19. 71 BGH, Urt. v.17.5.1993 -11 ZR 89/92 -, in: BGHZ 122,342 (345); Weth, in: MusieIak, ZPO § 50 Rn 19.
§ 3 Das Organ
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nergesellschaftlichen Kontrollmechanismen wird schließlich vielfach auch das praktische Bedürfnis rur eine solche "Organklage" bestritten. 72 Dessen ungeachtet werden jedoch Streitigkeiten im Innenbereich von Gesellschaften anerkannt, die die Verhältnisse von Organen betreffen: Dies sind zunächst Klagen von Aufsichtsratsmitgliedern, die die Informationsrechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2, 5 AktG geltend machen oder eine organ interne Beschlußkontrolle durchftihren. Nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG kann auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied vom Vorstand Berichterstattung an den Aufsichtsrat verlangen. Nach § 90 Abs. 5 AktG hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied das Recht, von den Berichten des Vorstands an den Aufsichtsrat Kenntnis zu nehmen. Weiterhin ist grundsätzlich anerkannt, daß das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Rechtmäßigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen durch die Gerichte überprüfen lassen kann. 73 In der dogmatischen Konstruktion dieser verschiedenen Klagen gehen die Meinung jedoch auseinander und es können zwei Streitmodelle unterschieden werden: Nach der Mehrzahl der Vertreter der hier dargestellten Auffassung handelt es sich auch bei einem rein funktionsbezogenen Rechtsstreit um einen solchen zwischen dem Organmitglied als natürliche Person und der Gesellschaft als juristischer Person. So wird beispielsweise rur das Auskunftsrecht nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG angenommen, daß dieses entweder von den Aufsichtsratsmitglieder als Eigenrecht gegenüber der Gesellschaft74 oder von den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern im Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder geltend gemacht wird. 75 Auch bei Klagen von Aufsichtsratsmitgliedern zur Durch72 Brücher, AG 1989, 190 (191); Mertens, ZHR 154 (1990), 33 tf; Mertens, in: Zöllner, Köln Komm. z. AktG, 2. Autl., § 76 Rn 3 ff.; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 108; so auch der BGH, Urt. v.17.5.1993 - 11 ZR 89/92 -, in: BGHZ 122, 342 (345), der ausftlhrt, daß geltende Recht ermögliche sachgerechte Lösungen. 73 So die ständige Rechtsprechung, s. aLG Düsseldorf, Urt. v. 15.10.1973 - 6 U 131/72 - (Bayer - 2. Instanz); aLG Düsseldorf, Urt. v. 22.6.1995 - 6 U 104/94 - (ARAG/Garmenbeck - 2. Instanz), in: ZIP 1995, 1183 (1186) m. w. N.; BGH, Urt. v. 5.6.1975 - II ZR 156/73 - (Bayer - 3. Instanz), in: BGHZ 64, 325 ff.; BGH, Urt. v. 25.3.1981 - 11 ZR 102/81 -, BGHZ, 83, 144 (146); BGH, Urt. v. 17.5.1993 - 11 ZR 89/92 -, in: BGHZ 122,342 (347f.); BGH, Urt. v. 15.11.1993 - 11 ZR 235/92 -, in: BGHZ 124, 111 (115); und die ganz herrschende Meinung in der Literatur; stellvertretend ftlr viele Raiser, ZGR 1989, 44 (67 f.); Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), I (17); Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (314). - Die Einzelheiten dieser Kontrolle sind umstritten; s. unten § 711.2. b) u. Götz, in: FS LUke, S. 167 ff. 74 Flume, Juristische Person, § 11 V (S. 406); Mertens, in: Zöllner, Köln Komm. z. AktG, 2. Autl., Vorb § 76 Rn 7, § 90 Rn 53; so wohl auch Kellermann, JbFfSt 1989/90, S.187. 75 Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), I (15), nimmt ein der Gesellschaft zustehendes "kollektives" Informationsrecht gegen die Vorstandsmitglieder an; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 108, geht von einem Anspruch der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf ein ihren organisationsrechtlichen Pflichten entsprechendes Verhalten aus.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
setzung ihres Einsichtsrechts nach § 90 Abs. 5 AktG 76 oder zur Kontrolle von Aufsichtsratsbeschlüssen77 wird überwiegend eine Klage gegen die Gesellschaft beftlrwortet. 78 Eine Rechtsbeziehung wird bei innerorganisatorischen Streitigkeiten also grundsätzlich nur zwischen dem - als natürliche Person gern. § 1 BGB rechtsflihigen - Organmitglied und der Gesellschaft angenommen. 79 Eine Innenrechtssubjektivität des Organs (Aufsichtsrat) aus der Beziehung zum Organmitglied (Aufsichtsratsmitglied) wird verneint. Ausdrücklich ftlhrt der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus, daß ein "unmittelbares Rechtsverhältnis" nur zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und der Gesellschaft bestehe. so Diese dogmatische Konstruktion wird selbst auf Rechtsstreitigkeiten übertragen, in denen es um Beziehungen zwischen Organen geht. So soll die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat aus § 90 Abs. I, Abs. 3 Satz I AktG dem Aufsichtsrat nicht als Eigenrecht zustehen, sondern dieser mache vertretungsweise ein Recht der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder geltend. 81 Gleiches wird bei Unterlassungsklagen im Fall von Eingriffen des Vorstands in die Aufsichtsratskompetenz und bei den sehr umstrittenen Leistungsklagen des Aufsichtsrats zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens angenommen. Bei beiden soll, soweit sie ftlr zulässig gehalten werden, ein Rechtsstreit der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegen die ein-
76 Für eine Vertretung der Gesellschaft durch den Vorstand: BGH, Urt. v. \5.\1.1982 - II ZR 27/82 -, in: BGHZ 85, 293 (295); Mertens, in: Zöllner, Köln. Komm. z. AktG, 2. Aufl., Vorb § 76 Rn 7, § 90 Rn 53; Stodolkowitz, ZHR \54 (\990), \ (16 f.). 77 Überwiegend wird hierbei eine Vertretung der Gesellschaft durch den Vorstand angenommen: BGH, Urt. v. 25.2.\982 - II ZR \02/81 -, in: BGHZ 83, \44 (146); BGH, Urt. v. \7.5.\993 - II ZR 89/92 -, in: BGHZ \22,342 (344); aLG Düsseldorf, Urt. v. 22.6.\995 - 6 U \ 04/94 - (ARAG/Garmenbeck - 2. Instanz), in: ZIP \995, \\83 (\\87) m. w. N.; ebenso Mertens, in: Zöllner, Köln. Kommentar, AktG, 2. Aufl., Vor § 76 Rn 7; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 225 f.; Baums, ZGR \983, 300 (342); Brandes, WM \984, 289 (293); PotthofflTrescher, Aufsichtsratsmitglied, S. 130; a.A. Häsemeyer, ZHR \44 (1980),265 (274); Häsemeyer, AcP \88 (1988), \40 (142, \62). - Für eine Vertretung der Gesellschaft durch die den Aufsichtsratsbesch\uß verteidigenden Aufsichtsratsmitglieder ist demgegenüber Stodolkowitz, ZHR 154 (\ 990), \ (18); Noack, DZWir \994, 34\ (342), hält eine Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat zumindest bei persönlicher Betroffenheit des Vorstands bzw. seiner Mitglieder rur eine bedenkliche Lösung und hält eine analoge Anwendung von § \\2 AktG in solchen Fällen rur erwägenswert. 78 Zum Diskussionsstand in der aktienrechtlichen Literatur zu § 90 AktG s. auch Poseck, DB \996, 2165 (2\66). 79 Ebenso zu anderweitigen funktionsbezogenen Rechten der Aufsichtsratsmitglieder: Westermann, in: FS Bötticher, S. 379; Lewerenz, Leistungsklagen, S. \12 ff.; Hirte, EWiR § \\1 1/86 (S. 853); Brandes, WM 1984,289 (293). 80 BGH, Urt. v. \5.\1.1982 - II ZR 27/82 -, in: BGHZ 85,293 (295). 81 s. etwa Flume, Juristische Person, § \\ V (S. 406); Westermann, in: FS Bötticher, S. 379 f.; Stodolkowitz, ZHR \54 (1990), 1 (7 f.); Hefermehl, in: GelerlHefennehllEckhardtiKropff, AktG, § 90 Rn 36; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 109.
§ 3 Das Organ
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zeInen, eine notwendige Streitgenossenschaft bildenden, Vorstandsmitglieder vorliegen. 82 Einige wenige Vertreter des als traditionell zu bezeichnenden Organ verständnisses lehnen es demgegenüber ab, für die Zulässigkeit der fraglichen Streitigkeiten unter anderem auf die Rechtsflthigkeit der beteiligten natürlichen Personen zu verweisen. Diese würden nämlich gerade nicht zur Verfolgung eigener Interessen, sondern als Funktionsträger für die Gesellschaft tätig. 83 Die einzelnen innerorganisatorischen Funktionen seien den Organen und Organmitgliedern nicht zu eigenem "Recht" bzw. eigener "Pflicht" zugeordnet, sondern bestünden im Interesse der Gesellschaft. 84 Die Rechtsschutzprobleme, die sich aus dieser Funktionszuweisung ergäben, könnten sinnvoll deshalb nur mit dem Institut der Prozeßstandschaft erfaßt werden. Die Organe könnten dann nicht als Träger eigener Rechte, sondern als Prozeßstandschafter Rechtsschutz begehren. 85 Bei beiden dogmatischen Konstruktionen tritt folglich eine starke Zurückhaltung gegenüber der Anerkennung der Rechtssubjektivität von Organen zu Tage.
2. Neuere Ansätzen auf dem Boden der Lehre von der Teilrechtsfähigkeit
Eine insbesondere in der aktienrechtlichen Literatur im Vordringen begriffene Ansicht befürwortet demgegenüber in enger Anlehnung an die im öffentli82 Vgl. LG Dortmund, Beschl v. 10.8.1984 - 12 0 580/83 -, in: Die Mitbestimmung, 1984, 410; Flume, juristische Person, § 11 V (S. 405 ff); Hefermehl, in: Geßler/Hefennehl/EckhardtIKropff, AktG, § 82 Rn 36; Mertens, in: Zöllner, Köln. Kommentar z. AktG, 1. Aufl, § 90 Rn 33 (ausdrücklich anders aber in der 2. Aufl, § 90 Rn 53: Klage gegen die Gesellschaft); Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (4 ff.); Lewerenz, Leistungsklagen, S. 108 f., 112; HüjJer, AktG, § 90 Rn 15, 18; s. auf die Darstellung bei Westermann, in: FS Bötticher, S. 375 ff., insb. S. 380, K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (220) u. Borgmann, Organstreit, S. 41. - Von der Rechtsprechung ist die Frage einer solchen Leistungsklage einzelner Aufsichtsratsmitglieder bisher ausdrücklich offengelassen worden: BGH, Urt. v. 28.11.1988 - II ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106, 54 (62). 83 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269). 84 So zu den Rechten aus § 90 AktG Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (275); vgl. auch Teichmann, in: FS MUhl, S. 667; zu Klagen zur Beschlußkontrolle durch Verwaltungsmitglieder: Zöllner, in: Zöllner, Köln. Kommentar z. AktG, 1. Aufl., § 245 Rn 69, § 246 Rn 25. 85 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (275 ff.); Teichmann, in: FS MUhl, S. 669 ff, s. hierzu unten § 8 11. - Hinsichtlich der Aktivlegitimation gehen in diese Richtung auch die Vertreter der Auffassung, die beim Informationsrecht der Aufsichtsratsmitglieder nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht von einem Individualrecht der Organmitglieder, sondern von einem Anspruch der Gesellschaft ausgehen, der von den Aufsichtsratsmitgliedern im Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder durchgesetzt werden; so Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (15) u. Lewerenz, Leistungsklagen, S. 108.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
chen Recht entwickelten Grundsätze des Organstreitverfahrens die Rechtssubjektivität der Organe selbst. Organe und Organmitglieder werden als Träger innerorganisatorischer Rechten und Pflichten angesehen,86 während die Gesellschaft selbst nicht Endsubjekt der fraglichen Ansprüche sein soll.87 BegrUndet wird dies zum einen mit dem Wortlaut der betreffenden Normen, insbesondere des § 90 AktG, und mit den Grundstrukturen des Organisationsrechts. Danach würde zwischen den Befugnissen eines Organs als solchem und denen der einzelnen Organmitglieder unterschieden. 88 Da es sich gerade nicht um eine außenrechtliche Streitigkeiten handele, gehe es nicht an, einen Rechtsstreit nur zwischen Organmitgliedern und Gesellschaft anzunehmen. Die dem Aufsichtsrat gesetzlich zugewiesen Befugnisse seien allein von diesem gerichtlich durchzusetzen. 89 So wird ftlr den in § 90 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1AktG statuierten Informationsanspruch des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand vertreten, daß in diesem Fall der Aufsichtsrat als Organ der Gesellschaft einen klagbaren Anspruch gegen den Vorstand als Organ der gleichen Gesellschaft auf Berichterstattung habe. 90 Es sei davon auszugehen, daß derjenige Träger des Berichtsrechts und Inhaber des Anspruchs auf dessen Erftlllung sei, den das Gesetz als Träger des Rechts benenne.91 Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 AktG hat der "Vorstand [ ... ] dem Aufsichtsrat zu berichten" und nach § 90 Abs.3 Satz 1 AktG kann der "Aufsichtsrat [ ... ] vom Vorstand jederzeit einen Bericht verlangen". Es sei deshalb bei Streitigkeiten um Berichtsrechte davon auszugehen,
86 Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 69 tT.; Hommelhofl, ZHR 143 (1979), 288 (294 fl); Bork, ZGR 1989, I (13 tT.); wohl auch Ebenroth, ZZP 101 (1988), 70 (71); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 187 ff.; Hoffmann-Becking, DVBI. 1972,299 (300); Vol/kommer, in: Zöller, ZPO, § 50 Rn 24 a; Lindacher, in: Lüke/Wax, Münch. Komm. z. ZPO, Vor § 50 Rn 8; Deckert, AG 1994,457 (460 ff.); Säcker, NJW 1979, 1521 (1526), allerdings nicht ganz eindeutig, da er ausfilhrt, die Klage sei zu richten gegen das Organ, bestehend aus seinen einzelnen Organmitgliedern; mißverständlich ebenfalls LG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1988 - 36 138/87 -, in: AG 1988, 386, welches die gegen den Vorstand gerichtete Klage filr richtig hält, und sich hiermit der Auffassung 280/83 -, anschließen will. Das LG des LG Dortmund, Beschl. v. 10.8.1984 - 12 Dortmund befilrwortete in dem zitierten Beschluß aber gerade eine Klage gegen die Vorstandsmitglieder persönlich in Streitgenossenschaft. - Die Rechtssubjektivität der Organe befilrwortet auch Raiser, AG 1989, 185 (187), der jedoch die Zulässigkeit einer solchen Klage nicht an die Frage, ob subjektive Rechte verletzt sind, sondern an die kontliktträchtige Rechtsbeziehung anknüpfen will. 87 Hommelhofl, ZHR 143 (1979), 288 (306); Bork, ZGR 1989, I (17). 88 Bork, ZGR 1989, 1 (17); Hommelhofl, ZHR 143 (1979), 288 (292). 89 Bork, ZGR 1989, 1 (17). 90 Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 69 f.; Bork, ZGR (1989), I (15 ff.); Steinbeck, Überwachungsptlicht, S. 191; Raiser, AG 1989, 185 (188); Bauer, Organklagen, S. 116 ff.; Vol/kommer, in: Zöller, ZPO, § 50 Rn 24 a. 91 Bauer, Organklagen, S. 116; so auch Hommelhofl, ZHR 143 (1979), 288 (291); a.A. Westermann, in: FS Bötticher, S. 377.
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daß der Aufsichtsrat aktivlegitimiert92 und der Vorstand passivlegitimiert sei. 93 Dieser Befund werde auch durch die Entstehungsgeschichte94 und den Zweck der Normen bestätigt. Denn das in § 90 AktG statuierte Informationsrecht diene dem Gremium Aufsichtsrat dazu, die ihm als Organ zugewiesene Überwachungsfunktion in effektiver Weise zu erfilllen. 95 Weiterhin wird auf die Widersprüchlichkeiten verwiesen, die entstünden, wenn man - wie von der h. M. angenommen - die Informations- und Berichtspflicht auf der Verpflichtetenseite den einzelnen Mitgliedern persönlich zuordnete. Der nach § 90 Abs. 1, 3 AktG erforderliche Vorstandsbericht sei nämlich mehr als die Summe der Ressortberichte der einzelne Vorstandsmitglieder. 96 Die Einzelberichte gingen zwar in den Bericht des Gesamtvorstands ein, müßten aber so aufeinander abgestimmt und gewichtet sein, daß ein zutreffendes Gesamtbild entstehe. 97 Primäre Pflicht der Vorstandsmitglieder sei daher auch nicht, selbst dem Aufsichtsrat zu berichten. Vielmehr hätten die Vorstandsmitglieder zuvörderst daran mitzuwirken, daß der Bericht des Gesamtvorstands filr den Aufsichtsrat erstellt werde. 98 Konstitutiv filr den Vorstandsbericht im Sinne des § 90 AktG und damit das rechtlich maßgebende Moment sei erst der Beschluß des Gesamtvorstands, den zusammengestellten Gesamtbericht dem Aufsichtsrat vorzulegen. Erst der Gesamtbericht forme aus der bloß technischen Informationssammlung den gesetzlich vorgeschriebenen Vorstandsbericht. 99 Entscheidend sei mithin der Beschluß des Vorstands als "überindividueller Wirkungseinheit" 100 über den Bericht und es komme gerade nicht darauf an, welche einzelnen Vorstandsmitglieder mit ihrem Votum den Beschluß getragen hätten. 101 92 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (291); Bauer, Organklagen, S. 116; a.A. Westermann, FS Bötticher, S. 377. - So auch zur Frage, ob einzelne Aufsichtsratsmitglieder Träger des Überwachungs- und Informationsrechts sind: OLG Celle, Urt. v. 9.10.1989 - 9 U 186/89 - (Pelikan - 2. Instanz), in: ZIP 1989, 1552 f.; LG Darmstadt, Urt. v. 6.5.1986 - 140328/85 -, in: AG 1987,218 (219); BGH, Urt. v. 28.11.1988 - II ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106,54 (63). 93 Bauer, Organklagen, S. 117. 94 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (291). 95 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (294); so im Ergebnis auch Bauer, Organklagen, S. 117. - Zur Bedeutung der Informationsrechte für die Überwachungsaufgabe: BGH, Urt. v. 28.11.1988 - II ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106,54 (63); Bauer, Organklagen, S. 117. 96 Hommelhoff, ZHR 143 (179), 288 (300); so auch Lewerenz, Leistungsklagen, S. 106; Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 45 ff. 97 Hommelhoff, ZHR 143 (I79), 288 (300). 98 Hommelhoff, ZHR 143 (179), 288 (300). 99 Hommelhoff, ZHR 143 (179), 288 (300 f.). 100 Hommelhoff, ZHR 143 (179), 288 (30 I). 101 Hommelhoff, ZHR 143 (179), 288 (30 I).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Außerdem wird der traditionellen Auffassung entgegengehalten, daß sie keine überzeugende Begründung filr die individuelle Verpflichtung der Vorstandsmitglieder nennt. Allenfalls wird auf die Verpflichtung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft aus dem Anstellungsverhältnis verwiesen. 102 Ein solcher Ansatz widerspreche aber der Formulierung des § 90 AktG I03 und der internen Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft. Er unterwerfe nämlich die Geschäftsfilhrungstätigkeit und die Selbstorganisation des Vorstandes einer allgemeinen vertraglichen Verhaltenskontrolle und gebe dem Aufsichtsrat auf diesem Wege die Möglichkeit, in die Geschäftsfiihrung einzugreifen, die in § 76 AktG allein dem Vorstand zugewiesen sei. 104 Ginge es tatsächlich um Berechtigungen und Verpflichtungen aus dem Anstellungsvertrag und damit um Außenrechtsbeziehungen, so mUßte schließlich konsequenterweise gefragt werden, ob nicht auch aus dem Anstellungsverhältnis der Aufsichtsratmitglieder ein Anspruch gegenüber der Aktiengesellschaft bestehe, die filr die Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Informationen zur Verfilgung zu stellen. 105 Mit gleichem Recht ließe sich also ein Klagerecht der Aufsichtsratsmitglieder gegen die AG, vertreten durch den Vorstand, behaupten. 106 Es wird deshalb von der im Vordringen befindlichen Auffassung befilrwortet, daß das Organ als solches Verpflichteter nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG sei. I07 Vertreten wird, daß der Anspruch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds nach § 90 Abs. 5 AktG I08 gegen das Organ Aufsichtsrae 09 bzw. den Aufsichtsratsvorsitzenden llO zu richten sei. Es gehe eben nicht um ein Verhältnis des Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (7 f.). Bor/c, ZIP 1991, 137 (138). 104 Bork, ZIP 1991, 137 (138 f.). - Diese Bedenken in Bezug auf das Selbstorganisationsrecht des Vorstands sieht auch Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 191. 105 Bork, ZIP 1991,137 (139). 106 Bork, ZIP 1991, 137 (139). 107 Bork, ZIP 1991, 137 (141); Bork, ZGR 1989, 1 (33); Deckert, AG 1994, 457 (462); Hommelhoff, ZHR 143 (1979),288 (316), der jedoch animmt, daß das einzelne Aufsichtsratsmitglied möglicherweise im Wege der actio pro societate klagt; nicht ganz eindeutig Säcker, NJW 1979, 1521 (1526); Eine Verpflichtung des Vorstands als Organs nehmen wohl auch an LG Bonn, Urt. v. 16.10.1985 -10 0166/85 -, in: AG 1987, 24 u. Raiser, AG 1989, 185 (189). 108 Es ist auch im Rahmen der traditionellen Auffassung unstreitig, daß Träger dieses Rechts und damit aktivlegitimiert das einzelne Aufsichtsratsmitglied selbst ist; vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1988 - 11 ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106,54 (62) m. w. N.; Bork, ZIP 1991, 137 (141); Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (15 f.); Deckert, AG 1994,457 (460) m. w. N. 109 Bork, ZIP 1991, 137 (143); Bork, ZGR 1989, 1 (32); Raiser, AG 1989, 185 (189); Deckert, AG 1994,457 (460). 110 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (315), der vertritt, das Recht richte sich gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden in gerade eben dieser seiner Eigenschaft und damit gegen 102
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§ 3 Das Organ
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Aufsichtsratsmitglieds zur Aktiengesellschaft, sondern um ein solches des Aufsichtsrats zu seinem Mitglied und damit um einen Intraorganstreit. 111 Diesem sei durch materiellrechtliche und prozeßrechtliche Anerkennung von Innenrechtsbeziehungen Rechnung zu tragen. I 12
IV. Stellungnahme Die Sichtweise und dogmatische Argumentation der im Zivilrecht noch stark verbreiteten herkömmlichen Lehre, wonach Organe keine Beteiligte eines Rechtsstreites sein können, ist geprägt durch die Doktrin von der fehlenden Rechtsfiihigkeit der Gesellschaftsorgane. 1\3 Sie kann sich auf tief verwurzelte Vorstellungen von der Bedeutung der Rechtspersönlichkeit und der subjektiven Rechte als Grundbegriffe des liberalen Privatrechts stützen. Schon aus diesem Grunde entfaltet diese Sichtweise eine hohe Widerstandskraft. 114 Die Ansicht, den Streit um die Berichtsrechte aus § 90 AktG und sonstige Streitigkeiten aus dem innerorganisatorischen Bereich als einen Streit zwischen Gesellschaft und natürlichen Personen anzusehen, gehorcht deshalb weniger dogmatischer Überzeugung, als vielmehr der Not, daß Aufsichtsrat und Vorstand mangels Rechtsund Parteiflthigkeit als Prozeßparteien ausscheiden. 115 Die von der traditionellen Ansicht vertretene Ablehnung der Rechts- und Parteiflthigkeit der Organe fUhrt jedoch zu einem beachtlichen Konstruktionsaufwand, der zur anspruchstypischen Terminologie des § 90 AktG und dem Zweck der Norm in Widerspruch steht. Auch wird gegen sie zutreffend eingewandt, daß sie mit der KoJlegialstruktur der jeweiligen Organe nicht vereinbar ist. Die Berichtspflichten des Vorstandes nach § 90 Abs. I, 3 AktG zeigen schließlich, daß es auf einen Beschluß des Gremiums Aufsichtsrat als "überindividuelle Handlungseinheit" ankommt. Auch der Gedanke, fUr die Abwicklung innerorganisatorischer Streitigkeiten auf das (außenrechtliche) Anstellungs- und Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder abzusteJlen, verbietet sich aus den aufgezeigten Gründen. Bedenkt man weiterhin, daß eine juristische Person durch ihre Organe "denkt und handelt" und daß das Wissen der Organe der juristischen Person nicht nur haftungsrechtlich zugerechnet wird, sondern Wissen der juristischen Person ist, dann erscheint es inkonsequent, den in § 90 Abs. I, 3 ihn als Organ (innerhalb des Organs Aufsichtsrat); s. auch Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 72. 111 Bark, ZIP 1991, 137 (142). 112 Bark, ZIP 1991, 137 (142). 1\3 Raiser, AG 1989, 185 (187); Bauer, Organklagen, S. 115 114 Raiser, AG 1989, 185 (187). 115 Bark, ZIP 1991, 137 (138, 141); Bauer, Organklagen, S. 115 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (220, 221, 224 ff.).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
AktG geregelten lnfonnationsanspruch als Anspruch der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder anzusehen. Das was Vorstandsmitglieder als natürliche Personen wissen, "weiß" kraft Organschaft auch schon die juristische Person. 116 In § 90 Abs. 1, 3 AktG geht es deshalb um Infonnationsrechte zwischen den Organen innerhalb der juristischen Person. Aus diesem Grunde ist es richtig, die Organe selbst als berechtigt und verpflichtet anzusehen. 117 Diese Auffassung wird auch gestützt durch die Überlegung, wer die Gesellschaft bei entsprechenden Klagen vertreten sollte. Reguläres Vertretungsorgan der Aktiengesellschaft ist nach § 78 AktG der Vorstand. Bei Streitigkeiten um Akteneinsicht nach § 90 Abs. 5 AktG handelt es sich aber ersichtlich um ein organinternes Begehren, welches der Vorstand nicht erftlllen kann. Auch bei der Kontrolle eines Mehrheitsbeschlusses durch die überstimmten Aufsichtsratsmitglieder handelt es sich um eine organ interne Streitigkeit. Hier stellt sich die Frage, ob die Mehrheit, gegen deren Beschlußfassung die Klage inhaltlich gerichtet ist, von dem Prozeß ausgeschlossen werden kann, indem die Gesellschaft allein durch den Vorstand vertreten wird. 118 Schließlich erscheint es bei der strengen Funktionentrennung bedenklich, daß der Vorstand die Gesellschaft in einer Angelegenheit in einem Prozeß vertritt, der die inneren Verhältnisse im Aufsichtsrat betriffi l19 und dies, obwohl der Vorstand selbst eigentlich Überwachungsobjekt ist. 120 Der Sache nach handelt es sich gerade nicht - wie die traditionelle Auffassung suggeriert - um den (außenrechtlichen) Streit zwischen "privaten" Subjekten, sondern um den Konflikt zwischen Organen und Organmitglieder ein und derselben juristischen Person. 121 Konsequenterweise müßte man eigentlich einen Streit um ein Rechtsverhältnis annehmen, an dessen bei den Endpunkten als Berechtigte, wie auch als Verpflichtete, die juristische Person, also die Aktiengesellschaft, stünde. 122 Dieses Ergebnis wäre Folge der Kunstfigur ,juristische
Bork, ZIP 1991, 137 (138). Bork, ZIP 1991,137 (138). 118 So der kritische Einwand Häsemeyers, AcP 188 (1988), 140 (142), der hierin einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) erblickt. 119 Hommelhofl, ZHR 143 (1979), 288 (315); Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (274); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 213. 120 So Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (274); Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 (314 f.); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 213; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 (18), der deshalb eine Vertretung der Gesellschaft durch die den Beschluß verteidigenden Aufsichtsratsmitglieder vorzieht. 121 Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 70. 122 So auch der Einwand von Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 70; Bork, ZIP 1991, 137 (139); vgl. auch Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (275); Teichmann, in: FS Mühl, S. 669 ff., die eine solche prozeßstandschaftliche Lösung befürworten. 116
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Person" und der Zuordnung ihrer Handlungsbefugnisse an verschiedene Organe. 123 In diesem Dilemma, nämlich entweder einen unzulässigen Insich-Prozeß anzunehmen oder widersprUchliche Konstruktionen aufzustellen, bietet die Anerkennung der relativen Rechts- und Parteiflihigkeit der Organe im innergesellschaftlichen Bereich die einfachste Lösung: 24 Es handelt sich bei den hier aufgezeigten Rechtsstreitigkeiten um innerorganisatorische Streitigkeiten, welche auch auf Organebene ausgetragen werden sollten. 125 Im Streit um die Berichterstattungspflicht aus § 90 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 AktG erscheint es zweckmäßig, den Vorstand als Organ (und nicht die Organmitglieder) als passivlegitimiert anzusehen. Auf der Klägerseite sollte nicht die Parteirolle der Gesellschaft, sondern die des Aufsichtsrats angenommen werden. Umgekehrt liegt bei Akteneinsichtsbegehren einzelner Aufsichtsratsmitglieder nach § 90 Abs. 5 AktG ein organinterner Streit in Gestalt eines aufsichtsratsinternen MehrheitslMinderheitskonfliktes vor, welcher auch auf dieser Ebene zu lösen ist. 126 Die Lehre von der Relativität der Rechtsflihigkeit ermöglicht mithin eine dogmatische Erfassung des Phänomens des aktienrechtlichen Organstreits, welche die aufgezeigten Probleme vermeidet. 127 Dies gilt umsomehr, als der Bundesgerichtshofnun in seiner Entscheidung zur Außengesellschaft bürgerlichen Rechts die Annahme einer Teilrechtsflihigkeit beftlrwortet und die Außen-GbR auch insofern rur parteiflihig hält, als sie als Teilnehmerin am Rechtsverkehr Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. 128 Zwar beziehen sich die Aussagen des Bundesgerichtshofs bisher nur auf das Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten und nicht auf das Innenverhältnis. Angesichts dieser neuen Rechtsprechung kann allerdings das noch 1993 gegen die Rechtssubjektivität von Organen angeftlhrte Argument, Rechtsflihigkeit komme nach geltendem Recht nur natürlichen
Lutter, Infonnation u. Vertraulichkeit, S. 70. Bauer, Organklagen, S. 117; Lutter, Infonnation u. Vertraulichkeit, S. 70, spricht von der zweckmäßigeren Lösung. 125 Steinbeck, Überwachungspflicht, S.213; Homme/hoff, ZHR 143 (1979), 288 (314), da solche aufsichtsratsinternen Mehrheits-lMinderheitskonflikte auf Gesellschaftsebene auszutragen seien. 126 So schon BayObLG, Besch\. v. 25.4.1968 - 2 Z 56/67 -, in: AG 1968,329 (330), welches den Aufsichtsratsvorsitzenden als passivlegitimiert ansieht; vg\. auch OLG Ce//e, Urt. v. 9.10.1989 - 9 U 186/89 - (Pelikan - 2. Instanz), in: ZIP 1989, 1552 (1553); K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (226); rur eine Klage gegen den Aufsichtsrat vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden: Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 213; Homme/hoff, ZHR 143 (1979), 288 (314). - Bark, ZIP 1991, 13 7 (144 f.), hält eine Klage sowohl gegen den Aufsichtsrat als auch gegen die Gesellschaft fllr möglich. 127 Der hohe Darstellungswert der Lehre wird selbst von den Kritikern zugestanden; vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V 1 b (S. 220). 128 BGH, Urt. v. 29.1.2001 - II ZR 331/00 -, in: NJW 2001, 1056, s. hierzu auch oben § 1 III. 2. c). 123
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
und juristischen Personen ZU,129 nicht überzeugen. Ebensowenig ist der Verweis auf die prozeßrechtlichen Regelungen der Zivilprozesses, insbesondere auf die fehlende Parteifllhigkeit,130 noch tragfllhig. Mit Hilfe der Relativierung der Rechtsfllhigkeit und dem Begriff der Rechtssubjektivität kann vielmehr die Rechts- und Pflichtträgerschaft im Innenverhältnis rechtskonstruktiv erfaßt werden, indem nicht nur zwischen totaler und partieller Rechtsfllhigkeit, sondern je nach Geltungsbereich auch zwischen externer und interner Rechtssubjektivität unterschieden wird. 13I Betrachtet man Organe als Innenrechtssubjekte, können prozessuale und vollstreckungstechnische Fragen unabhängig von der personellen Besetzung des Organs beurteilt werden. Die Rechtshängigkeit bei Organstreitigkeiten ist damit unabhängig von persönlichen Veränderungen auf der Kläger- oder Beklagtenseite. 132 Zu diesen rechtskonstruktiven Erwägungen tritt hinzu, daß dieser Ansatz den Entwicklungen im öffentlichen Recht entspricht. 133 Auch wenn im Privatrecht bislang keine allgemein anerkannte Theorie entwickelt wurde, die die Möglichkeit relativer Rechtsfllhigkeit von Rechtssubjekten im Innenbereich der privatrechtlichen Verbände einschließlich ihrer prozessualen Implikationen reflektierte,134 folgt der ganz überwiegende Teil des Schrifttums zum Innenrechtsstreit in der Aktiengesellschaft deshalb zu Recht diesem dogmatischen Ansatz.
BGH, Urt. v.17.5.1993 - II ZR 89/92 -, in: BOHZ 122,342 (345). BGH, Urt. v.17.5.1993 - II ZR 89/92 -, in: BOHZ 122,342 (345). 13l Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 165; Lindacher, in: Lüke/Wax, Münch. Komm. z. ZPO, § 50 Rn 4. 132 Lutter, Information u. Vertraulichkeit, S. 70, 72. - Auch Brehm, ZZP 101 (1988), 227 (228), hält die h. M. vor allem bei einem Wechsel in der personellen Besetzung kollegialer Organ rur rechtspolitisch fragwürdig; s. auch Bork, ZIP 1991, 137 (140). 133 Die Erkenntnis der Relativität der Rechtssubjektivität hat sich öffentlichen Recht allgemein durchgesetzt; s. oben § 1 III. 2. c). 134 So K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (220). - Vertreter der Relativität der Rechtsflihigkeit im Zivilrecht sind u. a.: Fabricius, Rechtsflihigkeit, S. 60 f; John; Rechtsperson, S. 222 f, der allerdings weiter geht als Fabricius und auch Schlußfolgerungen rur die Personifikation zieht; Pawlowski, Allg. Teil d. BOB, § 2 I Rn 98 a ff., 109 ff.; Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürger!. Rechts, § 9 Rn 17; so wohl auch BOH, Urt. v. 10.2.1992 - II ZR 54/91 -, in: ZIP 1992, 695 (698); Posek, DB 1996, 2165 (2165 f). 129
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§ 4 Die Mitglieder Die Frage, ob Mitglieder Innenrechtssubjekte sind, ist sowohl in der öffentlich-rechtlichen als auch in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur bisher nicht abschließend beantwortet worden. Zunächst soll deshalb der Streitstand im öffentlichen Recht (nachfolgend 1.) und im Zivilrecht (unten 11.) dargestellt werden. Besonders deutlich werden die Parallelen in der wissenschaftlichen Diskussion um die Kompetenzen der Mitglieder als "Gruppe" bzw. "Organ" (Streitigkeiten um die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid bzw. um Hauptversammlungskompetenzen) (I. I. bzw. 11. I.) und um die Abwehrklage von einzelnen Mitgliedern (Klage gegen gesetz- oder satzungswidriges Verhalten des Verbandes) (I. 2. bzw. 11. 2.). Im Anschluß werden die aufgezeigten Ansätze und Argumente näher untersucht, und es wird eine Antwort auf die anfangs gestellte Frage versucht (unten 111.). I. Der Streitstand im öffentlichen Recht 1. Streitigkeiten um die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Mit Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid haben die Bundesländer Instrumente geschaffen, mit deren Hilfe Einwohner und Bürger auf den Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß ihrer kommunalen Körperschaft unmittelbar Einfluß nehmen können. Nachdem sich diese Instrumente inzwischen als wirkungsvolle Mittel plebiszitärer Mitwirkung im kommunalen Bereich etabliert haben, I rückt zunehmend die Frage in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wie Meinungsstreitigkeiten über diese Formen der direkten Demokratie gerichtlich ausgetragen werden können. 2 Das besondere Augenmerk gilt hierbei der Frage, welche Rechtsschutzmöglichkeiten den Initiatoren von Bürgerbegehren zur Verfilgung stehen, wenn die nach den jeweils einschlägigen Bestimmungen zuständige Institution, in der Regel handelt es sich um den Gemeinderat,3 ein Bürgerbegehren filr unzulässig erklärt. 4 Umstritten ist hierbei Heimlich, DÖV 1999, 1029; Schliesky, ZG 1999,91. Schliesky, DVBI. 1998, 169; Schliesky, ZG 1999, 91; Hojmann-Hoeppel/Weible, BayVBI. 2000, 577 (583). 3 So die Rechtslage gern. § 21 Abs.3 Satz 1 GO BaWü, Art. 18 a Abs. 8 Satz 2 BayGO, § 20 lAbs. 2 Satz 1 GO Brandbg; § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO; § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW; § 21 a Abs. 5 Satz 1 GO Saarl; § 25 Abs.3 Satz 1 GO Sachsen, § 17 a Abs. 4 I
2
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
insbesondere, ob es sich bei einer gerichtlichen Streitigkeit um eine solche im Außenrechtsverhältnis handelt,s mit der Konsequenz, daß die Zulässigkeitsentscheidung ein Verwaltungsakt ist und Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage die richtige Klageart darstellen, 6 oder ob es sich um eine Streitigkeit zwischen Organen, "Quasi"-Organen7 bzw. eine solche im Innenrechtsverhältnis8 und damit um eine kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit handelt. 9
Satz 2 GO RhPf.; anders § 16 g Abs. 5 Satz I GO SchlH (Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde) u. § 22 b Abs. 7 Satz I GO Nds (Entscheidung des Verwaltungsausschusses); vgl. hierzu Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 593. 4 Ritgen, Bürgerbegehren, S. 115 ff.; Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1030); Seckler, BayVBl. 1997, 232 (233); Hofmann-HoeppeIIWeible, BayVBl. 200, 577 (583). 5 VGH Kassel, Urt. v. 14.7.1988 - 6 UE 296/85 -, in: NVwZ-RR 1989, 574 f.; VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; Hofmann, VR 1997, 156 (161); Erichsen IBiermann, Jura 1997, 157 (161); Ritgen, Bürgerbegehren, S. 118; Hofmann-Hoeppel IWeible, BayVBl. 2000, 577 (583); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 151; Schliesky, DVBl. 1998, 169 (173); Spies, Bürgerversammlung, S.235; Hofmann, VR 2001,51 (55). 6 VGH Mannheim, Urt. v. 13.4.1993 - I S 1076/92 -, in: NVwZ-RR 1994, 110; VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - I A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); OVG Münster, Beschl. v. 15.11.l996 - 15 B 2861/96, NVwZ 1997, 816; OVG Greifswald, Beschl. v. 24.7.1996 - I M 43/46 -, in: NVwZ 1997,306 (307); VGH München, Urt. v. 18.3.1998 - Az. 4 B 97.3249 -, in: BayVBl. 1998,402 (403); VG Köln, Urt. v. 3.9.1999 - 4 K 2849/97 -, in: NWVBl. 2000, 269; Hager, VerwAreh 84 (1993), 97 (115); von LenneplPaal, StuGR 1994, 295 (299); Schneider, StuGR 1994, 399 (401); von Danwitz, DVBl. 1996, 134 (141); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 151; Schliesky, DVBI. 1998, 169 (173); Spies, Bürgerversammlung, S. 235; so auch Oebbeclre, DÖV 1995, 701 (705), zum Beschluß über die Zu lässigkeit eines Einwohnerantrags, der gegen eine ablehnende Entscheidung Widerspruch und Verpflichtungsklage rur zulässig hält. Andererseits spricht Oebbeclre (S.706) davon, daß die von ihm angenommene Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf das laufende Verfahren rechtlich in der Pflicht zur "Organtreue" wurzele, die zwischen den Gemeindeorganen Rat und Bürgermeister einerseits und Bürgerschaft andererseits bestehe. 7 VG Darmstadt, Beschl. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 (157); OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995,411 (412); OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.1996 - 7 A 12861/95 -, in: NVwZ-RR 1997,241; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.5.1998 - 10 M 1723/98 -, in: NdsVBl. 1998, 240; VG Dresden, Urt. v. 5.11.l997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998,90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; VG Hannover, Urt. v. 23.2.2000 - I A 3488/99 -, in: NdsVBl. 2001, 101; Kromer, DVBl. 1985, 143 (149); Waechter, Kommunalrecht, Rn 411. 8 OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995, 411 (412); OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.5.1998 - 10 M 1723/98 -, in: NdsVBI. 1998,240; VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998, 90 (?1); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; Fischer, DÖV 1996, 181 (183); Fischer, NWVBl. 1995,366 (369); Jaroschek, BayVBl. 1997, 39 (40); Wefelmeier, NdsVBl. 1997,31 (33 f.). 9 s. auch die Darstellung bei Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 65 ff.
§ 4 Die Mitglieder
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a) Ausdrückliche landesgesetzliche Regelungen Teilweise hat die Frage des prozessualen Vorgehens gegen einen solchen Zuriickweisungsbeschluß eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren. 10 Gern. § 21 Abs.8 GO BaWü i. V. m. § 41 Abs.2 KomWG BaWü ist eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gegen den die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestreitenden Beschluß zu erheben; über den Widerspruch entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde. II Faßt der Gemeinderat einen auf Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens lautenden Beschluß, so müssen die Vertrauensleute wegen des Laufs der Widerspruchsfrist einen mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen rurmlichen Bescheid erhalten. 12 In dieselbe Richtung deutet auch die rur Sachsen-Anhalt geltende Regelung in § 25 Abs.6 i. V. m. § 24 Abs.6 Satz 2 GO SachsAnh und § 56 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz SachsAnh, wonach die Kommunalaufsichtsbehörde über den Widerspruch im Vorverfahren entscheidet. 13 Konsequenterweise qualifiziert die Rechtsprechung den Zuriickweisungsbeschluß als Verwaltungsakt, 14 wobei die erforderliche Außenwirkung allerdings teilweise erst mit der Bekanntgabe durch den Bürgermeister gegeben sein soll. IS In den übrigen landesrechtlichen Bestimmungen hat die Frage des Rechtsschutzes keinerlei Regelung erfahren. Es überrascht, daß die baden-wUrttembergische Norm von den sonstigen landesrechtlichen Regelungen in diesem Punkt nicht übernommen wurde, obwohl Baden-WUrttemberg in Sachen Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene Vorreiter war l6 und die Regelungen der anderen Länder den baden-wUrttembergischen überwiegend nachgebildet wurden. 17 Ob die Landesgesetzgeber mehrheitlich davon ausgegangen sind, daß die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Fall des Bürgerbegehrens nicht recht paßt,18 und ob der Landesgesetzgeber die Verwaltungsaktqualität durch Aussa10 Eine vergleichende Übersicht der verschiedenen Regelungen zu Bürgerversammlung, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (auf dem Stand von Januar 1998) findet sich bei Spies, Bürgerversammlung, S. 83 -125. 11 Siehe hierzu Wettling, BWVPr 1987, 151 (153); Heimlich, DÖV 1999, \029 (1030); Fischer, DÖV 1996, 181 (\82 f.); Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 167 f. 12 Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 167. 13 SeckJer, BayVBI. 1997,232 (233); Heimlich, DÖV 1999, \029 (1030). 14 VGH Mannheim, Urt. v. 8.2.1988 - I S 1919/87 -, in: DÖV 1988, 476 f.; VGH Kassel, Urt. v. 14.7.1988 - 6 UE 296/85 -, in: NVwZ-RR 1989,574 f.; so auch Wettling, BWVPr 1987,151 (\53); vgl. auch Fischer, DÖV 1996, 181 (182 f.). 15 VGH Mannheim, Urt. v. 8.2.1988 - I S 1919/87 -, in: DÖV 1988, 476 f.; vgl. auch Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 167; Oebbecke, DÖV 1995, 701 (705); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (173). 16 V gl. von Arnim, DÖV 1990, 85 ff. 17 Heimlich, DÖV 1999, \029 (1030); Schliesky, DVBI. 1998, 169. 18 So die Mutmaßung bei Heimlich, DÖV 1999, 1029 ( 1030).
8 Diemen
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
gen in den Gemeindeordnungen oder Kommunalwahlgesetzen Uberhaupt regeln darf,19 bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Schon aufgrund dieser Zweifel können die gesetzlichen Wertungen in Baden-WUrttemberg und SachsenAnhalt jedenfalls nicht ohne weiteres auf die Ubrigen Bundesländer, deren Kommunalverfassungen keine entsprechenden prozessualen Regelungen enthalten, Ubertragen werden. 20
b) Die Rechtslage ohne ausdrUckliehe gesetzliche Vorgaben - Der Streitstand Damit stellt sich in Ländern, deren Gesetze keine ausdrUcklichen Vorgaben enthalten, die Frage, weIche Rechtsnatur der Entscheidung Uber die Zulässigkeit des BUrgerbegehrens zukommt, ob es sich also hierbei um eine Maßnahme im Innenrechtskreis oder um eine solche des Außenrechtskreises handelt. Auf den ersten Blick scheint die Außenwirkung auf der Hand zu liegen. Der auf Zulassung des BUrgerbegehrens gerichtete Antrag wird durch bekanntgegebenen Beschluß zurUckgewiesen; es scheint ein klassisches Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und BUrger und damit der rur das Vorliegen eines Verwaltungsakts typische Antagonismus gegeben zu sein. 21 So wird die Außenwirkung der Entscheidung Uber die Zulassung des BUrgerbegehrens teilweise schon aus deren Förmlichkeit hergeleitet. 22 Ein näheres Hinsehen lenkt die Aufinerksamkeit jedoch auf den Umstand, daß die Entscheidung Uber die Zulässigkeit des BUrgerbegehrens durch das zuständige Organ eine Verlagerung der innergemeindlichen Entscheidungskompetenz zur Folge hat. 23 Es geht bei dieser Entscheidung im Kern um "eine erstrangige Machtfrage", nämlich darum, wer in der Gemeinde Entscheidungen triffi. 24 Ist die Zulässigkeit des BUrgerbegehrens festgestellt worden, so obliegt die Ent19 Hierzu kritisch Hofmann, VR 1997, 156 (162) u. Hofmann, VR 2001,51 (55), der Regelungen des Landesgesetzgebers insofern gern. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur zur Frage der Verzichtbarkeit des Vorverfahrens filr zulässig hält, während über die Verwaltungsaktsqualität allein nach der Definition der §§ 35 VwVfD, 31 SGB-V, 118 AO zu entscheiden sei. 20 Gegen eine Übertragung auch Seckler, BayVBI. 1997,232 (233). 21 Seckler, BayVBI. 1997, 232 (234). 22 VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - 1 A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); HofmannHoeppel/Weible, BayVBI. 2000, 577 (583); Hofmann, VR 1997, 156 (161). 23 Fischer, NWVBI. 1995, 366 (369); Fischer, DÖV 1996, 181 (183); Seckler, BayVBI. 1997,232 (234). 24 Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1030); vgl. auch von Danwitz, DVBI. 1996, 134 (141), zurückhaltender BayVerfGH, Entsch. v. 19.1.1994 - Vf. 89-III-92 und Vf. 92-III92 -, in: BayVBI. 1994, 203 (205), zum Volksentscheid nach den Bestimmungen der Bayerischen Verfassung, der ausfilhrt, beim Volksentscheid gehe es um die Abstimmung über eine Sachfrage und nicht um die Übertragung von Herrschaft.
§ 4 Die Mitglieder
115
scheidungskompetenz fllr die zur Abstimmung gestellte Sachfrage den im Rahmen des BUrgerbegehrens abstimmungsberechtigten Bürgern und wird - soweit das erforderliche Abstimmungsquorum und die nötige Mehrheit erzielt werden - auch von diesen wahrgenommen. Ein angenommener BUrgerentscheid hat die gleiche Wirkung wie ein Beschluß des Gemeinderates. 25 Bei dieser Konzeption des kommunalen Plebiszits als gleichrangige kommunale Willensbildung durch die Bevölkerung entstehen erhebliche Zweifel daran, daß der Verwaltungsakt, der seinen wesensgemäßen Anwendungsbereich in einem hierarchisch strukturierten Staat-Bürger-Verhältnis findet, das adäquate Handlungsinstrumentarium darstellt. 26 Es erscheint fraglich, ob allein aus der formalen Filterfunktion der Zulässigkeitsentscheidung abgeleitet werden kann, daß hier gleichsam mittels eines "Akts von oben" über das Plebiszit entschieden wird. 27 Es kann deshalb erwogen werden, ob eine gerichtliche Klärung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht eine Streitigkeit zwischen konkurrierenden Entscheidungsträgern um die Abgrenzung innerorganisatorischer Zuständigkeiten und Rechte und damit einen Kommunalverfassungsstreit darstellt. 28
aa) Die Organqualität der Vertretungspersonen
Teilweise wird in der Rechtsprechung angenommen, daß sich bei Einreichung des BUrgerbegehrens mit der Benennung der Vertrauenspersonen die Verfassung der Unterstützer eines BUrgerbegehrens im gesetzlich vorgesehenen und erforderlichen Umfang konkretisiere, mit der Folge, daß ein eigenständiges Organ mit Rechten und Pflicht entstehe. 29 Daran, daß der erfolgreiche Bürgerentscheid die gleiche Wirkung wie eine Beschluß der Gemeindevertretung habe, ja einen solchen Beschluß sogar ersetzen könne, zeige sich, daß eine solche Organstellung der Vertretungspersonen vom Gesetzgeber beabsichtigt sei. 30 Die
25 Vgl. VGH Mannheim, Besehl. v. 6.3.2000 - I S 2776/99 -, in: DVBI. 2000, 1714; s. hierzu aueh Fischer, NWVBI. 1995, 366 (369); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (171). 26 Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1034). 27 Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1035). 28 OVG Koblenz, Besehl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995, 411 (412); VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SäehsVBI. 1998,90 (91); Kromer, DVBI. 1985, 143 (149); Fischer, NWVBI. 1995, 366 (369); Fischer, DÖV 1996, 181 (183); Jaroschek, BayVBI. 1997,39 (40); Wefelmeier, NdsVBI. 1997,31 (33); Seckler, BayVBI. 1997,232 (234). 29 VG Darmstadt, Besehl. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 ( 157). 30 VG Darmstadt, Besehl. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 (157); vgl. aueh OVG Koblenz, Besehl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995,411 (412); OVG Lüneburg, Besehl. v. 8.12.1997 - 10 M 5396/97 -, in: NdsVBI. 1998, 96 (97).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Vertrauenspersonen gewährleisteten als Organ des Bürgerbegehrens dessen Handlungsflthigkeit. Dabei könnten die organschaftlichen Rechte nur zur gesamten Hand, also von allen Vertrauensleuten zusammen ausgeübt werden. 31 Diese Auffassung hat zu Recht einhellig Ablehnung erfahren. 32 Aus der Pflicht, Kontaktpersonen zu benennen, und der Gleichrangigkeit von Bürgerentscheiden und Gemeindevertretungsbeschlüssen folgt noch nicht die Organqualität der benannten Vertrauenspersonen. 33 Dieses Verständnis birgt die Gefahr, daß die Entscheidungsmacht von den Bürgern bzw. Unterzeichnern des Bürgerbegehrens auf die Vertretungspersonen verlagert wird,34 was mit dem Gedanken der unmittelbaren Demokratie nicht zu vereinbaren ist. 35
bb) Das Bürgerbegehren als Entscheidungsträger
Ein großer Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums sieht in dem Bürgerbegehren einen eigenständigen Entscheidungsträger, welcher - soweit um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gestritten werde - in Konkurrenz zum Gemeinderat stehe und um innerorganisatorische Kompetenzen streite. 36 Das Bürgerbegehren, d.h. die abstimmungsberechtigte Bürgerschaft bzw. die Unterzeichner, wird als Organ bzw. "Quasi"-Organ der Gemeinde qualifiziert. 37 Zwar
31 VG Darmstadt, Beschl. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 (157). 32 Fischer, DÖV 1996, 181 (184); Wehr, BayVBl. 1996, 549 (551); Seckler, BayVBl. 1997,232 (235); Jaroschek, BayVBl. 1997,39 (41 f.); Sch/iesky, DVBl. 1998, 169 (170); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 147. 33 Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170), der sowohl die Existenz eines gemeindlichen als auch eines Organs zivilrechtlicher Natur verneint; s. auch Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 147, der auf die abschließende Aufzählung in § 9 HGO verweist. 34 Fischer, DÖV 1996, 181 (184); Jaroschek, BayVBl. 1997, 39 (42); Seckler, BayVBl. 1997,232 (235); Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170). 35 Seckler, BayVBl. 1997, 232 (235). 36 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998, 90 (91); Fischer, NWVBl. 1995,366 (369); Fischer, DÖV 1996, 181 (183); Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 270, der annimt, daß der Bürgerentscheid als Organisationsinternum den Gegenstand eines kommunalrechtlichen Organstreits bilden kann, nicht desto trotz in Hinblick auf die baden-württembergischen Regelungen bei der Zulässigkeitsentscheidung eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage berurwortet. 37 VG Darmstadt, Beschl. v. 17.6.1994 - 3 G 862/94 -, in: NVwZ-RR 1995, 156 (157); OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995,411 (412); OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.1996 - 7 A 12861/95 -, in: NVwZ-RR 1997, 241; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.5.1998 - \0 M 1723/98 -, in: NdsVBl. 1998,240; VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998,90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; VG Hannover, Urt. v. 23.2.2000 - I A 3488/99 -, in: NdsVBl. 2001, 101; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.2.2001 - 10 L
§ 4 Die Mitglieder
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stamme die Initiative, aus der das Bürgerbegehren hervorgehe, aus dem vorstaatlichen bzw. gesellschaftlichen Raum, doch konstituiere die Initiative mit der Einreichung des Bürgerbegehrens ihre Handlungsfähigkeit und stelle einen konkurrierenden Entscheidungsträger dar. 38 Bürgerbegehren und Bürgerentscheid träten als Ergänzung des repräsentativen Systems bei erfolgreichen Anträgen an die Stelle des gewählten Repräsentativorgans und wirkten in dieser Form an der Willensbildung der Gemeinde mit. 39 Das durch das Bürgerbegehren aktivierte gemeindliche Organ sei die Bürgerschaft selbst. 40 Begründet wird dies mit der Funktion der Instrumente unmittelbarer Demokratie. 41 Ziel des Einwohnerantrags beispielsweise sei, daß der Gemeinderat über eine bestimmte Angelegenheit der örtlichen Selbstverwaltung berate und entscheide. Dem Gegenstand nach entspreche dieses Recht deshalb dem Initiativrecht einer Gemeinderatsfraktion42 . Auch wird angefilhrt, dem Bürgerbegehren komme aufgrund der angestrebten Entscheidungsmacht innerhalb der Gesamtorganisation Gemeinde eine dem Gemeinderat vergleichbare Funktion ZU. 43 Der Streit über die Zulässigkeit dieser Instrumente lasse sich daher eher als ein solcher zwischen Funktionssubjektiven über das Bestehen und den Umfang ihrer Rechte qualifizieren denn als Streit um personale Individualrechte einzelner Bürger.44 Die Beteiligten eines solchen Verfahrens verteidigten keine "subjektiven Rechte" des sog. Außenrechtskreises, sondern organschaftliche Kompetenzen, die im Interesse der Gesamtorganisation wahrgenommen würden,45 gegenüber einem
2705/99 -, in: NdyVBl. 2001, 165 (166); Kromer, DVBl. 1985, 143 (149); Waechter, Kommunalrecht, Rn 411; Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 180. 38 OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.5.1998 - 10 M 1723/98 -, in: NdsVBl. 1998, 240; Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 180. - Auch Ritgen. BUrgerbegehren, S. 118, der im Ergebnis eine Einordnung als Streitigkeit im Außenbereich befürwortet, räumt ein, daß dieses Argument für die Annahme einer OrgansteIlung spreche. 39 Wefelmeier, NdsVBl. 1997, 31 (33 f.); so auch VG Hannover, Urt. v. 23.2.2000 I A 3488/99 -, in: NdsVBl. 2001, 101. 40 Kromer, DVBl. 1985, 143 (149); vgl. auch SachsAnhVerjGH, Urt. v. 29.8.2000LVG 1/00 -, in: LKV 2001, 29 (31) zu einem Volksbegehren auf Landesebene. 41 VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556. 42 So zum Einwohnerantrag nach § 27 Abs. I Satz I GO Rheinland-Pfalz OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995, 411 (412). 43 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998, 90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; vgl. auch BerlVerjGH, Beschl. v. 18.5.2000 - VerfGH 78/99 -, in: LKV 2001: "Bei Volksbegehren und Volksentscheid handelt es sich [ ... ] um einen Akt der Gesetzgebung, entsprechend der Gesetzgebung des Parlaments" u. SachsAnhVerjGH, Urt. v. 29.8.2000 - LVG 1/00 -, in: LKV 2001, 29 (31). 44 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998, 90 (91); OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 -7 N 12954/94 -, in: NVwZ-RR 1995,411 (412); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556. 45 VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
"Kontrastorgan".46 Allerdings wird die organschaftliche Qualität des BUrgerbegehrens - im Unterschied zu den gesetzlich bestimmten Organen der Gesamtorganisation Gemeinde - zeitlich auf die Verfahrensdauer des BUrgerbegehrens und sachlich auf dessen Funktion beschränkt. 47
ce) Bürgerbegehren und Bürgerentscheid als Bündelung bürgersehaftlieher Mitwirkungsreehte im Außenverhältnis Die Auffassung, bei einem BUrgerbegehren handele es sich um ein Organ oder "Quasi"-Organ der Gemeinde, trifft in Teilen von Rechtssprechung und Literatur auf starke Ablehnung. 48 Ihr wird entgegnet, der rechtliche Status des Bürgerbegehrens bleibe im Dunkeln. 49 Dem BUrgerbegehren fehle die fUr eine Qualifikation als Organ oder "Quasi"-Organ notwendige organisatorische Verfestigung und innere Struktur,50 die erforderlich sei, um die Rechtstahigkeit des "BUrgerbegehrens" begründen zu können. 51 Es sei ein Instrument der BUrgerbeteiligung, bei dem eine BUndelung gleichlautender Einzelwillen in einer bestimmten Sachfrage zu einem bestimmten "Antrag" stattfinde. 52 Die meisten Unterzeichner kämen in der Regel nur einmal mit dem engeren Kreis der Initiatoren in Kontakt, nämlich bei der Leistung der Unterschrift. Es sei lebensfremd, hieraus eine organschaftliche Verflechtung zu konstruieren. 53 Auch bereite der Status der Repräsentanten Probleme, denn die Vertreter bzw. Vertrauenspersonen könnten sich im Gegensatz zu anderen Repräsentan46 OVG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995, 411 (412) zum Einwohnerantrag; OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.1996 - 7 A 12861/95 -, in: NVwZ-RR 1997,241 zum Bürgerbegehren; Wefelmeier, NdsVBl. 1997,31 (34). 47 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998, 90 (91). 48 OVG Greifswald, Beschl. v. 24.7.1996 - I M 43/46 -, in: NVwZ 1997, 306 (307); VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; VG Köln, Urt. v. 3.9.1999 - 4 K 2849/97 -, in: NWVBI. 2000, 269; Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); Roth, VerwaltungsrechtIiche Organstreitigkeiten, S. 67 ff. 49 Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170). 50 Seckler, BayVBI. 1997, 232 (234); Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116. 51 Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 67. 52 Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 67; vgl. auch Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148. - Auch der VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116 geht von einer Bündelung aus, wenn er ausfllhrt, die Gemeindearbeit solle nicht dadurch unzumtbar erschwert werden, daß eine unüberschaubare und unbegrenzbare Anzahl von Unterstützern eines Bürgerbegehrens mit der Gemeindeverwaltung in Kontrakt trete. 53 Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; in diese Richtung auch Spies, Bürgerversammlung, S. 234.
§ 4 Die Mitglieder
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ten nicht auf eine Legitimation durch entsprechenden (Wahl-)akt berufen. 54 Bei einer Vertretung der Unterzeichner des BUrgerbegehrens durch die Vertrauenspersonen müßten deren Erklärungen den Unterzeichnern mit entsprechenden Haftungsfolgen beispielsweise bei Hinzuziehen eines Rechtsanwalts zugerechnet werden. 55 Von einer solchen Bevollmächtigung könne bei der Unterzeichnung eines BUrgerbegehrens aber nicht ausgegangen werden. 56 Auch das Argument, der erfolgreiche Bürgerentscheid habe einem Ratsbeschluß vergleichbare Wirkung, laufe ins Leere. 57 Es gehe nicht an, von der vergleichbaren Wirkung einer Handlung auf eine vergleichbare Rechtsstellung des Handelnden, hier also des BUrgerbegehrens, zu schließen. 58 Schließlich werde auch die Kommunalaufsichtsbehörde der Gemeinde nicht zu deren Organ, wenn sie im Wege der Ersatzvornahme anstelle der Gemeinde handele. 59 Das BUrgerbegehren als solches oder die dahinterstehende Gemeindebevölkerung insgesamt könne auch nicht als kommunales "Kontrastorgan" angesehen werden. Die hierftlr erforderliche Rollenverteilung im Sinne von "checks and balances,,6o liege beim BUrgerbegehren im Verhältnis zum Gemeinderat nicht vor. Der Gemeinderat solle weder die Unterzeichner noch die Initiatoren eines BUrgerbegehrens oder gar die Bevölkerung insgesamt kontrollieren, und auch umgekehrt könne die plebiszitäre Mitwirkung nicht als Kontrolltätigkeit gegenüber dem Gemeinderat angesehen werden. 61 Das Bürgerbegehren stelle kein balancierendes Element innerhalb des kommunalen Administrativbereichs dar, sondern habe ergänzenden Charakter in bezug auf die gemeindliche Willensbildung. 62 Auch sei eine solche Kontrolle nicht mit der Repräsentation der Bevölkerung durch den Rat vereinbar. 63
54 VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; Seckler, BayVBI. 1997,232 (234); Rath, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 68. 55 Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148. 56 Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148. 57 VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - I A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); Spies, Bürgerversammlung, S. 234 f. 58 Wehr, BayVBI. 1996, 549 (553); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (171); Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1031). 59 Wehr, BayVBI. 1996, 549 (553); Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1031). 60 Der Begriff des Kontrastorgans geht zurück auf Kisker, Insichprozeß, S. 37; s. auch Bethge, DVBI. 1980,309 (313), Bethge, in: HkWP 11, S. 179 f.; Neyses, Rundfunkverfassungsstreitverfahren, S. 57 f. u. unten § 6 11. 3. a) u. b). 61 Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1032). 62 Heimlich, DÖV 1999, 1029 (\032). 63 Heimlich, DÖV 1999, \029 (1032).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Der Organbegriff dürfe deshalb nicht ausdehnend verwendet werden 64 • Zwar werde auch die Bürgerschaft als Zusammenfassung der Wahlberechtigten, als Kreation- oder Trägerorgan der Gemeinde bezeichnet. 6s Dabei werde der Organbegriff aber nicht, wie bei Gemeinderat und BUrgermeister, im organisatorischen, sondern in einem funktionellen Sinne verwendet66 und drucke allein die Aufgabe und die Funktion der Bürgerschaft in bezug auf die Gemeinde aus. Die Bürgerschaft wähle die Mitglieder des kommunalen Organs Gemeinderat, und vermittele ihnen auf diese Weise demokratische Legitimation. Wahlberechtigt sei jedoch nicht die Bürgerschaft als solche, also als Organ, sondern jeder einzelne Bürger, der durch seine Teilnahme an der Wahl ein höchstpersönliches grundrechtsgleiches Recht ausübe. 67 Denn von der systematischen Einordnung in das Kommunalverfassungsrecht her wie auch ausweislieh der Willen aHer Landesgesetzgeber handele es sich bei Bürgerbegehren und -entscheid um bürgerschaftliehe Mitwirkungsrechte in einzelnen Sachfragen. 68 Das Recht zu Durchftlhrung und Teilnahme an Bürgerbegehren und Bürgerentscheid steHe ähnlich wie das kommunale Wahlrecht - eine besondere Ausprägung des Rechts auf verantwortliche Teilnahme an der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde dar. 69 Die abstimmungsberechtigten Bürger handelten bei Wahlen und Abstimmungen - entsprechend der Differenzierung in Art. 20 11 2 GG nicht in Wahrnehmung organschaftlicher Kompetenzen, sondern zur Verwirklichung eigener aus dem status activus fließender subjektiv-öffentlicher Rechte. 70
64 Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); Heimlich, OÖV 1999, 1029 (1031); vgl. auch Rath, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 71 t1, der sich gegen eine Ausweitung des OrganbegritTs auspricht. - Auch das VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998,90 (91), hat Bedenken gegen die "Entwicklung weiterer, gesetzlich nicht geregelter und - im Unterschied zu den bestehenden - zeitlich und funktional beschränkten Organen". Es schließt sich im Ergebnis aber trotzdem der dies bejahenden Rechtsprechung des Sächsischen OVGs an. 65 Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); s. auch Ritgen, Bürgerbegehren, S. 115. 66 Wehr, BayVBI. 1996,549 (553). 67 Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); so auch Bethge, in: HkWP 11, S. 181. 68 Schliesky, OVBI. 1998, 169 (170); Spies, Bürgerversammlung, S. 235; Rath, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 67 f.; so auch VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; vgl. auch Heimlich, OÖV 1999, 1029 (1031). 69 VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - 1 A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); van Danwitz, OVBI. 1996, 134 (\41); Ritgen, Bürgerbegehren, S. 118; Schliesky, OVBI. 1998, 169 (170); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; vgl. auch Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 333, der mitgliedschaftliche Rechte grds. dem Außenbereich zuordnete, da Mitglieder nicht als Funktionssubjekte, sondern als selbständige Rechtssubjekte tätig würden. 70 Ritgen, Bürgerbegehren, S.116, 118, 253; Wehr, BayVBI. 1996, 549 (553); Schliesky, OVBI. 1998, 169 (170 f.); Rath, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 67 f.; Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; so auch allerdings ohne Bezugnahme auf den "status activus" Heimlich, OÖV 1999, 1029 (1031).
§ 4 Oie Mitglieder
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Das Wahlrecht werde seit jeher als subjektives Recht jedes Bürgers im Außenrechtsverhältnis zum Staat bzw. zur Gemeinde verstanden. 7l Deshalb wirke die Vorstellung, daß der Bürger als Unterzeichner eines Begehrens organschaftliche Beteiligungsrechte am Willensbildungsprozeß der Gemeinde geltend mache, recht konstruiert und blieben die Gründe rur eine Sonderbehandlung unerfindlich. 72 Die Bürgerschaft sei folglich zwar das Organ der Träger der Gemeinde, sie sei aber von der Gebietskörperschaft selbst und ihren Organen zu unterscheiden. 73 Sie treffe ihre Entscheidungen nicht als kommunales Organ oder sonstiger, im Innenrechtskreis der Gebietskörperschaft stehender Entscheidungsträger, sondern als davon zu unterscheidende gesellschaftliche, nicht staatlich-institutionelle Zusarnmenfassung74 der Bürger als natürlicher Personen. 75
2. Die Abwehrk/age des Bürgers
Neben der Diskussion um Bürgerbegehren und Bürgerentscheid kommt der anfangs gestellten Frage nach der Innenrechtssubjektivität der Mitglieder auch bei der Abwehrklage des Bürgers eine Bedeutung zu. Der Begriff der Abwehrklage findet, soweit ersichtlich, im öffentlichen Recht keine Verwendung. Er ist dem Zivilrecht entlehnt, wo er durch die Literatur eine hinreichende Bedeutungsbildung in dem Sinne erfahren hat, daß sich das einzelne Mitglied unter bestimmten Umständen gegen gesetz- und satzungswidrige Maßnahmen des Verbandes zur Wehr setzen kann. Die Frage, ob das Mitglied von seinem Verband verlangen kann, daß dieser sich im Rahmen der gesetzlich gezogenen Grenzen hält, wird im öffentlichen Recht nicht einheitlich beantwortet und ist Gegenstand zahlreicher Urteile 76 und wissenschaftlicher Abhandlungen 77 • Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 68. von Danwitz, OVBI. 1996, 134 (141); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 68; vgl. auch Schliesky, OVBI. 1998, 169 (170). 73 VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; Wehr, BayVBI. 1996,549 (553). 74 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 70. 75 Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S.67 f., 70. 76 BSG, Urt. v. 21.1.1966 - 6 RKa 47/64 -, in: MOR 1966,541; VG Sigmaringen, Urt. v. 2.2.1968 - III 364/67 -, in: OVBI. 1968, 267 ff.; BVerwG, Urt. v. 28.9.1969 BVerwG VII C 65.68 -, in: BVerwGE 34, 69 ff.; OVG Hamburg, Urt. v. 7.7.1971 OVG Bf III 9170 -, in: OVBI. 1972, 339 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.7.1972 - IV 277/72 -, in: NJW 1972,2102; OVG Münster, Urt. v. 4.7.1974 - XIII A 1135173 -, in: GewArch 1975, 30 f.; OVG Koblenz, Urt. v. 29.07 1974 - 2 B 47174 -, in: AS 13, 418 ff.; OVG Münster, Urt. v. 26.9.1974 - XIII A 271173 -, in: OVGE 30, 77 ff.; OVG Kassel, Urt. v. 18.11.1974 - VI TG 40174 -, in: ESVGH 24, 217 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1975 - IX 1200173 -, in: NJW 1976, 590 ff. korrigiert auf S. 643; OVG 71
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
a) Die Entwicklung der Rechtsprechung Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung im öffentlichen Recht hat jedes Pflicht(!)mitglied einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft einen Rechtsanspruch darauf, daß der Verband die gesetzlichen Grenzen einhält. Den Auftakt zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht stellt ein Urteil aus dem Jahre 1969 dar, mit dem das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte über die Klagen von mehreren Studenten gegen die Studentenschaft der Universität Tübingen, die gerichtet waren auf Unterlassung von nicht hochschulbezogenen allgemeinpolitischen Forderungen und Stellungnahmen der Studentenschaft. 7s Das Gericht bejahte den Unterlassungsanspruch und stellte zur Begründung auf verbandsrechtliche und grundrechtliche Erwägungen ab. Nach vereinsrechtIichen Regelungen begründe das Mitglied durch den Beitritt ein Rechtsverhältnis zum Verein, aus dem sich ein Anspruch darauf ergebe, daß die Mitglieder nicht satzungswidrig behandelt würden, insbesondere nicht rechtswidrig mit einer Vereinsstrafe belegt würden. 79 Auch die Mitglieder öffentlicher Verbände hätten demgemäß "einen Anspruch darauf, daß der Verband sich auf die ihm zugewiesenen Aufgaben beschränkt"so. Weiter filhrte das Bundesverwaltungsgericht aus, daß wegen Art. 2 I GG öffentlich-rechtliche Zwangsverbände nur gegründet werden dürften, um gesetzlich bestimmte öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Hieraus folge, daß Mitglieder eines solches Verbandes aufgrund ihrer Mitgliedschaft einen im Verwaltungsrechtsweg verMünster, Urt. v. 19.9.1977 - V A 879/76 -, in: OVGE 33, 130 ff.; BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 ff.; BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 65.78 -, in: BVerwGE 59, 242 ff.; BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79 -, in: DÖV 1982,697 (698); BayVGH, Urt. v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 -, in: GewArch 2000, 60 ff.; s. auch die Zusammenstellung bei Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 275 ff., Stober, Mitgliederklagen, S. 10 ff. u. Meßerschmidt, VerwArch 81 (1999),55 (61 f., 64 ff.). 77 v. Mutius, VerwArch 63 (1972), 453 ff.; FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 ff.; Damkowski, DVBI. 1978, 230 ff.; Ress, WiVerw 1979, 157 ff.; Bachof, DÖV 1980,607 ff.; Fröhler, GewArch 1982,77 f.; Laubinger, VerwArch 74 (1983), 175 ff., 263 ff.; Stober, Mitgliederklagen, 1984; Kluth, DVBI. 1986, 716 ff.; Pietzcker, NJW 1987, 305 ff.; Oebbe;:ke, NVwZ 1988,393 ff. - Stellungnahmen finden sich u. a. auch bei: FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S. 76 ff.; Ehlers, in: Erichsen, Kommunalverfassung, S. 104; Ehlers, Teilrechtsfähigkeit, S. 24 ff.; Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 275 ff. 78 BVerwG, Urt. v. 28.9.1969 - BVerwG VII C 65.68 -, in: BVerwGE 34, 69 ff. , 79 BVerwG, Urt. v. 28.9.1969-BVerwGVII C 65.68-, in: BVerwGE34, 69(74). 80 BVerwG, Urt. v. 28.9.1969 - BVerwG VII C 65.68 -, in: BVerwGE 34, 69 (74).Ansätze zu einer verbandsrechtlichen Begründung finden sich neben der grundrechtlichen Argumentation auch schon in der zweitinstanzlichen Entscheidung des VGH Mannheim, Urt. v. 23.7.1968 - IV 159/68 -, DVBI. 1968, 705, welcher die MitgliedschaftssteIlung der Kläger betont, aber, da Mitgliedern gegenüber Hoheitsgewalt ausgeübt werde, zur Geltung der Grundrechte gelangt.
§ 4 Die Mitglieder
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folgbaren Anspruch darauf hätten, daß der Verband sich nicht mit Aufgaben befasse, die ihm der Gesetzgeber nicht zugewiesen habe. sl Eine frühere Entscheidung des Bundessozialgerichts beschäftigte sich hingegen nicht mit grundrechtlichen, sondern allein mit mitgliedschaftlichen Erwägungen: Selbst wenn die Kassenärztliche Vereinigung ihre durch den Aufgabenkreis gezogenen Grenzen überschritten hätte, sei die Rechtsstellung des Klägers als Mitglied nicht unmittelbar betroffen. Denn diese umfasse nur "seine innerhalb des genossenschaftlichen Zusammenschlusses auszuübenden Rechte,,82 wie beispielsweise sein Recht zu wählen und an Mitgliederversammlungen teilzunehmen. Konfrontiert mit diesem Urteil des Bundessozialgerichts und mit vergleichbaren Begründungsansätzen in der RechtsprechungS3 ließ das Bundesverwaltungsgericht in einer späteren Entscheidung den mitgliedschaftlichen Begründungsansatz des Unterlassungsanspruchs außen vor und stütze sich ausschließlich auf grundrechtliche Erwägungen aus Art. 2 Abs. I GG. 84 Es betonte den Zwangscharakter der Mitgliedschaft, begründet durch fehlende Beitritts- und Austrittsfreiheit. 85 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts tangiert die Zwangsmitgliedschaft nicht die durch Art. 9 GG geschützte Vereinigungsfreiheit, sondern den Schutzbereich des Art. 2 Abs. I GG. 86 Das Abwehrrecht gegen staatlichen Organisationszwang aus Art. 2 Abs. 1 GG sei nicht nur darauf angelegt, "den einzelnen vor Mit-
BVerwG, Urt. v. 28.9.1969 - BVerwG VII C 65.68 -, in: BVerwGE 34, 69 (74). BSG, Urt. v. 21.1.1966 - 6 RKa 47/64 -, in: MDR 1966, 541. 83 OVG Münster, Urt. v. 19.8.1968 - V A 608/68 -, in: OVGE 24, 105 (123 f) u. OVG Münster, Urt. v. 19.9.1977 - V A 879/76 -, in: OVGE 33, 130 (138), erwägen auch eine mitgliedschaftliehe Begründung. 84 Das BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 (241), sieht sich trotz des BSG-Urteils nicht zu einer Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gezwungen, da der "vom Senat bejahte Unterlassungsanspruch [ ... ] auf dem Freiheitsrecht des Klägers aus Art. 2 Abs. 2 GG" beruhe, es sich also nicht um einen "mitgliedschaftsrechtlichen" Unterlassungsanspruch handele. 85 BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 (234 f, 238). 86 BVerjG, Beschl. V. 7.12.2001 - 1 BvR 1806/98 -, in: NVwZ 2002, 335 (336) m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64, 115 (117); BVerwG, Besch!. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 -, in: NVwZ 1999, 870 (871); VerjGH NRW, Urt. v. 25.1.2000 - VerfGH 2/98 -, in: NWVBl. 2000, 168 (170); VGH München, Urt. v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 -, in: GewAreh 2000, 60 ff. hierzu Ehlers, JK 00, GG Art. 2 1/32; s. ausfilhrlich zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Zwangsmitgliedschaften; Damkowski, DVB!. 1978, 229 (230 f); Löwer, GewAreh, 2000, 89 ff.; Kluth, NVwZ 2002, 298 ff. - Für die Maßgeblichkeit von Art. 9 GG (negative Vereinigungsfreiheit) auch bei Mitgliedschaft innerhalb öffentlich-rechtlicher Zwangskörperschaften Schöbener, VerwArch 91 (2000),374 (396 fI) m. w. N. 81
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
gliedschaft in ,unnötigen' Verbänden zu bewahren", es beinhalte auch ein Abwehrrecht gegen solche Eingriffe des Verbandes, die sich nicht im Wirkungskreis legitimer öffentlicher Aufgaben hielten oder bei deren Wahrnehmung nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen werde. 87 Einige Verwaltungsgerichte haben darüber hinaus auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG herangezogen, soweit es um Unterlassung allgemeinpolitischer Äußerungen ging. 88 Das Recht, seine Meinung frei zu äußern, umfasse auch das Recht, sich dagegen zu wehren, daß ein Beauftragter im Namen des Auftraggebers mit Wirkung rur ihn Erklärungen abgebe, die rechtswidrig seien. Da solche Äußerungen nicht nur dem Verband, sondern auch den einzelnen Mitgliedern zugerechnet würden, welche sich nur schwerlich gegen diese Zurechnung wehren könnten,89 werde die freie Meinungsfreiheit verietzt. 90 Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, den Abwehranspruch des Zwangsmitglieds über Art. 2 Abs. 1 GG zu begründen, hat sich in der Judikatur inzwischen durchgesetzt. 91 Entscheidender Gesichtspunkt rur die Abwehr87 BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 (238); BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64, 115 (117); BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - I C 29.99 -, in: JuS 2001,823. 88 VG Sigmaringen, Urt. v. 2.2.1968 - III 364/67 -, in: OVBI. 1968,267 (270); OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.1977 - BfIII 4176 -, in: NJW 1977, 1251 (1252); mit ähnlicher Argumentation allerdings zu Art. 2 I GG OVG Hamburg, Urt. v. 7.7.1971 - OVG BfIIl 9170 -, in: OVBI. 1972,339 (340 f.) mit zustimmenden Anm. von v. Mutius, VerwArch 63 (1972), 453 (454 f.) u. Grabitz, OVBI. 1972, 342 f. - Oas OVG Münster, Urt. 19.9.1977 - V A 879176 -, in: OVGE 33, 130 (139), fUhrt zwar später aus, daß es fUr die Beurteilung eines Grundrechtseingriffs [in Art. 2 I GG !, Anm. d. Verf.] unerheblich sei, ob die Erklärungen organisationsrechtIich den einzelnen Mitgliedern oder nur dem Verband als ganzem zugerechnet werden könnten. Es verweist unmittelbar im Anschluß aber auf die Rechtsprechung des OVG Hamburgs, wonach ausschlaggebend schon sei, daß die Organ in Ausübung ihrer Funktion und deshalb im Namen der von ihnen vertretenen Mitglieder sprächen. 890VG Hamburg, Urt. v. 7.7.1971 - OVG Bf III 9170 -, in: OVBl. 1972, 339 (340 f.). 90 VG Sigmaringen, Urt. v. 2.2.1968 - III 364/67 -, in: OVBI. 1968, 267 (270). 91 Zu den verfaßten Studentenschaften: VGH Mannheim, Urt. v. 23.7.1968 - IV 159/68 -, OVBI. 1968, 705 (706); OVG Münster, Urt. v. 19.8.1968 - V A 608/68 -, in: OVGE 24, 105 (123 f.) allerdings auch mit einem parallel herangezogenen mitgliedschaftlichen BegTÜndungsansatz; OVG Hamburg, Urt. v. 7.7.1971 - OVG BfIlI 9170-, in: OVBI. 1972,339 (340); OVG Koblenz, Urt. v. 29.071974 - 2 B 47/74 -, in: AS 13, 418 ff.; OVG Kassel, Urt. v. 18.11.1974 - VI TG 40174 -, in: ESVGH 24, 217 (219); VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1975 - IX 1200173 -, in: NJW 1976,590, Korrektur auf S. 643; OVG Münster, Urt. v. 19.9.1977 - VA 879176 -, in: OVGE 33, 130 (135,138); BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 65.78 -, in: BVerwGE 59, 242 (245); zu den Steuerberaterkammern: BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64, 115 (117 f.); zu den Industrie- und Handelskammern: VGH München, Urt. v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 -, in: GewArch 2000, 60 (62); zur den Handwerks-
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klage ist dabei die Zwangsmitgliedschaft,92 denn die Klage auf Abwehr nicht zugewiesener Aufgaben sei das Gegenstück zur Austrittsmöglichkeit eines Mitglieds eines privatrechtlichen Vereins. 93 Die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf freiwillige Mitglieder von Körperschaften des öffentlichen Rechts wurde deshalb abgelehnt. 94 Unklar ist jedoch, ob ein Unterlassungsanspruch des Zwangsmitglieds bei kompetenzwidrgem Verhalten der Verbandsorgane nur bei nachhaltiger Überschreitung der Verbandskompetenz oder bei schon punktuellen Aufgabenüberschreitungen gegeben sein SOIl.95 Unklar ist insbesondere, ob allein die Betroffenheit des einzelnen über die Beitragspflicht
kammern: OVG Münster, Urt. v. 4.7.1974 - XIII A 1135173 -, in: GewArch 1975, 30 f.; zu den Ärztekammern: OVG Münster, Urt. v. 26.9.1974 - XIII A 271173 -, in: OVGE 30,77 (78); BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79 -, in: DÖV 1982,697 (698); BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - I C 29.99 -, in: JuS 2001, 823; zu den gesetzlichen Krankenkassen: BVerjG, Beschl. v. 15.6.1988 -I BvR 1301186 -, in: NJW 1988,2289, welches allerdings die Übertragung der fUr die verfaßten Studentenschaften entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze auf alle öffentlich-rechtlichen Zwangsverbände mit Zurückhaltung betrachtet, und eine einheitliche Betrachtungsweise nicht fUr möglich hält. 92 BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64, 115 (117); BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79 -, in: DÖV 1982,697 (698); BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - I C 29.99 -, in: JuS 2001,823; OVG Koblenz, Urt. v. 29.07 1974 - 2 B 47174 -, in: AS 13,418 (419); OVG Münster, Urt. v. 26.9.1974 - XIII A 271173 -, in: OVGE 30, 77 (78); OVG Kassel, Urt. v. 18.11.1974 - VI TG 40174 -, in: ESVGH 24, 217 (219); VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1975 - IX 1200173 -, in: NJW 1976, 590, Korrektur aufS. 643; OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.1977 - BfIII 4176 -, in: NJW 1977, 1251 (1252); OVG Hamburg, Urt. v. 7.7.1971 - OVG Bf III 9170 -, in: DVBI. 1972,339 (340); Bachof, DÖV 1980, 607, Pietzcker, NJW 1987, 305 (306); Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 84 I e) (S. 178). 93 Pietzcker, NJW 1987, 305 (306). 94 VG Freiburg, Beschl. v. 18.11.1975 - VS. VII 166175 -, in: NJW 1976, 534; s. auch BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - 1 C 29.99 -, in: JuS 2001, 823, weIches die Vergleichbarkeit mit Gemeinden und Gemeindeverbänden verneint, u. Pietzcker, NJW 1987,305 (306), der in der Abwehrklage das "Gegenstück zur Austrittsmöglichkeit eines Mitglieds eines privatrechtlichen Vereins" sieht. 9S Das BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 (239, 241 f.) spricht von "nachhaltiger und uneingeschränkter Meinungskundgabe" durch Studentenschaftsorgane und verweist darauf, daß es bei dem vom BSG angenommenen mitgliedschaftlichen Abwehranspruch um die Beanstandung eines "bestimmten und konkreten Verhaltens" des Verbandes ging; vgl. auch bei Laubinger, VerwArch 74 (1983), 175 ff.; 263 ff. - In einer neueren Entscheidung sieht der VGH München, Urt. v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 -, in: GewArch 2000, 66 (62), fUr eine Verletzung des Art. 2 I GG als ausreichend an, daß eine "Wahrnehmung nicht zugewiesener Aufgaben in geringem Umfang" vorliege und die Betroffenen gesetzlich "nicht gedeckte Aktivitäten ohne Rücksicht auf deren Umfang nicht hinzunehmen" brauchten. Der geringe Umfang könne allenfalls dazu fUhren, daß "etwaige verfassungsrechtliche Bedenken nicht durchgreifen und dem einfachen Gesetzgeber insofern ein Gestaltungsspielraum [verbleibe)". - Krit. hierzu Oebbecke, NVwZ 1988,393 (397).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ausreicht, um eine Verwendung der Haushaltsmittel rur verbandsfremde Zwekke zu unterbinden. 96
b) Kritik und alternative BegrUndungsansätze Die Herleitung des Unterlassungsanspruchs aus Art. 2 Abs. I GG, aber auch die Begründungsansätze aus Art. 5 Abs. I GG und die Parallele zum Vereinsrecht sind in der Literatur ganz überwiegend kritisiert worden. Die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung des Abwehranspruchs bemühte Parallele zum Vereinsrecht sei schon deshalb nicht stichhaltig, weil es im Vereinsrecht keinen entsprechenden Anspruch des Mitglieds gebe. 97 Bei den zitierten Entscheidungen handele es sich um Klagen gegen Vereinsstrafen, d. h. um Maßnahmen, die die Vereinsmitglieder unmittelbar in eigenen Rechten beträfen. 98 Ein allgemeiner Anspruch auf satzungsgemäßes Verhalten der Vereinsorgane könne hieraus also nicht abgeleitet werden. Auch die spezifische Herleitung des Unterlassungsanspruchs gegen allgemein politische Äußerungen oder Publikationen des Verbandes aus dem Schutz der Meinungsfreiheit der Mitglieder, Art. 5 Abs. I GG, wird zu Recht nicht für überzeugend gehalten. 99 Rechtlich gesehen, werden Äußerungen der Organe des 96 BVerwG, Urt. v. 24.9.1981- BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64,115 (117) bejaht einen entsprechenden "mitgliedschaftrechtliche[n] Anspruch"; so auch OVG Kab/enz, Urt. v. 29.071974 - 2 B 47/74 -, in: AS 13,418 (420 (); VGH Mannheim, Urt. v. 13.7.1972 - IV 277/72 -, in: NJW 1972,2102; VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1975IX 1200/73 -, in: NJW 1976, 590, Korrektur auf S. 643; wohl auch BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79 -, in: DÖV 1982, 697 (699); vgl. auch Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (397); a. A. BVerjG, Urt. v. 18.4.1984 - 1 BvL 43/81 -, in: NJW 1984, 1805 (1806); BVerjG, Urt. v. 15.6.1988 -I BvR 1301/86 -, in: NJW 1988,2289; Laubinger, VerwAreh 1983,263 (279); K/uth, DVBl. 1986, 716 (725). - Zur Frage, ob die Beitragszahlung in einem solchen Fall verweigert werden darf; bejahend OVG Münster, Urt. v. 4.7.1974 - XIII A 1135/73 -, in: GewAreh 1975,30, OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.1977 - Bf III 4/76 -, in: NJW 1977, 1251 (1252f.); Bachaf, DÖV 1980, 607 (608 f.); a.A. BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 65.78 -, in: BVerwGE 59, 242 (245 ff.); BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79 -, in: DÖV 1982,697 (699); Laubinger, VerwAreh 1983,263 (279 Fn 60); s. hierzu auch Ress, WiVerw 1979, 157 (162 ff.). 97 VG Freiburg, Beschl. v. 18.11.1975 - VS. VII 166/75 -, in: NJW 1976,534; Ress, WiVerw 1979, 157 (161); Staber, Mitgliederklagen, S.50; krit. auch Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (273 f.) u. Oebbecke, NVwZ 1988,393 (396). 98 VG Freiburg, Beschl. v. 18.11.1975 - VS. VII 166/75 -, in: NJW 1976,534; Ress, WiVerw 1979, 157 (161); Laubinger, VerwAreh 74 (1983), 263 (273 f.); Staber, Mitgliederklagen, S. 50. 99 Damkowski, DVBl. 1978, 229 (235); K/uth, Funktionelle Selbstverwaltung, S.322; K/uth, DVBl. 1986, 716 (725 f); Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (396 f.); krit. auch schon Ress, WiVerw, 1979, 157(174).
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Verbandes diesem, nicht jedoch den Mitgliedern zugerechnet. 100 Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit müßte daher bei den faktischen Auswirkungen kompetenzüberschreitender Äußerungen der Verbandsorgane auf die Mitglieder ansetzen. 101 Wann solche faktischen Auswirkungen zu einem Eingriff ruhren können, wird sehr unterschiedlich - teilweise in Abhängigkeit von der Homogenität der Mitgiiederschaft lO2 - beurteilt. Da Grundrechte nicht gegenüber jeglichen Auswirkungen staatlichen Verhaltens Schutz gewährten, wird bei mittelbaren Einwirkungen in der Regel ein Eingriff nur dann bejaht, wenn ein vom Schutzbereich erfaßtes Verhalten ganz oder teilweise unmöglich wird. 103 Angesichts dessen wird ein Eingriff in Art. 5 Abs. I GG der Mitglieder als eher fernliegend angesehen. 104 Die Unschärfe der Rechtsprechung bei der Begründung eines Grundrechtseingriffs wird auch hinsichtlich Art. 2 Abs. I GG kritisiert, der unter Verweis auf die Zwangsmitgliedschaft überwiegend zur Begründung eines Abwehrrechts herangezogen wird. lOS Es begegnet vielfilltigen Bedenken allein aufgrund der Zwangsmitgliedschaft des Mitglieds schon in jedem kompetenzüberschreitendem Verbandshandeln einen Eingriff in dessen allgemeine Handlungsfreiheit zu sehen. Denn das Dilemma, daß eine korporationsinterne Mitwirkung die Rechtsverstöße nicht beseitigen könne, so lange nicht entsprechende Mehrheitsverhältnisse bestünden,I06 stelle sich nicht nur bei Körperschaften mit Ptlichtcharakter. Auch besage allein die Freiwilligkeit oder der Zwang zur Mitgliedschaft nichts über die Bedeutung der Mitgliedschaft rur den einzelnen und filr dessen Rechtsstellung. 107 Selbst die Rechtsprechung mußte in späteren Urteilen einräumen, daß trotz rechtlich gegebener Freiwilligkeit erhebliche faktiMöllering, WiVerw 2001,25 (36). Kluth, DVBI. 1986, 716 (725), Oebbecke,NVwZ 1988,393 (397). 102 Vgl. Ress, WiVerw, 1979, 157 (175), der bei Körperschaften mit relativ breit gefächerter Interessenvertretungskompetenz und heterogener Mitgliederstruktur annimmt, daß die Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit einzelner Mitglieder durch rechtswidrige Äußerungen von Körperschaftsorganen an der präzisen Zurechnungsfähigkeit auf einzelne Mitglieder oder Mitgliedergruppen scheitere. \03 So nach dem modernen, weiteren Eingriffsbegriff s. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn 240. - FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (8), will eine Betroffenheit im Persönlichkeitsrecht der Mitglieder bei extrem radikalen Äußerungen der Verbandsorgane nicht ausschließen; s. auch Kluth, DVBI. 1986,716 (726). 104 Schon das BSG, Urt. v. 21.1.1966 - 6 RKa 47/64 -, in: MDR 1966, 541, sah durch die Kompetenzüberschreitungen den Kläger nicht in seiner RechtsteIlung berührt. Dieser werde nicht gehindert, frei seine Meinung - abweichend von der der Vereinigung - zu äußern. S. auch Damkowski, DVBI. 1978, 229 (235); Laubinger, VerwArch 74 (1983),263 (279); Kluth, DVBI. 1986,716 (726); Oebbecke, NVwZ 1988,393 (397). \05 BVerwG, Urt. v. 13.12.1979 - BVerwG 7 C 58.78 -, in: BVerwGE 59, 231 (238); BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - BVerwG 5 C 53.79 -, in: BVerwGE 64, 115 (117). 106 OVG Koblenz, Urt. v. 29.07 1974 - 2 B 47/74 -, in: AS 13,418 (419). 107 Fröhler, GewArch 1982,77 (78); Ress, WiVerw 1979,157 (172). 100 \01
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
sche Zwänge bestehen können,108 die dieses Abgrenzungskriterium als untauglich erscheinen lassen. 109 Auch stelle die Pflichtmitgliedschaft keine zusätzliche Belastung der Mitglieder dar, im Gegenteil handele es sich, da die Betroffenen sich selbst verwalteten, um eine mildere und - hinsichtlich der Finanzierung von Abgaben - gerechtere Form der Aufgabenerfilllung. llo Wolle man dennoch für die Existenz des Unterlassungsanspruchs an das Zwangselement der Mitgliedschaft anknüpfen, dann erscheine es inkonsequent, einen Unterlassungssanspruch allein bei den Studentenschaften oder berufsständischen Kammern, nicht aber bei sonstigen Zwangsverbänden anzunehmen. III Denn eine Zwangsmitgliedschaft bestünde auch in der Mehrzahl der Sozialversicherungsträger, in den Gemeinden und Kreisen, im Bund und in den Ländern. 112 Durch das Erfüllen eines gesetzlichen Tatbestandes, wie z. B. der Wohnsitznahme im Gemeindegebiet, werde zwangsweise eine Mitgliedschaft begründet, die nicht auf einem freiwilligen, individuellen Willensentschluß beruhe. I 13 Schließlich stehe die Herleitung eines Unterlassungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 GG aufgrund der Zwangsmitgliedschaft im Widerspruch zum System
108 0VG Münster, Urt. v. 19.9.1977 - V A 879/76 -, in: OVGE 33, 130 (133), spricht davon, daß angesichts des Ausbildungsmonopols der Universtität und der Schwierigkeit, überhaupt einen Studienplatz zu erhalten, nicht die Rede davon sein könne, daß dem einzelnen Studenten mit der freien Entscheidung über seine Immatrikulation auch die Mitgliedschaft in der Beklagten freistehe. Das OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.1977 - BfIlI 4/76 -, in: NJW 1977, 1251, läßt die Möglichkeit, die Universität zu wechseln, "wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit" bei seinen Überlegungen außen vor. A. A. Damkowski, DVBI. 1978, 229 (230), der annimmt, die Immatrikulation habe zweifelsfrei nicht Zwangscharakter, sondern beruhe auf einem freiwilligen, individuellen Willensentschluß. 109 s. Ress, WiVerw 1979, 157 (172). 110 Kluth, DVBI. 1986, 716 (719 f.; 724); Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 306 f., 327 f. - Auch Stober, Mitgliederklagen, S. 37 betont, daß die Selbstverwaltung den Zweck verfolge ein möglichst hohes Maß an Sachnähe und Richtigkeit zu gewährleisten. 111 Laubinger, VerwArch 74 (1983),263 (272 f.); Stober, Mitgliederklagen, S. 29 ff.; Meßerschmidt, VerwArch 81 (1990),55 (79 f.). 112 Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (272 f.); Stober, Mitgliederklagen, S. 29 ff.; Meßerschmidt, VerwArch 81 (1990), 55 (79); a. A. BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - I C 29.99 -, in: JuS 2001, 823. 113 Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (272 f.); Damkowski, DVBI. 1978, 229 (f32); Ress, WiVerw 1979, 157 (169); Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (397); krit. zur Ubertragbarkeit auf andere Zwangskörperschaften Ress, WiVerw 1979, 157 (169 f.); Meßerschmidt, VerwArch 81 (1990),55 (79 ff.) berurwortet zwar eine Übertragbarkeit auf andere Zwangskörperschaft, verneint aber die Übertragbarkeit auf Gebietskörperschaften, wie Kommunen, da die Zugehörigkeit hier unter keinem Gesichtspunkt einen Grundrechtseingriff darstellen könne. So auch schon Pietzcker, NJW 1987, 305 (306) u. Ehlers, in: Erichsen, Kommunalverfassung, S. 104.
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des subjektiven Rechtsschutzes, insofern als hier eine auf den Bereich der Zwangskörperschaften begrenzte mitgliedschaftliche Popularklage ermöglicht werde. 114 Da es keinen allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruch des Bürgers gebe,115 könne der einzelne nur solche Rechtsverletzungen im Bereich der Zuständigkeits- und Organisationsregelungen rügen, die im Zusammenhang mit belastenden Maßnahmen stünden und ihn folglich in einer subjektiv-rechtlichen Position beträfen. 116 Auch ein Zwangsmitglied müsse deshalb substantiiert behaupten, daß es durch eine gegen Zuständigkeits- und Organisationsregeln verstoßende Maßnahme in seiner Rechtsstellung verletzt sei. 117 Zwar werde seit dem Elfes-Urteil l18 des Bundesverfassungsgerichts das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit als Auffanggrundrecht dahingehend verstanden, daß der einzelne die Rechtswidrigkeit von Eingriffen auch dann geltend machen könne, wenn sie auf Verstößen gegen objektives Recht beruhe. 119 Trotz erweiternder Auslegung könne Art. 2 Abs. 1 GG aber nicht eine allgemeine Eingriffsfreiheit im Sinne eines allgemeinen Anspruchs auf Rechtmäßigkeit staatlichen Handeins entnommen und damit eine Popularklage begründet werden;120 entscheidend sei vielmehr, daß der Beschwerdeftlhrer gerade eine Verletzung "seiner" Handlungsfreiheit, d. h. eine spezielle Betroffenheit geltend mache. 121 Nicht jedes rechtswidrige Handeln eines Verbandes sei deshalb schon eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit. 122 Auch der Umstand, daß die Gründung eines öffentlich-rechtlichen Zwangsverbandes und damit die Begründung von Zwangsmitgliedschaft überhaupt an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen sei, ftlhre nicht weiter. 123 Begründet wird dies zum einen damit, daß es sich bei der 114 Fröhler, GewArch 1982, 77 (78); FröhleriOberndorfer, Körperschaften, S.76; FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (9); Tsatsos, Organstreit, S.49; Stober, Mitgliederklagen, S. 60; Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 330; a.A. Pietzker, NJW 1987,305 (306). 115 Ress, WiVerw 1979, 157. 116 Kluth, DVBI. 1986,716; Tsatsos, Organstreitigkeiten, S. 49. 117 Fröhler, GewArch 1982, 77 (78); Ress, WiVerw 1979, 157 (173); Stober, Mitgliederklagen, S. 61, 63; vgl. auch Kluth, DBVBI. 1986,716 (724). 118 BVerjG Urt. v. 16.1.1957 -I BvR 253/56 -, in: BVerfGE 6, 32 (41). 119 Zur Übertragung auf Mitgliedschaftsklagen s. Ress, WiVerw 1979, 157 (173); Oebbecke, NVwZ 1988,393 (397). 120 So der Vorwurfu.a. von Laubinger, VerwArch 74 (1983),175; Ress, WiVerw 1979, 157 (164); Fröhler, GewArch 1982,77 f.; Meßerschmidt, VerwArch 81 (1999), 55 (60 f.); Stober, Mitgliederklagen, 60. 121 Ress, WiVerw 1979, 157 (158, 173); Stober, Mitgliederklagen, 61 tf.; a. A. BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - I C 29.99 -, in: JuS 2001, 823, welches ausfLIhrt, es komme nicht darauf an, ob der Zwangsunterworfene durch die rechtswidrige Ausdehnung seiner Zwangsunterworfenheit einen darüber hinausgehenden rechtlichen oder spürbar faktischen Nachteil erleide. 122 Ress, WiVerw 1979,157 (160,170). 123 Ress, WiVerw 1979, 157 (160,170); Frähler, GewArch 1982,77 (78).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Überschreitung der Verbandskompetenz gegenüber der Anordnung zwangsweiser Mitgliedschaft um ein aliud handele. 124 Soweit die verfassungsrechtliche Zulässigkeit bejaht und damit ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG verneint werde, sei auch entschieden, daß eine einzelne Tätigkeit der Körperschaftsorgane rur sich - auch wenn diese rechtswidrig sei - das Mitglied nicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 GG verletze. 12S Zum anderen wird darauf verwiesen, daß nicht allein die Pflichtmitgliedschaft, sondern vielmehr die mit ihr verknüpften aktuellen und potentiellen Belastungen an den Grundrechten zu prüfen seien. 126 Diese Kritik gilt allein der grundrechtlichen Herleitung des Abwehranspruchs; es ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob ein Unterlassungsanspruch dem Mitglied nicht zur Wahrung spezifischer eigener Rechte im Verband zustehen kann. 127 Vereinzelt wird deshalb überlegt, ob dem Mitglied als solchem, d. h. unabhängig davon, ob die Mitgliedschaft freiwillig oder per Gesetz zwangsweise begründet wurde, mitgliedschaftliche Unterlassungsansprüche gegen gesetz- und satzungswidriges Verhalten des Verbandes zustehen können. 128 Eine wesentliche Ursache fUr die Schwierigkeiten bei der Beurteilung, ob Handlungen des Verbandes Eingriffe in Art. 2 Abs. 1 GG darstellten, liege nämlich darin, daß versucht werde, "ein mitgliedschaftsrechtliches, also innenrechtliches Problem nach einem außenrechtlichen Muster, nämlich dem rur die Zulässigkeit der Zwangsmitgliedschaft, zu lösen; der einzelne [wende sich aber] nicht gegen die Mitgliedschaft, sondern gerade als Mitglied gegen Aktivitäten der Körperschaft',.129 Auch die Recht-sprechung hat diese Möglichkeit gesehen und weist verschiedentlich hierauf hin. In mehreren Urteilen zur Frage eines Abwehranspruchs gegen kompetenzwidriges Verbandsverhalten finden sich Differenzierungen zwischen einem innenrechtlich und einem außenrechtlich fundierten Begründungsansatz, 130 wobei diese bei Zwangsmitgliedschaften jedoch nicht als sich gegenseitig ausschließend betrachtet werden. 13l
124 Vgl. Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398), der dies damit begründet, daß es sich um ein mitgliedschaftliches Problem und nicht um ein solches der Zwangsmitgliedschaft handele. 125 Fröhler, GewArch 1982,77 (78). 126 Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (277 f.); Kluth, DBVBI. 1986, 716 (724), der die einzelnen Maßnahmen am Gleichheitssatz und als Eingriffe in das Vermögen ggf. an Art. 14 I 1 GG prüfen will. 127 Ress, WiVerw 1979,157 (170). 128 Oebbecke, NVwZ 1988,393 (398); vgl. auch Ress, WiVerw 1979, 157 (173). 129 s. FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S. 76 f.; Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398); Pietzcker, NJW 1987, 305 (306); a.A. Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S.333. 130 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.9.1969 - BVerwG VII C 65.68 -, in: BVerwGE 34, 69 (75) das ausfUhrt, es sei "das Rechtsverhältnis zwischen den Verbandsmitgliedern und
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Umfang und Inhalt eines mitgliedschaftlichen Abwehranspruchs sind aber umstritten, insbesondere ist unklar, ob ein Unterlassungsanspruch gegen jedes gesetz- und satzungswidrige Verbandshandeln besteht oder ob nur die Verletzung einzelner innerorganisatorischer Mitwirkungsbefugnisse gerügt werden kann. Die Vorstellung eines umfassenden Unterlassungsanspruchs aufgrund mitgliedschaftlicher Rechtsbeziehung liegt der vom OVG Münster angestellten Überlegung zugrunde, aus einer allgemein körperschaftsrechtlichen Treuepflicht folge die Verpflichtung aller Körperschaftsorgane, den Zweck des Zwangszusammenschlusses nicht durch Übernahme körperschaftsfremder Aufgaben zu überschreiten. Durch kompetenzwidrige Aufgabenwahrnehmung werde der Zweck praktisch denaturiert, weil die Zwangsmitglieder dann gehalten wären, auch Maßnahmen in körperschaftsfremden Angelegenheiten gegen sich gelten zu lassen. 132 Diese Begründung ("gegen sich gelten lassen") argumentiert - wie spätere Urteile zu Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG - damit, daß Handlungen der Verbandsorgane den Mitgliedern zurechenbar seien, und begegnet deshalb den schon oben skizzierten Bedenken. 133 Auch die vom Bundesverwaltungsgericht in frühen Urteilen herangezogene Parallele zum Vereinsrecht basierte auf der Überlegung, daß ein dort anerkannter mitgliedschaftlicher Anspruch auch filr das Mitglied in öffentlich-rechtlichen Verbänden gelten müsse. Auch diese Begründung stößt schon auf das oben geäußerte Bedenken, daß nämlich die angefUhrten Urteile gerade nicht von der Existenz eines solchen Anspruchs ausgehen. Zwar wird überlegt, ggf. § 33Abs. 1 Satz 2 BGB heranzuziehen, wonach eine Änderung des Vereinszwecks nur mit Zustimmung sämtlicher Mitglieder erfolgen kann,134 dem steht aber entgegen, daß, anders als im Vereinsrecht, der Zweck und der Aufgabenbereich öffentlich-rechtlicher Körperschaften nicht durch die Mitglieder bestimmt wird. 135 Aus diesen Gründen wird im öffentlichen Recht ein mitgliedschaftsrechtlich begründeter Anspruch auf Unterlassung gesetz- und satzungswidrigen Organverhaltens verneint. Ein solcher denaturiere die Prozesse verbandsinterner Willensbildung, die nach dem Mehrheitsprinzip erfolgten, und die Einrichtung dem Verband [ ... ] (das Innenverhältnis im Gegensatz zu dem Außenverhältnis, auf das sich Art. 5 I GG bezieht)" zu beachten; s. auch VGH Mannheim, Urt. v. 23.7.1968 - IV 159/68 -, DVBI. 1968,705. BVerjG, Besehl. v. 18.4.1984 - I BvL 43/82 -, NJW 1984, 1805 (1806); BVerwG, Besehl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 -, in: NVwZ 1999,870 (871) u. OVG Münster, Urt. v. 19.8.1968 - VA 608/68 -, in: OVGE 24, 105 (124), welches als Grundlage eines Unterlassungsanspruehs nieht allein Art. 2 I GG, sondern aueh den "personenreehtliehen Mitgliedsehaftsstatus" sieht; offen gelassen später von OVG Münster, Urt. v. 19.9. 1977 - V A 879/76 -, in: OVGE 33, 130 (138). 131 Vgl. BVerwG, Besehl. v. 17.12.1997 -6 C 1/97 -, in: NVwZ 1999,870 (871). 132 OVG Münster, Urt. v. 19.8.1968 - VA 608/68 -, in: OVGE 24, 105 (123). 133 Laubinger, VerwAreh 74 (1983), 263 (275). 134 Laubinger, VerwAreh 74 (1983), 263 (274). 135 Laubinger, VerwAreh 74 (1983), 263 (275).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
staatlicher Aufsicht über den Verband. 136 Das Mitglied habe spezielle Mitgliedschaftsrechte, 137 die sich im wesentlichen auf den gesetzlich zugemessenen Anteil an der Willensbildung des Verbandes beschränkten. 138 Entscheidend rur einen mitgliedschaftsrechtlichen Abwehranspruch sei deshalb, daß das Mitglied in seiner spezifischen mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung betroffen werde. 139 Ob dies bei Überschreitungen der Verbandskompetenz durch Verbandsorgane der Fall ist, wird unterschiedlich beurteilt. Vereinzelt wird eine Verletzung des Wahlrechts der Mitglieder angenommen. 140 Das Wahlrecht sei durch seinen Gegenstand, das Objekt der Wahl, konstituiert; es sei entscheidend dadurch bestimmt, welches Amt oder Organ gewählt werde, d.h. welche Funktionen die gewählten Personen auszuüben hätten. 141 Solle das Wahlrecht, als das weitgehend einzige Mitwirkungsrecht und die rur ein demokratisches Gemeinwesen elementare und konstitutive Befugnis, umfassenden Schutz genießen, müsse es dagegen geschützt werden, daß die unmittelbar oder mittelbar Gewählten der Wahl erklärung nachträglich einen anderen Erklärungswert geben, indem der Tätigkeitsbereich unbefugt ausgeweitet werde. 142 Demgegenüber verneint die ganz überwiegende Auffassung eine Verletzung spezieller Mitwirkungsrechte in diesen Fällen mit dem Ergebnis, daß dem Mitglied auch aufgrund mitgliedschaftlicher Rechte kein Unterlassungsanspruch gegen gesetz- und satzungswidriges Verhalten zustehe. 143
3. Zusammenfassung
Der Überblick über den Streitstand im öffentlichen Recht hat gezeigt, daß gerade bei Mitgliedschaftsstreitigkeiten außen- und innenrechtlich begründete Ansätze aufeinandertreffen, deren klare Abgrenzung vernachlässigt wird. Zwar Stober, Mitgliedschaftsklagen, s. 46 ff. Ress, WiVerw 1979, 157 (174); Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (274); FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S.76; FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (8 f.); Pietzcker, NJW 1987, 105 (306) spricht von Mitwirkungsrechten; Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398) spricht insofern aber von "innerorganisatorischen Wahrnehmungszuständigkeiten" . 138 FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S. 76; FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (8 f.) 139 Ress, WiVerw 1979, 157 (173); FröhleriOberndorfer, GewArch 1975, 7 (8 f.); FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (9); Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398). 140 Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398). 141 Oebbecke, NVwZ 1988,393 (398). 142 Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (398). 143 FröhlerlOberndorfer, Körperschaften, S. 76 f.; FröhlerlOberndorfer, GewArch 1975, 7 (9); Ress, WiVerw 1979, 157 (173); Laubinger, VerwArch 74 (1983), 263 (274); Ehlers, in: Erichsen, Kommunalverfassung, S. 104; Ehlers, Teilrechtsflihigkeit, S. 25 f. 136
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finden sich Ausfiihrungen zur DoppelsteIlung des Mitglieds,l44 dennoch haben die Versuche, Mitglieder von Staat und Gemeinde nicht nur als außerhalb dieser stehende, gewaltunterworfene und grundrechtlich geschützte Bürger, sondern auch als innerhalb des organisatorischen Gebildes mitwirkende Subjekte anzusehen, mit überkommenen Denkstrukturen zu kämpfen. So ist die Diskussion um die Rechtsqualität von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Resultat der Schwierigkeiten, die bei der Harmonisierung der Instrumente der unmittelbaren BÜTgerbeteiligung mit dem bislang geschlossenen und allein zwischen Repräsentativorganen ablaufenden innergemeindlichen Entscheidungsprozeß entstehen: 45 Die punktuelle Verlagerung der Willensbildungs- und Entscheidungsverantwortung auf die Bürgerschaft durchbricht das bislang geschlossene System der mittelbaren demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten über legitimierte Organe. 146 Dem Bürgerbegehren kommt eine zusätzliche Initiativ- und Korrekturfunktion im institutionalisierten Willensbildungsprozeß ZU. 147 Hierüber darf aber nicht direkt die RoIle des Bürgerbegehrens als eines Kontrastorgans begründet werden - dies wäre eine zu schnelle und undifferenzierte Antwort auf den Konflikt der beiden Systeme, denn der im Bürgerbegehren handelnden Bürgerschaft kommt grundsätzlich keine Aufsichtsfunktion im Rechtssinne über den Gemeinderat oder die Gemeinde ZU. 148 Das Spannungsfeld zwischen den Instrumenten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung und dem allein zwischen Repräsentativorganen ablaufenden innergemeindlichen Entscheidungsprozeß ist deshalb auf andere Weise aufzulösen, und hierbei ist der DoppelsteIlung des Bürgers als Gewaltunterworfener im Außenverhältnis und Mitgestalter im Innenrechtsraum Rechnung zu tragen. Auch die Ansätze zur Abwehrklage zeigen, daß die Rechtsstellung des Bürgers, insbesondere in Hinblick auf außenrechtliche und innenrechtliche Befugnisse, nach wie vor nicht als geklärt angesehen werden kann und die Rechtsprechung ganz überwiegend auf eine - außenrechtlich verstandene - grund-
144 BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 -, in: NVwZ 1999,870 (871) führt aus. "Den Klägern kommt von Gesetzes wegen eine DoppelsteIlung zu. Sie sind einerseits im Rahmen von Außenrechtsbeziehungen den hoheitlichen Akten des Verbandes unterworfen, so namentlich im Hinblick auf ihre Heranziehung zu Beiträgen. Andererseits nehmen sie - insbesondere über ihre Delegierten in der Verbandsversammlung im Innenrechtsbereich an der Willensbildung der Körperschaft bei außenwirksamen Entscheidungen teil, etwa solchen über die Veranlagungsgrundsätze." 145 Schliesky, DVBI. 1998, 169 (171); Schliesky, ZG 1999,91 (110). 146 Schliesky, DVBI. 1998, 169 (171); Schliesky, ZG 1999, 91 (110). 147 Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S.38; Hofmann, VR 2001, 51 (52); so zu Volksbegehren und Volksentscheid Bäckenforde, in: HbdStR 11, § 30 Rn 16; Grawert, NWVBI. 1987,2; Schambeck, Volksbegehren, S. 35 f.; vgl. auch Preuß, DVBI. 1985, 710 (712 f.). 148 So zu Recht die Kritik bei Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 128.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
rechtliche Argumentation zurückgreift, ohne die innenrechtlichen Befugnisse des Bürgers herauszuarbeiten und zu qualifizieren. Es erscheint deshalb hilfreich, die wissenschaftliche Auseinandersetzung im Zivilrecht heranzuziehen, die den Status des Verbandsmitglieds innerhalb des Verbandes untersucht und in der deutliche Parallelen zur Diskussion im öffentlichen Recht festzustellen sind. Auch hier ist teilweise umstritten, welche Rechtsqualität der Zusammenfassung der Mitglieder zukommen soll und wie das einzelne Mitglied gegen Kompetenzüberschreitungen seines Verbandes Rechtsschutz erlangen kann. Während diese Fragen im Zivilrecht lange Zeit eine sehr viel geringere Rolle spielten,149 haben sich Rechtsprechung und Literatur mit der zunehmenden Diskussion um den Organstreit und um die Gesellschafterklage verstärkt mit der Rechtsstellung des Mitglieds auseinandersetzen müssen.
11. Der Streitstand im Zivilrecht Obwohl die Mitgliedschaft in einem privatrechtlichen Verband schon wiederholt Gegenstand grundlegender Untersuchungen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts war, kann ein allgemeiner Konsens über Wesen und Rechtsnatur der Mitgliedschaft bis heute nicht verzeichnet werden. 150 Im Mittelpunkt der zivilrechtlichen Diskussion stehen die Befugnisse des Verbandsmitglieds und deren Qualifikation. Insbesondere ist umstritten, inwieweit die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten dem Innenverhältnis zuzurechnen sind, das Mitglied also als Innenrechtssubjekt anzusehen ist. 15I Teilweise wird das Verhältnis des Verbands zu seinen Mitgliedern als ein Innenverhältnis bezeichnet. 152 Dennoch wird im zivilrechtlichen Schrifttum ganz überwiegend zwischen den Klagerechten der Mit149 s. hierzu oben die Einleitung u. auch Oebbecke, NVwZ 1988,393 (396), der hierrur tatsächliche, nicht rechtliche Gründe, rur maßgebend hält. 150 Habersack, Mitgliedschaft, S. I m. w. N. 151 Ein integrierendes Klagemodell verlangen: Rehbinder, ZGR 1983, 92 (106); Westermann, ZGR 1984,352 (378); vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S. 633 ff. - Konkrete Konzepte finden sich bei: Landrock, Innenrechtsstreitigkeiten, S. 3 ff.; 73 ff. 169 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Plugradt, Leistungsklagen, 3 ff., 63 f. u. S. 156 f.; a. A.: Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Bork, ZGR 1989, 1 (3 f.); Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311 Fn 204); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d) (S. 430); Raiser, AG 1989, 185 (186 f.); Habersack, Mitgliedschaft, S. 190; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 5 u. 29. 152 So Larenz/Wolf, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts, § 10 Rn 57 rur den Verein. - Auch Lutter, AcP 180 (1980), 84 (130 ff.) spricht vom Schutz der Mitgliedschaft im Innenbereich und in diesem Zusammenhang vom "Innenstreit"; vgl. auch Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (11).
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glieder und dem Organstreit differenziert. 153 Dies zeigt sich besonders deutlich bei Streitigkeiten um Organkompetenzen des Mitgliederorgans, insb. der aktienrechtlichen Hauptversammlung (nachfolgend 1.), und der sehr umstrittenen GeseIlschafterklage (unten 2.).
1. Streitigkeiten um Hauptversammlungskompetenzen
Umstritten ist in der aktienrechtlichen Literatur, ob Streitigkeiten um die Kompetenzen der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft Gegenstand eines Organstreits sind. Dies wird von einigen verneint. 154 Zwar stelle die Hauptversammlung ein Organ der Aktiengesellschaft dar, doch stünden ihr keine eigenen Kompetenzen zu. Sie sei vielmehr das Organ, in dem die Aktionäre ihre Rechte als Mitglied der Gesellschaft ausübten (§ 118 Abs. 1 AktG).155 Die "Befugnisse der Hauptversammlung [seien] die zusammengefaßten Rechte der Aktionäre,,156. Anders als Verwaltungsmitglieder (also die Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder) seien die Aktionäre nicht nur Organmitglieder (der Hauptversammlung), sondern in erster Linie Mitglieder der Gesellschaft. 157 Die ihnen kraft ihrer Mitgliedschaft eingeräumten Befugnisse dienten - jedenfalls in erster Linie - den eigenen, persönlichen, an angemessener Kapitalverzinsung orientierten Interessen des Aktionärs und nicht - wie die Befugnisse des Organs - ausschließlich einem fremden Interesse. 158 Bei den sogenannten Aktionärsrechten handele es sich deshalb nicht um Organ- oder Amtsbefugnisse. 159 Der Aktionär werde nicht als institutionalisierter Zuständigkeitskomplex, sondern stets persönlich, als natürliche Rechtsperson im Verhältnis zur Gesellschaft und damit in einer Außenrechtsbeziehung tätig. l60 Mitgliedschaftliche Ansprüche könnten dem Aktionär als eigene Rechtspersönlichkeit nur gegenüber der juristischen Person Aktiengesellschaft als Ganzem und nicht gegenüber 153 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d) (S. 430); vgl. auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 9 f., 190. 154 Bauer, Organklagen, S. 103 (Fn 85); Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.91; Bork, ZGR 1989, I (3 f.). 155 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 91; Bork, ZGR 1989, 1 (3 f.). 156 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 91. 157 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92; Bork, ZGR 1989, 1 (4). 158 Pflugradt, Leistungsklage, S. 35; Habersack, Mitgliedschaft, S.192; s. auch Schneider, in: FS Fischer, S. 735. 159 Pflugradt, Leistungsklage, S. 35; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (217 fn 17); Wiedemann, Übertragung, S. 24. 160 Pflugradt, Leistungsklage, S. 35; Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Habersack, Mitgliedschaft, S. 193 f.; Bork, ZGR 1989, 1 (3); grundsätzlich filr eine Außenrechtsbeziehung zwischen Organisation und Organisationsmitgliedern Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 160 ff. u. Schwabe, JA 1975, 45 f.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ihren Organen zustehen. 161 Zwar lasse sich sagen, daß die Teilhaberechte des Aktionärs zugleich auch Organrecht i. S. von Organmitgliedschaftsrechten seien, aber diese beruhten im Kern auf dem Status des Aktionärs als Organisationsmitglied. 162 Die Befugnisse der Hauptversammlung bestUnden primär im Aktionärsinteresse und unterschieden sich in dieser Hinsicht von den Befugnissen von Vorstand und Aufsichtsrat, Streitigkeiten um die Kompetenzen der Hauptversammlung beträfen folglich im Kern die Rechte der Aktionäre als Mitglieder. 163 Schließlich trete die Hauptversammlung anders als Vorstand und Aufsichtsrat nicht als organisierte Einheit im Leben der Aktiengesellschaft auf. l64 Da nicht davon ausgegangen werde, daß jeder einzelne Aktionär die Hauptversammlung vertreten dürfe,165 fehle es der Hauptversammlung an der strukturellen Voraussetzung, eigene Kompetenzen im Organstreit durchsetzen zu können. In Teilen der aktienrechtlichen Literatur wird deshalb davon ausgegangen, daß Kompetenzverletzungen zu Lasten der Hauptversammlung nicht im Wege einer Organstreitigkeit, sondern durch Klagen der Aktionäre als Mitglieder der Organisation Aktiengesellschaft (sog. Mitgliedschafts- oder Gesellschafterklagen) geltend gemacht werden müssen. l66 Auf der anderen Seite wird auch im Zivilrecht betont, daß bei der Konkretisierung der Mitgliedschaft auf die Einbindung des Mitglieds in den Verband Rücksicht zu nehmen sei und daß das Mitglied, da es zugleich auch Teil des Willensbildungsorgans des Verbandes sei, gegebenenfalls auch Organfunktionen wahrnimmt. 167 Aus dem Blickwinkel des Organisationsrechts sei die Hauptversammlung deshalb ,janusköpfig,,168. Von nicht wenigen wird deshalb ein Klagemodell verlangt, welches Organstreit und Mitgliederklagen integriert. 169
Pflugradt, Leistungsklage, S. 38; Bark, ZGR 1989, 1 (4). Bark, ZGR 1989, 1 (4 Fn 14). 163 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92; Bark, ZGR 1989, 1 (4). 164 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92. 165 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92. 166 Bark, ZGR 1989, 1 (4). 167 Habersack, Mitgliedschaft, S. 194 f.; Sünner, AG 1983,169 (170). 168 Bark, ZGR 1989, 1 (4). 169 s. Rehbinder, ZGR 1983, 92 (106); Westermann, ZGR 1984, 352 (378); Landrack, Innenrechtsstreitigkeiten, S. 3 ff.; 73 ff. 169 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Plugradt, Leistungsklagen, 3 ff., 63 f. u. S. 156 f.; vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S. 633 ff.; a. A.: Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Bark, ZGR 1989, 1 (3 f.); Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311 Fn 204); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d) (S. 430); K. Schmidt, ZZP 92 (1979; 212 (216 Fn 17); Raiser, AG 1989, 185 (186 f.); Habersack, Mitgliedschaft, S. 190; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 5 u. 29. 161
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2. Die Abwehrklage des Gesellschafters
Der Konflikt zwischen Organisationsrecht und damit den Organfunktionen des Verbandsmitglieds und seinem - überwiegend individualrechtlich verstandenen - Mitgliedschaftsrecht wird weiterhin deutlich bei der sog. Gesellschafterklage. Die Mitgliedschafts- oder Gesellschafterklage gehört seit einigen Jahren zu den heftig diskutierten Themen des Gesellschaftsrecht. Nicht nur die dogmatischen Grundlagen sind weitgehend umstritten, unklar ist insbesondere, gegen wen das Mitglied bzw. der Gesellschafter Klage erheben kann, gegen Mitgesellschafter, Organe oder gegen den Verband selbst. 170 Dabei sind die Fragen zu beantworten, aus welchem Recht das Mitglied bzw. der Gesellschafter klagt, ob aus eigenem oder aus abgeleiteten Recht, und wie das Verhältnis zwischen Individual- und Institutionenschutz abzustimmen iSt. 171
a) Die Abwehrklage als Gesellschafterklage Das Feld der Klagen, die unter dem Stichwort der Gesellschafterklagen behandelt werden, ist breit. Als Meilenstein gilt in der Diskussion die HolzmüllerEntscheidung des Bundesgerichtshofs. 172 Auch das Linotype-Urteil des Bundesgerichtshofs, in welchem das Gericht eine Treuepflichtverletzung auch im Verhältnis der Aktionäre angenommen und hieraus eine Anfechtungsbefugnis des betroffenen Aktionärs hergeleitet hat, gehört in diesen Zusammenhang. 173 Schließlich läßt sich dem ITT-Urteil des Bundesgerichtshofs entnehmen, daß die Verletzung von Treuepflichten auch SchadensersatzanspTÜche anderer Aktionäre begründen kann. 174 Die Unterschiedlichkeit der unter dem Begriff der Gesellschafterklagen zusammengefaßten Streitkonstellationen macht es erforderlich, Fallgruppen zu bilden. 175 Im Schrifttum sind eine Reihe von Fallgruppen herausgearbeitet worden, die sich in der Einteilung stark unterscheiden. 176 Hier soll im Anschluß an 170 Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (4); Wellkamp, DZWir 1994,221; s. hierzu auch aLG Hamburg, Urt. v. 5.9.1980 - 11 U 1180 -, in: JZ 1981,231 (231 f.). 171 Wellkamp, DZWir 1994, 221 f. 172 BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 tT. - S. dazu ausfUhrlich unten § 4 11. 2. c) bb) (2). 173 BGH, Urt. v. 1.2.1988 - 11 Zr 75/87 -, in: BGHZ 103,184 tT. 174 BGH, Urt. v. 5.6.1975 - 11 ZR 23/74 -, in: BGHZ 65, 15 tT. zu Treuepflichten der Gesellschafter einer Zweimann-GmbH untereinander. 175 Auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 1 (S.647), warnt vor einer Verschmelzung aller "Gesellschafterklagen" zu einem Einheitsinstitut; so auch Ahnert, actio individuatis, S. 57. 176 Zöllner, ZGR 1988,392,414 tT. 420 tT., unterteilt drei Hauptgruppen: Zahlungsklagen wegen Ansprüchen der Gesellschafter, Leistungsklagen zur Erzwingung von
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Flume und Karsten Schmidt zwischen Erstattungs- und Leistungsklagen einerseits und Abwehrklagen andererseits unterschieden werden. 177 Klagen zur Geltendmachung von Beschlußmängeln (Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen) und Erstattungsklagen sollen hierbei zunächst unberUcksichtigt bleiben. Als Erstattungsklagen werden solche Klagen verstanden, mit denen Gesellschafter bzw. Mitglieder u. a. AnsprUche auf Leistung von Einlagen, Nachschüssen, Nebenpflichten und Rückerstattung verbotener Auszahlungen, ErstattungsansprUche wegen Pflichtverletzung von Leitungsorganen, Schadensersatz- und ErstattungsansprUche wegen der Verletzung von Gesellschafterpflichten geltend machen können. Von einer Abwehrklage bzw. der Geltendmachung von Abwehrrechten durch das Mitglied wird demgegenüber gesprochen, wenn das Mitglied bzw. der Gesellschafter eine ÜberprUfung bestehender oder bevorstehender Maßnahmen von Organen auf ihre Rechtmäßigkeit anstrebt. 178 Ebenso wie bei den Erstattungs- und LeistungsansprUchen wird bei der Abwehrklage in der wissenschaftlichen Diskussion überwiegend erörtert, ob der klagende Gesellschafter eigene oder verbandseigene AnsprUche durchsetzt. 179 Diese Frage wird je nach Rechtsform des Verbandes unterschiedlich beantwortet. 180 DarUber hinaus geht es bei der Abwehrklage auch um die Frage, inwieweit hierdurch unmittelbar in den Entscheidungsspielraum der Geschäftsftlhrung eingegriffen werden darf. Insbesondere bei Klagen von Aktionären, gerichtet auf die Abwehr von gegenwärtigen oder bevorstehenden gesetz- oder satzungswidrigen Eingriffen in Hauptversammlungskompetenzen, sind die Auswirkungen auf das innerorganisatorische KompetenzgefUge des Verbandes zu beachten. 181 Gerade bei der Abwehrklage
Verhaltenspflichten der Gesellschaftsorgane und Abwehrklagen gegen Gesellschaftsorgane; Krieger, ZHR 163 (1999), 343 (343 f.) unterscheidet unter dem Stichwort der Aktionärsklage die Klage zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat, die Abwehrklage und die Anfechtungsklage; Raiser, ZHR 153 (1989), I (17) u. Wellkilmp, DZWir 1994, 221 (222 ff.) unterscheiden demgegenüber wesentlich differenzierter in: Ansprüche auf Leistung von Einlagen, Nachschüssen, Nebenpflichten und Rückerstattung verbotener Auszahlungen, Ersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen von Leitungsorganen, Schadensersatz- und Erstattungsansprüchen wegen der Verletzung von Gesellschafterpflichten, Unterlasungs- und Vomahmeklagen gegen Gesellschafter und Organmitglieder und Abwehrklagen. 177 Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 300 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d) (S. 430); K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (216 Fn 17). 178 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 1 (S. 648); Wellkilmp, DZWir 1994, 221 (225). 179 Wellkilmp, DZWir 1994, 221 (222); Raiser, ZHR 153 (1989), I (9). 180 Hierzu ausführlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV (S. 631 ff.); s. auch Wellkilmp, DZWir 1994,221 f.; Raiser, ZHR 153 (1989), 1 ff. 181 OLG Hamburg, Urt. v. 5.9.l98(}- 11 U 1/80 -, in: JZ 1981,231; Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 306).
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ist deshalb die Abgrenzung von Innenrechtspositionen von solchen des Außenrechts besonderes interessant. Bisher ist es nicht gelungen, ein allgemein anerkanntes Modell der Abwehrklage zu entwickeln. Die GrUnde ftlr diese unbefriedigende Lage liegen zunächst in der LUckenhaftigkeit der gesetzlichen Regelung. Die Gesellschafterklage ist nirgends im Gesetz verankert. Im Recht der Personengesellschaften wird die Gesellschafterklage häufig auf die im Gesellschaftsvertrag Ubernommene gegenseitige Pflicht aller Gesellschafter, den gemeinsamen Zweck zu fördern (§ 705 BGB), gestUtzt. Eine solche Deutung wird jedoch schwierig, wenn man die Teilrechtsfähigkeit der Personengesellschaft anerkennt. 182 Bei der GmbH enthält § 46 Nr. 2 und 8 GmbHG die Regelung, daß rur Einlageforderungen und Schadensersatzforderungen der Gesellschaft die Gesellschafterversammlung zuständig ist. Eine Klagebefugnis zur Abwehr rechtswidrigen Organverhaltens ist nicht geregelt. Auch im Aktienrecht findet sich keine gesetzliche Normierung. Das Gesetz gewährt den Aktionären zwar eine Anzahl spezieller Rechte, die sie im eigenen Namen geltend machen können, vor allem die Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen gegen rechtswidrige HauptversammlungsbeschlUsse (§§ 245 Nr. I - 3, 249 AktG), im Ubrigen kann der Aktionär aber nur ausnahmsweise nach § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG und in einigen konzernrechtlichen Konstellationen nach §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4, 323 Abs. 1 AktG nachträglich Schadensersatz verlangen, und ein Zehntel der Aktionäre kann nach § 147 AktG vom Vorstand verlangen, daß Ersatzansprüche eingefordert werden. Aus diesen kasuistisch geregelten Rechtsbehelfen wurde lange Zeit die Unzulässigkeit darüber hinausgehender Aktionärsklagen abgeleitet. 183 In die Diskussion geraten ist die Abwehrklage des Aktionärs und des Verbandsmitglieds generell l84 mit den Ausfilhrungen Knobbe-Keuks zum "Klagerecht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft wegen gesetz- und satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsfilhrung" aus dem Jahre 1975 185 und dem schon erwähnten HolzmUller-Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem
Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (5). Siehe die umfangreichen Nachweise bei Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (3). 184 s. zur Gesellschafterklage im GmbH-Recht: Saenger, GmbHR 1997, 112 (119) m. w. N.; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, 1988, Grunewald, Gesellschafterklage in der Personengesellschaft und in der GmbH, 1990; Raiser, ZHR 153 (1989), I f1; zu den Auswirkungen der Holzmüller-Rechtsprechung im Vereinsrecht Hadding, in: Soergel, BGB, 12. Aufl., § 33 Rn 15, der filr den Fall der faktischen Zweckänderung des Vereins annimmt. daß die von der Rechtsprechung bisher vertretene Lehre von der Vereinsabspaltung, nach der es zur "Abspaltung", d.h. Austritt und Neugründung der satzungstreuen Minderheit, komme, mit der im Holzmüller-Urteil anerkannten mitgliedschaftlichen Unterlasungs- und Wiederherstellungsklage überholt sein dürfte. 185 Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 239 ff. 182 183
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Jahre 1982. 186 Die in der wissenschaftlichen Debatte vorgetragenen Entwürfe einer solchen Abwehrklage gehen in dogmatischer Begründung und Ausgestaltung weit auseinander. In Betracht kommt zum einen die Verfolgung der Rechte der Gesellschaft durch einzelne Gesellschafter. Diese sollen unter der Bezeichnung "abgeleitete Gesellschafterklagen,,187 zunächst untersucht werden (nachfolgend b». Diskutiert wird zum anderen eine Gesellschafterklage aus eigenem Recht (unten c». Hier können zwei rechtlich unterschiedliche Begrilndungsansätze unterschieden werden. Gesellschafterklagen aus eigenem Recht der Gesellschafter werden teilweise auf einen allgemeinen negatorischen Rechtsbehelf gestUtzt. Ausgangspunkt bildet insoweit das allgemeine Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (unten c) aa». Demgegenüber sieht der verbandsrechtliche Ansatz die Gesellschafterklage als einen spezifisch gesellschaftsrechtlichen Rechtsbehelf an, da eine Ableitung aus dem Gesellschaftsrecht vorrangig sein müsse, um Systemwidersprüche mit dem Organisationsrecht zu venneiden l88 (unten c) bb». Schließlich bemühen sich einige wenige Modelle um eine integrative Lösung der Aktionärsklage und des Organstreits in der Aktiengesellschaft. Sie sollen im Anschluß behandelt werden (unten d».
b) Die abgeleitete Gesellschafterklage Abgeleitete Gesellschafterklagen werden vornehmlich als Klagen im Wege der Prozeßstandschaft angesehen, bei denen der Gesellschafter die Rechte der Gesellschaft im eigenen Namen zugunsten der Gesellschaft geltend macht. Die Gestaltung dieser Klage erfolgt ganz überwiegend l89 in Orientierung am Rechtsinstitut der sog. "actio pro socio" im Recht der Personengesellschaft bzw. der sog. "actio pro societate" im GmbH-Recht. Auch rur das Aktienrecht wird teil-
186
BGH, Urt. v. 25.2.1982 - II ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 ff.
187 So auch die Differenzierung bei Ahnert, actio individualis, S. 57. 188 s. Lutter, AcP 180 (1980), 84 (142); Zöllner, ZGR 1988,392 (430); Häsemeyer,
ZHR 144 (1980),265 (268 - 271); Brondics, Aktionärsklage, S. 87; Teichmann, in: FS Mühl, S. 677; nicht ganz eindeutig K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V (S. 647 ff.), der zum einen davon spricht, daß es sich bei der "actio negatoria" um ein Institut des allgemeinen Verbandsrechts handele (S. 648), auf der anderen Seite aber kurz zuvor betont, daß die Mitgliedschaft als absolutes Recht analog § 1004 BGB durch Beseitigungsund Unterlassungsansprüche geschützt sei (S.647) und noch später deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche des Mitglieds gegenüber dem Verband zumindest in Konkurrenz zu solchen aus der Verletzung einer verbandsrechtlichen positiven Forderungsverletzung rur möglich hält (S. 654). 189 Zu anderen Ansätze, die auf das angelsächsische Rechtsinstitut der "derivative action" und seine Übertragbarkeit ins deutsche Aktienrecht zurückgreifen, s. Wiedemann, Organverantwortung, S. 44 ff.; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 113 ff.
§ 4 Die Mitglieder
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weise angenommen, daß eine "actio pro societate" existieren mUsse. Dabei ist zunächst fraglich, ob dieses Modell als ein solches der abgeleiteten Gesellschafterklage verstanden werden kann, denn die actio pro socio ist trotz ihrer Anerkennung als "gesichertes Rechtsinstitut" nicht nur generell umstritten,19O sondern es herrscht Uneinigkeit insbesondere in der Frage, ob die actio pro socio ein Instrument zur Durchsetzung eines eigenen materiellen Rechts des einzelnen Verbandsmitglieds 191 oder ein bloßes Instrument zur Geltendmachung fremder AnsprUche, d.h. eine Einziehungsermächtigung bzw. Prozeßstandschaft iSt. 192 Bei der auf das Recht der römischen societas zurUckgehenden 193 actio pro socio handelt es sich um eine Klage aus dem Bereich der Personengesellschaften, mit der jeder Gesellschafter von den anderen Gesellschaftern die Einhaltung ihrer Pflichten zugunsten der Gemeinschaft verlangen konnte. Die actio pro socio stammt demnach aus dem Schuldrecht 194 und war zunächst vertragsrechtlich gedacht. Diese Dogmatik wurde in dem Moment brUchig, wo die Personengesellschaft vom Vertrags- auf das Organisationsrecht umgestellt wurde und die Verselbständigung der Gesamthand eine Alleinzuständigkeit der Gesellschaft fiir die Ansprüche gegen die einzelnen Mitglieder nach sich zog: 195 Die Beitrags- und Sozial verbindlichkeiten sind dann nicht mehr den Mitgliedern, sondern der Gesellschaft selbst zuzuordnen l96 • Entsprechend der Verselb190 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV I b) (S. 632 f.); Lutter, AcP 180 (1980), 84 (138 ff.); Timm, AG 1980, 172 (185); v. Gerkan, ZGR 1988,441 ff.; BorkIOepen, ZGR 2001,515 (518 ff.) - Vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S. 678 ff., der aber im Ergebnis eine prozeßstandschaftliche Geltendmachung von deliktischen Unterlassungsansprüchen der Gesellschaft aus §§ 823 11 BGB i. V. m. § 93 III AktG durch besondere Vertreter i. S. v. § 147 III AktG vertritt und damit keine Abwehrklage des Aktionärs befürwortet. 191 So RG, Urt. v. 8.6.1917 - Rep. 11 618/16 -, in: RGZ 90, 300 (301 f.); so auch der BGH zur actio pro socio bei der Personengesellschaft: BGH, Urt. v. 27.6.1957 - 11 ZR 15/56 -, in: BGHZ 25, 47 (49); Flume, Personengesellschaft, § 10 IV (S. 142); weitere Nachweise s. bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 1 b) (S. 633). 192 So u. a. Brondics, Aktionärsklage, S.73 f.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269,273, 277); Kort, AG 1987, 193 (198); Lutter, AcP 180 (1980), 84 (135 ff.); v. Gerkan, ZGR 1988,441 (448) m. w. N.; Hadding, ZGR 2001,712 (733); BorkIOepen, ZGR 2001,515 (520 ff.); s. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV I c) (S. 633), der ausdrücklich betont, daß die actio pro socio in dogmatischer Hinsicht zwar "durchaus ein eigenes Recht des Gesellschafters, aber doch nur ein Klagerecht sein [kann], also eine eigene prozessuale Befugnis zur Durchsetzung von fremden (nämlich der Gesellschaft zustehenden) materiellen Ansprüchen". Etwas anderes soll bei einer rein schuldrechtlich angelegten Innengesellschaft gelten; hier handele es sich um die Durchsetzung von Ansprüchen unter Gesellschaftern als Träger eigener Rechte, § 21 IV 2 (S. 634). 193 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV I c) (S. 633); Ahnert, actio individualis, S.61. 194 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV I c) (S. 633). 195 Wiedemann, Organverantwortung, S. 44; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV I c) (S. 633). 196 Wiedemann, Organverantwortung, S. 44.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ständigung der Gesellschaft sieht die neuere Ansicht in der actio pro socio keine Klage aufgrund eines Anspruchs aus eigener Mitgliedschaft, sondern eine Klage als Sachwalter der Gesellschaft. 197 Deshalb und entsprechend dem oben festgelegten Untersuchungsgegenstand, der eine zumindest teilweise Verselbständigung der Organisation voraussetzt,198 sollen die auf der actio pro socio basierenden Begründungsansätze einer Gesellschafterklage hier als abgeleitete GeseIlschafterklagen erörtert werden. Die actio pro socio ist trotz vieler dogmatischer Ungeklärtheiten im Recht der Personengesellschaften durchweg anerkannt l99 und wurde in Parallele zum Personengesellschaftsrecht als "Institut des allgemeinen Verbandsrechts,,2°O mit einigen Modifikationen in das Recht der GmbH übertragen. 201 Während sie dort - teilweise als "actio pro societate" bezeichnet202 - weitgehend Anerkennung gefunden hat, wird sie im Bereich des Aktienrechts zurückhaltend betrachtet. Die in der Aktiengesellschaft besonders deutlich werdende Verselbständigung des Verbandes und die relativ starre interne Zuständigkeitsverteilung erschweren eine Übertragung ins Aktienrecht. 203 Dennoch wird sie in der Literatur von einigen zur Begründung einer Abwehrklage von Aktionären herangezogen: 204 So sieht Lutter die Untätigkeit der zuständigen Organe bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Verbandsmitglieder oder die Kompetenzüberschreitungen dieser Organe im Innenverhältnis als einen "Innenstreit um mittelbare Eingriffe in die Mitgliedschaft,,20s an. Dieser innerverbandliehe Konflikt werde im 197 Hadding, in: Soerge1, BGB, 11. Aufl., § 705 Rn 50 m w. N; Schmidt, GeselIschaftsrecht, § 21 IV I (S. 631 f.); Wiedemann, Organverantwortung, S. 44; Hadding, ZGR 2001, 712 (733) m. w. N. 198 s. oben § I III. 2. u. § I IV. 199 Grunewald, Gesellschafterklage, 1990. 200 K. Schmidt, GeselIschaftsrecht, § 21 IV 6 (S. 643); kritisch hierzu Kort, AG 1987, 193 (198). 201 Grunewald GeselIschafterklage, S. 66 ff., S. 90; Ahnert, actio individualis, S. 68 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 6 (S. 643). - Die Rspr. ist nicht eindeutig. Ob das ITT-Urteil des BGH, Urt. v. 5.6.1975 - n ZR 23/74 -, in: BGHZ 65, 15 ff., wie in der Literatur teilweise angenommen einen Beleg rur Anerkennung der actio pro societate im GmbH-Recht darstellt wird unterschiedlich gesehen; bejahend u. a. Lutter, AcP 180 (1980), 84 (135); vereinend: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 6 [S.644] m. w. N. zum Streitstand). 202 HommelhojJlfimm, AG 1976,330 (333); Lutter, AcP 180 (1980),84 (135). 203 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 6 (S. 643); Ahnert, actio individualis, S. 72; Kort, AG 1987, 193 (198). 204 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (132 ff.); vgl. Timm, AG 1980, 172 (185 f.); v. Gerkan, ZGR 1988, 441 (442 ff.); GroßfeldiBrondics, 1Z 1982, 589 (590). - Neuerdings wird eine Einzelklagebefugnis im Wege der actio pro socio auch von Mertens, AG 1990, 49 (51), der rur seinen deliktsrechtlichen Ansatz bekannt geworden ist (s. unten § 4 II. 2. c) aa», erwogen. 205 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (132).
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Recht der Personenverbände durch die actio pro socio weitgehend dadurch gelöst /06 daß dem einzelnen Mitglied im ersten Fall eine Ersatz- oder Notzuständigkeit im gemeinschaftlichen Interesse der im Verband zusammengeschlossenen Mitglieder und zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks 207 bzw. im zweiten Fall ein mitgliedschaftliches Kontrollrecht208 zukomme. Diese Gedanken könnten auch filr die rechtlich selbständigen Verbände fruchtbar gemacht werden. Auch hier gehe es bei Eingriffen in den Zuständigkeitsbereich anderer Organe weniger um den Schutz der individuellen Interessen des einzelnen Mitglieds als vielmehr um dessen mitgliedschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der binnenrechtlichen Ordnung. 209 Punktuelle Aufsichtsbefugnisse des Mitglieds seien auch durch die im Verbandsinteresse bestehenden Anfechtungsrechte von Gesellschaftern, Genossen und Aktionären sowie durch die im Verein zulässige Feststellungsklage vorgezeichnet. 210 Kontrollmaßnahmen der Mitglieder erschienen schon wegen der "organnahen Position des Mitglieds" zumindest dort möglich, wo es um Übergriffe in den Zuständigkeitsbereich der Mitglieder - Überschreitung des statutarischen Gegenstandes, Mißachtung von Zustimmungsrechten der Gesellschafterversammlung - gehe. 211 Auch Timm sieht bei Kompetenzüberschreitungen der Geschäftsfilhrung zu Lasten der Hauptversammlung dieselbe Problematik, wie sie bei Personengesellschaften als "actio pro socio" behandelt und gelöst werde. Er kommt deshalb in Fortfilhrung des Gedankens der actio pro socio und in Analogie zu den §§ 309 Abs. 4, 317 Abs. 4 AktG und zu den Vorschriften über Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen zu dem Ergebnis, daß dem einzelnen Gesellschafter ein Ersatzaufsichtsrecht zu geben sei, wenn die innergesellschaftlichen Kontrollinstanzen nachweislich ausfallen oder ausgefallen sind. 212 Vergleichbare Erwägungen finden sich bei GrossfeldlBrondics. 213 Auch von Gerkan greift filr die Begründung der Gesellschafterklage auf die actio pro socio zurück,214 soweit es dem Aktionär darum gehe, quasi "reflexartige" Folgewirkungen aus der Mißachtung der Kompetenz der Hauptversammlung abzuwehren. 215 Auch in den gesetzlich geregelten Fällen der §§ 117 Abs. 1 Satz 2 AktG und 147 AktG, die die Einzelklagebefugnis bei Schädigung der Lutter, AcP 180 (1980),84 (132). Lutter, AcP 180 (1980),84 (134). 208 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (140). 209 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (142). 210 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (142 f.). 211 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (143). 212 Timm, AG 1980, 172 (185 u. 186 Fn 115). 213 GroßfeldiBrondics, JZ 1982,589 (590). 214 v. Gerkan, ZGR 1988,441 (442). 215 v. Gerkan, ZGR 1988,441 (443). 206 207
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Gesellschaft regeln, sei die Einzelklage des Aktionärs wegen eines ihn treffenden Reflexschadens nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen den Schädiger auf Schadensersatz an die Gesellschaft zu richten. 216 Es liege angesichts der reflexartigen Beeinträchtigung des Gesellschafters bei der Abwehrklage nahe, diesem eine Klage "als zugleich im Interesse der Gesellschaft, also materiell fUr sie und gegen die fUr die Verletzung der Ordnung Verantwortlichen" zuzugestehen. 2I7 Eine solche Überlegung ließe sich mit der actio pro socio realisieren. Denn mit dieser werde gleichermaßen "sowohl die Herstellung eines der Ordnung der Gesellschaft entsprechenden Zustandes als auch die Verwirklichung des gesellschafterlichen Interesses an der HerbeifUhrung dieses Zustandes verfolgt,,218. Das ProzeßfUhrungsrecht, Anspruche fUr die Gesellschaft geltend zu machen, bestehe als ein grundsätzlich unentziehbares Mitverwaltungs- und Kontrollrecht, welches aus der Mitgliedschaft abzuleiten sei. 219
c) Die Gesellschafterklagen aus eigenem Recht aa) Die deliktsrechtlichen Modelle Der deliktsrechtliche Schutz der Mitgliedschaft ist unstreitig anerkannt, wenn es sich um Eingriffe von außen handelt. 220 Nachdem das Reichsgericht zunächst fUr den GmbH-Gesellschafter und später auch fUr den Aktionär anerkannt hat, daß ihre Rechtspositionen in der Gesellschaft deliktisch geschützt sind, entspricht es inzwischen allgemeiner Auffassung, daß die Mitgliedschaft als absolutes Recht den "sonstigen Rechten" des § 823 Abs. I BGB zugerechnet wird und damit dem deliktischen Schutz unterflUlt. 221 Gegen Eingriffe kann sich das Mitglied mit einem Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 BGB zur Wehr setzen. Teilweise wird der deliktische Schutz der Mitgliedschaft darüber hinaus auch auf das Innenverhältnis der Gesellschaft ausgedehnt und hierUber ein verbands-
v. Gerkan, ZGR 1988,441 (443). v. Gerkan, ZGR 1988,441 (444). 218 v. Gerkan, ZGR 1988,441 (444). 219 v. Gerkan, ZGR 1988,441 (448 f.). 220 Wiedemann, Übertragung, S.39; Hefermehl, in: GeßlerlHefennehllEckardti Kropff, AktG, § 93 Rn 94. 221 BGH, Urt. v. 12.3.1990 - II ZR 179/89 -, in: 8GHZ llO, 323 ff.; Hefermehl, in: GeßlerlHefennehllEckardtlKropff, AktG, § 93 Rn 94; Wiedemann, Übertragung, S. 39; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 3 a) (S. 549); Reichert, Handbuch des Vereinsund Verbandsrechts, Rn 473 f. 216 217
§ 4 Die Mitglieder
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interner Schutz- und Abwehranspruch des Aktionärs begrtlndet. 222 Während die Vertreter eines verbandsrechtlichen BegrUndungsansatzes überwiegend davon ausgehen, daß die speziellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Anwendung des Deliktsrechts weitgehend ausschließen, basiert das deliktsrechtliche Modell auf der Annahme, daß § 823 Abs. 1 BGB sowohl im Verhältnis der Gesellschafter untereinander als auch im Verhältnis der Gesellschafter zu den Gesellschaftsorganen gilt. 223 Eine Einschränkung aus dem Nebeneinander von Gesellschafts- und Deliktsrecht soll sich allein insofern ergeben, als im Innenverhältnis keine Zurechnung des Verhaltens der Organmitglieder an die Gesellschafter erfolgen dürfe, Schadens- und UnterlassungsansprUche mithin gegen die Organmitglieder und nicht gegen die Gesellschaft zu richten seien. 224 Soweit der Eingriff durch einen Beschluß erfolgt, wird weiterhin angenommen, daß der deliktische Unterlassungsanspruch des Gesellschafters durch das Recht der Beschlußanfechtung verdrängt werde. 22S Der Anwendungsbereich der deliktisch begrtlndeten Abwehrklage wird auf diesem Wege auf Eingriffe durch faktisches Handeln, insb. durch faktische Satzungsänderungen, beschränkt. 226
bb) Die verbandsrechtlichen Modelle
Anders als die deliktsrechtlichen Modelle gehen die verbandsrechtlichen Modelle davon aus, daß die allgemeinen Regeln des Deliktsrecht im Binnenraum der Gesellschaft durch die spezifischen gesellschaftsrechtlichen Normen überlagert und zumindest modifiziert werden. Die Begrtlndung einer Abwehrklage aus eigenem Recht wird im Verbandsrecht selbst gesucht. Der Gedanke einer aus dem Verbandsrecht folgenden Abwehrklage gegen rechts- und satzungswidriges Verhalten der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht neu. Schon von Gierke schrieb in seiner "Genossenschaftstheorie": "Der objektivrechtlichen Begrenzung der körperschaftlichen Lebenssphäre korrespondieren subjektive Rechte auf Innehaltung dieser Grenzen." Nach von Gierke ist, "sobald die Überschreitung des körperschaftlichen Wirkungskreises zugleich einen Übergriff in die dem Gemeinwillen nicht unterworfenen Individualsphä222 Mertens, AG 1978, 309 (310); Mertens, in: FS Fischer, S. 469, der allerdings in neueren Veröffentlichungen (Mertens, AG 1990,49 [51)) auch eine Einzelklagebefugnis im Wege der actio pro societate rur möglich hält. - Für einen deliktsrechtlich begründeten verbandsintemen Schutz im GmbH-Recht: Mertens, in: Hachenburg, GmbHG, § 43 Rn 105 ff.; vgl. auch LG Mainz, Urt. v. 1.4.1977 - 11 HO 4/77 -, in: WM 1977,904 (907). 223 Mertens, AG 1978, 309 (310). 224 Mertens, in: FS Fischer, S. 470. 225 Mertens, in: FS Fischer, S. 471. 226 Mertens, in: FS Fischer, S. 471. 10 Diemert
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ren enthalten würde, ein Sonderrecht jedes Mitglieds auf Unterlassung der fraglichen Handlung begrOndet,,227. Verstärkte Aufmerksamkeit wurde diesem Institut im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum aber erst durch die Abhandlung von Knobbe-Keuk228 und durch das HolzmUller-Urteil229 zuteil. Bei deren Analyse und der Durchsicht der sich anschließenden wissenschaftlichen Diskussion zeigt sich, daß innerhalb des verbandsrechtlichen Ansatzes zwei Strömungen unterschieden werden können,230 zum einen ein - auch von Knobbe-Keuk befilrworteter - eher organschaftlieh orientierter Lösungsansatz, der den klagenden Gesellschafter nicht nur als Träger eigener Individualinteressen ansieht, sondern ihm im Interesse der Aufrechterhaltung einer rechtmäßigen Verbandsordnung auch die Funktion eines Ersatzaufsichtsorgans zuweisr 31 (nachfolgend (1», zum anderen ein - vom Bundesgerichtshof im HolzmUller-Urteil favorisierter - mehr mitgliedschaftlich orientierter BegrOndungsansatz, wonach jedes Mitglied im eigenen Interesse einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf hat, daß der Verband sein Mitgliedschaftsrecht achtet und alles unterläßt, was dieses Uber das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigf32 (unten (2».
(I) Der verbandsrechtlich-organschaftliche Lösungsansatz Von einer sehr umfassenden und im oben beschriebenen Sinne eher organschaftlich orientierten Konzeption einer Gesellschafterklage geht Knobbe-Keuk aus. Das Erfordernis einer Abwehrklage folgt ihrer Auffassung nach daraus, daß die Vorschriften des Aktiengesetzes und des GmbH-Gesetzes dem Gesellschafter keinen Schutz böten, wenn die Geschäftsfilhrung oder der Vorstand faktische Satzungsänderungen vornähmen. 233 Soweit Geschäftsfilhrung oder Vorvon Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 253 ff., 637 f. Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 239 ff.; kritisch; Lutter, AcP 180 (1980), 84 (142 ff., insb. 144); Hommelhoff, ZHR 143 (1979),288 (310). 229 BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 ff.; s. Emmerich, JuS 1982,700 f.; GroßfeldiBrondics, JZ 1982, 589 ff.; Semler, BB 1983, 1566 ff.; Werner, ZHR 147 (1983), 429 (437 ff.); Rehbinder, ZGR 1983, 92 (103); Weslermann, ZGR 1984,352 (377 ff.); v. Gerktm, ZGR 1988,441 ff.; Merlens, AG 1990,49 ff.; Sünner, AG 1983, 169 ff.; Zöllner, ZGR 1988, 392 ff.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343 (353 ff.); mit den Auswirkungen auf das Recht der Personengesellschaft beschäftigt sich Herrmann, Jura 1986, 511 ff. 230 So die Differenzierung bei Saenger, GmbHR 1997, 112 (120). 231 Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, 239 (243 ff.); Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 461 ff. 232 So Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311); Zöllner, ZGR 1988,392 (425 ff.); Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (9 ff., 29 ff.). 233 Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 241. 227 228
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stand entgegen den gesetzlichen Vorgaben in § 179 Abs.2 Satz 2 AktG und § 53 Abs. 2 GmbHG den Unternehmensgegenstand ohne Beschluß der Hauptbzw. Gesellschafterversammlung änderten und die Mehrheit der Gesellschafter dieses toleriere, könne der einzelne Gesellschafter gegen das gesetz- und satzungswidrige Verhalten nicht einschreiten; mangels Beschluß der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung scheide eine Beschlußkontrolle im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage aus. Dem einzelnen Aktionär müsse deshalb ein Klagerecht gegen die Gesellschaft wegen gesetz- oder satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsftlhrung zugestanden werden. 234 Ausdrücklich betont Knobbe-Keuk hierbei, daß es bei der von ihr vorgeschlagenen Klage des Aktionärs nicht "um das persönliche Interesse, sondern um das allgemeine, allein auf seiner Beteiligung an der Gesellschaft beruhende Recht des einzelnen und jeden Gesellschafters [gehe], daß die Gesellschaft sich im Rahmen der Satzung" halte. 235 Die positiv geregelte Anfechtungsklage gern. §§ 241 ff. AktG, mit der der Aktionär die mehrheitlich gefaßten Beschlüsse der Hauptversammlung angreifen könne, diene ebenfalls der Durchsetzung dieses Rechts auf gesetz- und satzungsgemäße Betätigung?36 Knobbe-Keuk betont die Doppelfunktion dieses Rechts, welches sich zum einen auf die Mitgliedschaft und das Interesse des Aktionärs gründe, zum anderen aber um der Gesellschaft willen bestehe. 237 Nicht eindeutig sind ihre Ausftlhrungen in der Frage des Verhältnisses des von ihr beftlrworteten Rechts zur innerorganisatorischen Struktur der Gesellschaft. Zum einen möchte sie ein Klagerecht des einzelnen Aktionärs zur Gewährleistung der gesetz- und satzungsgemäßen Betätigung der Gesellschaft auch über den Bereich hinaus, in dem die Hauptversammlung als Organ der Gesellschaft fungiert, anerkennen. 238 Wenig später nimmt sie diese Aussage mit Rücksicht auf die innere Ordnung der Aktiengesellschaft insoweit zurück, als dem Aktionär mit Rücksicht auf die Geschäftsftlhrungskompetenz des Vorstands nicht wegen jeder gesetzwidrigen Maßnahme ein Klagerecht gewährt werden könne. Soweit der Vorstand jedoch die Kompetenz der Hauptversammlung verletze, könne der Aktionär die gesetz- und satzungsmäßige Betätigung der Gesellschaft erzwingen. 239 Auch Wiedemann betont, daß das Mitglied nicht nur zum Schutz seiner eigenen Interessen tätig werde, sondern auch organschaftlich als Mitglied der Gemeinschaft. Er unterscheidet deshalb bei den aus der Mitgliedschaft fließenden Klagebefugnissen danach, ob der Gesellschafter individuell als Inhaber seines Knobbe-Keuk, Knobbe-Keuk, 236 Knobbe-Keuk, 237 Knobbe-Keuk, 238 Knobbe-Keuk, 239 Knobbe-Keuk,
234 235
in: in: in: in: in: in:
FS FS FS FS FS FS
Ballerstedt, Ballerstedt, Ballerstedt, Ballerstedt, Ballerstedt, Ballerstedt,
S. S. S. S. S. S.
246. 243. 244. 248. 251. 252.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
subjektiven Rechts (hier spricht er von der "personal action" oder von der "individuellen Mitgliedsklage") oder. organschaftlich als Mitglied der Gemeinschaft (bezeichnet als "representative action" oder "organschaftliche Klage") auftrete?40 Die individuelle Mitgliedsklage diene dazu, die aus der Aktie oder sonst aus der Beteiligung fließenden Einzelrechte durchzusetzen oder zu schützen. Dazu gehörten die Mitwirkungsrechte (insb. das Stimmrecht) und die Vermögensrechte (insb. die Dividendenansprüche) sowie Auskunfts- und Austrittsrechte. 241 Die als organschaftlich diskutierte Klage ermögliche demgegenüber eine Kontrolle der Organe auf gesetz- und statutenmäßiges Verhalten. Auch sie lasse sich letztlich auf die Mitgliedschaft zurückfUhren; die Klagebefugnis setze aber keine Betroffenheit oder Geflihrdung im individuellen Mitgliedsrecht voraus. 242 Es gehe auch nicht um das "Recht auf Entscheidungsteilhabe,,243, denn Kompetenzüberschreitlingen zu Lasten der Hauptversammlung verletzten in erster Linie die Befugnisse der Aktionärsgruppe und nicht diejenigen des einzelnen Mitglieds?44 Ebenso wie Wiedemann geht Hommelhoff davon aus, daß Teilhabe und Mitwirkung des Aktionärs innerhalb der Aktiengesellschaft doppelfunktional seien. Er stützt die Abwehrklage des Aktionärs deshalb auf zwei Begründungsansätze: Das Recht des Aktionärs auf Entscheidungsteilhabe werde zum einen durch die Zuweisung eines bestimmten Entscheidungsgegenstandes an das Organ Hauptversammlung begründer45 und diene der Verwirklichung von Eigeninteressen. Zum anderen sei das Recht auf Entscheidungsteilhabe ein "Funktionselement im aktienrechtlichen System von ,checks and balances'" und trage dazu bei, "die Entscheidungs- und Handlungsorganisation dieser Gesellschaft in sich ausgewogen zu stabilisieren". 246 Das Aktionärsrecht auf Entscheidungsteilhabe habe deshalb einen Doppelcharakter: Es sei zum einen "subjektives Recht des einzelnen Aktionärs zur Verfolgung und Verwirklichung seiner individuellen Interessen - als solches wieder kanalisiert in Einberufungs-, Teilnahme-, Rede- und Stimmrechte", zum anderen aber auch "funktionsbezogenes begrenztes Organrecht im funktionen- und gewaltenteiligen System der Aktiengesellschaft',.247 Ein Abwehranspruch ließe sich deshalb von zwei Seiten her begründen: "zum einen individualrechtlich vom investierenden Aktionär: zum anderen
Wiedemann, Organverantwortung, S. 52 ff. Wiedemann, Organverantwortung, s. 53. 242 Wiedemann, Organverantwortung, S. 54. 243 So aber Hommelhoff, Konzemleitungsptlicht, S. 459, 474 f.; Zöllner, ZGR 1988, 392 (426). 244 Wiedemann, Organverantwortung, S. 55. 245 Hommelhoff, Konzemleitungsptlicht, S. 460. 246 Hommelhoff, Konzemleitungsptlicht, S. 461. 247 Hommelhoff, Konzemleitungsptlicht, S. 461. 240 241
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organisationsrechtlich von dessen Eigenschaft als system interner Funktionsträger',248. Wenn die Geschäftsfilhrungsorgane entgegen dem ausdrücklichen Aktionärsentscheid handelten, habe der Aktionär nicht nur einen individualrechtlichen Abwehranspruch aus eigenem Recht,249 sondern er werde auch als "Ersatzaufsichtsorgan" tätig, wenn die primär hierzu berufenen Organe (der Aufsichtsrat) versagten. 250 Ein solches Recht auf Funktionsübernahme könne in Anlehnung an §§ 147 Abs. 3, 309 Abs. 4,317 Abs. 4 AktG im Wege der actio pro societate begründet werden. 251
(2) Der verbandsrechtlich-mitgliedschaftliche Lösungsansatz In der vieldiskutierten sog. Holzmüller-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zur Frage der Gesellschafterklage Stellung bezogen und insofern einen mitgliedschaftlich orientierten Begründungsansatz gewählt. Der Entscheidung lag die Klage eines Aktionärs zugrunde, mit der sich der Aktionär gegen die Ausgliederung eines wesentlichen Betriebsteils durch den Vorstand auf eine dazu gegründete Tochtergesellschaft wandte, da seiner Auffassung nach die notwendige Zustimmung der Hauptversammlung nicht eingeholt worden war. Der Bundesgerichtshof fllhrte in seiner Entscheidung zunächst aus, daß der Kläger nicht allein auf die Mitwirkung in der Hauptversammlung verwiesen werden könne, wenn die materiell begründete Rechtsverfolgung daran scheitere, daß die dem Aktiengesetz eigenen Rechtsbehelfe tatbestandsmäßig versagten. 252 Es gebe grundlegende Entscheidungen, die "durch die Außenvertretungsmacht des Vorstands, seine gern. § 82 Abs. 2 AktG begrenzte Geschäftsfllhrungsbefugnis wie auch durch den Wortlaut der Satzung formal noch gedeckt sind, gleichwohl aber so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögens interesse eingreifen, daß der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligten.,,253 Auf diesem Wege kommt der Bundesgerichtshof zur Zustimmungspflichtigkeit der vom Vorstand vorgenommenen Geschäfte entgegen den ausdrücklichen Regelungen des Akti-
Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 462. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 474 f. 250 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 476,480. 251 s. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 480, wobei nicht abschließend klar wird, ob Hommelhoff das organschaftliche Klagerecht allein auf die Rechtsfigur der actio pro societate stützen will oder auch eine Klage aus dem Individualrecht auf Entscheidungsteilhabe zulassen will. 252 BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (127); in diese Richtung auch schon das aLG Hamburg, Urt. v. 5.9.1980 - 11 U 1180 -, in: JZ 1981, 231. 253 BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (131). 248
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engesetzes und der Satzung und bejaht im Ergebnis eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz. Im weiteren untersucht der Bundesgerichtshof mit schließlich bejahendem Ergebnis die Frage, ob der Aktionär klageweise gegen die Umgehung der Hauptversammlung vorgehen kann. Hierzu filhrt er aus, daß der Kläger "wie jeder Aktionär [ ... ] einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf [hat], daß die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterläßt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt. Dieser Anspruch wird verletzt, wenn der Vorstand die Hauptversammlung und damit auch die einzelnen Aktionäre bei einer Entscheidung von der nach der Sachlage gebotenen Mitwirkung ausschließt.,,254 Ausdrücklich betont der Bundesgerichtshof, daß die auf diesem Wege bejahte "Klagebefugnis des Aktionärs" nicht als "Ersatzaufsichtsrecht" zu verstehen sei, d. h. als Recht, "filr die Gesellschaft gegen das geschäftsfllhrende Organ, das· seine Grenzen überschreitet und dadurch die Ordnung des Verbandes stört, durch eine Klage vorzugehen", sondern vielmehr darauf beruhe, daß der Aktionär geltend mache, "durch eine unzulässige Ausschaltung der Hauptversammlung in seiner eigenen Mitgliedsstellung betroffen zu sein". 255 Damit orientiert sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung am verletzten Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre256 . Die im Rahmen einer solchen Klage zu beantwortende Frage lautet demnach, wann eine Ptlichtwidrigkeit der Geschäftsfiihrer zu einer Rechtsverletzung gegenüber dem einzelnen Gesellschafter wird. 257 Die hierrur erforderliche inhaltliche Bestimmung des Mitgliedschaftsrechts wird - entgegen dem ersten Eindruck - in der Entscheidung nicht mit der wünschenswerten Klarheit herausgearbeitet. Insbesondere wird das Verhältnis des Mitgliedschaftsrechts zur Organkompetenz der Hauptversammlung nicht hinreichend deutlich. Besteht die Verletzung des Mitgliedschaftsrechts der Aktionäre schon darin, daß die Geschäftsfilhrungsorgane allgemein gegen Gesetz und Satzung verstoßen haben, oder erfolgt sie durch die Mißachtung der Hauptversammlungskompetenz und damit der Vereitelung der hierüber
BGH, Urt. v. 25.2.1982 -11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (133). BGH, Urt. v. 25.2.1982 - Il ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (135); ebenso Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311). 256 So zum Holzmüller-Urteil K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 a) (S. 651); K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 (218 f.); ausdrücklich auch der Bundesgerichtshof in einer späteren Entscheidung, s. BGH, Urt. v. 28.11.1988 - Il ZR 57/88 - (Opel ~ 3. Instanz), in: BGHZ 106,54 (64) u. das LG Düsseldorf, Besch!. v. 14.12.1999 - 10 0 495/99 Q-, in: AG 2000, 233 (234); so auch Wiedemann, Organverantwortung, S. 41, 54 f.; Brandes, WM 1984, 289 (294); Baums, Gutachten, S. 200 ff. m. w. N.; Raiser, ZHR 153 (1989), I (30); Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Münch. HbdGR IV, § 18 Rn 4 ff., 8 ff. 257 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 b) (S. 652); Saenger, GmbHR 1997, 112 (120); Raiser, ZHR 153 (1989), I (29 f.). 254
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möglichen Mitwirkung des Aktionärs? Obwohl die Orientierung am Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs grundsätzlich viel Zustimmung erfahren hat, gehen die Interpretationen in dieser Frage auseinander. Teilweise werden die Ausfilhrungen des Bundesgerichtshofs in der Weise verstanden, daß dem Aktionär eine umfassende Abwehrbefugnis gegen gesetzund satzungswidriges Verhalten zukomme. 258 Die Ausfilhrungen des Bundesgerichtshofs, der Aktionär habe einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf, daß die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achte und alles unterlasse, was diese über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtige, werden teilweise dahingehend verstanden, daß nicht die Erstreckung der Abwehrklage auf jede pflichtwidrige Leitungsmaßnahme, sondern deren Einschränkung der Begründung bedürfe. 259 Ein solches Verständnis liefe im Ergebnis auf das von Knobbe-Keuk postulierte subjektive Recht einzelner Aktionäre auf Einhalt der Bindung der Verwaltungsorgane an Gesetz und Satzung hinaus. Vergegenwärtigt man sich jedoch, daß der Bundesgerichtshof in einem ersten gedanklichen Schritt aufgrund einer WesentIichkeitsüberlegung zur Annahme einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz gelangt ist, dann besteht die Ver1etzung der Mitgliedschaftsrechte aber gerade in der durch die rechtswidrige Verletzung dieser Kompetenz mittelbar verursachten Verletzung der Mitwirkungsrechte des Aktionärs. 260 HierfUr spricht, daß der Bundesgerichtshofunmittelbar nach seinen Ausftlhrungen zum "verbandsrechtlichen Anspruch" auf Achtung seiner Mitgliedschaftsrechte anftlgt, dieser werde verletzt, "wenn der Vorstand die Hauptversammlung und damit auch die einzelnen Aktionäre bei einer Entscheidung von der nach der Sachlage gebotenen Mitwirkung ausschließt".26\ Dieser Wirkzusammenhang - Verletzung der Organkompetenz der Hauptversammlung und dadurch (!) Verletzung mitgliedschaftlicher Mitwirkungsrechte wird im Urteil an mehreren Stellen betont. 262 So ft1hrt der Bundesgerichtshof aus, daß die Aktionärsklage nicht in die Geschäftsfilhrungskompetenz des Vorstandes eingreife und damit die interne Zuständigkeitsordnung verletze, "denn es geht hier nicht um eine gewöhnliche, vom Vertretungsorgan allein zu verantwortende Geschäftsftlhrungsmaßnahme, sondern um den Vorwurf, der VorWellkamp, DZWir 1994, 221 (225). Wellkamp, DZWir 1994,221 (225); Grunewald, DB 1981,407 (408 f.), die allerdings eine Beschränkung der Klagen auf evidente Fälle der Verletzung des Gesellschaftsvertrages annimmt. 260 s. BGH, Urt. v. 28.11.1988 -11 ZR 57/88 - (Opel- 3. Instanz), in: BGHZ 106, 54 (64); LG Düsseldorf, Beschl. V. 14.12.1999 - 100495/99 Q -, in: AG 2000, 233 (234); Brandes, WM 1984,289 (294). 261 BGH, Urt. v. 25.2.1982 -11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (133). 262 s. BGH, Urt. v. 25.2.1982 -11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 ff. (134 f., insb. 135): "Die Klagebefugnis beruht vielmehr darauf, daß er [der Aktionär, Erg. d. Verf.], wie hier, geltend macht, durch eine unzulässige Ausschaltung der Hauptversammlung in seiner eigenen Mitgliedsstellung betroffen zu sein." 258
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stand habe die Aktionäre bei einer von ihnen intern mit zu entscheidenden [!] Angelegenheit übergangen".263 Es könne "schwerlich von einer Störung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung gesprochen werden, wo die Klage eines Aktionärs gerade den Zweck haben soll, diese vom Vorstand verletzte Ordnung zu erhalten oder wiederherzustellen und damit zugleich eigene Rechte zu wahren,,264. Bei diesen Ausftlhrungen verweist der Bundesgerichtshof u. a. auf die Ausftlhrungen Knobbe-Keuks, die eben an dieser Stelle ein Klagerecht auf gesetz- und satzungsmäßige Betätigung zwar anerkennt, dieses aber nicht "wegen jedweder gesetzwidriger Maßnahme des Vorstands", sondern insbesondere bei Eingriffen in die Zuständigkeit der Hauptversammlung gewähren Will. 265 Vor diesem Hintergrund spricht vieles fUr die Annahme, daß der Bundesgerichtshof im Holzmüller-Urteil einen allgemeinen Anspruch auf gesetz- und satzungskonformes Verhalten der Gesellschaft und ihrer Organe nicht begründen wollte. 266 Dies wird auch von den Vertretern einer verbandsrechtlich-mitgliedschaftsrechtlich begründeten Abwehrklage aus dem Schrifttum so gesehen267 . So fUhren Zöllner und Saenger aus, daß, wenn der Bundesgerichtshof von einer Verletzung des Mitgliedschaftsrechts der Aktionäre spreche, nur auf den jeweiligen Teilaspekt der Mitgliedschaft abgestellt werden dürfe. 268 Ein solcher sei das Recht auf Entscheidungsteilhabe.269 Zu dessen Verletzung komme es jedoch nicht schon dann, wenn der Vorstand oder GeschäftsfUhrer seine Zuständigkeiten überschreite, sondern erst, wenn er in die ausschließliche Zuständigkeit des Gesellschafterorgans eingreife. 270 Auch Karsten Schmidt nimmt fUr die von ihm vertretene "actio negatoria" zwar an, daß Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen den Modellfall der Abwehrklage darstellten;271 aufgrund des Abwehrrechts sei es dem einzelnen Verbandsmitglied aber nicht gestattet, gegen jede im Verband unterlaufene Rechtswidrigkeit vorzugehen. Ein Abwehrrecht sei vielmehr nur insofern zu bejahen, als die rechtswidrige Handlung dem Verband zurechenbar
BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80-, in: BGHZ 83,122 (134). BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: BGHZ 83, 122 (134 f.). 265 Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 251 f. 266 Zöllner, ZGR 1988,392 (422 ff.); Saenger, GmbHR 1997, 112 (120); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 (S. 651); 267 Zöllner, ZGR 1988, 392 (422 ff.); Saenger, GmbHR 1997, 112 (120); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 (S. 651); 268 Zöllner, ZGR 1988, 392 (424). 269 Zöllner, ZGR 1988, 392 (424) im Anschluß an Hommelhoff, Die Konzemleitungspflicht, 1982, S. 459 ff. (S. 468f). 270 Zöllner, ZGR 1988, 392 (422, 424); Saenger, GmbHR 1997, 112 (120). 271 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 2 (S. 648). 263
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sei und zu einer subjektiv-rechtlichen Betroffenheit des Mitglieds fiihre 272 • Ein solcher Fall liege bei Kompetenzübergriffen vor. 273 Auch im übrigen Schrifttum wird betont, daß es in diesen Streitkonstellationen um den Schutz der Individualinteressen bzw. der Individualsphäre gehe. 274 Besonders deutlich wird dies bei Brondics, der im Ergebnis allerdings eine Abwehrklage wegen der strengen aktiengesellschaftsinternen Kompetenzverteilung ablehnt. 275 Brondics sieht in der Mitgliedschaft, insbesondere in den Mitwirkungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten, die Vermögensinteressen des Einzelnen mit dem wirtschaftlichen Schicksal der Gesellschaft verknüpft,276 da in der Mitgliedschaft der Anteil am Gesellschaftsvermögen vergegenständlicht sei. 277 Schon aufgrund dieser Nähe zum Rechtsinstitut des Eigentums solle die Mitgliedschaft deshalb auch im Innenverhältnis als subjektives Recht qualifiziert werden. 278 Hierbei bezieht Brondics sich auch auf die bekannten Ausfiihrungen von von Gierke 279 • Außerdem verweist er aufverfassungsrechtliche Argumente: Indem der Einzelne einer Gesellschaft beitrete, unterwerfe er sich dem Mehrheitswillen und der Organisationsstruktur des Verbandes. Ebenso wie im Verhältnis Staat - Bürger könne die Verwaltung der Gesellschaft den Mehrheitswillen aber nicht grenzenlos ausüben, sondern habe Einschränkungen hinzunehmen, die sich aus der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums nach Art. 14 GG und dem innergesellschaftlichen Demokratiegebot ergeben. 280 Ausdrücklich stellt er fest, daß hierüber ein individueller Schutzanspruch des Mitglieds gegenüber gesellschaftsinternen Maßnahmen begründet werde. 281
d) Integrative Lösungsmodelle durch Einbeziehung von Organ- und Mitgliederklagen Im Unterschied zu den bisherigen Lösungsansätzen, die eine spezifische Begründung der Abwehrklage als einer Aktionärsklage versucht haben, ist den folK. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V I (S. 647 f.). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 (S. 651). 274 Brondics, Aktionärsklage, S. 81 ff.; vgl. auch Raiser, ZHR 153 (1989), I (11), der die die Quelle der Aktionärsklage allerdings in den wechselseitigen Bindungen der Gesellschafter sieht. 275 Brondics, Aktionärsklage, S. 106. 276 Brondics, Aktionärsklage, S. 82. 277 Brondics, Aktionärsklage, S. 81. 278 Brondics, Aktionärsklage, S. 82; vgl. auch Raab; Rechtsschutz des Betriebsrats, S. 135 f. 279 von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 253, 637 f.; s. oben § 4 11. 2. c) bb). 280 Brondics, Aktionärsklage, S. 90 - 93. 281 Brondics, Aktionärsklage, S. 93. 272
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genden Modellen gemeinsam, daß sie ausdrücklich versuchen, den Innenrechtsstreit in einer Gesamtkonzeption zu. erfassen, d. h. einen Lösungs- und BegrUndungsansatz anstreben, Ober den sowohl der Organstreit als auch die Mitgliederklage zu einer überzeugenden Rechtsschutzkonzeption gefllhrt werden können. 282 Häsemeyer will sich dem Problem internen Rechtsschutzes283 über eine prozeßrechtlich orientierte Analyse nähern 284 und befllrwortet eine prozeßstandschaftliche Lösung. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist, daß nach der Parteilehre die ParteisteIlung nicht allein auf die Person des ProzeßfIlhrenden bezogen werden dürfe, sondern das umstrittene Recht und das Vermögen mit einschließen müsse. 28S Auch wenn vielfach eine Verselbständigung der internen Befugnisse im Wege der Gewaltenteilung angenommenen werde, seien die internen Befugnisse den Funktionsträgern weder zu eigenem Recht und Vermögen noch zu eigener Verbindlichkeit und Haftung zugewiesen;286 organschaftliche und mitgliedschaftliche Befugnisse wurzelten vielmehr in dem der juristischen Person zugeordneten Vermögen. Organe und Mitglieder stritten insofern als "Funktionsträger im Interesse der Gesellschaft".287 Von (echten) Mitgliedschaftsrechten könne deshalb nur gesprochen werden, wenn sie - wie der Anspruch auf die beschlossene Dividende - dem eigenen Vermögen gegenüber dem Vermögen der Gesellschaft zugewiesen seien. 288 Hiervon mUßten die fremdnützigen mitgliedschaftlichen Befugnisse unterschieden werden. Gesellschaftsinterne Klagen zum Schutz [fremdnütziger, Anm. d. Verf.] organschaftlicher und mitgliedschaftlicher Befugnisse seien allenfalls unter denselben engen Voraussetzungen zulässig, die fUr den Rechtsstreit über fremde Rechte bestUnden. 289 Da bei der Geltendmachung von mitgliedschaftlichen Rechten - ebenso wie bei der ProzeßfUhrungsbefugnis über fremdes Vermögen - unterschiedliche Interessen zusammenflössen, nämlich das eigennützige Interesse der Aktionäre 282 s. Rehbinder, ZGR 1983, 92 (106); Westermann, ZGR 1984, 352 (378); Landrock, Innenrechtsstreitigkeiten, S. 3 ff.; 73 ff. 169 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Plugradt, Leistungsklagen, 3 ff., 63 f. u. S. 156 f.; vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S. 633 ff.; a. A.: Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Bork, ZGR 1989, I (3 f.); Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311 Fn 204); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2 d) (S. 430); K. Schmidt, ZZP 92 (1997), 212 (216 Fn 17); Raiser, AG 1989,185 (186 f.); Habersack, Mitgliedschaft, S. 190; Hauswirth, Organstreitigkeiten, S. 5 u. 29. 283 Unter internem Rechtsschutz behandelt Häsemeyer sowohl die Konstellationen der Gesellschafter- als auch der Organklage; s. hierzu unten § 8 11. 284 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (266 f.); s. auch Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140 ff., insb. 160 f. 285 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (268). 286 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269). 287 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269). 288 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (270). 289 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (273).
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mit dem Interesse der Aktiengesellschaft an gesetz- und satzungsmäßiger Betätigung, könne auf das Institut der Prozeßstandschaft zurUckgegriffen werden. 290 Das filr die Prozeßftlhrung erforderliche Kompetenzschutzinteresse erwachse aus dem eigenen Anteil am Gesellschaftsvermögen und sei stets indiziert, wenn eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Kompetenz im Zusammenhang mit Maßnahmen stehe, die das Gesellschaftsvermögen beträfen. 29I Der Lösungsansatz von Ptlugradt fUhrt demgegenüber zu einer Erweiterung der Aktionärsrechte im Wege einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung. Zur dogmatischen Begründung von Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Organverhaltens des Vorstands einer Aktiengesellschaft zieht er das objektive Recht als materiell-rechtliche Grundlage herangezogen. 292 Er gründet die Leistungsklage auf eine selbständige ProzeßfUhrungsbefugnis, die zu einem Rechtsstreit über objektives Recht ermächtige. Anknüpfungspunkt ist dabei fUr Ptlugradt die aktienrechtliche Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung gern. §§ 241 ff. AktG. 293 Da nach diesen Normen sowohl der Vorstand als auch der Aktionär Anfechtungsklagen erheben können, stelle die Anfechtungsklage fUr den Bereich der Hauptversammlungsbeschlüsse ein integriertes Klagekonzept von Organstreit und Aktionärsklage dar. 294 Dabei vertritt Ptlugradt entgegen der h. M., daß die materiell-rechtliche Grundlage der Anfechtungsklage ausschließlich das objektive Recht sei 295 und überträgt diese Wertung im Wege der Rechtsfortbildung auf den internen Rechtsstreit der Aktionärsklage. Auch hier gelte, daß den innerorganisatorischen Gegebenheiten ausschließlich eine objektiv-rechtlich fundierte, unabhängig von individuellen Rechts- oder Interessenbeeinträchtigungen zu erhebende Leistungsklage gerecht werde. 296 Die selbständige ProzeßfUhrungsbefugnis der Aktionäre leitet Ptlugradt dabei im Wege einer Rechtsanalogie zu den §§ 98 Abs. 2 Nr. 3, 245 Abs. 1 Nr. 1-3, 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4 und 318 Abs. 4 AktG als prozessuales Mitgliedschaftsrecht ab. 297 Zwar obliege die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Vorstandsverhaltens grundsätzlich dem Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 1 AktG), eine konkurrierende Klagebefugnis der einzelnen Aktionäre sei im Hinblick auf § 245 AktG jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen. 298 Der Aktionär könne "die Funktion eines Ersatz- oder Notorgans i. w. S. Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (275 iT.). Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (282 ff.). 292 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 28 f.; 103 if., 110 ff. 293 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 63 f. 294 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 64. 295 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 65 ff. m.w.N.; s. hierzu ausfllhrlich unten § 7 11. I. 296 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 109 f. 297 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 138, 143. 298 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 136. 290 291
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ausüben, das im Hinblick auf die abstrakte Gefahr eines Ausfalls des an sich zuständigen Organs neben dieses gestellt wird, um ausnahmsweise bestimmte Aufgaben dieses Organs gleichberechtigt wahrnehmen zu können.,,299 Nach seiner Konstruktion klagten die Aktionäre in diesem Fall "wie ein Gesellschaftsorgan" analog § 245 Nr.5 AktG 3°O und nähmen ein Ersatzaufsichtsrecht war. 301 Diese Klagebefugnisse der Aktionäre lägen mithin "auf der Schwelle zwischen Innen- und Außenrecht", wobei es sich um ,Janusköpfige Befugnisse" handele, die "zu semi-organschaftlichen Klagen" filhrten. 302 Auch Landrock orientiert sich bei dem von ihr vorgeschlagenen Lösungsweg für Innenrechtsstreitigkeiten an den aktienrechtlichen Klagetypen der Anfechtungs- und der Nichtigkeitsklage. Mit der Anfechtungsklage als Gestaltungsklage habe der Gesetzgeber ein "prozessuales Sonderinstrumentarium" geschaffen, welches den Eigenheiten des verbandsintemen Streits in besonderem Maße Rechnung trage. 303 Denn bei der Anfechtungsklage werde eine "Inkongruenz zwischen der materiellen und der prozessualen Streitkonstellation" erkennbar, die darin bestehe, daß die Anfechtungsklage des Aktionärs zwar formell als gewöhnlicher kontradiktorischer Zweiparteienstreit konzipiert sei, unter materiellen Gesichtspunkten aber eigentlich ein multipolarer Innenrechtsstreit vorliege, bei dem um die korporative Willensbildung gestritten werde. 304 Auch die Nichtigkeitsklage sei entgegen der herrschenden Meinung als eine "QuasiGestaltungsklage" zu verstehen. 305 Dieser Typus der (Quasi-)Gestaltungsklage sei nach der Entstehungsgeschichte prinzipiell der richtige Klagetyp für den Innenrechtsstreit und setze einen Organbeschluß als Streitobjekt voraus. 306 Dabei kommt Landrock in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, daß die Beschlußklagebefugnis des Aktionärs nicht auf einem subjektiven privaten (Quasi-)Gestaltungsrecht beruhe, weil das außenrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis des Klagebe fugten nur sekundär und retlexartig betroffen werde, vielmehr gehe es primär um das konkrete innenrechtsbezogene Interesse der streitbetroffenen Aktiengesellschaft an der Ordnungsgemäßheit ihrer eigenen Willensbildung. 307 Die Beschlußklagebefugnis des Klägers ließe sich deshalb am besten über das Rechtsinstitut der Prozeßfiihrungsbefugnis erklären, bei der der Klagebefugte
Pflugradt, Pflugradt, 301 Pflugradt, 302 Pflugradt, 303 Landrock, 304 Landrock, 305 Landrock, 306 Landrock, 307 Landrock, 299
300
Leistungsklagen, S. 137. Leistungsklagen, S. 137, 143. Leistungsklagen, S. 138. Leistungsklagen, S. 143. Innnenrechtsstreit, S. 169 f., 174. Innnenrechtsstreit, S. 170. Innnenrechtsstreit, S. I 74 tT., 182. Innnenrechtsstreit, S. 191. Innnenrechtsstreit, S. 215 ff.
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im eigenen Namen rur das materielle, innenrechtsbezogene Eigeninteresse der Aktiengesellschaft streite. 308
3. Zusammenfassung
Die Darstellung des Streitstandes im Zivilrecht zeigt, daß - obwohl das Verhältnis des privaten Verbandes zu seinen Mitgliedern als ein Innenverhältnis bezeichnet wird - in der wissenschaftlichen Diskussion um die Gesellschafterklagen und Organstreitigkeiten große Schwierigkeiten bestehen, eine Abgrenzung von Mitgliederklage und Organ streit zu finden. Wenn man versucht, der Auseinandersetzung Kriterien filr die Unterscheidung von Innen- und Außenrechtssphäre beim Mitglied zu entnehmen und rur die Diskussion im öffentlichen Recht fruchtbar zu machen, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Terminologie in beiden Rechtsbereichen unterschiedlich ist. Im öffentlichen Recht wird teils begrifflich zwischen Innen- und Außenrechtsraum unterschieden, teils wird die Abgrenzung auch über die Gegenüberstellung der Geltungsbereiche der Grundrechte bzw. der subjektiv-öffentlichen Rechte auf der einen Seite und der Mitwirkungsrechte bzw. innerorganisatorischen Wahrnehmungskompetenzen auf der anderen Seite vorgenommen. Es wird zwischen Individualrechtsschutz und Organstreit, zwischen grundrechtlichfundierter (gegen den Verband zu richtender) und mitgliedschaftsrechtlichfundierter (im Wege des Organstreits zu verfolgender) Abwehrklage unterschieden. In der zivilrechtlichen Diskussion fmden die Begriffe des Innen- und Außenrechtsraums dagegen kaum Verwendung, und bei der Abwehrklage wird nicht - wie im öffentlichen Recht - zwischen grundrechtlicher und mitgliedschaftsrechtlicher Begründung differenziert, sondern zwischen mitgliedschaftlicher und organschaftlicher Klage. Während mit dem Begriff der mitgliedschaftlichen Klage im öffentlichen Recht gekennzeichnet werden soll, daß im Innenbereich eines Verbandes um Mitwirkungsrechte bzw. innerorganisatorische Wahrnehmungskompetenzen im Wege der Organklage gestritten wird, bezeichnet dieser Begriff im Zivilrecht gerade den Gegensatz zum Organstreit. Soweit der Begriff der mitgliedschaftsrechtlichen Klage verwendet wird, soll deshalb im folgenden keines dieser Spezialverständnisse gemeint sein, sondern hierdurch schlicht, d. h. ohne Qualifizierung als innen- oder außenrechtlich, eine Klage bezeichnet werden, die von einem Mitglied erhoben wird. Soweit man diese terminologischen Differenzen in der Diskussion im öffentlichen und im Zivilrecht außen vor läßt, kann an dieser Stelle jedoch schon zusammenfassend folgendes Fazit gezogen werden: Auch im Zivilrecht geht es ebenso wie im öffentlichen Recht - um die Gegenüberstellung von Individual308
Landrock, Innnenrechtsstreit, S. 219 t1, 222.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
rechtsschutz auf der einen und Organstreitigkeiten auf der anderen Seite, wobei die Argumente, die filr die Zuordnung der mitgliedschaftlichen Befugnisse zu der einen oder zu der anderen Seite sprechen, im weiten Umfang denen in der öffentlich-rechtlichen Diskussion ähneln. Hier wie dort ist zunächst umstritten, ob die "Zusammenfassung der Mitglieder", also die Aktivbürgerschaft auf der einen bzw. die Hauptversammlung der Aktionäre auf der anderen Seite, welche als Mitglieder- bzw. Trägerorgan bezeichnet wird,309 tatsächlich Organqualität besitzt und Streitigkeiten um deren Kompetenzen Organstreitigkeiten darstellen. 3IO In beiden Diskussionen wird hiergegen angefilhrt, daß es an der erforderlichen organisatorischen Verfestigung und inneren Struktur fehle 311 und nicht erkennbar sei, durch welche - entsprechend legitimierte - Person dieses Organ in einem Organstreit vertreten werden sollte. 312 Fraglich ist in beiden Fällen, ob allein aufgrund der innerorganisatorischen Wirkung von Beschlüssen der Aktivbürgerschaft im Rahmen von Bürgerbegehren oder der Aktionäre im Rahmen der Hauptversammlung auf eine Organqualität geschlossen werden kann 313 oder ob weitergehende organisatorische Voraussetzungen hierfilr erforderlich sind.
309 WolfflBachoJ, Verwaltungsrecht 11, § 71 III bl (S. 7). 310 Gegen den Organcharakter der Hauptversammlung Bauer, Organklagen, S. 103
(Fn 85); Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 91; Bork, ZGR 1989, 1 (3 f.); des Bürgerbegehrens: OVG Greifswald, Beschl. v. 24.7.1996 - 1 M 43/46 -, in: NVwZ 1997,306 (307); VGH Kassel, Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, in: ESVGH 50, 116; VG Köln, Urt. v. 3.9.1999 - 4 K 2849/97 -, in: NWVBl. 2000, 269; Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 67 ff.; Seckler, BayVBl. 1997, 232 (234); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116; Wehr, BayVBl. 1996,549 (553); Heimlich, D6v 1999, 1029 (1031). - Entsprechendes wird auch fllr die Studentenschaft von Zimmerling, Organstreitigkeiten, S. 194, vertreten, der ausfllhrt, gegen einen Organcharakter der Studentenschaft spreche, daß anderenfalls das Organ Studentenschaft stets mit unmittelbarer Wirkung fllr die Hochschule handeln würde. 311 So rur das Bürgerbegehren: Seckler, BayVBl. 1997, 232 (234); Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116; vgl. auch Spies, Bürgerversammlung, S. 234; allgemein rur die Aktivbürgerschaf1:: Bethge, HkWP 11, S. 191; rur das Volksbegehren auf Landesebene: Grawert, NWVBl. 1987,2 (6); rur die Hauptversammlung: Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92. 312 Für das Bürgerbegehren: Seckler, BayVBl. 1997,232 (234); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; rur die Hauptversammlung: Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92. 313 So rur zu Bürgerbegehren und BUrgerentscheid: VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 4 K 1363/97 -, in: SächsVBl. 1998, 90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556; Burkhardt, Die rechtliche Ordnung, S. 180; vgl. auch Ritgen. Bürgerbegehren, S. 118; a. A. VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - 1 A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); Spies, Bürgerversammlung, S. 234 f.; Wehr, BayVBl. 1996, 549 (553); Schliesky, DVBl. 1998, 169 (171); Heimlich, D6v 1999, 1029 (1031); rur die Hauptversammlung: verneinend Bauer, Organklagen, S. 103 (Fn 85); Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 91; Bork, ZGR 1989, 1 (3 f.); ein integrierendes Klagemodell fordern hingegen: Rehbinder, ZGR 1983,92 (106); Westermann, ZGR 1984,352 (378); Landrock, Innenrechtsstreitigkeiten, S.3 ff.; 73 ff. 169 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980),
§ 4 Die Mitglieder
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Zum anderen besteht keine Einigkeit darUber, ob im Rahmen von BUrgerbegehren bzw. Hauptversammlung nur eine BUndelung der Einzelwillen der Mitglieder erfolgt314 und die Mitglieder ihr Wahl- und Stimmrecht nicht als Organ, sondern als eigenständige Personen jeder ftlr sich zur Verwirklichung eigener subjektiver Rechte und individueller Interessen,315 d. h. als Individualrechte ausüben. 316 Diese doppelte Funktion mitgliedschaftlicher Befugnisse, zugleich den Individual- als auch den Verbands interessen zu dienen, wird auch bei der Begründung der Abwehrklage im öffentlichen und im Zivilrecht deutlich.
111. Stellungnahme Der Vergleich der wissenschaftlichen Diskussionen im öffentlichen und im Zivilrecht hat gezeigt, daß die Abgrenzung zwischen Innenrechts- und Außenrechtsstreit bei den Mitgliedern klassischerweise als Abgrenzung zwischen Individualrechtsschutz und Organstreitigkeit verstanden wird. Dabei kann eine Abgrenzung entweder über den Begriff des Organstreits und damit den Organbegriff erfolgen, oder aber es wird eine Qualifikation der auszuübenden Mitgliedschaftsrechte vorgenommen. Bei letzterem Vorgehen spielt die Frage, weIchen Interessen die Mitgliedschaftsrechte dienen, eine zentrale Rolle. Diese verschiedenen Abgrenzungsstrategien sollen in einem ersten Schritt erläutert werden. Insbesondere wird hierbei untersucht, ob sich der wissenschaftlichen
265 ff.; Plugradt, Leistungsklagen, 3 ff., 63 f. u. S. 156 f; vgl. auch Teichmann, in: FS Mühl, S. 633 ff. 314 So rur das Bürgerbegehren: Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); ähnlich auch Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 148; so auch rur das Volksbegehren auf Landesebene: Grawert, NWVBI. 1987,2 (4); rur die Hauptversammlung: Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 91; Bork, ZGR 1989, 1 (3 f.); Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 24. 315 Für das Bürgerbegehren: Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116, 118, 253; Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170 f.); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1031); auf den Vergleich mit dem kommunalen Wahlrecht verweisen von Danwitz, DVBI. 1996, 134 (141); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); rur die Hauptversammlung: Pflugradt, Leistungsklage, S.35, Habersack, Mitgliedschaft, S. 192; Bork, ZGR 1989, 1 (4); Schulz-Gardyan, Akionärsklage, S. 91; vgl. auch Schneider, in: FS Fischer, S. 735. 316 Für das Bürgerbegehren: Wehr, BayVBI. 1996, 549 (553); VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 -1 A 75/94 -, in: LKV 1996,74 (75); von Danwitz, DVBI. 1996, 134 (141); Ritgen, Bürgerbegehren, S. 118; Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); Spies, Bürgerversammlung, S. 235; rur das Volksbegehren auf Landesebene: Grawert, NWVBI. 1987, 2 (4); vergleichbar rur den Hochschulbereich: Ewald, WissR 4 (1971), 269 (274), der einen Hochschulverfassungsstreit bei einer in der Eigenschaft als Universitätsmitglied erhobenen Klage verneint; rur die Hauptversammlung: Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92; Bork, ZGR 1989, 1 (4); Pflugradt, Leistungsklage, S.35; Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Habersack, Mitgliedschaft, S. 193 f; Bork, ZGR 1989, 1 (3).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Behandlung von Organstreitigkeiten auf Bundes- oder Landesebene entnehmen läßt, welches der Kriterien maßgeblich ist (nachfolgend 1.). In einem zweiten Schritt ist die Rechtsstellung der Mitglieder in zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Verbänden zu untersuchen (unten 2.), um abschließend festzustellen, ob durch die aufgezeigten Kriterien eine klare und sinnvolle Abgrenzung von Innen- und Außenrechtsstreit bei Mitgliedern möglich wird (unten 3.).
J. Die Abgrenzungsstrategien: Organbegriff oder Interessenschutz
Von welchem Organbegriff beim aktienrechtlichen oder kommunalrechtlichen Organstreit auszugehen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Eine vergleichbare Fragestellung wird beim Organstreitverfahren auf Verfassungsebene und auf Landesebene diskutiert, weshalb Rechtsprechung und Literatur hierzu herangezogen werden sollen.
a) Die Rechtslage bei Organstreitverfahren auf Bundes- und Landesverfassungsebene Obwohl in der staatsrechtlichen Literatur und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das "Volk" - genauer gesprochen: die Aktivbürgerschafe 17 - nahezu einmütig als "geborenes Staatsorgan,,318 oder auch als "höchstes Staatsorgan" der Bundesrepublik bezeichnet wird, besteht filr den verfassungsgerichtlichen Organstreit inzwischen weitgehende Einigkeit, daß das Organ Aktivbürgerschaft weder als Ganzes noch in Gestalt einzelner Bürger auch soweit Staatsgewalt, beispielsweise in Wahlen und Abstimmungen (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) ausgeübt wird - flihig ist, organschaftliche Rechte als Beteiligter im Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. I GG, §§ 13 Nr. 6, 63 ff. BVerfGG geltend zu machen: 319 Das Bundesverfassungsgericht hat in einer ersten Entscheidung aus dem Jahre 1961 zu dieser Frage Stellung genommen. In dem Verfahren, in dem es um Herzog, in: Maunz-DUrig, GG, Art. 20 11 Rn 52. Herzog, in: Maunz-DUrig, GG, Art. 20 11 Rn 52; Schmitt Glaeser, in: HbdSR 11, § 31 Rn 25 "Verfassungs- oder Kreationsorgan" . 319 Vgl. BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (81 f., 84 f, 95 f.), BVerjG, Beschl. v. 1.8.1978 - 2 BvR 123/76 -, in: BVerfGE 4915 (24); BVerjG, Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1,2/82,2 BvR 233/82 -, in: BVerfGE 60, 175 (200 f); Maunz/Schmidt-BleibtreuiKlein, BVerfGG, § 63 Rn 8; Clemens, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, §§ 63,64 Rn 128 m. Verweis auf die Entstehungsgeschichte des Organstreitverfahrens; Clemens, in: FS Zeidler, S. 1276 f.; Ritgen, BUrgerbegehren, S. 116; Pietzcker, in: FS BVerfG, S. 593 f.; a. A. Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 7 Rn 12; Goessl, Organstreitigkeiten, S. 131 ff.; Freund, Innenrecht, S. 133 ff. 317 318
§ 4 Die Mitglieder
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ein Volksbegehren zur Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 a. F. GG ging, wurde von den Antragstellern vorgetragen, das Gebietsvolk sei ein ursprüngliches, nicht formiertes Verfassungsorgan des Bundes und stünde deshalb mit der Bundesregierung nach Art. 29 Abs. 2, 3 GG in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis. 320 Die Bundesregierung als Antragsgegner bestritt demgegenüber, daß der einzelne Bürger Partei in einem Organstreit sein könne; rur die Verteidigung des wichtigsten "individuellen Organschaftsrechts" sei vielmehr - dies ergebe sich aus Art. 38 GG und § 90 Abs. I BVerfGG - die Verfassungsbeschwerde als Individualrechtsschutzmittel vorgesehen. 32I Verfassungsbeschwerde und Organklage schlössen sich aber gegenseitig aus. 322 Das Bundesverfassungsgericht hat sich letzterer Auffassung angeschlossen, indem es weder das Volk noch Teile desselben oder den einzelnen Staatsbürger als im Organstreit filr parteiflihig hielt. 323 Die Formulierung und Entstehungsgeschichte des Art. 93 Abs. I Nr. 1 GG lasse erkennen, daß der Kreis der Beteiligten im Verfassungsprozeß möglichst eingeschränkt werden solle. 324 Die Aktivbürgerschaft sei zwar Verfassungsorgan, weil "das Volk" nach Art. 20 Abs.2 Satz 2 GG Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen ausübe; sie sei aber keine organisierte handlungsflihige Einheit, die Partei eines Organstreites sein könne. 325 Wenn das Bundesvolk als "oberstes Bundesorgan" bezeichnet werde, so geschehe dies in einem anderen Sinn als bei den "obersten Bundesorganen", die Art. 93 Abs. I Nr. 1 GG meine. 326 Denn beim Bundesvolk handele es sich nicht um eine formierte,327 stets präsente handlungsflihige Einheit, auf die der Begriff des Organs hier beschränkt sei, denn nur zwischen solchen Organen könne ein geordnetes gegenseitiges Rechte- und Ptlichtenverhältnis bestehen. 328 Das "Volk" selbst könne deshalb nicht als Partei vor dem Bundesverfassungsgericht erscheinen, sonst hätte durch das Grundgesetz oder das Bundesverfassungsge-
320
(66). 321
(71).
s. BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13, 54 s. BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13, 54
322 s. BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58,2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (71); so auch zur Klage eines Abgeordneten BVerjG, Beschl. v. 14.12.1976 - 2 BvR 802175 -, in: DVBI. 1977, 613 (614); Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein, BVerfDG, § 64 Rn 30; a. A. Strunk, DVBI. 1977, 615 (617) aus dem Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" oder aus einer weitergehenden Reichweite der Entscheidung könne eine Vorrangigkeit des Organstreitverfahrens nicht abgeleitet werden. 323 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (95). 324 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (95). 325 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE I/59 -, in: BVerfDE 13,54 (95). 326 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (85). 327 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (84). 328 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (85). 11 Diemert
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
richtsgesetz ein Vertreter bestellt werden müssen. 329 Auch der einzelne Staatsbürger könne Rechte des Volkes nicht im Wege der Prozeßstandschaft nach § 64 BVerfGG geltend machen, da eine Prozeßstandschaft nach § 64 BVerfGG nur bei Teilen eines an sich parteiflihigen Organs in Betracht komme. 330 Schließlich sei der einzelne Aktivbürger kein sonstiger "Beteiligter", der durch das Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sei, denn sonstige Beteiligte könnten nur Inhaber von Staatsgewalt sein, die nach Rang und Funktion den obersten Bundesorganen gleichstünden, insbesondere Rechte aus dem Verfassungsorganrechtskreis besäßen. 331 "Rechte des Volkes" würden deshalb nur in den subjektiven öffentlichen Rechten des aktiven Status des Bürgers greifbar, zu deren Schutz gerade die Verfassungsbeschwerde bestimmt sei. 332 Auch spätere Entscheidungen bestätigen diese Rechtsprechung. 333 Das Bundesverfassungsgericht anerkennt zwar, daß die Mitwirkungsrechte der Bürger eine kompetenzrechtliche Dimension hätten, betont aber, daß es unter Rechtsschutzaspekten allein darauf ankomme, daß diese subjektiv-öffentlichen Charakter hätten und damit allein die Verfassungsbeschwerde einschlägig sei. 334 Das aus dem Verfassungsrecht herzuleitende Mitwirkungsrecht hebt den Bürger nach dieser Auffassung noch nicht in den Kreis der Verfassungsorgane und der am Verfassungsleben beteiligten Stellen. 33S Damit erteilt das Bundesverfassungsgericht der früher verstärkt und auch heute noch vertretenen Auffassung eine Absage, nach der der einzelne Bürger die Verletzung seiner Wahlrechte aus Art. 38 Abs. 1 GG im Wege des Organstreits geltend machen können müsse, da er insofern nicht in einem - grundrechtlich geschützten - Subjektionsverhältnis zum Staat stehe, sondern sich als Teil des Verfassungsorgans Volk in einer koordinierten Rechtsbeziehung zu den formierten Staatsorganen befinde. 336 Schon der Staatsgerichtshof fUr das
329 330 331
(95 f.)
BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (85). BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (95). BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13, 54
BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13, 54 (85). s. BVerjG, Besehl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1,2/82,2 BvR 233/82 -, in: BVerfGE 60, 175 (201 f.) zum hessischen Volksbegehren "Keine Startbahn West"; BVerjG, Beschl. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (239 f.) zum bayerisehen Volksbegehren "Das bessere Müllkonzept e. V.". 334 BVerjG, Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1, 2/82, 2 BvR 233/82 -, in: BVerfGE 60, 175 (201 f.); BVerjG, Beschl. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (239 f.); so aueh Herrmann, LKV 2000, \04 (105) anläßlich des Volksbegehrens "Schluß mit der Rechtschreibreform". 335 Herrmann, LKV 2000, \04 (105). 336 Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 7 Rn 12; Goessl, Organstreitigkeiten, S.130 ff. - Auch Preuß, DVBI. 1985, 7\0 (712) bezeichnet diese Aufassung als "durchaus erwägenswert". 332
333
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Deutsche Reich hielt den Bürger filr parteiflthig, sofern es um Abstimmungen und Wahlen ging. 337 Art. 19 Abs. 1 RVerf 1919 machte zwar klar, daß nur ein Streitbeteiligter das Verfahren einleiten konnte, ließ aber offen, wer Streitbeteiligter sein konnte und was "Verfassungsstreitigkeiten" der Sache nach waren. Der Staatsgerichtshof und die überwiegende Lehre rechneten zu ihnen auch die politischen Parteien und - im status activus - auch den Bürger. 338 Mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in dieser Sache ist aber nicht endgültig geklärt, ob nicht der Bruchteil des Volkes, der einen Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens stellt, als solcher eine verfassungsrechtliche Organstellung innehat. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum hessischen Volksbegehren "Keine Startbahn West" läßt die prozessuale Organstellung der durch die Vertrauensleute vertretenen Antragsteller offen, da der Antrag aus anderen Gründen unzulässig war. 339 Auch die neuere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum bayerischen Volksbegehren "Das bessere Müllkonzept e. V." beantwortet diese Frage nicht. 340 Schließlich findet sich in der Entscheidung zu Art. 29 a. F. GG eine Passage, in der nicht auf den engen Organbegriff abgestellt wird, sondern das Bundesverfassungsgericht ausftlhrt, daß die Heimatbünde als Antragsteller rur die Zulassung des Volksbegehrens nach Art. 29 Abs.2 a. F. GG "Beteiligte des Verfassungsrechtskreises [wären], wenn sie durch ihre Initiative in einen Willensbildungsprozeß des Bundes eingeschaltet wären,,34\. Auf die damit aufgeworfene Frage kam es abschließend jedoch nicht an, da Art. 29 Abs. 2, 3 der damaligen Fassung des Grundgesetzes vom Bundesverfassungsgericht nicht als Bestandteile eines echten Volksgesetzgebungsverfahrens angesehen wurden. 342 Vor diesem Hintergrund wird in Teilen der Literatur davon ausgegangen, daß - anders als der Aktivbürgerschaft im ganzen - zumindest jenem Teil, der sich zur Unterstützung eines Volksbegehrens zusammengefunden habe, regelmäßig Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 7 Rn 12 m. w. N. Vgl. Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 7 Rn I m. w. N. 339 So BVerjG, Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH I, 2/82, 2 BvR 233/82 -, in: BVerfDE 60, 175 (202), das auch nicht von Antragstellern, sondern von dem "das Initiativrecht zur Gesetzgebung ausübende Volk des Landes Hessen" spricht. - Auch die Einschätzung von Preuß, DVBI. 1985, 710 (712) geht dahin, daß die OrgansteIlung dieses Bruchteils des Volkes damit nicht abschließend beurteilt wurde. Vgl. auch VerjGH Ber/in, Urt. v. 2.6.1999 - VerfDH 31 A/99, 31/99 -, in: LKV 1999, 359 f., der die ParteisteIlung der Antragsteller nur vor Abschluß des Volksbegehrens verneinte; hierzu Herrmann, LKV 2000, 104 ff. 340 Ausdrücklich offen gelassen in: BVerjG, Beschl. v. 7.9.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfDE 96, 231 (240 f.); BVerjG, Beschl. v. 3.7.2000 - 2 BvK 3/98 -, in: DVBI. 2001, 188 (189). 34\ BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE I/59 -, in: BVerfDE 13,54 (87). 342 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13, 54 (87 f.); s. hierzu Preuß, DVBI. 1985, 710 (712). 337 338
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
eine Organstellung zugewiesen werden könne, weil durch die Vertrauensleute ein hinreichendes Maß an institutioneller Fonniertheit und körperschaftlicher Organisiertheit erreicht werde. 343 Auch in Teilen der Rechtsprechung findet diese Auffassung rur Volksbegehren neuerdings Unterstützung. So geht der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer neueren Entscheidung davon aus, daß im Volksgesetzgebungsverfahren die Staatsgewalt vom Volk unmittelbar, nämlich durch die an der Abstimmung teilnehmenden Staatsbürger, ausgeübt werde; diese würden dabei als "gesetzgebendes Staatsorgan" tätig. 344 Auch der Verwaltungsgerichtshof Kassel nimmt eine verfassungsrechtliche Streitigkeit an, wenn die Antragsteller "nicht als einzelne Bürger,sondern in ihrer Funktion als Teil des zur Abstimmung [ ... ] berufenen Volkes" stritten, "das infolge der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung seiner Mitwirkungsrechte insoweit als Verfassungsorgan tätig" werde. 345 Allerdings läßt der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich offen, ob aus dieser Einschätzung schon die Parteifähigkeit der Antragsteller im Organstreitverfahren folgt.346 Auch das Bundesverfassungsgericht äußert sich in der 1997er Entscheidung zum Volksbegehren "Das bessere Müllkonzept e. V." in die aufgezeigte Richtung. Zwar läßt es die Rechtsqualität der Antragsteller auf Zulassung des Volksbegehrens offen, es fUhrt aber aus, die Unterzeichner eines rechtsgültigen Volksbegehrens brächten mit diesem "nicht nur ihre politischen Individualrechte aus dem status activus zur Geltung", sondern "die von ihnen gebildete Gruppe [nähme] mit dem Gesetzesinitiativrecht eine Funktion im Verfassungsleben wahr". Verfassung und Landeswahlgesetz legten dabei "ein geordnetes gegenseitiges Rechte- und Ptlichtenverhältnis zwischen der Gruppe der Unterzeichner des rechtsgUltigen Volksbegehrens sowie den Verfassungsorganen Landtag und Staatsregierung fest',347. Das so ausgestaltete Gesetzesinitiativrecht der Gruppe der Unterzeichner des rechtsgUltigen Volksbegehrens unterscheide sich von den politischen Individualrechten jedes einzelnen zu dieser Gruppe gehörenden Aktivbürgers. Es berechtige die Gruppe als solche und beruhe auf einer Kompetenz, die das positive Recht zuordnet und inhaltlich begrenzt. Zugleich verleihe es der Gesamtheit der Träger des erfolgreichen Volksbegehrens eine Funktion
343 Vgl. Preuß, DVBI. 1985, 710 (711); s. auch Ritgen. Bürgerbegehren, S. 117; Freund, Innenrecht, S. 133 ff.; a.A. Grawert, NWVBI. 1987, 2 (6). 344 BayVerjGH, Entsch. v. 19.1.1994 - Vf. 89-III-92 und Vf. 92-III-92 -, in: BayVBI. 1994, 203 (205). - vgl. auch SachsAnhVerjGH, Urt. v. 29.8.2000 - LVG 1/00 -, in: LKV 2001, 29 (31), welches von"der organähnlichen Stellung des Volkes im Verhältnis zu den Verfassungsorganen" spricht und betont, daß das Volk unmittelbaren Einfluß teils auf das Gesetzgebungsorgan, teils auf die Gesetzgebung selbst hat und in diesem Umfang neben den Landtag oder an dessen Stelle tritt. 345 VGH Kassel, Beschl. v. 15.1.1991-11 N 62/91 -, in: NVwZ 1991,1098. 346 VGH Kassel, Beschl. v. 15.1.1991- 11 N 62/91 -, in: NVwZ 1991, 1098 (1099). 347 BVerjG, Beschl. v. 7.9.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (240 f.).
§ 4 Die Mitglieder
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im Verfassungsleben und beziehe sie insoweit in die Organisation des Staates ein. 348 Der Rechtsprechung zu vergleichbaren Streitkonstellationen auf Bundes- und Landesebene kann nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Abgrenzung zwischen Organstreit und Individualrechtsschutz entweder anhand des Organbegriffs oder über den bezweckten Interessenschutz vorzunehmen ist. Vielmehr verdeutlichen die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts, daß hier - ebenso wie in der aufgezeigten Diskussion im öffentlichen und im Zivilrecht - auf zwei unterschiedliche Weisen argumentiert wird. Eine Abgrenzung wird entweder formell über den Organbegriff (dazu nachfolgend b» oder über den bezweckten Interessenschutz (unten c» vorgenommen.
b) Abgrenzung anband eines formellen und apersonalen Organbegriffs Die verfassungsprozessuale OrgansteIlung im Sinne der Entscheidung aus dem Jahre 1961 wird eng verstanden. Hier stehen insbesondere die Anforderungen an Formierung und Institutionalisierung des Organs im Vordergrund, wodurch sog. Kreations- oder Trägerorgane regelmäßig ausscheiden. 349 Der Vorteil einer solchen Konzeption liegt darin, daß die Frage, wer Bürgerbegehren und Hauptversammlung im Organstreit vertritt, sich von vornherein nicht stellen kann, da nur formierte Organe/ 50 d.h. organisierte handlungsflihige Einheiten, Partei eines Organstreites sein können. 351 Dieser enge Organbegriff scheint damit eine klare Abgrenzung zwischen dem als Außenrechtsstreit verstandenen Individualrechtsschutz, in welchem Verletzungen von Grundrechten geltend gemacht werden, und dem als Innenrechtsstreit qualifizierten Organstreit, in dem es um den Schutz organisatorischer Kompetenzen gehen soll, zu ermöglichen. 352 Auf prozessualer Ebene wUrden Organstreit und Individualrechtsschutz damit zwei klar voneinander abzugrenzende und sich gegenseitig ausschließende Rechtsschutzkonzeptionen darstellen. 353
BVerjG, Besch!. v. 7.9.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96,231 (240 f.). Vg!. die Ausflirhungen Wehrs, BayVB!. 1996,549 (553). 350 s. BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58,2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (66). 351 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13, 54 (95). - Auch Böckenförde, in: HbdSR II, § 30 Rn 9 stellt fest, daß das Volk in seiner Unmittelbarkeit kein handlungsflihiger Körper sei und damit keine Handlungs- und Wirkeinheit darstelle. Hierfür bedürfe es eines Organisationsvorgangs. 352 s. Herrmann, LKV 2000, \04 (\05 f.). 353 So auch das Verständnis der Bundesregierung zu Individualverfassungsbeschwerde und Organ streit im Verfahren zu Art. 29 GG a. F. - S. hierzu BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE I/59 -, in: BVerfGE 13,54 (71). 348 349
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2. Teil: Innenreehtssubjekte
Fraglich ist aber, ob diese venneintlich trennscharfe Unterscheidung anband der aufgestellten Kriterien des Organbegriffes tatsächlich gewährleistet ist. Wenn das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Art. 29 GG a. F. verlangt, es müsse sich bei den Organen um fonnierte, stets präsente handlungsfiihige Einheiten handeln,354 und dies damit begründet, nur zwischen diesen könne ein geordnetes gegenseitiges Rechte- und Pflichtenverhältnis bestehen,3ss so liegt dieser Forderung tatsächlich mehr zugrunde als nur der - schon oben erwähnte356 - Gedanke, nur wer handlungsfiihig sei, könne Rechte und Pflichten haben und ausüben. Es ist zwar bei "Gebilden", hinter denen eine Vielzahl von Personen stehen, wie bei der Aktivbürgerschaft oder bei Kollegialorganen,3S7 verständlich, die Handlungsflihigkeit der am Organstreit Beteiligten über Anforderungen an die "Fonniertheit" sicherzustellen, diese Notwendigkeit ist aber bei Individualorganen3S8 oder bei einzelnen Personen, wie Abgeordneten 3s9 oder dem Aktivbürger, nicht gegeben. Allein die Anforderungen an Fonniertheit und Handlungsfiihigkeit scheinen deshalb nicht die entscheidenden Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zu sein. Vielmehr deuten einige Ausfilhrungen darauf hin, daß der Organstreit als Innenrechtsstreit zwischen institutionalisierten, apersonalen Subjekten verstanden wird. So ftlhrt das Bundesverfassungsgericht zum Volksbegehren "Das bessere Müllkonzept e. V." aus, daß es nicht um unmittelbare Verletzung der Individualrechte der Unterzeichner gehe, sondern um ein der Gesamtheit der Unterzeichner zustehendes Recht. 360 Zwar machten die Unterzeichner mit dem Volksbegehren ihre politischen Individualrechte aus dem status activus geltend, Träger des Gesetzesinitiativrechts sei aber das ,,rechtsgültige Volksbegehren", die Gruppe der Unterzeichner "als solche,,361. Das Gesetzesinitiativrecht beruhe auf einer Kompetenz. Durch Verfassung und Landeswahlgesetz werde ein geordnetes Rechte- und Pflichtenverhältnis zwischen dem Volksbegehren und den Verfassungsorganen festgelegt,362 das Volksbegehren erhalte eine Funktion im Verfassungs leben und werde in die Organisation des Staates einbezogen. 363 Die Etablierung einer Gruppe als Gesamtheit ("als solche"), d. h. die Herstellung einer von den natürlichen Personen abstrakten Einheit, und deren Einbe354 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13, 54 (84 f.). 355 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58,2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (85). 356 s. oben Einleitung § 1 III. 3. u. IV. 357 Zum Begriff des Kollegialorgans, s. oben § 3 I. 358 Zum Begriff des Individualorgans, s. oben § 3 I. 359 Hierzu unten § 5. 360 BVerjG, Beseht. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (238). 361 BVerjG, Beseht. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (240). 362 BVerjG, Beseht. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96, 231 (240). 363 BVerjG, Beseht. v. 9.7.1997 -2 BvR389/94-, in: BVerfGE 96, 231 (241).
§ 4 Die Mitglieder
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ziehung in die Organisation des Staates scheinen entscheidend daftlr zu sein, daß nunmehr von einer "Streitigkeit zwischen Beteiligten eines Verfassungsrechtskreises" gesprochen wird, welche scharf von einer Streitigkeit um grundrechtlieh geschützte subjektive öffentliche Rechte der Unterzeichner unterschieden wird. 364
c) Die funktionale Unterscheidung anband der Interessenlage Eine funktional zu bestimmende Organqualität als "Beteiligte des Verfassungsrechtskreises,,365 kann hingegen immer dann angenommen werden, wenn eine Einschaltung in den Willensbildungsprozeß, d.h. ein verfassungsrechtlich verankertes Mitwirkungsrecht, vorliegt.366 Letzteres wird insbesondere dadurch gekennzeichnet, daß von organschaftlichen Rechten36? oder Organfunktionen368 gesprochen wird. Auch wenn der Begriff des Organschaftlichen teilweise als irrefUhrend kritisiert wird369, findet er gerade in der zivilrechtlichen Literatur Verwendung ftlr die sog. fremdnützigen und deshalb "organschaftlichen" Verwaltungsrechte der Mitglieder. 370 Er soll die "Willensbildung fUr die Gesellschaft,,3?1 bezeichnen. So wird u. a. bei der Gesellschafterklage, insbesondere von den Vertretern einer Klage aus abgeleitetem Recht oder im Wege eines organschaftlichen Lösungsansatzes, damit argumentiert, der Aktionär werde als "Funktionsträger im Interesse der Gesellschaft',372, als "systeminterner Funktionsträger,,373, "wie ein BVerjG, Beseht. v. 9.7.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfDE 96, 231 (241). BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (87). 366 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfDE 13,54 (87); VGH Kassel, Beseht. v. 15.1.1991 - 11 N 62/91 -, in: NVwZ 1991, 1098; BayVerjGH, Entsch. v. 19.1.1994 - Vf. 89-I1I-92 und Vf. 92-I1I-92 -, in: BayVBt. 1994, 203 (205); Goessl, Organ streitigkeiten, S. 130 f. 367 s. VG Frankfurt, Beseht. v. 2.6.1982 - VIIIl G 1764/82 -, in: NVwZ 1983,373 "organschaftliche Rechtsstellung"; OVG Saarlouis, Beseht. v. 1.10.1991 - I Q 2/91 -, in: NVwZ 1992,289 "organschaftliches Recht"; VGH Mannheim, Urt. v. 11.6.1991 - I S 780/90 -, in: NVwZ-RR 1992,204 "organschaftliches Mitgliedschaftsrecht"; Fischer, DÖV 1996, 181 (183). 368 OVG Koblenz, Beseht. v. 1.12.1994 - 7 N 12954/94, in: NVwZ-RR 1995,411 (412); OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.1996 -7 A 12861/95 -, in: NVwZ-RR 1997,241; VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000,556. 369 H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 150. 370 H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 149; Schütz, Sachlegitimation, S. 115; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 67, spricht von der Organfunktion der Mitglieder; Stöber, Vereinsrecht, Rn 127, nennt die Mitverwaltungsrechte des Vereinsmitglieds auch Organschafts- oder Teilhaberechte. 371 s. 2. Teil vor § 3 u. H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 151 f. 372 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269); so auch Mertens, AG 1990,49 (51). 364 365
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Organ fllr den Verband,,374 bzw. in der Funktion eines "Ersatz- oder Notorgans i. w. S." 375 gleichberechtigt neben den an sich zuständigen Organen tätig. Er habe "auf der Schwelle zwischen Innen- und Außenrecht" liegende ,janusköpfige Befugnisse", die "zu semi-organschaftlichen Klagen" fUhrten. 376 Das Recht des Aktionärs auf Entscheidungsteilhabe sei nicht nur subjektives Individualrecht, sondern auch "funktionsbezogenes begrenztes Organrecht im funktionenund gewaltenteiligen System der Aktiengesellschafi',.377 Dieses funktionelle Organverständnis hat auch der Bundesgerichtshof in einer frühen Entscheidung zugrunde gelegt, in der es darum ging, die Rechtsqualität eines satzungsmäßig vorgesehenen Schiedsgerichtes zu bestimmen. Hierbei kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, daß das Schiedsgericht ein Gesellschaftsorgan sei, da es in die Organisation der Gesellschaft eingebaut sei und in gesellschaftlichen Angelegenheiten anstelle des sonst dazu berufenen Gesellschaftsorgans entscheiden solle. 378 Auch schloß der Bundesgerichtshof hieraus, daß gegen Beschlüsse des Schiedsgerichts die Rechtsmittel zu erheben seien, die gegen Akte des sonst zuständigen Gesellschaftsorgans möglich seien. 379 Auch im öffentlichen Recht werden bürgerschaftliehe Rechte im Rahmen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vielfach als organschaftliehe Rechte angesehen. 380 Die Kläger machten "nicht personale Individualrechte des Außenrechtskreises, sondern solche Rechte geltend, die ihnen innerhalb der Gesamtorganisation in deren Interesse zur Wahrnehmung zugewiesen" seien381 ; sie nähmen die ihnen zugewiesene Funktion in der Gesamtorganisation ebenso wie Gemeinderäte nicht in ihrem Individualinteresse, sondern vielmehr im Interesse der Gesamtorganisation wahr382 . Dabei flillt sowohl in der zivilrechtlichen als auch in der öffentlich-rechtlichen Diskussion auf, daß die Organfunktion des Aktionärs bei der Gesellschafterklage und des Bürgers beim Bürgerbegehren überwiegend mit einer spezifischen Interessenlage begründet wird, indem betont wird, daß dieser im Interesse der Gesellschaft bzw. des Staates und nicht zur Verfolgung und Ver-
Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 462. Lutter, AcP 180 (1980),84 (143). 375 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 137. 376 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 143. 371 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 461. 378 BGH, Urt. v. 25.2.1965 - 11 ZR 287/63 -, in: BGHZ 43,261 (263 fI). 379 BGH, Urt. v. 25.2.1965 - 11 ZR 287/63 -, in: BGHZ 43, 261 (265). 380 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998,90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556. 381 VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998,90 (91). 382 VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556. 373
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§ 4 Die Mitglieder
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wirklichung seiner individuellen Interessen tätig werde. 383 Aber auch bei jenen, die die organschaftliche Funktion verneinen, steht das Abgrenzungskriterium des Interessenschutzes im Vordergrund. Eine Organstreitigkeit wird verneint, soweit die Existenz subjektiver Rechte des Klägers - und damit nach herkömmlichem Verständnis der Schutz von Individualinteressen384 - angenommen wird38s . So wird die Abgrenzung zwischen Verfassungs beschwerde und Organstreitverfahren nicht nur mit den Anforderungen an Institutionalisierung und Formierung als Voraussetzungen der Organqualität begründet, sondern es wird weiterhin ausgefUhrt, die Rechte des Volkes würden nur in den subjektiven öffentlichen Rechten des aktiven Status des Bürgers greifbar. 386 Entsprechend wird die Organqualität von Hauptversammlung oder Aktivbürgerschaft mit dem Argument verneint, in ihr seien die Aktionäre bzw. Bürger als Träger von subjektiven Individualrechten zusammengefaßt;387 es gehe um die Verfolgung und Verwirklichung individueller Interessen. 388 Schließlich dürfte auch den Auffassungen zur Gesellschafterklage, die deliktsrechtlich bzw. verbandsrechtlich-mitgliedschaftlich argumentieren, die Vorstellung zugrunde liegen, eine Abgrenzung sei anband verschiedener Interessenssphären und damit des Existenzbe383 Vgl. Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 (269); Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 461 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84 (142 f.); von Gerl«m, ZGR 1988, 441 (444); Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, S. 243; Wiedemann, Organverantwortung, S. 52 ff.; Landrock, Innnenrechtsstreit, S. 215 ff.; Schütz, Sachlegitimation, S. 115; HeppSchwab, Mitgliedschaft, S. 67. - Im öffentlichen Recht finden sich vergleichbare Argumentationen bei: VG Dresden, Urt. v. 5.11.1997 - 4 K 1363/97 -, in: SächsVBI. 1998, 90 (91); VG Leipzig, Urt. v. 7.2.2000 - 6 K 1699/97 -, in: LKV 2000, 556. 384 s. hierzu unten § 6 I. 1. 385 s. ausdrücklich VG Dessau, Urt. V. 18.5.1995 - 1 A 76/94 -, in: LKV 1996,77, das zu den Rechten einer Mitgliedgemeinde innerhalb eines Gemeinschaftsausschusses ausführt, die Gemeinde sei weder Organ, noch mache sie organschaftliche Rechte geltend, sondern sie nehme die von ihr angeführten Interessen viemehr in ihrer Eigenschaft als Trägerin eigener Rechte und Pflichten wahr. 386 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (85); BVerjG, Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1,2/82,2 BvR 233/82 -, in: BVerfGE 60, 175 (201 f.); BVerjG, Beschl. v. 7.9.1997 -2 BvR389/94-, in: BVerfGE 96,231 (239 f.). 387 s. schon oben § 4 I. b) cc) u. § 4 11. 1.; VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - 1 A 75/94 -, in: LKV 1996,74 (75); Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); von Danwitz, DVBI. 1996, 134 (141); Ritgen, Bürgerbegehren, S. 118; Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170); Spies, Bürgerversammlung, S.235; Grawert, NWVBI. 1987,2 (4); Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 92; Bork, ZGR 1989, I (4); Pflugradt, Leistungsklage, S. 35; Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Habersack, Mitgliedschaft, S. 193 f.; Bork, ZGR 1989, 1 (3). 388 s. schon oben § 41. b) cc) u. § 4 11. 1.; Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116, 118,253; Wehr, BayVBI. 1996,549 (553); Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170 f.); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1031); Pflugradt, Leistungsklage, S.35; Habersack, Mitgliedschaft, S. 192; Bork, ZGR 1989, 1 (4); Schulz-Gardyan, Akionärsklage, S. 91.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
reichs der subjektiven Rechte vorzunehmen. 389 Die Abwehrklage ennöglicht dieser Auffasssung nach den Schutz der subjektiv-rechtlich bewehrten Individualsphäre des Mitglieds gegen Handeln des Verbandes. Deutlich wird dies z. B. im Holzmüller-Urteil. Obwohl der Vorstand die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz verletzte, geht der Bundesgerichtshof von einer Zurechnung an die Gesellschaft aus: Es sei Sache der Gesellschaft, "durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen, den betroffenen Aktionären Genüge zu tun und daftlr zu sorgen, daß ihre Mitgliedsrechte künftig nicht mehr verletzt werden".390 Obwohl in der Sache primär um die Verletzung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz gestritten wird, venneidet der Bundesgerichtshof auf diesem Wege den Anschein einer Organstreitigkeit. Der Aktionär, der als Träger des individuellen Mitgliedschaftsrechts nicht Organ der Aktiengesellschaft sein soll, wird bei einer Verletzung seiner individuellen Rechte im Außenverhältnis betroffen und kann gegen die Gesellschaft, die sich das Verhalten des Vorstandes zurechnen lassen muß, klagen. 391 Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß die Abgrenzung von Außen- und Innenbereich anband zweier Kategorien erfolgt. Dies ist zum einen der - im engen Organbegriff seinen Ursprung findende - Argumentationsansatz des Bundesverfassungsgerichts, Organstreitigkeiten um Kompetenzen lägen nur insofern vor, als von den dahinter stehenden Personen losgelöste, d. h. apersonale, Subjekte klagen. Dies ist zum anderen die Vorstellung, der Innenbereich sei pflichtenorientiert, fremdnützig, während der Außenbereich von Individualinteressen geprägt sei, mit dem Ergebnis, daß subjektive Rechte nur im Außenbereich existent seien könnten. Im weiteren soll deshalb die Rechtsstellung der Mitglieder in zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verbänden untersucht werden (unten 2. b» uM festgestellt werden, inwieweit mit Hilfe dieser Kategorien eine sinnvolle Unterscheidung von Innen- und Außenbereich bei den Mitgliedern einer Organisation möglich ist (unten 3.). Voraussetzung dafUr ist jedoch zunächst, daß die Mitgliedschaft in privaten Verbänden einerseits mit der innerhalb von Körperschaften des öffentlichen Rechts andererseits verglichen werden kann392 (nachfolgend 2. a». 389 V gl. u. a. BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: 8GHZ 83, 122 (135); Flume, Juristische Person, § 8 V (S. 311); von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 253 ff., 637 f.; Saenger, GmbHR 1997, 112 (120) m. w. N.; Zöllner, ZGR 1988,392
(424).
390 BGH, Urt. v. 25.2.1982 - 11 ZR 174/80 -, in: 8GHZ 83, 122 ff.; kritisch hierzu Sünner, AG 1983, 169 (170). 391 s. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 1 (S. 647 f.); krit. zur Zurechnung Sünner, AG 1983, 169 (170). 392 Die Vergleichbarkeit von Ratsmitgliedem und Aktionären bemrwortet Bitter, Leistungsklagen, S. 53 f.; ebenso rur den Vergleich zwischen Staatsverfassung und Korpo-
§ 4 Die Mitglieder
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2. Das Mitglied und seine Mitwirkungsrechte
a) Zur Vergleichbarkeit aa) Die Mitgliedschaft in privaten und in öffentlich-rechtlichen Verbänden
Mitgliedschaft bedeutet - ohne diese damit als subjektives Recht oder Rechtsverhältnis393 einordnen zu wollen - die Stellung einer Person infolge ihrer Zugehörigkeit zu einem Verband: 394 Das Mitglied ist Teil einer rechtlich geordneten Gruppe von Personen. 395 Der Verbandsbegriff ist geradezu die Grundlage fUr das Recht der Mitgliedschaft,396 weshalb der Geltungsbereich des Rechtsinstituts der Mitgliedschaft ganz entscheidend vom Verbandsbegriff bestimmt wird. 397 Das an die Mitgliedschaft anknüpfende personale Element kann unterschiedlich stark oder schwach ausgeprägt sein. Es kann in Einzelfllllen so dicht sein, daß der Verband überhaupt nur in den Personen (den Mitgliedern) lebensfllhig ist - so die Modellvorstellung des Gesetzes von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, es kann sich auf eine Auswahl bestimmter Personen beschränken oder aber die Person ganz hinter ihren Sachbeitrag zurücktreten lassen, wie dies bei Großvereinen oder Publikumsgesellschaften der Fall ist. 398 Ganz wird auf das personale Element aber nicht verzichtet; der Verband wird nie zur Stiftung399 oder zur Anstalt. Der Begriff des Verbands findet in unterschiedlichster Fonn Verwendung400 und hat starke Wandlungen erfahren. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden allein Körperschaften als Verbände qualifiziert; Beteiligungen an Gesamthandsgesellschaften wurden als Teilhaberschaft bezeichnet und in einen Gegensatz zu der Mitgliedschaft in einer als juristische Person verfaßten Körperschaft ge-
rationsverfassung Becker, Verwaltungskontrolle, S. 80. - Kritisch zur Vergleichbarkeit: Schneider, in: FS Fischer, S. 734 f.; Mestmäcker, Rechte der Aktionäre, S. 10 f., 346. 393 Zum Meinungsstand in der Frage der Rechtsnatur der Mitgliedschaft Habersack, Mitgliedschaft, S. 28 ff.; s. auch Flume, Juristische Person, § 8 I (S. 258). 394 So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 I 1 b (S. 176); Lutter, AcP 180 (1980), 84 (88); Habersack, Mitgliedschaft, S. 16. 395 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (88). 396 So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 I 1 b (S. 176); Habersack, Mitgliedschaft, S.16. 397 Habersack, Mitgliedschaft, S. 16. 398 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (88). 399 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (88). 400 Zu den verschiedenen Verbandsbegriffe s. U. Schmidt, Mitgliedschaft, S. 15 ff.; vgl. auch Leibholz, VVDStRL 24 (1966), 5 ff.; Wink/er, VVDStRL 24 (166), 34 ff.; Geck, VVDStRL 24 (1966), 80 f.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
setzt. 401 Erst mit der Anerkennung der Personengesellschaft als eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten hat sich das Verständnis grundlegend gewandelt. Es besteht heute insoweit Einigkeit, als nicht die Rechtsflthigkeit, sondern die Existenz organisationsrechtlicher Elemente und die damit einhergehende organisatorische Verselbständigung der Gemeinsphäre gegenüber der Privatsphäre der Mitglieder die zentralen Merkmale eines Verbandes im Rechtssinne sind. 402 Strittig ist jedoch, ob notwendiges Element des Mitgliedschafts- und des Verbandsbegriffes ist, daß diese auf einer privatautonomen Entscheidung beruhen. 403 Teilweise wird - neben der organisationsrechtlichen Seite des Verbandes404 - die Offenheit der auf Freiwilligkeit gegründeten Verbands formen als wesentliches Element der Mitgliedschaft angesehen 40S und werden dementsprechend Organisationen, die auf einer Zwangsmitgliedschaft beruhen, wie Rechtsanwalts- und Ärztekammern, ausgeklammert. 406 Diese Erwägungen stehen einem organisationsbezogenen Vergleich aber nicht entgegen. Schon oben wurde gezeigt, daß die Differenzierung zwischen Organisationen öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Natur historisch bedingt ist und greifbare inhaltlichsystematische Erwägungen rur diese Aufteilung nicht erkennbar sind. 407 Selbst wenn man die Zweiteilung befürwortet, darf sie nicht den Blick auf Gemeinsamkeiten in der mitgliedschaftlichen Struktur, die gemeinschaftliche Zielsetzung und die innere Ordnung verhindern. 408 Entscheidender Gesichtspunkt aus einer organisationsrechtlichen Perspektive ist, daß der Verband trotz der Vielfalt der Mitglieder als ein von den Mitgliedern zu unterscheidendes, ihnen gegenüber mehr oder weniger verselbständigtes Zuordnungssubjekt in Erschei-
401 Habersack, Mitgliedschaft, S. 16 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 I 2 a (S. 176) bezeichnet diesen vermeintlichen Gegensatz als eine "Spätfolge des Kampfes um die Anerkennung der juristischen Person"; s. hierzu auch Gesmann-Nuissl, WM 2001,973 (974). 402 Habersack, Mitgliedschaft, S. 17 m. w. N., S.49 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 I 2 a (S. 176 f.); Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973 (974); s. auch Flume, Juristische Person, § 8 I (S. 258 ff), der allerdings auch die Unterschiede zwischen der Mitgliedschaft in einer juristischen Person und derjenigen in einer Gesamthandspersonengesellschaft betont. 403 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (94) m. w. N.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 17; Flume, Personengesellschaft, § 13 I (S. 189 ff). 404 Vgl. Lutter, AcP 180 (1980), 84 (90) u. Habersack, Mitgliedschaft, S. 17, die zwischen dem organisationsrechtlichen Charakter des Verbandes und seiner rechtsgeschäftlichen bzw. gesetzlichen Grundlage differenzieren. 405 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (87, 145); a. A. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 71 III b (S. 7 f.). 406 Lutter, AcP 180 (1980),84 (87). 407 s. oben § 2. 408 Bullinger, Öff. Recht u. Privatrecht, S. 90 f.
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nung tritt. 409 Die Organisation der (internen) Willensbildung mit dem Ziel, die Handlungseinheit des Verbands nach außen sicherzustellen, ist danach rechtliche Rahmenordnung der Mitgliedschaft. 4 \O Die Mitgliedschaft erweist sich damit als der Inbegriff organisationsbezogener Pflichten und Rechte. 411 Unter diesem Aspekt können die Mitgliedschaft in privatautonom begründeten Verbänden und die Mitgliedschaft in Verbänden mit Zwangsmitgliedschaft verglichen werden. 412 Auch Selbstverwaltungskörperschaften und der Staat zeigen eine mitgliedschaftliche Struktur, wenn diese von ihrem Ausgangspunkt auch unterschiedlich angeknüpft wird413 • Die Bürger sind wahlberechtigten Mitglieder der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften 414 ; ihre Mitgliedschaft folgt kraft Gesetzes fUr natürliche Personen aus dem Wohnsitz. 415 Hier sollen die Entscheidungen nach dem Prinzip der Selbstverwaltung von den örtlich Betroffenen getroffen werden. Auch beim Staat läßt sich die formalisierte mitgliedschaftliche Bindung des einzelnen an die Gemeinschaft erkennen. 416 Durch Wahlen und Abstimmungen stellen die Staatsangehörigen als die Mitglieder des Staates dessen Willensbildung und Handlungsfähigkeit sicher.
bb) Die Relativierung der MitgliedsteIlung des Aktionärs
Nicht verkannt werden soll dabei, daß auch die Mitgliedschaft in privatrechtlichen Verbänden von sehr unterschiedlicher Bedeutung ist. So wandelt sich gerade das Bild des Aktionärs, der bisher in vielen Punkten Bezugspunkt des Ver-
409 Habersack, Mitgliedschaft, S. 76; Lutter, AcP 180 (1980), 84 (90) spricht von der eigentümlichen Handlungseinheit trotz Vielheit der Mitglieder. 410 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (92); SauteriSchweyer/Waldner, Verein, Rn 333, sprechen fUr das Vereinsmitglied davon, daß die Mitgliedschaft die Eingliederung in die Vereinsorganisation bewirkt. - S. auch Stöber, Vereinsrecht, Rn 126, der ausfUhrt, daß sämtliche aus der Rechtsstellung als Vereinsmitglied folgenden gesamten personen- und vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen sich nach der Verfassung des Vereins und den gesetzlichen Vorschriften des Vereinsrechts bestimmen. 411 WolfJlBachof, Verwaltungsrecht H, § 71 III b (S. 7 f.). 412 Vgl. Bär, Schranken der inneren Vereinsautonomie, S. 313. - Auch Becker, Verwaltungskonrolle, S. 80, spricht von einer instruktiven Parallele zwischen Staatsverfassung und Korporationsverfassung, weshalb unter dem Blickwinkel der Einheit der Rechtsordnung nicht ausgeschlossen erscheine, die Lösung verbandsrechtlicher Fragestellungen unter Zuhilfenahme des Verfassungsrechts und umgekehrt in Angriff zu nehmen. 413 s. insb. Badura, in: FS BVerfG, S. 907. 414 vgl. u. a. § 21 H GO NRW. 415 WolfJlBachof, Verwaltungsrecht H, § 84 I d (S. 169), § 84 III d) (S. 176); Wink/er, VVDStRL 24 (1966), 48. 416 Wink/er, VVDStRL 24 (166), S.56; Stern, Staatsrecht, Bd. IIIII, § 65 IV 5 (S.586).
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gleichs war, und entspricht gerade bei großen Publikumsgesellschaften dem klassischen Verständnis des Mitglieds häufig nicht mehr. Bei großen Publikumsgesellschaften wird die Willensbildung in Wirklichkeit nur noch sehr eingeschränkt von den Mitgliedern ausgeübt. Hier leiten die Handlungsorgane bei der Aktiengesellschaft Vorstand und Aufsichtsrat - ihre Stellung formal zwar noch unmittelbar oder mittelbar von den Mitgliedern ab, tatsächlich kann man aber von einer selbständigen Herrschaft der Handlungsorgane sprechen. 417 Die Mitgliederversammlung hat in großen Vereinen und Publikumsaktiengesellschaften weniger die Funktion einer Mitwirkung bei der Willensbildung filr die Körperschaft als vielmehr die eines Forums der Publizität. 418 Hinzu tritt, daß sich durch die Fluktuation des Aktienkapitals dieses zunehmend von mitgliedschaftlicher Substanz löst. Der unmittelbare und effektive Gebrauch der mitgliedschaftlichen Mitentscheidungsrechte durch eine Vielzahl von Aktionären wUrde - so wird zu Recht kritisch angemerkt - zu einer Funktionsunflihigkeit der meisten Hauptversammlungen filhren wUrde. Oe facto sind die individuellen Aktionärsrechte überwiegend Bankenrechte, die von den Depotbanken auch unter BerUcksichtigung eigener Interessen ausgeübt werden. 419 Die Anknüpfung an eine Mitgliedschaftsposition erscheint in diesen Fällen mehr oder minder fiktiv. 420 Die nachfolgende Untersuchung, wie die Mitgliedschaft in zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verbänden ausgestaltet ist, bezieht sich deshalb nicht allein auf Aktionäre, sondern berUcksichtigt auch die Rechtsstellung von Mitgliedern in anderen zivilrechtlichen Verbänden.
b) Die Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte Nachdem die Vergleichbarkeit der Mitgliedschaft in privaten und öffentlichrechtlichen Verbänden aus organisatorischer Sicht bejaht worden ist, gilt das Augenmerk nun der Frage, wie die Teilhabe am Verband/Staat ausgestaltet ist. Von dem Gesichtspunkt des Bundesverfassungsgerichts, einen Organstreit nur bei apersonalen Streitigkeiten anzunehmen, wäre das Mitglied nur dann als Innenrechtssubjekt zu verstehen, wenn es bei der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte als apersonales Subjekt oder Amt handelte. Für diejenigen, die eine Abgrenzung anhand des Interessenkriteriums vornehmen wollen, ist demgegenüber entscheidend, ob bzw. inwieweit die Mitgliedschaftsrechte der Verfol-
Flume, Juristische Person, § 4 I (S. 102). Flume, Juristische Person, § 4 I (S. 102 f.). 419 Mertens, AG 1990, 49 (52). 420 Mertens, AG 1990,49 (52 f.). 417 418
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gung und Verwirklichung individueller Interessen der Mitglieder zu dienen bestimmt sind. Im folgenden soll deshalb weiterhin untersucht werden, wie das Mitgliedschaftsrecht im Zivilrecht (nachfolgend aa)) und im öffentlichen Recht (unten bb)) verstanden wird.
aa) Die Behandlung der Mitgliedschaftsrechte im Zivilrecht
Zwar wird in der zivilrechtlichen Literatur von dem Mitgliedschaftsrecht als subjektivem Recht gesprochen, die verschiedenen Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft werden dabei aber differenziert betrachtet. Für die Qualifizierung der verschiedenen Rechtspositionen finden sich die verschiedensten Unterscheidungen. So werden die Rechte des Aktionärs als Mitglied in der Aktiengesellschaft häufig in Vermögens- und Verwaltungsrechte421 oder - weitergehend differenzierend - in Vermögens-, Herrschafts- und Informationsrechte 422 aufgeteilt. Bei Vereinsmitgliedern wird zusätzlich noch die Kategorie der Vorteilsrechte erwähnt (auch Benutzungs- und Wertrechte genannt).423 Nach dem Einfluß der gesellschaftsinternen Interessenlage auf die Rechte des Mitglieds werden diese weiterhin sachlich unterteilt in eigennützige (mitglieds- bzw. gesellschafterbezogene) und uneigennützige (gesellschaftsbezogene) Rechte. 424 Eigennützige Rechte sollen vorwiegend der Verfolgung der privaten Interessen des Gesellschafters dienen und unterliegen nur einer geringfiigigen Gemeinschaftsbindung, während die - auch als gemeinnützig oder organschaftlich bezeichneten - uneigennützigen Rechte zur Förderung des gemeinsamen Zwecks verliehen und an die überwiegenden Gemeinschaftsbelange gebunden seien. 425 Wegen dieser Bindung der uneigennützigen Rechte sollen die als "gemeinschaftlich" definierten Interessen426 im Konfliktfall gegenüber den Einzelinteressen des Mitglieds Vorrang genießen,427 während es bei den im eigenen Inter421 Wiesner, in: Hoffmann-Becking, Münch. HbdGR IV, § 17 Rn 3. - Zur Unterteilung der Mitgliedschaftsrechte in der Personengesellschaft in Vermögens- und Verwaltungsrechten s. auch H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 149. 422 Wellkamp, Aktionärsschutz, S. I. 423 Stäber, Vereinsrecht, Rn 127. 424 So zu den Mitgliedschaftsrechten der Aktionäre Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 2; ebenso zu den Mitgliedschaftsrechten in der Personengesellschaft H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 149; speziell zur BGB-Gesellschaft Gäbet, Mehrheitsentscheidungen, S. 99 u. Schütz, Sachlegitimation, S. 115. 425 H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 149 f; Gäbet, Mehrheitsentscheidungen, S. 99; Schütz, Sachlegitimation, S. 115. 426 Gäbet, Mehrheitsentscheidungen, S. 99, spricht von den "durch Gesellschaftsvertrag definierten Interessen der Gesamthand"; s. auch Schütz, Sachlegitimation, S. 115. 427 Gäbet, Mehrheitsentscheidungen, S. 99.
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esse verliehenen Mitgliedschaftsrechten keinen Vorrang des Gesellschaftsinteresses gebe. 428 Entsprechend fllhrt Flume zum Stimmrecht des Mitglieds innerhalb der juristischen Person aus, daß die dem Mitglied bei der Ausübung des Stimmrechts zustehende Autonomie diesem "nur um der juristischen Person willen" zustehe. 429 Nur als Teil des "idealen Ganzen" der juristischen Person habe das Mitglied "die Befugnis, bei der Herstellung des Willens filr die juristische Person mitzuwirken".430 Es sei zwar selbstverständlich, daß das Mitglied "aus der Sicht seiner Interessen die Interessen der juristischen Person verfolgt", es dürfe aber nicht seine Interessen entgegen den Interessen der juristischen Person verfolgen. 43I Daraus, daß das Mitglied als Teil des Organs Mitgliederversammlung an der Herstellung des Willens rur die juristische Person mitwirke, ergebe sich, daß die autonome Stimmabgabe auf das Gesellschaftsinteresse auszurichten sei. 432 Flume sieht insofern die Ausübung des Stimmrechts von der juristischen Person und von der "Einfilgung des Mitglieds in das Organ der Mitgliederversammlung" her. 433 Die Mitwirkung des Mitglieds bei der Willensbildung des Verbands wird damit nicht als allein den Individualinteressen des Mitglieds dienend, sondern als uneigennütziges bzw. gemeinnütziges Mitgliedschaftsrecht verstanden, welches als Teil des idealen Ganzen und damit fiir dieses auszuüben sei. Obwohl das Mitglied damit als Teil der Gesellschaft verstanden wird, wird eine apersonale Anknüpfung der Mitgliedschaftsrechte nicht erörtert. Auch wird selbst den sog. uneigennützigen Mitgliedschaftsrechten der subjektive Charakter des mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechts nicht abgesprochen.
bb) Die Behandlung der Mitgliedschaftsrechte im öffentlichen Recht
Auch im öffentlichen Recht kann von einer Mitgliedschaft des Bürgers gesprochen werden. Hier steht die verfassungsrechtliche Stellung des einzelnen, die Staatsangehörigkeit, "die Mitgliedschaft im Staatsverband, die Anknüpfungspunkt filr einen Inbegriff von Rechten und Pflichten ist", im Vorder-
Gäbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 99. Flume, Juristische Person, § 7 11 (S. 201). 430 Flume, Juristische Person, § 7 11 (S. 201). 431 Flume, Juristische Person, § 7 11 (S. 201, 212). 432 Flume, Juristische Person, § 7 11 (S. 212); so auch Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S.67, die ausfUhrt, daß der Gesellschaftszweck alleinige Richtlinie der Organtätigkeit der Mitgliederversarnmlung sei und die Privatinteressen der Mitglieder zurückstehen müßten. 433 Flume, Juristische Person, § 7 11 (S. 212). 428 429
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grund. 434 Das "privatrechtliche Vorbild" der Mitwirkungsrechte findet "im Grundrechtsbereich seine volle Entsprechung mit der Gesamtheit der staatsbürgerlichen Rechte, die auf Teilnahme an der Staatsgewalt abzielen", insbesondere in den staatsbürgerlichen Wahl- und Stimmrechten. 435 Heute wird das Wahlrecht, auch wenn es nicht ausdrücklich im Grundrechtskatalog des Grundgesetzes enthalten ist, ohne weitere Begründung als staatsbürgerliches bzw. grundrechtsgleiches Recht angesehen436 und ist dessen Subjektivität unstrittig anerkannt. 437 AuffiUlig ist im öffentlichen Recht allerdings, daß die Struktur dieser subjektiven Berechtigung heute kaum näher untersucht wird. Dies beruht wohl darauf, daß der konkrete Ablauf des Wahlvorgangs von den Detailregelungen des gesetzlichen Wahlvorgangs ganz beherrscht wird und insbesondere das aktive Wahlrecht sich den Versuchen, es inhaltlich näher zu erfassen, lange widersetzt hat. 438 So wurde zwar das konstitutive Element des Wahlrechts im Sinne der "Mitwirkung und Bildung des Ganzen", des Staatswillens gesehen. So spricht Laband davon, "daß die Einzelnen [ ... ] die Möglichkeit haben, an der Bildung desselben mitzuwirken,,439. Die Natur des Wahlrechts als subjektives Recht blieb aber umstritten,440 und auch in der aktuellen Literatur wird nicht erörtert, welche Interessenausrichtung dem Wahlrecht zugrunde liegen soll.
434 Stern, Staatsrecht, Bd. III/I, § 65 IV 5 (S. 586). - Im Bereich der Selbstverwaltungskörperschaften hingegen kann - auch auf kommunaler Ebene - nicht an die die deutsche Staatsangehörigkeit angeknüpft werden. Auch hier ist jedoch eine mitgliedschaftliche Struktur vorhanden; s. oben § 4 III 2 a) aal. 435 Stern, Staatsrecht, Bd. III/I, § 65 IV 4 (S. 581); Schreiber, BWG, § 12 Rn 1. 436 BayVerjGH, Entsch. v. 29.8.1997 - Vf. 8-VII-96 u. a. -, in: BayVBI. 1997,622 (623); Boettcher, in: Boettcher/Högner, BWG, § 12 Rn 5; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38, Rn 100; Kluth, Funktionel1e Selbstverwaltung, S. 383; Schreiber, BWG, Einf Rn 2, 18 (m. w. N.). 437 BVerjG, Beschl. v. 20.7.1954 - I PBvU I/54 -, in: BVerfDE 4, 27 (30), BVerjG, Urt. v. 1. u. 2.7.1993 - 2 BvR 2134,2159/92 -, in: BVerfDE 89, 155 (171); Stern, Staatsrecht, Bd. III/I, § 63 IV 2 c) (S. 359); Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn 100; Schreiber, BWG, Einf Rn 18 f.; Boettcher, in: Boettcher/Högner, BWG, § 12 Rn 5; Kluth, Funktionel1e Selbstverwaltung, S. 383; vgl. auch BVerjG, Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134, 2159/92 -, in: BVerfDE 89, 155 (180), Beschl. v. 8.1.1997 - 2 BvR 2862/95 -, in: NVwZ 1998,52 (53) u. Beschl. v. 19.2.1997 - 2 BvR 2621195 -, in: NVwZ 1998, 52 jeweils zur Frage, inwieweit das Wahlrecht auch ein subjektives Recht gewährt, sich im Wege einer wahlrechtliche "Konkurrentenklage" gegen nichtdeutsche Wahlbewerber oder Wahlberechtigte wehren zu können (im Ergebnis verneint). 438 So die Einschätzung von Stern, Staatsrecht, Bd. 111/1, § 65 IV 4 (S. 582). 439 Laband, Staatsrecht I, S. 331 (Hervorhebung im Original). 440 s. Stern, Staatsrecht, Bd. 111/1, § 64 11 5 (S. 150); § 65 IV 4 (S. 582 f.) jeweils m. w. N., verneinend Laband, Staatsrecht I, S. 331, der im Wahlrecht nur einen "Reflex der verfassungsrechtlichen Regeln über das Verfahren behufs Bildung des Landtages oder Reichstages" sieht und deshalb die Qualifizierung als subjektives Recht verneint. 12 Diemert
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Im Wahlakt geht die Staatsgewalt vom Volke aus. Mit dem Wahlrecht wird das Recht gewährleistet, an der Wahl des Deutschen Bundestages teilzunehmen und dadurch an der Legitimation der Staatsgewalt durch das Volk auf Bundesebene mitzuwirken. 441 Rechtsprechung und Literatur442 berufen sich hierbei ganz überwiegend auf die Status lehre Jellineks, wonach das Wahlrecht dem status activus zuzurechnen sei. 443 Ausgehend von dem Gedanken, daß im Innenbereich keine subjektiven Rechte existieren könnten, wird hierbei die Durchsetzung des Wahlrechts deshalb als außenrechtliche Streitigkeit angesehen und der klagende Bürger auf den Weg der Individualverfassungsbeschwerde verwiesen. Diese nicht weiter begründete Zuordnung verwundert in Anbetracht der teilweise abweichenden Behandlung in der zivilrechtlichen Literatur. Die Verwunderung erhält zusätzliche Kraft, wenn die herangezogene Status-Lehre Jellineks und seine Ausftlhrungen zum Wahlrecht näher betrachtet werden. Der vielfach zitierte status activus, oder genauer der status der aktiven Zivität, auf den sich Rechtsprechung und Literatur zur Begründung des Wahlrechts stützen, wird von Jellinek nämlich wesentlich differenzierter gesehen und schließt eine Zuordnung des Staatsmitglieds bei Ausübung seines Wahlrechts zu den Innenrechtssubjekten gerade nicht aus.
(1) Das Wahlrecht in der Status-Lehre Jellineks Jellinek geht zunächst in seiner Grundüberlegung davon aus, daß Rechtssätze, die bestimmen, welche Personen an der staatlichen Willensbildung teilnehmen und unter welchen Bedingungen dies zu geschehen hat, im eminent staatlichen Interesse gegeben sind, weshalb ihnen der Schutz individueller Interessen auf den ersten Blick nicht innezuwohnen scheine. 444 Eine Existenz dessen, was als "politische Rechte", d. h. als Rechte auf Teilnahme am Staat, bezeichnet werde, wäre damit eigentlich juristisch unmöglich. 445 Während Laband diese Konsequenz ausdrücklich gezogen hat,446 kommt Jellinek zwar zu einem subjektiven Recht im status activus, begründet dies jedoch auf einem Wege, der auf ein apersonales Organisationsverständnis hinausläuft.
441 BVerjG, Urt. v. I. u. 2.7.1993 - 2 BvR 2134, 2159/92 -, in: BVerfDE 89, 155 (\71 f.); Schreiber, BWG, EinfRn 18; K/uth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 383 f. 442 Schreiber, BWG, EinfRn I, 19, § 12 Rn I. 443 Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 136 ff.; sehr kritisch hierzu Stern, Staatsrecht, Bd. III/I, § 65 IV 4 (S. 583). 444 Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 136. 445 Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 136. 446 So die Aussage von Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 136 f.
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Jellinek geht davon aus, daß jeder, der staatliche Funktionen ausübe, zum Staatsorgan werde, und als solches keine selbständigen Rechte, sondern staatliche Kompetenzen habe. 447 Auch der Wähler, der als Mitglied an der staatlichen Funktion der Bildung eines Organs beteiligt sei, handele deshalb nicht als selbständige Individualität, sondern als Staatsorgan.448 Die Wahlhandlung selbst könne daher niemals Inhalt eines individuellen Rechts sein, vielmehr sei "der Wähler selbst im Wahlakte als Teilorgan, als Mitglied des von sämtlichen Wählern des betreffenden Wahlkreises oder Wahlkörpers gebildeten Wahlkollegiums zu betrachten".449 Der Berechtigte werde "im Augenblick der Wahl staatlicher Funktionär, um sofort nach Ausübung dieser Funktion in den Stand des Privaten zurUckzukehren,,450. Das Wahlrecht, so JeIIinek, bestehe daher - so paradox dies auch klingen möge - keineswegs in dem Recht zu wählen. 45 \ sondern - und hierin liege der eigentliche status activus des BUrgers - in einem Recht auf Anerkennung als Wähler. 452 Indem der Staat dem Individuum die mit dessen Person [nämlich mit dessen Staatsangehörigkeit, Anm. d. Verf.] verknüpfte Fähigkeit zuteile, als Staatsorgan handeln zu können, werde dessen Handlungsflihigkeit erweitert453 • Die individuelle Persönlichkeit werde in eigentümlicher Weise qualifiziert; dem Individuum werde eine außerhalb seiner natürlichen Freiheit liegende Fähigkeiten gegeben454 . Diese persönliche Qualifikation, der Zuwachs des status activus, sei jedoch nicht bloßer Reflex objektiver Rechtssätze, sondern hieran bestünde ein tiefes individuelles Interesse. 455 In Staaten, die kein allgemeines Wahlrecht kennten, zeige sich dieses Individualinteresse an dem starken Bemühen der hiervon ausgeschlossenen Volksklassen um Erlangung des Wahlrechts. 456 Abgesehen von dem Einfluß, welcher dem Wähler auf die Bildung des Gemeinwillens eingeräumt werde, komme das individuelle Interesse auch in der sozialen Ehre und Wertschätzung zur Geltung, welche die am Staate Teilnehmenden besäßen. 457 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 138, S. 171. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 138, hinsichtlich der Wahlen zur Bildung der Wahlkammern, u. S. 159. - In diese Richtung neuerdings auch Höfling, Der Staat 33 (1994), 493 (504). 449 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 159. 450 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 159. 45\ Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 159 f. 452 s. hierzu A/exy, Theorie der Grundrechte, S. 243; so auch Höfling, Der Staat 33 (1994),493 (503). 453 Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 139. 454 Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 137 f. 455 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 139 f. 456 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 140. 457 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 141. 447
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Das individuelle Interesse gehe deshalb allein dahin, zu den gesetzlich normierten Funktionen zugelassen zu werden458"d.h. als Wähler anerkannt zu werden".4s9 Der rechtliche Anspruch sei ein Anspruch auf Anerkennung eines status460 • Kraft dieses Status habe der Einzelne einen Anspruch auf die Organsteilung, d.h. auf Anerkennung seiner Individualität als Träger staatlicher Kompetenzen. 461 Nur darauf, niemals auf Ausübung bestimmter Funktionen,462 ziele der individuelle Anspruch. Die Ausübung der staatlichen Funktion selbst, so betont Jellinek nachdrücklich, sei nicht mehr Inhalt individueller Berechtigung und könne es nicht sein, denn als Staatsorgan ermangele es der physischen Individualität an Persönlichkeit. 463 Sie sei Glied eines höheren Ganzen geworden, und die diesem Gliede weiterhin subsistierende Einzelpersönlichkeit könne nur den Anspruch haben, als Glied des Ganzen zu gelten. 464 Betrachtet man demnach den von Jellinek angenommenen und in der heutigen Literatur zur Begründung des subjektiv-rechtlichen Charakters des Wahlrechts herangezogenen Ansatz, beim Wahlrecht handele eS sich um ein Recht aus dem status aktivus, so ist entgegen dem heutigen Standpunkt festzustellen, daß Jellinek die Ausübung des Wahlrechts gerade nicht als die eines subjektiven-öffentlichen Rechts verstand, sondern den Wähler in diesem Moment als "Glied des Ganzen" ansah. 46s Es liegt damit die Frage auf der Hand, ob der Wähler - und damit im Ergebnis das Mitglied bei Ausübung seines mitgliedschaftlichen Wahlrechts - nicht zumindest vom formellen Organbegriff her als Partei eines Organstreitverfahrens betrachtet werden kann. Nach dem oben aufgezeigten Verständnis des formalen Organbegriffs erschiene dies möglich, wenn nicht der Wähler als Person, sondern als apersonales Funktionssubjekt handelte.
(2) Der Wähler als Inhaber eines apersonalen Amtes? Die Ausfllhrungen Jellineks lassen keine eindeutige Antwort auf die Frage zu, ob der Wähler im Wahlmoment als apersonales Funktionssubjekt handelt. Zum einen spricht Jellinek davon, daß der Wähler zum Staatsorgan werde, als Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 143. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 161. 460 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 143. 461 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147. 462 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 143. 463 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147. 464 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147. 465 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147; auch Schreiber, BWG, Einf Rn I, übernimmt dies, indem er ausführt, mit der Stimmabgabe bei Wahlen betätige sich der Wähler als Glied des Staatsorgans Volk im status aktivus. Nichtsdestotrotz bejaht er aber den subjektiv-rechtlichen Charakter des Wahlrechts. 458 459
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solches und nicht als Individuum und kraft eigener Persönlichkeit handele, und deshalb keine subjektiven Rechte, sondern staatliche Kompetenzen habe,466 zum anderen ftlhrt er aber auch aus, daß der einzelne ein Recht auf Anerkennung seiner Individualität als Träger staatlicher Kompetenzen habe467 und, soweit er dies sei, zum staatlichen Funktionär werde. 468 Eine klare Unterscheidung zwischen den Kompetenzen des Organs bzw. Amts und den Rechten und Pflichten des dahinter stehenden Organ- bzw. Amtswalters ist damit noch nicht gezogen. Eine solche Trennung zwischen apersonaler und personaler Ebene wird jedoch in der späteren Literatur vielfach dann angenommen, wenn die Fremdnützigkeit der Rechtsstellung im Vordergrund stehe. 469 Jede Person, die staatliche Funktionen übernehme, sei durch diesen Akt notwendigerweise dem Staat verpflichtet. 470 Da die Ausübung von Staatsgewalt nicht in die Beliebigkeit des "nackten Willens" der individuellen Herrschaftsträger zurückfallen dürfe, müsse deren Stellung als die eines Amtes - und damit eines apersonalen Funktionssubjektes [Anm. d. Verf.t 71 - verstanden werden. 472 Zum Begriff des Amtes gehöre die Fremdnützigkeit, die Ausrichtung auf Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die von den eigenen Interessen unterschieden seien. 473 Da das Amt einen institutionalisierten Inbegriffvon Wahrnehmungszuständigkeiten darstelle, würden Aufgaben und Zwecke als objektive Maßstäbe der Amtswaltung definiert, die dem jeweiligen Amtswalter unabhängig von seiner Person zur Verwirklichung aufgegeben seien. 474 Ein Amtswalter sei deshalb verpflichtet, tur das Gemeinwohl zu sorgen; er entrücke dem Bereich gesellschaftlicher Freiheit und Beliebigkeit und trete ein in den Bereich institutionalisierter, öffentlich-rechtlich geordneter, öffentlicher Verantwortung. 47S Staatsgewalt verwirkliche sich in
Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 138, S. 171. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147. 468 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 159 469 So ausdrücklich zum Wähler Krüger, Staatslehre, § 18 11 2 b (S. 250 f.); zur Rechtsstellung des Abgeordneten s. Krüger, Staatslehre, § 18112 c (S. 252 f.). 470 Dagtoglou, Ersatzpflicht, S. 37. 471 Zur Erläuterung des Begriff des Amtes und des Amtswalters s. ausführlich unten § 5 I. I. a). 472 Bäckenförde, in: HbdStR 11, § 30 Rn 19. 473 Krüger, Staatslehre, § 191 I (S. 253): "Das Amt ist also Repräsentation reinsten Wassers."; Bäckenfärde, in: HbdStR 11, § 30 Rn 19 spricht hier vom Gedanken des trusteeship. 474 Steiger, Grundlagen, S. 69; Krüger, Staatslehre, § 1911 I (S. 256). 475 Henke, Recht der politischen Parteien, S. 122. 466 467
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
staatlichen Ämtern; eine Anknüpfung von Kompetenzen an Personen bedeute eine Entstaatlichung, eine Auflösung des Staates. 476 Bei einer solchen Argumentation kommt es mithin zu einer Deckung der beiden hier erörterten Ansätze, der apersonalen Anknüpfung zum einen und der Pflichtenorientierung und Interessenbindung zum anderen. Der Wähler wird zum Inhaber eines staatlichen bzw. öffentlichen Amtes, er übt im Moment der Wahl staatliche Kompetenzen aus, die an dieses Amt geknüpft sind, und als Amtswalter ist er dem staatlichen Wohl verpflichtet. 477 Gleichgültig, ob man den Wähler als Staatsorgan versteht oder nicht, handelt er nach dieser Auffassung jedenfalls nicht als Mensch, sondern als normative Figur, dessen Normativitat vor allem auf den Akt staatsbürgerlicher Verantwortung, die Wahl, gemünzt ist. 478
3. Die Tauglichkeit der Abgrenzungskriterien
a) Die Abgrenzung anband eines formellen, apersonalen Organbegriffs Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Art. 29 GG a. F. aufgestellte Forderung, bei Organen müsse es sich um formierte, stets präsente handlungsflihige Einheiten handeln,479 beruht - wie gesehen - nicht nur auf dem Gedanken, die Handlungsflihigkeit der im Organstreit auftretenden Gebilde zu sichern. Vielmehr wird der Organstreit als Innenrechtsstreit zwischen institutionalisierten, apersonalen Subjekten verstanden. 480 Diese Abgrenzung basiert mithin auf einem apersonalen Organisationsverständnis; allein apersonale Subjekte werden in die institutionalisierte, öffentlich-rechtlich geordnete und von öffentlicher Verantwortung geprägte Organisation des Staates einbezogen. Auf diesem Wege wird sichergestellt, daß Staatsgewalt nicht an Personen geknüpft wird und daß die hierdurch beftlrchtete Entstaatlichung, die Auflösung des Staates,481 verhindert wird. Die Rechtsstellung des Mitglieds wäre demnach dann dem organisatorischen Binnenbereich zuzuordnen, wenn die hier interessierenden Mitwirkungs- und
476 Henke, Recht der politischen Parteien, S. 121 f.; Steiger, Grundlagen, S. 69; Dagtoglou, Ersatzpflicht, S. 35. 477 Krüger, Staatslehre, § 1811 2 b (S. 250 ff.). 478 Krüger, Staatslehre, § 18 11 2 b (S. 250). 479 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13, 54 (84 f.). 480 s. oben § 4 III. I. a) u. b). 481 Henke, Recht der politischen Parteien, S. 121 f.; Steiger, Grundlagen, S. 69; Dagtoglou, Ersatzpflicht, S. 35.
§ 4 Die Mitglieder
183
Wahlrechte an ein apersonales Amt "Mitglied" und nicht an dessen Person angeknüpft wären. Dies wäre dann der Fall, wenn der Wähler im Wahlmoment zum Inhaber eines staatlichen bzw. öffentlichen Amtes würde, nicht als Mensch, sondern als normative Figur handelte. 482 Diese - auch rur Abgeordnete aufgeworfene - Überlegung, diejenigen, die das Amt dem Ganzen verdankten, seien auch dem Ganzen verpflichtet,483 die sich bei Jellinek in der Überlegung wiederfindet, der Wähler handele als "Glied des Ganzen,,484, basiert auf der Vorstellung, die mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechte existierten allein aufgrund der Organisation und um derent und nicht um des Individuums willen. Ob diese Auffassung zutreffend ist, ist sehr umstritten. Hiermit verknüpft sind grundsätzliche Fragen, die im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend beantwortet werden können und deshalb nachfolgend nur kurz angerissen werden.
aa) Das mitgliedschaftliche Wahl- und Stimmrecht auf der Schnittstelle von Herrschaft und individueller Freiheit Die Frage, ob das mitgliedschaftliche Wahlrecht des Staatsangehörigen allein Ausfluß des Staatsorganisationsrechts ist und damit im Ergebnis nicht um des Menschen und Individuums willen existiert, fUhrt zu der Unterscheidung zwischen Menschen- und Bürgerrecht, zwischen grundrechtlichen und organisatorischen Gewährleistungen und im Ergebnis zu dem nach wie vor ungeklärten Verhältnis zwischen Gesellschaft und Staat. 485 Für das Wahlrecht des Staatsangehörigen ist umstritten, ob dieses allein BUrgerrecht486 oder Menschenrecht i. S. des Art. 1 GG487 ist. 488 Entsprechend ist rur das demokratische Prinzip umstritten, ob dieses allein Staatsformprinzip ist und damit in den Zusammenhang des Art. 20 GG gehöre,489 oder ob die Basis der Demokratie der Mensch ist, zu dessen Würde auch die Gestaltung der Gemeinschaft gehöre. 490 s. oben § 4 III. 2. b) bb) (2). So H. H. Klein, in: MaunzJDürig, GG, Art. 48 Rn 32 zu den Abgeordneten. 484 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 147; Schreiber, BWG, EinfRn 1. 485 Vgl. Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 302. 486 Schreiber, BWG, Einf Rn 18; Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 ff. 487 Oppermann, in: VVDStRL 33 (1975), 150; Meyer, in VVDStRL 33, 76; Stern, Staatsrecht, Bd. III/t, § 70 U 6 (S. 1028); Häberle, in: HbdStR I, § 20 Rn 61; Häberle, Menschenbild, S. 24; in diese Richtung wohl auch Zippelius, Staatslehre, § 17 III 4 (S. 132), der die gleichberechtigte Mitwirkungskompetenz des Bürgers als eine Folge der Achtung der Menschenwürde betrachtet, u. Huber, AöR 126 (200 I), 165 (178 f.). 488 s. auch die Darstellung bei Höfling, Der Staat 33 (1994), 493 ff. 489 Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136. 490 Oppermann, in: VVDStRL 33 (1975), 150; Meyer, in VVDStRL 33, 76; Huber, AöR 126 (2001),165 (178 f.). 482 483
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Von den Beftlrwortern des menschenrechtlichen Kerns des Wahlrechts wird angeftlhrt, daß es zu der in Art. I Abs. I GG ftlr unantastbar erklärten Würde des Menschen gehöre, daß der Mensch an der Gestaltung der Gemeinschaft, der er angehöre, teilhaben könne, und zwar primär nicht, weil er sich dadurch vor den Akten dieser Gemeinschaft besser schützen könne oder seine Bedürfuisse und materiellen Interesse am besten verfolgen und seine Autonomie verwirklichen könne491 , sondern weil die politische Gestaltung mit zu den natürlichen Lebensmöglichkeiten des Menschen als homo politicus zähle. 492 Menschsein bedeute zugleich soziales Personsein und damit Hinwendung auf eine staatliche Gemeinschaft. 493 Das heutige Repräsentativsystem knüpfe an das Individuum an, so daß das aktive wie passive Wahlrecht nicht nur organisatorische Ausformung, sondern auch Ausformung der Individualität, Personalität und der politischen Meinungs- und Handlungsfreiheit sei494 und deshalb das Individuum als Anknüpfungspunkt sozialethisch unaufgebbar sei. 495 Demgegenüber wird von den Vertretern eines organisatorischen Verständnisses angeftlhrt, daß das demokratische Prinzip letztlich ein Staatsformprinzip sei, welches nicht in den Zusammenhang des freiheitlich verstandenen Art. I Abs. I GG gehöre. 4% In demokratischer Hinsicht sei der Einzelne integrales Element des Staatsvolkes: Demokratische Freiheit sei Mitbestimmung des Bürgers im Staatsverband; Grundrechte hingegen gewährleisteten Selbstbestimmung des Einzelnen in seiner Individualität. Liberale Freiheit werde jedoch nicht durch die Mitgliedschaft zum Staatsverband erworben oder durch Organisation vermittelt, sondern sie gründe im Personsein des Menschen. 497 Diese unterschiedlichen Freiheitsformen flinden ihren Niederschlag auch im Adressatenkreis der fraglichen Bestimmungen: Während Art. 20 Abs. 2 GG das Staatsvolk erfasse, richte sich Art. I Abs. I GG an alle Menschen. Auch aus diesem Grunde werde die Menschenwürde nicht eingeschränkt, wenn bestimmte Menschen an der politischen Gestaltung der Gemeinschaft nicht oder nur beschränkt mitwirken dürften. 498
491 Dies ist primärer Gedanke des Prinzips der Selbstverwaltung, s. Badura, FS BVerfG, S. 907 f. 492 Meyer, in VVDStRL 33, 76. 493 Stern, Staatsrecht, Bd. IIIII, § 70 11 6 (S. 1028); Huber, AöR 126 (2001), 165 (178 f.). 494 Huber, AöR 126 (2001), 165 (178 f.); so zum Abgeordnetenmandat Häberle, Verfassung als öffentlicher Prozeß, S. 507; Oppermann, VVDStRL 33 (1975), 7 (43). 495 Oppermann, VVDStRL 33 (1975), 7 (63,150). 4% Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136; Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 (164, 166f.; 168). 497 Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 (164); in diese Richtung auch Schmitt Glaeser, VVDStRL 31, 179 (222); Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 302. 498 Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136 f.
§ 4 Die Mitglieder
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Damit wird ein Trennungsdenken zwischen freiheitlichem und organisatorischem Teil 499 der Verfassung deutlich, welches letztlich auf einer Trennung von Gesellschaft und Staat beruht. Auch geistesgeschichtlich wurden Volkssouveränität und Menschenwürde meist getrennt gedacht und "organisiert',:5oo Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft hat im deutschen öffentlichen Recht eine besondere Ausprägung erlangt: Während in den großen Revolutionen des westlichen Nachbarn Frankreich das Bürgertum das politische Selbstbestimmungsrecht und damit letztlich "den Staat" erkämpft hat, filhrte das Scheitern der Revolution auf deutschem Boden dazu, daß hier Freiheit mit einer "staatsfreien Sphäre" des Individuums und der Gesellschaft identifiziert wurde, also in einer Freiheit vom Staat, der nicht derjenige des Bürgertums war. 501 Die Trennung von Gesellschaft und Staat und von Grundrechten und Staatsorganisation ist angelegt, und die Grundrechte stellen zwar die privatrechtliche Emanzipation vom potentiell allmächtigen Staat sicher, schließen aber - anders als die angelsächsische rule of law - nicht die Mitregierung und Mitbestimmung des Bürgers, die Teilnahme am Staat, mit ein. 502 Den Forschungen der letzten Jahrzehnte, insbesondere zu den Grundrechten als Teilhabe- und Gestaltungsrechten, ist es zu verdanken, daß sich ein modernes Staatsverständnis, wonach der Mensch durch seine Freiheit und in Freiheit den Staat konstituiert, und damit die Idee menschlicher Selbstverwirklichung "in politics" durchgesetzt hat. 503 Der Staat ist um des Menschen willen da und nicht umgekehrt; "in der Menschenwürde hat Volkssouveränität ihren ,letzten' und ersten (!) Grund,,504. Grundrechte sind deshalb nicht nur Abwehrrechte, sondern auch Gestaltungsrechte, die es dem einzelnen ermöglichen, am politischen Leben der staatlichen Gemeinschaft mitzuwirken und die eigenen Vorstellungen und Werte bei der Ausformung des Gemeinwesens einzubringen. 505 Überschneidungen freiheitlicher und organisatorischer Gewährleistungen werden insbesondere bei den Grundrechten der Informations- und Meinungsfreiheit 499 So Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136; lsensee, Der Staat 20 (1981), 161 (168); vgl. Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 391 f. 500 Häberle, in: HBdStR I, § 20 Rn 61; s. auch Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 8 ff. 501 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 4 m. w. N. 502 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 4; s. auch Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 12, der betont, daß die demokratische Teilhabe an der Staatsgewalt als"organisatorische Sicherung der Freiheit" gesehen wird, nicht aber die Freiheitsverwirklichung durch die Teilhabe beschreibt. 503 Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 3 I Rn 1; Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 392. - Auch Häberte, in: HBdStR I, § 20 Rn 61, betont, daß die Volkssouveränität von ihrem historisch-polemischen Ursprung abzulösen und mit der Menschenwürde in Zusammenhang zu sehen sei. 504 Häberle, in: HBdStR I, § 20 Rn 65, 63; s. auch Häberle, Menschenbild, S. 24; Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 8 ff505 Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 3.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
und der Demonstrationsfreiheit gesehen. 506 So soll die Informationsfreiheit nicht nur in ihrer individualrechtlichen Ausformung in einem Bezug zu Art. 1 GG und "zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten", sondern ebenso in bezug zum demokratischen Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG stehen, da ein "demokratischer Staat [ ... ] nicht ohne freie und möglichst informierte öffentliche Meinung bestehen [könne]".507 Dem Grunde nach entbehrt jedoch kein Grundrecht des politischen, demokratiebezogenen und aktivbürgerschaftlichen Gehalts. 50s Auch die Argumentation um den Kern des Demokratieprinzips beschäftigte sich mit diesen Überschneidungen, und selbst die Verfechter eines organisationsrechtIichen Verständnisses des Wahlrechts mußten die Verflechtungen zugestehen. 509 Schon der antike Begriff der Freiheit widerspricht einer strikten Trennung in einen freiheitlichen und einen organisatorischen Bereich; Freiheit bestand danach gerade in der Anteilnahme am Staate und ging von dem Gedanken aus, daß sich das individuelle Interesse an der Bildung des Gemeininteresses aktiv betätigen, also der individuelle Wille in die Waagschale der Gemeininteressen geworfen werden könne. 510 Art. lAbs. 1 GG und das Wahlrecht nach Art. 38 GG stehen demnach in einer Gedankenkette zu Art. 20 GG 5II . Die Vorstellung vom Staat als einer vorgegebenen, festgefilgten, mit eigenem Willen begabten und in sich geschlossenen höheren Einheit und die sich hieran anschließende hartnäckige dualistische bzw. dichotome Trennung von Staat und Gesellschaft sollte damit überwunden sein,5I2 auch wenn eine Konkordanzformel, die Art. 1 und 20 GG auf einen "Nenner" brächte, noch nicht gefunden ist - und vielleicht auch nicht gefunden werden kann. 5I3 Eine sich ausschließende
506 Schmit! G/aeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 5 zur Informations- und Meinungsfreiheit, Rn 7 zur Versammlungsfreiheit; Dreier, Jura 1994, 505 (507); krit. K/u!h, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 301, 392 u. Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 38. 507 Schmitt G/aeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 5; Dreier, Jura 1994, 505 (507). 508 Dreier, Jura 1994, 505 (507); krit. Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 38. 509 Merten, in: VVDStRL 33 (1975), 136. 510 So die Darstellung bei Je//inek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 141. 511 Häberle, in: HBdStR I, § 20 Rn 66; s. auch BayVerjGH, Entsch. v. 29.8.1997 Vf. 8-VII-96 u. a. -, in: BayVBI. 1997,622 (623), welches in Bezug auf die bayerische Landesverfassung (Art. 7 11 Verf Bay) ausdrücklich vom "Grundrecht auf Teilhabe an der Staatsgewalt" spricht. 512 Schmit! Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn I; Dreier, Jura 1994, 505 (507); K/uth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 392. m So Häber/e, in: HBdStR I, § 20 Rn 66, der darauf verweist, daß gerade die rechtliche Anerkennung der Differenz von Individuum einerseits und Gemeinschaft bzw. verfaßtem Gemeinwesen andererseits, weIche ein unaufhebbares, konflikterzeugendes Spannungsverhältnis erzeuge, für die neuzeitliche Staatlichkeit charakteristisch sei.
§ 4 Die Mitglieder
187
Abgrenzung von Grundrechten und Staatsorganisationsrecht, freiheitlichem und organisationsrechtlichem Bereich der Verfassung ist danach nicht möglich. 514 Anders als bei "künstlichen Funktionssubjekten", denen keine persönliche Autonomie zukommt und die allein geschaffen wurden, um das Funktionieren der Organisation sicherzustellen, kommen Mitglieder in zweifacher Hinsicht mit dem Verband in Berührung: Sie sind zum einen (Mit-)Glied der Organisation und als solches Teilhaber der durch diese ausgeübten Gewalt, Regierender in einem System der Selbstverwaltung515 ; zum anderen verliert das Mitglied mit seiner Eingliederung in den Verband persönliche Autonomie, es wird - zumindest dort, wo es einem Mehrheitswillen grundsätzlich unterworfen ist516 - zum Regierten. 517 Die "Rolle" des Mitglieds518 ist also nicht allein die eines Mitinhabers verbandlicher Gewalt, sondern auch die einer gewaltunterworfenen natürlichen Person, einhergehend mit der Gefahr, daß Mehrheitsentscheidungen keine Rücksicht auf seine Interessen, sein "eigenes Ich" und seine Personalität nehmen. 519 Dementsprechend wird im Staatsrecht dem einzelnen um seiner Personalität und WUrde willen ein - unabhängig von Mehrheitsverhältnissen - gewährleisteter Bereich individueller Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit und Lebensgestaltung gelassen, der traditionell als durch die bürgerlichen Freiheitsrechtsgrundrechte umschrieben angesehen wird. 520 Rupp spricht hier von
514 Kluth, Funktionelle Selbstverwaltung, S. 392; so auch Huber, AöR 126 (2001), 165 (178), der das Demokratieprinzip als ein "auf den einzelnen Menschen bezogenes Verfassungsprinzip" versteht; a. A. Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 (166 f., 168). 515 Die Vorstellung, es entspreche dem demokratischen Freiheitsgedanken, Entscheidungen von den ,jeweils Betroffenen" her zu legitimieren, liegt nicht nur dem Prinzip der Selbstverwaltung, sondern im Ausgangspunkt auch der staatsbürgerlichen Mitwirkung zu Grunde. Insofern verfügen das im Staat verkörperte Prinzip der Volkssouveränität und das Prinzip der Selbstverwaltung - trotz der erheblichen Unterschiede, s. oben § 4 III 2 a) aa) - auf abstrakter Ebene über einen ideellen Zusammenhang, s. Badura, in: FS BVerfD, S. 907 f. 516 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 I 2 (S.458). - Zur Anwendung des Mehrheitsprinzips bei Personengesellschaften s. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 11 2 (S. 459 f.). 517 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (144); Wiedemann, Übertragung, S.29; Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 18. 518 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 18, spricht von "Rolle", wobei der Begriff nicht mit dem sozialwissenschaftlichen Rollenverständnis gleichgesezt werden darf . 519 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 18; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 454; Isensee, Der Staat 20 (1981), 161 (165); Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 8; s. auch Wahl, in: Schoch/Schmidt-AßmannlPietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 49. 520 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 18 f.; lsensee, Der Staat 20 (1981), 161 (164); Starck, in: HbdStR 11, § 29 Rn 8 ff.; Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 61; Zippelius, Staatslehre, § 17 III 4 (S. 132 f.); Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 454.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
den zwei Rollen des Staatsbürgers, der Rolle des citoyen und der des bourgeois. 521 Auch im Zivilrecht läßt sich diese "Doppelrolle" des Mitglieds feststellen: Hier wird zwar teilweise verneint, daß sich das Mitglied einer Verbandsautonomie und -gewalt "unterwerfe", weil sich in der Mitgliedschaft Privatautonomie verwirkliche. 522 Der Verlust privater Autonomie aufgrund der Einordnung in den Verband wird - zumindest soweit das Mehrheitsprinzip herrscht523 - jedoch nicht bestritten. 524 Um die Interessen des Mitglieds vor einer unzulässigen Mehrheitsherrschaft525 zu schützen, sind dieser Grenzen gezogen, die u. a. 526 im Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte und im Belastungsverbot bestehen. Dem Kernbereich gehören die Mitgliedschaftsrechte an, die als mehrheitsfest angesehen werden,527 während das Belastungsverbot ausschließt, daß dem Mitglied durch Mehrheitsbeschluß zusätzliche Leistungen auferlegt werden. 528 Bei diesen bei den Schranken der Mehrheitsherrschaft wird die Parallele zur Problematik im öffentlichen Recht besonders deutlich. Die Kernbereichslehre und das Belastungsverbot sollen den subjektivrechtlichen "status negativus des Gesellschafters" beschreiben, an dem sich die formell legitimierte Mehrheitsmacht
Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 18,20. Lutter, AcP 180 (1980), 84 (96 f.). - Demgegenüber spricht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 I (S.458), ausdrücklich von einer Unterwerfung des Mitglieds unter die Mehrheitsmacht. 523 Ftume, Personengesellschaft, § 13 I (191). 524 Wiedemann, Übertragung, S. 29; Ftume, Personengesellschaft, § 13 I (S. 191); Lutter, AcP 180 (1980), 84 (144); besonders anschaulich Brecher, in: FS Hueck, S. 258: "Je mehr nun die durch die Partner gesetzte Aufgabe von den individuellen Personen sich löst, sich objektiviert und zum Zweckprinzip einer gegenständlichen Organisation wird [ ... ], je mehr also die Partner fungibel, ihre Rechte und Pflichten 'verdinglicht' werden, desto dichter wird die Geschlossenheit des 'Verbandes', desto mehr wird er zum Subjekt. [ ... ] Das gerade die Objektivierung das Subjekt begründet, erklärt sich daher, daß jeder Partner durch die Bindung etwas von seiner subjektiven Freiheit und Entscheidung abgibt, also auf Teile seiner Subjektqualität insoweit verzichtet. Das große neue Subjekt baut seine Subjekteigenschaft auf aus dem, was ihm die 'Mitglieder' abgegeben haben." 525 So auch die Begriffswahl bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 Il 4 (S. 467); Roitzsch, Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 40 ff. 526 Zu den unterschiedlichen Grenzen der Mehrheitsherrschaft, nämlich dem zwingenden Recht, den guten Sitten (vgl. § 241 Nr. 4 AktG), dem Gleichbehandlungsgrundsatz, den Treuepflichten und den sog. mehrheitsfesten Minderheitenrechte, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 1I 2 (S. 468); s. auch Roitzsch, Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 32 ff. u. Heermann, ZGR 2000,61 ff. 527 So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III b (S. 478 f.), s. auch Ftume, PersonengeseIlschaft, § 13 I (S. 191). - Zur umstrittenen dogmatische Einordnung der Kernbereichslehere und ihrer Anwendung auf verschiedene Gesellschaftsformen s. K. Schmidt, a. a. 0., u. Göbet, Mehrheitsentscheidungen, S. 178 ff. 528 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III b (S. 478 ff.). 521
522
§ 4 Die Mitglieder
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bricht. 529 Deshalb sprechen einigen von mitgliedschaftlichen "Grundrechten".53o Der Kernbereich der Mitgliedschaft bietet Schutz vor Fremdbestimmung531 und sichert die Autonomie des Mitglieds. Dabei wird zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte häufig auch das Stimmrecht des Gesellschafters gezählt,532 obwohl gerade dieses die Teilhabe an der Herrschaft und damit nicht nur Selbst-, sondern im Verband auch die Fremdbestimmung ermöglicht.
bb) Ergebnis: keine apersonale Anknüpfung mitgliedschaftlicher Mitwirkungsrechte
Die aufgezeigte DoppelsteIlung des Mitglieds verbietet es, das Mitglied, soweit es seine Mitwirkungsrechte ausübt, nur als normative Figur zu betrachten. Das Mitglied handelt, auch wenn die Mitwirkungsrechte durch seine Teilhabe an der Organisation und das Organisationsrecht bestimmt werden, nicht nur als "Glied des Ganzen". Das Wahl- bzw. Stimmrecht kann damit nicht entweder dem Bereich der Herrschaft und Organisation oder dem der individuellen Freiheit zugeordnet werden. 533 Das Wahl- und Stimmrecht besteht, auch wenn es konstituierende Bedeutung rur den Verband hat, nicht nur aufgrund und um der Organisation willen, sondern auch, weil die Teilhabe an der verbandlichen Gewalt freie Entfaltung der Persönlichkeit bzw. Verwirklichung von Privatautonomie darstellt. Damit können diese Rechte auch nicht an ein apersonales Amt angeknüpft werden. Vielmehr ist mit der ganz überwiegenden Auffassung im öffentlichen und im Zivilrecht davon auszugehen, daß Wahl- und Stimmrechte an die Person des Mitglieds geknüpft sind. Unter Zugrundlegung eines apersonalen Organisationsverständnisses und entsprechender Folgerungen rur den Organ streit können einzelne Mitglieder, die um ihre innerorganisatorischen Mitwirkungsrechte streiten, damit nicht Beteiligte eines Organstreits sein. Dieses Abgrenzungskriterium ermöglicht damit rur einzelne Mitglieder eine klare Trennung von Innen- und Außenrechtsstreit, und es vermeidet nebenbei die ansonsten schwierige Grenzziehung zwischen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III b dd (S. 481). Wiedemann, ZGR 1977,690 (692). 531 Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 179. 532 s. Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 117, 193 f.; Roitzsch, Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 42; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III b bb (S. 478); in diese Richtung rur das Staatsrecht auch Zippelius, Staatslehre, § 17 III 4 (S. 132), der die 529 530
gleichberechtigte Mitwirkungskompetenz des Bürgers als eine Minimalgarantie ansieht, zu der der weitere Schutz vor der Herrschaftsmacht in Form der Grundrechtsgarantien trete. 533 Vgl. auch Zippelius, Staatslehre, § 17 III 4 (S. 132).
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
organisatorischer Berechtigung und individuellem, grundrechtlichem Freiheitsrecht. Während apersonale (lnnenrechts-)Subjekte keine Grundrechtsträger sein können, sind die innerorganisatorischen Mitwirkungsrechte der Mitglieder, die nach dem hier angelegten Kriterium außerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit stehen, grundrechtlich geschützt und im Wege der Verfassungsbeschwerde durchsetzbar. Diese Unterscheidung ermöglicht auch eine Abgrenzung von Staat und Gesellschaft, obwohl die grundrechtlichen Mitwirkungsrechte der Bürger gerade die Willensbildung des Staates sichern. So wird von staatlichem Tätigwerden und dem Staatswillensbildungsprozeß allein im Bereich institutionalisierter Staatlichkeit gesprochen,534 während die grundrechtlichen Freiheiten lediglich eine Mitwirkung am Volks-, nicht am Staatswillensbildungsprozeß ermöglichen sollen535 und im "Vorfeld des Staatlich-Institutionellen" verblieben. 536 So überzeugend die Abgrenzung anhand eines apersonalen Organisationsverständnisses auf den ersten Blick erscheintS37, ist sie doch inhaltlich Einwänden ausgesetzt. Denn auch der Bereich des Gesellschaftlichen ist nicht allein durch Selbstverwirklichung und Autonomie von Individuen geprägt. Auch hier sind apersonale Subjekte feststellbar, ohne daß diese direkt in die staatliche Organisation einbezogen würden. Die Abgrenzung von Organstreit und Individualrechtsschutz unter Heranziehung eines apersonalen Organisationsverständnisses versagt mithin, soweit nicht im vorhinein feststeht, daß es sich um eine Rechtsposition im Innenbereich handelt. Auch der Außen bereich ist nicht allein auf Rechtsbeziehungen zwischen Personen, juristischer oder natürlicher Art, begrenzt, ebensowenig wie der Innenbereich allein in Rechtsbeziehungen zwischen apersonalen Funktionssubjekten bestehen muß. Dies kann am verfaßten Bürger- oder Volksbegehren gezeigt werden. Soweit dieses hinreichend formiert und handlungsflthig ist, kann an dieses als Rechtssubjekt angeknüpft werden. Ob es allerdings in einer Außenrechts- oder einer Innenrechtsbeziehung steht, ist damit gerade nicht gesagt. Das Bundesverfassungsgericht kommt deshalb bei Anwendung seiner Methodik nicht umhin, in einem ersten (nicht otTengelegten) Schritt zu entscheiden, ob das fragliche Rechtssubjekt möglicherweise in einer Innenrechtsbeziehung steht. Dieser erste Schritt besteht aber gerade darin, die Funktion des fraglichen Subjekts zu betrachten und zu entscheiden, ob es am "organschaftlichen Funktionsablauf' mitwirkt. Mit der Abgrenzung des Bundesverfassungsgerichts ist demnach erst dann etwas gewonnen, wenn
Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 30. Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 27. 536 Schmitt Glaeser, in: HbdStR 11, § 31 Rn 8; Schmitt Glaeser, VVDStRL 31, 179 534 535
(221 f.). 537 s. z.B. Pietzcker, in: FS BVerfG, S. 594 der davon spricht, daß die gegenwärtige Lösung Abgrenzungsschwierigkeiten vermeide und deshalb vorzugwürdig sei.
§ 4 Die Mitglieder
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dieser Schritt getan ist. Im Ergebnis verbleibt es mithin bei einer funktionalen Abgrenzung.
b) Die funktionale Abgrenzung anband der Interessenbindung Mit der Feststellung, daß die Zweckbestimmung des Wahl- und Stimmrechts nach dem aufgezeigten Stand der Diskussion eine doppelte ist, dürfte aber auch ein Schritt weg von der Vorstellung getan sein, das Mitglied sei im Moment der Wahl an ein Gemein- bzw. Gesellschaftsinteresse gebunden. 538 Im öffentlichen Recht wird das Wahlrecht grundsätzlich als subjektives Recht qualifiziert. Nach dem herkömmlichem Verständnis des subjektiven Rechts würde dies implizieren, daß es dem Schutz und der Verwirklichung von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist;539 aktuelle Untersuchungen hierzu finden sich jedoch, soweit ersichtlich, nicht. Allein in der Literatur zum Volksbegehren gibt es vereinzelt Ansätze, die nach der Interessenausrichtung differenzieren. Hier wird mit der Zulassung eines Volksbegehrens teilweise eine Verpflichtung auf die Verfassung angenommen: Während das Volksbegehren und die Vertrauensleute aus individueller Berechtigung und eigener Legitimation hervorgingen, übten Abgeordnete ein öffentliches Amt aufgrund demokratischer Legitimation in repräsentativer Weise aus und seien als solche von vornherein auf das "Volkswohl" sowie auf die Verfassung verpflichtet. 54o Dieser Verfassungsverpflichtung würden auch die Stimmberechtigten im Zulassungsverfahren des Volksbegehrens unterzogen, sobald sie im Hinblick auf den staatsorganschaftlichen Wirkbereich tätig zu werden begönnen. 541 Eine solche Verfassungsverpflichtung der im Rahmen des Volksbegehrens aktiven Bürger kann nicht überzeugen; die Qualität und Ausrichtung ihrer staatsbürgerlichen und verfassungsrechtlich verankerten Mitwirkungsbefugnisse ändert sich nicht allein durch das Zulassungsverfahren. Sie hätte zur Folge, daß der Bürger wie ein Amtswalter dem staatlichen Wohle verpflichtet wäre. Vielmehr bringt der wählende Bürger gerade seine Individualinteressen und seine Vorstellung durch die persönlich ausgeübte Wahl ebenso wie durch Ausübung der politischen Grundrechte in das Verfahren der Gemeininteressenbildung ein. 542
538 Allgemein gegen eine Einteilung des Grundrechtsspektrums anhand von Interessensbereichen Stern, Staatsrecht, Bd. III/I, § 641J19 b) (S. 469). 539 s. oben § 6 I. I. 540 Grawert, NWVBI. 1987,2 (4). 541 Grawert, NWVBI. 1987,2 (4). 542 Zum Verfahrenselement des Gemeinwohls s. oben § 2 11. I. b) u. unten § 10 I. I.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
Denkbar wäre es zwar - entsprechend dem von Flume für die juristische Person gewählten Ansatz - davon auszugehen, daß der Staatsbürger als Mitglied "aus der Sicht seiner Interessen" die Interessen des Staates zu verfolgen habe und nicht seine Interessen gegen die des Staates stellen dürfe, sondern seine Stimmabgabe auf das Gemeinwohlinteresse auszurichten habe. 543 Im öffentlichen Recht läßt sich jedoch für eine solche Pflichtigkeit des Wählers kein Nachweis finden, vielmehr wird gerade der Verfahrenscharakter der Gemeinwohlbestimmung betont. Vergleichbares läßt sich auch im Zivilrecht feststellen. 544 Auch wenn die Unterscheidung zwischen fremd- und eigennützigen Mitgliedschaftsrechten im Zivilrecht durchaus üblich ist, ermöglicht sie keine randscharfe Unterscheidung. Sie ist vielmehr Gradmesser einer Abstufung und verleiht dieser Ausdruck. 545 Eine eindeutige Unterscheidung von Innenrechtsraum und Außenrechtsraum bzw. von individuellem und organschaftlichem Handeln anband einer interessenbezogenen Betrachtung ist gerade nicht möglich! Da die Abgrenzung dieser Bereiche nicht nach personellen oder räumlichen Kategorien vorgenommen werden, sondern, wenn überhaupt, nur spezifisch funktionaler Art sein kann,546 ist sie notwendig fließend. Dies wird auch deutlich, wenn von unterschiedlichen "Wirkbereichen", "Willensbildungs- und Entscheidungssystemen", "Funktionen und Rollen" oder "Aggregatszuständen" ein und desselben Verbandes 547 gesprochen wird.
c) Ergebnis Für die untersuchten Abgrenzungsstrategien kann mithin folgendes Fazit gezogen werden: Eine Abgrenzung anband eines apersonalen Organisationsverständnisses scheidet aus, weil auch sie darauf angewiesen ist, daß zunächst eine funktionelle Zuordnung vorgenommen wird. Solange eine solche wiederum anband einer vermeintlichen Interessenbindung vorgenommen werden soll, versagt sie beim mitgliedschaftlichen Wahlbzw. Stimmrecht, da Mitglieder im Verband eine Doppelrolle einnehmen. Ihre innerorganisatorischen Mitwirkungsrechte dienen nicht allein der Herstellung der Willensbildung und damit dem Verband, sondern auch der Verwirklichung
543 Flume, Juristische Person, § 7 II (S. 201, 212); in diese Richtung auch HeppSchwab, Mitgliedschaft, S. 67 544 s. oben § 2 11. I. b) u. unten § 10 I. I. 545 H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit, S. 149 f. 546 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 45. 547 Für Nachweise s. Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 25.
§ 4 Die Mitglieder
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ihrer Autonomie. Der Blick ins Zivilrecht und auch die nähere Untersuchung des staatsbürgerlichen Wahlrechts haben gezeigt, daß, obwohl von subjektiven Rechten gesprochen wird, die involvierten und geschützten Interessen längst nicht eindeutig differenziert werden können. Der unscharfe Begriff des "Interesses" läßt eine Abgrenzung im Abstrakten zwar als möglich erscheinen, verdeckt hingegen, daß eine Abgrenzung im Tatsächlichen nur sehr schwer vorzunehmen ist. Das Mitglied, welches bei Ausübung seiner innerorganisatorischen Mitwirkungsrechte im Spannungsfeld von Herrschaft und Autonomie steht, kann nicht eindeutig entweder dem Innen- oder· dem Außenbereich zugeordnet werden. Auch die Regelungsintention des Gesetzgebers, welche mit Blick auf Ermächtigungsgrundlage,548 Formalien und Verfahren 549 festzustellbar wäre, hilft nur da weiter, wo verfassungsrechtliche insb. prozeßrechtliche Ausgestaltung von Volksbegehren und -entscheid Rückschlüsse zulassen. Diese Unschärfe läßt die Sinnhaftigkeit der Trennung von Innen- und Außenbereich zweifelhaft erscheinen. 55o Dennoch wird nach wie vor angenommen, daß beide Bereiche von unterschiedlichen System- und Rechtsstrukturen geprägt sein sollen und daß es zwischen bei den Bereichen verfassungsrechtliche Scheide- und Grenzlinien geben müsse. 551 Die Notwendigkeit einer Unterscheidung552 ergibt sich rur den Bereich der Grundrechte schon aus der Überlegung, daß der Staat nur Schuldner, nicht Inhaber von Grundrechten sein könne. 553 Allerdings werden die Berührungspunkte der beiden Bereich in der rechtswissenschaftlichen Literatur ganz überwiegend gemieden bzw. nur am Rande gestreift. 554 Will man eine verfassungsrechtliche Scheide- und Grenzlinie zwischen beiden Bereichen im Wege einer funktionellen Betrachtung im Einzelfall ziehen, so versagen jedenfalls die aufgezeigten Abgrenzungskriterien, es verbleibt nur die - unter Rechtsschutzgesichtspunkten relativ unbefriedigende Lösung, die Funktion des Mitglieds wertend entweder dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen. 555 Eine solche Wertung ist letztlich die vielfach vorgenommene pauschale Zuordnung der Mitgliedschaftsrechte zum Außenbe-
Rupp, Grundfragen, S. 94. Schwabe, JA 1975,45 (50). 550 s. Alberts, WissR 12 (1974), 50 (51 f. ); Bremer, WissR 10 (1977), 1 (5). 551 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 29. - Die angemahnte Grenzziehung bleibt aber auch bei Rupp undeutlich. 552 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 1, bejaht die Notwendigkeit für alle frei und pluralistisch ausgestalteten Gemeinschafts- und Verbandswesen; beispielhaft benennt er Wirtschaftsgesellschaften, politische Parteien, Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiativen. 553 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 32. 554 Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 44. 555 Vgl. Rupp, in: HbdStR I, § 28 Rn 17,26,33. 548 549
13 Diemert
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
reich,556 die jedoch auf die Einbettung in den innerorganisatorischen Willensbildungsprozeß Rücksicht zu nehmen hat. 557
556 BVerjG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvG 2/58, 2 BvE 1/59 -, in: BVerfGE 13,54 (85); BVerjG, Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1,2/82,2 BvR 233/82 -, in: BVerfGE 60, 175 (201 f.); BVerjG, Beschl. v. 7.9.1997 - 2 BvR 389/94 -, in: BVerfGE 96,231 (239 f.); VG Dessau, Urt. v. 23.3.1995 - I A 75/94 -, in: LKV 1996, 74 (75); Wehr, BayVBI. 1996, 549 (553); von Danwitz, DVBI. 1996, 134 (141); Schäfer, Bürgerbeteiligung, S. 149; Spies, Bürgerversammlung, S.235; Grawert, NWVBI. 1987, 2 (4); SchulzGardyan, Aktionärsklage, S.92; Bark, ZGR 1989, I (4); Pflugradt, Leistungsklage, S. 35 m. w. N.; Bitter, Leistungsklagen, S. 5; Habersack, Mitgliedschaft, S. 192 f.; Bark, ZGR 1989, I (3); Ritgen. Bürgerbegehren, S. 116, 118, 253; Schliesky, DVBI. 1998, 169 (170 f.); Heimlich, DÖV 1999, 1029 (1031); Schulz-Gardyan, Akionärsklage, S.91. 557 s. Habersack, Mitgliedschaft, S. 194 ff., 211.
§ 5 Die Organ mitglieder Läßt man die umstrittenen Mitgliedschaftsklagen außen vor, so betreffen die von der Rechtsprechung entschiedenen Kommunalverfassungsstreitverfahren vornehmlich Streitigkeiten innerhalb von Kollegialorganen, d.h. Streitigkeiten im sog. intraorganschaftlichen Bereich. Auch in der Rechtsprechung zum Aktienrecht sind bisher überwiegend Klagen von Aufsichtsratsmitgliedern entschieden worden. 1 An dieser Stelle sei eine kurze terminologische Klarstellung eingeschoben: Ganz häufig werden Organmitglieder, teilweise wird in Anlehnung an den Begriff des Kollegialorgans auch von Kollegen gesprochen/ als Teile des Gesamtorgans, sog. Organteile, angesehen. 3 Die Verwendung dieses Begriffes kann mit Blick auf die Relativität des Organbegriffes mißverständlich sein. Im übrigen impliziert sie vor allem eine gewisse Institutionalisierung, welche in Hinblick auf Organmitglieder erst noch abzuklären ist. Der Begriff des Organteils soll deshalb zukünftig keine Verwendung finden; vielmehr wird auf den Begriff des Organmitglieds zurückgegriffen. Obwohl Streitigkeiten aus dem Binnenbereich der Kollegialorgane, insbesondere zwischen Kollegialorgan und seinen Organmitgliedern, die Rechtsprechung zu Organ streitigkeiten angestoßen haben und auch heute noch den Schwerpunkt der Innenrechtsstreitigkeiten bilden, sind viele Fragen ungeklärt, insbesondere stellt sich die Frage, ob und wenn wieweit Organmitglieder als naI aLG Düsseldorf, Urt. v. 15.10.1973 - 6 U 131/72 - (Bayer - 2. Instanz), in: WM 1973; BGH, Urt. v. 5.6.1975 - II ZR 156/73 - (Bayer - 3. Instanz), in: BGHZ 64, 325 ff.; LG Köln, Urt. v. 13.7.1976 - 3 0 121/76 - (Feiten u. Guilleaume), in: AG 1976, 329; aLG Düsseldorf, Urt. v. 22.6.1995 - 6 U 104/94 - (ARA G/Garmenbeck - 2. Instanz), in: ZIP 1995, 1183 (1186) m. w. N.; BGH, Urt. v. 25.3.1981 - II ZR \02/81 -, BGHZ, 83, 144 (146); BGH, Urt. v. 17.5.1993 - II ZR 89/92 -, in: BGHZ 122,342 (347f.); BGH, Urt. v. 15.11.1993 - II ZR 235/92 -, in: BGHZ 124, 111 (115). 2 Hoppe, Organ streitigkeiten, S. 170. 3 Tsatsos, Organstreit, S. 39; Hoppe, Organstreitigkeiteil, S. 170; Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 37; Gern, VBIBW 1989, 449 (451); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136; Wengenroth, Gemeinderatsmitglieder, S. 195; Schoch, JuS 1987, 783 (786); Schnell, Freie Meinungsäußerung, S. 14; Müller, JuS 1990, 997 (1000); BaueriKruse, JuS 1996,512 (516); s. auch VGH Mannheim, Urt. v. 25.5.19761485/75 -, in: BWVPr 1977, 181 (182); a. A. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 74 I f. 10 (S. 53), nach dessen Auffassung unter den Begriff der Organteile nicht die Mitglieder kollegialer Organe fielen, auch wenn sie als Amtswalter klageberechtigt seien; vgl. auch VG Frankfurt, Beschl. v. 2.6.1982 - VIIII G 2764/82 -, in: NVwZ 1983,373.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
türliche Personen Innenrechtssubjekte sein können. Es soll daher auch rur Organmitglieder die wissenschaftliche Diskussion im öffentlichen (nachfolgend 1.) und im Zivilrecht (unten 11.) aufgezeigt werden und eine abschließende Stellungnahme (unten III.) versucht werden.
I. Streitstand im öffentlichen Recht In der Rechtsprechung zum öffentlichen Recht ist anerkannt, daß über die Verletzung sog. Mitgliedschaftsrechte von Organmitgliedern (z. B. Ratsmitgliedern) im Wege des Organstreits von den Gerichten entschieden werden kann. Umstritten ist allerdings, ob es sich bei den Mitgliedschaftsrechten um Rechte kollegialer Ämter (unten 2.) oder um Rechte der Organmitglieder als natürliche Personen (unten 3.) handelt. 4 Obwohl in dieser Unterscheidung klassischerweise eine geeignete Abgrenzung der innenrechtsbezogenen Organstreitigkeiten von außenrechtsbezogenen Klagen gesehen wird, 5 hat auch die Literatur in diesem Punkt keine einheitliche Linie herausgebildet. J. Einführung Bevor im folgenden die wissenschaftliche Diskussion zur Frage, ob nun um Rechte natürlicher Personen oder um solche von Ämtern gestritten wird, dargelegt wird, ist es einfUhrend zunächst erforderlich, den Begriff des Amtes zu erläutern (nachfolgend a» und den ganz überwiegenden Anknüpfungspunkt der Diskussion, nämlich die Regelungen der Beteiligtenfliliigkeit in der Verwaltungsgerichtsordnung, kurz zu beleuchten (unten b». a) Die Trennung von Amt und Amtswalter Im ursprünglichen Wortsinn bedeutet "Amt" den verantwortlich wahrzunehmenden Aufgabenbereich eines Menschen, der ihm rur andere obliegt, und zwar sowohl gegenüber dem eigentlichen Träger der anvertrauten Geschäfte, als auch gegenüber den von der Pflichtausübung Betroffenen und gegenüber der Allgemeinheit. 6 Im Rechtsbegriff des Amtes tritt noch die Institutionalisiertheit hinzu;
4 s. z. B. Krebs, VerwArch 68 (1977), 189 (194). - Diese Frage wurde auch auf dem Sechsten Verwaltungsrichtertag angesprochen u. kontrovers diskutiert; s. Brossok, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S. 139 f. 5 Brossok, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen VerwaItungsrichtertag 1980,
S.139. 6 WolfJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 73 I a (S. 28 f.). - Zur weiteren Differenzie-
rung in das Amt im statusrechtlichen und im (konkret- bzw. abstrakt-)funktionellen Sinne s. unten § 5 I. 3.
§ 5 Die Organmitglieder
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durch Rechtssätze wird ein auf einen Menschen bezogener Aufgabenbereich begründet, der unabhängig von dem Menschen ist, der ihn wahrzunehmen hat. 7 Das Amt als institutionalisierter Inbegriff von Wahrnehmungszuständigkeiten besteht unabhängig von der individuellen Person des Amtswalters, ist intersubjektiv vorgegeben und unverfUgbar. 8 Als Amtswalter wird diejenige natürliche Person bezeichnet, weIche die im Amt zusammengefaßten Zuständigkeiten konkret wahrzunehmen hat. Zu diesem Zweck muß der Amtswalter als natürliche Person mit seinem Amt derart verbunden werden, daß ihm die Versehung gerade dieser Amtspflichten obliegt. Dies geschieht durch das sog. Amtswalterverhältnis. Das Amtswalterverhältnis kann u. a. entstehen durch Wahl und ihre Annahme, durch Berufung oder durch Zuweisung einer Amtsstelle an einen eingestellten Beamten. Aus dem Amtswalterverhältnis folgt hauptsächlich das Recht und die Pflicht, die Amtsfunktionen des konkreten Amtes zu versehen. 9 Hiervon unterschieden wird das sog. Grundverhältnis, weIches häufig ein Dienst- oder Auftragsverhältnis ist. \0 Die hier zugrundegelegte Unterscheidung zwischen institutionalisiertem Amt und Amtswalter als natürlicher Person setzt sich bei den Rechten und Pflichten fort: Hinsichtlich der den Ämtern zugewiesenen Wahmehmungszuständigkeiten sind diese rechtstechnisch Zuordnungsendsubjekte. Dem Amtswalter stehen deshalb die aus der Amtsstelle folgenden Rechte und Pflichten nur auf dem "Umweg" über seine Pflicht zur Wahrnehmung der im Amt zusammengefaßten Zuständigkeiten zu. lI Die Wahrnehmungsverpflichtung soll sich deshalb nicht auf die im Amt zusammengefaßten Zuständigkeiten, sondern nur auf die Amtswaltung als solche beziehen. 12 Übertragen auf die Mitgliedschaftsrechte von Mitgliedern kollegialer Organe bedeutete dies, daß die Mitgliedschaftsrechte dem Amt "Organmitglied" und nicht dem Organmitglied als natürlicher Person zustünden.
b) Die Beteiligtenflihigkeit im Rahmen des Organ streits Die Diskussion darum, ob die Mitgliedschaftsrechte dem einzelnen Mitglied als natürlicher Person oder dem Amt "Organmitglied" zustehen, wird ganz Krüger, Staatslehre, § 19 11 I (S. 256 f.). WoljJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 73 I c (S. 29). 9 WoljJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 73 III (S. 41); Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 143. 10 WoljJlBachof, Verwaltungsrecht 11, § 73 III b (S. 35); s. auch Ewald, DVBI. 1970, 237 (238) zum Verhältnis Organwalterverhältnis/Grundverhältnis. 11 So Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 144; Woljf, Organschaft 11, S. 272. 12 So Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 144. 7
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
überwiegend bei der Frage diskutiert, auf welchem Wege die Beteiligtenfilhigkeit der im Organstreit involvierten Beteiligten zu begründen ist. 13 Die Beteiligtenfilhigkeit wird als einer der Angelpunkte der Problematik des Organstreits angesehen und es besteht ein enger Zusammenhang mit allen weiteren seiner Grundfragen. 14 Bei der wissenschaftlichen Erörterung der ersten Frage spielen auch Unterschiede im Verständnis der maßgeblichen Normen, §§ 61, 63 VwGO, ein Rolle, die nicht mit der Ausgangsfrage vermengt werden dürfen. Es ist aus diesem Grunde notwendig, die Erörterungen zur Beteiligtenfilhigkeit kurz aufzugreifen. Zunächst ist bei der in §§ 61, 63 VwGO geregelten Beteiligtenfilhigkeit umstritten, ob diese mit dem aus der Zivilprozeßordnung bekannten Begriff der Parteifllhigkeit gleichgesetzt werden kann. Dort gilt gern. § 50 Abs. 1 ZPO der Grundsatz: Parteifilhig ist, wer rechtsfilhig ist. Die Parteifilhigkeit hat dementsprechend einen materiell-rechtlichen Anknüpfungspunkt. Von einer Mindermeinung wird nun vertreten, daß § 61 VwGO nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik eine rur verwaltungsgerichtliche Verfahren abschließende und von der Parteifilhigkeit des § 50 ZPO zu unterscheidende Regelung treffe. 15 Dies zeigten insbesondere die Regelungen zur Beiladung und zur Beteiligtenfilhigkeit des Vertreters des öffentlichen Interesses, wonach eine Beteiligung am Prozeßverhältnis teilweise auch möglich sei, ohne daß eigene Rechte geltend gemacht wUrden. 16 Die § 50 ZPO zugrunde liegende materielle Anknüpfung könne deshalb nicht in die Verwaltungsgerichtsordnung übertragen werden; auf eine Geltendmachung eigener Rechte komme es bei § 61 VwGO nicht an. Bei einem solchen Normverständnis kann demnach aus der Beteiligtenfllhigkeit und ihrer Begründung nicht auf die Frage der materiellen Rechtszuordnung geschlossen werden. Von der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur wird demgegenüber zu Recht eine materielle Anknüpfung der Beteiligtenfilhigkeit bejaht. Zwar kenne die Verwaltungsgerichtsordnung den Begriff der Partei nicht, sondern spreche stets von den Beteiligten am Verfahren. Dieser Unterschied sei jedoch überwiegend terminologischer Art,17 der seine Begründung in der begrifflichen 13 s. Roth, VerwaItungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 908 ff., zählt insgesamt vierzehn (!) dogmatische Konstruktionen filr die Beteiligtenflihigkeit im verwaltungsrechtlichen Organstreit auf. 14 Püftner, in: Dokumentation zum Sechsten Deutschen Verwaltungsrichtertag 1980, S.135. 15 Rausch, JZ 1994,696 (698). 16 Rausch, JZ 1994,696 (697 f.). 17 Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 37 ff., verwendet fortlaufend den Begriff der Parteiflihigkeit im Rahmen seiner Untersuchung zu § 61 VwGO; so auch Dagtoglou, Kollegialorgane, S. 72 und passim; vgl. aber Redekerlvon Oertzen, VwGO, § 63 Rn I.
§ 5 Die Organmitglieder
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Kongruenz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens l8 bzw. in der Erkenntnis finde, daß vielfach Dritte am Verfahren beteiligt seien. 19 Der VwGO-Gesetzgeber habe entsprechend dem Rechtsträgerprinzip im Grundsatz in § 61 Nr. 1 VwGO (beteiligungsfähig sind rechtsfähige natürliche und juristische Personen) die materiell-rechtliche Anknüpfung20 übernommen. 21 In Nr.2 und Nr. 3 habe der Gesetzgeber schließlich das Prinzip der Gleichstellung von Rechtsfähigkeit und Beteiligtenfähigkeit modifiziert, indem er in Nr. 2 auch die Teilrechtsfähigkeit ausreichen lasse;22 eine Regelung, der nun eine Vorreiterrolle mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Parteifilhigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugemessen wird. 23 In Nr.3 hat er schließlich abweichend die Beteiligtenfähigkeit nichtrechtsfähiger Behörden geregelt. 24 Nach diesem zutreffenden Normverständnis ist die materielle Rechtsträgerschaft rur die Beteiligtenfilhigkeit entscheidend. Übertragen auf den Innenrechtsstreit bedeutet dies, daß rur die Beteiligtenfilhigkeit die innerorganisatorische Kompetenz- und Pflichtenzuordnung, die innenrechtsbezogene Rechtssubjektivität, maßgebend ist. 25 Es verwundert daher nicht, daß die Frage, wer nun Träger der Mitgliedschaftsrechte ist, das Organmitglied als natürliche Person oder das Amt "Organmitglied", im Rahmen der Untersuchung der Beteiligtenfähigkeit und hier bei der Frage, ob diese über § 61 Nr. 1 VwGO begründet werden kann oder nicht, diskutiert wird. Allerdings darf die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Beteiligtenfähigkeit im Innenrechtsstreit nicht unbesehen auf die Frage der Innenrechtssubjektivität der Organmitglieder übertragen werden, wie die nähere Analyse dieser Auseinandersetzung zeigt. Die Beteiligtenfähigkeit von monokratischen Organen und Organmitgliedern wird von einer Mindermeinung über § 61 Nr. 1 VwGO begründet. Ein Organwalter verliere auch in seiner organschaftlichen Funktion seine Eigenschaft als natürliche Person nicht; auf der Ebene der Beteiligtenfilhigkeit dürfe die Scheidung zwischen Organwalter und Organ, Person und Amt deshalb nicht UbertrieCzybullw, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 61 Rn 4. Redekerlvon Oertzen, VwGO § 63 Rn 1. 20 Für die materiell-rechtliche Anknüpfung der Beteiligtenfiihigkeit: OVG Münster, Urt. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (156); Seeger, BWVPr 1978, 50; Dagtoglou, Kollegialorgane, S. 72. 21 Czybullw, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 61 Rn 4; Bier, in: Schoch/SchmidtAßmannIPietzner, VwGO § 61 Rn 2; Dolde, in: FS Menger, S. 428; s. auch Wiedemann, JZ 2001, 661 (662). 22 Ewald, DVBI. 1970,237 (241); Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 48; Martensen, JuS 1995, 989 (991), spricht ausdrücklich davon, daß die Beteiligtenfiihigkeit an die Rechtsfiihigkeit angeglichen werde. 23 Wiedemann, JZ 2001, 661 (662). 24 Czybullw, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 61 Rn 4. 25 OVG Münster, Urt. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (156). 18
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ben werden. 26 Dieser Auffassung dürfte folglich die Auffassung zugrunde liegen, daß Mitgliedschaftsrechte nicht notwendigerweise an ein apersonales Amt angeknüpft sind. Die wohl herrschende Auffassung verneint hingegen die Anwendung von § 61 Nr. 1 VwGO in diesen Fällen27 • Teilweise wird dies damit begründet, daß Mitgliedschaftsrechte nicht dem Organwalter bzw. dem Mitglied als natürlicher Person, sondern dem Organ bzw. dem Amt! Organteil zuzuordnen seien. 28 Bei einem solchen Begründungsansatz beinhaltet die Nichtanwendung des § 61 Nr. 1 VwGO auch eine Aussage über die Zuordnung der Mitgliedschaftsrechte an das Organteil bzw. Amt. Teilweise wird gegen § 61 Nr. 1 VwGO aber auch angetUhrt, daß diese Norm nur auf Außenrechtsstreitigkeiten zugeschnitten und § 61 Nr. 1 1. Alt. VwGO nur auf personenbezogene Individualrechte des Außenrechtsbereich anwendbar sei: 29 Nur bei natürlichen Personen, denen der umfassende Schutz der Grundrechte zukommen könne, könne die Beteiligtenflihigkeit über § 61 Nr. 1 VwGO begründet werden. 30 Bei einer 26 So Schiedsgerichtsurteil v. 21.5.1973, in: DÖV 1973,852 (854); VGH Mannheim, Urt. v. 5.12.1978 - K 2676/78 -, in: DÖV 1980,573; OVG Koblenz, Urt. v. 8.3.19656 A 22/64 -, in: AS 9, 335 (342); Heermann, Der Gemeinderatsbeschluß, S. 304; Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 69 f. (für Organmitgliedern); Baclehaus, VBIBW 1985, 236; Bonk, Organstreitigkeiten, S. 66 f.; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 21 Rn 8; wohl auch Knöppel, Das Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 163; so auch Rausch, JZ 1994, 696 (699), der allerdings die Beteiligtenfähigkeit nicht materiell anknüpft. 27 Aufgrund der Nichtanwendbarkeit des § 61 Nr. 1 VwGO wird die Beteiligtenflihigkeit dann zumeist über § 61 Nr. 2 direkt oder analog begründet: OVG Münster, Urt. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (156); VGH Mannheim, 25.5.1976 - I 485/75 -, BWVPr 1977, 182; VGH Mannheim, 19.4.1983 - 9 S 1466/81, in: DÖV 1983,862; OVG Bautzen, Beschl. v. 31.7.1996 - 3 S 274/96 -, in: NVwZ-RR 1997, 665; VG Kassel, 17.9.1982 - IIII2 G 3289/82, in: NVwZ 1983,372; Bethge, DVBI. 1980, 824; Buchwald, Organstreit, S. 161; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136 ff.; Bauer/Krause, JuS 1966,512 (515 f.); Schoch, JuS 1987,783 (787); Martensen, JuS 1995,989 (991 f.); Müller, JuS 1990,997 (1000); Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 61 Rn 19, 38; Bier, in: SchochlSchmidt-AßmannIPietzner, VwGO § 61 Rn 7; Tsatso, Organ streit, S. 34 ff.; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 921 f.; Jokisch, Kommunalverfassungsstreitverfahren, S. 159; rur eine analoge Anwendung von § 61 Nr.1 VwGO: Gern, VBIBW 1989, 449 (451); auf eine Rechtsfortbildung greift Erichsen, in: FS Menger, S. 223 ff.; auch Schoch, JuS 1987, 783 (786 f.), spricht davon, daß dieser Weg die "ehrlichere These" sei. 28 Bauer/Krause, JuS 1966,512 (515); Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 913; s. auch Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136 f., der zunächst auf die Zuordnung an das Amt abstellt, sozusagen hilfsweise aber auch auf die Außenrechtsbezogenheit der Regelungen über die Beteiligtenfähigkeit abstellt. 29 OVG Bautzen, Beschl. v. 31.7.1996 - 3 S 274/96 -, in: NVwZ-RR 1997,665; Gern, VBIBW 1989,449 (451); Martensen, JuS 1995,989 (991); Schoch, JuS 1987, 783 (787); Bauer/Krause, JuS 1996, 512 (515); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 137; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 61 Rn 19, 38; Bier, in: Schoch/SchmidtAßmannIPietzner, VwGO § 61 Rn 7; Erichsen, KommunaiR d. L. NRW, § 7 C (S. 119); kritisch hierzu Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 912. 30 Bauer/Krause, JuS 1966, 512 (515).
§ 5 Die Organmitglieder
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solchen Argumentation ist nicht ausgeschlossen, daß Organwalter bzw. Organmitglieder Innenrechtssubjekte sein können.
2. Die Anknüpfung an ein institutionalisiertes apersonales internes Funktionssubjekt In Literatur und Rechtsprechung zum öffentlichen Organstreit herrscht überwiegend die Auffassung vor, daß Mitglieder kollegialer Organe (also z.B. Ratsmitglieder) als Organwalter modal aufeinander bezogene Ämter kongruenter Zuständigkeiten innehätten. 31 Die sog. Mitgliedschaftsrechte, d.h. die den OrganmitgJiedern zugewiesenen Teilnahme- und Mitwirkungsrechte, seien nicht den OrganwaItern als natürliche Personen, sondern dem Amt "Organmitglied" zugeordnet. 32 Zur Begründung wird zunächst auf die Verhältnisse beim monokratischen Organ verwiesen. Als institutionelles Subjekt, als Komplex von Zuständigkeiten, sei das Organ in seiner rechtlichen Existenz unabhängig von der Person des Organwalters und deshalb von diesen zu unterscheiden. 33 Soweit Organkompetenzen im Streit stünden, wUrde nicht um individuelle Rechte des Organwalters, sondern um Zuständigkeiten des Organs gestritten. 34 Die aus der OrgansteIlung abzuleitenden Rechtspositionen seien unabhängig von der sie tragenden Person des OrganwaIters und deshalb als organschaftliche Rechte apersonal angeknüpft. 35 Der Organwalter sei insoweit nur mittelbar an dem Streit "beteiligt", 31 Hoppe, Organ streitigkeiten, S. 217, insb. Fn 38; Heinrich, Streitigkeiten im Hochschulinnenbereich, S. 111. 32 Ewald, WissR 4 (\971), 269 (272); Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136; Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (449); Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 217 Fn 38; Wengenroth, Gemeinderatsmitglieder, S. 195; Schoch, JuS 1987, 783 (786); Tsatsos, Organ streit, S. 34 f. (insb. Fn 71) und S. 39; Stumpf, BayVBI. 2000, 103 (107); Bauer! Krause, JuS 1966,512 (515); Freund, Innenrecht, S. 119 ff.; Wahl, in: Schoch/SchmidtAßmannlPietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 913 f.; teilweise differenzierend Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 152 f.; s. auch VGH Mannheim, Urt. v. 25.5.1976 - 1485175 -, in: BWVPr 1977, 181 (\82) u. aVG Lüneburg, Beschl. V. 17.1.2002 - IO LA 1407/01 -, in: NdsVBI. 2002, 135, letzteres zum Fraktionsmitglied. 33 Krebs, Jura 1981, 569 (570, 579); Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 21 ff., 913. 34 Schnapp, VerwArch 78 (1987), 407 (449) m. w. N.; Wahl, in: Schoch/SchmidtAßmannlPietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120; Bethge, HkWP 11, S. 189; Ewald, DVBI. 1970,237 (239); Hoppe, DVBI. 1970,845 (849); Krebs, Jura 1981, 569 (579); Freund, Innenrecht, S. 120; Schoch, JuS 1987, 783 (786). 35 Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120; Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 24; Bauer!Krause, JuS 1966, 512 (515) sprechen vom apersonal institutionalisierten organschaftlichen Innenrechtsstatus.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
als er als Walter die Kompetenzen des Organs wahrzunehmen habe. 36 Nur auf diesem Wege sei das Fortwirken der Organisation auch beim Ausscheiden des persönlich zuständigen Organwalter sicherzustellen. 31 Wäre das Recht dem jewie ligen Organwalter zugeordnet, würde der Staat in eine Vielzahl von Personen aufgelöst; Privatpersonen wären dann Träger hoheitlicher Rechte, "und die Kontinuität des Staates wäre unterbrochen". 38 Dies gelte auch für die Mitglieder von Kollegialorganen. 39 Kollegialorgane seien wie monokratische Organe40 einheitliche Subjekte von Wahrnehmungszuständigkeiten. Weil beim Kollegialorgan - anders als bei monokratischen Organen - mehrere Organwalter tätig würden, bedürfe es rechtlicher Bestimmungen über Inhalt und Umfang der den einzelnen Kollegen zustehenden Befugnisse41 . Hierdurch entstehe ein im Amt des "Kollegen"/ des "Organmitglieds" rechtlich zusammengefaßter Aufgaben- und Pflichtenkreises42 als "ideelles Zurechnungssubjekt,,43: Während bei monokratischen Organen alle Wahrnehmungszuständigkeiten intern von einem Amt wahrgenommen würden, Organ und Amt also zusammen fielen,44 seien die Aufgaben bei Kollegialorganen auf mehrere Ämter kongruenter Zuständigkeit verteilt. 45 Allein aus der Mehrzahl der Organwalter könne deshalb nicht auf eine personale Anknüpfung der Mitgliedschaftsrechte geschlossen werden, da es ansonsten geboten wäre, auch die Rechte und Pflichten monokratischer Organ personal anzuknüpfen. 46 Die Differenzierung zwischen individueller und institutioneller Sphäre wird weiterhin mit Blick auf die Grundrechtsgeltung fiir notwendig erachtet. 41 Es 36 Ewald, DVBI. 1970, 237 (239); Ewald, WissR 4 (1971), 269 (272); vgl. auch Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 144. 31 Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 22. 38 So Kiock, Kommunalverfassungsstreitigkeiten, S. 43, Jellinek, Allg. Staatslehre, S. 562; vgl. auch Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 22 f. 39 Vgl. Bauer/Krause, JuS 1966, 512 (516); Wahl, in: Schoch/SchmidtAßmannIPietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 120; s. auch Freund, Innenrecht, S.120. 40 Heinrich, Hochschulinnenbereich, S. 144; Ewald, DVBI. 1970, 237 (239), verwendet den Begriff "Individualorgan". 41 Ewald, DVBI. 1970,237 (239). 42 So ausdrücklich Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 217 Fn 38 43 So Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 217. 44 Heinrich, Streitigkeiten im Hochschulinnenbereich, S. 111. 45 Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 217. 46 Ewald, DVBI. 1970, 237 (239). - Diese Überlegung scheint auch bei der Argumentation von Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 914, eine Rolle zu spielen, denn als Beispiel einer (von ihm abgelehnten) personalen Anknüpfung, nennt er allein die Person des Bürgermeisters und damit ein monokratisches Organ. 47 Betghe, DVBI. 1980, 824 (825); Waechter, Kommunalrecht, Rn 412; Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136; Scholz/Langer, Stiftung, S. 69, 71 f.
§ 5 Die Organmitglieder
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entspricht nämlich der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß eine Berufung auf Grundrechte durch Innenrechtssubjekte rur diesen Rechtskreis ausgeschlossen ist. 48 Der grundrechtlichen Argumentation liegen zwei Überlegungen zugrunde: Dies ist zunächst die Überlegung, die auch bei der Abgrenzung von Innenund Außenrecht vorgetragen wird,49 daß im Außenbereich subjektive Rechte, insbesondere Grundrechte, zur Geltung kämen, während der Innenbereich pflichtenorientiert sei. Die streitbefangenen Rechtspositionen des Innenbereichs seien deshalb wegen ihres apersonalen und instrumentalen Charakters von den subjektiven Rechten des Außenrechtskreises und den Grundrechten zu unterscheiden. 50 Die vom Wertgehalt der Freiheitsrechte zehrenden subjektiven Rechtspositionen dürften nicht in eine mit apersonaler Pflichtigkeit ausstaffierte Kompetenzposition umgepolt werden mit der Folge, daß Grundrechtsstatus und kompetentieller Pflichtenstatus vermengt würden. s1 Diese Gefahr suchen Rechtsprechung und Literatur durch die strikte Unterscheidung zwischen dem Amt als Innenrechtsadressat und dem Organ- bzw. Amtswalter als natürlicher Person und damit Außenrechtsadressat zu vermeiden. 52 Es wird deshalb davon ausgegangen, daß durch die Zurechnungseinheit der juristischen Person eine normative Neutralisierung des Organhandeins, genauer: die Aufspaltung personalen Handeins in individuale und organisierte Bestandteile, erzwungen werde. 53 Or48 OVG Münster, Vrt. 10.9.1982 -15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (160); VerjGH Bayern, Entsch. v. 23.7.1984- Vf. 15-VII-83 -, in: BayVBI. 1984,747 (749); BVerwG, Beschl. v. 12.2.1988 - 7 B 123/87 -, in: NVwZ 1988, 837; OVG Münster, Vrt. v. 27.7.1990 - 15 A 709/88 -, in: NVwZ-RR 1991, 260 (261); Müller, JuS 1990, 997 (999); Bauer/Krause, JuS 1966,512 (515); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 348; Schnell, Freie Meinungsäußerung, S. 68 ff.; Betghe, DVBI. 1980, 824 (825); Waechter, Kommunalrecht, Rn 412; Geis, BayVBI. 1992,41 ff.; Gramlich, BayVBI. 1989,9 (10). 49 Siehe oben § 1 11. 2. u. unten § 6 I. 2. 50 OVG Münster, Vrt. v. 27.7.1990 - 15 A 709/88 -, in: NVwZ-RR 1991,260 (261); Bethge, in: HkWP 11, S. 183; Freund, Innenrecht, S. 120 f.; Erichsen, KommunaIR d. L. NRW, § 7 C (S. 119); Schoch, JuS 1987, 783 (786), welcher die auf interpersonalen Rechtsbeziehungen beruhenden Individualrechte natürlicher Personen den "streng davon zu unterscheidende[n]" korporationsbezogenen Organschaftsrechten gegenüber stellt; vgl. auch Wahl, in: SchochiSchmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 Abs. 2, Rn 49, der durch das subjektive öffentliche Recht im einzelnen die Vnterscheidungslinie von Staat und Gesellschaft markiert sieht. 51 Betghe, DVBI. 1980,824 (825); Waechter, Kommunalrecht, Rn 412, der aber von öffentlich-rechtlichen Wahrnehmungszuständigkeiten spricht. 52 Betghe, in: HkWP H, S. 177 f., führt aus: "das einzelne Ratsmitglied ist Organteil (Kollegialorgans), Teilorgan oder Organ zweiten Grades"; s. auch Betghe, DVBI. 1980, 824 (825); Schoch, JuS 1987, 783 (786); Erichsen, KommunaiR d. L. NRW, § 7 C (S. 119); so auch Waechter, Kommunalrecht, Rn 412; Schoch, JuS 1987,783 (786); andeutungsweise OVG Münster, Vrt. v. 27.7.1990 - 15 A 709/88 -, in: NVwZ-RR 1991, 260 (261), welches die Grundrechtsflihigkeit der Ratsmitglieder "in Hinblick auf die Modalitäten ihrer organinternen Amtsausübung" verneint. 53 Scholz/Langer, Stiftung, S. 69.
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2. Teil: Innenrechtssubjekte
ganisationsrechtlich werde das (personale) Handeln der Organwalter aller individuellen bzw. "autonomen" Bezüge entkleidet. 54 Auch das Bundesverfassungsgericht verweise deshalb Abgeordnete, die ihre politischen Aktivrechte und Pflichten als Mitglieder des Parlaments geltend machten, auf den Weg des Organ streits und damit auf ein Verfahren, das dem Rechtsschutz der institutionellen Sphäre der Staatsorgane diene. 55 Die Verfassungsbeschwerde bleibe ihnen dagegen verschlossen, weil sie in ihrer organschaftlichen Stellung eben nicht wie ,jedermann" und damit nicht als natürliche Personen aufträten. 56 Die Berufung von Innenrechtssubjekten auf Grundrechte sei auch deshalb ausgeschlossen, weil Innenrechtssubjekte als Organe der Exekutive und damit Träger von Hoheitsgewalt nur Adressaten und nicht aber Träger von Grundrechten sein könnten. 57 Dementsprechend verwehrt die Rechtsprechung dem Inhaber interner Kompetenzen in dieser Position die Berufung auf Grundrechte: Ein Hochschullehrer könne sich nicht auf das ihm zustehende Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs.3 Satz 1 GG, berufen, soweit er als Inhaber körperschaftsinterner Kompetenzen klage. 58 Und Ratsmitgliedern soll es verwehrt sein, sich bei Äußerungen in ihrer Eigenschaft als Ratsmitglied auf die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit zu stützen59 oder Beeinträchtigungen durch Rauchen im Sitzungssaal unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG abzuwehren. 6o
3. Die Entwicklung zu einer personalen Anknüpfung
Im neueren Schrifttum mehren sich demgegenüber die Zweifel, ob allein die Qualifizierung als Innenrechtsstreit die Zwischenschaltung des "Amtes" als institutionalisierten Zurechnungssubjekts bedingt. Vielmehr wird auch im InnenScholz/Langer, Stiftung, S. 72. Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136. 56 Bleutge, Kommunalverfassungsstreit, S. 136; vgl. B VerjG, Beschl. v. 8.6.1982 - 2 BvE 2/82 -, in: BVerfGE 60, 374 (379 f.); Beschl. v. 14.12. 1976 - 2 BvR 802175 -, in: BVerfGE 43, 142 (147 f.); Beschl. v. 29.6.1983 - 2 BvR 1546179 -, in: BVerfGE 64, 301 (313); vgl. aber auch Beschl. v. 23.10.1985 - I BvR 1053/82 -, in: BVerfGE 71, 108 (113 ff.). 57 Bauer/Krause, JuS 1966,512 (515). 58 0 VG Münster, Urt. v. 9.12.1988 - 15 A 271/86 -, in: NWVBI. 1990, 11. 59 BVerwG, Beschl. v. 12.2.1988 - 7 B 123/87 -, in: NVwZ 1988,837; OVG Münster, Urt. v. 10.9.1982 - 15 A 1223/80 -, in: OVGE 36, 154 (160); VerjGH Bayern, Entsch. v. 23.7.1984 - Vf. 15-VII-83 -, in: BayVBI. 1984, 747 (749); Müller, JuS 1990, 997 (999); anders OVG Koblenz, Beschl. v. 13.3.1985 - 7 B 6/85 -, in: DÖV 632 u. VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.2000 - I S 2624/99 -, in: HSGZ 2001, III (112), welche die Berufung auf die Meinungsfreiheit zulassen. 60 OVG Münster, Urt. 10.9.1982 -15 A 1223/80-, in: OVGE 36,154 (160). 54 55
§ 5 Die Organmitglieder
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bereich direkt an den Organ- bzw. Amtswalter als Innenrechtssubjekt angeknüpft. 61 Ausgangspunkt hierfilr ist zunächst die Kritik am apersonalen Verständnis des Organisationsrechts, welches auf der Konfrontation des Amtes als einer Institution und dem Amtswalter als physischer Person beruht. 62 Nach dem apersonalen Verständnis des Verwaltungsorganisationsrechts besteht dessen Aufgabe in der Verteilung staatlicher Aufgaben und Befugnisse zunächst auf verschiedene Funktionen und sodann auf organisatorisch ausgewiesene Einheiten. 63 Das Organisationsrecht hat eine "Weiterleitungskette" bereitzustellen, die hinunter bis zur kleinsten organisatorischen Zuständigkeitseinheit, dem Amt, gehen muß. 64 Entsprechend der traditionellen Si