Unternehmensverträge: Organisationsautonomie und Vermögensschutz im Recht der Aktiengesellschaft 9783161579332, 3161481070

Unternehmensverträge sind ein elementarer Baustein des deutschen Aktienkonzernrechts. Rüdiger Veil analysiert die versch

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Erster Teil Problemfelder
Erster Abschnitt: Unternehmensverträge des Aktiengesetzes
Erstes Kapitel: Beherrschungsvertrag
I. Gesetzestypischer Inhalt
1. Vertragsgegenstand
2. Grenzen der Konzernleitung
a) Steuerung von Verbundgeschäften, offene Entnahmen und Gewinnabschöpfung
b) Determinierung bilanzpolitischer Maßnahmen – die Aufstellung des Jahresabschlusses als Gegenstand beherrschungsvertraglicher Leitungsmacht
c) Fazit
II. Vertragsfreiheit
1. Dimensionen einer Organisationsautonomie
2. Beschränkungen des Weisungsrechts
a) Vollständiger Verzicht auf das Weisungsrecht
b) Partieller Ausschluss des Weisungsrechts
3. Modifikationen des Vertragsgegenstands
a) Zulässigkeit des „Teilbeherrschungsvertrags“
b) Beschränkung auf Leitung der Betriebe
4. Fazit: Überlagerung organisations- und schutzrechtlicher Argumente durch rechtssystematische Argumente
Zweites Kapitel: Gewinnabführungs- und Geschäftsführungsvertrag
I. Inhalt eines Gewinnabführungsvertrags und Vertragsfreiheit
1. Vertragsgegenstand
a) Ermittlung des abzuführenden Gewinns
b) Zulässigkeit isolierter Gewinnabführung
c) Fazit
2. Organisationsautonomie
a) Praktische Bedeutung
b) Thesaurierung von Teilen des Jahresüberschusses und Auflösung anderer Gewinnrücklagen
c) Bilanzpolitik
II. Inhalt eines Geschäftsführungsvertrags und Vertragsfreiheit
1. Vertragsgegenstand
2. Organisationsautonomie
III. Fazit
Drittes Kapitel: Gewinngemeinschaft und Teilgewinnabführungsvertrag
I. Vertragsgegenstand einer Gewinngemeinschaft
1. Verteilungsmodi
2. Notwendigkeit einer angemessenen Aufteilung
II. Vertragsgegenstand eines Teilgewinnabführungsvertrags
1. Inhalt des Vertrags
2. Einordnung atypischer stiller Beteiligungen als Teilgewinnabführungsverträge
III. Fazit
Viertes Kapitel: Betriebsüberlassungs- und Betriebspachtvertrag
I. Inhalt eines Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags
1. Pflicht der Gesellschaft, den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen zu verpachten oder sonst zu überlassen
2. Verpflichtung des Vertragspartners zur Zahlung eines Pacht- bzw. Überlassungszinses
III. Grenzen der Gestaltungsfreiheit
1. Virulente Vertragsgestaltungen
2. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag als verschleierter Beherrschungsvertrag
a) Die Position von Koppensteiner
b) Die Position von Oesterreich
3. Tragfähigkeit der Konzeptionen
Zweiter Abschnitt: Unternehmensvertragliche Qualifikation anderer Verträge
Erstes Kapitel: Gleichordnungskonzernvertrag
I. Überblick
II. Gegenstand des Vertrags
1. Standpunkte der herrschenden Meinung: Organisationsrechtlich beschränkter Vertragsinhalt
2. Zulässigkeit nachteiliger Konzernleitung – Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger durch unternehmensvertragliche Legitimation
III. Organisationsrechtliche Aspekte
Zweites Kapitel: Betriebsführungsvertrag
I. Überblick
II. Stand der Diskussion über die unternehmensvertragliche Qualifikation eines Betriebsführungsvertrags
1. Konzernexterner Betriebsführungsvertrag
a) Typischer Vertrag: Weisungsrechte des Eigentümerunternehmens
b) Atypischer Vertrag: Ausschluss von Einflussrechten des Eigentümerunternehmens
2. Konzerninterner Betriebsführungsvertrag
3. Die Konzeption von Veelken
III. Organisationsrechtliche Aspekte
Drittes Kapitel: Kreditverträge und Franchiseverträge
I. Kreditverträge
1. Die Position von Martens
2. Die Position von Dierdorf
3. Organisationsrechtliche Aspekte
II. Franchiseverträge
1. Die Position von Oechsler
2. Die Position von Martinek
3. Organisationsrechtliche Aspekte
Dritter Abschnitt: Gegenstand der Untersuchung
Erstes Kapitel: Argumentationsstrukturen
I. Erstes Problemfeld
1. Unternehmensverträge des § 291 AktG
2. Unternehmensverträge des § 292 AktG
II. Zweites Problemfeld
III. Fazit
Zweites Kapitel: Organisationsrechtliche Interpretation des Unternehmensvertragsrechts
I. Dimensionen eines Organisationsrechts
II. Das Unternehmensvertragsrecht als Organisationsrecht
III. Gang der Arbeit
Zweiter Teil Die Verfassung der Aktiengesellschaft
Erster Abschnitt: Die Organisationsverfassung
Erstes Kapitel: Strukturen der Unternehmensleitung und -kontrolle
I. Zuständigkeiten des Vorstands
II. Zuständigkeiten des Aufsichtsrats
Zweites Kapitel: Eigenverantwortlichkeit der Leitung
I. Weisungs- und Einflussfreiheit des Vorstands
1. Verhältnis zwischen Vorstand und Hauptversammlung sowie Aktionären
2. Leitungszuständigkeiten in faktischen Konzernverhältnissen
a) Faktischer Unterordnungskonzern
b) Faktischer Gleichordnungskonzern
3. Satzungsfreiheit
4. Fazit
II. Unveräußerlichkeit der Leitungszuständigkeit
1. Diskussionsstand
2. Die Umgestaltung der Organisationsverfassung durch die Aktienrechtsnovellen von 1937 und 1965
3. Haftungsverantwortlichkeit und Aufsichtsratskontrolle als Gegengewichte zur eigenverantwortlichen Leitung
a) Überwachung durch den Aufsichtsrat
b) Vorstandsverantwortlichkeit
c) Folgerungen
4. Gegenstand des Delegationsverbots
5. Kriterien für eine Beurteilung „kompetenzgemäßer“ leitungsstruktureller Verträge
6. Fazit
Zweiter Abschnitt: Die Finanzverfassung
Erstes Kapitel: Strukturmerkmale
Zweites Kapitel: Beteiligung der Aktionäre am Gewinn der Gesellschaft
I. Feststellung des Jahresabschlusses
II. Dividendenbezugsrecht
III. Fazit
Dritter Teil Das System der Unternehmensverträge
Erster Abschnitt: Organisations- und schutzrechtliche Aspekte der Unternehmensverträge
Erstes Kapitel: Beherrschungsvertrag
I. Auswirkungen auf die Verfassung der Gesellschaft
1. Unternehmensleitung
2. Finanzverfassung
3. Legitimationscharakter
II. Schutzregeln
1. Verlustausgleichspflicht
a) Diskussionsstand
b) Inhalt der Globalhaftung
c) Normzweck
2. Schutzdefizite für die Gläubiger der Gesellschaft – zur Funktion der Sicherheitsleistungspflicht
3. Schutzdefizite für die außenstehenden Aktionäre – zur Funktion von Ausgleich und Abfindung
III. Ergebnisse
Zweites Kapitel: Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
I. Auswirkungen auf die Organisationsverfassung der Gesellschaft
1. Der typische Inhalt eines Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags
a) Interessenlagen bei einem Landpachtvertrag
b) Typische Kompetenzverteilungen: Nutzungsänderungen, Erhaltungs- und Erweiterungsmaßnahmen
2. Übertragung von Leitungskompetenzen
3. Ergebnisse
II. Auswirkungen auf die Finanzverfassung
1. Dividendenbezugsrecht
2. Effektiver Schutz vor einem Vermögensentzug durch „Vereinbarung“ einer unangemessenen Gegenleistung?
a) Beschlusskontrolle und Schadensersatzhaftung
aa) Anfechtungsrecht
bb) Organschaftliche und mitgliedschaftliche Haftung
b) Verlustausgleichspflicht
aa) Tatbestand und Rechtsfolge
bb) Funktionen der Globalhaftung
(1) Bestandsschutz
(2) Verhältnis zum Einzelausgleich
cc) Fazit
III. Ergebnisse
Drittes Kapitel: Gewinnabführungs- und Geschäftsführungsvertrag
I. Auswirkungen auf das Verfassungsgefüge
1. Dividendenbezugsrecht der Aktionäre und Gewinnverwendungskompetenz der Hauptversammlung
2. Finanzverfassungsrechtliche Leitungskompetenzen von Vorstand und Aufsichtsrat
3. Legitimationscharakter
II. Schutzregeln
1. Verlustausgleichspflicht
2. Schutzdefizite
III. Ergebnisse
Viertes Kapitel: Teilgewinnabführungsvertrag und Gewinngemeinschaft
I. Zweck der Hauptversammlungskompetenz
II. Beeinträchtigungen des Dividendenbezugsrechts
1. Notwendigkeit der Vereinbarung einer Gegenleistung
2. Verwässerung des Gewinnrechts
a) Gewinngemeinschaft
b) Teilgewinnabführungsvertrag
III. Ergebnisse
Zweiter Abschnitt: Unternehmensvertragsrecht und europäisches Gesellschaftsrecht
Erstes Kapitel: Unternehmensvertraglich sanktionierter Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen versus Vermögensschutz durch die Kapitalrichtlinie
I. Vorgaben der Kapitalrichtlinie und Rechtfertigung des deutschen Konzernprivilegs – Diskussionsstand
1. Verbot offener und verdeckter Ausschüttungen
2. Legitimation eines Konzernprivilegs
II. Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie
1. Vermögensschutzsystem der Kapitalrichtlinie
2. Legislatorischer Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten
Zweites Kapitel: Vermögenstransfer durch Unternehmensverträge mit einem Privataktionär
I. Beherrschungsvertrag mit einem Privataktionär
1. Legitimation der gesetzgeberischen Entscheidung
2. Grenzen einer Rechtsfortbildung
II. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
Dritter Abschnitt: Unternehmensvertragstypen
Erstes Kapitel: Vertragsstrukturen
I. Der Typus des Unternehmensvertrags – Erklärungsversuche
II. Verbandsrechtliche Klassifizierung der Unternehmensverträge
1. Leitungsstrukturelle Unternehmensverträge
a) Beherrschungsvertrag
b) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
2. Finanzstrukturelle Unternehmensverträge
3. Ergebnisse
Zweites Kapitel: Rechtsnatur der Unternehmensverträge
I. Bedeutung einer organisationsvertraglichen Würdigung der Unternehmensverträge
1. Inhalt der Organisationsvertragsthese
2. Folgerungen aus der organisationsvertraglichen Natur der in § 291 erfassten Unternehmensverträge
3. Argumentationsdefizite und Fruchtbarkeit einer organisationsvertraglichen Würdigung
a) Verfassungsänderung
b) Bindung der Organe
II. Funktionen der Satzung
1. Normative Wirkung von Satzungsbestimmungen
2. Geltungsgrund normativer Vereinbarungen
3. Satzungsänderung durch Vertrag
4. Zwischenergebnisse
III. Organisationsvertragliche Qualifikation der Unternehmensverträge
1. Dimensionen einer organisationsvertraglichen Qualifikation
2. Konsequenzen aus den Veränderungen der Verfassungsbestimmungen für die Rechtsstellung der Gesellschaftsorgane und außenstehenden Aktionäre
a) Beherrschungsvertrag
b) Gewinnabführungsvertrag
c) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
d) Ergebnisse
3. Konsequenzen aus den Veränderungen der Verfassungsbestimmungen für den Unternehmensvertragspartner
a) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
b) Gewinngemeinschaft und Teilgewinnabführungsvertrag
c) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
IV. Ergebnisse
Vierter Abschnitt: Systematik des Unternehmensvertragsrechts
Erstes Kapitel: Selbständigkeit der Unternehmensvertragstypen
I. Modelle
II. Ziele und Tragfähigkeit der systematischen Vorstellungen
1. Argumentationslinien
2. Prämissen einer inhaltlichen Ausgestaltung der Unternehmensverträge
Zweites Kapitel: Unternehmensvertragliche Organisationsautonomie
I. Überblick
II. Organisationsautonomie durch Leitungsstrukturverträge
1. Beherrschungsvertrag
a) Konzeption beherrschungsvertraglicher Organisationsautonomie: Erwerb von Herrschaftsrechten
b) Folgerungen für eine Bestimmung der Grenzen der Vertragsfreiheit
2. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
III. Organisationsautonomie durch Finanzstrukturverträge
1. Gewinnabführungsvertrag
2. Teilgewinnabführungsvertrag
Drittes Kapitel: Numerus clausus der Unternehmensverträge
I. Diskussionsstand
II. Parameter einer analogen Anwendung der §§ 291 ff.
Vierter Teil Unternehmensvertragliche Organisationsautonomie und Vermögensschutz
Erster Abschnitt: Unternehmensverträge des Aktiengesetzes
Erstes Kapitel: Leitungsstrukturverträge
I. Beherrschungsvertrag
1. Leitung der Gesellschaft
a) Gründe für eine Beschränkung der Organisationsautonomie
b) Gestaltungsvarianten
2. Sicherung unternehmerischer Ziele durch einen auf Kontrollrechte beschränkten Beherrschungsvertrag
a) Organisationsautonomie
b) Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger
aa) Ziele eines auf Kontrollrechte beschränkten „Beherrschungsvertrags“
bb) Wirkungsweise vertraglich fixierter Zustimmungsrechte
cc) Anwendbarkeit der Sicherungsregeln
c) Unternehmensvertragliche Qualifikation eines auf Zustimmungsrechte beschränkten Vertrags
3. Ergebnisse
II. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
1. Wege eines Umgehungsschutzes
a) Umqualifizierung eines Betriebspachtvertrags in einen Beherrschungsvertrag
aa) Materieller Vertragsinhalt
bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen
cc) Fazit
b) Lösungsweg: Anwendung der Grundsätze über den qualifizierten faktischen Konzern
2. Überlassungsschranken
a) Einflussrechte des Pächters auf den Pachtzins und auf Finanzanlagen der Gesellschaft
b) Ausschluss von Zustimmungsrechten der Gesellschaft
aa) Interessen des Pächters und der Gesellschaft
bb) Information und Sanktionsinstrumente der Gesellschaft
cc) Folgerungen
3. Rechtsfolgen einer Überschreitung der Überlassungsschranken
a) Einflussrechte des Pächters auf den Pachtzins und auf Finanzanlagen der Gesellschaft
b) Ausschluss der bürgerlich-rechtlichen Zustimmungsrechte der Gesellschaft
4. Ergebnisse
Zweites Kapitel: Finanzstrukturverträge
I. Gewinnabführungsvertrag
1. Disposition über die Finanzverfassung durch einen Gewinnabführungsvertrag – Legitimationscharakter der §§ 291, 301, 302
a) Einfluss auf die Gewinnrücklagen
b) Bilanzpolitik
2. Ausgestaltung des Weisungsrechts
a) Modelle eines Weisungsrechts
aa) Einfluss auf die Gewinnrücklagen
bb) Bilanzpolitik
b) Fortbestehen eines Weisungsrechts nach Vertragsende
3. Ergebnisse
II. Teilgewinnabführungsverträge
1. Dimensionen einer Organisationsautonomie
2. Atypische stille Gesellschaften im System der Unternehmensverträge
a) Vertragsinhalt
b) Unternehmensvertragliche Qualifikation
c) Atypische stille Gesellschaften mit einer Vielzahl von Vertragspartnern
aa) Aktiengattungen
bb) Vergemeinschaftung der Zustimmungsrechte
3. Ergebnisse
Fazit
Zweiter Abschnitt: Sonstige als Unternehmensverträge zu qualifizierende Verträge
Erstes Kapitel: Einflussrechte gegenüber der Gesellschaft und der Unternehmensleitung
I. Gleichordnungskonzernvertrag
1. Rechtssystematische Analyse der in § 291 Abs. 2 getroffenen Regelung
2. Organisationsautonomie
a) Übertragung von Leitungszuständigkeiten: Kategorie 2) leitungsstruktureller Abreden
aa) Organisationsautonomie
bb) Schutz der Gesellschaft, der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger
cc) Ergebnis
b) Begründung von kapitalschutzrelevanten Einflussrechten gegenüber den Leitungsorganen der Konzernunternehmen: Kategorie 1) leitungsstruktureller Abreden
aa) Organisationsautonomie
bb) Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger
cc) Ergebnis
3. Fazit
II. Atypische Kreditverträge
1. Begründung von Einflussrechten
2. Einordnung in das System der Unternehmensverträge
3. Ergebnisse
Zweites Kapitel: Übertragung von Leitungszuständigkeiten
I. Betriebsführungsvertrag
1. Typischer Vertrag
a) Unternehmensvertragliche Legitimation der leitungsstrukturellen Folgen
aa) Legimationscharakter der §§ 292 Abs. 1 Nr. 3, 293 Abs. 1
bb) Schutz der Gesellschaft
(1) Interessenlagen
(2) Verbandsrechtliche Verantwortlichkeit des Betriebsführers
b) Vermögensschutz und Konzernprivileg
2. Atypischer Vertrag
a) Ausschluss des Weisungsrechts und Begründung von Zustimmungsrechten des Betriebsführers
b) Einflusslose Betriebsführungsverträge
3. Ergebnisse
II. Franchisevertrag
1. Inhalt und Zwecke eines Warenfranchisevertrags
a) Systemführerschaft
b) Vertragliche Herrschaftsrechte
2. Leitungsstrukturelle Aspekte und unternehmensvertragliche Qualifikation eines Franchisevertrags
a) Beherrschungsvertrag: Kategorie 1) leitungsstruktureller Abreden
b) Betriebsüberlassungsvertrag: Kategorie 2) leitungsstruktureller Abreden
3. Ergebnisse
Schluss
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
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Unternehmensverträge: Organisationsautonomie und Vermögensschutz im Recht der Aktiengesellschaft
 9783161579332, 3161481070

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 79

Rüdiger Veil

Unternehmensverträge Organisationsautonomie und Vermögensschutz im Recht der Aktiengesellschaft

Mohr Siebeck

Rüdiger Veil, geboren 1966; 1995 Promotion; 1996-1998 Rechtsanwalt; 2002 Habilitation; zur Zeit Privatdozent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhlvertretung an der Universität Heidelberg.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

978-3-16-157933-2 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

ISBN 3-16-148107-0 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2003 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Sabon besetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Unternehmensverträge sind ein elementarer Baustein des deutschen Aktienkonzernrechts. Die wissenschaftliche Diskussion hat sich mit ihnen unter vielfältigen Blickwinkeln beschäftigt. Ein geschlossenes System der Unternehmensverträge ist aber bis heute nicht entwickelt worden. Dies hat sich die Arbeit zum Ziel gesetzt, die sich zugleich als ein Beitrag zur allgemeinen Dogmatik des Vertragsrechts versteht. Sie hat im Wintersemester 2 0 0 2 / 2 0 0 3 der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Habilitationsschrift vorgelegen. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Thomas Raiser, der mich stets gefördert hat. Die Jahre an seinem Lehrstuhl als Assistent und Schüler waren und sind für mich sehr wertvoll. Frau Prof. Dr. Christine Windbichler, die das Zweitgutachten erstellte, hatte immer ein offenes Ohr für mich. Dafür danke ich ihr sehr. Mein Dank gilt ferner meinen Kollegen von den „Sieben Säulen", besonders Dr. Gregor Bachmann, Tobias Bage, Matthias Horz, Dr. Tobias Pusch und Friedrich Rosenstock für die schöne gemeinsame Assistentenzeit. Ferner gebührt der Deutschen Forschungsgemeinschaft Dank für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Meine Frau und unsere beiden Söhne mussten so manches Wochenende ohne mich auskommen. Vielen Dank für Nachsicht und liebevolle Geduld! Euch widme ich dieses Buch. Berlin, im April 2 0 0 3

Rüdiger Veil

Inhaltsverzeichnis Einleitung

Erster Teil Problemfelder Erster Abschnitt: Unternehmensverträge des Aktiengesetzes Erstes Kapitel: Beberrscbungsvertrag I. Gesetzestypischer Inhalt 1. Vertragsgegenstand 2. Grenzen der Konzernleitung a) Steuerung von Verbundgeschäften, offene Entnahmen und Gewinnabschöpfung b) Determinierung bilanzpolitischer Maßnahmen - die Aufstellung des Jahresabschlusses als Gegenstand beherrschungsvertraglicher Leitungsmacht c) Fazit II. Vertragsfreiheit 1. Dimensionen einer Organisationsautonomie 2 . Beschränkungen des Weisungsrechts a) Vollständiger Verzicht auf das Weisungsrecht b) Partieller Ausschluss des Weisungsrechts 3. Modifikationen des Vertragsgegenstands a) Zulässigkeit des „Teilbeherrschungsvertrags" b) Beschränkung auf Leitung der Betriebe 4 . Fazit: Überlagerung organisations- und schutzrechtlicher Argumente durch rechtssystematische Argumente

Zweites Kapitel: Gewinnabführungs-

und

Geschäftsführungsvertrag

I. Inhalt eines Gewinnabführungsvertrags und Vertragsfreiheit 1. Vertragsgegenstand a) Ermittlung des abzuführenden Gewinns b) Zulässigkeit isolierter Gewinnabführung c) Fazit

VIII

Inhaltsverzeichnis 2. Organisationsautonomie a) Praktische Bedeutung b) Thesaurierung von Teilen des Jahresüberschusses und Auflösung anderer Gewinnrücklagen c) Bilanzpolitik

II. Inhalt eines Geschäftsführungsvertrags und Vertragsfreiheit 1. Vertragsgegenstand 2. Organisationsautonomie III. Fazit Drittes

Kapitel:

Gewinngemeinschaft

und

Teilgewinnabführungs-

vertrag I. Vertragsgegenstand einer Gewinngemeinschaft 1. Verteilungsmodi 2 . Notwendigkeit einer angemessenen Aufteilung II. Vertragsgegenstand eines Teilgewinnabführungsvertrags 1. Inhalt des Vertrags 2 . Einordnung atypischer stiller Beteiligungen als Teilgewinnabführungsverträge III. Fazit Viertes

Kapitel:

Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

I. Inhalt eines Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags 1. Pflicht der Gesellschaft, den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen zu verpachten oder sonst zu überlassen 2 . Verpflichtung des Vertragspartners zur Z a h l u n g eines Pacht- bzw. Überlassungszinses III. Grenzen der Gestaltungsfreiheit 1. Virulente Vertragsgestaltungen 2 . Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag als verschleierter Beherrschungsvertrag a) Die Position von Koppensteiner b) Die Position von Oesterreich 3 . Tragfähigkeit der Konzeptionen

Zweiter Abschnitt: Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer Verträge Erstes

Kapitel:

Gleichordnungskonzernvertrag

I. Überblick II. Gegenstand des Vertrags 1. Standpunkte der herrschenden M e i n u n g : Organisationsrechtlich beschränkter Vertragsinhalt

Inhaltsverzeichnis 2. Zulässigkeit nachteiliger K o n z e r n l e i t u n g - Schutz der a u ß e n s t e h e n d e n A k t i o n ä r e u n d Gläubiger d u r c h u n t e r n e h m e n s v e r t r a g l i c h e Legitimation III. O r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e Aspekte

Zweites Kapitel: Betriebsführungsvertrag I. Überblick II. Stand der Diskussion über die u n t e r n e h m e n s v e r t r a g l i c h e Q u a l i f i k a t i o n eines B e t r i e b s f ü h r u n g s v e r t r a g s 1. K o n z e r n e x t e r n e r B e t r i e b s f ü h r u n g s v e r t r a g a) Typischer Vertrag: Weisungsrechte des E i g e n t ü m e r u n t e r n e h m e n s . b) Atypischer Vertrag: Ausschluss von Einflussrechten des E i g e n t ü m e r u n t e r n e h m e n s 2. K o n z e r n i n t e r n e r B e t r i e b s f ü h r u n g s v e r t r a g 3. Die K o n z e p t i o n v o n Veelken III. O r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e Aspekte

Drittes Kapitel: Kreditverträge und Franchiseverträge I. Kreditverträge 1. Die Position von M a r t e n s 2. Die Position v o n Dierdorf 3. O r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e Aspekte II. Franchiseverträge 1. Die Position von Oechsler 2. Die Position von M a r t i n e k 3. O r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e A s p e k t e

Dritter Abschnitt: Gegenstand der Untersuchung Erstes Kapitel: Argumentationsstrukturen I. Erstes P r o b l e m f e l d 1. U n t e r n e h m e n s v e r t r ä g e des § 2 9 1 A k t G 2. U n t e r n e h m e n s v e r t r ä g e des § 2 9 2 A k t G II. Z w e i t e s Problemfeld III. Fazit

Zweites Kapitel: Organisationsrechtliche des Unternehmensvertragsrechts

Interpretation

I. D i m e n s i o n e n eines O r g a n i s a t i o n s r e c h t s II. D a s U n t e r n e h m e n s v e r t r a g s r e c h t als O r g a n i s a t i o n s r e c h t III. G a n g der Arbeit

X

Inhaltsverzeichnis Zweiter

Teil

Die Verfassung der Aktiengesellschaft Erster Abschnitt: Die Organisationsverfassung Erstes

Kapitel:

Strukturen

70

der Unternehmensleitung

und -kontrolle

I. Zuständigkeiten des Vorstands

Kapitel:

Eigenverantwortlichkeit

70 70

II. Zuständigkeiten des Aufsichtsrats Zweites

...

71 der Leitung

I. Weisungs- und Einflussfreiheit des Vorstands

73 73

1. Verhältnis zwischen Vorstand und H a u p t v e r s a m m l u n g sowie Aktionären

73

2 . Leitungszuständigkeiten in faktischen Konzernverhältnissen

74

a) Faktischer Unterordnungskonzern

74

b) Faktischer Gleichordnungskonzern

75

3 . Satzungsfreiheit

76

4 . Fazit

77

II. Unveräußerlichkeit der Leitungszuständigkeit

78

1. Diskussionsstand

78

2 . Die Umgestaltung der Organisationsverfassung durch die Aktienrechtsnovellen von 1 9 3 7 und 1 9 6 5

82

3 . Haftungsverantwortlichkeit und Aufsichtsratskontrolle als Gegengewichte zur eigenverantwortlichen Leitung

85

a) Ü b e r w a c h u n g durch den Aufsichtsrat

86

b) Vorstandsverantwortlichkeit

87

c) Folgerungen

88

4 . Gegenstand des Delegationsverbots

89

5 . Kriterien für eine Beurteilung „ k o m p e t e n z g e m ä ß e r " leitungsstruktureller Verträge

92

6. Fazit

95

Zweiter Abschnitt: Die Finanzverfassung

99

Erstes

99

Kapitel:

Zweites

Kapitel:

Strukturmerkmale Beteiligung

der Aktionäre

der Gesellschaft I. Feststellung des Jahresabschlusses II. Dividendenbezugsrecht III. Fazit

am

Gewinn 101 101 103 104

Inhaltsverzeichnis

XI

Dritter Teil Das System der Unternehmensverträge Erster Abschnitt: Organisations- und schutzrechtliche Aspekte der Unternehmensverträge

109

Erstes Kapitel: Beherrschungsvertrag

110

I. A u s w i r k u n g e n auf die Verfassung der Gesellschaft 1. U n t e r n e h m e n s l e i t u n g

110 110

2. F i n a n z v e r f a s s u n g

111

3. L e g i t i m a t i o n s c h a r a k t e r

114

II. Schutzregeln 1. Verlustausgleichspflicht a) D i s k u s s i o n s s t a n d b) Inhalt der G l o b a l h a f t u n g c) N o r m z w e c k 2. Schutzdefizite f ü r die Gläubiger der Gesellschaft - zur F u n k t i o n der Sicherheitsleistungspflicht

114 115 115 117 118 120

3. Schutzdefizite f ü r die a u ß e n s t e h e n d e n A k t i o n ä r e - zur F u n k t i o n v o n Ausgleich u n d A b f i n d u n g

121

III. Ergebnisse

125

Zweites Kapitel: Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag

126

I. A u s w i r k u n g e n auf die O r g a n i s a t i o n s v e r f a s s u n g der Gesellschaft

126

1. Der typische Inhalt eines Betriebspacht- u n d Betriebsüberlassungsvertrags a) Interessenlagen bei einem L a n d p a c h t v e r t r a g b) Typische K o m p e t e n z v e r t e i l u n g e n : N u t z u n g s ä n d e r u n g e n , Erhaltungs- u n d E r w e i t e r u n g s m a ß n a h m e n

127 128 128

2. Ü b e r t r a g u n g v o n L e i t u n g s k o m p e t e n z e n

130

3. Ergebnisse

134

II. A u s w i r k u n g e n auf die F i n a n z v e r f a s s u n g 1. D i v i d e n d e n b e z u g s r e c h t

135 135

2. Effektiver Schutz vor einem V e r m ö g e n s e n t z u g d u r c h „ V e r e i n b a r u n g " einer u n a n g e m e s s e n e n Gegenleistung?

136

a) Beschlusskontrolle u n d S c h a d e n s e r s a t z h a f t u n g

136

aa) Anfechtungsrecht bb) Organschaftliche und mitgliedschaftliche H a f t u n g

b) Verlustausgleichspflicht aa) Tatbestand und Rechtsfolge bb) Funktionen der Globalhaftung (1) Bestandsschutz (2) Verhältnis zum Einzelausgleich cc) Fazit

136 136

138 138 139 139 140 142

XII

Inhaltsverzeichnis

III. Ergebnisse

Drittes Kapitel: Gewinnabführungs-

143

und Geschäftsführungsvertrag..

I. A u s w i r k u n g e n auf das Verfassungsgefüge

143 144

1. D i v i d e n d e n b e z u g s r e c h t der A k t i o n ä r e u n d G e w i n n v e r w e n d u n g s k o m p e t e n z der H a u p t v e r s a m m l u n g

144

2. Finanzverfassungsrechtliche L e i t u n g s k o m p e t e n z e n v o n V o r s t a n d u n d Aufsichtsrat

145

3. L e g i t i m a t i o n s c h a r a k t e r

146

II. Schutzregeln

147

1. Verlustausgleichspflicht

148

2. Schutzdefizite

150

III. Ergebnisse

151

Viertes Kapitel: Teilgewinnabführungsvertrag Gewinngemeinschaft

und 151

I. Z w e c k der H a u p t v e r s a m m l u n g s k o m p e t e n z

152

II. Beeinträchtigungen des D i v i d e n d e n b e z u g s r e c h t s

153

1. N o t w e n d i g k e i t der V e r e i n b a r u n g einer Gegenleistung

153

2. V e r w ä s s e r u n g des G e w i n n r e c h t s

154

a) G e w i n n g e m e i n s c h a f t

155

b) T e i l g e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r a g

156

III. Ergebnisse

160

Zweiter Abschnitt: Unternehmensvertragsrecht und europäisches Gesellschaftsrecht

161

Erstes Kapitel: Unternehmensvertraglich sanktionierter auf das Gesellschaftsvermögen versus Vermögensschutz die Kapitalrichtlinie

Zugriff durch

I. Vorgaben der Kapitalrichtlinie u n d R e c h t f e r t i g u n g des deutschen Konzernprivilegs - D i s k u s s i o n s s t a n d 1. Verbot o f f e n e r u n d verdeckter A u s s c h ü t t u n g e n 2. Legitimation eines Konzernprivilegs II. A n w e n d u n g s b e r e i c h der Kapitalrichtlinie

162 162 164 164

1. Vermögensschutzsystem der Kapitalrichtlinie 2. Legislatorischer H a n d l u n g s s p i e l r a u m der M i t g l i e d s t a a t e n

Zweites Kapitel: Vermögenstransfer durch mit einem Privataktionär

162

165 166

Unternehmensverträge

I. Beherrschungsvertrag mit einem P r i v a t a k t i o n ä r

169 170

1. Legitimation der gesetzgeberischen E n t s c h e i d u n g

170

2. G r e n z e n einer R e c h t s f o r t b i l d u n g

173

Inhaltsverzeichnis II. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag

XIII 174

Dritter Abschnitt: Unternehmensvertragstypen

176

Erstes Kapitel: Vertragsstrukturen

176

I. Der Typus des Unternehmensvertrags - Erklärungsversuche II. Verbandsrechtliche Klassifizierung der Unternehmensverträge 1. Leitungsstrukturelle Unternehmensverträge

176 179 180

a) Beherrschungsvertrag

180

b) Betriebspacht-und Betriebsüberlassungsvertrag

182

2. Finanzstrukturelle Unternehmensverträge

183

3. Ergebnisse

184

Zweites Kapitel: Rechtsnatur der Unternehmensverträge

184

I. Bedeutung einer organisationsvertraglichen Würdigung der Unternehmensverträge

184

1. Inhalt der Organisationsvertragsthese

184

2. Folgerungen aus der organisationsvertraglichen Natur der in § 2 9 1 erfassten Unternehmensverträge

187

3. Argumentationsdefizite und Fruchtbarkeit einer organisationsvertraglichen Würdigung

189

a) Verfassungsänderung

190

b) Bindung der Organe

192

II. Funktionen der Satzung

194

1. Normative Wirkung von Satzungsbestimmungen

195

2 . Geltungsgrund normativer Vereinbarungen

197

3. Satzungsänderung durch Vertrag

198

4 . Zwischenergebnisse

199

III. Organisationsvertragliche Qualifikation der Unternehmensverträge . . . . 1. Dimensionen einer organisationsvertraglichen Qualifikation

200 200

2 . Konsequenzen aus den Veränderungen der Verfassungsbestimmungen für die Rechtsstellung der Gesellschaftsorgane und außenstehenden Aktionäre

201

a) Beherrschungsvertrag

202

b) Gewinnabführungsvertrag

202

c) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag

203

d) Ergebnisse

203

3. Konsequenzen aus den Veränderungen der Verfassungsbestimmungen für den Unternehmensvertragspartner

204

a) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

204

b) Gewinngemeinschaft und Teilgewinnabführungsvertrag

206

c) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag

206

IV. Ergebnisse

207

XIV

Inhaltsverzeichnis

Vierter Abschnitt: Systematik des U n t e r n e h m e n s v e r t r a g s r e c h t s

209

Erstes Kapitel:

209

Selbständigkeit

der Unternehmensvertragstypen

I. Modelle II. Ziele und Tragfähigkeit der systematischen Vorstellungen 1. Argumentationslinien 2. Prämissen einer inhaltlichen Ausgestaltung der Unternehmensverträge Zweites Kapitel: autonomie

Unternehmensvertraglicbe

209 210 210 211

Organisations214

I. Überblick

214

II. Organisationsautonomie durch Leitungsstrukturverträge 1. Beherrschungsvertrag a) Konzeption beherrschungsvertraglicher Organisationsautonomie: Erwerb von Herrschaftsrechten b) Folgerungen für eine Bestimmung der Grenzen der Vertragsfreiheit 2. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag III. Organisationsautonomie durch Finanzstrukturverträge 1. Gewinnabführungsvertrag 2. Teilgewinnabführungsvertrag

220 221 223 223 223

Drittes

224

Kapitel:

Numerus

clausus der Unternehmensverträge

I. Diskussionsstand II. Parameter einer analogen Anwendung der § § 291 ff

215 215 215

224 227

Vierter Teil Unternehmensvertragliche Organisationsautonomie und Vermögensschutz Erster Abschnitt: U n t e r n e h m e n s v e r t r ä g e des Aktiengesetzes

232

Erstes Kapitel:

232

Leitungsstrukturverträge

I. Beherrschungsvertrag 1. Leitung der Gesellschaft a) Gründe für eine Beschränkung der Organisationsautonomie b) Gestaltungsvarianten 2. Sicherung unternehmerischer Ziele durch einen auf Kontrollrechte beschränkten Beherrschungsvertrag a) Organisationsautonomie b) Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger aa) Ziele eines auf Kontrollrechte beschränkten „Beherrschungsvertrags"

232 232 233 235 236 236 238 238

Inhaltsverzeichnis bb) Wirkungsweise vertraglich fixierter Zustimmungsrechte cc) Anwendbarkeit der Sicherungsregeln

XV 240 241

c) Unternehmensvertragliche Qualifikation eines auf Zustimmungsrechte beschränkten Vertrags 3. Ergebnisse II. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag 1. Wege eines Umgehungsschutzes

243 245 246 246

a) Umqualifizierung eines Betriebspachtvertrags in einen Beherrschungsvertrag

246

aa) Materieller Vertragsinhalt bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen

247 250

cc) Fazit

252

b) Lösungsweg: Anwendung der Grundsätze über den qualifizierten faktischen Konzern 2 . Überlassungsschranken

252 254

a) Einflussrechte des Pächters auf den Pachtzins und auf Finanzanlagen der Gesellschaft

254

b) Ausschluss von Zustimmungsrechten der Gesellschaft

254

aa) Interessen des Pächters und der Gesellschaft bb) Information und Sanktionsinstrumente der Gesellschaft cc) Folgerungen

255 256 257

3. Rechtsfolgen einer Überschreitung der Überlassungsschranken

258

a) Einflussrechte des Pächters auf den Pachtzins und auf Finanzanlagen der Gesellschaft

258

b) Ausschluss der bürgerlich-rechtlichen Zustimmungsrechte der Gesellschaft 4 . Ergebnisse

Zweites Kapitel: Finanzstrukturverträge I. Gewinnabführungsvertrag

259 260

260 260

1. Disposition über die Finanzverfassung durch einen Gewinnabführungsvertrag - Legitimationscharakter der § § 2 9 1 , 301,302

261

a) Einfluss auf die Gewinnrücklagen

261

b) Bilanzpolitik

262

2. Ausgestaltung des Weisungsrechts a) Modelle eines Weisungsrechts aa) Einfluss auf die Gewinnrücklagen bb) Bilanzpolitik

b) Fortbestehen eines Weisungsrechts nach Vertragsende 3. Ergebnisse II. Teilgewinnabführungsverträge 1. Dimensionen einer Organisationsautonomie

263 263 264 264

265 266 266 266

2 . Atypische stille Gesellschaften im System der Unternehmensverträge

266

XVI

Inhaltsverzeichnis a) Vertragsinhalt

267

b) Unternehmensvertragliche Qualifikation

269

c) Atypische stille Gesellschaften mit einer Vielzahl von Vertragspartnern

271

aa) Aktiengattungen bb) Vergemeinschaftung der Zustimmungsrechte

271 271

3. Ergebnisse

272

Fazit

272

Zweiter Abschnitt: Sonstige als Unternehmensverträge zu qualifizierende Verträge Erstes Kapitel: Einflussrechte der Unternehmensleitung

275 gegenüber

der Gesellschaft

und 275

I. Gleichordnungskonzernvertrag

275

1. Rechtssystematische Analyse der in § 2 9 1 Abs. 2 getroffenen Regelung

276

2 . Organisationsautonomie

279

a) Übertragung von Leitungszuständigkeiten: Kategorie 2) leitungsstruktureller Abreden

279

aa) Organisationsautonomie

279

bb) Schutz der Gesellschaft, der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger cc) Ergebnis

279 280

b) Begründung von kapitalschutzrelevanten Einflussrechten gegenüber den Leitungsorganen der Konzernunternehmen: Kategorie 1) leitungsstruktureller Abreden

281

aa) Organisationsautonomie

281

bb) Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger

282

cc) Ergebnis

283

3. Fazit

283

II. Atypische Kreditverträge

284

1. Begründung von Einflussrechten

284

2 . Einordnung in das System der Unternehmensverträge

286

3. Ergebnisse

287

Zweites Kapitel:

Übertragung

von Leitungszuständigkeiten

287

I. Betriebsführungsvertrag

287

1. TypischerVertrag

287

a) Unternehmensvertragliche Legitimation der leitungsstrukturellen Folgen

287

aa) Legimationscharakter der § § 2 9 2 Abs. 1 N r . 3 , 2 9 3 Abs. 1 bb) Schutz der Gesellschaft

289 290

Inhaltsverzeichnis (1) Interessenlagen (2) Verbandsrechtliche Verantwortlichkeit des Betriebsführers

b) Vermögensschutz und Konzernprivileg 2. Atypischer Vertrag a) Ausschluss des Weisungsrechts und Begründung von Zustimmungsrechten des Betriebsführers b) Einflusslose Betriebsführungsverträge 3. Ergebnisse II. Franchisevertrag 1. Inhalt und Zwecke eines Warenfranchisevertrags a) Systemführerschaft b) Vertragliche Herrschaftsrechte 2. Leitungsstrukturelle Aspekte und unternehmensvertragliche Qualifikation eines Franchisevertrags a) Beherrschungsvertrag: Kategorie 1) leitungsstruktureller Abreden b) Betriebsüberlassungsvertrag: Kategorie 2) leitungsstruktureller Abreden 3. Ergebnisse

XVII 290 291

292 294 294 296 297 297 298 298 299 300 300 301 303

Schluss

304

Literaturverzeichnis

311

Sachverzeichnis

329

Einleitung Die Aktienrechtsnovelle von 1 9 6 5 verfolgte das Ziel, Unternehmensverbindungen zu erfassen, sie durchsichtig zu machen und außenstehende Aktionäre sowie Gläubiger der verbundenen Unternehmen zu schützen. Im Blick hatte der Gesetzgeber die stärksten Formen wirtschaftlicher Konzentration: die vertragliche Unterstellung einer Gesellschaft unter die Leitung eines anderen Unternehmens, den Gewinnabführungsvertrag und verwandte Arten vertraglicher Unternehmensverflechtungen. Deren Abschluss sollte der alleinigen Entscheidung des Vorstands entzogen und der mit qualifizierter Mehrheit zu treffenden Zustimmung der Hauptversammlung unterworfen werden. Gläubiger und außenstehende Aktionäre sollten vor den Gefahren, die von einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ausgehen, durch Sicherungen geschützt werden. Unter dieser Prämisse sollte eine Obergesellschaft auch eigene Interessen zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft verfolgen dürfen. 1 Diese schlagwortartig als Schutzzweckansatz beschriebenen Erwägungen prägen die Diskussion über das System der Unternehmensverträge, in der sich im Kern zwei Problemfelder ausmachen lassen. Das Gesetz begnügt sich damit, die Unternehmensverträge abstrakt zu definieren. Da sich mit den verschiedenen Vertragsarten unterschiedliche Rechtsfolgen verbinden, wird es als dringlich empfunden, ihren Gegenstand zu präzisieren und die Grenzen inhaltlicher Gestaltungsfreiheit auszuloten. Doch ist es bisher nicht gelungen, dies auf der Grundlage einer sämtliche gesetzlichen Wertungen berücksichtigenden Konzeption zu bewältigen. Im Schrifttum hat sich zwar die Ansicht durchgesetzt, dass die Verträge des § 2 9 1 2 als Organisationsverträge, die Verträge des § 2 9 2 als schuldrechtliche Austauschverträge zu qualifizieren sind. Diese Einordnung beruht auf Vorstellungen des Gesetzgebers, der anknüpfend an die in der Debatte über Organschaftsverträge gewonnenen Erkenntnisse den Beherrschungs- und den Gewinnabführungsvertrag als die einschneidendsten Unternehmensvertragstypen ansah, die in die Verfassung der Aktiengesellschaft selbst und in das Rechtsverhältnis der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter eingreifen. 3 Bei den Unternehmensverträgen des § 2 9 2 würde es sich dagegen um

1 2 3

Allg. Begr. IV RegE, Kropff A k t G , 16 f. §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des Aktiengesetzes. Begr. R e g E § 2 9 1 , Kropff A k t G , 3 7 6 .

2

Einleitung

Verträge handeln, die sich durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung charakterisierten. 4 Die unterschiedliche Rechtsnatur hat sich aber als wenig hilfreich erwiesen, um die zahlreichen Fragen über den Inhalt der Verträge und das zulässige Ausmaß der für die Ausgestaltung geltenden Vertragsfreiheit zu beantworten. Die Auslegung wird beherrscht von divergierenden systematischen Argumenten. Im Vordergrund steht die These, rechtlich fundierter Einfluss könne nur durch einen Beherrschungsvertrag eingeräumt werden. Anliegen der Autoren ist es, dem Schutzzweck der Aktienrechtsnovelle von 1 9 6 5 gerecht zu werden. Gegenstand des zweiten Problemfelds sind schuldrechtliche Austauschverträge, die sich den Unternehmensverträgen so, wie sie der Gesetzgeber definiert hat, nicht unterordnen lassen. Nach Ansicht des Gesetzgebers ändern die Unternehmensverträge „typisch - wenn auch nicht in jedem Einzelfall - die Struktur des Unternehmens", was durch die „Sammelbezeichnung" Unternehmensvertrag zum Ausdruck gebracht würde. 5 Der Aspekt konnte aber nicht befriedigend präzisiert, die gesetzlichen Wertungen auf keinen gemeinsamen, subsumtionsfähigen Nenner zurückgeführt werden. Vor diesem Hintergrund wird das Scheitern der wiederholt unternommenen Bemühungen erklärlich, eine analoge Anwendung der unternehmensvertraglichen Bestimmungen auf Kredit- oder Franchiseverträge zu begründen. Die herrschende Ansicht stützt sich zwar maßgeblich darauf, die Unternehmensverträge seien im Gesetz abschließend erfasst. Doch konnte sie einen numerus clausus der Unternehmensverträge nicht argumentativ nachweisen. Hinzu kommt, dass sie die These nicht konsequent verfolgt. Dies zeigt sich mit Deutlichkeit in der Diskussion über Betriebsführungsverträge, die auch von den Vertretern der herrschenden Meinung als Betriebsüberlassungsoder Beherrschungsverträge qualifiziert werden. In dem skizzenhaft gezeichneten Bild artikuliert sich ein M a n k o . Es wird versäumt, ein geschlossenes System des Rechts der Unternehmensverträge zu konzipieren. Die vorliegende Arbeit sucht dies zu leisten. Ziel ist es, überzeugende Lösungen für beide Problemfelder zu gewinnen, was nur auf der Grundlage der Regelungszwecke erreicht werden kann. Die Materie ist nach heutigem Verständnis nicht nur als Schutz-, sondern auch als Organisationsrecht zu verstehen. Es wird erforderlich sein, beiden Aspekten nachzuspüren und das Verhältnis zwischen unternehmensvertraglicher Organisationsautonomie und Vermögensschutz aufzulösen. Um diesen Gedanken präzise darzulegen, ist zunächst die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den beiden Problemfeldern zu analysieren.

4 5

Begr. RegE § 2 9 2 , Kropff Begr. RegE § 2 9 1 , Kropff

AktG, 3 7 8 . AktG, 3 7 6 .

Erster Teil

Problemfelder Der erste Abschnitt reflektiert die Diskussion über den Inhalt und die Grenzen einer inhaltlichen Gestaltungsfreiheit der Unternehmensverträge des Aktiengesetzes. Damit ist eine Grundlage geschaffen, um im zweiten Abschnitt die Debatte über eine unternehmensvertragliche Qualifikation von Gleichordnungskonzern-, Kredit-, Betriebsführungs- und Franchiseverträgen nachzuzeichnen. Im dritten Abschnitt werden die zentralen Argumentationsstrukturen gewürdigt, so dass der Gegenstand der Untersuchung präzisiert werden kann.

Erster Abschnitt

Unternehmensverträge des Aktiengesetzes Erstes Kapitel:

Beherrschungsvertrag

Die Konzernrechtsdiskussion hat sich lange Zeit damit beschäftigt, die Integrationskraft eines Beherrschungsvertrags zu bestimmen und zu klären, ob der gesetzestypische Vertragsinhalt modifiziert werden kann. Zu beiden Komplexen hat sich mittlerweile ein gefestigter Meinungsstand herausgebildet. Dennoch sind die erörterten Fragen im folgenden vertieft darzustellen, weil nach herrschendem Verständnis allein durch einen Beherrschungsvertrag organisationsrechtlich fundierte Herrschaftsrechte eingeräumt werden können. Damit ist in gewisser Weise bereits vorgezeichnet, welchen Inhalt die anderen Unternehmensverträge haben können und ob sonstige schuldrechtliche Austauschverträge den § § 2 9 1 ff. zu unterstellen sind.

I. Gesetzestypischer Inhalt 1.

Vertragsgegenstand

Ein Beherrschungsvertrag ist ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt. Es muss sich aus dem Vertragsinhalt erschließen, dass der andere Vertragsteil in der Lage ist, „eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und gegenüber dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft durchzusetzen". 1 Der Vertragszweck erfährt durch das Weisungsrecht ( § 3 0 8 Abs. 1) seine organisatorische Ausprägung: 2 Das herrschende Unternehmen darf Weisungen erteilen, die für die Gesellschaft nachteilig sind, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm und der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen (§ 3 0 8 Abs. 1 S . 2 ) . Die Gesellschaft muss folglich auch eine schädigende Einflussnahme dulden. Das herrschende Unternehmen hat zwar auf die Maßnahmen, die von der Hauptversammlung zu beschließen sind, keinen Einfluss. 3 Gleichwohl ermög1 Hüffer AktG, § 2 9 1 Rdn. 10; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 5 4 Rdn.2; KG N Z G 2 0 0 0 , 1223f. 2 Oesterreich, Betriebsüberlassung, 55. 3 Hüffer AktG, § 308 Rdn. 12; O L G Karlsruhe AG 1991, 144, 146 („ASEA/BBC").

1. Kapitel:

Beherrschungsvertrag

5

licht ein Beherrschungsvertrag, die Gesellschaft in den Unternehmensverbund des herrschenden Unternehmens einzubinden. 4 Das Ausmaß einer solchen wirtschaftlichen Verschmelzung wird freilich erst transparent, wenn Klarheit darüber herrscht, welche Dichte und Tiefe die beherrschungsvertragliche Konzernleitung haben darf. Dieser Aspekt geriet schon früh in den Blickpunkt der Konzernrechtsdiskussion. 5 Inzwischen kann es als geklärt angesehen werden, dass die mit einer Weisung verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis stehen dürfen zu den Vorteilen für den Konzernverbund. 6 Nach herrschender Meinung sollen ferner existenzgefährdende Weisungen unzulässig sein. 7 Die These ist allerdings bislang blass geblieben. Die im Schrifttum genannten Beispiele sind wenig aussagekräftig, 8 was entscheidend darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die zur Begründung angeführten Argumente nicht geeignet sind, der These Konturen zu verleihen. 9 Diese Grenzfälle brauchen angesichts ihres Ausnahmecharakters nicht beleuchtet werden. Von Interesse ist vielmehr, welche unternehmerischen Angelegenheiten der Disposition des anderen Vertragsteils unterliegen. 2. Grenzen der

Konzernleitung

Es ist anerkannt, dass das herrschende Unternehmen berechtigt ist, die geschäftlichen Transaktionen der Gesellschaft zu steuern, insbesondere durch Verrechnungspreise den konzerninternen Austausch von Waren und Dienstleistungen zu beeinflussen. Doch kann es auch den Vorstand anweisen, Rechtsgeschäfte mit 4

Hüffer AktG, § 308 Rdn. 1; Straßberger, Beherrschungsvertrag, 8. Sie wurde durch den Fall „Glöggler" angestoßen. Vgl. Immenga, Z H R 140 (1976), 301; Geßler, Z H R 140 (1976), 433. 6 Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, §308 Rdn. 51; Eschenbruch, Konzernhaftung, Rdn. 3055; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 149; Hüffer AktG, §308 Rdn. 17; KölnKomm/Koppensteiner, §308 Rdn. 30; MünchHdbAG/JCrieger, §70 Rdn. 134; GroßkommAktG/Würdinger, §308 Anm.13; großzügiger Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §308 Rdn. 54. 7 Clemm, Z H R 141 (1977), 197, 204ff.; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, §308 Rdn.61; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §308 Rdn.55; ders., Z H R 140 (1976), 433, 436ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 150f.; Hüffer AktG, §308 Rdn. 19; Immenga, Z H R 140 (1976), 301, 305ff.; Köhler, ZGR 1985, 307, 318; MünchHdbAG/Krieger, §70 Rdn. 134; OLG Düsseldorf AG 1990, 490, 492. AA. KölnKomm/Koppensteiner, §308 Rdn. 32; Glaser, Vertragskonzern, 12ff. 8 Nach Geßler, Z H R 140 (1976), 4 3 3 , 4 3 9 soll das herrschende Unternehmen den Vorstand nicht anweisen können, den Geschäftsbetrieb einzustellen. Die These ist zweifelhaft. Es wird im Schrifttum zu Recht geltend gemacht, dass das herrschende Unternehmen berechtigt sein muss, defizitäre Betriebe stillzulegen; vgl. KölnKommIKoppensteiner, §308 Rdn. 18 mwN. Clemm, Z H R 141 (1977), 197, 203 hat „Finanz-Transaktionen" im Blick. Die von ihm entwickelten Maßstäbe („offensichtlich hoch spekulativ und riskant erkennbar") erlauben es aber nicht, virulente Sachverhalte als existenzgefährdend zu qualifizieren. ' Treffende Kritik von Acher, Vertragskonzern und Insolvenz, 127ff.: Die Diskussion werde ergebnisorientiert geführt. 5

6

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Konzernunternehmen zu unangemessenen Bedingungen zu schließen? Wenn der Beherrschungsvertrag solche Verbundgeschäfte legitimiert, könnte das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft Vermögen entziehen. Ferner ist fraglich, ob es Vermögen „offen" entnehmen und auf den Jahresüberschuss zugreifen kann, und schließlich, ob sich das Weisungsrecht auf die vom Vorstand bei Aufstellung des Jahresabschlusses zu treffenden bilanzpolitischen Entscheidungen erstreckt. 10 Die Debatte über das Ausmaß beherrschungsvertraglicher Konzernleitungsmacht wurde durch Ballerstedt angestoßen.11 Grundlage seiner Thesen über die Grenzen einer Ausgestaltung des konzerninternen Lieferungs- und Leistungsverkehrs bildet eine klar formulierte Systematik der Unternehmensverträge. Das Gesetz unterscheide in § 2 9 1 zwischen einem herrschaftsrechtlichen und einem vermögensrechtlichen Grundtypus eines Unternehmensvertrags. Die gesetzlich geprägte Typik werde auch für die Publizität der Konzernbeziehungen fruchtbar gemacht, da die Art des Unternehmensvertrags in das Handelsregister einzutragen sei. Dieses System der Vertragstypen diene der Transparenz des Konzerns. Ferner gewährleiste es, dass die Konzernunternehmen „ein Mindestmaß an Eigenständigkeit" behielten. 12 „Die mit der Zerlegung in zwei selbständige Vertragstypen gewonnene Klarheit [ginge] verloren, wenn man die Grenzen mißachtete], die jedem dieser Typen damit gezogen" seien.13 Hieraus folge einerseits, dass sich eine Aktiengesellschaft nur aufgrund eines Beherrschungsvertrags der Leitung eines anderen Unternehmens unterwerfen dürfe; andere Vertragsarten kämen hierfür nicht Betracht. Andererseits verbiete es sich, dem Beherrschungsvertrag einen vermögensrechtlichen Inhalt zu geben. 14 Um die Grenzen der Leitungsmacht auszuloten, müssten zunächst der Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsvertrag analysiert werden. Soweit diese Vertragstypen Maßnahmen mit vermögensrechtlichen Auswirkungen erlaubten, seien dem beherrschungsvertraglichen Weisungsrecht Grenzen gesetzt. 15 Ausgangspunkt zur Beurteilung der geschäftlichen Verhältnisse zwischen herrschendem Unternehmen und abhängiger Gesellschaft sei, dass bei einem Ge10 Gegenstand der Diskussion über den Einfluss des herrschenden Unternehmens sind ferner innergesellschaftliche Maßnahmen, die der Vorstand einer unabhängigen Aktiengesellschaft unter eigener Verantwortung wahrnimmt. Fraglich ist, ob der Vorstand noch frei darin ist, über die Anrufung der Hauptversammlung gemäß § 111 Abs. 4 S. 3 und § 119 Abs. 2 zu entscheiden und ob sich die beherrschungsvertragliche Leitungsmacht auf die Zuständigkeiten des Vorstands erstreckt, die Hauptversammlung einzuberufen, die Tagesordnung aufzustellen, Beschlüsse vorzubereiten und über die Inanspruchnahme genehmigten Kapitals zu entscheiden. 11 Die Probleme waren zuvor nur in der Kommentarliteratur behandelt worden; vgl. die Nachweise bei Ballerstedt Z H R 137 (1973), 388 Fn. 1, 2 und 4. 12 Ballerstedt, Z H R 137 (1973), 388, 392. 13 Ballerstedt, Z H R 137 (1973), 388, 393. 14 Ballerstedt, Z H R 137 (1973), 388, 392f. 15 Ballerstedt, Z H R 137 (1973), 388, 393ff.

1. Kapitel:

7

Beherrschungsvertrag

winnabführungsvertrag der Gewinn nicht außerhalb des Jahresabschlusses abgeschöpft werden dürfe. Erträge und Aufwendungen seien im Abschluss auszuweisen. Verdeckte Gewinnverlagerungen würden das durch die Bilanz vermittelte Erfolgsbild verzerren, was dem Publizitätsinteresse der außenstehenden Aktionäre und der Allgemeinheit widerspreche. 16 Das herrschende Unternehmen sei daher nicht berechtigt, Verrechnungspreise willkürlich festzulegen. 17 Die Zulässigkeit einer preislichen Manipulation des laufenden Geschäftsverkehrs lasse sich nicht auf § 2 9 1 Abs. 3 stützen. 18 Beim Geschäftsverkehr mit dritten (Konzern-) Unternehmen bestehe die Gefahr, dass Gewinn planmäßig verlagert werde. 19 Es sei als eine mittelbare verdeckte Gewinnzuführung an die Muttergesellschaft zu sehen, wenn sie entsprechende Verrechnungspreise diktiere. Entweder handele es sich um Beteiligungsertrag, oder sie könne aufgrund von Gewinnabführungsverträgen mit den begünstigten Konzernunternehmen die Beträge abziehen. Dieses faktische Gewinnoder Teilgewinnabführungsverhältnis könne nicht durch einen Beherrschungsvertrag geschaffen werden. Andernfalls würde das leitungsberechtigte Unternehmen nach Belieben über den Gewinn der beherrschten Gesellschaft verfügen, was mit der Systematik der Unternehmensvertragstypen und der hiermit verbundenen Klarheit nicht vereinbar sei. 20 a) Steuerung von Verbundgeschäften, abschöpfung

offene Entnahmen

und

Gewinn-

Die restriktive Sichtweise von Ballerstedt über die Grenzen einer Steuerung des konzerninternen Verkehrs hat sich nicht durchsetzen können. 21 Die herrschende Meinung wendet ein, dass die aktienrechtliche Vermögensbindung gem. § 2 9 1 Abs. 3 teilweise aufgehoben ist. Zweck dieses Privilegs sei es, dem herrschenden Unternehmen zu ermöglichen, die abhängige Gesellschaft zu Vermögensgeschäften jeder Art, insbesondere auch von nachteiligem Charakter anzuweisen. 22 VerBallerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 395f. Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 396. Eine andere Beurteilung sei aber geboten, wenn Gegenstände des Anlagevermögens dem herrschenden Unternehmen unentgeltlich überlassen oder auch vollständig abgezogen würden. Solche Maßnahmen führten nicht dazu, dass das ausgewiesene Jahresergebnis verzerrt würde (aaO. 397). 18 Die Bedeutung dieser Vorschrift erschöpfe sich darin, den nach § 304 Abs. 2 S. 2 zu gewährenden Ausgleich von den aus § § 5 7 Abs. 2, 60 resultierenden Beschränkungen freizustellen. Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 397. 19 Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 398. 20 Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 398f. 21 Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.44; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 8 Rdn.47; KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.35, 79, § 3 0 8 Rdn.18; Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 426ff.; ders., AG 1976, 147, 148; ders., Z G R 1981, 4 2 9 , 440. 22 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 8 Rdn.47; KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.35. 16 17

8

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

deckte Gewinnausschüttungen seien folglich nicht verboten, der Gesellschaft dürften Konzernverrechnungspreise auferlegt werden. 23 Ferner wird argumentiert, die dem herrschenden Unternehmen in den §§ 302 ff. auferlegten Pflichten seien „weit überdimensioniert", wenn die beherrschungsvertragliche Leitungskompetenz in der von Ballerstedt favorisierten Weise beschränkt würde. 24 Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfolgsneutrale und andere Weisungen nicht zuverlässig unterschieden werden könnten. 25 Entscheidungen der Konzernspitze könnten in der Regel nicht einem bestimmten Funktionsbereich zugeordnet werden, sondern hätten einen ambivalenten Charakter. Eine herrschaftsrechtliche Maßnahme sei zumindest mittelbar auch vermögensrechtlicher Natur, da sie Auswirkungen auf den Ertrag der Gesellschaft habe. 26 Bemerkenswert ist, dass sich das Schrifttum mit den systematischen Überlegungen von Ballerstedt nicht ernsthaft auseinandergesetzt hat. Sie werden lediglich für die Frage aufgegriffen, ob das herrschende Unternehmen (vor Feststellung des Jahresabschlusses) die Abführung des Gewinns verlangen kann. 27 Die herrschende Ansicht 28 verneint sie mit dem Argument, das Gesetz unterscheide zwischen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Wenn das herrschende Unternehmen berechtigt wäre, den Transfer von Gewinnen zu verlangen, hätte der Gewinnabführungsvertrag keine eigenständige Bedeutung; davon sei der Gesetzgeber aber ausgegangen.29 Die Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses sei keine Geschäftsführungsmaßnahme, sondern als Teil der Gewinnverwendung (§58) zu begreifen; beherrschungsvertragliche Leitungsmacht könne sich hierauf nicht erstrecken. 30 Die von der Gegenansicht31 angeführten Argumente sind pragmatischer Natur. Wenn es der Konzernspitze er23 Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.44; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 8 Rdn.47. 2 4 KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.35. 25 Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 427{.; KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 1 Rdn.35. 26 Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 427f.; ders., AG 1976, 147, 148. 2 7 Es ist anerkannt, dass nach Feststellung des Jahresabschlusses keine Zugriffsmöglichkeit auf den Bilanzgewinn besteht. Da die Hauptversammlung über die Verwendung des Gewinns entscheidet (§174), steht einem solchen Verlangen eine zwingende gesetzliche Zuständigkeit entgegen. Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.43; Exner, Beherrschungsvertrag, 89; Fabian, Beherrschungsvertrag, 156; Geßler, FS Ballerstedt, 219, 221; KölnKomm/ Koppensteiner, § 3 0 8 Rdn.23. 28 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 8 Rdn.48; ders., FS Ballerstedt, 219, 221f.; KölnKomm/Koppensteiner, § 3 0 8 Rdn.23; Exner, Beherrschungsvertrag, 88ff.; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.43; Fabian, Beherrschungsvertrag, 157ff.; Veit, Unternehmensverträge, 146 f. 29 Eschenbruch, Konzernhaftung, Rdn.3053; Exner, Beherrschungsvertrag, 90f.; Geßler, Geßler Hefermehl AktG, § 308 Rdn. 48; KölnKomm1 Koppensteiner, § 308 Rdn. 23; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.43; Veit, Unternehmensverträge, 147. 30 Geßler, FS Ballerstedt, 219, 221 f. 31 Glaser, Vertragskonzern, 50ff.; Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 428; Schatz, Sicherung des Gesellschaftsvermögens, 70f.; GroßkommAktG/Wördmger, § 3 0 8 Anm. 10.

1. Kapitel:

Beherrschungsvertrag

9

laubt sei, die Entstehung von Gewinn zu verhindern, müsse sie auch in der Lage sein, diesen abzuschöpfen. Vereinzelt wird in der offenen oder verdeckten Verlagerung von Gewinnen nur eine Frage der buchmäßigen Behandlung des Vorgangs gesehen. 32 Schließlich wird auch darauf abgestellt, dass für Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag identische Sicherungen und Garantien vorgesehen seien. 33 b) Determinierung bilanzpolitiscber Jahresabschlusses als Gegenstand

Maßnahmen - die Aufstellung des beherrschungsvertraglicher Leitungsmacht

Das herrschende Unternehmen kann die Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat nicht erzwingen.34 Fraglich ist aber, ob es den Vorstand anweisen kann, wie dieser den Jahresabschluss aufzustellen hat. Es könnte argumentiert werden, diese Maßnahme sei Ausschnitt der Leitungszuständigkeit des Vorstands und unterfalle daher der beherrschungsvertraglichen Konzernleitungsmacht, so dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hierüber nicht mehr autonom befinden könne. Das herrschende Unternehmen wäre dann in der Lage, bilanzpolitische Entscheidungen in einer Weise zu determinieren, dass ein ausschüttungsfähiger Gewinn nicht mehr entstehen kann. Es lassen sich drei Meinungen ausmachen. Glaser vertritt die Auffassung, Weisungen, „die in die Bilanzierung des abhängigen Unternehmens eingreifen", seien unzulässig, selbst soweit das Gesetz Bewertungswahlrechte vorsehe. 35 Andernfalls könne das herrschende Unternehmen die besonderen Kapitalerhaltungsvorschriften ( § § 3 0 0 - 3 0 2 ) umgehen. Es wäre dann in der Lage, die Rücklagenhöhe nach § 300 zu schmälern und zu verhindern, dass ein Verlust ausgewiesen werde, der gemäß § 302 am Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen werden müsste. Diese Sichtweise lasse sich erhärten, wenn man in den Blick nehme, dass es Zweck eines Beherrschungsvertrags sei, die Unternehmensführung zu vereinheitlichen. Das Weisungsrecht könne nur dazu dienen, die Unternehmenspolitik zu steuern. Die Aufstellung des Jahresabschlusses gehöre aber nicht dazu. 36 32 Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 428; zustimmend Schatz, Sicherung des Gesellschaftsvermögens, 71. 3 3 GroßkommAktG/Würdinger, § 3 0 8 Anm. 10. Dagegen zu Recht Exner, Beherrschungsvertrag, 90 (Ausgleichsansprüche unterscheiden sich). 3 4 Nach wohl allg. Meinung lässt der Beherrschungsvertrag die gesetzlichen Kompetenzen des Aufsichtsrats unberührt. Vgl. Exner, Beherrschungsvertrag, 109: Die in § 308 Abs. 3 getroffene Einschränkung knüpfe an das Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 an, beziehe sich also nicht darauf, dass der Aufsichtsrat gem. § 172 den Jahresabschluss billige. 35 Glaser, Vertragskonzern, 24ff.; Brachvogel, Leitungsmacht, 48; wohl auch Knoblau, Leitungsmacht, 66f. mit dem Argument, die beherrschte Gesellschaft sei auch noch nach Abschluss des Beherrschungsvertrags rechtlich selbständig. Die Funktionen ihrer Organe müssten daher grundsätzlich erhalten bleiben. 36 Glaser, aaO.; ferner Brachvogel, Leitungsmacht, 48 mit der Erwägung, die Konzernlei-

10

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Geßler gesteht dem herrschenden Unternehmen einen partiellen Einfluss zu. Das Weisungsrecht soll sich auf die Ausübung von Wahlrechten sowie auf die Bestimmung der Höhe des Betrags erstrecken, der nach § 58 Abs. 2 in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden könne. Im Übrigen dürfe die Bewertung des Unternehmens, selbst soweit das Gesetz einen Schätzungsspielraum eröffne, nicht beeinflusst werden. 37 Eine Begründung für diese differenzierende Sichtweise gibt er aber nicht. Nach herrschender Meinung unterliegt die gesamte Materie der Rechnungslegung, mit Ausnahme der zwingenden Regeln, dem Einfluss des herrschenden Unternehmens.38 Der Vorstand könne angewiesen werden, wie er Ansatz- und Bewertungswahlrechte39 und bilanzrechtliche Ermessenspielräume40 auszuüben habe. Zwar müsse der Vorstand, soweit er über Wertansätze, Abschreibungen und Rückstellungen entscheide, sein Ermessen pflichtgemäß ausüben, um einen richtigen Jahresabschluss zu erstellen. „Wo das Ermessen allerdings mehr oder weniger große Bandbreiten gewährte], [könne] innerhalb dieser Bandbreiten durchaus ein Weisungsrecht zur Geltung gebracht werden". 41 Dem Vorstand dürften auch Vorgaben gemacht werden, ob bestimmte Beträge in andere Gewinnrücklagen einzustellen oder ob solche Rücklagen aufzulösen seien. 42 Zur Begründung weisen die meisten Autoren darauf hin, dass bilanzpolitische Maßnahmen der Leitungszuständigkeit des Vorstands unterfielen.43 Der Gesetzgeber habe die Vorstellung gehabt, dass das Weisungsrecht sich auf alle Tätigkeitsbereiche des Vorstands erstrecke. 44 Es seien keine sachlichen Erwägungen tungsmacht erstrecke sich nicht auf Handlungen, die keinen wirtschaftlichen Erfolg anstrebten. 37 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 8 R d n . 4 4 ; aA. aber ders. hinsichtlich der Rücklagenbildung in AG 1985, 257, 2 6 0 . 38 Exner, Beherrschungsvertrag, 101, 106 ff.; Hüffer AktG, § 3 0 8 Rdn. 12, 14; Fabian, Beherrschungsvertrag, 146ff.; KölnKommIKoppensteiner, § 3 0 8 Rdn. 17, 21; W. Müller, FS Kropff, 517, 5 2 8 ; GroßkommAktG/Würt/mger, § 3 0 8 Anm.9; Schatz, Sicherung des Gesellschaftsvermögens, 63; Schauß, Weisungsrecht, 57; Altmeppen, DB 1 9 9 9 , 2 4 5 3 , 2 4 5 4 ; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 3 0 8 Rdn.40; Sina, AG 1991, 1. In diesem Sinne dürfte auch H.P. Müller, FS Goerdeler, 375, 381 zu verstehen sein. 39 Exner, Beherrschungsvertrag, 106; W. Müller, FS Kropff, 5 1 7 , 5 2 8 ; H.P. Müller, FS Goerdeler, 375, 381 mit der Maßgabe, es dürfe nicht gegen das Verbot missbräuchlicher Ausübung der Bilanzierungswahlrechte ( § 2 6 4 Abs. 2 HGB) und den Stetigkeitsgrundsatz ( § 2 5 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 HGB) verstoßen werden. 40 Exner, Beherrschungsvertrag, 107; W. Müller, FS Kropff, 5 1 7 , 5 2 8 ; GroßkommAktG/ Würdinger, § 308 Anm. 9; aA. wohl H.P. Müller, FS Goerdeler, 3 7 5 , 381 mit der Erwägung, die zwingende Pflichtenstellung des Vorstands dürfe nicht beeinträchtigt werden. Dies wird aber auch von den anderen Autoren nicht angenommen. 4 1 W. Müller, FS Kropff, 517, 5 2 8 . 42 Exner, Beherrschungsvertrag, 105; GroßkommAktG /Würdinger, § 3 0 8 Anm.9; Fabian, Beherrschungsvertrag, 150f. 43 Exner, Beherrschungsvertrag, 103; KölnKomm/Koppensteiner, § 3 0 8 Rdn. 17, 21; W. Müller, FS Kropff, 5 1 7 , 5 2 8 ; Sina, AG 1 9 9 1 , 1. 4 4 Vgl. Begr. RegE § 308, Kropff AktG, 4 0 3 : Das Weisungsrecht „ist nicht auf Fragen der Ge-

1. Kapitel:

Beherrschungsvertrag

11

ersichtlich, die es rechtfertigten, einzelne Leitungsbereiche als nicht v o m Beherrschungsvertrag erfasst a n z u s e h e n . 4 5 A u ß e r d e m k ö n n e unternehmerische von organisatorischer Leitung nicht präzise abgegrenzt werden. Die bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu treffenden Entscheidungen seien auch von unternehmerischen Zielvorstellungen g e t r a g e n . 4 6 c)

Fazit

D e r Beherrschungsvertrag ist n a c h herrschendem Verständnis ein organisationsrechtliches Gestaltungsmittel, das es dem herrschenden U n t e r n e h m e n erlaubt, eine Aktiengesellschaft in seinen U n t e r n e h m e n s v e r b u n d zu integrieren. D a s herrschende U n t e r n e h m e n darf verdeckte G e w i n n a u s s c h ü t t u n g e n veranlassen und V e r m ö g e n offen e n t n e h m e n . Es soll ferner berechtigt sein, bilanzpolitische E n t scheidungen des Vorstands zu beeinflussen. N a c h m a n c h e n S t i m m e n soll es sogar zulässig sein, dass die Gesellschaft a u f Verlangen des anderen Vertragsteils ihren J a h r e s ü b e r s c h u s s a b f ü h r t . Die R e c h t s p r e c h u n g musste zu diesen R e c h t s fragen bisher nicht Stellung n e h m e n . 4 7 Allerdings hat sich der B G H im

Guano-

B e s c h l u s s 4 8 die von der herrschenden M e i n u n g vertretenen T h e s e n in einem obiter dictum zu eigen g e m a c h t : „Das herrschende Unternehmen kann den Jahresüberschuß und damit auch den Gewinn dadurch erhöhen, daß es in entsprechender Weise von Ansatz- und Bewertungswahlrechten Gebrauch m a c h t . . . und Rückstellungen oder Sonderposten mit Rücklagenanteil auflöst ... Ferner schließt es die Regelung des § 301 AktG nicht aus, daß das herrschende Unternehmen die Auflösung vorvertraglich gebildeter stiller Reserven bei der beherrschten Gesellschaft veranlaßt und auf diese Weise entweder den abzuführenden Gewinn erhöht und sich Gewinne im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung verschafft..., so daß die abhängige Gesellschaft nur noch über Grundkapital, gesetzliche Rücklagen und die vor Inkrafttreten des Unternehmensvertrages gebildeten freiwilligen Rücklagen verfügt. Darüber hinaus ist das herrschende Unternehmen infolge seiner Weisungsbefugnis in der Lage, die abhängige Gesellschaft ihrer Vermögenswerte weitgehend zu entkleiden oder sie vollständig in den Konzern einzubinden und ihr im Rahmen der von dem Konzern verfolgten Ziele eine bestimmte Funktion zuzuweisen, so daß es ihr nicht möglich ist, bei Beendigung des Unternehmensvertrags aus eigener Kraft fortzubestehen." 4 9

schäftsführung beschränkt. Es umfaßt vielmehr den gesamten Bereich, in dem der Vorstand die Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 zu leiten hat." 45 Exner, Beherrschungsvertrag, 104; KölnKomm/Koppensteiner, §308 Rdn.21; GroßkommAktG/WWmger, §308 Anm.8f. 46 Exner, Beherrschungsvertrag, 103, 106ff.; Fabian, Beherrschungsvertrag, 150; KölnKomm/Koppensteiner, §308 Rdn.21; GroßkommAktG/Würdinger, §308 Anm.9. 4 7 Vgl. aber OLG Stuttgart NZG 1998, 601, 602ff. zum Beherrschungsvertrag mit einer GmbH. 4 8 BGHZ 135, 374 (zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag). 4 9 BGHZ 135, 374, 378. Der BGH hat sich allerdings mit Schrifttumsnachweisen begnügt.

12

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Die Ausführungen des BGH reflektieren den gegenwärtigen Diskussionsstand und verdeutlichen zugleich, dass sich die Bestrebungen, Grenzen einer beherrschungsvertraglichen Organisationsbefugnis zu formulieren, nicht durchsetzen konnten. Die gesetzlichen Sicherungsinstrumente werden unausgesprochen als ausreichend angesehen, um die Aktionäre und Gläubiger zu schützen. Das Regelungsziel der Aktienrechtsnovelle von 1965, außenstehende Aktionäre und Gläubiger zu schützen, spielt in der Diskussion keine Rolle. II. Vertragsfreiheit 1. Dimensionen einer

Organisationsautonomie

Die beherrschungsvertragliche Leitungsmacht kann nicht durch zusätzliche Befugnisse verstärkt werden. Eine Abrede, die dem herrschenden Unternehmen das Recht einräumt, Strukturänderungen zu beeinflussen oder sogar zu entscheiden, würde ohne gesetzliche Legitimation in die Zuständigkeiten der Hauptversammlung eingreifen. 50 Die Diskussion hat lediglich Möglichkeiten einer Ausgestaltung der gesetzlichen Leitungswege im Blick,51 auf die hier nicht einzugehen ist. 52 Zu erörtern sind inhaltsbeschränkende Vereinbarungen. Es fragt sich zum einen, ob es erforderlich ist, dass sich die Gesellschaft in toto der Leitung durch ein anderes Unternehmen unterstellt (Modifikationen des Vertragsgegenstands). Zum anderen ist klärungsbedürftig, ob das Recht des herrschenden Unternehmens, dem Vorstand Weisungen zu erteilen, vollständig ausgeschlossen, durch andere Instrumente ersetzt oder aber jedenfalls für bestimmte Maßnahmen ausgeschlossen werden kann (Beschränkungen des Weisungsrechts). Die praktische Bedeutung solcher Abreden ist gering. 53 Die Diskussion ist vor allem deshalb von Interesse, weil die aufgezeigten inhaltsbeschränkenden Abre50 Problematisch ist, ob der Vorstand auch bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags verpflichtet ist, S t r u k t u r m a ß n a h m e n im Sinne der Holzmüller-Judikatur ( B G H Z 83, 122) der H a u p t v e r s a m m l u n g zur Entscheidung vorzulegen. Sieger/Hasselbach, AG 1999, 241, 245ff. verneinen dies. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass außenstehende Aktionäre einer vertraglich konzernierten Aktiengesellschaft nicht befürchten müssen, dass ihre vermögensrechtlichen Interessen verwässert werden. Ihr Schutz richtet sich nach den § § 3 0 4 , 3 0 5 . D o c h erscheint es nicht ausgeschlossen zu sein, dass die Stimmrechte der außenstehenden Aktionäre d u r c h die S t r u k t u r m a ß n a h m e beeinträchtigt werden. 51 Fraglich ist, ob dem herrschenden Unternehmen im Beherrschungsvertrag eine Vertretungsbefugnis eingeräumt werden k a n n , ferner o b auch Arbeitnehmern der Gesellschaft Weisungen gegeben oder das Weisungsrecht auf ein anderes (Konzern-) Unternehmen übertragen werden k a n n . Vgl. Exner, Beherrschungsvertrag, 117ff.; zuletzt Altmeppen, H a f t u n g des M a nagers, 12.ff.; Fabian, Beherrschungsvertrag, 199ff. 52 Eine signifikante A u f w e r t u n g der Rechtsstellung des herrschenden Unternehmens ist hierdurch nicht möglich. D a m i t soll freilich nicht in Abrede gestellt werden, dass eine vertragliche K o n t u r i e r u n g der Einflusskanäle n u r in gewissen Grenzen anzuerkennen ist. 53 Z u möglichen G r ü n d e n siehe Seite 1 3 - 1 5 , insbes. F n . 5 5 u. 65.

1. Kapitel:

Beherrschungsvertrag

13

den das Verhältnis der Unternehmensverträge zum Organisationsrecht der Aktiengesellschaft berühren und somit die Frage aufwerfen, welche Formen einer Organisationsautonomie in der Aktiengesellschaft zur Verfügung stehen. Dies lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: Die A-AG, die in der Stahlzeug- und Kohleindustrie tätig ist, schließt mit dem Unternehmen U einen Vertrag, durch den sie sich der Leitung durch U unterstellt. U wird aber nur die Leitung der Stahlzeugbetriebe übertragen, insoweit hat U nach dem Vertrag ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand der A-AG. Ein solcher vom normativen Leitbild abweichender Vertrag ist nach herrschender M e i n u n g nicht als Beherrschungsvertrag einzuordnen. Es müsste daher zunächst geklärt werden, ob er Grundlage f ü r die vereinbarte Weisungsbefugnis sein k a n n . Da a u ß e r h a l b des Unternehmensvertragsrechts nach herrschender M e i n u n g weder einem Dritten noch einem Aktionär ein rechtlich gesicherter Einfluss eingeräumt werden k a n n , wäre der Vertrag u n w i r k s a m . 5 4 Ein solcher Befund erscheint aber fragwürdig, schließlich d ü r f t e es aus Sicht der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger der A-AG vorteilhaft sein, wenn sich die Einflussrechte des herrschenden Unternehmens nicht auf sämtliche Betriebe des Unternehmens erstrecken.

2. Beschränkungen

des

Weisungsrechts

a) Vollständiger Verzicht auf das

Weisungsrecht

Für die Zulässigkeit eines vollständigen Verzichts auf das Weisungsrecht hat sich vor allem Geßler ausgesprochen. In der Praxis würden solche Verträge geschlossen, wenn es dem mehrheitlich beteiligten Vertragspartner darauf ankomme, mit dem abhängigen Unternehmen zusammenzuarbeiten, ohne dass die Gefahr bestünde, dass jedes einzelne Austauschgeschäft wegen Verstoßes gegen die §§57, 58, 60 unwirksam sei. Außerdem könne es das herrschende Unternehmen vermeiden, einen Abhängigkeitsbericht zu erstellen. Es sei ferner nicht an die engen Grenzen des Ausgleichs (§§311, 317) gebunden. 55 Nach Geßler stehen Wortlaut, gesetzgeberische Vorstellungen sowie Sinn und Zweck der §§291, 308 einem Beherrschungsvertrag ohne Weisungsrecht nicht entgegen. 56 Das Gesetz verlange nicht, dass eine umfassende Leitungsgewalt eingeräumt werde. Vielmehr sei es nach § 308 Abs. 1 S.2 erlaubt, den Umfang des 54 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §291 Rdn.50 meint, je nach Ausgestaltung könne der Vertrag als ein Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsvertrag zu qualifizieren sein. 55 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §291 Rdn.53; solche Verträge würden vor allem in internationalen Unternehmensverbindungen Bedeutung erlangen, wenn beide Vertragspartner Wert auf eine gewisse Unabhängigkeit legten; vgl. Geßler, FS Beitzke, 923, 925. Windbichler, Unternehmensverträge, 26f., 98ff. weist darauf hin, ein Verzicht auf das Weisungsrecht könne von Interesse sein, wenn die durch den Beherrschungsvertrag begründete Leitungsmacht im Rahmen einer Fusionskontrolle untersagt werde; uU könne so einer Auflösung des Vertrags entgegnet werden. 56 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §291 Rdn.53; ders., FS Beitzke, 923, 928f. und 931 ff. zum Erfordernis einheitlicher Leitung; zustimmend Exner, Beherrschungsvertrag, 116; MünchKomm AktG/Altmeppen, §291 Rdn.99ff.

14

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Weisungsrechts vertraglich zu regeln. 57 Aus den Sicherungsregeln folge nicht, dass der andere Vertragsteil vollständige Leitungsmacht haben müsse, denn diese Vorschriften dienten ausschließlich dem Schutz der Gesellschaft, ihrer Aktionäre und Gläubiger. 58 Die Parteien könnten sich daher auch auf die Vereinbarung beschränken, dass die Kapitalbindungsvorschriften außer Kraft gesetzt sind ( § 2 9 1 A b s . 3 ) . 5 9 Die herrschende Meinung sieht das Weisungsrecht als ein unverzichtbares wesensbestimmendes Merkmal des Beherrschungsvertrags an. 6 0 Wenn es ausgeschlossen würde, sei nicht gewährleistet, dass das herrschende Unternehmen die Gesellschaft einheitlich leite. 61 Der Beherrschungsvertrag könne andernfalls nicht von den anderen Unternehmensverträgen abgegrenzt werden. O b ein Vertrag als Beherrschungsvertrag einzuordnen sei, bestimme sich nämlich nicht danach, wie die Parteien ihn bezeichneten, sondern nach dessen Inhalt. 6 2 Die von Geßler propagierte Ansicht führe dazu, dass der Beherrschungsvertrag keinen nachvollziehbaren Inhalt mehr hätte. Das Regelungssystem des Vertragskonzerns und des faktischen Konzerns wären nicht mehr zuverlässig abgrenzbar. 63 b) Partieller Ausschluss des

Weisungsrechts

Ein partieller, auf Maßnahmen der Geschäftsführung beschränkter Ausschluss des Weisungsrechts kann sich anbieten, wenn der andere Vertragsteil nicht über die für den zustimmenden Beschluss erforderlich Kapitalmehrheit verfügt und daher eine Zustimmung außenstehender Aktionäre erforderlich ist. Bei einer Mehrmütterherrschaft kann es uU. sogar erforderlich sein, die Leitungsmacht auf diese Weise abzugrenzen. 6 4 Solche Klauseln können entweder konkrete Maßnahmen betreffen. Denkbar ist es, dass das herrschende Unternehmen über bestimmte Gegenstände des Anlagevermögens nicht verfügen dürfen soll. Weiter kann auf diese Weise gewährleistet werden, dass Lizenzen oder Patente nicht verwertet werden. BeschränkunGeßler, FS Beitzke, 923, 930f. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 1 R d n . 5 3 ; ebenso Exner, Beherrschungsvertrag, 117; MünchKommAktGM/iTKeppett, § 2 9 1 Rdn.99; insoweit zustimmend auch Glaser, Vertragskonzern, 2 0 9 f. 5 9 Zugrunde zu legen sei, dass das in § 2 9 1 Abs. 3 verankerte Privileg für den gesamten Geschäfts- und Vermögensverkehr der Gesellschaft gelte; vgl. Geßler, FS Beitzke, 923, 927. 60 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 1 1 III2a; Hüffer AktG, § 2 9 1 Rdn. 11; Fabian, Beherrschungsvertrag, 182ff.; KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 1 Rdn. 13; MünchHdbAG/Krieger, § 70 Rdn. 5; Marchand, Gemeinschaftsunternehmen, 195; wohl auch GroßkommAktG/Würdinger, § 3 0 8 Anm.8. 61 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 1 1 III2a; Marchand, Gemeinschaftsunternehmen, 195. 6 2 KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 1 Rdn. 13. 63 Hüffer AktG, § 2 9 1 Rdn. 11. 6 4 Vgl. Gansweid, Tochtergesellschaften, 149 ff.; Marchand, Gemeinschaftsunternehmen, 197ff. 57

58

1. Kapitel:

Beherrschungsvertrag

15

gen können aber auch abstrakt in dem Sinne formuliert sein, dass eine Vielzahl von Geschäften dem Einfluss des herrschenden Unternehmens entzogen wird, indem sich das herrschende Unternehmen verpflichtet, eine bestimmte Geschäftspolitik zu verfolgen. 6 5 N a c h herrschender M e i n u n g sind solche Abreden grundsätzlich zulässig. 6 6 D e r Vertrag verhalte sich noch gesetzestypisch, jedenfalls solange er eine einheitliche Leitung der Gesellschaft ermögliche.

3. Modifikationen

des

a) Zulässigkeit des

Vertragsgegenstands „Teilbeherrschungsvertrags"

Bei einem „Teilbeherrschungsvertrag" sind dem herrschenden Unternehmen nur bestimmte Ausschnitte der Leitungszuständigkeit des Vorstands übertragen (beispielsweise die Unternehmensplanung oder Unternehmensfinanzierung). Soweit das Schrifttum sich für die Zulässigkeit dieser Gestaltungsform ausspricht, geschieht dies unter der Prämisse, dass der in §§ 3 0 2 , 3 0 3 und § § 3 0 4 , 3 0 5 verankerte Schutz unberührt bleibt. Das herrschende Unternehmen wird daher nur in Ausnahmefällen auf eine vollständige Leitungsunterstellung verzichten. Koppensteiner

vertritt die Ansicht, „Teilbeherrschungsverträge" seien keine

Beherrschungsverträge, ihre Wirksamkeit richte sich nach dem Organisationsrecht der Aktiengesellschaft (§ 7 6 ) . 6 7 Z u r Begründung führt er an, bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags werde unwiderleglich vermutet, dass die Gesellschaft einheitlich geleitet wird ( § 1 8 Abs. 1 S . 2 ) . Erforderlich sei daher der Transfer sämtlicher Leitungsfunktionen. 6 8 Ferner macht er geltend, die Vorschriften über die Sicherung der außenstehenden Aktionäre durch Ausgleich und Abfindung ( § § 3 0 4 , 3 0 5 ) seien nicht auf Abstufungen hinsichtlich der Einflussmöglichkeiten des anderen Vertragsteils zugeschnitten. D e m Gesetz sei ein „synallagmatisches Verhältnis" zwischen Leitungsmacht und Sicherungsvorschriften zu 6 5 Aus der jüngeren Unternehmenspraxis ist der Beherrschungsvertrag zwischen der EnBWAG und der NWS-AG zu nennen, über den die Hauptversammlung der EnBW-AG am 12.7. 2000 zu entscheiden hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die EnBW-AG nur mit 2 5 , 7 % an der NWS-AG beteiligt. Durch den Beherrschungsvertrag wollte sie die unternehmerische Führung der NWS-AG übernehmen. Allerdings sollte sich diese an einem mit der NWS-AG geschlossenen Kooperationsvertrag und einem Vertrag über die Sicherung der Arbeitsplätze und Standorte ausrichten. Im Beherrschungsvertrag wurde dementsprechend vereinbart, dass das Weisungsrecht nicht im Widerspruch zum Kooperationsvertrag oder der Vereinbarung zur Sicherung der Arbeitsplätze und Standorte ausgeübt werden darf. Vgl. zur älteren Unternehmenspraxis Exner, Beherrschungsvertrag, 83 mit Hinweis auf den Beherrschungsvertrag zwischen VW und Audi. 66 Glaser, Vertragskonzern, 211 f.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 152; Hüffer AktG, § 308 Rdn. 1, 13. Einschränkend KölnKomm/Koppensteiner, § 308 Rdn.39: Es müsse sich um Maßnahmen handeln, welche typischerweise nachteiligen Charakter hätten. 6 7 KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.33f.; zustimmend Nirk/Reuter/Bächle, Hdb. AG, Rdn. 2239. 6 8 Ebenso Marchand, Gemeinschaftsunternehmen, 194f.

16

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

entnehmen. Wenn Rechte eingeschränkt werden könnten, müsste dem auch Rechnung getragen werden können auf der Ebene der Sicherungsrechte. Dies verbiete sich aber wegen des zwingenden Charakters der Schutzvorschriften. Rechte und Pflichten seien austariert. Dieses Verhältnis müsse im Interesse der Aktionäre und Gläubiger des herrschenden Unternehmens aufrecht erhalten bleiben. 69 Die herrschende Meinung geht ebenfalls davon aus, dass eine einheitliche Leitung der Gesellschaft iSv. § 18 Abs. 1 gesichert sein muss. 70 Doch sei es ebenso „wie für die Begründung eines Konzerns durch einheitliche Leitung ... erforderlich und ausreichend, dass zumindest eine der wesentlichen unternehmerischen Funktionen ... dem herrschenden Unternehmen unterstellt wird." 7 1 Dieser Auffassung liegt das „weite" Verständnis des Begriffs der einheitlichen Leitung iSv. §18 Abs. 1 S.2 zugrunde. Von einer einheitlichen Leitung kann schon dann auszugehen sein, wenn einzelne unternehmerische Funktionen beeinflusst werden. 72 Die Gegenposition wird von Exner und Altmeppen eingenommen, die den „Teilbeherrschungsvertrag" uneingeschränkt als gesetzeskonform beurteilen. 73 Exner stellt entscheidend darauf ab, dass bei einem Beherrschungsvertrag Vertragsfreiheit bestünde. Insbesondere sei aus §308 Abs. 1 S.2 zu schließen, dass das Weisungsrecht ausgeschlossen werden dürfe. Es sei daher erst recht zulässig, das Weisungsrecht auf einzelne unternehmerische Funktionen zu beschränken. 74 Altmeppen führt weiter an, dass aus § 18 Abs. 1 S. 2 keine Beschränkungen der Vertragsfreiheit abgeleitet werden könnten, was aus einer „Schutzzweckbetrachtung der §§ 291 ff." folge. Es bestünde kein Bedürfnis, außenstehende Aktionäre und Gläubiger vor einer Beschränkung des Leitungsrechts zu bewahren. 75 Daher sei es weder erforderlich, dass durch den Beherrschungsvertrag alle Leitungsfunktionen übertragen werden, noch dass die eingeräumte Leitungsfunktion wesentlich oder bedeutend sei.76 69

KölnKommIKoppensteiner, §291 Rdn.34. Emmerich, E m m e r i c h / H a b e r s a c k A k t K R , § 2 9 1 R d n . 2 0 ; Fabian, Beherrschungsvertrag, 180; Glaser, Vertragskonzern, 2 1 2 , 2 1 4 ; Hüffer A k t G , § 2 9 1 R d n . 10; M ü n c h H d b A G / K r / e g e r , § 7 0 R d n . 5 ; Bacbmann/Veil, ZIP 1 9 9 9 , 348, 3 5 3 f . 71 MünchHdbAG/Krieger, § 7 0 R d n . 5 . 72 Im einzelnen sind allerdings nuanciert unterschiedliche Auffassungen festzustellen. N a c h Geßler, Geßler/Hefermehl A k t G , § 2 9 1 R d n . 51 und Dierdorf, H e r r s c h a f t und Abhängigkeit, l l O f . soll wegen der Interdependenz der unternehmerischen Entscheidungsbereiche auf die gesamte Geschäftstätigkeit der Gesellschaft a n z u n e h m e n sein, dass sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit der Leitung des a n d e r e n U n t e r n e h m e n s unterstellt habe. Hüffer A k t G , § 2 9 1 R d n . 10 meint, der andere Vertragsteil müsse „in die Lage versetzt [werden], eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln u n d gegenüber d e m Vorstand der beherrschten Gesellschaft durchzusetzen." 73 Exner, Beherrschungsvertrag, 111 ff.; M ü n c h K o m m A k t G / A l t m e p p e n , § 2 9 1 R d n . 8 9 f f . 74 Exner, Beherrschungsvertrag, 114. 75 M ü n c h K o m m A k t G / A / i m e p p e « , § 2 9 1 R d n . 90. 76 M ü n c h K o m m A k t G / A / f m e p p e « § 2 9 1 R d n . 93; ders., H a f t u n g des M a n a g e r s , 19. 70

1. Kapitel:

b) Beschränkung

auf Leitung der

17

Beberrschungsvertrag

Betriebe

Von der Zulässigkeit des „Teilbeherrschungsvertrags" ist die Frage zu trennen, o b der andere Vertragsteil sich das R e c h t einräumen lassen k a n n , dem Vorstand der Gesellschaft hinsichtlich der Führung einzelner Betriebe Weisungen zu geb e n . 7 7 Sie wird von der herrschenden Meinung verneint. 7 8 Ein solcher Vertrag sei als schuldrechtlicher Austauschvertrag zu qualifizieren. 7 9 Z w a r könne das Weisungsrecht auch auf eine andere Weise, als dies in § 3 0 8 Abs. 1 S . 2 vorgesehen ist, beschränkt werden. 8 0 Der Beherrschungsvertrag charakterisiere sich aber durch eine Übertragung der Leitungszuständigkeiten des Vorstands. Es genüge daher nicht, wenn das herrschende Unternehmen auf die Führung einzelner Betriebe Einfluss nehmen k ö n n e . 8 1 In diesem Falle sei eine einheitliche Leitung der Gesellschaft nicht möglich. 8 2 Würdinger

argumentiert schließlich, beim Beherr-

schungsvertrag bestünde schon deshalb keine Vertragsfreiheit, weil er als ein O r ganisationsvertrag zu qualifizieren sei, der körperschaftliche Regelungen in Kraft setze, so dass sich der rechtliche Status der Gesellschaft verändere. Wegen dieser Unterschiede zu schuldrechtlichen Verträgen sei „für die Parteiautonomie . . . nur insoweit Spielraum, als das Gesetz es ausdrücklich z u l ä s s t . " 8 3

4. Fazit: Überlagerung organisations- und schutzrecbtlicher durch rechtssystematische Argumente

Argumente

Die herrschende M e i n u n g begreift den Beherrschungsvertrag zwar als ein organisationsrechtliches Gestaltungsmittel. 8 4 D o c h wird in der Diskussion über vertragsbeschränkende Abreden weder diesem Aspekt noch dem Regelungsziel, außenstehende Aktionäre und Gläubiger zu schützen, Bedeutung beigemessen. M a ß g e b l i c h sind vielmehr systematische Vorstellungen, die sich vornehmlich in der These artikulieren, der Beherrschungsvertrag müsse eine einheitliche K o n zernleitung ermöglichen. Dahinter verbergen sich Vorstellungen über das Ver-

Siehe den auf Seite 13 gebildeten Fall. Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 110f.; Fabian, Beherrschungsvertrag, 180; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 175; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §291 Rdn.50; Glaser, Vertragskonzern, 214; Kantzas, Weisungsrecht, 28; KölnKomm/Koppensteiner, § 291 Rdn.31; MünchHdbAG/Krieger, §70 Rdn.5; GroßkommAktG/Würdinger, §291 Anm. 8. AA. allein Exner, Beherrschungsvertrag, 110ff. auf der Grundlage eines anderen Verständnisses beherrschungsvertraglicher Vertragsfreiheit. 79 Kantzas, Weisungsrecht, 28; wohl auch GroßkommAktG/Würdinger, §291 Anm. 8. 80 Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, §291 Rdn. 19; Exner, Beherrschungsvertrag, 113. 81 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn.31; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §291 Rdn.50. 82 KöinKommJ Koppensteiner, §291 Rdn.31. 83 GroßkommAktG/WrirÄrager, §291 Anm. 11, 13. 8 4 Siehe das Fazit auf Seite 11 f. 77

78

1. Abschnitt: Unternehmensverträge

18

des

Aktiengesetzes

hältnis faktischer und vertraglicher Abhängigkeit. Sie werden freilich nur schemenhaft vorgetragen. Die Autoren verfolgen augenscheinlich das Ziel, besondere Organisationsformen nur unter der Prämisse anzuerkennen, dass die beherrschungsvertragliche Unternehmensverbindung von anderen Formen des Einflusses abgrenzbar bleibt. Es wird zu klären sein, o b es aus diesem Grund gerechtfertigt ist, die beherrschungsvertragliche Organisationsfreiheit in dem skizzierten Sinne zu begrenzen.

Zweites Kapitel: GewinnabfübrungsGescbäftsführungsvertrag

und

Gewinnabführungs- und Geschäftsführungsvertrag haben trotz einer steuerlich motivierten praktischen Bedeutung 8 5 in der wissenschaftlichen Diskussion im Vergleich zum Beherrschungs- und Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrag nur wenig Aufmerksamkeit gefunden. Die folgende Problemskizze kann sich darauf beschränken, die Bestimmungen des Gesetzes über den Inhalt der beiden Vertragsarten systematisch zu ordnen und die Aspekte aufzugreifen, die sich aus einer Analyse der § § 2 9 1 ff. nicht unmittelbar erschließen.

I. Inhalt eines Gewinnabführungsvertrags und Vertragsfreiheit 1.

Vertragsgegenstand

D u r c h einen Gewinnabführungsvertrag verpflichtet sich eine Aktiengesellschaft, ihren ganzen Gewinn an ein Unternehmen abzuführen. Der andere Vertragsteil braucht hierfür keine Gegenleistung erbringen. Er ist zum Ausgleich des am Ende eines Geschäftsjahres

sonst entstehenden Jahresfehlbetrags

verpflichtet

(§ 3 0 2 Abs. 1), hat den Gläubigern bei Vertragsende Sicherheit zu leisten ( 3 0 3 ) und die außenstehenden Aktionäre zu sichern ( § § 3 0 4 , 3 0 5 ) . Schon deshalb k a n n der Vertrag nicht als unentgeltlich verstanden werden. 8 6 a) Ermittlung

des abzuführenden

Gewinns

D a s Gesetz begnügt sich damit, den Höchstbetrag der Gewinnabführung zu bestimmen: den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um den Betrag, der nach § 3 0 0 in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist ( § 3 0 1 S. 1). Die während der Dauer des Vertrags in andere Gewinnrücklagen eingestellten Beträge können

8 5 Der Gewinnabführungsvertrag spielt allerdings eine erheblich größere Rolle als der Geschäftsführungsvertrag; vgl. Knepper, BB 1982, 2 0 6 1 , 2063. 8 6 Vgl. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 1 Rdn.72.

2. Kapitel: Gewinnabführungs-

und Geschäftsführungsvertrag

19

entnommen und als Gewinn abgeführt werden (§ 301 S. 2). 87 Dies soll nach herrschender Meinung auch für einen Gewinn Vortrag8 8 und stille Reserven 89 gelten. Lediglich mit vorvertraglichen Gewinnrücklagen dürfe nicht in dieser Weise verfahren werden. 90 b) Zulässigkeit

isolierter

Gewinnabführung

Bisher wurde ein Gewinnabführungsvertrag regelmäßig mit einem Beherrschungsvertrag verbunden, weil andernfalls die Voraussetzungen für die Begründung eines Organschaftsverhältnisses nicht erfüllt waren. Dies trifft seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes 91 nicht mehr uneingeschränkt zu. Das Einkommen der Organgesellschaft wird nunmehr schon dann dem Organträger zugerechnet, wenn zwischen ihnen ein Gewinnabführungsvertrag besteht (§ 14 S. 1 KStG) und die Organgesellschaft finanziell eingegliedert ist. Insoweit reicht es aus, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (§14 Ziff. 1 KStG). Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags ist nicht mehr erforderlich. 92 Die im Schrifttum umstrittene Frage, ob ein Gewinnabführungsvertrag auch isoliert geschlossen werden kann, ist daher jetzt auch praktisch von Bedeutung. Sie ist vor dem Hintergrund zu würdigen, dass das Verlangen, den Gewinn abzuführen, als Veranlassung zu einer nachteiligen Maßnahme zu qualifizieren sein könnte (§ 311). In diesem Fall wäre der Gewinnabführungsvertrag nicht durchführbar, er müsste daher mit einem Beherrschungsvertrag verbunden werden. Diese Position wird von manchen Stimmen im Schrifttum eingenommen. Es wird argumentiert, dass die Vorschriften über die Verantwortlichkeiten im einfachen Abhängigkeitsverhältnis nur bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags 87 Zuschüsse, die von den Gesellschaftern geleistet und in die Kapitalrücklage eingestellt werden ( § 2 7 2 Abs. 2 N r . 4 HGB), sollen dagegen nach Priester, Z I P 2 0 0 1 , 7 2 5 , 7 2 7 f . nicht abf ü h r b a r sein, denn sie erhöhten nicht den Jahresüberschuss. 88 Geßler, Geßler/Hefermehl A k t G , § 301 R d n . 15; Hüffer A k t G , § 3 0 1 R d n . 7; K ö l n K o m m / Koppensteiner, § 3 0 1 R d n . 18. 89 Vgl. Hüffer A k t G , § 3 0 1 R d n . 4 ; K ö l n K o m n - J K o p p e n s t e i n e r , § 3 0 1 R d n . 2 1 ; Emmerich/ Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 2 0 I U I ; H.P. Müller, FS Goerdeler, 3 7 5 , 389f.; Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 3 2 4 ; Geßler, Geßler/Hefermehl A k t G , § 3 0 1 R d n . 20. Durch die Auflösung stiller Reserven erhöht sich der sonst entstehende Jahresüberschuss, der a u f g r u n d des Vertrags an den anderen Vertragsteil auszukehren ist. 90 Allg. M e i n u n g ; vgl. K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 3 0 1 R d n . 17 m w N . 91 Gesetz vom 2 3 . 1 0 . 2 0 0 0 , BGBl. I, 1433. 92 Die M e r k m a l e der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung gelten allerdings weiter für die Begründung einer umsatzsteuerlichen und gewerbesteuerlichen O r g a n s c h a f t ( § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG; beide Vorschriften n e h m e n hinsichtlich des Begriffs der Eingliederung auf § 14 Nr. 1 - 3 KStG a.F. Bezug). D u r c h das Gesetz zum A b b a u von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen soll die gewerbesteuerliche O r g a n s c h a f t abgeschafft w e r d e n . Die körperschaftsteuerliche O r g a n s c h a f t soll beibehalten w e r d e n . Es ist geplant, insoweit am Erfordernis einer finanziellen Eingliederung festzuhalten. Vgl. Ley/Strahl, DStR 2 0 0 2 , 2 0 5 7 , 2 0 5 9 .

20

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

außer Kraft gesetzt seien.93 Sofern nicht gleichzeitig ein Beherrschungsvertrag geschlossen werde, führe dies zu einer Benachteiligung der Gesellschaft, so dass das herrschende Unternehmen, wenn es Gewinne beziehe, zum Ausgleich gem. § 3 1 7 verpflichtet sei. 94 Die herrschende Meinung 95 lehnt diese Sichtweise ab, weil der Gesetzgeber den vor Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 1965 in der Praxis verbreiteten Organschaftsvertrag bewusst in den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aufgespalten habe. Aus den § § 3 1 6 , 324 Abs.2 erschließe sich im Übrigen, dass das Gesetz davon ausgehe, ein Gewinnabführungsvertrag könne auch isoliert geschlossen werden. Die Interessen der außenstehenden Aktionäre würden auf eine andere Weise, nämlich durch die Verlustausgleichspflicht des anderen Vertragsteils (§ 302 Abs. 1) und die in §§304, 305 vorgesehenen Sicherungen geschützt. c) Fazit Das Schrifttum billigt dem anderen Vertragsteil diverse Befugnisse zu, das Jahresergebnis zu beeinflussen, so dass sich ein abzuführender Jahresüberschuss erhöhen bzw. ein auszugleichender Jahresfehlbetrag reduzieren kann. Es sind wiederum keine ernsthaften Bestrebungen auszumachen, durch ein restriktives Verständnis des Vertragsinhalts einen Bestandsschutz der Gesellschaft zu erreichen. Die Sicherungen sollen in ausreichender Weise die Außenseiter und Gläubiger schützen. 2.

Organisationsautonomie

Abgrenzungsprobleme zum Beherrschungsvertrag stellen sich in zweierlei Hinsicht. Fraglich ist, ob die Parteien in einem Gewinnabführungsvertrag Einflussrechte des anderen Vertragsteils auf die Bilanzpolitik des Vorstands und auf die bei Aufstellung des Jahresabschlusses zu treffenden Entscheidungen über die Bildung und Auflösung von Rücklagen vorsehen können.

9 3 Bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags sind lediglich die § § 3 1 2 - 3 1 5 nicht anzuwenden ( § 3 1 6 ) . 9 4 Vgl. Ebenroth, Vermögenszuwendungen, 4 0 2 f . ; Sonnenschein, Konzerngesellschaftsrecht, 379f.; ders., AG 1 9 7 6 , 1 4 7 f . Nach van Venrooy, BB 1986, 6 1 2 soll es darüber hinaus unzulässig sein, einen Gewinnabführungsvertrag zu schließen, wenn die Gesellschaft vom anderen Vertragsteil unabhängig ist. Dagegen zutreffend Kort, BB 1988, 79, 80f. 95 Vgl. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 1 Rdn.71f.; KölnKomm/Koppensteiner, §291 R d n . 3 ; MünchHdbAG/Krieger, § 7 1 R d n . l ; Kort, BB 1988, 79; H.P. Müller, FS Goerdeler, 375, 382f.; MünchKommAktG/Altmeppen § 2 9 1 R d n . 1 4 9 ; Kley, Beendigung von Unternehmensverträgen, 6; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 54 Rdn. 128. Nunmehr auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 12 III2; vgl. zur GmbH auch LG Kassel AG 1997, 2 3 9 .

2. Kapitel:

a) Praktische

Gewinnabführungs-

und Geschäftsführungsvertrag

21

Bedeutung

In der Regel ist davon auszugehen, dass der Vorstand entsprechenden Verlangen des anderen Vertragsteils nachkommen wird. Allerdings kann, wenn ein Beherrschungsvertrag nicht besteht, ein solcher vorauseilender Gehorsam nicht in jedem Fall unterstellt werden, insbesondere wenn der andere Vertragsteil seine Beteiligung aufgegeben hat. In diesem Fall dürften die Parteien zwar den Gewinnabführungsvertrag aufheben. Dies ist jedoch nur zum Ende eines Geschäftsjahres möglich (§ 296 Abs. 1 S. 1), so dass der Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr nach Vertragsbeendigung auf- und festgestellt wird. Vorstand und Aufsichtsrat dürften sich kaum veranlasst sehen, etwaigen Vorgaben gerecht zu werden. 96 Es stellen sich im wesentlichen zwei praktisch relevante Fragen: Können die Parteien ein Weisungsrecht des anderen Vertragsteils vereinbaren, das sich zum einen auf die Thesaurierung von Teilen des Jahresüberschusses und die Auflösung anderer Gewinnrücklagen, zum anderen auf die bilanzpolitischen Entscheidungen erstreckt? Sofern dies zu bejahen ist, müsste weiter geklärt werden, ob das Weisungsrecht auch nach Vertragsende ausgeübt werden kann. b) Thesaurierung von Teilen des Jahresüberschusses anderer Gewinnrücklagen

und

Auflösung

Die herrschende Meinung steht auf dem Standpunkt, dass dem anderen Vertragsteil weder eine Leitungsmacht noch Weisungsbefugnisse eingeräumt werden können. 97 Da in den § § 2 9 1 , 292 selbständige Vertragstypen erfasst seien, könne ein Unternehmensvertrag nicht die Rechte begründen, die durch einen anderen Unternehmensvertrag gewährt werden. Darin klingen die von Ballerstedt zur Integrationskraft eines Beherrschungsvertrags vorgetragenen Vorstellungen über das System der Unternehmensverträge an. Es wird im Schrifttum zwar vereinzelt die Auffassung vertreten, dass eine Auflösung anderer Gewinnrücklagen erzwingbar sei, wenn der Vertrag dies vorsehe. 98 Doch bleibt unklar, auf welche Weise dies geschehen soll. 99 Lediglich van Venrooy meint, der andere Vertrags9 6 Diese veränderte Interessenkonstellation liegt dem vom O L G Frankfurt/Main N Z G 2 0 0 0 , 603 entschiedenen Sachverhalt zugrunde. 9 7 Vgl. MünchKommAktGM/fmeppe«, § 2 9 1 Rdn. 150 (keine rechtliche Leitungsmacht); Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 2 9 1 Rdn. 39; Eschenbruch, Konzernhaftung, Rdn. 3 0 1 3 ; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 1 Rdn. 72 (keine rechtliche Leitungsmacht); Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 2 7 (keine Weisungsbefugnis des § 3 0 8 ) ; Nirk/Reuter/Bächle, Hdb. AG, Rdn. 2 2 4 5 ; wohl auch GroßkommAktG/Würdinger, § 2 9 1 Anm.42. 9 8 Vgl. KölnKommIKoppensteiner, § 3 0 1 Rdn. 16, Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 3 0 1 Rdn. 18; Veit, Unternehmensverträge, 99. 9 9 Die Diskussion befasst sich in erster Linie mit der Konstellation, dass die Gesellschaft während der Vertragsdauer Beträge in andere Gewinnrücklagen eingestellt hat. Hierzu könne es kommen, wenn der Vertrag dies zulasse oder wenn der andere Vertragsteil auf eine Abführung von Gewinnanteilen verzichte. Vgl. KölnKomm/Koppensteiner, § 301 Rdn. 15; Veit, Unternehmensverträge, 99.

22

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

teil sei berechtigt, Weisungen zu erteilen. 1 0 0 Er argumentiert, dass die Gesellschaft auch dann zur Unternehmensführung verpflichtet sei, wenn sie ihren Gewinn vollständig abzuführen habe. Diese Pflicht bestünde gegenüber dem anderen Vertragsteil und könne von diesem eingeklagt werden. 1 0 1 Wegen der aus § 3 0 2 Abs. 1 resultierenden Verlustausgleichspflicht handele die Gesellschaft treuwidrig, wenn sie es unterlasse, ihr Unternehmen zu betreiben. Da sich das Innenverhältnis der Vertragsparteien somit nach den § § 6 6 2 ff. B G B bestimme, stünde dem anderen Vertragsteil ein Weisungsrecht zu. 1 0 2 c)

Bilanzpolitik

Es wird kaum problematisiert, ob und welche Einflussrechte die Parteien hinsichtlich der bilanzpolitischen Entscheidungen etablieren können. Die herrschende Meinung anerkennt vertragliche Bestimmungen über die Bilanzierung, insbesondere über die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten. 1 0 3 Der Vertrag könne aber keinen weitergehenden Einfluss, beispielsweise in Gestalt eines Weisungsrechts begründen. 1 0 4 Mangels vertraglicher Bestimmungen entscheide der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen. Er soll aber bei der Ausübung von Bilanzierungswahlrechten verpflichtet sein, auf die Interessen des anderen Vertragsteils Rücksicht zu nehmen. Ein entsprechender Pflichtverstoß könne eine Schadensersatzpflicht der Gesellschaft begründen. 1 0 5

II. I n h a l t eines G e s c h ä f t s f ü h r u n g s v e r t r a g s u n d V e r t r a g s f r e i h e i t 1.

Vertragsgegenstand

Ein Geschäftsführungsvertrag iSv. § 2 9 1 Abs. 1 S . 2 ist ein Vertrag, durch den sich die Gesellschaft verpflichtet, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen. Es ist nach herrschender Meinung ohne Belang, in wessen Namen die Gesellschaft die Geschäfte führt. Sie könne auch im Namen des anderen Vertragsteils tätig werden. 1 0 6 Beide Vertragsarten seien aber nur dann 1 0 0 Vgl. van Venrooy, DB 1981, 6 7 5 , 681; nicht eindeutig O L G Karlsruhe N J W 1967, 831, 832, allerdings zur Rechtslage nach dem AktG von 1937. 101 p j e pfli c ht zur Unternehmensführung sei „im Vertrag impliziert", jedenfalls sei sie dessen Geschäftsgrundlage; van Venrooy, DB 1981, 6 7 5 , 6 8 0 . 102 Van Venrooy, DB 1981, 675, 681. 103 Vgl. H.P. Müller, FS Goerdeler, 375, 385ff.; zustimmend Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 2 6 . 104 H.P. Müller, FS Goerdeler, 3 7 5 , 380, 3 8 6 ; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 2 0 IUI. 105 Vgl. O L G Frankfurt/Main N Z G 2 0 0 0 , 603, 604f. (Pflicht zur Abstimmung über bilanzielle Behandlung von Sanierungsleistungen); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 2 0 IUI. 1 0 6 Vgl. Hüffer AktG, § 2 9 1 Rdn.31; KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 1 R d n . 5 8 ; MünchKommtKktGlAltmeppen, § 2 9 1 Rdn. 174; aA. van Venrooy, DB 1981, 675, 677ff.; GroßkommAktG/Würdinger, § 2 9 1 Anm.38.

2. Kapitel: Gewinnabführungs-

und

Geschäftsführungsvertrag

23

als Unternehmensverträge zu qualifizieren, wenn sie sich auf die gesamte geschäftliche Tätigkeit beziehen. 107 Andernfalls hätte der andere Vertragsteil keinen Anspruch auf das Ergebnis der geschäftlichen Tätigkeit (§667 BGB) und müsse somit nicht die Verluste der Gesellschaft tragen (§670 BGB).108 Ein Geschäftsführungsvertrag soll schließlich nur vorliegen, wenn die Gesellschaft keine Gegenleistung erhält. Die Unentgeltlichkeit der Geschäftsführung wird als ein prägendes Merkmal des Vertrags verstanden. 109 Bei einem entgeltlichen Vertrag würde die Gesellschaft einen Gewinn erwirtschaften, was sich mit der Gleichstellung des Geschäftsführungs- mit dem Gewinnabführungsvertrag nicht vertra-

2.

Organisationsautonomie

Da der Geschäftsführungsvertrag als ein auftragsähnliches Vertragsverhältnis zu qualifizieren ist, könnte der andere Vertragsteil berechtigt sein, der Gesellschaft hinsichtlich der Unternehmensführung Weisungen zu erteilen (§665 BGB).111 Die herrschende Meinung 112 verneint dies mit dem Argument, das bei einem Auftragsverhältnis bestehende Weisungsrecht werde „konzernrechtlich überlagert". 113 Ein geschäftsführungsvertragliches Weisungsrecht könne nicht mit der gebotenen Rechtssicherheit vom beherrschungsvertraglichen Weisungsrecht abgegrenzt werden. 114 Um einen unternehmerischen Einfluss zu begründen, müssten die Parteien einen Beherrschungsvertrag schließen. 115 III. Fazit Es ist kaum in das Bewusstsein gerückt, dass praktisch Anlass dafür bestehen kann, die Gewinnabführungsabrede durch organisationsrechtlich fundierte Herrschaftsrechte des anderen Vertragsteils zu sichern. Damit gerät die von der herrschenden Ansicht vertretene These in das Blickfeld, der andere Vertragsteil eines Gewinnabführungsvertrags sei nicht berechtigt, die Gesellschaft zu leiten; 107

Hüffer A k t G , § 2 9 1 R d n . 3 1 ; Knepper, BB 1982, 2 0 6 1 , 2 0 6 2 . Der Bestandsschutz der Gesellschaft wird d e m n a c h nicht durch die Verlustausgleichspflicht des § 3 0 2 Abs. 1 gewährleistet. 109 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 1 2 V 1; Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 3 1 ; K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 5 9 ; Schulze-Osterloh, Z G R 1974, 427, 453; G r o ß k o m m A k t G / W ü r d i n g e r , § 2 9 1 A n m . 3 7 . AA. Geßler, FS Ballerstedt, 2 1 9 , 2 2 2 f . ; van Venrooy, DB 1 9 8 1 , 675, 6 7 8 . 110 Hüffer A k t G , § 2 9 1 R d n . 3 1 . 1,1 In diesem Sinne van Venrooy, DB 1981, 675, 6 7 7 f f . 112 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 1 R d n . 94; Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 32; KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn.62f.; MünchKommAktGM/imeppen, §291 Rdn.181. 113 Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 32. 114 Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 32. 115 M ü n c h K o m m A k t G M f o w e p p e « , § 2 9 1 R d n . 181. 108

24

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

sie beruht maßgeblich auf einem systematischen Argument. Doch folgt hieraus zwingend, dass es unzulässig ist, in den skizzierten Konstellationen beherrschungsvertraglich äquivalente Herrschaftsrechte einzuräumen, zumal sich diese Befugnisse auf Angelegenheiten erstreckten, die mit der Gewinnabführungsrede unmittelbar in Zusammenhang stünden?

Drittes Kapitel: Gewinngemeinschaft Teilgewinnabführungsvertrag

und

Ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft sich verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen, ist eine Gewinngemeinschaft (§292 Abs. 1 Nr. 1). Als Teilgewinnabführungsvertrag wird ein Vertrag verstanden, durch den sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (§292 Abs. 1 Nr.2). Während Gewinngemeinschaften in der Praxis kaum anzutreffen sind, kommt Teilgewinnabführungsverträgen eine zunehmend größere Bedeutung zu. Beide Vertragsarten sind ohne größere Schwierigkeiten von den anderen, in den §§291, 292 genannten Unternehmensverträgen abgrenzbar. 116 Es kann allerdings im Einzelfall zweifelhaft sein, ob ein Vertrag die Merkmale eines Unternehmensvertrags iSv. § 292 Abs. 1 Nr. 1, 2 erfüllt. I. Vertragsgegenstand einer G e w i n n g e m e i n s c h a f t Eine Gewinngemeinschaft liegt nur vor, wenn sämtliche Partner ihren Gewinn zusammenlegen. 117 Charakteristisch für den von §292 Abs. 1 Nr. 1 erfassten Vertragstyp ist ferner, dass der Gesamtbetrag des zusammengelegten Gewinns aufgeteilt wird. Dieses die Gewinngemeinschaft charakterisierende Merkmal wirft schwierige Abgrenzungsprobleme auf.

116 Die Abgrenzung des Teilgewinnabführungs- vom G e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r a g liegt auf der H a n d . Letzterer erstreckt sich auf den gesamten G e w i n n , ersterer auf einen Teil des Gewinns. Vgl. Kö\nY.ommlKoppensteiner, § 2 9 2 R d n . 9 . Fraglich kann schließlich sein, o b die in § 2 9 2 Abs. 2 genannten Verträge als G e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r ä g e einzuordnen sind, w e n n sie sich auf den gesamten Gewinn der Gesellschaft erstrecken; bejahend Hüffer A k t G , § 2 9 1 R d n . 29; KölnK o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 67; ablehnend Geßler, Geßler/Hefermehl A k t G , § 2 9 1 R d n . 81. 117 Sofern nicht alle, sondern n u r ein oder mehrere Unternehmen sich hierzu verpflichten, k a n n es sich u m einen G e w i n n a b f ü h r u n g s - bzw. Teilgewinnabführungsvertrag handeln. Vgl. K ö l n K o m m ! Koppensteiner, § 2 9 2 R d n . 33; M ü n c h K o m m A k t G M / f m e p p e n , § 2 9 2 R d n . 20.

3. Kapitel: Gewinngemeinschaft 1.

und Teilgewinnabführungsvertrag

25

Verteilungsmodi

Der Vertrag über eine Gewinngemeinschaft muss gewährleisten, dass jeder Vertragsbeteiligte über den ihm nach dem Verteilungsschlüssel zustehenden Betrag frei verfügen kann. Deshalb ist nach inzwischen allgemeiner Auffassung eine Vereinbarung, wonach der Gewinn zusammengelegt und den außenstehenden Aktionären eine Dividende garantiert wird, keine Gewinngemeinschaft iSv. § 2 9 2 Abs. 1 Nr. I . 1 1 8 Dagegen ist immer noch umstritten, wie eine Vereinbarung zu beurteilen ist, nach der der zusammengelegte Gewinn für bestimmte Vorhaben (beispielsweise für gemeinsame Forschung oder den Aufbau eines gemeinsamen Vertriebsnetzes) verwandt werden s o l l . 1 1 9 Die wohl herrschende M e i n u n g erblickt hierin keinen Unternehmensvertrag iSv. § 2 9 2 Abs. 1 Nr. I , 1 2 0 weil der Gewinn in diesem Fall nicht aufgeteilt würd e . 1 2 1 Eine unternehmensvertragliche Qualifikation scheide auch deshalb aus, weil der Vertrag nicht in die Gewinnverwendungskompetenz der Hauptversammlung eingreife. Es handele sich um Aufwendungen, die sich auf den Gewinn der Gesellschaft nur mittelbar auswirkten. 1 2 2 D e r Vorstand der Gesellschaft könne daher den Vertrag im R a h m e n seiner Leitungskompetenz ( § 7 6 Abs. 1) schließen. Die Gegenansicht 1 2 3 stellt entscheidend darauf a b , dass die Gewinngemeinschaft nur deshalb Unternehmensvertrag und damit hauptversammlungspflichtig sei, weil die Verfügung der Verwaltungsorgane über den Gewinn in das Gewinnbezugsrecht der Aktionäre eingreife. Dies sei bei einer solchen Abrede der Fall. Im Übrigen würden die Unternehmen an den Ergebnissen des gemeinsamen, durch den zusammengelegten Gewinn geförderten Vorhabens partizipieren. 1 2 4 Eine solche Vereinbarung müsse daher als Gewinngemeinschaft verstanden werden.

118 Vgl. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 292 Rdn. 15; Hüffer AktG, § 292 Rdn. 9; KölnKomm/Koppensteiner, § 292 Rdn. 33; MünchKommAktGM/tmeppen, § 292 Rdn. 20. 119 Dabei handelt es sich um einen praktisch relevanten Anwendungsbereich der Gewinngemeinschaft. Vgl. Fikentscher, Interessengemeinschaft, 39f. 120 Baumbach/Hueck, Aktiengesetz, §292 Rdn. 5; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §292 Rdn. 16; Hüffer AktG, §292 Rdn. 9; MünchKommAktG/Altmeppen, §292 Rdn. 22; Veit, Unternehmensverträge, 38; von Godin/Wilhelmi AktG, §292 Anm.3; GroßkommAktG/ Würdinger, §292 Anm.3. 121 Baumbach/Hueck, Aktiengesetz, §292 Rdn. 5; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §292 Rdn. 16; Veit, Unternehmensverträge, 38. 122 MünchKommAktGIAltmeppen, §292 Rdn. 22. ,2-:| KölnKomm/ Koppensteiner, §292 Rdn. 33; Emmerich, Emmerich/Habersack, AktKR, §292 Rdn. 13; Führling, Unternehmensverträge, 74; Marchand, Gemeinschaftsunternehmen, 25 f. 124 KölnKomm/Koppensteiner, §292 Rdn. 33.

26

1. Abschnitt:

2. Notwendigkeit

Unternehmensverträge

einer angemessenen

des

Aktiengesetzes

Aufteilung

Das Gesetz sieht keine Sicherungen zugunsten der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger vor. Eine Gewinngemeinschaft, an der ein Aktionär beteiligt ist, sei nichtig, wenn der Vertrag eine unangemessene Aufteilung des Gewinns zugunsten dieses Aktionärs vorsehe (§ 134 BGB iVm. §§ 5 7 , 5 8 , 60). 1 2 5 Wenn dagegen der Vertragspartner nicht Aktionär der Gesellschaft sei, wäre nicht damit zu rechnen, dass sich der Vorstand der Gesellschaft auf einen solchen Verteilungsschlüssel einlasse. Falls dennoch eine unangemessene Aufteilung vereinbart werde, könnten die Verwaltungsorgane zum Schadensersatz verpflichtet sein. 126

II. Vertragsgegenstand eines Teilgewinnabführungsvertrags 1. Inhalt des

Vertrags

Die herrschende Meinung begreift nicht nur entgeltliche, sondern auch unentgeltliche Verträge als Teilgewinnabführungsverträge. Der Vorstand werde einen solchen Vertrag nur dann der Hauptversammlung zur Zustimmung vorlegen, wenn sich der Vertragspartner verpflichtet habe, eine Gegenleistung zu erbringen. Ein unentgeltlicher Vertrag sei grundsätzlich wirksam. 127 Lediglich ein Teilgewinnabführungsvertrag mit einem (herrschenden) Aktionär sei in einem solchen Fall wegen Verstoßes gegen das aktienrechtliche Ausschüttungsverbot (§§ 57ff.) nichtig. 128 2. Einordnung atypischer stiller Beteiligungen als Teilgewinnabführungsverträge Stille Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft sind als Teilgewinnabführungsverträge zu qualifizieren. 129 Es soll unerheblich sein, in welcher Höhe eine Ge-

125 H . M . ; vgl. Hüffer AktG, § 2 9 2 Rdn. 11; KöinKomm/Koppensteiner, § 2 9 2 R d n . 4 7 ; vgl. aber auch das Konzept von MünchKommAkt Gl Altmeppen, § 2 9 2 Rdn.30ff. 126 Hüffer AktG, § 292 Rdn. 11; KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 2 Rdn.47; MünchKommAktGl Altmeppen, § 2 9 2 Rdn.38. 1 2 7 Vgl. KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 2 Rdn. 61; GroßkommAktGIWürdinger, §292 Anm. 12. 1 2 8 Vgl. KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 2 Rdn. 61; Hüffer AktG, § 2 9 2 Rdn. 16; O L G Düsseldorf AG 1996, 4 7 3 , 4 7 4 . AA. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 Rdn. 46 für den Fall, dass den außenstehenden Aktionären entsprechend § 3 0 4 ein Ausgleich gewährt wird. Nach Brauksiepe, BB 1 9 6 6 , 1 4 4 , 1 4 5 soll ein Ausgleich geschuldet sein, wenn die „Ansprüche außenstehender Aktionäre aus dem nicht abgeführten Gewinn" nicht voll befriedigt werden könnten. Die Auffassung ist nur unter der Prämisse erklärlich, dass ein Teilgewinnabführungsvertrag keine angemessene Gegenleistung enthalten muss. 1 2 9 Grundlegend Schulze-Osterloh, Z G R 1974, 4 2 7 , 431ff.; ferner Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, Rdn. 3 4 4 ; Jebens, BB 1996, 701; ]. Semler, FS Werner, 855, 861;

3. Kapitel: Gewinngemeinschaft

und Teilgewinnabführungsvertrag

27

winnbeteiligung versprochen wird, denn es handele sich in jedem Fall um eine außergewöhnliche Maßnahme der Geschäftsführung. 130 Fraglich ist allerdings, wie es zu beurteilen ist, wenn dem still Beteiligten Mitwirkungsrechte eingeräumt werden. Die Gestaltungsvarianten sind variationsreich und in der Regel steuerlich motiviert. 131 Der still Beteiligte kann unmittelbar an der Führung der Geschäfte beteiligt sein. In steuerlicher Hinsicht ist es aber ausreichend, wenn ihm Zustimmungsrechte in Angelegenheiten der Geschäftsführung eingeräumt sind. 132 Die Diskussion über die unternehmensvertragliche Qualifikation solcher atypischer stiller Beteiligungen wurde von Schulze-Osterloh angestoßen. Er ordnet diese Verträge als Betriebsüberlassungsverträge ein. Die Gesellschaft werde nicht mehr autonom unternehmerisch tätig. Vielmehr bilde die stille Gesellschaft selbst einen eigenen unternehmerischen Willen. Vertragspartner der Betriebsüberlassung sei daher die stille Gesellschaft selbst. 133 Die Auffassung konnte sich nicht durchsetzen. Die herrschende Meinung wendet ein, dass die stille Gesellschaft eine bloße Innengesellschaft sei, die keine Rechtsfähigkeit besitze. 134 Atypische stille Beteiligungen seien daher als Teilgewinnabführungsverträge zu qualifizieren. 135 Mit diesem Argument konnte zwar die These von Schulze-Osterloh wiederlegt werden. Doch findet die herrschende Meinung keine befriedigende Antwort darauf, dass der atypische Charakter stiller Beteiligungen sich in Einwirkungsrechten gegenüber der Gesellschaft artikuliert. Selbst wenn der still Beteiligte über keine Geschäftsführungs- oder Weisungsrechte, sondern nur über Vetorechte verfügt, erhält er doch Einfluss auf Maßnahmen, die der Leitungskompetenz des Vorstands unterfallen. Im jüngeren Schrifttum wird reklamiert, in einer Aktiengesellschaft könne ein solcher Einfluss weder einem Aktionär noch einem Dritten eingeräumt werden. 136 Einflussrechte auf die Unternehmensleitung könnten nur durch einen Beherr-

K. Schmidt, Z G R 1 9 8 4 , 2 9 5 , 300ff.; vgl. ferner OLG Celle AG 2 0 0 0 , 2 8 0 ; OLG Düsseldorf AG 1996, 473. 130 Paulick, Handbuch der Stillen Gesellschaft, Rdn. 347; ]. Semler, FS Werner, 855, 861. 131 Vgl. GroßkommHGB/ZM«, § 2 3 0 Rdn. 31 f.; MünchHdbKGStG/Bezzenberger, § 2 StG Rdn. 11. In steuerlicher Hinsicht ist es erforderlich, dass der still Beteiligte Mitunternehmerinitiative trägt. Andernfalls liegen die Voraussetzungen einer steuerlichen Mitunternehmerschaft iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht vor. 1 3 2 Vgl. beispielsweise LG Berlin, AG 2 0 0 1 , 95; der im Tatbestand geschilderte stille Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die Gesellschaft zur vollständigen oder teilweisen Einstellung ihres Hypothekenbankgeschäfts sowie zur vollständigen oder teilweisen Veräußerung oder Verpachtung ihres Hypothekenbankgeschäfts der Einwilligung des stillen Gesellschafters bedarf. 133 Schulze-Osterloh, Z G R 1974, 4 2 7 , 447ff. 1 3 4 KölnKomm! Koppensteiner, § 2 9 2 Rdn. 54. 1 3 5 KölnKomm/Koppensteiner, § 292 Rdn. 54; Hüffer AktG, § 292 Rdn. 15; Paulick, Handbuch der Stillen Gesellschaft, Rdn. 345; Jebens, BB 1996, 701. 136 Bachmann/Veil, ZIP 1999, 348, 350; Bedenken auch bei GroßkommAktG/Windbichler, § 1 7 Rdn. 42.

28

1. Abschnitt: Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

schungsvertrag begründet w e r d e n . 1 3 7 Den § § 2 9 2 Abs. 1 N r . 2 , 2 9 3 sei ein solcher Legitimationscharakter nicht beizumessen. M i t der Qualifikation eines atypischen stillen Gesellschaftsvertrags als Teilgewinnabführungsvertrag

könne

sich eine Legitimation von Mitspracherechten daher nicht verbinden. Es müssten vielmehr die Voraussetzungen beachtet werden, die das Gesetz für einen Beherrschungsvertrag vorsehe. 1 3 8

III.

Fazit

Die Diskussion über die Gewinngemeinschaft und den Teilgewinnabführungsvertrag beschäftigt sich in erster Linie damit, den gesetzestypischen Vertragsinhalt zu bestimmen. Die Antworten sind weitgehend durch die Formulierungen des Gesetzes präjudiziert. D o c h verbleiben Grenzfälle, über die zutreffend nur entschieden werden kann, wenn die Aufnahme der beiden Vertragstypen in das R e c h t der Unternehmensverträge präzise erklärt worden ist. Dies ist bisher nicht befriedigend geschehen. 1 3 9 Darunter „leiden" die von der herrschenden Ansicht vertretenen Problemlösungen. Dies gilt in erster Linie für die Auffassung, Teilgewinnabführungsverträge könnten unentgeltlich sein. Sie impliziert, dass § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 2 auch Verträge anerkennt, die in ähnlicher Weise wie ein Gewinnabführungsvertrag darauf ausgerichtet sind, der Gesellschaft Vermögen zu entzieh e n . 1 4 0 Schwierigkeiten werfen schließlich atypische stille Beteiligungen auf, die dem Vertragspartner Einflussrechte gewähren. Es ist n o c h nicht geklärt, wie diese Verträge unternehmensvertraglich einzuordnen sind: als Teilgewinnabführungs-, Betriebsüberlassungs- oder als Teilbeherrschungsverträge?

Viertes Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und

Betriebspachtvertrag

Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsverträge iSv. § 2 9 1 Abs. 1 Nr. 3 sind Verträge, durch die die Gesellschaft den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen verpachtet bzw. überlässt. In der Diskussion über das System der Unternehmensverträge haben diese Vertragsarten besondere Aufmerksamkeit gefunden. Zwei K o m p l e x e sind hier von Interesse. Z u m einen bereitet es Schwierigkeiten, den von § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 vorausgesetzten Vertragsinhalt zu bestimmen. Z u m anderen wird es als dringlich empfunden, einer inhaltlichen Ausgestaltung der 137 Bachmann/Veil, ZIP 1999, 348, 352f. Anders LG Berlin AG 2001, 95, 97, freilich ohne Problembewusstsein. 138 Bachmann/Veil, Emmerich/Sonnenschein/Habersack, ZIP 1999, 348, 354f.; vgl. auch Konzernrecht, § 11 III2b. 1 3 9 Vgl. die kontroversen Beurteilungen von KölnKomm/Koppensteiner, §292 Rdn. 12; Mülbert, Unternehmensgruppe, 168; K. Schmidt, ZGR 1984, 295, 306; Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427, 432 f. 140 Gegen die h.M. nun MünchKommAktGM/imeppew, §292 Rdn. 75f.

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

29

Verträge Schranken zu setzen. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag können konzentrative Wirkungen entfalten. Es besteht die Gefahr, dass durch eine „geschickte" Vertragsgestaltung die SicherungsVorschriften umgangen werden, die das Gesetz bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags vorsieht. I. Inhalt eines Betriebspacht- u n d Betriebsüberlassungsvertrags 1. Pflicht der Gesellschaft, den Betrieb ihres Unternehmens zu verpachten oder sonst zu überlassen

einem anderen

Nach herrschender Meinung kann zur Bestimmung des Inhalts eines Betriebspachtvertrags auf die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über den Pachtvertrag abgestellt werden (§ § 581 ff. BGB). 141 Dessen prägendes Element sei die Verpflichtung des Verpächters, dem Pächter den Gebrauch der Sache und den Genuss der Früchte während der Pachtzeit zu gewähren (§581 Abs. 1 S.l BGB). Hieraus folge für einen Betriebspachtvertrag, dass der Pächter das Unternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibe. Diese Vertragstypik könne auch für den Betriebsüberlassungsvertrag fruchtbar gemacht werden, da das Gesetz den Betriebspachtvertrag als einen Unterfall des Betriebsüberlassungsvertrags verstehe. Bei diesem werde der Vertragspartner ebenfalls auf eigene Rechnung tätig, doch führe er die Betriebe im Namen der überlassenden Gesellschaft. Hierzu müsse er bevollmächtigt werden, was durch Erteilung einer Prokura oder einer Generalhandlungsvollmacht geschehen könne. 1 4 2 Die in der Praxis geschlossenen Verträge stimmen mit diesem Verständnis des in §291 Abs. 1 Nr. 3 erfassten Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags überein. Beide Vertragsarten werden in der Regel auf drei bis fünf, mitunter aber auch auf zehn bis dreißig Jahre geschlossen. 143 In den Verträgen wird die Hauptleistungspflicht meist in der Weise beschrieben, dass die Gesellschaft „den Betrieb ihres Unternehmens überlässt" oder ihr „gesamtes Unternehmen verpachtet". 1 4 4 Dies wird häufig in der Weise konkretisiert, dass die Gesellschaft den Gebrauch des Sachanlagevermögens gewährt. Dagegen wird das Umlaufvermögen dem Vertragspartner verkauft und übereignet. 145 Betriebsüberlassungsverträge sehen zusätzlich eine Bevollmächtigung des Übernehmers vor, das Unternehmen im Namen der überlassenden Gesellschaft zu führen. Über die Art und Weise der 141 Vgl. Hüffer AktG, § 292 Rdn. 18; MünchKommAktG/A/imeppe«, § 292 Rdn. 110; Führling, Unternehmensverträge, 68; Geßler, DB 1965, 1691, 1692; Emmerich/Sonnenschein/ Habersack, Konzernrecht, § 15 III. 142 MünchKommAktG/Altmeppen, § 2 9 2 Rdn. 106; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 2 9 2 Rdn. 43; Hüffer AktG, § 2 9 2 Rdn. 19. H3 Ygj Oesterreich, Betriebsüberlassung, 31. 144 Ausführlich Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 163. 145 Vgl. Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 117; Oesterreich, Betriebsüberlassung, 27; Oppenländer, Unternehmenspacht, 224 ff.

30

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Unternehmensführung wird üblicherweise vereinbart, dass die „kaufmännischen und technischen Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wirtschaft" zu beachten sind. 146 Mitunter begnügen sich die Verträge damit, eine Instandhaltungspflicht des Vertragspartners vorzusehen. 147 Eine Stillegung des Unternehmens wird von einer Genehmigung der Gesellschaft, die ihr Unternehmen verpachtet bzw. überlässt, abhängig gemacht. 148 Weiter sind Reduzierungen des Haftungsmaßstabs für Pflichtverstöße des Pächters bzw. Übernehmers anzutreffen. 149 Nach Beendigung des Vertrags ist dieser verpflichtet, der Gesellschaft Besitz am Sachanlagevermögen einzuräumen und ihr das Umlaufvermögen, soweit vorhanden, zu übertragen. 150 Sofern die Investitionskosten nach dem Vertrag vom Pächter bzw. Übernehmer zu tragen sind, hat die Gesellschaft die angeschafften Gegenstände zu übernehmen und hierfür ein Entgelt zu entrichten, dessen Höhe sich an den entsprechenden Buchwerten orientiert. 151 Es ist allgemeine Auffassung, dass nur solche Verträge als Unternehmensverträge zu qualifizieren sind, die sich auf die Führung sämtlicher Betriebe der Gesellschaft erstrecken. 152 Dies erschließe sich aus den gesetzlichen Wertungsgrundlagen. Die beiden Vertragsarten seien deshalb als Unternehmensverträge erfasst, weil die Gesellschaft zur Rentnerin werde. 153 Davon sei nur auszugehen, wenn sich „der Vertrag auf sämtliche Einrichtungen zur Versorgung Dritter mit Gütern oder Leistungen bezieh[e]". 154 Die Verpachtung lediglich einzelner Betriebe sei nicht als Unternehmensvertrag einzuordnen. 155 Doch fragt es sich, ob damit bereits der strukturändernde Charakter der Verträge benannt ist. Vereinzelt ist darauf hingewiesen worden, dass die Gesellschaft durch die Überlassung 146

Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 27. Vgl. Oppenländer, U n t e r n e h m e n s p a c h t , 281: „Verpflichtung, alle gepachteten Gegenstände o r d n u n g s g e m ä ß instandzuhalten."; Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 120. 148 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 29. 149 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 32 (Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten). 150 Solche Klauseln variieren in den Einzelheiten. Typisch ist etwa folgende Formulierung: „Übernehmerin ist verpflichtet, nach Beendigung des Vertrages die ihr überlassenen Wirtschaftsgüter in einwandfreiem und tadellosem Z u s t a n d unter Berücksichtigung der durch die n o r m a l e A b n u t z u n g entstehenden W e r t m i n d e r u n g an überlassende Gesellschaft zurückzugeben." Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 31. 151 Oesterreich, Betriebsüberlassung, 31. 152 M ü n c h K o m m A k t G / A t o n e p p e « , § 2 9 2 R d n . 97; Dierdorf, H e r r s c h a f t und Abhängigkeit, 117; Hüffer A k t G , § 2 9 2 R d n . 18; K ö l n K o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 2 R d n . 64. 153 M ü n c h K o m m A k t G / A / f m e p p e n , § 2 9 2 R d n . 97; Kö\nKommlKoppensteiner, §292 R d n . 15, 64; Rehbinder, Z H R 1 4 7 (1983), 4 6 4 , 4 7 0 ; Studienkommission des Deutschen Juristentages, Untersuchungen zur R e f o r m des Konzernrechts, R d n . 185; w o h l auch G r o ß k o m m AktGlWürdinger, §292 Anm.22. 154 K ö l n K o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 2 R d n . 64. 155 MünchKommAktGM/iffzeppera, § 2 9 2 R d n . 97; K ö l n K o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 2 R d n . 64. Der Vertrag soll allerdings auch d a n n als Unternehmensvertrag zu qualifizieren sein, w e n n betrieblich nicht genutztes Vermögen (Beteiligungen im Sinne von Finanzanlagen, nicht betriebsnotwendige Grundstücke) nicht überlassen wird. Vgl. K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 2 R d n . 64. 147

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-und

Betriebspachtvertrag

31

des Unternehmens ihre unternehmerische Tätigkeit aufgebe. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft sei aber dazu bestellt, das Unternehmen zu führen. Ohne Zustimmung der Hauptversammlung könne er hierauf nicht verzichten. Bei einem Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrag rechtfertige sich der Hauptversammlungsentscheid also auch daraus, dass der Pächter diese unternehmerischen Funktionen entziehe, so dass die Gesellschaft in der unternehmensbezogenen Betätigung eingeengt werde. 156 Nach dieser Auffassung hat § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 in gewisser Weise einen Legitimationscharakter. Diese organisationsrechtliche Würdigung ist im Schrifttum zur Bewältigung eines anderen Problemkomplexes aufgegriffen worden, 157 jedoch nicht fruchtbar gemacht worden, um die gesetzliche Definition eines Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags zu konkretisieren. 2. Verpflichtung des Vertragspartners Überlassungszinses

zur Zahlung eines Pacht- bzw.

Nach herrschender Meinung erfasst das Gesetz in § 292 Abs. 1 Nr. 3 nur Betriebspachtverträge, in denen sich der Pächter zur Zahlung eines Pachtzinses verpflichtet. 158 In der Vertragspraxis sind facettenreiche Entgeltklauseln anzutreffen. Selten ist die Zahlung eines festen Betrags vereinbart. In der Regel setzt sich der Pacht- bzw. Überlassungszins aus verschiedenen Posten zusammen. 159 Der Pächter übernimmt beispielsweise die Kosten, die der Verpächterin durch Aufwendungen entstehen; darunter wird auch der Wertverlust der verpachteten bzw. überlassenen Vermögensgegenstände verstanden, der sich in der Bilanz der Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 280f.; Oesterreich, Betriebsüberlassung, 64f. Der organisationsrechtliche Aspekt wird vor allem in der Diskussion über die unternehmensvertragliche Qualifikation von Betriebsführungsverträgen fruchtbar gemacht. Siehe Seite 48 f. 158 Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 46; MünchKommAktG/Altmeppen, § 2 9 2 Rdn.110; Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 4 2 7 , 455; Hüffer AktG, §292 Rdn.18; Ceßler, Geßler/Hefermehl AktG, $292 Rdn.86. 1 5 9 Vgl. Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 170ff. Vgl. hierzu folgende bei Oesterreich, Betriebsüberlassung, 29 wiedergegebene Klausel: „Übernehmer erstattet überlassender Gesellschaft als Pachtzins folgende Aufwendungen: Die handelsbilanzlichen Abschreibungen auf das gesamte verpachtete Anlagevermögen unter Berücksichtigung etwaiger Buchgewinne und Buchverluste aus Anlagenabgängen; ausgenommen hiervon sind die von Übernehmer angeschafften oder hergestellten Anlagegüter; die von überlassender Gesellschaft unmittelbar zu tragenden Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben; die Zinsen für die Verbindlichkeiten der überlassenden Gesellschaft zur Finanzierung ihres Anlagevermögens; sämtliche Aufwendungen für die Belegschaft der überlassenden Gesellschaft; sämtliche Aufwendungen für Vorstand und Aufsichtsrat der überlassenden Gesellschaft. Überlassende Gesellschaft erhält von Übernehmer ferner einen jährlichen Pachtzins in Höhe von 1 0 % des in dem gepachteten Betrieb erwirtschafteten Gewinns zur handelsbilanzlichen Abschreibung, mindestens jedoch einen jährlichen Pachtzins von DM ..." 156

157

32

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Gesellschaft durch entsprechende Abschreibungen artikuliert. Weiter verpflichtet sich der Pächter, einen Pachtzins zu zahlen, der entweder fest bestimmt ist oder aber sich an der Höhe des Gewinns orientiert, der aus dem Betrieb des Unternehmens erzielt wird. 1 6 0 Mitunter sind Entgeltklauseln auch so ausgestaltet, dass eine Dividendenausschüttung an die Aktionäre der Verpächterin gewährleistet ist. 1 6 1 Im älteren Schrifttum wird erwähnt, bei konzerninternen Überlassungsverhältnissen geschehe dies in der Weise, dass außenstehenden Aktionären nach Maßgabe von § 3 0 4 eine Dividende garantiert werde. 1 6 2 Zur Begründung des Entgelterfordernisses wird die Typik des bürgerlichrechtlichen Pachtvertrags ( § 5 8 1 Abs. 1 S. 2 BGB) bemüht. 1 6 3 Ferner wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber in § 2 9 2 Abs. 3 nur den Fall einer unangemessenen Gegenleistung geregelt habe. Es sei daher anzunehmen, dass eine unentgeltliche Betriebsverpachtung nicht von § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 erfasst sein sollte. 1 6 4 Beim Betriebsüberlassungsvertrag soll dies nach herrschender Meinung anders zu beurteilen sein. § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 erfasse auch solche Verträge, die für die Überlassung des Unternehmens keine Gegenleistung vorsehen. 1 6 5 Insoweit sei das Pachtverständnis des BGB, obwohl der Betriebspachtvertrag ein Unterfall des Betriebsüberlassungsvertrags sei, nicht ausschlaggebend. 1 6 6 Gegen diese Sichtweise hat Schulze-Osterloh

eingewandt, sie sei mit der Syste-

matik des Unternehmensvertragsrechts nicht zu vereinbaren. In wirtschaftlicher Hinsicht hätten ein unentgeltlicher Überlassungsvertrag und ein Geschäftsführungsvertrag dieselben Folgen. Das wirtschaftliche Ergebnis würde allein dem Vertragspartner zustehen. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden Vertragsformen sei dann darin zu sehen, dass beim Geschäftsführungsvertrag die Gesellschaft, beim Betriebsüberlassungsvertrag der Übernehmer das Unternehmen führe. Dieser Gesichtspunkt könne aber nicht rechtfertigen, dass das Gesetz

Vgl. Mimberg, Betriebspachtverträge, 31 f. Vgl. die von Oesterreich, Betriebsüberlassung, 30 zitierte Klausel: „Übernehmer zahlt an überlassende Gesellschaft einen jährlichen Pachtzins in Höhe aller erforderlichen Aufwendungen, die bei überlassender Gesellschaft für die verpachteten Vermögensgegenstände anfallen. Außerdem muss der von Übernehmer zu zahlende Pachtzins die Ausschüttung einer jährlichen Dividende von ... % des derzeitigen Grundkapitals gewährleisten." 162 V g i Friedlaender, Konzernrecht, 103, 110f.; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 R d n . 9 0 („üblich"); anders Oesterreich, Betriebsüberlassung, 30 (er habe solche Dividendenzahlungen nicht festgestellt). Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 118 hält diese Entgeltform für unzulässig, weil sie nicht damit vereinbar sei, dass die Verwaltung nach eigenem Ermessen über die Bildung freier Rücklagen (anderer Gewinnrücklangen) entscheide. 1 6 3 A.A. KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 2 R d n . 6 5 ; die Frage könne nur durch „konzernrechtsspezifische Erwägungen" entschieden werden. 1 6 4 MünchKommAktG/A/fmeppew, § 2 9 2 Rdn. 110. 165 Insbesondere soll eine unentgeltliche Verpachtung als Betriebsüberlassungsvertrag zu qualifizieren sein. Vgl. Hüffer AktG, § 2 9 2 Rdn. 19; Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 Rdn. 87. 166 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 Rdn. 87. 160 161

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

33

nur den Geschäftsführungsvertrag einem Gewinnabführungsvertrag gleichstelle. Folglich seien Geschäftsführungsvertrag und Betriebsüberlassungsvertrag nicht abgrenzbar, wenn letzterer auch unentgeltlich sein könnte. 167 Die Argumentation hat sich jedoch nicht durchsetzen können. Die Folgen eines Geschäftsführungsvertrags und einer unentgeltlichen Verpachtung müssten, so der zentrale Einwand von Koppensteiner, nicht notwendig identisch sein. Für ersteren sei es charakteristisch, dass weder ein Jahresüberschuss noch ein Jahresfehlbetrag entstünde. Bei einer unentgeltlichen Verpachtung sei es wahrscheinlich, dass zum Ende des Geschäftsjahres ein Jahresfehlbetrag ausgewiesen werde. Es könne aber auch ein Jahresüberschuss erwirtschaftet werden, wenn die Gesellschaft noch über Beteiligungen verfüge und hieraus Erträge erziele. 168 Die Auseinandersetzung über die Zulässigkeit entgeltloser Betriebsüberlassungsverträge scheint keine große praktische Relevanz zu haben. Verträge ohne Gegenleistung sind bisher nicht bekannt geworden. 169 Zudem verliert die Problematik an Schärfe, wenn in den Blick genommen wird, durch welche Sicherungsregeln Aktionäre und Gläubiger bei Bestehen eines Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrags geschützt werden. Bei konzernexternen Verträgen kann davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft ihr Unternehmen nur gegen ein (angemessenes) Entgelt überlässt. Der Vorstand wird keinen Anlass haben, einen unentgeltlichen Vertrag zu schließen. Problematisch sind allerdings konzerninterne Verträge, bei denen sich die Gefahr aktualisieren kann, dass der Vorstand sich auf kein bzw. ein unangemessenes Entgelt einlässt. Einer besonderen Sicherung bedürfte es allerdings grundsätzlich nicht. Ein solcher Vertrag wäre wegen Verstoßes gegen die § § 5 7 , 58, 60 nichtig. 170 Der Gesetzgeber hat diese Sanktion aber für einen Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrag und den entsprechenden Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung ausgeschlossen (§292 Abs. 3 S. I). 1 7 1 Deshalb ist ein Aktionärs- und Gläubigerschutz erforderlich. Er wird zum einen durch die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens gewährleistet, bei einer konzerninternen Pacht bzw. Überlassung die Verluste der Gesellschaft auszugleichen, sofern und soweit die vereinbarte und die angemessene Gegenleistung differieren (§302 Abs. 2). Außerdem soll das herrschende Unternehmen, wenn es die Gesellschaft zu einem Vertrag mit unan-

Schulze-Osterloh, Z G R 1974, 427, 454f. Kö\nKommJ Koppensteiner, § 292 Rdn. 65; zustimmend Mimberg, Betriebspachtverträge, 30f. 1 6 9 Vgl. Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 170ff. Soweit er von zwei unentgeltlichen Betriebsüberlassungsverträgen berichtet ( 1 7 5 , 2 0 8 ) , ist anzumerken, dass in beiden Fällen noch Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge bestanden. 1 7 0 Kritisch hierzu MünchKommAktGIAltmeppen, § 292 Rdn. 117ff. auf der Grundlage eines anderen Konzepts (aaO. Rdn.30ff.) über Sanktionen bei Verstößen gegen die Regeln über die aktienrechtliche Vermögensbindung. 1 7 1 Doch bleibt eine Anfechtung des Beschlusses möglich ( § 2 9 2 Abs. 3 S.2). 167 168

34

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

gemessenen Bedingungen veranlasst hat, nach herrschender Meinung zum Ausgleich sämtlicher Nachteile verpflichtet sein (§317). 1 7 2 Die Auseinandersetzung über die Funktionsfähigkeit dieses Schutzsystems braucht hier noch nicht vertieft werden. Das Augenmerk ist vielmehr auf eine grundlegende Frage zu lenken. Die herrschende Sichtweise, ein Betriebsüberlassungsvertrag könne unentgeltlich sein, impliziert, dass Aktionäre über ein Gestaltungsinstrument verfügen, das darauf abzielt, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen. 173 Dies verdeutlicht, dass die Diskussion über die Entgeltlichkeit der in § 292 Abs. 1 Nr. 3 erfassten Verträge nur auf der Grundlage der Regelungsziele und der Systematik des Unternehmensvertragsrechts geführt werden kann. Sie kann schließlich auch auf Rechtsfolgenebene von Bedeutung sein. Sofern beide Vertragsarten in gewissem Umfang einen Vermögenstransfer ermöglichen, fragt es sich, ob außenstehende Aktionäre und Gläubiger, in ähnlicher Weise wie bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, nur „unvollkommen", nämlich nur durch die in § 302 Abs. 2 verankerte beschränkte Globalhaftung geschützt sind. III. G r e n z e n der Gestaltungsfreiheit 1. Virulente

Vertragsgestaltungen

Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge sehen regelmäßig Bestimmungen über Ersatzinvestitionen vor, indem zunächst festgelegt wird, dass die infolge einer natürlichen Nutzung des Pachtgegenstandes für einen ordnungsgemäßen Betrieb nicht mehr brauchbaren Gegenstände vom Pächter ersetzt werden. 174 Diese Befugnis wird mit einer Pflicht der Gesellschaft verknüpft, die Kosten der Ersatzinvestitionen zu tragen. Der Pächter bzw. Übernehmer nimmt dann die Ersatzbeschaffungen im Namen und auf Kosten der Gesellschaft vor, die Eigentümerin der Investitionsobjekte wird. 175 Korrespondierende Abreden finden sich über das Recht des Pächters bzw. Übernehmers, Veränderungen im Unternehmen vorzunehmen. 176 Darunter wird auch die Befugnis verstanden, Erweiterungen durchzuführen. Der Pächter bzw. Übernehmer darf dann beispielsweise neue Anlagen erwerben. 177 Nur vereinzelt finden sich Bestimmungen darüber, dass 172 N a c h h . M . soll die beschränkte G l o b a l h a f t u n g wegen des d u r c h § 3 1 7 gewährleisteten Schutzes praktisch gegenstandslos sein; vgl. K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 3 0 2 R d n . 3 7 m w N . 173 Vgl. schon Rasch, Konzernrecht, 139. 174 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 27; Oppenländer, Unternehmenspacht, 2 8 3 . 175 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 2 8 , der weiter darauf hinweist, dass die Entscheid u n g über die Investitionen z u m Teil eingeschränkt werde, indem solche E r s a t z m a ß n a h m e n unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft stünden; nach den Vertragsbestimm u n g e n soll es d a n n aber ausreichen, w e n n die Investitionen aus den Abschreibungen gedeckt werden k ö n n e n . 176 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 28; Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 168. 177 Beispiel für eine solche Klausel nach Oesterreich, Betriebsüberlassung, 28: „Übernehme-

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

35

der Vorstand der Gesellschaft über solche Maßnahmen zu informieren oder diese mit ihm abzustimmen sind. 178 Die Kosten solcher Investitionen sind nach manchen Verträgen vom Pächter bzw. Übernehmer, 179 nach anderen von der Gesellschaft 180 zu tragen. Wenn aber der Vertragspartner berechtigt ist, Investitionen zu tätigen, ohne dass eine Zustimmung oder Kontrolle der Gesellschaft erforderlich bzw. möglich ist, besteht eine erhöhte Gefahr, dass die Unternehmen faktisch miteinander verschmolzen werden. 181 Problematisch können schließlich andere Formen eines Einflusses sein. Grundsätzlich verbleibt dem Vorstand der Gesellschaft nach Überlassung des Unternehmens noch ein Residualbereich, den er eigenverantwortlich zu „leiten" hat. Hat der Pächter aber Weisungsrechte gegenüber der Gesellschaft, die entweder Finanzbeteiligungen der Gesellschaft betreffen oder zum Gegenstand haben, wie die Gesellschaft mit dem Pachtzins zu verfahren hat, kann ein Betriebspachtvertrag gleichfalls beherrschungsvertragliche Effekte entfalten. Das zentrale Problem der Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge ist folglich darin zu sehen, ob und in welchem Ausmaß eine inhaltliche Gestaltungsfreiheit anerkannt werden kann. Es muss verhindert werden, dass der Vertragspartner eine Rechtsposition erlangt, die nur durch einen Beherrschungsvertrag begründbar ist. 182 Im Schrifttum werden diverse Kriterien genannt, die ermöglichen sollen, virulente Grenzfälle zu beurteilen. Der Meinungsstand braucht nicht umfassend referiert werden. Es mag genügen, die beiden die Diskussion beherrschenden Konzeptionen von Oesterreich und Koppensteiner nachzuzeichnen.

rin ist berechtigt, alle Änderungen, Einschränkungen u n d Erweiterungen des U n t e r n e h m e n s v o r z u n e h m e n , welche sie für zweckmäßig (oder erforderlich) hält." 178 Vgl. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 28; Maser, Betriebsüberlassungsverhältnisse, 168; anders noch Dierdorf, H e r r s c h a f t und Abhängigkeit, 118 („im allgemeinen nur im beiderseitigen Einverständnis"). 179 Für diese Fälle wird aber vorgesehen, dass die überlassende Gesellschaft bei Beendigung des Vertrags die Gegenstände zu ü b e r n e h m e n und entgelten hat. 180 Ygj | 1 ; e r z u folgende von Oesterreich, Betriebsüberlassung, 2 8 zitierte Klausel: „Übernehmer ist berechtigt, im eigenen Interesse und nach eigenem Ermessen aktivierungspflichtige Investitionen in den zur N u t z u n g überlassenen Betrieben auf eigene Rechnung und im eigenen N a men d u r c h z u f ü h r e n . Überlassende Gesellschaft ist über diese Investitionsvorhaben so f r ü h wie möglich in Kenntnis zu setzen. Über solche Investitionen, gleichviel welcher Art, k a n n Übernehmer o h n e Rücksicht auf das rechtliche Eigentum ohne Z u s t i m m u n g der überlassenden Gesellschaft jederzeit u n d nach Art eines Eigentümers verfügen. Die Investitionsobjekte unterliegen dem Betriebsüberlassungsvertrag nicht u n d sind d e m g e m ä ß der Einwirkung der überlassenden Gesellschaft entzogen." 181

K ö l n K o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 19; Oesterreich, Betriebsüberlassung, 35. Vgl. bereits Flume, G r u n d f r a g e n der Aktienrechtsreform, 59; ausführlich Oesterreich, Betriebsüberlassung, 34 ff. 182

36

1. Abschnitt: Unternehmensverträge

2. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag Beherrschungsvertrag a) Die Position von

des

Aktiengesetzes

als

verschleierter

Koppensteiner

Grundlage der von Koppensteiner entwickelten Konzeption eines Umgehungsschutzes bildet die These, Konzernleitungsmacht dürfe nur durch einen Beherrschungsvertrag ausgeübt werden. Vereinbarungen, die dies ermöglichten, insbesondere eine „verbundweite Finanzplanung", seien nicht (mehr) als Verträge iSv. § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3, sondern als Beherrschungsverträge zu qualifizieren. Es komme hierfür entscheidend darauf an, ob der Vertragspartner die Gesellschaft auf der Grundlage vertraglicher Rechte „seiner Konzerngewalt ... unterwerfen" könne. 183 Die These gewinnt Farbe durch zwei alternative Kriterien, die für die Prüfung, ob die Gesellschaft konzerniert wird, analytische Bedeutung haben sollen. Die Verträge des § 292 würden sich systematisch von den Verträgen des § 291 durch ihren Austauschcharakter unterscheiden. Die Gesellschaft erhalte für die Überlassung des Unternehmens ein Entgelt, dessen Angemessenheit sie gem. § § 3 1 1 , 317 durchsetzen könne. Deshalb verzichte das Gesetz auf besondere beherrschungsvertraglich äquivalente Sicherungen. Wenn die Angemessenheit der Gegenleistung aber nicht feststellbar sei, versage der bei einem Betriebsüberlassungsvertrag bestehende Schutz. Der Vertrag sei dann als Beherrschungsvertrag einzuordnen. 184 Dies sei anzunehmen bei „vertraglich ungesteuerte[n] Dispositionsbefugnisse [n] des Partners über das Unternehmen der Gesellschaft", 185 ferner „wenn sich das Weisungsrecht (auch) auf die Verwendung des Entgelts bezieht". 1 8 6 Der Überlassungszins würde seinen Charakter als eine angemessene Gegenleistung auch dann verlieren, wenn die Abschreibungen von der verpachtenden Gesellschaft zu finanzieren seien, der Pächter aber über deren Höhe entscheide. 187 Von Relevanz könne schließlich „die Kompetenzverteilung bezüglich des weiteren Betriebs des Unternehmens der Gesellschaft" sein. Der Gesellschaft müsse ein „vertraglich nicht tangierter eigener Entscheidungsbereich" verbleiben. Dies erschließe sich aus dem „Grundmodell der Pacht nach BGB". Ergänzungsinvestitionen seien Angelegenheiten des Verpächters (§586 Abs.2 BGB) und dieser entscheide darüber, „ob der Pächter das Unternehmenssubstrat in einer Weise 183 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn.23; ferner Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 108. 184 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn. 19 sub (2); Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 22. 1 8 5 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn.23; Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 22. 1 8 6 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn. 20; MünchKommAktGIAltmeppen, §292 Rdn. 138; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, §292 Rdn. 61. AA. Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 122. 187 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn. 20.

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

37

umgestalten [dürfe], die sich über die Pachtzeit hinaus auswirkfe]". 188 Zwar soll in der Vereinbarung von Weisungsrechten nicht per se der vertragliche Entzug von Mindestkompetenzen zu sehen sein. Anders sei aber zu entscheiden, „wenn die Gesellschaft innerhalb des ihr vorzubehaltenden Kompetenzbereichs oder in für die Möglichkeit der Entgeltermittlung ex-ante relevanter Weise verpflichtet [werde], sich an Entscheidungen des anderen Vertragsteils zu orientieren". 189 Andere Aspekte sind nach Koppensteiner grundsätzlich nicht weiterführend. Es komme insbesondere nicht darauf an, ob durch den Betriebsüberlassungsvertrag zusätzlich die Wahrnehmung der Rechte übertragen würde, die der Gesellschaft aus ihren Beteiligungen zustünden. Hierauf hatte Geßler abgestellt. Ein „äußerlich als Betriebspacht- oder -Überlassungsvertrag aufgemachter und auch so bezeichneter, in Wahrheit aber einen Beherrschungsvertrag darstellender Vertrag liegfe] vor, wenn der Pächter nicht nur die Erneuerung der Anlagen sowie das Inventar zum Schätzwert und das gesamte Umlaufvermögen der Gesellschaft ... übernommen ha[be], sondern ihm auch die Ausübung der Rechte aus den Beteiligungen übertragen [sei]. In solchen Fällen geh[e] praktisch alles für Rechnung des anderen Unternehmens." Die Pächterin habe dann Vermögen und Unternehmen der Verpächterin an sich gezogen, diese könne keine eigene Unternehmenspolitik mehr betreiben. In der Hand des Pächters würden dann die betriebliche und die unternehmerische Seite des Unternehmens der Verpächterin liegen. 190 Diese vertraglichen Bestimmungen können in der Konzeption von Koppensteiner keinen Platz finden, weil aus seiner Sicht eine Konzernierung der Gesellschaft durch die Übertragung von Beteiligungsrechten nicht möglich ist. Kapitalistische Beteiligungen vermittelten keine unternehmerische Leitungsverantwortung. Ihre Bedeutung beschränke sich darin, Dividenden entgegen zu nehmen und Bezugsrechte zu verwerten. Wenn „solche Beteiligungen der Gesellschaft zugeordnet [blieben], änder[e] sich ceteris paribus daher nichts am Charakter des Vertrages." 191 Dieser soll also entweder ein Betriebsüberlassungsvertrag oder unter den skizzierten Voraussetzungen ein Beherrschungsvertrag sein, allerdings ohne dass es darauf ankommt, ob Beteiligungsrechte „übertragen" wurden. 1 9 2 188

KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.19 sub (3). KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn.20. 190 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 Rdn.100; Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit 124; wie Koppensteiner auch MünchKommAktGIAltmeppen § 2 9 2 Rdn. 136. 191 KölnKommJKoppensteiner, §291 Rdn. 22. 192 Verfüge die Gesellschaft jedoch über unternehmerische Beteiligungen und werde die Ausübung dieser Beteiligungsrechte nicht mitübertragen, bliebe „der Gesellschaft ein Freiraum unternehmerischer Betätigung, der sich nicht mehr mit dem Wesen des Beherrschungsvertrags als Transfer der Leitungskompetenz bezüglich der Gesellschaft als Ganzer vertrüge". Der Vertrag könne daher nicht als Beherrschungsvertrag qualifiziert werden. Vgl. KölnKommJKoppensteiner, § 291 Rdn. 22. Es liegt nach Koppensteiner aber auch kein Betriebsüberlassungsvertrag iSv. § 292 Abs. 1 Nr. 3 vor, denn dieser kennzeichne sich dadurch, dass das ganze Unternehmen verpachtet bzw. überlassen werde. 189

38

1. Abschnitt:

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Die Konzeption von Koppensteiner beruht auf dem systematischen Argument, durch einen Überlassungsvertrag dürften keine Herrschaftsmöglichkeiten eingeräumt werden, die ein Beherrschungsvertrag gewähre. 193 Grenzen inhaltlicher Gestaltungsfreiheit sollen einerseits aus den Begriffsbestimmungen des BGB und aus dem Organisationsrecht der Aktiengesellschaft (§76) resultieren, andererseits aus dem Unternehmensvertragsrecht abzuleiten sein. Festzuhalten ist, dass Verträge über die Verpachtung bzw. Überlassung des Unternehmens nur dann als Beherrschungsvertrag einzuordnen sein sollen, wenn dessen Mindestinhalt erfüllt sei: Der andere Vertragsteil müsse in der Lage sein, eine einheitliche Leitung der Gesellschaft durchzusetzen. b) Die Position von

Oesterreich

Die von Oesterreich formulierten Thesen decken sich teilweise mit den Ergebnissen von Koppensteiner, gehen aber in einzelnen Aspekten noch wesentlich weiter. Grundlage seiner Konzeption bildet ein funktionales Verständnis der Betriebsüberlassung. Die Gesellschaft überlasse nach dem Wortlaut des Gesetzes den „Betrieb ihres Unternehmens". Dies sei, entgegen der herrschenden Meinung, nicht objektiv in dem Sinne zu verstehen, dass die Gesellschaft ihren (gesamten) Betrieb verpachte bzw. überlasse. Nicht überzeugend sei auch die Deutung, das Unternehmen überlasse ihren Betrieb. Vielmehr sei der Begriff „Betrieb" funktional in dem Sinne zu interpretieren, dass hiermit die Tätigkeit bzw. Zuständigkeit der Gesellschaft gemeint sei: Sie überlasse es einer anderen Person, ihr Unternehmen zu betreiben. 194 Es erfolge also eine Zuständigkeitsübertragung. Die Aktiengesellschaft entledige sich ihrer Aufgabe, das Unternehmen selbst zu betreiben. 195 Diese Sichtweise sei einerseits fruchtbar, als sie die Kompetenzübertragung aufzeige, die mit einem Betriebsüberlassungsvertrag einhergehe. 196 Andererseits erschließe sich hieraus, dass Überlassungsverträge nur einen begrenzten Kontrollbereich eröffneten; dieser müsse aber noch präzisiert werden. 1 9 7 Hierzu vergleicht er den Betriebsüberlassungsvertrag mit dem Geschäftsführungsvertrag, der ersichtlich einen anderen Inhalt habe und bei dem weitergehende Sicherungen bestünden. 198 Bei diesem führe die Gesellschaft ihr Unternehmen auf fremde Rechnung. Schon aus systematischen Gründen müssten zwischen Unterneh193

Kö\nKomm/Koppensteiner, §292 Rdn.76. Oesterreich, Betriebsüberlassung, 50f.; zustimmend Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 2 7 7 ; vgl. zuvor schon v. Brevem, Unternehmensvertrag, 20; Oppenländer, Unternehmenspacht, 167. 195 Oesterreich, Betriebsüberlassung, 50. 196 Plakativ Oesterreich, Betriebsüberlassung, 50: „Die Formel .Betrieb ihres U n t e r n e h m e n s ' ... wird damit zu einem Z e n t r u m der A u s d e u t u n g des Tatbestandes des § 2 9 2 I Nr. 3 . " 197 Oesterreich, Betriebsüberlassung, 5 1 , 131. 198 Oesterreich, Betriebsüberlassung, 131 f. 194

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

39

mensführung und Unternebmensbetrieb Unterschiede bestehen. Erstere erfasse auch die Unternehmenspolitik. Bei der Übertragung betrieblicher Aufgaben müsse dagegen auch eine Zuständigkeit für das Gesellschaftsunternehmen fortbestehen, „nämlich insofern und insoweit, als es um die Verantwortung für den Bestand und Weiterentwicklung des Unternehmens geh[e]. Nur unter diesen Umständen [könne] der Überlassungsvertrag noch als Vertrag angesehen werden, dessen Zuständigkeitsübertragung zumindest theoretisch bewertbar und daher abgeltbar bleib[e]." Die durch den Überlassungsvertrag eingeräumte „Betriebskompetenz" könne auf dem Boden dieser funktionalen und systematischen Interpretation nur begrenzten Umfang haben. 199 Um konkrete Beschränkungen inhaltlicher Gestaltungsfreiheit zu formulieren, sei es weiter erforderlich, die bei einem Überlassungsvertrag bestehenden Sicherungen zu analysieren. Der Aktionärs- und Gläubigerschutz werde ausschließlich durch eine Angemessenheitskontrolle des Pachtzinses gewährleistet; Instrumente seien die Anfechtungsmöglichkeiten und die Verlustausgleichsverpflichtung (§ 302 Abs. 2). Ein darüber hinausgehender, insbesondere auf §§ 311 ff. gestützter Schutz sei nicht begründbar. Diesem Schutzsystem seien die beherrschungsvertraglichen Sanktionen gegenüber zu stellen und zu vergleichen. Oesterreich kommt zu dem Ergebnis, dass das Gesetz nur einen eingeschränkten Vertragsinhalt anerkennt. Außenstehenden Aktionären und Gläubigern dürften nur während der Dauer des Vertrags und „gerade nur aus der Unangemessenheit des Entgelts" Schaden drohen, „nicht aber aus langfristigen Wirkungen von Kompetenzübertragungen". 200 Ein Überlassungsvertrag dürfe daher nicht zu einem vollständigen Gewinnausschluss führen, und er dürfe weiter nicht so beschaffen sein, dass er schädliche Wirkungen für die Zeit nach Vertragsende bewirke: Es müsse sichergestellt sein, dass der Pächter institutionell an die langfristigen Interessen der Gesellschaft gebunden sei. Die Gesellschaft dürfe nicht aus der Verantwortung für die über die Vertragslaufzeit hinaus wirkenden Maßnahmen entlassen werden. Sie sei an solchen Entscheidungen mit „Fernwirkung, insbesondere über Änderungs- und Erweiterungsinvestitionen ... mindestens in Form von Zustimmungsvorbehalten verantwortlich zu beteiligen." 201 Wenn diese Schranken überschritten würden, sei der Vertrag als Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag zu qualifizieren oder zumindest nach deren Regeln zu behandeln. 202

199 200 201 202

Oesterreich, Oesterreich, Oesterreich, Oesterreich,

Betriebsüberlassung, Betriebsüberlassung, Betriebsüberlassung, Betriebsüberlassung,

132. 144f. 160. 133 f.

40

1. Abschnitt:

3. Tragfähigkeit der

Unternehmensverträge

des

Aktiengesetzes

Konzeptionen

Koppensteiner macht eine Umqualifizierung eines Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrags entscheidend davon abhängig, dass der Vertrag die Durchsetzung einheitlicher Leitung ermöglicht. Die Lösung ist insoweit systemgerecht, als sie mit seinem Verständnis über den notwendigen Inhalt eines Beherrschungsvertrags korreliert. Konsequenz ist freilich, dass die „Latte" für eine beherrschungsvertragliche Einordnung sehr „hoch gelegt ist". Koppensteiner verlangt, dass durch einen Beherrschungsvertrag sämtliche unternehmerische Leitungsangelegenheiten dem herrschenden Unternehmen unterstellt sein müssen. Es fragt sich, ob ein atypischer Vertrag, der durch das Koppensteiner'sehe Prüfungsraster fällt, auf der Grundlage des herrschenden Verständnisses über den notwendigen Inhalt eines Beherrschungsvertrags 203 in einen solchen umzuqualifizieren wäre. Schließlich bleibt Koppensteiner eine Antwort darauf schuldig, welche Rechtsfolgen ein Vertrag auslöst, durch den auch kapitalistische Beteiligungsrechte überlassen werden. Die Thesen von Oesterreich sind diesen Einwänden nicht ausgesetzt. Seiner Konzeption liegt eine funktionale Interpretation der Betriebsüberlassung zugrunde. Damit werden bereits erste Konturen organisationsrechtlicher Schranken sichtbar, die freilich erst durch eine Analyse der bei Überlassungsverträgen bestehenden Sicherungen präzise und subsumtionsfähig werden. Er gelangt hierdurch zu wesentlich strengeren Ergebnissen als Koppensteiner. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die formulierte „Schranke", im Vertrag müsse präzise festgelegt sein, dass dem Pächter der Betrieb des Unternehmens innerhalb eines von der Gesellschaft konkret vorgegebenen und mitbestimmten Rahmens gestattet ist, als logische Konsequenz des abstrakt entwickelten Umgehungsschutzes erweist. Doch „steht und fällt" sein Modell zunächst mit der These, für Überlassungsverträge bestünde nur gem. § 302 Abs. 2 eine Angemessenheitskontrolle des Entgelts, ein Schutz der Gesellschaft gem. §§311, 317 sei nicht begründbar. Schließlich muss es als zweifelhaft erscheinen, dass nach Oesterreich jedes Überschreiten einer Überlassungsschranke eine beherrschungsvertragliche Qualifikation des Vertrags rechtfertigen soll. Es kommt für ihn nicht darauf an, ob ein von § 292 Abs. 1 Nr. 3 nicht mehr erfasster Überlassungsvertrag die Merkmale eines Beherrschungsvertrags erfüllt. Damit weist er zum einen dem Beherrschungsvertrag eine Auffangfunktion für „gefährliche Verträge" zu, ohne dass er sie systematisch unterlegt hätte. Zum anderen verbinden sich hiermit unvermeidlich strenge Sanktionen. Differenzierte Lösungen verbieten sich. Es ist aber fragwürdig, ob den Störungen der Organisations- und Finanzverfassung durch

203 Nach h.M. soll ein Beherrschungsvertrag auch dann vorliegen, wenn das herrschende Unternehmen nur bestimmte Ausschnitte der Unternehmensleitung zu beeinflussen vermag. Siehe S. 16.

4. Kapitel: Betriebsüberlassungs-

und Betriebspachtvertrag

41

sämtliche beherrschungsvertraglichen Sicherungen - Verlustausgleich, Sicherheitsleistung und Ausgleich sowie Abfindung - zu entgegnen ist.

Zweiter Abschnitt

Unternehmensvertragliche Qualifikation anderer Verträge Schon vor Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle von 1 9 6 5 stand im Blickfeld der Konzernrechtsdiskussion, dass Gleichordnungskonzern- und Betriebsführungsverträge konzentrative Wirkung haben können. Später wurde dies auch für andere schuldrechtliche Austauschverträge, namentlich Kredit- und Franchiseverträge, reklamiert. Es besteht bis heute keine Einigkeit, o b und w o diese Vertragstypen in das System der Unternehmensverträge einzuordnen sind. Zurückzuführen ist dies vor allem darauf, dass nach überwiegender Meinung die Unternehmensverträge im Gesetz abschließend erfasst sein sollen. Wenn aber diese Rechtsmaterie als ein „geschlossenes System" zu verstehen ist, lassen sich die bei anderen Verträgen in unterschiedlichem M a ß e auftretenden Probleme des Aktionärs- und Gläubigerschutzes durch eine analoge Anwendung der unternehmensvertraglichen Sicherungsregeln nicht zuverlässig lösen. Einzelne Vertragstypen, wie beispielsweise der Betriebsführungsvertrag, mögen auf der Grundlage eines extensiven Verständnisses der in den § § 2 9 1 , 2 9 2 erfassten Vertragsarten als Unternehmensverträge qualifiziert werden können. D o c h muss dieser Weg bei anderen Verträgen scheitern.

Erstes Kapitel: I.

Gleichordnungskonzernvertrag

Überblick

Faktische und vertragliche gleichgeordnete Beziehungen sind noch vor kurzem als terra incognita beschrieben worden. 1 Hintergrund dieser Einschätzung ist, dass das von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelte schutzzweckorientierte Verständnis des Unternehmensbegriffs kaum R a u m lässt, Konzernverbindungen als Gleichordnungskonzern einzuordnen. 2 Hinzu k o m m t , dass außenstehende Aktionäre und Gläubiger nicht durch besondere Regelungen geschützt sind. Der Gesetzgeber meinte, es sei entbehrlich, für diese Unternehmensverbindung Sicherungen bereit zu halten. Er beschränkte sich darauf, in § 2 9 1 Abs. 2 zu bestimmen, dass ein Vertrag, durch den sich Unternehmen, die voneinander 1 2

433.

K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417. Pointiert in diesem Sinne Ehlke, DB 1986, 523, 524; K. Schmidt,

ZHR 155 (1991), 417,

1. Kapitel:

Gleichordnungskonzernvertrag

43

nicht abhängig sind, unter einheitliche Leitung stellen, ohne dass dadurch eines von ihnen von einem anderen vertragsschließenden Unternehmen abhängig wird, kein Beherrschungsvertrag ist. Die herrschende Meinung zieht hieraus den Schluss, der Gleichordnungskonzernvertrag sei auch kein anderer Unternehmensvertrag iSv. § 2 9 2 . 3 Die K o n zernunternehmen würden sich zwar zu einem gemeinsamen Z w e c k zusammenschließen. In der Regel würden sie zumindest konkludent einen Gesellschaftsvertrag iSv. § 7 0 5 B G B schließen. 4 D o c h sei der Gleichordnungskonzernvertrag lediglich wie ein schuldrechtlicher Vertrag zu behandeln,^ so dass die Hauptversammlung dem Vertrag nicht gem. § 2 9 3 Abs. 1 zustimmen müsse. 6 Der Vorstand schließe den Vertrag auf der Grundlage seiner Leitungskompetenz. 7 Diese Ansicht beruht auf der Prämisse, dass im Gleichordnungskonzern keine Abhängigkeiten anzutreffen sind und - verkürzt formuliert - sich auch nicht vertraglich begründen lassen. Die folgende Skizze kann sich darauf beschränken, diesen Aspekt zu präzisieren und aufzuzeigen, auf welchen Argumenten die vor allem im jüngeren Schrifttum vertretene Gegenposition 8 beruht.

II. Gegenstand des Vertrags 1. Standpunkte

der herrschenden

beschränkter

Vertragsinhalt

Meinung:

Organisationsrechtlich

Die herrschende Meinung anerkennt lediglich einen bestimmten Vertragsinhalt, was wesentlich auf die These zurückzuführen ist, dass die Kompetenz des Vorstands, die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten (§ 7 6 Abs. 1), durch § 2 9 1 Abs. 2 nicht außer Kraft gesetzt wird. 9 So meint Altmeppen,

der Vorstand dürfe

einen Gleichordnungsvertrag nur abschließen, „wenn er ihn insges. als vorteil3

41.

Geßler, FS Beitzke, 923, 924; Hüffer AktG, § 291 Rdn. 34; Lutter, Sonderbeilage DB 1974,

4 KölnKommIKoppensteiner, §291 Rdn. 73; MünchKommAktGM/imeppew, §291 Rdn. 212; Gromann, Gleichordnungskonzerne, 29; Milde, Gleichordnungskonzern, 111, 128, 204; GroßkommAktG/Wäri/mger, §291 Anm.34. 5 Hüffer AktG, §291 Rdn. 35; MünchKommAktG/A/fmeppe«, §291 Rdn. 212; MünchHdbAG/Krieger, § 68 Rdn. 85; Lutter, Sonderbeilage DB 1974, 42. A.A. Timm, Aktiengesellschaft, 152ff.; K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417, 427 (Organisationsvertrag). 6 So die in Fn.5 Genannten; ferner Gromann, Gleichordnungskonzerne, 33f.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 389f.; Milde, Gleichordnungskonzern, 229L; KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn. 78. 7 Hüffer AktG, § 291 Rdn. 35; KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn. 78. 8 Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 18 Rdn. 34, §291 Rdn. 74; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 56 Rdn. 10; K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417, 427, der aber offen lässt, welche Mehrheit erforderlich ist und ob der Vertrag in das Handelsregister einzutragen ist; ders., FS Rittner, 1991, 561, 576f.; Timm, Aktiengesellschaft, 152ff.; Wellkamp, DB 1993,2517,2518f. 9 Vgl. Gromann, Gleichordnungskonzerne, 58f.; MünchHdbAG/Krieger, §68 Rdn. 86; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 389.

44

2. Abschnitt:

Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

haft ansieht bzw. sichergestellt ist, daß eine einheitliche Leitung nicht etwa systematisch zum Nachteil der AG ausgeübt werden kann." Ein Außenseiterschutz sei aber unentbehrlich, wenn Weisungsrechte vertraglich vereinbart werden. Der Vertrag sei dann als Beherrschungsvertrag einzuordnen. Sofern die hierzu bestehenden Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, sei der „Gleichordnungskonzernvertrag" nichtig. 10 Lutter und Drygala nehmen an, dass die Konzernunternehmen bei einer vertraglichen Gleichordnung einem Schädigungsverbot unterliegen. Ein Weisungsrecht könne nicht vereinbart werden, denn dann müsste der Gleichordnungsvertrag dem Regime des Unternehmensvertragsrechts unterstellt werden. Er sei in diesem Fall sogar mit einem Beherrschungsvertrag vergleichbar, so dass die Vorschriften über den Außenseiterschutz entsprechend anwendbar sein müssten. Dies würde aber dazu führen, dass der Gleichordnungskonzernvertrag dem Beherrschungsvertrag gleichgestellt sei, was sich mit der in § 291 Abs. 2 getroffenen Aussage nicht vertragen würde. 11 Festzuhalten ist als gemeinsamer Standpunkt der Autoren, dass die Unternehmen autonom und deren Vorstände nicht weisungsgebunden sind. Doch wird diese Sichtweise nicht von allen Vertretern der herrschenden Meinung konsequent verfolgt. So schließt Koppensteiner aus § 291 Abs. 2, „dass sich die Gesellschaft einem Leitungswillen unterstellen darf, der nicht von ihr (allein) geprägt wird." 1 2 Bindende Weisungen gegenüber den Mitgliedern eines Gleichordnungsvertrags dürften vereinbart werden. Eines besonderen Schutzes bedürfe es nicht, denn der Vorstand sei verpflichtet, die Interessen der von ihm vertretenen Gesellschaft im Leitungsorgan so zur Geltung zu bringen, dass eine ernsthafte Schädigung ausscheide. Allerdings sei zu fordern, dass Unternehmen, die einen Gleichordnungskonzernvertrag schließen, unabhängig sind. 13 Es müsse gewährleistet sein, dass die Unternehmen auch nach Vertragsschluss unabhängig bleiben. Der Vertrag dürfe einen beherrschenden Einfluss eines beteiligten Unternehmens nicht ermöglichen, andernfalls liege ein Beherrschungsvertrag vor. 14

10

MünchKommAktG/A/imeppen, §291 Rdn.221. Lutter/Drygala, Z G R 1995, 5 5 7 , 567. D o c h k ö n n e bei einer qualifizierten faktischen Gleichordnung ein Verlustausgleich analog § 3 0 2 geschuldet sein. Vgl. Lutter/Drygala, ZGR 1 9 9 5 , 5 5 7 , 5 7 0 f . Voraussetzung sei, „dass die Konzernleitung zu einer k o n k r e t e n , wiederholten und nachhaltigen Beeinträchtigung des Eigeninteresses einer der beteiligten Gesellschaften geführt hat." Zustimmend MünchHdbAG/Kn'eger, §68 Rdn.85f. 12 KölnKomm/Koppensteiner, §291 Rdn.77. 13 KöinKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 R d n . 7 3 ; Geßler, FS Beitzke, 923, 924, 9 3 3 f . 14 K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 7 3 ; Gromann, Gleichordnungskonzerne, 4 7 f . Einschränkend M ü n c h H d b A G / K n e g e r , § 6 8 R d n . 8 1 . 11

1. Kapitel:

Gleichordnungskonzernvertrag

45

2. Zulässigkeit nachteiliger Konzernleitung - Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger durch unternehmensvertragliche Legitimation Für K. Schmidt ist der Gleichordnungskonzernvertrag ein Unternehmensvertrag und als solcher die organisationsrechtliche Grundlage einer Leitung gleichgeordneter Konzernunternehmen. 15 Mit externer Leitung verbinde sich ein Autonomieverlust, der nur untemehmensvertraglich legitimierbar sei. Der Gleichordnungskonzernvertrag ergänze die beherrschungsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten. Er trete, wenn es kein herrschendes Unternehmen gebe, an die Stelle des Beherrschungsvertrags und legitimiere Leitungsmacht. Auf gleichgeordneter vertraglicher Ebene dürften folglich Abhängigkeiten entstehen. Der Vertrag sei die Grundlage für nachteilige Weisungen. 16 Eine solche Organisationsmacht könne jedoch nur anerkannt werden, wenn zwischen den Konzernunternehmen eine Risikogemeinschaft bestünde. Zur Begründung führt K. Schmidt den Normzweck der in § 302 Abs. 1 verankerten Globalhaftung an: Wer die Geschicke eines anderen Konzernunternehmens bestimmen könne oder dessen gesamten Gewinn erhalte, müsse auch dessen Verluste tragen. Dieser Gedanke fuße „in allgemeinen Ausgleichsprinzipien des Bürgerlichen Rechts", nämlich dem Anspruch des Fremdgeschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB). Dieses Schutzmodell sei auf den Gleichordnungsvertrag übertragbar, dessen Grundlage freilich die Geschäftsführung für alle Unternehmen sei: Während beim Beherrschungsvertrag Leitungsmacht überginge, würde beim Gleichordnungskonzernvertrag die Geschäftsführung vergemeinschaftet. Im ersten Fall werde dem herrschenden Unternehmen das Verlustrisiko zugewiesen, im zweiten Fall müsse eine Risikoteilung stattfinden (§§ 713, 670, 730ff. BGB) - Verluste seien horizontal zu verrechnen. 17 Diese Auffassung ist im Schrifttum auf Zustimmung gestoßen. Raiser hat die von K. Schmidt herausgestellten organisationsrechtlichen Dimensionen des Gleichordnungskonzernvertrags aufgegriffen und den Zusammenhang zwischen der Legitimation einer einheitlichen Konzernleitung sowie einer unternehmensvertraglichen Qualifikation des Vertrags betont. Wenn der Gleichordnungskonzernvertrag als Organisationsvertrag einzuordnen sei, müsse auch eine einheitliche Konzernleitung zum Nachteil von Konzernunternehmen zulässig

15

K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 4 1 7 , 4 2 7 . K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 4 1 7 , 4 2 8 . 17 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 4 1 7 , 4 2 9 . Dieser Verlustausgleich soll nicht schon k r a f t Gesetzes geschuldet sein. K. Schmidt meint zwar, es bestünde ein „ Z w a n g zur Verlustgemeins c h a f t " , doch k a n n es sich bei seiner Konzeption n u r u m einen faktischen Z w a n g handeln. Der horizontale Ausgleich soll nämlich „ d u r c h einen BGB-Innengesellschaftsvertrag hergestellt w e r d e n " . O h n e diese Vereinbarung fehle „auch die umfassende Legitimation der einheitlichen Leitung"; a a O . 4 3 0 . 16

46

2. Abschnitt:

Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

sein. Damit verbinde sich aber das Erfordernis, außenstehende Aktionäre und Gläubiger zu schützen. 18 Im Gegensatz hierzu stützt Timm das Erfordernis eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses auf eine Analogie zu § § 1 7 9 Abs. 2 S.2, 292 Abs. 1 Nr. 1, 293. Er vertritt die Auffassung, dass ein Gleichordnungskonzernvertrag in die Unternehmensstruktur eingreife und den Zweck der Gesellschaft ändere. 1 9 Im Vordergrund seiner Argumentation steht der in § 292 Abs. 1 Nr. 1 verwandte Begriff der Gewinngemeinschaft, der extensiv ausgelegt werden könne. Die mit einer Gewinngemeinschaft in aller Regel einhergehende Vergemeinschaftung der Leitungsfunktionen sei als gleichwertige Alternative des § 292 Abs. 1 Nr. 1 aufzufassen. 2 0 Ein besonderer Gesellschafterschutz sei aber entbehrlich, da eine Folgepflicht des Vorstands hinsichtlich nachteiliger Weisungen nicht begründbar

III. Organisationsrechtliche Aspekte Die Schwierigkeiten, den Gleichordnungskonzernvertrag rechtssystematisch zu verankern, resultieren in erster Linie daraus, dass das Schrifttum schon in der Frage gespalten ist, welche Intensität eine faktische Gleichordnung annehmen darf. Die herrschende Meinung steht zwar auf dem Standpunkt, dass sich mit der einheitlichen Leitung der Konzernunternehmen nicht die Befugnis verbindet, auf die Unternehmen schädigend Einfluss zu nehmen. Doch bleibt sie präzise Antworten darauf schuldig, welche Formen die einheitliche Leitung annehmen darf. Als gemeinsamer Standpunkt lässt sich lediglich die These ausmachen, dass neutrale Weisungen zulässig sein sollen. Vor diesem Hintergrund sind die Lösungen zu beurteilen, die vorgeschlagen werden, um Gleichordnungskonstellationen gerecht zu werden, die sich nicht gesetzeskonform verhalten. Sofern ein Gleichordnungskonzernvertrag Weisungsbefugnisse vorsieht, soll nach verbreiteter Auffassung ein verschleierter Beherrschungsvertrag vorliegen, oder es sollen die von der Rechtsprechung für den qualifizierten faktischen Konzern entwickelten Haftungsregeln eingreifen. In einem diametralen Gegensatz stehen die Thesen von K. Schmidt. Seine Ansicht, beim Gleichordnungskonzernvertrag handele es sich um ein Gestaltungs18 Raiser, Kapitalgesellschaften, § 5 6 R d n . 1, 9, 12. In diesem Sinne n u n m e h r auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 4 IV4. Vgl. ferner Wellkamp, DB 1993, 2 5 1 7 , 2 5 1 8 (Legitimation des Autonomieverlusts); sympathisierend Paschke/Reuter, Z H R 158 (1994), 390, 3 9 6 . 19 Timm, Aktiengesellschaft, 153f. 20 Timm, Aktiengesellschaft, 156: „Eine Gewinngemeinschaft liegt... bereits d a n n vor, w e n n (1) sich die ,Gemeinschaft' n u r auf die Leitungsebene bezieht und (2) diese gemeinsame Leitungsebene Mittel dazu ist, im Interesse der Beteiligten nach einem bestimmten Schlüssel bei diesen möglichst h o h e Gewinne zu erzielen bzw. A u f w e n d u n g e n zu steuern." 21 Timm, Aktiengesellschaft, 158.

2. Kapitel:

Betriebsführungsvertrag

47

instrument, ist von einer organisationsrechtlichen Sichtweise des Unternehmensvertragsrechts geprägt. Der gedankliche Ansatz, die vertragliche Gleichordnung vermöge nachteiligen Einfluss zu legitimieren, macht das herrschaftsrechtliche Konzept vertikaler Leitung fruchtbar. Es ist konsequent, den Gleichordnungskonzernvertrag als Unternehmensvertrag zu begreifen, mit der weiteren Folgerung, dass die Hauptversammlung dem Vertrag zustimmen muss. Unter dieser Prämisse ist es schließlich erforderlich, den gebotenen Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger rechtsfortbildend zu entwickeln. Die Überzeugungskraft der Auffassung hängt entscheidend davon ab, ob sich dieses organisationsrechtliche Verständnis des Gleichordnungskonzernvertrags aus der Systematik des Unternehmensvertragsrecht ableiten lässt.

Zweites Kapitel:

Betriebsführungsvertrag

I. Ü b e r b l i c k Ein Betriebsführungsvertrag ist ein Vertrag, durch den die Gesellschaft (Eigentümerunternehmen) ein anderes Unternehmen (Betriebsführer) beauftragt, ihren Betrieb in ihrem Namen und auf ihre Rechnung zu führen, wofür der Betriebsführer ein Entgelt erhält. 22 Er erfüllt die Merkmale eines Geschäftsbesorgungsvertrags ( § § 6 1 1 , 6 7 5 BGB). Der Betriebsführer hat einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen ( § 6 7 0 BGB) und hat den Weisungen des Eigentümerunternehmens Folge zu leisten (§ 6 6 5 BGB). Im Unterschied zu den in § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 genannten Vertragsarten wird der Vertragspartner auf fremde Rechnung tätig; er nimmt Managementaufgaben wahr. In der Diskussion über die Einordnung von Betriebsführungsverträgen in das Recht der Unternehmensverträge werden meist konzernexterne und konzerninterne Verträge gesondert behandelt. Ferner wird danach unterschieden, ob der Vertrag Weisungsrechte des Eigentümerunternehmens ausschließt. Die folgende Darstellung des Meinungsstands reflektiert die für die verschiedenen Erscheinungsformen eines Betriebsführungsvertrags entwickelten Lösungen. Gesondert einzugehen ist auf die Konzeption von Veelken, der aufgrund einer umfassenden Analyse des Organisationsrechts der Aktiengesellschaft zu der restriktiven - hier 2 2 In der Praxis sind ferner Verträge anzutreffen, bei denen der Betriebsführer auf Rechnung des Eigentümerunternehmens, aber im eigenen Namen tätig wird. Er ist in diesem Fall verpflichtet, das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben (§ 6 6 7 BGB). Manche Autoren bezeichnen einen solchen Vertrag als „unechten Betriebsführungsvertrag"; vgl. MünchKommAktGIAltmeppen, § 2 9 1 R d n . 1 4 4 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 1 7 I3d; U. Huber, Z H R 152 (1988), 1, 4; Veelken, Betriebsführungsvertrag, 18. Die h.M. sieht hierin aber keinen signifikanten Unterschied, der eine solche Begriffsbildung rechtfertigen würde; vgl. Geßler, FS Hefermehl 2 6 3 , 264; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 2 8 4 ; Hiiffer AktG, § 2 9 2 Rdn.20; Kö\nKomm/Koppensteiner, § 2 9 2 Rdn.67; BGH N J W 1982, 1817 („Holiday Inn").

48

2. Abschnitt: Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

verkürzt formulierten - These gelangt, Betriebsführungsverträge seien mit Ausnahme bestimmter Gestaltungsvarianten selbst dann unwirksam, wenn die Kautelen beachtet würden, die das Gesetz für den Beherrschungsvertrag vorsieht. II. Stand der Diskussion über die unternehmensvertragliche Qualifikation eines Betriebsführungsvertrags 1. Konzernexterner

Betriebsführungsvertrag

a) Typischer Vertrag: Weisungsrechte

des

Eigentümerunternehmens

Ein Betriebsführungsvertrag, der in Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Leitbild des Geschäftsbesorgungsvertrags geschlossen wird, berechtigt das Eigentümerunternehmen, dem Betriebsführer Weisungen zu erteilen. Er ist nach herrschender Meinung, wenn er sich auf sämtliche Betriebe der Gesellschaft erstreckt, 23 analog § 292 Abs. 1 Nr. 3 als ein Unternehmensvertrag zu qualifizieren. 24 Zur Begründung der These müsste die herrschende Meinung zur umstrittenen Frage des numerus clausus der Unternehmensverträge Stellung nehmen. Doch wird dieser Aspekt nicht problematisiert. 25 Das Schrifttum begnügt sich damit, auf die dem § 292 Abs. 1 Nr. 3 zugrunde liegenden Wertungen zu rekurrieren. Es wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber das Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung bei den schuldrechtlichen Verträgen des § 292 damit rechtfertigte, diese hätten strukturändernden Charakter, „die Gesellschaft soll[e] sich nicht ohne Einwilligung ihrer Aktionäre der eigenverantwortlichen Leitung durch ihren Vorstand begeben können". 2 6 Der Betriebsführungsvertrag soll, so Geßler, zu einer vergleichbaren Strukturänderung führen: 27 Es erscheine „nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ... geboten, den Vertrag jedenfalls als anderen Unternehmensvertrag im Sinne von § 292 zu behandeln und damit die Entscheidung darüber, ob die Betriebsführung einem Dritten übertragen werden darf, der Hauptversammlung zu überlassen". Es könne „nicht allein in der Hand des Vorstands liegen, ob er sich der Geschäftsführung im engeren Sinn ... entledigen darf." 2 8 Andere Autoren stellen 23 U. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 32; KölnKomm/Koppensteiner, §292 Rdn. 67; MünchHdbAG/Krieger, §72 Rdn.44. 2 4 MünchKommAktGIAltmeppen, §292 Rdn. 149; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 292 Rdn. 58; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 286; U. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 32f.; KölnKomm/Koppensteiner, § 292 Rdn. 68; MünchHdbAG/Krieger, § 72 Rdn.44; Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 29f.; Oesterreich, Betriebsüberlassung, 53f. Für eine unmittelbare Anwendung von § 292 Abs. 1 Nr. 3 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 292 Rdn. 85. AA. für konzernexterne Verträge GroßkommAktG/Wänimger, §292 Anm.24. 2 5 Anders aber Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 26 ff. 2 6 Vgl. Begr. RegE §293, Kropff AktG, 380. 2 7 AA. für den konzernexternen Vertrag GroßkommAktG/Würdinger, § 292 Anm. 24. 28 Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, §292 Rdn. 79.

2. Kapitel:

Betriebsführungsvertrag

49

präzisierend heraus, dass die Betriebsführung durch ein anderes Unternehmen gegen § 76 verstoßen würde. 29 b) Atypischer Vertrag: Ausschluss von des Eigentümerunternehmens

Einflussrecbten

Eine andere Beurteilung ist nach herrschender Meinung geboten, wenn im Betriebsführungsvertrag die Befugnisse des Eigentümerunternehmens gegenüber dem Betriebsführer beschränkt oder sogar ausgeschlossen werden. Ein solcher Vertrag könne, selbst wenn die Voraussetzungen eingehalten werden, die das Gesetz für einen Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrag vorsieht, nicht wirksam werden. Das Eigentümerunternehmen müsse in der Lage sein, die Unternehmenspolitik zu bestimmen. 30 Sofern das Recht, dem Betriebsführer Weisungen zu erteilen, ausgeschlossen sei, müsse der Vertrag unter den Voraussetzungen geschlossen werden, die das Gesetz für den Abschluss eines Beherrschungsvertrags verlangt. 31 Doch soll es nach manchen Stimmen ausreichend sein, wenn das Eigentümerunternehmen über den vom Betriebsführer vorzulegenden Wirtschaftsplan zu entscheiden hat. 32 Dagegen wollen Altmeppen und U. Huber die Konfliktlage auf der Grundlage von bürgerlich-rechtlichen Wertungen lösen. Maßstab für die Zulässigkeit eines Betriebsführungsvertrags sei, ob das Eigentümerunternehmen dem Betriebsführer eine unwiderrufliche Generalvollmacht erteilt habe. 33 Diese verstoße bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften gegen das Prinzip der Privatautonomie. Entsprechendes gelte für eine Kapitalgesellschaft, weil deren Organe dann nicht mehr in der Lage seien, die Interessen ihrer Gesellschaft durchzusetzen. 34

29

Vgl. M ü n c h K o m m A k t Gl Altmeppen, § 2 9 2 R d n . 149 („schwerwiegenden Eingriff in die Organisationsverfassung der A G , der die Z u s t i m m u n g der H a u p t v e r s a m m l u n g als unerläßlich erscheinen lässt"); U. Huber, Z H R 152 (1988), 1, 33; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 2 8 5 ; Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 29f.; K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 2 R d n . 68 („Damit wird die in § 76 verankerte Regelzuständigkeit und -Verantwortlichkeit beeinträchtigt. Dass derartiges o h n e Z u s t i m m u n g der H a u p t v e r s a m m l u n g zulässig sein könnte, ist mit den organisationsrechtlichen Prinzipien des Aktiengesetzes nicht vereinbar."). Die Frage w u r d e lediglich im älteren Schrifttum anders beurteilt; vgl. etwa Loos, BB 1963, 615, 6 1 7 f . 30 Emmerich, Emmerich/Habersack, A k t K R , § 2 9 2 R d n . 57; Geßler, Festschrift Hefermehl, 2 6 3 , 2 7 2 f f . ; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 2 8 4 ; M ü n c h H d b A G / K r / e g e r , § 72 R d n . 4 6 . 31 Hüffer A k t G , § 2 9 2 R d n . 24; M ü n c h H d b A G / K r i e g e r , § 7 2 R d n . 50; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 I3d. N a c h K ö l n K o m m I K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 2 6 , § 2 9 2 R d n . 7 6 soll bei Verträgen zwischen voneinander u n a b h ä n g i g e n Unternehmen der Verzicht auf das Weisungsrecht praktisch nicht in Betracht k o m m e n , generell aber auch nicht ausscheiden. 32 Geßler, FS Hefermehl, 2 6 3 , 2 7 5 ff.; KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 R d n . 25; M ü n c h H d b A G / K r i e g e r , § 72 R d n . 4 6 . AA. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 2 8 5 F n . 6 3 . 33 Vgl. M ü n c h K o m m A k t G / A / i m e p p e n , § 2 9 2 R d n . 153 (in diesem Fall sei das Weisungsrecht des E i g e n t ü m e r u n t e r n e h m e n s ausgeschlossen); U. Huber, Z H R 152 (1988), 1, 2 4 f f . 34 M ü n c h K o m m A k t G ! Altmeppen, § 2 9 2 R d n . 155; U. Huber, Z H R 152 (1988), 1, 26.

50

2. Abschnitt:

Unternebmensvertragliche

2. Konzerninterner

Qualifikation

anderer

Verträge

Betriebsführungsvertrag

Nach einer verbreiteten Meinung sind konzerninterne Betriebsführungsverträge schon deshalb virulent, weil „die aus dem Vertrag sich ergebende Rechtslage faktisch in ihr Gegenteil verkehrt" werde. Die interessenwahrende Betriebsführung bleibe „Theorie", das „Weisungsrecht der abhängigen Gesellschaft [werde] durch seine faktische Macht außer Kraft" gesetzt.35 Deshalb müsse der Vertrag in jedem Fall als Beherrschungsvertrag eingeordnet werden. 36 Wenn dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt seien, schulde das herrschende Unternehmen nach den Grundsätzen des qualifizierten faktischen Konzerns analog § 302 einen Ausgleich der Verluste.37 Die wohl herrschende Meinung 38 lehnt diese Sichtweise ab. Das Gesetz verstehe den konzerninternen Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrag nicht als Beherrschungsvertrag, was sich mit Deutlichkeit bereits aus § 302 Abs. 2 erschließe. Entscheidend sei vielmehr der konkrete Inhalt des Vertrags. Jedenfalls wenn Weisungsrechte des Eigentümerunternehmens vorgesehen seien, 39 könne nicht allein aus der faktischen Abhängigkeit die Schlussfolgerung getroffen werden, die Parteien hätten einen Beherrschungsvertrag schließen wollen. 3. Die Konzeption

von

Veelken

Veelken gelangt aufgrund einer umfassenden Analyse der Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft zu dem Schluss, das „Gebot der Aufrechterhaltung der Funktionen der aktienrechtlichen Verfassungsnormen" bilde das entscheidende Kriterium, um die Zulässigkeit von Betriebsführungsverträgen zu beurteilen. Da der Vorstand kein Überwachungsorgan sei, dürfe er sich nicht seiner Pflicht begeben, das Unternehmen aktiv zu leiten. 40 Diese organisationsrechtliche Schranke könne grundsätzlich nicht dadurch überwunden werden, dass der Betriebsführungsvertrag den Wirksamkeitsvoraussetzungen unterstellt werde, die das Gesetz für einen Betriebsüberlassungsvertrag vorsieht. „Angesichts des fundamentalen Eingriffs in die Funktionen einer Vielzahl aktienrechtlicher Verfassungsnormen [sei] es ausgeschlossen, dass das Gesetz die damit verbundene schwerwiegende Beeinträchtigung der gesetzlich geschützten Vermögensinteres-

GroßkommAktG/Würdtnger, § 2 9 2 Anm.25. In diesem Sinne v.a. Geßler, Geßler/Hefermehl AktG, § 2 9 2 Rdn. 85 (in aller Regel); U. Huber, Z H R 152 (1988), 123, 125, 140f. 37 U. Huber, Z H R 152 (1988), 123, 141. 3 8 MünchKommAktG/A/fmeppe«, § 2 9 2 R d n . l 6 7 f f . ; Hüffer AktG, § 2 9 2 R d n . 2 4 ; KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 Rdn. 28; MünchHdbAG/Kneger, § 7 2 Rdn. 50. 3 9 Bei Ausschluss des Weisungsrechts bzw. anderer vergleichbarer Einflussrechte ist auch nach den Vertretern dieser Auffassung ein verschleierter Beherrschungsvertrag anzunehmen. 40 Veelken, Betriebsführungsvertrag, 117ff.; zustimmend Damm, BB 1976, 2 9 4 , 2 9 6 . 35 36

2. Kapitel:

51

Betriebsführungsvertrag

sen der Aktionäre und Gläubiger durch die relativ geringen Kautelen der § § 2 9 3 bis 2 9 9 hat kompensieren wollen." 4 1 Es reiche nicht aus, wenn zusätzlich ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag geschlossen werde, denn die allgemeinen aktienrechtlichen Organisationsnormen würden nicht gegenstandslos, ferner tangiere der Betriebsführungsvertrag die Zwecke der §§ 3 0 9 , 3 1 0 . Die organisationsrechtlichen Schranken könnten wirksam nur durchbrochen werden, wenn die Gesellschaft in das Unternehmen des Betriebsführers gem. § § 3 1 9 f f . eingegliedert werde. 4 2 Eine andere Beurteilung sei nur ausnahmsweise möglich, nämlich wenn die organschaftliche Zuständigkeit des Vorstands, das Unternehmen zu leiten, unberührt bleibe. Die leitenden Personen des Betriebsführers müssten unter Wahrung der organschaftlichen Zuständigkeit des Vorstands der geführten Gesellschaft zu Vorstandsmitgliedern der geführten Gesellschaft bestellt werden. In diesem Fall wären sie der aktienrechtlichen Organbindung unterworfen. 4 3 Solche zulässigen Betriebsführungsverträge könnten, wenn als Entgelt ein Gewinnanteil versprochen werde, Teilgewinnabführungsverträge sein. 4 4 Sie seien außerdem, wenn sich die Betriebsführung auf das gesamte Unternehmen erstrecke, als Betriebsüberlassungsverträge einzuordnen. 4 5 Schließlich könnten unter bestimmten Voraussetzungen die Regeln des Beherrschungsvertrags eingreifen. 4 6

III. Organisationsrechtliche Aspekte Grundlage der divergierenden Ansichten über eine unternehmensvertragliche Qualifikation der verschiedenen Erscheinungsformen eines Betriebsführungsvertrags bildet die These, durch einen schuldrechtlichen Austauschvertrag könnten die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten des Vorstands nicht außer Kraft gesetzt werden. Bei den in § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 genannten Vertragstypen sei dies in begrenztem M a ß e der Fall. Ein Betriebsführungsvertrag könne daher (nur) wirksam geschlossen werden, wenn er als Unternehmensvertrag eingeordnet werde. Die herrschende Ansicht misst folglich den § § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3, 2 9 3 Abs. 1 einen Legitimationscharakter bei. Dies ist bemerkenswert. In der Diskussion über den Inhalt und die Abgrenzung eines Betriebspacht-

bzw. Betriebsüberlassungsvertrags

vom

Beherr-

schungsvertrag wird dem Aspekt kaum Beachtung geschenkt, sondern argumentiert, die beiden Vertragsarten seien Unternehmensverträge, weil die Gesellschaft zur Rentnerin werde. Es kann noch dahingestellt bleiben, ob eine organisations41 42 43 44 45 46

Veelken, Veelken, Veelken, Veelken, Veelken, Veelken,

Betriebsführungsvertrag, Betriebsführungsvertrag, Betriebsführungsvertrag, Betriebsführungsvertrag, Betriebsführungsvertrag, Betriebsführungsvertrag,

217. 218. 220ff. 240. 2 4 4 f. 2 5 4 ff., 2 6 2 .

52

2. Abschnitt:

Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

rechtliche Interpretation der Verträge des § 292 Abs. 1 Nr. 3 ertragreich ist, um die skizzierten Umgehungsprobleme besser in den Griff zu bekommen. Herauszustellen ist hier, dass die herrschende Erklärung, der Abschluss eines Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrags begründe ein Rentnerdasein, für die Auseinandersetzung über die Zulässigkeit von Betriebsführungsverträgen nicht fruchtbar gemacht werden kann, weil die Eigentümergesellschaft weiterhin unternehmerisch tätig ist. Deshalb ist zweierlei zu leisten. Es ist unverzichtbar, die von der herrschenden Meinung vertretene These zu hinterfragen, die Unternehmensverträge seien abschließend erfasst. Dies kann nur gelingen, wenn über die Funktionen der in den § § 2 9 1 , 292 genannten Vertragsarten Klarheit herrscht. Dabei ist insbesondere der bisher nur schlagwortartig benannten gesetzlichen Wertung nachzuspüren, § 292 Abs. 1 Nr. 3 legitimiere eine partielle Abgabe von Leitungskompetenzen. Erst dann kann zu den im Schrifttum entwickelten Lösungen Stellung genommen werden. Es ist augenfällig, dass die divergierenden Konzeptionen die gesetzliche Wertung, in den von § 292 Abs. 1 Nr. 3 erfassten Fällen würde ein Eingriff in die Organisationsverfassung sanktioniert, nicht weiter verfolgen. 47 Dies muss mit Blick darauf geschehen, dass das Gesetz nur bestimmte Eingriffe in die Organisationsverfassung legitimieren kann. Die restriktive Sichtweise von Veelken veranschaulicht, dass es keineswegs klar ist, wo diese Grenze verläuft.

Drittes Kapitel: Kreditverträge

und

Franchiseverträge

I. Kreditverträge Die aus einem gesetzestypischen Kreditvertrag resultierende Abhängigkeit einer Aktiengesellschaft48 ist, selbst wenn sie sich durch dem Kreditgeber eingeräumte Sicherungsrechte verdichtet hat, nach heute herrschender Meinung konzernrechtlich irrelevant. 49 Eine andere Beurteilung könnte geboten sein, wenn der Kreditgeber aufgrund des Vertrags in der Lage ist, Einfluss auf die Unternehmensleitung auszuüben. Entsprechende Befugnisse können in Zusatzvereinbarungen zum Darlehensvertrag vorgesehen sein. Zu denken ist daran, dass dem Kreditgeber informatorische Kontroll- und Mitbestimmungsrechte eingeräumt sind. Die herrschende Meinung lehnt es apodiktisch ab, solche Verträge als sonstige Unternehmensverträge einzuordnen,50 indem sie entweder einen gesell4 7 Dies gilt v.a. für die Autoren, die verlangen, dass das Eigentümerunternehmen in der Lage sein müsse, die Unternehmenspolitik zu bestimmen (siehe Fn.30). 48 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 9 spricht von einer Finanzierungsabhängigkeit, die aber zu keiner ,,totale[n] Einbuße an Entscheidungsfreiheit" führe. 49 Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 147; KölnKommIKoppensteiner, § 2 9 1 Rdn.29. 5 0 Diskutiert wurde, ob die aus dem Kreditvertrag resultierenden faktischen Abhängigkeiten für den Abhängigkeitsbegriff des § 17 von Bedeutung sind und durch die § § 311 ff. erfasst wer-

3. Kapitel:

Kreditverträge

und

Franchiseverträge

53

schaftsrechtlich relevanten Einfluss in Abrede stellt oder aus Gründen der Rechtssicherheit die Möglichkeiten einer Rechtsfortbildung verneint.51 Eine beherrschungsvertragliche Qualifikation wird nur sehr vorsichtig erwogen, für den Regelfall aber abgelehnt. 52 Zu anderen Ergebnissen gelangen Martens und Dierdorf. 1. Die Position von

Martens

Gegenstand der Arbeit von Martens sind Kredit-, Lizenz- und Absatzmittlungsverträge, denen eine potentiell abhängigkeitsbegründende Wirkung beizumessen sei53 und die deshalb als sonstige Unternehmensverträge einzuordnen sein könnten. Entweder seien sie einem vom Gesetz erfassten Unternehmensvertragstyp zuzuordnen oder im Wege der Gesetzesanalogie gleichzustellen.54 Grundlage hierfür bildet die These, die anderen Unternehmensverträge55 seien nur lückenhaft geregelt, das Gesetz weise „keine systematische Geschlossenheit" auf. Da die Unternehmensverträge nicht abschließend aufgezählt seien, könne die „ergänzungsbedürftige Rahmenordnung auch auf andere substantiell gleichwertige Sachverhalte" angewendet werden. 56 Insoweit sei auf die Eingriffsstärke und damit verbunden - die „Schutzinteressen des wirtschaftlich abhängigen Unternehmens und der daran beteiligten Personengruppen" abzustellen.57 Um diese im Hinblick auf eine Einordnung des Vertrags als Beherrschungs- oder anderen Unternehmensvertrag zu bewerten, seien die Vertragszwecke zu analysieren. Martens differenziert zwischen Vereinbarungen, die am Eigeninteresse der Gesellschaft orientiert sind oder Fremdinteressen des Vertragspartners verfolgen.

den. Die h.M. vereint dies mit der Erwägung, dass eine faktische Abhängigkeit nur aus einem gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluss resultieren könne; vgl. B G H Z 90, 381, 395f.; MünchKommAktG/ßayer, § 17 Rdn. 29; Hüffer AktG, § 17 Rdn. 8; Ulmer, Z G R 1 9 7 8 , 4 5 7 , 4 6 5 f f . Einen erneuten Vorstoß hat nunmehr Bayreuther, Wirtschaftlich-existentiell abhängige Unternehmen, 2 5 3 ff., 349 ff. unternommen. 51 Hüffer AktG, § 2 9 2 Rdn. 22 mit der Erwägung, solche ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten seien nicht „gesellschaftsrechtlich unterlegt" und könnten „ohne tatbestandlich ausgeprägte Voraussetzungen" nicht anerkannt werden; ebenso MünchKommAktG/ Altmeppen, § 2 9 2 Rdn. 104; Emmerich, Emmerich/Habersack AktKR, § 2 9 2 Rdn. 32, § 1 7 Rdn. 13; auf unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der relevanten Sachverhalte stellt KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 2 Rdn. 70 ab; ablehnend auch MünchHdbAG/fCneger, § 7 2 Rdn.25. 52 Kö\nKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 R d n . 2 9 („nur unter ganz ungewöhnlichen Umständen"). 53 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 8 ff. unterscheidet zwischen marktstruktureller, funktioneller (Bezugs-, Absatz- und Finanzierungsabhängigkeiten) und existentieller Abhängigkeit. 54 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 23. 55 Martens meint hiermit die in § 2 9 2 genannten Verträge. 56 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 25. 57 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 27.

54

2. Abschnitt:

Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

Erstere seien treuhänderischer, zweitere verbundpolitischer Art. 58 Diese Unterschiede rechtfertigten eine „differenzierte Normativbehandlung". 5 9 Kreditverträge, die Kontroll- und Entscheidungsrechte vorsehen, hätten zwar „Abhängigkeitstendenz". Ihnen sei aber ein treuhandähnlicher Charakter immanent, was sich aus den Zwecken erschließe, die der Begründung von Einwirkungsbefugnissen zugrunde liegen. Ein vertraglicher Einfluss auf die Unternehmensleitung diene dazu, die Gesellschaft zu konsolidieren und den Kredit abzusichern; er sei von einem Sanierungsinteresse des Kreditgebers getragen. Da eine „latente Übereinstimmung zwischen Gläubigerinteressen und Gesellschafts- oder Unternehmensinteresse" festzustellen sei, 60 werde keine dem Konzerntatbestand vergleichbare Abhängigkeit begründet, selbst wenn „die Kontroll- und Zustimmungsrechte einen beherrschenden Einfluss gewähren." 6 1 Treuhänderische Absprachen erreichten die Qualifikation eines Unternehmensvertrags, wenn „alle Unternehmensfunktionen dem anderen Unternehmen zur Ausübung überlassen" würden. Da die Leitungsorgane dann nicht mehr aktiv an der Unternehmensführung beteiligt seien, liege ein „schwerwiegender Eingriff in die Organisationsstruktur des Unternehmens" vor. Würden nur einzelne Unternehmensfunktionen treuhänderisch ausgeübt, erfolge nur eine „funktionelle Entlastung der Verwaltungsorgane". 62 Wenn auch ein Kreditvertrag hiernach wegen fehlender verbundpolitischer Zielsetzung kein Beherrschungsvertrag sein soll, so könnte er doch - nach der Terminologie von Martens - wie der Betriebsführungsvertrag mit Treuhandcharakter analog § 292 Abs. 1 Nr. 3 als Unternehmensvertrag einzuordnen sein. Martens nimmt hierzu aber nicht explizit Stellung. 2. Die Position von Dierdorf Ausgangspunkt der Untersuchung von Dierdorf ist die These, Abhängigkeit könne nur durch die Verträge des § 291 begründet werden. Zwar sei es denkbar, dass die Verträge des § 292 aufgrund bestimmter Zusatzvereinbarungen entsprechende Wirkungen entfalteten. Doch müsse der Vertrag in einem solchen Fall in der Form eines Beherrschungsvertrags geschlossen werden. Ein Darlehensvertrag sei jedenfalls dann als Beherrschungsvertrag einzustufen, wenn er Leitungsbefugnisse gewähre. Dies sei aber nicht schon bei Kontrollrechten anzunehmen, denn diese ermöglichten es dem Kreditgeber lediglich, sich über den Geschäftsgang zu informieren. Er werde in die Lage versetzt, rechtzeitig zu erkennen, ob 58

Martens,

Wirtschaftsabhängigkeit, 2 8 , exemplifiziert zunächst a m Betriebsführungsver-

Martens, Martens, Martens, Martens,

Wirtschaftsabhängigkeit, Wirtschaftsabhängigkeit, Wirtschaftsabhängigkeit, Wirtschaftsabhängigkeit,

trag. 59 60 61 61

29. 28. 28 F n . 3 8 . 31.

3. Kapitel:

Kreditverträge

und

Franchiseverträge

55

wegen verschlechterter wirtschaftlicher Verhältnisse der Kredit gekündigt werden sollte. 6 3 Die Rechtslage könne anders zu beurteilen sein, wenn der Kreditgeber über Zustimmungsrechte verfüge und in der Lage sei, bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung zu verhindern. Grundsätzlich verbinde sich mit solchen Befugnissen aber nicht die Möglichkeit, die Art und Weise der Geschäftsführung aus eigener Initiative festzulegen, was für einen Beherrschungsvertrag konstitutiv sei. Zustimmungsrechte

begrenzten nur den autonomen

Entscheidungsbereich.

Wenn beispielsweise die Ausweitung der Produktion oder die Stillegung eines Unternehmensteils an die Zustimmung des Kreditgebers geknüpft sei, würde die Gesellschaft nur insoweit ihre Handlungsfreiheit verlieren. 6 4 Dem Kreditgeber könnten allerdings ausnahmsweise Leitungsbefugnisse zustehen, nämlich wenn „die Zustimmungsbefugnisse ... sich zumindest mittelbar auf nahezu die gesamte Geschäftsführung erstrecken". Die Zustimmungsrechte ließen sich dann praktisch wie Weisungsrechte handhaben, so dass der Vertragspartner eine Beherrschungsmöglichkeit erlange. 6 5 Da die Einflussrechte durch ein legitimes Sicherungsbedürfnis nicht gerechtfertigt seien, erfülle ein solcher Vertrag die Voraussetzungen eines Beherrschungsvertrags. 6 6

3. Organisationsrechtliche Martens

und Dierdorf

Aspekte

halten eine unternehmens vertragliche Qualifikation eines

Kreditvertrags nur für möglich, wenn der Kreditgeber Einflussrechte hat, die sich auf sämtliche Leitungsfunktionen erstrecken. Ein solcher Vertrag ist nach Dierdorf

als Beherrschungs-, nach Martens

grundsätzlich als sonstiger Unter-

nehmensvertrag einzustufen. Dies ist auf unterschiedliche Blickwinkel zurückzuführen. Dierdorf

beschränkt seine Untersuchung auf die Frage, ob schuldrechtliche

Austauschverträge dann als Beherrschungsverträge einzuordnen sind, wenn sie dem Vertragspartner in Zusatzvereinbarungen einen umfassenden Einfluss auf die Unternehmensleitung gewähren. 6 7 An dieser Stelle sind weniger die von ihm angeführten Argumente pro und contra einer beherrschungsvertraglichen Qualifikation herauszustellen, sondern das Schweigen darauf, wie Verträge zu beurtei-

Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 148. Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 148 f. 65 Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 149f. Als Beispiel nennt er die „Vereinbarung, Entscheidungen über Art und Umfang der Produktion in Zukunft jeweils im Einvernehmen mit [dem] Vertragspartner zu treffen". Unentschieden KölnKomm/Koppensteiner, § 2 9 1 R d n . 2 9 . 66 Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit, 150f. Anders sei zu entscheiden, wenn der Kredit unter der Bedingung gewährt wird, dass die Gesellschaft bestimmte Leitungsentscheidungen trifft; dann könnten dem Kreditgeber auch Überwachungsrechte gegeben werden. 6 7 Kritisch Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, 35 F n . 5 3 . 63 64

56

2. Abschnitt:

Unternehmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

len sind, die bloß vereinzelte Zustimmungsrechte vorsehen. Diese müssten unwirksam sein, 68 wenn der Vertrag nicht aus anderen Erwägungen als Unternehmensvertrag qualifiziert werden könnte. Hierzu nimmt Dierdorf aber keine Stellung. Martens betont dagegen fließende Grenzen zwischen Beherrschungs- und anderen Unternehmensverträgen und formuliert Kriterien, um den unterschiedlichen Erscheinungsbildern der Abhängigkeitsverträge gerecht zu werden. Ausgangspunkt hierfür ist der Betriebsführungsvertrag, der je nach Ausgestaltung treuhänderische oder verbundpolitische Zwecke verfolge. Indem er auf diese Weise die verschiedenen Formen des Betriebsführungsvertrags als Beherrschungsvertrag bzw. Betriebsüberlassungsvertrag einordnet, entwickelt er ein differenziertes Konzept der anderen Unternehmensverträge. Es bildet die Grundlage, um sonstige schuldrechtliche Abhängigkeitsverträge unternehmensvertraglich einzuordnen. Sein Anliegen ist es, sämtliche Formen eines unternehmerischen Einflusses zu erfassen. Die Überzeugungskraft der Ergebnisse hängt entscheidend davon ab, ob die entwickelten Kriterien systemgerecht und so klar formuliert sind, dass alle Verträge präzise eingeordnet werden können. Herauszustellen sind die organisationsrechtlichen Aspekte. Martens geht offenbar von einem Legitimationscharakter des Unternehmensvertragsrechts aus, denn er misst den Verträgen des § 291 Abs. 1 und des § 292 Abs. 1 Nr. 3 unterschiedliche Auswirkungen auf die Verfassung der Aktiengesellschaft zu, die durch den zustimmenden Beschluss der Hauptversammlung sanktioniert werden. Dieser Legitimationscharakter ist aber nur schemenhaft formuliert. II. Franchiseverträge Erst in jüngster Zeit ist in das Blickfeld geraten, dass Franchiseverträge konzernrechtlich von Bedeutung sein können. 6 9 Im Vordergrund der Debatte steht, ob die aktienrechtlichen Vorschriften über die Verantwortlichkeiten im faktischen Abhängigkeitsverhältnis (§§311 ff.) einen sinnvollen Beitrag zum Außenseiterund Gläubigerschutz leisten können. 70 Es ist aber auch die Frage aufgeworfen worden, ob diese Verträge als (fehlerhafte) Beherrschungsverträge zu qualifizie-

68 In diesem Sinne K ö l n K o m m / K o p p e n s t e i n e r , § 2 9 1 R d n . 2 9 : „Anstatt dessen ist die Unzulässigkeit des Geschäfts g e m ä ß den §§ 76, 3 1 1 ins Auge zu fassen." 69 Es ist weiter die Frage a u f g e w o r f e n w o r d e n , o b Qualitätssicherungsvereinbarungen und Just-in-Time-Verträge als Unternehmensverträge zu qualifizieren sind. Von einem ausgereiften Diskussionsstand k a n n aber (noch) keine Rede sein. Vgl. hierzu Ensthaler, N J W 1994, 817, 819; Nagel, DB 1988, 2 2 9 1 , 2 2 9 3 ; Nagel/Riess/Theis, DB 1989, 1 5 0 5 , 1508; Teubner, Z H R 154 (1990), 2 9 5 , 3 0 0 f f . ; Wellenhofer-Klein, DB 1997, 978, 981; Windbichler, AcP 198 (1998), 2 6 1 , 2 6 4 Fn. 12; G r o ß k o m m A k t G / W i n d b i c h l e r , § 17 R d n . 4 1 . 70 Diesem Problem, das sich auch bei atypischen Kreditverträgen stellt (siehe oben Fn. 50), ist hier nicht nachzugehen.

3. Kapitel: Kreditverträge

und

Franchiseverträge

57

ren sind.71 Ein ausgereiftes Meinungsbild ist jedoch nicht vorzufinden. Lediglich Oechsler und Martinek haben sich vertieft mit der Problematik beschäftigt. 72 1. Die Position von

Oechsler

Gegenstand der Untersuchung von Oechsler sind Franchise- und Just-in-TimeLieferverträge. Voraussetzung für eine beherrschungsvertragliche Qualifikation beider Vertragsarten sei eine umfassende und generelle Beherrschung. Diese müsse Gegenstand des Vertrags sein, also dem Willen der Parteien entsprechen. Weder beim Just-in-Time-Vertrag noch beim Franchisevertrag hätten die Parteien aber den Willen, solche Machtverhältnisse zu schaffen. Der Hersteller bzw. Franchisegeber binde die Eigeninitiative des Zulieferers bzw. Absatzmittlers ein, weil er sich hiervon Vorteile verspreche: die „Bereitschaft, aus eigenem Profitdenken heraus nach ökonomisch effizienten Produktionsbedingungen zu streben". 7 3 Von diesen Vorzügen profitiere er nicht, wenn er den Franchisenehmer umfassend und generell beherrsche, denn dann wären eigene Entscheidungsbefugnisse des Zulieferers bzw. Franchisenehmers ausgeschaltet, der Franchisegeber bzw. Hersteller müsste selbst für eine ökonomisch effiziente Produktion bzw. Absatzmittlung sorgen. 74 Zwar könne nicht in Abrede gestellt werden, dass der Zulieferer bzw. Franchisenehmer organisatorisch eingegliedert werde. Der Franchisegeber verfolge hiermit aber eine Verhaltens- und Ergebniskontrolle. Erst dadurch könne er die Ergebnisse all seiner Franchisenehmer miteinander vergleichen und solche aus seinem System aussondern, die ineffizient wirtschafteten. Die Vereinbarung ziele „nicht von vornherein auf eine generelle und umfassende Beherrschung wie in einem Beherrschungsvertrag; vielmehr stell[e] sich hier der entsprechende Beherrschungsgrad erst nachträglich bei Gelegenheit der Durchführung der Vertragspflichten ein". 7 5 Die Beherrschung sei Folge des faktischen Verhaltens bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten.

71 Bräutigam, Deliktische Außenhaftung im Franchising, 44; Breuninger, JbFStR 1998/99, 330, 337f.; Herrfeld, Abhängigkeit des Franchisenehmers, 447; Hirte, CR 1992, 193, 197; Martinek, Franchising, 1987, 640ff.; Oechsler Z G R 1997, 464, 475; Pasderski, Außenhaftung des Franchisegebers, 8 6 ff. 7 2 Vgl. ferner Hirte, CR 1992, 193, 197. Er hält es für möglich, dass Franchiseverträge die Merkmale eines Beherrschungsvertrags erfüllen, ohne allerdings die These vertieft zu begründen. Er reklamiert die Notwendigkeit eines Schutzes von Gläubigern und Gesellschaftern, weil bei einer vertraglich begründeten Abhängigkeit ein geringeres wirtschaftliches Risiko des Auftraggebers bestünde. Dieser müsse einen Verlust seiner Beteiligung nicht befürchten. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht seien schuldvertragliche und gesellschaftsrechtliche Abhängigkeiten als gleichwertig zu beurteilen. 73 Oechsler, Z G R 1997, 4 6 4 , 475. 7 4 In diesem Sinne wohl auch Breuninger, JbFStR 1998/99, 330, 338; Bräutigam, Deliktische Außenhaftung im Franchising, 44. 75 Oechsler, ZGR 1997, 464, 476.

58

2. Abschnitt:

2. Die Position von

Unternebmensvertragliche

Qualifikation

anderer

Verträge

Martinek

Martinek schließt es nicht generell aus, dass ein Subordinations-Franchisevertrag einen umfassenden Autonomieverzicht des Franchisenehmers begründet. Allerdings geht auch er davon aus, dass funktionelle Abhängigkeiten dem Franchise-System immanent seien und durch den gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsbegriff, der einen Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger bezwecke, nicht erfasst würden. 7 6 Ausnahmsweise könnten Einflussmöglichkeiten aber „in eine interne, verwaltungsbedingte Abhängigkeit münden." 7 7 Eine nur durch kartellrechtliche Regeln zu erfassende marktbedingte Abhängigkeit schlage in eine verwaltungsinterne, durch konzernrechtliche Regeln erfassbare Abhängigkeit um, wenn die marktbedingte Einflussmöglichkeit beherrschend auf das Finanzverhalten, die Investitionstätigkeit und die Personalpolitik durchgreifen würde. 7 8 Der beherrschende Einfluss der Systemzentrale müsse das interne Verhalten des Franchisenehmers als Ganzes erfassen. Dies könne „nur in ganz ungewöhnlichen Konstellationen einer vollständigen finanzpolitischen Entmündigung des Franchiseunternehmens durch die Systemzentrale in Betracht kommen. Als Beispiel nennt Martinek, dass der Franchisegeber zugleich als Kreditgeber auftritt und den Franchisenehmer in seinen budgetpolitischen M a ß n a h m e n bevormundet. Im Übrigen sei der Autonomieverzicht klar begrenzt, er gehe nicht über die Erfordernisse einer arbeitsteiligen Einbindung in das Vertriebssystem hinaus. 7 9

3. Organisationsrechtliche

Aspekte

Festzuhalten ist, dass der Franchisevertrag grundsätzlich nicht als Beherrschungsvertrag einzuordnen sein soll, weil die Abhängigkeiten nur marktlicher Natur, jedenfalls dem Franchisevertrag immanent seien. Bestrebungen, einen Franchisevertrag als einen anderen Unternehmensvertrag - iSv. § 2 9 1 Abs. 1 Nr. 3? - einzuordnen, sind nicht zu verzeichnen. Zwei Aspekte erscheinen zweifelhaft zu sein. Martinek und Oechsler stellen heraus, dass der Franchisegeber über vertragliche Einflussrechte verfügt, so dass der Franchisenehmer organisatorisch in das Unternehmen des Franchisegebers eingegliedert sei. Beide Autoren verabsäumen es aber, diese angeblich schuldrechtliche Integration organisationsrechtlich zu würdigen und danach zu fragen, ob ein Franchisevertrag, ähnlich wie ein Betriebsführungsvertrag, in die Kompetenz des Vorstands eingreift, die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten. Schließlich bleibt unklar, welche

76 77 78 79

Martinek, Martinek, Martinek, Martinek,

Franchising, 641. Franchising, 641. Franchising, 642f.; ders., Moderne Vertragstypen Bandii, 77. Moderne Vertragstypen Bandii, 77.

3. Kapitel: Kreditverträge

und Franchiseverträge

59

Rechtsfolgen sich mit einer ausnahmsweise zulässigen konzernrechtlichen Erfassung des Subordinations-Franchisevertrags verbinden sollen. 80

80 Martinek, Franchising, 6 4 2 hält es für möglich, dass ein „konstitutiver Konzernvertrag in F o r m eines Beherrschungsvertrags" vorliegt, der aber „kein organisationsrechtlicher Beherrschungsvertrag i.S. der § § 2 9 1 , 1 8 Abs. 1 Satz 2 A k t G " sei, „ w o h l aber ein schuldrechtlicher Beherrschungsvertrag i.S. der wirksamen schuldrechtlichen Vereinbarung einer unselbständigen wirtschaftlichen Existenz."

Dritter

Abschnitt

Gegenstand der Untersuchung Erstes Kapitel:

Argumentationsstrukturen

Die Diskussion über den Inhalt der Unternehmensverträge und die Grenzen einer inhaltlichen Gestaltungsfreiheit ist geprägt durch eine schutzrechtliche Interpretation der Materie. Ferner werden organisationsrechtliche Elemente der Vertragstypen betont und systematische Vorstellungen über das Verhältnis der Unternehmensverträge zueinander zugrunde gelegt. Die Argumente werden allerdings in unterschiedlicher Form fruchtbar gemacht.

I. Erstes P r o b l e m f e l d 1. Unternehmensverträge

des §291

AktG

Es wird nicht ernsthaft problematisiert, dass ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zentrale Strukturen der Organisations- und Finanzverfassung außer Kraft setzen. Beschränkungen der Organisationsautonomie werden vornehmlich auf die These gestützt, dass beide Vertragsarten unterschiedliche Ziele verfolgen würden. Das Gesetz erfasse selbständige Vertragstypen. Daher könnten Rechte, die durch einen Unternehmensvertrag eingeräumt werden, durch einen anderen Unternehmensvertrag nicht gewährt werden. Es soll einerseits unzulässig sein, in einem Gewinnabführungs- und Geschäftsführungsvertrag Einflussrechte auf die Unternehmensleitung vorzusehen, andererseits nach wohl herrschender Meinung ausgeschlossen sein, in einen Beherrschungsvertrag die Abrede über die Abführung des Gewinns aufzunehmen. Die propagierten Grenzen der Vertragsfreiheit beruhen auf einem weiteren systematischen Argument. Die herrschende Meinung betont einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Definitionsvorschriften (§18) und materiellen Normen (§291 Abs. 1, 308 Abs. 1), was sich deutlich in den verschiedenen Ansichten über die Zulässigkeit eines Teilbeherrschungsvertrags und von Beschränkungen des Weisungsrechts zeigt. Beide rechtssystematische Vorstellungen sind bisher nicht vertieft unterlegt worden. Es verwundert daher nicht, dass scheinbar feststehende Gebäude einzustürzen drohen, wenn die Debatte betont im Hinblick auf die Regelungszwecke des Unternehmensvertragsrechts geführt wird. Dies muss hier noch nicht er-

1. Kapitel:

Argumentationsstrukturen

61

schöpfend ausgeführt werden. Es mag genügen, exemplarisch darauf hinzuweisen, dass das herrschende Unternehmen bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags nach herrschender Meinung sämtliche Leitungsfunktionen beeinflussen können muss. Der Einwand von Altmeppen, die Auffassung sei schwerlich mit dem Zweck der §§ 291 ff. in Einklang zu bringen, Außenseiter und Gläubiger zu schützen, ist so einfach wie bestechend. 2. Unternehmensverträge

des §292

AktG

Die herrschende Meinung misst den Unternehmensverträgen des § 2 9 2 keine verfassungsändernde Wirkung bei. Sie verletzten nicht in einer äquivalenten, nämlich schwerwiegenden Weise die Organisations- und Finanzordnung. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge seien in den Katalog der Unternehmensverträge aufgenommen worden, weil die Gesellschaft zur Rentnerin werde. Der Teilgewinnabführungsvertrag und die Gewinngemeinschaft sollen ein Gefährdungspotential für das Gewinnbezugsrecht der Aktionäre aufweisen. Es sind kaum ernsthafte Bestrebungen auszumachen, diese Aspekte zu präzisieren. Dennoch meint die herrschende Ansicht, hieraus die Schlussfolgerung ziehen zu können, dass die Vertragstypen des § 2 9 2 einen bloß schuldrechtlichen Charakter hätten. Sie begründeten, so Kübler, lediglich obligatorische Ansprüche und Verbindlichkeiten. Nur der Beherrschungsvertrag ändere die Zuständigkeitsordnung. 1 Für Kaiser ist ebenfalls allein der Beherrschungsvertrag ein Gestaltungsinstrument. Die anderen Unternehmensverträge, insbesondere der Betriebspacht- und der Betriebsüberlassungsvertrag, seien schuldrechtliche Verträge. Ihre Zusammenfassung mit den Verträgen des § 2 9 1 als Unternehmensverträge ,,erschöpf[e] sich im wesentlichen darin, die Anwendbarkeit der Vorschriften über Vertragsschluss, Vertragsänderung und Vertragsaufhebung nach § § 2 9 3 299 AktG zu begründen." 2 Die Diskussion über den (zulässigen) Inhalt der Vertragsarten wird somit vor allem im Hinblick auf das Regelungsziel der Aktienrechtsnovelle 1965 geführt, Außenseiter und Gläubiger zu schützen. Dies ist zwar im Grundsatz berechtigt, weil das Gesetz für die Verträge des § 2 9 2 - mit Ausnahme der in § 302 Abs. 2 verankerten beschränkten Globalhaftung - keine Sicherungen vorsieht. Die Parteien müssen daher bei einer inhaltlichen Ausgestaltung der Verträge Restriktionen unterliegen. Doch erscheinen die vorgeschlagenen Lösungen fragwürdig zu sein, wenn sie auf bloß schemenhaft formulierten gesetzlichen Wertung basieren. So führt die herrschende Sichtweise, die Unternehmensverträge des § 2 9 2 seien keine organisationsrechtlichen Gestaltungsmittel, unweigerlich dazu, jegliche Organisationsautonomie außerhalb eines Beherrschungsvertrags abzuschnei1 2

Kübler, Gesellschaftsrecht, § 29 12. Raiser, Kapitalgesellschaften, §57 I Rdn. 2.

62

3. Abschnitt:

Gegenstand der

Untersuchung

den. Einflussrechte sollen nur durch einen Beherrschungsvertrag eingeräumt werden können, weil für die Gewinngemeinschaft, den Teilgewinnabführungs-, Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag keine funktionsfähigen Sicherungssysteme vorgesehen seien. Doch ist die Argumentation überzeugungskräftig, wenn die Parteien lediglich in einer begrenzten Weise Herrschaftsrechte begründen wollen? W a r u m müssen sie einen Teilbeherrschungsvertrag schließen, wenn dem stillen Gesellschafter Mitbestimmungsrechte nur hinsichtlich einzelner unternehmerischer Entscheidungen eingeräumt werden sollen? W ä r e es nicht ausreichend, aber auch geboten, ein solches Einflusspotential durch ein Einzelausgleichssystem zu sanktionieren? Die Problematik stellt sich auch bei atypischen Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträgen. Es ist nicht in Frage zu stellen, dass das Ziel der im Schrifttum entwickelten Konzeptionen, einer Umgehung von Schutzvorschriften zu entgegnen, grundsätzlich berechtigt ist. Allerdings erscheint es zweifelhaft zu sein, ob eine Umqualifizierung eines Betriebspachtvertrags in einen Beherrschungsvertrag in den angeführten Fällen eine adäquate Sanktion darstellt. Die herrschende Meinung versperrt sich differenzierenden Lösungen, weil sie den Verträgen des § 2 9 2 keine leitungsstrukturellen Auswirkungen beimisst. D a n n ist es fernliegend, mitgliedschafts- oder organschaftsähnliche Treuebindungen zu entwickeln und durch Schädigungsverbote gezielt die Gesellschaft zu schützen. Die in der Debatte über eine unternehmensvertragliche Qualifikation eines Betriebsführungsvertrags gewonnenen Erkenntnisse geben aber Anlass, diesen Weg zu beschreiten. Soweit das Schrifttum herausstellt, dass sich die Kompetenz der Hauptversammlung, dem Abschluss eines Betriebspacht- bzw. Betriebsüberlassungsvertrags zuzustimmen, auch aus dem Eingriff in Leitungszuständigkeiten des Vorstands erklärt, muss dieser Gesichtspunkt auch bei der Beurteilung der Grenzen einer inhaltlichen Ausgestaltung der Verträge des § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 berücksichtigt werden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass einige im Schrifttum unterbreitete Lösungen signifikante Harmonisierungsdefizite aufweisen und daher schwerlich als systemgerecht bezeichnet werden können. Beispielsweise sollen bestimmte „atypische" Verträge unter gewissen Voraussetzungen als Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge einzustufen sein. Die Thesen lassen mitunter unberücksichtigt, dass nach herrschender Meinung ein Beherrschungsvertrag eine vollständige Integration der Gesellschaft in den Unternehmensverbund des herrschenden Unternehmens ermöglichen und ein Gewinnabführungsvertrag sich auf eine A b f ü h r u n g des gesamten Jahresüberschusses erstrecken muss. Kann ein Betriebspachtvertrag, bei dem der Vertragspartner Erweiterungen und Investitionen ohne Z u s t i m m u n g der Gesellschaft vornehmen darf, als ein Beherrschungsvertrag eingeordnet werden, wenn nach herrschender Meinung ein Beherrschungsvertrag nicht schon dann vorliegen soll, wenn lediglich der Zugriff auf die Betriebe der Gesellschaft vereinbart wird?

1. Kapitel:

Argumentationsstrukturen

63

II. Z w e i t e s P r o b l e m f e l d Vergleichbare Defizite lassen sich in der Diskussion zur unternehmensvertraglichen Qualifikation sonstiger (schuldrechtlicher?) Verträge ausmachen. Die herrschende Meinung propagiert einen numerus clausus der Unternehmensverträge, verfolgt diese Sichtweise aber nicht konsequent. Sie ordnet einerseits Betriebsführungsverträge wegen ihrer organisationsrechtlichen Auswirkungen auf die Verfassung der Gesellschaft als Unternehmensverträge iSv. § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3 ein, lehnt aber andererseits eine unternehmensvertragliche Qualifikation von Kreditund Franchiseverträgen ab, obwohl auch diese Verträge entsprechende Folgen haben können. Das Vorgehen ist inkonsequent. Es ist aber auch unbefriedigend. M i t Ausnahme von Martens

beurteilt das Schrifttum diese beiden Vertragsarten und den

Gleichordnungskonzernvertrag maßgeblich vor dem Hintergrund, ob sie ein beherrschungsvertraglich äquivalentes Gefahrenpotential aufweisen. Es wird verabsäumt, die Frage aufzuwerfen, ob sie andere Unternehmensverträge iSv. § 2 9 2 Abs. 1 sein könnten. Dies drängt sich geradezu auf, wenn man in den Blick nimmt, dass die herrschende Meinung den maßgeblichen Grund für eine analoge Anwendung der § § 2 9 2 Abs. 1 Nr. 3, 2 9 3 Abs. 1 auf einen Betriebsführungsvertrag im Eingriff in die Leitungskompetenzen des Vorstands sieht. Hier zeigt sich ein generelles Defizit: Wenn über das System der Unternehmensverträge keine Klarheit herrscht, wie soll dann beurteilt werden, ob Betriebsführungs-, Kreditoder Gleichordnungskonzernverträge in diesem System Platz haben?

III. F a z i t Als Quintessenz der Analyse der zentralen Argumentationslinien kann festgehalten werden, dass es unentbehrlich ist, ein geschlossenes Konzept über die Unternehmensverträge zu entwickeln. Es muss so präzise sein, dass auch über die unternehmensvertragliche Qualifikation sonstiger Verträge zuverlässig entschieden werden kann. Eine solche Ordnung der Unternehmensverträge kann nur gelingen, wenn die maßgeblichen Wertungsgrundlagen offen gelegt sind. Insoweit sind zwei Aspekte zu nennen, die in einem engen Zusammenhang stehen: zum einen der strukturändernde Charakter der Verträge, zum anderen das Anliegen des Gesetzgebers, Gläubiger und außenstehende Aktionäre zu schützen. Das Augenmerk ist auf den erstgenannten Gesichtspunkt zu lenken. Es ist bisher nicht gelungen, ihm Konturen zu verleihen. Dies soll mit Blick darauf unternommen werden, dass die § § 2 9 1 ff. als Organisationsrecht zu verstehen sein könnten.

64

3. Abschnitt: Gegenstand der Untersuchung

Zweites Kapitel: Organisationsrechtliche des

Interpretation

Unternehmensvertragsrechts

Die organisationsrechtliche Seite der „Medaille K o n z e r n r e c h t " ist schillernd. In ihr spiegeln sich diverse Vorstellungen über Einheit und Vielheit im Konzern wider, die entweder die Vorstellung von einem vertraglich begründeten polykorporativen Unternehmen 3 oder Modelle eines Konzernverfassungsrechts propagieren. 4 Die Arbeiten verfolgen in erster Linie das Ziel, den Gruppenbildungsprozess und die zwischen den Konzernunternehmen bestehenden Beziehungen zu erfassen sowie rechtsfortbildend Verhaltenspflichten hinsichtlich einer Konzerngeschäftsführung zu entwickeln. 5 Diese Ausschnitte eines Konzernorganisationsrechts sind hier nicht von Interesse, sondern die schlichte gedankliche Grundlage, dass das Konzernrecht organisationsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. 6

I. D i m e n s i o n e n e i n e s O r g a n i s a t i o n s r e c h t s Es dürfte heute Einigkeit darüber bestehen, dass es Aufgabe des Konzernrechts ist, Unternehmensverbindungen zu ermöglichen. 7 Die Erkenntnis mag gar selbstverständlich erscheinen. 8 Wenn das Konzernrecht eine Spezialmaterie des Gesellschaftsrechts ist, hat es auch zu klären, o b und auf welche Weise die Rechtsverhältnisse umgestaltet werden können. Es fragt sich daher, worin der Ertrag einer organisationsrechtlichen Interpretation des Unternehmensvertragsrechts liegen kann. Mülbert

hat vor kurzem pointiert darauf hingewiesen, dass das Konzernrecht

„auch den organisationsrechtlichen R a h m e n für die Bildung und das Tätigwerden eines Konzerns als Organisationseinheit" bereitstelle. 9 Die § § 2 9 1 - 3 2 7 würden besondere Konzernorganisationsformen für eine marktferne Koordination von Wirtschaftssubjekten verfügbar m a c h e n . 1 0 Das flexible „Sonder(organisations)recht der verbundenen U n t e r n e h m e n " sei aber nur Unternehmen eröffVgl. Bäk, FS L. Raiser, 287, 320; ders., AG 1992, 277, 304, 310. Vgl. hierzu Lutter, DB 1973, Beilage 1; ders., FS Westermann, 347, 361 ff.; ders., FS Stimpel, 824, 826ff.; U.H. Schneider, BB 1981, 249ff.; ders., FS Lutter, 1193; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht; Timm, Aktiengesellschaft; ders., AG 1980,172,173 ff. Doch differieren die Vorstellungen der Autoren über den Konzern als Organisationseinheit, die Arbeiten verfolgen auch unterschiedliche Ziele. Vgl. die Analyse von Mülbert, Unternehmensgruppe, 17ff.; K. Schmidt, FS Lutter, 1167ff. 5 Vgl. zu diesen Aspekten Lutter, in: Das St. Galler Konzernrechtsgespräch, 225, 228 ff. 6 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 12. 7 Vgl. GroßkommAktG/Windbichler, vor §15 Rdn.41; Baumbach/Hueck/Zö//ner, GmbHG, Schlussanhang I Rdn. 35 b. 8 K. Schmidt, FS Lutter, 1167, 1182, 1191. 9 Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 5, 29. 10 Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 6. 3

4

2. Kapitel: Organisationsrechtliche

Interpretation

des Unternehmensvertragsrechts

65

net. 1 1 Nach dem tradierten schutzzweckorientierten Verständnis des Unternehmensbegriffs stünden daher nur gefährlichen Aktionären die konzernrechtlichen Gestaltungsformen zur Verfügung. 1 2 Dies erscheint in der Tat befremdlich zu sein. Nach herrschendem Verständnis können nur solche Personen eine beherrschungsvertragliche Leitungsmacht erlangen, die sich anderweitig unternehmerisch betätigen. Dem (Privat-) Aktionär, der sich ausschließlich in der Gesellschaft engagiert, soll es verwehrt sein, mit ihr einen Beherrschungsvertrag zu schließen. 13 Es braucht hier noch nicht erörtert werden, ob diese Sichtweise zutreffend ist. 14 Von Interesse ist vielmehr, dass eine gefestigte Ansicht unter einem organisationsrechtlichen Blickwinkel zweifelhaft erscheint. Vor allem aber veranschaulicht der Problemausschnitt, dass die These, Konzernrecht sei zugleich Organisationsrecht, das eine Gestaltung von Rechtsbeziehungen erlaubt, keinesfalls klar zu fassen ist. Es fragt sich daher, was unter einem Sonderorganisationsrecht zu verstehen sein kann. Mülbert hat, soweit er die Funktionen eines Konzernorganisationsrechts beschreibt, den Beherrschungsvertrag und die Eingliederung im Auge. Beide Organisationsformen begründeten das Recht, Weisungen zu erteilen. Dieses organisationsrechtliche Kernelement stünde im Widerspruch zum Statut der unverbundenen Gesellschaft. 15 Das Verhältnis des Beherrschungsvertrags zum Legalstatut hat schon früher Aufmerksamkeit gefunden. 1 6 Es ist hier herauszustellen, weil es 11

Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 5, 28. Der Begriff des U n t e r n e h m e n s ist nach h . M . identisch mit jenem, den das Gesetz in den § § 1 5 f f . zur Definition der Unternehmensverbindungen verwendet; vgl. Hüffer AktG, § 2 9 1 R d n . 8 ; G r o ß k o m m A k t G / W ü r d i n g e r § 2 9 1 A n m . 15. N a c h einer inzwischen konsolidierten Rechtsprechung bestimmt sich die Unternehmenseigenschaft aus dem Z w e c k der konzernrechtlichen Vorschriften, außenstehende Aktionäre u n d Gläubiger zu schützen. Der B G H hat dies im Veba/Gelsenberg-Urteil d a m i t begründet, dass von einem „ G r o ß a k t i o n ä r , dessen wirtschaftliche Tätigkeit sich auf das eine Unternehmen beschränkt, erwartet [werden könne], dass er im Regelfall das Interesse dieses Unternehmens als sein eigenes betrachten oder jedenfalls keine ihm zuwiderlaufenden Sonderinteressen verfolgen wird. ... Dagegen [sei] diese Gefahr bei einem Aktionär, der sich auch a u ß e r h a l b der Gesellschaft unternehmerisch betätigt, typischerweise vorauszusetzen". Ausschlaggebend für die Qualifikation als Unternehmen ist mithin „eine wirtschaftliche Interessenbindung a u ß e r h a l b der Gesellschaft..., die stark genug ist, u m die ernste Besorgnis zu begründen, der A k t i o n ä r k ö n n e u m ihretwillen seinen Einfluss zum Nachteil der Gesellschaft geltend m a c h e n . " B G H Z 69, 3 3 4 , 338; seitdem B G H Z 74, 3 5 9 , 3 6 4 f . (WAZ); 80, 69, 72 (Süssen); 95, 3 3 0 , 3 3 7 (Autokran); B G H N J W 1994, 4 4 6 (ETC); B G H Z 135, 107, 113 (VW/Land Niedersachsen). 13 H . M . ; vgl. Emmerich, E m m e r i c h / H a b e r s a c k A k t K R , § 2 9 1 R d n . 9 ; KölnKomm/iCoppensteiner, § 2 9 1 R d n . 6 f . ; GroßkommAktG/Würdinger § 2 9 1 A n m . 16. 14 Auch Mülbert, Z H R 163 (1999), 1 , 2 9 f . , 32 gelingt es, die von der herrschenden M e i n u n g vertretene These zu rechtfertigen. Für K. Schmidt ist das herrschende Verständnis, Nicht-Unternehmen k ö n n t e n keine Unternehmensverträge schließen, f r a g w ü r d i g . Vgl. K. Schmidt, FS Lutter, 1167, 1182f. mit dem Hinweis, er werde hierauf an anderer Stelle z u r ü c k k o m m e n . 15 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 25. 16 Deutlich in diesem Sinne bereits Würdinger, Aktienrecht, 324; Kober, G e w i n n a b f ü h rungs- u n d Beherrschungsvertrag, 27. 12

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3. Abschnitt:

Gegenstand

der

Untersuchung

den Blick dafür schärft, unter welcher Prämisse ein organisationsrechtlicher Regelungsansatz der § § 2 9 1 ff. zu würdigen ist. Ein Sonderorganisationsrecht erklärt sich maßgeblich aus der aktienrechtlichen Gesetzesstrenge ( § 2 3 Abs. 5). Es kann aber weiter auch Gestaltungen einbeziehen, die im Widerspruch zu dispositivem Recht stehen.

II. Das Unternehmensvertragsrecht als Organisationsrecht Das Unternehmensvertragsrecht wäre als ein Organisationsrecht zu verstehen, wenn die Verträge in die Verfassung der Gesellschaft eingreifen würden. Als organisationsrechtliche Gestaltungsinstrumente wären auch solche Verträge zu begreifen, die Regelungen treffen würden, die ebenso auf der Ebene der Satzung in Kraft gesetzt werden könnten. Sie wären Bestandteil eines Organisationsrechts, weil sich die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer vertraglichen und statutarischen Gestaltung unterscheiden. 17 Vor diesem Hintergrund wird zu untersuchen sein, ob allein durch die Verträge des § 2 9 1 besondere Verbindungen hergestellt werden können, oder ob dies auch die Verträge des § 2 9 2 leisten. Es ist danach zu fragen, ob den § § 2 9 1 , 2 9 2 ein „Öffnungscharakter" beizumessen ist: Das Unternehmensvertragsrecht könnte eine individuelle Einflussnahme auf vertraglicher Grundlage anerkennen, die im Wege der Satzungsänderung (aufgrund der aktienrechtlichen Gesetzesstrenge) nicht oder zumindest (aufgrund anderer Wirksamkeitsvoraussetzungen) nicht auf diese Weise begründbar ist. Die herrschende Meinung verneint dies, was sich bereits aus dem im ersten Abschnitt skizzierten Meinungsstand über den Inhalt der Verträge des § 2 9 2 erschließt, und schließlich sich darin artikuliert, dass nur der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Organisationsverträge, die Gewinngemeinschaft, der Teilgewinnabführungsvertrag

und der Betriebspacht-

bzw.

Betriebsüberlas-

sungsvertrag dagegen schuldrechtliche Austauschverträge sein sollen. Sie ist allerdings bereits mehrfach auf Kritik gestoßen. Nach manchen Autoren sollen auch die Verträge des § 2 9 2 den Zweck der Gesellschaft ändern. 1 8 Andere Stimmen nehmen an, dass sie in die Organisations- und Finanzverfassung der Gesellschaft eingreifen würden. Dies sei vor allem für den Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag anzunehmen, die die Leitungskompetenz des Vorstands veränderten. 1 9 17 Zu denken ist beispielsweise daran, dass für den satzungsändernden Beschluss die Zustimmung aller Aktionäre erforderlich ist, während für den Abschluss eines entsprechenden Vertrags einerseits ein mit einer qualifizierten Mehrheit zu treffender Beschluss genügt, andererseits vom Vertragspartner ein Bestandsschutz zu gewährleisten ist. 18 GroßkommAktG/W«r