Empty Voting: Risikoentleerte Stimmrechtsausübung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft 9783110315929, 9783110315622

The voting right is the central management right of stockholders. The conditions under which stockholders exercise their

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Inhaltsübersicht
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Empty Voting – Problemstellung
I. Empty Voting
1. Stimmrecht und wirtschaftliches Interesse
2. Regulatorische Aufmerksamkeit und bestehende Unsicherheit
3. Spektrum der Fälle – Spektrum der Interessen
a) Der Fall Laxey & British Land
b) Der Fall Perry-Mylan
c) Der Fall Deutsche Börse AG
4. Zusammenfassender Problemaufriss
a) Interessenskonflikte der aktiven Aktionäre
b) Das Komplementärproblem – hidden ownership
II. Methodische Vorüberlegungen
1. Ökonomische Analyse des Rechts
a) Wirtschaftswissenschaft als analytischer Rahmen und ökonomische Analyse des Rechts als Auslegungsmethode
b) Hintergrund und Entwicklung
c) Grundlagen
d) Ökonomische Analyse des Rechts und Effizienzkriterium im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht
2. Rechtsvergleichung
III. Gang der Untersuchung
Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft – konzeptionelle Grundlagen
I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts
1. Das Stimmrecht als Anpassungs- und Lückenfüllungsinstrument
a) Langfristigkeit und Offenheit des Gesellschaftsvertrages
b) Exit keine hinreichende Alternative
2. Das Stimmrecht als gesellschaftsinternes Kontrollinstrument der Eigentümer über die Verwaltung (interne Governance)
a) Das Principal-Agent-Problem
aa) Gegensatz Verwaltung und Aktionäre
bb) Übertragbarkeit der Principal-Agent-Überlegungen auf das dualistische Leitungssystem der Aktiengesellschaft nach deutschem Recht
b) Stimmrecht und Corporate Governance
3. Das Stimmrecht und der „Markt für Unternehmenskontrolle“
a) Kontrolle durch funktionierende Märkte (externe Governance)
aa) Kontrolle durch Produktmärkte
bb) Kontrolle durch den Markt für Managementleistungen
cc) Kontrolle durch den Kapitalmarkt, insbesondere Einflussnahme auf die Unternehmensleitung durch Darlehensgeber
dd) Zwischenergebnis
b) Die Ausgangsidee – Marktpreise als Indikatoren von Managementleistung
c) Probleme und Grenzen des Marktes für Unternehmenskontrolle
aa) Zweifelhafte Prämisse der Übernahme nur aus Gründen der Effizienzsteigerung
bb) Noise trader und Spekulation
cc) Abwehrmaßnahmen der Verwaltung
dd) Trägheit des Marktes für Unternehmenskontrolle
d) Zwischenergebnis
4. Zusammenfassung
II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus
1. Stimmrecht und Residualanspruch
a) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion
b) Rechtliche Umsetzung
aa) Kein Stimmrecht für Nichtaktionäre, § 12 Abs. 1 AktG
bb) Abspaltungsverbot
cc) Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 AktG
dd) Übergang der Kontrolle im Falle der Insolvenz gemäß § 80 Abs. 1 InsO
2. Probleme der Stimmrechtszuordnung zu den Aktionären
a) Stimmrecht und rationale Apathie
aa) Rationale Apathie bei Kleinanlegern
bb) Rationale Apathie bei institutionellen Investoren
b) Bounded rationality und Multiplikatoreffekte bei der Stimmrechtsausübung
aa) Bounded rationality
bb) Multiplikatoreffekte, insbesondere Meinungsführerschaft
c) Stimmrecht und Interessendivergenz
aa) Unterschiedliche Aktionäre, unterschiedliche Interessen
bb) Politische Interessen – Staaten und Staatsfonds als Aktionäre
cc) Unternehmerische Interessen – der Konzernkonflikt
dd) Empty-Voting-Konstellationen
3. Zusammenfassung
III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung
1. Funktionen der Hauptversammlung
a) Aktionärsdemokratie – Legitimation der Entscheidungen durch möglichst hohe Stimmzahlen?
b) Prozedurale Ausgestaltung – die Hauptversammlung als Diskussionsforum
2. Kompetenzen der Hauptversammlung
a) Hauptversammlung als „oberstes Organ der Aktiengesellschaft“?
b) Einzelne Kompetenzen der Hauptversammlung
3. Zusammenfassung
IV. Ausübung des Stimmrechts
1. Legitimation zur Stimmrechtsausübung, insbesondere Record- Date-System
a) Inhaberaktien
b) Namensaktien
2. Die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung
V. Zwischenergebnis
Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko
I. Dem Aktienbesitz immanente Risiken – aktientypisches Risiko
1. Risiko des Residualanspruchs
2. Kursrisiko
II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte
1. Decoupling mittels Aktienleihe
a) Grundlagen der Aktienleihe
b) Entwicklung des Aktiendarlehens
c) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Aktiendarlehen
d) Rechtlicher Regelungsrahmen des Aktiendarlehens
aa) Gesellschaftsrechtliche Vorschriften
bb) Vertragliche Pflicht, das Stimmrecht nicht oder im Interesse des Darlehensgebers auszuüben
cc) Kapitalmarktrechtliche Vorschriften
e) Zusammenfassung
2. Decoupling mittels Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung
a) Grundlagen
b) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung
c) Rechtlicher Regelungsrahmen
aa) Vertragliche Regelungen über die Stimmrechtsausübung
bb) Publizitätsvorschriften der §§ 21 ff. WpHG
d) Zusammenfassung
3. Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft
a) Grundlagen
b) Stimmrecht und Risikoverteilung
c) Rechtlicher Regelungsrahmen – neue Publizitätsvorschriften für Leerverkäufe (§ 30i WpHG)
aa) Einordnung in das bestehende System von Publizitätsvorschriften
bb) Verrechnung der Positionen und Einbeziehung von derivativen Short-Positionen
d) Zusammenfassung
4. Decoupling mittels Derivaten
a) Grundlagen
b) Entwicklung der Derivate
c) Zur Risikoabwälzung bei Aktien geeignete Derivate
aa) Put-Optionen
bb) Forwards und Futures
cc) Equity Swaps
dd) Differenzkontrakte (Contracts for Difference)
d) Zusammenfassung
5. Zwischenergebnis
III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment
1. Hedging mittels gegenläufiger Positionen
a) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft
b) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels Derivaten
c) Indirekte Absicherung
aa) Grundlagen
bb) Konstellationen
2. Beseitigte Risiken
a) Beseitigte Risiken bei einem negativen gegenläufigen Investment
b) Beseitigte Risiken bei einem konfligierten gegenläufigen Investment
c) Kombination von risikoentleerten Stimmrechten und gegenläufigen Investment
3. Rechtliche Beurteilung
a) Verbot der Marktmanipulation, § 20a WpHG
aa) Verbot des Verbreitens oder Unterlassens von Informationen, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG und der Manipulation durch Handelsaktivität, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG
bb) Verbot der sonstigen Täuschungshandlung, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG
b) Insiderrecht, §§ 12 ff. WpHG
aa) Insiderinformation, § 13 WpHG
bb) Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG
c) Publizitätsvorschriften, §§ 21 ff. WpHG
aa) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft
bb) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels Derivaten
cc) Indirekte Absicherung
4. Zusammenfassung
IV. Zwischenergebnis
Teil 4: Bewertung des Empty Voting – ökonomische Überlegungen und rechtlich vergleichbare Konstellationen
I. Interessenlage
1. Aktionär mit risikoentleerten Stimmrechten oder mit gegenläufigem Investment
a) Kosten
b) Nutzen
c) „Interessenbilanz“ – Anreizstruktur des Aktionärs
aa) Positive „Interessenbilanz“ – teilweise risikoentleerte Stimmrechte
bb) Neutrale „Interessenbilanz“ – ausschließlich risikoentleerte Stimmrechte
cc) Negative „Interessenbilanz“ – gegenläufiges Investment
2. Andere beteiligte Gruppen
a) Mitaktionäre
aa) Risikoentleerte Stimmrechte
bb) Gegenläufiges Investment
b) Gegenpartei von Wertpapierdarlehen und Derivaten
aa) Risikoentleerte Stimmrechte
bb) Gegenläufiges Investment
c) Gläubiger
3. Interessen der Allgemeinheit – institutionelle Betrachtung
a) Institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts
b) Beeinträchtigung der Derivatemärkte und des Marktes für Wertpapierdarlehen
c) Beeinträchtigung des Marktes für Unternehmenskontrolle
d) Weitere Schwächung der internen Governance der börsennotierten Aktiengesellschaft
e) Störung der effizienten Ressourcenallokation in der Wirtschaftsordnung
4. Zusammenfassung
a) Gegenläufiges Investment
b) Risikoentleerte Stimmrechte
II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen
1. Proportionalitätsprinzip (one-share-one-vote)
a) Grundlagen
b) Verschiedene Aspekte der Diskussion um den Grundsatz des one-share-one-vote
c) Elementare Begrifflichkeiten
aa) Aktienerträge
bb) Private Vorteile
d) Satzungsmäßige disproportionale Stimmrechtsgestaltungen
aa) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion
bb) Rechtswissenschaftliche Diskussion
e) Abgleich mit dem empty voting
aa) Proportionalitätsprinzip und Anreizwirkung
bb) Rechtliche Bewertung
cc) Zusammenfassung
2. Stimmrechtsvertretung
a) Konzept des Marktes für Stimmrechtsvertretung
b) Akteure auf dem Markt für Stimmrechtsvertretung
aa) Banken
bb) Stimmrechtsvertreter der Verwaltung
cc) Aktionärsvereinigungen
dd) Professionelle Stimmrechtsvertreter, insbesondere der Institutional Shareholder Service
ee) Zusammenfassung
c) Mechanismen zur Rückbindung der Stimmrechtsausübung an das Aktionärsinteresse
aa) Prozedurale Absicherung der Stimmrechtsvertretung
bb) Haftung der Stimmrechtsvertreter gegenüber den bevollmächtigenden Aktionären
cc) Eigenpositionen als Korrektiv?
d) Abgleich mit dem empty voting
aa) Stimmrechtsvertretung und Anreizwirkung
bb) Rechtliche Bewertung
3. Das Abspaltungsverbot
4. Treuhandverhältnisse
a) Forschungsstand
aa) Treuhänder und Stimmrecht
bb) Haftung des Treuhänders bei Stimmrechtsausübung entgegen den Interessen des Treugebers
b) Abgleich mit dem empty voting
5. Bestehen beschränkt dinglicher Rechte an der Aktie – Nießbrauch und Pfandrecht
a) Stimmrecht beim Pfandrecht
b) Stimmrecht beim Nießbrauch
aa) Forschungsstand
bb) Abgleich mit dem empty voting
6. Stimmbindungsverträge
a) Forschungsstand
aa) Allgemeine Zulässigkeit, Formen, Zweck und Reichweite
bb) Schutzmechanismen
cc) Zulässiger Vertragspartner
b) Abgleich mit dem empty voting
7. Stimmenkauf nach dem Recht von Delaware
a) Vote Buying in der amerikanischen Diskussion
aa) Vote Buying
bb) Begründungsansätze für das Verbot des Stimmenkaufs
b) Stimmenkauf als Mittel zur Verbesserung der Governance in der börsennotierten Aktiengesellschaft
aa) Entwicklung der Rechtsprechung im Bundesstaat Delaware
bb) Diskussion um die Zulässigkeit und Nutzen von Vote Buying
c) Abgleich mit dem empty voting
8. Zusammenfassung
III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting
1. Aktionärsaktivismus
a) Aktionärsaktivismus in der Publikumsgesellschaft als neue Erscheinung
b) Akteure des Aktivismus – die Finanzinvestoren
aa) Hedge Fonds
bb) Private Equity Fonds
c) Aktive Strategie
aa) Vorgehensweise der Aktivisten
bb) Beurteilung der aktiven Strategie vor dem Hintergrund des Principal-Agent-Konflikts
cc) Gefahren aktiver Aktionärsstrategien
dd) Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung
d) Strategien zur Förderung des Aktivismus – risikoentleerte Stimmrechte als Anreiz zur aktiven Überwachung?
e) Zusammenfassung
2. Potential des Empty Voting als Anreiz für Informationssuche – das Modell von Kobayashi und Ribstein
a) Empty voting als Mittel zur Durchsetzung wertsteigernder Übernahmen
b) Kritik der Annahmen
3. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting bei einem informierten Händler – das Modell von Brav und Matthews
a) Das Modell
b) Kritik der Annahmen
c) Ökonomische Analyse des Rechts – Vorrang ökonomischer Lösungen
4. Zusammenfassung
IV. Zwischenergebnis
Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting – de lege lata und de lege ferenda
I. Relevante Aspekte
II. Ansätze zur Lösung de lege lata
1. Gesellschaftsrecht
a) Gegenläufiges Investment
aa) Starre Stimmrechtsschranken, insbesondere § 136 Abs. 1 AktG
bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken
cc) Zusammenfassung
b) Risikoentleerte Stimmrechte
aa) Starre Stimmrechtsschranken
bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken
cc) Zusammenfassung
c) Exkurs: Quoren
aa) Allgemeines
bb) Risikoentleerter Squeeze-Out: Der Fall Lindner KGaA
d) Zusammenfassung
2. Haftung des risikoentleert Einfluss nehmenden Aktionärs
a) Haftungsrecht als geeignetes Regulierungsinstrument
b) Anspruchsgrundlage
c) Haftung bei Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung (ktives Aktionärsverhalten)
aa) Beeinflussung eines Verwaltungsmitglieds
bb) Schaden der Gesellschaft
cc) Rechtswidrigkeit
dd) Zusammenfassung
d) Haftung bei Einflussnahme durch Stimmrechtsausübung
e) Zusammenfassung
3. Kapitalmarktrecht
a) Transparenzregelungen
aa) Risikoentleerte Stimmrechte
bb) Gegenläufiges Investment
b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot
4. Zusammenfassung
III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda
1. Ansätze auf schuldrechtlicher Ebene im Verhältnis, das die risikoentleerte Stimmrechtsausübung ermöglicht
a) Steigerung der Häufigkeit der Stimmrechtsausübung durch das Investmentrecht
aa) Gesetzliche Pflicht zur Stimmrechtsausübung
bb) Safe-Harbor-Regelung für die Stimmrechtsausübung
b) Besteuerung von Wertpapierdarlehen und Derivaten
c) Indirekte Regulierung der risikoentleerten Stimmrechtsausübung durch Verhaltenspflichten für die Gegenparteien
2 Ansätze auf gesellschaftsrechtlicher Ebene
a) Mindesthaltedauern und Treustimmrechte
aa) Mindesthaltedauern
bb) Treustimmrechte
b) Stimmrechtszuordnung zu den Inhabern der Residualrechte
c) Stimmrechtsschranken
aa) Stimmverbote
bb) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Stimmverbot
cc) Satzungsfreiheit hinsichtlich der Stimmverbote?
d) Zusammenfassung
3. Kapitalmarktrechtliche Instrumente
a) Erweiterung der Publizitätspflichten
aa) Grundlagen
bb) Marktlösung – erweiterte Transparenz ausreichend?
cc) Regelungsziele eines Transparenzsystems für das empty voting
dd) Verschärfung der Transparenzpflichten – verschiedene Ansätze
ee) Prinzipien eines Transparenzsystems, das das empty voting erfasst
b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot
4. Zusammenfassung
Teil 6: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
I. Zusammenfassung
II. Ausblick – Die Einheit von wirtschaftlicher Betroffenheit und der Ausübungsbefugnis von bestimmten Rechten als Problem von Finanzinnovationen
Literaturverzeichnis
Register
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Empty Voting: Risikoentleerte Stimmrechtsausübung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft
 9783110315929, 9783110315622

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Martin Mittermeier Empty Voting

Schriften zum Europäischen und Internationalen Privat-, Bank- und Wirtschaftsrecht

Herausgegeben von Professor Dr. Horst Eidenmüller, LL.M. (Cambridge), München; Professor Dr. Dr. Stefan Grundmann, LL.M. (Berkeley), Berlin; Professor Dr. Susanne Kalss, LL.M. (Florenz), Wien; Professor Dr. Wolfgang Kerber, Marburg; Professor Dr. Karl Riesenhuber, M.C.J. (Austin/Texas), Bochum; Professor Dr. Heike Schweitzer, LL.M. (Yale), Mannheim; Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski, Berlin; Professor Dr. Reinhard Singer, Berlin; Professor Dr. Christine Windbichler, LL.M. (Berkeley), Berlin

EIW Band 46

Martin Mittermeier

Empty Voting

Risikoentleerte Stimmrechtsausübung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft

DE GRUYTER

ISBN 978-3-11-031562-2 e-ISBN 978-3-11-031592-9 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: © Mike Kemp/Getty Images Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im März 2012 abgeschlossen; spätere Neuregelungen, insbesondere der Transparenzpflichten bei Netto-Leerverkaufspositionen, sind in einem kurzen einleitenden Teil verarbeitet. Auswirkungen auf die Grundthesen der Arbeit haben sie nicht. Mein Dank gilt den vielen Personen, die mich bei der Arbeit an dieser Dissertation unterstützt haben. Zunächst sind Herr Prof. Dr. Dr. Stefan Grundmann LL.M. (Berkeley) sowie Frau Prof. Dr. Heike Schweitzer LL.M. (Yale) zu nennen, die die Arbeit gemeinsam betreut haben. Sie haben eine sehr gute Balance aus Interesse, Anregungen und Förderung einerseits sowie Zurückhaltung bei allen wesentlichen Entscheidungen andererseits gefunden. Auch für die unkomplizierte und schnelle Bewältigung des Verfahrens möchte ich mich bedanken. Dank gebührt zudem meinen ehemaligen Kollegen am Hamburger MaxPlanck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. Hier habe ich eine großartige Mischung aus Freiheit, Forschergeist und Kollegialität genossen, die mir immer in bester Erinnerung bleiben wird. Besonderer Dank gilt auch meinem Vorgesetzten an diesem Institut, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ernst-Joachim Mestmäcker, der mir allen erdenklichen Freiraum gelassen hat und sich gleichzeitig sehr für meine Forschungstätigkeiten interessiert hat. Ganz herzlich danken möchte ich auch meinen Freunden Andreas Engel und Susanne Baltes, MPA, die sich sehr intensiv mit der Arbeit auseinandergesetzt und mir wertvolle Denkanstöße gegeben haben. Den größten Dank schulde ich meiner Familie. Meinem Bruder Herrn Dr. Matthias Mittermeier, der mich über die Jahre auf vielerlei Weise unterstützt hat. Vor allem aber meinen Eltern Hans und Waltraud Mittermeier, die mich während meiner Studienzeit äußerst großzügig ideell und finanziell gefördert und alle meine Entscheidungen vorbehaltlos akzeptiert haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Stand der Arbeit Die vorliegende Arbeit befindet sich auf dem Stand vom März 2012. Später erschienene Literatur und Gesetzesänderungen wurden nur noch punktuell aufgenommen. Eine Gesetzesänderung hinsichtlich der in Bezug genommenen Vorschriften hat sich hinsichtlich der Regulierung von Leerverkäufen und insbesondere der damit verbundenen Offenlegungspflicht von Netto-Leerverkaufspositionen ergeben. Nach dem deutschen Alleingang im Nachgang der Finanzkrise und der Regelung im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) in den §§ 30h, 30i wurde im März 2012 eine Regelung auf europäischer Ebene durch die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 getroffen; die genannten Vorschriften im WpHG verweisen inzwischen nur noch auf diese Verordnung. Allerdings bedeutet diese Neuregelung keine materiellen Änderungen.Weiterhin sind ungedeckte Leerverkäufe verboten; weiterhin besteht eine zweigleisige Offenlegungspflicht gegenüber dem Finanzmarktregulator auf der einen Seite (hier ist an die Stelle der BaFin die europäische Aufsichtsbehörde ESMA getreten) sowie der Öffentlichkeit auf der anderen Seite (zur Entwicklung der Leerverkaufs-Regelungen auf europäischer Ebene, siehe Fabian Walla, Short Selling, in: Rüdiger Veil(ed.), European Capital Markets Law, pp. 201 ff.). Auch die Schwellen haben sich nicht verändert, weiterhin muss ab einer Netto-Leerverkaufsposition von 0,2 % die Position gegenüber der Finanzmarktaufsicht angezeigt werden. Auch die Schwelle für die Offenlegungspflicht gegenüber der Öffentlichkeit hat sich nicht verändert – weiterhin ist bei einer Netto-Leerverkaufsposition von 0,5 % eine Offenlegung gegenüber dem Markt notwendig. Für die im Folgenden angestellten Überlegungen bedeutet dies, dass an den Stellen, wo bislang auf die Leerverkaufsregelungen des WpHG verwiesen wird, nun die entsprechenden Vorschriften der oben genannten Verordnung gelten. Dies ist hinsichtlich des Verbots ungedeckter Leerverkäufe Art. 12, hinsichtlich der Transparenzpflichten Art. 5 (Meldung an die Behörden) sowie Art. 6 (Meldung an die Öffentlichkeit).

Inhaltsübersicht Vorwort

VII

Stand der Arbeit

IX

Abkürzungsverzeichnis

XXV

Teil : Empty Voting – Problemstellung 1 I. Empty Voting 1 16 II. Methodische Vorüberlegungen III. Gang der Untersuchung 24 Teil : Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft – konzeptionelle 26 Grundlagen I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts 26 II. Anreizsituation und Probleme 54 des Stimmrechtsmechanismus III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung 82 90 IV. Ausübung des Stimmrechts V. Zwischenergebnis 93 Teil : Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko 96 I. Dem Aktienbesitz immanente Risiken – aktientypisches 96 Risiko II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte 98 149 III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment IV. Zwischenergebnis 176 Teil : Bewertung des Empty Voting – ökonomische Überlegungen und rechtlich vergleichbare Konstellationen 180 180 I. Interessenlage 195 II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen 269 III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting IV. Zwischenergebnis 294 Teil : Lösungsansätze für das Empty Voting – de lege lata und de lege ferenda 298 299 I. Relevante Aspekte

XII

Inhaltsübersicht

II. Ansätze zur Lösung de lege lata 300 III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda 351 397 Teil : Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick I. Zusammenfassung 397 II. Ausblick – Die Einheit von wirtschaftlicher Betroffenheit und der Ausübungsbefugnis von bestimmten Rechten als Problem von 403 Finanzinnovationen Literaturverzeichnis Register

438

406

Inhalt Abkürzungsverzeichnis

XXV

1 Teil : Empty Voting – Problemstellung 1 I. Empty Voting 1 . Stimmrecht und wirtschaftliches Interesse . Regulatorische Aufmerksamkeit und bestehende 4 Unsicherheit . Spektrum der Fälle – Spektrum der Interessen 6 6 a) Der Fall Laxey & British Land b) Der Fall Perry-Mylan 8 10 c) Der Fall Deutsche Börse AG 12 . Zusammenfassender Problemaufriss 12 a) Interessenskonflikte der aktiven Aktionäre b) Das Komplementärproblem – hidden ownership 13 16 II. Methodische Vorüberlegungen 17 . Ökonomische Analyse des Rechts a) Wirtschaftswissenschaft als analytischer Rahmen und ökonomische Analyse des Rechts als 17 Auslegungsmethode b) Hintergrund und Entwicklung 18 18 c) Grundlagen d) Ökonomische Analyse des Rechts und Effizienzkriterium im 20 Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht . Rechtsvergleichung 22 24 III. Gang der Untersuchung Teil : Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft – konzeptionelle Grundlagen 26 I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts 26 . Das Stimmrecht als Anpassungs- und 27 Lückenfüllungsinstrument a) Langfristigkeit und Offenheit des 27 Gesellschaftsvertrages b) Exit keine hinreichende Alternative 28

XIV

Inhalt

. Das Stimmrecht als gesellschaftsinternes Kontrollinstrument der Eigentümer über die Verwaltung (interne Governance) 30 30 a) Das Principal-Agent-Problem aa) Gegensatz Verwaltung und Aktionäre 31 bb) Übertragbarkeit der Principal-Agent-Überlegungen auf das dualistische Leitungssystem der Aktiengesellschaft 35 nach deutschem Recht b) Stimmrecht und Corporate Governance 37 . Das Stimmrecht und der „Markt für 40 Unternehmenskontrolle“ a) Kontrolle durch funktionierende Märkte (externe Governance) 40 40 aa) Kontrolle durch Produktmärkte bb) Kontrolle durch den Markt für 41 Managementleistungen cc) Kontrolle durch den Kapitalmarkt, insbesondere Einflussnahme auf die Unternehmensleitung durch 42 Darlehensgeber dd) Zwischenergebnis 45 b) Die Ausgangsidee – Marktpreise als Indikatoren von 45 Managementleistung c) Probleme und Grenzen des Marktes für 47 Unternehmenskontrolle aa) Zweifelhafte Prämisse der Übernahme nur aus Gründen 48 der Effizienzsteigerung 48 bb) Noise trader und Spekulation cc) Abwehrmaßnahmen der Verwaltung 49 51 dd) Trägheit des Marktes für Unternehmenskontrolle 53 d) Zwischenergebnis . Zusammenfassung 53 II. Anreizsituation und Probleme 54 des Stimmrechtsmechanismus . Stimmrecht und Residualanspruch 54 54 a) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion b) Rechtliche Umsetzung 56 aa) Kein Stimmrecht für Nichtaktionäre, § 12 Abs. 1 56 AktG bb) Abspaltungsverbot 57

Inhalt

XV

cc) Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 AktG 64 dd) Übergang der Kontrolle im Falle der Insolvenz gemäß 66 § 80 Abs. 1 InsO . Probleme der Stimmrechtszuordnung zu den Aktionären 66 67 a) Stimmrecht und rationale Apathie aa) Rationale Apathie bei Kleinanlegern 67 73 bb) Rationale Apathie bei institutionellen Investoren b) Bounded rationality und Multiplikatoreffekte bei der Stimmrechtsausübung 76 76 aa) Bounded rationality bb) Multiplikatoreffekte, insbesondere Meinungsführerschaft 78 78 c) Stimmrecht und Interessendivergenz aa) Unterschiedliche Aktionäre, unterschiedliche 78 Interessen bb) Politische Interessen – Staaten und Staatsfonds als 80 Aktionäre cc) Unternehmerische Interessen – der Konzernkonflikt 81 81 dd) Empty-Voting-Konstellationen . Zusammenfassung 82 82 III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung 83 . Funktionen der Hauptversammlung a) Aktionärsdemokratie – Legitimation der Entscheidungen 83 durch möglichst hohe Stimmzahlen? b) Prozedurale Ausgestaltung – die Hauptversammlung als 84 Diskussionsforum 87 . Kompetenzen der Hauptversammlung a) Hauptversammlung als „oberstes Organ der 87 Aktiengesellschaft“? 88 b) Einzelne Kompetenzen der Hauptversammlung . Zusammenfassung 90 IV. Ausübung des Stimmrechts 90 . Legitimation zur Stimmrechtsausübung, insbesondere Record90 Date-System 91 a) Inhaberaktien b) Namensaktien 92 . Die Ausübung des Stimmrechts in der 93 Hauptversammlung

XVI

Inhalt

V.

Zwischenergebnis

93

Teil : Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko 96 I. Dem Aktienbesitz immanente Risiken – aktientypisches 96 Risiko 97 . Risiko des Residualanspruchs . Kursrisiko 97 98 II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte . Decoupling mittels Aktienleihe 99 a) Grundlagen der Aktienleihe 99 102 b) Entwicklung des Aktiendarlehens c) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Aktiendarlehen 103 106 d) Rechtlicher Regelungsrahmen des Aktiendarlehens aa) Gesellschaftsrechtliche Vorschriften 107 bb) Vertragliche Pflicht, das Stimmrecht nicht oder im In112 teresse des Darlehensgebers auszuüben 113 cc) Kapitalmarktrechtliche Vorschriften e) Zusammenfassung 117 . Decoupling mittels Verkauf zwischen Record Date und 118 Hauptversammlung a) Grundlagen 118 b) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Verkauf zwischen 118 Record Date und Hauptversammlung 119 c) Rechtlicher Regelungsrahmen aa) Vertragliche Regelungen über die 119 Stimmrechtsausübung bb) Publizitätsvorschriften der §§ 21 ff. WpHG 120 120 d) Zusammenfassung 121 . Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft a) Grundlagen 121 122 b) Stimmrecht und Risikoverteilung c) Rechtlicher Regelungsrahmen – neue Publizitätsvorschriften für Leerverkäufe (§ 30i WpHG) 123 aa) Einordnung in das bestehende System von 124 Publizitätsvorschriften bb) Verrechnung der Positionen und Einbeziehung von 124 derivativen Short-Positionen d) Zusammenfassung 126

Inhalt

XVII

. Decoupling mittels Derivaten 126 a) Grundlagen 126 128 b) Entwicklung der Derivate 129 c) Zur Risikoabwälzung bei Aktien geeignete Derivate aa) Put-Optionen 129 139 bb) Forwards und Futures cc) Equity Swaps 142 145 dd) Differenzkontrakte (Contracts for Difference) d) Zusammenfassung 147 . Zwischenergebnis 148 149 III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment . Hedging mittels gegenläufiger Positionen 149 a) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft 150 151 b) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels Derivaten c) Indirekte Absicherung 151 151 aa) Grundlagen 152 bb) Konstellationen 154 . Beseitigte Risiken a) Beseitigte Risiken bei einem negativen gegenläufigen Investment 154 b) Beseitigte Risiken bei einem konfligierten gegenläufigen 155 Investment c) Kombination von risikoentleerten Stimmrechten und ge156 genläufigen Investment. 157 . Rechtliche Beurteilung a) Verbot der Marktmanipulation, § 20a WpHG 158 aa) Verbot des Verbreitens oder Unterlassens von Informationen, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG und der Manipulation durch Handelsaktivität, § 20a Abs. 1 158 Satz 1 Nr. 2 WpHG bb) Verbot der sonstigen Täuschungshandlung, § 20a 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG b) Insiderrecht, §§ 12 ff. WpHG 161 aa) Insiderinformation, § 13 WpHG 161 bb) Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 169 Abs. 1 Nr. 1 WpHG 173 c) Publizitätsvorschriften, §§ 21 ff. WpHG aa) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft 174 bb) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels 174 Derivaten

XVIII

Inhalt

cc) Indirekte Absicherung . Zusammenfassung 176 176 IV. Zwischenergebnis

175

Teil : Bewertung des Empty Voting – ökonomische Überlegungen und 180 rechtlich vergleichbare Konstellationen I. Interessenlage 180 . Aktionär mit risikoentleerten Stimmrechten oder mit gegen181 läufigem Investment a) Kosten 181 181 b) Nutzen c) „Interessenbilanz“ – Anreizstruktur des Aktionärs 181 aa) Positive „Interessenbilanz“ – teilweise risikoentleerte 182 Stimmrechte bb) Neutrale „Interessenbilanz“ – ausschließlich risiko182 entleerte Stimmrechte cc) Negative „Interessenbilanz“ – gegenläufiges 183 Investment . Andere beteiligte Gruppen 185 a) Mitaktionäre 185 185 aa) Risikoentleerte Stimmrechte bb) Gegenläufiges Investment 186 b) Gegenpartei von Wertpapierdarlehen und 186 Derivaten 187 aa) Risikoentleerte Stimmrechte bb) Gegenläufiges Investment 188 188 c) Gläubiger . Interessen der Allgemeinheit – institutionelle 189 Betrachtung 189 a) Institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts b) Beeinträchtigung der Derivatemärkte und des Marktes für 190 Wertpapierdarlehen c) Beeinträchtigung des Marktes für Unternehmenskontrolle 191 d) Weitere Schwächung der internen Governance der börsen191 notierten Aktiengesellschaft e) Störung der effizienten Ressourcenallokation in der 192 Wirtschaftsordnung . Zusammenfassung 194 194 a) Gegenläufiges Investment

Inhalt

XIX

b) Risikoentleerte Stimmrechte 195 II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen 195 196 . Proportionalitätsprinzip (one-share-one-vote) 196 a) Grundlagen b) Verschiedene Aspekte der Diskussion um den Grundsatz 198 des one-share-one-vote c) Elementare Begrifflichkeiten 198 199 aa) Aktienerträge bb) Private Vorteile 199 d) Satzungsmäßige disproportionale 199 Stimmrechtsgestaltungen aa) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion 200 bb) Rechtswissenschaftliche Diskussion 207 217 e) Abgleich mit dem empty voting aa) Proportionalitätsprinzip und Anreizwirkung 217 218 bb) Rechtliche Bewertung 220 cc) Zusammenfassung 220 . Stimmrechtsvertretung a) Konzept des Marktes für Stimmrechtsvertretung 221 b) Akteure auf dem Markt für Stimmrechtsvertretung 222 222 aa) Banken bb) Stimmrechtsvertreter der Verwaltung 223 224 cc) Aktionärsvereinigungen dd) Professionelle Stimmrechtsvertreter, insbesondere der 224 Institutional Shareholder Service ee) Zusammenfassung 226 c) Mechanismen zur Rückbindung der Stimmrechtsausübung 226 an das Aktionärsinteresse aa) Prozedurale Absicherung der 227 Stimmrechtsvertretung bb) Haftung der Stimmrechtsvertreter gegenüber den be229 vollmächtigenden Aktionären cc) Eigenpositionen als Korrektiv? 231 d) Abgleich mit dem empty voting 233 233 aa) Stimmrechtsvertretung und Anreizwirkung bb) Rechtliche Bewertung 233 235 . Das Abspaltungsverbot . Treuhandverhältnisse 236 a) Forschungsstand 236 236 aa) Treuhänder und Stimmrecht

XX

Inhalt

bb) Haftung des Treuhänders bei Stimmrechtsausübung entgegen den Interessen des Treugebers 240 240 b) Abgleich mit dem empty voting . Bestehen beschränkt dinglicher Rechte an der Aktie – Nieß241 brauch und Pfandrecht 242 a) Stimmrecht beim Pfandrecht b) Stimmrecht beim Nießbrauch 242 242 aa) Forschungsstand bb) Abgleich mit dem empty voting 244 . Stimmbindungsverträge 245 245 a) Forschungsstand aa) Allgemeine Zulässigkeit, Formen, Zweck und Reichweite 245 247 bb) Schutzmechanismen cc) Zulässiger Vertragspartner 248 249 b) Abgleich mit dem empty voting 250 . Stimmenkauf nach dem Recht von Delaware 252 a) Vote Buying in der amerikanischen Diskussion aa) Vote Buying 252 bb) Begründungsansätze für das Verbot des 253 Stimmenkaufs b) Stimmenkauf als Mittel zur Verbesserung der Governance in 254 der börsennotierten Aktiengesellschaft aa) Entwicklung der Rechtsprechung im Bundesstaat 255 Delaware bb) Diskussion um die Zulässigkeit und Nutzen von Vote 261 Buying c) Abgleich mit dem empty voting 266 267 . Zusammenfassung 269 III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting . Aktionärsaktivismus 269 a) Aktionärsaktivismus in der Publikumsgesellschaft als neue 270 Erscheinung b) Akteure des Aktivismus – die Finanzinvestoren 271 272 aa) Hedge Fonds bb) Private Equity Fonds 276 277 c) Aktive Strategie aa) Vorgehensweise der Aktivisten 277 bb) Beurteilung der aktiven Strategie vor dem Hintergrund 278 des Principal-Agent-Konflikts

Inhalt

XXI

cc) Gefahren aktiver Aktionärsstrategien 279 dd) Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung 280 d) Strategien zur Förderung des Aktivismus – risikoentleerte 281 Stimmrechte als Anreiz zur aktiven Überwachung? e) Zusammenfassung 282 . Potential des Empty Voting als Anreiz für Informationssuche – 284 das Modell von Kobayashi und Ribstein a) Empty voting als Mittel zur Durchsetzung wertsteigernder 284 Übernahmen b) Kritik der Annahmen 286 . Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting bei einem informierten Händler – das Modell von Brav und 287 Matthews 288 a) Das Modell b) Kritik der Annahmen 292 c) Ökonomische Analyse des Rechts – Vorrang ökonomischer 292 Lösungen 293 . Zusammenfassung IV. Zwischenergebnis 294 Teil : Lösungsansätze für das Empty Voting – de lege lata und de lege ferenda 298 299 I. Relevante Aspekte 300 II. Ansätze zur Lösung de lege lata 300 . Gesellschaftsrecht a) Gegenläufiges Investment 300 aa) Starre Stimmrechtsschranken, insbesondere § 136 300 Abs. 1 AktG 304 bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken 331 cc) Zusammenfassung b) Risikoentleerte Stimmrechte 331 332 aa) Starre Stimmrechtsschranken bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken 332 cc) Zusammenfassung 335 336 c) Exkurs: Quoren aa) Allgemeines 336 bb) Risikoentleerter Squeeze-Out: Der Fall Lindner 339 KGaA d) Zusammenfassung 340

XXII

Inhalt

. Haftung des risikoentleert Einfluss nehmenden Aktionärs 341 a) Haftungsrecht als geeignetes 341 Regulierungsinstrument b) Anspruchsgrundlage 343 c) Haftung bei Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung 344 (aktives Aktionärsverhalten) 344 aa) Beeinflussung eines Verwaltungsmitglieds bb) Schaden der Gesellschaft 344 cc) Rechtswidrigkeit 345 347 dd) Zusammenfassung d) Haftung bei Einflussnahme durch Stimmrechtsausübung 347 348 e) Zusammenfassung . Kapitalmarktrecht 348 348 a) Transparenzregelungen 348 aa) Risikoentleerte Stimmrechte 349 bb) Gegenläufiges Investment b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot 350 350 . Zusammenfassung III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda 351 . Ansätze auf schuldrechtlicher Ebene im Verhältnis, das die ri351 sikoentleerte Stimmrechtsausübung ermöglicht a) Steigerung der Häufigkeit der Stimmrechtsausübung durch 351 das Investmentrecht 352 aa) Gesetzliche Pflicht zur Stimmrechtsausübung bb) Safe-Harbor-Regelung für die 353 Stimmrechtsausübung b) Besteuerung von Wertpapierdarlehen und 354 Derivaten c) Indirekte Regulierung der risikoentleerten Stimmrechtsausübung durch Verhaltenspflichten für die 354 Gegenparteien 355 . Ansätze auf gesellschaftsrechtlicher Ebene a) Mindesthaltedauern und Treustimmrechte 355 356 aa) Mindesthaltedauern bb) Treustimmrechte 357 b) Stimmrechtszuordnung zu den Inhabern der 358 Residualrechte

Inhalt

XXIII

c)

Stimmrechtsschranken 359 aa) Stimmverbote 360 bb) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das 369 Stimmverbot cc) Satzungsfreiheit hinsichtlich der 370 Stimmverbote? d) Zusammenfassung 372 373 . Kapitalmarktrechtliche Instrumente a) Erweiterung der Publizitätspflichten 374 aa) Grundlagen 374 bb) Marktlösung – erweiterte Transparenz 377 ausreichend? cc) Regelungsziele eines Transparenzsystems für das 379 empty voting dd) Verschärfung der Transparenzpflichten – verschiedene 380 Ansätze ee) Prinzipien eines Transparenzsystems, das das empty 391 voting erfasst b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot 395 395 . Zusammenfassung Teil : Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick 397 397 I. Zusammenfassung II. Ausblick – Die Einheit von wirtschaftlicher Betroffenheit und der Ausübungsbefugnis von bestimmten Rechten als Problem von 403 Finanzinnovationen Literaturverzeichnis Register

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Abkürzungsverzeichnis ADHGB AG AktG ARUG BaFin BEHG BEHV-EBK BEHV-FINMA

Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Amtsgericht; Aktiengesellschaft Aktiengesetz Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesgesetz über den die Börsen und den Effektenhandel Börsenverordnung-EBK Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof CfD Contracts for Difference DM Deutsche Mark ETF Exchange-traded fund FSA Financial Services Authority GG Grundgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung HGB Handelsgesetzbuch InvG Investmentgesetz IOSCO International Organization of Securities Commissions KG Kammergericht KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien LIBOR London Interbank Offered Rate NaStraG Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung OLG Oberlandesgericht otc-Derivate over-the-counter-Derivate StGB Strafgesetzbuch UEV Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

Teil 1: Empty Voting – Problemstellung I. Empty Voting 1. Stimmrecht und wirtschaftliches Interesse 1896 urteilte Max Weber, es sei „unerwünscht, daß – wie es oft genug vorkommt – Hereinnehmer von reportirten Aktien in der Generalversammlung maßgeblich mitsprechen.“¹ Das von ihm angesprochene Problem findet sich heute in der Diskussion um Reformvorhaben und maßgebliche Probleme des deutschen Kapitalmarkts- und Gesellschaftsrechts immer wieder. Es wird unter dem Begriff des empty voting behandelt.² Dieser beschreibt ein Phänomen, das in den vergangenen Jahren aufgrund spektakulärer Fälle erhebliche Aufmerksamkeit erfahren hat. Dabei geht es um die Ausübung von Stimmrechten in der Aktiengesellschaft, ohne dass der Abstimmende das mit dem Eigentum an Aktien verbundene Risiko trägt. Die Stimmrechtsausübung ist gleichsam „entleert“ von ökonomischem Risiko, weshalb man von empty voting spricht. Bedenken hinsichtlich der Trennung von Risiko und Chance auf der einen Seite sowie vom Stimmrecht auf der anderen Seite sind indes nicht neu: so zeigte sich Adolf Berle 1959 darüber besorgt, dass Treuhänder, ohne Inhaber der Residualrechte³ zu sein, das Stimmrecht ausübten. Denn damit sei die letzte Verbindung, die der Empfänger der Unternehmensprofite zum Eigentum des Unternehmens habe, nämlich das Stimmrecht, von der wirtschaftlichen Begünstigung

 M. Weber, ZHR 45 (1896), 69, 135.  Siehe Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2118; Fleischer, ZGR 2008, 185, 215 – 218; Leyens, JZ 2007, 1061, 1070; Schmolke, ZGR 2007, 701, 742. Der Begriff kommt aus der amerikanischen Diskussion, in der das Problem von mehreren Seiten aufgegriffen wurde, vgl. insbesondere Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811 (2006); Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 813 (2005). Das Problem wird inzwischen als eines der zentralen Probleme des Gesellschaftsrechts wahrgenommen; so findet sich auch in der neuesten Auflage eines Standardlehrbuchs zum englischen Gesellschaftsrecht eine Beschreibung, vgl. Gower/Davies, Principles, S. 466 f., ebenso wird in der neuesten Auflage der „Anatomy of Corporate Law“ kurz auf das Problem eingegangen, siehe Enriques/Hansmann/ Kraakman, in: Kraakmann/Armour, Anatomy, S. 55, 60.  Unter Residualrechten wird der Anspruch des Aktionärs auf den Liquidationserlös der Aktiengesellschaft sowie auf die Partizipation am Gewinn des Unternehmens verstanden, vgl. dazu Ruffner, Grundlagen, S. 131. Der Begriff wird bei der eingehenden Analyse der Trennung von Stimmrecht und mit dem Aktienbesitz verbundenen Risiko noch genauer untersucht, vgl. unten Teil 3, I.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

getrennt.⁴ Dementsprechend bezweifelte er, ob man im Falle der Neuschaffung des amerikanischen Wirtschaftssystems das System der Aktionärsstimmrechte wieder so einrichten würde.⁵ Neben der von Berle kritisierten Stimmrechtsausübung durch Treuhänder gibt es weitere Gestaltungen, die die Verbindung von ökonomischem Risiko und Kontrollausübung in der Aktiengesellschaft lockern bzw. durchbrechen. Zu nennen sind Mehrstimmrechte sowie stimmrechtslose Vorzugsaktien, die unter dem Stichwort „one share one vote“ bzw. „Proportionalitätsprinzip“ diskutiert werden.⁶ Die in genannten Gestaltungen haben gemeinsam, dass sie sich aus der Satzung, also dem „Innenverhältnis“ der Aktiengesellschaft ergeben.⁷ Von diesen Konstellationen der Lockerung von ökonomischem Risiko und Stimmrecht unterscheidet sich das empty voting auf zweierlei Weise. Zum einen entsteht das empty voting nicht durch unter den Aktionären getroffene Regelungen, sondern durch die Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos durch kapitalmarktrechtliche Instrumente wie Derivate und Wertpapierdarlehen. Zum anderen besteht in diesen Verhältnissen keine Treubindung gegenüber dem Vertragspartner, wie dies in Treuhandverhältnissen der Fall ist. Zwei Entwicklungen erklären das Auftreten dieses Phänomens. Zum einen die fortschreitende Innovation im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Instrumente: Equity Swaps und andere over-the-counter-Derivate (otc-Derivate) auf einzelne Aktien tauchten in den späten 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts auf.⁸ Seitdem haben sie erheblich an Bedeutung gewonnen.⁹ Der weltweite Markt für derartige Derivate hat sich den letzten beiden Jahrzehnten ausgeweitet und wächst weiter.¹⁰ Zum anderen ist die Zahl der Wertpapierdarlehen im letzten Jahrzehnt

 Berle, Power without Property, S. 63, 64. „The one remaining power by which the recipient of corporate profits might have direct relation to corporate ownership has been divided from the benefits itself.“  Berle, Power without Property, S. 109.  Siehe zuletzt umfassend zur Situation in der Europäischen Union Shearman & Sterling LLP/ Institutional Shareholder Services/European Corporate Governance Institute, Proportionality between Ownership and Control, sowie Burkart/Lee, One Share – One Vote, und R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51 (2008). Auch letztere weisen auf die Neuartigkeit und die unzureichende Erforschung des Problems hin, vgl. ebd., 73.  Siehe das Schaubild bei European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 10, sowie die Auflistung der verschiedenen Mechanismen auf S. 31 f.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 844 (2006).  Hull, Optionen, S. 24.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 844– 845 (2006).

I. Empty Voting

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ebenfalls signifikant angestiegen.¹¹ Dadurch ist es möglich geworden, das Stimmrecht in großem Umfang vom dahinter stehenden ökonomischen Interesse abzutrennen und zu verselbständigen.¹² Die beschriebene Verselbständigung wird aufgrund der großen Bedeutung des Stimmrechts für die Corporate Governance der Unternehmen skeptisch gesehen. Denn das Stimmrecht ermöglicht als „wichtigstes Teilhaberecht am Verbandsgeschehen“¹³ die Überwachung des Managements und gegebenenfalls dessen Abberufung sowie Anpassungen der Gesellschaft in einem sich ändernden wirtschaftlichen Umfeld.¹⁴ Wird es ohne das damit verbundene Risiko ausgeübt, so wird eine Störung dieser Funktionen befürchtet.¹⁵ Wie eine derartige Verselbständigung entstehen kann, inwieweit dadurch Störungen der Corporate Governance drohen und welche Konsequenzen gegebenenfalls zu ziehen sind, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit, die die zugrunde liegenden Interessenslagen aufzeigt und Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Im Folgenden soll zunächst das Auftreten problematischer Fälle von empty voting sowie das daraus resultierende Interesse der verschiedenen Finanzmarktregulatoren kurz dargestellt werden, um die praktische Bedeutung des Problems zu illustrieren. Daran anschließend wird das Spektrum der Fälle, in denen das empty voting virulent wird, aufgezeigt und zusammenfassend ein Problemaufriss formuliert. Mit den gewonnen Erkenntnissen wird zunächst das methodische Vorgehen reflektiert (unter II) und dann der Gang der Untersuchung entwickelt (unter III).

 Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 845 (2006). So ist beispielsweise in den USA das Volumen der Wertpapierdarlehen von 940 Milliarden US Dollar Mitte 2003 auf 1,3 Billionen US Dollar Mitte 2004 angewachsen.  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 813 (2005); Nathan, Empty Voting, S. 1– 3. Siehe auch noch ausführlich unten unter Teil 3, II.  Fleck, in: FS Fischer, S. 117.  Zur Bedeutung des Stimmrechts Ruffner, S. 173; insbesondere hinsichtlich der Corporate Governance, siehe European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 14. Ausführlich unter Teil 2, I.  So Cobb/Cole/Mitchell, Empty Voting, S. 1: „By separating voting power from economic interest, empty voting undermines a fundamental principal of corporate governance, which is, that shareholders will vote their shares in a manner that maximizes the value of their ownership interest in the company.“ Ähnlich Nathan, Empty Voting, S. 1.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

2. Regulatorische Aufmerksamkeit und bestehende Unsicherheit Die Einschätzung der Wissenschaft, dass das empty voting ein beträchtliches Problem darstellen kann, wird von den internationalen Regulierungsinstanzen geteilt. So äußerte ein Mitarbeiter der Securities and Exchange Commission im Januar 2007, empty voting „carries the potential to create much mischief in shareholder voting“¹⁶. Und die Behörde ließ verlautbaren, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine regulatorische Antwort auf aufgetretene Fälle geben werde.¹⁷ Der Schweizer Gesetzgeber hat ebenfalls auf Unklarheiten hinsichtlich der Beteiligungshöhe und der Stimmrechtsmacht reagiert und die Transparenzanforderungen für Finanzinstrumente und Wertpapierdarlehen deutlich erhöht.¹⁸ In Großbritannien wurde in verschiedenen Berichten der Shareholder Voting Working Group auf die Probleme, die durch das Wertpapierdarlehen sowie durch Derivate entstehen, hingewiesen und das Ergreifen von Maßnahmen empfohlen. Auch das Securities Lending and Repo Committee der Bank of England hat sich schon mehrere Male mit Fragen der Stimmrechtsausübung von darlehensweise übertragenen Aktien beschäftigt und auf die Gefahren hingewiesen.¹⁹ Allerdings hat der zuständige Minister Paul Myners, der die letzten Jahre einer Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Hindernisse der Stimmrechtsausübung²⁰ vorsaß, erst vor kurzem erwogen, dass der so faktisch ermöglichte Kauf von Stimmen auch positive Effekte auf die Corporate Governance haben könnte.²¹ Auch auf europäischer Ebene ist das empty voting Diskussionsgegenstand und zählt zu den Fragen, die die European Corporate Governance Forum Working  Hoffman, Empty Voting.  Cobb/Cole/Mitchell, Empty Voting, S. 1.  Siehe dazu ausführlich unten unter Teil 5, III.3 a).  Siehe die Berichte des Securities Lending and Repo Committee der Bank of England. Das Work Programme des Committee sieht als Punkt Nr. 12 „Monitoring corporate governance proposals affecting securities lending and repo“ vor. Alle Dokumente des Committee abrufbar unter http://www.bankofengland.co.uk/markets/gilts/slrc.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011.  Die Berichte von Paul Myners an die Shareholder Voting Working Group, einem Gremium, das sich aus verschiedenen Branchenmitgliedern zusammensetzt, enthalten alle den Hinweis auf die Gefahren des empty voting. Zunächst noch beschränkt auf das Wertpapierdarlehen, später aber auch hinsichtlich von Derivaten. Der Bericht aus dem Jahre 2004 ist abrufbar unter http://www.manifest.co.uk/myners/04– 02– 04 %20Final%20SVWG%20Report.pdf (hier insbesondere S. 20), zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011. Der Bericht aus dem Jahre 2005 ist abrufbar unter http://www.investmentuk.org/press/2005/20051114– 01.pdf (hier besonders S. 5 f.). Der Bericht aus dem Jahre 2007 findet sich unter http://www.investmentfunds.org.uk/press/2007/ 20070730-01.pdf (insbesondere S. 9 – 12).  Siehe Hughes, Cash-for-votes, sowie Hutchings/Foster, Boundaries.

I. Empty Voting

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Group on Proportionality als eine der dringlichsten erachtet, die sofort einer regulatorischen Antwort bedarf.²² Das Corporate Governance Forum der Generaldirektion Binnenmarkt zeigt sich zunehmend besorgt über das Phänomen und hat in jüngster Zeit mehrfach dazu Stellung genommen und eine Auseinandersetzung mit dem Problem angekündigt.²³ Darüber hinaus haben sich verschiedene Verbände und Arbeitsgruppen kritisch über die Tatsache geäußert, dass die Darlehensnehmer im Rahmen eines Wertpapierdarlehens die Stimmrechte zur Beeinflussung der Gesellschaft nutzen und sich gegen diese Art der Kontrollausübung ausgesprochen.²⁴ Besteht somit weitgehend Einigkeit darüber, dass das empty voting ein Problem darstellt, so wird andererseits auch betont, dass man noch sehr wenig über die angewandten Methoden wisse und deshalb eine Regulierung schwierig erscheine; von einer „regulatorischen Fahrt ins Blaue“ wird abgeraten.²⁵ Man wisse zwar schon einiges, vieles eben aber auch noch nicht.²⁶ Für die weitere Analyse ist daher zu bedenken, dass noch keine endgültigen empirischen Ergebnisse über die Reichweite des empty voting und dessen konkrete Auswirkungen auf die Aktien-

 Siehe European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 6, 29. Siehe zuletzt die Zusammenfassung einer Konferenz der Generaldirektion Binnenmarkt am 11.6. 2010 zu Fragen der Auswirkungen der Transparenzrichtlinie, S. 4, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_ market/securities/docs/transparency/conference20100611/conclusions_en.pdf, zuletzt aufgerufen am: 15.03. 2011 („empty voting needs to be tackled. This is essential for corporate governance“).  European Corporate Governance Forum, Treffen vom 19. 5. 2009 (S. 5 f.) sowie Treffen vom 17. 2. 2009 (S.7 f.), beide abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/ecgforum/ index_en.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011.  Siehe Stock Lending and Repo Committee, 11.12. 2002, S. 2; International Securities Lending Association, Securities Lending and Corporate Governance, S. 5, 11, abrufbar unter http://www. isla.co.uk/uploadedFiles/Publications/Corporate%20Gov.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011. Siehe auch Gower/Davies, Principles, S. 466 („has not been fully thought through“).  Fleischer, ZGR 2008, 185, 217. Von einer vorschnellen Regulierung aufgrund mangelnder Informationen abratend auch Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1076 (2007); Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 49; European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 6, 23; European Corporate Governance Forum, Treffen vom 17. 2. 2009 (S. 7 f.), abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/ecgforum/index_en.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011. Die besondere Schwierigkeit der Regulierung des Phänomens betont auch Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 332 (2008).  Nathan, Empty Voting, S. 9 („While much is known about „empty voting“, much is not“). Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1265 (2008), äußern sich unsicher darüber, in welchem Ausmaß derartige Taktiken angewandt werden.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

gesellschaften vorliegen.²⁷ Aufgrund der noch zu zeigenden Vielzahl von Mechanismen, mit denen eine Trennung von Stimmrecht und wirtschaftlichen Folgen erreicht werden kann, ist die Frage nach einer regulatorischen Antwort ein hochkomplexes Problem.²⁸ Ziel der vorliegenden Arbeit muss es daher sein, die verschiedenen Interessen im Rahmen des empty voting zu analysieren und den möglicherweise entstehenden Interessenkonflikt herauszuarbeiten und zu beschreiben. Dieser ist dann mit ähnlichen Konflikten abzugleichen und in das dogmatische System des deutschen Gesellschaftsrechts einzuordnen. Um für den weiteren Gang der Untersuchung eine Vorstellung von der Praxisrelevanz des empty voting zu gewinnen werden im Folgenden zunächst einige Fälle beschrieben, die in den letzten Jahren aufgetreten sind und das Spektrum der Fallgestaltungen illustrieren. Im Anschluss wird dann auf das „Komplementärproblem“ zum empty voting eingegangen, die sog. hidden ownership. Dieses hat in letzter Zeit gleichfalls verstärktes Interesse auf sich gezogen. Durch eine Abgrenzung wird die Fragestellung der vorliegenden Arbeit konkretisiert.

3. Spektrum der Fälle – Spektrum der Interessen Wie bereits angedeutet, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Stimmrecht und ökonomisches Interesse voneinander zu trennen. Die unten beschriebenen Fälle zeigen einige auf und machen deutlich, dass die Interessenslage in verschiedenen Konstellationen sehr unterschiedlich sein kann.

a) Der Fall Laxey & British Land²⁹ British Land ist eine britische Immobilienfirma, die in hochklassige moderne Liegenschaften investiert und heute ein Portfolio von 13,5 Milliarden britischen Pfund verwaltet.³⁰ Anfang 2002 begann der Hedge Fond Laxey Partners (UK), ein Tochterunternehmen der Laxey Partners Ltd, die auf der Isle of Man ansässig ist,

 Um eine breitere Informationsbasis für eine regulatorische Antwort zu schaffen, hat die European Securities and Markets Authority jüngst einen „call for evidence“ initiiert, der Fragebogen ist abrufbar unter www.esma.europa.eu.  Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1076 (2007); Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 809 (2005).  Ähnliches, fiktives Beispiel bei Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 16.  Siehe für nähere Informationen über das Unternehmen http://www.britishland.com/.

I. Empty Voting

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Aktien von British Land zu leihen³¹. Ziel war allerdings nicht, wie bei der Aktienleihe üblich, die Aktien leer zu verkaufen und somit auf einen fallenden Kurs von British Land zu spekulieren. Im Gegenteil, Laxey Partners hielt selbst eine Beteiligung von einem Prozent an British Land.³² Ziel von Laxey Partners war es, Einfluss auf die Entscheidungen in der anstehenden Hauptversammlung (general meeting) zu nehmen.³³ Der Chief Executive Officer des Unternehmens sollte gegen seinen Sohn ausgetauscht werden, um eine Strategieänderung bei British Land herbeizuführen. Erreicht werden sollte eine größere Verantwortlichkeit des boards gegenüber den Anteilseignern und darüber hinaus die Einsetzung einer professionellen Verwaltung.³⁴ Das Management von British Land wies die Änderungsvorschläge zurück und merkte an, es könne Laxey Partners kaum um eine verbesserte Corporate Governance gehen, wenn diese sich Aktien leihen würden in einer Art und Weise, die die wirkliche Stimmbeteiligung verschleiern sollte.³⁵ In der Folge gelang es British Land, die übrigen Aktionäre von der Unrichtigkeit der Vorwürfe des Hedge Fonds zu überzeugen und auf der entscheidenden Hauptversammlung die Ausübung der Stimmrechte geliehener Aktien glaubhaft zu machen.³⁶ Daraufhin hatte keiner der von Laxey vorgebrachten Anträge Erfolg.³⁷ In diesem ersten Beispiel wird das grundsätzliche Problem deutlich: Laxey Partners stimmte mittels Aktien, die ihnen durch ein Wertpapierdarlehen übertragen worden waren, für einen Strategiewechsel und eine Umorientierung der Unternehmensführung. Die Aktien, mittels derer Laxey abstimmte, musste der Hedge Fond später an die verschiedenen Verleiher rückübertragen. Einige dieser Darlehensgeber wussten nicht einmal, dass ihre Aktien an Laxey übertragen worden waren.³⁸ Hätten Laxey Partners die Entscheidung mittels der Stimmen aus  Rechtstechnisch gesehen handelt es sich nach deutschem Recht um ein Wertpapierdarlehen, d. h. ein Sachdarlehen i.S.d. § 607 BGB, bei dem das Eigentum übertragen wird und später nur Sachen der gleichen Art und Güte rückübertragen werden müssen, siehe dazu noch ausführlich unten unter Teil 3, II. 1. Im Folgenden wird der Begriff „Wertpapierdarlehen“ gebraucht. Auch im englischen Recht bleibt es beim securities lending nicht bei einer Leihe, sondern es kommt zu einem vollständigen transfer of title, vgl. International Securities Lending Association (Hrsg.), Securities Lending and Corporate Governance, S. 5, abrufbar unter http://www.isla.co.uk/uploa dedFiles/Publications/Corporate%20Gov.pdf, zuletzt aufgerufen am 11.02. 2011  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 817 (2006).  Bei der Hauptversammlung hatte sich Laxey knapp 42 Millionen Aktien von British Land geliehen.  Siehe Piccitto, Laundering Money; Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 834 (2006).  Piccitto, Laundering Money. Der chairman von British Land nannte die Strategie des Fonds später „rent-a-vote“, vgl. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 834 (2006)  Siehe die Darstellung unter http://www.britishland.com/history6.htm.  Siehe http://www.britishland.com/history6.htm.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 834 (2006).

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

den geliehenen Aktien in ihrem Sinne beeinflussen können, so hätte dies möglicherweise Folgen auf die Kursentwicklung der British-Land-Aktie und für die Dividendenausschüttung gehabt. Laxey Partners hätten diese Folgen indes nur im Umfang ihrer Prozentbeteiligung tragen müssen. Denn der Fond wusste, dass er die Aktien später zurückgeben würde. Die Folgen des Abstimmungsergebnisses hätten die verleihenden Aktionäre getroffen. Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage stellt sich aber eine weitere Frage: Warum lieh der Fond sich die Aktien? Vielleicht hatte er auf fallende Kurse spekuliert und parallel Aktien von British Land leer verkauft. Die von ihm initiierte Auswechslung hätte unter Umständen eine negative Prognose hinsichtlich der zukünftigen Ertragskraft des Unternehmens bedingt, der Aktienkurs wäre gefallen. Danach hätte sich der Fond auf dem Markt billiger mit Aktien eindecken und seine Rückgabeverpflichtung aus dem Darlehensvertrag erfüllen können. Oder die eigene Beteiligung reichte nicht aus, um Druck auf das Management auszuüben. Vielleicht hatten Laxeys Analysten eine sorgfältige Markt- und Unternehmensanalyse durchgeführt und hielten das Unternehmen aufgrund dieser Analyse für falsch geführt und deshalb unterbewertet. Durch einen Strategiewechsel wollte der Fond für eine angemessene Bewertung sorgen und den Börsenpreis wieder an tatsächlichen Wert des Unternehmens heranführen. Wäre dies gelungen, so wäre allen Aktionären von British Land gedient gewesen. Es wird deutlich, dass das empty voting nicht zwangsläufig negative Effekte haben muss und möglicherweise effizienzsteigernd wirken kann. Andererseits besteht die Gefahr, dass damit Interessen verfolgt werden, die denen der Gesellschaft und den übrigen Aktionären entgegenstehen.³⁹ Dies illustriert das nächste Beispiel.

b) Der Fall Perry-Mylan Kein Beitrag zum empty voting kommt umhin, den Fall Perry-Mylan zu behandeln – dieser kann somit schon fast als „klassisch“ bezeichnet werden.⁴⁰ Der Sach Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 820 – 21 (2006) meinen, dass Laxey einer der Fälle war, die positive Effekte haben könnten. Auch Fleischer, ZGR 2008, 185, 217, weist daraufhin, dass empty voting effizienzsteigernd wirken könnte.  Vgl. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 828 (2006); Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1075 – 77 (2007); Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1265 – 67 (2008) (mit anschaulichem Schaubild auf S. 1266); Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1502– 05 (2007); Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 701 (2007); Thompson/ Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 153– 54 (2009); Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 3; Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 237– 38 (2008); Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 195 – 199 (2006); Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 42; Skeel, Behind the hedge; Yermack, Shareholder Voting and Corporate Governance, S. 16. Aus der deutschen Diskussion: Eidenmüller,

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verhalt gestaltete sich folgendermaßen: 2004 plante das Pharmazieunternehmen Mylan Laboratories aus Pennsylvania eine Fusion mit dem Generikahersteller King Pharmaceuticals. Zu diesem Zweck wurde ein Abkommen über die Fusion unterzeichnet, welches zu einem Kursverlust der Mylan-Laboratories-Aktie um 17 Prozent führte. Daraufhin begannen mehrere Investoren, darunter auch Carl Icahn, Blöcke von Mylan-Laboratories-Aktien zu kaufen, um die Fusion mit King Pharmaceuticals zu verhindern. Dies schien möglich, da für die Fusion die Zustimmung der Hauptversammlung von Mylan Laboratories notwendig war. Eine Ablehnung hätte allerdings bedeutet, dass Perry Capital, ein in New York ansässiger Hedge Fond, einen Gewinn von 28 Millionen Dollar nicht hätte realisieren können, da Perry Capital Eigentümer von sieben Millionen King-PharmaceuticalsAktien war.⁴¹ Diese Chance wollten sich die Manager von Perry Capital nicht entgehen lassen. Der Hedge Fond kaufte kurzerhand selbst 26,6 Millionen Aktien von Mylan Laboratories, was einem Anteil von 9,9 Prozent entsprach, und war damit größter Aktionär des Unternehmens.⁴² Gleichzeitig sicherte Mylan diese Position mit Equity Swaps und anderen, nicht näher bekannten Hedging-Transaktionen ab.⁴³ Im Rahmen eines Equity Swaps muss die sog. Equity-Seite der sog. FloatingSeite einen Betrag zahlen, der dem Gewinn aus den zugrunde liegenden Aktien entspricht, im vorliegenden Fall also der Aktien von Mylan Laboratories. Im Gegenzug zahlt die Floating-Seite der Equity-Seite einen Betrag, der einem variablen Zinssatz entspricht, beispielsweise dem LIBOR (London Interbank Offered Rate⁴⁴). Das ökonomische Risiko wird durch dieses Geschäft gleichsam getauscht.⁴⁵ Perry Capital trug damit das Risiko einer schlechten Entwicklung der Aktien nicht mehr, da diese an den Vertragspartner des Equity Swaps weitergereicht wurde. Die weitere Entwicklung von Mylan Laboratories war für Perry Capital daher unbedeutend. Sie hatte keine Auswirkungen mehr auf das Vermögen des Fonds, da eine abgesicherte Position in Zukunft weder Gewinn noch Verlust generiert.⁴⁶ Das Interesse des Fonds ging folglich dahin, dass die Transaktion zuDStR 2007, 2116, 2118; Fleischer, ZGR 2008, 185, 215 f. (der von dem Fall als „Paradebeispiel“ spricht); Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 405. Aus der Schweiz Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 2.  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1503 (2007); Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 828 (2006).  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1503 (2007); Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 828 (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 844 (2006).  Dabei handelt es sich um einen Durchschnitts-Zinssatz, der sich aus den Zinssätzen errechnet, den die Banken in der Londoner City bei der Kreditvergabe untereinander verlangen.  Hudson, The Law on Derivatives, S. 73 f. Daher auch die Bezeichnung „swap“.  Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 702 (2007); Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1502 (2007); Martin/ Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 778 (2005).

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

stande kam und dass ein möglichst hoher Preis für das Zielunternehmen bezahlt wurde. Demgegenüber wollten die übrigen Aktionäre die Transaktion möglicherweise verhindern bzw. einen möglichst niedrigen Preis bezahlen. Somit drohte zum einen eine Schädigung der anderen Aktionäre, zum anderen eine volkswirtschaftlich unerwünschte Zerstörung von Werten, in dem Fall, dass sich der Kauf von King Pharmaceuticals durch Mylan Laboratories als nicht sinnvoll herausgestellt hätte.⁴⁷ Die Allokationsfunktion, die dem Kapitalmarkt zukommt, scheint beeinträchtigt, wenn die Stimmrechtsausübung nicht mehr nach dem Interesse an der Entwicklung des Unternehmens ausgerichtet wird, sondern an anderen Zielen, wie beispielsweise der Gewinnmaximierung aus einem anderen Investment. Denn dann wird das Stimmrecht nicht mehr mit dem Ziel, eine für das Unternehmen möglichst positive Entscheidung zu treffen, ausgeübt. Eine ähnliche Konfliktlage zeigt auch der Fall der Deutsche Börse AG.

c) Der Fall Deutsche Börse AG Der letzte Fall hat die deutsche Öffentlichkeit erregt und wird als Beispiel für den schädlichen Einfluss von ausländischen Finanzinvestoren, insbesondere von Hedge Fonds, auf die deutsche Wirtschaft zitiert. Es handelt sich um den Fall Deutsche Börse AG.⁴⁸ Deren Vorstandsvorsitzende Seifert hegte ambitionierte Pläne zur Übernahme der London Stock Exchange und wollte die Deutsche Börse dadurch zu einem der führenden Wertpapierhandelsplätze der Welt machen. Die Erwerbsabsicht gab das Unternehmen im Dezember 2004 bekannt. Im Januar 2005 sprachen sich zwei an der Deutschen Börse beteiligte Hedge Fonds, The Children’s Investment Fund sowie Atticus Capital, offen gegen die Akquisition aus.⁴⁹ Sie machten geltend, dass der von der Deutschen Börse AG angebotene Übernahmepreis von 5,30 Britischen Pfund zu hoch sei und die Deutsche Börse AG sich ohne die Akquisition besser entwickeln werde.⁵⁰ Dieser Ansicht schlossen sich daraufhin verschiedene andere Großaktionäre an, so dass die Akquisitionspläne letzten Endes fallen gelassen wurden. Was nach einer normalen Entwicklung im Rahmen der Kontrolle des Managements durch die Aktionäre klingt, erscheint in einem anderen Licht, wenn man den Blick auf die sonstigen Investments der gegen die Übernahme opponierenden

 Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 810 (2005); Nathan, Empty Voting, S. 7.  Der Fall wird in der deutschen Rechtswissenschaft allerdings bislang vornehmlich unter dem Aspekt des „acting in concert“ nach WpHG und WpÜG beurteilt, nicht jedoch hinsichtlich des empty voting.  Engert, ZIP 2006, 2105, 2107; Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 843 (2006).  Engert, ZIP 2006, 2105, 2107.

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Hedge Fonds richtet. Sie hatten gleichzeitig Aktien der London Stock Exchange leer verkauft und damit auf fallende Kurse des Übernahmeziels spekuliert. Tatsächlich fiel der Kurs der Aktien der Londoner Börse nach Bekanntgabe der Aufgabe des Übernahmeversuchs deutlich.⁵¹ Darüber hinaus waren die Hedge Fonds an der Euronext, einem Konkurrenten der Deutschen Börse AG beteiligt.⁵² Durch die Spekulation auf das Fallen des Aktienkurses der London Stock Exchange entstand ein gegenläufiges Interesse, das bei der Bewertung der Übernahmepläne durch die Hedge Fonds mit in Betracht gezogen wurde. War die Position, die sie auf einen fallenden Kurs der London Stock Exchange gesetzt hatten, nur groß genug, um einen eventuell durch die gescheiterte Übernahme absinkenden Kurs der Aktie der Deutschen Börse AG auszugleichen, so war es für die Hedge Fonds rational, die Übernahme zu verhindern, unabhängig davon, ob diese zu einer Wertsteigerung des Unternehmens Deutsche Börse geführt hätte oder nicht.⁵³ Durch ein für die Deutsche Börse negatives Abstimmungsergebnis konnten sie sogar noch den Wert ihres Investment beim Konkurrenten Euronext steigern, der von einer schlechten Entwicklung der Deutschen Börse profitieren würde. Auch ein möglicher positiver Effekt der Übernahme für die Aktionäre der London Stock Exchange floss nicht in ihre Berechnung ein. Andererseits könnte man den Leerverkauf der London Stock Exchange Aktien auch so werten, dass der Hedge Fond damit nur seine Überzeugung von der Richtigkeit der Obstruktion der Übernahme untermauerte und die Kosten, die ihm durch die Analyse dieses Sachverhalts, also die Informationsbeschaffung, entstanden waren, wieder auszugleichen.⁵⁴ Der beschriebene Konflikt und die Tatsache, dass die anderen Aktionäre diesen Konflikt und die Interessenlage bei der Abstimmung nicht kannten, wirken dennoch problematisch. Das Beispiel der Deutschen Börse AG macht zwei weitere Aspekte des Problems deutlich. Zum einen, dass nicht zwangsläufig ein weiteres kapitalmarktrechtliches Instrument wie ein Wertpapierdarlehen oder ein Derivat, zur Aktionärsstellung treten muss, um zur Risikoentleerung der Stimmrechte zu führen. Es genügt, wenn ein gegenläufiges Investment, das bei einem bestimmten Abstimmungsverhalten an Wert gewinnt, hinzukommt, so dass bei einer Saldierung der Gewinne und Verluste weiterhin ein Abstimmen entgegen der Interessen der sonstigen Aktionäre zu einem Gewinn führt.

   

Engert, ZIP 2006, 2105, 2107, Fn. 25. Engert, ZIP 2006, 2105, 2108. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 843 (2006); Engert, ZIP 2006, 2105, 2107 f. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 843 (2006).

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

Zum anderen muss es nicht zwangsläufig zu einer Abstimmung mittels der risikoentleerten Aktien kommen. Gefahr für die Corporate Governance besteht schon dann, wenn überhaupt auf Entscheidungen Einfluss genommen wird. Die Stimmrechtsausübung erweist sich insofern als nur ein möglicher Fall der Einflussnahme. Aufgrund der Tatsache, dass es das mächtigste Mittel des Aktionärs ist, allerdings als der zentrale Fall. Alle anderen Arten von Einflussnahme, wie der Vorschlag einer neuen Geschäftsstrategie, erlangen erst durch die drohende Stimmrechtsausübung Bedeutung und Gewicht für die Verwaltung. Es wiederholt sich der auch im Perry-Mylan-Konflikt zutage tretende Interessenkonflikt: Ein Aktionär nimmt auf eine Gesellschaft Einfluss, verfolgt dabei aber ein anderes Interesse als der Rest der Aktionäre und wird von den Folgen seiner Einflussnahme in einer anderen Weise als die übrigen Aktionäre betroffen.⁵⁵ Eine derartige Einflussnahme stellt auch die prinzipiell zu begrüßende⁵⁶ Tätigkeit von aktiven Aktionären in Frage. Denn man erhofft sich, dass sie das Problem der rationalen Apathie verringern und Kontrolle über die Verwaltung im Interesse aller Aktionäre ausüben. Die aktiven Aktionäre können allerdings nicht als „Transmissionsmechanismus“⁵⁷ für die Markteinschätzung erachtet werden, wenn sie mit ihrer Einflussnahme Ziele verfolgen, die den Interessen der übrigen Aktionäre entgegenlaufen. Werden die Entscheidungen durch Interessenkonflikte geprägt und durch empty voting herbeigeführt, so wird sich kein Vertrauen in die Einflussnahme durch aktive Aktionäre bilden.

4. Zusammenfassender Problemaufriss a) Interessenskonflikte der aktiven Aktionäre Es lässt sich zusammenfassen: an das Gesellschaftsrecht treten durch den Kapitalmarkt Konfliktlagen heran, die durch die Ausweitung der Aktienleihe und die ständige Entwicklung auf dem Markt für Finanzprodukte eine neue Qualität erreicht haben. Gleichzeitig werden die Akteure, die sich dieser Mittel vorrangig bedienen, als neue Hoffnungsträger der Corporate Governance angesehen. Denn sie scheinen geeignet, das lange bestehende Kontrollproblem zwischen Verwaltung und Aktionären in der Publikumsgesellschaft zu lösen. Ihr Wirken wird also

 Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 787, 789 (2005).  Siehe zu dieser positiven Einschätzung Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1071– 72 (2007). Aus der deutschen Literatur siehe Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117 f.; Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 70; Schmolke, ZGR 2007, 701, 708; Gaede, Aktionärsverhalten, S. 60, 74; kritisch U. H. Schneider/Anzinger, NZG 2007, 88 ff. Zu aktiven Aktionärsstrategien noch unten unter Teil 4, III.1.  So Engert, ZIP 2006, 2105, 2106.

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als grundsätzlich positiv eingestuft. Sie sind aber aufgrund ihrer Fähigkeit, schnell Positionen auf- und abzubauen, sowie ihrer strikten Orientierung an einem absoluten Gewinn, besonders anfällig für derartige Interessenkonflikte. Dass bei den oben beschriebenen Fällen ausschließlich Hedge Fonds beteiligt waren ist kein Zufall; die Technik des empty voting wurde bei den bekannten Fällen fast ausschließlich von Hedge Fonds verwendet. Heute ist es möglich, Stimmrecht und aus der Aktie ausfließendes Risiko zu trennen und bei der Stimmrechtsausübung gesellschaftsfremde Zwecke zu verfolgen, ohne die daraus resultierenden Folgen zu tragen. Es werden dazu Mittel gebraucht, die einen kapitalmarktrechtlichen Hintergrund haben und deren ursprüngliche Schaffung nicht der risikolosen Kontrollerlangung in einer Aktiengesellschaft diente, sondern vornehmlich Marktbedürfnisse der Spekulation und der Risikodiversifikation befriedigen sollte. Sie können aber auch den beschriebenen Effekt der Risikoentleerung zeitigen.⁵⁸ Die Bewertung dieses Effekts ist nicht eindeutig – möglicherweise können diese risikoentleerten Stimmrechte die Kontrolle der Aktionäre über das Management verbessern und somit zu einer Milderung des Problems der unzureichenden Verwaltungskontrolle durch die Aktionäre beitragen. Andererseits droht ein Missbrauch der Einflussmacht zur Verfolgung von außerhalb der Gesellschaft liegenden Zielen durch die riskoentleert abstimmenden Aktionäre. Wie das empty voting im Einzelnen möglich wird, wie es einzuschätzen ist und wie es nach geltendem Recht und in Zukunft behandelt werden sollte, wird im Folgenden untersucht.

b) Das Komplementärproblem – hidden ownership Um den Untersuchungsgegenstand weiter zu spezifizieren ist noch eine Abgrenzung von einem verwandten, komplementär gelagerten Problem vonnöten. In den beschriebenen Fällen ist deutlich geworden, wo das Problem des empty voting liegt: der Abstimmende entledigt sich des ökonomischen Risikos, das in der Regel mit der Stimmrechtsausübung verbunden ist. Dieses besteht darin, die Folgen des eigenen Abstimmungsverhaltens tragen zu müssen. Dadurch besteht im Normalfall ein Anreiz dazu, in einer Art und Weise abzustimmen, die nach eigener Auffassung zur bestmöglichen Entwicklung der Aktiengesellschaft führt.

 Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 778 (2005) meinen sogar, dass heute von der Annahme, die Aktionäre seien die Anspruchsinhaber des Residualanspruchs in der Regel nicht mehr ausgegangen werden könne („Shareholders are neither necessarily nor commonly in the residual claimant position that the literature has heretofore assumed.“).

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

Im Fall der sog. hidden ownership ⁵⁹ ist etwas anderes gewollt. Derjenige, der das Risiko der Aktien trägt, will noch nicht in Erscheinung treten. Da die meisten Publizitätsregeln an das Stimmrecht anknüpfen, überträgt diese Partei die Aktien an einen Dritten, so dass er seine Beteiligung nicht publik machen muss. So ist es möglich, einen bedeutenden Anteil an einem Unternehmen aufzubauen, ohne den Kapitalmarkt darüber informieren zu müssen und somit Übernahmegerüchte anzuheizen. Der Markt kann somit die Erwartung einer bevorstehenden Übernahme noch nicht im Preis verarbeiten.⁶⁰ Darüber hinaus ist es für den hidden owner von Vorteil, bereits eine solche Beteiligung (sog. toehold) bei der Abgabe eines Übernahmeangebotes inne zu haben, da dadurch andere Bieter in einem Übernahmeverfahren abgeschreckt werden und die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiteres Angebot abgegeben wird, signifikant sinkt.⁶¹ Der erste derartig gelagerte Fall, der in Deutschland aufgetreten ist, hat breite Aufmerksamkeit erfahren – es handelt sich um den sog. Schaeffler-Fall.⁶² Die Schaeffler KG hatte eine Beteiligung an der Continental AG aufgebaut und gleichzeitig mit mehreren Banken Equity Swaps abgeschlossen, die allerdings auf einen Barausgleich (cash-settled) und nicht auf Reallieferung (physically-settled) gerichtet waren. Dies bedeutete, sie bildeten nur schuldrechtlich ein Investment in die Aktie ab, ohne dass ein Anrecht auf die Lieferung des dem Derivat zugrunde liegenden Basiswerts (underlying), also der Aktie, bestanden hätte.⁶³ Um die Risiken, die sich aus diesem Geschäft ergeben, abzusichern, ist es allerdings marktüblich, dass der Vertragsteil, der verpflichtet ist, das Risiko der Wertentwicklung der Aktie zu tragen, die Aktie erwirbt.⁶⁴ Am Ende des Equity-Swap-

 Auch dieser Begriff stammt, wie der des empty voting von den amerikanischen Wissenschaftlern Bernhard Black und Henry T. C. Hu, die beide Begriffe unter dem Oberbegriff „Decoupling“ zusammenfassen, siehe Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 816 (2006).  In der anglo-amerikanischen Fachsprache wird dieses Vorgehen als „stealth takeover“ bezeichnet.  Siehe Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501; Schouten, Mandatory Ownership Disclosure S. 26. Allerdings weisen Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 841 (2006) darauf hin, dass ein Anschleichen in einem geringen Umfang sozial wünschenswert sein könnte, da dadurch die Kontrollerlangung verbilligt wird und somit die Hemmschwelle für eine Übernahme absinkt. Dies würde wiederum den Markt für Unternehmenskontrolle stärken und somit insgesamt zu einer besseren Kontrolle der Unternehmensverwaltung führen. Siehe zum Markt für Unternehmenskontrolle noch unten unter Teil 2, I.3.  Siehe dazu Zetzsche, Hidden Ownership; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501 ff.; U. H. Schneider/Brouwer, AG 2008, 557 ff.; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 4– 6. Zum Sachverhalt auch von Falkenhausen/Bedkowski, FAZ vom 30.7. 2008, S. 19.  Siehe zur Struktur eines cash settled equity swap Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503 f.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 837 (2006); Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503; U. H. Schneider/Brouwer, AG 2008, 557; Mittermeier, ZBB 2010, 139, 147; Schouten, Mandatory Owner-

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Geschäfts besteht sodann in der Regel für den anderen Vertragsteil die Möglichkeit, die Aktien zu erwerben.⁶⁵ Ein Anspruch darauf besteht allerdings nicht;⁶⁶ in der Tat sind auch schon Fälle aufgetreten, in denen der Vertragspartner die Aktien nicht an den Derivate-Käufer verkauft, sondern anderweitig veräußert hat.⁶⁷ Dennoch zeigen sich die Regulatoren in Großbritannien besorgt. Die Financial Services Authority (FSA) veröffentlichte ein Papier zu den sog. „Contracts for Difference“, in dem das Auseinanderfallen von Stimmrechtsmacht und ökonomischem Interesse diskutiert wird.⁶⁸ Die Diskussion über dieses Papier und dieses Problem hat inzwischen zu einer Neuregelung des Publizitätsregimes in Großbritannien geführt, bei dem auch Derivate offengelegt werden müssen, die ökonomisch die Vermögensrechte einer Aktie abbilden.⁶⁹ Auch die Schweiz hat bereits neue Regelungen hinsichtlich Aktien-Derivaten mit Barausgleich erlassen. Der Schweizer Gesetzgeber hat schnell reagiert und die Publizitätspflichten erweitert und auf derartige Derivate erstreckt.⁷⁰ Dort war die Diskussion aufgrund der Übernahme einiger Traditionsunternehmen durch das sog. „Anschleichen“ in Gang gekommen.⁷¹ Vor dem Hintergrund der versuchten VW-Übernahme durch die Porsche AG hat auch in Deutschland die Diskussion an Fahrt aufgenommen⁷² und zu einer Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) geführt: durch das Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes wurde eine erweiterte Transparenzpflicht für Finanzinstrumente eingeführt.⁷³

ship Disclosure S. 32. Der andere Vertragsteil ist üblicherweise eine Bank und deren Geschäftsmodell ist nicht das Eingehen von Risiken, sondern der Verdienst von Gebühren in ihrer Funktion als Intermediär, siehe Renn, SZW 2010, 186, 187.  Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503; Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 837 (2006); U. H. Schneider/Brouwer, AG 2008, 557.  Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1506; Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 839 (2006).  Siehe dazu Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 839 (2006) m.w.N.  Siehe Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Consultation and draft Handbook text (alle Dokumente der FSA sind abrufbar unter www.fsa.gov.uk). Im Juli 2008 gab es eine erste Stellungnahme zum weiteren Vorgehen, vgl. Financial Services Authority, Policy Update on Disclosure of Contracts for Difference (CfDs).  Siehe Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Feedback on CP08/ 17 and final rules, March 2009.  Siehe ausführlich v.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1 ff., sowie Renn, Einsatz und Offenlegung von Derivaten bei Unternehmensübernahmen – Eine Analyse der börensrechtlichen Meldepflicht aus ökonomisch-juristischer Sicht, Zürich 2010.  Siehe zu diesen Fällen v.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 4.  Siehe zum Porsche-VW-Fall Mittermeier, ZBB 2010, 139, 140, 147, m.w.N.  Siehe Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte vom 11. Mai 2010, abrufbar unter www.bundesfinanzmi-

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

Vereinfacht betrachtet liegen zwei Variationen desselben Problems vor: durch das empty voting wird das Stimmrecht vom wirtschaftlichen Interesse getrennt und dann ausgeübt. Bei der hidden ownership wird hingegen das wirtschaftliche Interesse vom Stimmrecht getrennt, um nicht unter die Publizitätsvorschriften zu fallen. Auch wenn das Thema in der Forschung in den Vereinigten Staaten unter der gemeinsamen Bezeichnung des „Decoupling“ behandelt wird und die Probleme eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, darf dies jedoch nicht den grundlegenden Unterschied verdecken: hidden ownership ist ein rein kapitalmarktrechtliches Problem und betrifft die Umgehung von Publizitätsvorschriften. Zudem wirft es die Frage auf, wie viel Anteilseignerpublizität wünschenswert ist und zu einem effizienten Ergebnis führt. Zuviel Publizität kann den Anreiz, nach unterbewerteten Unternehmen bzw. nach möglichen Synergien zu suchen, zerstören. Wenn eine Übernahme regelmäßig daran scheitert, dass die Übernahmeabsicht schon sehr früh offengelegt werden muss und in der Folge andere Investoren den Preis durch Spekulation auf eine Übernahmeprämie in die Höhe treiben, dann wird sich niemand mehr finden, der bereit ist, die durch die Suche verursachten Kosten auf sich zu nehmen.⁷⁴ Das Innenverhältnis der Gesellschaft ist aber von der hidden ownership nur insoweit betroffen, als die Regelpublizität auch die Mitaktionäre schützt und sie unter Umständen zu einer Desinvestitionsentscheidung veranlasst.⁷⁵ Das Problem der Einflussnahme auf die Gesellschaft stellt sich indes nicht. Auch wenn die beiden Probleme oft zusammen behandelt werden,⁷⁶ so sind es doch Fragen, die nur oberflächlich miteinander verbunden und bei ihrer Untersuchung strikt voneinander zu trennen sind.

II. Methodische Vorüberlegungen Das Thema der Arbeit bewegt sich im Schnittfeld verschiedener Rechtsgebiete. Einerseits ist das empty voting ein gesellschaftsrechtliches Problem, das mit dem Stimmrecht das verbandsrechtliche Einflussmittel schlechthin betrifft. Andererseits berührt es auch das Kapitalmarktrecht: denn erst aus dem Kapitalmarktbezug

nisterium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011. Dazu Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846 ff., sowie unten unter Teil 3, II.4.  Siehe zusammenfassend Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405 f.; Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 26 f., m.w.N. Zuletzt Eichner, ZRP 2010, 5, 7 f.  Siehe zu den Schutzzwecken der Regelpublizität noch unten unter Teil 5, III.2.  Insbesondere Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811 (2006); Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237 (2008); Schouten, Mandatory Ownership Disclosure. Auch Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1507, sowie Zetzsche, Hidden Ownership, 3; Seibt, ZGR 2010, 795 ff.

II. Methodische Vorüberlegungen

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der börsennotierten Aktiengesellschaft ergeben sich die geschilderten Probleme. Entscheidend ist also nicht nur das Verbandsrecht, sondern auch der Einfluss, den das Marktrecht auf das Innenverhältnis der Gesellschaft ausübt. In diesem Zusammenhang gibt es erste wirtschaftswissenschaftliche Modelle, die eine effizienzsteigernde Wirkung des empty voting feststellen und das Phänomen daher positiv bewerten. Insofern ist zum einen die ökonomische Analyse des Rechts von besonderer Bedeutung, die sich mit der Verarbeitung des wirtschaftswissenschaftlichen Effizienzbegriffs durch die Rechtswissenschaft befasst. Die Internationalität und die damit verbundene Notwendigkeit der Rezeption der in anderen Ländern diskutierten bzw. teilweise schon umgesetzten Lösungen, lässt zum anderen die Rechtsvergleichung als besonders geeignete Herangehensweise erscheinen. Diese beiden Ansätze ergänzen sich insoweit, als die ökonomische Analyse des Rechts Maßstäbe für die Rechtsvergleichung liefern kann.⁷⁷ Sind einmal die zu vergleichenden Rechtsinstitute in verschiedenen Rechtsordnungen herausgearbeitet, so liefert die Wirtschaftswissenschaft mit dem Effizienzkriterium einen Maßstab dafür, welche Lösung unter Effizienzgesichtspunkten vorzugswürdig ist.⁷⁸ Diese beiden Ergänzungen⁷⁹ der juristischen Methodik sollen im Folgenden näher betrachtet werden und auf die Besonderheiten dieser Herangehensweisen gegenüber der allgemeinen juristischen Methodik eingegangen werden.

1. Ökonomische Analyse des Rechts a) Wirtschaftswissenschaft als analytischer Rahmen und ökonomische Analyse des Rechts als Auslegungsmethode Die ökonomische Analyse des Rechts ist eine Entscheidungs- bzw. Auslegungsmethode. Sie will bei verschiedenen Alternativen, zwischen denen gewählt werden muss, eine Entscheidung finden. Davon zu unterscheiden ist die Verwendung  Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 847, betont die Funktion als tertium comparationis für die Rechtsvergleichung. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 29 sieht eine enge Verbindung von ökonomischen, rechtspolitischen und rechtsvergleichenden Überlegungen und erachtet die ökonomische Theorie als die „wichtigste Nachbardisziplin“ des Aktienrechts. Siehe auch den Titel der Untersuchung von Möllers, AcP 208 (2008), 1 ff. („Effizienz als Maßstab des Kapitalmarktrechts“) und ebd., 6, 35.  Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 847.  Auch Fleischer qualifiziert Rechtvergleichung und Rechtsökonomik als „zu den vielversprechendsten Forschungsansätzen der Rechtsgegenwart“ für das Gesellschaftsrecht gehörig, da sie den dogmatischen Blickwinkel erweitern können, vgl. Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 846.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

eines wirtschaftswissenschaftlichen analytischen Rahmens zur Beschreibung der Probleme und Wirkweisen von rechtlichen Regelungen. Eine derartige Verwendung ist in der Aktienrechtswissenschaft schon lange anerkannt.⁸⁰ Auch in der vorliegenden Arbeit wird auf die Erkenntnisse der verschiedenen Forschungsrichtungen der Wirtschaftswissenschaft (insbesondere der neoinstitutionellen Finanzierungstheorie) zurückgegriffen und sowohl deren analytische als auch empirische Ergebnisse berücksichtigt. Dieser Rückgriff erleichtert die Analyse der Vor- und Nachteile verschiedener Lösungsansätze. Eine davon zu trennende Frage ist, ob sich Auslegung und Normgestaltung am Effizienzkriterium der Wirtschaftswissenschaften orientieren müssen. Die ökonomische Analyse des Rechts befürwortet eine solche effizienzorientierte Auslegung.

b) Hintergrund und Entwicklung Die ökonomische Analyse des Rechts ist eine aus den Vereinigten Staaten stammende Methode der Rechtsfindung, die vor allem auf die Urteile einiger prominenter Richter zurückgeht, die ihre Urteile mit ökonomischen Argumenten begründeten. Wissenschaftlich vorbereitet wurde diese Sichtweise vor allem durch die Chicago School.⁸¹ Auch in Deutschland ist die ökonomische Analyse des Rechts rezipiert worden und hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.⁸²

c) Grundlagen Die grundsätzliche Herangehensweise der ökonomischen Analyse des Rechts besteht darin, Normen in einer Art und Weise auszulegen, die das ökonomisch effizienteste Ergebnis hervorbringt.⁸³ Dabei wird ein Vorrang des Effizienzkriteriums vor allen anderen in Betracht zu ziehenden Auslegungsgesichtspunkten angenommen.⁸⁴ Die Effizienz eines Zustandes wird dabei mittels des sog. Kaldor-

 Schon Mestmäcker, JuS 1963, 417 ff.  Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 425 f. Siehe zu den Unterschieden zwischen der ökonomischen Analyse des Rechts und der generell regulierungskritischen Chicago School Eidenmüller, Effizienz, S. 67.  Siehe das Lehrbuch H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, sowie die Forschungsarbeiten insbesondere von Behrens, Ökonomische Grundlagen, sowie von Eidenmüller, Effizienz.  Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 425; Tuerks, Proxy, S. 166.  Siehe Eidenmüller, Effizienz, S. 8; Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 444.

II. Methodische Vorüberlegungen

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Hicks-Kriteriums bemessen. Dieses erlaubt, anders als die sog. Pareto-Effizienz⁸⁵, einen intersubjektiven Nutzenvergleich. Danach ist eine Situation dann nicht effizient, wenn durch eine Veränderung ein Subjekt besser gestellt werden könnte und dieses Subjekt die durch die Veränderung eintretende Schlechterstellung anderer Subjekte potentiell kompensieren kann.⁸⁶ Diese Hegemoniestellung des Effizienzkriteriums hat Kritik hervorgerufen; die Gegenstimmen fürchten einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verteilungs- und Ausgleichsgerechtigkeit.⁸⁷ Darüber hinaus sollen rechtliche Ziele bei einer Fixierung auf das Effizienzkriterium nicht hinreichend berücksichtigt werden.⁸⁸ Die Mehrheit der Rechtwissenschaftler, die mit dem Effizienzkriterium arbeiten und eine ökonomische Analyse des Rechts vornehmen, setzt das Effizienzkriterium nicht absolut, sondern sieht darin eine Erweiterung des Methodenspektrums.⁸⁹ Im Rahmen eines Methodenpluralismus soll die ökonomische Analyse des Rechts nur eine von verschiedenen Perspektiven darstellen und dazu beitragen, ansonsten unberücksichtigte Fragestellungen zu erörtern.⁹⁰ Die verschiedenen Aspekte könnten dabei durchaus in Konflikt miteinander geraten, die ökonomische Analyse beanspruche keinen Vorrang, auch wenn es sich um eine wichtige methodische Erweiterung handele.⁹¹ Diese Einigung auf die ökonomische Analyse als eine „mögliche Perspektive neben anderen“⁹² klingt zwar zunächst erfreulich, liefert allerdings für die Entscheidung der Frage, welches Gewicht dem Effizienzkriterium im Rahmen der Gesetzesauslegung zukommt, keine Maßstäbe.⁹³

 Ein Zustand ist effizient im Sinne der Pareto-Effizienz, wenn sich der Zustand keines Beteiligten verbessern lässt, ohne den Zustand eines anderen zu verschlechtern, siehe Feess, Mikroökonomie, S. 57.  Zum Kaldor-Hicks-Kriterium beispielsweise Feess, Mikroökonomie, S. 58.  Diese würden durch die Fixierung auf das Kaldor-Hicks-Kriterium, das allein auf eine potentielle, nicht aber auf eine tatsächlich Kompensation abstelle, nicht hinreichend berücksichtigt, siehe dazu anschaulich Eidenmüller, Effizienz, S. 51 ff.  Siehe Möllers, AcP 208 (2008), 1, 6; so auch Canaris, JZ 1993, 377, 384, der der ökonomischen Analyse die Leistungsfähigkeit, allerdings auf einen konkreten Fall bezogen, abspricht, da sie noch nicht einmal den Versuch unternehme, „die rein ökonomische Betrachtungsweise auf die Ebene des Rechts umzusetzen und demgemäß Gründe anzugeben, warum ihre Lösung rechtens ist, d. h. dem Gesetz oder doch zumindest einem Gebot der Gerechtigkeit entspricht.“ (Hervorhebung im Original).  Siehe Ott/Schäfer, JZ 1988, 215; Behrens, Ökonomische Grundlagen, S. 81; Tuerks, Proxy, S. 168, m.w.N.  Siehe Grundmann, RabelsZ 61 (1997), S. 423 ff.; Tuerks, Proxy, S. 169.  Lehmann, JZ 1990, 61, 64.  Tuerks, Proxy, S. 168.  Ähnlich Grundmann, Treuhand, S. 44.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

Dabei ist schon umstritten, inwieweit auch bei der Auslegung des bestehenden Rechts durch den Rechtsanwender die Möglichkeit besteht, ökonomische Argumente anzuführen, also für eine Lösung de lege lata fruchtbar zu machen.⁹⁴ Teilweise wird vertreten, dass nur der demokratisch legitimierte Gesetzgeber berechtigt ist, eine Regelung nach Effizienzgesichtspunkten zu gestalten⁹⁵, während nach der Gegenansicht auch der Gesetzesanwender bei der Gesetzesauslegung Effizienzgesichtspunkte in Betracht ziehen darf. Einigkeit⁹⁶ besteht hingegen, dass die Berücksichtigung ökonomischer Überlegungen durch den Rechtsanwender zulässig ist, wenn der Gesetzgeber eine effiziente Gestaltung des Normgefüges ausdrücklich in Gesetz aufgenommen und damit zu einem gewissen Maße die anzuwendende Auslegungsmethode prädestiniert hat.⁹⁷

d) Ökonomische Analyse des Rechts und Effizienzkriterium im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht Generell lässt sich festhalten, dass zumindest im Kapitalmarktrecht eine klare gesetzgeberische Wertung für ein effizientes Normgefüge besteht. Denn die Schaffung eines effizienten Kapitalmarktes ist erklärtes Ziel sowohl des deutschen⁹⁸ als auch des europäischen⁹⁹ Normgebers. Allerdings ist insoweit zu beachten, dass es sich beim empty voting um ein gesellschaftsinternes Phänomen handelt, das durch die Möglichkeiten des Kapitalmarktes an das Gesellschaftsrecht herangetragen wird. Zu seiner Entschärfung sind zum einen kapitalmarktrechtliche Lösungen, wie beispielsweise Publizitätsregelungen, denkbar; dies allerdings de lege ferenda. De lege lata scheint eine Lösung über gesellschaftsrechtliche Vorschriften und Institute näher liegend, so dass sich die Frage stellt, ob aktienrechtliche Vorschriften, die einen Funktions-

 Möllers, AcP 208 (2008), 1, 6.  So Eidenmüller, Effizienz, S. 13 („Die ökonomische Analyse des Rechts ist in erster Linie eine Gesetzgebungstheorie“).  Siehe Eidenmüller, Effizienz, S. 452– 454; Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 432 („Stand der Technik“), m.w.N. in Fn. 34.  Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 434.  So auch Möllers, AcP 208 (2008), 1, 6 f.; siehe auch Richter, ZHR 172 (2008), 419, 448.  Für das europäische Kapitalmarktrecht am Beispiel des Insiderhandelsverbots, Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 436. Er verweist auch darauf, dass bei der Bestimmung der Zulässigkeit ökonomischer Argumente auch auf den Willen des europäischen Normgebers geachtet werden muss, siehe 453. Zur Markteffizienz als Funktionsschutzziel der europäischen KapitalmarktNormgebung Hellgardt, in: FS Hopt 2008, S. 397– 422, S. 402– 406.

II. Methodische Vorüberlegungen

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zusammenhang zum Kapitalmarktrecht aufweisen, trotz unveränderten Wortlauts nach Effizienzgesichtspunkten ausgelegt werden können.¹⁰⁰ Ein solcher Auslegungswandel ist zu beobachten und entspricht der Tendenz zur stärkeren Differenzierung zwischen kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften und solchen, die sich nicht dessen Finanzierungsmöglichkeiten bedienen.¹⁰¹ Das Kapitalmarktrecht führt dabei schon in etlichen Fällen zu einer differenzierten Auslegung des Aktienrechts¹⁰² und zur Forderung, das gesamte Aktienrecht, also auch die „Gesetzesbestimmungen, die ihrem Wortlaut nach keinerlei Kapitalmarktbezug aufweisen, in ihrer Anwendung auf Kapitalmarktaktive Gesellschaften eigenständig interpretiert werden müssen.“¹⁰³ Begründet wird dies mit einer rechtssystematisch-abgleichenden Auslegung des Regelungskomplexes von Aktien- und Kapitalmarktrecht.¹⁰⁴ Darüber hinaus wird auf die expliziten Aussagen des Gesetzgebers hinsichtlich der Entwicklung eines effizienten Kapitalmarkts verwiesen.¹⁰⁵ Solche Hinweise finden sich dabei auch in der aktienrechtlichen Gesetzgebung.¹⁰⁶ Aufgrund der Bedeutung der Aktionärsrechte für das Anlegervertrauen, das für die Effizienz

 In den Vereinigten Staaten hat beispielsweise die Efficient Capital Market Hypothesis die juristischen Argumentationsmuster in etlichen Fragen auch des Gesellschaftsrechts verändert, vgl. Ruffner, Grundlagen, 351. Für eine stärkere Berücksichtigung von Effizienzdenken im Gesellschaftsrecht und einer Abkehr von der „Pflege deutscher Traditionen“ auch Kübler, in: Fleischer/Zimmer, S. 90, 100.  Siehe Bayer, Gutachten, E 56 f. Auch Fleischer, ZIP 2006, 451, 456 f., der „Koppelungsvorschriften“ beschreibt, wie die Regelpublizität der §§ 21 ff. WpHG, deren kapitalmarktrechtlicher Tatbestand eine aktienrechtliche Sanktionierung, nämlich den Verlust von Mitverwaltungs- und Vermögensrechten nach sich zieht. Zur Entwicklung der stärkeren Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften jüngst Habersack, AG 2009, 1, 2– 4.  Siehe dazu Lutter, in: FS Zöllner I, S. 363, 371 f. (Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat), 373 ff. (Bezugsrechtsausschluss bei genehmigtem Kapital). Insgesamt sieht er diese kapitalmarktfreundliche Auslegung gar als allgemeines Rechtsprinzip („Richtig gesehen […] geht es um ein allgemeines Rechtsprinzip: Für Börsengesellschaften gelten zusätzliche Regeln und Grundsätze nicht nur an der Börse, sondern auch in dem sie konstituierenden Gesellschaftsrecht“, S. 372).  So Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 769. Zusammenfassend mit weiteren Nachweisen Richter, ZHR 172 (2008), 419, 422 (insbesondere Fn. 16), der gleichzeitig die mangelnde Ausrichtung der Diskussion an den Gegebenheiten eines internationalen Kapitalmarktes bemängelt. Auch fehlt seiner Ansicht nach eine eingehende und systematische Befassung mit den einzelnen Funktionen des Gesellschaftsrechts.  Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 771; ihm folgend Seibt, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 41 f. („Gebot einer den spezifischen Zielen und Zwecken des Kapitalmarktrechts entsprechenden Auslegung des Aktienrechts“).  Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 775; Seibt, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 40.  Grundmann, Treuhand, S. 75 f.; Richter, ZHR 172 (2008), 419, 423.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

des Kapitalmarktrechts elementar ist¹⁰⁷, können Effizienz-Erwägungen vor diesem Hintergrund für das Innenverhältnis der Aktiengesellschaft nicht unberücksichtigt bleiben. Das enge Verhältnis von Anlegerrechten und Kapitalmarkt bedingt, dass auch im Aktienrecht effizienzorientierte Argumente in die Betrachtung einbezogen werden. Somit ist auch im Rahmen der Aktiengesellschaft eine Auslegung nach den Grundsätzen der ökonomischen Analyse des Rechts möglich. Dabei ist zu beachten, dass an eine am Effizienzkriterium orientierte Lösung, die auf Grundlage einer Rechtsfortbildung erfolgt, besondere Legitimationsanforderungen bestehen. So wird beispielsweise von verschiedenen Autoren¹⁰⁸ die Lösung des Problems des empty voting über die gesellschaftsrechtliche Treupflicht vorgeschlagen, die als effizientes Mittel zur Bewältigung neu auftretender Konfliktlagen angesehen wird.¹⁰⁹ Hier kann die ökonomische Analyse aufgrund der fehlenden Legitimation des Effizienzkriteriums nur eine von mehreren Möglichkeiten sein, die Auswirkungen einer Rechtsfortbildung zu analysieren und zu verdeutlichen.¹¹⁰ Soll die ökonomisch effiziente unter verschiedenen möglichen Lösungen gewählt werden, so bedarf es der Begründung durch Wertungen in der Rechtsordnung.¹¹¹ Darauf wird im Einzelnen bei der Bewertung des empty voting (im vierten Teil) zurückzukommen sein.

2. Rechtsvergleichung Die bisherigen Beispiele haben gezeigt, dass das empty voting kein auf Deutschland und das deutsche Recht beschränktes Problem darstellt. Es handelt sich um ein Phänomen, das in den letzten Jahren in vielen Ländern aufgetaucht ist, unter anderem auch in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und China.¹¹² Dies legt den Schluss nahe, dass es sich um ein generelles Problem des Gesellschaftsrechts handelt und nicht etwa Ausfluss einer bestimmten Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen ist. Obwohl sich die vorliegende Arbeit vornehmlich mit der Behandlung des Problems nach deutschem Recht beschäftigt, ist aufgrund

 Siehe für die Bedeutung des Vertrauensschutzes für die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts Fleischer, Gutachten, F 25 f.; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 8 f., jeweils m.w.N.  Leyens, JZ 2007, 1061, 1070; Fleischer, ZGR 2008, 185, 216 f.  Siehe Fleischer, ZGR 2001, 4; Fleischer, ZGR 2008, 185, 217.  Eidenmüller, Effizienz, S. 477– 480, m.w.N.  Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 442.  Siehe die Tabelle mit Fallbeispielen bei Hu/Black, 61 Bus. Law. 1011, 1035 – 1037 (2006).

II. Methodische Vorüberlegungen

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dieses Befundes ein vergleichender Blick in andere Rechtsordnungen sinnvoll.¹¹³ Insbesondere bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten können Anregungen aus Ländern, in denen die Diskussion um das empty voting schon weiter fortgeschritten ist, nicht ignoriert werden. So ist die Rechtslage in den Vereinigten Staaten schon von Bernhard Black und Henry Hu umfassend analysiert und weitreichende Lösungsvorschläge gemacht worden.¹¹⁴ In der Schweiz wurde schon gesetzgeberisch reagiert und einige der Probleme gesetzlich geregelt.¹¹⁵ Aufgrund der Vielzahl der Länder, in denen das Problem aufgetreten ist, erscheint ein Vergleich mit einer Rechtsordnung allein nicht lohnend. Vielmehr sollen, vor allem im Rahmen der Diskussion der Lösungsvorschläge, die Diskussionsstände verschiedener Länder aufgegriffen werden und auf ihre Tauglichkeit zur Implementierung ins deutsche Recht analysiert werden. Dieses Vorgehen birgt allerdings die Gefahr, die Besonderheiten der einzelnen Rechtsordnungen nicht hinreichend in Betracht zu ziehen, was insbesondere bei der Analyse der Übertragbarkeit von Lösungsmöglichkeiten unumgänglich ist. Hier drohen ansonsten Fehlvorstellungen, wenn die Besonderheiten der Systeme der ausländischen Gesellschaftsrechte nicht hinreichend in die Überlegungen einbezogen werden.¹¹⁶ Es geht also nicht darum, fertige Lösungen aus anderen Rechtsordnungen zu übertragen, sondern diese zu reflektieren und in ihrer Anwendbarkeit für die deutsche Rechtsordnung zu prüfen und eine neue Perspektive zu gewinnen.¹¹⁷ Insbesondere ist zu bedenken, dass sich nicht nur die rechtlichen, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse in der Aktiengesellschaft in Deutschland und beispielsweise den Vereinigten Staaten erheblich unterscheiden.¹¹⁸ Dies betrifft vor allem die

 Den reichen Vorrat an Lösungsansätzen, den die Rechtsvergleichung bereit hält, betonend Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 847.  Siehe insbesondere Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811 (2006); Hu/Black, 61 Bus. Law. 1011 (2006); Hu/Black, 13 J. Corp. Fin., 343 (2007); Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625 (2008). Auch Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237 (2008).  V.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1 ff.; Kunz, SZW 2008, 280 ff.; Jutzi/Schären, Der Schweizer Treuhänder 2009, 570 ff.; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1 ff.  Beispielhaft die Mahnung von Kumpan, AG 2007, 461, 462, der darauf hinweist, dass besonders im Vergleich zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union jeweils ein anderes Marktumfeld herrscht. Eindringlich auch die Mahnungen von Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 33 – 35, 40, die zum Vergleich herangezogenen Rechtskreise genau zu durchdringen und sich nicht durch die eigene „dogmatische Brille“ fehlleiten zu lassen.  So auch Rock, AG 1995, 291, 299; Tuerks, Proxy, S. 163.  Siehe zu einer Phänomenologie der deutschen Aktiengesellschaft, welche erheblich vom ursprünglichen, dem Gesetzgeber vor Augen schwebenden Leitbild abweicht Henssler/Wiedemann, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 36 ff. Siehe zu den unterschiedlichen Aktionärsstrukturen in Deutschland und im angelsächsischen, schon deutlich länger kapitalmarktorientierten Finanzsystem Rudolph, ZGR 2008, 161, 166 f., m.w.N. in Fn. 13.

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Teil 1: Empty Voting – Problemstellung

Eignerstrukturen der Aktiengesellschaften, die von Land zu Land stark differieren.¹¹⁹ Auch dies darf bei der Suche nach einer adäquaten Lösung für das Problem des empty voting nicht ausgeblendet werden, da somit im Ausland funktionierende Lösungen nicht notwendig die gleichen Effekte bei ihrer Implementierung in Deutschland zeitigen.¹²⁰ Für die weitere Untersuchung bedeutet dies, dass es nicht Ziel ist, in einem separaten Abschnitt beispielsweise über das Recht der Vereinigten Staaten, die Situation in einem anderen Land und das ganze damit zusammenhängende Recht darzustellen.¹²¹ Vielmehr soll punktuell an geeignet erscheinenden Stellen auf die Situation in anderen Ländern eingegangen werden, ohne dabei die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsordnung aus den Augen zu verlieren. Dies entspricht dem funktionalen Ansatz der Rechtsvergleichung¹²², der an Sachprobleme, die sich über die Grenzen einzelner Rechtsordnungen ergeben, anknüpft.

III. Gang der Untersuchung Zunächst werden im zweiten Teil die ökonomischen und rechtlichen Grundlagen der Steuerung der Aktiengesellschaft und der Bedeutung des Stimmrechts geklärt. Insbesondere die Zuordnung des Stimmrechts zu den Aktionären und die daraus resultierenden Probleme sollen beleuchtet werden, um das empty voting vor einem möglichst breiten Hintergrund diskutieren zu können. Daneben wird auf die Funktion und die Kompetenzen der Hauptversammlung eingegangen sowie das Procedere der Stimmrechtsausübung dargestellt. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse werden im dritten Teil die rechtlichen Mechanismen der Trennung von Stimmrechten und Risiko analysiert; insbesondere die Frage, welche Risiken mittels dieser Trennung, des sog. Decoupling, beseitigt werden. Dazu werden die einzelnen Mechanismen in einem

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 29, 92.  European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 24 („What works positively or negatively in jurisdictions outside the EU may have the opposite or at least a different effect within the EU“). Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 29, sowie Grundmann, European Company Law Rn. 484, meint, dass aufgrund der Pfadabhängigkeit der verschiedenen Wirtschaften isoliert betrachtet sinnvoll erscheinende Änderungen im Gesamtkontext kontraproduktiv sein könnten und die jeweilige regulative Antwort stark von einer Gesamtbetrachtung der Rechtsordnung abhänge.  Eine solche Darstellung wäre aufgrund der umfassenden Behandlung bei Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, (2006), auch überflüssig und könnte nicht in vergleichbarer Ausführlichkeit und Tiefe geleistet werden.  Siehe dazu Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 33.

III. Gang der Untersuchung

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Zweischritt analysiert. Zunächst wird deren ursprüngliche, vom Blickwinkel des Kapitalmarkts herrührende Funktion beschrieben und dann ihre Behandlung nach geltendem Recht dargestellt. Im vierten Teil ist zu fragen, welche und wessen Interessen durch die verschiedenen Arten des empty voting betroffen sind. Daran anschließend wird eine angemessene Behandlung des Problems entwickelt. Dazu werden zum einen bereits entwickelte ökonomische Modelle zur Bewertung des empty voting herangezogen. Zum anderen werden die analysierten Konstellationen mit anderen, im deutschen und ausländischen Recht geregelten Konflikten abgeglichen und die Übertragbarkeit deren Lösungen auf die im Rahmen des empty voting auftretenden Interessenkonflikte diskutiert. Im folgenden, fünften Teil werden die anhand von wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen und dogmatischem Vergleich gefundenen Ergebnisse auf die Rechtsanwendungsebene gebracht und die Frage gestellt, wie die vorgeschlagene Lösung adäquat durchgesetzt werden kann. Dabei wird zwischen einer Lösung de lege lata und de lege ferenda unterschieden. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick.

Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft – konzeptionelle Grundlagen Um das Problems des empty voting genau verorten und analysieren zu können, ist es zunächst erforderlich, Klarheit über die rechtlichen und ökonomischen Grundlagen der Stimmrechtsausübung zu erlangen. Dazu erfolgt eine Untersuchung der Funktionen des Stimmrechts und der Stimmverteilung in der Aktiengesellschaft im Lichte der ökonomischen Theorie. Dabei spielen die Probleme des Stimmrechts als Kontrollinstrument der Verwaltung eine zentrale Rolle. Darüber hinaus soll ein Überblick über die verschiedenen Kontrollmechanismen der Aktiengesellschaft gegeben werden, um die Verzahnung der Stimmrechtsausübung mit anderen Problemkreisen der Kontrolle der Aktiengesellschaft zu verdeutlichen. Im Anschluss daran wird ein Überblick über die Funktionen der Hauptversammlung im Gefüge der Aktiengesellschaft gegeben und dann die Kompetenzen der Hauptversammlung untersucht. Dadurch wird verdeutlicht, in welchen Entscheidungssituationen das empty voting auftreten kann. Zuletzt wird auf den Mechanismus der Stimmrechtsausübung eingegangen.

I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts Das Stimmrecht wird als das wichtigste Recht des Aktionärs bezeichnet, da es seine Teilnahme am Verbandsgeschehen garantiert und ermöglicht.¹²³ Es ist das maßgebliche Verwaltungsrecht, da es die direkte Beeinflussung der Gesellschaft durch den Aktionär erlaubt.¹²⁴ Es dient verschiedenen Funktionen und ist zentraler Baustein der Steuerung der Gesellschaft durch die Aktionäre und damit durch die Eigentümer. Zum einen ermöglicht es die Anpassung des langfristigen Gesellschaftsvertrags, zum anderen ist es ein Mittel der Aktionärskontrolle über die aus Vorstand und Aufsichtsrat bestehende Verwaltung. Zudem funktioniert auch die Kontrolle der Verwaltung durch den Kapitalmarkt über das Stimmrecht  Siehe Fleck, in: FS Fischer, S. 107, 117; A. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 207 („das zentrale Recht“); Lenz, Proxy, S. 68 f. („zentrale Mitverwaltungsrecht“); Weikert, Corporate Governance, S. 72 („das zentrale Kontrollinstrument der Aktionäre“); Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 12 Rn. 3 („das wichtigste Verwaltungsrecht“). So auch die amerikanische Rechtsprechung und Literatur, siehe Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 814 (2006) („core source of shareholder power“); Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 802– 03 (2001), m.w.N.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 1.

I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts

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(sog. Markt für Unternehmenskontrolle), da nur der Erwerb von stimmberechtigten Aktien eine direkte, rechtlich verbindliche Beeinflussung der Aktiengesellschaft erlaubt, insbesondere einen Austausch der Verwaltung.

1. Das Stimmrecht als Anpassungs- und Lückenfüllungsinstrument a) Langfristigkeit und Offenheit des Gesellschaftsvertrages Gesellschaften werden heute in der ökonomischen Theorie überwiegend als Vertragsnetz beschrieben, bei dem zwischen den einzelnen Gesellschaftern und den Organen eine Vielzahl von vertraglichen Beziehungen besteht.¹²⁵ Es handelt sich dabei um ein zeitlich gestrecktes Vertragsverhältnis, da der Austausch der Leistungen über eine längere Zeit geplant ist und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht alle Leistungen feststehen.¹²⁶ Da im Gesellschaftsvertrag nicht für alle zukünftigen Entwicklungen Regelungsmechanismen vorgesehen sind und auch nicht sein können, handelt es sich um einen unvollständigen Vertrag.¹²⁷ In dieser uneindeutigen, offenen Situation dient das Stimmrecht der Aktionäre zum einen dazu, den Vertrag an unvorhergesehene Situationen anzupassen und für die Zukunft zu verändern.¹²⁸ Zum anderen stellen die Stimmrechtsausübung und der Hauptversammlungsbeschluss Mittel dar, um auftretende Lücken zu füllen und den Vertrag um Regelungen zu ergänzen, wenn nicht explizit geregelte Situationen auftreten.¹²⁹ Das Stimmrecht dient also der Änderung und Ergänzung eines langfristigen Vertrages und ist Teil des aktienrechtlichen Regelungsgefüges, das eine Anpassung und Lückenfüllung erlaubt.¹³⁰

 Siehe Alchian/Demsetz, 62 AER 777 (1972); Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 310 (1976); Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 1– 39, insb. S. 14; Grundmann, European Company Law Rn. 80; Weikert, Corporate Governance, S. 53 f.; Ruffner, Grundlagen, S. 129 f., m.w.N. in Fn. 11.  Vgl. Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 492 f.; Grundmann, European Company Law, 2007 Rn. 80 f.; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 3, 6, m.w.N.  Vgl. Ruffner, Grundlagen, S. 133 – 135, 162– 165. Teilweise wird aufgrund dieser Offenheit nicht mehr von „contracts“ gesprochen, sondern von „relations“ oder „relational contracts“, vgl. Behrens, in: FS Drobnig, S. 491, 493, m.w.N. in Fn. 5.  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 66; Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 401– 02 (1983); Ruffner, Grundlagen, S. 173.  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 66; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 86; Weikert, Corporate Governance, S. 74.  Vgl. Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 402 (1983); Ruffner, Grundlagen, S. 163 f., der als weitere Anpassungsmechanismen die Sorgfalts- und Treuepflicht nennt, die zu einer Lü-

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Gleichzeitig ermöglicht es den Schutz vor opportunistischem Verhalten anderer Aktionäre; denn durch seine Ausübung wird Einfluss auf die Gesellschaft genommen und verhindert, dass ein einzelner Aktionär sich an der Gesellschaft bereichert.¹³¹ Besondere Bedeutung hat das Stimmrecht in der Aktiengesellschaft aufgrund der Tatsache, dass dem Aktionär in Form des Anspruchs auf Beteiligung am Unternehmensgewinn ein nur sehr ungenau bestimmtes Rechts zusteht, er eine garantierte Verzinsung seiner Anlage also nicht erhält.¹³² Sein Anteil ist auch nicht an bestimmte Vermögensgegenstände gebunden.¹³³ Ebenso wenig kann er die Gesellschaft kündigen, so dass die einzige Möglichkeit des Ausscheidens aus der Gesellschaft in der Veräußerung der gehaltenen Aktien besteht. Diese besondere Situation wird durch das Stimmrecht ausgeglichen, welches den Aktionären die Möglichkeit gibt, den Umfang ihres Residualanspruchs zu verhandeln sowie darüber zu befinden, ob die Verwaltung eine hinreichend gute Leistung erbringt.¹³⁴ Positivrechtlich findet diese Funktion in den Kompetenzen der Hauptversammlung Ausdruck. Denn nur diese ist befugt, die Satzung zu ändern, den Gewinnverwendungsbeschluss zu treffen sowie die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats zu beschließen.¹³⁵

b) Exit keine hinreichende Alternative Die Notwendigkeit und Bedeutung des Stimmrechts erwächst somit aus der Offenheit des Beziehungsgeflechts und dem daraus resultierenden Bedürfnis eines Mittels zur Ergänzung und Anpassung des Vertrages. Das Stimmrecht kann durch seine Anpassungsfunktion ganz maßgeblich die Grundlagen der Investitionsentscheidung der Aktionäre verändern. Die Investition in eine Aktiengesellschaft erfolgt beim Kauf der Aktie unter den Bedingungen einer bestimmten Ausgestaltung der Gesellschaft. Dieser Ausgestaltung sind zwar durch das Prinzip der Satzungsstrenge gemäß § 23 Abs. 5 Aktiengesetz (AktG)

ckenfüllung des unvollständigen Gesellschaftsvertrages durch die Gerichte gebraucht werden kann.  Ruffner, Grundlagen, S. 173; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 648.  Weikert, Corporate Governance, S. 73; Lenz, Proxy, S. 68 f. Das unterscheidet ihn grundsätzlich vom Fremdkapitalgeber, der keinen unternehmerischen Einfluss hat, dessen Ansprüche dafür aber auch nicht an das unternehmerische Risiko gekoppelt sind, vgl. Servatius, Covenants, S. 348.  Weikert, Corporate Governance, S. 73; Lenz, Proxy, S. 69.  Weikert, Corporate Governance, S. 73; Lenz, Proxy, S. 69.  Siehe zu den Kompetenzen der Hauptversammlung auch noch unten unter Teil 2, III.2.

I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts

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Grenzen gesetzt;¹³⁶ nichtsdestotrotz kann eine zulässige Änderung der Ausgestaltung die Grundlagen der Investitionsentscheidung erheblich verändern. Daneben können Großaktionäre versuchen, sich selbst Vorteile zu sichern, die den anderen Aktionären nicht zugutekommen. Einen gewissen Schutz vor derartigem Moral Hazard¹³⁷ anderer Aktionäre bietet ein liquider Sekundärmarkt, der es dem Anleger erlaubt, Folgen von Mehrheitsentscheidungen, die ihn benachteiligen, die er nicht mitträgt oder die das Investment dergestalt ändern, dass es nicht mehr seiner Anlagepräferenz entspricht, zu vermeiden.¹³⁸ Allerdings ist dieser Schutzmechanismus mangelbehaftet: es besteht kein rechtlicher Anspruch auf das Bestehen eines Sekundärmarktes und dessen Liquidität.¹³⁹ So kann gerade auf engen (d. h. nicht liquiden) Aktienmärkten aufgrund der hohen Volatilität ein Ausstieg als ernsthafte Option ausscheiden.¹⁴⁰ Der Aktionär kann also nicht sicher sein, dass er auch ohne hinreichenden Einfluss auf die Anpassungs- und Lückenfüllungsentscheidungen eine angemessene Entschädigung für seine Anlage erhält, indem er seine Aktie veräußert. Erfolgt der Verkauf, um anders zu investieren und den Erlös nicht zu konsumieren, dann entstehen weitere Kosten, die eine derartige „Abstimmung mit den Füßen“ unattraktiver machen: denn der Aktionär muss sich über ein neues Investment informieren und auch der Verkauf einer Aktie und der Neuerwerb einer anderen erzeugt Kosten.¹⁴¹ Dazu kommt, dass in dem Fall, in dem sich die Unzufriedenheit des Aktionärs auf die Verwendung freier Zahlungsströme innerhalb des Unternehmens bezieht (Moral Hazard der Verwaltung), den Gegenwert gerade dieser Zahlungsströme nicht durch den Verkauf der Aktien realisieren kann, es sei denn er ist besser über das Ausmaß des opportunistischen Verhaltens der Verwaltung informiert als der Markt.¹⁴² Denn nur in diesem Fall wird der Börsenkurs die Fehlverwendung der freien Zahlungsströme nicht widerspiegeln. Ist aber auch der Markt über die Fi-

 Siehe zu diesem Prinzip zuletzt umfassend Bayer, Gutachten.  Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 72; Grundmann, European Company Law Rn. 82; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einleitung Rn. 452 ff.; Mülbert, Unternehmensgruppe, S. 121– 123.  Kalss, Anlegerinteressen, S. 453 f.; Ruffner, Grundlagen, 209 f.; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 72.  Jünemann, Angemessene Gegenleistung, S. 178 – 190; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 72.  So schon G. R. Roth, in: G. R. Roth, System der Kapitalgesellschaften, S. 1, 17 f.; G. R. Roth, in: FS Ostheim S. 335, 336 f., 345; Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 799.  Siehe zu diesen Kosten Weikert, Corporate Governance, S. 76 (u. a. Brokergebühren).  Weikert, Corporate Governance, S. 75.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

nanzpolitik des Unternehmens informiert, so wird sich die inadäquate Verwendung der überschüssigen Zahlungsströme im Aktienkurs niederschlagen.¹⁴³ Des Weiteren folgt die Rentabilität des Großteils der Risikoanlagen einer JKurve. D.h. anfangs fallen Transaktionskosten an, die erst bei einem längeren Halten der Aktie wieder erwirtschaftet werden.¹⁴⁴ Verlässt der Anleger aufgrund von ihm nicht befürworteten Änderungen und Lückenfüllungen zu schnell die Aktiengesellschaft, so nimmt er damit überproportional an den Risiken und unterproportional an den Chancen des Investments teil. Dies trägt dazu bei, dass die bloße Desinvestitionsmöglichkeit auf einem Sekundärmarkt kein hinreichender Schutz vor dem Verhalten von Verwaltung und anderen Aktionären ist. Somit kommt dem Stimmrecht in der beschriebenen Funktion eine besondere Bedeutung zu, da es dem Aktionär Schutz seiner Anlage vor Moral Hazard gewährt. Aus dieser Erkenntnis wird in der Literatur teilweise der Schluss gezogen, dass sich der fast ausschließliche Fokus auf den Vermögensschutz der Aktionäre in den letzten Jahren, wieder hin zu mehr Bestandsschutz und Einflussmöglichkeiten des einzelnen Aktionärs verschiebt.¹⁴⁵

2. Das Stimmrecht als gesellschaftsinternes Kontrollinstrument der Eigentümer über die Verwaltung (interne Governance) a) Das Principal-Agent-Problem Eine weitere wichtige Funktion des Stimmrechts ergibt sich bei der Betrachtung der Beziehung zwischen den Aktionären und der Verwaltung der Aktiengesellschaft aus der Perspektive der sog. Principal-Agent-Theorie. Diese befasst sich mit der Analyse von Beziehungen, in der die eine Seite, der sog. Agent, Entschei-

 Weikert, Corporate Governance, S. 76. Siehe zur Informationseffizienz von Kapitalmärkten und deren Voraussetzungen auch Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 11– 17.  Vgl. Jünemann, Angemessene Gegenleistung, S. 171 f., der darauf hinweist, dass aufgrund dieses typischen Verlauf einer Anlage die Reduktion des Bestandsschutz zu einem reinen Vermögensschutz als verfassungsrechtlich fragwürdig einzustufen ist; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 72.  Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 72. Generell gegen die vornehmlich von Mülbert vertretene Ansicht eines Wandels zum Gesellschaftsrecht des Anlegeraktionärs Wiedemann, in: FS K. Schmidt, S. 1731 ff.

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dungen trifft, die auch Auswirkungen auf einen anderen und dessen Stellung, den sog. Prinzipal, haben.¹⁴⁶ Dabei handelt es sich um ein Teilgebiet des neoinstitutionalistischen Ansatzes in den Wirtschaftswissenschaften, das sich mit Unternehmensfinanzierung und Unternehmenskontrolle befasst.¹⁴⁷ Anders als der finanzwirtschaftliche Ansatz¹⁴⁸ und der neoklassische Ansatz¹⁴⁹ legt der neoinstitutionalistische Ansatz den Schwerpunkt auf die Analyse der Institutionen des Kapitalmarktes.¹⁵⁰ Dabei werden die Beziehungen der verschiedenen Kapitalgeber des Unternehmens untersucht und ein weiter Finanzierungsbegriff zugrunde gelegt.¹⁵¹

aa) Gegensatz Verwaltung und Aktionäre Für die vorliegende Untersuchung ist vor allem das Verhältnis zwischen Verwaltung, also Aufsichtsrat und Vorstand, und Aktionären von Interesse. Zwischen diesen besteht eine Principal-Agent-Beziehung¹⁵², denn die Verwaltung beeinflusst durch ihre Entscheidungen das Nutzenniveau der Aktionäre; sie verfügt über das ihr von den Aktionären anvertraute Vermögen. In der Aktiengesellschaft gibt es keinen Eigentümer mehr, der alle Eigentümerrechte wahrnimmt.¹⁵³ Getrennt sind Geschäftsführung auf der einen Seite und die Zurechnung des wirtschaftli-

 Allgemein zur Principal-Agent-Theorie Picot/Dietl/Franck, Organisation, S. 85 – 95. Zur Bedeutung für die Corporate-Governance-Diskussion Witt, in: Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 85 – 115.  Siehe allgemein zu diesem Ansatz der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Picot/Dietl/ Franck, Organisation, S. 54 f. Ein Schaubild, das die verschiedenen Zweige der neoinstitutionalistischen Forschung darstellt und den Eigentümer-Manager-Konflikt verortet, findet sich bei Decker, Prinzipal-Agenten-theoretische-Betrachtung, S. 7.  Siehe dazu D. Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung.  Siehe dazu Picot/Dietl/Franck, Organisation, S. 42– 54; Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 20 – 24.  Guter Überblick über die anderen Theorien bei Tuerks, Proxy, S. 170 f.  Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 24– 26; Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 428 ff.  Siehe grundlegend Berle/Means, The modern Corporation and private property, 1932. Aus jüngerer Zeit kritisch Habersack, AG 2009, 1, 6, der von der „vielfach strapazierte[n] ‚principalagent-Beziehung‘“ spricht.  Das unterscheidet die Struktur der Aktiengesellschaft von einem Einzelunternehmer. Siehe zur ebenfalls neoinstitutionalistischen Property-Rights-Theorie, die sich mit der Zuordnung von Verfügungsrechten beschäftigt, Picot/Dietl/Franck, Organisation, S. 55 – 67, sowie H.-B. Schäfer/ Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 97– 100.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

chen Ertrages aus der Unternehmung auf der anderen Seite.¹⁵⁴ Durch diese Trennung fallen das finanzielle Risiko, nämlich der Verlust des investierten Kapitals, und die Entscheidung über das Ausmaß des unternehmerischen Risikos, nämlich die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft, in weiten Teilen auseinander.¹⁵⁵ Auch hier ist die Langfristigkeit der gesellschaftsrechtlichen Vertragsbeziehung Grund für das Risiko, dass sich die Verwaltung einen Vorteil auf Kosten der Aktionäre verschafft.¹⁵⁶ Das Management der Aktiengesellschaft macht den Kapital gebenden Aktionären zwar ein bestimmtes Renditeversprechen, um sie überhaupt zu einer Anlage zu bewegen. Die Erfüllung dieses Versprechens ist für die Aktionäre allerdings äußerst schwer zu kontrollieren, da das Management aufgrund überlegener Information kaum daran gehindert ist, sich auf Kosten der Rentabilitätserwartung der Aktionäre zu bereichern.¹⁵⁷ Die Möglichkeiten des Managements, sich die Ressourcen des Unternehmens anzueignen sind vielfältig und reichen von niedrigem Arbeitseinsatz hin zum sog. empire-building, also dem Aufbau großer, unproduktiver Konzerne.¹⁵⁸ Auch hat das Management aufgrund der Tatsache, dass es das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes nicht diversifizieren kann, kein Interesse an einer wertmaximierenden Strategie, sondern wird versuchen, einen möglichst großen Teil des Gewinns zu thesaurieren, um Rücklagen zu haben und die Wahrscheinlichkeit einer Unternehmensinsolvenz zu minimieren.¹⁵⁹ Demgegenüber würde eine Ausschüttung eher dem Aktionärsinteresse entsprechen, da die Rendite ab einer gewissen Unternehmensgröße abnimmt.¹⁶⁰ Zudem können die Aktionäre im Rahmen ihrer Portfoliogestaltung ihr Risiko diversifizieren, so dass für sie eine Verfolgung von riskanteren Investitionsprojekten wünschenswert ist, von denen möglicherweise einige scheitern, die insgesamt aber einen höheren Erwartungswert haben und daher den Wert des Portfolios maximieren.¹⁶¹ Demgegenüber ist

 Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 494; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 645; Adams, AG 1990, 63, 64.  Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 495.  Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 492; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 7.  Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 495.  Vgl. ausführlich J. Reul, Pflicht zur Gleichbehandlung, S. 192– 197; Ruffner, Grundlagen, S. 131; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 645 f., Weikert, Corporate Governance, S. 70; Teichmann, ZGR 2001, 645, 646; Tuerks, Proxy, S. 186, 189; Adams, AG 1990, 63, 64.  Lenz, Proxy, S. 82 f.; Tuerks, Proxy, S. 188.  Tuerks, Proxy, S. 188.  Siehe grundlegend zur Portfolio-Diversifikation als rationaler Strategie für den Anleger Markowitz, 7 J. Fin 77 (1952). Zur Entwicklung auch die Darstellungen bei Weikert, Corporate Governance, S. 58 f. und Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 315 – 328. Zur

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die Verwaltung zwar gezwungen, einen akzeptablen Gewinn zu erwirtschaften, da ansonsten eine Auswechslung droht, aber solange sie diesen sog. acceptable return erzielt, wird sie unbehelligt arbeiten können.¹⁶² Innerhalb des ihr noch verbleibenden Möglichkeitsspektrums wird die Verwaltung eine Investitionspolitik und eine Kapitalstruktur wählen, die risikoarm ist, da es für sie attraktiver ist, einen möglicherweise niedrigeren Gewinn zu erzielen, dabei aber den eigenen Arbeitsplatz zu sichern und die eigenen Interessen zu verfolgen.¹⁶³ Dieser Interessengegensatz wurde schon in der 1930er Jahren von Berle und Means als das Hauptproblem des modernen Aktienrechts erfasst.¹⁶⁴ Der beschriebene Konflikt ist aber bereits früher der hauptsächliche Regelungsgegenstand des Aktienrechts gewesen.¹⁶⁵ Das rechtliche Instrumentarium der Managementkontrolle ist mit der Zeit um eine Fülle von verschiedenen Kontrollmechanismen ergänzt worden.¹⁶⁶ So wurden Treu- und Sorgfaltspflichten des Managements entwickelt, die Informations- und Kontrollrechte der Aktionäre gestärkt, Rechnungslegungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten eingeführt sowie der Kapitalanlegerschutz intensiviert.¹⁶⁷ Sieht man von der Möglichkeit ab, Verfehlungen des Managements ex post mittels Aktionärsklagen zu ahnden, ist das Stimmrecht der zentrale Mechanismus für die Aktionäre, auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss zu nehmen und das Management zu kontrollieren und damit opportunistisches Verhalten zu unterbinden.¹⁶⁸ Es bietet die Gewähr, dass das Management nicht einseitig die von den Anlegern getroffene Investition, z. B.

rechtlichen Bedeutung dieser Modelle für die Vermögensverwaltung Benicke, ZGR 2004, 760, 780 – 783.  Tuerks, Proxy, S. 185.  Siehe zu dieser These auch Arnold, Steuerung, S. 55 – 61, der allerdings die Argumentation für nicht überzeugend hält, da die Aktionärsstruktur so unterschiedlich sein kann, so dass die Grundprämisse, der Aktionär könnte im Rahmen seiner Portfolio-Gestaltung seine Risiken minimieren, in keinem praktischen Fall auf alle Aktionäre übertragen werden könne.  Siehe Berle/Means, The modern Corporation and private property; dazu Tuerks, Proxy, S. 186.  Siehe z. B. zum Aktiengesetz von 1884 und den verfolgten Regelungsanliegen Hofer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 1 S. 388, 395 – 397. Aus der deutschen Forschung Nord, Recht der Aktionäre auf Mitverwaltung, S. 45 („Naturnotwendig hat die Loslösung der Macht vom Kapitalbesitz einen Nachteil für die Aktiengesellschaften im Gefolge, das ist der Mangel der Notwendigkeit für die Verwaltung, sich vor den Kapitalgebern zu verantworten. Dies führt auf die Dauer notwendig zu laxerer Geschäftsführung“).  Behrens, in: FS Drobnig, 1998, S. 491, 496.  Siehe zur Entwicklung der deutschen aktienrechtlichen Gesetzgebung allgemein Fleckner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 1, S. 999 – 1137.  Ruffner, Grundlagen, S. 173; Kalss, Höchststimmrecht, S. 50; Baums, Shareholder Representation and Proxy-Voting, S. 2.

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durch Neuausrichtung der Finanzierungs- oder Investitionspolitik, ändern kann.¹⁶⁹ Das Stimmrecht erlaubt die Teilnahme an Abstimmungen der Hauptversammlung und ermöglicht damit zum einen Einflussnahme auf die Grundverfassung der Gesellschaft und zum anderen, wenn auch in geringerem Maße, auf die Geschäftsführung. Darüber hinaus vermittelt es auch bei anderen, im Verbandsleben anfallenden Maßnahmen Einfluss, beispielsweise bei Organbestellung und -abberufung, Bestellung von Abschluss- und Sonderprüfern und der Entlastung.¹⁷⁰ Am wichtigsten stellt sich aber die durch die Befugnis der Hauptversammlung zur Organabberufung vermittelte Möglichkeit, den Aufsichtsrat neu zu besetzen und damit mittelbar den Vorstand auszuwechseln, dar.¹⁷¹ Damit wird mittels des Stimmrechts ein Strukturprinzip der deutschen Aktiengesellschaft verwirklicht, wonach allein die Aktionäre in ihrer Gesamtheit den Aufsichtsrat wählen dürfen und dies von der Verwaltung unbeeinflusst bleiben muss.¹⁷² Dadurch bleibt gewährleistet, dass die Verwaltung von den Aktionären abhängig ist; denn diese liefern die Haftungsmasse für die Vertragsparteien der Aktiengesellschaft, über das die Verwaltung nur aufgrund der Ermächtigung durch die Aktionäre verfügt. Über das durch das Stimmrecht vermittelte Recht der Aktionäre, die Verwaltung auszuwechseln, bleibt somit das Ordnungsprinzip der Einheit von Herrschaft und Haftung auch in der Aktiengesellschaft bestehen.¹⁷³ Die besondere Bedeutung des Stimmrechts wird auch dadurch deutlich, dass eine Vielzahl der daneben bestehenden Aktionärsrechte, insbesondere der Informationsanspruch, nur darauf gerichtet ist, eine informierte Ausübung des Stimmrechts zu ermöglichen;¹⁷⁴ denn nur mittels angemessener Information über

 Baums/v. Randow, AG 1995, 145, 146; Zeißig, Mitgliedschaft, S. 11.  Siehe Zöllner, Schranken, S. 14, dort auch zur Systematisierung der Maßnahmen.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 87; Zeißig, Mitgliedschaft, S. 11; Lenz, Proxy, S. 79. Daher knüpft auch das Konzernrecht an die Möglichkeit der Unternehmensaktionäre auf die Personalentscheidungen innerhalb einer Gesellschaft Einfluss zu nehmen an, vgl. Emmerich/ Habersack, Konzernrecht-Lehrbuch, S. 10 f.  Siehe Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 146. Zur in der amerikanischen Literatur geführten Diskussion um „shareholder supremacy“ und „director supremacy“ siehe die Nachweise in Fn. 304.  Siehe zu diesem Prinzip Eucken, Grundsätze, S. 279 – 285, der sich allerdings kritisch zur „Entpersönlichung“ und zur „Ausdehnung der Haftungsbeschränkung“ äußert, durch die er das Prinzip der Einheit von Herrschaft und Haftung verwischt sieht. Über das Stimmrecht bleibt aber gerade dieses Prinzip auch in den Kapitalgesellschaften gewahrt, vgl. Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 146.  Vgl. Ebenroth, Auskunftsrecht, S. 4 f.; Schäfers, Informationsrecht von Aktionären, S. 13; Lenz, Proxy, S. 55, 68; Weikert, Corporate Governance, S. 56.

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die Belange der Gesellschaft kann das Stimmrecht und damit die Kontrolle über die Verwaltung sinnvoll ausgeübt werden.

bb) Übertragbarkeit der Principal-Agent-Überlegungen auf das dualistische Leitungssystem der Aktiengesellschaft nach deutschem Recht Die beschriebenen Überlegungen zur Verwaltungskontrolle wurden vornehmlich zu Rechtsformen aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis angestellt, die durch ein monistisches Leitungssystem geprägt sind. Sie können aber auch für das spezifische deutsche System der zweigliedrigen Gesellschaftsorganisation Gültigkeit beanspruchen und zwar aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen. Nach der Konzeption des deutschen Aktienrechts ist zwar der Aufsichtsrat zentraler Kontrollmechanismus des Vorstands.¹⁷⁵ Dieser Mechanismus ist jedoch lediglich eine Fortsetzung der Kontrolle des Vorstands durch die Hauptversammlung. Durch die personelle Abhängigkeit der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat von der Hauptversammlung ist der Aufsichtsrat nur als Glied in die Kontrolle zwischengeschaltet.¹⁷⁶ Diese Kontrolle ist in ihrer Effizienz eingeschränkt, da der Aufsichtsrat nach ständiger Rechtsprechung nicht allein den Anteilseignern, sondern dem sog. Unternehmensinteresse verpflichtet ist.¹⁷⁷ Damit wird ein Maßstab eingeführt, der aufgrund der Unschärfe des Begriffs eine Vielzahl von Rechtfertigungen für das Vorstandshandeln ermöglicht und die Kontrolle erschwert, so dass das Instrument Aufsichtsrat an Wirkung für die Führung der Unternehmung im Sinne der Aktionäre an Bedeutung verliert. Die Überwachung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat leidet zudem an tatsächlichen Problemen. Der Aufsichtsrat wird vorwiegend durch den Vorstand informiert.¹⁷⁸ Dieser kann einerseits den Informationsfluss so gering halten, dass eine adäquate Überwachung nicht möglich ist.¹⁷⁹ Oder die Information fällt so detailliert aus, dass der Aufsichtsrat die relevanten Auswirkungen einer Vorstandsentscheidung nicht mehr abschätzen kann.¹⁸⁰ Außerdem ist ernsthafte  Weikert, Corporate Governance, S. 83, m.w.N. („zentrale und originäre Einrichtung der Unternehmenskontrolle im Interesse der Aktionäre“).  So auch Lenz, Proxy, S. 72 f.  Vgl. Dutzi, Aufsichtsrat als Instrument der Corporate Governance, S. 148; siehe zum Unternehmensinteresse allgemein Koch, Unternehmensinteresse als Verhaltensmaßstab.  Siehe Leyens, JZ 2007, 1061, 1065 („zentraler Schwachpunkt des Aufsichtsratsmodells“). Umfassend zur Problematik der Information des Aufsichtsrats Leyens, Information des Aufsichtsrats. Dort (S. 182 ff.) auch zur Frage, inwieweit ein Direktkontakt des Aufsichtsrats mit den Angestellten des Unternehmens zulässig ist.  Weikert, Corporate Governance, S. 85.  Mülbert, Gutachten, S. E 49; Weikert, Corporate Governance, S. 85.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Kontrolle aufgrund der immer noch bestehenden engen Verknüpfung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand schwierig. So gibt es zum einen häufig ehemalige Vorstandsmitglieder als Aufsichtsräte.¹⁸¹ Damit sind sie aber auch zur Kontrolle von Sachverhalten berufen, an deren Entstehung sie maßgeblich Teil hatten.¹⁸² Daneben kommt noch eine professionelle Verbundenheit der Aufsichtsratsmitglieder zum Vorstand, was Roth dazu veranlasst, „die faktische Abhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder von, ihre emotionale Nähe zum [sowie] ihre professionelle Identifizierung mit dem Vorstand“ zu beklagen.¹⁸³ Auch die Möglichkeit der Hauptversammlung, dem Vorstand und Aufsichtsrat ihr Misstrauen zu bekunden, spricht für einen Gegensatz zwischen Aktionären auf der einen und Verwaltung auf der anderen Seite. Dies kann durch die Verweigerung der Entlastung nach §§ 119, 120 AktG geschehen, woran sich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen knüpfen kann. Neben diesen rechtlichen Auswirkungen hat die Entlastungsverweigerung aber auch tatsächliche Auswirkungen auf die Verwaltungsmitglieder und setzt somit mittelbar Anreize für deren Wohlverhalten. Denn ein Verwaltungsmitglied, dem das Vertrauen entzogen wird, wird in seiner weiteren Karriere begründen müssen, warum ihm die Hauptversammlung die Entlastung verweigert hat; somit haben die Verwaltungsmitglieder negative Auswirkungen auf ihr weiteres Fortkommen zu befürchten.¹⁸⁴ Der Aufsichtsrat ist somit einerseits nur ein Zwischenglied in der Kontrolle des Vorstands durch die Aktionäre, das von der Hauptversammlung abhängig ist. Andererseits funktioniert faktisch die Kontrolle durch die Aufsichtsratsmitglieder nicht in der vom Gesetz vorgesehenen Weise. Diese Einschätzung wird durch die Tatsache untermauert, dass die europäische Kommission in den letzten Jahren Empfehlungen zur Effizienzsteigerung der Überwachung durch den Aufsichtsrat gemacht hat.¹⁸⁵ Auf diesem Hintergrund scheint es gerechtfertigt, die duale Beziehung zwischen Aktionären auf der einen Seite und der Verwaltung, also Vor-

 Z.B. saß der ehemalige Vorstandschef der Deutschen Bank AG Rolf-Ernst Breuer nach seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender vier Jahre lang dem Aufsichtsrat vor. Dies legt der Deutsche Corporate Governance Codex (DCGK) als im Sinne einer guten Corporate Governance nicht erwünscht fest, vgl. 5.4.4 DCGK.  Hofmann, DB 1990, 2333, 2337.  Siehe G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 377; Weikert, Corporate Governance, S. 85. Schon Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 91, 95 f., beklagt die Abhängigkeit des Aufsichtsrats vom Vorstand und spricht nur von der Verwaltung.  Siehe Kloppenburg, Mitverwaltungsrechte, S. 195 f.; Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 140; Lenz, Proxy, S. 73.  Siehe Leyens, JZ 2007, 1061, 1065.

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stand und Aufsichtsrat, in den Fokus der Untersuchung zu stellen und die angeführten ökonomischen Überlegungen auf das deutsche Modell zu übertragen.¹⁸⁶

b) Stimmrecht und Corporate Governance Aus dem Principal-Agent-Problem resultiert die sog. Corporate-Governance-Forschung,¹⁸⁷ die sich in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet hat.¹⁸⁸ Dabei geht es um die Einsicht, dass es zum einen verschiedene Möglichkeiten zur Kontrolle einer Gesellschaft gibt, namentlich gesellschaftsinterne Kontrollmechanismen und Marktmechanismen, und zum anderen die rechtliche Verfasstheit der Aktiengesellschaft maßgeblichen Einfluss auf die relevanten Märkte hat.¹⁸⁹ Stand am Ausgang der Diskussion die alleinige Frage nach dem Verhältnis zwischen Verwaltung und Anteilseignern, so ist heute die Diskussion aller mit der Unternehmensführung zusammenhängenden Fragen Bestandteil dieses Forschungszweigs.¹⁹⁰ Während die bisherigen Ausführungen über das Stimmrecht als Kontrollinstrument in der Aktiengesellschaft gezeigt haben, dass die Kontrolle durch Stimmrechtsausübung ein Mechanismus der gesellschaftsinternen Governance ist, geht es im Folgenden um ein anderes Verständnis von Corporate Governance, welches sich mit den Grundsätzen einer guten Unternehmensführung beschäftigt, also Mechanismen sucht, die eine Unternehmensführung im Sinne der Eigentümer gewährleisten, und dadurch normativen Charakter hat.¹⁹¹

 So auch Lenz, Proxy, S. 73.  Siehe zum Verständnis von Corporate Governance als institutionelles Arrangement von Regeln zur Kontrolle von Unternehmen Behrens, in: FS Drobnig, S. 505 f. sowie Weikert, Corporate Governance, S. 54 („Corporate Governance […] als komplexes Ganzes […], das der Kontrolle von Managern dient“).  Siehe nur die Literaturnachweise bei Leyens, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2009, S. 931– 952.  Behrens, in: FS Drobnig, S. 505 f. Juristisch kann man bei den Corporate-Governance-Anstrengungen von der „Erarbeitung der besten Verbandverfassung“ sprechen, siehe Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 5.  Leyens, JZ 2008, 1061 f. Unterschieden werden kann dabei zwischen einer Corporate Governance im weiteren Sinne, die Interessenswahrnehmung durch alle Gruppen von Stakeholdern umfasst sowie Corporate Governance im engeren Sinne, die die Steuerung und Kontrolle des Unternehmens durch die Anteilseigner betrifft, siehe Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 459. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Corporate Governance im engeren Sinne, also das Verhältnis von Anteilseignern und Verwaltung.  Teichmann, ZGR 2001, 645. In diesem Sinne auch U. H. Schneider, DB 2000, 2313, 2314; BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, S. 20. Diese Bemühungen um eine gute Corporate Governance sieht Habersack, AG 2009, 1, 5, als „Dauerbaustelle des Aktienrechts“.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

In diese Richtung gehen auch die Bestrebungen verschiedener Institutionen wie beispielsweise der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, welche schon 1998 Prinzipien der Corporate Governance erlassen hat.¹⁹² Grund für den Bedeutungszuwachs dieser Überlegungen ist einerseits eine große Zahl von Fällen von Missmanagement, andererseits ein Wandel bei der Unternehmensfinanzierung deutscher Gesellschaften.¹⁹³ Diese nutzen zunehmend die internationalen Finanzmärkte zur Aufnahme von Kapital.¹⁹⁴ Die Bereitschaft ausländischer Investoren, Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, hängt stark davon ab, dass sie sicher sein können, dass ihr Interesse bei der Unternehmensführung gewahrt wird.¹⁹⁵ Im Zuge einer „Kodex-Bewegung“¹⁹⁶ ist mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) ein Regelwerk geschaffen worden, das die best practice der Unternehmensführung niederlegt und dafür sorgen soll, dass die Interessen der Aktionäre hinreichend berücksichtigt werden.¹⁹⁷ Der Kodex soll Investoren einen schnellen Überblick über die geltenden Verhaltensstandards in Deutschland vermitteln.¹⁹⁸ Er besteht aus einem rechtsbeschreibendem und einem Empfehlungs- und Anregungsteil.¹⁹⁹ Letzterer ist für die Aktiengesellschaften zwar unverbindlich, allerdings müssen börsennotierte

 V. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 4; Köke, Corporate Governance in Germany, S. 2. Die sog. „Principles of Corporate Governance“ sind abgedruckt in AG 1999, 337, 340 ff.  Siehe v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 3, 5; v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 2; Gleich/Oehler, Corporate Governance umsetzen, Erfolgsfaktoren Controlling und Informationssysteme, S. 1– 3; Leyens, JZ 2007, 1061, 1062 f.  Vgl. v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 3, 5; Köke, Corporate Governance in Germany, S. 2.  Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 459. Beispielsweise hat der Pensionsfonds der kalifornischen Staatsbediensteten CalPERS mehrfach die Vergleichbarkeit deutscher Governance-Grundsätze mit internationalen Standards gefordert, siehe Dörner/Orth, in: Pfitzer, Deutscher Corporate Governance Kodex, Ein Handbuch für Entscheidungsträger, S. 10, Fn. 18; kritisch zum „Sendungsbewusstsein“ der amerikanischen und englischen Aktien- und Kapitalmarktrechtler Habersack, AG 2009, 1, 5, der anmerkt, dass nicht hinreichend auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen Rücksicht genommen wird.  Dazu v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 3 – 5.  Siehe zur Entwicklung und Implementierung des Deutschen Corporate Governance Kodex ausführlich v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 6 – 40; Sester, in: Spindler/Stilz, AktG, § 161 Rn. 1– 3; Lenz, Proxy, S. 84– 96.  Lenz, Proxy, S. 88.  Siehe v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 41– 45.

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Aktiengesellschaften nach § 161 AktG eine Entsprechenserklärung abgeben, inwieweit sie die Standards des Kodex’ einhalten, und Abweichungen davon rechtfertigen.²⁰⁰ Hinsichtlich der Stimmrechtsausübung haben der Kodex und das System der Entsprechenserklärung den positiven Effekt, dass das Problem der hohen Kosten der Informationsbeschaffung für eine informierte Ausübung des Stimmrechts abgeschwächt wird, da hinsichtlich bestimmter Fragen entweder die vom Kodex vorgeschlagene Lösung gewählt wird oder eine Erklärung für die Aktionäre abgegeben werden muss. Der Kodex und die Entsprechenserklärung helfen dem Kapitalmarkt dadurch, die Verfasstheit einer Aktiengesellschaft zu erfassen und somit Transaktionskosten bei der Bewertung eines Investments zu verringern. Sie richten die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer auf bestimmte, entscheidende Fragen.²⁰¹ Dies betrifft auch die Informationen, die zur qualifizierten Stimmrechtsausübung notwendig sind. Denn eine Verwaltung, die die Empfehlungen des Kodex‘ beachtet, wird eher den Vorstellungen der Aktionäre entsprechen und somit ist zumindest bei Personalentscheidungen die Notwendigkeit zur Informationsbeschaffung geringer. Dies entspricht dem Ziel des Gesetzgebers durch mehr Transparenz die Principal-Agent-Beziehung zwischen Kapitalanlegern und Unternehmensleitung effizienter zu gestalten.²⁰² Die Bedeutung des Stimmrechts für derartige Corporate-Governance-Empfehlungen liegt darin, dass es das zentrale Mittel zur Durchsetzung der Forderungen der Corporate Governance ist. Denn in den meisten Ländern, wie beispielsweise in Deutschland, sind diese Regelwerke nur sog. „soft law“²⁰³, d. h. es gibt keine gesetzliche Pflicht, den Empfehlungs- und Anregungsteil umzusetzen.²⁰⁴ Somit ist das Stimmrecht und in letzter Konsequenz die Absetzung der Verwaltung mittels Stimmrechtsausübung das einzige Mittel, um Abweichungen

 Siehe zu dieser Pflicht v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 46 – 49. Kritisch hinsichtlich dieses Prinzips von „Comply or Explain“ European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 16 f., mit der Begründung, dass dieser Mechanismus bei einem Großaktionär nichts bewirke und somit keine gesamtwirtschaftlich positiven Effekte erzielen könne, da der Großaktionär sich letzten Endes selbst erkläre, warum er die Regeln des Kodex‘ einhält oder nicht.  Vgl. Tirole, Finance, S. 35.  Sester, in: Spindler/Stilz, AktG, § 161 Rn. 8; v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Vorb. Rn. 20.  So Lutter, ZGR 2001, 224, 225.  So für Deutschland explizit die Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/8769, S. 49 ff. Siehe rechtsvergleichend Rickford, in: Hopt/Wymeersch, Capital Markets and Company Law, S. 461, 465. Dies entspricht auch der international üblichen Regelungstechnik, vgl. Tirole, Finance, S. 35.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

von den gegebenen Empfehlungen zu sanktionieren; das Stimmrecht ist somit von zentraler Bedeutung zur Durchsetzung jeder Verbesserung der Corporate Governance.²⁰⁵

3. Das Stimmrecht und der „Markt für Unternehmenskontrolle“ a) Kontrolle durch funktionierende Märkte (externe Governance) Im Gegensatz zu den Mitteln der internen Governance, die die unmittelbare Überwachung und Sanktionierung des Managementverhaltens betreffen, wirkt die externe Governance über den Marktmechanismus mittelbar auf die Verwaltung.²⁰⁶ Unterschieden werden kann nach der disziplinierenden Wirkung verschiedener Märkte, auch wenn sich die rechtswissenschaftliche Diskussion vornehmlich auf den sog. Markt für Unternehmenskontrolle konzentriert.²⁰⁷ Zu unterscheiden sind der Produktmarkt, der Managermarkt, der Kapitalmarkt sowie der Markt für Unternehmenskontrolle.²⁰⁸ Im vorliegenden Zusammenhang interessiert vor allem letzterer, da er in direktem Zusammenhang mit dem Stimmrecht steht. Denn durch die Akkumulierung von Stimmrechten wird Unternehmenskontrolle erzeugt. Die anderen marktabhängigen Kontrollmechanismen sollen im Folgenden nur kurz angesprochen werden, um ein möglichst vollständiges Bild der Governance der börsennotierten Aktiengesellschaft zu gewinnen.

aa) Kontrolle durch Produktmärkte Der Produktmarkt sorgt durch den Wettbewerbsdruck dafür, dass die Manager optimale Leistung zeigen, da bei einem Ausscheiden des Unternehmens aus dem Markt die Verwaltung ihren Arbeitsplatz verliert.²⁰⁹ Allerdings wird der Erfolg auf diesem Markt im Verhältnis zu anderen Unternehmen gemessen, so dass bei schwachem Wettbewerb auf dem Produktmarkt auch kein hoher Druck auf das

 So auch, allerdings ohne nähere Begründung, Lenz, Proxy, S. 96.  Weikert, Corporate Governance, S. 78 f.  V. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 3, 13. Wird in der rechtswissenschaftlichen Diskussion von „externer Governance“ gesprochen, so ist vornehmlich der Markt für Unternehmenskontrolle gemeint, siehe Hopt, ZGR 2000, 779, 786; Teichmann, ZGR 2001, 645, 647; Tuerks, Proxy, S. 142.  Weikert, Corporate Governance, S. 85 f.  Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 142; Weikert, Corporate Governance, S. 86.

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Management entsteht.²¹⁰ Dazu kommt die Möglichkeit des Managements, sich durch eine diversifizierende Strategie auf verschiedenen Produktmärkten zu positionieren und dadurch den Druck der Produktmärkte zu streuen.²¹¹ Darüber hinaus führt der Druck nicht zwangsläufig zu einem Verhalten, das den Präferenzen der Aktionäre entspricht. Vielmehr wird ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen eher Gewinne thesaurieren, um für schwierige Zeiten, in denen es starkem Wettbewerb ausgesetzt ist, vorzusorgen.

bb) Kontrolle durch den Markt für Managementleistungen Die Managementleistungen werden darüber hinaus durch den Markt für Manager einer gewissen Kontrolle unterworfen. Manager bieten ihre jeweiligen Leistungen an, so dass durch Wettbewerb ein Ausleseprozess stattfindet.²¹² Dieser wirkt sowohl unternehmensintern, da der Manager bei ständigen schlechten Leistungen seinen Job verliert, als auch unternehmensextern, da alle Manager auf einem Markt konkurrieren und bei zukünftigen Aufstiegsmöglichkeiten die bisherigen Leistungen des Managers berücksichtigt werden. Insofern besteht ein Anreiz, im Interesse der Anleger zu handeln. Arbeiten die Manager in Teams zusammen, so findet darüber hinaus eine weitere Kontrolle durch die gegenseitige Überwachung der Teammitglieder statt.²¹³ Diese achten dann untereinander darauf, dass die Leistungen der jeweils anderen Teammitglieder zum Gelingen der Unternehmung beitragen und beugen opportunistischem Verhalten vor. Denn sie sind selbst für ihr berufliches Fortkommen auf ein gutes Ergebnis des Unternehmens angewiesen, wollen sie nicht ihren gegenwärtigen Arbeitsplatz verlieren und ihren Marktwert drücken.²¹⁴ Allerdings ist auch die Kontrolle durch den Managementmarkt mit etlichen Schwierigkeiten verbunden. So behindern die sog. Übergangskosten, die bei einem Wechsel von einem alten Manager zu einem neuen Manager anfallen, den reibungslosen Austausch. Sie umfassen die Kosten, die Fehler des alten Managers zu entdecken, die Such- und Verhandlungskosten für den neuen Manager sowie dessen Einarbeitungszeit.²¹⁵ Auch unternehmensextern sieht sich der Marktmechanismus Schwierigkeiten ausgesetzt. Denn für Außenseiter, die keinen direkten Zugriff auf Informationen aus dem Unternehmen haben, wie beispielsweise zu-

     

Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 142. Siehe Weikert, Corporate Governance, S. 86. Siehe Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, 139; Weikert, Corporate Governance, S. 86. Vgl. Fama, 88 JPE 288, 293 (1980); Weikert, Corporate Governance, S. 86. Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 140. Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 141; Weikert, Corporate Governance, S. 86

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

künftige Arbeitgeber des Managers, verursacht es erhebliche Kosten, die Leistung des Managers im Unternehmen zu beurteilen. Es müssen Informationen beschafft und diese dann bewertet werden.²¹⁶ Dazu kommt, dass der Wechsel und die Überwachung des Vorstands nach der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung in der Hand des Aufsichtsrats liegen, vgl. § 111 Abs. 1 AktG sowie § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG. Funktioniert dieses Organ aufgrund der oben dargestellten Funktionsdefizite nicht richtig, so trägt dies zusätzlich zu einer unzureichenden Kontrolle bei.²¹⁷

cc) Kontrolle durch den Kapitalmarkt, insbesondere Einflussnahme auf die Unternehmensleitung durch Darlehensgeber Der Kapitalmarkt soll insofern disziplinierend auf die Manager wirken als dass bei schlechter Unternehmensfinanzierung die Aufnahme von Kapital für Investitionen am Kapitalmarkt immer teurer wird.²¹⁸ Das erweist sich langfristig als Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Unternehmen und führt letzten Endes zur Gefahr des Ausscheidens aus dem Markt und damit zu einer Gefährdung der Arbeitsplätze der Manager.²¹⁹ Dieser Mechanismus setzt allerdings voraus, dass Unternehmen auf externe Finanzierung angewiesen sind. Vornehmlich finanzieren sich Unternehmen aber weltweit durch die Einbehaltung von Gewinnen.²²⁰ Damit sind sie dem Druck der Finanzmärkte weitgehend entzogen und unabhängig gegenüber den Investoren.²²¹ Insbesondere aber kann der Kapitalmarkt dieses Defizit nicht selbst beheben. Denn er hat keinen Einfluss auf die Thesaurierungsentscheidung und kann die Verwaltung nicht zwingen, die überschüssigen Zahlungsströme an die Aktionäre auszuschütten. Denn nur, wenn sie dies täten, bestünde die Notwendigkeit, für neue Projekte auf den Finanzmarkt zurückzugreifen. Und selbst wenn für ein größeres Investitionsprojekt auf eine externe Finanzierung zurückgegriffen werden muss, so besteht eine Präferenz des Managements, Fremdkapital in Form von Bankkrediten aufzunehmen. Diese erlauben, zumindest nach dem gesetzlichen Leitbild, keine Einflussnahme auf die

 Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 140 f.  Weikert, Corporate Governance, S. 87, die auch auf die möglichen negativen Auswirkungen der Mitbestimmung hinweist.  Behrens, in: FS Drobnig, S. 497.  Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 146; Behrens, in: FS Drobnig, S. 497.  Siehe Hellwig, in: Gahlen/Hesse/Ramser, Finanzmärkte, S. 211– 243, 226; Juhnke Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 146. In Deutschland besonders deutlich, vgl. das Schaubild bei Tirole, Finance, S. 96.  Haar, JZ 2008, 964, 967; Schüller, ORDO 30 (1979), 325, 332.

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Geschicke der Gesellschaft,²²² so dass keine Kontrolle des Managements stattfindet. Die Einflussmöglichkeiten der Fremdkapitalgeber haben sich in letzter Zeit erweitert, insbesondere durch das Aufkommen des sog. Leveraged Buyout. ²²³ Dies ist für die Banken mit erheblichen Risiken verbunden, da die Unternehmen häufig mit einer Schuldenlast vom fünf bis sechsfachen ihres Jahresergebnisses vor Zinsen und Steuern belastet werden. Dies führt zu einer erhöhten Insolvenzwahrscheinlichkeit auch bei vergleichsweise geringen Verschlechterungen des Unternehmensergebnisses. Insoweit ergeben sich zwei weitere Aspekte der Verwaltungskontrolle: Zum einen wird das Management durch die Pflicht, die Kreditverbindlichkeiten zu tilgen, diszipliniert. Denn diese Pflicht zwingt das Management zur stetigen Generierung eines stabilen Cashflows.²²⁴ Dadurch wird dem Unternehmen zudem Liquidität entzogen, so dass überschüssige Zahlungsströme nicht vom Management für eigene Zwecke verwendet werden können.²²⁵ Zum anderen lassen sich die Banken aufgrund der angestiegenen Insolvenzgefahr erhebliche Rechte in den Kreditverträgen einräumen, sog. Covenants.²²⁶ Diese gewähren zum Teil erheblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens, so dass schwierige Abgrenzungsfragen zu den Eigenkapitalgebern auftauchen.²²⁷ Denn es liegt eine „Funktionenvermischung“ vor: hat ein Fremdkapitalgeber Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen, so nimmt er auch die Funktionen eines Unternehmers wahr.²²⁸ Somit kann es zu Interessenkonflikten zwischen derartigen Kreditgebern und den Aktionären sowie zwischen derartigen Kreditgebern und anderen Gesellschaftsgläubigern kommen.²²⁹ Denn

 Siehe Servatius, Covenants, 2008, S. 348, der den Regeltypus von Darlehensgeber sowie stillem Gesellschafter dadurch gekennzeichnet sieht, dass diese kein Recht haben, auf die Unternehmensleitung Einfluss zu nehmen sowie dass ihr finanzielles Risiko vom unternehmerischen Risiko gelöst ist. Ähnlich Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 429.  Servatius, Covenants, S. 1. Siehe zu rechtlichen Fragen und zum wirtschaftlichen Hintergrund des Leveraged Buyout Diem, Akquisitionsfinanzierung.  Tirole, Finance, S. 51; Bösch, Finanzwirtschaft, S. 355 (mit einem Zitat von Bennett Stewart: „Equity is soft, debt is hard. Equitiy is forgiving, debt is insistent. Equity is a pillow, debt is a dagger.“); Arnold, Steuerung, S. 212 f., aber kritisch zur Wirksamkeit der Kontrolle durch Fremdkapital, S. 220 – 222.  Tirole, Finance, S. 51.  Siehe zum Begriff Servatius, Covenants, S. 23 sowie Kästle, Covenants in Kreditverträgen, S. 27 f.  Dazu schon Fleischer, ZIP 1998, 313 ff.  Fleischer, ZIP 1998, 313, 317.  Siehe Servatius, Covenants, S. 90.

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die Interessen der Kreditgeber decken sich nicht mit dem Interesse der Aktionäre an einer optimalen Risikowahl und einer effizienten Kapitalstruktur.²³⁰ Vielmehr werden die Banken die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel in ihrem Interesse einsetzen, so wie sie es bisher mit den ihnen übertragenen Depotstimmrechten getan haben. Wie die langwierige Diskussion um den übermäßigen Einfluss der Banken bei der Stimmrechtsausübung und die langfristig Dynamik verhindernden Strukturen der sog. „Deutschland AG“ gezeigt hat, ist vom Einfluss der Banken keine stärkere Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre zu erwarten. Hinzu kommt, dass die Banken nicht mehr Aktionäre sind, so dass ihr Interesse allein auf die Sicherung der Rückzahlung der Kreditverpflichtungen gerichtet ist.²³¹ Aufgrund ihres Status’ als Fremdkapitalgeber profitieren die Banken nicht von einem höheren unternehmerischen Risiko in Form eines höheren Anteils am Unternehmensgewinn. So werden die Kreditgeber versuchen den Wert der eigenen Forderungen zu maximieren und nicht den Unternehmenswert.²³² Deshalb werden möglicherweise Wachstumschancen nicht genutzt, die bei einflussloser Kreditsicherung hätten genutzt werden können.²³³ Dennoch sollte der mögliche positive Einfluss derartiger „atypischer Fremdkapitalgeber“²³⁴ auf die Corporate Governance nicht verkannt werden.²³⁵ Derartige Covenants können wünschenswerte Wirkungen haben, indem sie früh auf Fehlentwicklungen in der Unternehmensführung hinweisen und verbesserte Möglichkeiten zur Krisenbewältigung bereitstellen. Damit tragen sie zum allgemeinen Gläubigerschutz bei.²³⁶ Sie helfen zudem die zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer bestehenden Informationsasymmentrien abzubauen und somit das Kreditrisiko besser zu kalkulieren; dadurch wird Fremdkapital für die Unternehmen billiger.²³⁷ Auch wird der Wunsch der Banken nach Einflussrechten nicht aus der

 Siehe mit Zusammenfassung der unterschiedlichen Risikopräferenzen Stahlschmidt, Schutzbestimmungen, S. 52 f.  Schon auf die Bedeutung von Kreditvergabe für die Unternehmenssteuerung hinweisend Lenel, in: Gröner, Unternehmenskontrollen, S. 10. Siehe auch Tirole, Finance, S. 51.  Kästle, Covenants in Kreditverträgen, S. 227; Stahlschmidt, Schutzbestimmungen, S. 52 f.  Kästle, Covenants in Kreditverträgen, S. 227, 232.  Als „atypische Fremdkapitalgeber“ bezeichnet Servatius, Covenants, S. 150 (Schaubild), diejenigen Nichteigentümer, die zum einen Einfluss auf die Herrschaft über das Unternehmen nehmen, zum anderen nur am positiven Unternehmensergebnis partizipieren, beim negativen jedoch nicht mit ihrem Kapitalanteil haften.  Siehe Fleischer, ZIP 1998, 313, 319; Servatius, Covenants, S. 143.  Kästle, Covenants in Kreditverträgen, S. 232; Servatius, Covenants, S. 78 f. sowie S. 81 f. zu den konkreten Hilfestellungen, die Banken beispielsweise im Falle einer Krise geben könne, wie etwa die Vermittlung kompetenter Sanierungsexperten.  Servatius, Covenants, S. 591 f.

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Vorstellung, die besseren Unternehmer zu sein, hervorgehen.²³⁸ Insoweit ist die Einflussnahme auf die Geschäftspolitik begrenzt. Dazu kommt, dass diese Mittel zwar Einfluss auf die Geschäftspolitik gewähren sollen, andererseits aber vor allem als Frühwarnsysteme für Risiken bei den Kredit nehmenden Unternehmen gedacht sind.²³⁹ Sie erhöhen zudem die Bereitschaft der Banken, Leveraged Buyouts zu finanzieren, und verbessern somit die Funktionsfähigkeit des Markts für Unternehmenskontrolle. Trotz der genannten Vorteile des Einflusses der Kreditgeber und der positiven Wirkung führt dieser nicht zu einer Kontrolle des Managements im Sinne der Aktionäre. Vielmehr deutet die Interessenlage der Banken darauf hin, dass es für eine Steuerung des Unternehmens im Sinne der Anleger in Zukunft noch wichtiger sein wird, die Aktionärsinteressen bei der Unternehmensführung wirksam durchzusetzen und dem durch die Covenants vermittelten Kontrollinteresse der Banken ein Gegengewicht entgegenzusetzen. Insofern ist die Bedeutung der Verwaltungskontrolle mittels Stimmrechtsausübung weiter gestiegen.²⁴⁰

dd) Zwischenergebnis Allgemein lässt sich festhalten, dass die Managementkontrolle durch Produkt-, Management- und Kapitalmärkte problembehaftet ist. Diese Märkte erzeugen keinen hinreichenden Druck, um das Management zu einem am Interesse der Anteilseigner orientierten Verhalten zu bewegen. Zu leicht kann der entstehende Druck durch die Verwaltung durch Diversifikationsstrategien und Polsterbildung umgangen werden. Nehmen Kreditgeber im Rahmen von Covenants Einfluss auf die Unternehmensführung, so wird dies in der Regel dazu dienen, eine sichere Bedienung ihrer Forderungen zu gewährleisten und nicht dazu, eine Unternehmenspolitik im Sinne der Aktionäre durchzusetzen.

b) Die Ausgangsidee – Marktpreise als Indikatoren von Managementleistung Grundidee des Marktes für Unternehmenskontrolle ist, dass eine den Interessen der Aktionäre widersprechende Verwendung von Unternehmensmitteln den Ak-

 Stahlschmidt, Schutzbestimmungen, S. 51.  Stahlschmidt, Schutzbestimmungen, S. 51.  Ähnlicher Befund im Hinblick auf die veränderten Interessen der Banken bei Haar, JZ 2008, 964, 967. Zu den veränderten Interessen der Banken siehe auch Hellwig, in: Gahlen/Hesse/ Ramser, S. 226.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

tienkurs zum Absinken bringt.²⁴¹ Denn die Anleger auf dem Sekundärmarkt werden die Zukunftsaussichten eines Unternehmens, dessen Management keine guten Leistungen erbringt, schlecht einschätzen und die Aktie nicht nachfragen bzw. ihre bereits gehaltenen Aktien abstoßen.²⁴² Die Aktionäre sind also gegenüber dem Management nicht ohne Druckmittel, denn sie können ihr Investment am Kapitalmarkt liquidieren, was zu einem Preisverfall für die Anteile des Unternehmens führt.²⁴³ Mit dem Absinken des Aktienkurses steigt der Anreiz für Investoren eine hinreichend große Position aufzubauen, um mittels Stimmrechtsausübung das Management auszuwechseln oder die Unternehmensstrategie zu verändern.²⁴⁴ Insofern ist der Markt für Unternehmenskontrolle eng mit dem Stimmrecht verknüpft, da nur derjenige Investor die Möglichkeit hat, die Verwaltung auszutauschen, der hinreichend Stimmrechte auf sich vereint.²⁴⁵ Die Drohung einer Auswechslung wird bereits präventiv Wirkung auf die Verwaltung entfalten und diese zu einem dem Aktionärsinteresse entsprechenden Wirtschaften anhalten.²⁴⁶ Damit verknüpft der Markt für Unternehmenskontrolle Finanzsystem und einzelnes Unternehmen.²⁴⁷ Er ist zudem deshalb so wichtig, da durch die Übernahme einer Kontrollmehrheit den Anteilseignern ein Zugriff auf die überschüssigen Finanzierungsmittel der Gesellschaft ermöglicht wird, wenn diese von der Verwaltung zurückgehalten werden.²⁴⁸ Da der Innenfinanzierung,

 Manne, 73 JPE 110, 112 (1965); Weikert, Corporate Governance, S. 88 f.; Haar, JZ 2008, 964, 965; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 53; Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote, S. 5 ff.  Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 463.  Behrens, in: FS Drobnig, S. 491, 497. Zum nicht hinreichenden Schutz der Aktionäre durch diese Exit-Methode siehe bereits oben unter Teil 2 I.1.  Siehe Weikert, Corporate Governance, S. 89; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 52; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 466; Adams, AG 1990, 63, 64; Klöhn, Spekulation, S. 64.  Weikert, Corporate Governance, S. 91.  Haar, JZ 2008, 964, 965; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 466; Klöhn, Spekulation, S. 64; Tuerks, Proxy, S. 140; Adams, AG 1989, 333. Mit formaler Herleitung Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 26 – 28.  Haar, JZ 2008, 964, 965.  Zu diesem Vorwurf an das Management, Kapital, das aus Sicht der Aktionäre anderweitig investiert werden könnte, im Unternehmen zu behalten und damit zum einen Unabhängigkeit für seine Investitionsprojekte zu erlangen sowie ineffiziente Unternehmensimperien aufzubauen, grundlegend Jensen, 76 AER 323 (1986). Siehe auch Arnold, Steuerung, S. 63 – 65, der den Vorwurf allerdings für nicht gerechtfertigt hält, ohne allerdings stichhaltige Gründe oder empirische Belege gegen die Ablehnung dieses Vorwurfs vorzubringen. Kritisch aufgrund der beschränkten Einflussmöglichkeiten der Aktionäre auf die Finanzierung im Konzern Lutter, in: FS K. Schmidt, S. 1065, 1076.

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unabhängig von der Finanzierungsform (Banken oder Kapitalmarkt) überragende Bedeutung zukommt,²⁴⁹ ist es essentiell, dass die Anteilseigner Kontrolle ausüben können und dafür sorgen, dass diese Liquiditätspolster aufgelöst werden und das freigesetzte Kapital rentableren Unternehmungen zugeführt wird. Das Stimmrecht ist für diesen Markt deshalb so entscheidend, da es Kontrolle vermittelt und damit die Drohung des Austauschs des Managements erst entsteht. Denn erst das Stimmrecht vermittelt, in entsprechender Konzentration, die Möglichkeit, das Unternehmen nach eigenen Vorstellungen umzugestalten, insbesondere durch die Auswechslung oder die Drohung der Auswechslung der gegenwärtig arbeitenden Verwaltung. Es stellt somit das Bindeglied zwischen interner Governance und externer Governance durch den Markt für Unternehmenskontrolle dar.²⁵⁰ Die Bedeutung dieser Kontrollmöglichkeiten drückt sich auch am Kapitalmarkt im Preis aus. Dies lässt sich aus einem Vergleich des Preises von Stammaktien mit Stimmrecht mit dem Preis von stimmrechtslosen Vorzugsaktien ablesen. Letztere werden trotz einer Bevorzugung bei der Dividendenzahlung mit einem Preisabschlag gegenüber den stimmbefugten Stammaktien gehandelt.²⁵¹ Dieser Kursabschlag beträgt an deutschen Börsen durchschnittlich um die 26 %.²⁵²

c) Probleme und Grenzen des Marktes für Unternehmenskontrolle Allerdings funktioniert der Markt für Unternehmenskontrolle nicht so reibungslos wie gewünscht und er weist hinsichtlich der Managementkontrolle einige Schwachpunkte auf, die im Folgenden kurz erläutert werden. Diese Schwachpunkte unterstreichen dabei die Bedeutung der internen Governance, die den Markt für Unternehmenskontrolle erst funktionsfähig macht. Erst durch die internen Mechanismen, allen voran das Stimmrecht, werden die Sanktionsmöglichkeiten eröffnet, die das Disziplinierungspotential dieses Marktes für die Verwaltung konstituieren.

 Siehe die Nachweise in Fn. 220.  So auch Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 814 (2006).  Pellens/Hildebrand, AG 2001, 57, 62 m.w.N. zu empirischen Studien.  Lenz, Proxy, S. 70; Pellens/Hildebrand, AG 2001, 57, 58, mit Zahlen auch zu anderen Ländern.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

aa) Zweifelhafte Prämisse der Übernahme nur aus Gründen der Effizienzsteigerung Zunächst ist die implizite Prämisse eines funktionierenden Marktes für Unternehmenskontrolle zweifelhaft. Die Theorie geht davon aus, Übernahmen erfolgten nur aus dem Grund, Ineffizienzen in einem Unternehmen zu beseitigen und dadurch Gewinn zu erzielen. Es ist aber durchaus möglich, dass ein Unternehmen im Zuge des beschriebenen Missmanagements zur Risikodiversifikation eine Übernahme forciert oder, im schlechtesten Fall, ein mit Prestigegewinnen verbundenes Firmenimperium aufbauen möchte, ohne dass dies Effizienzgewinne für die Unternehmung zeitigen würde.²⁵³

bb) Noise trader und Spekulation Das Konzept des Marktes für Unternehmenskontrolle geht ferner davon aus, dass der Kapitalmarkt alle Informationen effizient und rational verarbeitet und der Börsenkurs dem inneren Wert des Unternehmens, dem sog. Fundamentalwert, entspricht.²⁵⁴ Nur dann kann auch tatsächlich aus dem Preis der Aktie auf dem Sekundärmarkt ein Rückschluss über die Leistung des Managements gezogen werden. Bildet der Kapitalmarkt hingegen die Leistung nicht effizient ab, dann droht eine Fehlsteuerung insoweit als schlecht wirtschaftende Manager aufgrund eines nicht präzisen Börsenkurses weiterhin im Amt bleiben, während im Interesse der Aktionäre arbeitende Manager ausgetauscht werden.²⁵⁵ Eine derartige ungenaue Bewertung droht durch sog. noise trader, die dauerhaft den Marktpreis durch ihre Fehlbewertungen verzerren.²⁵⁶ Dieser Effekt kann darüber hinaus durch Spekulation verstärkt werden.²⁵⁷ Damit ist die Einnahme kurzfristiger Positionen mit der Absicht, durch die Vorhersage von Preisentwicklungen Gewinn zu machen, gemeint.²⁵⁸ Zwar wird in der klassischen Kapitalmarkttheorie eine preisstabilisierende Wirkung der Spekulation angenommen, allerdings ist anerkannt, dass Spekulation destabilisierende Wirkungen zeitigen kann. Denn sie kann die Informationseffizienz und die fundamentale Effizienz des Kapitalmarkts beeinträchtigen.²⁵⁹ Informationseffizienz ist nach der Efficient Capital Market Hypothesis die Fähigkeit eines Kapitalmarktes,

      

Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 28, m.w.N. Klöhn, Spekulation, S. 64. Klöhn, Spekulation, S. 74; Arnold, Steuerung, S. 252. Siehe dazu Klöhn, Spekulation, 46 ff.; Engert, Regulierung von Investmentfonds, S. 9 f. Engert, Regulierung von Investmentfonds, S. 9. Siehe zum Spekulationsbegriff Klöhn, Spekulation, S. 23 f. Klöhn, Spekulation, S. 58, 60.

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neue Informationen im Preis auszudrücken,²⁶⁰ fundamentale Effizienz bezeichnet die Abbildung des Fundamentalwertes, also des wahren Unternehmenswertes, durch den Marktpreis.²⁶¹ Diese theoretische Annahme, von Jensen einmal als „fact of life“ bezeichnet,²⁶² erfüllt sich in der Praxis jedoch kaum.²⁶³ Vor allem durch die Erkenntnisse der Behavioral Finance ist deutlich geworden, dass Anleger Fehleinschätzungen am Markt systematisch unterliegen, d. h. diese sich nicht gegenseitig ausgleichen, wovon die klassische Theorie der Spekulation als Informationsarbitrage²⁶⁴ ausgeht.²⁶⁵ Insgesamt ergibt sich bei der Preisbildung auf dem Sekundärmarkt eine Fülle von Anomalien, die sich durch die von der Behavioral Finance gelieferten Erkenntnisse erklären lassen.²⁶⁶ Die weitergehenden Implikation dieser Erkenntnisse für das Kapitalmarktrecht sind für die vorliegende Arbeit nicht von Interesse.²⁶⁷ Entscheidend ist folgende Überlegung: wenn die Marktpreise nicht den zugrunde liegenden Fundamentalwert und damit auch nicht die entsprechenden Verwaltungs-Entscheidungen akkurat abbilden, dann ist der Börsenpreis eines Unternehmens nur in begrenztem Umfang Ausdruck der Leistungen des Managements. Der Markt für Unternehmenskontrolle ist damit nur beschränkt geeignet, Fehlleistungen des Managements aufzuzeigen und zu beheben.

cc) Abwehrmaßnahmen der Verwaltung Weiterhin ist das Funktionieren dieses Marktes maßgeblich von der rechtlichen Verfasstheit des Marktes abhängig.²⁶⁸ Denn wenn das Aktienrecht der Verwaltung

 Klöhn, Spekulation, S. 60. Siehe die Darstellung der Efficient Capital Market Hypothesis bei Mülbert, Unternehmensgruppe, S. 129 f.  Siehe Klöhn, Spekulation, S. 60 m.w.N. in Fn. 174.  Siehe Jensen, 6 J. Fin. Econ. 95 (1978).  Siehe Engert, Regulierung von Investmentfonds, S. 4, mit Hinweisen auf empirische Studien, die die mangelnde Informationseffizienz des Kapitalmarkts untersuchen und belegen. Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme sind vor allem auch in der momentanen Finanzkrise geäußert geworden, siehe beispielsweise Financial Services Authority, The Turner Review: A regulatory response to the banking crisis, S. 40 f.  Siehe hierzu Klöhn, Spekulation, S. 26 – 28, 62 f.  Klöhn, Spekulation, S. 90, 123, 126. In diesem Sinne beispielsweise Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 9, der davon ausgeht, dass die Spekulation die Fundamentaleffizienz steigert.  Siehe zu diesen Anomalien und deren Erklärung durch die Behavioral Finance Klöhn, Spekulation, S. 110 – 116; Bak/Bigus, ZBB 2006, 430, 435 – 437. Siehe auch Engert, Regulierung von Investmentfonds, S. 5.  Siehe dazu zusammenfassend Klöhn, Spekulation, S. 260 – 262.  Siehe allgemein dazu Grundmann, NZG 2005, 122 ff. Zu den Hindernissen schon Adams, AG 1990, 63 ff.

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Möglichkeiten eröffnet, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen oder die Kontrolle sich aufgrund von Sonderrechten unverrückbar in der Hand eines einzelnen Aktionärs befindet, wie beispielsweise durch die Sonderrechte des Landes Niedersachsen bei der Volkswagen AG,²⁶⁹ so ist eine Übernahme faktisch unmöglich, das Management nicht bedroht und somit auch nicht motiviert, eine Geschäftspolitik im Sinne des gesamten Aktionärskreises zu ergreifen. Demgegenüber ein für Unternehmensübernahmen förderliches „equal-levelplaying-field“ zu schaffen, war Gegenstand von Bemühungen der Europäischen Kommission in den letzten Jahren.²⁷⁰ Inzwischen ist durch den Erlass der Übernahmerichtlinie²⁷¹ ein rechtlicher Rahmen geschaffen worden, der Unternehmensübernahmen erleichtert und die Voraussetzungen für einen funktionierenden Markt für Unternehmenskontrolle schaffen soll.²⁷² Neben der reibungslosen Übertragung von Anteilen²⁷³ zwischen Bieter und Aktionären muss ein solcher rechtlicher Rahmen auch gesellschaftsinterne Übernahmehindernisse möglichst einschränken, da diese häufig eine Übernahme unattraktiver machen und das Management sich bei deren Bestehen sicher fühlen kann. Dann aber kommt die Anreizwirkung des Marktes für Unternehmenskontrolle nicht zur Geltung.²⁷⁴ Auch nach Umsetzung der europäischen Vorgaben hat das Management aber noch eine Fülle von Möglichkeiten, sich gegen Übernahmeangebote zur Wehr zu setzen.²⁷⁵ Dies ist ihm sowohl im Vorfeld einer Übernahme als auch nach Abgabe

 Zu den sog. „golden shares“ siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 36 mit Nachweisen zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in Fn. 39. Aus jüngster Zeit EuGH, NJW 2007, 3481 sowie EuGH, ZIP 2008, 21.  Siehe zu den Vereinheitlichungsbemühungen Haar, JZ 2008, 964, 966; Leyens, JZ 2007, 1061, 1068 f.; Grundmann, NZG 2005, 122 ff.  Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote.  Sieht man vom sog. deutschen „Sündenfall“ (so Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 427), der Möglichkeit der Genehmigung von Abwehrmaßnahmen, einmal ab. Allerdings können die Aktiengesellschaften sich auch für die Anwendung der strengen Regeln entscheiden und unter Umständen damit einen Vorteil auf dem Kapitalmarkt erlangen, siehe dazu Grundmann, NZG 2005, 122, 127 f.  Dieser ist in letzter Zeit beispielsweise durch die Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes für bestimmte Investoren behindert worden, siehe dazu Weller, ZIP 2008, 857 ff.; Krolop, ZRP 2008, 40 ff.  Zur Bedeutung gesellschaftsrechtlicher Normen als Faktoren, die als Transaktions- und Kontrollkosten in das Kalkül einbezogen werden müssen, schon Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote, S. 11.  Siehe Leyens, JZ 2007, 1061, 1069, der gar davon spricht, nach der Umsetzung der Richtlinie gäbe es teilweise mehr Abwehrmöglichkeiten und nicht weniger. Siehe auch Arnold, Steuerung, S. 239 – 241.

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des Übernahmeangebots möglich.²⁷⁶ Auf die Einzelheiten braucht hier nicht eingegangen werden; fest steht jedoch, dass diese Möglichkeit des Managements die Wirkkraft und das Abschreckungspotential des Marktes für Unternehmenskontrolle einschränkt und die Bedeutung des Stimmrechtes weiter steigert. Denn dieses ist durch seine Mitwirkungsbefugnisse nicht nur Sanktionsinstrument für den Markt für Unternehmenskontrolle, sondern erlaubt auch Abwehrmaßnahmen des Managements einzuschränken oder zu verhindern, da insbesondere präventive Abwehrmaßnahmen, wie beispielsweise genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluss, Hauptversammlungsbeschlüsse erfordern.²⁷⁷

dd) Trägheit des Marktes für Unternehmenskontrolle Ein weiterer Mangel des Marktes für Unternehmenskontrolle ist, dass er nur gravierende Fehlleistungen des Managements korrigieren kann, bei einer unter Umständen notwendigen Feinsteuerung jedoch versagt.²⁷⁸ Somit bleiben dem Management noch große Freiräume zu einer an den eigenen Interessen orientierten Politik, bis es unter Umständen zu einer feindlichen Übernahme kommt.²⁷⁹ Das Ausfindigmachen eines Übernahmekandidaten, die Übernahme selbst und die Auswechslung des Managements verursacht Kosten, so dass der erwartete Gewinn diese Kosten übersteigen muss.²⁸⁰ Dazu kommt die Gefahr, dass andere Bieter nach Abgabe eines Gebotes in den Bieterprozess einsteigen und damit den Preis in die Höhe treiben. Auch diese Möglichkeit müssen Investoren, die eine Kontrollmehrheit erlangen wollen in Betracht ziehen, was gegen einen Übernahmeversuch sprechen kann.²⁸¹ Diese Abschreckung wird durch die Regelpublizität verstärkt, die in Deutschland in den letzten Jahren sukzessive ausgeweitet

 Siehe Arnold, Steuerung, S. 240 – 241; Haar, JZ 2008, 964, 965; Grundmann, NZG 2005, 122, 127; Schanz, NZG 2007, 927, 930 ff., jeweils mit Beispielen für mögliche Mittel zur Erschwerung einer Übernahme.  Vgl. Schanz, NZG 2007, 927, 929 zu präventiven Abwehrmaßnahmen und ad-hoc-Abwehrmaßnahmen.  Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 55; Arnold, Steuerung, S. 250.  Tuerks, Proxy, S. 146; J. Reul, Pflicht zur Gleichbehandlung, S. 195 f.  Juhnke, Eigentum und Verfügungsgewalt, S. 151; Arnold, Steuerung, S. 252 f. Zu den einzelnen Risiken, denen ein nach Unterbewertung suchender Investor ausgesetzt ist Engert, Regulierung von Investmentfonds, S. 7– 9.  Allen/Gale, in: Vives, Corporate Governance, S. 23 – 84, S. 41 f.; Arnold, Steuerung, S. 253.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

worden ist.²⁸² Damit wird es potentiellen Investoren unmöglich gemacht, Positionen aufzubauen, ohne dass andere Investoren auch von der Unterbewertung bzw. den möglichen Effizienzgewinnen bei der Zielgesellschaft erfahren und ebenso Aktien des Übernahmekandidaten erwerben. Insofern wird der Anreiz, Unterbewertungen und Ineffizienzen zu suchen, vermindert.²⁸³ Investoren, die sich mittels der sog. hidden ownership an ein Unternehmen „anschleichen“, versuchen diese Wirkung der Publizitätsvorschriften zu vermeiden.²⁸⁴ Ein zusätzliches Problem tritt auf, wenn das Unternehmen relativ groß ist. Denn dann wird es allein aufgrund des benötigten Kapitals schwierig, eine Kontrollmehrheit zu erlangen. Für Manager besteht hingegen ein Anreiz, möglichst große Firmenimperien aufzubauen, damit eine Übernahme erschwert wird.²⁸⁵ Besonders wenn das Unternehmen in einem für exogene Schocks anfälligen Marktumfeld²⁸⁶ tätig ist und somit nicht einen stetigen Cashflow gewährleisten kann, werden sich kaum Banken finden, die bereit sind, eine Finanzierung des Kontrollerwerbs zu übernehmen. Auch ist im Hinblick auf das Geschäftsmodell des Leveraged Buyout zu berücksichtigen, dass für einen funktionierenden Übernahmemarkt auch externe Faktoren, wie der Leitzinssatz mit seiner Auswirkung auf die Fremdkapitalkosten, aber auch die politischen Rahmenbedingungen beachtlich sind.²⁸⁷ Dies spiegelt sich in zyklischen Übernahmewellen²⁸⁸ wider, die sich kaum damit erklären lassen, dass die Unternehmensführungen in

 Beispielsweise durch das Risikobegrenzungsgesetz, siehe dazu Möllers/Holzner, NZG 2008, 166 ff.; Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921 ff.; Renz/Rippel, BKR 2008, 309 ff.; Weber-Rey, DStR 2008, 1967 ff.  Siehe Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119; Fleischer, ZGR 2008, 185, 206; Möllers/Holzner, NZG 2008, 166, 171. Wenn man allerdings einen einzelnen Investor unbemerkt von den anderen Marktteilnehmern einen großen Anteilsbesitz aufbauen lässt, wird ein anderer Interessent abgeschreckt sein, auch noch ein Angebot abzugeben. Denn eine vergleichbar große Position aufzubauen wird dann schwierig und teuer. Damit aber wird die Steigerung der Allokationseffizienz durch den Übernahmemarkt gestört, die eigentlich zu einer Allokation zu demjenigen führen soll, der dem Unternehmen den höchsten Wert beimisst. Durch das Erlauben des anonymen Positionsaufbaus würde diese Funktion behindert.  Siehe dazu schon oben unter Teil 1, I.4.  Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, Rn. 55.  So z. B. im Tourismus-Bereich (Anschläge) oder in der Luftfahrt (Veränderungen des Ölpreises).  Zur Entwicklung des Übernahmemarktes und dessen Abhängigkeit von politischen Entscheidungen in den USA der 80er Jahre sowie dem engen Zusammenhang dieses auf Marktsteuerung setzenden Ansatzes mit der Chicago-School Tuerks, Proxy, S. 143.  Siehe dazu Hellwig, in: Gahlen/Hesse/Ramser, S. 232, der allerdings diese Wellen allein von politischen Faktoren beeinflusst sieht.

I. Funktionen und Bedeutung des Stimmrechts

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machen Zeiträumen durchgehend gut arbeiten und dann plötzlich gehäuft sehr schlecht. Schließlich und endlich ist der Kontrollmechanismus durch die Übernahme mit hohen Kosten sowohl für die Aktionäre als auch für andere Stakeholder verbunden, so dass das Stimmrecht als ein kostengünstiger und kontinuierlich wirkender Kontrollmechanismus eine bedeutende Rolle für die Unternehmensüberwachung innehat.²⁸⁹

d) Zwischenergebnis Somit lässt sich feststellen, dass weder der Produkt-, der Kapital- und der Managementmarkt noch der Markt für Unternehmenskontrolle eine effiziente Kontrolle des Managements im Sinne der Gewährleistung einer für die Aktionäre optimalen Investitionsstrategie und optimalen Kapitalstruktur leistet.²⁹⁰ Damit soll nicht verdeckt werden, dass es auch bei der internen Kontrolle durch das Stimmrecht etliche Probleme gibt, auf die noch einzugehen sein wird. Dies ändert aber nichts an dem Befund, dass das Stimmrecht und die Verfügung darüber den zentralen Kontrollmechanismus innerhalb der Aktiengesellschaft darstellen.²⁹¹

4. Zusammenfassung Das Stimmrecht stellt den zentralen Governance-Mechanismus der börsennotierten Aktiengesellschaft dar. Zum einen erlaubt es die Anpassung und Ergänzung des ursprünglich unvollkommenen Vertrags der Unternehmung und dient so auch dem Ausgleich der Aktionäre untereinander. Dies ist besonders deshalb notwendig, weil auch die Veräußerungsmöglichkeit der Aktie keinen hinreichenden Schutz im Interesse der Aktionäre bietet. Zum anderen ist es das einzige Mittel der Aktionäre direkt auf die Verwaltung in rechtlich verbindlicher Weise einzuwirken und diese, falls notwendig, auszuwechseln. Diese Drohung ist dar-

 Siehe Ruffner, Grundlagen, S. 415.  Ähnlich Tuerks, Proxy, S. 144, 148.  So auch Bayer, Gutachten, E 59, der annimmt, dass die Bedeutung des Stimmrechts durch die Aktionärsrechterichtlinie noch weiter zunehmen wird. Ähnlich Grundmann/Winkler, ZIP 2006, 1421, 1422 f. Siehe auch schon Mestmäcker, Organisationen in spontanen Ordnungen, in: Recht in der offenen Gesellschaft, S. 74, 89 („Das Stimmrecht sowie das Recht der Mitglieder auf gesetz- und satzungsmäßiges Verhalten der Gesellschaftsorgane sind vielmehr zusätzliche und selbständige Mittel, um der Verselbständigung der Organe und Mißbräuchen der kontrollierenden Aktionäre entgegenzuwirken.“).

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

über hinaus Grundlage und Voraussetzung des Marktes für Unternehmenskontrolle.

II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus Angesichts dieser besonderen Bedeutung des Stimmrechts als Lückenfüllungsund Kontrollinstrument stellt sich die Frage, wie die Anreize gesetzt sind, damit der Stimmrechtsmechanismus seine Funktionen wirksam erfüllen kann. Es soll zuerst kurz auf die Anreizsituation für die Aktionäre zur Stimmrechtsausübung eingegangen werden und im Anschluss auf eine Reihe von Problemen, die sich im Zusammenhang mit der Stimmrechtsausübung ergeben.

1. Stimmrecht und Residualanspruch a) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion Heute entspricht es der ganz herrschenden Ansicht sowohl in Recht als auch Ökonomie, dass Träger des Stimmrechts nur der Aktionär sein kann.²⁹² Dies folgt aus der Theorie der Verfügungsrechte (Property-Rights-Theorie). Danach sollen die Aktionäre, denen keine festen Gewinne versprochen wurden und die damit das unternehmerische Risiko tragen, auch die Kontrollrechte, also die Stimmrechte in der Hand halten. Denn sie können sich im Gegensatz zu den Gläubigern des Unternehmens kaum absichern. Inhaber des Residualanspruchs sind also diejenigen, die die Kosten eines Missmanagements in der Gesellschaft zu tragen haben. Somit haben sie zugleich auch den größten Anreiz dafür zu sorgen, dass das Management ihren Interessen entsprechend arbeitet und das Unternehmen möglichst erfolgreich führt.²⁹³ Dies ist auch der Grund dafür, dass allein den Aktionären das Stimmrecht eingeräumt wird. Nichtaktionäre haben hingegen keine vergleichbare Möglichkeit an der Mehrung des Gesellschaftsvermögens zu partizipieren; wenn ihnen ein Stimm-

 Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 395 – 427, 403 – 06 (1983); Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 67– 70; aus jüngerer Zeit Bainbridge, 53 UCLA L. Rev. 601, 612– 16 (2006); Ruffner, Grundlagen, S. 174.  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 68; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 4; Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 303 – 04 (2008); Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 19 – 91 (2006); Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 87; Reichert/Habarth, AG 2001, 447, 448.

II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus

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recht eingeräumt würde, bestünde die Gefahr, dass dieses allein zur Verfolgung von gesellschaftsfremden Zwecken ausgeübt wird.²⁹⁴ Aufgrund dieses Interessenkonfliktes ist die Einräumung eines Stimmrechts an Nichtaktionäre unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert.²⁹⁵ Dazu kommt, dass Aktionäre kein Lösungsrecht besitzen. Zwar kann ein Aktieninhaber seine Aktie veräußern. Dies reicht aber als Schutz für den einzelnen Kapitalgeber nicht aus und ändert nichts daran, dass die Aktionäre als Gruppe, die als Eigenkapitalgeber das Risiko der Unternehmung trägt, gebunden sind. Sie müssen demnach Einfluss auf diese langfristige Beziehung nehmen können.²⁹⁶ Können sie dies nicht oder nicht hinreichend, so droht auch der Verlust des Investitionsanreizes für die Kapitalgeber und damit ein Versagen des Kapitalmarktes. Denn die Aktionäre sind aufgrund der Unvollständigkeit des Vertrages besonders von opportunistischem Verhalten betroffen und müssten beim Fehlen von Kontrollrechten den Verlust ihres Investments fürchten.²⁹⁷ Zudem sind die Aktionäre eine Gruppe mit einem relativ homogenen²⁹⁸ Interesse. Dies ist vorteilhaft, da Wahlentscheidungen innerhalb von Gruppen mit heterogenen Präferenzen hohe Reibungsverluste verursachen. Zwar haben beispielsweise auch Fremdkapitalgeber ein Interesse daran, dass sich die Unternehmung stabil entwickelt. Wie oben gesehen unterscheiden sich die Interessen von Fremd- und Eigenkapitalgebern hinsichtlich des Maßes an Risiko in der Investitionspolitik des Unternehmens jedoch erheblich.²⁹⁹ Gruppen, die nicht das Risiko des Residualanspruches tragen, verfolgen tendenziell ein anderes Ziel als die Maximierung des Unternehmenswertes.³⁰⁰ Abstimmungsvorschläge könnten nicht mehr an einem Zielkriterium ausgerichtet werden, sondern müssten verschiedenen Interessen dienen.³⁰¹ Durch die Komplexität der zur Abstimmung stehenden Themen würden inkonsistente und unlogische Entscheidungen drohen.³⁰²

 Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 89.  So auch Weikert, Corporate Governance, S. 74 („Stimmrechte ohne Vermögensrechte [sind] suboptimal“); Harris/Raviv, 24 JFE 255, 257 (1989).  Ruffner, Grundlagen, S. 135 f.; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 66. Siehe zu diesen Argumenten bereits oben unter Teil 2, I.  Ruffner, Grundlagen. S. 136.  Zu den verschiedenen Präferenzen einzelner Aktionäre und den daraus zu ziehenden Folgerungen siehe noch sogleich.  Siehe oben Teil 2, I.3.  Vgl. Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 69; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 87.  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 70, m.w.N. in Fn. 15.  Ruffner, Grundlagen, S. 174.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Die Entscheidungsmacht derjenigen, die den besten Anreiz zur Unternehmenskontrolle haben und eine homogene Gruppe sind, setzt sich in der Insolvenz der Aktiengesellschaft fort. Dann haben die Aktionäre als Eigenkapitalgeber ihr Investment bereits abgeschrieben und sind daher nicht mehr an der Fortführung und weiteren Entwicklung des Unternehmens interessiert. Deshalb geht in diesem Fall die Entscheidungsmacht auf die Gruppe der Gläubiger über, die nun die besten Anreize hat, über das weitere Vorgehen zu entscheiden, da sie direkt von positiven Entwicklungen profitiert, indem sich die Insolvenzquote erhöht.³⁰³

b) Rechtliche Umsetzung Somit sind das Konzept von der Leitungsmacht der Aktionäre und die damit verbundene Zuordnung der Stimmrechte zu ihnen ökonomisch sinnvoll und auch in allen Rechtsordnungen verwirklicht.³⁰⁴ Wer als Eigentümer des Unternehmens das Risiko des Residualanspruchs trägt, der muss auch Möglichkeit zur Einflussnahme haben.³⁰⁵ Dieses Konzept ist im Aktienrecht in verschiedenen Vorschriften und Prinzipien umgesetzt, die im Folgenden näher untersucht werden.

aa) Kein Stimmrecht für Nichtaktionäre, § 12 Abs. 1 AktG Im deutschen Aktienrecht zeigt sich dies zunächst in § 12 Abs. 1 AktG, wonach jede Aktie das Stimmrecht gewährt.³⁰⁶ Das Stimmrecht entsteht aber auch erst dann, wenn die Einlage auf die Aktie geleistet ist. Wird also das Risiko des Verlustes mangels finanziellem Beitrag noch gar nicht getragen, so sieht das Gesetz auch noch keine Möglichkeit der Einflussnahme vor, vgl. § 134 Abs. 2 Satz 1 AktG.³⁰⁷ Das

 Ruffner, Grundlagen, S. 174; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 69.  Siehe rechtsvergleichend zur Stimmrechtsverteilung Winkler, Stimmrecht. Allerdings wird dies in den Vereinigten Staaten in der neueren gesellschaftsrechtlichen Diskussion teilweise anders beurteilt. Dort werden die oben genannten Argumente zum Teil ausgeblendet und es wird davon losgelöst diskutiert, ob für ein effizientes Wirtschaften der Aktiengesellschaft eher eine „shareholder supremacy“ oder eine „director supremacy“ wünschenswert ist. Siehe Bebchuk, 118 Harv. L. Rev 385 (2005) einerseits (für mehr Kompetenzen der Aktionäre) und Bainbridge, 53 UCLA L. Rev. 601 (2006) andererseits. Zusammenfassend und mit weiteren Nachweisen zu den verschiedenen Positionen Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1240 – 57 (2009).  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 85 („Konzept von der Leitungsmacht der Aktionäre als der eigentlichen Eigner des Unternehmens ist praktisch so problematisch wie es grundsätzlich überzeugend und alternativlos ist.“).  Siehe Winkler, Stimmrecht, S. 12.  Siehe dazu Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 40 – 46.

II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus

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Stimmrecht ist integraler Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts.³⁰⁸ Niemandem außer den Aktionären kann das Stimmrecht eingeräumt werden, anderenfalls läge ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verbandsautonomie vor, eine entsprechende Satzungsbestimmung wäre unwirksam.³⁰⁹ Das Risiko, das die Aktionäre tragen, soll, wie beschrieben, mit der Möglichkeit der Einflussnahme verbunden sein. So sollen auch Genussrechte nicht aktiengleich ausgestaltet werden, da ansonsten Eigenkapital zur Disposition des Managements stünde, ohne dass dieses in irgendeiner Form der Kontrolle der Kapitalgeber unterworfen wäre. Die Schaffung stimmrechtslosen Eigenkapitals soll nur unter den Voraussetzungen des §§ 139 ff. AktG möglich sein, der durch die Verbindung von Vorzug und Stimmrecht verhindert, dass das Kapital von der Verwaltung nach Belieben eingesetzt werden kann.³¹⁰

bb) Abspaltungsverbot Dieser Grundsatz des Gleichlaufs von Aktionärsstellung und Stimmrecht ist auch Grundlage des sog. Abspaltungsverbots.³¹¹ Dieses zentrale Prinzip des Gesellschaftsrechts besagt, dass Mitgliedschaftsrechte, anders als aus dem Mitgliedschaftsverhältnis erwachsende einzelne Ansprüche, nicht von der Mitgliedschaft getrennt übertragen werden können.³¹² Dadurch wird nicht nur die grundsätzliche Zuordnung der Stimmrechte an die Aktionäre festgelegt. Das Abspaltungsverbot schränkt auch die Privatautonomie insoweit ein, als dass die Aktionäre, nicht über das ihnen einmal zugeordnete Stimmrecht verfügen und somit Nichtaktionären Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschaffen können. Die dogmatischen Begründungen für das Abspaltungsverbot variieren.

 Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 12 Rn. 4; Zöllner, in: KöKo AktG, § 12 Rn. 3.  Vgl. Brändel, in: Großkomm. AktG, § 12 Rn. 12; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 12 Rn. 4; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 6; Winkler, Stimmrecht, S. 12 f.  Reuter, Gutachten, S. B 25 f.; Reuter, AG 1985, 104 ff.; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 384– 388; Schäfer, WM 1991, 1941, 1943. Die Gegenansicht beruft sich auf die Vertragsfreiheit hinsichtlich derartiger Gestaltungen und sieht keine Umgehung, vgl. Schwark, Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, München 1984, S. K 105 (Diskussionbeitrag); Claussen, AG 1985, 77 ff.; U. H. Schneider, in: FS Goerdeler, S. 513 f. BGH NJW 1993, 57, 58 hat offengelassen, ob bestimmte Genussrechtsgestaltungen als Umgehung dieses Schutzmechanismus angesehen werden können.  Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 89.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 560. Für die Aktiengesellschaft schon RGZ 132, 149, 159.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

(1) Einheit von Zuständigkeit und Rechtsausübungszuständigkeit, §§ 137, 717 BGB Verschiedentlich wird auf § 137 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als Ausgangspunkt verwiesen. Die Vorschrift verbiete nicht nur die Schaffung von res extra commercium, sondern schließe auch im Interesse der Rechtssicherheit die Verschiebung von Rechtszuständigkeiten durch Vertrag aus.³¹³ Dies erfasse dann auch die Zuständigkeit zur Ausübung des Stimmrechts. Dieses sei mit den anderen Handlungsbefugnissen in einem subjektiven Recht zwingend gebündelt und könne nicht separat zum Gegenstand eines Vertrages gemacht werden. Insofern sei § 717 BGB konsequente Fortführung von § 137 BGB und ein allgemeines Prinzip des Verbandsrechts.³¹⁴ Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass die Verfügungs-, Verwaltungs-, Teilhabe- und Kontrollrechte aufeinander abgestimmt seien und daher nur von einer Person, nämlich dem Gesellschafter selbst, ausgeübt werden können.³¹⁵ Dieser deduktive Schluss aus dem Wesen eines Rechts, ohne Beachtung der zugrundeliegenden Wertungen erscheint jedoch zweifelhaft³¹⁶ und ist damit nicht geeignet als Geltungsgrund des Abspaltungsverbots zu fungieren und dessen Reichweite zu konkretisieren.

(2) Ähnlichkeit zu Gestaltungsrechten Teilweise wird darauf abgestellt, dass das Stimmrecht deshalb nicht von der Mitgliedschaft separat abgetreten werden könne, da es seiner Struktur her eher einem Gestaltungsrecht denn einem Anspruch gleiche. Während Ansprüche separat nach den §§ 398 ff. BGB abgetreten werden könnten, seien Gestaltungsrechte nach ganz überwiegender Ansicht nicht abtretbar, was auch für das Stimmrecht und die anderen Schutz- und Teilhaberechte, die eine Mitwirkung an der Willensbildung des Verbandes ermöglichen, gelte.³¹⁷

 Flume, Rechtsgeschäft, S. 362 f.; Liebs, AcP 175 (1975), 1, 11 f. Siehe auch Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 (1992), S. 26.  Vgl. zur GmbH schon RGZ 82, 167, 169, außerdem BGHZ 43, 261, 267.  Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 (1992), S. 26.  Kritisch insoweit Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 278 f. („Will man eine Rechtsfolge unmittelbar und ohne nähere Begründung aus dem Wesen eines Rechtsinstituts ableiten, so kann das nur gelingen, wenn dessen charakteristische Züge ganz offenbar und sofort überzeugend die behauptete Rechtsfolge mit enthalten.“); Schön, ZHR 158 (1994), 229, 252.  Habersack, Mitgliedschaft, S. 80 f., der weiter ausführt, dass man dies hinsichtlich des Informationsrechtes zwar anders sehen könne, da dieses einer Forderung gleiche. Insofern folge die Unabtretbarkeit aber aus der Akzessorietät zu den genannten Mitverwaltungsrechten. Später (S. 311– 314) begründet er das Abspaltungsverbot zusätzlich mit der „Richtigkeitsgewähr der verbandsrechtlichen Willensbildung“.

II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus

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Mangel dieser Ansicht ist es, allein auf die Ähnlichkeit abzustellen und die dahinterstehenden Wertungen³¹⁸ nicht offenzulegen. Damit ist sie nicht in der Lage, Geltungsgrund und damit auch Reichweite des Abspaltungsverbots zu erklären.

(3) Verbandsrechtliche Souveränität Allen voran Werner Flume hat das Abspaltungsverbot damit begründet, dass der Verband sich nicht seiner durch die Mitgliedschaftsrechte gewährleisteten Selbstbestimmung begeben dürfe. Das Prinzip der Verbandssouveränität bedinge, dass die Gesamtheit der Gesellschafter ihre Geschicke jederzeit in die eigene Hand nehmen können müsse.³¹⁹ Die Gruppe der Gesellschafter darf sich folglich nicht selbst entmündigen, sondern muss die Entscheidungsmacht in der eigenen Hand behalten.³²⁰ Diese Ansicht wird teilweise auch verfassungsrechtlich unterlegt. Das Verbot Außenstehenden statuarische Rechte und damit Einfluss auf die Gesellschaft einzuräumen folge aus der unverzichtbaren Eigenzuständigkeit der Gesellschafter.³²¹ Diese wiederum sei Ausdruck der Selbstbestimmung des Einzelnen und damit von der Vertragsfreiheit umfasst.³²² Diese Ansicht vermag für sich allein stehend nicht zu überzeugen. Zwar weist die Überlegung der Selbstbestimmung der Gesellschafter in die richtige Richtung. Sie postuliert aber alleine die Selbstbestimmung, ohne zu erklären, warum diese eine überragende Bedeutung für das Funktionieren der Aktiengesellschaft hat. Dies wird nur bei einer funktionalen Betrachtung des Stimmrechtsmechanismus in der Aktiengesellschaft offenbar.

(4) Richtigkeitsgewähr und Qualität des Entscheidungsfindungsprozesses in der Hauptversammlung Eine letzte Begründungslinie, die der wirtschaftswissenschaftlichen Begründung am nächsten kommt, sieht im Verbot der Abspaltung und der daraus folgenden Ausübung des Stimmrechts durch die Gesellschafter selbst, die „’Richtigkeitsge-

 Diese sind bei der Analogie zwischen Gestaltungsrecht und Stimmrecht ähnlich: die Nichtabtretbarkeit von Gestaltungsrechten beruht auf dem Gedanken, dass Gestaltungsrechte sinnvoll nur von demjenigen ausgeübt werden können, der auch die Konsequenzen der Ausübung trägt und somit einen Anreiz hat, das Recht sinnvoll auszuüben.  Siehe Flume, Juristische Person, S. 220 f., 240 f. Dazu auch Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 (1992), S. 26, sowie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 561.  Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 (1992), S. 26.  Siehe dazu Hey, Gestaltung, S. 188 ff.  Siehe dazu A. Reul, DNotZ 2007, 184, 200 f.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

währ’ verbandsrechtlicher Willensbildung und Kontrolle“ gesichert.³²³ Dem Gesellschaftsinteresse werde am ehesten gedient, wenn die Gesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgen und der Rechtsinhaber das Recht auch selbst ausübt.³²⁴ Denn ein Nichtgesellschafter werde die Mitgliedschaftsstellung aus seiner eigenen Perspektive, die nicht die Perspektive eines Gesellschafters ist, beurteilen und dann anders entscheiden als ein Gesellschafter. Dies könne sich schon darin äußern, dass er nur geringeres Interesse für die Mitwirkung in der Gesellschaft aufbringt und damit seltener sein Stimmrecht ausübt.³²⁵ Beim Rückgriff auf das Argument der „Richtigkeitsgewähr“ bleibt allerdings fraglich, welche „Richtigkeit“ gewährt werden soll. Für die Aktiengesellschaft lässt sich diese Frage durch die ökonomischen Erkenntnisse konkretisieren: Eine Aktiengesellschaft betreibt eine Unternehmung und ist als gewerbliches Unternehmen auf Gewinnerzielung gerichtet. Eine richtige Entscheidung der Aktionäre ist somit eine Entscheidung, die den Wert der Unternehmung maximiert und ihr im Wettbewerb auf den Gütermärkten sowie um günstige Finanzierung eine gute Position verschafft, also ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglicht. Eine richtige Wahlentscheidung wird daher von verschiedenen Alternativen diejenige wählen, die den Unternehmenswert am meisten steigert. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Börsenkurs der geeignete Indikator für den Unternehmenswert ist. Grundsätzlich bemisst sich der Wert eines Unternehmens nach den Zahlungsströmen, die es in der Zukunft generieren und an die Anteilseigner ausschütten kann.³²⁶ Insofern bestimmen sich auch der Marktwert des Eigenkapitals und damit der Aktienkurs nach den in Zukunft generierten, abdiskontierten Cashflows.³²⁷ Wie bereits oben gesehen, kann der Börsenkurs aus verschiedenen Gründen von diesem Fundamentalwert abweichen.³²⁸ Beispielsweise könnte eine Entscheidung für die Durchführung eines

 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 561; Schön, ZHR 158 (1994), 229, 257 f. Zur Richtigkeitsgewähr ausführlich Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 15 – 26, 36 – 38, 49 f. Ähnlicher Befund für das Schweizer Aktienrecht bei Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 28.  Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 281; Fleck, in: FS Fischer, S. 107, 118.  Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 281 f., allerdings relativierend für die Kapitalgesellschaften, denn dort gäbe es auch Fremdeinfluss der nicht allein im Interesse der Eigentümer liege, wie beispielsweise bei Stimmrechtsausübung durch den (damals noch) Konkursverwalter, Nachlaßverwalter oder Testamentsvollstrecker.  Siehe zum Unternehmenswert als Summe der abdiskontierten freien Cashflows Perridon/ Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 220 – 225; Bösch, Finanzwirtschaft, S. 126 – 138.  Siehe zusammenfassend zu den Komponenten des Marktwerts des Eigenkapitals Bösch, Finanzwirtschaft, S. 138.  Siehe oben unter Teil 2, I.3.

II. Anreizsituation und Probleme des Stimmrechtsmechanismus

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Projekts getroffen werden, das zwar nicht den Fundamentalwert des Unternehmens steigert, aber aufgrund einer Fehlwahrnehmung den Börsenkurs ansteigen lässt.³²⁹ In diesem Fall ist das Projekt zwar vorteilhaft für die Aktionäre, aber gesamtwirtschaftlich unerwünscht, weil es zu einer Vernichtung von Kapital bzw. zur Wahl einer schlechteren Alternative mit einem niedrigeren Kapitalwert kommt. Allerdings wird ein solcher Gegensatz in den wenigsten Fällen klar zu erkennen sein. Insofern scheint, mangels besserer Alternative, die größtmögliche Steigerung des Aktienkurses durchaus ein geeigneter Bewertungsmaßstab für die „richtige“ Stimmrechtsausübung. Die Koppelung von Stimmrecht und Residualanspruch fördert die Qualität der Hauptversammlungsbeschlüsse, denn um in diesem Sinne richtige Entscheidungen zu treffen, informieren sich die Aktionäre und üben ihr Stimmrecht informiert aus.³³⁰ Dies ist auch für die Gläubiger, seien es Lieferanten, Arbeitnehmer oder Gläubiger gesetzlicher Schuldverhältnisse, wichtig, da nur bei einer auf wirtschaftlichen Erfolg gerichteten Unternehmensführung das Unternehmen langfristig bestehen und Ertrag zur Deckung der bestehenden Verbindlichkeiten generieren wird.³³¹ Zudem bedingen die marktwirtschaftliche Ordnung und die damit zusammenhängende Privatautonomie eine derartige Betrachtungsweise.³³² Die Annahme des einigenden Bandes der Wertmaximierung des Aktieninvestments muss auch hinsichtlich der Teilnahme der Aktiengesellschaft am allgemeinen Rechts-

 Auf dieses Problem weist auch Schouten, Voting Efficiency, S. 13, hin. Beispielhaft ist die vorgeschlagene Akquisition eines Hochtechnologie-Unternehmens, dessen Ertragschancen auf Grund eines allgemeinen Überoptimismus des Marktes zu positiv bewertet werden (man denke an die dotcom-Blase der zweiten Hälfte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts).  So auch Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448; ähnlich auch Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 21 („Selbstbetroffenheit in der Privatautonomie immer noch der beste Garant für Sachgerechtigkeit, nicht die richterliche Vormundschaft“). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass diese Richtigkeitsgewähr im Falle eines herrschenden Gesellschafters grundsätzlich nicht mehr gegeben wäre, da dieser nicht abstimme, sondern anordne, so aber Wiedemann, JZ 1976, 392, 394. Zwar ist richtig, dass ein herrschender Gesellschafter weit reichenden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann. Dies ändert aber nichts daran, dass er damit auch die Maximierung seines wirtschaftlichen Erfolges durch das Aktieninvestment zu erlangen suchen wird; die Richtigkeitsgewähr wird somit also nicht gestört. Um zu verhindern, dass der herrschende Gesellschafter private Vorteile aus dem Unternehmen zieht, wozu durchaus ein Anreiz besteht, gibt es andere Schutzmechanismen, wie das Konzernrecht und die Treupflichtlehre, die allerdings nicht die grundsätzliche Richtigkeitsgewähr in Frage stellen, sondern nur Übertritte zu Lasten der Minderheitsaktionäre zu verhindern suchen.  Den Aspekt des Gläubigerschutzes übersieht Hey, Gestaltung, S. 189, da er allein auf die Selbstbestimmung der Gesellschafter abstellt.  Dazu auch Reuter, ZGR 1978, 633, 634; Reuter, Schranken, S. 154 ff.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

verkehr Grundlage der aktienrechtlichen Gesetzgebung und aktienrechtlicher Überlegungen sein. Denn sie ist elementar für das Funktionieren der Privatrechtsordnung: Das deutsche Vertragsrecht geht von einer Wettbewerbsordnung aus, in der Vertragsfreiheit auch Vertragsgerechtigkeit garantiert.³³³ Durch die Tatsache, dass jedes Wirtschaftssubjekt im Privatrechtsverkehr seine Interessen zu maximieren sucht und rational handelt, kommt eine optimale Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen zustande. Nur unter dieser Prämisse funktioniert der Allokationsmechanismus „Markt“ effizient.³³⁴ Ist dies Grundvoraussetzung für die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung, so müssen auch die Innenverhältnisse von juristischen Personen, die als Wettbewerber am Wirtschaftsverkehr teilnehmen, in einer Art gestaltet sein, die Nutzenmaximierung im Wettbewerb gewährleistet. Durch eine auf Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmenswert ausgerichtete Stimmrechtsausübung ist die Verwaltung gezwungen im Wirtschaftsverkehr eine Strategie zu verfolgen, die die Wertmaximierung im Sinne der Aktionäre verfolgt. Andernfalls würden die Aktionäre die Verwaltung auswechseln.³³⁵ Dieses Leitbild findet auch im Konzernrecht seinen Niederschlag.³³⁶ Denn die konzernrechtlichen Vorschriften sorgen dafür, dass eine beherrschende Gesellschaft mit einer von ihr beherrschten Gesellschaft nur Verträge schließt, die auch auf dem Markt, also im Wettbewerb mit anderen Angeboten, geschlossen worden wären.³³⁷ Damit ist sichergestellt, dass auch der ein anderes Interesse verfolgende beherrschende Aktionär seinen Einfluss auf eine Gesellschaft nicht dazu nutzt, sich nicht marktgerecht entlohnte Leistungen zu verschaffen. Ähnliche Überlegungen lassen sich hinsichtlich des Haftungsrechts anstellen. Soll dieses eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten, dann müssen diejenigen, die Entscheidungen treffen, auch die Konsequenzen ihres Handelns tragen.³³⁸ Werden aufgrund der Stimmrechtausübung von Nichtaktionären Maßnahmen getroffen, die zu einer Haftung der Aktiengesellschaft führen, dann müssen die Aktionäre dafür mit ihrem Eigenkapital einstehen, während der Gesellschaftsfremde, der das Stimmrecht ausübt, keinen Nachteil erleiden würde und deshalb  Dazu Mestmäcker, JZ 1964, 441 f.; Habersack, AcP 189 (1989), 403, 405 ff.  Siehe zu diesem Aspekt der engen Verknüpfung von Privatautonomie und Wettbewerb Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 275 – 279. Aus neuerer Zeit Canaris, AcP 200 (2000), 273, 292– 295; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 47– 53.  So auch Lutter, in: Lutter/Semler, Freiheitliche Unternehmenswirtschaft, S. 15, 28 f.  Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 26 („Konzernglieder handeln nicht mehr zur Befriedigung eigener Interessen“).  Siehe dazu Mestmäcker, JZ 1964, 441, 442, 446. Konkret zum marktüblichen Entgelt als Maßstab der Gegenleistung im Falle eines Betriebspachtvertrages, Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, Konzernrecht, § 302 Rn. 47; Hirte, in: Großkomm. AktG, § 302 Rn. 46.  Siehe zu den Funktionen der Haftung Eucken, Grundsätze, S. 279 – 285.

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auch keinen Anreiz hat, die Schäden zu vermeiden.³³⁹ Zu Recht haben Easterbrook und Fischel „Voting as Part of Risk Bearing“ bezeichnet.³⁴⁰ Besonders deutlich wird dies bei Abstimmung über Geschäftsführungsmaßnahmen gemäß § 119 Abs. 2 AktG. Denn stimmt die Hauptversammlung einer derartigen Maßnahme zu, so wäre das Management dadurch auch von einer Haftung für diese Maßnahme befreit, so dass die Gesellschaft letzten Endes anspruchslos gestellt wäre, die Aktionäre aber mit dem investierten Kapital im Außenverhältnis haften würden. Die für den Gläubigerschutz elementare Vorstellung, der Schuldner werde im eigenen Interesse Vermögenseinbußen zu vermeiden suchen, könnte nicht mehr greifen, weil Entscheidungsbefugnis und Haftung auseinander fallen würden.³⁴¹ Dieser Sichtweise kann auch nicht entgegengehalten werden, sie würde sich zu sehr auf den Systemgedanken konzentrieren und dabei die Privatautonomie der Parteien verkennen.³⁴² Denn diese verwirklicht sich nur in den Grenzen des zwingenden Rechts. Das Gesellschaftsrecht und die Regelungen über die Organisationsverfassung dienen dabei nicht nur den Individualinteressen der beteiligten Gesellschafter und deren Gläubigern, sondern in ihnen verwirklicht sich auch das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Wirtschaftsordnung, die durch Wettbewerb zu einer optimalen Ressourcenallokation führt.³⁴³ Die vom Gesetz vorgegebene Ordnung legitimiert die Verfolgung von Eigeninteressen und wandelt die egoistische Nutzenmaximierung zu einem Beitrag zu einer dezentralen, gesamtwirtschaftlichen Ordnung, die die individuellen Ressourcen ihrer bestmöglichen Verwendung zuführt.³⁴⁴ Zieht man zu diesem allgemein geltenden gesellschaftsrechtlichen Befund auch noch die für die börsennotierte Aktiengesellschaft bedeutsame kapitalmarktrechtliche Perspektive heran, so scheint auch insoweit die Zuordnung von Stimmrechten zu Nichtaktionären als falsches Signal an den Kapitalmarkt. Denn die Einräumung von Stimmrechten an gesellschaftsfremde Dritte birgt die Gefahr der unzureichenden Überwachung der Verwaltung oder sogar der Verfolgung von gesellschaftsfremden Sondervorteilen. Droht dem Anleger, der eine Investitionsentscheidung trifft, der Verlust seines Kapitals, so wird er sich gegen die Zeich Siehe Reuter, Schranken, S. 153, allerdings zur Personengesellschaft.  Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 403 (1983).  Reuter, ZGR 1978, 633, 639.  So aber Armbrüster, Beteiligung, S. 218 f. Dieser Hinweis auf die Privatautonomie geht jedoch fehl, da diese kein Wert an sich ist, sondern dort eingegrenzt werden muss, wo sie funktionswidrig gebraucht wird, siehe dazu Mestmäcker, JZ 1964, 441, 443; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 386, m.w.N. Auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 638 f. („kann […] nicht auf die unsichtbare Kraft der Vertragsfreiheit gesetzt werden“).  So auch Schön, ZHR 158 (1994), 229, 257.  Siehe zu diesem Gedanken Mestmäcker, legal theory, S. 16 f.

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nung der Aktien dieser Gesellschaft entscheiden; die Aktiengesellschaft wird am Kapitalmarkt kein weiteres Eigenkapital erlangen können.³⁴⁵ Das Abspaltungsverbot garantiert die alleinige Einflussnahme der Aktionäre und damit die Orientierung der Gesellschaft am Interesse der Aktionäre, die das Risiko der unternehmerischen Entscheidungen tragen. Dies ist auch für eine in der Marktwirtschaft tätige Unternehmung unabdingbar, da ansonsten der Markt seine Allokationsfunktion nicht erfüllen kann.

cc) Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 AktG Das Aktiengesetz legt auch an anderer Stelle fest, dass eine Einflussnahme auf die Entscheidungen des Verbandes durch Gesellschaftsfremde unerwünscht ist und verbietet den Aktionären, Dritten Einfluss zu gewähren. Gleichzeitig ist es Dritten verboten, den Versuch zu unternehmen, Einfluss auf die Stimmrechtsausübung zu gewinnen. In § 405 Abs. 3 AktG sind einige Ordnungswidrigkeitentatbestände normiert, die die Gesellschaft vor derartiger Einflussnahme schützen sollen.³⁴⁶ Täter kann dabei jeder sein, d. h. die Gesellschaft wird umfassend vor externem Einfluss geschützt. Es sollen nicht nur die Aktionäre, sondern auch außenstehende Dritte abgeschreckt werden. Zur Frage des Schutzes des Gleichlaufs von Kapitalbeteiligung und Ausübung des Stimmrechts sind vor allem das Verbot des Stimmenkaufs sowie das diese Norm ergänzende Verbot der entgeltlichen Überlassung zur Stimmausübung relevant. Ersteres findet sich in § 405 Abs. 3 Nr. 6 und 7 AktG und verbietet, jemand anderem einen Vorteil für die Stimmrechtsausübung in einem bestimmten Sinne zu versprechen.³⁴⁷ § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG erweitern diesen Schutz und pönalisieren darüber hinaus die entgeltliche Aktienleihe zur Stimmrechtsausübung. Damit soll eine Umgehung des Stimmenkaufs durch entgeltliche Überlassung erreicht werden, die letzten Endes den gleichen Effekt hat.³⁴⁸ Geschützt wird die unverfälschte Willensbildung in der Aktiengesellschaft, die durch die Einflussnahme von Dritten gefährdet wird, wodurch eine Gefahr für das Vermögen der Aktionäre und der Gesellschaft entstehen kann.³⁴⁹

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 89; Adams, AG 1990, 63, 66 f.  Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 60; Schaal, in: MüKo AktG, § 405 Rn. 75, 115, 146, 166; Meyer, AG 1966, 109, 113.  Siehe Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 128, 146; Schaal, in: MüKo AktG, § 405 Rn. 153, 169.  Siehe Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 77, 92; Schaal, in: MüKo AktG, § 405 Rn. 102, 110.  Zur Vorgängervorschrift des § 317 HGB vermerkte Meyer, Stimmenkauf, S. 11, dass die Vorschrift verhindere, dass jemand mehr Einfluss ausübt als es seinem Interesse an der Ge-

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Diese Vorschrift wurde im Zuge der Neufassung des Aktiengesetzes 1965 von einem Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit umgestaltet, da man die entsprechenden Verhaltensweisen nicht als kriminelles Unrecht ansah.³⁵⁰ Die Übernahme des Tatbestandes in die Neufassung des Aktiengesetzes war damals heftig umstritten und wurde teilweise scharf kritisiert.³⁵¹ Sie erlaube keine Differenzierung danach, ob eine Person, die sich Stimmrechte verschaffe, diese zum Nutzen der Gesellschaft einsetzen wolle oder sich mittels der Stimmrechtsausübung bereichern wolle.³⁵² Der geschaffene Tatbestand sei deshalb zu weit und würde zu wenig sinnvollen Ergebnissen führen.³⁵³ Die damalige Kritik weist auf die grundsätzliche Ambivalenz von „risikolosen“ Stimmrechten, die im einführenden Fall „Laxey & British Land“ geschildert wurde. Die zur Zeit der Novelle vorgetragene Kritik verkannte allerdings zum Teil den engen Zusammenhang zwischen Aktionärsstellung und Richtigkeitsgewähr des Hauptversammlungsbeschlusses. Denn gegen die Vorschrift wurde auch das Bedenken geäußert, dass „derjenige, der an der Stimme eines Aktionärs interessiert ist, sich ihrer in der Weise versichern kann, daß er die Aktie zu einem – wenn auch vielleicht den Kurswert nicht unwesentlich übersteigenden – Preis kauft. Ist der bisherige Aktionär zum „Verkauf der Stimme“ bereit, so wird er bei einem entsprechend hohen Preisangebot in aller Regel auch nicht einer Veräußerung der ganzen Aktie abgeneigt sein.“³⁵⁴

Dass aber gerade die Stimmrechtsausübung ohne Eigentümer der dazugehörigen Aktie zu sein, problematisch ist, wird nicht diskutiert.

sellschaft entspricht und dadurch das Vermögensinteresse der anderen Aktionäre und der Gesellschaft schütze.  Meyer, AG 1966, 109.  Siehe beispielsweise Meyer, AG 1966, 109, 113, der die Ergebnisse der Vorschrift teilweise als lächerlich bezeichnet. Den Entwurf als nicht weitgehend genug bezeichnend hingegen Schnellenbach, AG 1964, 57, 58. Dessen Vorschläge zur Erweiterung des Tatbestandes haben letzten Endes Eingang in das Aktiengesetz gefunden. Auch die Vorgängervorschriften im Handelsgesetzbuch und deren Übernahme in das Aktiengesetz waren umstritten, teilweise wurde ein Sonderstrafrecht für die Aktiengesellschaften vollständig abgelehnt; siehe zur Diskussion und den Argumenten Meyer, Stimmenkauf, S. 3 – 8.  Meyer, AG 1966, 109, 113.  Meyer, AG 1966, 109, 113. Ähnlich v. Hofmannsthal, Entwurf eines österreichischen Aktiengesetzes, § 148, der anmerkt, dass ein solcher Tatbestand nur dann sinnvoll sei, wenn er auch ein subjektives Element der Bereicherungsabsicht enthalte („wörtlich angewendet zu lächerlichsten Folgen führen“).  Meyer, AG 1966, 109, 113.

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Die weite Gestaltung des Tatbestands als abstraktes Gefährdungsdelikt hat seinen Grund in den Nachweisschwierigkeiten, die sich bei Aktionärsabreden untereinander ergeben können; aus diesem Grund wird die Strafbarkeit weit vorverlegt und alle Verhaltensweisen erfasst, die nach äußerem Anschein suspekt sein könnten.³⁵⁵

dd) Übergang der Kontrolle im Falle der Insolvenz gemäß § 80 Abs. 1 InsO Die Idee der Verteilung der Kontrollrechte entsprechend der Verteilung des Residualanspruchs findet ihren Ausdruck auch in der veränderten Unternehmenskontrolle und -führung im Falle der Insolvenz. Dann sind nicht mehr die Aktionäre Träger des residualen Risikos, sondern die Gläubiger haben Anspruch auf die aus der Liquidation erwirtschafteten Gewinne. Nach § 80 Abs. 1 InsO geht im Falle der Insolvenz der Aktiengesellschaft die Kontrolle auf die Gläubiger über – die Kontrolle wird von diesem Zeitpunkt an vom den Interessen der Gläubiger verpflichteten Insolvenzverwalter ausgeübt. Die Gläubiger entscheiden, ob es zur Weiterführung des Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzplans kommt, vgl. § 237 Abs. 1 InsO.

2. Probleme der Stimmrechtszuordnung zu den Aktionären Die beschriebene zentrale Stellung des Stimmrechts und das damit verbundene Kontrollkonzept, das auf Aufsicht durch die Aktionäre als Eigentümer setzt, basiert auf der Idee der Selbstverwaltung der Aktiengesellschaft sowie der Selbsthilfe der Aktionäre und lässt den Staat weitgehend außen vor.³⁵⁶ Die Kontrolle der Verwaltung durch die Aktionäre krankt jedoch an einigen Problemen, namentlich der sog. rationalen Apathie, der Fehlbeurteilung der Managementleistungen durch die Aktionäre sowie einer möglichen Interessensdivergenz zwischen den Aktionären.

 Meyer, AG 1966, 109, 113; Schnellenbach, Änderungen, S. 99 f.; Junge, in: FS Röhricht, S. 280.  Siehe zu diesem erstmals vollständig seit der Aktienrechtsreform von 1884 verwirklichten Konzept, Hommelhoff, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 53, 102– 105; Hofer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 1, S. 388 – 414.

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a) Stimmrecht und rationale Apathie aa) Rationale Apathie bei Kleinanlegern Ein Problemkomplex, der die unzureichende Ausübung des Stimmrechts, also der Kontrollbefugnisse der Aktionäre betrifft, wird unter dem Begriff der „Rationalen Apathie“ zusammengefasst.³⁵⁷ Rationale Apathie beschreibt die Tatsache, dass es für den Kleinaktionär, der nicht unternehmerisch in der Aktiengesellschaft engagiert ist, nicht rational ist, sich die nötigen Informationen zu beschaffen und sein Stimmrecht dann entsprechend auszuüben. Denn er ist meist nur an einer Vermögensanlage interessiert und nicht an einer aktiven Beteiligung an der Unternehmenspolitik.³⁵⁸ Dazu ist er meist in so geringem Umfang investiert, dass eine Beeinflussung mittels der Ausübung seines Stimmrechts allein wenig Erfolg versprechend erscheint. Aufgrund der freien Veräußerbarkeit von Aktien ist es für ihn rational, bei einer schlechten Unternehmensführung nicht auf eine bessere Geschäftspolitik und eine Auswechslung des Managements zu drängen bzw. Ansprüche gegen das Management gerichtlich geltend zu machen, sondern lieber den Ausstieg aus der Aktiengesellschaft mittels eines Verkaufs über die Börse zu suchen. Diese Strategie wird in der Literatur „exit“ genannt, während ein Verbleiben und Hinwirken auf eine veränderte Geschäftspolitik als „voice-Strategie“ bezeichnet wird.³⁵⁹ Insbesondere aufgrund der Vielzahl der Anlageformen ist es für den Kleinaktionär leicht, zu desinvestieren und den aus dem Verkauf erzielten Erlös in ein Investment mit vergleichbarer Risikostruktur anzulegen, bei dem aber das Management besser arbeitet und daher das Unternehmen von der Börse nicht unterbewertet wird. Dazu kommt, dass der informierten Ausübung des Stimmrechts auch eine Trittbrettfahrer-Problematik innewohnt.³⁶⁰ Denn jede Anstrengung, die unternommen wird, um das Stimmrecht auszuüben und sich über die adäquate Stimmrechtsausübung zu informieren, kommt nicht nur dem die Anstrengungen  Bainbridge, Corporation Law and Economics, S. 202 f. Siehe auch die Zusammenfassungen bei Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1241– 42 (2009); Ruffner, Grundlagen, S. 176; G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 376; Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 11 f.; Kalss, Anlegerinteressen, S. 348 f., m.w.N. in Fn. 63.  Siehe für eine Darstellung der Interessen der durchschnittlichen Aktionäre Claussen, in: FS K. Schmidt, S. 217 ff.  Grundlegend zu dieser Unterscheidung Hirschman, Exit, Voice and Loyality, 1970; gute Darstellung bei Kalss, Anlegerinteressen, S. 339 – 343.  Dazu Bainbridge, Corporation Law and Economics, S. 202 f.; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 66 f.; Rock, 79 Geo. L.J. 445, 453 – 55. (1991); Black, 39 UCLA L. Rev. 811, 821– 22 (1992); G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 376.

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unternehmenden Aktionär zugute, sondern allen Aktionären. Somit auch denjenigen, die weder abstimmen noch sich informieren; eine Ausschlussmöglichkeit gibt es nicht, so dass eine informierte Kontrolle der Unternehmensverwaltung Ähnlichkeit zu einem öffentlichen Gut besitzt.³⁶¹ Es besteht also ein doppeltes Problem: Zum einen kostet es den Aktionär Zeit und Geld, überhaupt sein Stimmrecht auszuüben, so dass er bei einer kleinen Beteiligung davon Abstand nehmen wird und deshalb gar nicht abstimmt, was wiederum zu niedrigen Hauptversammlungspräsenzen und geringer Teilnahme an den Beschlussfassungen führt (quantitative Dimension der rationalen Apathie). Zum anderen lohnt es sich für den einzelnen Aktionär auch nicht, Informationen zu sammeln und sich über die anstehenden Entscheidungen kundig zu machen, um so das Stimmrecht in einer für die Entwicklung der Gesellschaft vorteilhaften Weise auszuüben (qualitative Dimension der rationalen Apathie). Diese Probleme sind darüber hinaus interdependent, da ein Aktionär, der nicht informiert ist und keine klaren Vorstellungen über die Vorgänge im Unternehmen hat, noch deutlich weniger geneigt sein wird, sein Stimmrecht auszuüben bzw. es unkritisch ausüben und eher zu Gunsten der Verwaltung stimmen wird.³⁶² Trotz dieser Interdependenzen lohnt es, die beiden Dimensionen getrennt zu betrachten. Denn zwischen der Anzahl der Abstimmenden und der Qualität und Informiertheit der Entscheidung besteht keine positive Korrelation im Sinne „je mehr Aktionäre ihre Stimme ausüben, desto besser die Entscheidung“.

(1) Der quantitative Aspekt der rationalen Apathie – geringe Hauptversammlungspräsenzen Die quantitative Dimension des Problems der rationalen Apathie betrifft die Tatsache, dass schon die Stimmrechtsausübung alleine Kosten birgt. Denn der Aktionär muss Geld und Zeit aufwenden, um die Hauptversammlung zu besuchen und abzustimmen.³⁶³ Schon dieser Aufwand kann prohibitiven Charakter haben.³⁶⁴ Die Tatsache, dass das Stimmrecht durch die Aktionäre überhaupt nicht ausgeübt wird, betrifft eines der von der rationalen Apathie verursachten Hauptprobleme, nämlich die geringe Beteiligung an Hauptversammlungen und die damit verbundene niedrige Abstimmungsbeteiligung.

 Ruffner, Grundlagen, S. 176; Schieber, Dezentrale Hauptversammlung, S. 33; Lenz, Proxy, S. 100.  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 67; Baums/v. Randow, AG 1995, 145, 147; G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 376.  Schieber, Dezentrale Hauptversammlung, S. 33.  Rieger, in: FS Peltzer S. 339, 355.

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Die negativen Effekte dieser geringen Beteiligung werden vornehmlich darin gesehen, dass das Zustandekommen von Zufallsmehrheiten gefördert wird. D.h. Mehrheiten für Entscheidungen, die eigentlich nicht dem Wunsch der Mehrzahl der Aktionäre entsprechen, sondern die von einzelnen Großaktionären, vornehmlich zur Erzielung von Sondervorteilen,³⁶⁵ initiiert werden. Diese Sorge wurde in Deutschland vor allem im Zuge der Debatte um Finanzinvestoren, die teilweise als „Eigenkapitalräuber“ betrachtet wurden, geäußert.³⁶⁶ Diese Finanzinvestoren unterliegen aufgrund harten Wettbewerbs um Anlagekapital auf ihren Heimatmärkten einem starken Renditedruck und sind auf deutlich über dem Marktdurchschnitt liegende Gewinne angewiesen, um Kapital für ihre Fonds anzuziehen. Deshalb drängen sie meist auf eine risikofreudigere Politik der Verwaltung und setzen sich kritisch mit deren Vorschlägen und generell deren Geschäftsführung auseinander. Die Bedenken gegenüber diesem neuen Typ von Investor kommen allerdings vornehmlich aus der Richtung der Verwaltungen, die diesen Aktionären besonders kritisch gegenüberstehen und sich teilweise von ihnen bedroht fühlen.³⁶⁷ Denn mit ihrer Ausübung einer aktiveren Kontrolle sowie einer risikofreudigeren Geschäftspolitik widersprechen sie tendenziell den Interessen der Verwaltung, der an einer konservativen Geschäftspolitik gelegen ist, da sie generell keine Möglichkeit hat, das Risiko ihres Arbeitsplatzverlustes zu diversifizieren³⁶⁸ – anders die Aktionäre, die durch Optimierung ihres Portfolios Risiken breiter streuen können und somit auch auf eine risikofreudigere Investitionspolitik drängen können. Das betrifft insbesondere sog. game-ending-decisions, wie Fusionen, Aufspaltungen oder Verkäufe, die für die Verwaltung das Ende ihrer Tätigkeit bzw. eine erhebliche Machteinbuße bedeuten, für die Aktionäre aber wirtschaftlich attraktiv sein können.³⁶⁹ Ebenso wird dies für sog. scaling-down-decisions angenommen, die den Abzug von Liquidität aus dem Unternehmen betreffen, die ebenso einen Einflussverlust der Verwaltung zur Folge haben.³⁷⁰ Um in der Hauptversammlung den Aktivisten nicht ohne eigene Stimmbasis gegenüberzustehen, versuchen die Verwaltungen nun Maßnahmen zu befördern, die die

 Klühs, ZIP 2006, 107, m.w.N.  Siehe die Überschrift des Beitrags von U. H. Schneider, AG 2006, 577 sowie dort 579 f.; Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 14.  Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 14; Vetter, AG 2006, 32; Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1515 f.  Siehe zur Anreizsituation des Managements bereits oben unter Teil 2, I.2.  Vgl. Bebchuk, 118 Harv. L. Rev. 833, 840 pp. (2005).  Siehe Bebchuk, 118 Harv. L. Rev. 833, 840 pp. (2005).

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Hauptversammlungspräsenzen steigern, da die Kleinaktionäre aufgrund von Informationsdefiziten weitgehend den Verwaltungsvorschlägen zustimmen.³⁷¹ Die Vorschläge zur Präsenzsteigerung sind somit kritisch zu betrachten, da sie im Interesse der Verwaltung liegen, deren Machtposition durch aktive Aktionäre bedroht ist. Andererseits ist auch das Problem der Sondervorteile nicht zu unterschätzen, denn der Renditedruck, der auf den Aktivisten lastet, kann auch das Streben nach Sondervorteilen befördern. Bei nur geringen Stimmabgaben können sich die Sondervorteile verfolgenden Investoren eher durchsetzen als bei einer großen Zahl von Abstimmenden. Stimmen verschiedene Aktionäre, die nicht gemeinsam Sondervorteile verfolgen, alle in einer Hauptversammlung ab, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Entscheidung zustande kommt, die eine Aktionärsgruppe privilegiert, unwahrscheinlicher.³⁷² Zudem kann nach dem sog. jury theorem eine größere Zahl von Abstimmenden positiven Einfluss auf das Stimmergebnis haben: wenn nämlich die Abstimmenden mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % für die richtige (den Unternehmenswert steigernde) Alternative stimmen, dann erhöht jeder weitere Abstimmende die Wahrscheinlichkeit, dass die richtige Entscheidung getroffen wird.³⁷³ Auch ist bei der Beteiligung einer größeren Anzahl von Aktionären ein breiteres Meinungsbild zu erwarten, was wiederum durch die Diskussion und die Erweiterung der Perspektive die Wahrscheinlichkeit eines den Unternehmenswert steigernden Abstimmungsausgangs erhöht.³⁷⁴ Ob dies allerdings auch bei Kleinanlegern zu erwarten ist, erscheint zweifelhaft. Denn diese unterliegen noch stärker als institutionelle Investoren Grenzen bei ihrer Informationsverarbeitung.

(2) Der qualitative Aspekt der rationalen Apathie Darüber hinaus ist aber nicht nur das Ob der Stimmrechtsausübung, sondern auch das Wie vom Problem der rationalen Apathie betroffen.³⁷⁵ Denn noch kostenintensiver als die Stimmrechtsausübung selbst ist die Akkumulation von Informationen, die eine sinnvolle Stimmrechtsausübung ermöglicht. Zum einen ist Zeit-

 Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 14; Bachmann in einem Diskussionsbeitrag zu Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, S. 31– 64 (Diskussion S. 65 – 68), S. 65.  Siehe Ruffner, Grundlagen, S. 622.  Siehe zum jury theorem Edelman, 31 J. Legal Stud. 327 (2002), sowie Schouten, Voting Efficiency.  Siehe zu diesem positiven Effekt der Heterogentität der Einschätzungen bei Abstimmungen Schouten, Voting Efficiency, S. 2– 24, 32.  Siehe Manne, 64 Colum. L. Rev. 1427, 1438 (1964); Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 90.

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einsatz erforderlich, um die nötigen Informationen zu sammeln.³⁷⁶ Zum anderen ist es aber auch kostenintensiv, sich die nötige Kompetenz anzueignen, um aus diesen Informationen Wissen zu generieren.³⁷⁷ So ist es heute z. B. leicht möglich, sich den Jahresabschluss eines Unternehmens aus dem Internet zu besorgen.³⁷⁸ Die Aneignung der Kompetenz, einen solchen Jahresabschluss zu lesen und daraus Schlüsse für das Abstimmungsverhalten zu ziehen ist deutlich schwieriger.³⁷⁹ Hier zeigt sich besonders deutlich das Problem der kollektiven Aktion: denn von den möglichen Gewinnen, die durch eine informierte Stimmrechtsausübung erzielt werden können, profitieren alle Aktionäre gleichermaßen, also auch diejenigen, die nicht bzw. nicht informiert abstimmen. Deshalb ist es für den einzelnen Aktionär rational, sich darauf zu verlassen, dass andere Aktionäre sich informieren und das Stimmrecht und damit die Managementkontrolle ausüben. Er selbst kann dann als „free rider“ von dieser informierten Stimmrechtsausübung der anderen Aktionäre profitieren.³⁸⁰ Hinzu kommt, dass das Management einen Informations- und Wissensvorsprung hat, der für die Aktionäre schwerlich einzuholen ist. Denn die Verwaltung ist Unternehmensinsider und somit über die möglichen Konsequenzen einer Entscheidung gut informiert, während die Aktionäre kaum Informationen über die internen Geschäftsabläufe haben. Diese überlegene Information ist auch der Grund dafür, dass Aktionäre normalerweise den Vorschlägen der Verwaltung vertrauen.³⁸¹ Somit haben Aktionäre, die gegen das Management arbeiten bzw. dieses auswechseln wollen, grundsätzlich einen schweren Stand. Sie müssen ein hohes Maß an Überzeugungsarbeit leisten. Darüber hinaus kommt dem Vorstand nach § 83 AktG auch die Kompetenz zu, Hauptversammlungsbeschlüsse vorzu Schieber, Dezentrale Hauptversammlung, S. 33; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 195; Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 805 (2001).  Manne, 64 Colum. L. Rev. 1427, 1438 (1964); Tuerks, Proxy, S. 179.  Siehe zur Bedeutung der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses als Informationsmittel für den Kapitalmarkt Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, S. 220. Zur Entwicklung, dass durch das Internet zwar mehr Informationen verfügbar sind, dafür aber die Notwendigkeit der Selektion von brauchbaren und unbrauchbaren Informationen größer wird Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, S. 31– 64, S. 36 f.  Generell skeptisch gegenüber der Fähigkeit von Aktionären, insbesondere Kleinanlegern, aus den gelieferten Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen, Tuerks, Proxy, S. 179; Schieber, Dezentrale Hauptversammlung, S. 33; Rieger, in: FS Peltzer, S. 339, 355 („der durchschnittliche Anleger weder die Lust noch die Fähigkeit hat, an den Segnungen einer ‚Aktionärsdemokratie‘ teilzuhaben“).  Bainbridge, Corporation Law and Economics, S. 202 ff.; Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 11; G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 376; Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 402 (1983), Easterbrook/ Fischel, Economic Structure, S. 66 ff.; Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 806 – 807 (2001).  Lenz, Proxy, S. 99.

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bereiten und nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG die Verpflichtung Vorschläge bezüglich der Beschlussfassung zu machen.³⁸² Die Verwaltung hat aus dieser Position der überlegenen Information und der Möglichkeit, den genauen Beschlussgegenstand festlegen zu können, heraus den Vorteil, die Stimmabgabe der Aktionäre beeinflussen zu können (sog. tainted votes).³⁸³ Dies kann die Verwaltung einerseits durch gezielte Desinformation erreichen, indem sie eine für sie günstige Entscheidung als Erfolg versprechende Strategie positioniert, bei deren Ablehnung das Unternehmen eine Geschäftschance auslassen würde (sog. chicken strategies). Aufgrund der Kenntnisse der Verwaltung werden die Aktionäre diesen Vorschlägen Glauben schenken und somit für eine Strategie stimmen, die ihren Interessen entgegensteht.³⁸⁴ Oder das Management verbindet die Abstimmungen über bestimmte Gegenstände mit für die Aktionäre angenehmen Gegenständen, die aber inhaltlich keinen Bezug zu dem anderen Beschlussgegenstand aufweisen (sog. sweeteners).³⁸⁵ Dabei ist beispielsweise an eine Dividendenerhöhung zu denken. Meist wird das Interesse der Aktionäre an diesen Vorteilen das Abstimmungsverhalten der Aktionäre determinieren, da die kritische Prüfung des gekoppelten Vorschlags unterbleibt. Aber die rationale Apathie verhindert nicht nur eine Kontrolle im Sinne der Begrenzung des opportunistischen Verhaltens der Verwaltung. Daneben kann die Verwaltung auch in für die Aktionäre ungünstiger Art und Weise handeln, ohne dabei sich selbst Vorteile verschaffen zu wollen. Dies kann einfach aufgrund von Inkompetenz der Verwaltung passieren und ist dennoch für alle Aktionäre von Nachteil.³⁸⁶ Auch die Tatsache, dass derartiges Verhalten nicht aufgedeckt wird, ist Resultat der nicht hinreichend informierten Stimmrechtausübung und schadet der Aktiengesellschaft.

(3) Verschärfung der rationalen Apathie durch Diversifizierung der Investitionen Die geschilderten Probleme werden weiter dadurch verschärft, dass der durchschnittliche Anleger nicht ein einzelnes Investment wählt, sondern durch ver Siehe dazu Spindler, in: MüKo AktG, § 83 Rn. 6 sowie Kubis, in: MüKo AktG, § 124 Rn. 42.  Siehe dazu Gordon, 76 Cal. L. Rev. 1, 47 (1988) sowie Gordon, 89 Colum. L. Rev. 1549, 1577 (1989).  Ruffner, Grundlagen, S. 176.  Siehe Ruffner, Grundlagen, S. 178; Coffee, 78 Geo. L.J. 1495 (1990); Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 91.  Tuerks, Proxy, S. 189. In diesem Fall ist vor allem zu bedenken, dass aufgrund der sog. safeharbor-Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (business judgement rule) auch bei der Einhaltung der Voraussetzungen durch Haftung keine Anreize zum besonders engagierten Handeln im Interesse der Aktionäre hat.

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schiedene Anlagen mit unterschiedlichem Risiko und unterschiedlichen Renditeaussichten sein Risiko diversifiziert. Damit erreicht er sicherere Erträge und wird vom Ausfall eines einzelnen Investments nicht so hart getroffen und kann es durch bessere Erträge bei einer anderen Anlage ausgleichen. Dies ist verständlich und rational;³⁸⁷ jedoch potenziert sich dadurch das Problem der rationalen Apathie. Denn schon eine informierte Stimmrechtsausübung in einer einzelnen Aktiengesellschaft würde die Ressourcen eines Kleinanlegers überfordern.³⁸⁸ Ist er in verschiedenen Gesellschaften investiert, so ist es für ihn unmöglich, alle Hauptversammlungen zu besuchen und auf jeder einzelnen informiert das Stimmrecht auszuüben. Dazu kommen noch mögliche Terminüberschneidungen der Hauptversammlungen.³⁸⁹

bb) Rationale Apathie bei institutionellen Investoren Das Problem der teuren Informationsbeschaffung betrifft aber nicht nur Kleinaktionäre, sondern auch institutionelle Investoren³⁹⁰, d. h. professionell Kapital verwaltende Institutionen. Während die Kosten der Anreise, also der quantitative Aspekt der rationalen Apathie für sie noch nicht prohibitiv wirken, so entstehen auch bei Aktionären mit größerem Anteilsbesitz hohe Kosten für die Sammlung und Verarbeitung von Informationen, wenn es um komplexe Aktionärsentscheidungen geht.³⁹¹ Gerade solche Investoren, die nicht in Deutschland ansässig sind und daher mit den Spezifika der deutschen Unternehmen und des deutschen Aktienrechts weniger vertraut sind, wählen bei nicht den Erwartungen entsprechenden Performance des Unternehmens den Ausstieg, d. h. den Verkauf von Aktien und versuchen nicht, durch Engagement in der Aktiengesellschaft die Rentabilität ihrer Anlage zu verbessern.³⁹² Insofern kann eine Kontrolle des Managements nur über den sog. Markt für Unternehmenskontrolle stattfinden. Zudem müssen klassische Aktienfonds aufgrund von gesetzlichen Vorgaben ihr Risiko diversifizieren und dürfen deshalb keine große Position in einem ein-

 Siehe zur Portfolio-Diversifikation als rationale Anlagestrategie die Nachweise oben in Fn. 161.  Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, S. 460; Lenz, Proxy, S. 101; Tuerks, Proxy, S. 178.  Lenz, Proxy, S. 101; Peltzer, AG 1996, 26, 27.  Siehe zum Begriff des institutionellen Investors, der vornehmlich als negative Abgrenzung zum bloßen Kleinanleger gebraucht wird Schmolke, ZGR 2007, 701, 703 – 705.  Ruffner, Grundlagen, S. 175.  Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 12; U. H. Schneider/Burgard, in: FS Beusch, S. 783, 788; Lenz, Proxy, S. 102.

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zelnen Unternehmen einnehmen.³⁹³ So sieht beispielsweise § 60 Abs. 1 Investmentgesetz (InvG) eine Anlagegrenze für richtlinienkonforme Sondervermögen vor, der zufolge nur fünf bis zehn Prozent des Sondervermögens in Wertpapiere eines einzelnen Emittenten investiert werden dürfen. Dadurch kommen auch sie in eine Situation, in der es für sie rational ist, das Stimmrecht gar nicht auszuüben bzw. bei mangelndem Vertrauen in die Verwaltung ihre Anteile zu veräußern. Dazu kommt, dass die Zuordnung des Stimmrechts nach dem deutschen Investmentrecht nicht der Marktpraxis entspricht. Nach § 32 Abs. 1 InvG soll das Stimmrecht in der Regel von der Kapitalanlagegesellschaft selbst ausgeübt werden. Eine Bevollmächtigung soll mit der Erteilung von Weisungen einhergehen; etwas anderes gilt nur für professionelle Stimmrechtsvertreter. Allerdings haben die meisten Kapitalanlagegesellschaften das Portfoliomanagement auf externe Asset Manager ausgelagert und haben nur noch eine Verwaltungsfunktion inne; die Anlageentscheidung wird demgegenüber von den Vermögensverwaltern getroffen. Die Kapitalanlagegesellschaft hat in ihrer Rolle als Verwalter nicht mehr die Kompetenz und die Kapazität, das Stimmrecht informiert auszuüben. Selbst wenn die Kapitalanlagegesellschaften die Abstimmungsempfehlungen der Portfolio-Manager umsetzen, so bestehen weitere Probleme: Die klassischen Investmentfonds unterliegen ebenso wie professionelle Asset Manager zahlreichen Interessenkonflikten, da sie meist Teil großer Finanzunternehmen sind, die gegenüber den Unternehmen noch eine Vielzahl anderer Finanzdienstleistungen erbringen (beispielsweise im Investment Banking). Zwar gibt es aus diesem Grund Vorschriften bezüglich der Separierung von Geschäftsbereichen (chinese walls), allerdings wird ein Drängen der Fond-Verwaltung auf ein effizienteres Wirtschaften in diesen Fällen meist nicht ganz so konsequent ausfallen.³⁹⁴ In besonderem Maße wird der Anreiz, sich zu informieren und das Management aktiv zu kontrollieren aber durch folgende Konstellation eingeschränkt: Die Fonds konkurrieren meist mit anderen Aktienfonds um Kunden, wobei die Anlageentscheidung maßgeblich von den bisherigen Erfolgen abhängt. Diese Erfolge werden aber an der Performance im Vergleich zu anderen Investmentfonds gemessen; sind beispielsweise zwei Fonds in einem Unternehmen investiert, dann ist es für den Fond mit der kleineren Beteiligung nicht angezeigt, sich aktiv um die Kontrolle des Managements und die Unternehmensperformance zu kümmern.

 Dieses Argument im Vergleich mit Hedge Fonds, die insofern deutlich weniger gebunden sind, bringen Schmolke, ZGR 2007, 701, 723; Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1049 (2007); Ackermann/McEnally/Ravenscraft, 3 JF 833, 834 (1999); Gaede, Aktionärsverhalten, S. 59.  Siehe zu diesen Konflikten Schmolke, ZGR 2007, 701, 721, 724; Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1054– 56 (2007).

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Denn von seinen Anstrengungen würde sein direkter Konkurrent profitieren und zwar in stärkerem Maße als er selbst. Das oben beschriebene TrittbrettfahrerProblem greift somit bei diesen, professionell Vermögen verwaltenden Finanzmarktakteuren ebenso.³⁹⁵ Zwar haben viele Vermögensverwalter, die Fonds aktiv managen, sog. „Voting Principles“ erarbeitet.³⁹⁶ Diese treffen jedoch nur Aussagen dazu, wie die Fondsleitung in bestimmten Situationen (Kapitalerhöhungen, Wiederwahl des Aufsichtsrats) abstimmen wird,wobei stets die Verpflichtung auf den ShareholderValue betont wird. Zudem werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit der richtigen Abstimmung beschäftigen sollen. Diese Policies enthalten hingegen keine Aussagen zu der Frage, welche Anstrengungen die Fondsleitung unternimmt, um die Verwaltung aktiv zu kontrollieren. Sie enthalten vielmehr prinzipiell die Aussage, dass Verwaltungsvorschlägen zugestimmt wird, wenn nicht etwas außergewöhnlich oder verdächtig erscheint. Das Problem der mangelnden Anreize zur Verwaltungskontrolle wird noch virulenter, wenn Fonds nur einen Index abbilden. Denn dann wird ihre Performance allein an diesem Index gemessen und die Fonds versuchen den Tracking Error, d. h. die Standardabweichung der Differenz von Fondsrendite und Indexrendite, möglichst gering zu halten.³⁹⁷ Insofern besteht keinerlei Anreiz, die Performance einzelner Unternehmen des Index durch eine intensivere Kontrolle des Managements zu steigern. Denn zum einen würde dies allen anderen Fonds, die diesen Index abbilden, genauso zu Gute kommen. Zum anderen ist eine gute Managementkontrolle durch einen Indexfond kein Kriterium, das ein Anleger bei

 Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1052– 53 (2007); Schmolke, ZGR 2007, 701, 720. Diese Argumente führt auch Arnold, Steuerung, S. 93 – 95, an und kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die aktivistische Strategie keine Verbesserung der principal-agent-Beziehung bewirken wird. Allerdings geht er im weiteren Verlauf seiner Untersuchung auch nicht auf die Möglichkeit, dass die aktivistische Strategie durch Hedge Fonds und Private Equity Fonds verfolgt wird, ein, die gerade nicht im selben Umfang derartigen Fehlanreizen ausgesetzt sind.  So beispielsweise Goldman Sachs Asset Management Corporation (http://www2.goldman sachs.com/gsam/pdfs/voting_proxy_policy.pdf), Morgan Stanley Investment Management (http://www.complianceweek.com/s/documents/Compliance%20Week%202007/Resour ce%20Materials/Bertsch,%20Kenneth%20-%20Morgan%20Stanley/PV%20Policy%20as%20Re vised%2003 – 15.pdf), DWS Investments (https://www.dws-investments.com/EN/docs/other/ proxy-voting/Proxy_Voting_Guidelines.pdf), UBS Global Assett Management (http://www.hano verins.com/afs/account/pdf/CEUBPxyPP.pdf) und Credit Suisse Asset Management (http://www. aberdeen-asset.us/pdfupload.nsf/5E4724DBC48D1C3785257460004618BF/$file/proxyvotingcre ditsuisse.pdf?OpenElement), letzter Aufruf am 15.03. 2011.  Der Tracking Error stellt ein Maß dafür dar, wie genau ein Fonds die entsprechende Benchmark, d. h. den Index, den er abbilden soll, tatsächlich abbildet, siehe dazu Kundisch/ Klein, DB 2009, 1141, 1143 f.

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der Investition in einen solchen Fond berücksichtigen würde. Da eine aktive Überwachung Kosten verursacht, die sich in einer höheren Verwaltungsgebühr des Fonds niederschlagen würden, hätte ein derartiger Fond vielmehr einen Wettbewerbsnachteil.

b) Bounded rationality und Multiplikatoreffekte bei der Stimmrechtsausübung aa) Bounded rationality Neben den oben beschriebenen Strategien der Verwaltung, durch welche die Informationsverarbeitung der Aktionäre behindert wird, bestehen noch weitere Tatbestände, die Aktionäre in ihrer Stimmrechtsausübung beeinträchtigen können. Hier können ähnliche Probleme auftreten, wie bei der Investitionsentscheidung. Im Bereich der Anlageentscheidung hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht und bestimmte Grenzen des rationalen Investitionsverhaltens ausgemacht (sog. bounded rationality). Diese Fehlwahrnehmungen können auch bei der Stimmrechtsausübung eine Rolle spielen und die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktionäre eine den Unternehmenswert steigernde Entscheidung treffen, senken.³⁹⁸ In Betracht kommen vor allem die Wahl einer falschen Beurteilungsgrundlage für Managementleistungen, eine zu optimistische Zukunftseinschätzung sowie die fehlerhafte Zuweisung von Leistungen an die Verwaltung. Sie betreffen sowohl Kleinanleger als auch institutionelle Investoren.

(1) Falsche Beurteilungsgrundlage der Managementleistungen Grundsätzlich sind die Leistungen der Verwaltung in der Vergangenheit eine geeignete Grundlage für die Prognose ihrer Leistungen in der Zukunft. Allerdings kann es passieren, dass Aktionäre Leistungen in der Vergangenheit auf in der Zukunft liegende Projekte übertragen, die nicht vergleichbar sind, weil sie beispielsweise ein ganz anderes Volumen aufweisen. So kann die erfolgreiche Integration eines übernommenen Unternehmens in der Vergangenheit eine gute Beurteilungsgrundlage für die Entscheidung über die Übernahme eines Unter-

 Die Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse der Behavioral Finance auf den Stimmrechtsmechanismus wurde erstmals systematisch diskutiert von Schouten, Voting Efficiency. Er begründet sie mit der Parallele, dass sowohl der Stimmrechtsmechanismus als auch der Börsenpreis ein Mechanismus zur Aggregation von Information sind.

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nehmens mit ähnlicher Größe sein. Für die Übernahme eines deutlich größeren Unternehmens ist diese Leistung hingegen weitgehend irrelevant.³⁹⁹

(2) Zu optimistische Zukunftseinschätzung Daneben droht die Gefahr, dass die Aktionäre bei ihrer Einschätzung eines bestimmten Vorschlags eine zu optimistische Einschätzung der Zukunft zugrundelegen. Dies war beim schrittweisen Bedeutungsgewinn des Internets zu beobachten, als Aktien von Unternehmen mit einem Zuschlag bewertet wurden,weil sie im Internetsektor tätig waren.⁴⁰⁰ Ein ähnlicher Fehler kann bei Bewertung von Abstimmungsvorschlägen, beispielsweise bei der Akquisition eines Unternehmens aus dem Bereich der Informationstechnologie, passieren. Die geplante Übernahme erscheint aufgrund dieser zu positiven Einschätzung eines bestimmten Marktes oder bestimmter Technologien besonders attraktiv, ohne dass die fundamentalen Werte und tatsächlichen Entwicklungs- und Einnahmemöglichkeiten kritisch geprüft werden.⁴⁰¹

(3) Fehlerhafte Zuordnung von Leistungen zur Verwaltung Ferner kann die Abstimmung dadurch verfälscht werden, dass positive Phänomene, die nichts mit der Leistung der Verwaltung zu tun haben, dieser zugeordnet werden. Haben beispielsweise Umsatz und Gewinn aufgrund eines positiven Marktumfelds zugenommen, so finden Vorschläge der Verwaltung unter Umständen eher Zustimmung, da die Aktionäre meinen, die Verwaltung hätte das Unternehmen in der Vergangenheit gut geführt. Dass die positiven Geschäftszahlen aber nicht auf der Leistung der Verwaltung beruhen, wird nicht einkalkuliert. Ein ähnliches Problem findet sich bei politischen Wahlen in Ländern, deren Wirtschaft zu einem erheblichen Teil vom Ölexport abhängig ist. Auch hier korrelieren Wahlsiege der Amtsinhaber positiv mit einem hohen Ölpreis.⁴⁰² Auch bei einer Wiederwahl der Verwaltung kann diese fehlerhafte Zuordnung eine Rolle spielen.

 Beispiel nach Schouten, Voting Efficiency, S. 17– 19, der die Übernahme von ABN Amro durch ein Bankenkonsortium anführt.  Siehe zur irrationalen Bewertung von Internetunternehmen in den Jahren 1998 – 2000 Ofek/ Richardson, DotCom Mania.  Siehe Schouten, Voting Efficiency, S. 19 f.  Siehe die Studie von Wolfers, Are Voters Rational?. Auf diese Untersuchung stützt sich auch Schouten, Voting Efficiency, S. 20 f.

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bb) Multiplikatoreffekte, insbesondere Meinungsführerschaft Die soeben beschriebenen Fehlwahrnehmungen können sich noch dadurch verstärken, dass sie sich unter den Aktionären verbreiten und dadurch eine möglicherweise richtige Einschätzung des Abstimmungsvorschlages verdrängen. Wirklich relevant für das Abstimmungsergebnis werden sie nämlich erst dann, wenn die Aktionäre systematisch einer derartigen Fehlwahrnehmung erliegen, also nicht nur vereinzelt die Managementleistung falsch einschätzen.⁴⁰³ Besonders relevant sind in diesem Zusammenhang Meinungsführer⁴⁰⁴, die sich für eine bestimmte Option aussprechen. Wie oben bereits beschrieben, kann die Verwaltung aufgrund ihrer überlegenen Information und ihrer Beeinflussung des Abstimmungsprozesses häufig eine Meinungsführerschaft für sich beanspruchen. Dies gilt aber auch für als besonders kompetent erachtete Investoren, die sich für eine bestimmte Strategie aussprechen. Diese signalisieren meist auch durch den Aufbau einer Position den anderen Aktionären ihren Glauben an die Richtigkeit ihrer eigenen Vorschläge. Eine derartige Meinungsführerschaft war im Fall der Deutschen Börse AG zu beobachten: auch dort machten sich die verschiedenen Hedge Fonds gegen eine Übernahme der London Stock Exchange stark und überzeugten damit einen großen Teil der anderen institutionellen Investoren, was letzten Endes zu einer Auswechslung des Managements führte. Allerdings kann diese Kommunikation unter den Aktionären auch dazu führen, dass sich eine richtige Einschätzung der Abstimmungsvorschläge unter den Aktionären durchsetzt. Insofern können kompetente Meinungsführer positiven Effekt auf den Ausgang von Abstimmungen haben.⁴⁰⁵

c) Stimmrecht und Interessendivergenz aa) Unterschiedliche Aktionäre, unterschiedliche Interessen Einer der Gründe, warum das Stimmrecht nur den Aktionären als einer homogenen Gruppe zugeordnet ist, liegt in der Tatsache begründet, dass dies die Abstimmung und das Treffen sinnvoller Entscheidungen erleichtert. Allerdings ist die Homogenität der Aktionärsinteressen nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn verschiedene Aktionäre können mit ihrem Investment

 Siehe Treynor, 43 Fin. Analysts J. 50 (1987) sowie Schouten, Voting Efficiency, S. 25. Hinsichtlich der Auswirkungen nicht systematischer Fehlwahrnehmungen auf den Börsenkurs Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 581 (1984).  Siehe Schouten, Voting Efficiency, S. 30.  Schouten, Voting Efficiency, S. 30. Der in diesem Zusammenhang stets zitierte Meinungsführer ist Warren Buffet.

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unterschiedliche Ziele verfolgen und verschiedene Ansichten darüber haben, was das richtige Vorgehen für die Gesellschaft ist.⁴⁰⁶ Ein investierter Arbeitnehmer hat andere Interessen als der gängige Kleinanleger. Für ihn wird eine auf Sicherheit und möglichst geringes Risiko gerichtete Strategie die favorisierte sein. Der Kleinanleger kann hingegen sein Risiko durch verschiedene Investments diversifizieren, so dass er eine risikoreichere und mehr Ertrag versprechende Strategie bevorzugen wird. Dies gilt aber auch für Familienaktionäre oder für Beteiligungen des Managements, denn auch diese haben in der Regel keine Möglichkeit, ihr Risiko zu diversifizieren.⁴⁰⁷ Zentraler Unterscheidungspunkt in den Aktionärspräferenzen ist demnach das Risiko.⁴⁰⁸ Dazu können noch Interessendivergenzen aufgrund von steuerlichen oder weltanschaulichen Gründen treten.⁴⁰⁹ Somit sind auch innerhalb der Aktionäre die Präferenzen nicht homogen, sondern unterscheiden sich teilweise stark. Allerdings ist selbst bei verschiedenen Risikopräferenzen das einigende Band des Aktionärsinteresses die Gewinnerzielung und Vermögensmaximierung aus dem Investment.⁴¹⁰ Schon 1881 erkannte das Reichsgericht: „Die Gemeinsamkeit der Interessen aller Aktionäre bietet dem einzelnen Aktionär Gewähr dafür, daß die von der Gesamtheit getroffenen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen auch seinem Interesse entsprechen.“⁴¹¹ Dieses Interesse verbindet die Gruppe der Aktionäre. Sie hat neben dem Anreiz, das Management zu kontrollieren, dadurch auch eine Interessensstruktur, die konsistente Entscheidungen ermöglicht, auch wenn das Gremium eine gewisse Größe erreicht.⁴¹² Würde man auch Nichtaktionären ein Stimmrecht gewähren, wäre eine Überforderung des Stimmrechtsmechanismus die Folge. Denn ist dieses gemeinsame Interesse nicht gegeben, so steigt bei einer Abstimmung mit vielen Beteiligten, bei der verschiedene Gruppen unterschiedliche Interessen verfolgen, die Wahrscheinlichkeit inkonsistenter und

 Siehe Ruffner, Grundlagen, S. 458; Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 792– 93 (2005); Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 13; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 409; Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1242 (2009).  Vgl. Ruffner, Grundlagen, S. 461.  Vergleiche dazu die Darstellung bei Ruffner, Grundlagen, S. 458 – 462.  Siehe Tuerks, Proxy, S. 177 f.  Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 409; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 20 f. („Sitzen im gleichen Boot“); Bainbridge, 53 UCLA L. Rev. 601, 612 (2006).  RGZ 3, 123, 132. Aus einem ähnlichen Grund gilt in den Personengesellschaften der Grundsatz der Selbstorganschaft, der von den Gesellschaftern nicht abbedungen werden kann; er verbürgt für die Personengesellschaften eine ordnungsmäßige Geschäftsleitung, denn diese wird durch Eigenverwaltung garantiert, siehe dazu Wiedemann, in: FS Schilling, S. 105, 109 – 111.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 87, 93; Ruffner, Grundlagen, S. 174.

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unlogischer Entscheidungen.⁴¹³ Wenn in einer Abstimmung gleichzeitig über verschiedene Ziele und nicht nur den Weg der Zielerreichung entschieden wird, so wird die Entscheidung komplexer, die Qualität der Entscheidung tendenziell schlechter.⁴¹⁴ Diese Annahme geht auch aus der Verteilung der Kompetenzen an die Hauptversammlung im Rahmen des Aktiengesetzes hervor. Denn diese erlauben grundsätzlich nur eine Abstimmung über das Wie der Zielerreichung der gemeinsamen Vermögensmaximierung und eine Kontrolle, ob die Verwaltung diese Zielerreichung entsprechend verwirklicht.⁴¹⁵ Der Stimmrechtsmechanismus beschränkt sich somit auf einfache Entscheidungen beim vorgegebenen Ziel „Vermögensmaximierung“ sowie auf Personalentscheidungen zur Kontrolle dieser Strategien. Im Bezug auf diese Interessenhomogenität hinsichtlich der Verfolgung des Ziels der Maximierung des Unternehmenswertes bestehen jedoch einige Störungen, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.

bb) Politische Interessen – Staaten und Staatsfonds als Aktionäre Im Zuge der Finanzkrise ist der Staat in einem nie zuvor erreichten Ausmaß Großaktionär geworden. In Deutschland ist der Bund über den Sonderfond Finanzmarktstabilität an diversen Banken beteiligt.⁴¹⁶ Übt der Staat als Aktionär seinen Einfluss auf Aktiengesellschaften aus, so verfolgt er in der Regel nicht nur das Ziel der Gewinnmaximierung, sondern versucht auch auf das operative Geschäft der Unternehmung Einfluss zu nehmen und in diesem Bereich die politischen Ziele der jeweiligen Regierungsmehrheit durchzusetzen. Deutlich geworden ist dies beispielsweise in Frankreich, wo die französische Regierung beim Autohersteller Renault eine Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Türkei verhindert hat.⁴¹⁷ Übt die Hauptversammlung ihre Organbeschickungskompetenz aus, so wird der Staat im Zweifel einen Kandidaten wählen, der die gewünschten politi-

 Ruffner, Grundlagen, S. 174; Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 149 (2009) (die allerdings nicht den Residualanspruch als das einigende Band, auf das die Aktionäre sich konzentrieren, ansehen, sondern deren gemeinsames Interesse an einer stabilen Entwicklung des Aktienkurses); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 304 (2008); Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 405 (1983); Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 69, letztere mit weiteren Nachweisen aus der Public Choice Theory.  Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 307– 08 (2008).  Siehe auch Kropff, in: Lutter/Semler, Freiheitliche Unternehmenswirtschaft, S. 71, 73.  Siehe dazu und zu den aktienrechtlichen Auswirkungen Langenbucher, ZGR 2010, 75 ff.  Schouten, Voting Efficency, S. 105.

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schen Ziele verfolgt und nicht primär den Unternehmenswert steigert. Insgesamt droht eine Reihe von Interessenskonflikten.⁴¹⁸ Ein ähnliches Problem wird bei den sog. Staatsfonds befürchtet, die das Geld aus dem Erlös des Rohstoffhandels eines Landes verwalten. Seitdem nicht mehr nur Länder, die strategisch als nicht gefährlich eingestuft werden, über derartige Fonds in den westlichen Industriestaaten investieren, sondern auch die Russische Föderation und die Volksrepublik China, werden deren Investitionen kritisch beäugt. Hauptsorge ist, dass diese Staaten ihre Beteiligungen an strategisch wichtigen Unternehmen, wie beispielsweise Stromversorgern oder Hochtechnologieunternehmen, nicht allein dazu benutzen, eine wertmaximierende Strategie zu verfolgen, sondern um sie in Krisensituationen als Druckmittel zu gebrauchen oder bestimmte Technologien abzuziehen.⁴¹⁹

cc) Unternehmerische Interessen – der Konzernkonflikt Ähnliche Probleme stellen sich, wenn ein Aktionär eine beherrschende Stellung ausüben kann und die Gesellschaft in seinen Wirkbereich eingliedern will. In diesem Fall verfolgt er nicht die Maximierung des Wertes der entsprechenden Gesellschaft, sondern wird den Gesamtwert seiner Unternehmensgruppe zu maximieren suchen. Auch in diesem Fall unterscheiden sich seine Interessen von denen der anderen Aktionäre, die keine anderen unternehmerischen Ziele verfolgen. Dieser Konflikt wird in Deutschland durch das Konzernrecht geregelt, welches eine Haftung für bestimmte Eingriffe statuiert.

dd) Empty-Voting-Konstellationen In der neueren Literatur wird teilweise darauf verwiesen, dass das Aufkommen von Derivaten und Abstimmungen mittels Aktien, die aus einem Wertpapierdarlehen stammen, das einigende Band des Gewinnstrebens auflösen und die In-

 Siehe dazu Kahan/Rock, When the Government is the Controlling Shareholder. Die Autoren diskutieren die gesellschaftsrechtlichen Probleme, die sich aus der Verfolgung von vornehmlich politischen Zielen ergeben, die die US-Regierung bei den Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, durchsetzt (eine Liste mit Beteiligungen findet sich auf S. 6 f.).  Siehe dazu Gilson/Milhaupt, 60 Stan. L. Rev. 1345 (2008), die in der Beteiligung von Staatsfonds ein Aufeinandertreffen von verschiedenen Kapitalismus-Konzepten, nämlich einem Staatskapitalismus und einem Marktkapitalismus, sehen; als gangbare Lösung des unmittelbaren Problems sehen sie eine Stimmrechtssuspendierung dieser Fonds (Liste mit der geschätzten Größe der einzelnen Fonds auf S. 1357).

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

teressen der Aktionäre sehr heterogen erscheinen lassen.⁴²⁰ Inwieweit diese Behauptung richtig ist, und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, wird im Weiteren untersucht.

3. Zusammenfassung Grundsätzlich kann nach deutschem Recht originär nur der Aktionär Stimmrechtsinhaber sein. Dies bestätigen die Überlegungen zur Anreizstruktur von Aktionären und Nichtaktionären, da letztere einen geringeren Anreiz zur Kontrolle bzw. eine Tendenz zu einer risikoaversen Geschäftspolitik haben. Das deutsche Aktienrecht verfestigt diesen engen Zusammenhang durch das Abspaltungsverbot sowie die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3, 6, 7 AktG, die es den Aktionären unmöglich machen, separat über ihr Stimmrecht zu verfügen. Allerdings ist die Zuweisung der Stimmrechte an die Aktionäre auch mit einigen Problemen behaftet, namentlich der rationalen Apathie, Fehleinschätzungen, denen die Aktionäre bei der Beurteilung der Abstimmungsvorschläge unterliegen können, sowie einer auch unter Aktionären bestehenden Interessendivergenz. Diese bezieht sich einmal auf die Verfolgung einer Strategie, die nicht die Maximierung des Werts der entsprechenden Unternehmung zum Ziel hat, sei es aus politischen oder aus unternehmerischen Gründen. Aber auch die Interessen der Aktionäre, die eine derartige wertmaximierende Strategie befürworten, sind nicht vollständig homogen, sondern können sich hinsichtlich des gewünschten Risikoniveaus unterscheiden. Dies ändert aber nichts daran, dass die Zuordnung des Stimmrechts zu den Aktionären ökonomisch sinnvoll ist und eine Entscheidungsfindung im Sinne der Gesellschaft ermöglicht, da die Gruppe der Aktionäre durch das Band des Interesses an einer Maximierung ihres Vermögens geeint wird und daher im Vergleich das homogenste Interesse der Stakeholder besitzt. Dies wird auch vom Aktiengesetz vorausgesetzt und sorgt dafür, dass der Entscheidungsfindungsmechanismus „Hauptversammlungsbeschluss“ funktionsfähig bleibt.

III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung Im Folgenden wird untersucht, welche Funktion die Hauptversammlung im Gefüge der Aktiengesellschaft hat und welche Kompetenzen ihr zukommen. Erst

 So beispielsweise Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 809 (2005).

III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung

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dadurch wird deutlich, wie und in welchen Bereichen die Aktionäre an der Steuerung der Gesellschaft mitwirken.

1. Funktionen der Hauptversammlung Hinsichtlich der Funktionen der Hauptversammlung stellen sich vor allem zwei Fragen: Zum einen, ob sie Sitz einer „Aktionärsdemokratie“ ist und ihre Beschlüsse durch eine möglichst hohe Anzahl von abstimmenden Aktionären legitimiert werden sollten. Zum anderen, welche prozeduralen Vorkehrungen das Aktiengesetz trifft, um die Richtigkeit der gefassten Beschlüsse zu gewährleisten.

a) Aktionärsdemokratie – Legitimation der Entscheidungen durch möglichst hohe Stimmzahlen? Die Hauptversammlung ist von Karsten Schmidt als „Sitz der Aktionärsdemokratie“ bezeichnet worden.⁴²¹ Diese Parallele legt die Übertragung staatsrechtlicher Erkenntnisse auf die Hauptversammlung nahe. Allerdings geht schon aus der Regierungsbegründung zum Aktiengesetz 1965 hervor, dass ein derartiges Verständnis nicht weit trägt. Dort heißt es: „Ein Unternehmen ist kein Staat im Kleinen, der Vorstand keine Staatsregierung, die Hauptversammlung kein Parlament“⁴²² Eine derartige Idee, die vor allem auf eine möglichst weitgehende Beteiligung aller Aktionäre an den Entscheidungen der Gesellschaft zielt, war im Amerika der 30er Jahre des 20.Jahrhunderts gängig und wird dort auch heute noch vereinzelt vertreten.⁴²³ Die Vorstellung, dass eine von einer großen Anzahl von Aktionären beschlossene Entscheidung einen Mehrwert darstellt, ist auch im deutschen rechtswissenschaftlichen Schrifttum unter dem Schlagwort der „Verhinderung von Zufallsmehrheiten“ verbreitet. Die große Anzahl von Aktionären

 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 837. Aufgegriffen von BVerfG, NJW 2000, 349, 351. Ähnlich Pluta, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, vor §§ 118 ff. AktG, Rn. 4 („Aktionärsparlament“); U. H. Schneider/Burgard, in: FS Beusch, S. 783, 784.  Begr. RegE bei Kropff, Aktiengesetz, S. 96. Kritisch zur Übertragung staatsrechtlicher Konzepte auf die Aktiengesellschaft schon Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 11. Ähnlich Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 437 f.; Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, S. 31– 64, S. 59 f.; Lenz, Proxy, S. 54; Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 130 (2009); Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 37 („a priori unclear whether corporate governance and political governance should adhere to the same principles, as the two systems operate under different premises“).  Vgl. Tuerks, Proxy, S. 140, m.w.N. zur historischen Literatur. Aktuell Kobler, 49 Ala. L. Rev. 673, 684– 686 (1998).

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

soll verhindern, dass aktive Aktionäre mit nur geringem Anteilsbesitz auf Hauptversammlungen ihre Ideen durchsetzen.⁴²⁴ Nur bei hohen Präsenzzahlen auf der Hauptversammlung sei „eine demokratische Legitimationsgrundlage der getroffenen Beschlüsse“ gesichert.⁴²⁵ Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass eine möglichst große Zahl von abgegebenen Stimmen noch kein Regelungsziel an sich darstellt. Denn wenn viele Aktionäre abstimmen, heißt dies noch nicht, dass sie auch informiert abstimmen und eine für die Gesellschaft sinnvolle Entscheidung treffen.⁴²⁶ Entscheidend ist vielmehr, dass die Kontrolle nach ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ausgeübt wird, d. h. der Wert der Unternehmung maximiert wird.⁴²⁷ Im Vordergrund muss also die informierte Stimmrechtsausübung und nicht die Beteiligung einer möglichst großen Anzahl von Aktionären stehen.⁴²⁸

b) Prozedurale Ausgestaltung – die Hauptversammlung als Diskussionsforum Das Gesetz weist der Hauptversammlung eine Rolle als Diskussionsforum zu, in dem sich die Aktionäre offen austauschen und ihre verschiedenen Vorschläge diskutieren können.⁴²⁹ Die überragende Bedeutung, die der Diskussion und der Entschlussfassung aus der Diskussion der Hauptversammlung dabei zukommt, zeigt sich darin, dass nur Stimmen wirksam sind, die in der Hauptversammlung

 Vetter, AG 2006, 32; Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 14. Siehe auch schon oben unter Teil 2, III.1.  So Lenz, Proxy, S. 104; Noack, BB 2005, Heft 42, Erste Seite („Legitimation durch Verfahren“), der allerdings auch eingesteht, dass Entscheidungen nicht automatisch besser werden, wenn sie von einer größeren Anzahl von Anlegern getragen wird. Ähnlich auch Klawitter, in: Noack/Spindler, Unternehmensrecht und Internet, S. 37.  Nach dem bereits erwähnten jury theorem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Entscheidung getroffen wird, die den Unternehmenswert maximiert, mit jedem zusätzlichen Aktionär, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass er richtig entscheidet über 50 % beträgt, siehe oben Fn. 373. Umgekehrt steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine nicht maximierende Entscheidung getroffen wird, mit jedem zusätzlichen Aktionär, der mit einer Wahrscheinlichkeit, die größer als 50 % ist, eine falsche Entscheidung trifft.  So auch Bachmann in einem Diskussionsbeitrag zu Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, S. 31– 64 (Diskussion S. 65 – 68), S. 65.  So auch European Corporate Governance Forum, Working Group on Proportionality, S. 2, 13; Engert, ZIP 2006, 2105, 2107; Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, S. 31, 61; Fischel, 54 U. Chi. L. Rev. 119, 141 (1987).  Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 9; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 79. Diese Funktion der Hauptversammlung hat sich in den letzten Jahren in den großen Staaten der EG gewandelt, vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 82.

III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung

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abgegeben werden.⁴³⁰ Der dahinter stehende Gedanke ist der eines Forums, auf dem die verschiedenen Vorschläge kritisch durchleuchtet werden. Dass die Hauptversammlung nicht nur zur Beschlussfassung, sondern zur umfassenden Diskussion der Beschlüsse und der Rechenschaft des Vorstands dient, zeigt auch das Anwesenheits- und Fragerecht der Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien.⁴³¹ Deutlich wird diese Verpflichtung auf die Entscheidung aus der Diskussion heraus auch in der durch das Gesetz für Transparenz und Publizität geschaffenen Möglichkeit, sich in der Hauptversammlung zwar vertreten zu lassen, gleichzeitig aber die Hauptversammlung über das Internet mitzuverfolgen und dem Vertreter dann eine Weisung über die Stimmrechtsausübung zu übermitteln.⁴³² Darüber hinaus führt die Nichtzulassung eines Aktionärs zur Hauptversammlung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Aktionär die Meinungsbildung beeinflusst hätte.⁴³³ Dieses gesetzliche Leitbild der Hauptversammlung leidet jedoch unter etlichen Schwächen. Zunächst ist, zumindest bei großen Aktiengesellschaften mit hoher Marktkapitalisierung und einer daraus resultierenden großen Zahl von Aktionären, eine gleichzeitige Anwesenheit aller Aktionäre nicht möglich, vielmehr käme es zu einem Zusammenbruch des Hauptversammlungswesens.⁴³⁴ Dazu kommt die inhaltliche Qualität der Beiträge, die sich häufig auf bloße Selbstdarstellung⁴³⁵ oder die Abgabe von allgemeinen politischen Ansichten⁴³⁶ beschränken. Wie diese

 Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 28; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 469; Richter, ZHR 172 (2008), 419, 438. Dieser Grundsatz hat durch das die Aktionärsrechte-Richtlinie umsetzende ARUG eine gewisse Einschränkung erfahren, indem er dem Satzungsgeber in § 118 Abs. 2 AktG die Möglichkeit eröffnet, das Stimmrecht durch Brief oder elektronisch auszuüben. Siehe dazu Hüffer, AktG, § 118 Rn. 8e f., sowie Ochmann, Aktionärsrechte-Richtlinie, 2009, S. 140 – 143.  Lenz, Proxy, S. 97; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 470 f.; Mülbert, in: Großkomm. AktG, § 118 Rn. 11.  Siehe dazu Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 80, m.w.N., Zöllner, in: Bayer/ Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S.462, 469.  Siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 48, m.w.N. in Fn. 62.  Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 469; Seibert, BB 1998, 2536.  Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 6 f.; Kubis, in: Müko AktG, § 118 Rn. 17. Siehe auch die Einschätzung des Deutschen Notarvereins, NZG 2001, 185, 186, die Hauptversammlung sei die „Wärme- und Verköstigungsstube des Pensionärs der gehobenen Mittelschicht“ sowie die „Bühne dessen Selbstdarstellungsdrangs“.  Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 7; Kubis, in: Müko AktG, § 118 Rn. 17.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Beiträge zu einer wirksamen Managementkontrolle beitragen, erscheint daher fraglich. Dazu kommt, dass zwar viele Kleinaktionäre sich zu Lippenbekenntnissen zu verschiedenen Geschäftsfeldern hinreißen lassen, aufgrund des Stimmrechts der Banken dann aber trotzdem Zustimmungsergebnisse von 99 % zustande kommen.⁴³⁷ Teilweise wird daher die Ansicht vertreten, die Hauptversammlung sei vollkommen funktionslos geworden. Denn die auf der Hauptversammlung diskutierten Themen seien für Kleinanleger zu komplex und es sei Illusion, dass das Geschehen der Versammlung das Abstimmungsverhalten irgendeines Aktionärs beeinflusse.⁴³⁸ Selbst wenn sie in Zukunft die Veranstaltung über das Internet mitverfolgen könnten, so wäre es unwahrscheinlich, dass ein Kleinanleger neun Stunden lang vor seinem Computer säße und den einzelnen Beiträgen lausche.⁴³⁹ Großaktionäre würden ihren Diskussionsbedarf ohnehin in den Sitzungen des Aufsichtsrats stillen, so dass für sie die Hauptversammlung als Diskussionsforum keinen Wert habe.⁴⁴⁰ Außerdem unterlägen sie in weiten Teilen Weisungen und hätten ihr Abstimmungsverhalten deshalb schon vor der Hauptversammlung festgelegt, so dass eine Diskussion für sie uninteressant ist.⁴⁴¹ Andererseits ist die Hauptversammlung Forum für den direkten Kontakt zwischen Aktionären und Verwaltung, die gemäß § 118 Abs. 2 AktG anwesend sein muss. Damit einher geht eine disziplinierende Wirkung auf die Verwaltung, die sich unmittelbar mit den Fragen der Aktionäre konfrontiert sieht.⁴⁴² Zwar mag die Selbstdarstellung von Einzelaktionären ein Ärgernis sein; dies ändert aber nichts daran, dass die Mehrzahl der deutschen Hauptversammlungen einen sachlichen und informativen Verlauf nimmt.⁴⁴³ Gerade aktive Aktionäre haben es vermocht, das Management durch intensive Fragen in der Hauptversammlung unter erheblichen Rechtfertigungsdruck zu setzen und dadurch die Idee der Hauptversammlung als Diskussions- und Rechenschaftsforum mit Leben zu füllen. Gerade wenn aktiven Aktionären, die sich im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens abstimmen wollen, schon bei Kontakten außerhalb der Hauptversammlung das Pflichtangebot droht, so ist es notwendig, dass sie sich auf der Hauptversammlung umfassend austauschen können, auch wenn eine zu enge Abstimmung dort

 Siehe Tuerks, Proxy, S. 177 f., der von der „Sündenbockfunktion“ der Banken spricht.  Richter, ZHR 172 (2008), 419, 438; ähnlich Rieger, in: FS Peltzer S. 339, 354.  Spindler, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2005, Diskussion S. 65, S. 66 f.  Rieger, in: FS Peltzer, S. 339, 354.  Richter, ZHR 172 (2008), 419, 438. Ähnlich auch o.V., Hauptversammlungen – Dringender Änderungsbedarf, Kreditwesen 2009, 6.  Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 9.  Siehe Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 4.

III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung

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wiederum die Gefahr eines Pflichtangebots birgt.⁴⁴⁴ Vorteil ist hierbei jedoch die Transparenz für die anderen Aktionäre, die sich möglicherweise dem Vorschlag anschließen können. Informierte Aktionäre können in diesem Fall eine positive Stimmführerschaft ausüben, die die Abstimmung im Sinne einer Maximierung des Unternehmenswertes wahrscheinlicher macht.

2. Kompetenzen der Hauptversammlung Anders als die Gesellschafterversammlung der GmbH, steht der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft keine umfassende Kompetenz zu. Grund dafür sind Probleme hinsichtlich der Anreize zur Stimmrechtsausübung, insbesondere das Problem der rationalen Apathie.⁴⁴⁵ Gäbe es diese Probleme nicht, so spräche alles für eine derartige, umfassende Entscheidungskompetenz.⁴⁴⁶ Der Gesetzgeber hat demgegenüber ein System von klar abgegrenzten, enummerierten Kompetenzen geschaffen. Zunächst soll kurz darauf eingegangen werden, inwieweit die Hauptversammlung dennoch als „oberstes Organ der Aktiengesellschaft“ bezeichnet werden kann. Im Anschluss werden die für das empty voting relevanten Kompetenzen untersucht.

a) Hauptversammlung als „oberstes Organ der Aktiengesellschaft“? Die Hauptversammlung ist nicht, wie manchmal plakativ beschrieben, das „oberste Organ der Aktiengesellschaft“.⁴⁴⁷ Denn das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft beruht auf einem System der „checks and balances“ und weist den einzelnen Organen jeweils Funktionen zu, die sie am besten wahrnehmen können.⁴⁴⁸ Insbesondere steht der Hauptversammlung keine Kompetenz-Kompetenz

 Zur Einschränkung der Abstimmungsbemühungen aktiver Aktionäre durch das drohende Pflichtangebot des § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG kritisch auch Fleischer, ZGR 2008, 185, 200 f.  Siehe dazu schon oben unter Teil 2, II.2.  So auch Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 90. Die Gesellschafterversammlung der GmbH kann umfassend auch über Maßnahmen der Geschäftsführung entscheiden und den Geschäftsführern Weisungen erteilen, vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG. Dies unterscheidet sie grundlegend von der Aktiengesellschaft, in der der Vorstand gemäß § 76 AktG die Aktiengesellschaft unter eigener Verantwortung leitet, vgl. Wicke, GmbHG, 2008, § 37 Rn. 4.  So aber v. Rechenberg, Hauptversammlung als oberstes Organ; Schneider/Burgard, in: FS Beusch, S. 783, 785 f.; Mülbert, in: Großkomm. AktG, vor § 118 AktG Rn. 43. Dagegen Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 437; Lenz, Proxy, S. 54 f.  Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 437; Eckardt, in: Geßler, AktG, Vorb. zu § 118 Rn. 5; Goette, AG 2006, 522, 523.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

zu, d. h. sie kann nicht per Beschluss neue Aufgaben, insbesondere solche der Geschäftsführung, an sich ziehen. Anders als in der GmbH sind somit nicht alle Kompetenzen auf die Anteilseigner zurückzuführen.⁴⁴⁹ Aufgrund des Aufwandes, der mit dem Abhalten einer Hauptversammlung verbunden ist, wäre dies auch nicht möglich, da es die Dynamik des Wirtschaftens nachhaltig beeinträchtigen würde.⁴⁵⁰ Die Hauptversammlung ist im Rahmen der Möglichkeiten des § 23 Abs. 5 AktG vielmehr dazu da, den grundsätzlichen Rahmen, in dem sich die Organe und die Aktionäre bewegen, abzustecken.⁴⁵¹ Für Maßnahmen der Geschäftsführung ist sie nur ausnahmsweise zuständig.⁴⁵² Die Diskussion um den Begriff „oberstes Organ“ ist jedoch müßig, da an eine derartige Bezeichnung keinerlei Rechtsfolgen geknüpft sind und die Bezeichnung der Hauptversammlung als „oberstes Organ“ nicht geeignet ist, weitere Kompetenzen der Hauptversammlung zu begründen.⁴⁵³ Entscheidend sind vielmehr die konkret bestehenden Kompetenzen, die den Aktionären eine Mitgestaltung der Geschäftspolitik und eine Kontrolle des Managements ermöglichen.

b) Einzelne Kompetenzen der Hauptversammlung Die Kompetenzen der Hauptversammlung lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten systematisieren.⁴⁵⁴ Gängig ist die Unterscheidung nach wiederkehrenden Maßnahmen, Strukturmaßnahmen und Sonderfällen.⁴⁵⁵ Die Hauptversammlung ist im Organgefüge die Instanz, die im Rahmen der Satzungsautonomie die Regeln setzt, nach denen die Aktiengesellschaft arbeitet. Durch Beeinflussung der Finanzierungs- und der Personalpolitik nimmt sie auch Einfluss auf das Wirtschaften der Gesellschaft und entscheidet durch Abstimmungen über Kapitalmaßnahmen sowie durch Personalentscheidungen über die Unternehmenspolitik mit.⁴⁵⁶

 Goette, AG 2006, 522.  Goette, AG 2006, 522, 525.  Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 437; Lenz, Proxy, S. 55.  Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 436 f., 459. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vorstand eine Geschäftsführungsfrage gemäß § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung zur Entscheidung vorlegt.  So auch Lenz, Proxy, S. 54 f.  Siehe zu verschiedenen Möglichkeiten Fleischer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, S. 430, 436 f.  Siehe Hüffer, AktG, § 119 Rn. 5 ff.; Zöllner, KöKo AktG, § 119 Rn. 14 ff.  Siehe zu diesem Einfluss des Aktionärs auf die Unternehmenspolitik Lutter, Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 13 ff.

III. Funktion und Kompetenzen der Hauptversammlung

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Wenn das Management sich entschließt, ein neues Projekt, beispielsweise eine Expansion oder eine Übernahme, über eine Eigenkapitalerhöhung zu finanzieren, dann entscheiden die Aktionäre indirekt über die Durchführung des Projektes.⁴⁵⁷ Lehnen sie eine Eigenkapitalerhöhung ab, dann wird die Verwaltung in den wenigsten Fällen das Projekt aus anderen Mitteln finanzieren. Trotz des Befundes, dass der Verwaltung sehr viel Kapital aus thesaurierten Mitteln zur Verfügung steht, kann dieses zusätzliche Kapital durchaus noch von entscheidender Bedeutung für die Durchführung des Projektes sein.⁴⁵⁸ Aufgrund der Tatsache, dass die Verwaltung tendenziell eher solche Projekte durch Eigenkapital finanzieren wird, die riskant sind bzw. eine nicht zu hohe Eigenkapitalrendite versprechen,⁴⁵⁹ ist in diesem Fall die Kontrolle dieser Projekte auf ihr Wertsteigerungspotenzial von besonderer Wichtigkeit. Auch ein Management-Team wird in der Regel mit einer Reihe von Projekten antreten, die es verwirklichen will, beispielsweise den Einstieg in einen neuen Markt oder die Übernahme eines Wettbewerbers. Es wird Verbesserungsvorschläge machen und die Grundlagen seiner zukünftigen Strategie erklären. Die Aktionäre können dann die Manager aussuchen, die nach ihrer Einschätzung eine zukunftsträchtige Geschäftsstrategie entwickeln. Bei Wiederwahlen werden sich die entsprechenden Manager daran messen lassen müssen. Personalpolitik ist insofern immer auch Sachpolitik.⁴⁶⁰ Eine umfassende Darstellung aller Einzelkompetenzen ist im vorliegenden Zusammenhang nicht notwendig. Von entscheidender Bedeutung sind für die Untersuchung des empty voting Kompetenzen, die geeignet sind, in strategischem Sinne unmittelbaren Einfluss auf die Aktiengesellschaft oder auf eine mit ihr in Verbindung stehende Aktiengesellschaft, beispielsweise einen Wettbewerber oder Zulieferer, zu nehmen. Dazu zählen insbesondere Kapitalmaßnahmen, Perso-

 Siehe zur Einflussnahme des Aktionärs auf die Unternehmenspolitik mittels Abstimmung über Kapitalmaßnahmen Lutter, Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 13 – 15, deshalb auch kritisch zum genehmigten Kapital, das diese Mitentscheidungsbefugnisse entwertet, da sich der Vorstand nicht mehr mit einer konkreten Idee an die Aktionäre wenden muss.  Siehe Krahnen, Finanzierungstheorie, S. 21.  Sog. Pecking-Order-Theorem, siehe dazu grundlegend Myers/Majluf, 13 J. Fin. Econ. 187 (1984). Zusammenfassend Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 477. Überlegung ist, dass das Management ein Projekt, das einen sehr guten Ertrag verspricht, möglichst durch Selbstfinanzierung finanzieren wird, da in diesem Fall nur eine schwache Kontrolle besteht. Insbesondere bei einer Eigenkapitalfinanzierung ist dies anders, so dass die Aufnahme von Eigenkapital schon ein schlechtes Zeichen darstellt. Aus diesen Überlegungen ergibt sich eine Rangordnung der Finanzierungsmöglichkeiten, die sog. Pecking Order.  Dazu Lutter, Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 19 f.; Lutter, in: FS K. Schmidt, S. 1065, 1066; Dam, Equity Markets, S. 19; Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 210 (2006).

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

nalentscheidungen, Verschmelzungen und Unternehmensverträge sowie Maßnahmen der Geschäftsführung, die im Rahmen von § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden.

3. Zusammenfassung Die Aktiengesellschaft ist nicht mit einem Staatswesen zu vergleichen; entscheidend für die Beschlussfassung der Hauptversammlung ist, dass sie effizient Kontrolle über das Wirken der Verwaltung ausübt und Beschlüsse trifft, die den Unternehmenswert maximieren; dass dabei eine möglichst große Anzahl von abstimmenden Aktionären dieses effiziente Ergebnis legitimiert, ist hingegen nicht erforderlich, auch wenn sich im Falle einer geringeren Zahl abstimmender Aktionäre das Problem des Erstrebens von Sondervorteilen stellt. In prozeduraler Hinsicht versteht das Aktiengesetz die Hauptversammlung als Diskussionsforum, aus dem heraus die beste Entscheidung getroffen werden kann. Die Hauptversammlung übt ihre Kompetenzen nicht in der Form des allzuständigen obersten Organs der Aktiengesellschaft aus, sondern ist eine Instanz im Gefüge der Aktiengesellschaft, die auf der Grundlage gegenseitiger Kontrolle funktioniert. Über die Beschlussfassung, insbesondere im Bereich von Strukturmaßnahmen, Kapitalmaßnahmen sowie Personalpolitik, nehmen die Aktionäre Einfluss auf unternehmerische Grundentscheidungen und kontrollieren die von der Verwaltung vorgeschlagenen Projekte.

IV. Ausübung des Stimmrechts Um den Überblick über die wichtigsten Aspekte des Aktionärsstimmrechts zu vervollständigen, sind weiterhin Ausführungen zu den prozessualen Anforderungen seiner Ausübung erforderlich. Dabei sind der Prozess der Legitimation zur Stimmrechtsausübung sowie die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung zu unterscheiden.

1. Legitimation zur Stimmrechtsausübung, insbesondere Record-Date-System Das System der Legitimation für die Hauptversammlung hat sich in den letzten Jahren geändert, namentlich durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und

IV. Ausübung des Stimmrechts

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Modernisierung des Anfechtungsrechts⁴⁶¹. Mit diesem wird die Berechtigung zur Hauptversammlungsteilnahme und damit zur Stimmrechtsausübung bei börsennotierten Aktiengesellschaften nicht mehr auf die Vorlage der Aktienurkunde gestützt.⁴⁶² Ziel der Reform war die Vereinfachung der Stimmrechtsausübung, insbesondere für ausländische institutionelle Investoren.⁴⁶³ Dazu wurde der Nachweis bei Inhaberaktien vereinfacht und auf das in den Vereinigten Staaten gebräuchliche Record-Date-System umgestellt.⁴⁶⁴ Das Stimmrecht entsteht erst mit der Legitimation und der Zulassung zur Hauptversammlung.⁴⁶⁵ Für Inhaberaktien und Namensaktien gelten verschiedene Anforderungen.

a) Inhaberaktien In der Satzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft muss für die Abstimmung aus Inhaberaktien festgelegt sein, dass es für die Legitimation als Aktionär ausreicht, wenn ein Nachweis des Anteilsbesitzes, ausgestellt durch das für den Aktionär das Depot führende Institut, vorgelegt wird.⁴⁶⁶ Als Aktionär ist dabei derjenige legitimiert, der um 00.00 Uhr des 21. Tages vor der Hauptversammlung (Record Date) Aktieninhaber ist, vgl. § 123 Abs. 3 S. 3 AktG.⁴⁶⁷ Diesem wird eine

 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. September 2005, BGBl. I, 2802.  Seibert, WM 2005, 157. Siehe zur Entwicklung der Legitimationsformen Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181, m.w.N. in Fn. 3.  Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 182; Butzke, WM 2005, 1981, 1982; Winkler, Stimmrecht, S. 11 f.; Seibert, WM 2005, 157, 158, der die damalige Bundesjustizministerin Zypries mit den Worten „Ich möchte, dass die Aktionäre einen Grund weniger haben, ihre Stimme nicht abzugeben“ zitiert.  Butzke, WM 2005, 1981. Allerdings ist nach dem deutschen Recht, anders als in den USA die Dividendenberechtigung nicht an den Zeitpunkt des Record Date geknüpft. Siehe zum amerikanischen System Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 298 f. (zum Stichtagssystem bei Dividendenzahlungen) und S. 355 (zum Record Date als Stichtag für die Abstimmungsbefugnis).  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134, Rn, 48.  Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 123 Rn. 20. Wenn die Gesellschaft daneben noch Einzel- oder Sammelurkunden ausgegeben hat, so kann die Satzung Regelungen vorsehen, wie sich derart legitimierte Aktionäre zur Hauptversammlung anmelden können, damit sie nicht ein Depot eröffnen müssen. Bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften kann die Satzung festlegen, wie die Aktionäre sich zu legitimieren haben, vgl. dazu Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 182.  Dabei gilt die Ortszeit des Ortes, an die Gesellschaft ihren Sitz hat, vgl. Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 185.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Bescheinigung ausgestellt, mit der er sich gegenüber der Gesellschaft legitimieren kann und dadurch unwiderleglich als Aktionär gilt.⁴⁶⁸ Damit geht einher, dass bei der Ablehnung eines Aktionärs, der sich nicht hinreichend legitimieren kann, ein Ausschluss nicht zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses führt; dies gilt auch umgekehrt, wenn ein Nichtaktionär zugelassen wird. Auch daraus resultiert keine Rechtswidrigkeit des Beschlusses.⁴⁶⁹ Mit dem Nachweissystem erfolgt eine Abkehr vom früher praktizierten System der Legitimation durch Hinterlegung von Aktien hin zu einem multilateralen System unter Einbeziehung der Depotbanken und der sonstigen Aktienverwahrstellen.⁴⁷⁰ Dies bedeutet auch die Aufgabe des Grundsatzes, dass nur derjenige teilnahmeberechtigt und damit stimmberechtigt ist, der auch zum Zeitpunkt der Hauptversammlung Aktionär ist.⁴⁷¹ Bei einer Veräußerung der Aktien nach dem Stichtag kann es daher zu einem Auseinanderfallen von Stimmberechtigung und Aktieninhaberschaft kommen.⁴⁷² Es handelt sich dabei um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung.⁴⁷³ Diese Konstellation, die einen Fall des empty voting darstellt, wird später noch näher zu untersuchen sein.⁴⁷⁴

b) Namensaktien Bei verbrieften Namensaktien ist grundsätzlich derjenige gegenüber der Gesellschaft legitimiert, der im Aktienregister als Aktionär eingetragen ist.⁴⁷⁵ Sind die Aktien nicht verbrieft, so muss sich der Erwerber in entsprechender Anwendung des § 410 BGB durch die Vorlage von Abtretungserklärungen legitimieren.⁴⁷⁶

 BT-Drucks. 15/5092, S. 14; Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 187; Heidinger/Blath, DB 2006, 2275.  Siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 48.  Seibert, WM 2005, 157; Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181.  Butzke, WM 2005, 1981, 1982 („Paradigmenwechsel“).  Seibert, WM 2005, 157 f.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 123 Rn. 26 ff.  BT-Drucks. 15/5092, S. 14.  Siehe dazu unten Teil 3, II.1.  Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 123 Rn. 16; siehe zur Möglichkeit, auch bei Namensaktien einen Record Date einzuführen, v. Nussbaum, NZG 2009, 456 ff.  Siehe Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 123 Rn. 17.

V. Zwischenergebnis

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2. Die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung Die Aktionäre äußern ihren Willen in der Hauptversammlung durch die Abgabe ihrer Stimme; so kommen Hauptversammlungsbeschlüsse zustande.⁴⁷⁷ Es handelt sich um ein mehrseitiges Rechtsgeschäft eigener Art⁴⁷⁸ mittels dessen der organschaftliche Wille der Hauptversammlung gebildet und dann dem Organ „Hauptversammlung“ zugeordnet wird.⁴⁷⁹ Sofern keine aktienrechtlichen Sonderregeln greifen, gelten die Regeln der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre für die Stimmabgabe, wobei es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt.⁴⁸⁰ Abstimmungsbefugt sind diejenigen, die im oben beschriebenen Verfahren ihre Stimmberechtigung nachgewiesen haben. Auch auf den Beschluss als solchen finden, wiederum sofern keine aktienrechtlichen Sonderregelungen greifen, die Regeln der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre Anwendung.⁴⁸¹ Der einmal gefasste Beschluss gibt den Willen der Hauptversammlung wider und hat Außenwirkung.⁴⁸²

V. Zwischenergebnis Fasst man die Ergebnisse des zweiten Teils zusammen, so sind für die weitere Untersuchung vor allem die folgenden Feststellungen zentral. Das Stimmrecht ist das wichtigste Recht der Aktionäre. Es ermöglicht ihnen, das langfristige „Vertragsnetz“ Aktiengesellschaft auszugestalten und an sich ändernde Umstände anzupassen. Seine Bedeutung wird vor allem vor dem Hintergrund der Schwächen anderer Governance-Mechanismen der Verwaltungskontrolle deutlich: denn weder der Gütermarkt, noch der Markt für Manager noch der Kapitalmarkt vermögen eine wirksame Kontrolle auszuüben. Immer hat das Management Möglichkeiten, den entsprechenden Kräften auszuweichen. Dies gilt ebenfalls für den Markt für Unternehmenskontrolle, der mit diversen Schwächen behaftet ist, die seine Disziplinierungswirkung erheblich einschränken. Eine wirksame Überwachung und damit auch die Durchsetzung der Forderungen der Corporate-Governance-Forschung sind nur durch eine informierte Ausübung des

 Siehe Volhard, in: MüKo AktG, § 133 Rn. 3; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 39.  Siehe zu dieser Klassifikation ausführlich Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 40 f., m.w.N.  Volhard, in: MüKo AktG, § 133 Rn. 3; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 39.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 67; Volhard, in: MüKo AktG, § 133 Rn. 19.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 43 f.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 47.

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Teil 2: Stimmrecht und Governance in der Aktiengesellschaft

Stimmrechts möglich, dem deshalb überragende Bedeutung für die Kontrolle der Verwaltung zukommt. Die Aktionäre tragen das Risiko des Residualanspruches und sind daher die alleinigen Stimmberechtigten. Denn aufgrund dieses Risikos benötigen sie zum einen die Möglichkeit, die Verwaltung zu überwachen und die langfristigen Beziehungen innerhalb der Aktiengesellschaft zu gestalten. Zum anderen haben sie aber auch den besten Anreiz, das Stimmrecht informiert auszuüben, denn sie allein profitieren direkt von einer Verbesserung der Managementleistungen durch eine Steigerung des Unternehmenswertes. Diese Stimmrechtszuordnung findet seinen Ausdruck in diversen aktienrechtlichen Regelungen, die diesen Mechanismus schützen. So im aktienrechtlichen Abspaltungsverbot wie in den Ordnungswidrigkeitentatbeständen des § 405 Abs. 3 AktG. Auch die Stimmrechtszuordnung zu den Aktionären ist dabei nicht unproblematisch. So leidet die Funktionsfähigkeit des Stimmrechtsmechanismus unter verschiedenen Fehlern. Zu nennen ist vor allem die rationale Apathie, welche einerseits die Anzahl der abstimmenden Aktionäre betrifft, andererseits aber auch das Informationsniveau und damit die Qualität der getroffenen Entscheidungen. Dabei erfasst die rationale Apathie Privatanleger und institutionelle Investoren gleichermaßen. Das Problem wird bei vielen institutionellen Investoren dadurch verschärft, dass sie keinen Anreiz zu einer effektiven Verwaltungskontrolle haben, da konkurrierende Fonds als Trittbrettfahrer genauso von derartigen Anstrengungen profitieren. Manche institutionellen Investoren, sog. passiv verwaltete Fonds (sog. ETFs) bilden nur noch die Bewegung eines Index‘ ab und versuchen überhaupt nicht, durch intensive Verwaltungskontrolle ein besseres Ergebnis als der Markt zu erzielen. Daneben bestehen in Parallelität zur Bounded Rationality bei Anlageentscheidungen auch bei der Stimmrechtsausübung Probleme der systematischen Fehlbeurteilung von Beschlussvorschlägen. So besteht die Gefahr, dass Aktionäre eine falsche Informationsgrundlage für die Beurteilung von Beschlussalternativen heranziehen, dass sie zu optimistisch in die Zukunft blicken und dass sie Steigerungen von Umsatz und Gewinn, die von allgemeinen Markteffekten herrühren, fälschlicherweise dem Management zuordnen bzw. für Verluste in diesen Bereichen das Management verantwortlich machen. Trotz dieser Fehler sind die Aktionäre aufgrund ihres Anspruches auf den Residualgewinn und ihrer Haftung bei schlechten Unternehmensergebnissen die Gruppe, die am besten geeignet ist, das Stimmrecht auszuüben, weshalb diese Zuordnung auch in allen Rechtsordnungen üblich ist. Trotz der möglichen Heterogenität der Interessen zwischen verschiedenen Aktionärsgruppen vereint doch alle das gemeinsame Ziel, den Unternehmenswert zu maximieren und nur für Projekte und mit Projekten verbundene Amtswalter zu stimmen, die positive Zahlungsströme für die Unternehmung bedeuten. Der Un-

V. Zwischenergebnis

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ternehmenswert kann dabei allgemein mit dem Börsenwert gleichgesetzt werden, so dass Aktionäre nur für Vorschläge stimmen werden, die relativ zu den anderen Vorschlägen den positivsten Einfluss auf den Aktienkurs haben werden. Dieses einigende Band ist auch Voraussetzung dafür, dass die Aktiengesellschaft in der marktwirtschaftlichen Ordnung dauerhaft auf Güter- und Kapitalmärkten Erfolg haben kann, da sie nur unter dieser Voraussetzung Verträge schließen wird, die sie konkurrenzfähig halten. Zudem garantiert dieses gemeinsame Ziel ein Funktionieren des Stimmrechtsmechanismus, der bei der Verarbeitung überkomplexer Ziele versagen und nicht sinnvolle Ergebnisse generieren würde. Verfolgen Aktionäre mit ihrem Investment andere Ziele, beispielsweise politischer oder unternehmerischer Art, so greifen spezielle Regime, die diese Konflikte lösen, namentlich besondere Investitionsbeschränkungen für ausländische Staatsfonds sowie das Konzernrecht. Das Recht schützt demnach das einigende Band der Unternehmenswertmaximierung als Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Governance-Mechanismus‘ „Stimmrechtsausübung“ und greift bei drohender Störung dieses Bandes ein. Der Hauptversammlung kommt keine Kompetenz zu, einzelne Sachfragen, insbesondere der Geschäftsführung, an sich zu ziehen. Diese werden grundsätzlich vom Vorstand, unter Umständen unter Mitwirkung des Aufsichtsrates, entschieden. Dennoch wirken die Aktionäre im Rahmen von Hauptversammlungsbeschlüssen an der Unternehmenspolitik mit und nehmen durch Entscheidungen über Kapital- und Personalfragen Einfluss auf die grundsätzlichen Geschäftsentscheidungen der Unternehmung und ihre Ausrichtung. Denn mit der Entscheidung über die Aufnahme von neuem Eigenkapital sowie mit der Entscheidung über die Aufsichtsrats- und damit mittelbar die Vorstandsbesetzung wird auch immer eine Entscheidung über die mit den Mitteln zu finanzierenden Projekte bzw. von den Personen vorgeschlagenen Maßnahmen getroffen. Mittelbar wirken die Aktionäre somit über die Stimmrechtsausübung bei Fragen der Ausrichtung des Unternehmens und bei grundlegenden Geschäftsentscheidungen mit.

Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko Welche Auswirkungen hat das empty voting auf die analysierten Kontrollmechanismen in der börsennotierten Aktiengesellschaft? Im Folgenden wird zunächst der Begriff des typischen Aktionärsrisikos näher erläutert und weiter differenziert. Danach werden die verschiedenen Techniken des sog. „Decoupling“ hinsichtlich ihrer Wirkung auf die im zweiten Teil beschriebenen Feststellungen untersucht und deren rechtliche Besonderheiten dargestellt. Eine grundlegende Unterscheidung lässt sich bereits an dieser Stelle treffen: ist das Risiko nur beseitigt, d. h. stimmt der Aktionär ohne Risiko ab, dann handelt es sich um „risikoentleerte Stimmrechte“ (dazu unter II.). Hat er hingegen eine gegenläufige Position, bei der die Gefahr eines Abstimmens entgegen den Interessen der anderen Aktionäre besonders groß ist, dann wird im Folgenden von einem „gegenläufigen Investment“ gesprochen (dazu unter III.).

I. Dem Aktienbesitz immanente Risiken – aktientypisches Risiko Die amerikanische Literatur hat das Problem zuerst aufgegriffen und die Techniken, mittels derer eine Situation des empty voting geschaffen wird, beschrieben. Sie werden dort als „Decoupling“ bezeichnet. Dieser Begriff umfasst als Oberbegriff sowohl die Technik, weniger Stimmrechte als tatsächliches wirtschaftliches Interesse innezuhaben („hidden ownership“⁴⁸³), als auch die Technik, mehr Stimmrechte ausüben zu können, als dem getragenen Risiko entspricht.⁴⁸⁴ Im Folgenden wird nur die letztere Konstellation, also das empty voting, behandelt. Beim empty voting erfolgt eine Abwälzung des Risikos und dessen Loslösung von der Stimmberechtigung. Dazu ist zunächst zu klären, welche Risiken der Aktionär typischerweise trägt.

 Siehe dazu und zur Begründung, warum diese einheitliche Behandlung wenig sinnvoll erscheint, oben unter Teil 1, I.4.  Terminologie von Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 816 (2006).

I. Dem Aktienbesitz immanente Risiken – aktientypisches Risiko

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1. Risiko des Residualanspruchs Die Aktionäre tragen das Risiko des Residualanspruches, d. h. das Risiko, dass nach Abzug aller Kosten kein Gewinn verbleibt, sie also durch ihre Investition keine Rendite erzielen. Denn, anders als beispielsweise Arbeitnehmer, die Humankapital in die Unternehmung einbringen oder Fremdkapitalgeber, die wie die Aktionäre einen Beitrag zur Finanzierung leisten, haben die Aktionäre keinen gesetzlich oder vertraglich der Höhe nach festgelegten Anspruch.⁴⁸⁵ Darüber hinaus werden sie im Fall der Insolvenz zuletzt befriedigt.⁴⁸⁶ Damit ist im Gegenzug auch eine außerordentliche Chance verbunden.⁴⁸⁷ Denn ist das Unternehmen besonders erfolgreich, dann ist auch der ausgeschüttete Gewinn besonders hoch. Aufgrund dieses Risikos haben die Aktionäre den größten Anreiz, Kontrolle über das Management auszuüben. Seinen Ausdruck findet diese Zuordnung in den Vermögensrechten der Aktionäre. Teil des Residualanspruchs sind typischerweise der Anspruch auf den Anteil am Bilanzgewinn, also der in §§ 58 Abs. 4, 60 AktG niedergelegte Dividendenanspruch⁴⁸⁸, sowie der Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös, vgl. § 271 Abs. 1 AktG.

2. Kursrisiko Ein weiteres, in der börsennotierten Aktiengesellschaft eminent wichtiges Risiko, ist das Kursrisiko der Aktien. Das Kursrisiko ist dabei die Gefahr, dass sich der Kurs eines Wertpapiers nach unten entwickelt und somit die Vermögensanlage des Aktionärs am Sekundärmarkt an Wert verliert. Denn der Aktionär hat Anspruch auf den Kapitalgewinn bei Veräußerung der Aktie.⁴⁸⁹ Wie das Risiko des Residualanspruches enthält auch das Kursrisiko gleichfalls eine Kurschance, da sich der

 Siehe EZB Monatsbericht Mai 2006, 97, 98; Eintrag „Residualeinkommen“ in: Kyrer, Wirtschaftslexikon, S. 479; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 216.  Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 189.  Siehe Eintrag „Unternehmergewinn“ in Dichtl/Issing, Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, Bd. 2, S. 2172; Süchting, Finanzmanagement, Theorie und Politik der Unternehmensfinanzierung, S. 84.  Dabei wird zwischen dem mitgliedschaftlichen Anspruch auf Gewinnbeteiligung sowie dem Zahlungsanspruch der durch Wirksamwerden des Gewinnverwendungsbeschlusses entsteht, unterschieden, siehe dazu Drinhausen, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 58 AktG Rn. 40.  Siehe Becker, Investition und Finanzierung, S. 109; Lenz, Proxy, S. 68.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Aktienkurs auch nach oben entwickeln kann.⁴⁹⁰ Risiko des Residualanspruchs und Kursrisiko hängen insoweit zusammen, dass der Marktwert des Eigenkapitals, der sich im Börsenkurs ausdrückt, von den künftigen Zahlungsströmen an die Aktionäre, also der Höhe des Residualanspruchs, bestimmt wird.⁴⁹¹ Das Kursrisiko lässt sich noch einmal in verschiedene Bestandteile untertei⁴⁹² len. So kann man allgemeines und besonderes (bzw. unternehmensspezifisches) Kursrisiko unterscheiden. Ersteres umfasst die gesamtwirtschaftliche Tendenz sowie allgemeine Entwicklungen im Markt, in dem das Unternehmen tätig ist (beispielsweise Naturkatastrophen, die alle Marktteilnehmer betreffen, oder die Auseinandersetzung von Tarifparteien). Letzteres bezieht sich hingegen auf das einzelne Unternehmen und beinhaltet die Einflussfaktoren, die unmittelbar oder mittelbar mit diesem in Zusammenhang stehen. Dies werden typischerweise Entscheidungen des Emittenten sein (Eintritt in einen Markt, Expansion, Trennung von einem Unternehmensteil). Es kann aber auch ein mit dem Emittenten in Geschäftsbeziehungen stehendes Unternehmen betreffen, beispielsweise im Fall der Insolvenz des einzigen Großkunden eines Zulieferbetriebs. Unter dieses Risiko fällt auch das Risiko einer schlechten Führung der Aktiengesellschaft (Fehlentscheidungen des Managements oder schlechte Überwachung der Verwaltung durch die Aktionäre). Insofern können sich die Aktionäre durch eine wirksame Kontrolle, insbesondere eine informierte Stimmrechtsausübung, gegen dieses Risiko absichern.⁴⁹³

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte Im Folgenden sollen die verschiedenen Möglichkeiten, diese Risiken von der Stimmberechtigung zu trennen, beschrieben werden. Dazu wird zunächst die „Aktienleihe“ untersucht und im Anschluss auf das Decoupling mittels des Verkaufs der Aktien zwischen Record Date und Hauptversammlung eingegangen. Dann wird die Möglichkeit, das Risiko durch den

 Siehe Eintrag „Kursrisiko“, in: Gabler Wirtschaftslexikon, 15. Aufl., S. 1915; Eintrag „market risk“, in: Oxford Dictionary of Finance and Banking, 3. Aufl 2005, S. 256; Eintrag „Kursrisiko“, in: Gerke, Börsenlexikon, S. 498 f.  Siehe die Nachweise zur Unternehmensbewertung und Bewertung des Eigenkapitals in Fn. 326.  Harris, Trading and Exchanges, S. 443 unterscheidet noch weiter und differenziert zwischen „macroeconomic factors“, „microeconomic factors“ und „firmspecific factors“, die alle Einfluss auf den Kurs eines Finanzinstruments haben können.  Süchting, Finanzmanagement, S. 85.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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Leerverkauf von Aktien bzw. mittels Derivaten auf Aktien abzuwälzen, erläutert und analysiert. Dabei wird kurz der ökonomische Hintergrund des jeweiligen Instruments dargestellt, um dann auf die rechtliche Ausgestaltung und Behandlung einzugehen. Die Analyse der Rechtslage bleibt allerdings auf spezifische, dem jeweiligen Instrument eigene rechtliche Regelungen sowie ihre Behandlung nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften beschränkt. Fragen, die das Gesellschaftsrecht betreffen, sind Gegenstand des vierten und fünften Teils.

1. Decoupling mittels Aktienleihe a) Grundlagen der Aktienleihe Der Terminus „Aktienleihe“ ist irreführend;⁴⁹⁴ denn anders als bei der klassischen Leihe, die das BGB in § 598 regelt und bei der es sich um eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung handelt, kommt es bei der „Aktienleihe“⁴⁹⁵ zu einer Eigentumsübertragung, die in der Regel auch nicht unentgeltlich erfolgt. Die Aktienleihe ist ein Fall der „Wertpapierleihe“; verliehen werden am Markt also nicht nur Aktien, sondern auch andere Wertpapiere. In Anbetracht des Zwecks, dem die Wertpapierleihe typischerweise dient,wird klar, dass eine Eigentumsübertragung notwendig ist. Die übertragenen Aktien werden dazu verwendet, auftretende Engpässe bei der Belieferung von Wertpapiergeschäften zu beheben.⁴⁹⁶ Bei sog. Greenshoe-Optionen im Rahmen von Aktienemissionen werden Wertpapierdarlehen von Emissionskonsortien genutzt, um die aktuelle Marktlage besser berücksichtigen zu können.⁴⁹⁷ Weiterhin können mit Hilfe der Wertpapierleihe die Risiken von Termingeschäften begrenzt werden. Müssen die Wertpapiere bei Fälligkeit abgenommen werden und fallen die Kurse, so kann sich der zur Abnahme Verpflichtete die gleichen Wertpapiere über ein

 Berger, in: MüKo BGB, § 607 Rn. 2. Dies gilt auch für den englischen Begriff „securities lending“, vgl. Faulkner, 1 Journal of Securities Operations & Custody 233, 241 (2008)  Zur Herkunft des Begriffs und seiner Verwendung siehe Kienle, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 1.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.1 und 13.30; Kümpel, WM 1990, 909; Gößmann/ Hellner/Schröter/Steuer/Weber, Bankrecht und Bankpraxis, 4.00 Rn. 7/1160; Grimm, Vertragsrecht des Wertpapierdarlehens, S. 8 f.; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 6; Bertschinger, Rechtsprobleme des Securities Lending and Borrowing, S. 5 ff.; Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 36; Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1267– 68 (2009), Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 213. Zu weiteren Zwecken siehe auch noch Faulkner, 1 Journal of Securities Operations & Custody 233, 238 (2008).  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.29 ff.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Wertpapierdarlehen beschaffen, diese dann im Markt verkaufen und seine Rückgewährverpflichtung aus dem Wertpapierdarlehen mit den bei Fälligkeit des Terminkontraktes abzunehmenden Wertpapieren erfüllen.⁴⁹⁸ Für die nationalen Kapitalmärkte bedeuten diese von der Wertpapierleihe eröffneten Möglichkeiten eine Erhöhung der Liquidität und Zuverlässigkeit der Märkte und damit einhergehend eine wachsende internationale Attraktivität.⁴⁹⁹ Schließlich kann der Darlehensnehmer durch den Verkauf von darlehensweise überlassenen Aktien auf fallende Kurse spekulieren.⁵⁰⁰ Fällt der Kurs der Aktie, kann der Darlehensnehmer sie vor dem Rückgabezeitpunkt zu einem niedrigeren Preis zurückkaufen. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufkurs ist dabei der mögliche Gewinn. Man spricht in diesen Fällen von Leerverkauf.⁵⁰¹ Darlehensgeber können demgegenüber mit Hilfe des Entgelts für die darlehensweise Hingabe der Wertpapiere⁵⁰² und durch die Ersparnis von Depotgebühren⁵⁰³ sowie durch die Wiederanlage der überlassenen Barsicherheiten⁵⁰⁴ die Erträge aus ihren Wertpapieren steigern. Wertpapierdarlehen werden daher regelmäßig als Sachdarlehen nach § 607 BGB abgeschlossen:⁵⁰⁵ Der Darlehensgeber verpflichtet sich, dem Darlehens-

 Zu weiteren Zwecken des Wertpapierdarlehens insbesondere im Rahmen des Kapitalmarkts Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.29 ff.; Kümpel, WM 1990, 909 ff.; Gößmann/Hellner/ Schröter/Steuer/Weber, Bankrecht und Bankpraxis, 4.00 Rn. 7/1160; außerdem Grimm, Vertragsrecht des Wertpapierdarlehens, S. 9 ff.; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 7 ff.; Bertschinger, Rechtsprobleme des Securities Lending and Borrowing, S. 8 ff.  Grimm, Vertragsrecht des Wertpapierdarlehens, S. 11; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 12 ff.; Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 31.  Es handelt sich dann um einen gedeckten Leerverkauf, siehe dazu Zimmer/Beisken, WM 2010, 485; Mittermeier, ZBB 2010, 139, 140 f.  Siehe zur positiven Funktion derartiger Spekulation schon oben unter Teil 2, I.3. Zu Leerverkäufen allgemein noch sogleich unter Teil 3, II.3.  Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 27; Gößmann/ Hellner/Schröter/Steuer/Weber, Bankrecht und Bankpraxis, 4.00 Rn. 7/1161; Grimm, Vertragsrecht des Wertpapierdarlehens, S. 7; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 11; Bertschinger, Rechtsprobleme des Securities Lending and Borrowing, S. 12 f.; Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 30; Kümpel, WM 1990, 909; Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 213.  Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/Weber, Bankrecht und Bankpraxis, 4.00 Rn. 7/1161 Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 11; Bertschinger, Rechtsprobleme des Securities Lending and Borrowing, S. 13; Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 31.  Ambrosius/Franz, Kreditwesen 2008, 196, 197; Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 213.  Vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB, (7) Bank Gesch T/1; Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/ Weber, Bankrecht und Bankpraxis, 4.00 Rn. 7/1148 ff. und 1162; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.7; Kümpel, WM 1990, 909 f.; Kümpel/Peters, AG 1994, 525; Schmid/Mühlhäuser, BB 2001, 2609; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 2129, 2130; siehe auch Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 39 ff. mit krit. Bemerkungen hinsichtlich der Ausgestaltung von

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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nehmer Wertpapiere der vereinbarten Gattung und des vereinbarten Nominalbetrags darlehensweise zu überlassen.⁵⁰⁶ Der Darlehensnehmer wird hingegen verpflichtet, dem Darlehensgeber am Ende der Laufzeit Wertpapiere gleicher Art und Menge zurückzuerstatten. Als Vergütung für die darlehensweise Überlassung schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber ein auf die Laufzeit bezogenes Entgelt. In der Regel wird vereinbart, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber Sicherheiten zu bestellen hat. Während der Laufzeit des Wertpapierdarlehens tritt der Darlehensnehmer eigentumsrechtlich an die Stelle des Darlehensgebers. Daher kann er während der Darlehenslaufzeit über die Wertpapiere frei verfügen und diese beispielsweise weiterveräußern, darlehensweise einem Dritten überlassen oder verpfänden.⁵⁰⁷ Der Darlehensgeber besitzt in dieser Zeit lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Darlehensnehmer auf Rücklieferung von Wertpapieren gleicher Art, Güte und Menge am Fälligkeitstag.⁵⁰⁸ Da der Darlehensnehmer Eigentümer der Wertpapiere wird, wird er im Falle von Aktien auch Aktionär der entsprechenden Gesellschaft. Regelmäßig wird jedoch zwischen den Parteien vereinbart, dass der Darlehensnehmer während der Vertragslaufzeit anfallende Zinsen, Dividenden, Bezugsrechte etc. an den Darlehensgeber weiterzureichen bzw. eine entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten hat.⁵⁰⁹ Die gleichen oder zumindest ähnliche Ziele wie mit dem Wertpapierdarlehen können mit anderen Vertragstypen erreicht werden, wie z. B. durch Pensionsge-

„Wertpapierleihgeschäften“ als Darlehen. Für die Einordnung als Sachdarlehen im Schweizer Recht siehe Bertschinger, Rechtsprobleme des Securities Lending and Borrowing, S. 20 ff. Zum Inhalt des Darlehensverhältnisses auch Grimm, Vertragsrecht des Wertpapierdarlehens, S. 101 ff.  Dabei spielt es keine Rolle, ob die Wertpapiere sonderverwahrt werden oder sich in Sammelverwahrung befinden, siehe dazu Freitag, in: Staudinger, § 607 Rn. 9.  Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 1; Baumbach/ Hopt, HGB, (7) Bank Gesch T/1. Dies gilt auch für das amerikanische Recht; auch hier kommt es zu einem full transfer of legal title, vgl. Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1256 (2008); Faulkner, 1 Journal of Securities Operations & Custody 233, 241 (2008).  Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 2.  Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 48; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.10 f.; Schmid/Mühlhäuser, BB 2001, 2609; Schwintowski/ Schäfer, Bankrecht, § 22 Rn. 49. Siehe auch die gängigen Standardverträge, beispielsweise europaweit das sog. Master Agreement for Financial Transactions, Product Annex for Securities Loans, Nr. 3, in dem die Weiterreichung aller aus dem Wertpapier geleisteten Zahlungen sowie aller werthaltigen Rechte wie Bezugsrechte festgelegt ist. Zu diesem Rahmenvertrag siehe Gillor, Rahmenvertrag. Siehe außerdem den vom deutschen Bankenverband verwendeten Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen, der in Nr. 6 dieselben Regelungen trifft.

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schäfte, Repurchase-Agreements und Buy-and-Sell-back-Agreements.⁵¹⁰ Mit Unterschieden im Detail beinhalten alle diese Vertragsformen die Überlassung von Wertpapieren an einen anderen für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum mit der Verpflichtung, eine entsprechende Anzahl an Wertpapieren zu einem zukünftigen Zeitpunkt zurückzuliefern. Dabei kann die Überlassung der Wertpapiere unentgeltlich erfolgen oder auch gegen Stellung von Sicherheiten oder Zahlung eines Geldbetrages, der dem Wert der Papiere entspricht.⁵¹¹

b) Entwicklung des Aktiendarlehens Der Darlehensmarkt für Aktien hat sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Dadurch ist es einfach geworden, sich Aktien gegen ein niedriges Entgelt zu verschaffen. Es besteht ein aktiver Markt für Aktiendarlehen.⁵¹² Eine empirische Untersuchung aus den Vereinigten Staaten hat ergeben, dass Aktien fast aller börsennotierter Corporations geliehen werden konnten;⁵¹³ und dies zu einem insgesamt günstigen Preis.⁵¹⁴ Das steigende und bedeutende Volumen von darlehensweise überlassenen Aktien ist nachvollziehbar, führt man sich vor Augen, dass das Wertpapierdarlehen für den Darlehensgeber eine deutliche Verbesserung der Rendite ermöglicht. So haben die Darlehensgeber im Jahr 2007 fünf Milliarden US-Dollar mit Wertpapierdarlehen erwirtschaftet. Auf den Pensionsfond der kalifornischen Staatsbediensteten CalPERS entfielen allein 130 Millionen US-Dollar Gewinn an Einkünften aus Darlehenszinsen.⁵¹⁵ Auch in Deutschland hat der Markt für Wertpapierdarlehen ein beträchtliches Volumen erreicht. Bereits 1998 betrug es rund 300 Milliarden DM, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 20 %.⁵¹⁶ In Zukunft sollen Investmentfonds die Möglichkeiten des Wertpapierdarlehens noch stärker nutzen können; zu diesem

 Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 1. Zu den Einzelheiten dieser Vertragsformen siehe ebd., § 105 Rn. 12– 24; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.14 ff.  Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 1; siehe auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.5.  Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1255 (2008).  D’Avolio, 66 JFE 271, 273, 302 (2002).  D’Avolio, 66 JFE 271, 273, 302 (2002). Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 217, nennen für schweizerische Aktien einen Durchschnittswert von 0,05 % p.a. des Wertes.  Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1256 (2008). Allerdings ist zu bedenken, dass hierbei der Markt für alle Wertpapierdarlehen, also nicht nur für Aktien, genannt wird.  Siehe Gillor, Rahmenvertrag, S. 45.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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Zweck hat der Gesetzgeber im Investmentänderungsgesetz⁵¹⁷, das Anfang 2008 in Kraft getreten ist, die dahingehende gesetzliche Regelung gelockert. Durften früher nur bis zu zehn Prozent des gesamten Portfolios eines Investmentfonds an dieselbe Gegenpartei verliehen werden, so ist es für Spezialfonds, also Fonds, die sich an professionelle Kapitalanleger und nicht an Kleinanleger wenden,⁵¹⁸ heute möglich, derartige Restriktionen individuell zu bestimmen oder ganz auf sie zu verzichten.⁵¹⁹ Da das Wertpapierdarlehen risikofreie Zusatzerträge verspricht, wurde von dieser Maßnahme ein deutlicher Zuwachs des Volumens auf dem Markt für Wertpapierdarlehen erwartet.⁵²⁰ Um nicht jedes Wertpapierdarlehen einzeln aushandeln zu müssen, bieten Depotbanken ihren Kunden ein automatisiertes Wertpapierdarlehen an. Bei diesen gestattet der Kunde der Depotbank, die in seinem Depot befindlichen Wertpapiere darlehensweise zu überlassen, und erhält dafür entweder ein Entgelt für jedes einzelne Darlehen oder ein Grundentgelt und zusätzlich ein Nutzungsentgelt, wenn ein Wertpapierdarlehen zustande kommt.⁵²¹ Eine separate Information darüber, dass die Wertpapiere darlehensweise übertragen werden, erfolgt nicht.

c) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Aktiendarlehen Probleme ergeben sich allerdings, wenn der Darlehensnehmer mit dem Wertpapierdarlehen nicht die genannten Ziele verfolgt, sondern mittels der geliehenen Aktien Einfluss auf die Willensbildung in der Gesellschaft nehmen will. Dann nutzt er das Wertpapierdarlehen nicht mehr zu Zwecken, die im Zusammenhang mit dem Kapitalmarkt stehen. Er verlässt die Rolle des Marktteilnehmers und übt verbandsrechtlich Einfluss aus. Problematisch ist dies, da beim Darlehensnehmer nicht die dem Aktionär normalerweise eigene Anreizstruktur vorliegt, die die Richtigkeit seiner Einflussnahme gewährleistet: Denn der Wertpapierdarlehensgeber bleibt durch die schuldrechtliche Abrede derjenige, der die Konsequenzen

 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften vom 21. Dezember 2007, BGBl. I, 3089. Dazu Roegele/Görke, BKR 2007, 393 ff.; Kestler/Benz, BKR 2008, 403 ff.  Bei Spezial-Sondervermögen handelt es sich um richtlinienkonforme, also der sog. OGAWRichtlinie entsprechende Sondervermögen, die in den §§ 91 ff. InvG geregelt sind. Sie dürfen nicht von natürlichen Personen gezeichnet werden und sind für institutionelle Anleger wie Versicherungsgesellschaften oder Pensionfonds gedacht. Siehe zu diesem Typ Investmentvermögen Baur, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 20 Rn. 158 – 175.  Ambrosius/Franz, Kreditwesen 2008, 196.  Ambrosius/Franz, Kreditwesen 2008, 196 f.  Zu diesen automatisierten Wertpapierdarlehen Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 8 f.; Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 604.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

der wirtschaftlichen Entwicklung der Aktiengesellschaft zu tragen hat. Bei ihm verbleiben das Risiko des Residualanspruches sowie das Kursrisiko; er bleibt „wirtschaftlich“ Aktionär.⁵²² Da der Wertpapierdarlehensnehmer aber Vollrechtseigentümer der Aktie wird, ist er Berechtigter und kann abstimmen.⁵²³ Es kommt nicht zu einem Auseinanderfallen von Aktie und Stimmrecht,⁵²⁴ aber durch die schuldrechtliche Abrede über die Vermögensrechte wird das Risiko des Residualanspruches auf den Darlehensgeber abgewälzt, durch die Rückübereignungspflicht verbleibt auch das Kursrisiko beim Darlehensgeber.⁵²⁵ Während die Vermögensrechte vertraglich abgebildet werden, bleibt das Stimmrecht regelmäßig ungeregelt;⁵²⁶ dies verwundert vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Zwecke des Wertpapierdarlehens nicht. Denn in den genannten Fällen übereignet der Darlehensnehmer die darlehensweise überlassenen Aktien ohnehin wieder (beispielsweise weil er sie verkauft), so dass eine Stimmrechtsregelung nicht vonnöten ist; der Darlehensgeber geht davon aus, dass der Darlehensnehmer das Stimmrecht nicht ausüben wird.⁵²⁷ Dazu kommt, dass die Darlehensgeber im Falle eines automatisierten Wertpapierdarlehens gar nicht wissen, dass ihre Aktien verliehen werden.⁵²⁸ Ein signifikanter Teil der darlehensweise überlassenen Aktien stammt aus dem Vermögen von Investmentfonds. Das Investmentrecht sorgt jedoch nur unzulänglich dafür, dass die Stimmrechte vom Darlehensgeber ausgeübt werden.

 Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 48; Fischer, SZW 1998, 231, 235; Berger, in: MüKo BGB, § 607 Rn. 2; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 22 Rn. 49; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.55; Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 423; Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 218 f.; D’Avolio, 66 JFE 271, 276 (2002) („retains the cash flow profile of an actual shareholder“).  Siehe Kort, AG 2006, 557, 563 (kein „defizitäres Eigentum“); U. H. Schneider/Brouwer, in: FS K. Schmidt, S. 1411, 1416 f.; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 405.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 818 (2006). Siehe zur Frage der Vereinbarkeit mit dem Abspaltungsverbot und den Ordnungswidrigkeitentatbeständen noch sogleich.  Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 423; Hopt/Mülbert, in: Staudinger, § 607 BGB Rn. 375.  Siehe das Master Agreement for Financial Transactions, Product Annex for Securities Loans, in dem sich unter Nr. 3 ausführliche Regelungen über alle aus dem Wertpapier erwachsenden Vermögensrechten finden, aber keine Regelung des Stimmrechts. Das gilt auch für den Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen des Deutschen Bankenverbandes.  Ähnliche Einschätzung bei Faulkner, 1 Journal of Securities Operations & Custody 233, 238 – 39 (2008).  Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1256 (2008); Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 779, 798 (2005).

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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§ 54 InvG legt fest, dass die Verleihbefugnis in den Anlagebedingungen geregelt sein muss. Daneben trifft die Vorschrift Regelungen über das zulässige Ausmaß der Wertpapierleihe und die notwendige Bestellung von Sicherheiten. Diese dienen der Absicherung des mit der Wertpapierleihe verbundenen Kontrahentenrisikos.⁵²⁹ § 55 InvG bestimmt zwingende Inhalte des Wertpapierleihvertrages. Gemäß Nr. 2 muss der Entleiher die Wertpapiere so zeitig zurückerstatten, dass die in den Wertpapieren verbrieften Rechte wahrgenommen werden können. Der zweite Halbsatz der Vorschrift erklärt eine derartige Rückübereignung für überflüssig, wenn die Kapitalanlagegesellschaft zur Ausübung der Stimmrechte bevollmächtigt wurde. Daraus folgt, dass das Wertpapierdarlehen andernfalls so terminiert sein muss, dass die Kapitalanlagegesellschaft das Stimmrecht ausüben kann, d. h. dass die Aktien am Record Date wieder Teil des Sondervermögens sein müssen. Damit wäre eine Ausübung durch den Darlehensnehmer nicht möglich. Diese Regelung wird allerdings durch § 56 InvG wieder relativiert. Dieser gestattet Ausnahmen von den oben getroffenen Regelungen, wenn sich das Sondervermögen an einem organisierten System der Wertpapierleihe beteiligt, soweit die Interessen der Anleger gewahrt bleiben. Das in diesem Sinne anerkannte System der Clearstream AG sieht beispielsweise keine Regelung zum Stimmrecht vor.⁵³⁰ In anderen Rechtsordnungen verhält es sich ähnlich: In den Vereinigten Staaten erlaubt das typische Custodian Agreement, das das Verhältnis zwischen einem institutionellen Investor und seiner depotführenden Bank regelt, der Bank, die Aktien darlehensweise zu übertragen, ohne den Aktieninhaber darüber zu informieren.⁵³¹ Etwas anderes gilt in der Schweiz; hier verlangt die Eidgenössische Bankenkommission (jetzt Eidgenössische Finanzmarktaufsicht), dass das ausdrückliche Einverständnis des Kunden in Schriftform eingeholt wird. Eine Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist demgegenüber nicht möglich.⁵³² Allerdings ist auch hier nach einer allgemeinen Zustimmung ein Verleih der Aktien erlaubt, ohne dass der Anleger dazu im Einzelfall zustimmen müsste.

 So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 607.  Siehe die besonderen Vertragsbedingungen zum Securities Lending, abrufbar unter http:// www.clearstream.com/ci/dispatch/en/binary/ci_content_pool/60_publications/18000_global_ securities_financing/3000_securities_lending_and_borrowing/3000_german_domestic/2000_le gal_documentation/cs_dwn_special/SpecialConditions_SecuritiesLending.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011. Kritisch zu § 56 InvG auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 644.  Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1258 (2008).  Siehe Jahresbericht der Eidgenössischen Bankenkommission von 2002, Ziff. 2.5.3.2. Dazu Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 216.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Auch werden Wertpapierdarlehen aufgrund einer bevorstehenden Hauptversammlung überaus selten gekündigt.⁵³³ Denn eine Kündigung bereitet erheblichen Aufwand und ist kostspielig.⁵³⁴ In den Vereinigten Staaten werden darüber hinaus die Tagesordnungspunkte erst nach dem Record Date bekanntgegeben. Dadurch wird eine Beurteilung, ob die anstehende Hauptversammlung elementare Bedeutung für die weitere Entwicklung der Gesellschaft hat, erschwert. Der Anreiz, das Aktiendarlehen zu kündigen und die Stimmrechte zurückzuholen, wird dadurch weiter geschmälert.⁵³⁵ Anders ist dies nach deutschem Recht. Seit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie⁵³⁶ (ARUG) ist explizit geregelt, dass die Einladung zur Hauptversammlung die Tagesordnung enthalten muss, vgl. § 121 Abs. 3 S. 2 AktG.⁵³⁷ Somit bestehen hinreichend Möglichkeiten, sich Aktien, die von institutionellen Investoren verwaltet werden, auf dem Wertpapierdarlehensmarkt zu beschaffen. Vergegenwärtigt man sich die Anreizstruktur von Aktienfonds,⁵³⁸ dann verwundert es nicht, dass diese eher an einer Renditesteigerung durch den Darlehenszins interessiert sind, der unmittelbar zahlungswirksam wird, als an einer kostenintensiven Kontrolle des Managements, deren positive Wirkung auf den Ertrag des Fonds möglicherweise erst viel später eintritt und von der andere Fonds ebenfalls profitieren.

d) Rechtlicher Regelungsrahmen des Aktiendarlehens Vor dem beschriebenen Hintergrund stellt sich zum einen die Frage, ob das deutsche Recht eine Stimmrechtsausübung mittels darlehensweise empfangener

 D’Avolio, 66 JFE 271, 273, 303 (2002); Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 714 (2008). Das Master Agreement for Financial Transactions, Product Annex for Securities Loans, sieht eine Kündigung nur in den Fällen vor, in denen das Wertpapierdarlehen als „On-Demand-Transaction“ geschlossen ist, siehe Nr. 2 (4), ansonsten wird das Darlehen für die vereinbarte Zeit gewährt, unabhängig vom Stattfinden einer Hauptversammlung oder ähnlichem. Ein außerordentliches Rückforderungsrecht des Darlehensgebers ist unter anderem vorgesehen, wenn eine Umwandlung geplant ist oder ein öffentliches Kaufangebot gemacht wurde, nicht aber für den Fall einer regulären Hauptversammlung, vgl. Nr. 2 (6) (iii). Der Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen des Deutschen Bankenverbandes ist hingegen als jederzeit kündbares Darlehen ausgestaltet, bei dem der Darlehensgeber eine Frist von drei Tagen einhalten muss, vgl. Nr. 7 (1) (a).  Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 714 (2008); Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1256 – 57 (2008).  Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1257 (2008).  Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 29. Mai 2009, BGBl. I, 2479.  Dies galt jedoch auch schon vor dieser expliziten Regelung, vgl. Kubis in MüKo AktG, § 121 Rn. 44.  Siehe dazu oben unter Teil 2, II.2.

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Aktien überhaupt erlaubt. Zum anderen welche Transparenzanforderungen bei der Übertragung der Aktien im Rahmen eines Wertpapierdarlehens erfüllt werden müssen.

aa) Gesellschaftsrechtliche Vorschriften Explizite Regelungen über Aktiendarlehen und die Stimmrechtsausübung finden sich nicht. In Frage kommt jeweils eine erweiternde Auslegung bestehender gesellschaftrechtlicher Grundsätze und Normen; insbesondere das Abspaltungsverbot sowie die Vorschrift des § 405 Abs. 3 AktG könnten der Stimmrechtsausübung im Wege stehen.

(1) Abspaltungsverbot Das Abspaltungsverbot verbietet die separate Übertragung einzelner mitgliedschaftlicher Rechte ohne Übertragung der Mitgliedschaft. ⁵³⁹ Da auch beim Aktiendarlehen wirtschaftliche Berechtigung und Stimmrecht auseinanderfallen, liegt eine Beurteilung derartiger Sachverhalte am Maßstab des Abspaltungsverbots nahe.⁵⁴⁰ Allerdings verbietet das von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Abspaltungsverbot nur die separate Übertragung von Stimmrecht und Mitgliedschaft, also eine dauerhafte Trennung. Aus diesem Grund ist beispielsweise die Erteilung einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht nichtig.⁵⁴¹ Dazu kommt es beim Aktiendarlehen aber nicht. Vielmehr wird das Vollrechtseigentum übertragen, so dass Stimmrecht und Eigentümerstellung nicht auseinanderfallen. Somit steht das Abspaltungsverbot einer Stimmrechtsausübung aus darlehensweise empfangenen Aktien nicht entgegen.⁵⁴²

 Siehe oben unter Teil 2, II.1.  So auch Fleischer, ZGR 2008, 185, 216.  RGZ 132, 149, 159 („Eine Trennung des Stimmrechts vom Aktienrecht selbst verstößt gegen zwingende aktienrechtliche Vorschriften, und damit verstößt auch eine Vollmachterteilung, die solchen Zwecken dienen soll, gegen § 134 BGB. [sic!] mit der Folge der Nichtigkeit.“); BGH NJW 1987, 780 f.; Heider, in: MüKo AktG, § 8 Rn. 93.  Hüffer, AktG, § 133 Rn. 17; Fleischer, ZGR 2008, 185, 216.

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(2) Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 Abs. 3 AktG Die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 Abs. 3 AktG haben die gleiche Schutzrichtung wie das Abspaltungsverbot.⁵⁴³ Im Rahmen der Analyse des Aktiendarlehens und der Stimmrechtsübertragung stellen sich mehrere Fragen. Zum einen, ob die „Aktienleihe“ im Sinne eines Wertpapierdarlehens unter die Vorschrift des § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG fällt. Sollte dies der Fall sein, so ist zum anderen zu klären, welche Konsequenzen ein Verstoß gegen § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG zeitigt, insbesondere ob es sich um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handelt. Dies hätte die Nichtigkeit der Sachdarlehensverträge zur Folge.⁵⁴⁴ Sollte dies der Fall sein, wäre des Weiteren zu entscheiden, ob in diesem Fall Fehleridentität vorliegt, d. h. ob auch die Übereignung der Aktien vom Verbotsgesetz umfasst und somit nichtig wäre. Denn in diesem Fall wäre die Stimmabgabe des Entleihers ungültig, der Beschluss anfechtbar.

(a) Aktiendarlehen und § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG Täter der Ordnungswidrigkeiten des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG kann jedermann sein, es handelt sich anders als bei den ersten beiden Absätzen nicht um ein Sonder-, sondern um ein Allgemeindelikt.⁵⁴⁵ Dabei richtet sich § 405 Abs. 3 Nr. 2 AktG an denjenigen, der sich Aktien von einem anderen gegen das Versprechen eines Sondervorteils beschafft. § 405 Abs. 3 Nr. 3 AktG betrifft hingegen denjenigen, der Aktien einem anderen gegen Gewähren oder Versprechen eines Sondervorteils verschafft. Die beiden Tatbestände sind insoweit komplementär, als § 405 Abs. 3 Nr. 2 AktG den Vorteilsgeber, der für die Verschaffung fremder Aktien einen Vorteil verspricht, betrifft, während sich § 405 Abs. 3 Nr. 3 AktG an den Vorteilsnehmer richtet, der die Aktie dem Vorteilsgeber überlässt.⁵⁴⁶ Schutzgut der in § 405 Abs. 3 AktG normierten Tatbestände ist die Unverfälschtheit der Meinungs- und Willensbildung in der Aktiengesellschaft. Denn wird diese beeinflusst, so kann dies negative vermögensrechtliche Dispositionen für die Aktiengesellschaft oder die Aktionäre nach sich ziehen.⁵⁴⁷ Tathandlung ist das Abstimmen mittels der Aktien, die sich der Täter von einem anderen zu diesem Zweck durch Gewähren oder Versprechen besonderer Vorteile verschafft.

 Siehe oben unter Teil 2, II.1.  Für echte Stimmkaufvereinbarungen wird dies angenommen, vgl. Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 146; Overrath, Stimmrechtsbindung, S. 25.  Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 405 Rn. 28.  Fuhrmann, in: Geßler, AktG, § 405 Rn. 32.  Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 405 Rn. 28.

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(b) Darlehensweise überlassene Aktien als „Aktien eines anderen“ im Sinne des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 Entscheidend für die Frage, ob das Wertpapierdarlehen unter den Tatbestand des § 405 Abs. 3 Nr. 2 AktG fällt, ist, ob es sich bei den Aktien, die mittels eines Wertpapierdarlehens übertragen wurden, noch um die „Aktien eines anderen“ handelt, oder ob dies aufgrund der Eigentumsübertragung, die im Rahmen eines Wertpapierdarlehens erfolgt, nicht der Fall ist. Dies wird verschiedentlich beurteilt.

(aa) Aktiendarlehen hinsichtlich des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 nicht tatbestandsmäßig Ein Teil der Literatur hält das Wertpapierdarlehen nicht von § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG erfasst. Dies wird damit begründet, dass die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Aktien eines anderen“ zivilrechtsakzessorisch zu erfolgen hätte.⁵⁴⁸ Die Vorgängervorschriften des § 405 AktG, die §§ 249 ff. Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (ADHGB), hätten deutlich gemacht, dass nur die „echte“ Aktienleihe von der Vorschrift erfasst werden solle, also die Nutzungsüberlassung von Aktien, ohne Übertragung des Eigentums an selbigen.⁵⁴⁹ Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers des ADHGB hätte diese Vorschrift das Reportgeschäft, das dem heutigen Wertpapierdarlehen entspreche, nicht erfasst.⁵⁵⁰ Dies gelte auch für die Nachfolgervorschrift,⁵⁵¹ selbst wenn diese einen geänderten Wortlaut aufweist. Denn eine nicht zivilrechtsakzessorische Auslegung, die auf einen irgendwie gearteten „wirtschaftlichen Eigentümer“ abstelle sei nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar, der auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gelte.⁵⁵² Teilweise wird von diesen Autoren zuerkannt, dass eine Kontrollerlangung über ein Unternehmen mittels geliehener Aktien „ordnungspolitisch unerwünscht“⁵⁵³ wäre, aber dennoch argumentiert, dass die gegenwärtige Fassung der Norm das Wertpapierdarlehen nicht erfasse. Darüber hinaus sei die mögliche

 Kort, DB 2006, 1546; Dörge, AG 1997, 396, 400; Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 64; Schaal, in: MüKo AktG, § 405 Rn. 78, 94; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 405 Rn. 30.  Kort, DB 2006, 1546; Dörge, AG 1997, 396, 400; Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 64; Schaal, in: MüKo AktG, § 405 Rn. 78, 94; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 405 Rn. 30.  Dörge, AG 1997, 396, 400.  Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 64.  Dörge, AG 1997, 396, 400.  Dörge, AG 1997, 396, 401 in Anschluss an Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.51 (in der zitierten Vorauflage findet sich das Zitat unter Rn. 5.354).

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Sanktion von damals 50.000 DM (heute 25.000 €) nicht geeignet, eine hinreichende Abschreckungswirkung zu entfalten.⁵⁵⁴ Folgt man dieser Ansicht, so würde die Vorschrift vor allem bezwecken, dass Rechte aus einer Aktie nicht von demjenigen ausgeübt werden, der nicht auch deren zivilrechtlicher Eigentümer ist. Dieser Auffassung scheinen sich das Landgericht Landshut⁵⁵⁵ und das Oberlandesgericht München⁵⁵⁶ sowie der Bundesgerichtshof ⁵⁵⁷ angeschlossen zu haben, da in von diesen Gerichten gefällten Urteilen zu einem mittels geliehener Aktien bewirkten Squeeze-outs die Vorschrift keine Erwähnung findet.⁵⁵⁸

(bb) Aktiendarlehen als von § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG erfasst Die Gegenansicht geht hingegen davon aus, dass auch das Wertpapierdarlehen von § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG erfasst ist.⁵⁵⁹ Dabei wird vertreten, dass ein Eigentumserwerb des Täters an den „verschafften“ Aktien sogar Tatbestandsvoraussetzung ist.⁵⁶⁰ Läge keine Eigentumsübertragung vor, so sei der Tatbestand des § 405 Abs. 3 Nr. 1 AktG einschlägig, da er dann die Aktien „eines anderen“ benutze.⁵⁶¹ Diese Ansicht verkennt aber, dass auch im Rahmen des § 405 Abs. 3 Nr. 2 AktG die Verschaffung der Aktien „eines anderen“ Tatbestandsvoraussetzung ist und diskutiert daher nicht, wie dieses Tatbestandsmerkmal auszulegen ist. Die Argumente dieser Ansicht überzeugen daher nicht.

 Dörge, AG 1997, 396, 401.  LG Landshut NZG 2006, 400.  OLG München NZG 2007, 192.  BGH DStR 2009, 862.  Zu diesem Fall noch unten unter Teil 5, II.1.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.53; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement, S. 129; Kümpel/Peters, AG 1994, 525, 529, allerdings mit unrichtigem Verweis auf Klug, in: Großkomm. AktG, § 405, Anm. 27. Denn Klug stellt für die Bestimmung der Aktien eines anderen, auf die „Rechtslage nach dem bürgerlichen Recht“ ab, vgl. § 405, Anm. 23. Kümpel folgend Pelz, in: HeiKo AktG, § 405 Rn. 12.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.53; Kümpel/Peters, AG 1994, 525, 529.  Kümpel/Peters, AG 1994, 525, 529, Fn. 26, mit unrichtigem Verweis auf Geilen, in: KöKo AktG, § 405 Rn. 81. Denn dieser verweist im Rahmen seiner Kommentierung des § 405 Abs. 3 Nr. 2 AktG hinsichtlich des Tatobjekts „Aktien eines anderen“ auf seine Ausführungen zu § 405 Abs. 3 Nr. 1 AktG. Dort findet sich unter Rn. 82 die Aussage, dass „[d]urch Reportgeschäft erworbene Aktien […] wirksam übertragen [sind]. Schon deshalb muß in diesem Fall der Tatbestand entfallen.“

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(cc) Extensive Auslegung des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG Fraglich erscheint, ob das Tatbestandsmerkmal „Aktien eines anderen“ zwingend dergestalt auszulegen ist, dass es entscheidend allein auf die Eigentumslage zum Zeitpunkt der Stimmrechtsausübung ankommt oder ob es möglich ist, einen späteren, schuldrechtlichen Rückgewähranspruch zu berücksichtigen und auch in diesem Fall von den „Aktien eines anderen“ auszugehen. Der Wortlaut lässt beide Auslegungen zu. Auch systematische Gründe zwingen nicht zu einem allein auf die Eigentumslage abstellenden Verständnis: Die Vertreter der Gegenansicht sind zwar der Ansicht, § 405 Abs. 3 Nr. 2, 3 AktG solle das in § 405 Abs. 3 Nr. 6, 7 AktG geregelte Verbot des Stimmenkaufs ergänzen.⁵⁶² Sie ziehen daraus aber nicht den Schluss, dass es in Anbetracht des Schutzzwecks der Vorschrift unerheblich sein sollte, ob die zeitweilige Überlassung zur Nutzung mit einer Eigentumsübertragung einher geht oder nicht. Die Tatsache, dass der Entleiher die Aktie veräußern könnte und später nicht dieselben Aktien, sondern nur Aktien desselben Typs zurückgeben muss, spielt für die Anreizsituation bei der Stimmrechtsausübung nämlich keine Rolle. Betrachtet man den Sinn der Regelung, so liegt die Einbeziehung nahe. Es macht keinen Unterschied, ob die Aktien ohne Eigentumsübertragung zur Nutzung überlassen werden, oder ob im Rahmen eines Sachdarlehensvertrages Eigentum übertragen wird, wenn feststeht, dass sie in der Zukunft zurückübertragen werden müssen. Denn auch dann trägt der Darlehensnehmer keinerlei Risiken und kann sich Kontrolle mit geringerem Mitteleinsatz und deutlich geringerem wirtschaftlichen Risiko verschaffen. In beiden Fällen droht eine Verfälschung der Willensbildung in der Aktiengesellschaft.⁵⁶³ Eine solche extensive Auslegung verbietet sich jedoch aufgrund der Tatsache, dass es sich bei § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG um Ordnungswidrigkeitentatbestände handelt. Deshalb muss das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG gelten; die Vorschriften sind eng auszulegen.⁵⁶⁴ Auch wenn sich die tatsächlichen Umstände, die der Gesetzesbegründung zugrunde lagen geändert haben und heute die Ausübung von Stimmrechten aus Aktien, die nur zeitweise übereignet werden, durchaus eine Gefahr für die Willensbildung der Aktiengesellschaft darstellen kann,⁵⁶⁵ so ist doch aufgrund dieser Erwägungen eine restriktive Auslegung einzig möglich. Somit erfüllen Aktiendarlehen schon nicht den Tatbestand des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG, so dass sich die Frage nach dem Verbotsgesetzcharakter der Vorschrift nicht stellt.

 Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 405 Rn. 4; Otto, in: Großkomm. AktG, § 405 Rn. 37.  So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 614.  Für eine enge Auslegung auch Junge, in: FS Röhricht, S. 280; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 408.  Siehe zu diesem historischen Argument Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 407.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Dieses Ergebnis bedeutet jedoch nicht, dass dem Tatbestand nicht eine zivilrechtliche Wertung entnommen werden kann, die im Rahmen einer allgemeinen Betrachtung berücksichtigt wird. Die Verbote des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG betonen den Zusammenhang zwischen Residualanspruch, Kursrisiko und Stimmrecht.⁵⁶⁶

bb) Vertragliche Pflicht, das Stimmrecht nicht oder im Interesse des Darlehensgebers auszuüben Obwohl es regelmäßig an vertraglichen Regelungen über das Stimmrecht fehlt,⁵⁶⁷ können die Parteien hierzu eine Bestimmung treffen. In diesem Fall wird der Darlehensnehmer den Darlehensgeber zur Ausübung der Stimmrechte bevollmächtigen.⁵⁶⁸ Fehlt eine derartige Vereinbarung wird von einem Teil der Lehre eine vertragliche Pflicht des Darlehensnehmers angenommen, das Stimmrecht gar nicht oder zumindest im Interesse des Darlehensgebers auszuüben. Diese vertragliche Nebenpflicht sei Ausfluss der allgemeinen Leistungstreuepflicht, die den Parteien alle Handlungen verbiete, die den Vertragszweck beeinträchtigen oder gefährden könnten.⁵⁶⁹ Allerdings führe auch die Ausübung des Stimmrechts entgegen dieser Pflicht nicht zu einer Nichtigkeit der abgegebenen Stimme, sondern ziehe nur Schadensersatzfolgen nach sich.⁵⁷⁰ Auch die Anhänger dieser

 So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 614 f. Siehe oben unter Teil 2, II.1.  Siehe oben Fn. 526. Allerdings scheint sich insoweit ein gewisser Wandel zu vollziehen. So kündigt die International Securities Lending Association in einem kürzlich veröffentlichen Papier an, dass in Zukunft der Standardvertrag dahingehend geändert werden soll, dass der Darlehensnehmer erklären muss, die Aktien nicht zur Ausübung des Stimmrechts, sondern nur zu den allgemein als positiv angesehenen Zwecken zu gebrauchen, vgl. ISLA, Securities Lending: Your Questions Answered, S. 23, abrufbar unter www.isla.co.uk/uploadedFiles/Member_Area/ General_Library/Securities%20Lending%20Your%20Questions%20Answered.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011. Eine derartige Erklärung ändert jedoch nichts daran, dass der Darlehensnehmer das Stimmrecht ausüben kann, da eine Vollrechtsübertragung stattfindet.  Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 223.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.58 f. Zum Schweizer Recht Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 226 f., die eine Ausübbarkeit durch den Darlehensnehmers aufgrund von „unsittlichem Stimmenkauf“ ablehnen. Denn dieser würde nur die Situation, dass ein Bankkunde bereit sei, seine Aktie an oder über seine Bank auszuleihen, ausnutzen.  U. H. Schneider/Brouwer, in: FS K. Schmidt, S. 1411, 1416; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.58 – 70, der das entgeltliche Aktiendarlehen von § 405 Abs. 3 AktG erfasst sieht, die angedrohte Strafe von 25.000 € allerdings als nicht hinreichendes Mittel zur Unterbindung der Stimmrechtsausübung aus darlehensweise überlassenen Aktien zur Durchführung konzernrechtlicher Maßnahmen ansieht und daher einen gesetzlichen Stimmrechtsausschluss des Darlehensnehmers anregt.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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Lesart des Gesetzes konstatieren, dass eine Bezifferung eines Schadens in der Praxis schwer fallen dürfte.⁵⁷¹ Auch wird die Frage, wann die Stimmrechte im Interesse des Entleihers ausgeübt wurden, schwer zu beantworten sein. Zudem wird das Bestehen der allgemeinen Leistungstreuepflicht nicht näher begründet. Eine solche erscheint beim Sachdarlehen zweifelhaft. Es handelt nicht um einen fremdnützigen Vertrag, zudem wird keine treuhänderische Stellung des Darlehensnehmers begründet.Vielmehr ist dieser in der Verwendung frei und sieht sich nur der Rückübereignungspflicht ausgesetzt.⁵⁷² Eine vertragliche Pflicht, das Stimmrecht im Sinne des Darlehensgebers auszuüben, besteht mithin nicht. Sie würde auch keinen wirksamen Schutz der Willensbildung in der Aktiengesellschaft darstellen.

cc) Kapitalmarktrechtliche Vorschriften (1) Publizitätsvorschriften der §§ 21 ff. WpHG Umstritten ist die Behandlung des Aktiendarlehens hinsichtlich der Transparenzpflichten der §§ 21 ff. WpHG. Da nur die börsennotierte Aktiengesellschaft Betrachtung findet, spielt die vom Aktiengesetz vorgenommene Anknüpfung an Kapitalanteile keine Rolle. Für börsennotierte Aktiengesellschaften gelten nur die §§ 21 ff. WpHG, vgl. § 20 Abs. 8 AktG sowie § 21 Abs. 5 AktG.⁵⁷³ § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG bestimmt, dass jeder, der durch Erwerb oder auf sonstige Weise 3, 5, 10, 15, 25, 30, 50 oder 75 % der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft erreicht, überschreitet oder unterschreitet, dies unverzüglich der Gesellschaft sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mitzuteilen hat. Die Gesellschaft hat ihrerseits diese Mitteilung marktöffentlich zu machen. Ziel dieser Regelung ist eine schnelle und gleichmäßige Information des Kapitalmarktes über wesentliche Veränderungen der Stimmrechtsverhältnisse an einer Gesellschaft.⁵⁷⁴ Die Schwellen von 3, 15, und 30 % sind dabei erst vor kurzem durch das Umsetzungsgesetz zur Transparenzrichtlinie eingeführt worden, um es den Emittenten zu erleichtern, sich auf ihre Aktionärsstruktur einzustellen.⁵⁷⁵

 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.69.  Freitag, in: Staudinger, § 607 Rn. 41– 44.  Siehe Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 3b; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 20 Rn. 2.  Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, S. 107 f.  Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 474.

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Da der Darlehensnehmer Vollrechtsinhaber und damit Aktionär wird, ist es einhellige Meinung, dass er seine Stimmrechtsposition offen legen muss.⁵⁷⁶ Weniger Einigkeit herrscht hingegen hinsichtlich der Frage, ob die Stimmrechte weiterhin dem Darlehensgeber zugerechnet werden, solange der Darlehensnehmer die Aktien nicht weiterveräußert hat. Ein Teil der Literatur nimmt ein Halten auf Rechnung eines anderen gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG an und erachtet den Darlehensgeber als den wirklich wirtschaftlich Berechtigten.⁵⁷⁷ Die Gegenansicht will hingegen die Stimmrechte nur dem Darlehensnehmer zurechnen, da dieser allein die Möglichkeit habe, durch die Stimmrechte Einfluss zu nehmen.⁵⁷⁸ Der Bundesgerichtshof hat inzwischen entschieden, dass eine Zurechnung gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nur dann angenommen werden kann, wenn der Darlehensgeber weiterhin Einfluss auf die Stimmrechtsausübung nehmen kann.⁵⁷⁹ Dies wurde mit einer abgleichenden Auslegung zu § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG begründet; nur wenn eine ähnlich weitgehende Einflussmöglichkeit auf die Stimmrechtsausübung wie bei einem Tochterunternehmen bestünde, könne eine Zurechnung auf den Darlehensgeber erfolgen.⁵⁸⁰ Mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 25 WpHG durch das Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts⁵⁸¹ hat der Gesetzgeber nun eine Offenlegungspflicht des Darlehensgebers begründet. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht mehr auf „Finanzinstrumente“ beschränkt, sondern erstreckt sich jetzt auch auf „sonstige Instrumente“, zu denen nach der Regierungsbegründung auch „der Rückforderungsanspruch eines Darlehensgebers eines Wertpapierdarlehens und die Rückkaufvereinbarung bei einem Repo-Geschäft“ fallen.⁵⁸² Damit muss der  Siehe nur Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 64; v. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 83; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 83; U. H. Schneider/Brouwer, in: FS K. Schmidt, S. 1411, 1419; Burgard, BB 1995, 2069, 2073; Petersen/ Wille, NZG 2009, 856, 858; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 406.  Siehe Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 105 Rn. 64; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 13.51; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 406.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 85 – 87 (der allerdings eine Zurechnung an den Darlehensgeber dann annimmt, wenn er die wirtschaftlichen Chancen und Risiken trägt und zugleich Einfluss auf die Stimmrechtsausübung nehmen kann), v. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 84 Rn. 19.  Siehe BGH ZIP 2009, 908, 913. Dazu Petersen/Wille, NZG 2009, 856, 858 f.  BGH ZIP 2009, 908, 913.  Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts vom 5. April 2011, BGBl. I 2011, 538.  Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, S. 40, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011. Zustimmend Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 687 f.

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Darlehensgeber in Zukunft den Rückübereignungsanspruch bei der Berechnung der Transparenzpflicht nach § 25 WpHG einbeziehen. Gleichzeitig muss er bei Unterschreiten einer Meldeschwelle eine Meldung nach § 21 WpHG abgeben.⁵⁸³ Sowohl Darlehensgeber als auch Darlehensnehmer müssen folglich Änderungen ihrer Stimmrechtsanteile angeben, d. h. wenn der Darlehensnehmer durch die darlehensweise empfangenen Aktien eine in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG festgelegte Schwelle überschreitet, so muss er dies anzeigen. Auch der Wertpapierdarlehensgeber, der durch die Überlassung eine der Schwellen unterschreitet, muss dies melden; gleichzeitig muss er, wenn er durch den entstehenden Rückforderungsanspruch eine Schwelle nach § 25 WpHG überschreitet, eine Meldung für Finanzinstrumente und sonstige Instrumente abgeben. Markt und Emittent werden somit über die Veränderungen in den Einflussmöglichkeiten informiert. Die Tatsache, dass der Darlehensnehmer die Aktien nur zeitweise hält, ist jedoch von der Mitteilungspflicht nicht erfasst, so dass nicht transparent wird, wenn der Stimmrechtsausübende die Aktien später rückübertragen muss. Verstößt der Darlehensnehmer gegen die Pflicht nach §§ 21, 22 WpHG, so verliert er sein Stimmrecht nach § 28 Satz 1 WpHG und kann seine Stimmmacht nicht ausüben.⁵⁸⁴

(2) Mitteilungpflicht für Inhaber wesentlicher Beteiligungen, § 27a WpHG Mit dem Risikobegrenzungsgesetz⁵⁸⁵ ist § 27a WpHG in das Wertpapierhandelsrecht eingefügt worden. Die aus dieser Vorschrift resultierende Pflicht reicht weiter als die bloße Mitteilung, die die §§ 21 ff. WpHG vorschreiben. Vielmehr hat der Aktionär einen Strategie- und Mittelherkunftsbericht zu erstatten.⁵⁸⁶ Diese Transparenzpflicht nimmt Sec. 13 (d)(1) des Securities and Exchange Acts zum Vorbild und bezweckt eine weitergehende Marktinformation sowie das Verhindern des „Anschleichens“ durch Finanzinvestoren.⁵⁸⁷ Die Stimmrechtsberechnung er-

 Kritisch zu diesem Wechsel der Meldegrundlage und der damit verbundenen Notwendigkeit einer doppelten Meldung Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 688.  Siehe dazu ausführlich U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 25 – 28. Zur Verschärfung der Sanktionen nach dem Risikobegrenzungsgesetz siehe Brandt, BKR 2008, 441, 444.  Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken vom 12. August 2008, BGBl. I 2008, 1666.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 1; Fleischer, AG 2008, 873; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 61.  Siehe im Einzelnen zum Vorbild im amerikanischen Kapitalmarktrecht sowie zu ökonomischen Überlegungen U. H. Schneider, in: FS Nobbe, S. 741, 743 – 745; Fleischer, AG 2008, 873, 874 f. Insoweit ergibt sich, wie auch bei der hidden ownership, das Problem, dass zuviel Transparenz die Anreize für die Informationssuche nehmen kann, wenn der Suchende durch die

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

folgt dabei in ähnlicher Weise wie bei den §§ 21 ff.,⁵⁸⁸ so dass ein Darlehensnehmer, der mittels der darlehensweise erhaltenen Aktien die Schwelle von zehn Prozent überschreitet in den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt. Hinsichtlich der Informationen, die der Aktionär offenlegen muss, ist eine starke Häufung subjektiver Merkmale zu verzeichnen.⁵⁸⁹ Er muss erklären, welche Investitionsziele er verfolgt, ob er die Erlangung weitere Stimmrechte plant, ob er Einfluss auf die Besetzung der Verwaltungsorgane nehmen will und ob er beabsichtigt, die Kapitalstruktur der Gesellschaft zu ändern, vgl. § 27a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1– 4 WpHG. Die Pflicht, zu erklären, ob man strategische Ziele umsetzen oder Handelsgewinne erzielen wolle, soll langfristige Investoren von kurzfristig denkenden Finanzinvestoren trennen.⁵⁹⁰ Hier wird ein Aktionär, der Aktien darlehensweise empfangen hat, erklären müssen, welche Ziele er verfolgt. Dabei muss allerdings nur erklärt werden, ob die Ziele strategischer Natur sind, ob also der Aktionär in absehbarer Zeit versuchen wird, auf die Geschäftspolitik des Emittenten Einfluss zu nehmen, oder ob er sich darauf beschränkt, die Mitverwaltungsrechte, also insbesondere das Stimmrecht, auszuüben.⁵⁹¹ Die Beantwortung dieser und der übrigen Fragen hängt von den Absichten des Darlehensnehmers ab, je nachdem, ob er langfristig Einfluss nehmen oder nur eine einzelne Entscheidung beeinflussen will. Allerdings besteht keine Notwendigkeit, über die Tatsache zu informieren, dass die Aktien nur darlehensweise empfangen wurden. Auch ist keine detaillierte Information über die Pläne notwendig. Zuletzt sieht § 27a WpHG keine Sanktionen vor, wenn die Meldung nicht abgegeben wird.⁵⁹² Die Gesellschaft muss dann allerdings gemäß § 27 Abs. 2 WpHG über die Nichtabgabe des Strategie- und Mittelherkunftberichts informieren, so dass die Anleger zumindest wissen, dass der Aktionär unter Umständen dem Gesellschaftsinteresse gegenläufige Interessen verfolgt.⁵⁹³

Transparenzpflicht gehindert wird, die Information dann auch zum eigenen Nutzen zu verwerten. Siehe dazu schon oben unter Teil 1, I.4.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 4; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 61.  Fleischer, AG 2008, 873, 877.  Fleischer, AG 2008, 873, 878.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 13 f.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 29 f.; U. H. Schneider, in: FS Nobbe, S. 741, 754; Brandt, BKR 2008, 441, 449 f.; Weber-Rey, DStR 2008, 1967, 1969; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 62; Fleischer, AG 2008, 873, 881– 883 (auch zur möglichen Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG und der Begehung eines Insiderdelikts nach § 14 WpHG durch die Nichtveröffentlichung der Informationen).  BT-Drucks. 16/7438, S. 16 („Wenn sich ein Aktionär unkooperativ verhält, wird dies in gleicher Weise bekannt gemacht, wie Veränderungen des Stimmrechtsanteils“); U. H. Schneider,

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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(3) Aktiendarlehen und Pflichtangebot, § 35 Abs. 2 WpÜG Ähnlich wie bei der Stimmrechtszurechnung im Rahmen der Transparenzvorschriften, verhält es sich mit dem Pflichtangebot. Auch hier wird, da der Darlehensnehmer Aktionär wird, das Stimmrecht aus der darlehensweise übertragenen Aktie bei der Prüfung des Vorliegens von Kontrolle i.S.d. § 29 Abs. 2 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) dem Darlehensnehmer zugerechnet. Ein Pflichtangebot kann somit auch aus nur darlehensweise überlassenen Aktien resultieren. Dies ist aufgrund der Zuordnung des Stimmrechts zum Darlehensnehmer nur konsequent. Denn gewährt man ihm die Kontrollrechte, dann muss er auch die Konsequenzen tragen und den übrigen Aktionären die Möglichkeit geben, die Gesellschaft zu verlassen. Dass die Aktien später wieder zurückübertragen werden müssen, ändert daran nichts, da zumindest bei Überschreiten der Schwelle die Kontrolle über die Gesellschaft ausgeübt werden kann.

e) Zusammenfassung Die Übertragung von Aktien mittels eines Wertpapierdarlehens und die Ausübung der Stimmrechte aus diesen Aktien sind rechtlich möglich. Aktiendarlehen stellen eine einfache und kostengünstige Möglichkeit dar, sich Stimmrechte zu verschaffen, ohne das typische Aktionärsrisiko zu tragen. Insoweit wird teilweise davon ausgegangen, der Markt für Wertpapierdarlehen stelle schon heute einen Markt für Stimmrechte dar, wobei der Preis des Stimmrechts dem Darlehenszins entspräche.⁵⁹⁴ Hinsichtlich der vom WpHG statuierten Publizitätsvorschriften und hinsichtlich des Pflichtangebots des § 35 Abs. 2 WpÜG werden aus einem Wertpapierdarlehen stammende Aktien behandelt wie „normale“ Aktien, d. h. sie werden bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils berücksichtigt. Allerdings muss der risikoentleert Abstimmende nach keiner Vorschrift, auch nicht nach § 27a WpHG, offenlegen, dass er die Aktien nur darlehensweise empfangen hat und somit die genannten Risiken nicht trägt. Somit ist für Markt und Mitgesellschafter nicht zu erkennen, dass die Aktien nur darlehensweise übereignet wurden und daher risikoentleerte Stimmrechte ausgeübt werden.

in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 28 („anderen Anleger wissen aber gegebenenfalls, was sie von dem Meldepflichtigen zu erwarten haben“); U. H. Schneider, in: FS Nobbe, S. 741, 754 („Im Zweifelsfall ist angeraten, Hasenpanier zu ergreifen, also sich von den Aktien zu trennen“); Brandt, BKR 2008, 441, 450 („Prangerwirkung“); Weber-Rey, DStR 2008, 1967, 1969.  Siehe Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669, 681; Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1282 (2009).

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

2. Decoupling mittels Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung Eine weitere Möglichkeit, das Stimmrecht vom Risiko des Residualanspruches sowie vom Kursrisiko zu trennen, besteht darin, die Aktie zwischen Record Date und Hauptversammlung zu veräußern. Teilweise wurde vorgebracht, die Einführung des Record-Date-Systems würde ein „Stimmrechts-Stripping“ begünstigen; durch den Einsatz von Wertpapierdarlehen würden Aktionäre das Stimmrecht ausüben, die nicht länger als ein oder zwei Tage in der Gesellschaft investiert waren.⁵⁹⁵ Zu Recht hat aber das European Corporate Governance Forum betont, dass dies zwei getrennt zu behandelnde Fragen seien. Die Einführung des RecordDate-Systems hat nur die Aufmerksamkeit auf diesen Problemkomplex gelenkt.⁵⁹⁶

a) Grundlagen Das Record-Date-System wurde eingeführt, um die Stimmrechtsausübung vor allem für internationale, institutionelle Investoren, die aus den Vereinigten Staaten dieses System gewohnt waren, zu erleichtern und zur Stimmrechtsausübung zu bewegen. Damit sollte deren Beitrag zur Corporate Governance und damit die Eigentümerkontrolle gestärkt werden.⁵⁹⁷

b) Stimmrecht und Risikoverteilung beim Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung Nach dem Record-Date-System gilt derjenige als Aktionär, der 21 Tage vor der Hauptversammlung Eigentümer der Aktien ist.⁵⁹⁸ Verkauft der Aktionär nach Anmeldung seine Aktien, dann gilt er auf der Hauptversammlung dennoch als Aktionär und ist stimmberechtigt. Denn die Stimmberechtigung bestimmt sich formal nach der Eigentümerstellung am Record Date, so dass der Verkäufer

 Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 123 Rn. 5, der die Befürchtung äußert, dass diese Technik, die in den USA schon von Hedge Fonds angewendet werde, nun auch in Deutschland Einzug halte.  European Corporate Governance Forum, Treffen vom 19. 5. 2009 (S. 6), abrufbar unter http:// ec.europa.eu/internal_market/company/ecgforum/index_en.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011, dass nicht die Einführung des Record Date Ursache des empty voting sei („Furthermore it should be clarified […] that altough the introduction of the record date system by the Shareholder rights Directive might have drawn attention to the problem it is not the cause of it.“).  Siehe dazu schon oben unter Teil 2, IV.1.  Siehe dazu schon oben unter Teil 2, IV.1.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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weiterhin berechtigt ist, das Stimmrecht in der Hauptversammlung auszuüben.⁵⁹⁹ Von dem Moment an, in dem er die Aktien verkauft hat, trägt er nicht mehr das typische Aktionärsrisiko. Dieses geht mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Käufer über.⁶⁰⁰ Es kommt zu einer Situation in der Stimmrecht und Risiko getrennt sind, also risikoentleerte Stimmrechte ausgeübt werden können.

c) Rechtlicher Regelungsrahmen aa) Vertragliche Regelungen über die Stimmrechtsausübung In den Vereinigten Staaten hat sich vor dem Hintergrund dieses Auseinanderfallens der sog. „record ownership“ und der „beneficial ownership“ die Praxis entwickelt, dass der beneficial owner vom record owner die Ausstellung einer Blankovollmacht für die Stimmrechtsausübung verlangen kann.⁶⁰¹ Auch der deutsche Gesetzgeber hat dieses Problem gesehen, ging aber davon aus, dass die Veränderungen insignifikant wären.⁶⁰² Sollte es nach dem Record Date noch einmal zur Veräußerung eines größeren Aktienpaketes kommen, so würden sich die Parteien untereinander über die Stimmrechtsausübung durch den Verkäufer einigen bzw. es würde eine Vollmachterteilung an den Erwerber vereinbart.⁶⁰³ Wo die Parteien eine derartige Einigung vergessen hätten, würde eine Treuepflicht des Verkäufers dahingehend bestehen, das Stimmrecht im Sinne des Käufers auszuüben.⁶⁰⁴ Wie auch beim Aktiendarlehen ist fraglich, woher diese Treupflicht kommt.⁶⁰⁵ Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen eines derartigen Verstoßes gilt das zum Aktiendarlehen Gesagte: er hätte für die die Wirksamkeit der Abstimmung keine Bedeutung. Ein derart gefasster Beschluss wäre aufgrund der Verletzung einer vertraglichen Treuepflicht nicht angreifbar. Begründet würde nur eine Pflicht zum Schadensersatz im Verhältnis Verkäufer-Käufer. Erneut wäre aber

 BT-Drucks. 15/5092, S. 14; Seibert, WM 2005, 157 f.; Zetsche, Der Konzern 2007, 180, 188; Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 749 f.  Wer nach den Börsenbedingungen das Risiko der Wertloserklärung in der Zeit zwischen Vertragsschluss und Erfüllung (Settlement) trägt, ist umstritten, vgl. Fleckner, WM 2009, 2064 ff. (Verkäufer), einerseits und Hadding, in: FS Schwark, 2009, S. 697 ff. (Käufer), andererseits.  Siehe Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 355.  BT-Drucks. 15/5092, S. 14; Seibert, WM 2005, 157 f.; Zetsche, Der Konzern 2007, 180, 188; Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 749.  BT-Drucks. 15/5092, S. 14; Seibert, WM 2005, 157 f.; Zetsche, Der Konzern 2007, 180, 188; Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 750.  BT-Drucks. 15/5092, S. 14; Seibert, WM 2005, 157, 158; Zetsche, Der Konzern 2007, 180, 188.  Siehe schon oben unter Teil 3, II.1.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

die Schadensberechnung ein Problem, so dass sich kaum eine ernsthafte Sanktion für die risikoentleerten Stimmrechte ergeben würde. Allerdings besteht im Vergleich zu den automatisierten Wertpapierdarlehen ein wesentlicher Unterschied: der Käufer ist sich dieser Konstellation bewusst und kann sich durch eine vertragliche Abrede schützen.

bb) Publizitätsvorschriften der §§ 21 ff. WpHG Hinsichtlich der Regelpublizität gemäß §§ 21 ff. WpHG gelten beim Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung keine Besonderheiten. Es besteht die reguläre Pflicht unverzüglich und spätestens innerhalb von vier Handelstagen nach dem schuldrechtlichen Geschäft der BaFin sowie dem Emittenten das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten einer der in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG genannten Schwellen mitzuteilen.⁶⁰⁶ Wird nach dem Record Date eine Veränderung der Beteiligungen bekannt gegeben, so können die Marktteilnehmer sowie die Mitaktionäre erkennen, dass es einen Aktionär gibt, der Abstimmen darf, jedoch nicht die Risiken dieser Abstimmung trägt. Nicht zu erkennen ist hingegen, ob dieser sich mit dem Käufer über eine Bevollmächtigung zur Stimmrechtsausübung geeinigt hat. Somit ist unklar, wer die Stimmrechte bei der unmittelbar anstehenden Hauptversammlung ausüben kann.

d) Zusammenfassung Auch bei einem Verkauf von Aktien nach dem Record Date entstehen risikoentleerte Stimmrechte. Der Gesetzgeber hat in diesem Fall das Problem gesehen, ist allerdings davon ausgegangen, dass dies entweder aufgrund der geringen Volumina insignifikant sei bzw. dass die Parteien bei hinreichender Größe der Beteiligung selbst eine Regelung treffen würden; andernfalls würde eine vertragliche Treuepflicht greifen. Dass diese Regelungen in jedem Fall nur zwischen den Parteien des Kaufvertrages wirken, auf die Wirksamkeit der Stimmrechtsausübung hingegen keine Auswirkungen haben, ist dabei nicht beachtet worden. Die risikoentleerten Stimmrechte sind für den Markt nicht zu erkennen, da bei der Mitteilung über eine Beteiligungsveräußerung nach Record Date nicht angegeben werden muss, ob eine Bevollmächtigung des Käufers stattgefunden hat.

 Siehe dazu U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 128 – 132; Renz/Rippel, BKR 2009, 265, 266 f. (mit Schaubild über den zeitlichen Ablauf einer Mitteilung nach § 21 WpHG).

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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Allerdings kann letzterer bei Zweifeln hinsichtlich der Motive des Verkäufers auf eine Bevollmächtigung bestehen und sich dadurch vor einer nicht seinen Interessen entsprechenden Stimmrechtsausübung schützen.

3. Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft a) Grundlagen Eine weitere Möglichkeit, das Risiko des Aktienbesitzes zu beseitigen, ist der Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft. Dadurch entsteht eine Position, die die Kursgewinne oder Kursverluste aus den gehaltenen Aktien ausgleicht: Sinkt der Kurs der Aktiengesellschaft, dann gewinnt die Leerverkaufsposition an Wert und gleicht damit die Kursverluste aus. Steigt umgekehrt der Aktienkurs, wird dieser Anstieg durch den Wertverlust der Short-Position⁶⁰⁷ ausgeglichen. Leerverkäufe treten in verschiedenen Formen auf.⁶⁰⁸ Ausgangspunkt ist jeweils, dass eine Aktie⁶⁰⁹ verkauft wird, deren Eigentümer der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufes nicht ist.⁶¹⁰ Ist ein solcher Kaufvertrag geschlossen worden, so beginnt nach den Handelsbedingungen der Börse die Lieferfrist zu laufen, also die Frist, innerhalb derer das Geschäft zu erfüllen und das Wertpapier zu übereignen ist. Der Leerverkäufer hat nun zwei Möglichkeiten: Er kann einerseits innerhalb der Erfüllungsfrist⁶¹¹ am Markt Aktien kaufen, diese weiterübereignen und damit seiner vertraglichen Verpflichtung nachkom-

 Eine Short-Position bezeichnet generell eine Position, deren Inhaber bei Wertverlust des Finanzinstruments profitiert. Eine Long-Position liegt demgegenüber vor, wenn das Eigentum an einem Finanzinstrument oder ein Anspruch auf Lieferung eines solchen besteht; dann profitiert der Inhaber von einem steigenden Kurs.  Siehe zu Leerverkäufen aus jüngerer Zeit Zimmer/Beisken, WM 2010, 485 ff. sowie Mittermeier, ZBB 2010, 139 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen aus der wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Literatur.  Hier wird nur über die interessierenden Aktien gesprochen, Leerverkäufe anderer Wertpapiere funktionieren jedoch nach dem gleichen Prinzip.  Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, S. 28; Laurer, Kreditwesen 2008, 980, 982; Hull, Optionen, S. 136; Harris, Trading and Exchanges, S. 32; Gruenewald/Wagner/Weber, Short Selling Regulation, S. 4. Allerdings wird das Eigentum in diesem Sinne weit verstanden. Es reicht nach den Definitionen der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) aus, wenn ein irgendwie gearteter unbedingter Anspruch auf die Übertragung der Aktie besteht, beispielsweise aus einer ausgeübten Option oder einer ausgeübten Wandelanleihe, siehe IOSCO, Regulation of Short Selling Final Report, June 2009, S. 17.  Diese beträgt nach § 7 Abs. 1 1.Hs. der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse vom 12.10. 2009 drei Tage, d. h. es muss am zweiten Tag nach dem Tag des Geschäftsabschlusses erfüllt werden.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

men. Aufgrund der Erfüllungsfrist ist dies nur möglich, wenn die Position noch am selben Tag geschlossen wird, die Aktie in einem anderen Markt mit kürzerer Erfüllungsfrist gekauft wird oder nicht über den Börsenhandel, sondern im Wege eines otc-Geschäfts beschafft wird. Ist der Kurs in der Zeit zwischen Verkauf und Kauf gefallen, so kann der Leerverkäufer die Aktie billiger kaufen. Die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Kaufpreis im Markt stellt die Gewinnmarge des Leerverkäufers dar.⁶¹² Andererseits kann der Leerverkäufer sich auf dem Markt für Wertpapierdarlehen Aktien beschaffen und mit diesen die Lieferverpflichtung erfüllen. Dies kann schon vor dem Verkauf im Markt geschehen. In diesem Fall kann er seine Leerverkaufsposition über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten und muss sie erst in dem Moment schließen, in dem der Darlehensgeber den Vertrag kündigt und er den Rückübereignungsanspruch des Darlehensgebers zu erfüllen hat. Wenn er vorher billiger im Markt zurückkaufen kann, so wird er selbst das Darlehen kündigen und seine Rückübereignungspflicht erfüllen. Auch in dieser Konstellation ist die Gewinnmarge des Leerverkäufers die Differenz zwischen dem Kurs, zu dem er verkauft hat, und dem Kurs, zu dem er später zurückkauft.⁶¹³ In beiden Fällen besteht nach dem Verkauf im Markt eine offene Verbindlichkeit auf Lieferung der Aktien,⁶¹⁴ es entsteht eine Short-Position. Die erste Alternative ist für die Fälle des empty voting nicht relevant, da solche Positionen untertägig wieder geschlossen werden müssen. Das Risiko kann mit einer derartigen Short-Position hingegen nur dann beseitigt werden, wenn sie länger offen gehalten werden kann. Dies ist nur mittels eines Wertpapierdarlehens möglich.

b) Stimmrecht und Risikoverteilung Der mit dem Leerverkäufer kontrahierende Käufer der Aktie erwirbt eine vollwertige Aktie. Ist er am Record Date Eigentümer, dann kann er auch das Stimmrecht dieser Aktie nutzen, wobei er letzten Endes das Stimmrecht des Wertpapierdarlehensgebers ausübt. Da der Käufer aber keinem Rückübereignungsanspruch ausgesetzt ist, besteht hinsichtlich der Anreizsituation kein Problem. Der Leerverkäufer kann das Stimmrecht nicht ausüben. Hält er jedoch noch weitere Aktien, so führt die Tatsache, dass es zu einem Ausgleich seiner Verluste bzw. Gewinne kommt, dazu, dass risikoentleerte Stimmrechte entstehen. Hat er

 Siehe zu dieser Art der Erfüllung mit Schaubild Laurer, Kreditwesen 2008, 980, 982.  Laurer, Kreditwesen 2008, 980, 984.  Siehe Laurer, Kreditwesen 2008, 980, 982; Trüg, NJW 2009, 3202, 3203.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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beispielsweise 100 Aktien leer verkauft und hält weitere 100 Aktien, so gleichen sich die Positionen vollständig aus und er hat sein Risiko vollständig abgesichert. Da er die leer verkauften Aktien im Rahmen eines Wertpapierdarlehens empfangen hat, trägt er auch nicht das Risiko des Residualanspruches seiner Position.⁶¹⁵ Vielmehr ist er aufgrund der vertraglichen Vereinbarung regelmäßig dazu verpflichtet, dem Darlehensgeber die Dividendenzahlungen und anderen Vermögensrechte zu ersetzen. Somit muss er Zahlungen, die er aus seiner Aktienposition bezieht, an den Darlehensgeber weiterleiten.

c) Rechtlicher Regelungsrahmen – neue Publizitätsvorschriften für Leerverkäufe (§ 30i WpHG) Leerverkäufe sind gewöhnliche Kaufverträge. Lange Zeit unterlagen sie keinen Beschränkungen. Im Zuge der Finanzkrise hat die BaFin jedoch den ungedeckten Leerverkauf der Aktien einiger Unternehmen aus der Finanzbranche verboten.⁶¹⁶ Die Aufsichtsbehörde befürchtete, dass sich diese Institutionen nicht das notwendige Eigenkapital würden beschaffen können. Denn der ständige Druck auf die Kurse verschlechterte ihre Möglichkeiten, durch die Emission neuer Aktien frisches Kapital aufzunehmen. Noch weitergehend hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte“⁶¹⁷ auf die Entwicklungen während der Finanzkrise reagiert und einige Geschäfte vollständig verboten. Dieses Verbot umfasst neben sog. Credit Default Swaps auch ungedeckte Leerverkäufe. Nach § 30h WpHG sind ungedeckte Leerverkäufe von Aktien verboten. Von besonderer Bedeutung für die risikoentleerten Stimmrechte sind jedoch die Publizitätsvorschriften für Leerverkaufspositionen (§ 30i WpHG), die allerdings erst am 26. März 2012 in Kraft treten.⁶¹⁸ § 30i WpHG sieht eine doppelte Offenlegungspflicht vor: ab einer Schwelle von 0,2 % muss eine Short-Position der BaFin gemeldet werden,vgl. § 30i Abs. 1 Satz 1 WpHG.Wird eine Schwelle von 0,5 % überschritten, so muss die Position dem Markt durch eine Meldung im Bundes-

 Siehe zur vertraglichen Ausgestaltung des Wertpapierdarlehens oben unter Teil 3, II.1.  Siehe zur Entwicklung Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 489, sowie Mittermeier, ZBB 2010, 139, 143 f.  Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte vom 21. Juli 2010, BGBl. I, 945 (Nr. 38). Siehe dazu Mock, WM 2010, 2248 ff; Möllers, Stellungnahme; Möllers/Christ/Harrer, NZG 2010, 1167 ff., Möllers/Christ/Harrer, NZG 2010, 1124 ff.  Siehe dazu Mock, WM 2010, 2248, 2254– 2256. Zum CESR-Entwurf, auf dem das eingeführte System basiert, Mittermeier, ZBB 2010, 139, 146 – 149.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

anzeiger offengelegt werden, vgl. § 30i Abs. 1 Satz 2 WpHG. Die Prozentzahlen beziehen sich dabei auf den Nominalwert der insgesamt emittierten Aktien.

aa) Einordnung in das bestehende System von Publizitätsvorschriften Die Pflicht zur individuellen Offenlegung von Leerverkaufspositionen gegenüber dem Markt ist mit der Regelpublizität gemäß den §§ 21, 25, 25a, 27a WpHG nur begrenzt vergleichbar. Zwar wird auch bei diesen Vorschriften der Markt über den Verkauf von größeren Aktienpaketen informiert, wenn ein Investor das Unterschreiten einer Schwelle bekannt gibt.⁶¹⁹ Dennoch besteht ein wesentlicher Unterschied. Die genannten Vorschriften des WpHG knüpfen an die Anzahl der Stimmrechte eines Emittenten bzw. an die Möglichkeit, sich solche Stimmrechte zu verschaffen, an. Damit vermitteln sie dem Emittenten, den Marktteilnehmern und den Gläubigern der Gesellschaft Informationen über die Machtverhältnisse in der Gesellschaft.⁶²⁰ Eine derartige Anknüpfung würde für Leerverkäufe keinen Sinn machen: Hier geht es darum, den Markt über die Höhe der bestehenden Leerverkaufspositionen zu informieren und damit mehr Transparenz über die Gründe für Preisbewegungen zu schaffen und das Risiko von Abwärtsspiralen zu verringern.⁶²¹ Die Kontrollverhältnisse und somit auch die Frage nach der Stimmrechtsverteilung sind in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. Sanktion der Pflichten des § 30i WpHG ist somit auch kein Stimmverlust, wie ihn § 28 WpHG vorsieht, sondern ein Bußgeld nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz, vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 m) WpHG.

bb) Verrechnung der Positionen und Einbeziehung von derivativen Short-Positionen Damit die anderen Marktteilnehmer nicht mit irrelevanten Informationen „überflutet“ werden, sondern eine Leerverkaufsposition nur dann offengelegt wird, wenn sie Ausdruck der negativen Bewertung des Fundamentalwertes durch den Leerverkäufer ist, wird eine Verrechnung der bestehenden Long-Position⁶²² mit

 Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 14.  CESR, Proposal for a Pan-European Short Selling Disclosure Regime, July 2009, S. 10; Financial Services Authority, Discussion Paper 09/1, Short selling, 2009, S. 31; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 2; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 2.  Financial Services Authority, Discussion Paper 09/1, Short selling, 2009, S. 31.  Eine Long-Position liegt vor, wenn der Inhaber bei einem Ansteigen des Werts des Finanzinstruments einen Gewinn erzielt und beim Sinken des Wertes Verlust macht.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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den Short-Positionen⁶²³ erlaubt (sog. „netting“), vgl. § 30i Abs. 2 Satz 1 WpHG. Dadurch wird verhindert, dass Absicherungsstrategien offengelegt werden müssen. Die Marktteilnehmer werden somit nur über die Leerverkaufspositionen informiert, die aufgrund einer negativen Einschätzung des Fundamentalwertes eingenommen werden.⁶²⁴ Dabei werden in diese Berechnung nicht nur die gedeckten Leerverkäufe einbezogen, sondern auch derivative Short-Positionen, also alle Finanzinstrumente, die eine Spekulation auf fallende Kurse erlauben. Somit sind auch PutOptionen und Differenzkontrakte erfasst.⁶²⁵ § 30i Abs. 2 Satz 1 WpHG sieht zur Feststellung einer Netto-Leerverkaufsposition daher eine „Saldierung aller durch ihren Inhaber gehaltenen Finanzinstrumente“ zur Bestimmung des „ökonomischen Gesamtinteresses“ vor. Somit müsste ein Aktionär, der 0,7 % der von einer Gesellschaft emittierten Aktien leerverkauft hat und damit oberhalb des Schwellenwertes von 0,5 % liegt, der aber gleichzeitig noch 0,6 % der Aktien des Emittenten als Eigentümer hält, seine Position nicht offenlegen, da er nur eine Gesamt-Leerverkaufsposition von 0,1 % hätte.Würde er zusätzlich 0,5 % derivative Short-Positionen halten, wäre hingegen eine Offenlegung notwendig. Denn dies würde eine Gesamtleerverkaufsposition von 0,6 % bedeuten. Eine solche Verrechnung findet bei der Derivate betreffenden Publizitätsvorschrift des § 25 WpHG bislang nicht statt.⁶²⁶ Dies ergibt sich daraus, dass es im Rahmen dieser Vorschrift nur auf die durch das Stimmrecht vermittelten Kontrollmöglichkeiten ankommt. Bei der Offenlegung von Leerverkäufen ist demgegenüber die insgesamt bestehende Leerverkaufsposition von Bedeutung, denn diese ist Ausdruck der Einschätzung des Publizitätspflichtigen. Somit müsste ein Aktionär, der Leerverkäufe tätigt, um das Risiko aus einer Aktienposition zu beseitigen, dies nicht anzeigen, solange er nicht mehr Aktien leerverkauft, als er weiterhin hält.⁶²⁷ Somit sind der Markt und die Mitaktionäre nicht über die risikoentleerten Stimmrechte informiert.

 Komplementär zur Long-Position liegt eine Short-Position dann vor, wenn bei einem Sinken des Werts des Finanzinstruments Gewinn erzielt wird und bei einem Ansteigen ein Verlust entsteht.  Insoweit hatte auch die BaFin die Absicherung bestehender Positionen von ihrem Verbot der ungedeckten Leerverkäufe ausgenommen, vgl. BaFin, Häufige Fragen zu den Allgemeinverfügungen, 23.09.08, Frage Nr. 12.  Siehe zu dieser Einbeziehung von derivativen Positionen Mittermeier, ZBB 2010, 139, 147; Tyrolt/Bingel, BB 2010, 1419, 1421– 1423.  Siehe U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 28; BaFin, Häufig gestellte Fragen zu den §§ 21 ff.  Zu diesem Fall eines gegenläufigen Investments noch unten unter Teil 3, II.3.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

d) Zusammenfassung Ein Aktionär kann das Risiko einer bestehenden Aktienposition durch den Leerverkauf von Aktien aufheben. Je größer dabei seine Short-Position wird, desto mehr risikoentleerte Stimmrechte entstehen. Ist die Leerverkaufsposition genauso groß wie die vom Aktionär gehaltene Aktienposition, so hat er sein gesamtes Risiko beseitigt. Die Stimmrechte der leerverkauften Aktien werden vom Käufer ausgeübt. Insofern ergeben sich keine Anreizprobleme. Der Darlehensgeber kann demgegenüber sein Stimmrecht nicht ausüben. Der Leerverkäufer kann hingegen mit den von ihm gehaltenen Aktien (seiner Long-Position) risikoentleert abstimmen. Im Rahmen der Publizitätsvorschrift für Leerverkäufe (§ 30i WpHG) findet eine Verrechnung von Long- und Short-Positionen statt. Daher ist weder für die Mitaktionäre noch für den Markt erkennbar, dass der Aktionär risikoentleerte Stimmrechte ausübt.

4. Decoupling mittels Derivaten Eine weitere Möglichkeit, das typische Aktionärsrisiko bzw. bestimmte Teile davon abzuwälzen, bieten verschiedene Derivate. Zunächst wird ein kurzer Überblick über Funktionsweise und Entwicklung von Derivategeschäften in den letzten Jahren gegeben. Im Anschluss daran werden die verschiedenen, zur Beseitigung des Risikos geeigneten Derivate einzeln dargestellt und ihre rechtliche Struktur sowie mögliche Implikationen für die Stimmrechtsausübung analysiert.

a) Grundlagen Als Derivate werden Finanzinstrumente bezeichnet, deren Wert sich aus dem Wert eines anderen Finanzinstruments ableitet. Das Finanzinstrument, auf das sich das Derivat bezieht wird Basiswert bzw. in englischer Terminologie underlying genannt.⁶²⁸ Wie genau die Abhängigkeit zwischen Basiswert und Wert des Derivats ausgestaltet ist, ist von der jeweiligen vertraglichen Regelung des derivativen Produktes abhängig.⁶²⁹ Der Basiswert ist weitgehend frei wählbar, so dass sich

 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.74; Bloss/Ernst, Derivate, S. 10; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 134; Hudson, Law on Derivatives, S. 13. Siehe auch die Definition „Termingeschäfte“ im WpHG, wonach es sich um solche Geschäfte handelt, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich mittelbar oder unmittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet“.  Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 134.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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Derivate auf die verschiedensten Finanzinstrumente beziehen können; es kann sich um Aktien, Währungen, Waren, Energie sowie um sog. synthetische Basiswerte wie beispielsweise Aktienindices oder einen Korb (Basket⁶³⁰) verschiedener Aktien handeln.⁶³¹ Derivate sind Finanztermingeschäfte, d. h. Geschäfte, bei denen Abschlusszeitpunkt und Erfüllungszeitpunkt auseinanderfallen.⁶³² Sie bilden den Gegenpunkt zu den sog. Kassageschäften, die unmittelbar nach Vertragsschluss abgewickelt werden müssen.⁶³³ Finanztermingeschäfte lassen sich danach unterscheiden, ob sie an der Börse gehandelt werden, oder nicht.⁶³⁴ Im letzteren Fall spricht man von sog. over-the-counter-Derivaten (otc-Derivaten).⁶³⁵ Derivate werden aus verschiedenen Motiven gekauft und dienen den jeweiligen Käufern zu unterschiedlichen Zwecken. Je nach verfolgter Strategie kann man Absicherer, Spekulanten und Arbitrageure unterscheiden.⁶³⁶ Während die Absicherer vor allem das aus ihrem Portfolio erwachsende Risiko verringern wollen, versuchen Spekulanten mit der Einnahme einer Position auf einen steigenden oder fallenden Wert eines Basiswertes kurzfristig Gewinne zu erzielen. Das Handeln der Arbitrageure zielt darauf, risikofrei Preisunterschiede verschiedener Finanzinstrumente auszunutzen. Derivate erfüllen dabei wichtige Funktionen zur Risikominimierung.⁶³⁷ Sie ermöglichen ein Management der Risiken, die aus der Volatilität der Finanzmärkte erwachsen.⁶³⁸ Früher wurden vornehmlich die Preisrisiken von in der Produktion benötigten Rohstoffen abgesichert; inzwischen ist eine Absicherung der Risiken verschiedenster Wertpapiere sowie von Krediten möglich.⁶³⁹ Auch die aus Devisenkursen erwachsenden Wechselkursrisiken waren ein wichtiges Feld für die  Baskets sind Zusammenstellungen von Finanzinstrumenten, die keine Indices sind.  Bloss/Ernst, Derivate, S. 5; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 136. Siehe für einen Überblick über Devisenfinanzgeschäfte, mit Beispielen zum wirtschaftlichen Nutzen Fleckner, ZBB 2005, 96 ff.  Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 135.  Bloss/Ernst, Derivate, S. 2 f.; Hull, Optionen, S. 26; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 135.  Hudson, Law on Derivatives, S. 13; Hull, Optionen, S. 24– 26. Siehe zu verschiedenen Systematisierungsmöglichkeiten anhand des Basiswertes, des Handelsplatzes sowie des Risikoprofils Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.78 – 14.82.  Hudson, Law on Derivatives, S. 14; Hull, Optionen, S. 25.  Diese Unterscheidung findet sich bei Hudson, Law on Derivatives, S. 17– 23; Hull, Optionen, S. 32– 39; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.83 – 14.86.  Siehe zu den positiven Effekten von Derivaten Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 214– 15 (2006).  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1497 (2007).  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1497 (2007).

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Verwendung von Derivaten, insbesondere nach dem Zusammenbruch des Systems der Wechselkurse von Bretton Woods 1973.⁶⁴⁰ Darüber hinaus bieten Derivate Investoren ein breiteres Spektrum an Produkten, mittels derer sie bei angemessenem Risiko eine höhere Rendite erwirtschaften können.⁶⁴¹ Die Möglichkeiten zur Spekulation werden vereinfacht und verbilligt und erlauben eine Marktteilnahme mit geringeren Anlagevolumina.⁶⁴²

b) Entwicklung der Derivate Derivate haben in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung durchlaufen; der Handel mit Derivaten hat sich zunehmend ausgeweitet und immer neue Produkte sind angeboten worden. So hat bis Juni 2004 der Markt für otc-Derivate ein Volumen von 220,1 Billionen US-Dollar, der Markt für börsengehandelte Derivate ein Volumen von 49 Billionen erreicht.⁶⁴³ Das Aufkommen von Hedge Fonds hat zu einem weiteren Anstieg des Handelsvolumens beigetragen.⁶⁴⁴ Dieses hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, die Bedeutung des Marktes ist weiter gewachsen.⁶⁴⁵ Schon 1991 konstatierte Henry Hu, dass der Markt der neuen Finanzinstrumente sich zu einem enorm wichtigen Feld für alle am Finanzmarkt agierenden Akteure entwickelt hätte.⁶⁴⁶ Dabei stellt die schnelle Entwicklung der Derivate und ihre Vielgestaltigkeit eine enorme Schwierigkeit für ihre rechtliche Erfassung und den Umgang mit durch sie verursachten wirtschaftlichen Folgen dar.⁶⁴⁷ Insbesondere die Zunahme von frei verhandelten Aktienderivaten hat die Entkoppelung von wirtschaftlichem Risiko und Stimmrecht deutlich vereinfacht.⁶⁴⁸ Neben dem empty voting ist auch

 Hu, 102 Yale L.J. 1457, 1466 (1993).  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.17.  Hudson, Law on Derivatives, S. 18 – 20; Hu, 102 Yale L.J. 1457, 1466 (1993); Casper, Optionsvertrag, S. 19 – 21.  Siehe die Zahlen bei Hull, Optionen, S. 25 f., mit Schaubild. Zum enormen Wachstum des otc-Marktes schon Hu, 102 Yale L.J. 1457, 1459 (1993).  Siehe Hull, Optionen, S. 32 f.  Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 203 (2006), spricht von einem Volumen von einer Viertelbillion Dollar. Allerdings spricht er, wie die meisten anderen Autoren, die sich mit dem empty voting auseinandersetzen, immer vom Gesamtmarkt an Derivaten, also nicht nur von solchen, die sich auf Aktien beziehen. Nur letztere sind jedoch für die risikoentleerte Stimmrechtsausübung relevant.  Hu, 69 Tex. L. Rev. 1273, 1275 (1991).  Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 16.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 815 (2006).

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die oben beschriebene hidden ownership ⁶⁴⁹ ein aus dieser Entwicklung resultierendes Rechtsproblem, das noch nicht vollständig geklärt ist. Die Vielseitigkeit der verfolgten Hedging-Strategien lässt eine regulatorische Antwort besonders schwer erscheinen.⁶⁵⁰

c) Zur Risikoabwälzung bei Aktien geeignete Derivate Allerdings haben nicht alle Derivate Einfluss auf die Anreizstruktur des Aktionärs. Verschiedene Gestaltungen zeitigen jedoch solche Auswirkungen. Dies ist zunächst das klassische Derivat zur Absicherung des Portfolios, die sog. Put-Option. Daneben haben Forwards und Futures sowie sog. Differenzkontrakte diese Wirkung. Zuletzt zu nennen sind die Equity Swaps, die auch im Perry-Mylan-Fall⁶⁵¹ Verwendung fanden. Auf diese vier Produkttypen soll im Folgenden näher eingegangen werden. Diese Auswahl soll aber nicht den Blick dafür verstellen, dass die durch die Verwendung dieser Produkte erzielten Ergebnisse durch den Kauf verschiedener anderer Optionen gleichsam „synthetisiert“ werden können.⁶⁵² Insbesondere können ähnliche wirtschaftliche Ergebnisse durch entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung abgebildet werden. Durch die Verbindung verschiedener Einzelpositionen entsteht eine neue Gesamtposition. Nur durch die Betrachtung der Chancen und Risiken dieser Gesamtposition lassen sich Aussagen über das weiterhin getragene Risiko und die Anreize für den Aktionär treffen.⁶⁵³

aa) Put-Optionen (1) Struktur von Optionen Die Option ist ein klassisches Derivat. Optionen werden sowohl an der Börse gehandelt als auch individuell als otc-Derivate verkauft.⁶⁵⁴ Sie geben dem Optionsinhaber das Recht, den Basiswert zu einem festgelegten Zeitpunkt (europäi-

     

Siehe dazu oben unter Teil 1, I.4. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 828 – 29 (2006). Siehe dazu oben unter Teil 1, I.3. Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 206 – 07 (2006). Bloss/Ernst, Derivate, S. 114, 116. Hull, Optionen, S. 29.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

sche Option) bzw. über einen festgelegten Zeitraum hinweg (amerikanische Option) zu einem festgelegten Preis entweder zu kaufen oder zu verkaufen.⁶⁵⁵ Gewährt die Option das Recht, den Basiswert zu kaufen, so spricht man von einer Call-Option. Ermöglicht sie hingegen den Verkauf zu einem festgelegten Preis, so liegt eine Put-Option vor.⁶⁵⁶ Von sog. Forwards bzw. Futures,⁶⁵⁷ bei denen es sich um Geschäfte handelt, die erfüllt werden müssen, unterscheidet sich die Option dadurch, dass sie das Recht gewährt, zu kaufen bzw. zu verkaufen, jedoch keine Pflicht begründet.⁶⁵⁸ Dafür ist allerdings für eine Option auch ein Preis zu entrichten, die sog. Prämie.⁶⁵⁹ Der Struktur nach gleicht die Option einer Versicherung, die es ermöglicht, das Risiko einer schlechten Kursentwicklung zu beseitigen, gleichzeitig aber von positiven Kursentwicklungen zu profitieren.⁶⁶⁰ Je nachdem, auf welchen Basiswert die Option sich bezieht, spricht man von Zinsoptionen, Devisenoptionen, Aktienoptionen usw.⁶⁶¹ Für die vorliegende Arbeit sind nur Aktienoptionen von Interesse, denn nur diese haben Auswirkungen auf die Risiken der Aktieninhaberschaft.

(2) Put-Optionen und Risiko Hinsichtlich ihrer Auswirkungen von Aktienoptionen auf die Stimmrechtsausübung ist die Put-Option von besonderer Bedeutung. Sie gewährt das Recht, die Aktie zu einem vorher festgelegten Preis (Strike-Price) zu verkaufen; durch diese Festlegung des Kaufpreises im Voraus ist der Optionsinhaber nicht mehr dem Risiko einer negativen Kursentwicklung ausgesetzt.⁶⁶² Fällt der Kurs unter den Strike-Price, so kann er die Option ausüben und der Vertragspartner des Optionsgeschäftes (der Stillhalter) trägt diesen Verlust. Put-Optionen erlauben somit die Beseitigung des Kursrisikos, nicht jedoch des Risikos des Residualanspruches. Anders als beim Wertpapierdarlehen wird der Aktionär nicht nur zeitweise Aktionär; auch enthält der Optionsvertrag, anders als  Siehe zu den beiden Typen Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.140; Hull, Optionen, S. 29 f.; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 142.  Hull, Optionen, S. 29 f.; Casper, Optionsvertrag, S. 12; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 141 f.  Siehe zu diesen Hull, Optionen, S. 26 – 29.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.142; Hull, Optionen, S. 30.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.138; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 141; Hull, Optionen, S. 35.  Hull, Optionen, S. 34 f.; Hu, 102 Yale L.J. 1457, 1466 – 67 (1993).  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.138.  Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 15.

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der Wertpapierdarlehensvertrag, keine Regelungen hinsichtlich der Residualrechte, wie beispielsweise des Dividendenanspruchs. Das Risiko einer ungünstigen Entwicklung trägt insofern weiterhin der Aktionär, auch wenn er mit einer PutOption abgesichert ist. Allerdings ist er den Entwicklungen des Residualanspruchs nicht langfristig ausgesetzt, wenn er die Option ausübt. Dieses Risiko geht dann im Ausübungszeitpunkt auf den Stillhalter über. Dabei ist unerheblich, ob die Option physically-settled oder cash-settled ist. Im Falle des physischen Settlements verliert der Aktionär mit Ausübung der Option die Aktionärsstellung. Er kann sich aber vom Kaufpreis im Markt sofort wieder Aktien beschaffen. Bei einer Option, die auf Barausgleich gerichtet ist, kann sich der Aktionär entscheiden, ob er danach weiter die Aktie hält und damit auch das Risiko des Residualanspruches weiter trägt oder ob er die Aktie am Ausübungstag verkauft und somit die Aktionärsstellung und das verbundene Risiko aufgibt. In beiden Fällen bestehen hinsichtlich der Anreizwirkung keine Unterschiede ⁶⁶³ Daneben wird die Anreizstruktur des Aktionärs dadurch beeinflusst, dass die Option selbst einen Wert hat und verkauft werden kann. Je weiter der Kurs absinkt, desto größer ist der Wert der Put-Option. Mit einer hinreichenden Anzahl von Optionen ist es somit möglich, Kursverluste, die bei der Aktie entstehen, vollständig abzusichern. Denn wenn der Aktienkurs fällt, gewinnt gleichzeitig die Position in Put-Optionen an Wert. Dadurch werden eventuelle Kursverluste durch den Wertgewinn der Optionen ausgeglichen. Wiederum entstehen risikoentleerte Stimmrechte.⁶⁶⁴

(3) Rechtliche Gestaltung und Hindernisse für die Stimmrechtsausübung (a) Put-Optionen als Kaufverträge Optionsverträge sind Kaufverträge, die entweder dem Käufer (Call-Option) oder dem Verkäufer (Put-Option) das Recht geben, den Kaufvertrag durch die Ausübung des Optionsrechts in Kraft zu setzen. Wird die Option ausgeübt, dann kommt ein gewöhnlicher Kaufvertrag über die Aktie zustande.⁶⁶⁵ Der Optionsvertrag kann

 Siehe zu den beiden Erfüllungsvarianten Henderson, Derivatives, S. 95 – 98. Bei Derivaten, die sich auf einzelne Aktien beziehen, wird normalerweise, d. h. nach den Equity Definitions, der Differenzbetrag in Geld ausgeglichen, sie sind also cash-settled. Die Equity Definitions der International Swap Dealer Association (ISDA) sind der bekannteste Standardvertrag für Derivate, vgl. Alsheimer, Rechtsnatur, S. 81, Fn. 154 mit einer Aufzählung weiterer Vertragswerke. Die ISDA Definitions sind abgedruckt bei Clouth/Vollmuth, in: Hopt, Vertrags- und Formularbuch, S. 1390 – 1406.  Zur Bemessung des Wertes von Optionen siehe noch sogleich.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.139.

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dabei nach deutschem Recht verschieden gestaltet sein;⁶⁶⁶ dies spielt allerdings für die Wirkung der Verschiebung des wirtschaftlichen Risikos keine Rolle.

(b) Keine Regelung der Stimmrechtsausübung Wie auch beim Wertpapierdarlehen finden sich in den Optionsverträgen keine Regelungen zur Stimmrechtsausübung.⁶⁶⁷ Dies liegt hier wie dort darin begründet, dass Wertpapierdarlehen und Derivategeschäfte sich auf alle am Kapitalmarkt gehandelten Wertpapiere beziehen und nicht allein auf Aktien. In diesen Fällen werden Wertpapierdarlehen und Derivate allein zu Zwecken der Spekulation oder Absicherung eines Portfolios abgeschlossen. Im Gegensatz zur Situation bei anderen Wertpapieren gewährt die Aktieninhaberschaft aber nicht nur den Anspruch auf zukünftige Zahlungen. In ihr sind das Mitgliedschaftsrecht und die daraus ausfließenden Mitverwaltungsrechte verbrieft. Dies findet in den standardisierten Verträgen, die für alle Wertpapiertypen geschlossen werden, regelmäßig keine Berücksichtigung.⁶⁶⁸

(c) Schadensersatzpflicht wegen Verletzung der Erhaltungspflicht Fraglich ist des Weiteren, ob es eine vertragliche Pflicht des Käufers einer PutOption gibt, den Vertragsgegenstand in einem bestimmten Zustand zu erhalten. Dies wird in der Literatur für Aktien nicht diskutiert, allerdings für sonstige Optionsgeschäfte. Danach besteht eine Pflicht des Optionsberechtigten dafür zu sorgen, dass sich die Qualität des zu liefernden Gegenstands nicht verschlechtert.⁶⁶⁹ Dies erscheint bei Stückschulden einleuchtend,⁶⁷⁰ bei Wertpapieren, die Gattungsschulden sind, schwierig. Denn der Aktienkurs ist keine Eigenschaft, hinsichtlich derer eine bestimmte Qualität geliefert werden muss. Gegen das Risiko eines Kursverlustes sichert sich der Optionskäufer ja gerade ab; dies ist dem Verkäufer  Siehe zu den Gestaltungsarten Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.143; Bork, in: Staudinger, Vor. §§ 145 – 156 Rn. 70 – 72. Ausführlich Casper, Optionsvertrag, S. 42– 74; Alsheimer, Rechtsnatur, S. 60 – 70.  Siehe hinsichtlich des Wertpapierdarlehens schon oben Fn. 526. Hinsichtlich von Optionsgeschäften siehe European Master Agreement, (f) Zusatz Optionsgeschäfte.  Siehe das European Master Agreement, (f) Zusatz Optionsgeschäfte, in dem die mit der Aktie verbundenen Verwaltungsrechte nicht erwähnt werden.  Casper, Optionsvertrag, S. 115 f.  Siehe dazu Casper, Optionsvertrag, S. 115, allerdings wird dort die Situation beschrieben, dass jemand eine Option auf eine Sache hat und den Stillhalter die Pflicht zur Erhaltung der Sache trifft.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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der Put-Option auch bewusst. Dennoch scheint eine derartige Pflicht nicht abwegig, wenn der Inhaber der Put-Option durch sein Abstimmungsverhalten tatsächlich Einfluss auf die Entscheidungsfindung in der Gesellschaft nehmen kann und diese schädigt; denn die Aktien verbriefen nur Teile des Eigentums an der Unternehmung.⁶⁷¹ Wie beim Wertpapierdarlehen und dem Verkauf nach Record Date, dürfte es allerdings auch hier äußerst schwierig sein, einen konkreten Schaden zu berechnen und nachzuweisen. Insofern scheint es zweifelhaft, ob ein möglicher Schadensersatzanspruch einen hinreichenden Anreiz setzt, das Stimmrecht gemäß den Interessen des Stillhalters auszuüben.

(d) Publizitätspflichten gemäß §§ 21 ff. WpHG bei Put-Optionen Die Transparenzpflichten, die Derivate betreffen, sind insbesondere aufgrund der Problematik der hidden ownership in den Fokus der rechtswissenschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt. Zunächst werden nach allgemeiner Ansicht dingliche Call-Optionen auf die Stimmrechtszahl bezüglich der Publizitätspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG angerechnet.⁶⁷² Dagegen war lange umstritten, ob schuldrechtlich ausgestaltete Call-Optionen, bei denen die Ausübung des Rechts nur zu einem unbedingten schuldrechtlichen Anspruch führt, von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG erfasst sind.⁶⁷³ Dieser Streit wurde mit dem Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetz⁶⁷⁴ vom Gesetzgeber dahingehend entschieden, dass nur dingliche Call-Optionen unter die

 Casper, Optionsvertrag, S. 247, Fn. 18, denkt über eine Haftung nach, wenn aufgrund einer Kapitalerhöhung der Aktienkurs aufgrund der Preisangleichung absinkt und der Verkäufer einer Call-Option eine Sperrminorität hält. Allerdings sieht er auch in diesem Fall für eine Haftung nur dann Raum, wenn die Zustimmung zur Kapitalerhöhung durch den Verkäufer der Call-Option mit Schädigungsabsicht geschehe. Woher diese Wertung kommt, legt er allerdings nicht offen. Auch bleibt unklar, was dann Grundlage der Haftung wäre, der Optionsvertrag oder § 826 BGB (für letztere Grundlage spricht das Erfordernis der Schädigungsabsicht).  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 103; v. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 121; Süßmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 13 Rn. 25; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503.  Siehe Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503; v. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 112, m.w.N. zum Streitstand.  Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG vom 5. Januar 2007, BGBl. I 2007, 10 ff.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Vorschrift fallen.⁶⁷⁵ Darüber hinaus wurde im Bezug auf Derivate mit § 25 WpHG eine spezielle Meldepflicht für Finanzinstrumente geschaffen, die „ihrem Inhaber das Recht verleihen, einseitig im Rahmen einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung mit Stimmrechten verbundene bereits ausgegebene Aktien“ zu erwerben. Diese Pflicht tritt neben die Meldepflicht aus § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG.⁶⁷⁶ Mit dem Risikobegrenzungsgesetz aus dem Jahre 2008 sollte die Meldedichte weiter erhöht und die Transparenz verbessert werden.⁶⁷⁷ Dazu wurde eine Zusammenrechnung der nach §§ 21 f.WpHG gehaltenen Aktien und Finanzinstrumenten i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG angeordnet, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 3 1. Hs WpHG.⁶⁷⁸ Diese gilt allerdings nur für die spezielle, sich auf Finanzinstrumente beziehende Meldepflicht des § 25 WpHG.⁶⁷⁹ Für diese Meldepflicht gelten die Schwellen des § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG, mit Ausnahme der Drei-Prozent-Schwelle, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 a. E. WpHG. Der Anwendungsbereich von § 25 WpHG wurde durch das Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes weiter ausgedehnt. Zudem wurde mit § 25a WpHG eine zusätzliche Meldepflicht beim Halten von weiteren Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten eingeführt.⁶⁸⁰

(aa) Put-Optionen nicht erfasst Unumstritten ist allerdings, dass die für das Decoupling relevanten Put-Optionen auf Seiten des Halters nicht von den bestehenden Meldepflichten erfasst werden. Das gilt zunächst für die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, also dem Halten auf fremde Rechnung. In Frage käme hier allenfalls eine Zurechnung zum Stillhalter der Optionsvereinbarung. Eine solche scheidet aber aufgrund der Tatsache, dass dieser nie Einfluss auf die Stimmrechtsausübung haben wird, aus.⁶⁸¹

 Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/2498, S. 37; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1503; Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 183. Ein anderes Verständnis legt U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 104– 111, zugrunde, der davon ausgeht, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG sei ein „Auffangtatbestand“(Rn. 109) für schuldrechtliche Erwerbsrechte, die von § 25 WpHG nicht erfasst seien, weil sie nicht durch Finanzinstrumente vermittelt werden.  Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/2498, S. 36; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 2. Siehe auch Göres, Der Konzern 2007, 15, 18.  Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/7438, S. 11 f.; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1506 f.; Brandt, BKR 2008, 441, 442; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 60.  Dazu König, BB 2008, 1910, 1912.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 60; Brandt, BKR 2008, 441, 442; Weber-Rey, DStR 2008, 1967, 1968; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 60.  Dazu noch näher sogleich.  V. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 89 f.

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Auch § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG erfasst keine Put-Optionen; wiederum käme nur eine Zurechnung an den Stillhalter in Frage.⁶⁸² Weiter fallen Put-Optionen nicht in den Anwendungsbereich des § 25 WpHG. Es käme ebenfalls nur eine Stimmrechtszuordnung an den Stillhalter in Betracht, jedoch erwirbt dieser keine einseitige Erwerbsposition.⁶⁸³ Im Zuge der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes wurde die Derivate betreffende Publizität weiter ausgedehnt. Es wurde mit § 25a WpHG eine neue, von den bislang bestehenden Meldepflichten zu unterscheidende, Mitteilungspflicht geschaffen. Diese umfasst das „Halten sonstiger Finanzinstrumente und Instrumente“. Der Gesetzgeber hat damit auf Fälle der hidden ownership reagiert und wollte das „Anschleichen“ an börsennotierte Aktiengesellschaften eindämmen.⁶⁸⁴ Die neue Transparenzpflicht, die an die §§ 21, 22 und 25 WpHG anknüpft, soll Transparenzlücken schließen und alle Instrumente erfassen, die es dem Inhaber „faktisch oder wirtschaftlich“ ermöglichen, Aktien eines Emittenten zu erwerben. Davon ist auch die Put-Option erfasst, allerdings betrifft dies nur den Stillhalter. Da dieser bei Ausübung der Option möglicherweise eine stimmberechtigte Aktie erwirbt, müssen nun auch Put-Optionen gemeldet werden. Dies gilt nach § 25a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG für Put-Optionen mit Realerfüllung, nach § 25a Abs. 1 Satz Nr. 1 WpHG für Put-Optionen mit Barausgleich.⁶⁸⁵ Der Inhaber einer PutOption unterliegt aber weiterhin keiner Publizitätspflicht. Somit lässt sich feststellen, dass der Inhaber einer Put-Option, der tatsächlich Aktien hält, nur den Aktienbesitz nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG melden muss, wenn er die normierten Schwellen überschreitet. Eine Pflicht, Put-Positionen offenzulegen, besteht hingegen nicht. Für die Marktteilnehmer und die Mitaktionäre ist nicht zu erkennen, wenn ein Aktionär seine Position durch den Kauf von PutOptionen abgesichert hat und somit risikoentleerte Stimmrechte ausübt.

 V. Bülow, in: KöKo WpHG, § 22 Rn. 118.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 28; Renz/Rippel, BKR 2009, 265, 269.  Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, S. 1, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011. Siehe Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 847 f., für einen Überblick über die Diskussion.  Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, S. 26 f., abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

(bb) Auch cash settled Call-Optionen erfasst⁶⁸⁶ Die Anknüpfung der Publizitätspflichten des WpHG an die Stimmrechte hatte bislang zur Folge, dass auch nur solche Call-Optionen erfasst werden, die die tatsächliche Lieferung einer Aktie zum Gegenstand haben, also physically settled sind.⁶⁸⁷ Denn nur diese gewähren das Recht, später durch die Stimmrechtsausübung Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen, da nur die Aktie das Stimmrecht vermittelt. Call-Optionen, die demgegenüber auf Barausgleich gerichtet sind und somit der Spekulation oder Absicherung dienen, waren nicht erfasst. Dies hat sich mit der neuen Publizitätspflicht nach § 25a WpHG geändert. Diese erfasst auch Call-Optionen mit Barausgleich. Wird hinsichtlich solcher Instrumente eine Schwelle von fünf Prozent überschritten, dann greift eine Mitteilungspflicht, die sich allerdings nur auf potentiell zu erwerbende Instrumente bezieht – eine Zusammenrechnung mit den nach §§ 21, 22 und 25 WpHG mitzuteilenden Stimmrechtsanteilen findet nicht statt.⁶⁸⁸ Der Gesetzgeber wollte durch diese separate Pflicht einen unzutreffenden Eindruck über die bestehenden Beteiligungsverhältnisse vermeiden.⁶⁸⁹

(e) Publizitätspflicht für Netto-Leerverkaufspositionen, § 30i WpHG Die neuen Transparenzvorschriften für Leerverkäufe (§30i WpHG) erfassen hingegen derivative Short-Positionen.⁶⁹⁰

(aa) Put-Optionen von der Publizitätspflicht erfasst Laut Gesetzesbegründung sind in diese Berechnung alle Short-Positionen einzubeziehen, namentlich der Verkauf von Futures, der Kauf von Verkaufsoptionen, Differenzkontrakte und Swaps, und zwar unabhängig davon, ob eine physische Belieferung oder ein Barausgleich vorgesehen ist. Um Umgehungen zu vermeiden,

 Die Behandlung dieser Fragen erfolgt aus Gründen des Zusammenhangs mit § 25 WpHG an dieser Stelle, ist aber für die Frage des Decouplings mittels einer Put-Option nicht von Relevanz. Sie wird im Rahmen des gegenläufigen Investments interessant, da cash-settled Call-Optionen erlauben, auf einen steigenden Kurs zu spekulieren. Siehe dazu noch unten unter Teil 3, III.1.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 16; Renz/Rippel, BKR 2009, 265, 269; Brandt, BKR 2008, 441, 445; Göres, Der Konzern 2007, 15, 18; Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 233.  Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 849; Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 686.  Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, S. 40, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011.Dazu Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 849; Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 686.  Siehe dazu bereits oben unter Teil 3, II.3.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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werden auch Finanzinstrumente erfasst, die sich auf Baskets oder Indizes beziehen sowie entsprechende Anteile an Exchange Traded Funds, solange diese eine Short-Position hinsichtlich der entsprechenden Aktie begründen.⁶⁹¹ Die Inhaber von Publikumssondervermögen sind hingegen nicht veröffentlichungspflichtig, solange es sich nicht um für die jeweiligen Inhaber aufgelegte Spezialsondervermögen oder verwaltete Portfolien handelt.⁶⁹² Hintergrund dürfte die Überlegung sein, dass die Inhaber von Publikumsfonds grundsätzlich keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Portfoliogestaltung haben und daher eine Leerverkaufsposition in einem Publikumsfond nicht die Einschätzung des Inhabers des Fondsanteils widerspiegelt. Ist es hingegen ein nur für den einzelnen Anleger aufgelegter Fond oder ein nur für ihn verwaltetes Portfolio, dann wird dieser Anleger typischerweise hinreichend Einflussmöglichkeiten auf die Anlagestrategie haben, so dass man ihm die Short-Position zurechnen muss.

(bb) Berechnung des wirtschaftlichen Interesses eines Inhabers von Finanzinstrumenten Nicht eindeutig geklärt ist allerdings, wie genau das aus einer Put-Option ausfließende wirtschaftliche Interesse zu berechnen ist. Im Rahmen der Regelung der hidden ownership stellt sich ein ähnliches Problem: auch hier soll das ökonomische Interesse von Finanzinstrumenten errechnet werden und der Markt hierüber informiert werden. Nach der Regierungsbegründung zu § 25a WpHG erfolgt die Berechnung in Anknüpfung an die Stimmrechte. Dies bedingt der Schutzzweck, die frühzeitige Warnung hinsichtlich eines anstehenden Kontrollwechsels. Dabei ist zu differenzieren. Beziehen sich die Finanzinstrumente direkt auf eine bestimmte Zahl von Stimmrechtsaktien, dann ist diese Zahl von Aktien für die Berechnung ausschlaggebend.⁶⁹³ In allen übrigen Fällen, also beispielsweise bei Indices und Baskets ist die Anzahl von Aktien ausschlaggebend, die zur vollständigen Absicherung der Position notwendig ist.⁶⁹⁴ Eine nachträgliche Anpassung der Meldung aufgrund der Änderung des Wertes dieser Finanzinstrumente ist

 BT-Drucks. 17/1952, S. 10.  BT-Drucks. 17/1952, S. 10.  Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte vom 11. Mai 2010, S. 40, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011; Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 848.  Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte, 11. Mai 2010, S. 40, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011; Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 848.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

nicht notwendig.⁶⁹⁵ Ein derartiger Ansatz macht bei der Frage nach Kontrollwechseln durchaus Sinn; bei der Transparenz von Short-Positionen kommt es aber auf die „economic exposure“⁶⁹⁶ an, d. h. in welchem Maße der Derivate-Inhaber an Kursveränderungen der zugrundeliegenden Aktie partizipiert. Dabei besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen der Wertentwicklung der Aktie und der Wertentwicklung des Derivats. Der Gesetzgeber hat in § 30i WpHG die Offenlegungspflicht an das „wirtschaftliche Gesamtinteresse“ angeknüpft. Probleme bereitet dabei die Bestimmung des Wertes, mit dem Optionen in diese Rechnung eingestellt werden sollen. Denn die Wertentwicklung einer Option gestaltet sich deutlich anders als bei einer Aktie, weshalb eine angepasste Betrachtungsweise verwandt werden muss. Im Rahmen der Finanzierungstheorie und der Portfolioberechnung gibt es inzwischen Möglichkeiten, Optionen zu bewerten und ihnen je nach dem Abstand zum Ausübungszeitpunkt (so bei den europäischen Optionen, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeübt werden können), einen bestimmten Wert zuzuweisen. Dieser Wert kann dann als Teil des „wirtschaftlichen Gesamtinteresses“ eingestellt werden. Die Berechnung funktioniert über das sog. Optionsdelta. Dieses beschreibt die Abhängigkeit des Optionspreises vom Kurs des Basiswertes.⁶⁹⁷ Das Optionsdelta drückt dabei die Zahl der Aktien aus, die man zur Absicherung einer derivativen Short-Position benötigt. D.h. bei einem Delta von 0,25 werden zur Absicherung je einer Short Position 0,25 Aktien benötigt. Eine Position von vier Put-Optionen mit einem Delta von 0,25 könnte folglich mit dem Kauf einer Aktie abgesichert werden.⁶⁹⁸ Allerdings ändert sich das Delta mit zunehmendem Zeitablauf, so dass eine ständige Anpassung des Portfolios notwendig ist, um das Risiko zu minimieren (sog. Delta Hedging).⁶⁹⁹ Das Delta wird sowohl von der BaFin und auch von der FSA als taugliche Größe zur Bemessung der „economic exposure“ zu den Risiken einer Aktie angesehen.⁷⁰⁰ Auch der Gesetzgeber hat sich in § 30i WpHG für eine derartige delta-basierte Betrachtung entschieden.⁷⁰¹

 Ein veränderter Delta-Faktor spielt insofern keine Rolle. Insofern unterscheidet sich die Regelung von der FSA eingeführten Transparenzpflicht, die den Ansatz der delta-adjusted-disclosure gewählt hat, siehe dazu Financial Services Authority, Policy Statement 09/3, Disclosure of Contracts for Difference, March 2009, S. 8.  BT-Drucks. 17/1952, S. 10.  Siehe zum Optionsdelta Hull, Optionen, 2009, S. 311 f., 449 – 455; Rudolph/Schäfer, Derivative Finanzinstrumente, S. 293 ff. Zur Berechnung der Netto-Leerverkaufsposition auch Tyrolt/ Bingel, BB 2010, 1419, 1421– 1423.  Beispiel nach Hull, Optionen, 2009, S. 311.  Siehe Hull, Optionen, 2009, S. 311, 452.  Siehe FAQ-Liste zur Transparenzregelung für Netto-Leerverkaufspositionen (Stand 23.03. 2010), abrufbar unter www.bafin.de (noch nicht zu § 30i WpHG, sondern zur Allgemeinverfü-

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bb) Forwards und Futures (1) Struktur von Forwards und Futures Forwards und Futures sind Verträge mit dem Inhalt, in der Zukunft ein Wertpapier zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Anders als bei einer Option beinhalten diese Vereinbarungen nicht das Ausübungsrecht einer Seite, sondern legen eine Lieferverpflichtung in der Zukunft fest, weshalb sie auch als Festgeschäfte bezeichnet werden.⁷⁰² Der wesentliche Unterschied zwischen einem Forward und einem Future besteht dabei darin, dass Futures an der Börse gehandelt werden, während Forwards außerbörslich, meist zwischen einem Finanzinstitut und einem seiner Klienten, vereinbart werden.⁷⁰³ Darüber hinaus sind Futures standardisiert, was sie erst börsenhandelbar macht. Forwards hingegen können individuell ausgehandelt werden.⁷⁰⁴ Derartige Terminkontrakte stellen damit das Gegenstück zu Kassageschäften dar, welche sofort erfüllt werden und bei denen somit sofort die Rechte und Pflichten übergehen. Ähnlich wie auch bei Optionen ist hier eine Barabwicklung möglich, wenn die Lieferung des Underlying kompliziert wäre, beispielsweise bei einem Future auf den Standard and Poor’s 500 Aktienindex; hier müssten 500 verschiedene Aktien geliefert werden.⁷⁰⁵

(2) Durch Forwards und Futures beseitigte Risiken Hinsichtlich der beseitigten Risiken gilt ähnliches wie beim Verkauf zwischen Record Date und Hauptversammlung. Hier bleibt die Seite des Derivats, die sich zu einer Lieferung der Aktie in Zukunft verpflichtet hat, weiterhin formell Eigentümer und kann sich somit am Record Date für die Hauptversammlung legitimieren. Sie ist dann abstimmungsberechtigt und kann Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Welche Folgen sie dann weiterhin treffen, hängt davon ab, für wann das Derivat terminiert ist, d. h. wann konkret die Liefer- bzw. Ausgleichsverpflichtung

gung zur Herstellung einer Transparenzpflicht), sowie Financial Services Authority, Financial Stability and Market Confidence Sourcebook Instrument 2010, S. 11 f. Die FSA nutzt das Delta auch im Zusammenhang mit der Pflicht zur Offenlegung von Finanzinstrumenten, die unter bestimmten Umständen den Zugriff auf Aktien erlauben (Problem der hidden ownership).  So auch Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 854.  Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 140.  Hull, Optionen, S. 26, 29; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.151 f.; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 140 f.  Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 140 f. Siehe zu einem tabellarischen Vergleich der Eigenschaften von Futures und Forwards Hull, Optionen, S. 68.  Hull, Optionen, S. 62. Siehe zur rechtlichen Beurteilung derartiger Index-Futures Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.160 – 14.178.

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entsteht. Gänzlich beseitigt ist in jedem Fall das Kursrisiko, da der Preis des Wertpapiers schon im Future bzw. Forward festgelegt ist. Sinkt der Aktienkurs, so wird dieser Kursverlust von der Gegenseite getragen. Die Frage, ob auch ein unter Umständen geminderter Residualanspruch, also beispielsweise Dividendenanspruch, getragen werden muss, ist davon abhängig, wann die Aktie geliefert werden muss, bzw. wann ein finanzieller Ausgleich erfolgt.

(3) Rechtlicher Regelungsrahmen (a) Vertragliche Ausgestaltung (aa) Futures und Forwards als Kaufverträge Futures und auch Forwards stellen gewöhnliche Kaufverträge dar, deren Erfüllung in die Zukunft verschoben ist. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten. Diese Qualifikation kann allerdings nicht uneingeschränkt für Index-Futures gelten, mittels derer auf einen Index spekuliert werden kann. Obwohl auch in diesen Fällen von Käufer und Verkäufer gesprochen wird, kommt doch wegen der fehlenden Möglichkeit der Erfüllung kein Anspruch auf Lieferung zustande. Denn der Verkäufer liefert weder Aktien noch unverbriefte Rechte.⁷⁰⁶ Allerdings haben die Vertragspartner wirtschaftlich gesehen eine ähnliche Vertragsposition wie die Parteien eines Kaufvertrages über die Lieferung und Abnahme aller Wertpapiere des Index‘.⁷⁰⁷ Beide Parteien erwerben eine Gewinnaussicht, so dass es sich um einen atypischen Kaufvertrag handelt.⁷⁰⁸

(bb) Keine Regelung der Stimmrechtsausübung Wie auch bei den Optionsvereinbarungen finden sich regelmäßig keine Regelungen über das Stimmrecht. Wiederum gestaltet sich die Situation so, dass die kapitalmarktrechtlich geprägten Festgeschäfte, die auf alle Wertpapiere, also nicht nur Aktien, Anwendung finden, nicht hinreichend in Betracht ziehen, dass die Aktie nicht nur einen zukünftigen Zahlungsstrom verbrieft, sondern auch die Mitgliedschaft und die damit verbundenen Mitverwaltungsrechte. Dazu kommt, dass Forwards und Futures häufig allein der Spekulation dienen. Deshalb erwartet die Gegenseite auch nicht, dass tatsächlich eine Aktie gehalten und mittels dieser auf die Unternehmung Einfluss genommen wird.

 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.163.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.175.  Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.175 – 14.178.

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Hält der Inhaber von Forwards oder Futures daneben noch tatsächlich Aktien, so gleicht seine Situation derjenigen des Verkaufs zwischen Record Date und Hauptversammlung. Auch hier trägt der formell legitimierte Aktionär nicht mehr die Auswirkungen seines Abstimmungsverhaltens, da bereits eine zukünftige Abnahme- bzw. Ausgleichspflicht der Gegenpartei besteht. Insofern gelten hinsichtlich der Stimmrechtsausübung dieselben Erwägungen.⁷⁰⁹

(b) Publizitätsvorschriften gemäß §§ 21 ff. WpHG bei Forwards und Futures Wie Put-Optionen, so fallen auch Forwards und Futures nicht unter das bislang bestehende Publizitätsregime des WpHG, zumindest nicht für denjenigen, der bis zum vereinbarten Termin Aktionär bleibt. Dieser muss seine Stimmrechte melden, solange er noch Eigentümer der Aktien ist, aber den Markt nicht darüber informieren, dass seine Position abgesichert bzw. von beschränkter Dauer ist. Future- und Forward-Kontrakte müssen somit auf Seiten des Verkäufers nicht offengelegt werden. Dies gilt sowohl für solche mit Real-, als auch für solche mit Barausgleich. Anders verhält es sich für den Käufer im Rahmen der jeweiligen Verträge, wenn diese auf die tatsächliche Lieferung einer Aktie gerichtet sind. In diesem Fall muss der Käufer die Aktie (also die Long-Seite des Derivats) im Rahmen von § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG ab dem Moment des Vertragsschlusses und unabhängig von der Frage, ob der Verkäufer später tatsächlich wird erfüllen können, zu seinem Bestand hinzurechnen.⁷¹⁰

(c) Publizitätspflicht für Netto-Leerverkaufspositionen, § 30i WpHG Auch Forwards- und Futures sind als Finanzinstrumente von der Publizitätspflicht für Leerverkäufe erfasst. Sie müssen ebenfalls in die Berechnung des „wirtschaftlichen Interesses“ eingestellt werden.⁷¹¹ Dies führt jedoch, solange die Short-Positionen die Aktienposition nicht überwiegen, nicht zu einer Offenlegungspflicht für den abgesichert abstimmenden Aktionär.

 Siehe dazu oben unter Teil 3, II.2.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 20 f.  Siehe BT-Drucks. 17/1952, S. 10.

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cc) Equity Swaps (1) Struktur von Swaps Einen anderen Typ Derivat stellen Swaps dar. Wie die englische Bezeichnung bereits andeutet, geht es dabei um den Austausch von Zahlungsströmen.⁷¹² In der Grundkonstellation wird ein variabler Zinssatz gegen einen festen Zinssatz getauscht (Zinsswap).⁷¹³ Alternativ werden die festen Zinssätze zweier verschiedener Währungen getauscht (Währungsswap).⁷¹⁴ Swaps werden zu verschiedenen Zwecken genutzt. Einerseits können sie dazu dienen, Verbindlichkeiten anzupassen und beispielsweise ein variabel verzinstes Darlehen in ein festverzinsliches umzuwandeln.⁷¹⁵ Andererseits können die Zahlungsströme von einzelnen Vermögensgegenständen in einem Portfolio angepasst werden.⁷¹⁶ Durch diese Konstruktionen können die Swap-Teilnehmer ihr Portfolio nach ihren eigenen Risikovorstellungen gestalten und Planungssicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Zahlungsströme erhalten.⁷¹⁷ Darüber hinaus können komparative Vorteile genutzt werden: wenn ein Unternehmen niedriger Bonität sowohl auf dem Markt für variabel als auch auf dem Markt für fest verzinsliche Darlehen bzw. in zwei verschiedenen Währungen höhere Zinsen zahlen muss als ein Unternehmen mit höherer Bonität, dafür aber eine niedrigere Zinsspanne zwischen dem Markt für festverzinsliche Darlehen und dem Markt für variabel verzinste Darlehen besteht, kann es die Lasten auf einem Markt besser tragen.⁷¹⁸ Somit wird ein Kredit bei abgeschlossenem Swap sowohl für das Unternehmen mit höherer Bonität als auch für das mit niedrigerer Bonität günstiger.⁷¹⁹ Swaps, die Aktien betreffen und aus diesen resultierende Zahlungsströme zum Gegenstand haben, werden als Equity Swaps bezeichnet.⁷²⁰ Auch hier werden Zahlungsströme aus verschiedenen Vermögensgegenständen ausgetauscht, was eine Anpassung des Portfolios und die Wandlung von Renditen aus einem Ak-

 Hull, Optionen, S. 192; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 143; Henderson, Derivatives, S. 33.  Siehe zum Grundmodell des Zinsswaps Hull, Optionen, S. 192. Mit Beispielen Fleckner, ZBB 2005, 96 ff.  Siehe dazu Hull, Optionen, 2009, S. 209 f.; Henderson, Derivatives, S. 34.  Siehe dazu jeweils mit Beispiel Hull, Optionen, S. 194 f.; Henderson, Derivatives, S. 38.  Siehe zu dieser Funktion mit Beispiel Hull, Optionen, S. 195 f.  Siehe mit Beispiel Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.91.  Siehe jeweils mit Beispielen zu den komparativen Vorteilen beim Zinsswap Hull, Optionen, S. 200 – 203; Henderson, Derivatives, S. 39, sowie beim Währungsswap Hull, Optionen, S. 209 – 213; Henderson, Derivatives, S. 34.  Hull, Optionen, S. 201 f.; Schweppe, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 143.  Henderson, Derivatives, S. 86; Hudson, Law on Derivatives, S. 73.

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tieninvestment in Renditen aus Anlagen mit festem oder variablem Zinssatz ermöglicht.⁷²¹ Hauptmotivation ist hier die unterschiedliche Einschätzung bestimmter Risiken der Swap-Parteien.⁷²² Dabei können die Basiswerte stark variieren; gewöhnlich bezieht sich ein Equity Swap nicht auf eine einzelne Aktie, sondern entweder auf einen Aktienindex oder auf ein individuell zwischen den Vertragsparteien vereinbartes Aktienportfolio.⁷²³ Auf diese Weise wird Spekulation verbilligt, da die dem Geschäft zugrundeliegenden Aktien nicht gekauft werden müssen und so ein deutlich geringerer Kapitaleinsatz notwendig ist.⁷²⁴ Darüber hinaus werden die Gebühren für den Kauf verschiedener Aktien gespart, die gerade bei der Spekulation auf einen Index ein erhebliches Volumen erreichen können.⁷²⁵

(2) Durch Equity Swaps beseitigte Risiken In einem typischen Equity Swap ermöglicht ein Finanzintermediär, typischerweise eine Bank, der Gegenpartei die verbilligte Spekulation, indem er ihr verspricht eine Summe, die allen Kursgewinnen sowie allen Dividendenzahlungen aus den Basiswerten entspricht, zu bezahlen. Dafür muss die Gegenpartei einen festen oder variablen Zinssatz leisten und außerdem einen möglichen Kursverlust der zugrundeliegenden Aktien tragen.⁷²⁶ Die Rollen können aber auch vertauscht sein, was einem Aktionär die Absicherung seiner Position ermöglicht. In diesem Fall muss er einen Kursanstieg sowie anfallende Dividenden an die Bank bezahlen, dafür werden negative Kursentwicklungen ersetzt und er erhält einen variablen Zinssatz.⁷²⁷ Hält der Aktionäre einen derartigen Swap neben seinen Aktien, dann ist seine Position vollkommen abgesichert, da er aufgrund der Pflicht, positive Erträge der Bank zu erstatten nicht von positiven Kursentwicklungen und hohen Dividendenzahlungen profitiert. Andererseits werden ihm Kursverluste ersetzt, so dass auch eine negative Entwicklung für die Rendite seines Portfolios bedeutungslos ist. Damit werden sowohl das Risiko des Residualanspruches als auch das  Hull, Optionen, S. 220; Hudson, Law on Derivatives, S. 73 f.  Hudson, Law on Derivatives, S. 73.  Henderson, Derivatives, S. 86; Hudson, Law on Derivatives, S. 73. Ein Aktienindex könnte beispielsweise der S&P 500 sein, der die Aktien 500 wichtiger US-amerikanischer Unternehmen beinhaltet, vgl. Hull, Optionen, S. 220.  Henderson, Derivatives, S. 86, 88.  Henderson, Derivatives, S. 88.  Siehe mit Beispiel und Schaubild Henderson, Derivatives, S. 86 f.  Siehe zu dieser Konstellation mit Schaubild das Angebot der „Bank of New York Mellon“ unter https://gm.bankofny.com/Derivatives/ProductNotes/Equity.aspx?RowIndex=3.

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Kursrisiko durch einen Equity Swap abgedeckt und gleichsam versichert. Der Abschluss eines solchen Swap-Vertrages führt, wenn gleichzeitig noch Aktien gehalten werden, zu risikoentleerten Stimmrechten.

(3) Rechtlicher Regelungsrahmen (a) Rechtliche Gestaltung und Hindernisse für die Stimmrechtsausübung Rechtlich stellen Equity Swaps eigene Vertragstypen dar, die nicht gesetzlich geregelt sind. Sie werden im Rahmen der Privatautonomie der Parteien abgeschlossen. Wie auch beim Wertpapierdarlehen und bei den Put-Optionen gibt es standardisierte Rahmenverträge für den Abschluss von Swap-Geschäften.⁷²⁸ Inhaltlich handelt es sich entgegen der englischen Übersetzung des Wortes „swap“ nicht um den Tausch von Gegenständen, also Forderungen oder Rechten, sondern um die Begründung jeweils neuer Verpflichtungen, die der Höhe nach an anderen Werten ausgerichtet sind. Diese Werte sind von der Zahlung aus den bestehenden Vertrags- bzw. Mitgliedschaftsverhältnissen unabhängig.⁷²⁹ Deswegen sind Swaps als Verträge sui generis einzuordnen.⁷³⁰ Beschränkungen hinsichtlich der Stimmrechtsausübung finden sich auch in den standardisierten Swap-Verträgen nicht. Dies liegt zum einen daran, dass diese ursprünglich für Zahlungsströme aus Darlehenszahlungen geschaffen wurden und insoweit eine Stimmrechtsregelung keinen Sinn gehabt hätte. Zum anderen ist bei diesen Verträgen, anders als beim Wertpapierdarlehen oder bei der physicallysettled Put-Option, kein wirklicher Bezug zum Basiswert (der Aktie) gegeben. Denn für die Vertragsparteien eines Equity Swaps ist es nicht notwendig, tatsächlich die zugrundeliegende Aktie zu halten.

(b) Publizitätspflichten der §§ 21 ff. WpHG Equity Swaps waren bislang nicht von den Publizitätspflichten erfasst, denn sie begründen kein Stimmrecht, auch kein hypothetisches.⁷³¹ Da Equity Swaps in den

 Siehe zum bekanntesten Standardvertrag, den Equity Definitions die Nachweise in Fn. 668.  So zu den Zins-Swaps Alsheimer, Rechtsnatur, S. 83. Da bei einem Zins-Swap auch nur laufend Zahlungsströme in verschiedener Höhe ausgetauscht werden, kann für einen Equity Swap nichts anderes gelten. Gegen Einordnung als Tausch auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.307.  Alsheimer, Rechtsnatur, S. 84; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 14.311.  Renz/Rippel, BKR 2009, 265, 270.

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bisherigen Fällen der hidden-ownership eingesetzt wurden,⁷³² ordnet der neu eingeführte § 25a WpHG eine Offenlegungspflicht für die Long-Seite eines Equity Swaps an. Denn typischerweise wird sich die Gegenseite durch den Kauf der Aktie absichern und diese nach Ende der Swap-Vereinbarung dann verkaufen wollen. So besteht für die Long-Seite eine gute Chance, diese Aktien zu erwerben,weshalb der Gesetzgeber eine Offenlegungspflicht als notwendig erachtete. In den hier interessierenden Konstellationen sichert aber der Aktionär mit dem Swap seine Position ab und ist Inhaber der Short-Seite. Somit ist er zwar hinsichtlich der von ihm gehaltenen Aktien nach den §§ 21 f.WpHG meldepflichtig, nicht aber hinsichtlich der Swap-Position. Somit ist auch Falle der Absicherung mit Equity Swaps für die Marktteilnehmer und die Mitaktionäre nicht zu erkennen, wenn ein Aktionär risikoentleerte Stimmrechte ausübt.

(c) Publizitätspflicht für Netto-Leerverkaufspositionen, § 30i WpHG Auch Equity Swaps müssen im Rahmen der Publizitätspflicht für Leerverkäufe berücksichtigt werden, weil auch sie eine Spekulation auf ein Fallen des Kurses erlauben und insoweit einen Teil der „economic exposure“ des Inhabers reflektieren.⁷³³

dd) Differenzkontrakte (Contracts for Difference) (1) Struktur von Differenzkontrakten Einen relativ neuen Typ von Derivat stellen die sog. Differenzkontrakte (im Englischen Contracts for Difference, kurz CfD) dar, die erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben.⁷³⁴ Mittels derartiger Verträge kann leicht eine Long- oder Short-Position eingenommen werden. Der Käufer des Differenzkontraktes bezahlt der Gegenpartei, üblicherweise einer Investmentbank, eine Gebühr. Diese ersetzt ihm dafür am Laufzeitende die Differenz zwischen dem anfänglichen Kurs und dem gegenwärtigen Kurs, wenn dieser sich in die gehoffte Richtung bewegt hat. Nimmt der

 Insbesondere im Schaeffler-Continental-Fall, siehe dazu schon oben die Nachweise in Fn. 687. Siehe auch Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 684 („Antwort des deutschen Gesetzgebers auf den Fall Schaeffler/Continental“).  Auch Swaps sind in der Gesetzesbegrüdung beispielhaft als einzubeziehende Produkte genannt, vgl. BT-Drucks. 17/1952, S. 10.  Siehe die Zahlen für England, bei Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Consultation and Draft Handbook Text, November 2007, S. 13. Diese Daten stammen aus einem Datensatz britischer CfD-Anbieter.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Käufer eine Short-Position ein, so bekommt er den Unterschied zwischen Kurs bei Abschluss und Kurs bei Laufzeitende ersetzt, wenn der Kurs gefallen ist. Hofft der Käufer demgegenüber auf einen steigenden Kurs, dann kauft er eine Long-Position und bekommt die Kursdifferenz ausbezahlt, wenn der Kurs gestiegen ist. Die Differenzkontrakte laufen dabei in der Regel unbefristet und können vom Käufer jederzeit aufgelöst werden.⁷³⁵ CfD enthalten Regelungen bezüglich Dividendenzahlungen und eventuell emittierten Bezugsrechten – so werden sog. „synthetische Dividenden“ ausgezahlt und Anpassungen bei der Emission von Bezugsrechten vorgenommen, um die dadurch hervorgerufenen Kursveränderungen auszugleichen.⁷³⁶ Dies gilt jedoch nur bei CfD, die auf ein Ansteigen des Kurses setzen, nicht hingegen auf synthetische Short-Positionen. Eine Regelung hinsichtlich des Stimmrechts oder ähnlichem findet sich nicht, da es auch bei den CfD nicht üblich ist, dass die Gegenseite Aktien hält. Gründe für den Abschluss von Differenzenkontrakten sind zum einen die Möglichkeit mit geringem Kapitaleinsatz stark an Kursbewegungen zu partizipieren (Leverage-Effekt). Zum anderen bieten diese Produkte einen einfachen Weg, eine Short-Position einzunehmen und müssen zudem bislang nur in wenigen Rechtsordnungen offengelegt werden.⁷³⁷

(2) Durch Differenzkontrakte beseitigte Risiken Setzt ein Aktionär durch derartige Kontrakte auf fallende Kurse, nimmt er also eine Short-Position ein, so wird das Risiko aus Aktien, die er hält, beseitigt. Wie bei Leerverkäufen steigt bei einem Absinken des Kurses der Wert der CfD-Position und gleicht den Kursverlust aus. Das Risiko niedrigerer Dividendenzahlungen wird hingegen weiterhin getragen, weil bei einer mittels eines Differenzkontraktes eingenommenen Short-Position keine synthetischen Dividenden gezahlt werden. Wie auch bei Leerverkäufen kann der Aktionär das Risiko teilweise oder vollständig beseitigen, so dass risikoentleerte Stimmrechte entstehen.

 Vgl. Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Consultation and Draft Handbook Text, November 2007, S. 11.  Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Consultation and Draft Handbook Text, November 2007, S. 11.  Siehe zu den Gründen den Überblick bei Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference, Consultation and Draft Handbook Text, November 2007, S. 12.

II. Beseitigung der Risiken – risikoentleerte Stimmrechte

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(3) Rechtlicher Regelungsrahmen (a) Rechtliche Gestaltung Rechtlich gesehen handelt es sich bei den Differenzkontrakten um einen atypischen Vertrag, der im Rahmen der Privatautonomie abgeschlossen und ausgestaltet wird. Diese Verträge sind von den Anbietern standardisiert.

(b) Publizitätspflichten der §§ 21 ff. WpHG Da es sich bei den Differenzkontrakten mittels derer eine Short-Position eingenommen wird, um schuldrechtliche Vereinbarungen handelt, die keinen Zugang zu Stimmrechtsaktien ermöglichen, werden sie nicht vom Transparenzregime der §§ 21 ff. WpHG erfasst. Anders verhält es sich mit Differenzkontrakten, die eine Long-Position nachbilden. Da sich die Gegenpartei regelmäßig mit dem Kauf einer Aktie absichert, besteht unter Umständen für den Inhaber eines Differenzkontraktes die Möglichkeit, nach Ende des Vertrages diese Absicherungsaktien zu erwerben. Dies macht das Problem der „hidden ownership“ aus, weshalb derartige Positionen von der neu eingeführten Meldepflicht des § 25a WpHG erfasst sind.⁷³⁸

(c) Publizitätspflicht für Netto-Leerverkaufspositionen Auch Short-Positionen, die aus Differenzkontrakten resultieren, müssen im Rahmen der Publizitätspflicht für Leerverkäufe berücksichtigt werden, denn auch sie erlauben eine Spekulation auf ein Fallen des Kurses und reflektieren insoweit einen Teil der „economic exposure“ des Inhabers.

d) Zusammenfassung Derivate werden in der Regel zur Absicherung des Portfolios gegen verschiedene Risiken oder zur Gewinnerzielung aufgrund antizipierter Kursbewegungen abgeschlossen. Sie dienen regelmäßig dem Risikomanagement und der Spekulation. Verschiedene Derivate sind aufgrund ihrer rechtlichen Gestaltung geeignet, das Risiko des Residualanspruches sowie das Kursrisiko eines Aktionärs zu beseitigen. Insbesondere Put-Optionen, Forwards und Futures, Equity Swaps und Differenzkontrakte können hierzu verwendet werden. Durch die verschiedenen  Siehe ausdrücklich die Erwähnung von Differenzkontrakten in der Gesetzesbegründung, Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, S. 40, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de, zuletzt geprüft am 15.03. 2011.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Absicherungen und Risikoverschiebungen entsteht eine für den Aktionär individuelle Gesamtposition, die eine von den anderen Aktionären unterschiedliche Betroffenheit bei Veränderungen des Kurses und der Aktienerträge bedeutet. Diese Derivat-Vereinbarungen enthalten keine Regelungen zur Stimmrechtsausübung, da Derivate grundsätzlich nicht das Halten der zugrundeliegenden Aktie vorsehen und anderen Zwecken dienen. Das bislang bestehende Publizitätsregime erfasst Derivate, die eine Beseitigung des Risikos erlauben, nicht. Denn sein Zweck ist es, den Markt über die Eigentümerstruktur und mögliche Übernahmen zu informieren. Dazu ist aber nur die Meldung desjenigen notwendig, der eine Stimmrechtsaktie oder ein nicht mehr zu beseitigendes Recht auf eine Stimmrechtsaktie hat. Somit müssen Derivate, die eine Short-Position vermitteln, nicht offengelegt werden. Für die anderen Aktionäre wie auch für den Markt ist insofern nicht zu erkennen, dass die Aktionäre nicht das volle Risiko tragen und risikoentleerte Stimmrechte bestehen. Dies gilt auch nach Einführung von § 30i WpHG. Entsprechende Derivate müssen zwar bei der Berechnung des „ökonomischen Risikos“ berücksichtigt werden. Da aber nur eine Netto-Leerverkaufsposition offengelegt werden muss, werden die risikoentleerten Stimmrechte nicht erfasst.

5. Zwischenergebnis Verschiedene rechtliche Gestaltungen erlauben eine Beseitigung des Risikos des Residualanspruchs sowie des Kursrisikos, die ein Aktionär typischerweise zu tragen hat. Zu nennen sind Wertpapierdarlehen, Leerverkäufe und Derivate; ein wirtschaftlich vergleichbares Ergebnis lässt sich mit einem Verkauf der Aktien zwischen Record Date und Hauptversammlung erreichen. Die erst genannten Instrumente haben ihren Ursprung in einem legitimen kapitalmarktrechtlichen Bedürfnis und dienen unter anderem dem Risikomanagement und der Spekulation. Bei der rechtlichen Behandlung dieser Instrumente wird meist ausgeblendet, dass eine Aktie, im Gegensatz zu anderen Wertpapieren (wie beispielsweise Anleihen) auch ein Mitgliedschaftsrecht verbrieft und damit Verwaltungsrechte verbunden sind. Aus kapitalmarktrechtlicher Perspektive erscheinen die Steuerung des Unternehmens und der damit verbundene Einfluss auf die Ertragskraft der Unternehmung als exogene Größe, die nicht beeinflusst werden kann. Sie findet ihren Niederschlag allein im Regime der Regelpublizität (§§ 21 ff.WpHG), das an das Stimmrecht anknüpft und dem Zweck dient, die möglichen Kursgewinne einer Übernahme frühzeitig dem Kapitalmarkt offenzulegen und möglichst viele Aktionäre an einer Kontrollprämie zu beteiligen. Der körperschaftliche Bezug, den

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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Finanzinstrumente aufweisen können, wird vom Kapitalmarktrecht nicht berücksichtigt. Diese Feststellung gilt auch im Bezug auf das Transparenzregime für Leerverkaufs-Positionen, das mit § 30i WpHG ab März 2012 Geltung beansprucht. Dieses System zielt auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes und nicht auf Transparenz hinsichtlich der Risikotragung der einzelnen Aktionäre. Es erfasst zwar Leerverkäufe und Derivate, die geeignet sind, das Kursrisiko wie auch das Risiko des Residualanspruches zu beseitigen. Eine Meldung ist jedoch erst erforderlich, wenn eine Netto-Leerverkaufsposition besteht, d. h. wenn bei Betrachtung aller Positionen des Aktionärs die Short-Position größer ist als die LongPosition. Erst wenn eine derartige Netto-Position vorliegt, muss nach Ansicht des Gesetzgebers der Markt informiert werden. Die Beseitigung der Risiken des Aktienbesitzes muss hingegen nicht gemeldet werden.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment Ein gradueller Unterschied zu den risikoentleerten Stimmrechten besteht beim Decoupling mittels eines gegenläufigen Investments. Dies betrifft Konstellationen, in denen Residual- und Kursrisiko nicht nur aufgehoben sind, sondern der Aktionär darüber hinaus ein Interesse an einer negativen Entwicklung der Unternehmung hat bzw. er sein Stimmrecht nicht zur Wertmaximierung des Unternehmens sondern zur Wertmaximierung eines Gesamtportfolios ausübt und dadurch die erhöhte Gefahr besteht, dass er zum Schaden der Unternehmung abstimmt.

1. Hedging mittels gegenläufiger Positionen Ein gegenläufiges Investment, das in seiner Kursentwicklung von der Entwicklung der Aktiengesellschaft, in der das Stimmrecht ausgeübt wird (im Folgenden der Einfachheit halber als „Stimmgesellschaft“ bezeichnet), abhängig ist, kann ebenfalls das aktionärstypische Risiko beseitigen. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn der Wert dieses Investments negativ mit der Wertentwicklung der Stimmgesellschaft korreliert ist, d. h. dass es an Wert gewinnt, wenn die Stimmgesellschaft an Wert verliert. In diesen Fällen profitiert er allein bei einem Fallen des Kurses der Stimmgesellschaft. Das Risiko wird zum anderen beseitigt, wenn zwar keine negative Korrelation vorliegt, der Aktionär der Stimmgesellschaft jedoch nur mit einem bestimmten Entscheidungsausgang Gewinn machen kann. In diesen Fällen hat der Aktionär

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

zwar kein Interesse an einer unmittelbaren Schädigung, aber er ist bei seiner Stimmrechtsausübung ebenfalls prädeterminiert. Seine Abstimmung zielt primär auf die Wertsteigerung eines anderen Investments, so dass er einem Interessenkonflikt unterliegt. Eine derartige gegenläufige Position kann auf verschiedenen Wegen entstehen, etwa durch Leerverkauf der Aktien der Stimmgesellschaft oder der Einnahme einer Short-Position mit Hilfe von Derivaten. Daneben kann auf das Steigen oder das Fallen des Kurses eines Unternehmens gesetzt werden, dessen Wertentwicklung und prognostizierte Ertragskraft (und damit der Börsenkurs) vom Verhalten der Stimmgesellschaft abhängig ist. Derartige Positionen kann man als „indirekte Absicherungen“⁷³⁹ bezeichnen, da sie sich nicht „direkt“ auf die Aktien der Stimmgesellschaft beziehen (wie Leerverkäufe oder Derivate), sondern nur vermittelt durch die Einschätzung der anderen Marktteilnehmer wirken. Die einzelnen Konstellationen werden im Folgenden dargestellt.

a) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft Eine Möglichkeit, gegen den Kurs der Aktie zu spekulieren und dennoch Einfluss zu nehmen bietet der Leerverkauf von Aktien.⁷⁴⁰ Sinkt der Kurs der Stimmgesellschaft, dann gewinnt die Leerverkaufsposition an Wert und gleicht damit die Kursverluste aus. Das Maß der Risikobeseitigung ist abhängig von der relativen Größe der Leerverkaufsposition: Verkauft der Aktionär eine Anzahl von Aktien leer, die der Hälfte seines Aktienbesitzes entspricht, so hat er immer noch ein, wenn auch geschmälertes, Interesse an einer positiven Entwicklung der Gesellschaft. Die Hälfte seiner Stimmrechte ist dann risikoentleert. Verkauft er die gleiche Anzahl von Aktien leer, so handelt es sich bei seiner Stimmmacht vollkommen um risikoentleerte Stimmrechte.⁷⁴¹ Überwiegt die Leerverkaufsposition die Anzahl der gehaltenen Aktien, dann liegt ein gegenläufiges Investment vor. Beispielsweise könnte der Aktionär hundert Aktien halten und gleichzeitig zweihundert Aktien leer verkaufen. Er kann dann das Stimmrecht aus 100 Aktien ausüben, profitiert aber allein von einer negativen Entwicklung der Gesellschaft, während ein Ansteigen des Unternehmenswertes, ausgedrückt im Börsenkurs, für ihn einen Verlust bedeuten würde.

 Der Begriff ist dabei der amerikanischen Diskussion entnommen, in welcher von einem „indirect hedge“ gesprochen wird, vgl. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 844 (2006).  Diese Möglichkeit spricht Zetzsche, NZG 2009, 692, 696 f., an. Sie wird von Schouten, Voting Efficiency, S. 48, als Extremfall bezeichnet.  Siehe dazu bereits oben unter Teil 3, II.3.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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b) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels Derivaten Ebenso ist es möglich, eine dem Leerverkauf vergleichbare Position durch den Abschluss von Derivat-Verträgen einzunehmen. In Frage kommen alle beschriebenen Derivate. Wie bei einer Leerverkaufsposition beseitigen sie zunächst das aktientypische Risiko und es entstehen risikoentleerte Stimmrechte. Sobald die wirtschaftliche Position der gehaltenen Derivate den Wert der Aktien übersteigt, liegt ein gegenläufiges Investment vor. Dies ist der Fall, wenn die Gewinne aus den Derivaten bei einem sinkenden Unternehmenswert die Gewinne aus den Aktien bei steigendem Unternehmenswert übersteigen.

c) Indirekte Absicherung aa) Grundlagen Ein gegenläufiges Investment kann auch durch eine indirekte Absicherung eingenommen werden. Dieses kann verschiedene Formen annehmen und führt zu unterschiedlichen Interessenlagen bei der Stimmrechtsausübung. Gemeinsam ist allen jedoch, dass das Kursrisiko beseitigt ist und bei hinreichender Größe auch das Risiko des Residualanspruches keine Rolle mehr spielt. Dies lässt sich am Perry-Mylan-Fall illustrieren: im Falle der Übernahme von King würde der Aktienkurs von King ansteigen. Perrys Position in den King-Aktien würde an Wert gewinnen. Ist die Position von Perry in King nur groß genug, dann ist es unerheblich, dass möglicherweise ein Wertverlust bei den Mylan-Aktien eintritt. Denn dieser wird durch die Gewinne aus der Position bei King ausgeglichen. Weiteres Beispiel ist die Entscheidung über eine Kapitalerhöhung zur Fortführung eines Projekts bei einem Autobauer.Wenn dieses Projekt bislang eine hohe Zahl von Aufträgen für einen Autozulieferer bedeutet hat, dann würde eine Ablehnung der Fortführung die zukünftige Ertragslage des Zulieferers negativ beeinflussen. Verkauft ein Aktionär der Stimmgesellschaft Aktien des Zulieferers leer, so würde er von der Nichtdurchführung des Projektes, also der Ablehnung der Kapitalerhöhung profitieren, ungeachtet des wirtschaftlichen Sinns des vorgeschlagenen Projekts.⁷⁴² Hat er hingegen eine Long-Position bei einem Konkurrenten, dann wird er möglicherweise von der Entscheidung der Stimmgesellschaft, nicht in einen zukunftsträchtigen Markt einzutreten, profitieren. Solche Querverbindungen zu anderen Unternehmen bestehen in vielfältiger Hinsicht und betreffen Abnehmer, Lieferanten sowie Konkurrenten und Unter-

 Ähnliche Ausführungen bei Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 810 (2005). Sie bezeichnen derartige Fälle als „Voting Arbitrage“

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

nehmen, deren Erfolg maßgeblich von einem anderen Unternehmen abhängig ist, deren Erfolg also „komplementär“ zum Erfolg eines anderen Unternehmens ist.⁷⁴³ Abhängig von der Art der Information kann eine Meldung, die die Stimmgesellschaft betrifft, negativ oder positiv für das konkurrierende oder komplementäre Güter herstellende Unternehmen sein.⁷⁴⁴ Eine indirekte Absicherung kann neben dem Kauf oder Leerverkauf von Aktien auch mittels Long- oder Short-Positionen in Derivaten geschehen, wodurch die Beseitigung des Risikos aufgrund des Hebeleffekts der Derivate deutlich günstiger ist. In den Fällen der indirekten Absicherung sind risikoentleerte Stimmrechte nicht im gleichen Maße vorhersehbar wie in den Fällen der direkten Absicherung. Im letzteren Fall hängt die Wertentwicklung des eigenen Portfolios entweder linear von der Wertentwicklung der Stimmgesellschaft ab oder lässt sich zumindest hinreichend genau im Rahmen der Optionspreistheorie modellieren. In den Fällen der indirekten Absicherung bilden die Marktteilnehmer hingegen noch ihre eigene Einschätzung für die indirekt abhängige Unternehmung. Die Auswirkungen dieser Einschätzung auf den Gesamtwert des Portfolios lassen sich kaum im Voraus modellieren und quantifizieren. Entscheidend ist aber, dass sich im Voraus bestimmen lässt, in welche Richtung sich eine indirekte Absicherung entwickeln wird. Je nachdem, wie stark der Kurs in die vorher bestimmte Richtung reagiert, wird der Verlust, der durch die Position bei der Stimmgesellschaft entstehen kann, entweder teilweise oder vollständig ausgeglichen. In diesem Fall entstehen risikoentleerte Stimmrechte. Übersteigt der Gewinn aus der indirekten Absicherung den Kursverlust der Aktien der Stimmgesellschaft, dann liegt ein gegenläufiges Investment vor.

bb) Konstellationen Man kann verschiedene Konstellationen unterscheiden, in denen sich aus einer indirekten Absicherung Auswirkungen auf die Anreizwirkung des Aktionärs bei der Einflussnahme auf die Stimmgesellschaft ergeben.

 Diese Systematisierung nehmen Ayres/Bankman, 54 Stan. L. Rev. 235, 241– 46 (2001), vor.  Ayres/Bankman, 54 Stan. L. Rev. 235, 244 (2001), mit verschiedenen Beispielen wie bestimmte Meldungen mit dem Preis von derartig „verbundenen“ Unternehmen korrelieren können.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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(1) Konkurrenzverhältnisse Konkurrieren zwei Unternehmen im selben Markt um dieselben Kunden, so können Entscheidungen der einen Unternehmung unmittelbar Einfluss auf die Wertentwicklung des Konkurrenzunternehmens haben. Unterlässt ein Unternehmen den Eintritt in einen sich schnell entwickelnden regionalen Markt, so kann dies Wettbewerbsnachteile und dadurch eine reduzierte Gewinnprognose bedeuten. Der Aktienkurs des Konkurrenzunternehmens wird demgegenüber positiv reagieren, da dieses die ausgelassenen Geschäftschancen wird wahrnehmen können. Ist nun ein Aktionär der Stimmgesellschaft durch Aktien oder Finanzinstrumente signifikant an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt, so entsteht eine Situation, die derjenigen bei einer gegenläufigen Position durch Leerverkäufe oder derivative Short-Positionen ähnelt. In diesen Fällen bedeutet ein sinkender Unternehmenswert aufgrund der Nicht-Durchführung eines lohnenden Projektes eine positive Entwicklung für ein Konkurrenzunternehmen. Ist die Position des Aktionärs im Konkurrenzunternehmen so groß, dass die erwartete positive Entwicklung einen möglichen Wertverlust bei der Stimmgesellschaft ausgleicht oder übersteigt, so hat auch er ein Interesse daran, sein Stimmrecht so auszuüben, dass der Stimmgesellschaft geschadet wird, damit das Konkurrenzunternehmen besser abschneidet. Je größer die gegenläufige Position beim Konkurrenzunternehmen, desto größer der Anreiz, zum Schaden der Stimmgesellschaft abzustimmen.

(2) Zulieferverhältnisse und Übernahmen Anders gestaltet sich die Situation, wenn die indirekte Absicherung durch eine Beteiligung an einem Zulieferer bzw. einem anderen vom Erfolg oder Misserfolg der Stimmgesellschaft abhängigen Unternehmen oder am Ziel eines Übernahmeangebotes erfolgt. Die Wirkung auf die Anreizsituation des Aktionärs ist abhängig vom konkreten Investment. Wie bei der Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen sind die Zukunftsaussichten und damit der Unternehmenswert einer anderen Unternehmung von einer Entscheidung der Stimmgesellschaft abhängig. Dies zeigt das Beispiel einer Kapitalerhöhung zur Fortsetzung eines Projekts. Dies kann von essentieller Bedeutung für den Unternehmenswert eines Zulieferers sein, der für dieses Projekt notwendige Teile herstellt. Hier kommt es darauf an, wie der Aktionär investiert ist. Hat er eine Long-Position in der Zuliefer-Unternehmung, so wird er daran interessiert sein, das Projekt fortzusetzen, damit der Zulieferer weiter Erträge aus den Aufträgen der Stimmgesellschaft generiert. Hält er hingegen eine Short-Position, so wird er sich gegen die Fortsetzung des Projektes stark machen. Denn dann sinken die erwarteten Einkünfte und damit auch

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

der Unternehmenswert. Dadurch kann er mit seiner Short-Position Gewinn erzielen. Ist die Position in dem Zulieferer groß genug, dann werden mögliche negative Auswirkungen auf die Stimmgesellschaft durch den Wertzuwachs dieser Position ausgeglichen. In diesem Fall gewinnt der Aktionär zwar nicht nur bei einem Wertverlust der Stimmgesellschaft. Möglicherweise ist die das zur Abstimmung stehende Projekt für die Stimmgesellschaft vorteilhaft. Es spielt für ihn aber keine Rolle, da er in seinem Stimmverhalten prädisponiert ist. Er maximiert sein Gesamtinvestment nur bei einem bestimmten Entscheidungsausgang. Die Auswirkungen der Entscheidung auf den Unternehmenswert der Stimmgesellschaft spielen für ihn hingegen keine Rolle, da mögliche Verluste durch den Wertzuwachs seiner indirekten Absicherung aufgefangen werden. Ähnlich verhält es sich bei Übernahmen, wenn der Aktionär gleichzeitig eine Beteiligung an der Zielgesellschaft (so beim Perry-Mylan-Fall) bzw. eine Short-Position bezüglich der Zielgesellschaft (so beim Fall Deutsche Börse AG) hält. Denn die Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebotes führt regelmäßig zu einem Ansteigen des Kurses der Zielgesellschaft, da andere Marktteilnehmer an der Kontrollprämie partizipieren wollen und deswegen einen höheren Preis bieten.Wird hingegen kein Angebot abgegeben, so sinkt der Kurs,weil sich diese Erwartungen nicht erfüllen. Je nachdem, wie der Aktionär investiert ist, wird er in der Stimmgesellschaft für eine Übernahme werben oder gegen eine solche opponieren. Ist seine Position hinsichtlich der Zielgesellschaft groß genug, so spielt es für ihn wiederum keine Rolle, welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Stimmgesellschaft hat. Auch in diesem Fall werden mögliche Verluste in der Stimmgesellschaft durch den Wertzuwachs der indirekten Absicherung ausgeglichen.

2. Beseitigte Risiken Die verschiedenen Formen des gegenläufigen Investments unterscheiden sich hinsichtlich des geminderten Risikos. Man kann zwischen gegenläufigen Investments mittels Leerverkäufen und derivativen Short-Positionen sowie der indirekten Absicherung in Konkurrenzsituationen (im Folgenden der Einfachheit halber zusammenfassend als „negatives gegenläufiges Investment“ bezeichnet) und der indirekten Absicherung in Zuliefer- und Übernahmesituationen (im Folgenden „konfligiertes gegenläufiges Investment“ genannt) unterscheiden.

a) Beseitigte Risiken bei einem negativen gegenläufigen Investment Ein gegenläufiges Investment erzeugt zunächst risikoentleerte Stimmrechte. Zwar wird das aktientypische Risiko weiter getragen; nur wird in den Fällen, in denen

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sich dieses Risiko verwirklicht, der Verlust durch die gegenläufige Position ausgeglichen. Durch den teilweisen oder vollständigen Verlustausgleich entstehen risikoentleerte Stimmrechte. Ist die gegenläufige Position allerdings groß genug, entsteht eine Situation, in der nicht nur das Kursrisiko beseitigt ist, sondern in denen der Aktionär von einem Wertverlust des Unternehmens profitiert. Damit sind die Fälle des negativen gegenläufigen Investments besonders kritisch, da nicht nur das Risiko aus dem Investment abgesichert ist, sondern darüber hinaus ein Anreiz besteht, die Stimmgesellschaft zu schädigen und ihren Wert zu schmälern.⁷⁴⁵ Die Situation, dass ein negatives gegenläufiges Investment vorliegt, bezeichnet Cohen als „the nightmare of corporate governance – some of those in control of the corporation had financial incentives to drive it into the ground“.⁷⁴⁶

b) Beseitigte Risiken bei einem konfligierten gegenläufigen Investment Etwas anders stellt sich die Situation in den Fällen der indirekten Absicherung bei einer Zuliefer- oder Übernahmesituation dar. Denn hier besteht kein direkter Anreiz, der Gesellschaft zu schaden. Durch die Position im Zulieferunternehmen oder dem Übernahmeziel wird zwar das Risiko nicht direkt beseitigt. Wenn die Position aber groß genug ist, dann wird die Haltung gegenüber einem Projekt in der Stimmgesellschaft nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Wertmaximierung bestimmt, sondern allein durch das Ziel geprägt, den Wert des gesamten Portfolios zu maximieren, selbst wenn die getroffene Entscheidung negative Auswirkungen für die Stimmgesellschaft hat. Allerdings besteht kein unmittelbares Interesse an einem Wertverlust der Stimmgesellschaft wie beim negativen gegenläufigen Investment. Die Wertentwicklung wird mit der Größe des konfligierten gegenläufigen Investments nur zunehmend irrelevant, wie beispielsweise im Fall der Deutschen Börse AG (Stimmgesellschaft). The Children’s Investment Fund hatte bei der Stimmgesellschaft darauf hingewirkt, dass diese kein Übernahmeangebot für die London Stock Exchange (Zielgesellschaft) abgeben solle. Gleichzeitig hielt der Hedge Fond eine signifikante Short-Position an der Zielgesellschaft. Diese Position gewann bedeutend an Wert, als bekannt wurde, dass es nicht zu einem Übernahmeangebot kommen würde, denn der Börsenkurs der Zielgesellschaft gab in der Folge erheblich nach. In dieser Situation war es für den Fond gleichgültig, ob die  Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 192– 194, 208 (2006).  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 238 (2008). Ähnlich Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 208 (2006), der die Interessenlage des Investors, der Aktien leerverkauft, mit „she wants the company to do poorly [Hervorhebung im Original]“, beschreibt.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Übernahme den Unternehmenswert der Stimmgesellschaft steigern würde. Denn ein möglicher Verlust wäre durch die Gewinne aus der Short-Position bei der London Stock Exchange ausgeglichen worden. Allerdings kann die derart getroffene Entscheidung durchaus diejenige sein, die den Unternehmenswert steigert. Für den Aktionär spielt dies aufgrund der indirekten Absicherung jedoch keine Rolle. Denn er wird auf jeden Fall zur Maximierung des Gesamtinvestments stimmen. Einerseits trägt er das Risiko der Aktien der Stimmgesellschaft, andererseits hat er als Inhaber der konfligierten gegenläufigen Position ein Interesse daran, deren Wert zu maximieren. Für ihn spielt die Wertmaximierung der Stimmgesellschaft nur noch eine untergeordnete Rolle. Dabei sind die Auswirkungen auf den Anreizmechanismus je nach Größe der konfligierten gegenläufigen Position unterschiedlich. Ist sie nur gering und ist der erwartete Zugewinn aus einem bestimmten Projekt oder der Ablehnung dieses Projektes hinreichend, dann spielt ein erwarteter Verlust aus dem konfligierten gegenläufigen Investment keine Rolle. Denn der Wert des Portfolios wird in diesem Fall durch eine Steigerung des Unternehmenswertes der Stimmgesellschaft erreicht. Allerdings ist auch hier der Anreiz, das Stimmrecht informiert auszuüben, geringer. Denn wird die gegenteilige Entscheidung getroffen, so gewinnt der Aktionär wiederum mit seinem konfligierten gegenläufigen Investment und kann so einen Verlust bei der Stimmgesellschaft zumindest zum Teil wieder ausgleichen.

c) Kombination von risikoentleerten Stimmrechten und gegenläufigen Investment. Die risikoentleerte Einflussnahme durch Derivate, Wertpapierdarlehen, gleichzeitigen Leerverkauf oder Verkauf nach Record Date kann mit einem gegenläufigen Investment kombiniert werden. So wurden im Perry-Mylan-Fall die Risiken aus dem Aktienbesitz mittels Equity Swaps beseitigt. Gleichzeitig bestand ein konfligiertes gegenläufiges Investment, dessen Wert nur bei einer bestimmten Entscheidung, der Zustimmung zur Übernahme, steigen würde. Durch die Equity Swaps war es für den Hedge Fond Perry Capital gleichgültig, ob die Akquisition von Mylan Laboratories sich für die Stimmgesellschaft als ein wertvernichtendes oder ein wertsteigerndes Projekt darstellte. In dieser Konstellation muss der Aktionär nicht die Folgen des Abstimmungsverhaltens in der Stimmgesellschaft tragen, sondern profitiert allein von den Gewinnen aus dem gegenläufigen Investment. Aufgrund der besonderen Gefahr, die von gegenläufigen Investments ausgeht, werden sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht nur als eine „Technik“ der Entkoppelung von Stimmrecht und wirtschaftlichem Interesse beschrieben, sondern als eine eigene Kategorie eingeführt, die einer differenzierten Behandlung

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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bedarf. Damit wird von der in der amerikanischen Literatur vorgenommenen Einteilung abgewichen, die derartige Fälle als einen Fall des „Decoupling“⁷⁴⁷ bzw. als „subcategory of empty voting“⁷⁴⁸ bezeichnet. Erst durch ein gegenläufiges Investment wird ein Anreiz gesetzt, nicht mehr die Wertmaximierung der Stimmgesellschaft zu verfolgen. Insofern entsteht eine Interessenlage, die sich fundamental von der Anreizstruktur eines Aktionärs, der das volle Risiko trägt, unterscheidet. Sie stellt sich auch anders dar als die Anreizstruktur desjenigen Aktionärs, der risikoentleerte Stimmrechte ausübt. Es fehlt nicht nur das einigende Band des Interesses an einer Wertmaximierung, sondern es besteht ein positiver Anreiz, gesellschaftsschädigend auf die Stimmgesellschaft einzuwirken, sei es durch Stimmrechtsausübung wie beim Perry-Mylan-Fall oder durch aktive Einflussnahme wie im Fall der Deutschen Börse AG.

3. Rechtliche Beurteilung Fraglich ist, wie die Einflussnahme auf die Stimmgesellschaft beim Bestehen von gegenläufigen Positionen rechtlich zu beurteilen ist. Zum einen könnte diese kapitalmarktrechtlichen Verboten und Regelungen unterfallen, zum anderen könnten auch gesellschaftsrechtliche Normen ein derartiges Handeln verbieten. Letztere werden gemeinsam mit den risikoentleerten Stimmrechten im vierten und fünften Teil besprochen, weshalb hier allein das Marktrecht behandelt wird. Dabei kommen vor allem das Verbot der Marktmanipulation und das Verbot des Insiderhandels als Grenzen in Betracht. Theoretisch wären die folgenden Vorschriften auch in einigen Fällen der risikoentleerten Stimmrechte anwendbar. Allerdings besteht in diesen Konstellationen kein Anreiz, losgelöst vom gemeinsamen Interesse an Wertmaximierung abzustimmen, so dass hier eine Beschränkung auf die Konstellationen des gegenläufigen Investments erfolgt.

 So Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 842– 44 (2006).  So Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 238, 239 (2008), der allerdings die Einschätzung der besonderen Gefährlichkeit dieser Fälle teilt („negative voting has the most potential for wealth destruction of all new forms of vote buying“; „negative vote buying is the worst form of new vote buying“). Er differenziert allerdings innerhalb dieser Fälle des „negative voting“ nicht mehr zwischen den Fällen eines direkten Anreizes, der Stimmgesellschaft zu schaden, und den Fällen, in denen das Interesse nicht zwangsläufig auf einen Wertverlust der Stimmgesellschaft gerichtet ist.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

a) Verbot der Marktmanipulation, § 20a WpHG Das Verbot der Marktmanipulation des § 20a Abs. 1 WpHG schützt die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten.⁷⁴⁹ Diese auf europäischen Vorgaben beruhende Regelung verbietet verschiedene Verhaltensweisen in Bezug auf Finanzinstrumente, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen oder in den regulierten Markt oder Freiverkehr einbezogen sind, vgl. § 20a Abs. 1 Satz 2 WpHG bzw. bei denen ein Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung gestellt oder öffentlich angekündigt wurde, § 20a Abs. 1 Satz 3 WpHG.⁷⁵⁰ Aktien eines börsennotierten Unternehmens sind somit auf jeden Fall von § 20a WpHG erfasst. In Fällen des Leerverkaufs steht die Manipulation des Kurses der Aktie der Stimmgesellschaft in Rede, ebenso bei Manipulationen, wenn die gegenläufige Position durch Derivate eingenommen wurde. Bei der indirekten Absicherung hingegen geht es um den Kurs des Unternehmens, dessen Kursentwicklung vom Abstimmungsverhalten bei der Stimmgesellschaft abhängig ist.

aa) Verbot des Verbreitens oder Unterlassens von Informationen, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG und der Manipulation durch Handelsaktivität, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG Dieses Verbot umfasst die Generierung und Verbreitung von Informationen, die geeignet sind, dem Markt ein falsches Signal zu geben und den Eindruck eines Abweichens von momentanem Börsenkurs und Fundamentalwert hervorrufen.⁷⁵¹ Tathandlungen sind zunächst das Verbreiten oder Unterlassen von Informationen (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG) sowie die Manipulation durch Handelsaktivität, also die handelsgestützte Marktmanipulation (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG).⁷⁵² Allerdings sind bei den Fällen des gegenläufigen Investments diese Tatbestandsvarianten nicht einschlägig, denn in diesem Fall wird keine irreführende oder fehlerhafte Information verbreitet. Ebenso wenig werden dem Markt durch massive Kauf- oder Verkaufsorder falsche Signale gegeben.

 Zum Normzweck und zur Frage, inwieweit die Norm auch einen Schutz des Vermögens der Anleger bezweckt, ausführlich Vogel, in: Assman/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 26 – 31; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 156.  Die deutsche Regelung geht damit deutlich weiter als die Richtlinie es verlangt hätte, siehe dazu Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 158.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 156  Siehe zu diesen beiden Tatbestandsvarianten Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 163-VI 167 bzw. Rn VI 168-VI 170.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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Eine Kursveränderung, die sich aufgrund einer Entwicklung bei einer gegenläufigen Position ergibt, rührt daher, dass der Markt auf eine von der Hauptversammlung der Stimmgesellschaft getroffene Entscheidung reagiert. Da die Entscheidung die Einschätzung über die zukünftige Ertragskraft der Unternehmung betrifft, die entscheidend für den Börsenkurs einer Aktie ist, kommt es zu einem Absinken.⁷⁵³ Es findet keine Täuschung statt, da die von der Hauptversammlung beschlossene Maßnahme die Einschätzung des Marktes über die zukünftige Ertragskraft tatsächlich ändert; so wenn beispielsweise einer wertmindernden Übernahme zugestimmt wird. Bei den genannten Tatbeständen der Marktmanipulation wird der Markt vor falschen Signalen und Falschinformationen geschützt, die inneren Wert und Börsenkurs auseinanderfallen lassen. Das Absinken ist in den hier beschriebenen Fällen hingegen „berechtigt“, denn der Kurs spiegelt den inneren Wert der Aktie wieder. Nur die Motivation der Einflussnahme auf die tatsächlichen Entscheidungen der Gesellschaft war auf das Hervorrufen der Kursbewegung gerichtet.

bb) Verbot der sonstigen Täuschungshandlung, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG Allerdings ist der deutsche Gesetzgeber durch die Schaffung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG über seine aus der Richtlinienumsetzung resultierenden Pflichten hinausgegangen und hat einen Auffangtatbestand geschaffen, der auch weitergehende Täuschungshandlungen erfasst.⁷⁵⁴ Fraglich ist, ob er auch Einflussnahme auf den inneren Wert eines Finanzinstrumentes, die sog. handlungsgestützte Manipulation, erfasst.⁷⁵⁵ Diese Art der Marktmanipulation wird als eher fernliegend bezeichnet.⁷⁵⁶ Den diskutierten Beispielen wird daher „Kuriositätswert“ zugeschrieben.⁷⁵⁷ Der dazu regelmäßig zitierte Fall ist die Vergiftung der Produkte eines Pharmakonzerns durch den ehemaligen Mitarbeiter eines Brokerunternehmens, der

 Zur Bedeutung der Ertragskraft eines Unternehmens für den Börsenkurs siehe Wöltje, Betriebswirtschaftliche Formelsammlung, S. 214; Vollmuth, Bilanzanalyse, S. 238; Lenzen, Börsenkursbildung, S. 31.  Siehe Eichelberger, Marktmanipulation, S. 305; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 171.  Siehe zu dieser Form der Einflussnahme auf den Börsenkurs Rudolph/Röhrl, in: Hopt/ Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 143, 187; Lenzen, Börsenkursbildung, S. 31; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 172; Vogel, in: Assman/Schneider, WpHG, Vor § 20a Rn. 38; Worms, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 9 Rn. 105; Mock/Stoll/Eufinger, in: KöKo WpHG, § 20a Rn. 12.  Fleischer, Gutachten, S. F 120; Vogel, in: Assman/Schneider, WpHG, Vor § 20a Rn. 38.  Vogel, in: Assman/Schneider, WpHG, Vor § 20a Rn. 38.

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durch den sinkenden Börsenkurs Gewinn mit seinen Put-Optionen machen wollte. Nachdem der Broker die Medien über die Vergiftung informiert hatte zog das Unternehmen die Medikamente zurück und der Börsenkurs fiel tatsächlich ab; allerdings nicht so weitgehend, als dass der Broker seine Optionen hätte gewinnbringend ausüben können.⁷⁵⁸ Ein Teil der Lehre nimmt an, handlungsgestützte Manipulationen seien von Nr. 3 erfasst.⁷⁵⁹ Diese Ansicht räumt ein, dass es sich zwar nicht um eine Täuschung über den Wert des Finanzinstruments handele, da durch die Zerstörung des inneren Wertes die Zukunftsaussichten und der Wert der Vermögensgegenstände der Aktiengesellschaft ja tatsächlich sinken.⁷⁶⁰ Die Täuschung bestehe aber darin, dass die Handlung dem Auf- oder Abbau einer eigenen Position diene, wie auch beim sog. scalping, bei dem eine Kaufempfehlung für ein vorher auf eigene Rechnung gekauftes Wertpapier gegeben wird. Auch in diesem Fall spiele es keine Rolle, ob die Empfehlung zutreffe oder nicht; das Auseinanderfallen von Fundamentalwert und Börsenpreis sei daher kein Tatbestandsmerkmal.⁷⁶¹ Getäuscht wird über das Motiv der Handlung, das in beiden Fällen die Gewinnerzielung durch die folgende Kursbewegung ist. Die wohl herrschende Ansicht lehnt demgegenüber eine Anwendung des Verbots der sonstigen Täuschungshandlung auf diese Fälle ab und hält sie durch allgemeine Straftatbestände wie Untreue und Sachbeschädigung abgedeckt.⁷⁶²

 Beispiel ausführlich beschrieben bei Thel, Colum. Bus. L. Rev., 359, 389 (1988). Der Fall wird zitiert bei Fleischer, Gutachten, S. F. 120; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 20a Rn. 38; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 172; Lenzen, Börsenkursbildung, S. 242; Lenzen, WM 2000, 1131, 1134; Worms, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 9 Rn. 105; Schwark, in Schwark, Kapitalmarktrecht, WpHG, § 20a Rn. 34, Fn. 102.; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 38; Waschkeit, Marktmanipulation, S. 77; Möslein, Leitungsmacht, S. 362, Fn. 2018.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 20a Rn. VI 172; Schönhöft, Marktmanipulation, S. 143 f. Siehe zur Anwendung in Übernahmesituationen auf Abwehrmaßnahmen der Verwaltung Möslein, Leitungsmacht, S. 361– 364.  Schönhöft, Marktmanipulation, S. 144. Zustimmend Flothen, Marktmanipulation, S. 35 f.  Schönhöft, Marktmanipulation, S. 144. Allerdings ist für diesen Fall, also das scalping, bei einer „richtigen“ Empfehlung, die Strafbarkeit ausdrücklich in der § 20a WpHG konkretisierenden Marktmanipulations-Konkretisierungs-Verordnung festgesetzt, siehe dort § 4 Abs. 3 Nr. 2.  Thel, Colum. Bus. L. Rev., 359, 389 – 90 (1988) (der meint, dies seien auch die angemesseneren Vorschriften zur Regelung dieses Problems); Eichelberger, Marktmanipulation, S. 317 f. (keine Täuschung); Lenzen, WM 2000, 1131, 1137 (noch zur Vorgängervorschrift des § 88 BörsG); Lenzen, Börsenkursbildung, S. 242 (noch zur Vorgängervorschrift des § 88 BörsG); Fleischer, Gutachten, S. F 120 (noch zum RegE von § 20a WpHG); Altenhain, BB 2002, 1874, 1877 (der darauf abstellt, dass es in diesen Fällen an einer Täuschung fehlt); Ziouvas, ZGR 2003, 113, 131 (keine

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Dieser Meinung ist zuzustimmen, denn Fälle der handlungsgestützten Motivation haben keinen Täuschungswert. Kommt es zu einer Beeinflussung des Unternehmenswerts, um mit dieser Information einen Gewinn zu erzielen, so ist das Insiderrecht der richtige Anknüpfungspunkt.⁷⁶³ Auch scheint es problematisch, in diesen Fällen von einer Täuschung auszugehen, da dies eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ausweitung der Fälle zur Folge hätte. Nach Neufassung des Verbots der Kursmanipulation ist aus Nachweisschwierigkeiten das Erfordernis einer Absicht zur Kursbeeinflussung weggefallen. Nun reicht dolus eventualis aus, was zur Folge hätte, dass ein Brandstifter, der weiß und billigend in Kauf nimmt, dass seine Brandstiftung in der Fabrik eines börsennotierten Unternehmens negativen Einfluss auf den Börsenkurs dieser Aktiengesellschaft hat, zusätzlich wegen Kursmanipulation strafbar wäre. Diese Ausweitung ist nicht gerechtfertigt. Die handlungsbasierte Preismanipulation ist damit nicht von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG erfasst.

b) Insiderrecht, §§ 12 ff. WpHG Teilweise wird vorgeschlagen, dass Wertpapiergeschäfte bei gleichzeitiger handlungsgestützter Manipulation unter das Verbot des Insiderhandels fallen.⁷⁶⁴ Das Verbot des Insiderhandels hat seinen Grund im Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes und soll das Vertrauen in die Ordnung und die Chancengleichheit des Marktes gewährleisten.⁷⁶⁵ Es müsste sich bei dem Vorhaben in einer bestimmten Art und Weise abzustimmen, zunächst um eine Insiderinformation handeln.

aa) Insiderinformation, § 13 WpHG Problematisch ist, an welche Information konkret anzuknüpfen ist. In Betracht kommt zum einen die Information, dass ein bestimmter Gegenstand überhaupt zur Abstimmung gestellt wird, beispielsweise eine Kapitalerhöhung oder die Übernahme eines anderen Unternehmens. Die Anknüpfung daran ist für die hier liegenden Sachverhalte uninteressant, da die Tagesordnung vor der Abstimmung veröffentlich wird. Damit handelt es sich zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht mehr um eine Insiderinformation. Hat ein Aktionär vorher von einer derartigen

Verfälschung des Börsenwertes); Mock/Stoll/Eufinger, in: KöKo WpHG, § 20a Rn. 203 (kein Täuschungswert); Leyens, JZ 2007, 1061, 1070 (keine Täuschung).  So auch Lenzen, WM 2000, 1131, 1137; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 131.  So Engert, ZIP 2006, 2105, 2108 – 2110. Zweifelnd Leyens, JZ 2007, 1061, 1070.  Siehe Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 45, 49; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 14 Rn. 3; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 12, Rn VI72.

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Information Kenntnis erlangt und nutzt sie zum Handel, so begeht er einen Verstoß gegen das Insiderhandelsrecht, allerdings unabhängig von seiner eigenen Stimmrechtsausübung. Entscheidend kann es daher nur auf die Frage ankommen, ob das Wissen um das eigene Abstimmen und das wahrscheinliche Ergebnis eines Hauptversammlungsbeschlusses bereits eine „konkrete Information“ im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG ist. Läge eine solche vor, so hätte dies zur Folge, dass Leerverkäufe desselben Finanzinstruments, Spekulieren auf ein Absinken mittels Derivaten sowie Spekulation mit einer indirekten Absicherung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verboten wären und die Praktik des gegenläufigen Investments nicht zulässig wäre. Die handelnden Personen hätten mit Bestrafung gemäß § 38 WpHG zu rechnen. Bei dem Wissen um die eigene Stimmabgabe und das erhebliche Beeinflussungspotenzial auf einen zukünftigen Beschluss auf einer Hauptversammlung müsste es sich dafür um eine konkrete Information, die nicht öffentlich ist, handeln, die einen Bezug zum entsprechenden Insiderpapier sowie das erhebliche Potenzial zur Kursbeeinflussung hat.

(1) Absicht der eigenen Stimmrechtsausübung als konkrete Information i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG Fraglich erscheint zunächst, ob es sich bei der Absicht das Stimmrecht in einer bestimmten Art und Weise auszuüben um eine „konkrete Information“ handelt.⁷⁶⁶ Eine solche kann auch eine Information über ein zukünftiges Ereignis sein, allerdings muss dessen Eintritt dann hinreichend wahrscheinlich sein, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG.⁷⁶⁷ Für die Frage, ob das zukünftige Abstimmungsverhalten, also die bloße Absicht einer Handlung, schon eine „konkrete Information“ ist, kommt es nach dem Bundesgerichtshof darauf an, ob ein „Drittbezug“ der Information vorliegt.⁷⁶⁸ Damit ist gemeint, dass auch ein Dritter noch über die nur innere Tatsache des

 Im Folgenden wird der Begriff „konkrete Information“ aus dem WpHG verwendet. Dieser ist deckungsgleich mit dem von der Marktmissbrauchs-Richtlinie gebrauchten Terminus der „präzisen Information“, siehe Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 6f.  Siehe Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 23, 27;  BGH NJW 2004, 302, 303. Zustimmend Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13, Rn 13 (allerdings am Ende für Fälle, die über die Umsetzung der eigenen Entscheidung hinausgehen relativierend, dazu noch sogleich); Sethe, ZBB 2006, 243, 248; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 31. Die Entscheidung erging entgegen der bis dahin wohl herrschenden Meinung, siehe Schäfer, BKR 2004, 78, m.w.N.

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eigenen Planes informiert wird. Denn eine Person könne sich nicht über einen „von ihr selbst gefassten Gedanken“ informieren.⁷⁶⁹ Dieses Merkmal hat zur Folge, dass Entscheidungsträger, die beispielsweise die Vergabe eines Großauftrags planen⁷⁷⁰ oder den Einstieg bei einer in Schwierigkeiten befindlichen börsennotierten Aktiengesellschaft beabsichtigen⁷⁷¹, diese Information zum Handel mit den Aktien der entsprechenden Emittenten nutzen können, da es sich nicht um eine „konkrete Information“ handelt, obwohl sie sich unstreitig einen Sondervorteil mit diesen Informationen sichern.⁷⁷² Die Meinung des Bundesgerichtshofs wird deswegen kritisiert, als „logisch nicht zwingend und teleologisch […] fragwürdig“⁷⁷³ bezeichnet und abgelehnt.⁷⁷⁴ Dies überzeugt. Denn die Behauptung, eine Information müsse Drittbezug haben, ergibt sich keineswegs zwingend aus dem Wortlaut.⁷⁷⁵ § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG, der die „Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung“ konkretisiert, spricht davon, dass eine solche Eignung gegeben ist, wenn ein verständiger Anleger sie für wissenswert gehalten hätte; dies kann aber auch auf innere Umstände zutreffen, die für einen Anleger von großer Bedeutung sein können.⁷⁷⁶ Ebenso spricht der Schutzzweck der Norm, die Chancengleichheit am Markt zu sichern, für eine derartige Auslegung. Die anderen, nicht über eine vom Täter selbst geschaffene Tatsache informierten Anleger werden benachteiligt. Das Vertrauen der Anleger kann geschädigt werden. Auch Argumente hinsichtlich des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots greifen nicht durch.⁷⁷⁷ Gemeinsam mit dem Merkmal der „erheblichen Kursbeeinflussung“ präzisiert das Gesetz die „Information“ hinreichend, um dem Be-

 BGH NJW 2004, 302, 303.  Fall nach Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10. Umfassend zu derartigen Insiderinformationen, die sich auf andere Emittenten beziehen, aber vom eigenen Unternehmen abhängen Ayres/Bankman, 54 Stan. L. Rev. 235 (2001).  Fall nach AG München BKR 2002, 846 ff. (Das AG München hat jedoch einen Insiderverstoß angenommen).  So explizit Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 31; Sethe, ZBB 2006, 243, 248, der aber auch Kritik an der Straflosigkeit in den genannten Fällen übt („Ergebnis ist wenig überzeugend“). Ebenso Schäfer, BKR 2004, 78, 79 (allerdings ebenso kritisch gegenüber dem Ergebnis); Fleischer, AG 2008, 873, 883.  So Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10.  Neben Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10; Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 657, auch Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 82; Engert, ZIP 2006, 2105, 2109; für die genannten Fälle auch Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13, Rn 13, Fn. 19.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 49; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 82.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 82.  Diese betonend vor allem Sethe, ZBB 2006, 243, 248.

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stimmtheitsgebot zu genügen.⁷⁷⁸ Für die Erfassung von festen Absichten spricht auch § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG – denn wenn eine Absicht so weit gediehen ist, dass der Entschluss fest gefasst ist, so wird die Verwirklichung „hinreichend wahrscheinlich“ im Sinne der Vorschrift.⁷⁷⁹ Der Europäische Gerichtshof hatte 2007 in einem Fall zu entscheiden, ob schon das Wissen um den in einer Gruppe gefassten Beschluss, bestimmte Maßnahmen zur Kursstabilisierung vorzunehmen, eine Insiderinformation darstellt. Der Europäische Gerichtshof hat dies bejaht.⁷⁸⁰ Dann kann es allerdings keinen Unterschied machen, ob ein Handelnder allein den Beschluss gefasst hat oder eine Gruppe. Denn durch die Entscheidungsfindung in einem Gremium entsteht kein zusätzlicher Unwertgehalt hinsichtlich des danach erfolgenden Handels mit Wertpapieren. Somit kann auch das Abstimmungsverhalten eines Aktionärs in einer zukünftigen Hauptversammlung eine Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG sein. Dazu muss der Aktionär auch noch nicht Eigentümer der Aktien, mit denen er abstimmen will, sein. Es reicht aus, wenn der Aktionär plant, diese zu kaufen und später dann entsprechend abzustimmen. Auch dieser Plan ist, wenn seine Umsetzung hinreichend wahrscheinlich ist, schon eine Insiderinformation. Wenn sich also ein Hedge Fond dazu entscheidet, ein derartiges „empty voting scheme“⁷⁸¹ zu verwenden und sich zunächst mit Aktien der Zielgesellschaft und im Anschluss daran mit denen des Bieters eindeckt um dann für eine Übernahme zu stimmen, so ist auch dieser Plan schon „konkrete Information“ im Sinne des Insiderrechts.

 Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 82.  Engert, ZIP 2006, 2105, 2109. Zur Anwendung dieses Merkmals auf zukünftige Sachverhalte, vor allem in Bezug zur früheren Rechtsprechung siehe Cahn, Der Konzern 2005, 5, 6.  EuGH AG 2007, 542, 543 (siehe Rn. 33: „Die Kenntnis vom Vorliegen einer solchen Entscheidung und ihres Inhalts stellt für diejenigen, die an ihr beteiligt waren, eine Insider Information i.S.v. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/592 dar.“). Das Urteil als Bestätigung der eigenen Ansicht wertet Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10; § 14 Rn. 49 sowie Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 657.  Ausdruck von Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1077 (2007). Allerdings ist die hier behandelte Frage unabhängig von der Frage der risikoentleerten Stimmrechte und des gegenläufigen Investments. Sie gilt für alle Hauptversammlungsbeschlüsse, die auch die übrigen Voraussetzungen, insbesondere das erhebliche Kursbeeinflussungspotenzial, erfüllen.

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(2) Nicht-Öffentlichkeit der Information Die Information müsste darüber hinaus nicht öffentlich sein. Eine Information ist dann öffentlich, wenn die Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat.⁷⁸² Dabei ist umstritten, wie groß der Kreis der Personen sein muss, damit man von Öffentlichkeit sprechen kann. Insbesondere wird diskutiert, ob es sich um die breite Öffentlichkeit handeln muss, die regelmäßig nur durch die Veröffentlichung von Informationen in den Massenmedien erreicht werden kann, oder nur um die sog. Bereichsöffentlichkeit. Diese ist hergestellt, wenn die Information einer unbestimmten Zahl von Marktteilnehmern zugänglich ist. Auch dann, wenn sie nur in einer Form veröffentlicht wurde, die dazu führt, dass nur regelmäßige Marktteilnehmer sie wahrnehmen.⁷⁸³ Wie weit der Kreis gezogen werden muss, ist für die vorliegende Frage nicht von Bedeutung. Ein Aktionär, der gegenläufig investiert ist und den Plan hegt, durch ein bestimmtes Abstimmungsverhalten den Kurs zu beeinflussen, wird dies nicht veröffentlichen. Somit handelt es sich um eine nicht öffentliche Information.

(3) Bezug der Information zum Anlageinstrument Des Weiteren müsste die Information einen Bezug zum Anlageinstrument, vorliegend also entweder zu den leerverkauften Aktien, den Derivaten oder zu der indirekten Absicherung haben. Dieses Merkmal ist notwendig, da durch das Insiderrecht verhindert werden soll, dass Profit aus Kursbewegungen geschlagen wird.⁷⁸⁴ Teilweise wird die Notwendigkeit dieses Merkmals angezweifelt.⁷⁸⁵ Begründet wird dies damit, dass die darunter behandelten Fragen besser im Rahmen von

 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 34; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 83; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 28.  Siehe zum Streitstand jeweils mit weiteren Nachweisen Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 33 – 38; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 84 f.; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 28 – 30.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 86; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 26; Sethe, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 42; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 37  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 46; Claussen/Florian, AG 2005, 745, 750. Noch zum alten Recht Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrecht, § 13 WpHG Rn. 42; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 16.88.

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anderen Tatbestandsmerkmalen diskutiert werden sollten.⁷⁸⁶ Emittentenbezogen sind Informationen, die sich auf die internen Vorgänge in einem Unternehmen beziehen oder auf Beziehungen des Unternehmens zur Umwelt, also um unternehmensinterne wie auch um unternehmensexterne Ereignisse.⁷⁸⁷ Genannt werden typischerweise unternehmerische Ereignisse, die Auswirkung auf die Vermögens- und Finanzlage haben, die Ertragslage, die personelle und organisatorische Struktur des Unternehmens, generell Strukturmaßnahmen sowie die Insolvenz eines wichtigen Vertragspartners, die Abgabe eines Übernahmeangebots oder ein wichtiger Vertragsabschluss.⁷⁸⁸ Generell sind damit die Beschlüsse der Hauptversammlung emittentenbezogen. Aber auch im Falle der indirekten Absicherung liegt ein derartiger Emittentenbezug vor, der sich dann aber auf unternehmensexterne Sachverhalte bezieht. Dies ist im oben genannten Fall die Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung zur Finanzierung eines Investitionsprojekts, das große Aufträge für den Emittenten nach sich ziehen wird oder eben nicht. Auch diese Information weist somit den notwendigen Emittentenbezug auf und ist eine Insiderinformation im Sinne des Insiderrechts. Bei den geschilderten Fällen ist somit auch dieses Merkmal erfüllt;⁷⁸⁹ der Streit muss daher nicht entschieden werden.

(4) Erhebliches Potenzial der Kursbeeinflussung Zuletzt müsste der Information um das eigene Abstimmungsverhalten erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial zukommen. Durch diese Einschränkung bleibt den Unternehmensinsidern sowie Kreditinstituten und Börsenmaklern weiterhin der Handel möglich, da damit gewährleistet ist, dass nicht jede Information unter das Insiderhandelsverbot fällt.⁷⁹⁰ Bagatellfälle sollen also ausgeklammert werden; nur wenn die Sondervorteile, die sich der Insider verschaffen will, erheblich sind,

 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 46; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 16.88. Dagegen Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 38, der meint, das Merkmal diene der Unterscheidung von verschiedenen Insiderinformationen.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 48; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 87; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 43.  Beispiele nach Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 43. Siehe auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 48.  Dies deckt sich mit der Einschätzung von Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 88, der konstatiert, dass letztlich „alle Informationen, die einen oder mehrere Emittenten mittelbar tangieren, auch politische, mögliche Insiderinformationen [sind]“.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 88.

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soll eine strafrechtliche Sanktion greifen.⁷⁹¹ Kursschwankungen sind in gewissem Ausmaß immer möglich. Daher ist der Anreiz, eine Information, die nicht erhebliches Beeinflussungspotenzial hat, zu verwerten, de facto nicht vorhanden.⁷⁹² Die Frage nach dem Kursbeeinflussungspotenzial muss aus ex-ante-Perspektive beurteilt werden; es kommt darauf an, ob die Information im Zeitpunkt des Handelns des potenziellen Insiders objektiv geeignet war, den Börsenkurs erheblich zu beeinflussen.⁷⁹³ Die Einschätzung des Handelnden hingegen spielt keine Rolle.⁷⁹⁴ Ermittelt werden muss, ob ein verständiger, mit den Marktgegebenheiten vertrauter Anleger bei Kenntnis aller sonst zur Verfügung stehenden Informationen die mögliche Insiderinformation berücksichtigt hätte, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG.⁷⁹⁵ Das Abstimmungsverhalten eines Aktionärs, der eine Position innehat, die groß genug ist, um eine Entscheidung zu beeinflussen, ist für einen verständigen Anleger grundsätzlich von Relevanz. Denn er weiß, dass die zukünftige Entwicklung der Stimmgesellschaft oder, im Falle der indirekten Absicherung, die eines davon abhängigen Emittenten, von dem Ausgang der entsprechenden Abstimmung abhängen kann. Dazu muss die mögliche Kursbeeinflussung erheblich sein. Auch dieses Merkmal ist umstritten. Ein Teil der Lehre will auf starre Schranken abstellen. Andere lehnen dies ab und wollen verschiedene andere Kriterien zur Bestimmung der Erheblichkeit heranziehen. Bei den Vertretern einer starren Schranke kristallisiert sich als erhebliche Kursbeeinflussung bei Aktien in Anlehnung an die früher geltenden „Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbör-

 Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 46; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht Rn. 16.107; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 28.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 51.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 56; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 48; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 42; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 88.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 56; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 48; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 42; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG, § 13 Rn. VI 88.  Claussen/Florian, AG 2005, 745, 750; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 57– 58, mit ausführlichen Nachweisen zur Diskussion um die Frage, was genau unter einem „verständigen Anleger“ zu verstehen ist. Wie hier auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rn. 16.115, 16.119; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 27; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 87 f.

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sen“ eine Schwelle von fünf Prozent heraus, bei welcher allerdings rein marktbedingte Kursschwankungen herausgerechnet werden sollten.⁷⁹⁶ Allerdings hat sich der Gesetzgeber mit der Neufassung des Insiderrechts und der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG für die Gegenansicht entschieden, die auf die subjektive Beurteilung durch den Anleger abstellt und fragt, welche Kauf- oder Verkaufsanreize für einen verständigen Anleger entstehen.⁷⁹⁷ Danach ist entscheidend, ob ein rationaler Anleger trotz der entstehenden Transaktionskosten und mit einer Transaktion verbundenen Risiken beim Erwerb von Insiderpapieren das Geschäft getätigt hätte.⁷⁹⁸ Ob eine spätere Kursbewegung tatsächlich stattgefunden hat, spielt keine Rolle, kann aber Indizwirkung für das erhebliche Potenzial der Kursbeeinflussung haben.⁷⁹⁹ Es kommt jeweils auf die Umstände des Einzelfalls an, so dass keine generelle Aussage getroffen werden kann, ob das entsprechende Abstimmungsverhalten ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial aufweist. Dabei ist zu berücksichtigen um welche Entscheidung es sich handelt, wie viele Stimmrechte der Abstimmende zur Verfügung hat und wie groß somit, ausgehend von den üblichen Hauptversammlungspräsenzen, die Wahrscheinlichkeit ist, dass er mit seiner Stimmrechtsausübung maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang der Entscheidung nehmen wird. Außerdem ist von Belang, inwieweit nach vorheriger Ankündigung das endgültige Abstimmungsergebnis dann noch Einfluss auf den Börsenpreis haben wird. Handelt es sich allerdings um Fälle wie die oben angesprochenen, also beispielsweise um eine mögliche Auswechslung der Verwaltung, die Zustimmung zu einer Übernahme, wie im Fall Perry-Mylan, oder die Ablehnung einer Über-

 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 63; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 46 (mit umfassender Darstellung der verschiedenen Ansichten und der jeweils vertretenen weiteren Differenzierungen innerhalb der einzelnen Ansichten bei Rn. 44– 85); Hopt, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 28; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 89.  Claussen/Florian, AG 2005, 745, 750; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 65; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 78.  Pawlik, in: KöKo WpHG, § 13 Rn. 74– 78; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 64; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 49; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 29; Stoppel, in: Grunewald/ Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 276.  Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, WpHG § 13 Rn. VI 88; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 50; Hopt, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 27; Stoppel, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 276.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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nahme wie im Fall Deutsche Börse, so wird man von einem erheblichen Kursbeeinflussungspotential ausgehen können.⁸⁰⁰

bb) Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG Der Aktionär müsste dann noch „unter Verwendung“ dieser Information über sein eigenes Abstimmungsverhalten Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung erwerben oder veräußern.

(1) Erwerb und Veräußerung von Insiderpapieren (a) Insiderpapiere, § 12 WpHG Insiderpapiere sind nach der Definition in § 12 Satz 1 WpHG zunächst einmal Finanzinstrumente. Diese sind in § 2 Abs. 2b WpHG legaldefiniert und erfassen unter anderem Wertpapiere, insbesondere Aktien (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) sowie Derivate, die sich auf Wertpapiere beziehen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) 1. Fall WpHG). Weitere Voraussetzung für ein Insiderpapier ist die Zulassung zum Handel an einer inländischen Börse bzw. die Einbeziehung in den regulierten Markt oder Freiverkehr. Alternativ die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt an einer Börse in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat, vgl. § 12 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpHG. Darüber hinaus schränkt § 12 Satz 1 Nr. 3 WpHG den oben eröffneten Anwendungsbereich bei Derivaten ein: Es sollen nur solche Derivate erfasst werden, deren Basiswert ein Finanzinstrument ist, das die zusätzlichen Voraussetzungen der § 12 Satz 1 Nr. 1 oder 2 WpHG, also die Zulassung zu einem organisierten Markt, erfüllt.⁸⁰¹ Dementgegen soll der Anwendungsbereich aber insoweit erweitert werden, dass auch Derivate erfasst werden, die nicht diese zusätzliche Voraussetzung, also die Börsennotierung erfüllen.⁸⁰² Somit sind auch die bereits be-

 Für den Fall Deutsche Börse AG ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial (bei den Werten des potenziellen Übernahmeobjekts London Stock Exchange) bejahend Engert, ZIP 2006, 2105, 2109, wobei er allerdings nicht auf die Stimmrechtsausübung eingeht, denn zu einer solchen kam es ja im Zusammenhang mit den Übernahmeplänen nicht. Er knüpft deshalb an die Einflussnahme durch den Hedge Fund The Children’s Investment Fund auf die Verwaltung an. Siehe für weitere Beispiele, bei denen die Entscheidungen einer Gesellschaft erhebliche Auswirkungen auf den Kurs einer anderen Gesellschaft hatten Ayres/Bankman, 54 Stan. L. Rev. 235, 241– 51 (2001).  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 12 Rn. 11; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 12 Rn. 18.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 12 Rn. 11; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 12 Rn. 19; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 22; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch. Bd. 2, § 107 Rn. 27.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

schriebenen otc-Derivate erfasst. Dies ist sinnvoll, da es ansonsten einfach wäre, die Insiderregelungen zu umgehen, indem anstelle einer Aktie ein Derivat gekauft wird, das die Kursbewegungen des Basiswertes miterfasst.⁸⁰³ Bei allen in Frage kommenden oben genannten Instrumenten handelt es sich um Insiderpapiere in diesem Sinne. Dies gilt zum einen für Aktien der Stimmgesellschaft, wie auch für sich auf diese Aktien beziehenden Derivate. Zum anderen gilt dies auch für Aktien eines anderen Emittenten, für den eine Entscheidung der Stimmgesellschaft kursrelevant ist, ebenso bei Derivaten, die sich auf die Aktien eines solchen Emittenten beziehen. Die Börsennotierung der Derivate spielt, wie soeben gesehen, keine Rolle.

(b) Erwerb oder Veräußerung Darüber hinaus verlangt § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG einen Erwerb oder eine Veräußerung von Insiderpapieren. Kauft oder verkauft der Aktionäre Aktien oder Derivate, um auf sinkende oder steigende Kurse zu spekulieren, so liegt ein Erwerb oder eine Veräußerung vor.

(2) Unter Verwendung der Insiderinformation Weiter müssten Erwerb oder Veräußerung von Insiderpapieren unter Verwendung der Insiderinformation geschehen, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Dies bedeutet nach heute fast einhelliger Meinung, dass die Kenntnis der Insiderinformation ursächlich für das Handeln des Insiders geworden sein und in das Handeln des Täters eingeflossen sein muss.⁸⁰⁴ Damit sind bloße Hedging-Geschäfte, die marktüblich sind, nicht vom Verbot des Insiderhandels erfasst.⁸⁰⁵

 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 12 Rn. 12; Wehowsky, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, WpHG, § 12 Rn. 5; Hilgendorf, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, WpHG, § 12 Rn. 32. Vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes waren nicht börsennotierte Derivate nicht vom Insiderhandelsverbot erfasst, siehe dazu OLG Karlsruhe BKR 2004, 373 ff., mit Nachweisen zur früheren Rechtslage.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 25; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, WpHG § 14 Rn. VI 97; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. 2, § 107 Rn. 37; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 75; Stoppel, in: Grunewald/Schlitt, Kapitalmarktrecht, S. 279; Cahn, Der Konzern 2005, 5, 9. Anders Pawlik, in: KöKo WpHG, § 14 Rn. 15 – 19, 25 – 28, der schon Handeln in Kenntnis der Insiderinformation ausreichen lässt und Notwendigkeit der Kausalität der Insiderinformation für das Handeln ablehnt.  Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 78; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 34.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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Allerdings handelt es sich bei den Geschäften, die bei einem gegenläufigen Investment vorgenommen werden, nicht um eine marktübliche Absicherung. Der Abstimmende geht die Position ein, weil er um sein Abstimmungsverhalten und die wahrscheinliche Kursbewegung weiß. Somit erfolgt der Handel mit den Insiderpapieren unter Verwendung von Insider-Information. Denn diese sind ursächlich für den Handel. Anders in Fällen, in denen die Position zur indirekten Absicherung schon vor dem Entschluss, in der Stimmgesellschaft Einfluss zu nehmen, bestand. Dann greift das Insiderhandelsverbot nicht, da nicht unter Verwendung der Insiderinformation gehandelt wurde. Dies mag sonderbar erscheinen, erklärt sich aber aus der Schutzrichtung der Insider-Vorschriften: Diese schützen die faire Preisbildung am Markt. War aber der Plan der Beeinflussung noch nicht gefasst, dann bestand auch die Insiderinformation noch nicht – die Preisbildung war insofern unbeeinflusst.

(3) Teleologische Reduktion des Insiderhandelsverbot der Umsetzung von unternehmerischen Entscheidungen wegen Fraglich ist, ob das Insiderhandelsverbot ausnahmsweise keine Anwendung finden sollte, weil der Aktionär nur seine gefassten Beschlüsse umsetzt. Letztlich geht es darum, entsprechend der „Schutzrichtung“⁸⁰⁶ des Insiderhandelsverbotes dessen Reichweite zu bestimmen und solche Transaktionen, die positive Auswirkungen für die Corporate Governance haben können, aus dem Anwendungsbereich auszuscheiden. Methodisch wird dies teilweise als teleologische Reduktion des Verbots des Insiderhandels gehandhabt.⁸⁰⁷ Andere erreichen die Ausnahme durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „unter Verwendung einer Insiderinformation“.⁸⁰⁸ Eine solche wird beispielsweise nicht bejaht, wenn bereits vor der Abgabe eines Übernahmeangebots eine Position in einem Unternehmen aufgebaut wird.⁸⁰⁹ Grund für diese Einschränkung ist, dass es sich um eine wünschenswerte Tätigkeit handelt. Es geht allein um die Umsetzung eines unternehmerischen  So der Emittentenleitfaden, der BaFin unter Punkt III.2.2.1.4.2 zur Frage des Paketerwerbs nach Due-Diligence-Prüfung.  Cahn, Der Konzern 2005, 5, 11; Engert, ZIP 2006, 2105, 2109.  Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 45; Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 657; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. 2, § 107 Rn. 41 (an Sinn und Zweck orientierte Auslegung).  Cahn, Der Konzern 2005, 5, 11; Engert, ZIP 2006, 2105, 2109; Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 14 Rn. 45; Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 657; Pawlik, in: KöKo WpHG, § 14 Rn. 31; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. 2, § 107 Rn. 43; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 82.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Beschlusses und nicht um die strafwürdige Verwendung von Insiderinformationen. Fraglich erscheint, ob eine derartige teleologische Reduktion oder einschränkende Auslegung auch im Zusammenhang mit der Verwertung der Information im Falle des gegenläufigen Investments zu bejahen ist. Dem wird man aus einer Corporate Governance und Anreiz-Perspektive widersprechen müssen. Die Gewinne, die der Abstimmende in Fällen des gegenläufigen Investments am Markt macht, sind nicht Früchte seiner Arbeit. Wäre dies so, dann müsste aus Anreizgründen ein strafloser Handel mit diesen Wertpapieren möglich sein.⁸¹⁰ Der Aktionär mit dem gegenläufigen Investment nimmt aber Einfluss auf die Gesellschaft und nutzt dabei nicht eine erarbeitete Situation, sondern die Tatsache, dass er auf die Gesellschaft Einfluss nehmen kann und dadurch mehr weiß als der Rest des Marktes. Er nutzt somit einen Sondervorteil, ohne sich auf eine unternehmerische Entscheidung oder wünschenswerte Informationssuche zu verlassen. Eine Ausnahme ist in den genannten Fällen daher nicht angezeigt.⁸¹¹ Nicht an diese Stelle gehört das Argument, dass der Aktionär einem schweren Interessenkonflikt unterliegt. Zwar spricht auch diese Tatsache gegen die Zulässigkeit der Informationsnutzung, ist aber im Rahmen der Frage der teleologischen Auslegung bzw. Reduktion des Insiderhandelsverbots irrelevant. Denn das Insiderrecht bezweckt Marktschutz und die Gewährleistung des Vertrauens in den Kapitalmarkt. Der Frage nach dem Interessenkonflikt auf Ebene der Stimmgesellschaft muss sich dagegen das Gesellschaftsrecht annehmen.⁸¹²

(4) Subjektiver Tatbestand Darüber hinaus ist auch noch erforderlich, dass dieser Handel zumindest mit dolus eventualis geschieht, folglich auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist. Der

 In diese Richtung Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21 (2006), dazu noch unten unter Teil 4, III.2.  So auch für die Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung Engert, ZIP 2006, 2105, 2109.  Anders Engert, ZIP 2006, 2105, 2109, der die teleologische Reduktion auch aus Gründen der Interessenkonflikte ablehnt. Zur gesellschaftsrechtlichen Behandlung des Problems siehe noch unten unter Teil 5, II.1. Eine weitere zu unterscheidende Frage ist, ob es zulässig ist, dass sich der einzelne einen positiven Anreiz schafft, indem er mittels Derivaten zusätzlich auf ein Steigen des Kurses der Aktiengesellschaft, in der er abstimmt, spekuliert und somit seinen Anreiz, die Stimmrechte im Sinne der Gesellschaft bzw. im Sinne des Anstiegs des Börsenkurses zum relevanten Zeitpunkt auszuüben, erhöht. Hier befürwortet Engert, ZIP 2006, 2105, 2109, ebenfalls eine teleologische Reduktion mit dem Argument, es sei kein Schaden und auch im Interesse der anderen Aktionäre, wenn sich der Aktionär selbst zusätzliche Anreize setzt, den Börsenkurs durch seine Intervention zu erhöhen.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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Handelnde muss wissen oder billigend in Kauf nehmen, dass es sich bei seinem Tun um eine Transaktion von Insiderpapieren handelt und er hierfür eine Insiderinformation verwendet.⁸¹³ Dies ist bei einem gegenläufigen Investment, das gerade auf Gewinnerzielung durch die Neubewertung abzielt, regelmäßig der Fall.

(5) Rechtsfolgen Der Verstoß gegen das Insiderrecht zieht strafrechtliche Folgen nach sich.⁸¹⁴ Zivilrechtliche Konsequenzen ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Gesellschaft keine. Eine Nichtigkeit nach § 134 BGB i.V.m. dem Insiderhandelsverbot wird nicht angenommen,⁸¹⁵ hätte auf die Stimmrechtsausübung aber auch keine Auswirkungen. Denn in diesen Fällen wären nur die Absicherungsgeschäfte nichtig, die Stimmrechtsausübung betrifft das Insiderhandelsverbot hingegen auf keinen Fall. Ob ein das Abstimmungsverhalten beim Vorliegen eines gegenläufigen Investments auch gesellschaftsrechtliche Folgen hat, ist von gesellschaftsrechtlichen Maßstäben abhängig und nicht vom Insiderregime. Letzteres bezweckt den Schutz des Vertrauens in den organisierten Kapitalmarkt, nicht die Regelung von Interessenkonflikten innerhalb der Aktiengesellschaft.

c) Publizitätsvorschriften, §§ 21 ff. WpHG Für die börsennotierte Aktiengesellschaft gelten alleine die Transparenzvorschriften des WpHG, nicht hingegen die des Aktiengesetzes. Es ist danach zu differenzieren, welche Art des gegenläufigen Investments der risikoentleert Abstimmende gewählt hat.

 Siehe Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 57; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 87.  Siehe dazu Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 126 – 128; Altenhain, in: KöKo WpHG, § 38 Rn. 141– 143; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 198 – 200; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. 2, § 107 Rn. 65 – 67.  Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 12 Rn. 131; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 206 f., jeweils mit weiteren Nachweisen, auch zur Gegenansicht.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

aa) Leerverkauf von Aktien derselben Gesellschaft Wenn der Abstimmende Aktien der Stimmgesellschaft leer verkauft, waren bislang weder der Markt noch die anderen Aktionäre über das wahre, den Interessen der Mitaktionäre entgegengerichtete, Interesse des Aktionärs informiert. Es ist dem Aktionär zusätzlich möglich, die Gefahr zu umgehen, immer wieder bestimmte Schwellen zu über- und zu unterschreiten, indem er einfach sukzessive mehrere drei Prozent nicht übersteigende Positionen darlehensweise aufnimmt, diese dann im Markt verkauft und weiter so verfährt, bis er das gewünschte Maß seiner negativen Beteiligung erreicht hat. Im Anschluss kann er dann die gewünschte Anzahl von Aktien kaufen, mit denen er letzten Endes Einfluss auf die Abstimmung nehmen will. Seit März 2012 erfasst die Transparenzpflicht des § 30i WpHG derartige Fälle jedoch.⁸¹⁶ Danach muss eine Leerverkaufs-Position gegenüber der BaFin offengelegt werden, sobald sie mehr als 0,2 % der insgesamt emittierten Aktien beträgt. Eine Offenlegung gegenüber dem Markt muss ab 0,5 % erfolgen. Dabei werden die Long- und die Short-Positionen verrechnet (netting), d. h. die Leerverkaufsposition wird von der bestehenden Aktienposition abgezogen. Besteht dann ein negativer Überhang, der eine Schwelle überschreitet, dann muss die Position offengelegt werden. Würde ein Aktionär demnach eine Position einnehmen, die gleichzeitig die Ausübung erheblicher Stimmkraft ermöglicht und trotzdem eine signifikante Leerverkaufsposition darstellt, so müsste er einerseits im Rahmen der Regelpublizität der §§ 21 ff. WpHG den signifikanten Stimmrechtsanteil und gleichzeitig im Rahmen der Leerverkaufs-Publizität eine Short-Position melden. Dann wären die Aktionäre über das gegenläufige Investment und über die besondere Anreizsituation des Aktionärs informiert.

bb) Spekulation auf sinkenden Kurs mittels Derivaten Ebenso wenig bestand bislang eine Offenlegungspflicht, wenn der Abstimmende auf einen sinkenden Kurs der Gesellschaft mit Derivaten spekuliert. Diese waren nicht mitteilungspflichtig, so dass der Abstimmende eine beliebige negative Position im Unternehmen aufbauen konnte, ohne dies offenlegen zu müssen. Auch diese derivativen Short-Positionen sind von der neuen Mitteilungspflicht erfasst, obwohl dies nicht unbedingt dem Schutzzweck des Publizitätsregimes für Leerverkäufe entspricht. Denn dieses bezweckt die Gewährleistung der unverzerrten Preisbildung. Derivative Short-Positionen müssen aber nicht zwangsläufig

 Siehe dazu schon oben unter Teil 3, II.3.

III. Decoupling mit einem gegenläufigen Investment

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Auswirkung auf den Marktprozess haben. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Gegenpartei des Derivates als Absicherung der derivativen Position die Aktie im Markt leerverkauft.⁸¹⁷ Ungeachtet der Inkonsistenz der Einbeziehung derivativer Short-Positionen in das Publizitätsregime für Leerverkäufe, hat diese den Effekt, dass der Markt und die anderen Aktionäre über die gegenläufige Position informiert werden. Auch mittels einer Mischung von Leerverkäufen und derivativen Positionen kann diese Publizitätspflicht nicht umgangen werden. Denn im Rahmen des netting findet eine Addition aller Short-Positionen, d. h. von Leerverkäufen und derivativen Short-Positionen statt.

cc) Indirekte Absicherung Beim gegenläufigen Investment in einer anderen Gesellschaft helfen die Publizitätspflichten der §§ 21 ff.WpHG, die drohenden Interessenkonflikte offenzulegen. Denn wenn das Investitionsvolumen groß genug ist, muss auch die Aktienposition in der anderen Gesellschaft offengelegt werden, beispielsweise die Investition bei einem Konkurrenten. Dann wird für die übrigen Aktionäre und den Markt deutlich, dass der Abstimmende mit seiner Stimmrechtsausübung möglicherweise nicht im Interesse der Gesellschaft handelt, sondern andere, gesellschaftsfremde Ziele verfolgt. Die Publizitätspflicht war bislang allerdings auf die Fälle beschränkt, in denen der Aktionär durch Eingehen einer Aktienposition auf das Steigen des Kurses dieser Gesellschaft setzt. Verwendet er hingegen Derivate mit Barausgleich, die keinen Bezug zu den Stimmrechten haben, so musste diese Position bislang nicht angezeigt werden.⁸¹⁸ Dies ändert sich durch die Einführung von § 25a WpHG, der auch derivative Long-Positionen mit Barausgleich erfasst und zu einer Offenlegung von diesen im Rahmen einer separaten Mitteilung zwingt.⁸¹⁹ Ähnlich verhielt es sich, wenn der Aktionär auf sinkende Kurse setzte. Dies kann zum einen durch den Leerverkauf der Aktien des Unternehmens geschehen. In diesem Fall bestand keine Offenlegungspflicht, dass der Abstimmende die Aktien einer anderen Gesellschaft leer verkauft hat. Zum anderen konnte mittels Derivaten auf einen sinkenden Kurs dieser Gesellschaft spekuliert werden. Der Markt und die anderen Aktionäre blieben über den bestehenden Interessenkonflikt uninformiert. Nach Inkrafttreten von § 30i WpHG ist eine Spekulation auf fallende Kurse und damit ein gegenläufiges Investment im Falle einer indirekten

 Siehe Mittermeier, ZBB 2010, 139, 147.  Siehe oben unter Teil 3, II.4.  Siehe zu dieser Regelung schon oben unter Teil 3, II.4.

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

Absicherung offenzulegen. Besteht also beispielsweise eine Netto-Leerverkaufsposition in einem Übernahmeziel (wie im Fall Deutsche Börse AG), dann muss diese offengelegt werden. Dadurch können sich die Mitaktionäre und der Markt ein Bild von der Interessenlage des Aktionärs machen.

4. Zusammenfassung Risikoentleerte Stimmrechte sind Stimmrechte bei denen der Aktionär das aktientypische Risiko gar nicht oder nur zum Teil trägt. Bei einem gegenläufigen Investment besteht demgegenüber ein gradueller Unterschied: hier wird das Risiko, das mit dem Aktienbesitz verbunden ist, nicht nur beseitigt. Es entsteht eine Situation, in welcher der Abstimmende nur dann profitiert, wenn der Aktienkurs der Stimmgesellschaft sinkt bzw. in welcher die Entwicklung ihres Werts für ihn keine Rolle spielt. Bis zu einem gewissen Grad erzeugt eine der Stimmgesellschaft gegenläufige Position risikoentleerte Stimmrechte. Übertrifft der zu erwartende Wert der gegenläufigen Position das Investment in der Stimmgesellschaft, dann liegt ein gegenläufiges Investment vor. Eine solche Situation kann durch Leerverkäufe und derivative Short-Positionen entstehen, die sich auf die Stimmgesellschaft selbst beziehen. Sie kann aber auch durch Spekulation auf den steigenden Kurs eines Konkurrenten oder den fallenden Kurs eines abhängigen Unternehmens, beispielsweise eines Zulieferers, zustande kommen. Dies kann mittels des Kaufs von Aktien sowie derivativen LongPositionen bzw. durch den Leerverkauf von Aktien oder den Kauf von derivativen Short-Positionen geschehen. Nach der bisherigen Rechtslage mussten Short-Positionen nicht publik gemacht werden. Nach Inkrafttreten des Publizitäts-Regimes für Leerverkäufe muss die Spekulation auf sinkende Kurse ab einer gewissen Positionsgröße offengelegt werden. Zumindest im Falle eines gegenläufigen Investments wären der Markt und die Mitaktionäre über die unterschiedliche Anreizsituation informiert. Dies bedeutet allerdings gesellschaftsrechtlich noch keine Lösung, da durch Publizität die Beschlussfassung durch den entsprechenden Aktionär nicht verhindert wird.

IV. Zwischenergebnis Der Aktionär trägt das Residualrisiko sowie das Kursrisiko. Wie im zweiten Teil beschrieben, sind es diese Risiken und die damit korrespondierenden Chancen, die den Aktionär als den alleine geeigneten Inhaber des Stimmrechts erscheinen lassen.

IV. Zwischenergebnis

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Aus einem Bedürfnis nach Absicherung und Spekulationsmöglichkeit haben sich verschiedene Finanzprodukte herausgebildet, die eine Beseitigung des Kursrisikos und teilweise auch des Residualrisikos, das mit dem Aktienbesitz verbunden ist, ermöglichen. Diese Produkte behandeln die Aktie als einen Typ Wertpapier unter vielen und berücksichtigen daher die verbundenen Mitgliedschaftsrechte nicht in ihrer vertraglichen Gestaltung. Aus dieser KapitalmarktPerspektive wird die Aktie nicht als verbriefte Mitgliedschaft behandelt, sondern vielmehr als verbriefter Zahlungsstrom. Die Wertentwicklung der Aktie und des von der Aktiengesellschaft getragenen Unternehmens wird als exogener Faktor wahrgenommen, die aus der Aktie ausfließenden Einflussmöglichkeiten nicht beachtet. Dies wird insbesondere beim Aktiendarlehen deutlich, also der zeitlich begrenzten dinglichen Übertragung von Aktien auf einen Dritten, bei gleichzeitiger schuldrechtlicher Pflicht des Darlehensnehmers, Dividendenzahlungen und Bezugsrechte an den Darlehensgeber weiterzugeben. Der Darlehensgeber bleibt „wirtschaftlich“ Aktionär, der Darlehensnehmer wird jedoch formal Aktionär und kann somit auch das Stimmrecht ausüben. In den internationalen Bedingungen findet sich dennoch keine Regelung zum Stimmrecht. Auch das Abspaltungsverbot und die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG verhindern eine Ausübung des Stimmrechts durch den Darlehensnehmer nicht. Daneben erlauben es Derivate und auch Leerverkäufe eine Position aufzubauen, die durch ihre Wertentwicklung zumindest das Kursrisiko der gehaltenen Aktien beseitigen, da sie an Wert gewinnen, wenn die Aktie an Wert verliert. Diese zur Absicherung und Spekulation geschaffenen Produkte bewirken somit, dass der Aktionär wirtschaftlich wie ein Nicht-Aktionär steht. Da diese Instrumente neben den regulär gehaltenen Aktien stehen, besteht auch keine rechtliche Einschränkung, das Stimmrecht auszuüben. Einen ähnlichen Effekt wie ein Aktiendarlehen hat demgegenüber der Verkauf der Aktien nach dem Record Date. In diesem Fall ist der Verkäufer als Legitimierter stimmberechtigt, auch wenn er die aktientypischen Risiken zum Zeitpunkt der Abstimmung schon gar nicht mehr trägt. All diese Instrumente erlauben somit eine Beseitigung der aktientypischen Risiken. Man kann dabei zwischen direkter und indirekter Absicherung unterscheiden: Bei der direkten Absicherung wird durch Derivate oder Leerverkäufe eine Short-Position eingenommen bzw. werden die Aktien nach dem Record Date verkauft oder bloß im Rahmen eines Wertpapierdarlehens empfangen. Bei der indirekten Absicherung wird hingegen eine Short- oder Long-Position auf Aktien einer Unternehmung, deren Wertentwicklung mit dem Verhalten der Stimmgesellschaft in Verbindung steht, eingenommen. Dies können zum einen Konkurrenzunternehmen sein, die von wertmindernden Entscheidungen der Stimmge-

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Teil 3: Decoupling – Trennung von Stimmrechten und Risiko

sellschaft profitieren. Zum anderen kann es sich auch um Zulieferunternehmen oder Unternehmen, die die Stimmgesellschaft zu übernehmen plant, handeln. In all diesen Fällen beeinflusst das neben dem Aktienbesitz bestehende Investment den Anreiz des Aktionärs bei der Abstimmung – er wird immer versuchen, den Wert seines Gesamtportfolios zu maximieren. Dabei kann man zwischen zwei Konstellationen unterscheiden, zwischen risikoentleerten Stimmrechten einerseits und einem gegenläufigen Investment andererseits. Der Unterschied ist dabei ein gradueller. Bei den risikoentleerten Stimmrechten beseitigt der Aktionär das aktionärstypische Risiko zum Teil oder vollständig; dies ist dann der Fall, wenn er die Aktien nur geliehen hat, er eine Short-Position innehat, die höchstens dem Wert seiner Aktien entspricht und außerdem, wenn er seine Aktien nach dem Record Date verkauft. In all diesen Konstellationen bestehen keine rechtlichen Hindernisse, die ihn am Abstimmen hindern würden. Zudem zwingen ihn die kapitalmarktrechtlichen Transparenzvorschriften in dieser Situation nicht dazu, offenzulegen, dass er zwar stimmberechtigt ist, das aktientypische Risiko jedoch nicht trägt. Beim gegenläufigen Investment ist die Situation verschärft. Hier hat der Aktionär durch eine andere Position ein Interesse daran, für die Unternehmen nachteilig abzustimmen (negatives gegenläufiges Investment) bzw. die Auswirkung der Abstimmung auf den Unternehmenswert der Stimmgesellschaft spielt für ihn überhaupt keine Rolle (konfligiertes gegenläufiges Investment). Die Situation eines negativen gegenläufigen Investments entsteht entweder durch eine hinreichend große Short-Position oder durch eine hinreichend große Position bei einem Konkurrenzunternehmen. In beiden Fällen sind der Stimmgesellschaft nachteilige Entscheidungen vorteilhaft für das jeweils andere Investment. Zwar verstößt dieses Verhalten nicht gegen das Verbot der Marktmanipulation, die anderen Geschäfte stellen jedoch Insidergeschäfte dar und sind daher verboten. Ein Verstoß gegen dieses Verbot hat jedoch allein strafrechtliche, nicht hingegen gesellschaftsrechtliche Konsequenzen. Allerdings muss nach den zum März 2012 in Kraft getretenen Publizitätsvorschriften für Netto-Leerverkaufspositionen bei direkter Absicherung, d. h. mittels Leerverkäufen oder Derivaten, das negative gegenläufige Investment offen gelegt werden, so dass ab der Größe von 0,5 % der Markt und damit auch die anderen Mitgesellschafter informiert werden. Ähnliches gilt für eine Position bei einem Konkurrenzunternehmen. Hier wird der Markt über das System der Regelpublizität hinsichtlich des bestehenden Konfliktes informiert. Beim konfligierten gegenläufigen Investment ist die Situation nicht derart drastisch. Ab einer gewissen Größe des anderen Investments spielen die Auswirkungen der Abstimmung auf den Wert der Stimmgesellschaft keine Rolle mehr, da nur bei einem bestimmten Abstimmungsverhalten der Wert des Gesamt-

IV. Zwischenergebnis

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portfolios maximiert wird. So ist es beispielsweise, wenn eine Maßnahme zur Entscheidung steht, die Auswirkungen auf ein Zulieferunternehmen oder auf die Übernahme eines anderen Unternehmens hat. Auch in diesen Fällen liegt zwar keine Markmanipulation, jedoch ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot vor. Allerdings ist auch in diesem Fall das Abstimmungsverhalten in seiner Wirksamkeit durch den Verstoß nicht berührt. Die Mitgesellschafter und der Markt werden jedoch bei entsprechender Größe der mittelbaren Absicherung über das System der Regelpublizität bzw. über das Publizitätsregime für Netto-Leerverkaufspositionen über die mittelbare Absicherung informiert. Durch die Beseitigung der Risiken ist die im zweiten Teil dargestellten Voraussetzungen für die Richtigkeitsgewähr und die Funktionsfähigkeit des Stimmrechtsmechanismus nicht mehr gegeben. Wie bereits angedeutet kann dies Auswirkungen auf die Anreizsituation und die Interessen des Aktionärs haben.Welche Auswirkungen sich im Einzelnen ergeben und wie dies gesellschaftsrechtlich zu bewerten ist, ist Gegenstand des folgenden vierten Teils.

Teil 4: Bewertung des Empty Voting – ökonomische Überlegungen und rechtlich vergleichbare Konstellationen Im dritten Teil wurden die Konstellationen, in denen es zu einer Entkoppelung von Stimmrecht und Risiko kommt, dargelegt. Nun wird untersucht, welche Auswirkungen das empty voting auf die Steuerung der Aktiengesellschaft hat und wie diese Auswirkungen zu bewerten sind. Wie soll dabei vorgegangen werden? Zunächst werden die Interessen der einzelnen Stakeholder-Gruppen analysiert. Um die herausgearbeiteten Interessenlagen bewerten zu können, ist ein Maßstab notwendig. Ein spezifisch rechtlicher Maßstab lässt sich aus einer Betrachtung vergleichbarer Konstellationen gewinnen. So finden sich verschiedene Aspekte des empty voting in ähnlicher Form bei lang bekannten und diskutierten Gestaltungen, wie beispielsweise bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Die in diesen Fällen gefundenen Lösungen können Erkenntnisse für die Behandlung des empty voting bringen. Ein weiterer Maßstab, der bereits im ersten Teil eingeführt wurde, ist der Effizienzmaßstab der Wirtschaftswissenschaft bzw. der ökonomischen Analyse des Rechts. So gibt es einige wirtschaftswissenschaftliche Modelle und Untersuchungen, die sich von derartigen Praktiken einen Effizienzgewinn versprechen, insbesondere eine Verbesserung der Verwaltungskontrolle und damit eine Abschwächung des PrincipalAgent-Konflikts zwischen Management und Aktionären. Anhand der vergleichbaren Konstellationen sollen zunächst die relevanten rechtlichen Kriterien zur Bewertung des empty voting herausgearbeitet werden. In einem zweiten Schritt werden dann die möglicherweise effizienzsteigernden Wirkungen des empty voting analysiert. Dabei wird überprüft, ob die aus dem Recht gewonnenen Maßstäbe korrigiert werden müssen und wie das empty voting behandelt werden soll. Die rechtstechnische Umsetzung der gewonnen Erkenntnisse ist Gegenstand des fünften Teils.

I. Interessenlage Im Folgenden sollen die Interessen der verschiedenen Stakeholder-Gruppen, die von der Ausübung risikoentleerter Stimmrechte bzw. vom Vorliegen eines gegenläufigen Investments betroffen sind, näher analysiert werden. Es wird mit dem handelnden Aktionär selbst begonnen, dann werden die anderen Gruppen, die ein Interesse an der Unternehmung haben, untersucht.

I. Interessenlage

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Zuletzt wird auf die Interessen der Allgemeinheit eingegangen. Jeweils wird zwischen den Auswirkungen von risikoentleerten Stimmrechten und den Auswirkungen eines gegenläufigen Investments differenziert.

1. Aktionär mit risikoentleerten Stimmrechten oder mit gegenläufigem Investment a) Kosten Der Aktionär sieht sich mit verschiedenen Kosten konfrontiert. Zunächst muss er die Kosten der Stimmrechtsausübung tragen, d. h. er muss die Hauptversammlung besuchen bzw. einen Bevollmächtigten auswählen und diesen mit der Stimmrechtsausübung betrauen. Darüber hinaus muss er sich kundig machen und sich die Kompetenz aneignen, das Stimmrecht informiert auszuüben. Diese Kosten treffen alle abstimmenden Aktionäre gleichermaßen. Im Fall des empty voting kommen weitere Kosten hinzu: Es entstehen Kosten durch den Zins für das Wertpapierdarlehen, die Gebühr für das Derivat oder durch das Eingehen einer hinreichend großen gegenläufigen Position. Beispielsweise die Kosten von Leerverkäufen, die ebenfalls die Zahlung eines Darlehenszinses notwendig machen.

b) Nutzen Dem steht die Möglichkeit der Einflussnahme gegenüber. Wie die anderen Aktionäre auch, kann der Aktionär im Rahmen von Hauptversammlungsbeschlüssen seine Ziele durchsetzen. Gegenüber den gewöhnlichen Aktionären besteht insoweit eine Besonderheit: Je nachdem, wie weit er sich abgesichert hat, trägt er weniger oder gar kein Risiko bei seiner Einflussnahme.

c) „Interessenbilanz“ – Anreizstruktur des Aktionärs Kosten und Nutzen fügen sich für den Aktionär zu einer spezifischen Anreizstruktur zusammen, je nachdem aus welchen Positionen sein Portfolio im Einzelnen besteht. Er kann mehr Einfluss nehmen, als es seinem Risiko in Form seiner Beteiligung am Kapital der Gesellschaft entspricht. Oder er hat aufgrund seiner Beteiligungen ein negatives Interesse.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Stellt man die sich gegenüberstehenden Long- und Short-Positionen des Aktionärs in eine „Risikobilanz“ bzw. „Interessenbilanz“ ein, so lassen sich je nach Ergebnis verschiedene Fälle unterscheiden.⁸²⁰

aa) Positive „Interessenbilanz“ – teilweise risikoentleerte Stimmrechte Eine positive Interessenbilanz besteht dann, wenn der Aktionär eine größere Position in Aktien und anderen Long-Positionen hält, als er Short-Positionen hat. Trägt er also das ganze Risiko oder Teile des Risikos seines Aktienbesitzes, dann ist seine Interessenbilanz positiv. Je größer die gegenläufige Short-Position ist, desto geringer wird das Risiko, das der Aktionär bei der Einflussnahme auf die Gesellschaft noch trägt. Die möglichen Erträge aus den Aktien fallen dadurch geringer aus. Dadurch wird der Anreiz für einen rational handelnden Aktionär, die Kontrolle auszuüben, geringer, da mit der geringeren wirtschaftlichen Betroffenheit auch der Wert des Projekts „Verwaltungskontrolle“ sinkt und damit im Vergleich zu anderen möglichen Projekten weniger attraktiv wird. Ein gesteigertes Interesse besteht demgegenüber wenn mit weiteren derivativen Long-Positionen (beispielsweise Call-Optionen) auf ein Ansteigen des Aktienkurses spekuliert wird. In diesem Fall trägt der Aktionär zusätzlich das Kursrisiko dieses Instruments. Dies hat zur Folge, dass er noch stärker von einem Ansteigen des Aktienkurses betroffen ist. Denn neben die möglichen Gewinne und Verluste aus der Aktie selbst, treten noch die möglichen Gewinne und Verluste aus diesem zusätzlichen Investment. In diesem Fall hat der Aktionär einen größeren Anreiz als ein gewöhnlicher Aktionär, die Aktienerträge durch seine Überwachungstätigkeit möglichst positiv zu gestalten.

bb) Neutrale „Interessenbilanz“ – ausschließlich risikoentleerte Stimmrechte Hat der Aktionär sein Risiko vollständig beseitigt, hat er also beispielsweise für alle von ihm gehaltenen Aktien Differenzkontrakte abgeschlossen, dann ist seine Lage mit derjenigen eines Nichtaktionärs vergleichbar. Er kann Einfluss auf Entscheidungen nehmen, ohne die positiven oder negativen Folgen seiner Stimmrechtsausübung zu tragen. Dabei ist zu bedenken, dass die risikoentleerten Stimmrechte nicht kostenlos sind, d. h. es muss der

 Diese Bilanz versuchen auch Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 825 (2006), und nennen das Ergebnis ihrer Bilanz, das sie als das Interesse an der positiven Entwicklung der Gesellschaft haben „net economic ownership“.

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Wertpapierdarlehenszins oder die Gebühr für den Abschluss des Derivats entrichtet werden. Legt man einen rational handelnden Akteur zugrunde, der seinen Nutzen aus dem Investment maximieren will, so liegt nahe, dass der Aktionär, der derartig risikoentleert abstimmt, mit der Stimmrechtsausübung irgendeine Form von Vorteilen verfolgt, die nicht mit der Aktionärsstellung zusammenhängen. Denn ansonsten würde er durch die Kosten, die durch die Absicherung entstehen, Verlust machen. Werden keine derartigen Vorteile verfolgt, so wird der Aktionär die risikoentleerten Stimmrechte entweder für einen Vorschlag der Verwaltung abgeben, um die Verwaltung für sich einzunehmen und in der Zukunft daraus einen Vorteil zu ziehen.⁸²¹ Oder er stimmt einfach uninformiert oder überhaupt nicht ab. In dieser Situation ist der vom Gesetz vorgesehene Anreizmechanismus, der die Richtigkeit der durch die Aktionäre getroffenen Entscheidung gewährleistet, ausgehebelt. Grundsätzlich sollen die zu erwirtschaftenden Gewinne aus der positiven Entwicklung der Gesellschaft einen Anreiz für ein informiertes Abstimmen setzen. Dies ist in diesen Konstellationen aber nicht mehr der Fall. Werden dann mit den risikoentleerten Stimmrechten andere Ziele als die Vermögensmaximierung verfolgt, dann droht der Stimmrechtsmechanismus aufgrund der disparaten Ziele nicht mehr zu funktionieren. Das gemeinsame Ziel „Wertmaximierung“ greift nicht mehr, wodurch die Gefahr von Entscheidungen, die nicht der Wertmaximierung dienen, steigt.⁸²²

cc) Negative „Interessenbilanz“ – gegenläufiges Investment Ist der Aktionär hingegen gegenläufig investiert, hat er also eine gegenläufige Position, die seine Position in der Stimmgesellschaft übersteigt, so ist die Anreizsituation noch weiter gehend beeinträchtigt. Das einzige rationale Abstimmungsverhalten ist in diesem Fall die Wahl der Alternative, die den Wert des gegenläufigen Investments steigert. Dabei kann man noch zwischen einem negativen gegenläufigen Investment und einem konfligierten gegenläufigen Investment unterscheiden.

 Siehe zu dieser Überlegung Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1264– 65 (2008).  Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 308 (2008), spricht von einer „dramatic heterogenity“, wenn man risikoentleerte Stimmrechte zulässt.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

(1) Negatives gegenläufiges Investment Das negative gegenläufige Investment führt zu einer Situation, in der ein direkter Anreiz besteht, der Stimmgesellschaft zu schaden. Denn in diesen Fällen erwirtschaftet der Aktionär eine positive Gesamtrendite nur in den Fällen, in denen der Unternehmenswert der Stimmgesellschaft sinkt. Das Anreizsystem, das die Richtigkeit der Abstimmungsentscheidungen gewährleisten soll, ist ins Gegenteil verkehrt. Wenn es dem Aktionär möglich ist, wird er zudem weitere, nicht auf Wertmaximierung gerichtete Maßnahmen verfolgen, die ihm Vorteile sichern, die nicht mit seiner Aktionärsstellung zusammenhängen. Denn durch diese kann er seine Rendite weiter verbessern. Solche Maßnahmen führen zu einem weiteren Absinken des Kurses, da bei der Extraktion von Vorteilen, die nur einzelnen Aktionären zugutekommen, der erwartete Zahlungsstrom an die Gesamtheit der Aktionäre geringer wird. So kann der Aktionär doppelt profitieren: durch den Gewinn aus dem gegenläufigen Investment und von den nur ihm zukommenden Vorteilen.⁸²³

(2) Konfligiertes gegenläufiges Investment Ähnlich verhält es sich bei den Fällen des konfligierten gegenläufigen Investments. Hier ist es zwar nicht notwendig, dass der Unternehmenswert sinkt, damit der Aktionär profitiert. Aber dennoch ist sein Verhalten prädeterminiert. Denn er macht nur bei der Entscheidung Gewinn, die für seine indirekte Absicherung, seine Position im Zulieferer oder im Übernahmeziel, eine Wertsteigerung oder einen Wertverlust, je nach Investition des Aktionärs, bedeutet. Somit besteht kein Anreiz, das Stimmrecht informiert und im Interesse einer Wertmaximierung der Stimmgesellschaft auszuüben. Besonders gefährlich ist die Situation, wenn der Aktionär neben dem konfligierten gegenläufigen Investment zusätzlich sein Risiko aus der Stimmgesellschaft durch Wertpapierdarlehen oder durch andere Mittel beseitigt hat. Die Entwicklung der Stimmgesellschaft ist dem Aktionär gleichgültig.⁸²⁴ Gleichzeitig profitiert er in vollem Umfang von der Wertentwicklung, die sich aus der Entscheidung zugunsten seines konfligierten gegenläufigen Investments ergibt.

 So auch Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 239 (2008).  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 239 (2008). Siehe zu dieser Gefahr der Kombination schon oben unter Teil 3, III.2.

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2. Andere beteiligte Gruppen Aber nicht nur die Situation des Aktionärs ändert sich durch das Decoupling. Auch die anderen Gruppen, die ein Interesse an der Unternehmung haben, sind betroffen.

a) Mitaktionäre Die am stärksten vom Handeln des Aktionärs betroffene Gruppe ist diejenige der Mitaktionäre. Denn diese tragen, ähnlich wie die Gegenparteien von Wertpapierdarlehens- und Optionsgeschäften, die Konsequenzen des Abstimmungsverhaltens des Aktionärs; im Gegensatz zu diesen erhalten sie aber nicht einmal eine Entschädigung in Form des Darlehenszinses bzw. der Optionsgebühr. Durch das empty voting verliert die Aktiengesellschaft als Verband einen Teil ihrer Selbstbestimmung und wird fremdgesteuert. Dies gilt insbesondere im Fall der Wertpapierdarlehen, wo es zu einer Verschiebung der Stimmmacht kommt. Es gilt aber auch im Falle von Derivaten sowie bei einer indirekten Absicherung, denn die Interessenlage und Anreizstruktur des Aktionärs ähneln mit zunehmender Zahl von risikoentleerten Stimmrechten der Interessenlage und Anreizstruktur eines Nichtaktionärs. Allerdings sind die Auswirkungen nicht zwangsläufig negativ. Die Situation ist im Falle der risikoentleerten Stimmrechte ambivalent; im Falle eines gegenläufigen Investments ist die Interessenlage hingegen klarer.

aa) Risikoentleerte Stimmrechte Solange der Aktionär noch eine positive Interessenbilanz aufweist, übt er die Stimmrechte nicht notwendigerweise zum Schaden der Gesellschaft aus. So kann er seine disproportionale Stimmkraft dazu nutzen, die Verwaltung im Sinne der übrigen Aktionäre zu kontrollieren und Verwaltungsvorschläge, die einen Wertverlust des Unternehmens bedeuten würden, abzuwenden. Damit würde er im Interesse aller Aktionäre handeln. Hat ein Aktionär beispielsweise überlegene Informationen über ein vorgeschlagenes Projekt, das nach dieser Information eine Wertvernichtung darstellen würde, so kann er die risikoentleerten Stimmrechte dazu nutzen, dieses Projekt zu verhindern. Damit würde das beschriebene Principal-Agent-Problem gemildert, die Verwaltung zu einem Handeln im Sinne der Aktionäre angehalten. Der Anreiz des Aktionärs, das Stimmrecht informiert auszuüben ist jedoch gemindert. Auch droht mit abnehmendem Risiko eine Verfolgung von gesellschaftsfremden Zielen, die nicht der Wertsteigerung der Stimmgesellschaft dienen.

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bb) Gegenläufiges Investment Eindeutig verhält sich die Interessenlage im Falle eines negativen gegenläufigen Investments, wenn alleine die Schädigung der Gesellschaft einen Gewinn des Aktionärs bedeutet. Die Mitaktionäre sind in diesen Fällen die Träger des gesamten Risikos und müssen die Konsequenzen des Verhaltens des Aktionärs tragen.⁸²⁵ Sie werden durch sein Handeln geschädigt. Bei einem konfligierten gegenläufigen Investment sieht die Situation ähnlich aus: Denn auch hier tragen die Mitaktionäre die möglichen negativen Folgen der Entscheidung. Ein Unterschied besteht nur insoweit, dass der Aktionär keinen direkten Anreiz hat, der Stimmgesellschaft zu schaden, sondern ihm die Wertentwicklung gleichgültig, seine Entscheidung prädeterminiert ist. So sind es im Falle einer Unternehmensübernahme, die von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig gemacht wird, die Mitaktionäre, die eine mögliche Überzahlung zu tragen haben (so im Perry-Mylan-Fall).⁸²⁶ Ebenso tragen die Mitaktionäre die Konsequenzen, wenn aufgrund des Stimmverhaltens des Aktionärs eine möglicherweise wertsteigernde Übernahme nicht durchgeführt wird. Obwohl kein direkter Anreiz besteht, die Mitaktionäre zu schädigen, droht die Gefahr, dass der Aktionär ein wertminderndes Projekt befürwortet, um den Wert seines gegenläufigen Investments zu maximieren. Er unterliegt einem Interessenkonflikt.

b) Gegenpartei von Wertpapierdarlehen und Derivaten Betrachtet man die Interessenlage der Gegenparteien von Wertpapierdarlehen und Derivaten, dann stellt sich die Frage, warum sich überhaupt ein Vertragspartner für derartige Geschäfte findet. Denn diese tragen im Falle der risikoentleerten Abstimmung die Risiken und müssen unter Umständen wirtschaftliche Einbußen hinnehmen, da sie entweder die im Wert geminderten Aktien zurückerhalten bzw. kaufen müssen bzw. dem Vertragspartner den Verlust ersetzen müssen. Sowohl bei Wertpapierdarlehen als auch bei Derivaten handelt es sich um standardisierte Verträge und Instrumente, die massenhaft abgewickelt werden. Sie dienen dabei kapitalmarktrechtlichen Zwecken wie der Absicherung eines Portfolios oder der Spekulation auf fallende Preise. Diese Instrumente sind für alle möglichen Wertpapiere abschließbar und standardisiert, also auch für solche, bei denen es sich nicht um ein verbrieftes Mitgliedschaftsrecht handelt. Es gibt zudem verschiedene Parteien am Markt, die derartige Geschäfte anbieten. Durch die Abschlüsse mit verschiedenen Gegenparteien ist die Zahl der darlehensweise emp-

 Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 15 f.  Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 30.

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fangenen Aktien bzw. das Ausmaß der Absicherung der Position des Abstimmenden für den einzelnen Vertragspartner nicht erkennbar. Insoweit schaffen auch die Vorschriften der Regelpublizität, vgl. §§ 21 ff. WpHG, keine Abhilfe, da sie zwar zur Offenlegung der insgesamt gehaltenen Position zwingen, eine Pflicht zur Informationen über das Abwälzen des Risikos aber nicht statuieren. Dies gilt auch unter dem neuen Publizitätsregime für Leerverkäufe: Denn dieses erfasst Short-Position aus Wertpapierdarlehen gar nicht. Durch das netting müssen auch derivative Short-Positionen erst dann offengelegt werden, wenn sie 0,5 % des Nominalkapitals erfassen, vgl. § 30i Abs. 1 Satz 2 WpHG. Aber auch dies ist zu spät, da die Verträge dann bereits geschlossen sind. Die Gegenpartei ist somit nicht hinreichend informiert bzw. schätzt das Risiko als zu gering ein und schützt sich deshalb nicht in den entsprechenden Verträgen. Selbst wenn sie sich schützen würde und beispielsweise die Darlehensgeber bei Wertpapierdarlehen sich für den Kursverlust durch einen höheren Darlehenszins entschädigen lassen würden, so würden dennoch mögliche Beeinträchtigungen der anderen Aktionäre und der Allgemeinheit bleiben.⁸²⁷ Insbesondere andere Darlehensnehmer, die mit den darlehensweise empfangenen Aktien legitime Zwecke verfolgen, hätten diese Risikoprämie ebenfalls zu bezahlen.

aa) Risikoentleerte Stimmrechte Bezogen auf den Fall der risikoentleerten Stimmrechte trägt der Darlehensgeber das Kursrisiko. Solange der Aktionär noch eine positive Interessenbilanz aufweist, ist die Gefahr allerdings gemindert. Denn der Aktionär hat weiterhin ein Interesse daran, dass der Unternehmenswert steigt. Im besten Fall erhält der Darlehensgeber den Darlehenszins und das Unternehmen wird wertmaximierend kontrolliert. Negative Auswirkungen hat er dann zu befürchten, wenn der Darlehensnehmer mit der zusätzlichen Stimmmacht, die ihm die überlassenen Aktien gewähren, Ziele verfolgt, die nicht allen Aktionären zugutekommen, sondern allein ihm nutzen. Bei Gegenparteien von Optionsverträgen verhält es sich ähnlich: auch sie müssen eventuelle Werteinbußen des Unternehmens tragen. Liegen nicht ausschließlich risikoentleerte Stimmrechte vor, so hat der Inhaber des Derivates immer noch ein Interesse daran, den Unternehmenswert zu steigern. Allerdings droht auch hier die Verfolgung von anderen Zielen, die nur dem Optionsinhaber

 So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 613.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

zugutekommen und die somit zu einem Wertverlust führen können. Diesen hat wiederum die Gegenpartei zu tragen.

bb) Gegenläufiges Investment Bei einem gegenläufigen Investment besteht eine größere Gefahr für die Gegenparteien. Bei einem negativen gegenläufigen Investment wird der Aktionär der Gesellschaft schaden und den Unternehmenswert zu mindern suchen. Diese Minderung hat die Gegenpartei zusammen mit den anderen Aktionären zu tragen. Entweder erhält sie eine Aktie zurück, die weniger Wert ist, oder sie muss aufgrund ihrer Verpflichtung aus dem Derivatvertrag dem Aktionär diese Werteinbuße ersetzen. Bei einem konfligierten gegenläufigen Investment stimmt der Aktionär ohne Rücksicht auf den Unternehmenswert der Stimmgesellschaft ab. Ergibt sich daraus eine negative Werteinbuße für das Unternehmen, so trägt die Gegenpartei die Konsequenzen wie bei einem negativen gegenläufigen Investment.

c) Gläubiger Die Gläubiger der Stimmgesellschaft, zu denen Fremdkapitalgeber, beispielsweise Banken und Inhaber von Unternehmensanleihen, sowie Zulieferer und Arbeitnehmer zählen, sind nicht direkt von einer Veränderung des Unternehmenswertes betroffen. Langfristig können eine Fehlsteuerung des Unternehmens und eine ständige Reduktion des Unternehmenswertes durch wertmindernde Entscheidungen die Unternehmung allerdings in die Insolvenz treiben bzw. zumindest die Insolvenzanfälligkeit erhöhen. Dies kann für die Gläubiger langfristig eine erhebliche Belastung in Form des Ausfalls von Forderungen bzw. des Verlusts des Arbeitsplatzes bedeuten. Auch eine einzelne Entscheidung für ein riskantes Projekt, das erhebliches Kapital bindet und wenig aussichtsreich ist, kann die Gläubiger der Unternehmung belasten. So kann beispielsweise eine aus den Reserven der Unternehmung finanzierte Unternehmensübernahme zu einer Verschlechterung der Bonität der Unternehmung führen und eine Herunterstufung der Rating-Note zur Folge haben. Dies wiederum zieht einen Wertverlust des Marktwerts des Fremdkapitals nach sich, der sich in einem niedrigeren Preis von Anleihen spiegelt.⁸²⁸

 Siehe zum Zusammenhang zwischen der Rating-Note eines Unternehmens und der Bewertung von Fremdkapital, Bösch, Finanzwirtschaft, S. 230 – 234.

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3. Interessen der Allgemeinheit – institutionelle Betrachtung Weiteren Schaden könnte auch die Allgemeinheit erleiden, wenn die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes beeinträchtigt wird.

a) Institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts Betroffen ist zum einen die sog. institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts, die das allgemeine Vertrauen in den Kapitalmarkt betrifft.⁸²⁹ Das empty voting und die damit einhergehende Verfolgung von außerhalb des Unternehmens liegenden Interessen könnte das Anlegervertrauen generell unterminieren. Wenn der einzelne Anleger nicht mehr sicher sein kann, dass die von ihm gekaufte Aktie durch das Verhalten risikolos abstimmender Aktionäre nicht geschädigt wird, so wird er in der Regel nicht mehr bereit sein, sein Kapital in einer Aktiengesellschaft anzulegen.⁸³⁰ Zumindest wird er sich das mögliche Risiko einer Wertminderung seiner Anlage durch empty voting durch einen Kursabschlag bezahlen lassen. Dadurch würde die Kapitalaufnahme für Unternehmen am Aktienmarkt teurer.⁸³¹ Teilweise, namentlich von Briggs, wird die Gefahr eines solchen Vertrauensverlustes der Anleger aufgrund der geringen Anzahl der Fälle sowie der Pflicht zur Offenlegung nach amerikanischem Kapitalmarktrecht als relativ gering eingeschätzt.⁸³² Denn ab einer Beteiligungshöhe von fünf Prozent müsse die mit dem Investment verfolgte Strategie nach amerikanischem Kapitalmarktrecht offengelegt werden.Würden die anderen Aktionäre aber über das empty voting informiert, so sei die Gefahr gebannt. Fälle unterhalb einer Beteiligung von fünf Prozent seien hingegen selten relevant.⁸³³ Gegen diese Einschätzung spricht allerdings, dass die geringe Zahl der bekannten Fälle keine Aussage über die wirklich vorgefallenen Fälle des empty voting zulässt. Darüber hinaus ist allein durch Transparenz keine Abhilfe zu schaffen; denn die Stimmrechtsausübung ist ohne ein Verbot oder einen anders gearteten Schutz der anderen Aktionäre weiterhin wirksam. Die Tatsache, dass der Kapitalmarkt über diese Taktik informiert ist, hilft insoweit  Siehe zum Begriff der institutionellen Effizienz des Kapitalmarktes Hopt, Gutachten, S. 49; Assmann, Prospekthaftung, S. 26; Bruski, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. 2, § 104 Rn. 90; Klöhn, Spekulation, S. 60.  In diese Richtung hinsichtlich der Gewährung von Einfluss an Nichtaktionäre und hinsichtlich disproportionaler Satzungsgestaltungen auch Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 89. Eindringlich hinsichtlich des empty voting Skeel, Behind the hedge; Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 212 (2006).  Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 212 (2006).  Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 705 – 06 (2007).  Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 706 (2007).

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wenig. Des Weiteren spricht auch Briggs selbst von der Taktik der Hedge Fonds in Gruppen vorzugehen.⁸³⁴ Wenn aber zwei oder drei Hedge Fonds gemeinsam vorgehen, jeder aber nur eine kleine Beteiligung hält, kann dies auch ohne Offenlegungspflicht nachteilige Auswirkungen auf die Aktiengesellschaften haben und dadurch das Anlegervertrauen schädigen. Insgesamt droht ein Vertrauensverlust in den Kapitalmarkt und eine Verteuerung der Kapitalaufnahme für Unternehmen. Denn wenn Aktionäre auf Kosten der anderen Aktionäre nachteilige Entscheidungen treffen, ohne dafür zu haften, so werden sich Investoren entweder aus der Eigenkapitalfinanzierung zurückziehen oder das Risiko derartiger wertmindernder Entscheidungen durch einen Preisabschlag auf gezeichnete Aktien berücksichtigen. Während dieser Effekt beim Vorliegen eines gegenläufigen Investments eindeutig ist, da insofern immer ein Anreiz vorliegt, ohne Rücksicht auf die Wertmaximierung der Stimmgesellschaft abzustimmen, lohnt bei den risikoentleerten Stimmrechten eine differenzierte Betrachtung. Denn in diesen Fällen besteht weiterhin ein Interesse daran, den Vermögenswert zu maximieren. Dann könnte die disproportionale Stimmmacht aber auch dazu benutzt werden, die Verwaltung wirksam zu kontrollieren und eine Unternehmenspolitik im Interesse der Aktionäre durchzusetzen. Dies hätte eine wertsteigernde Unternehmenspolitik zur Folge und damit eine höhere Rendite. Insofern könnte die Eigenkapitalaufnahme billiger werden, da die risikoentleerten Stimmrechte dafür genutzt werden, das Principal-Agent-Problem zu entschärfen. Das Risiko des Moral Hazard der Verwaltung würde sich verringern, so dass die dahingehende Risikoprämie sinken würde.

b) Beeinträchtigung der Derivatemärkte und des Marktes für Wertpapierdarlehen Auch auf den Derivatemärkten sowie dem Markt für Wertpapierdarlehen droht eine Verteuerung, da Derivatehändler und Wertpapierdarlehensgeber sich das Risiko, einen durch den Vertragspartner verursachten Wertverlust tragen zu müssen, zusätzlich vergüten lassen werden. Dadurch würden diese kapitalmarktrechtlichen Instrumente verteuert. Die Märkte würden weniger liquide, weil sich bei erhöhtem Preis weniger abschlussbereite Parteien finden. Wiederum gilt dies nicht uneingeschränkt für die risikoentleerten Stimmrechte. Denn werden diese im Sinne einer besseren Verwaltungskontrolle ausgeübt, so wird zumindest das unternehmensspezifische Risiko einer schlechten

 Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 721 (2007).

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Verwaltungskontrolle beseitigt. Dadurch sinkt auch die Gefahr einer negativen Entwicklung des Börsenkurses. Insofern könnte dadurch insgesamt der Preis für Short-Derivate auf Aktien günstiger werden, da ein Faktor für eine schlechte Kursentwicklung beseitigt würde.

c) Beeinträchtigung des Marktes für Unternehmenskontrolle Das Interesse der Allgemeinheit wird des Weiteren dadurch beeinträchtigt, dass der Markt für Unternehmenskontrolle durch empty voting gestört werden könnte. Erfolgt die Absetzung der Verwaltung und die Erlangung von Kontrollmehrheiten nicht mehr zu dem Zweck, das Unternehmen bei anhaltend schlechter Leistung zu übernehmen und strukturelle Änderungen herbeizuführen, sondern allein mit dem Zweck, gesellschaftsfremde Interessen zu verfolgen, so wird dieses Governance-Instrument nicht mehr funktionieren. Denn Aktionäre, die das Risiko nicht mehr tragen, haben kein Interesse an einer Übernahme, auch wenn diese aufgrund konstant schlechter Leistungen des Managements im Sinne einer zu geringen Berücksichtigung der Aktionärsinteressen gerechtfertigt wäre.⁸³⁵ Dazu kommt, dass die Interessen, die von den risikoentleert Abstimmenden im schlimmsten Fall verfolgt werden, sehr kurzfristige sind und die mögliche Kursreaktionen auf getroffene Entscheidungen nichts mit der generellen Leistungsfähigkeit und Leistung des Unternehmens zu tun haben, sondern nur durch das Abstimmungsverhalten aufgrund eines gegenläufigen Investments beeinflusst waren.⁸³⁶ In diesem Fall verliert der Börsenpreis seinen Wert als Indikator für die Leistungen der Verwaltung, der Markt für Unternehmenskontrolle versagt. Dies gilt zum einen für das gegenläufige Investment, da auch hier nicht das volle Risiko getragen wird, so dass unter Umständen kein Interesse an einer Übernahme besteht. Insbesondere aber gilt dies für das gegenläufige Investment. Wenn hier wertmindernde Entscheidungen getroffen werden, dann hängt dies nicht mit der mangelhaften Leistung der Verwaltung zusammen.

d) Weitere Schwächung der internen Governance der börsennotierten Aktiengesellschaft Nicht nur die Mechanismen der externen Governance, sondern auch diejenigen der internen Governance, insbesondere der Stimmrechtsausübung, werden ge-

 Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 810 (2005).  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1503 (2007). Aufgrund der Kurzfristigkeit der Interessen wohne dem empty voting die „unlimited capacity to disturb corporate governance“ inne.

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schwächt. Denn wenn die Aktionäre feststellen, dass der Stimmrechtsmechanismus aufgrund verschiedener Anreizstrukturen nicht funktioniert, so werden sie noch stärker von der Stimmrechtsausübung abgehalten, als dies aufgrund der rationalen Apathie ohnehin der Fall ist. Diese wird durch die Verfolgung gegenläufiger Ziele und das daraus resultierende Gefühl der Bedeutungslosigkeit der eigenen Stimmrechtsausübung weiter verstärkt.⁸³⁷ Auch könnte durch das empty voting der Wert von Blockpositionen, die ja grundsätzlich positive Auswirkungen auf die Überwachung der Verwaltung haben,⁸³⁸ mindern und dadurch Anreize zum Aufbau von Blockpositionen verringern. Wenn der Blockaktionär fürchten muss, durch einen von außen an die Gesellschaft Herantretenden trotz seiner großen Position überstimmt zu werden, so wird er den Aufbau einer Blockposition, der auch mit Kosten verbunden ist und keine Diversifikation erlaubt, überdenken und möglicherweise davon Abstand nehmen.⁸³⁹ Insgesamt drohte durch ein risikoentleertes Abstimmen eine Verzerrung und damit Delegitimierung des Governance-Mittels Hauptversammlungsbeschluss.⁸⁴⁰

e) Störung der effizienten Ressourcenallokation in der Wirtschaftsordnung Eine weitere Gefahr, die aus dem empty voting erwachsen könnte, ist eine Störung der effizienten Ressourcenallokation durch Kapital- und Gütermärkte. Das einigende Band der Vermögensmaximierung ist für die Willensbildung in der Aktiengesellschaft und damit für die Teilnahme am Wettbewerb elementar. Nur wenn dieses Ziel von den Aktionären verfolgt wird, kann die Aktiengesellschaft dauerhaft Erfolg haben und damit das Kapital effizient genutzt werden. Schlägt die Verwaltung ein neues Projekt vor und will sie dafür zusätzliches Kapital aufnehmen, so kann dies nur mit Zustimmung der Aktionäre geschehen. Sie prüfen, ob das Projekt zur Maximierung des Unternehmenswertes geeignet ist, ob beispielsweise die von der Akquisition erhofften Synergieeffekte ihnen als lohnend und eine Übernahme somit als rentabel erscheint. Sie wählen eine Verwaltung, die eine Geschäftspolitik verfolgt, die am ehesten ihren Risikoprä-

 Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1487, 1515 – 17, 1519 (2007) (der die Parallele zu einem politischen System zieht, in dem das Abstimmen nicht ansässiger Wähler, die folglich nicht die Konsequenzen ihres Wahlverhaltens tragen müssen, den Glauben der ortsansässigen Bürger in das politische System unterminiert). Zur Anreizsituation bei der Stimmrechtsausübung allgemein schon oben unter Teil 2, II.2.  Siehe dazu noch unter Teil 4, III.1.  Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1515 (2007)  So auch Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 209 (2006).

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ferenzen entspricht und die sich am Interesse der Aktionäre orientiert. Werden Entscheidungen nicht anhand der Leitlinie der Maximierung des Unternehmenswertes getroffen und wird Eigenkapital aufgenommen, um ein nicht sinnvolles Projekt zu finanzieren oder ein Aufsichtsratsmitglied gewählt, das nicht geeignet ist, die Interessen der Aktionäre wirkungsvoll zu verfolgen, so entsteht dadurch eine Fehlallokation von Kapital, die insgesamt volkswirtschaftlich nicht wünschenswert ist.⁸⁴¹ Den abgesicherten Aktionär mag das Ergebnis zu einem Gewinn aufgrund des kapitalmarktrechtlichen Preismechanismus führen, in der Realwirtschaft steht dem aber kein Wertschöpfungsprozess gegenüber.⁸⁴² Die Ausübung des Stimmrechts dient in diesem Fall nicht mehr der Unternehmenskontrolle und der Entscheidung über den Sinn von Geschäftsstrategien, sondern, gleichsam abgelöst von der Realwirtschaft, nur noch der Erzeugung von Preisbewegungen am Kapitalmarkt. Dies würde der Idee, dass Individuen ihren privaten Nutzen zu maximieren suchen und durch das Recht bei diesem Tun legitimiert werden und dadurch eine Ordnung erschaffen, die allen nutzt, zuwiderlaufen.⁸⁴³ Betroffen ist insofern ein zentrales Prinzip der Wirtschaftsordnung – die Einheit von Herrschaft und Haftung. Durch die Trennung von Herrschaft und Haftung wird ein falscher Anreiz gesetzt, es wird gehandelt, ohne die Konsequenzen bedenken zu müssen. Der abgesicherte Aktionär spekuliert gleichsam auf Kosten der anderen Aktionäre bzw. ihrer Vertragspartner. Dann handeln die einzelnen Wirtschaftssubjekte nicht mehr selbstverantwortlich. Oder um es mit den Worten Walter Euckens zu sagen: „Für die Wettbewerbsordnung hat also das folgende Prinzip zu gelten: Wer für Pläne und Handlungen der Unternehmen (Betriebe) und Haushalte verantwortlich ist, haftet (Haftungsprinzip).“⁸⁴⁴ Darüber hinaus ist die freie Willensbildung, zentrale Grundlage der Wirtschaftsordnung und Garant für das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems der dezentralen Planung, durch das empty voting gestört. Denn die Aktiengesellschaft kann dadurch fremdbestimmt werden; gerade diese Selbstbestimmung macht aber die Freiheit der Wirtschaftssubjekte aus und wird durch das Recht geschützt. Die Selbstbestimmung, sei es der natürlichen, sei es der juristischen Person, ist die zentrale Grundvoraussetzung für eine marktwirtschaftliche Ordnung und Wettbewerb.⁸⁴⁵

    

Skeel, Behind the hedge. Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 16. Zu dieser legitimierenden Wirkung des Privatrechts Mestmäcker, legal theory, S. 16. Eucken, Grundsätze, S. 281. Siehe dazu Eucken, Grundsätze, S. 278 f., sowie Mestmäcker, legal theory, S. 44.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Das Gesagte gilt wiederum nur mit Einschränkungen für die risikoentleerten Stimmrechte. Zwar kommt es auch bei diesen zu einer Trennung von Herrschaft und Haftung, da proportional mehr Einfluss genommen werden kann, als an Haftungsmasse in Form von Eigenkapital zugeflossen ist. Allerdings kann es auch zu einer Verbesserung der Ressourcenallokation kommen, wenn die risikoentleerten Stimmrechte dazu gebraucht werden, die Verwaltung effektiver zu kontrollieren und diese zu einem Handeln zu Gunsten der Aktionäre anzuhalten.Wird mit den Stimmrechten dafür gesorgt, dass nur Projekte, die zu einer Werterhöhung der Unternehmung führen, realisiert werden, so führt dies zu einer Stärkung der Stimmgesellschaft im Wettbewerb um Kapital und auf dem Gütermarkt.

4. Zusammenfassung Das Decoupling führt beim Aktionär, der risikoentleerte Stimmrechte oder ein gegenläufiges Investment hält, zu einer Anreizstruktur, die nicht mehr mit derjenigen des typischen Aktionärs vergleichbar ist.

a) Gegenläufiges Investment Hält der Aktionär ein negatives gegenläufiges Investment, so hat er kein Interesse mehr an der Wertmaximierung der Stimmgesellschaft, sondern profitiert allein von einem Wertverlust. Bei einem konfligierten gegenläufigen Investment hat er zwar kein Interesse an einer negativen Entwicklung der Stimmgesellschaft, allerdings ist ihm die Wertmaximierung der Stimmgesellschaft gleichgültig. Sein Stimmverhalten orientiert sich allein an seinem anderen Investment. Die nachteiligen Folgen dieser Entscheidung tragen allein die Mitaktionäre. Darüber hinaus sind die Gläubiger der Unternehmung beeinträchtigt, da bei der systematischen Entscheidung für wertmindernde Projekte eine Insolvenz oder zumindest eine geschmälerte Haftungsbasis droht. Die Interessen der Allgemeinheit sind insoweit betroffen, als dass die institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts gefährdet ist. Denn die Kapitalgeber werden sich regelmäßig das Risiko wertmindernder Projekte durch einen erhöhten Zins entschädigen lassen. Dies gilt in gleicher Weise für die Gegenparteien von Wertpapierdarlehen und Derivaten. Auch sie werden ihre Preise erhöhen, wenn sie damit rechnen müssen, systematisch die Folgen von wertmindernden Entscheidungen tragen zu müssen. Durch die Fehlentscheidungen ist darüber hinaus der Markt für Unternehmenskontrolle gefährdet und die rationale Apathie wird noch verstärkt. Letztlich führen derartige Fehlentscheidungen zu einer gestörten Allokation von Kapital.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

195

b) Risikoentleerte Stimmrechte Im Fall von risikoentleerten Stimmrechten besteht, solange die Interessenbilanz des Aktionärs nicht neutral ist (er also nicht ausschließlich risikoentleerte Stimmrechte ausübt), grundsätzlich noch ein Interesse daran, den Wert der Unternehmung zu maximieren. Allerdings trägt der Aktionär die Folgen seiner Entscheidung im Vergleich zu den anderen Aktionären unterproportional, da er die Aktien ohnehin schon übereignet hat (im Falle des Verkaufs zwischen Record Date und Hauptversammlung oder wenn das Wertpapierdarlehen nach dem Record Date aber vor der Hauptversammlung endet) bzw. später rückübereignen muss (beim Wertpapierdarlehen) oder die aus dem Abstimmungsverhalten resultierenden Folgen ausgeglichen werden, da eine andere Position an Wert gewinnt (bei Leerverkäufen, Derivaten und indirekten Absicherungen). Risikoentleerte Stimmrechte kann der Aktionär in verschiedener Weise nutzen. Er kann versuchen, private Vorteile zu ziehen, die nur ihm, nicht aber den anderen Aktionären zugutekommen. Er kann sie aber auch dazu einsetzen, die Verwaltung im Interesse aller Aktionäre zu kontrollieren und so den Wert der Unternehmung insgesamt steigern, indem er nur solchen Projekten zustimmt, die den Unternehmenswert möglichst weitgehend steigern. Damit sich sein Verhalten rational lohnt, muss der Wertzuwachs zumindest die Kosten, die die risikoentleerten Stimmrechte verursachen (Darlehenszins, Derivategebühr usw.), ausgleichen. Die anderen beteiligten Gruppen tragen demgegenüber das Risiko des Handelns des Aktionärs. Dies sind allen voran die Mitaktionäre, aber auch die Gegenparteien von Wertpapierdarlehen und Derivaten. Letztere erhalten dabei zumindest eine Gegenleistung.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen Das empty voting ist nicht explizit gesetzlich geregelt. Jedoch gibt es eine Fülle von ähnlichen Konstellationen, die mit der Situation des empty voting vergleichbar sind, sich allerdings in manchen Punkten unterscheiden. Diese Ähnlichkeiten und Unterschiede sollen im Folgenden untersucht werden und somit eine „Haltung“ des Gesetzes zur Behandlung des empty voting entwickelt werden und dessen immanente Wertungen fruchtbar gemacht werden.⁸⁴⁶ Die gesetzlichen Regelungen

 Ähnlicher Ansatz bei Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 611 („[…] zu fragen, welche Wertungen dahinter stecken und ob diese Wertungen der Stimmrechtsausübungen durch den Aktienentleiher entgegenstehen.“).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

beziehen sich dabei durchgängig auf Situationen, die denen der risikoentleerten Stimmrechte ähnlich sind. Fälle, die denen des gegenläufigen Investments vergleichbar sind, kennt das Gesetz demgegenüber nicht. Im Hinblick auf mögliche Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda werden dazu auch Lösungsmöglichkeiten aus anderen Rechtsordnungen betrachtet. Analysierte Fallgestaltungen sind die sog. disproportionalen Satzungsgestaltungen, das Abspaltungsverbot sowie die Stimmrechtsvertretung. Weitere Fälle, die Hinweise zur Behandlung des empty voting geben können und die ausführlicher behandelt werden, sind die Treuhandschaft an Aktien, das Bestehen von beschränkt dinglichen Rechten an der Aktie sowie Stimmrechtskonsortien und Stimmrechtsvereinbarungen. Zuletzt erfolgt ein Blick in das amerikanische Recht und die Diskussion um das sog. „vote buying“, also den Stimmenkauf, wird aufgegriffen. Diese ist im Vergleich zur deutschen Diskussion um die entgeltliche Verfügung über Stimmrechte weiter fortgeschritten und verspricht daher zusätzliche Erkenntnisse.

1. Proportionalitätsprinzip (one-share-one-vote) a) Grundlagen Wie im zweiten Teil festgestellt, sind nur Aktionäre Inhaber von Stimmrechten. Allerdings stellt sich im Anschluss an diese Feststellung die schwieriger zu beantwortende Frage, wie die Stimmrechte unter den Aktionären verteilt werden sollen, also die Frage nach der Stimmmacht der einzelnen Aktionäre.Wie gesehen, ist es kein Wert, dass möglichst viele Aktionäre abstimmen, sondern es kommt vor allem darauf an, dass möglichst informierte Aktionäre ihr Stimmrecht ausüben.⁸⁴⁷ Vielleicht sollten vor diesem Hintergrund von vornherein informierte Aktionäre mehr Stimmrechte erhalten als andere? Damit ist die Frage angesprochen, ob es eine Verteilung der Stimmrechte proportional zur Kapitalbeteiligung geben sollte (Proportionalitätsprinzip⁸⁴⁸) oder ob es sinnvoll ist, Aktien mit erhöhter Stimmkraft zuzulassen, bzw. solche, die über ein unterproportionales oder gar kein

 Siehe dazu oben unter Teil 2, III.1.  In dieser Arbeit wird das Proportionalitätsprinzip nur als Gleichlauf von Kapital und Stimmrecht bei den Aktionären behandelt; teilweise wird die soeben behandelte Frage der Zuordnung der Stimmrechte zu den Aktionären auch darunter gefasst, vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133, Rn 89. Dies erscheint aber als eine Vorfrage, die davon gelöst zu behandeln ist. Im Folgenden werden deshalb unter Abweichungen vom Proportionalitätsprinzip nur solche Gestaltungen verstanden, bei denen einzelnen Aktionären ein nicht ihrem Anteil am Grundkapital entsprechendes Stimmrecht zukommt.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

197

Stimmrecht verfügen. Diese Diskussion ist vor allem in den Vereinigten Staaten schon sehr alt; sie wird dort seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts geführt.⁸⁴⁹ Aber auch auf europäischer Ebene gibt es schon seit geraumer Zeit Überlegungen, das Proportionalitätsprinzip europaweit verbindlich durchzusetzen, wobei diese Bestrebungen schon immer umstritten waren.⁸⁵⁰ Die Frage ist im Rahmen der Verabschiedung der Aktionärsrechte-Richtlinie⁸⁵¹ erneut behandelt worden. Anfänglich wurde überlegt, den Proportionalitätsgrundsatz in die Richtlinie aufzunehmen. Im Vorfeld wurde deshalb vor allem ein von dem Institutional Shareholder Service⁸⁵², der Kanzlei Shearman & Sterling LLP sowie dem European Corporate Governance Institute im Auftrag der Europäischen Kommission erstelltes Gutachten zu den ökonomischen Auswirkungen des Grundsatzes von one-share-one-vote diskutiert.⁸⁵³ Der Grundsatz hat letzten Endes keinen Eingang in die Richtlinie gefunden.⁸⁵⁴ Der damalige BinnenmarktKommissar Charlie McCreevy sah nach Abwägung aller Argumente keinen Bedarf für die Implementierung auf europäischer Ebene.⁸⁵⁵ Dies dürfte aber auch erheblich am politischen Widerstand gelegen haben, der vor allem die Objektivität der Gutachtenautoren in Zweifel gezogen hatte.⁸⁵⁶ Im Folgenden soll die Diskussion in Grundzügen nachgezeichnet werden. Es sollen die gesicherten Erkenntnisse herausgearbeitet werden, die für den weiteren Verlauf der Untersuchung, also für die Frage nach dem Umgang mit dem Phänomen des empty voting von Bedeutung sind.

 Siehe zur Entwicklung des Grundsatzes Loss/Seligman, Securities Regulation, p. 1831 ff.; Ferrarini, One Share – One Vote, S. 14– 23.  Siehe Zöllner/Noack, AG 1991, 117 f.  RL 2007/36/EG. Siehe dazu Grundmann/Winkler, ZIP 2006, 1421 ff., sowie monographisch Ochmann, Aktionärsrechte-Richtlinie, 2009.  Siehe zu dieser Institution und generell zur professionellen Stimmrechtsvertretung und -beratung noch unten unter Teil 4, II.2.  Siehe zur Entstehungsgeschichte des Gutachtens die Website der Kommission, http://ec.eu ropa.eu/internal_market/company/shareholders/indexb_de.htm (zuletzt aufgerufen am 29.03. 2009), dort besteht auch die Möglichkeit, die einzelnen Teile der Studie herunter zu laden. Ferner Fischer zu Cramburg, NZG 2007, 63; Fischer zu Cramburg, NZG, 2007, 539.  Grundmann/Winkler, ZIP 2006, 1421, 1424; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 133 Rn. 32.  Siehe http://ec.europa.eu/internal_market/company/shareholders/indexb_de.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011; Fischer zu Cramburg, NZG 2007, 859. Auch die wissenschaftlichen Gutachten stellten keine Überlegenheit der one-share-one-vote-Struktur fest, vgl. Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 39.  Siehe zur Kritik vor allem der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament, Fischer zu Cramburg, NZG 2007, 138.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

b) Verschiedene Aspekte der Diskussion um den Grundsatz des one-share-one-vote Die Diskussion um den Proportionalitätsgrundsatz wird nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wissenschaft schon seit geraumer Zeit und teilweise mit erheblicher Heftigkeit geführt. Dabei waren zwei Aspekte dominierend. Als die Diskussion in den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts an Fahrt aufnahm, stand sie unter dem Eindruck der Übernahmewelle in den Vereinigten Staaten und dem Aufkommen der Theorie des Marktes für Unternehmenskontrolle. Die Diskussion konzentrierte sich auf die Behinderung des Marktes für Unternehmenskontrolle, dem damals eine immense Leistungskraft zugetraut wurde.⁸⁵⁷ Man erwartete eine verbesserte Überwachung des Managements durch drohende Übernahmen und unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Stimmrechtsverteilung für Unternehmensübernahmen.⁸⁵⁸ Diese Diskussion setzt sich bis heute fort und hat im Zuge der Übernahmewelle der letzten Jahre wieder erhöhte Aufmerksamkeit erfahren.⁸⁵⁹ Zweiter zentraler Diskussionspunkt war die Frage, wie die Kontrollrechte innerhalb der Aktiengesellschaft verteilt sein müssen, um eine möglichst optimale Kontrolle des Managements im laufenden Unternehmensbetrieb zu erreichen.⁸⁶⁰

c) Elementare Begrifflichkeiten Es werden zunächst zwei Begrifflichkeiten, die die wirtschaftswissenschaftliche, teilweise aber auch die rechtswissenschaftliche Diskussion prägen, erläutert.⁸⁶¹

 Siehe aus der amerikanischen Literatur grundlegend Grossmann/Hart, One Share/One Vote, deren Überlegung auch Grundlage für den Großteil der heutigen Überlegungen sind, vgl. z. B. Burkart/Lee, One Share – One Vote. Für Deutschland euphorisch Adams, AG 1990, 63 ff.  Die Bedeutung, die dem Markt für Unternehmenskontrolle und dem Proportionalitätsgrundsatz für diesen Markt beigemessen wurde, zeigt sich auch darin, dass die SEC 1990 eine Regelung erlassen wollte, die zwingend das Prinzip des one share/one vote für alle börsennotierten Gesellschaften vorsehen sollte. Diese wurde dann aber von den Gerichten unter Berufung auf die mangelnde Normsetzungskompetenz der Bundesbehörde SEC zum Erlass einer solchen Regelung verworfen, siehe Tuerks, Proxy, S. 144 f. Schon vorher hatten die listing standards der New York Stock Exchange ein Verbot von Abweichungen vom Disproportionalitätsprinzip vorgesehen, waren allerdings im Zuge des aufkommenden Wettbewerbs der Börsen dann gelockert worden und hatten eine Doppelnotierung zugelassen. Siehe Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 158 – 60 (2009); Karmel, Voting, S. 9 – 11.  Siehe beispielsweise Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 8 – 20.  Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 20 – 32.  Die Definitionen lehnen sich an Adams, AG 1990, 63 ff., an. Von ihm werden vor allem die Übersetzungen für die ursprünglich aus der englischsprachigen Diskussion (namentlich von Grossmann/Hart, One Share/One Vote), stammenden Begriffe übernommen. Siehe dazu auch

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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aa) Aktienerträge Wenn von „Aktienerträgen“ die Rede ist, so sind damit die Vorteile gemeint, die jedem Aktionär unterschiedslos ausschließlich aufgrund seiner Stellung als Aktieninhaber zufließen. Angesprochen sind Dividendenzahlungen, Bezugsrechte sowie Wertsteigerungen des Eigenkapitals.⁸⁶²

bb) Private Vorteile Diesen Aktienerträgen, die der Gesamtheit der Aktionäre zugutekommen, stehen die sog. „privaten Vorteile“ gegenüber. Diese bestehen aus den Vorteilen, die das gegenwärtige Management oder ein Aktionär, der die Kontrolle übernimmt, ziehen kann und die gerade nicht der Gesamtheit der Aktionäre zukommen. Dazu zählen zum einen Synergieeffekte, die ein strategischer Investor aus dem Engagement bei der Aktiengesellschaft in seinen anderen Unternehmen erzielen kann sowie solche Vorteile, die sich der Kontrollinhaber auf Kosten der anderen Aktionäre zueignen kann, wie beispielsweise Verträge zu nicht marktgerechten Preisen. Diese privaten Vorteile sind Grund für einen möglichen Konflikt unter den Aktionären. Denn wären die Interessen der Aktionäre gleichgerichtet und könnten nur Aktienerträge erzielt werden, dann wären die Konflikte allein auf das Risikoniveau der Unternehmensführung sowie die Art und Weise der Wertmaximierung beschränkt. Durch die privaten Vorteile wird aber ein zusätzlicher, horizontaler Konflikt erzeugt, zwischen den Inhabern weitreichender Stimmmacht, die Einfluss auf das Unternehmen nehmen können, und solchen mit geringerer Stimmmacht. Es handelt sich auch hier um einen Principal-Agent-Konflikt, diesmal allerdings zwischen Mitglieder derselben Stakeholder-Gruppe.⁸⁶³

d) Satzungsmäßige disproportionale Stimmrechtsgestaltungen Zunächst soll die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion um den Proportionalitätsgrundsatz beleuchtet werden, ohne welche ein Verständnis der rechtswissenschaftlichen Erwägungen nicht möglich ist. Im Anschluss daran wird die rechtswissenschaftliche Diskussion nachgezeichnet, um dann die Implikationen für das empty voting zusammenzufassen.

Ruffner, Grundlagen, S. 549 (Fn. 37), 553 f. (speziell zu den privaten Vorteilen) sowie European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 14 f.  Siehe zu diesen aus rechtlicher Perspektive allgemein K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 797.  Siehe dazu beispielsweise Gilson/Gordon, Controlling Shareholders; Gilson, Corporate Governance.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

aa) Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion Die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion differenziert sich in zwei Herangehensweisen aus. Zum einen gibt es theoretische Literatur, die sich mit dem Proportionalitätsgrundsatz beschäftigt und versucht, anhand von Modellen die Interessenslagen der beteiligten Akteure zu erklären. Zum anderen gibt es empirische Studien, die sich mit der Thematik beschäftigen.

(1) Theoretische Überlegungen (a) Übernahmesituationen (aa) Modell von Grossmann und Hart⁸⁶⁴ – Gefahr wertreduzierender Unternehmensübernahmen durch disproportionale Stimmrechtsstrukturen Maßgeblichen Einfluss auf die Diskussion hatte das von Grossman und Hart 1988 vorgestellte Modell für Übernahmesituationen, wonach Abweichungen vom Proportionalitätsgrundsatz volkswirtschaftlich ineffiziente Übernahmen befördern können. Dieses ist auch heute noch häufig Ausgangspunkt für wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen des Proportionalitätsgrundsatzes.⁸⁶⁵ Den Autoren gelingt unter der Annahme einiger strikter Prämissen der formalisierte Nachweis, dass Abweichungen vom Grundsatz des one-share-one-vote in Übernahmesituationen nachteilige Auswirkungen haben können. Wenn diese Annahmen zutreffen, kann es für die Aktionäre effizienter sein, das Angebot eines schlechter wirtschaftenden Käufers anzunehmen, da dieser in der Lage ist, private Vorteile zu erwirtschaften, allerdings niedrigere Aktienerträge generiert als die gegenwärtige Verwaltung. Da nun die Aktionäre Gefahr laufen, nach der Übernahme niedrigere Aktienerträge zu erhalten, sind sie gezwungen, das Angebot anzunehmen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, am Ende eine Aktie, die ihnen niedrigere Erträge als vorher verschafft, zu halten (sog. pressure to tender). Wenn eine disproportionale Verteilung von Vermögensrechten und Stimmrechten besteht, so steigt die Wahrscheinlichkeit einer solchen effizienzmindernden Übernahme, denn in diesem Fall muss der Übernehmer nur die stimmberechtigten Aktien erwerben und nur deren Inhabern ein Angebot machen. Somit wird es für ihn günstiger, die Kontrolle zu übernehmen und die privaten Vorteile zu extrahieren, je weniger stimmberechtigte Aktien es gibt. Durch eine proportionale Bündelung von Dividendenansprüchen und Stimmrechten werden demgegenüber derartige wertreduzierende Übernahmen verhindert.  Siehe Grossmann/Hart, One Share/One Vote. Kurzdarstellungen bei Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 10 – 14; Adams, AG 1990, 63, 67– 70; Ruffner, Grundlagen, S. 554– 556.  Beispielsweise Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 10; Khachaturyan, One-Share-OneVote-Controversy, S. 10. Siehe auch Ferrarini, One Share – One Vote, S. 6 f.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Allerdings sind einige Prämissen des Modells nicht unumstritten. Zum einen gehen Grossman und Hart davon aus, dass private Vorteile nur von dem Übernehmer gezogen werden können, diese also asymmetrisch verteilt sind.⁸⁶⁶ Zum anderen ist die Annahme, dass ein dem Unternehmen private Vorteile entziehender Bieter zwangsläufig über ein ineffizienteres ökonomisches Programm verfügt, keinesfalls zwingend.⁸⁶⁷ Dies gestehen Grossman und Hart selbst ein und erklären, dass unter Aufgabe der Prämisse der asymmetrischen Verteilung der privaten Vorteile auch eine disproportionale Verteilung effizient sein kann, da dadurch den Stimmrechtsaktien ermöglicht wird, über Prämien für das Stimmrecht an den privaten Vorteilen zu partizipieren.

(bb) Gestaltung des Übernahmerechts als Hauptfaktor für Übernahmen Das Modell von Grossmann und Hart legt nicht nur Prämissen zugrunde, die nicht zwingend sind. Vielmehr sind diese Prämissen der rechtlichen Regelung von Übernahmeangeboten zugänglich.⁸⁶⁸ Beispielsweise können, entgegen den Annahmen des Modells, Teilangebote verboten werden, d. h. es wird dem Bieter unmöglich gemacht, nur für die stimmberechtigten Aktien ein Angebot zu machen und so die Kontrolle billig zu erhalten. Auch kann ein, ab einer bestimmten Kontrollschwelle abzugebendes Pflichtangebot verhindern, dass der Bieter die Kontrolle übernimmt.⁸⁶⁹ Dadurch werden die Aktionäre vor der Situation geschützt, ein wertminderndes Angebot annehmen zu müssen. Ihr Schutz kann somit keine Rechtfertigung für ein Verbot disproportionaler Stimmrechtsstrukturen liefern.⁸⁷⁰

(b) Laufende Kontrolle Die laufende Kontrolle des Managements meint die Überwachung der durch die Verwaltung getroffenen strategischen Entscheidungen und der Unternehmensführung im Allgemeinen. Sie berührt damit das Principal-Agent-Problem zwischen Verwaltung und Aktionären. Ist die Kontrolle wirksam, wird das Management davon abgehalten, opportunistische Entscheidungen zu treffen und sich auf Kosten der Aktionäre am Vermögen des Unternehmens zu bereichern bzw. nicht hinreichende Anstrengungen zur Wertsteigerung der Unternehmung vorzuneh-

    

Ruffner, Grundlagen, Ruffner, Grundlagen, Ruffner, Grundlagen, Ruffner, Grundlagen, Ruffner, Grundlagen,

S. 555. S. 555. S. 556, 565. S. 556. S. 543 f.

202

Teil 4: Bewertung des Empty Voting

men; Projekte, die den Unternehmenswert nicht erhöhen, werden verhindert. Diese Überwachung verursacht Kosten (sog. Agency-Kosten). Kernfrage der Diskussion ist daher, wie die Stimmrechte verteilt sein sollen, um diese Kosten bei wirksamer Kontrolle möglichst gering zu halten.⁸⁷¹ Im Bezug auf die Verteilung von Stimm- und Vermögensrechten ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass eine optimale Verteilung der Stimmrechte, die alle Fragen im Zusammenhang mit der optimalen Kontroll- und Überwachungsstruktur erklärt und aus der sich auf alle Aktiengesellschaften anwendbare Regeln ableiten lassen, bislang noch nicht gefunden wurde.⁸⁷² Vielmehr können Abweichungen vom Grundsatz des one-share-one-vote sowohl positive als auch negative Auswirkungen für die Gesellschaft und die Aktionäre haben.⁸⁷³ Im Folgenden werden die verschiedenen Aspekte, die für die Verteilung der Stimmrechte unter den Aktionären Relevanz haben, beleuchtet.

(aa) Konzentration des Aktienbesitzes und Kontrolle Sowohl theoretische Überlegungen als auch empirische Untersuchungen unterstützen die Annahme, dass es für die Gesamtheit der Aktionäre vorteilhaft ist, wenn sich Kontrolle und Kapital konzentrieren.⁸⁷⁴ Ein Blockaktionär, der die Aktiengesellschaft laufend überwacht, ist in der Lage das Problem der rationalen Apathie besser zu bewältigen, da ihm durch die Größe der Position nicht nur zur Kontrolle notwendige Stimmmacht vermittelt wird, sondern er auch in der Lage ist, die aus seiner Überwachungstätigkeit resultierenden Vorteile selbst durch die Aktienerträge abzuschöpfen.⁸⁷⁵ Eine gewisse Konzentration des Aktienbesitzes erscheint somit als elementar, um das Problem der rationalen Apathie zu überwinden.⁸⁷⁶ Denn mit zunehmender Konzentration werden die anderen, einem Investor typischerweise zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen, nämlich der Verkauf der Aktie (exit) bzw. bloße Passivität unattraktiver. Bei der Auflösung einer Blockposition ist mit einem Abschlag auf den Preis zu rechnen, da dieser Verkauf vom Markt als Ausdruck negativer Erwartungen für die Zukunft gewertet  Ruffner, Grundlagen, S. 565; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 20 f.  Ruffner, Grundlagen, S. 566.  Ruffner, Grundlagen, S. 564.  Ruffner, Grundlagen, S. 565; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 21 f. Empirische Daten zum Auftreten von Blockaktionären in verschiedenen Rechtsordnungen finden sich bei Dam, Equity Markets, S. 19 – 21.  Ruffner, Grundlagen, S. 436; Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57; Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 137 (2009).  Ruffner, Grundlagen, S. 602; Rock, 79 Geo. L.J. 445, 454 (1991); Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 22.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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werden könnte.⁸⁷⁷ Da es durch die zunehmende Konzentration des Aktienbesitzes auch leichter wird, sich zu organisieren und somit ein gemeinsames Gruppengefühl zu entwickeln, wird es auch weniger attraktiv, sich einfach passiv zu verhalten.⁸⁷⁸ Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine aktive Überwachung des Managements häufig mit hohen Skalenerträgen einhergeht.⁸⁷⁹ Insofern bestehen bei Blockaktionären stärkere Anreize das Unternehmen aktiv zu kontrollieren. Deshalb ist die teilweise in den Vereinigten Staaten zu beobachtende Konzentration des Aktienbesitzes bei institutionellen Aktionären in der Diskussion begrüßt worden, da diese zu einer besseren Corporate Governance führe.⁸⁸⁰ Allerdings ist das Halten eines Blockanteils mit hohen Kosten verbunden. So verursacht die Akquisition eines hinreichend großen Anteils Kosten. Aufgrund begrenzt zur Verfügung stehenden Kapitals kann der kontrollierende Aktionär sein Risiko nicht mehr diversifizieren. Der Aktionär wird dann mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf eine konservative Geschäftspolitik hinwirken und die Verwaltung zu Absicherungsstrategien veranlassen.⁸⁸¹ Insofern kann es effizienter, sein, einem überwachenden Aktionär stärkere Stimmmacht zuzugestehen, als es seinem Kapitalanteil entspricht.⁸⁸² Dem wird entgegengehalten, dass die disproportionalen Stimmrechtsstrukturen nur dafür genutzt würden, sich gegen Dritte abzuschirmen.⁸⁸³ Allerdings verkennt diese Position die Kosten, die das Halten einer Blockposition verursacht. Insofern dient eine erhöhte Stimmkraft als Kompensation für das Engagement in der Gesellschaft, indem sie dem Blockaktionär ermöglicht, wirksame Kontrolle über das Management auszuüben und somit besonderen Einfluss auf die Entwicklung des Investments zu nehmen. Es kann aber auch von den Aktionären als Selbstbindungsmechanismus genutzt werden, um dem Markt zu signalisieren, dass sie bereit sind, die Verwaltung überwachen zu lassen und zu diesem Zweck einem Blockaktionär erhöhte Stimmmacht einräumen.⁸⁸⁴

 Ruffner, Grundlagen, S. 442, 446.  Ruffner, Grundlagen, S. 442, 547; Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 59.  Ruffner, Grundlagen, S. 442.  Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1234 (2009), m.w.N. aus der amerikanischen Diskussion. Siehe zu den Anreizproblemen, die bei diesen institutionellen Investoren auftreten, oben unter Teil 2, II.2.  Ruffner, Grundlagen, S. 545, 564; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 22. Siehe ausführlich und mit Modell Admati/Pfleiderer/Zechner, 102 JOPE 1097 (1994).  Ruffner, Grundlagen, S. 545, 565; Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 60; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 22; Fischel, 54 The U. Chi. L. Rev. 119, 139 – 40 (1987).  European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 17.  Zur disproportionalen Satzungsgestaltung als Selbstbindungsmechanísmus siehe Ruffner, Grundlagen, S. 547 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Insgesamt ist die Nützlichkeit eines Blockaktionärs als Überwacher eine Frage der spezifischen Ausgestaltung der Verteilung von Stimm- und Vermögensrechten. Denn entsteht die starke Kontrollposition eines Aktionärs ausschließlich aufgrund von disproportionalen Gestaltungen, d. h. ist er nicht hinreichend an den Aktienerträgen beteiligt, so ist aufgrund der niedrigeren Erträge der Anreiz zur Kontrolle im Sinne aller Aktionäre abgeschwächt.⁸⁸⁵

(bb) Blockaktionäre und private Vorteile Disproportionale Stimmrechtsstrukturen bergen aber auch Risiken für die Gesamtheit der Aktionäre. Als zentrales Problem wird dabei die Gefahr erachtet, dass der Blockaktionär private Vorteile aus der Gesellschaft zieht.⁸⁸⁶ Denn diese gehen auf Kosten der anderen Aktionäre, da sie die Aktienerträge verringern.⁸⁸⁷ Dies gilt für fast alle privaten Vorteile, mit Ausnahme von Synergieeffekten. Die Möglichkeit, private Vorteile zu ziehen ist dabei dem Gesellschaftsrecht immanent: jeder Aktionär, der ein Unternehmen kontrolliert kann sich auf Kosten des Unternehmens und damit auf Kosten der anderen Aktionäre bereichern, indem er Geschäftschancen nutzt oder eine ihm freundlich gesinnte Verwaltung einsetzt, die mit ihm nicht marktgerechte Verträge abschließt und ihn auch sonst bevorzugt behandelt.⁸⁸⁸ Die Besonderheit an disproportionalen Strukturen liegt nun darin, dass durch sie der Anreiz für den kontrollierenden Aktionär, private Vorteile aus dem Unternehmen zu ziehen, erhöht wird.⁸⁸⁹ Denn dann kann er mit einem geringeren Kapitalanteil leichter private Vorteile ziehen, während er auf der anderen Seite die verringerten Aktienerträge nur in Höhe seiner Beteiligung trägt.⁸⁹⁰ Teilweise wird das Ziehen von privaten Vorteile in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion nicht als negativ erachtet, da diese privaten Vorteile auch Anreizfunktion für die Inhaber einer größeren Position haben können,

 Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 60.  Übereinstimmende Einschätzung, siehe Ruffner, Grundlagen, S. 553, 557, 564 f., 603; Pellens/ Hildebrandt, AG 2001, 57, 61; European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 14 f.; Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 23 – 26; Khachaturyan, One-Share-One-Vote-Controversy, S. 9; Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 8.  Ruffner, Grundlagen, S. 553.  European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 15.  Ruffner, Grundlagen, S. 553; European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 15.  Siehe zur Verzerrung der Anreizstruktur für Insider mit der Möglichkeit disproportional Stimmrechte ausüben zu können Bebchuk/Kraakman/Triantis, Stock Pyramids, S. 301– 306 mit der Systematisierung von Entscheidungen, die ineffizient getroffen werden können, nämlich Entscheidungen über Projekte, Entscheidungen über die angemessene Größe des Unternehmens sowie Entscheidungen über einen Kontrollwechsel.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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weiterhin investiert zu bleiben und die Rolle des Überwachenden auszufüllen.⁸⁹¹ Die privaten Vorteile könnten das Problem der rationalen Apathie mildern, indem sie eine Entschädigung für die Überwachungsleistung, die allen Aktionären zugutekommt, darstellen. Insofern wären rechtliche Regeln, die das Ziehen von privaten Vorteilen verbieten, kontraproduktiv, da sie die Konzentration von Aktienbesitz verhindern.⁸⁹² Je größer die Disproportionalität jedoch wird, desto geringer ist der Anreiz durch Kontrolle der Verwaltung die Aktienerträge zu steigern und desto größer der Anreiz private Vorteile aus der Unternehmung zu ziehen. Im Extremfall kann ein Unternehmen mit minimaler Kapitalbeteiligung kontrolliert werden; in dieser Situation geht die Einflussnahme nicht mehr mit dem Risiko des Residualanspruchs einher – eine Situation, die sich nur graduell von der Einräumung des Stimmrechts an Nichtaktionäre unterscheidet.

(cc) Zwischenergebnis Entscheidende Frage bei der Beurteilung disproportionaler Stimmrechtsstrukturen für die laufende Überwachung des Unternehmens ist die Frage, ob die zum Nachteil der anderen Aktionäre gezogenen privaten Vorteile durch die Überwachungsleistung, die der Blockaktionär für die Gesamtheit der Aktionäre zur Steigerung der Aktienerträge erbringt, aufgewogen werden.⁸⁹³ Letztendlich also, ob die Agency-Kosten, die die Überwachung durch den Blockaktionär spart, trotz der gezogenen privaten Vorteile zu einem effizienteren Ergebnis führen. Eine derartige Beurteilung kann nicht pauschal ausfallen;⁸⁹⁴ sie ist von verschiedenen Faktoren, namentlich der Aktionärsstruktur, der Funktionsfähigkeit der anderen Governance-Mechanismen, wie den Gütermärkten und dem Markt für Unternehmenskontrolle, abhängig. Selbst im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung können die Kosten der einzelnen Alternativen schwer quantifiziert werden; die richtige Struktur kann also nicht „errechnet“ werden. Darüber hinaus kann diese durch Änderung der anderen Faktoren stark variieren.⁸⁹⁵ So funktioniert bei sich schnell entwickelnden Märkten die Kontrolle durch die Gütermärkte aufgrund der

 Schon DeAngelo/DeAngelo, 14 JFE 33, 35 – 36 (1985); Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 38; R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 58 (2008).  Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 31.  Burkart/Lee, One Share – One Vote, S. 38.  So auch R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 65, 84 (2008); Fischel, 54 U. Chi. L. Rev. 119, 141 (1987) („rules for all firms need not to be identical“); European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 20; Ruffner, Grundlagen, S. 538.  Ruffner, Grundlagen, S. 540 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

hohen Wettbewerbsintensität sehr gut, so dass eine intensive Managementüberwachung durch die Aktionäre nicht unbedingt notwendig ist. Anders in einem etablierten Unternehmen, das sich am Gütermarkt durchgesetzt hat; hier bestehen für die Verwaltung größere Möglichkeiten, sich private Vorteile anzueignen.⁸⁹⁶

(2) Empirische Studien Es sind etliche empirische Studien zu disproportionalen Stimmrechtsstrukturen durchgeführt worden, wobei das Erkenntnisinteresse stark variiert. Dieses reicht von der Frage nach dem Einfluss solcher Strukturen auf den Börsenwert hin zu den Gründen für deren Wahl durch die Eigentümer.⁸⁹⁷ Der Schwerpunkt der Untersuchungen beschäftigt sich allerdings mit der Frage, welche Auswirkungen disproportionale Stimmrechtsstrukturen auf den Börsenwert eines Unternehmens haben.⁸⁹⁸ Einige Studien, die vornehmlich US-Unternehmen bzw. britische Unternehmen untersuchen, kommen zu dem Ergebnis, dass die Einführung von disproportionalen Stimmrechtsstrukturen zu einem Anstieg des Börsenwertes führt und damit auch Aktionäre, die keine Kontrollmöglichkeiten haben, hiervon profitieren.⁸⁹⁹ Deren Erkenntnisse wurden jedoch angezweifelt, da der behauptete Zusammenhang zwischen der Einführung derartiger Strukturen und dem erhöhten Börsenwert methodisch nicht hinreichend abgesichert sei. Es könne beispielsweise auch angenommen werden, dass nur Firmen mit starken Wachstumsperspektiven solche Strukturen einführen.⁹⁰⁰ Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die empirischen Studien zu stark variierenden Ergebnissen kommen.⁹⁰¹ Die unterschiedlichen Ergebnisse werden allerdings, ähnlich wie auch im Rahmen der modellierten Überlegungen, darauf zurückgeführt, dass der Effekt der Einführung von disproportionalen Strukturen von den Umständen des Einzelfalls abhängt und die verschiedenen Studien unterschiedliche Referenzzeiträume, unterschiedliche Länder sowie unterschiedliche Mechanismen in den Blick nehmen.⁹⁰² Generell käme es darauf an, wer der Großaktionär ist und welche Strategie dieser mit dem Investment verfolgt.⁹⁰³  Siehe dazu Ruffner, Grundlagen, S. 563.  Siehe im Überblick R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 52– 54 (2008).  R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 62 (2008).  Dimitrov/Jain, 12 J. Corp. Fin. 342 (2006); Ang/Megginson, 12 JFIR 301 (1989). Siehe auch R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 63 – 64 (2008), m.w.N.  R. Adams/Ferreira, 12 RoF 64– 65 (2008).  Siehe R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 84 (2008). Ähnlicher Befund bei Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 65, jeweils m.w.N.  R. Adams/Ferreira, 12 RoF 51, 65, 84 (2008).  Ruffner, Grundlagen, S. 604, m.w.N.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Selbst die an sich positive Konzentration kann ab einem gewissen Punkt aufgrund der privaten Vorteilsziehung umschlagen und dann negative Auswirkungen auf den Wert des Eigenkapitals haben.⁹⁰⁴ Wie auch die theoretischen Überlegungen folgern empirische Studien, dass disproportionale Strukturen unter dem Gesichtspunkt der Kontrolle in bestimmten Situationen effizient sein können. In anderen Fällen gilt dies hingegen nicht, so dass sie hier zu einer Wertminderung des Unternehmens führen.

bb) Rechtswissenschaftliche Diskussion Auch die rechtswissenschaftliche Diskussion um den Proportionalitätsgrundsatz hat sich in den späten achtziger und den frühen neunziger Jahren vor dem Hintergrund der Situation in den Vereinigten Staaten entwickelt und ist auf gesetzgeberischer Ebene nicht ohne Folgen geblieben.⁹⁰⁵ Im Folgenden soll zuerst die Behandlung von Abweichungen der Zuordnung des Stimmrechts zu einer Aktie analysiert werden. Anschließend wird untersucht, wie das deutsche Aktienrecht mit privaten Vorteilen für einzelne Aktionäre umgeht.

(1) Zulässigkeit disproportionaler Stimmrechtsstrukturen Grundnorm des deutschen Aktienrechts hinsichtlich der Verteilung der Stimmrechte unter den Aktionären ist § 134 Abs. 1 AktG. Sie legt im Grundsatz das Proportionalitätsprinzip fest.⁹⁰⁶ Im Zusammenspiel mit dem Grundsatz der Satzungsstrenge, § 23 Abs. 5 AktG, folgt daraus, dass jede Abweichung von einer proportionalen Verteilung der Stimmrechte einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf.⁹⁰⁷ Kennzeichnend für die Entwicklung des Grundsatzes ist die stetige Bewegung hin zu einer möglichst konsequenten Verwirklichung des Prinzips der Proportionalität, also des Grundsatzes von one-share-one-vote.⁹⁰⁸ Bei Abweichungen ist zwischen Gestaltungen, die einzelnen Aktionären erhöhte Stimmkraft  Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 65.  Siehe zusammenfassend Claussen, AG 1996, 481, 491, m.w.N.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 6; Zöllner, in: KöKo AktG, § 134 Rn. 22; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rn. 11; Volhard, in: MüKo AktG, § 134 Rn. 5.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 6.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 14; Terbrack/Wermeckes, DZWir 1998, 186, 187; Tuerks, Proxy, S. 146 f.; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 466 („[…] gewährt jede Aktie das Stimmrecht, was unnötigerweise vielfach durch eine englische Formel bekräftigt wird“). Auch auf europäischer Ebene ist der Proportionalitätsgrundsatz allgemeiner Ausgangspunkt der meisten Rechtsordnungen, vgl. Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 317 f., 344 f.

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verschaffen, und Gestaltungen, die einzelnen Aktionären ein vermindertes Stimmrecht zuerkennen, zu unterscheiden.

(a) Erhöhte Stimmkraft einzelner Aktionäre – Mehrstimmrechte Die Möglichkeit, einzelnen Aktionären eine gegenüber den übrigen Aktien erhöhte Stimmkraft zu verleihen, war früher durch die Schaffung von Mehrstimmrechtsaktien, d. h. Aktien die mit mehrfachen Stimmrechten ausgestattet waren, gegeben. Diese dienten dem Zweck, die Aktiengesellschaften vor Überfremdung zu schützen. Fremde in diesem Sinne waren zunächst ausländische Investoren, später richteten sich diese Strukturen gegen die Marktübernahme durch innerstaatliche, aber durch das Unternehmen für schädlich gehaltene Investoren, wie beispielsweise Konkurrenten.⁹⁰⁹ In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gewährten dabei einzelne Aktien bis zu zehntausendfaches Stimmrecht.⁹¹⁰ Schon im Aktiengesetz von 1937 verbot jedoch § 114 Abs. 1 Satz 1 und 2 die Schaffung von Aktiengattungen mit unterschiedlicher Stimmkraft.⁹¹¹ Allerdings waren weiterhin Ausnahmen möglich. ⁹¹² Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)⁹¹³ regelte jedoch das Außerkrafttreten von Höchststimmrechten spätestens zum 01.06. 2003. Mehrstimmrechtsaktien sind damit im deutschen Recht nicht mehr zulässig. Dieses Verbot wurde vornehmlich mit dem überproportionalen Einflusspotenzial einzelner Aktionäre und einer damit einhergehenden Schwächung der Eigentümerkontrolle begründet.⁹¹⁴ Außerdem führe die Existenz von Mehr-

 Siehe zur historischen Entwicklung Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S.466 f.; Terbrack/Wermeckes, DZWir 1998, 186 f. Zur Entwicklung der Höchststimmrechte in der Zeit der Weimarer Republik Nörr, ZHR 150 (1986), 155, 162 f.  Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 129. Hueck, Vorzugsaktien, S. 14, spricht von 40- bis 50fachem Stimmrecht.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 14; Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 467. Auch im Rahmen der Aktienrechtsreform von 1965 sollten die Mehrstimmrechte abgeschafft werden; sie blieben aber aufgrund von Bemühungen vornehmlich aus dem Bereich der Stromwirtschaft weiterhin bestehen, vgl. zur Diskussion um die Mehrstimmrechte im Rahmen der Novelle von 1965 Kropff, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 1, S. 670, 779 – 794.  So konnten die Wirtschaftsministerien der Länder immer noch Ausnahmen zulassen, siehe dazu Terbrack/Wermeckes, DZWir 1998, 186, 187 f.  Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998, BGBl. I, 786.  So die Begründung zum Referentenentwurf zum KonTraG, abgedruckt in ZIP 1996, 2129, 2130. In diese Richtung argumentierend schon Hueck, Vorzugsaktien, S. 13.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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stimmrechten zu Kursabschlägen.⁹¹⁵ Die Abschaffung war jedoch nicht unumstritten.⁹¹⁶ Ganz im Sinne des wirtschaftswissenschaftlichen Befundes wurde vorgebracht, es könne teilweise durchaus Sinn machen, einzelnen Aktionären erhöhte Stimmkraft zuzugestehen, da diese eine besondere Rolle in der Gesellschaft einnehmen oder weil sie in der Gründungsphase besondere Risiken getragen haben.⁹¹⁷ Ebenso der wirtschaftswissenschaftlichen Argumentation entspricht die Einschätzung der Kritiker des Verbots, dass sich ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände ein Mindestverhältnis von Kapitalbeteiligung und Stimmrecht nicht festlegen lasse.⁹¹⁸ Der Proportionalitätsgrundsatz stelle kein „aktienrechtliches Naturrecht“ dar und müsse deshalb zur Disposition der Gesellschaften stehen, um diesen die notwendige Flexibilität einzuräumen.⁹¹⁹ De lege lata gilt trotz dieser Kritik der Befund, dass das deutsche Aktienrecht eine satzungsmäßig festgelegte erhöhte Stimmmacht einzelner Aktionäre nicht mehr kennt.

(b) Verminderte Stimmkraft einzelner Aktionäre Im Gegensatz dazu sind unterproportionale Satzungsgestaltungen hinsichtlich des Stimmrechts weiterhin möglich. Sie existieren in Form von Höchststimmrechten und von stimmrechtslosen Vorzugsaktien.⁹²⁰

(aa) Höchststimmrechte Dies gilt jedoch nur beschränkt für die hier interessierenden börsennotierten Aktiengesellschaften. Sie können seit dem KonTraG keine sog. Höchststimmrechte mehr einführen.⁹²¹ Dennoch sind derartige Satzungsgestaltungen hinsichtlich des empty voting von Interesse. Höchststimmrechtsklauseln in der Satzung bewirken, dass Stimmrechte nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze ausgeübt werden können. Werden so viele Aktien erworben, dass einem Einzelaktionär ein höheres Stimmrecht zustünde, so  Claussen, AG 1996, 481, 491 f.  Insbesondere Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 129; unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zur Abschaffung bestehender Stimmrechtsregeln Zöllner/Noack, AG 1991, 157 ff. sowie Zöllner/Hanau, AG 1997, 206 ff.  Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 129.  Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 129.  Zöllner/Noack, AG 1990, 117, 118. Ähnlich Yilmaz, Stimmrecht und Kapitalbeteiligung, S. 42; Hayden/Bodie, False Promise, S. 22.  Volhard, in: MüKo AktG, § 134 Rn. 7.  Siehe Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 467.

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führt dies dennoch nicht zu einer Erhöhung der Stimmmacht.⁹²² Während das Mehrstimmrecht daher für geringere Kapitalbeteiligung mehr Macht gibt, so führt das Höchststimmrecht für viel Kapitalbeteiligung zu wenig Macht.⁹²³ Auch die Abschaffung der Höchststimmrechte für börsennotierte Gesellschaften war nicht unumstritten.⁹²⁴ Für die Notwendigkeit derartiger Regelungen wurde vorgebracht, dass sie förderlich für die Aktionärsdemokratie seien, indem sie die Dominanz der Blockaktionäre gegenüber Kleinaktionären beschränken.⁹²⁵ Sie erlaubten eine flexible Ausgestaltung der Aktiengesellschaft, wie sie dem gesetzlichen Leitbild des Verbandsrechts entspreche; nämlich der gleichberechtigten Mitwirkung der Gesellschafter an Willensbildung und Kontrolle ungeachtet der jeweils geleisteten Vermögensbeiträge.⁹²⁶ Die Kritik an der Abschaffung geht teilweise einher mit einer kritischen Haltung gegenüber dem Kapitalmarkt als Bewertungsmechanismus für Investitionen und Unternehmensentwicklung im Allgemeinen.⁹²⁷ Daraus wird der Schluss gezogen, dass Höchststimmrechte keine negativen Auswirkungen haben. Allerdings kommt dem Kapitalmarkt zumindest eine ergänzende Kontrollfunktion für börsennotierte Aktiengesellschaften zu. Auch wenn der Markt für Unternehmenskontrolle nicht ohne Mängel ist, so ist er doch ein wichtiges Governance-Instrument, das zu einer Disziplinierung der Verwaltung im Sinne eines Handelns für die Aktionäre beitragen kann.⁹²⁸ Insofern ist die pauschale Kritik der Abschaffung der Höchststimmrechte bei börsennotierten Gesellschaften als Ausfluss einer „spezifischen EU-Ideologie“⁹²⁹ nicht gerechtfertigt. Vielmehr greift dieser Disziplinierungsmechanismus nur bei börsennotierten Gesellschaften, so dass eine Differenzierung gerechtfertigt ist.⁹³⁰ Gerade in diesen Gesellschaften, in denen der Aktienbesitz breiter gestreut ist, ist es erforderlich, die

 Siehe zu den verschiedenen möglichen Gestaltungen Zöllner, in: KöKo AktG, § 134 Rn. 24 ff., insbesondere Rn. 27– 35.  Zöllner, in: KöKo AktG, § 134 Rn. 24.  Die Diskussion um die stimmrechtslosen Vorzugsaktien ist jedoch schon deutlich älter und wurde schon unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg intensiv und europaweit geführt, siehe Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 317, m.w.N. in Fn. 136. Das für Deutschland maßgebliche Werk war Hueck, Vorzugsaktien mit mehrfachem Stimmrecht, 1922.  Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 118.  Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 118.  Deutlich Zöllner/Noack, AG 1991, 117, 123, die eine Öffnung der „gesellschaftliche[n] Veranstaltung“ Aktiengesellschaft hin zu Marktmechanismen generell ablehnen.  Diese Erkenntnis entspricht auch dem heutigen Forschungsstand, vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 26, und bereits oben unter Teil 2, I.3.  So Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 466.  So auch Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 27.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Übernahme durch einen einzelnen Aktionär zu ermöglichen und den Schutz der Verwaltung aufzuheben. Die Differenzierung zwischen börsennotierten und nichtbörsennotierten Gesellschaften ist auch aus einem weiteren Grund wichtig: Bei der Verteidigung der Höchststimmrechte als Garanten für gleichberechtigte Mitwirkung aller Aktionäre wird das oben beschriebene Problem der rationalen Apathie weitgehend ausgeblendet.⁹³¹ Dass die Kleinaktionäre, insbesondere solche börsennotierter Unternehmen, kein Interesse an einer gleichberechtigten Mitwirkung haben, wird nicht thematisiert. Auch findet keine Berücksichtigung, dass es wünschenswert sein kann, dass Blockaktionäre sich als Überwacher des Managements betätigen. Höchststimmrechte machen demgegenüber bei einer zu niedrigen Bemessung einen Aufbau von Blockpositionen unattraktiv, da die damit verbundene Stimmmacht nicht ausgeübt werden kann und somit kein Aktionär mehr ein Interesse daran hat, die Verwaltung zu kontrollieren.⁹³² Insofern verschärfen Höchststimmrechte das Problem der rationalen Apathie.⁹³³ Somit lässt sich festhalten, dass Höchststimmrechte bei den hier interessierenden börsennotierten Gesellschaften de lege lata nicht mehr zulässig sind. Auch in rechtsvergleichender Hinsicht wird dieser Befund bestätigt. Zwar sind in etlichen anderen Rechtsordnungen Höchststimmrechte auch in börsennotierten Gesellschaften zugelassen.⁹³⁴ Aber auch hier führt der Druck der institutionellen Investoren dazu, dass derartige Mechanismen nicht implementiert werden.⁹³⁵ Generell ist eine Bewegung hin zum Prinzip des one-share-one-vote zu verzeichnen.

(bb) Stimmrechtslose Vorzugsaktien Eine Möglichkeit, einen Teil der Aktionäre vom Stimmrecht auszuschließen, besteht weiterhin. Dies kann durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien geschehen,vgl. § 139 Abs. 1 AktG. Sie wurden erstmals im AktG 1937 eingeführt und waren Resultat der Diskussionen der Weimarer Zeit über die Möglichkeiten, dringend benötigtes Kapital aufzunehmen, ohne dabei die Kontrolle über das

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 25.  Ruffner, Grundlagen, S. 590.  Ruffner, Grundlagen, S. 539, 589; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 25.  Beispielsweise in Großbritannien, Spanien und Frankreich. Siehe tabellarisch Shearman & Sterling LLP/Institutional Shareholder Services/European Corporate Governance Institute, Proportionality between Ownership and Control, Exhibit B, S. 68 ff. Siehe zu den kleineren EUStaaten zusammenfassend Winkler, Stimmrecht, S. 103 ff.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 24.

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Unternehmen an die zumeist ausländischen Kapitalgeber zu verlieren.⁹³⁶ Obwohl der Anteil des Grundkapitals der durch Vorzugsaktien aufgenommen werden kann, im Laufe der Zeit immer weiter ausgeweitet wurde, sah die Gesetzesbegründung des Aktiengesetzes von 1965 dieses Finanzierungsmittel als Ausnahmefall an.⁹³⁷ Bis heute ist die Zahl der stimmrechtslosen Vorzugsaktion durch § 139 Abs. 2 AktG auf die Hälfte des Grundkapitals beschränkt. Dadurch soll eine Beherrschung einer Mehrheit von Kapitalgebern durch eine Minderheit von stimmberechtigten Aktionären verhindert werden.⁹³⁸ Stimmrechtslose Vorzugsaktien erlauben eine Diversifizierung nach den jeweiligen Interessen der verschiedenen Anleger. Sie sind attraktiv für Aktionäre, die sich ohnehin mehr als Anleger denn als Gesellschafter verstehen und deshalb kein Interesse daran haben, die Verwaltung durch Stimmrechtsausübung zu kontrollieren.⁹³⁹ Obwohl die Möglichkeit, Vorzugsaktien zu begeben schon deutlich länger besteht, wurden sie erst in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts intensiver genutzt, was mit dem Börsengang diverser Familienunternehmen zu tun hatte.⁹⁴⁰ Seitdem haben stimmrechtslose Vorzugsaktien allerdings wieder an Bedeutung verloren. Dies lag zum einen an der hohen Zahl der Emissionen im Neuen Markt, an welchem nur Stammaktien zur Notierung zugelassen waren.⁹⁴¹ Zum anderen bemühten sich viele Unternehmen um Aufnahme in einen Index der Frankfurter Börse, wobei die Aufnahme unter anderem von der Marktkapitalisierung abhängig ist. Zur Ermittlung der selbigen wird jedoch nur eine Aktiengattung, also entweder Vorzugsaktien oder Stammaktien, herangezogen.⁹⁴² Um eine höhere Marktkapitalisierung zu erreichen, wurden deswegen die Aktien der Gattung mit dem niedrigeren Kurs in solche der Gattung mit dem höheren Kurs

 Siehe zur Entwicklung der Vorzugsaktie, T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 5 – 34. Zur Diskussion um eine Reform des Aktienrechts in der Weimarer Zeit und die speziellen Bedürfnisse der Wirtschaft, die damals bestanden, siehe Nörr, ZHR 150 (1986), 155 ff.  Kropff, Aktiengesetz, § 139, S. 203. Siehe zur dazu in Widerspruch stehenden zunehmenden Erhöhung des zulässigen Gesamtnennbetrags bis auf die Hälfte des Grundkapitals schon Kriebel, AG 1963, 175, 176; ähnlich T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 32.  Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 22; T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 92– 94.  Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 2; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Pellens/ Hildebrandt, AG 2001, 57.  Siehe Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 3; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 7; G. Bezzenberger, in: Großkomm. AktG, § 139 Rn. 7; T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 35.  Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 4; Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57.  Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 4; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Pellens/ Hildebrandt, AG 2001, 57, 67.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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umgetauscht. Da die Stammaktien regelmäßig höher notierten,⁹⁴³ wurden regelmäßig die Vorzugsaktien vom Markt genommen.⁹⁴⁴ Nichtsdestotrotz sind noch etliche Unternehmen des Deutschen Aktienindex mit beiderlei Aktiengattungen notiert.⁹⁴⁵ Wie die Mehrstimmrechtsaktie ist auch die stimmrechtslose Vorzugsaktie heftig diskutiert worden; sie wurde zum Teil als „Denaturierung der Aktie und ihrer natürlichsten Rechte“ und als mit den Grundsätzen der Marktwirtschaft unvereinbar bezeichnet.⁹⁴⁶ Die Kritik geht dabei in dieselbe Richtung wie bei Mehrstimmrechten: Ein einzelner Aktionär könne Kontrolle akquirieren, ohne das entsprechende Risiko zu tragen. Die Macht vieler Stammaktionäre erhöhe sich und führe zur möglichen Ausnutzung der Vorzugsaktionäre.⁹⁴⁷ Mit einer Beteiligung von nur 37,5 % am Grundkapital sei es für die Inhaber von Stammaktien möglich, eine satzungsändernde Mehrheit innezuhaben.⁹⁴⁸ Die daraus erwachsende Gefahr der Ausbeutung von Minderheitsaktionären würde auch die Kapitalkosten des Unternehmens erhöhen.⁹⁴⁹ Bei der stimmrechtslosen Vorzugsaktie wird vornehmlich der Anreiz zum Ziehen privater Vorteile durch die Stammaktionäre gefürchtet und damit einhergehend eine Abschreckung von Anlegern und negative Auswirkungen auf die Corporate Governance. Und damit letzten Endes eine Schwächung der deutschen Gesellschaften im Wettbewerb um internationales Anlagekapital.⁹⁵⁰

(c) Rechtsvergleich zu disproportionalen Satzungsgestaltungen⁹⁵¹ In anderen Ländern sind Mehrstimmrechte und andere disproportionale Stimmrechtsstrukturen weiterhin anzutreffen;⁹⁵² so sind sie beispielsweise in Großbri-

 Siehe nur G. Bezzenberger, in: Großkomm. AktG, § 139 Rn. 8; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 6; Kriebel, AG 1963, 175, 176 f. Mit Beispielen Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57.  Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 4; Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 7.  Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 7, mit Beispielen in Fn. 18.  Kriebel, AG 1963, 175 ff. (Zitat auf S. 178).  Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 6.  Bormann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 139 Rn. 6.  Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 2; Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 64 ff.  Pellens/Hildebrandt, AG 2001, 57, 66.  Siehe dazu umfassend Winkler, Stimmrecht, insbesondere die Zusammenfassungen auf S. 76 – 78 zu Frankreich, Großbritannien und Deutschland sowie auf S. 101– 107 für die restlichen Mitgliedstaaten der EU.  Siehe überblicksweise Shearman & Sterling LLP/Institutional Shareholder Services/European Corporate Governance Institute, Proportionality between Ownership and Control, Exhibit B, S.

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tannien uneingeschränkt zulässig.⁹⁵³ Allerdings kommen sie in der Praxis bei börsennotierten Gesellschaften äußerst selten vor, da sie den Börsenhandel erschweren und institutionelle Investoren, die einen Großteil der britischen Aktien halten, disproportionalen Stimmrechtsstrukturen sehr kritisch gegenüber stehen.⁹⁵⁴ In Frankreich sind Mehrstimmrechte im Grundsatz verboten, allerdings kann die Satzung festlegen, dass Aktionären, die ihre Aktien über eine gewisse Dauer gehalten haben, ein Doppelstimmrecht zukommt.⁹⁵⁵ Damit sollen gesellschaftstreue Aktionäre belohnt und gleichzeitig feindliche Übernahmen erschwert werden.⁹⁵⁶ Nach französischem Vorbild ist im Zuge der Diskussion um die Finanzinvestoren und deren Wirkungen auch in Deutschland über die Einführung eines derartigen Treuestimmrechts nachgedacht worden;⁹⁵⁷ bislang sind jedoch noch keine konkreten Umsetzungspläne initiiert worden. Frankreich kennt daneben auch stimmrechtslose Vorzugsaktien, diese sind jedoch, strenger als nach deutschem Recht, auf ein Viertel des Grundkapitals beschränkt.⁹⁵⁸ Rechtsvergleichend lässt sich feststellen, dass es zwar weiterhin Ausnahmen vom Proportionalitätsprinzip gibt, in der Praxis aber in allen drei großen Rechtsordnungen Europas grundsätzlich das Proportionalitätsprinzip herrscht.⁹⁵⁹ Dies gilt nicht für die anderen Rechtsordnungen der Europäischen Union, in denen trotz der Wünsche internationaler institutioneller Anleger eine Tendenz zur Beschränkung der disproportionalen Stimmrechtsstrukturen nicht zu erkennen ist. Beispielsweise hat Italien im Rahmen einer Reform im Jahre 2003 die Schaffung neuer Aktiengattungen mit verschiedener Stimmrechtsverteilung ermöglicht. Zwar sind Mehrstimmrechte weiterhin verboten, dafür können Aktiengattungen mit gänzlich ausgeschlossenem oder auf bestimmte Beschlussgegenstände beschränktem Stimmrecht geschaffen werden.⁹⁶⁰ Damit soll eine flexiblere Unter-

8 ff. sowie Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 316 – 323. Zusammenfassend für die kleineren EU-Staaten Winkler, Stimmrecht, S. 104 ff.  Siehe Winkler, Stimmrecht, S. 61 f.; Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 319 f.  Winkler, Stimmrecht, S. 62 f.  Winkler, Stimmrecht, S. 40 f.; Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1507– 1509; Grundmann/ Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 318 f., m.w.N. in Fn. 146.  Winkler, Stimmrecht, S. 41.  Kritisch Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1507– 1509. Ablehnend schon die Arbeitsgruppe Finanzmarktgesetzgebung, vgl. Spindler/Bednarz, WM 2006, 601, 605.  Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 318.  Winkler, Stimmrecht, S. 76.  Winkler, Stimmrecht, S. 102.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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nehmensfinanzierung ermöglicht werden.⁹⁶¹ Bezeichnenderweise ist diese Reform mit dem unter Kontrollgesichtspunkten zweifelhaften Ziel der Verhinderung von Unternehmensübernahmen geschaffen worden.⁹⁶²

(2) Private Vorteile im deutschen Aktienrecht Während die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion private Vorteile teilweise als notwendigen Anreiz für eine Kontrollleistung durch Blockaktionäre erachtet, ist die rechtswissenschaftliche Diskussion hinsichtlich derartiger Vorteile wesentlich kritischer. Dies lässt sich aus den gegenwärtigen Regelungen erklären: Etliche Normen versuchen, die Möglichkeiten eines einzelnen Aktionärs, sich private Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen anzueignen, zu beschränken.

(a) Anfechtung aufgrund von Sondervorteilen, § 243 Abs. 2 AktG und Treupflichtverletzung Begrifflich verwandt, allerdings nur eine Teilmenge der privaten Vorteile abbildend, ist der Begriff der Sondervorteile, der aus dem Recht des Hauptversammlungsbeschlusses stammt und sich in § 243 Abs. 2 AktG findet. Dieser Begriff meint jedweden Vorteil, den sich der Aktionär durch das Abstimmen in der Aktiengesellschaft verschafft, betrifft aber nur die Situation des Hauptversammlungsbeschlusses und ist daher enger.⁹⁶³ Die Anfechtung von Beschlüssen aufgrund einer Verletzung der aktienrechtlichen Treupflicht dient ebenfalls als Mechanismus zur Verhinderung derartiger Sondervorteile.

(b) Sonstige Mechanismen zum Schutz der Aktionäre vor Extraktion von privaten Vorteilen durch einzelne Aktionäre Auch anderweitig finden sich zahlreiche gesetzliche Mechanismen, die eine Aneignung von Sondervorteilen durch den einzelnen Aktionär verhindern sollen. Dazu zählen neben der Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 243 Abs. 2 AktG auch noch Kontrollrechte wie die Möglichkeit der Bestellung eines Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 AktG. Ausfluss der Überlegung, dass einzelne Aktionäre nicht durch andere Aktionäre übervorteilt werden sollen, ist auch das Prinzip der

 Winkler, Stimmrecht, S. 102 f. Überblicksweise zu dieser Reform Montalenti, ECFR 2004, 368 ff., zu den disproportionalen Stimmrechtsgestaltungen 373 f.  Winkler, Stimmrecht, S. 102.  Siehe zum Begriff des Sondervorteils Hüffer, in: MüKo AktG, § 243 Rn. 76; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rn. 17.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG, das allerdings auch auf anderen Erwägungen beruht.⁹⁶⁴ Seinen stärksten Ausdruck findet die Skepsis des deutschen Aktienrechts gegenüber derartigen Sondervorteilen in dem in § 53a AktG normierten, auf europäischen Vorgaben beruhenden Gleichbehandlungsgebot, das festschreibt, dass alle Aktionäre gleichermaßen von Maßnahmen profitieren müssen und dass eine Sonderbehandlung einzelner Aktionäre nicht statthaft ist.⁹⁶⁵ Grund für diese Festschreibung ist die Erkenntnis, dass die Gleichrichtung von Interessen elementare Voraussetzung für die Richtigkeitsgewähr der Entscheidungsfindung der Gesellschaft ist. Bei Beschlüssen, die eine Ungleichbehandlung vorsehen, ist diese Richtigkeit aber nicht mehr gewährleistet, da hier die einzelnen Aktionärsgruppen nicht nur in Nuancen abweichende, sondern sich diametral gegenüberstehende Interessen verfolgen.⁹⁶⁶ Die wirtschaftswissenschaftliche Argumentation⁹⁶⁷, dass die Aussicht auf derartige private Vorteile Anreizfunktion für einen Blockaktionär haben kann, sich als Überwacher im Interesse aller Aktionäre zu betätigen, vernachlässigt, dass ein übermäßiges Ziehen von privaten Vorteilen die Position der Mitaktionäre aushöhlt und deren Investment weniger gewinnbringend gestaltet.⁹⁶⁸ Dies aber würde die Kosten für die Beschaffung von Eigenkapital am Kapitalmarkt erhöhen.

(3) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich die Grundwertung des deutschen Aktienrechts hinsichtlich disproportionaler Satzungsgestaltungen festhalten. Solche können nur in engen Grenzen durch einen Satzungsbeschluss festgesetzt werden. Dies zeigt sich darin, dass Höchst- und Mehrstimmrechte für börsennotierte Aktiengesellschaften überhaupt nicht (mehr) möglich sind, stimmrechtslose Vorzugsaktien nur nach einem Satzungsbeschluss und nur bis zu einem bestimmten Teil des Grundkapitals ausgegeben werden können. Dieser Grundtendenz des Aktiengesetzes entspricht auch die Regelung im Deutschen Corporate Governance Kodex, der unter Punkt 2.1.2 besagt, dass jeder Aktie grundsätzlich eine Stimme

 Henssler/Wiedemann, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, Rn. 11.  Siehe zum normativen Gehalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie zu Ausnahmen von diesem Grundsatz Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 33 – 35.  Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 78 f.  Siehe schon oben die Nachweise in Fn. 891.  Im Ergebnis auch gegen eine Ziehung privater Vorteile als „hidden gains“ Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 18.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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zugeordnet werden soll.⁹⁶⁹ Dieser rechtliche Befund wird von den Wirtschaftswissenschaften unter Anreizgesichtspunkten für einen Blockaktionär teilweise anders beurteilt und auch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion als Einschränkung der Satzungsautonomie kritisiert; dennoch ist das Proportionalitätsprinzip Bestandteil des Aktiengesetzes. Ebenso mit wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen nicht vollständig kompatibel ist die strikte Haltung des Gesetzes zu privaten Vorteilen. Diese von der Wirtschaftswissenschaft teilweise als tauglicher Anreiz für die Überwachung durch einen Blockaktionär angesehenen Vorteile sind nach deutschem Recht rechtswidrig.Vor dem Hintergrund eines effizienten Kapitalmarktes erscheint dies plausibel, da bei drohender Verschlechterung der Rendite auf hingegebenes Kapital ein Rückzug der Investoren vom Kapitalmarkt bzw. eine Verteuerung von Kapital droht.

e) Abgleich mit dem empty voting aa) Proportionalitätsprinzip und Anreizwirkung Das Stimmrecht ist unter den Aktionären grundsätzlich proportional, d. h. entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung verteilt. Der Grundsatz des one-share-one-vote ist im deutschen Recht fast vollständig verwirklicht. Dies entspricht nur bedingt den wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen, die teilweise zu dem Ergebnis kommen, dass unter Kontrollgesichtspunkten die Konzentration von Stimmmacht vorteilhafte Effekte für alle Aktionäre erzielen kann und daher einzelnen Aktionären höhere Stimmmacht eingeräumt werden sollte. Insgesamt geht es dabei um eine Grenzziehung: die Stimmrechtsverteilung soll so ausgestaltet sein, dass der Blockaktionär genug Anreize hat, Blockaktionär zu bleiben und die Kontrolle im Sinne aller Aktionäre auszuüben; gleichzeitig soll er aber noch in einem derartigen Umfang von den Aktienerträgen profitieren, dass für ihn die Anreize zum Ziehen privater Vorteile nicht zu groß werden. Betrachtet man die Interessenlage eines Aktionärs, der risikoentleerte Stimmrechte ausübt, so erzielt er eine Wirkung, die der Durchbrechung des Proportionalitätsprinzips gleichkommt. Empfängt er Aktien im Rahmen eines Wertpapierdarlehens, so erhöht sich seine Stimmmacht, während der Anteil am getragenen Risiko gleich bleibt. Sichert er sein Risiko durch den Verkauf nach

 Siehe dazu Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, Rn. 215 f. Dort auch zur Bedeutung dieses Grundsatzes für institutionelle Investoren.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Record Date, gleichzeitige Leerverkäufe oder Derivate ab, so erhöht er damit zwar nicht seine Stimmmacht, trägt aber weniger Risiko im Vergleich zu seiner Stimmmacht. In beiden Fällen übt er mehr Stimmrechte aus als es seiner Partizipation an der Wertentwicklung der Unternehmung entspricht. Dies ist auch bei Mehrstimmrechten und bei der Existenz von stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Fall. Insofern ähneln sich die Anreizsituationen.

bb) Rechtliche Bewertung Einerseits stellt sich die Situation wie bei einem Aktionär, dem Mehrstimmrechte eingeräumt sind, dar. Derartige Mehrstimmrechte sind in der börsennotierten Aktiengesellschaft verboten. Eine Diversifizierung hinsichtlich der Stimmkraft ist nach deutschem Recht nur durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien zulässig. Die Auswirkungen dieser Strukturen sind grundsätzlich mit den oben beschriebenen risikoentleerten Stimmrechten zu vergleichen. Auch bei der Einführung von stimmrechtslosen Vorzugsaktien verschiebt sich die Stimmmacht zugunsten der Inhaber der Stammaktien, ohne dass sich jedoch ihre Teilhabe am Risiko erhöht.⁹⁷⁰ Es ergeben sich jedoch etliche Unterschiede zu den risikoentleerten Stimmrechten: Die Aktiengattung der stimmrechtslosen Vorzugsaktien verfügt in der Regel über kein Stimmrecht. Dafür erhält sie eine höhere Dividende als die gewöhnlichen, stimmberechtigten Aktien.⁹⁷¹ Solange die Gesellschaft wirtschaftlich erfolgreich ist und die erhöhte Dividende bezahlen kann, kann davon ausgegangen werden, dass die Überwachung durch die stimmberechtigten Aktionäre gut funktioniert und keine Sondervorteile auf Kosten der Vorzugsaktionäre verfolgt werden. Ist die Gesellschaft dazu jedoch nicht mehr im Stande, da sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtert hat, so lebt das Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 AktG wieder auf; der Vorzugsaktionär kann nun selbst Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und versuchen, Fehlentwicklungen zu korrigieren.⁹⁷² Durch diesen Schutzmechanismus wird die verminderte Stimmmacht der Vorzugsaktionäre ausgeglichen.

 Den Vergleich ziehen auch Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 13, Fn. 26, sowie Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1352 (2000) (zum Stimmenkauf).  Siehe zu diesem Gewinnvorrecht T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 43 – 86.  Das Wiederaufleben des Stimmrechts wurde deshalb teilweise auch als „Sanktion“ bezeichnet, vgl. Zöllner, in: KöKo AktG, § 140 Rn. 4 (das zu sanktionierende Verhalten sieht er allerdings in der Manipulation der Bilanz); Schlegelberger/Quassowski, AktG, § 116 Rn. 2. Dagegen macht T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 95 f., geltend, dass der „Gewinn“ auch aus der Auflösung stiller Reserven gezahlt werden könne, ohne dass das Unternehmen im operativen

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Hinzu kommt, dass die Schaffung derartiger Aktien eines Hauptversammlungsbeschlusses mit satzungsändernder Mehrheit bedarf.⁹⁷³ Bei den risikoentleerten Stimmrechten kommt es hingegen weder zu einem Satzungsbeschluss, noch ist deren Existenz für die anderen Aktionäre transparent. Zudem entscheiden die Vorzugsaktionäre selbst, in Aktien dieser Gattung zu investieren. D.h. sie treffen bewusst eine Entscheidung für eine derartige Verteilung der Stimmmacht, wobei der gesamte Prozess transparent ist.⁹⁷⁴ Demgegenüber ist beim empty voting eine derartige Entscheidung der Mitaktionäre nicht gegeben. Vielmehr kommt der Einsatz risikoentleerter Stimmrechte der Verschiebung der Stimmmacht gleich, ohne dass die vom Gesetz vorgesehenen Schutzmechanismen zur Anwendung kommen.⁹⁷⁵ Dazu kommt, dass beim empty voting die Verschiebung von Stimmmacht zu Lasten der anderen Aktionäre in der Regel sehr kurzfristig sein wird, da es nur um die Beeinflussung einzelner Abstimmung und nicht um eine längerfristige Einflussnahme geht.⁹⁷⁶ Vor dem Hintergrund, dass das deutsche Aktienrecht grundsätzlich den Proportionalitätsgrundsatz verwirklicht und nur restriktiv Ausnahmen zulässt, sprechen die genannten Unterschiede bei der Einführung und der Transparenz von disproportionalen Strukturen und risikoentleerten Stimmrechten gegen eine Zulassung von letzteren. Die Mechanismen, die zum Schutz der Vorzugaktionäre wirken, schützen die Mitaktionäre nicht im Falle der risikoentleerten Stimmrechte. Die risikoentleerten Stimmrechte widersprechen somit den Wertungen des Aktiengesetzes hinsichtlich disproportionaler Strukturen.

Geschäft Gewinne erzielt; von einem Aufleben der Stimmrechte als „Sanktion“ für schlechte Unternehmensführung könne also nicht gesprochen werden. Des Weiteren könne ein nicht erwirtschafteter Gewinn auch von externen Faktoren, wie der Marktentwicklung oder Naturkatastrophen, abhängen. Allerdings muss auch der Gewinnverwendungsbeschluss von der Hauptversammlung gefasst werden und wenn diese den Rückgriff auf die stillen Reserven der Gesellschaft als nicht im Interesse der Gesellschaft erachtet, dann wird sie ihm auch nicht zustimmen. Dann könnte die Sonderdividende auch nicht bezahlt werden, das schlechte Ergebnis führte also zum Wiederaufleben des Stimmrechts. Sind externe Faktoren verantwortlich, dann kann dies durchaus dafür sprechen, dass die Überwachung nicht gut genug funktioniert hat, das Management also eine falsche Strategie gewählt hat. Insgesamt scheint es auch hier gerechtfertigt, davon zu sprechen, dass das Wiederaufleben des Stimmrechts die mangelnde Überwachungstätigkeit der stimmberechtigten Aktionäre und die daraus folgende falsche Strategie des Managements sanktioniert.  Siehe dazu Volhard, in: MüKo AktG, § 139 Rn. 5; Hüffer, AktG, § 139 Rn. 11; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 139 Rn. 8.  Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 211 (2006).  Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 13, Fn. 26 („[…] empty voting constitutes an unexpected recapitalization that cannot be avoided by fellow shareholders.“).  Brav/Matthews, empty voting, S. 3.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

cc) Zusammenfassung Die Anreizsituation bei risikoentleerten Stimmrechten stellt sich wie bei disproportionalen Stimmrechtsstrukturen dar. Aufgrund der Tatsache, dass der Stimmberechtigte mehr Stimmmacht ausübt, als seinem Beitrag zum Eigenkapital entspricht, besteht die Gefahr, dass er einen Anreiz hat, durch die Stimmrechtsausübung private Vorteile zu erzielen und nicht für alle Aktionäre die Aktienerträge zu steigern. In der Wirtschaftswissenschaft wird darauf hingewiesen, dass Flexibilität hinsichtlich der Disproportionalität zu effizienterer Überwachung der Verwaltung führen kann. Dies entspricht allerdings nicht den Wertungen des deutschen Aktienrechts. Dieses verwirklicht den Proportionalitätsgrundsatz sehr weitgehend und lässt nur unter engen Voraussetzungen Ausnahmen davon zu. Diese strengen Anforderungen werden bei risikoentleerten Stimmrechten nicht eingehalten.

2. Stimmrechtsvertretung Eine weitere Situation, bei der ein Aktionär oder auch ein Nichtaktionär erhöhte Stimmmacht bzw. überhaupt Stimmmacht ausübt ist die Stimmrechtsvertretung. Denn der Vertreter trägt nicht oder nur unterproportional (wenn er selbst Aktionär ist) die Folgen des Abstimmungsverhalten. Insofern ist seine Situation mit risikoentleerten Stimmrechten vergleichbar. Die Stimmrechtsvertretung wird in Deutschland sehr weitgehend zugelassen. Aufgrund der hohen Kosten der Stimmrechtsausübung ist davon gesprochen worden, dass es „unzumutbar“ wäre, das Stimmrecht als höchstpersönliches Recht auszugestalten.⁹⁷⁷ Die Grundregel der Stimmrechtsvertretung findet sich in § 134 Abs. 3 AktG, wonach es grundsätzlich möglich ist, sich bei der Stimmrechtsausübung vertreten zu lassen. Diese Regelung ist jedoch praktisch von geringer Bedeutung, da eine individuelle Bevollmächtigung beispielsweise unter Kollegen, dieselben Probleme mit sich bringen würde, wie die Stimmrechtsausübung durch einen einzelnen. Entscheidende Bedeutung erlangt die Regelung daher vornehmlich als Grundmodell für die geschäftsmäßige Stimmrechtsvertretung.⁹⁷⁸ Diese wird als das wesentliche Mittel zur verbesserten Verwaltungskontrolle und zur Behebung der Defizite des Stimmrechts, insbesondere der rationalen Apathie, erachtet.

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 95.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 95.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Das vom Gesetzgeber gewählte Modell für die geschäftsmäßige Stimmrechtsvertretung, der Markt für Stimmrechtsvertreter, soll im Folgenden zunächst kurz erläutert werden, um dann auf die Anbieter auf diesem Markt einzugehen und die daraus resultierenden Probleme aufzuzeigen. Im Anschluss daran werden die Mechanismen aufgezeigt, mittels derer der Principal-Agent-Konflikt zwischen Bevollmächtigtem und bevollmächtigendem Aktionär abgeschwächt werden soll. Aus der Analyse dieser Regelungsstruktur werden sodann Wertungen gewonnen, die für das empty voting von Bedeutung sind.

a) Konzept des Marktes für Stimmrechtsvertretung Die professionelle Stimmrechtsvertretung war kontinuierlich Gegenstand gesetzgeberischer Bemühungen.⁹⁷⁹ Die letzte große Reform stellt die Einführung des Verwaltungsstimmrechts nach Art des vor allem aus dem amerikanischen Gesellschaftsrecht bekannten proxy voting durch das Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG)⁹⁸⁰ dar.⁹⁸¹ Die Systeme der Stimmrechtsvertretung und insbesondere die Ausübung des Vollmachtstimmrechts durch die Banken sind wissenschaftlich erschöpfend diskutiert worden.⁹⁸² Hauptziel des gesetzlichen Governance-Schemas ist dabei die Verpflichtung der Stimmrechtsvertretung auf die Interessen der Vollmacht erteilenden Aktionäre durch prozedurale Regelungen.⁹⁸³ Grundsätzliche Idee der Eröffnung des Marktes für Stimmrechtsvertretung ist der Gedanke, dass der in Deutschland traditionell dominanten Bevollmächtigung der depotführenden Kreditinstitute Konkurrenz erwachsen soll und zwar zum

 Siehe für einen historischen Überblick, insbesondere im Hinblick auf das in Deutschland als zentrales Problem angesehen Depotstimmrecht der Banken Körber, Stimmrechtsvertretung, S. 41– 51.  Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung vom 18. Januar 2001, BGBl. I 2001, 123.  Siehe zur rechtspolitischen Diskussion Hüther, AG 2001, 68 ff.  Siehe nur Körber, Stimmrechtsvertretung; Hoffmann, Stimmrechtsvertretung; Tuerks, Proxy; Lenz, Proxy; Weikert, Corporate Governance; Rose, Stimmrechtsvertretung. Siehe auch das Gutachten von Mülbert zum 61. Deutschen Juristentag 1996 mit dem Titel „Empfehlen sich gesetzliche Regelungen zur Einschränkung des Einflusses der Kreditinstitute auf Aktiengesellschaften“. Schon Schlegelberger konstatierte allerdings 1935, dass „Neues hier nicht mehr zu sagen sei“, vgl. Schlegelberger, Erneuerung, S. 23. Zusammenfassend auch Arnold, Steuerung, S. 85 – 89, der hinsichtlich der Eröffnung des Marktes für Stimmrechtsvertreter feststellt, dass diese „zur Beseitigung der Funktionsdefizite der Hauptversammlung […] nichts beitragen“ kann (S. 88).  Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 3.

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einen durch Verwaltungsstimmrechte und zum anderen durch weitere Anbieter von Stimmrechtsvertretern wie den Aktionärsvereinigungen.⁹⁸⁴ Der Marktmechanismus soll zu gegenseitiger Kontrolle der Stimmrechtsvertreter führen. Dem Aktionär sollen verschiedene Vorschläge gemacht werden, zwischen denen er dann autonom entscheiden kann. Die weitgehenden Regelungen in § 135 AktG dienen vor diesem Hintergrund zum einen der Beförderung eines solchen Stimmrechtsvertretung, setzen zum anderen aber auch der wachsenden Missbrauchsgefahr bei Konzentration der Stimmrechte Grenzen, namentlich der Ausübung der Stimmrechte im Interesse des Stimmrechtsvertreters und nicht im Interesse der bevollmächtigenden Aktionäre.⁹⁸⁵ Diese Interessenkonflikte beruhen maßgeblich auf der besonderen Interessenlage der verschiedenen Stimmrechtsvertreter.

b) Akteure auf dem Markt für Stimmrechtsvertretung Für eine Stimmrechtsvertretung kommen vornehmlich Banken, von der Verwaltung benannte Stimmrechtsvertreter, Aktionärsvereinigungen sowie professionelle Stimmrechtsvertreter in Betracht. Welche Probleme bei diesen im Einzelnen auftreten soll im Folgenden beleuchtet werden.

aa) Banken Das maßgebliche Problem der Stimmrechtsvertretung durch Banken wird darin gesehen, dass sie maßgebliche Eigeninteressen als Kreditgeber wie auch als Emissionsbanken bei Kapitalerhöhungen der jeweiligen Unternehmen verfolgen, also ein Interessenkonflikt vorliegt.⁹⁸⁶ Dementsprechend wird den Banken vorgeworfen, dass sie bei der Überwachung der Verwaltung eine zu risikoaverse Position innehätten, da sie vornehmlich Interesse daran haben, dass das Unternehmen in der Lage sein wird, die Kreditforderungen des Kreditinstituts zu erfüllen. Sie würden daher keine im Interesse der Mehrheit der Aktionäre liegende Risikostruktur wählen.⁹⁸⁷ Zudem führt der Wunsch, für Emissionen oder Unternehmensakquisitionen mandatiert zu werden, dazu, dass man die Verwaltung nicht zu hart kritisiert, da diese über eben diese Mandatierung entscheidet.

 Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 16.  Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 13.  Siehe dazu Körber, Stimmrechtsvertretung, S. 63 – 65, 69 – 72, sowie unter Berücksichtigung der modernen Finanzierungstheorie Tuerks, Proxy, S. 195 – 204.  Tuerks, Proxy, S. 197 f.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Die Diskussion um das Stimmrecht der Banken ist schon häufig dargestellt worden.⁹⁸⁸ Trotzdem gerät in letzter Zeit wieder Bewegung in den Fragenkomplex. Dies hat einen tatsächlichen und einen rechtlichen Grund. In tatsächlicher Hinsicht hat die Bedeutung der Stimmrechtsvertretung durch die Banken abgenommen. Denn die zahllosen Beteiligungen der deutschen Banken an den großen börsennotierten Unternehmen sind zunehmend zurückgegangen, die sog. „Deutschland AG“ hat sich weitgehend aufgelöst.⁹⁸⁹ Darüber hinaus haben die gesetzlichen Regelungen, die durch das KonTraG und das NaStraG eingeführt wurden, dazu geführt, dass sich viele Banken aus dem Feld der Stimmrechtsvertretung zurückgezogen haben.⁹⁹⁰ Die Übermacht der Banken in den Hauptversammlungen wird daher nicht mehr als so drängend empfunden; vor dem Hintergrund dieses Wandels hat das ARUG auch eine rechtliche Neubewertung vorgenommen.⁹⁹¹ So greift die Regelung, wonach das Kreditinstitut das Stimmrecht nach eigenen Vorschlägen dann nicht ausüben darf, wenn es eine bestimmte Beteiligungsschwelle selbst überschreitet, nicht schon wie bisher bei fünf Prozent, sondern erst ab einer Eigenbeteiligung von 20 Prozent. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das internationale Bild uneinheitlich ist: während in den Vereinigten Staaten die um Stimmrechtsvollmacht werbenden Banken überhaupt nicht an der entsprechenden Gesellschaft beteiligt sein dürfen, ist in Frankreich eine solche Beteiligung Voraussetzung für die Stimmrechtsvertretung. Darauf wird noch bei der Diskussion der verschiedenen Mechanismen, die den Abstimmenden an das Interesse des vollmachtgebenden Aktionärs rückbinden sollen, eingegangen werden.

bb) Stimmrechtsvertreter der Verwaltung Offensichtlich sind die Interessenkonflikte bei von der Verwaltung benannten Stimmrechtsvertretern. Denn wenn mittels des Stimmrechts gerade Vorschläge der Verwaltung auf ihre Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit für die Aktionäre überprüft werden sollen, so wird eine Partei, die von der Verwaltung abhängig ist, in den seltensten Fällen gegen deren Vorschläge stimmen und diese kritisch betrach-

 Siehe die Nachweise in Fn. 982  Siehe Schaefer, NZG 2007, 900; Vetter, AG 2006, 32, 33.  Siehe die Begründung zum ARUG-Entwurf, BT-Drucks. 16/11642, S. 49.  Siehe Begründung zum ARUG-Entwurf, die von einer „grundlegenden Deregulierung der Stimmrechtsvertretung durch Kreditinstitute“ spricht, BT-Drucks. 16/11642, S. 49.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

ten.⁹⁹² Dieser Interessenkonstellation wird dadurch Rechnung getragen, dass die Vorschrift des § 135 AktG zur prozeduralen Anbindung der Stimmrechtsausübung an das Aktionärsinteresse entsprechend herangezogen wird.⁹⁹³

cc) Aktionärsvereinigungen Ein weiterer Akteur auf dem Markt für Stimmrechtsvertretung sind die Aktionärsvereinigungen. Diese haben sich aber aufgrund der historischen Dominanz der Banken bisher nicht durchgesetzt. Auch dürften sie nur in seltenen Fällen über die umfassenden Kenntnisse und Kompetenzen zur informierten Stimmrechtsausübung verfügen.⁹⁹⁴ Der Gesetzgeber hatte im Rahmen des KonTraG versucht, die Stellung der Aktionärsvereinigungen zu stärken, indem er die Kreditinstitute dazu verpflichtete, auf die Alternativmöglichkeit der Vertretung durch diese Vereinigungen hinzuweisen; die Literatur hat diesen Versuch allerdings als nicht sonderlich wirkungsvoll erachtet.⁹⁹⁵ Im Zuge der Umsetzung der Vorgaben der Aktionärsrechte-Richtlinie, wurde diese Regelung gestrichen. Die Kreditinstitute müssen allerdings gemäß § 135 Abs. 1 Satz 5 AktG auf Wunsch des Aktionärs die Legitimationsunterlagen zur Stimmrechtsausübung einer vom Aktionär benannten Aktionärsvereinigung oder einem anderen Stimmrechtsvertreter zuleiten, damit dieser das Stimmrecht ausüben kann.

dd) Professionelle Stimmrechtsvertreter, insbesondere der Institutional Shareholder Service In jüngerer Zeit sind in den USA verstärkt neue Akteure aufgetreten, nämlich professionelle Stimmrechtsvertreter, die ihre Dienste vor allem institutionellen Anbietern wie Pensionsfonds oder Anlagegesellschaften anbieten. Deren Portfolien sind zu groß, als dass sie alle Stimmrechte informiert ausüben könnten.⁹⁹⁶ Im Prinzip ist dies eine wünschenswerte Entwicklung. Denn während Anleger bei der  Arnold, Steuerung, S. 87, G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 374 („Praktisch läuft das auf eine Bevollmächtigung des Managements zur Stimmrechtsausübung in seiner eigenen Hauptversammlung hinaus.“). Beispiele für die Interessenkonflikte bei Fischer, SZW 1998, 231, 232 f.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 121 sowie § 135 Rn. 7.  G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 373 f.  G. H. Roth, ZIP 2003, 369, 374 („mutet […] rührend an“); Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 125 Rn. 3 („Regelung wird nichts bewirken, ist aber auch nicht schädlich“).  Zu diesen schon sehr kritisch U. H. Schneider, EuZW 2006, 289, sowie ausführlicher U. H. Schneider/Anzinger, NZG 2007, 88 ff. Der Erfolg dieser Stimmrechtsberater bestätigt die getroffene Feststellung, dass es ab einer gewissen Beteiligungsgröße ökonomisch rational ist, eine aktivere Überwacherrolle auszuüben, siehe Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 150 (2009).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Anlageentscheidung häufig umfassend auf externen Sachverstand zurückgreifen, so ist dies bei der Qualitätssicherung des getätigten Investments durch informierte Ausübung des Stimmrechts noch nicht der Fall. So haben die Stimmrechtsberater in den Vereinigten Staaten schon häufig auch vom Management abweichende Vorschläge unterstützt. Dadurch haben sie zu einer Verbesserung des Marktes für Unternehmenskontrolle beigetragen;⁹⁹⁷ außerdem werden aktive Strategien von Aktionären befördert, da diese damit rechnen können, sich mit einem von den Stimmrechtsberatern unterstützten Vorschlag gegen die Verwaltung durchzusetzen.⁹⁹⁸ In Deutschland sind derartige Unternehmen bislang nur vereinzelt in Erscheinung getreten. Dies scheint sich momentan zu ändern.⁹⁹⁹ Vor allem das oben schon genannte Unternehmen Institutional Shareholder Services, das als eines von drei Unternehmen mit der Studie der Europäischen Kommission über den Grundsatz des one-share-one-vote betraut war, hat in der letzten Zeit auch auf Hauptversammlungen der Unternehmen des Deutschen Aktienindexes erheblichen Einfluss ausüben können.¹⁰⁰⁰ Vor dem Hintergrund möglicher Interessenkonflikte ist problematisch, dass diese Unternehmen auch Beratung in Corporate-Governance-Fragen für Emittenten anbieten. So beraten sie zunächst die Emittenten, auf deren Hauptversammlungen sie später für andere das Stimmrecht ausüben. Dadurch dürfte Druck auf die Verwaltung der Emittenten entstehen, sich auch die Dienste des Stimmrechtsberaters zu sichern, um diesen nicht auf der nächsten Hauptversammlung gegen sich zu haben; vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Urteils der Stimmrechtsberater über die Corporate Governance eines Unternehmens für das Bonitätsrating eben dieses Unternehmens.¹⁰⁰¹ Die Tätigkeit von derartigen Stimmrechtsvertretern und -beratern ist teilweise als empty voting bezeichnet worden.¹⁰⁰² Allerdings erscheint dies zweifelhaft: zwar ist die Parallele insofern richtig, als auch derartige Stimmrechtsvertreter über Stimmrechte verfügen, ohne das damit verbundene Risiko tragen zu müssen.  Allerdings hat eine kürzlich veröffentlichte Studie gezeigt, dass im Allgemeinen die Stimmrechtsberatungsfirmen keinen so großen Wert auf die Übernahmehindernisse legen und andere Fragen der Corporate Governance höher bewerten, siehe Choi/Fisch/Kahan, 82 S. Cal. L. Rev. 649, 696 (2009).  Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 692– 93 (2007).  U. H. Schneider/Anzinger, NZG 2007, 88, 89; Schaefer, NZG 2007, 900, 901.  U. H. Schneider/Anzinger, NZG 2007, 88, 89.  Auf diese Entwicklung weisen U. H. Schneider/Anzinger, NZG 2007, 88, 91 f., hin.  Vgl. Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 639 – 40 (2008), die allerdings auch anmerken, dass die Stimmrechtsvertreter das Stimmrecht nur insoweit risikolos ausüben können, als ihr Auftraggeber ihnen dies gestattet.

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Allerdings sind ihnen bei der Verfolgung von eigenen Interessen, anders als bei den anfangs beschriebenen Fällen, Grenzen gesetzt. Denn sie befinden sich in einem Vertragsverhältnis mit dem Aktionär, der sie beauftragt. Sie sind also explizit mit der Aufgabe der Stimmrechtsvertretung betraut worden und müssen sich insoweit zum einen dem Wettbewerb auf dem Markt für Stimmrechtsvertreter stellen, der die Verfolgung von abweichenden Interessen sanktionieren würde. Zumindest bei dauerhafter Verfolgung abweichender Interessen wird der Aktionär den Stimmrechtsvertreter nicht mehr beauftragen Zum anderen haften sie auch im Rahmen des Vertragsverhältnisses für die fehlerhafte bzw. interessenwidrige Stimmrechtsausübung.¹⁰⁰³

ee) Zusammenfassung Die verschiedenen Akteure auf dem Markt für Stimmrechtsvertretung unterliegen verschiedenen Interessenskonflikten.¹⁰⁰⁴ Diese können dazu führen, dass das Stimmrecht nicht im Interesse der Aktionäre ausgeübt wird. Das Gesetz hat eine Reihe von Mechanismen geschaffen, die verhindern sollen, dass die Stimmrechtsvertreter im eigenen Interesse abstimmen. Diese Mechanismen sollen untersucht werden, um festzustellen, welche Voraussetzungen das Gesetz an die Ausübung von Stimmrechten stellt und welche Regelungen es anbietet, um die Verfolgung von Eigeninteressen durch die Stimmrechtsvertreter zu verhindern.

c) Mechanismen zur Rückbindung der Stimmrechtsausübung an das Aktionärsinteresse Den beschriebenen Gefahren begegnet das Gesetz mit verschiedenen Antworten. Zunächst ist die professionelle Stimmrechtsvertretung genau geregelt, so dass zum einen zwingende prozedurale Regeln einen Schutz der Aktionäre gewährleisten. Zum anderen werden die Aktionäre und die Gesellschaft durch Haftungsvorschriften geschützt, die einen Anreiz setzen, das Stimmrecht im Interesse des bevollmächtigenden Aktionärs auszuüben.

 Zur Haftung des Stimmrechtsvertreters und dem der Beauftragung zur Stimmrechtsausübung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis siehe sogleich.  So auch Behnke, NZG 2000, 665, 666.

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aa) Prozedurale Absicherung der Stimmrechtsvertretung (1) Keine Absicherung bei individueller Beauftragung und bei einem bestehenden Näheverhältnis des geschäftsmäßigen Stimmrechtsvertreters § 135 AktG greift nur bei geschäftsmäßiger Stimmrechtsvertretung, nicht hingegen wenn eine Bevollmächtigung im Rahmen der allgemeinen Regelung des § 134 AktG erfolgt und die Vertretung allein aufgrund von Gefälligkeit geschieht. Wenn also der Aktionär einen Dritten ohne Vergütung bevollmächtigt, das Stimmrecht für ihn auszuüben, dann greift die Regelung des § 135 AktG nicht. Der dahinterstehende Gedanke ist der, dass in diesem Fall die beschriebenen Interessenkonflikte der Stimmrechtsvertreter nicht drohen, da bei persönlicher unentgeltlicher Beauftragung die Positionen meist so klein sind, dass sie nicht die Gefahr einer systematischen Verzerrung der Hauptversammlungsbeschlüsse bergen. Außerdem sucht sich der bevollmächtigende Aktionär seinen Vertreter selbst aus; dieser tritt ihm nicht in Gestalt der depotführenden Bank gegenüber, die den Aktionär zur Vollmachterteilung auffordert und somit erster Ansprechpartner ist. Damit ist gewährleistet, dass der Vertreter im Interesse des Aktionärs handelt. Dies wird auch angenommen, wenn der Stimmrechtsvertreter zwar geschäftsmäßig¹⁰⁰⁵ handelt, zwischen ihm und dem Aktionär aber eine enge Beziehung in Form einer Ehe, einer Lebenspartnerschaft oder einer Verwandtschaft bis zum vierten Grad besteht, vgl. § 135 Abs. 8 2. Halbsatz AktG. Denn aufgrund dieser Nähe vermutet das Gesetz, dass auch der geschäftsmäßig handelnde Stimmrechtsvertreter im Interesse des vollmachtgebenden Aktionärs handeln wird.¹⁰⁰⁶ In diesen Fällen verzichtet das Gesetz auf die umfangreichen Schutzmechanismen zur Disziplinierung der Stimmrechtsvertreter.¹⁰⁰⁷

(2) Umfassende Absicherung bei möglichen Interessenkonflikten Greifen hingegen die Regelungen des § 135 AktG, dann kommt der prozedurale Mechanismus zur Rückbindung an das Interesse des Vollmachtgebers zum Tragen. Diese Rückbindung wird vornehmlich dadurch erreicht, dass es nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten der Stimmrechtsausübung gibt, die Bevollmächtigung präzise umschrieben sein muss, die Bevollmächtigung jederzeit wi-

 Siehe zur Definition von geschäftsmäßigem Handeln Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 135 Rn. 11 f.; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 26.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 27.  Siehe auch Begründung zum ARUG-Entwurf, BT-Drucks. 16/11642, S. 53, wonach Gefälligkeitsverhältnisse und Verwandtschaftsbeziehungen von den Regelungen „gänzlich ausgenommen“ sein sollen.

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derruflich ist und eine Unterbevollmächtigung nur möglich ist, wenn der Aktionär explizit zugestimmt hat.¹⁰⁰⁸ Ferner wurde der Markt für Stimmrechtsvertreter dadurch befördert, dass seitens der depotführenden Bank zwingend auf alternative Möglichkeiten der Stimmrechtsvertretung hinzuweisen war, vgl. § 125 Abs. 2 Satz 2, 5 AktG a. F.¹⁰⁰⁹ Das ARUG hat dies nun geändert,was wohl auch am Rückzug der Depotbanken aus der Stimmrechtsvertretung gelegen hat.¹⁰¹⁰ Vorliegend interessiert vor allem der Bereich der weisungsfreien Stimmrechtsausübung, also der Bereich in dem das Kreditinstitut nicht nur als Überbringer der Entscheidung des Aktionärs fungiert, sondern ihm ein eigener Spielraum zur Stimmrechtsausübung zukommt. Gerade diese Situation ist mit dem empty voting vergleichbar, da das Stimmrecht ausgeübt wird, ohne dass die abstimmende Bank das Risiko tragen muss. Die wirtschaftlichen Folgen treffen den Aktionär. Nach der neuen Rechtslage bleibt die Art der erteilbaren Vollmachten beschränkt. Das Kreditinstitut kann entweder eigene Abstimmungsvorschläge machen, vgl. § 135 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AktG, oder aber entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung abstimmen, vgl. § 135 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AktG. Je nachdem welche Art der Vertretung gewählt wird, sind verschiedene Informationspflichten zu erfüllen. Im Falle der Abstimmung nach eigenen Vorschlägen greift das durch das ARUG novellierte Aktienrecht die oben bereits geschilderten Konflikte noch deutlicher als bisher auf und verpflichtet die Kreditinstitute darauf, den Aktionär über verschiedene Sachverhalte, die zu Interessenkonflikten führen können, aufzuklären. Dies betrifft die Besetzung von Organen mit Mitarbeitern, eine nach § 21 WpHG meldepflichtige Eigenbeteiligung sowie die Beteiligung an einem Konsortium, das für das entsprechende Unternehmen in den letzten fünf Jahren die letzte Emission von Wertpapieren durchgeführt hat, vgl. § 135 Abs. 2 Satz 4, 5 AktG. Ansonsten muss der Stimmrechtsvertreter dem bevollmächtigenden Aktionär die eigenen Abstimmungsvorschläge zugänglich machen, wobei die Vorschläge vom Interesse des Aktionärs geleitet sein müssen. An einmal gemachte Vorschläge ist der Stimmrechtsvertreter gebunden und darf gemäß § 135 Abs. 3 Satz 1 AktG nur abweichen, wenn er davon ausgehen darf, dass der Aktionär bei Kenntnis der Sachlage ebenso anders abgestimmt hätte. Im Falle einer Abweichung muss er diese ferner gegenüber dem Aktionär begründen, vgl. § 135 Abs. 3 Satz 2 AktG. Wird eine Vollmacht, die zur Zustimmung zu den Verwaltungsvorschlägen berechtigt, erteilt, so muss der Stimmrechtsvertreter die Vorschläge der Verwaltung dem Aktionär zuleiten; auch    allem

Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 13. Vgl. dazu Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 13. Siehe zu Begründung zum ARUG-Entwurf, BT-Drucks. 16/11642, S. 47, wonach sich vor die öffentlichen Banken massiv aus dem Depotstimmrecht zurückgezogen haben.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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von diesen darf er nur abweichen, wenn er davon ausgeht, dass dies der Aktionär bei Kenntnis der Sachlage auch getan hätte. Auch in diesem Fall muss er die Abweichung begründen, vgl. § 135 Abs. 3 Satz 2 AktG. Diese umfassende prozedurale Absicherung, die auf eine umfassende Information des Aktionärs zielt, dient dem Zweck, dem Aktionär eine möglichst einfache Kontrolle der Stimmrechtsvertretung zu ermöglichen. Ist der Aktionär über die verschiedenen Interessenkonflikte informiert, so wird er möglicherweise seine Vollmachterteilung überdenken und gegebenenfalls widerrufen. Dazu wird der Stimmrechtsvertreter explizit auf das Interesse des Aktionärs verpflichtet. Bei Akteuren, die typischerweise aufgrund ihrer Größe und Tätigkeit Interessenkonflikten unterliegen ist die weisungsungebundene Abstimmung also nur bei umfassender Information und Interessenwahrungspflicht des Stimmrechtsvertreters zulässig. Eine ungebundene Stimmrechtsvertretung ist diesen Akteuren hingegen nicht möglich.

bb) Haftung der Stimmrechtsvertreter gegenüber den bevollmächtigenden Aktionären Neben diesen prozeduralen Regelungen wirkt die mögliche Haftung der Stimmrechtsvertreter für vertragswidriges Verhalten auf die Abstimmungsentscheidung. Das zugrundeliegende Vertragsverhältnis verpflichtet den Stimmrechtsvertreter, auch bei Abstimmung ohne vorherige Weisung des Aktionärs dessen Interessen in den gesetzlich zulässigen Schranken zu verfolgen.¹⁰¹¹ Tut der Vertreter dies nicht, so droht ihm eine vertragliche Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus kommt auch eine Haftung gegenüber den anderen Aktionären bzw. der Gesellschaft selbst in Betracht. Die Voraussetzungen und die dogmatische Grundlage einer derartigen Haftung sind umstritten und müssen hinsichtlich des interessierenden Themas nicht im Einzelnen dargestellt werden. Die heute wohl herrschende Meinung geht von einer Haftung auf Grundlage von § 179 Abs. 1 BGB in analoger Anwendung aus.¹⁰¹² Einen anderen Begründungsansatz wählt Rose in seiner Untersuchung über die

 Siehe dazu Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 73 – 77.  Siehe die Überblicksdarstellung bei Tuerks, Proxy, S. 17– 22. Ausführliche Diskussion der einzelnen Ansätze bei Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 104– 188, der allerdings die analoge Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB ablehnt. Die insoweit maßgebliche Äußerung der Rechtsprechung war das „Girmes-Urteil“ des Bundesgerichtshofs, der eine Haftung aus § 179 Abs. 1 BGB analog deshalb annahm, da der Stimmrechtsvertreter nicht die Namen der Vertretenen mitteilen wollte; siehe zur Diskussion des Urteils die Nachweise bei Tuerks, Proxy, S. 12, Fn. 59.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Haftung der Stimmrechtsvertreter.¹⁰¹³ Er vertritt, dass eine derivative Haftung des Stimmrechtsvertreters aus § 179 Abs. 1 BGB sich schon deshalb nicht herleiten lasse, da die Aktionäre selbst keine Schadensersatzpflicht treffe.¹⁰¹⁴ Denn diese wären, wie oben bereits ausgeführt, durch die Gefahr des Verlustes ihres Investments bereits auf eine Abstimmung im Sinne der Vermögensmehrung der Gesellschaft verpflichtet; zusätzliches Haftungsrecht sei insoweit nicht erforderlich.¹⁰¹⁵ Er begründet allerdings eine Haftung des Stimmrechtsvertreters in dem Bereich, in dem dieser weisungsfrei von der Stimmrechtsvollmacht Gebrauch macht. Denn dieser partizipiert eben nicht mittelbar an den Unternehmensergebnissen und muss deswegen separat kontrolliert werden.¹⁰¹⁶ Dies geschieht auf Grundlage des Haftungsrechts, wobei Rose zur dogmatischen Begründung dieser Haftung die „Übernahme der Organwalterstellung in der Hauptversammlung“ heranzieht.¹⁰¹⁷ Diese Organwalterhaftung soll nach Roses Ansicht subsidiär zur Anfechtungsklage greifen und somit nur die Fälle erfassen, bei denen eine Aufhebung des Beschlusses den Schadenseintritt nicht mehr verhindern kann.¹⁰¹⁸ Unabhängig von der konkreten dogmatischen Begründung ist bei der Bestimmung des Pflichtenmaßstabes des Vertreters dafür zu sorgen, dass durch eine derartige Haftung nicht das generell bestehende Risiko einer in die Zukunft gerichteten Entscheidung auf den Stimmrechtsvertreter überlagert wird, so dass der Aktionär plötzlich von den Chancen der Aktieninhaberschaft profitiert, andererseits aber von diesem, der wirtschaftlichen Tätigkeit immanenten Risiko befreit ist.¹⁰¹⁹ Ist dies gewährleistet, ist der Stimmrechtsvertreter durch diesen nur eingeschränkten Freiraum bei der Stimmabgabe auf das Aktionärsinteresse verpflichtet, so stellt sich die Anreizstruktur für den Stimmrechtsvertreter aufgrund der drohenden Haftung ähnlich wie diejenige des selbst abstimmenden Aktionärs dar.¹⁰²⁰ Zwar kann dem Vertreter keine Haftung für eine Kursverschlechterung aufgebürdet werden, aber zumindest bei Verstößen gegen das Aktionärsinteresse drohen dem Stimmrechtsvertreter Schadensersatzansprüche. Über das zwischen Vertretenem und Vertreter bestehende Vertragsverhältnis und das damit ver Rose, Stimmrechtsvertretung.  Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 271.  Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 239.  Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 239 f. („Kontrollmechanismus ist bei der Ausübung durch einen selbständig handelnden Vertreter gestört“), S. 242, 247.  Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 247.  Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 255.  So auch Henssler, ZHR 157 (1993), 91, 124; Tuerks, Proxy, S. 14. Zur näheren Konturierung der Pflichten des Stimmrechtsvertreters in diesem Zusammenhang vgl. Rose, Stimmrechtsvertretung, S. 249 – 255.  So auch Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 97.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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bundene Haftungsrecht wird die Anreizstruktur des Aktionärs gleichsam zum Stimmrechtsvertreter „weitertransportiert“.¹⁰²¹ Diesen „Transport“ der Anreizstruktur sieht das Gesetz zumindest bei Kreditinstituten und geschäftsmäßigen Stimmrechtsvertretern als so elementar an, dass es in § 135 Abs. 9 AktG eine vorherige Abbedingung von Schadensersatzpflichten ausschließt. Dadurch wird gewährleistet, dass sich diese Stimmrechtsvertreter der Gefahr des Vermögensverlustes nicht entziehen können. Allerdings sind Haftungsfälle in der Praxis aufgrund von Beweisschwierigkeiten äußerst selten.¹⁰²² Zudem treten bei der Schadensberechnung erhebliche Probleme auf,¹⁰²³ so dass das Haftungsrecht nur bedingt geeignet ist, eine Stimmrechtsausübung entgegen den Interessen des Aktionärs zu verhindern.

cc) Eigenpositionen als Korrektiv? In eine ähnliche Richtung geht eine Lösung, die sich im Rechtsvergleich auftut. Während der beschriebene prozedurale Mechanismus eine Ausübung des Stimmrechts durch den Aktionär selbst befördert und auf dessen eigene Beurteilung setzt, funktioniert die Rückbindung durch das Haftungsrecht, indem eine Anreizstruktur geschaffen wird, die möglichst weitgehend derjenigen des Aktionärs entspricht. Frankreich setzt diese Erkenntnis im Hinblick auf die Stimmrechtsvertretung weitergehend um. Während in den USA den Banken durch den Bank Holding Company Act von 1956 eine Eigenbeteiligung an den Unternehmen, in denen sie abstimmen, verboten bzw. nur als passives Investment bis zu fünf Prozent erlaubt ist,¹⁰²⁴ und auch in Deutschland eine derartige Eigenbeteiligung als problematisch

 Auch Reuter, ZGR 1978, 633, 641, sowie Fleck, in: FS Fischer, S. 107, 120, 128, meinen, dass es unerlässlich ist, die Einheit von Entscheidungsmacht und Verantwortlichkeit in der Gesellschaft zu wahren. Eine Ausnahme wollen sie nur anerkennen, wenn das Rechtsverhältnis, das dem Dritten den Einfluss vermittelt, die Nachteile in dessen eigene Sphäre „weitertransportiert“. Sie beziehen sich dabei allerdings nicht direkt auf die Stimmrechtsvertretung, sondern auf die Ausübung des Stimmrechts durch einen Treuhänder, der Inhaber der Aktie ist. Allerdings gelten insoweit ähnliche Überlegungen wie auch bei den Fällen geteilter Trägerschaft, siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 78.  Siehe Behnke, NZG 2000, 665, 666.  Siehe zu den Problemen der Schadensberechnung bei Stimmrechtsausübung, die nicht im Interesse des Aktionärs liegt noch unten unter Teil 5, II.2.  Siehe Roe, in: Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Unternehmensrechts, S. 333, 343 – 347, 350 f., der argumentiert, dass dies den Banken eher einen Anreiz genommen hätte, das Management im Sinne der Aktionäre zu überwachen. Siehe auch Tuerks, Proxy, S. 154.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

angesehen wird,¹⁰²⁵ ist in Frankreich generell nur die Stimmrechtsvertretung durch andere Aktionäre, seien sie Privatpersonen oder Banken, möglich.¹⁰²⁶ Ratio ist der möglichst weitgehende Ausschluss gesellschaftsfremder Personen aus der Hauptversammlung.¹⁰²⁷ Daneben ist auch die Bevollmächtigung eines Ehegatten zulässig¹⁰²⁸ wobei, wie auch im Rahmen des § 135 AktG, das Näheverhältnis als hinreichendes Indiz dafür angesehen wird, dass ein Abstimmen im Interesse des Vertretenen stattfindet. Die zwingend vorgesehene Eigenbeteiligung kann man auch als Beitrag zu einer Anreizstruktur sehen, die zu einer Stimmrechtsausübung möglichst nah am Aktionärsinteresse führt.¹⁰²⁹ Eine derartige Einschränkung der Wahlfreiheit der Privatautonomie der Aktionäre einer Gesellschaft bei der Auswahl der Person des Vertretenen ist auch in Deutschland durch eine entsprechende Satzungsbestimmung möglich; die Zulässigkeit einer derartigen Bestimmung ist allerdings nicht unumstritten.¹⁰³⁰ Eine ähnliche Regelung, die ebenfalls auf das Eigeninteresse des Stimmrechtsvertreters setzt, findet sich im Recht des Bundesstaates Delaware. Entgegen der Regelung im deutschen Recht ist hier ist eine unwiderrufliche Vollmacht möglich; dies allerdings nur mit der Maßgabe, dass auch der Bevollmächtigte ein irgendwie geartetes finanzielles Interesse an der Entwicklung der Gesellschaft hat.¹⁰³¹ Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um ein Interesse an den Aktien

 Siehe zu den möglichen Interessenkonflikten Körber, Stimmrechtsvertretung, S. 65 – 67; Tuerks, Proxy, S. 204– 206. Allerdings ist im Rahmen der Diskussion um die Einführung der oben angesprochenen 5 %-Schwelle in § 135 AktG diese Regelung auch kritisiert worden, da bei wachsender Eigenbeteiligung der Banken die Interessen von Aktionären und Bank sich zunehmend annähern. Siehe dazu m.w.N. und auch mit Hinweis auf die ordnungspolitischen Zwecksetzung der Schwelle, die zu einem Abbau der für die „Deutschland AG“ typischen Querbeteiligungen führen sollte und wohl auch geführt hat, Tuerks, Proxy, S. 59 – 64.  Vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 96 sowie § 135 Rn. 16.  Behnke, NZG 2000, 665, 667.  Vgl. Hohn Abad, Stimmrechtsvertretung, S. 62; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 135 Rn. 16.  Hinsichtlich der Situation in Deutschland folgert Roe, in: Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Unternehmensrechts, S. 333, 350 f., dass die Banken durch die Aktien, die sie für andere Aktionäre verwahren, nicht zu einer effektiven Überwachung der Gesellschaften angehalten werden, da sie dadurch nichts verdienen, demgegenüber aber der Eigenanteil die Banken zur Überwachung motiviert.  Die Möglichkeit einer Beschränkung auf die Bevollmächtigung anderer Mitaktionäre sehen beispielsweise Pluta, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 134 Rn. 31 sowie Hüffer, AktG, § 134 Rn. 25, als zulässig an. Dies wird von Zöllner, in: KöKo AktG, § 134 Rn. 76 sowie dem OLG Stuttgart AG 1991, 69, anders beurteilt.  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 161 (2009).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

233

selbst handeln, sondern es genügt ein irgendwie geartetes Interesse an der Gesellschaft.¹⁰³²

d) Abgleich mit dem empty voting aa) Stimmrechtsvertretung und Anreizwirkung Die Situation eines Stimmrechtsvertreters ist wiederum mit den risikoentleerten Stimmrechten vergleichbar. In beiden Fällen wird Stimmmacht ausgeübt, die nicht mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Risiko korrespondiert. Insofern besteht ein Anreiz, das Stimmrecht zur Verfolgung von gesellschaftsfremden Interessen auszuüben.¹⁰³³ Denn der Stimmrechtsvertreter hat grundsätzlich keinen Anreiz, im Interesse der Aktionäre abzustimmen, da er nicht von den Aktienerträgen profitiert. Sein Anreiz, das Stimmrecht im Interesse der Aktionäre auszuüben besteht nur insoweit, dass er befürchten muss, keine Vollmacht mehr zu erhalten bzw. Schadensersatz leisten zu müssen.

bb) Rechtliche Bewertung Das Gesetz sieht verschiedene Mechanismen vor, die sicherstellen sollen, dass Stimmrechtsvertreter im Interesse der bevollmächtigenden Aktionäre handeln. Wettbewerb auf dem Markt für Stimmrechtsvertreter soll eine Optimierung der Vorschläge im Interesse der Vollmacht erteilenden Aktionären gewährleisten. Grundsätzlich hat der Aktionär Wahlfreiheit und kann den Vertreter bevollmächtigen, der ihm am besten geeignet erscheint, seine Interessen zu wahren. Allerdings sind die dort tätigen Akteure nicht frei von Interessenkonflikten, weshalb das Aktiengesetz diese Wahlfreiheit nicht als ausreichend erachtet und verschiedene Regelungen kennt, die dafür sorgen sollen, dass die Interessen der Aktionäre voll zur Geltung kommen. Dies geschieht zum einen durch eine um-

 Siehe Del. Code Ann. tit. 8 § 212 (e) („A duly executed proxy shall be irrevocalbe if it states that it is irrevocable and if, and only as long as, it is coupled with an interest sufficient in law to support an irrevocable power. A proxy may be made irrevocable regardless of whether the interest with which it is coupled is an interest in the stock itself or an interest in the corporation generally“). Dies kann allerdings beispielsweise bei Fremdkapitalgebern schwierig sein, da diese möglicherweise eine konservative Geschäftspolitik befürworten, die eher risikoavers ist und nicht im Interesse der Aktionäre liegt.  Zur Vergleichbarkeit von Proxy-Contest nach amerikanischem Recht und empty voting siehe Monga 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 212– 13 (2006).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

fassende prozedurale Absicherung bei der geschäftsmäßigen Stimmrechtsvertretung, da in diesen Fällen die Interessenkonflikte besonders drängend sind. Die Stimmrechtsvertreter müssen den Aktionär über das geplante Abstimmungsverhalten sowie über bestehende Interessenkonflikte informieren; daneben besteht die Verpflichtung auf die Interessen des Aktionärs. Der Aktionär kann seine Vollmacht jederzeit widerrufen, so dass er bei nach seiner Meinung drohendem Missbrauch eine Stimmrechtsausübung durch den Vertreter verhindern kann. Daneben steht das Haftungsrecht, welches dafür sorgt, dass für den Stimmrechtsvertreter eine Anreizstruktur besteht, die mit derjenigen des Aktionärs vergleichbar ist. Auch wenn aufgrund von Beweisproblemen und Schwierigkeiten bei der Schadensberechnung die Anreizwirkung beschränkt ist, so droht zumindest theoretisch der Verlust von Vermögen. Eine gefahrlose, also risikoentleerte Stimmrechtsausübung durch den Stimmrechtsvertreter kennt das deutsche Recht folglich nicht. Eine Möglichkeit, der zwischen Stellvertreter und bevollmächtigenden Aktionären bestehenden Interessendivergenz entgegenzuwirken, kann eine Eigenbeteiligung des Bevollmächtigten sein. Dies ist Kreditinstituten in den USA verboten. Insoweit wird kritisiert, dass dies zu einer Verschlechterung der Anreize zur Überwachung führt. In Frankreich ist hingegen allgemein nur eine Bevollmächtigung eines anderen Aktionärs möglich. Die Reform der institutionellen Stimmrechtsvertretung durch das ARUG hat dazu geführt, dass deutsche Kreditinstitute auch bei einer nicht nur unwesentlichen Eigenbeteiligung als Stimmrechtsvertreter fungieren dürfen. Dies stellt einen Fortschritt dar, da dadurch zwar nicht die Interessenkonflikte der Banken aufgehoben werden, allerdings die Interessen der Banken sich mit steigender Eigenbeteiligung denen der vertretenen Aktionäre annähern. Im Vergleich zur Vertretungssituation können risikoentleerte Stimmrechte weitgehend ohne eine vergleichbare Bindung ausgeübt werden. Es gibt keinen prozeduralen Schutz der Interessen der anderen Aktionäre. Auch gibt es keinen Marktmechanismus, der einen Aktionär, der risikoentleerte Stimmrechte ausübt, sanktionieren würde. Dieser wäre ohnehin nur auf dem Markt für Wertpapierdarlehen möglich, bedürfte aber einer gesetzlichen Ausgestaltung, die momentan nicht besteht. Zudem ist eine Selektion durch einen Marktmechanismus schwerer möglich, wenn nur punktuell und nicht dauerhaft auf Entscheidungen der Unternehmung eingewirkt wird. Denn dann kann ein Aktionär, der sich zusätzliche Stimmmacht verschafft, nicht damit sanktioniert werden, dass er bei der nächsten Hauptversammlung keine Berücksichtigung findet. Wenn man das Haftungsrecht als hinreichendes Korrektiv erachten würde, so ist nur in seltenen Fällen transparent, dass risikoentleerte Stimmrechte ausgeübt werden (namentlich bei einem Verkauf nach dem Record Date), so dass eine wirksame Durchsetzung kaum

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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möglich erscheint, abgesehen von den ohnehin bestehenden Beweisschwierigkeiten. Andererseits unterliegen Aktionäre, die risikoentleerte Stimmrechte ausüben, nicht zwangsweise den typischen Interessenkonflikten, denen institutionelle Stimmrechtsvertreter unterliegen. Eine derartig umfassende Absicherung erschiene daher für sie nicht zwingend notwendig. Eine Möglichkeit, den Aktionär, der zusätzliche Stimmrechte risikoentleert ausübt, auf das Interesse der anderen Aktionäre festzulegen, wäre eine hinreichende, nicht risikoentleerte Eigenbeteiligung. Denn durch diese „normal“ gehaltene Position besteht weiterhin ein Interesse, nicht losgelöst von den Interessen der Gesellschaft abzustimmen.

3. Das Abspaltungsverbot Eine weitere rechtliche Regelung, die von ihrer Ratio auf die Fälle des empty voting passen würde, ist das Abspaltungsverbot.¹⁰³⁴ Es greift nicht direkt ein, da in den Fällen des empty voting gerade keine Aufspaltung des Mitgliedschaftsrechts stattfindet.¹⁰³⁵ Das Stimmrecht wird nicht separat übertragen, sondern entweder das Vollrecht zeitweise übertragen, wie im Fall des Aktiendarlehens, oder das wirtschaftliche Risiko wird durch gegenläufige Positionen aufgehoben. Gleichwohl ähneln sich die Fallgestaltungen, da der Aktionär, der risikoentleerte Stimmrechte ausübt, ebenso wenig von den wirtschaftlichen Folgen getroffen wird, wie ein Abstimmender, dem das Stimmrecht losgelöst von der Aktien abgetreten wurde. Somit kann aus dem Abspaltungsverbot gefolgert werden, dass eine Trennung von Herrschaft und Haftung nicht gewünscht ist und generell nicht möglich sein soll, da dies negative Effekte auf die Anreizstruktur der Beteiligten hat und eine Gefährdung der Willensbildung in der Aktiengesellschaft die Folge sein könnte. Durch die Einheit von Risiko und Stimmrecht wird demgegenüber gewährleistet, dass die Aktionäre eine „richtige“ Entscheidung treffen, d. h. eine Entscheidung mittels derer sie den Wert ihres Investments zu maximieren suchen.¹⁰³⁶ Für die Behandlung der risikoentleerten Stimmrechte lässt sich festhalten, dass die Wertung des Abspaltungsverbotes dafür spricht, eine Trennung von ökonomischen Folgen und Stimmrechtsausübung nicht zuzulassen.

 Fleischer, ZGR 2008, 185, 216. Siehe zu den verschiedenen Begründungsansätzen schon oben unter Teil 2, II.1.  So auch für das Wertpapierdarlehen Merkner/Sustmann, NZG 2010, 1170, 1173.  So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 612, der vom Erfordernis der „Selbstbetroffenheit“ spricht.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

4. Treuhandverhältnisse Ein weiterer dem empty voting vergleichbarer Fall sind Situationen, in denen das Eigentum bei einem Treuhänder liegt. In diesen Fällen ist der Treuhänder als Vollrechtsinhaber formeller Aktionär und damit stimmberechtigt,¹⁰³⁷ aber wiederum trägt ein anderer, nämlich der Treugeber, die wirtschaftlichen Folgen. Ähnlich wie beispielsweise beim Wertpapierdarlehen wird in der der Treugutübertragung zugrundeliegenden Abrede der Anteilsbesitz wirtschaftlich dem Treugeber zugeordnet.¹⁰³⁸ In dieser Situation stellt sich die Frage, wer stimmberechtigt ist und wie sich die Verhältnisse zwischen Treugeber und Treuhänder im Bezug auf das Stimmrecht gestalten. Dabei beschränkt sich die vorliegende Untersuchung auf die Fälle der sog. fiduziarischen Treuhand, bzw. der Vollrechtstreuhand.¹⁰³⁹

a) Forschungsstand aa) Treuhänder und Stimmrecht Dabei werden hinsichtlich des Stimmrechts des Treuhänders verschiedene Probleme diskutiert. Zum einen die Zulässigkeit von Weisungen des Treugebers, zum anderen die Frage, inwieweit dem Treugeber selbst ein Stimmrecht eingeräumt werden kann. Bei letzterer kann noch unterschieden werden, ob der Treugeber anstelle des Treuhänders ein Stimmrecht hat oder ob ihm möglicherweise auch zusätzlich zum Treuhänder ein Stimmrecht eingeräumt werden kann.

(1) Gebundenheit des Treuhänders gegenüber Weisungen des Treugebers Zwar ist generell umstritten, inwieweit sich ein Aktionär hinsichtlich seiner Stimmrechtsausübung binden kann. Bei Treuhandbeziehungen herrscht jedoch  Dass der Treuhänder Vollrechtsinhaber und damit zunächst Stimmrechtsinhaber wird, ist unstrittig, vgl. Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 85; Heider, in: MüKo AktG, § 8 Rn. 92; Hüffer, AktG, § 16 Rn. 7; Beuthien, ZGR 1974, 26, 78 sowie zur GmbH BGH NJW 1988, 1844.  Vgl. Armbrüster, Beteiligung, S. 194; Beuthien, ZGR 1974, 26, 29; BGH WM 1955, 372, 375; BGH WM 1959, 686, 687.  Siehe zur Definition K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1827. Außerdem Armbrüster, Beteiligung, S. 13 f. sowie für eine weitere Differenzierung nach dem Grad der Einbeziehung des Treugebers in die Gesellschaft S. 19 – 21. Einen weiteren Treuhandbegriff, der sich stärker am Innenverhältnis orientiert und im Besonderen auch andere geldwerte Positionen als Treugut in die Betrachtung einbezieht, verwendet Grundmann, Treuhand, S. 87– 132; allerdings bezieht er in seiner Untersuchung die Treuhand an Gesellschaftsanteilen nicht mit ein, vgl. S. 363.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Einigkeit, dass der Treuhänder sich gegenüber dem Treugeber hinsichtlich der Stimmabgabe binden kann.¹⁰⁴⁰ Auch über die Reichweite der Stimmbindung besteht weitgehend Einigkeit, dahingehend dass diese Bindung auch Beschlüsse über Satzungsänderungen erfasse. Da der Treugeber das wirtschaftliche Risiko der Beteiligung trägt und ihn somit als „materiellen Inhaber des Anteils“ auch die Folgen einer Satzungsänderung treffen, wird es als allgemein zulässig erachtet, dass der Treuhänder sich auch bei Abstimmungen über Satzungsänderungen den Weisungen des Treugebers unterwirft.¹⁰⁴¹ Wesentliches Argument für die Zulassung einer derartig weitreichenden Bindung gegenüber einem bei formeller Betrachtung „Außenstehenden“ ist, dass der Treugeber letzten Endes allein die wirtschaftlichen Folgen trägt.¹⁰⁴² Damit sei ein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot nicht gegeben. Denn dieses schütze den Willensbildungsprozess in der Gesellschaft und verhindere, dass Dritte im Rahmen der Abstimmung gesellschaftsfremde Interessen verfolgen können.¹⁰⁴³ Als „wirtschaftlicher Gesellschafter“ habe der Treugeber die Konsequenzen der Stimmrechtsausübung ebenso zu tragen wie die übrigen Gesellschafter, so dass die Verfolgung fremder Interessen hier nur in demselben Maß drohe, wie auch bei anderen Gesellschaftern.¹⁰⁴⁴ Demzufolge sei eine Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber zulässig und zwar hinsichtlich aller Abstimmungsgegenstände.

(2) Eigenes Stimmrecht des Treugebers Dasselbe Argument wird darüber hinaus für die Zulässigkeit von noch weitergehenden Einwirkungsmöglichkeiten des Treugebers vorgebracht. So soll sich die Durchsetzung des Willens des Treugebers nicht auf Weisungen gegenüber dem Treuhänder beschränken, bei denen immer noch die Gefahr einer weisungswidrigen Abstimmung droht. Da eine Weisung keine Auswirkungen auf das Innenverhältnis der Gesellschaft hat, würde der Hauptversammlungsbeschluss somit entgegen den Interessen des wirtschaftlich Berechtigten getroffen.¹⁰⁴⁵  Siehe Henssler, AcP 196 (1996), 37, 79 (bezieht sich auf alle Gesellschaftsformen); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 853; Armbrüster, Beteiligung, S. 234, m.w.N. in Fn. 1063.  Zitat von Armbrüster, Beteiligung, S. 234. So auch Priester, in: FS Werner, S. 657, 672 f.; Schaub, DStR 1995, 1634, 1638 f. (beide jeweils zur GmbH); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 619.  Siehe Nachweise in Fn. 1038.  Armbrüster, Beteiligung, S. 235 f.  Armbrüster, Beteiligung, S. 236.  Siehe zur Unbeachtlichkeit von Verstößen des Treuhänders gegen die Weisungen des Treugebers sowie zur Frage, unter welchen Umständen ein Verstoß doch beachtlich sein kann Armbrüster, Beteiligung, S. 237– 241; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 85.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Um diese Situation zu verhindern, wird erwogen, dem Treugeber direkt ein Stimmrecht einzuräumen. Dabei wird danach differenziert, ob der Treugeber immer noch selbst Gesellschafter ist oder nicht. In letzterem Fall wird weiter gefragt, ob das Stimmrecht des Treugebers in diesem Fall das des Treuhänders verdrängt oder zusätzlich zu diesem besteht.

(a) Treugeber ist selbst Gesellschafter In den Fällen, in denen der Treugeber weiterhin Gesellschafter ist, also selbst noch eigene Aktien hält, wird die Übertragung des Stimmrechts vom Treuhänder auf den Treugeber als unproblematisch erachtet. Das wird damit begründet, dass das Abspaltungsverbot nicht betroffen sei, da Selbstverwaltung und Selbstverantwortung in der Gesellschaft gewahrt blieben; es handele sich lediglich um eine Verschiebung der Stimmgewichte, also einer Änderung der Stimmmacht.¹⁰⁴⁶ Auch wenn das Ergebnis überzeugt, so ist die Begründung doch ungenau. Denn es kommt eben nicht zu einer Verschiebung der Stimmmacht, deren Grundlage ja der Umfang der Kapitalbeteiligung an der Aktiengesellschaft ist, sondern es bleibt dabei, dass wirtschaftliche Folgen im selben Umfang getragen werden, wie das Stimmrecht ausgeübt wird. In Anbetracht der weitgehenden Verwirklichung des Proportionalitätsprinzips im deutschen Aktienrecht kann eine derartige Einräumung des Stimmrechts an den Treugeber nur deswegen möglich sein, weil dadurch die vom Proportionalitätsprinzip gestellte Forderung nach Gleichlauf von Kapitaleinsatz und Stimmmacht erfüllt wird.¹⁰⁴⁷

(b) Treugeber ist selbst kein Gesellschafter Auch wenn der Treugeber außenstehender Dritter ist und keine eigenen Anteile mehr hält, wird teilweise angenommen, dass ihm das Stimmrecht übertragen bzw. sogar ein zusätzliches eingeräumt werden kann.

 Armbrüster, Beteiligung, S. 276; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 151 f. (zur GmbH und den Personengesellschaften); Fleck, in: FS Fischer, S 107, 127 (zur GmbH).  Siehe zum Proportionalitätsprinzip und seinen Ausprägungen und normativen Implikationen oben unter Teil 4, II.1.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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(aa) Übertragung des Stimmrechts des Treuhänders Einerseits wird eine Übertragung des Stimmrechts vom Treuhänder auf den Treugeber diskutiert. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage für GmbH-Anteile offen gelassen.¹⁰⁴⁸ Die Literatur ist sich uneinig. Teilweise wird eine Stimmrechtsübertragung mit dem Hinweis auf das Fortbestehen der Abspaltung nach Beendigung des Treuhandverhältnisses als unzulässig erachtet. Außerdem sei das Stimmrecht durch die Mitgliedschaft allein legitimiert, da es das „politische Recht der Mitglieder eines Personenzusammenschlusses“ sei.¹⁰⁴⁹ Die Gegenansicht betont demgegenüber, dass der „Treugeber der wahre Träger des wirtschaftlichen Interesses und des Risikos aus der Beteiligung ist“, so dass auch hier die Gefährdungslage, welcher das Abspaltungsverbot begegnen wolle, nicht gegeben sei.¹⁰⁵⁰ Betont wird erneut, dass in diesem Fall Mitverwaltungsrecht und wirtschaftliches Risiko wieder zusammengeführt werden und gerade nicht auseinanderfallen, obwohl eine Person, die formell nicht Gesellschafter ist, ein Gesellschafterrecht ausüben kann.

(bb) Zusätzliches Stimmrecht des Treugebers Teilweise wird das Argument des „wirtschaftlichen Gesellschafters“ als Grundlage für eine noch weitergehende Beteiligung des Treugebers herangezogen. So vertritt Armbrüster, die Einräumung eines zusätzlichen Stimmrechts an den Treugeber müsse möglich sein.¹⁰⁵¹ Durch dieses Stimmrecht sei gewährleistet, dass der Treugeber direkt Einfluss nehmen kann.¹⁰⁵² Dazu könne dies ausgleichend wirken, wenn der Treuhänder weisungswidrig abstimme.¹⁰⁵³ Ansonsten sei kein Grund ersichtlich, warum die Gesellschafter im Rahmen ihrer Privatautonomie nicht ein derartiges zusätzliches Stimmrecht schaffen können sollen.¹⁰⁵⁴

 BGH WM 1976 1247, 1250. Das Gericht argumentiert, dass selbst bei einer Unwirksamkeit einer derartigen Übertragung eine Umdeutung in eine unwiderrufliche Vollmacht möglich sei, da bei einem Treuhandverhältnis jederzeit durch ordentliche Kündigung Stimmrecht und Mitgliedschaft wieder in einer Hand vereint werden können.  Beuthien, ZGR 1974, 26, 82.  Armbrüster, Beteiligung, S. 290.  Armbrüster, Beteiligung, S. 282, 292 f. Ähnlich auch Fleck, in: FS Fischer, S. 107, 113.  Armbrüster, Beteiligung, S. 286. Die folgenden Argumente beziehen sich auf die Personengesellschaften, allerdings sieht Armbrüster keine Gründe, diese Argumentation nicht auch auf die Kapitalgesellschaften zu übertragen, siehe S. 292.  Armbrüster, Beteiligung, S. 286.  Armbrüster, Beteiligung, S. 287 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Diese Argumentation erscheint für die Personengesellschaften zumindest zweifelhaft, für die Aktiengesellschaft kann sie dagegen schlicht nicht gelten. So mag man mit dem Argument der wirtschaftlichen Eigentümerstellung des Treugebers die Einschränkung, dass Dritten kein Stimmrecht eingeräumt werden sollte, überwinden. Der Verweis auf die Privatautonomie greift im Aktienrecht jedoch nicht durch, denn diese ist hier durch die Satzungsstrenge eingeschränkt. Hierdurch ist genau vorgegeben, unter welchen Voraussetzungen die Stimmmacht innerhalb der Aktiengesellschaft geändert werden kann; nämlich nur durch die Einführung stimmrechtsloser Vorzugsaktien; eine andere Möglichkeit sieht das Aktiengesetz nicht vor.¹⁰⁵⁵ Würde man ein zusätzliches Stimmrecht für den Treuhänder zulassen, so könnte man darüber letzten Endes wieder das Institut der Mehrstimmaktie, also der überproportionalen Stimmmacht eines einzelnen Aktionärs einführen; dies verbietet jedoch § 12 Abs. 2 AktG explizit.

bb) Haftung des Treuhänders bei Stimmrechtsausübung entgegen den Interessen des Treugebers Neben diesen Arrangements haftet der Treuhänder aufgrund seiner Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Treugeber für Missbrauch des Stimmrechts, also für eine Ausübung entgegen den Interessen des Treugebers. Ähnlich wie auch schon im Rahmen der Stimmrechtsvertretung festgestellt, liefert das Haftungsrecht auch hier einen Anreiz, der den Treuhänder dazu veranlassen soll, im Interesse des Treugebers und damit der Gesellschaft abzustimmen und nicht seine eigenen Interessen zu verfolgen. Die Berücksichtigung der Interessen des Treugebers wird durch die Haftung abgesichert, die Anreizstruktur durch die schuldrechtliche Haftung des Treuhänders „weitertransportiert“. Allerdings bestehen auch hier die erwähnten Schwierigkeiten beim Beweis einer Pflichtverletzung und dem Schadensnachweis.

b) Abgleich mit dem empty voting Die Position desjenigen, der als Treuhänder abstimmt und desjenigen, der risikoentleerte Stimmrechte ausübt scheint auf den ersten Blick vergleichbar. Beide stimmen ab ohne die wirtschaftlichen Folgen ihres Abstimmungsverhaltens zu tragen.

 Siehe zum Proportionalitätsprinzip und dessen rechtlicher Verwirklichung oben unter Teil 4, II.1.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

241

Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch einige Unterschiede. Zum einen haben Wissenschaft und Rechtsprechung umfassende Regeln für die Fälle entwickelt, in denen der Treuhänder für den Treugeber abstimmt. Er unterliegt umfassend den Weisungen des Treugebers, der die wirtschaftlichen Folgen trägt. Zudem ist die Stimmrechtsausübung durch die Pflichten des Treuhänders und eine mögliche Haftung beschränkt. Zuletzt kann sich der Aktionär den Treuhänder wiederum frei aussuchen, so dass bereits durch diese Auswahl sein Schutz gewährleistet ist. Die zur Einräumung von Mitwirkungsrechten entwickelten Ausnahmen und diskutierten Durchbrechungen des Abspaltungsverbots betonen alle, dass der Treugeber der „wirtschaftliche Eigentümer“ der Aktie sei. Dies unterstreicht die Bedeutung, die das Gesetz dem Gleichlauf von Mitgestaltungsrechten und wirtschaftlichem Risiko beimisst. Die von manchen Autoren vorgeschlagenen zusätzlichen Befugnisse für den Treugeber, der beispielsweise auch als Außenstehender ein Stimmrecht eingeräumt bekommen können soll, dienen zur Verwirklichung dieser Einheit und damit der Durchsetzung der Ratio des Abspaltungsverbots. Diese Situation ist bei den risikoentleerten Stimmrechten demgegenüber nicht gegeben. Bei diesen liegt eine Trennung von wirtschaftlichem Eigentum und Stimmberechtigung vor. Die Wertung der Behandlung der Treuhandverhältnisse zeigt erneut eine Tendenz, dass eine Trennung von wirtschaftlichem Risiko und Stimmberechtigung nicht mit den Wertungen des deutschen Aktienrechts vereinbar ist.

5. Bestehen beschränkt dinglicher Rechte an der Aktie – Nießbrauch und Pfandrecht Ein weiterer vergleichbarer Fall ist das Bestehen eines beschränkt dinglichen Rechts, namentlich Pfandrecht und Nießbrauch. Hier wird nicht das Vollrecht übertragen, sondern die einzelnen Rechtsgehalte der Aktie sind verschiedenen Personen zugeordnet.¹⁰⁵⁶ Wiederum steht zur Diskussion, wer letzten Endes Inhaber des Stimmrechts sein soll. Zunächst soll auf das Pfandrecht eingegangen werden, danach auf den Nießbrauch.

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 79; Schön, ZHR 158 (1994), 229, 234.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

a) Stimmrecht beim Pfandrecht Aktien können nach allgemeiner Meinung mit einem Pfandrecht belastet werden.¹⁰⁵⁷ Die Frage nach der Stimmrechtszuordnung ist hier weitgehend unstrittig. Es wird fast einhellig vertreten, dass das Stimmrecht nicht dem Pfandrechtsgläubiger zugeordnet wird, sondern weiterhin dem Aktionär zusteht. Dafür kann einmal darauf verwiesen werden, dass durchsetzbare Rechte des Pfandrechtsgläubigers ohnehin erst mit Pfandreife entstehen und deshalb kein Grund besteht, diesem schon davor ein Recht aus der Aktie einzuräumen.¹⁰⁵⁸ Zwar hat der Pfandrechtsgläubiger ein Interesse daran, dass sich der Wert der Aktie nicht verringert, damit der Wert seines Sicherungsgutes erhalten bleibt und er sich bei Nichterfüllung der besicherten Forderung aus der Aktie so weit wie möglich befriedigen kann. Gegen ein schädliches Stimmverhalten kann sich der Pfandrechtsgläubiger dann allerdings mittels eines Abwehranspruchs aus §§ 1227 i.V.m. 1004, 1275 f., 1286 BGB schützen.¹⁰⁵⁹ Ein solches Stimmverhalten des Pfandrechtsschuldners ist indes nicht zu erwarten, weil dieser bei Nichteintritt des Sicherungsfalles Eigentümer bleibt und bei Eintritt des Sicherungsfalles ein Interesse daran hat, dass die Aktie werthaltig ist, so dass der gesicherte Anspruch möglichst weitgehend befriedigt wird und ihn eine möglichst geringe Restforderung trifft. Außerdem stehen ihm weiterhin die mit der Aktieninhaberschaft verbundenen Vorteile zu. Er trägt weiterhin das aktientypische Risiko. Seine Anreizstruktur entspricht also der vom Gesetz vorgesehenen. Eine Abstimmung im Sinne einer Wertsteigerung liegt damit in seinem Interesse. Ein dem empty voting vergleichbares Auseinanderfallen von Stimmrecht und Risiko ist somit nicht gegeben. Relevant ist insofern aber, dass die Zuordnung des Stimmrechts an denjenigen erfolgt, der auch die Risiken trägt und daher den besten Anreiz zur „richtigen“ Stimmrechtsausübung hat.

b) Stimmrecht beim Nießbrauch aa) Forschungsstand (1) Grundkonflikt zwischen Nießbrauchsberechtigtem und Aktionär Die Rechtslage beim Nießbrauch ist schwieriger zu beurteilen und so ist umstritten, wem das Recht auf Mitverwaltung zuzuordnen ist und zwar in fast allen

 Siehe Armbrüster, Beteiligung, S. 25; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 80.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 80; Hüffer, AktG, § 16 Rn. 7; Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 428.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 134 Rn. 80.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Punkten.¹⁰⁶⁰ Schon der Gesetzgeber des BGB hat bewusst auf eine Regelung der Zuweisung des Stimmrechts bei einem an Aktien bestehenden Nießbrauch verzichtet.¹⁰⁶¹ Ebenso hat der europäische Normgeber hinsichtlich der Societas Europae die Frage offen gelassen.¹⁰⁶² Vor dem Hintergrund der Prämisse, dass Stimmrecht und aktientypisches Risiko nicht getrennt werden sollen, verwundert es nicht, dass der Streit um die Zuordnung des Stimmrechts eng mit der Frage, in welchem Ausmaß der Nießbraucher Anteil an den Vermögensrechten hat, verknüpft ist. Je nach dem, wem und in welchem Maße diese zugeordnet sind, soll entschieden werden, wer stimmberechtigt ist.¹⁰⁶³ Der Grundkonflikt besteht dabei darin, dass der Eigentümer der Aktien in der Zeit, in der der Nießbrauch bestellt ist, nicht von einer Ausschüttung der Gewinne profitiert. Der Eigentümer will nicht ausschütten, denn je weniger ausgeschüttet wird, desto mehr wird thesauriert und dadurch steigt der Wert des Unternehmens und somit auch der Wert der Mitgliedschaft.¹⁰⁶⁴ Der Nießbraucher hingegen hat gerade Interesse an einer hohen Ausschüttung, weil diese durch das Nießbrauchsrecht ihm zugewiesen ist. Der zukünftige Wert der Unternehmung ist für ihn nachrangig.

(2) Angemessene Zuordnung des Stimmrechts Um diesen Interessengegensatz zumindest zu entschärfen, wird teilweise vorgeschlagen, den Nießbraucher weitergehend als generell angenommen auch an den Gewinnen des Unternehmens, die thesauriert und reinvestiert werden, zu beteiligen.¹⁰⁶⁵ Dann soll das Stimmrecht Aktionär und Nießbraucher gemeinsam zustehen, im Falle eines Dissenses entfiele allerdings das Stimmrecht.¹⁰⁶⁶ Auch ohne die weitergehende Beteiligung des Nießbrauchers an den thesaurierten und in-

 Siehe Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 408 f.  Vgl. Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 409; Schön, ZHR 158 (1994), 229, 232, m.w.N.  Schön, ZHR 158 (1994), 229, 232.  Schön, ZHR 158 (1994), 229, 258.  Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 410; Schön, ZHR 158 (1994), 229, 259.  Schön, ZHR 158 (1994), 229, 242 („Die von der h.M. befürwortete Begrenzung der vermögensmäßigen Beteiligung des Nießbrauchers auf entnahmefähige Beträge ist schließlich das Haupthindernis einer sinnvollen Abstimmung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungs- und Vermögensrechte. […] Eine Beteiligung des Nießbrauchers an den nicht entnommenen Gewinnen der Gesellschaft und damit an der immanenten Wertsteigerung durch Thesaurierung und Reinvestition würde zu einer deutlichen Entschärfung dieses Interessengegensatzes führen.“).  Schön, ZHR 158 (1994), 229, 261 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

vestierten Gewinnen wird teilweise eine gemeinschaftliche Ausübung des Stimmrechts befürwortet.¹⁰⁶⁷ Teilweise wird angenommen, man könne nach der Art der Abstimmung differenzieren und das Stimmrecht aufspalten. Ist eine Frage der Nutzung und Verwaltung Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses, so soll der Nießbraucher berechtigt sein, bei allen übrigen Fragen der Aktionär selbst.¹⁰⁶⁸ Auch damit ist bezweckt, jeweils demjenigen das Stimmrecht zuzuordnen, der das wesentliche Interesse an der Abstimmung hat. Von Nutzung und Verwaltung profitiert der Nießbraucher, in den restlichen Fällen ist die Substanz betroffen, die weiterhin dem Aktionär, also dem Nießbrauchbesteller, zugeordnet ist. Die herrschende Meinung verfährt anders und spricht allein dem Aktionär und nicht dem Nießbraucher das Stimmrecht zu.¹⁰⁶⁹ Begründet wird dies mit der Zugehörigkeit des Stimmrechts zur Mitgliedschaft und dem Argument, die von der Mindermeinung vorgeschlagene Unterscheidung von solchen Entscheidungen, die die Substanz betreffen, und solchen Entscheidungen, die nicht die Substanz betreffen, sei praktisch nicht möglich. Der Konflikt zwischen Nießbraucher und Aktionär wird dann dadurch ausgeräumt, dass ersterem ein Mitverwaltungsrecht eingeräumt wird. Im Innenverhältnis ist der Aktionär verpflichtet dergestalt abzustimmen, dass der Nießbraucher eine angemessene Dividende erhält.¹⁰⁷⁰

bb) Abgleich mit dem empty voting Der Streit um die angemessene Zuordnung des Stimmrechts beim Nießbrauch muss hier nicht entschieden werden. Entscheidend und von Bedeutung sind die Argumentationsmuster, die beide Seiten bemühen. Alle Diskussionsbeiträge postulieren, wenn auch mit verschiedenen Ansätzen, das Interesse des Aktionärs und des Nießbrauchers dergestalt zu harmonisieren, dass eine für beide Seiten und damit auch für die Aktiengesellschaft interessengerechte Stimmrechtsausübung gewährleistet ist. Ob dies nun durch die Zuordnung des wirtschaftlichen Interesses geschieht, bei der dann die gemeinsame Stimmrechtsausübung erleichtert wird, oder ob der Aktionär allein maßgeblich ist, und im Innenverhältnis Bindungen an das Interesse des Nießbrauchers unterliegt, spielt keine Rolle.

 So Zöllner, in: KöKo AktG, § 134 Rn. 15.  KG OLGE 37, 8, 9; Ulmer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 99; Fleck, in: FS Fischer, S. 107.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 81; Heider, in: MüKo AktG, § 12 Rn. 7; Frank, in: Staudinger, Anh. zu § 1068 ff. Rn. 121; Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 413 – 415.  Frank, in: Staudinger, Anh. zu § 1068 ff. Rn. 122.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Entscheidend geht es wieder darum, Stimmrecht und Interesse zu harmonisieren und somit die Stimmrechtsausübung im Interesse einer Wertsteigerung der Gesellschaft zu gewährleisten. Wiederum soll ein Auseinanderfallen vermieden werden. Hinsichtlich der risikoentleerten Stimmrechte lässt sich somit feststellen, dass die in diesem Fall vorliegende Trennung nicht mit den Wertungen des deutschen Aktienrechts vereinbar ist.

6. Stimmbindungsverträge Eine weitere Situation, in der sich ein Aktionär seiner eigenen Entscheidungsfreiheit begibt, sind Stimmbindungsverträge. In diesen Fällen droht ebenfalls eine Einflussnahme von gesellschaftsfremden Dritten, ähnlich wie bei den risikoentleerten Stimmrechten, wenn eine vollständig neutrale Interessenbilanz besteht. Bei Stimmbindungsverträgen unter Aktionären kommt es hingegen zu einer Verschiebung der Stimmmacht innerhalb der Gesellschaft.

a) Forschungsstand aa) Allgemeine Zulässigkeit, Formen, Zweck und Reichweite Stimmbindungsverträge sind schon seit geraumer Zeit Gegenstand rechtswissenschaftlicher Diskussion.¹⁰⁷¹ Zweck von Stimmbindungsvereinbarungen ist eine teilweise Übertragung der durch das Stimmrecht vermittelten privatautonomen Gestaltungsmacht.¹⁰⁷² Stimmbindungsvereinbarungen kommen vornehmlich in drei Formen vor, nämlich dem Stimmrechtskonsortium¹⁰⁷³, das mehrere Mitglieder erfasst, der Stimmvereinbarung zwischen zwei Aktionären sowie den Nebenabreden bei Stimmbindungsverträgen.¹⁰⁷⁴ Bezweckt wird in Publikumsaktiengesellschaften vornehmlich die Durchsetzung der gleichgerichteten Ziele einer bestimmten Anlegergruppe, beispielsweise eine bestimmte Dividendenpolitik von institutionellen Anlegern.¹⁰⁷⁵

 Siehe nur Jürgensen, Stimmbindungsverträge; Frantz, Bindung; Dietz, Stimmrechtsbindung.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 4.  Siehe dazu ausführlich Odersky, in: FS Lutter, S. 557 ff.  Siehe zur Kategorisierung Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 69. Ausführlich zu den verschiedenen Erscheinungesfornen Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 32– 46.  Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 38. Das Beispiel zeigt wiederum, dass es in der Aktiengesellschaft durchaus verschiedene Interessen unter den Anlegergruppen geben kann,

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Eine Teilregelung hinsichtlich derartiger Vereinbarungen fand bei der Aktienrechtsreform 1965 Eingang in das Aktiengesetz: in § 136 Abs. 2 AktG werden Stimmrechtsvereinbarungen, die mit der Verwaltung geschlossen werden, sowie solche, in denen sich ein Aktionär verpflichtet, nach den Vorschlägen der Verwaltung zu stimmen, für nichtig erklärt.¹⁰⁷⁶ Es handelt sich um eine Ergänzung der Ordnungswidrigkeitentatbestände, die sich in § 405 Abs. 3 AktG über den Stimmenkauf und die entgeltliche Leihe von Aktien finden, die zusammen die Grenzen von Stimmbindung gegenüber Dritten statuieren.¹⁰⁷⁷ Innerhalb dieser Grenzen sind Stimmrechtsvereinbarungen somit zulässig. Dies entspricht der Situation in Großbritannien, Frankreich und den USA (Delaware). Auch in diesen Rechtsordnungen sind Stimmrechtsvereinbarungen zulässig.¹⁰⁷⁸ Vor dem Hintergrund des strikten Verbots der Abspaltung des Stimmrechts verwundert dies nicht unerheblich.¹⁰⁷⁹ Dennoch sind Stimmbindungsverträge allgemein anerkannt.¹⁰⁸⁰ Grund für die Zulässigkeit ist der Nutzen, der von Stimmvereinbarungen ausgeht. Sie ermöglichen eine Koordination des Aktionärsverhaltens und wirken damit dem Problem der rationalen Apathie¹⁰⁸¹ der einzelnen Aktionäre entgegen, da sie die dem Einzelnen im Normalfall so gering erscheinenden Erfolgsaussichten erhöhen.¹⁰⁸² Insoweit erweisen sie sich als nützliche Elemente zur Stabilisierung einer Aktionärsgruppe, die eine kontinuierliche Geschäftspolitik durchsetzen kann.

wie das genannte Interesse der institutionellen Anleger. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Aktionäre alle durch ihr Investment in der Aktiengesellschaft Geld verdienen wollen und sie somit alle durch dieses einigende Band verknüpft sind.  Die gesetzliche Regelung kodifizierte dabei die schon vorher herrschende Meinung, siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 7, m.w.N. in Fn. 7.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 7.  Siehe Winkler, Stimmrecht, S. 52– 54 (Frankreich), 70 – 72 (Großbritannien), zum amerikanischen Recht, Merkt/Göthel, Gesellschaftsrecht, S. 356 – 360.  So auch Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 150.  Allgemeine Meinung, siehe nur BGH ZIP 1983, 432, 433; BGH NJW 1983, 1910, 1911 und OLG Köln WM 1988, 974, 977 f. (alle zur GmbH). Aus der Literatur Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 71; Zöllner, in: KöKo AktG, § 136 Rn. 84, jeweils m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur.  Siehe zu diesem und seinen verschiedenen Ausprägungen oben unter Teil 2, II.2.  Siehe Ruffner, Grundlagen, S. 619 – 625, zu den positiven Auswirkungen von Aktionärskoalitionen auf das Kollektivhandlungsproblem siehe besonders S. 621; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 67. Zur Entwicklung der Diskussion um Stimmrechtsvereinbarungen in den Vereinigten Staaten siehe Karmel, Voting, S. 6 – 8. Dort waren Stimmrechtskonsortien zunächst verboten, wurden dann aber als nützliches Mittel zu Schaffung von Kontinuität besonders in kritischen Situationen wie Restrukturierungen, als zulässig anerkannt.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Daneben werden noch weitere Argumente vorgebracht, die den Unterschied zu einer Abspaltung des Stimmrechts deutlich machen sollen. Durch die Stimmrechtsvereinbarungen werde nur eine inter partes wirkende schuldrechtliche Bindung geschaffen, der Aktionär könne daher immer noch entgegen der Stimmrechtsvereinbarung abstimmen.¹⁰⁸³ Außerdem sei eine Bindung ohnehin nur innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Stimmrechtsgrenzen, namentlich der aktienrechtlichen Treupflichten, zulässig.¹⁰⁸⁴

bb) Schutzmechanismen Das Gesetz erkennt Stimmrechtsvereinbarungen so weitgehend an, weil der Aktionär sich selbst schützen kann. Der Schutzmechanismus funktioniert ähnlich wie bei der nicht gewerbsmäßigen Stimmrechtsvertretung. Bindet sich der Aktionär, so geschieht dies in einer Aushandlungssituation. Er kann sich seinen Vertragspartner aussuchen und ist nicht gezwungen, einen Stimmbindungsvertrag abzuschließen. Die Parteien einigen sich bei ihrer Stimmbindung auf einen gemeinsamen Zweck, den beide verfolgt sehen möchten. Dadurch, dass das Aktiengesetz in § 405 Abs. 3 konkret geldwerte Gegenleistungen ausschließt, ist gewährleistet, dass sich der Aktionär nicht für einen gesellschaftsfremden Vorteil binden lässt, sondern mit der Stimmbindung auch seinen eigenen Nutzen, dann allerdings innerhalb der Gesellschaft, verfolgt.¹⁰⁸⁵ Wird er hingegen mit wirtschaftlicher Macht in einen Vertrag gedrängt, den er nicht schließen will, so schützen ihn die Sicherungsmittel, die die allgemeine Rechtsgeschäftslehre bereitstellt, namentlich die Anfechtung oder die Nichtigkeit des Vertrages aufgrund von § 134 bzw. § 138 BGB. Durch diesen Mechanismus ist gesichert, dass der Aktionär sich nur dann bindet, wenn es auch seinem Interesse entspricht. Ein derartiges Interesse besteht regelmäßig an einer positiven Entwicklung des Unternehmenswerts. Aus diesem Grund überzeugt die zum Teil vertretene Ansicht, dass der Abschluss einer Stimmbindungsvereinbarung einer positiven Rechtfertigung be-

 Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 84; Priester, in: FS Werner, S. 657, 667.  Zöllner, in: KöKo AktG, § 136 Rn. 90; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 147.  Diesen Unterschied verkennt Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1353 (2000) wenn er sagt, dass im Falle des Verbots des Stimmenkaufs auch andere Schlupflöcher geschlossen werden müssten, wie Stimmrechtsvereinbarungen. Dagegen Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 817– 19 (2001). Ähnlich auch Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 802– 03 (1979).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

dürfe, nicht.¹⁰⁸⁶ Denn da durch den gesetzlichen Ausschluss der Vereinbarung bestimmter Gegenleistungen keine Gefahr mehr für die anderen Gesellschafter droht, kann die Lösung der Privatautonomie des Aktionärs überlassen werden, der sich nicht entgegen seinen eigenen Interessen binden wird. Allerdings ist umstritten, wie leicht sich der gebundene Aktionär wieder von der Bindung lösen kann, wenn der Vertrag unbefristet geschlossen wurde. Einerseits wird davon ausgegangen, es gäbe ein jederzeitiges Kündigungsrecht,¹⁰⁸⁷ andererseits wird nur ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund angenommen.¹⁰⁸⁸ Denn es sei nicht mit Sinn und Zweck einer derartigen Abrede vereinbar, dass sich jederzeit lösen könne. Es lässt sich festhalten, dass das Gesetz die Stimmbindung zulässt. Denn durch das Gefüge, in dem sie stattfindet, nämlich einer gleichberechtigten Verhandlungssituation, bei der die Vereinbarung geldwerter Gegenleistung für das Stimmrecht ausgeschlossen ist, wird eine angemessene Lösung gewährleistet. Der Aktionär wird sich nicht zum Schaden der Gesellschaft und der anderen Mitaktionäre verpflichten.

cc) Zulässiger Vertragspartner Eine interessante Differenzierung hinsichtlich der Zulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen wird anhand der Frage vorgenommen, ob die Stimmvereinbarung mit einem anderen Aktionär abgeschlossen wird, oder aber einem Außenstehenden Einfluss auf die Gesellschaft zugestanden wird. Generell wird eine Bindung der Aktionäre untereinander als unproblematisch angesehen.¹⁰⁸⁹ Eine Bindung an die Weisungen eines außenstehenden Dritten

 So Flume, Juristische Person, S. 243; Priester, in: FS Werner, S. 657, 672 (Verbot der Drittbindung bei Satzungsänderungen, außer wenn ausnahmsweise eine rechtfertigender Grund vorliegt), sowie K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 42.  Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 236; Zöllner, in: KöKo AktG, § 136 Rn. 86; Priester, in: FS Werner, S. 657, 671 (allerdings nur, wenn keine Fristen und keine Kündigungsfrist vereinbart wurden); Grundmann, in: Großkomm. AktG, §136 Rn. 97 (Herleitung des ordentlichen Kündigungsrechts aus § 138 BGB, gegen den eine langfristige Bindung verstoßen würde).  RG DR 1940, 244, 246; VG Düsseldorf, AG 1971, 339, 340 (für eine Vereinbarung zwischen Stadt und Gewerkschaften in einem kommunalen Unternehmen); Lübbert, Abstimmungsvereinbarungen, S. 143, m.w.N. in Fn. 202; Mertens, in: KöKo AktG, § 101 Rn. 19 (allerdings nur teilweise zustimmend).  BGH NJW 1983, 1910, 1911 (zur GmbH: „Gesellschafter können sich jederzeit außerhalb der Satzung ihren Mitgesellschaftern schuldrechtlich verpflichten, in der Gesellschafterversammlung in bestimmter Weise abzustimmen“); Flume, Juristische Person, S. 242; Priester, in: FS Werner, S. 657, 658. Empirisch scheinen die Stimmbindungen unter den Gesellschaftern deutlich

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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wird hingegen deutlich kritischer betrachtet. Hier sehen Teile der Literatur eine Bindung generell als unzulässig an.¹⁰⁹⁰ Demgegenüber will die Gegenansicht, die von der Rechtsprechung geteilt wird, danach unterscheiden, welchen Inhalts derartige Vereinbarungen sind und im Einzelfall entscheiden, ob sie zulässig sind.¹⁰⁹¹ Dies ist insofern überzeugend, als der Aktionär auch in diesen Fällen frei entscheiden kann, ob und unter welchen Umständen er kontrahiert. Hinzu kommt, dass der Gesellschafter ohnehin nicht außerhalb der Treupflichten abstimmen kann. Denn sollte ein außenstehender Dritter versuchen, zum Schaden der Aktiengesellschaft abzustimmen, dann wird dies von den Treubindungen erfasst sein. Dies kann auch durch eine verschärfte Kontrolle der Treupflichten erreicht werden, die gewährleistet, dass keine gesellschaftsfremden Ziele verfolgt werden.¹⁰⁹²

b) Abgleich mit dem empty voting Generell lassen sich zwei Konstellationen unterscheiden. Stimmbindungsvereinbarungen mit anderen Aktionären sind durchgängig zulässig. Erhöht also ein Aktionär seine Stimmmacht durch eine derartige Vereinbarung, so wird dies als unproblematisch erachtet. Zum einen wird vermutet, dass in diesen Fällen das Interesse der beiden Vertragsparteien gleichgerichtet ist und somit eine Missbrauchsgefahr nicht droht. Zum anderen kann der einzelne Aktionär eine Stimmbindung frei aushandeln und wird somit nur einer Lösung zustimmen, die auch seinen Interessen entspricht. Da das Gesetz verbietet, als Gegenleistung der Stimmbindung finanzielle Vorteile zu versprechen und sich versprechen zu lassen, besteht keine Gefahr, dass der Aktionär vom Vertragspartner monetär kompensiert wird und dieser dann mit Hilfe der erhöhten Stimmmacht private Vorteile ziehen kann. Die Tatsache, dass es sich um einen Aktionär als Vertragspartner handelt sowie die freie Aushandlung des Stimmbindungsvertrags indiziert also grundsätzlich die Richtigkeit auch der gebunden abgegebenen Stimmen. Unter diesen Umständen kann ein einzelner Aktionär disproportionale Stimmmacht erreichen. Diese Situation ist mit den Fällen, in denen ein Aktionär, der risikoentleert abstimmt, aber noch eine positive Interessenbilanz aufweist, vergleichbar. Auch

häufiger zu sein, als eine Stimmbindung gegenüber Außenstehenden, vgl. die Erhebung von Zutt, ZHR 155 (1991), 213, 214.  Flume, Juristische Person, S. 243; Hüffer, AktG, § 133 Rn. 27; Priester, in: FS Werner, S. 657, 672 (als Grundsatz für Satzungsänderungen); Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 11 f.  Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 181 f.; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 84.  Dafür Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 84.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

hier kann das noch bestehende wirtschaftliche Interesse gewährleisten, dass nicht entgegen dem Interesse der Mitaktionäre abgestimmt wird. Allerdings haben die Mitaktionäre bei den risikoentleerten Stimmrechten nicht die Möglichkeit, Einzelheiten der risikoentleerten Stimmrechtsausübung auszuhandeln. Zudem zahlt der Aktionär für die risikoentleerten Stimmrechte in Form des Darlehenszins oder der Derivategebühr einen Preis, so dass seine Anreizsituation nicht einem Aktionär vergleichbar ist, der erhöhte Stimmmacht aufgrund einer Stimmbindungsvereinbarung erlangt. Dennoch lässt sich festhalten, dass das deutsche Recht zur Verbesserung der Überwachung durch die Aktionäre die erhöhte Stimmmacht einzelner Aktionäre zulässt, wenn auch nur unter Einhaltung bestimmter Schutzmechanismen. Kritischer als Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Aktionären werden Vereinbarungen mit gesellschaftsfremden Dritten betrachtet. Auch hier ist der Aktionär nicht gezwungen, eine Vereinbarung zu akzeptieren, die nicht seinem Interesse entspricht. Auch in diesen Fällen darf kein geldwerter Vorteil für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten versprochen werden. Der gesellschaftsfremde Dritte hat jedoch in der Regel kein Interesse an einer positiven Wertentwicklung der Unternehmung, da er von einer solchen nicht profitiert. Insofern droht eine erhöhte Gefahr der Verfolgung von privaten Interessen. Dieser soll mit einer intensiveren Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung der flexiblen Stimmrechtsgrenzen, namentlich der Treupflichten, begegnet werden. Diese Konstellation ist mit der Situation vergleichbar, in der ein Aktionär risikoentleerte Stimmrechte ausübt, wobei seine Interessenbilanz neutral ist, er also kein verbleibendes wirtschaftliches Interesse an der Stimmgesellschaft hat. Sie zeigt, dass eine Einflussnahme von außen nicht in allen Fällen ausgeschlossen ist, zumindest wenn entsprechende Schutzmechanismen wirken. Anders als bei den Stimmbindungsvereinbarungen kommt es aber nicht zu einer Aushandlung und erneut muss der Aktionär mit den risikoentleerten Stimmrechten Geld in Form von Darlehenszins oder Derivategebühr für die Stimmrechte aufwenden. Somit spricht die Zulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen mit gesellschaftsfremden Dritten nicht für die Zulässigkeit von risikoentleerten Stimmrechten bei neutraler Interessenbilanz.

7. Stimmenkauf nach dem Recht von Delaware Nicht umsonst war einer der ersten Aufsätze, die sich intensiver mit der Problematik des empty voting auseinandersetzten mit „The New Vote Buying: empty

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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voting and hidden (morphable) ownership“ überschrieben.¹⁰⁹³ Generell wurde im Zusammenhang mit dem empty voting häufig das sog. „vote buying“ assoziiert.¹⁰⁹⁴ So verwundert es nicht, dass fast alle amerikanischen Aufsätze, die sich mit der Problematik befassen, als Ausgangspunkt die Diskussion um die Zulässigkeit des Stimmenkaufs im Gesellschaftsrecht nehmen und sich mit den dazu entwickelten Grundsätzen auseinandersetzen.¹⁰⁹⁵ Diese Diskussion knüpft an die oben beschriebene Interessenlage des abstimmenden Aktionärs an und verspricht Erkenntnisse für die Behandlung des empty voting. Denn wie beim empty voting übt auch derjenige, der eine Stimme kauft, mehr Einfluss in der Gesellschaft aus, als es seinem Kapitalanteil entspricht. Darüber hinaus muss auch er Geld für eine Stimme aufwenden, das er in irgendeiner Form wieder verdienen muss, so dass für ihn hinsichtlich der Verfolgung von privaten Vorteilen ein besonderer Anreiz besteht.¹⁰⁹⁶ Die Diskussion um den Stimmenkauf bewegt sich dabei zwischen der Furcht vor einer Verfolgung privater Vorteile auf der einen Seite und der Hoffnung auf eine Milderung des Principal-Agent-Konflikts auf der anderen. Zwar finden sich auch in Deutschland vereinzelt Überlegungen zur Zulassung des Stimmenkaufs,¹⁰⁹⁷ eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Problematik hat aber vor allem in der amerikanischen Diskussion und speziell in der Rechtsprechung des Staates Delaware stattgefunden.¹⁰⁹⁸ Dort ist inzwischen ein erstes Urteil ergangen, in dem sich explizit mit den Fragen des empty voting auseinandergesetzt wird.¹⁰⁹⁹

 Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811 (2006).  Neben Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811 (2006) z. B. Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186 (2006); Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237 (2008); Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483 (2007). Aus der deutschsprachigen Diskussion Fleischer, ZGR 2008, 185, 216, Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 15 bezeichnen den klassischen Stimmenkauf als eine Vorgehensmöglichkeit um ohne das entsprechende Risiko abstimmen zu können.  Beispielsweise Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 188 (2006) („de facto vote-buying“); Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 241 (2008); Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 861– 63 (2006); Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1509 – 15 (2007).  Auch Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1267 (2008) gehen davon aus, dass die Situation des risikoentleert Abstimmenden zumindest wirtschaftlich derjenigen eines Stimmenkäufers ähnelt.  Siehe Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669 ff; Schüller, ORDO 30 (1979), 325, 334– 336.  Auch im englischen Recht ist der Stimmenkauf deutlich liberaler gehandhabt als im deutschen Recht. Hier ist eine Stimmbindung auch gegenüber der Verwaltung möglich, vgl. Mayson/French/Ryan, Company Law, S. 396. Auch entgeltliche Vereinbarungen sind zulässig, allerdings kontrolliert das Gericht die gefassten Beschlüsse; dies allerdings nur sehr eingeschränkt anhand des Kriteriums „fraud on the minority“, vgl. Pennington, Company Law, S. 784 f.; Winkler, Stimmrecht, S. 71 f. Ausführliche Rechtsprechung und eine Diskussion zum Thema gibt es in England aber nicht. Die liberale Handhabung erklärt sich aus dem englischen

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

a) Vote Buying in der amerikanischen Diskussion Die amerikanische Diskussion um das Verbot des Stimmenkaufs ist in der letzten Zeit nach ersten Diskussionen in den 70er und 80er Jahren des 20.Jahrhunderts wieder aufgeflammt. Zunächst soll analysiert werden, was die Rechtsprechung von Delaware genau unter „vote buying“ versteht, danach werden die verschiedenen Begründungsansätze für ein Verbot des vote buying untersucht.

aa) Vote Buying Charakteristisch für den Stimmenkauf ist die Verpflichtung, gegen die Gewährung eines Vorteils die Stimme in der Gesellschaft entsprechend den Wünschen desjenigen, der den Vorteil verspricht, auszuüben.¹¹⁰⁰ Die Gegenleistung muss dabei allerdings eine Leistung in Geld sein; das Versprechen, alleine gemäß vorher gemeinsam festgelegten Regeln abzustimmen, genügt nicht.¹¹⁰¹ In letzteren Fällen handelt es sich um ein zulässiges Stimmrechtskonsortium oder um eine Stimmrechtsvereinbarung, welche der Überwindung des Kollektivhandlungsproblems der Aktionäre dienen und somit im Prinzip ein wünschenswertes Verhalten darstellen.¹¹⁰² Diese Abgrenzung erscheint hinsichtlich des möglichen Interessenkonflikts überzeugend. Nur wenn der Stimmenkäufer Geld aufwenden muss, um sich Einfluss in der Gesellschaft zu sichern, steht er unter Druck, dieses aufgewendete Geld wieder zu verdienen. Da er aber nicht von den positiven Auswirkungen seiner Stimmrechtsausübung aus den gekauften Stimmen profitiert, wächst für ihn der Anreiz, Sondervorteile zu verfolgen. Allerdings hat der Delaware Chancery Court die Voraussetzungen des Stimmenkaufs enger ausgelegt. So solle ein Stimmenkauf nur dann vorliegen, wenn es eine rechtlich bindende Verpflichtung gebe, in einer bestimmten Art und Weise

Verständnis des Stimmrechts als Eigentumsrecht, hinsichtlich dessen Ausübung und Verfügung keine Beschränkungen bestehen, vgl. Winkler, Stimmrecht, S. 67 f.  Siehe No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010), dazu noch unter unter Teil 4, II.7.  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 815 – 16 (2001) definiert Vote Buying folgendermaßen: „In short, a vote buying agreement is one in which ownership (i. e. the right to claim a residual interest in the assets of the corporation) is separated from the shareholder’s means of control (i. e., the right to vote on how these assets should be used) in exchange for consideration.“ Siehe auch Hu/ Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 818 (2006).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 817– 19 (2001); Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1348 – 49 (2000). Siehe zu Stimmbindungen schon oben unter Teil 4, II.6.  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 817– 19 (2001). Siehe zur Stimmrechtskonsortien und ihrer Vergleichbarkeit zum empty voting schon oben unter Teil 4, II.6.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

253

abzustimmen.¹¹⁰³ Darüber hinaus müsse die Gegenleistung einklagbar sein sowie Hauptmotivation bei der Abstimmungsentscheidung des Stimmverkäufers, anderenfalls könne man nicht von einem Stimmenkauf ausgehen.¹¹⁰⁴ Diese zusätzlichen Merkmale sind bislang jedoch nicht endgültig bestätigt worden, so dass abzuwarten bleibt, ob eine Verengung der Definition des Stimmenkaufs die zukünftige Rechtsprechung bestimmen wird.¹¹⁰⁵ Unabhängig davon, ob man eine weitere oder engere Definition zugrundelegt, ist charakteristisch, dass für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten eine Geldzahlung geleistet wird. Auch wenn die Interessenlage insofern vergleichbar ist, so fällt das empty voting nicht unter diese Doktrin, da in den Konstellationen des empty voting der Abstimmende Vollrechtsinhaber ist.¹¹⁰⁶

bb) Begründungsansätze für das Verbot des Stimmenkaufs Das Verbot des Stimmenkaufs wurde mittels verschiedener Ansätze begründet. Heute nicht mehr angeführt, früher aber durchaus von Bedeutung, ist die Parallele zum Verbot des Stimmenkaufs im politischen System, die in der Rechtsprechung bemüht wurde.¹¹⁰⁷ Allerdings trägt diese Parallele aus mehreren Gründen nicht. Zum einen liegt es in der Natur der Handelbarkeit von stimmberechtigten Aktien, dass ein Einzelner durch den Erwerb von weiteren Aktien Stimmen hinzukaufen kann.¹¹⁰⁸ Zum anderen verfangen die Begründungsmuster, die für ein Verbot des Stimmenkaufs im politischen Bereich vorgetragen werden im Bereich des Wirtschaftsrechts nicht.¹¹⁰⁹ Denn als Geltungsgrund für das Verbot im politischen Bereich wird die Gleichheit aller Menschen genannt, aus der folgen  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 827 (2001); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 321 (2008).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 828 (2001); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 321 (2008).  Cunningham, 64 NYU Ann. Surv. Am. L. 293, 321 (2008).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 818 (2006); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 321 (2008); Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 202 (2006).  So zitiert Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1338 (2000), ein Gerichtsurteil von 1891, das das Verbot des Stimmenkaufs, folgendermaßen begründete: „Servants of a corporation should be employed and paid upon their merits; and buying votes for an office in a corporation is of the same objectionable character as buying them for a public office. The same may be said of buying the right to control the business policy and management of the affairs of a corporation“. Zum Vergleich mit dem politischen System als Begründungsmuster in der Rechtsprechung siehe auch André, 63 S. Cal. L. Rev 533, 541– 45 (1990); Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 778 (1979).  Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1353 (2000); Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 790 (1979).  So auch Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1354 (2000); Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 804– 05 (1979); Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1238 – 40 (2009).

254

Teil 4: Bewertung des Empty Voting

solle, dass alle Menschen gleichen Einfluss auf Entscheidungsprozesse haben müssten.¹¹¹⁰ Vor dem Hintergrund des Grundsatzes von Herrschaft und Haftung ist nicht der einzelne Aktionär, sondern die Höhe des eingebrachten Kapitals für die Stimmkraft von Bedeutung. Daneben wird auf die Nichthandelbarkeit politscher Rechte abgestellt; Wählen sei eine höchstpersönliche Pflicht gegenüber der Gesellschaft, die nicht durch die Möglichkeit des Stimmenkaufs beeinträchtigt werden sollte, da dies negative Auswirkungen auf das politische System hätte.¹¹¹¹ Auch dieser Einwand kann nicht gegen den Stimmenkauf in Aktiengesellschaften vorgebracht werden, da in diesem Fall das Abstimmen im Selbstinteresse der Aktionäre liegt.¹¹¹² Das übergeordnete Interesse der Allgemeinheit ist insofern nicht berührt, da es im wirtschaftlichen Bereich allein um ökonomische Interessen geht.¹¹¹³

b) Stimmenkauf als Mittel zur Verbesserung der Governance in der börsennotierten Aktiengesellschaft Vielfach wird vorgebracht, der Stimmenkauf führe zu ineffizienten Ergebnissen und sei deswegen volkswirtschaftlich unerwünscht. Allerdings gibt es zahlreiche Gegenstimmen, die mit einem Stimmenhandel die Hoffnung verbinden, die Governance der Aktiengesellschaft zu verbessern.¹¹¹⁴ Grundidee ist, dass, ähnlich wie beim Markt für Unternehmenskontrolle, derjenige am meisten für das Stimmrecht zahlen wird, der der Kontrolle den höchsten Wert beimisst. Diese liberalere Haltung hat durch ein Urteil des Chancery Court of Delaware im Fall Schreiber v. Carney ¹¹¹⁵ Auftrieb erhalten. Dieses Urteil wird in fast allen Beiträgen zum Thema als Ausgangspunkt für die Behandlung des Stimmenkaufs genommen.

 Siehe zu dieser Begründung Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1329 – 31 (2000).  Siehe dazu Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1335 – 37 (2000).  Siehe zur Bedeutung des einigenden Bandes der Wertmaximierung oben unter Teil 2, II.1.  Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1354 (2000).  Diese Hoffnung äußern beispielsweise Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 793 (1979) und Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 851 (2001); Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1282 (2009). Positiv hinsichtlich des empty voting als Disziplinierungselement auch Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 338 – 339 (2008); Schouten, Voting Efficiency, S. 49 – 51.  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17 (Del. Ch. 1982).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

255

aa) Entwicklung der Rechtsprechung im Bundesstaat Delaware (1) Der Ausgangspunkt: Schreiber v. Carney Das Urteil Schreiber v. Carney wird als Trendwende zu einer liberaleren Handhabung des Stimmenkaufs wahrgenommen.¹¹¹⁶ Ausgangssituation des Falls war die geplante Fusion von Texas International und Texas Air Corporation. Die Satzung von Texas International sah für diesen Fall allerdings einen zustimmenden Beschluss aller Aktiengattungen vor.¹¹¹⁷ Der Investor Jet Capital besaß eine Mehrheit der Aktien einer Aktiengattung und konnte so den Zusammenschluss verhindern. Obwohl auch Jet Capital die Ansicht teilte, die Fusion sei im Interesse von Texas International, verweigerte das Unternehmen die Zustimmung, da ihm dadurch steuerliche Nachteile entstanden wären.¹¹¹⁸ Diese hätten allerdings durch die Ausübung einiger Wandelschuldverschreibungen vermieden werden können. Jet Capital gab allerdings an, über unzureichende Barmittel zur Ausübung dieser Wandelschuldverschreibungen zu verfügen. Daraufhin entschied das Board von Texas International, Jet Capital ein Darlehen zu gewähren, um die Wandelschuldverschreibungen ausüben und damit der Übernahme zustimmen zu können.¹¹¹⁹ Die Darlehensvergabe durch Texas International wurde dessen Aktionären zur Abstimmung vorgelegt und fand große Zustimmung. Allerdings klagte ein Aktionär gegen die anschließend beschlossene Fusion und brachte dagegen vor, es handele sich dabei um einen Fall des Stimmenkaufs. Deshalb sei die Transaktion gesetzeswidrig und nichtig.¹¹²⁰ Denn die Zustimmung sei im Gegenzug für das Darlehen, welches zu günstigeren als Marktkonditionen gewährt wurde, erfolgt. Das Gericht stimmte in der Bewertung des Verhaltens als Stimmenkauf mit dem Kläger überein.¹¹²¹ Allerdings erkannte es, dass es kein per-se-Verbot für den Stimmenkauf gebe. Vielmehr müsse im Einzelfall über die Zulässigkeit des Stimmenkaufs entschieden werden und zwar im Rahmen eines Drei-Stufen-Tests.¹¹²²

 Zusammenfassung der Entwicklung der Rechtsprechung bei André, 63 S. Cal. L. Rev 533, 545 – 51 (1990) sowie bei Karmel, Voting, S. 11– 13; Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 192– 194, 199 – 205 (2006). Siehe ansonsten zum Fall Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 824– 29 (2001) (sehr detaillierte Beschreibung des Sachverhalts, allerdings erkennt er keine liberalere Haltung des Gerichts); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 315 – 319 (2008); Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 164– 65 (2009) (die das Urteil allerdings nicht als Lockerung der generellen Doktrin gegenüber dem Stimmenkauf werten).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 19 (Del. Ch. 1982).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 19 (Del. Ch. 1982).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 20 (Del. Ch. 1982).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 20 (Del. Ch. 1982).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 825 (2001).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 825 (2001).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Stimmenkauf sei nur dann verboten, wenn er dazu diene, die Aktionäre zu betrügen. Weiter dürfe er nicht zu einem Entzug des Stimmrechts der anderen Aktionäre führen.¹¹²³ Wenn diese beiden Voraussetzungen vorlägen, müsse die Vereinbarung des Weiteren einem Test der „intrinsic fairness“ unterzogen werden. Nur wenn dieser positiv ausfalle sei der Stimmenkauf zulässig, der Beschluss der Aktionäre wirksam.¹¹²⁴ Stimmkaufvereinbarungen waren damit nicht mehr in jedem Fall nichtig, konnten aber von den Gerichten für nichtig erklärt werden, wenn sie nicht den aufgestellten Anforderungen entsprächen.¹¹²⁵

(2) Weitere Entwicklung der Rechtsprechung Dieser Drei-Stufen-Test (kein Betrug, kein Entzug des Stimmrechts der anderen Aktionäre, intrinsic fairness) wurde von den Gerichten des Staates Delaware aufgegriffen und in verschiedenen Entscheidungen genutzt; teilweise ergingen auch Entscheidungen, die über den ursprünglichen Fall herausreichten.¹¹²⁶ So wendete der Delaware Chancery Court die Grundsätze in einem Fall an, in dem es um die Zustimmung von Inhabern von Unternehmensanleihen zu einer erhöhten Dividende zugunsten der Aktionäre ging. Diese erhöhte Dividende war Teil eines Plans für eine Übernahme.¹¹²⁷ Das Gericht berief sich auf Schreiber v. Carney und wendete die dort aufgestellten Grundsätze auf die Abstimmung der Anleiheinhaber an. Es führte aus, dass es nicht gerechtfertigt sei, das im politischen Bereich geltende Verbot des Stimmenkaufs auf den Wirtschaftsbereich auszuweiten, da es im politischen Bereich Dinge gebe, die nicht zu kommerzialisieren seien. Dies gelte aber nicht im Wirtschaftsprozess, in denen nur wirtschaftliche Werte eine Rolle spielten.¹¹²⁸ Im Fall IXC Communications, Inc. Shareholders Litigation äußerte das Gericht, dass ein Markt für Stimmrechte durchaus funktionieren könne. Auch in diesem

 Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 25 (Del. Ch. 1982); Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 825 f. (2001).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 26 (Del. Ch. 1982); Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 826 (2001).  Schreiber vs. Carney, 447 A. 2d 17, 26 (Del. Ch. 1982); Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 826 (2001).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 828 (2001).  1986 WL 13008 (Del. Ch. Nov. 14, 1986). Siehe für eine knappe Zusammenfassung des Sachverhalts Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 828 (2001). Es handelt sich bei dieser Entscheidung allerdings um eine sog. „memorandum opinion“, die nur bedingt die generelle Linie der Rechtsprechung wiedergibt. In späteren Fällen haben solche Urteile nur unter besonderen Umständen Bindungswirkung, siehe dazu die Rule 171 (h) Chancery Court Rules.  1986 WL 13008 (Del. Ch. Nov. 14, 1986), *3 („to conclude that the offering of money for consent (vote) is necessarily corrupt or a per se violation of public policy strikes me as quaint“).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

257

Fall ging es um eine Unternehmensübernahme. Der Bieter und der größte Aktionär der Zielgesellschaft, der 40 % der Aktien besaß, trafen eine Vereinbarung. Der Bieter würde die Hälfte der Aktien des Großaktionärs kaufen; im Gegenzug sollte der Großaktionär mit seinen verbleibenden 20 % für das Übernahmevorhaben stimmen.¹¹²⁹ Auch hier wandte das Gericht den Drei-Stufen-Test an. Auf der zweiten Stufe, also der Frage, ob die Stimmkaufvereinbarung zu Betrug oder Stimmrechtsentzug der Aktionäre führe, entschied das Gericht, dass auch die Tatsache, dass 40 % der Stimmen durch den Vertrag festgelegt seien, keinen Stimmrechtsentzug der restlichen Aktionäre begründe. Denn 40 % seien zwar ein großer Teil, dennoch hätten die anderen Aktionäre noch eine Chance, das Vorhaben mit Stimmenmehrheit abzulehnen.¹¹³⁰ Dabei stellt das Gericht vollständig auf den Einzelfall ab und weist darauf hin, dass es Vielzahl anderer Aktionäre gäbe, die alle über die Bedenken informiert seien und deshalb auch das Begehren noch ablehnen könnten.¹¹³¹ Dass die Chance auf Ablehnung durch die Festlegung eines erheblichen Teils der Stimmen durch Stimmenkauf erheblich sank, spielte in den Erwägungen des Gerichts keine Rolle. Insgesamt ist die Position der Rechtsprechung des Delaware Chancery Court in dieser Hinsicht noch nicht klar, das Merkmal des Stimmrechtsentzugs hat noch keine klaren Konturen angenommen.¹¹³² Dies gilt in ähnlicher Weise für das Kriterium des Betrugs der anderen Aktionäre. Hier ist zwar seit Schreiber v. Carney ein erster Fall entschieden worden, in dem die Vereinbarung des Stimmenkaufs an der Prüfung dieses Kriteriums gescheitert ist und für ungültig erachtet wurde.¹¹³³ Allerdings handelte es sich um einen Extremfall, in dem das Management mit verschiedensten Mitteln versucht hatte, die Abstimmung zu kaufen.¹¹³⁴ Dieser Extremfall hat aufgrund seiner drastischen Umstände nicht dazu beigetragen, dem Kriterium mehr Abgrenzungskraft zu verleihen.

 No. C. A. 173, 24, 1999 WL 1009174 (Del. Ch. Oct. 27, 1999). Auch bei dieser Entscheidung handelt es sich allerdings um eine „memorandum opinion“, siehe dazu Fn. 1127.  No. C. A. 173, 24, 1999 WL 1009174 (Del. Ch. Oct. 27, 1999), *8.  No. C. A. 173, 24, 1999 WL 1009174 (Del. Ch. Oct. 27, 1999), *9.  Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 327 (2008).  Portnoy v. Cyro-Cell Int’l, Inc. 940 A.2d 43 (Del. Ch. Jan. 2008).  Siehe zu Einzelheiten Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 325 – 26 (2008).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

(3) Überlegungen zur Anwendung der Doktrin auf das empty voting: der Fall Kurz v. Holbrook (a) Sachverhalt Ein Urteil aus jüngster Zeit hat zum ersten Mal zur Frage der Anwendbarkeit der entwickelten Rechtsprechung auf das empty voting Stellung genommen. Im Fall Kurz v. Holbrook ¹¹³⁵ hatte ein Mitglied des Boards des Unternehmens EMAK Worldwide, Inc., Donald A. Kurz, versucht, eine Mehrheit im Board zu erlangen. Kurz wollte mittels einer Abstimmung der Aktionäre zwei der vorhandenen BoardMitglieder entheben und sie durch Mitglieder der Take Back EMAK, LLC ersetzen. Um über eine Mehrheit der Stimmrechte zu verfügen, fehlten Kurz und seinen Mitstreitern aber einige Aktien. Sie wandten sich daher an einen ehemaligen Mitarbeiter von EMAK, der die notwendigen Aktien hielt, sie aber aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht veräußern durfte. Mit diesem schloss Kurz eine Vereinbarung, der zufolge er von diesem ehemaligen Angestellten die Aktien kaufen würde, sobald die vertragliche Veräußerungsbeschränkung ausliefe. Der Kaufpreis wurde festgelegt und im Voraus bezahlt. Im Gegenzug verpflichtete sich der Verkäufer, Kurz eine unwiderrufliche Vollmacht auszustellen. Mit diesen Stimmen hätte Kurz die gewünschten personellen Änderungen durchsetzen können. Über die Frage der Wirksamkeit dieser Stimmen und einige andere Fragen entzündete sich ein Streit, der zu einem Gerichtsverfahren führte. Der Delaware Chancery Court setzt sich in seinem Urteil erneut mit dem Fall Schreiber v. Carney und den darin genannten Kriterien auseinander.

(b) Grundlagen der Stimmrechtsausübung Zunächst betont das Gericht erneut, dass Vote-Buying im politischen Zusammenhang Assoziationen von Bestechlichkeit und Korruption hervorrufe. Dies sei aber im Bereich des Gesellschaftsrechts nicht stichhaltig und könne daher kein Stimmverbot begründen.¹¹³⁶ Danach folgt eine kurze Einführung in die Problematik des empty voting und die Feststellung, dass der Umgang mit diesem Phänomen zwar von Fall zu Fall entwickelt werden müsse, die entwickelte Doktrin aber prinzipiell geeignet sei, diese Fälle zu erfassen.¹¹³⁷

 No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010).  No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010), S. 62 f.  No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010), S. 63 f.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

259

In einem nächsten Schritt wird dann auf die Grundlagen des Stimmrechtsmechanismus eingegangen. Kennzeichen der Rechtsprechung des Delaware Chancery Courts sei die beständige Besorgnis hinsichtlich Transaktionen, die ein Missverhältnis von Stimmrecht und ökonomischem Interesse schaffen. Denn in diesen Fällen würde der Stimmrechtsinhaber aus der „community of interest“ der Aktionäre fallen, da die gekauften Stimmrechte nicht das rationale, ökonomische Selbstinteresse reflektierten, das alle Aktionäre verbinde.¹¹³⁸ Legitimation der Aktionärsabstimmungen als Entscheidungsmechanismus sei die Prämisse, dass Aktionäre, die ein wirtschaftliches Interesse haben, ihre gemeinsame Haltung darüber zum Ausdruck bringen, ob ein bestimmter Plan dem Gesellschaftsziel der Vermögensmaximierung diene.¹¹³⁹ Dieses wirtschaftliche Interesse sei auch Grundlage aller Ausführungen hinsichtlich der Freiheit des Abstimmungsverhaltens. Der Aktionär sei vollkommen frei in seinem Abstimmungsverhalten und könne Abstimmen, wie es ihm beliebe, auch aus Motiven wie Eigeninteresse oder beeinflusst durch Lust und Laune. Prämisse dieser Freiheit sei aber immer die Einheit von Stimmrecht und ökonomischem Interesse.¹¹⁴⁰

(c) Anwendung des Drei-Stufen-Tests Schließlich wird der Drei-Stufen-Test auf die Vereinbarung zwischen Kurz und dem ehemaligen Angestellten von EMAK angewandt. Zunächst wird das Kriterium des „Betrugs“ geprüft. Dieses wird derart verstanden, dass es keinen Betrug des Stimmenkäufers gegenüber dem Stimmenverkäufer geben dürfe. Besondere Beachtung findet die Frage, inwieweit sich der ehemalige Angestellte bewusst war, dass seine Stimmen die entscheidenden Stimmen sein würden. Dies vermutet das Gericht, da es vorher verschiedene Versuche beider Seiten gegeben habe, ihn zu überzeugen. Zudem habe er einen deutlich über dem Börsenpreis liegenden Preis verlangt und erhalten.¹¹⁴¹ Dann setzt sich das Gericht mit der Frage der Einheit von Abstimmungsbefugnis und ökonomischem Interesse auseinander, wobei nicht ganz klar ist, welchen Punkt des Drei-Stufen-Tests diese Ausführungen betreffen. Trotz der Tatsache, dass Kurz nicht Eigentümer war, sieht das Gericht die Gestaltung als im Einklang mit dem Gesetz. Denn Kurz hatte den Kaufpreis bereits bezahlt und wusste, dass er nach Ende der Veräußerungsbeschränkung Eigentümer der Aktien    

No. C. No. C. No. C. No. C.

A. A. A. A.

5019-VCL 5019-VCL 5019-VCL 5019-VCL

(Del. Ch. (Del. Ch. (Del. Ch. (Del. Ch.

Feb. 9, Feb. 9, Feb. 9, Feb. 9,

2010), 2010), 2010), 2010),

S. 66. S. 66. S. 69. S. 70 f.

260

Teil 4: Bewertung des Empty Voting

würde. Er trug schon zu diesem Zeitpunkt das volle Risiko der Wertentwicklung der Gesellschaft. Hätte EMAK weiter an Wert verloren, hätte Kurz diese Auswirkungen zu tragen. Wäre die Unternehmung bankrott gegangen und die Aktien wertlos geworden, so wäre Kurz „a paper souvenir“ geblieben. Auf der anderen Seite hätte er auch von einem Wertzuwachs des Unternehmens profitiert. Die Stimmrechtsvollmacht, die Kurz erhielt, stelle somit lediglich die Situation her, die Recht des Staates Delaware voraussetze.¹¹⁴² Im Anschluss an diese Ausführungen diskutiert das Gericht weiter, ob Kurz als abstimmender Aktionär irgendwelche gegenläufigen Interessen verfolge bzw. gegenläufige Positionen inne hatte. Auch hier ist nicht klar, welches Kriterium des Drei-Stufen-Tests betroffen ist. Das Gericht stellt fest, Kurz hätte kein gegenläufiges Interesse ökonomischer oder persönlicher Natur gehabt, das „an overall negative economic ownership of EMAK“ geschaffen hätte.¹¹⁴³ Den Vorwurf, Kurz wolle nur den gut bezahlten Posten des Chief Executive Officer, wies das Gericht mit dem Hinweis ab, dass das gesamte Board diesen wählen würde und das Gericht helfen könne, wenn das Board seine diesbezüglichen Treupflichten verletze. Insofern nimmt das Gericht keine Kontrolle vor, ob die Abwahl eine „sinnvolle“ Abwahl ist. Es wird überprüft, ob Stimmrecht und ökonomisches Interesse gleich zugeordnet sind. Nachdem dies bejaht ist, scheint die Richtigkeit der Entscheidung gewährleistet, eine weitere Prüfung wird nicht durchgeführt. Der Hinweis, dass im Falle eines überhöhten CEO-Gehaltes für Kurz das Gericht im Einzelfall helfen könne, zeigt, dass die Gefahr des Ziehens privater Vorteile nicht als hinreichend angesehen wurde, um ein per-se-Verbot zu rechtfertigen. Das Gericht etablierte ein System, bei dem die risikoentleerten Stimmrechte zunächst zulässig sind und dann in der Folge eine Kontrolle der Einzelmaßnahmen, die aus dieser Stimmmacht resultieren. Allerdings ist nicht ganz klar, ob dies eine allgemeine Regel aufstellt, oder ob dies nur in den Umständen des Einzelfalls gelten soll, bei dem letzten Endes keine risikoentleerten Stimmrechte ausgeübt werden.

(4) Die implizite Position der Rechtsprechung – Marktmechanismus geeignet, effiziente Ergebnisse zu erzielen In keinem der beschriebenen Fälle wird eine über die Ablehnung der Parallele zum politischen System hinausgehende Begründung für die liberale Haltung gegenüber dem Stimmenkauf angeführt. Implizit schienen die Gerichte aber davon

 No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010), S. 71.  No. C. A. 5019-VCL (Del. Ch. Feb. 9, 2010), S. 71.

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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auszugehen, dass der Stimmenkauf zu nützlichen Ergebnissen führen könne und deshalb nicht generell verboten sein könnte. Dies war in den besprochenen Fällen, beispielsweise bei Schreiber v. Carney, auch so. Tragend für die Entscheidungen scheint zudem die Überlegung, dass die Hingabe der Leistung für die Stimmrechte generell ein Zeichen für die Effizienz oder zumindest dafür sei, dass die gefällte Entscheidung nutzbringend ist; dies sei auch dadurch gewährleistet, dass es eben nicht zu Betrug und Entzug des Stimmrechts der anderen Aktionäre gekommen sei. Durch die Feststellung des Nichtvorliegens von Betrug und Stimmrechtsentzug machen die Richter aber auch deutlich, dass sie die jeweiligen Vorschläge, für deren Unterstützung Stimmen gekauft wurden, für „im besten Interesse aller Aktionäre“ halten.¹¹⁴⁴ Nach der Rechtsprechung des Delaware Chancery Court ist der Stimmenkauf somit grundsätzlich zulässig, allerdings wird im Rahmen einer Anfechtung dann von Richtern kontrolliert, ob die Entscheidung, die mittels der gekauften Stimmen getroffen wurde, dem Interesse aller Aktionäre entspricht. Allerdings hat das Gericht in seiner jüngsten Rechtsprechung noch einmal ausdrücklich betont, dass die Grundannahme des Gesellschaftsrechts die Bündelung von Stimmrecht und Risiken ist.

bb) Diskussion um die Zulässigkeit und Nutzen von Vote Buying Die liberalere Rechtsprechung ist in der Wissenschaft uneinheitlich aufgenommen worden. Während einige Autoren eine Verbesserung der Aktionärskontrolle erhoffen, sehen andere den liberaleren Ansatz gegenüber dem Stimmenkauf deutlich kritischer, lehnen eine derartige Haltung ab und fordern eine strenge Durchsetzung des Verbots des Stimmenkaufes.

(1) Stimmenkauf als Mechanismus zur Verbesserung der Governance der Aktiengesellschaft Die Befürworter eines Marktes für separate Stimmrechte kritisieren zunächst, dass in der bisherigen Diskussion über den Stimmenkauf das Drohpotential, das von gekauften Stimmen für das Management ausgehen kann und die damit verbundene Disziplinierung der Verwaltung nicht hinreichend thematisiert wurden.¹¹⁴⁵

 So explizit in No. C. A. 173, 24, 1999 WL 1009174 (Del. Ch. Oct. 27, 1999), *10 („Here, the commitment to vote, disparaged as locked up or otherwise, has the objective of promoting the best interest of the community of shareholders by increasing the likelihood (though far short of a certainty) of approval of the merger of IXC into CBI.“).  Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 539 – 40 (2006).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Das Hauptargument, das von ihnen für eine separate Handelbarkeit des Stimmrechts vorgebracht wird, ist ein dadurch erleichtertes Funktionieren des Marktes für Unternehmenskontrolle. Denn Versuche, die Kontrolle in einem Unternehmen mittels einer Stimmkampagne zu übernehmen und die eingesessene Verwaltung auszutauschen, würden sehr häufig scheitern. Gründe seien der Einfluss der Verwaltung auf Abstimmungen, die Apathie der Aktionäre sowie deren unzureichende Information.¹¹⁴⁶ Deshalb sei ein Kontrollwechsel im Wege eines proxy contest, also durch das Einwerben von Stimmrechtsvollmachten von den anderen Aktionären, nicht geeignet, um das Kollektivhandlungsproblem der Aktionäre zu überwinden.¹¹⁴⁷ Dazu seien derartige Kampfabstimmungen sehr selten und würden erst eingreifen, wenn das Unternehmen sich bereits in einer schlechten Lage befinde.¹¹⁴⁸ Dieses Verfahren, das allein auf Überzeugung, Belehrung und Argumentation beruhe, müsse daher durch einen Mechanismus zum Kauf von Stimmrechten ersetzt werden.¹¹⁴⁹ Als Beispiel für den Nutzen des Stimmenkaufs wird eine Gesellschaft angeführt, in der sich die Verwaltung gegen eine Übernahme wehrt, die eindeutig wertsteigernd wäre. Mit Hilfe der gekauften Stimmen könne dieses Hindernis beseitigt werden und alle Aktionäre würden von der jetzt möglichen Übernahme profitieren.¹¹⁵⁰ Zwar sehen auch die Befürworter bei einem derartigen Markt für Stimmrechte die Gefahr des sog. „looting“, d. h. des Ziehens von privaten Vorteilen. Der Anreiz, derartige Vorteile zu ziehen, werde größer, je geringer der Anteil der wirklich gehaltenen Stimmen sei.¹¹⁵¹ Dies sei allerdings dadurch zu beseitigen, dass man generell die Vorschriften verschärfe, die das Ziehen privater Vorteile verhindern und nicht den Stimmenkauf verbiete.¹¹⁵²

 Siehe zu den Problemen, die mit dem Stimmmechanismus in der Aktiengesellschaft zusammenhängen bereits oben unter Teil 2, II.2. Zusammenfassend André, 63 S. Cal. L. Rev 533, 578 – 81 (1990), sowie Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 550 (2006).  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 779 – 85 (1979).  Siehe Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 550 (2006).  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 790, 793 (1979); André, 63 S. Cal. L. Rev 533, 536 – 39, 553, 584 (1990); Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 549 (2006) (diese gehen davon aus, dass der Stimmenkauf unter bestimmten Voraussetzungen effizient sein kann, allerdings auf jeden Fall die Möglichkeit eines offenen Stimmenhandels vorteilhafter wäre).  Ein derartiges Beispiel findet sich bei André, 63 S. Cal. L. Rev 533, 536 – 39 (1990); Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 776 – 77 (1979).  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 795 – 96 (1979). Siehe zur Analyse dieser Anreizsituation schon oben unter Teil 2, II.2.  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 798 – 99 (1979).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

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Institutionelle Aktionäre, die einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes verpflichtet seien, würden außerdem bei einem funktionierenden Marktmechanismus einen Anreiz haben, selbst Stimmen zu kaufen und damit nachteiliges Handeln einzelner Aktionäre zu verhindern.¹¹⁵³ Des Weiteren sei nicht sicher, dass Stimmenkäufer ihr Stimmrecht zum Ziehen privater Vorteile missbrauchen würden.¹¹⁵⁴ Dabei sei es eher zu begrüßen, wenn die Aktionäre, die ihr Stimmrecht verkaufen, zumindest durch den Kaufpreis an den privaten Vorteilen, die der Erwerber ziehe, partizipieren.¹¹⁵⁵ Zudem greife der Marktmechanismus. Erscheint es den Aktionären besonders wahrscheinlich, dass ein Stimmenkäufer besonders hohe private Vorteile ziehen kann, dann würden sie ihm das Stimmrecht einfach nicht verkaufen.¹¹⁵⁶ Zuletzt würden die Vorteile der verbesserten Kontrolle der Verwaltung die durch eine ein stärkeres Ziehen von privaten Vorteilen entstehenden Kosten kompensieren.¹¹⁵⁷ Der Markt für Stimmrechte würde darüber hinaus Probleme des Marktes für Unternehmenskontrolle vermeiden. Zum einen müsste nicht die ganze Aktie gekauft werden, sondern nur das Stimmrecht. So würde die Übernahme der Kontrolle deutlich günstiger.¹¹⁵⁸ Manager sähen sich einem erhöhten Drohpotential gegenüber, die Stimmrechte würden zu denen geraten, die auch über die zur Ausübung nötigen Informationen verfügen. Darüber hinaus gäbe es nicht mehr das Problem, dass manche Aktionäre nicht ihre Aktie verkaufen, um dann von einer verbesserten Unternehmensführung zu profitieren oder dass die Aktionäre ihre Aktie verkaufen, um dann nicht am Ende leer auszugehen und Aktionär in einer Gesellschaft zu sein, die vornehmlich den Interessen des Übernehmenden dient (pressure to tender).¹¹⁵⁹ Denn die Verkäufer des Stimmrechts blieben Aktionäre und profitierten ohnehin von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Innerhalb der Befürworter der freien Handelbarkeit des Stimmrechts kann noch einmal zwischen verschiedenen Modellen unterschieden werden.

 Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1282 (2009). Weitere Voraussetzung soll sein, dass die fiduciary duty der Manager institutioneller Investoren sie dazu anhält, Stimmen im Interesse der Gesellschaft zu kaufen und auszuüben. Außerdem müssten Gerichte weiterhin die Entscheidungen kontrollieren und bei Fällen massiver Benachteiligung eingreifen.  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 798 (1979).  Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 550 (2006).  Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 799 (1979). Allerdings weist Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 323 (2008), mit Recht darauf hin, dass es einen Marktmechanismus in den Situationen der risikoentleerten Stimmrechtsausübung mangels Transparenz nicht gibt.  Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669, 672, m.w.N.  Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 550 (2006).  Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 550 – 51 (2006).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Einerseits wäre ein Modell, wie von der Rechtsprechung in Delaware entwickelt, denkbar. In diesem Fall würde man generell Stimmenkauf nach dem bisherigen Regelungsregime zulassen und die Vereinbarungen im Einzelfall durch ein Gericht überprüfen lassen. Andererseits könnte man an einen institutionalisierten Markt für Stimmrechte denken, mit gesetzlichen Regeln, die Diskriminierungen verhindern und weitgehende Markttransparenz schaffen.¹¹⁶⁰ Teilweise wird davon ausgegangen, dass ein solcher Markt schon heute in Form des Marktes für Aktiendarlehen bestehe.¹¹⁶¹ Der Darlehenszins für das Aktiendarlehen würde insofern den Preis für ein einzelnes Stimmrecht widerspiegeln.¹¹⁶² Dieser Markt sei auch eine schon jetzt gangbare Lösung für einen Stimmrechtehandel, da das Abspaltungsverbot eine separate Handelbarkeit verbiete.¹¹⁶³ Die Tatsache, dass die Aktivitäten auf diesem Markt vor allem um die Hauptversammlung bzw. den maßgeblichen Record Date signifikant anstiegen, zeige, dass schon heute ein Markt für Stimmrechte existiere. Risikoentleerte Stimmrechte würden bereits heute genutzt.¹¹⁶⁴

(2) Stimmenkauf als Erleichterung und Anreiz zum Ziehen privater Vorteile Demgegenüber wird geltend gemacht, ein Markt für Stimmrechte und die separate Handelbarkeit hätte vornehmlich Nachteile und würde den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts widersprechen. Die Vertreter dieser Ansicht tendieren dazu, die Rechtsprechung und insbesondere den Fall Schreiber v. Carney nicht als weitgehende Erlaubnis des Stimmenkaufs zu werten, sondern als einen eng definierten Ausnahmefall, der nur unter den besonderen Bedingungen des Falles seine Berechtigung habe.¹¹⁶⁵

 Letzten Endes für ein derartiges Modell Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669, 681 f.  Christoffersen/Geczy/Musto/Reed, Market for Record-Date Ownership; Latteman/Klemens/ Durica, Travo-Projekt, S. 669 ff.  Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669, 677.  Latteman/Klemens/Durica, Travo-Projekt, S. 669, 681.  Christoffersen/Geczy/Musto/Reed, Market for Record-Date Ownership; Christoffersen/ Geczy/Musto/Reed, Vote Trading; Neeman/Orosel, 26 Int’l Rev. L. & Econ., 536, 551 (2006).  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 161– 62 (2009) die davon ausgehen, dass der Stimmenkauf in einer nichtbörsennotierten Gesellschaft ein zunehmendes Mittel zur Koordination der Unternehmenspolitik sein kann, da es dort keinen liquiden Markt für einen Austritt gibt und daher ein erhöhtes Bedürfnis für einen derartigen Koordinationsmechanismus gebe. Allerdings sei in diesem Zusammenhang auch die Einigung über einen Stimmenverkauf eine

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

265

Während bei den Befürwortern eines Stimmhandels die Hoffnung auf eine verbesserte Managementkontrolle im Vordergrund steht, ist es bei den Gegnern die Angst vor privaten Vorteilen, die mittels der gekauften Stimmen verfolgt würden. Sie betonen, dass der Anreiz, private Vorteile zu ziehen, mit abnehmender Beteiligung steigen würde.¹¹⁶⁶ Da der Käufer des Stimmrechts ein Entgelt für die vermehrte Stimmmacht bezahlen müsse,von den positiven Konsequenzen einer informierten Abstimmung aber nicht profitiere, sei er gezwungen, das aufgewendete Entgelt wieder zu verdienen. Dies tue er typischerweise über private Vorteile.¹¹⁶⁷ Denn ein rational handelnder Akteur, der erwarte, dass die Gesellschaft von einem bestimmten Abstimmungsverhalten profitiere, würde Aktien gerade mit den dazugehörigen Vermögensrechten und der Chance auf einen Kursgewinn erwerben. Er würde dann direkt von seiner informierten Abstimmung profitieren.¹¹⁶⁸ Außerdem funktioniere der Marktmechanismus bei einem Markt für Stimmrechte nicht richtig. Dass ein Druck zum Verkauf unter Wert nicht entstehe, stimme nicht. Vielmehr besteht in dieser Situation der sog. pressure to tender, also der Druck das Stimmrecht zu verkaufen, genauso wie bei Übernahmesituationen. Denn muss der Aktionär damit rechnen, dass der Erwerber private Vorteile zieht, so wird er sein Stimmrecht auch zu einem Preis verkaufen, der die Vermögensverschiebung zugunsten des Käufers nicht kompensiert. Denn verzichtet er auf den Verkauf findet er sich in der Lage wieder, überhaupt nichts für sein Stimmrecht zu erhalten.¹¹⁶⁹ Hinsichtlich der positiven Auswirkungen auf die Managementüberwachung zeigen sich die Gegner skeptisch. Zwar seien die von den Befürwortern einer separaten Handelbarkeit vorgebrachten Beispiele von möglichen positiven Auswirkungen für die Gesellschaft durchaus vorstellbar. Es sei aber eben nicht gewährleistet, dass der Stimmenkäufer positive Ziele verfolge und eine Kontrollfunktion in der Gesellschaft wahrnehmen wolle; es drohe immer die Gefahr, dass private Vorteile gezogen würden.¹¹⁷⁰ Außerdem könne das Management sich schnell umstellen und würde die Maßnahmen zur Abwehr von Übernahmeversuchen anpassen, so dass diese auch im Falle einer Kontrollübernahme

andere. Denn hier würden sich die Vertragsparteien kennen und könnten die Risiken des Missbrauchs der gekauften Stimmen besser abschätzen.  Ruffner, Grundlagen, S. 179.  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 839 (2001).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 839 (2001).  Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 76 f.; Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 836 – 838 (2001); Hasen, 88 Cal. L. Rev. 1323, 1337 (2000); Ruffner, Grundlagen, S. 179 f.  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 162– 63 (2009); Ruffner, Grundlagen, S. 179.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

durch gekaufte Stimmen greifen.¹¹⁷¹ Anders als die Befürworter schätzen die Gegner eines Marktes für Stimmrechte die Kosten höher ein als den Nutzen.¹¹⁷² Darüber hinaus wird vorgebracht, dass ein Aktionär eine Bindung an die Gesellschaft, in der er das Stimmrecht ausübt, haben müsse. Sei dies im Falle von politischen Gebilden eine irgendwie geartete Identifikation, so sei es im Falle von Gesellschaften das aufgebrachte Investment, das diese Funktion erfülle.¹¹⁷³ Dies gewährleiste, dass der Anreiz zum Ziehen privater Vorteile möglichst niedrig gehalten werde.¹¹⁷⁴ Auch ein Blockaktionär, der seine Kontrolle konsolidieren wolle, hätte es zu leicht, wenn er nur die Stimmrechte kaufen müsste, um seine Vorstellungen dauerhaft durchzusetzen. Deshalb sei es vorteilhaft, wenn er die ganzen Aktien kaufen müsse, da dadurch der Anreiz sinke, private Vorteile zu ziehen, weil deren Kosten weiter internalisiert würden, d. h. vom Blockaktionär mitgetragen werden müssten.¹¹⁷⁵ Dazu hätten Interessengruppen die nicht dem Interesse der Aktionäre verpflichtet seien, die Möglichkeit, Posten in Verwaltungsorganen zu besetzen, was zu einer Fehlsteuerung der Unternehmung führen würde, da möglicherweise Verträge durchgesetzt werden könnten, die nicht marktüblich seien.¹¹⁷⁶

c) Abgleich mit dem empty voting Die risikoentleerte Stimmrechtsausübung wird häufig mit der Situation des Stimmenkaufs verglichen. Denn die Interessenlage ist in beiden Fällen ähnlich: es werden Stimmrechte ohne das dazugehörige Risiko ausgeübt. In beiden Situationen müssen dafür zusätzliche Mittel aufgewendet werden: beim Stimmenkauf der Kaufpreis, bei den risikoentleerten Stimmrechten entweder der Wertpapierdarlehenszins, das Entgelt der Einnahme einer Short-Position oder der entsprechende Derivatepreis. Wie bei disproportionalen Stimmrechtsgestaltungen dreht sich die Diskussion in Bezug auf den Stimmenkauf um die Frage, ob durch den Stimmenkauf eine verbesserte Corporate Governance durchgesetzt werden kann oder ob vornehmlich ein Anreiz besteht, private Vorteile auf Kosten der anderen Aktionäre zu ziehen.

 Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 849 – 854 (2001).  Ruffner, Grundlagen. S. 180. Dies entspricht der Prämisse der Einheit des Risikos von Residualanspruch und Kursrisiko und Stimmrecht.  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 131, 166 (2009).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 839 – 40 (2001).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 839 (2001).  Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 839 (2001).

II. Abgleich mit vergleichbaren Konstellationen

267

Die Rechtsprechung in Delaware hat in jüngster Zeit betont, dass Stimmrecht und wirtschaftliches Risiko zusammenfallen müssten, um eine sinnvolle Ausübung des Stimmrechts zu gewährleisten. Allerdings wurde kein per-se-Verbot von risikoentleerten Stimmrechten ausgesprochen, sondern risikoentleerte Stimmrechte sollen weiterhin am Drei-Stufen-Test gemessen werden. Dessen ursprüngliche Kriterien sahen eine Prüfung vor, inwieweit der Stimmenkauf die Mitaktionäre ihrer Einflussmacht beraubt, ob es zu einem Betrug der Mitaktionäre kommt und ob das Abstimmungsverhalten einem Fairness-Test standhält. Diese Kriterien scheint der Delaware Chancery Court für risikoentleerte Stimmrechte insofern zu modifizieren, dass er eine Prüfung vornimmt, ob wirtschaftliches Risiko und Stimmrecht zusammenfallen und ob kein sonstiges negatives Interesse an der Gesellschaft besteht. Ist dies der Fall, wird kein Test des Beschlussinhalts vorgenommen. Die letztere Entwicklung ist zu begrüßen, da bislang noch nicht klar geworden ist, anhand welcher Kriterien der sog. „test of intrinsic fairness“ vorgenommen werden soll. Gerade bei offenen Entscheidungen, die strategische Fragen betreffen und ein starkes prognostisches Element besitzen, ist der Richter kaum geeignet, zu überprüfen, ob eine bestimmte Entscheidung „richtig“ oder „fair“ ist. Insofern scheint ein Test, ob wirtschaftliches Interesse und Stimmmacht zusammenfallen besser geeignet, einen im Interesse aller Aktionäre liegenden Beschluss der Gesellschaft zu gewährleisten. Allerdings hat sich das Gericht nicht zu der Frage geäußert, welche Rechtsfolge eintritt, wenn, anders als im zu beurteilenden Fall, Stimmmacht und wirtschaftliches Risiko auseinanderfallen. Möglich wären in diesem Fall ein Stimmverbot oder der Rückgriff auf den Fairness-Test.

8. Zusammenfassung Aus der Analyse der mit den risikoentleerten Stimmrechten vergleichbaren Situationen lassen sich zunächst einige Kernpunkte festhalten, die das geltende deutsche Recht betreffen. Daneben ergeben sich Erkenntnisse, die aus der Analyse ausländischer Rechtsordnungen herrühren. Das Auseinanderfallen von Stimmrecht und wirtschaftlichem Risiko soll so weit wie möglich vermieden werden. Dies äußert sich im Abspaltungsverbot und im Proportionalitätsgrundsatz, aber auch in der Diskussion um die Zuordnung des Stimmrechtes bei Treuhandverhältnissen und beschränkt dinglichen Rechten an Aktien. Jeweils wird eine weitgehende Deckung befürwortet, um eine interessengerechte Ausübung des Stimmrechts zu gewährleisten. Diese Übereinstimmung findet sich nicht nur im deutschen Recht. Auch die Richter in Delaware haben immer wieder die Notwendigkeit dieser Einheit betont.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

In Fällen, in denen diese Einheit gelockert wird, sieht das Recht verschiedene Schutzmechanismen vor. In den Fällen disproportionaler Satzungsgestaltungen lebt das Stimmrecht bei nicht gezahlter Vorzugsdividende wieder auf. Zudem ist durch das Bestehen zweier Aktienklassen Transparenz gewahrt, ein Investor entscheidet sich folglich bewusst für stimmrechtslose Vorzugsaktien und ihm ist die veränderte Anreizsituation der stimmberechtigten Aktionäre bekannt. Wird wirtschaftliches Risiko und Stimmrecht bewusst getrennt, weil davon eine bessere Kontrolle erwartet wird, wie bei der Stimmrechtsvertretung und Stimmbindungsverträgen, dann vertraut das Gesetz primär auf die Vertragsfreiheit und nimmt an, dass eine derartige Bevollmächtigung nur vorgenommen wird, wenn dies den Interessen des Aktionärs entspricht. Damit Aktionäre nicht zu Lasten der Mitaktionäre Dritten Einfluss gewähren und sich für die durch diese Dritten gezogenen privaten Vorteile finanziell kompensieren lassen, verbietet das Gesetz die Vereinbarung von finanzieller Kompensation für Stimmrechte. Dies gilt sowohl bei Vollmachtserteilung als auch bei Stimmbindungsvereinbarungen. Ist der Aushandlungsmechanismus gestört, greifen weitere Schutzmechanismen. Bei der geschäftsmäßigen Stimmrechtsvertretung soll der Marktmechanismus eine gegenseitige Kontrolle der Stimmrechtsvertreter und eine Wahlmöglichkeit für die Aktionäre gewährleisten, damit diese informiert abstimmen können. Um den besonderen Interessenkonflikten der Stimmrechtsvertreter entgegenzuwirken, besteht eine Hinweispflicht hinsichtlich typischer Interessenkonflikte. Sieht der Aktionär aufgrund dieses Konfliktes die Stimmrechtsausübung in seinem Interesse nicht mehr gewährleistet, kann er einen anderen Stimmrechtsvertreter mit der Stimmrechtsausübung betrauen. Eine weitergehende Möglichkeit, disproportionale Stimmrechtsstrukturen zu schaffen, besteht durch Stimmbindungsvereinbarungen. Solche Bindungen unter den Aktionären werden als weitgehend problemlos erachtet, weil das gemeinsame Interesse an einer Wertmaximierung der Unternehmung besteht. Insofern wird vermutet, dass ein Aktionär aufgrund der Selbstbetroffenheit diejenigen Maßnahmen befürworten wird, die den Unternehmenswert am meisten steigern. Wird hingegen eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten eingegangen, dann wird eine verstärkte Kontrolle der gefassten Beschlüsse für nötig erachtet. In der französischen Stimmrechtsvertretung existiert ein ähnlicher Mechanismus wie bei den Stimmbindungsverträgen unter Aktionären; hier können nur Mitaktionäre mit der Stimmrechtsvertretung betraut werden. Auch dies kann als Möglichkeit gedeutet werden, die Verfolgung von außerhalb der Gesellschaft liegenden Interessen zu verhindern. Die Rechtsprechung in Delaware vertraut generell auf ein System verstärkter Kontrolle des Beschlussinhalts. Stimmenkauf ist erlaubt, aber die damit gefassten Beschlüsse werden einem gesonderten Test unterzogen, der gewährleisten soll,

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

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dass keine Beschlüsse gefasst werden, die dem Interesse der anderen Aktionäre und damit der Unternehmung zuwiderlaufen. In Auseinandersetzung mit dem empty voting hat der Delaware Chancery Court insbesondere kontrolliert, ob es überhaupt zu einem Auseinanderfallen von Stimmrecht und wirtschaftlichen Interesse kommt und, zumindest für die Situation, dass ein solches nicht vorliegt, den Beschluss keiner inhaltlichen Prüfung unterzogen. Allen beschriebenen Situationen ist somit gemeinsam, dass die Stimmrechtsausübung nicht frei im Ermessen desjenigen liegt, der stimmberechtigt ist, aber kein Risiko trägt. Es ist jeweils ein Schutzmechanismus vorgesehen ist, der wertmindernde Beschlüsse verhindern soll. Eine Möglichkeit ist eine striktere Kontrolle der einzelnen Beschlüsse anhand der Treupflichten, um im Einzelfall zu verhindern, dass private Vorteile gezogen werden. Ebenso wird die „Richtigkeit“ des Beschlusses gewährleistet, wenn eine Abstimmung über die Stimmrechtsausübung mit anderen Aktionären stattfindet, da man sich davon eine Stärkung der Eigentümerkontrolle erhofft und durch die Tatsache, dass die Abstimmung unter Aktionären stattfindet, gewährleistet sieht, dass eine Kontrolle im Interesse aller Aktionäre ausgeübt wird.

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting Ein häufig angeführtes Argument im Rahmen der Diskussion um das empty voting ist, dass es zu einer besseren Verwaltungskontrolle und dadurch zu einem effizienteren Ergebnis führen könnte. Die Verwaltung könnte durch empty voting besser kontrolliert werden, da das empty voting einen Anreiz für besser informierte Aktionäre setze, sich an der Verwaltungskontrolle zu beteiligen. Derartiges Engagement wird zumeist sog. „aktiven Aktionären“ zugeschrieben. Daher wird zunächst das Phänomen des Aktionärsaktivismus vorgestellt und dann analysiert, ob und unter welchen Voraussetzungen es zu einer besseren Verwaltungskontrolle beitragen kann. Danach werden zwei weitere ökonomisch fundierte Argumentationsmuster vorgestellt, die zu dem Ergebnis kommen, dass empty voting aufgrund einer effizienzsteigernden Wirkung positiv zu bewerten sei. Diese beziehen sich nicht nur auf risikoentleerte Stimmrechte, sondern beziehen auch die Situationen bei Vorliegen eines gegenläufigen Investments mit ein.

1. Aktionärsaktivismus Mit dem Begriff des „Aktionärsaktivismus“ wird der Sachverhalt beschrieben, dass einige gut informierte Aktionäre sich aus der „rationalen Apathie“ lösen und

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Druck auf die Verwaltung ausüben, damit diese eine Unternehmenspolitik und Investitionsstrategie verfolgt, die dem Interesse der Aktionäre entspricht. Damit soll die oft beklagte Trennung von „ownership and control“ überwunden werden. Diese Aktionäre sind meist keine Blockaktionäre, sondern nehmen nur eine geringe Position ein. Der Aktionärsaktivismus ist maßgeblich von seinen Akteuren und deren internen Strukturen abhängig. Denn nur durch diese wird gewährleistet, dass die aktiven Aktionäre auf eine Geschäftspolitik hinwirken, die im Interesse aller Aktionäre liegt, und nicht ihre eigenen, gesellschaftsfremden Ziele verfolgen. Daher werden nach einer kurzen Einführung die Akteure vorgestellt und dann deren Strategien näher erläutert.

a) Aktionärsaktivismus in der Publikumsgesellschaft als neue Erscheinung Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass im Falle der kongruenten Interessen der Aktionäre jeder Aktionär, der sich betätigt, ein Streiter für die Interessen aller Aktionäre ist. Wie auch bei Blockaktionären, die die Verwaltung kontrollieren, droht aber auch beim Aktionärsaktivismus die Gefahr der Extraktion privater Vorteile.¹¹⁷⁷ Wie bei einem Großaktionär könnte auch für die aktiven Aktionäre der Anreiz bestehen, nicht die Verwaltung effizient zu kontrollieren und somit die Agency-Kosten aller Aktionäre zu verringern, sondern vornehmlich zum eigenen Vorteil auf das Unternehmen einzuwirken. Diese möglichen Gefahren des Aktionärsaktivismus führen auch dazu, dass dieses Phänomen sehr unterschiedlich beurteilt wird. Während teilweise angenommen wird, die aktiven Aktionäre seien keine geeigneten Kontrolleure und ihre Strategien dienten vornehmlich der Verfolgung von Zwecken und Interessen, die nicht im Interesse aller Aktionäre lägen,¹¹⁷⁸ zeigt sich die Gegenseite davon überzeugt, dass diese neuen Helden des Finanzsystems die Lösung für das lang diskutierte Problem der rationalen Apathie darstellen und Aktionärsaktivismus deshalb zu fördern sei.¹¹⁷⁹  Ruffner, Grundlagen, S. 602.  So Arnold, Kontrolle, S. 93; Habersack, AG 2009, 1, 5, spricht von Aktionären, die sich „aktiv, teils sogar hyperaktiv in den Willensbildungsprozess der Gesellschaft einbringen“.  Euphorisch beispielsweise Schredelseker, Finanzwirtschaft, S. 171 („In seiner [des aktiven Pensionsfondsmanagers, M.M.] Unerbittlichkeit bei der Verfolgung des Shareholder-Value-Gedankens hat er die Sympathie aller. Und er wird seine Rechte als Eigentümer des Unternehmens mit allem Nachdruck und in voller Professionalität einfordern!“). Positiv äußern sich auch Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021 (2007); Briggs, 32 J. Corp. L. 681 (2007); Clifford, Value Creation, S. 30 f.; Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 8 („there is a widely accepted optimistic idea that HFs [Hedge Funds, M.M.] can be beneficial to portfolio companies“); Grundmann, in:

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

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Die bisher durchgeführten empirischen Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die von Hedge Fonds kontrollierten Unternehmen, bessere Ergebnisse erzielen als der Marktdurchschnitt.¹¹⁸⁰ Die Akteure des Aktivismus werden aber weiterhin sehr kritisch betrachtet. Diese sind vor allem sog. Finanzinvestoren, eine Gruppe von Investoren, die erst in den letzten Jahren auf dem deutschen Aktienmarkt tätig geworden ist.¹¹⁸¹ Für eine Einordnung von deren Einflussnahme ist ein Verständnis ihres Geschäftsmodells unerlässlich. Dazu werden die beiden existierenden Typen von Aktivisten und ihre Strategien analysiert und von anderen, schon länger aktiven institutionellen Investoren, insbesondere den klassischen Investmentfonds, abgegrenzt. In einem nächsten Schritt wird dann die Strategie der Aktivisten beleuchtet und deren Neuartigkeit sowie die mit der Strategie verbundenen Gefahren dargestellt. Abschließend werden die Implikationen für einen möglichen effizienzsteigernden Effekt des empty voting dargestellt.

b) Akteure des Aktivismus – die Finanzinvestoren Der Begriff „Finanzinvestoren“ bezeichnet eine Gruppe von Akteuren auf dem Finanzmarkt und dient zur Abgrenzung vom strategischen Investor. Letzterer verfolgt mit seinem Investment nicht nur Renditeziele, sondern darüber hinaus auch andere Ziele, die sich auf die Implementierung einer bestimmten übergreifenden Geschäftsstrategie beziehen.¹¹⁸²

Großkomm. AktG, § 134 Rn. 27; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117 f.; Gaede, Aktionärsverhalten, S. 74 („bisher beste Lösungsmöglichkeit für das Kontrollproblem in der Publikumsgesellschaft“). Auch U. H. Schneider, der den Finanzinvestoren im Allgemeinen sehr kritisch gegenübersteht, erkennt deren grundsätzlich positive Effekte an, vgl. U. H. Schneider, AG 2006, 577. Der europäische Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy plädiert ebenfalls für eine Förderung des Aktivismus, dessen Kritiker seiner Ansicht nach davon ausgingen, „that mangement should be protected from shareholder activism, that they should be wrapped in cotton wool and have their diapers changed hourly. On the contrary we should go on strengthening the rights of shareholders and keep the management under spotlight“, zitiert nach Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1515 f.  Siehe die Studien von Brav/Jiang/Wei/Thomas/Partnoy, 63 JF 1729 (2008) sowie von Klein/ Zur, Shareholder Activism. Siehe auch Ruffner, Grundlagen, S. 476. So auch Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 16, der allerdings anmerkt, dass das Problem des empty voting bei diesen Untersuchungen bislang ausgeblendet geblieben ist. Allerdings weisen R. H. Schmidt/ Spindler, Finanzinvestoren, S. 72 f., auf Studien hin, die eher zu Skepsis Anlass geben, da nach einer anfänglich positiven Bewertung des Einstiegs der aktiven Aktionäre, der Kurs später deutlich unter den Ausgangskurs sinkt.  Seibert, in: FS Westermann, S. 1505.  Vgl. Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2116 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Der Begriff des Finanzinvestors wird in der momentanen Diskussion allerdings zum Teil synonym für zwei relativ neue Akteurstypen auf dem Finanzmarkt verwendet, zum einen für Hedge Fonds und zum anderen für Private Equity Fonds.¹¹⁸³ Dabei ist zu berücksichtigen, dass die trennscharfe Abgrenzung von PrivateEquity- und Hedge-Fond-Strategien kaum möglich ist, da zunehmend beide Akteurstypen auch Methoden verwenden, die idealtypisch eher dem anderen Investorentyp zugeordnet werden. Insoweit besteht eine Entwicklung hin zur Konvergenz.¹¹⁸⁴ Insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise, die die Kreditvergabe durch Banken restriktiver gemacht hat, ist für Private Equity Fonds, deren Geschäftsmodell¹¹⁸⁵ zu einem nicht unerheblichen Teil auf der Steigerung der Eigenkapitalrendite durch die Finanzierung mit großen Mengen von Fremdkapital („leverage“) basierte, das Investment in börsennotierte Gesellschaften eine attraktiv erscheinende Alternative geworden.¹¹⁸⁶ Um die Geschäftsstrategien dieser neuen Akteure soll es im Folgenden gehen. Unter Strategie wird dabei im Allgemeinen die Anlagestrategie auf dem Finanzmarkt verstanden und im Speziellen die Maßnahmen, die ein Hedge Fond oder ein Private Equity Fond nach dem Erwerb einer Beteiligung zu implementieren versucht.

aa) Hedge Fonds Eine einheitliche, allseits anerkannte Definition des Begriffs „Hedge Fond“ existiert nicht.¹¹⁸⁷ Einig ist man sich jedoch über einige Charakteristika. Dazu

 Vgl. z. B. Diekmann, DStR 2007, 445 ff.; Niering, NZI 2008, 146 ff.  Siehe dazu Schäfer, Wahrheit, S. 181, 183 f. Diese Konvergenz äußert sich z. B. darin, dass inzwischen auch Hedge Fonds komplette Unternehmen gekauft haben, andererseits aber auch Private Equity Fonds inzwischen Minderheitsbeteiligungen eingegangen sind und sich aus dieser Minderheitsposition in die Geschäftspolitik des Unternehmens einschalten. Siehe auch Eidenmüller, DStR 2007, 2116; U. H. Schneider, AG 2006, 577; R. H. Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 48 („Unterscheidung […] immer weniger aussagekräftig“), sowie ausführlich Bevilacqua, 54 Buff. L. Rev. 101 (2006).  Siehe dazu noch unten unter Teil 4, III.1.  Siehe dazu Kehoe/Palter, McKinsey on Finance, Nr. 31, 2009, 11, 14.  Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 43; v. Livonius, WM 2004, 60. Auch der deutsche Gesetzgeber hat in den §§ 112 ff. InvG, die Regelungen über in Deutschland aufgelegte Hedge Fonds enthalten, auf eine Definition verzichtet und sich darauf beschränkt, den Anwendungsbereich dann zu eröffnen, wenn der Hedge Fonds als besonders risikoreiche empfundene Mittel (Leerverkauf und Leverage) benutzt. Siehe zu einer kurzen Geschichte der Entstehung von Hedge Fonds Skeel, Behind the hedge.

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

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gehören zum einen die geringe Regulierungsdichte dieser Fonds, die sie besonders flexibel macht,¹¹⁸⁸ die Vergütungsstruktur, die eine starke Partizipation des Managements vorsieht,¹¹⁸⁹ ferner die Tätigung von Leerverkäufen und ein erhöhtes Maß an Fremdkapitaleinsatz zur Steigerung der Rendite der Fondsmittel (Leverage).¹¹⁹⁰ Für eine Kategorisierung der Anlagestrategien ist zu beachten, dass Hedge Fonds kaum Beschränkungen in ihrem Anlageverhalten unterworfen sind und sich daher die verschiedensten Strategien hinter dem Begriff „Hedge Fond“ verbergen können.¹¹⁹¹ Dazu kommt, dass Fonds in jüngerer Zeit dazu übergegangen sind, ihre Strategien zu diversifizieren (sog. multistrategy hedge fonds).¹¹⁹²

(1) Hedge-Fonds-Strategien im Allgemeinen Generell werden im Allgemeinen die folgenden Strategien unterschieden, die jedoch größtenteils keine aktive Einflussnahme auf die Aktiengesellschaften beinhalten und deshalb im Folgenden nur kurz dargestellt werden, um die Vielfältigkeit der Anlagestrategien zu verdeutlichen:¹¹⁹³

(a) Relative Value Hedge Fonds, die dieser Strategie folgen, versuchen Fehlbewertungen von ähnlichen oder voneinander abhängigen Finanzinstrumenten auszunutzen; dies jedoch nicht in Abhängigkeit von der allgemeinen Marktentwicklung, sondern marktunabhängig. Dazu werden Finanzinstrumente, die das Management für relativ unterbewertet hält, gekauft und solche, die das Management für relativ überbewertet hält, leer verkauft. Je nach Anlagegegenstand kann man weiter unterscheiden: Fixed Income Arbitrage Fonds machen sich Fehlbewertungen von festverzinslichen Wertpapieren, komplexen Kreditprodukten wie den Asset Backed  Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 44; Athanassiou, Legal Issues of Economic Integration 35 (2008), 7, 8; Spindler/Bednarz, WM 2006, 553, 554.  Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 45; Athanassiou, Legal Issues of Economic Integration 35 (2008), 7, 8; Spindler/Bednarz, WM 2006, 553, 554.  Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 44; Spindler/Bednarz, WM 2006, 553.  Das, in: Fong, World of Hedge Funds, S. 1, 2 f. Fung/Hsieh, 91 Fed. Reserve Bank Atlanta Econ. Rev. 1, 32 (2006) sprechen von „a myriad of hedge fund strategies that have no uniform definition“.  Siehe Fung/Hsieh, 91 Fed. Reserve Bank Atlanta Econ. Rev. 1, 32 (2006).  Kategorisierung in Anlehnung an v. Livonius, WM 2004, 60, 61. Siehe auch Single, Die Bank 2001, 478, 479 f.; Luttermann/Backmann, ZIP 2002, 1017, 1018, sowie Ricke, BKR 2004, 60, 61 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Securities oder Anleihen mit Optionselementen zunutze. Dabei wird das Ergebnis häufig durch den Einsatz von großen Mengen an Fremdkapital gehebelt, da die Bewertungen meist nur in geringem Maße voneinander abweichen. Equity Arbitrage Fonds nutzen die Fehlbewertungen bei Aktien, Bezugsrechten und anderen aktienähnlichen Wertpapieren. Convertible Arbitrage Fonds versuchen, Ungenauigkeiten, die der Preisbildung bei Wandelanleihen anhaften, auszunutzen. Lässt sich somit eine Wandelanleihe, die das Recht, eine Aktie zu erwerben gewährt, billiger erwerben als die Aktie selbst, so kauft der Fond, übt das Recht zum Aktienerwerb aus und verkauft die Aktie dann zu dem höheren Preis.

(b) Directional Trading (opportunistic) Fonds, die eine Directional-Trading-Strategie verfolgen, versuchen durch betriebsund volkswirtschaftliche Analysen Kurs- und Marktentwicklungen vorherzusehen und diese auszunutzen. Auch hier wird weiter nach den Vermögenswerten, in die investiert wird, bzw. nach den Anlageregionen unterteilt: Equity Hedge Fonds investieren in Aktien und versuchen durch Kauf und Leerverkauf den von ihnen angenommenen Markttrend auszunutzen. Global Macro Fonds analysieren mit Hilfe makroökonomischer Methoden Märkte, politische Ereignisse und Kapitalströme und versuchen mit Hilfe der Ergebnisse durch Spekulation mit Aktien, Devisen und Rohstoffen Gewinn zu erzielen. Emerging Markets Fonds verfolgen dieselbe Strategie, beschränken sich dabei aber auf sich noch in der Entwicklung befindliche Schwellenländer.

(c) Event Driven Event-Driven-Strategien zeichnen sich dadurch aus, dass Nutzen aus außergewöhnlichen Unternehmensereignissen wie Übernahmen, Restrukturierungen und Insolvenzen gezogen werden soll. Diese werden nach ihren Anlageobjekten weiter unterschieden: Distressed Securities Fonds nutzen den Preisverfall von Wertpapieren eines Emittenten, der in eine Krise geraten ist, und kaufen diese auf, wenn sie das Unternehmen als gut aufgestellt und positioniert bewerten und deshalb davon ausgehen, dass es seine Kredite mittelfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit wird bedienen können. Merger Arbitrage Fonds konzentrieren sich auf mögliche Übernahmen und versuchen von den steigenden Kursen, die einer Übernahme meist vorausgehen, zu profitieren.

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(2) Interne Struktur von und rechtliche Anforderungen an Hedge Fonds sowie Implikationen für die effektive Überwachung von Unternehmen Als großer Vorteil der Hedge Fonds für ihre Tätigkeit als Aktivisten wird ihre weitgehende Freiheit von nicht wirtschaftsbezogenen Interessen und ihre Orientierung an einem absoluten Gewinn erachtet. Sie unterliegen daher nicht in gleichem Maße den im zweiten Teil beschriebenen Anreizverzerrungen der sonstigen institutionellen Investoren.¹¹⁹⁴ In der amerikanischen Diskussion werden als weiteres Beispiel Pensionsfonds genannt, die von Politikern gelenkt und überwacht werden.¹¹⁹⁵ Diese müssten sich auch keinem Wettbewerb um Kapital und keiner intensiven Kontrolle durch ihre Kapitalgeber stellen. Damit fehlen ihnen die Anreize, die Unternehmen, in denen sie investiert sind, zu größtmöglicher Effizienz anzuhalten.¹¹⁹⁶ Einen weiteren Vorteil stellt insofern die Vergütungsstruktur der Hedge Fonds dar, die eine starke Gewinnbeteiligung der FondManager vorsieht. Damit besteht für diese ein Anreiz, auf eine überdurchschnittliche Leistung des überwachten Unternehmens zu drängen.¹¹⁹⁷ Zudem besteht für Hedge Fonds keine gesetzliche Notwendigkeit, sich zu diversifizieren, weshalb sie einige wenige größere Positionen einnehmen können. Ihre Strategie kann langfristiger sein, da es sich bei Hedge Fonds um geschlossene Fonds handelt und daher kein plötzlicher Abfluss von Kapital droht.¹¹⁹⁸  Siehe zur Anreizstruktur dieser Fonds und den sich daraus ergebenden Problemen oben unter Teil 2, II.2.  Zu diesen Akteuren und anderen, die neben einer Wertsteigerung der Unternehmung andere Interessen verfolgen Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1057– 62 (2007). Auch Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 712 (2007), weist auf die politischen Interessen von Pensionsfonds hin, die zu einem Missbrauch des Systems der Proxy-Proposals in den Vereinigten Staaten geführt hat. Diese politischen Interessen haben auch generell zu einer kritischen Haltung gegenüber Intermediation durch institutionelle Investoren bei einem Teil der amerikansichen Literatur geführt, siehe Tuerks, Proxy, S. 152.  Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1059 (2007).  Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1064– 65 (2007); Ackermann/McEnally/Ravenscraft, 3 JF 833, 836 – 38 (1999); Clifford, Value Creation, S. 26 f.; Brav/Jiang/Thomas/Partnoy, Hedge Fund Activism, S. 35; Wymeersch, 4 European Company Law 50, 55 (2007); Schmolke, ZGR 2007, 701, 724; Gaede, Aktionärsverhalten, S. 59. Kritisch zu diesem Anreizsystem, das tendenziell dazu führen würde, dass sich Hedge Fonds zweifelhafter Techniken, wie beispielsweise des empty votings, bedienen würden Skeel, Behind the hedge.  Yermack, Shareholder Voting and Corporate Governance, S. 26. Das deutsche Investmentrecht legt grundsätzlich das Modell des offenen Fonds zugrunde, weshalb auch Hedge Fonds nach den §§ 112 ff. InvG prinzipiell jederzeit zurückgenommen werden müssen. Allerdings besteht für sie die Möglichkeit, die Rücknahme auf bestimmte Termine, maximal im Abstand von drei Monaten zu beschränken, § 116 Satz 1 InvG. In diesen Fällen muss die Rücknahme 40 Tage vorher angekündigt werden, § 116 Satz 2 InvG. Die Rückzahlung muss dann unverzüglich erfolgen, spätestens 50 Tage nach Rückgabe, § 116 Satz 3 InvG. Der Fond hat dadurch

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Somit sind Hedge Fonds aufgrund ihrer hohen Flexibilität, ihrer weitgehenden Unabhängigkeit und der internen Anreizstruktur besser als Kontrolleure von Unternehmen geeignet als klassische institutionelle Investoren, die verschiedenen Interessenkonflikten unterliegen.¹¹⁹⁹ Zwar treten auch bei Hedge Fonds Interessenkonflikte auf, wie die Fälle des gegenläufigen Investments zeigen. Die bisherigen Äußerungen in der Literatur gehen allerdings dahin, derartige Konflikte punktuell zu regeln und nicht den Nutzen der Hedge Fonds als Kontrolleure der Verwaltung generell in Frage zu stellen.¹²⁰⁰

bb) Private Equity Fonds Private Equity umfasst Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen. Auch dieser Begriff ist nicht absolut trennscharf umrissen und erfasst je nach Definition verschiedene Geschäftsmodelle.¹²⁰¹ So wird zum Teil auch die Venture Capital-Finanzierung, also das Bereitstellen von Kapital an junge, meist nicht börsennotierte Unternehmen, unter den Begriff gefasst, teilweise auch die Bereitstellung von sog. Mezzanine-Kapital, einer Form des Fremdkapitals, das durch schuldrechtliche Abreden von seiner Risikostruktur sehr stark dem Eigenkapital angenähert ist. Im Zuge der Konvergenz der Strategien gibt es heute auch Private Equity Fonds, die in börsennotierte Unternehmen investieren und dort auf eine Wertsteigerung dieser Investition hinwirken. Diese sind im Zusammenhang mit der aktiven Strategie allein von Interesse. Für die internen Strukturen der Private Equity Fonds gilt insbesondere hinsichtlich der Abwesenheit von Interessenkonflikten, der Anreizstruktur für das Fond-Management sowie die Möglichkeit der strategischen Beteiligung weitgehend das für Hedge Fonds Gesagte.

Zeit, seine Positionen aufzulösen. Allerdings ist die Zahl von Hedge Fonds, die bislang nach § 112 ff. InvG organisiert sind, äußerst gering und hat bei den bisherigen Fällen des Aktionärsaktivismus keine Rolle gespielt.  Ähnlicher Befund bei Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 711 (2007); Ackermann/McEnally/Ravenscraft, 3 JF 833, 870 – 71 (1999); Gaede, Aktionärsverhalten, S. 60; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117 f.  Siehe Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2118 („nicht […] ein generell auftretendes, sondern […] ein Einzelfallproblem“); Gaede, Aktionärsverhalten, S. 68.  Gündel/Katzorke, Private Equity, S. 26.

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c) Aktive Strategie aa) Vorgehensweise der Aktivisten In den letzten Jahren haben die beschriebenen Finanzinvestoren eine neue Strategie verfolgt, die auf aktive Beeinflussung der Geschäftspolitik einzelner Unternehmen abzielt, an denen diese Fonds eine meist nur kleine Beteiligung halten.¹²⁰² Spektakuläre Fälle sind etwa der Fall der Deutschen Börse AG¹²⁰³ sowie die scharfen Angriffe gegen das Management des Unternehmens IWKA¹²⁰⁴.¹²⁰⁵ Grund für diese Neuorientierung sind die sinkenden Renditechancen bei den „klassischen“ Strategien, die aus einer immer größeren Zahl von Hedge Fonds mit ähnlichen Strategien resultieren.¹²⁰⁶ Bei Equity Fonds liegt der Grund für solches Engagement vornehmlich in der für ihr Geschäftsmodell prohibitiv restriktiven Kreditvergabe durch die Banken aufgrund der Wirtschaftskrise und der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten.¹²⁰⁷ Aktives Aktionärsverhalten hat in den letzten Jahren somit zunehmend an Bedeutung gewonnen.¹²⁰⁸ Auch wenn nur ein relativ geringer Anteil des von allen Hedge Fonds verwalteten Kapitals auf Fonds mit aktiven Strategien entfällt,¹²⁰⁹ so besitzen diese Aktivisten im Einzelfall doch großen Einfluss auf ein einzelnes Unternehmen und sind so auch am ehesten geeignet, Änderungen in der konkreten Geschäftsausrichtung zu bewirken. Ihre Strategie lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Sie analysieren Unternehmen und versuchen Ineffizienzen aufzudecken. Dann investieren sie und wirken darauf hin, diese Ineffizienzen zu beseitigen, um von einem steigenden Aktienkurs zu profitieren.¹²¹⁰ Beispiele sind die Forderung nach der Zerschlagung eines Mischkonzerns oder nach dem Fallenlassen von Expansionsplänen. In

 Zum vermehrten Auftreten dieser Strategie siehe Davies/Platts, 24 JIBFL 100 (2008); Thaeter/Guski, AG 2007, 301, sowie Duve/Basak, BB 2006, 1345.  Siehe dazu Kamp/Krieger, Aktivitäten, S. 54 ff.  Siehe dazu Kamp/Krieger, Aktivitäten, S. 53 f.  Siehe für weitere Fälle, in denen sich aktive Aktionäre an börsennotierten Gesellschaften beteiligt hatten R. H. Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 271, Fn. 843.  Siehe Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 684 (2007).  Siehe dazu Kehoe/Palter, McKinsey on Finance, Nr. 31, 2009, 11, 14.  Vgl. Davies/Platts, 24 JIBFL 100 (2008).  Siehe Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1046 (2007). Die Autoren zitieren aus einer Studie der Investmentbank J. P. Morgan, derzufolge nur fünf Prozent des gesamten Hedge FondVermögens, also in etwa 50 Milliarden US-Dollar für aktivistische Strategien verwandt würden. Siehe auch Wymeersch, 4 European Company Law 50, 53 (2007); Schmolke, ZGR 2007, 701, 717 f.  Wymeersch, 4 European Company Law 50, 53 (2007).

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diesem Zusammenhang wird auch häufig die Ausschüttung von Eigenkapitalrücklagen an die Investoren gefordert.¹²¹¹ Die Fonds bedienen sich dabei verschiedenster Methoden:¹²¹² von öffentlichem Druck auf das Management bis zur unauffälligen Einflussnahme in Form direkter Absprache mit der Verwaltung, ohne die Drohkulisse einer möglichen Auswechslung des Managements aufzubauen.¹²¹³ Zum anderen scheuen aktive Finanzinvestoren auch nicht vor der Anwendung rechtlicher Mittel zurück und stellen ihre eigenen Vorschläge zur Abstimmung (proxy voting im anglo-amerikanischen Gesellschaftsrecht¹²¹⁴) oder verklagen ehemalige oder gegenwärtige Mitglieder des Vorstands. Der maßgebliche Unterschied der aktiven Aktionäre zu den sonstigen institutionellen Investoren ist, dass erstere nicht nur Verbesserungen des Systems der Unternehmensführung (Corporate Governance), wie etwa eine transparentere Rechnungslegung, fordern, sondern darüber hinaus aktiv Einfluss auf die Geschäftsführungsmaßnahmen und die strategische Ausrichtung des Unternehmens nehmen.¹²¹⁵ Insgesamt wird dieser Strategie zugetraut, nachhaltig das Machtgleichgewicht innerhalb börsennotierter Aktiengesellschaften zu verschieben. Teilweise wird eine Entwicklung vom „imperial CEO“ hin zum „imperial stockholder“ gesprochen.¹²¹⁶ Vorsichtigere Stimmen bezweifeln einen Paradigmenwechsel im Recht der Aktiengesellschaft, gehen aber trotzdem davon aus, dass es zu erheblichen Machtverschiebungen kommt.¹²¹⁷

bb) Beurteilung der aktiven Strategie vor dem Hintergrund des Principal-Agent-Konflikts Prinzipiell ist das Verhalten der Aktivisten zu begrüßen, denn sie vermögen mit ihrem Sachverstand die Verwaltung zu kontrollieren und werden somit im Interesse aller Aktionäre tätig. Sie entwickeln Alternativen zu den vom Management vorgeschlagenen Plänen und erzeugen Druck auf das Management, seine eigenen Vorschläge zu erläutern und die Unternehmensführung am Interesse der Aktio Beispielhaft der Fall der Deutschen Börse AG sowie Carl Icahns Vorgehen bei Time Warner.  Siehe hierzu Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1029 pp. (2007).  Briggs, 32 J. Corp. L. 681, 708 – 09 (2007); Schaefer, NZG 2007, 900 f.  Siehe dazu Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 398 ff.  Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1043 (2007). Siehe zu den institutionellen Investoren und deren Einflussnahme auf die Corporate Governance Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1247 (2009), m.w.N.  So der in Amerika bekannte Gesellschaftsrechtsanwalt Martin Lipton, zitiert nach Kahan/ Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1083, n. 263 (2007)  Wymeersch, 4 European Company Law 50, 54 (2007).

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näre auszurichten.¹²¹⁸ Damit wird der grundsätzlich weite Spielraum des Managements eingegrenzt, das Unternehmen effizienter geführt. Für die anderen Aktionäre hat dies auf den ersten Blick nur Vorteile. Denn sie profitieren von der Wertsteigerung der Anlage, die durch die Tätigkeit von Hedge Fonds erreicht wird, ohne dass ihnen dadurch Kosten entstehen. Betrachtet man die Gesamtheit der Aktionäre so werden die Agency-Kosten, die zur Überwachung des Managements aufgewendet werden müssen, erheblich gesenkt. Denn nicht jeder einzelne Aktionär muss sich informieren, sondern der aktive Investor tritt als Interessenwahrer aller Aktionäre auf. Er fungiert als Meinungsführer¹²¹⁹ und bietet Alternativen zu den Plänen der Verwaltung. Dies hat sich auch in der Praxis gezeigt: wo Hedge Fonds mit ihren Vorschlägen die Initiative ergriffen haben, konnten sie anscheinend oftmals andere Investoren, die sich ansonsten passiv verhalten haben, überzeugen. In der Folge wurde die Verwaltung überstimmt und zu einer anderen Geschäftsstrategie gezwungen.¹²²⁰ Diese Kontrollfunktion der Aktivisten muss nicht auf das Management beschränkt bleiben. Auch die in Deutschland häufig zu findenden Blockaktionäre, die hinter der Verwaltung stehen und versuchen, private Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen zu extrahieren, müssen sich den Fragen von aktiven Aktionären stellen und kommen somit unter Rechtfertigungsdruck. Denn sie laufen Gefahr, dass durch die Meinungsführerschaft der Aktivisten ihre Mehrheit unter Druck gerät, wenn sich die anderen Aktionäre hinter dem Aktivisten versammeln, und sie ihre Ziele nicht mehr durchsetzen können.

cc) Gefahren aktiver Aktionärsstrategien Diese positiven Effekte stellen sich allerdings nur unter bestimmten Bedingungen ein. Die Senkung der Agency-Kosten aller Aktionäre zur Überwachung der Verwaltung ist nur dann gegeben, wenn sich die übrigen Aktionäre darauf verlassen können, dass die aktiven Aktionäre mit ihrer Kontrollausübung nicht ganz andere, vielleicht sogar der Gesellschaft schadende Interessen verfolgen.¹²²¹

 Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 303 f.  Siehe zu Meinungsführerschaft und Abstimmungsverhalten oben unter Teil 2, II.2.  R. H. Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 62, die aus der hohen Erfolgsquote und der Bereitschaft des Mangements, sich auf die Vorschläge der Hedge Fonds einzulassen, schließen, dass diese auf Zustimmung der anderen Aktionäre treffen.  Ähnlich verhält es sich beim Markt für Stimmrechtsvertretung, der ja auch darauf gerichtet ist, die Agency-Kosten der Management-Überwachung zu senken. Siehe dazu Cole, 76 Wash. L. Rev. 793, 809 (2001).

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Als Beispiel kann der Fall der Deutschen Börse AG dienen.¹²²² Dort haben die engagierten Hedge Fonds mit der Verhinderung der Übernahme der London Stock Exchange möglicherweise nicht die positive Entwicklung der Deutschen Börse AG im Blick gehabt, sondern wollten mit der Spekulation auf einen fallenden Kurs der London Stock Exchange Gewinn machen. Müssen aber die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre mit einer Verfolgung gegenläufiger Interessen rechnen, so relativiert sich die Ersparnis der Agency-Kosten vollkommen, denn nun müsste jedem Vorschlag eines aktiven Aktionärs misstraut werden und jeder Aktionär müsste dessen Interessenlage prüfen. Das Problem wird zwar in gewissem Umfang dadurch entschärft, dass Aktivisten häufig in Gruppen auftreten und deshalb gegenseitige Kontrolle über die jeweiligen Vorschläge ausüben;¹²²³ aufgehoben wird es dadurch jedoch nicht. Im Zweifel hätte ein gehäuftes Auftreten derartiger Konflikte eine Diskreditierung aktiver Strategien zur Folge und könnte dazu führen, dass nicht mehr dem meinungsführenden aktiven Investor vertraut wird, sondern dass die anderen Aktionäre regelmäßig für die Vorschläge der Verwaltung stimmen. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Kontrolle der Verwaltung im Allgemeinen und würde sogar zu einer Verschärfung des Principal-AgentProblems führen, da die Verwaltung jegliche Aktionärsinitiativen als Sonderinteressen verfolgend diskreditieren könnte. Eine Rechtsordnung, die einerseits die von aktiven Aktionärsstrategien ausgehenden Vorteile nutzen will, andererseits aber einen Verlust des Vertrauens in die Kapitalanlage „Aktie“ verhindern will, muss versuchen, aktives Aktionärsverhalten zu befördern, aber gleichzeitig mögliche Interessenkonflikte einzudämmen, sei es durch konkrete Verbote, sei es durch die Pflicht zur Publizität über bestehende Interessenkonflikte, da die Aktivisten ansonsten mit ihrer Einflussnahme das Vertrauen der Kapitalmärkte in Aktiengesellschaften unterminieren könnten.¹²²⁴

dd) Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung Der Fall Deutsche Börse macht zusätzlich ein Problem deutlich, das bislang in der Literatur noch nicht diskutiert wurde. Wird Dritten Einfluss gewährt, sei es bei Stimmbindungsverträgen oder beim Stimmenkauf nach US-amerikanischem Recht, dann ist der rechtliche Anknüpfungspunkt einer Korrektur derartiger Konflikte der Hauptversammlungsbeschluss. Sowohl die Treupflichtlehre, die bei  Siehe die Darstellung oben unter Teil 1, I.3.  Siehe zu dieser gegenseitigen Kontrolle Gaede, Aktionärsverhalten, S. 70.  Ähnliche Einschätzung bei Engert, ZIP 2006, 2105, 2113; Allaire/Firsirotu, Hedge Funds, S. 16 f.

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Stimmbindungsverträgen mit außenstehenden Dritten bemüht wird, als auch die Vote-Buying-Doktrin des amerikanischen Rechts, setzen hier an und wollen die Mitaktionäre durch eine Inhaltskontrolle schützen. Dies ist allerdings problematisch, wenn Aktivisten im Stillen wirken und es gar nicht zu einem Hauptversammlungsbeschluss kommt. In diesen Fällen schützt eine Beschlusskontrolle nicht, da sich die Verwaltung allein einer angedrohten Ausübung der Stimmmacht beugt.

d) Strategien zur Förderung des Aktivismus – risikoentleerte Stimmrechte als Anreiz zur aktiven Überwachung? Es stellt sich die Frage, wie die wünschenswerten Effekte aktiver Aktionärsstrategien gefördert, gleichzeitig aber auch die notwendige Überwachung gewährleistet werden kann. Denn aktive Strategien sind teuer und ein rational handelnder Akteur wird eine aktive Strategie daher nur dann wählen, wenn die Kosten der Überwachung die daraus resultierenden Gewinne nicht übersteigen.¹²²⁵ Das Trittbrettfahrerproblem informierter Stimmrechtsausübung besteht in diesen Situationen weiter. Denn die Aktivisten profitieren nur in dem Umfang, in dem sie beteiligt sind, der Rest der Wertsteigerung kommt den anderen Aktionären zu. Dies macht aktive Strategien tendenziell unattraktiver.¹²²⁶ Es ist vor allem teuer, eine Blockposition aufzubauen, da dadurch das firmenspezifische Risiko mitgetragen werden muss, das dem Aktivisten nicht entschädigt wird; er hat in geringerem Umfang die Möglichkeit, seine Anlagen zu diversifizieren.¹²²⁷ Damit steht der Aktivist vor einem Dilemma. Entweder er nimmt eine hinreichend große Position ein. Dann allerdings besteht ein Anreiz, eine risikoaverse Unternehmenspolitik der Verwaltung zu unterstützen, da ansonsten bei schlechter Rendite der Anlage der Gesamterfolg des Fonds leidet. Oder er nimmt eine geringe Position ein und vertraut darauf, die anderen Aktionäre überzeugen zu können und möglicherweise Stimmrechtsvollmachten einzuwerben. Dies bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten, da eine Tendenz der Aktionäre besteht, der Verwaltung zu vertrauen.¹²²⁸ Auch der Markt für Stimmrechtsvertreter hat es bislang nicht vermocht, eine aktive Kontrolle zu gewährleisten. Ohne eine hinreichend große Position droht somit mangels Stimmmacht das Scheitern der aktiven Strategie.

 Ruffner, Grundlagen, S. 448.  Ruffner, Grundlagen, S. 175, 449.  Ruffner, Grundlagen, S. 448 f.  Siehe dazu die Ergebnisse im zweiten Teil der Untersuchung. Die mangelnde Funktionsfähigkeit der Stimmrechtsvertretung wird als Argument für die Zulässigkeit des vote buying angeführt, siehe dazu oben unter Teil 4, II.7.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Dies wiederum macht einen Verlust durch die Strategie wahrscheinlicher und wirkt abschreckend. Insoweit könnte die Zulassung von empty voting, zumindest in bestimmten Ausprägungen, einen Anreiz zur Verfolgung von aktiven Strategien darstellen, indem es hilft, ein größeres Drohpotenzial für das Management oder andere Blockaktionäre aufzubauen und Vorschläge gegen deren Willen durchzusetzen. Indiz dafür, dass risikoentleerte Stimmrechte aktive Strategien begünstigen, ist die Tatsache, dass sich schon heute Hedge Fonds dieser bei der Verfolgung von aktiven Strategien bedienen.¹²²⁹ Manche Formen des risikoentleerten Abstimmens könnten für die ansonsten mit dem Halten einer Blockposition verbundenen Nachteile Abhilfe schaffen und so eine aktivere Kontrolle befördern.¹²³⁰ Grund könnte sein, dass aktive Strategien durch risikolose Stimmrechte kostengünstiger werden. Denn wenn ein Stimmrecht risikolos ausgeübt werden kann, dann steigt die Möglichkeit der Einflussnahme in der Gesellschaft und damit der wirksameren Überwachung des Managements, während auf der anderen Seite die Kosten für diesen Einfluss geringer bleiben.¹²³¹ Durch die erhöhte Stimmmacht könnte ein aktiver Aktionär Einfluss nehmen wie ein Blockaktionär, hätte aber nicht den Nachteil, sein Risiko in einer Beteiligung zu konzentrieren. Hat er aber eine geringere wirtschaftliche Beteiligung, dann wird er nicht zu einer konservativeren Unternehmenspolitik tendieren, sondern eine wertsteigernde Politik im Interesse aller Aktionäre durchzusetzen versuchen. Wiederum droht, wie bei allen disproportionalen Strukturen, das Ziehen privater Vorteile durch den aktiven Aktionär, der über erhöhte Stimmmacht verfügt.

e) Zusammenfassung Aktionärsaktivismus ist ein erst in jüngerer Zeit gehäuft auftretendes Verhalten von Aktionären, die versuchen, Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens zu nehmen und dadurch Unterbewertungen der Aktie zu beseitigen und Gewinn zu erzielen. Akteure des Aktivismus sind vornehmlich die sog. Finanzinvestoren, also Hedge Fonds und Private Equity Fonds. Diese sind aufgrund ihrer Anreizstruktur und der nur schwachen Regulierung besonders geeignet, schnell

 Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 10 („the employment of financial engineering contracts (which may result in empty voting) is an important feature in the HF [Hedge Fund, M.M.] activist strategy“).  Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1261 (2009); Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 9.  Die Hoffnung der effizienteren Überwachung durch eine Verbindung von empty voting und aktiven Aktionärsstrategien äußern Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 820 – 21, 852 (2006).

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Positionen in Aktiengesellschaften aufzubauen und diese dann scharf zu kontrollieren. Dazu kommt, dass sie im Vergleich zu klassischen Investmentfonds sowie Pensionsfonds weniger Interessenkonflikten unterliegen und so die Unternehmen im Interesse aller Aktionäre überwachen. Sie wirken daher potenziell für alle Aktionäre und entsprechen eher dem Bild des „interested and attentive shareholder“¹²³², der Grundannahme des Stimmrechtsmechanismus ist. Damit dies gewährleistet ist und die Überwachungsleistung der Hedge Fonds zu einer Minderung der Agency-Kosten der Gesamtheit der Aktionäre führt, muss die Rechtsordnung dafür Sorge tragen, dass die Aktivisten ihren Einfluss nicht missbrauchen, um damit gesellschaftsfremde Zwecke zu verfolgen. Dies gilt einerseits hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens, d. h. wenn sie Stimmrechte ausüben, seien es risikoentleerte Stimmrechte oder auch generell Stimmrechte. Andererseits gilt es auch dann, wenn sie sich als Stimmführer gerieren und andere Aktionäre von ihrer Strategie zu überzeugen versuchen. Auch in diesen Konstellationen muss ein rechtlicher Schutzmechanismus gefunden werden, der verhindert, dass die aktive Strategie zur Verfolgung von gegenläufigen Interessen genutzt wird. Ist dies jedoch gewährleistet,versprechen aktive Aktionärsstrategien eine Verbesserung der Verwaltungsüberwachung und sollten daher gefördert werden. Die Zulassung risikoentleerter Stimmrechte kann dazu beitragen, einen Anreiz zur Verfolgung dieser Strategien zu setzen. Dies gilt allerdings nicht für das gegenläufige Investment – ist ein solches Grund für die Einflussnahme drohen Schäden für Mitaktionäre und Unternehmensführung. Eine Lösung für die im dritten Teil erarbeiteten Interessenkonflikte muss diese beiden Aspekte im Auge behalten. Da es sich um die Regelung eines neu auftretenden Phänomens handelt, sollte Vorsicht walten. Insbesondere da positive Auswirkungen auf die Verwaltungskontrolle durch risikoentleerte Stimmrechte nicht ausgeschlossen sind, sollte nicht zu weitgehend eingegriffen werden. Zuerst sollte man die Akteure nach eigenen Lösungen suchen lassen.¹²³³ Würde man ein vollständiges Verbot von risikoentleerten Stimmrechten statuieren, so wäre eine Minderung des PrinzipalAgenten-Konflikts auf jeden Fall ausgeschlossen.¹²³⁴

 Easterbrook/Fischel, 26 J. L. & Econ. 395, 422 (1983).  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 250 (2008); Schouten, Voting Efficiency, S. 50 f.  So generell zur Vorsicht mahnend hinsichtlich der Regulierung des empty voting Davies/ Enriques/Hertig/Hopt/Kraakman, in: Kraakman/Armour, Anatomy, S. 305, 314. Mit dieser Begründung ein per-se-Verbot der risikoentleerten Stimmrechtsausübung ablehnend Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 10 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

2. Potential des Empty Voting als Anreiz für Informationssuche – das Modell von Kobayashi und Ribstein Ein weiterer Ansatz, positive Effekte des empty voting zu begründen, betont die Anreizfunktion des empty voting zur Informationssuche und wurde von Kobayashi und Ribstein entwickelt.¹²³⁵ Ihre Untersuchung umfasst dabei verschiedene Fallgruppen, anhand derer sie zeigen, dass der Aktienmarkt dazu dienen kann, die erwünschte Suche nach Informationen zu belohnen und damit eine positiv zu bewertende Anreizfunktion haben kann.¹²³⁶ Kobayashi und Ribstein kritisieren an den bisherigen Untersuchungen, dass diese vornehmlich die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung entgegen den Interessen der Gesellschaft thematisierten.¹²³⁷ Dieser Perspektive halten sie entgegen, dass bei einer zu weitgehenden Regulierung des empty voting die Akteure ihren Anreiz zur Informationssuche verlieren würden, da sie die aus ihrer Informationssuche resultierenden Gewinne nicht selbst realisieren könnten.¹²³⁸ Jeglicher Handel, der nicht Insiderhandel sei, könne die Markteffizienz verbessern und sei deshalb generell wünschenswert.¹²³⁹

a) Empty voting als Mittel zur Durchsetzung wertsteigernder Übernahmen Als Beleg dafür führen Kobayashi und Ribstein zunächst den Perry-Mylan-Fall an.¹²⁴⁰ Sie erkennen an, dass sich der Hedge Fond Perry in diesem Fall seines Risikos entledigt und seine Stimmmacht gekauft hat,¹²⁴¹ gehen aber davon aus, dass dies im Gesellschaftsrecht kein Problem sei, da alle Aktionäre dieselben Interessen hätten.¹²⁴² Sie gestehen zu, dass es in dieser Konstellation möglicherweise zu wertmindernden Transaktionen kommen könnte; denn es gäbe einen Fehlanreiz, der zu einer Vermögensverschiebung von den Mitaktionären zum risikoentleert Abstimmenden führen könnte,¹²⁴³ unter dem möglicherweise auch die

 Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21 (2006).  Als weitere Fallgruppen untersuchen sie die Möglichkeit, negative Informationen zu kommerzialisieren, die ein politischer Aktivist über rechtswidriges Verhalten eines Unternehmens gesammelt hat oder den Leerverkauf eines zukünftigen Konkurrenten, der durch die Gewinne aus den Leerverkäufen die Markteintrittsbarrieren absenkt.  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 23 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 25 – 26 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 27 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 27 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 38 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 39 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 39 (2006).

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

285

institutionelle Effizienz, d. h. das Vertrauen, das die Marktteilnehmer dem Kapitalmarkt entgegenbringen, leiden könnte.¹²⁴⁴ Im konkreten Fall sei die Abstimmung über die Übernahme von King Pharmaceuticals sehr knapp gewesen, da schon eine Position von unter zehn Prozent ausgereicht habe, um den Wahlausgang zu beeinflussen. Folglich müsse es sich bei der Übernahme um eine Entscheidung im Sinne der Gesellschaft gehandelt haben. Selbst wenn dem nicht so gewesen sei, dann könnten nur geringe Verluste entstanden sein.¹²⁴⁵ Laut Kobayashi und Ribstein ist nicht die Perspektive einer einzelnen Gruppe von Aktionären, im konkreten Fall also nur der von King oder von Mylan, entscheidend. Man müsse vielmehr genau untersuchen, zu wessen Gunsten Vermögensverschiebungen stattfinden. Denn heute seien bei der Mehrzahl der Anleger hochdiversifizierte Portfolios Standard, das homogene Interesse aller Aktionäre einer Gesellschaft also nicht mehr gegeben. Hochdiversifizierte Aktionäre hätten folglich eher eine Präferenz für eine Strategie, die den Wert von Portfolios maximiert und nicht den Wert einer einzelnen Firma steigert.¹²⁴⁶ Wenn beispielsweise ein Anleger Aktien beider Firmen hält, wie also Perry im MylanFall, so könne eine Überzahlung durchaus rational sein.¹²⁴⁷ Große, nicht diversifizierte Aktionäre könnten demgegenüber derartige, für diversifizierte Aktionäre wünschenswerte Transaktionen behindern.¹²⁴⁸ Es hätte des Stimmenkaufs in Form des empty voting nur bedurft, damit Barrieren überwunden wurden, die gegen den Zusammenschluss bestanden, da die diversifizierten Aktionäre nicht direkt miteinander verhandelt hätten.¹²⁴⁹ Denn Perry hatte nach Vermutung von Kobayashi und Ribstein Informationen, dass die Übernahme von King durch Mylan zu einem Effizienzvorteil führen würde, insbesondere für King. Deshalb hätte Perry KingAktien gekauft. Diese wären nach der Meinung von Perry unterbewertet gewesen, weil die Möglichkeit bestand, dass die wertsteigernde Übernahme durch eine Ablehnung der Mylan-Aktionäre nicht zustande käme. Deshalb hätte Perry, um diesen Informationsvorteil, nämlich das Wissen um die Wertsteigerung durch die Übernahme, tatsächlich realisieren zu können, bei Mylan risikoentleert abgestimmt und somit die Wertsteigerung von King ermöglicht.¹²⁵⁰  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 39 (2006). Siehe zur institutionellen Effizienz bereits oben unter Teil 4, I.3.  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 40 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 41 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 41 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 43 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 43 (2006).  Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 43 (2006) („But Perry may not have been willing to make the gamble without the opportunity to, in effect, load the dice by buying the Mylan vote“).

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

Das empty voting gab Perry die Möglichkeit, die Informationen über die Wertsteigerungen der Übernahme durch Einflussnahme auf eine Gesellschaft durchzusetzen und zu realisieren. Da ein Großteil der Investoren heute institutionell sei und damit weit diversifiziert, sind nach Ansicht von Kobayashi und Ribstein die in der Literatur vorgetragenen Regulierungsvorschläge abzulehnen.¹²⁵¹

b) Kritik der Annahmen Im Ergebnis können die von den beiden Forschern angestellten Überlegungen eine Zulassung des empty voting aufgrund von Effizienzgewinnen nicht überzeugend begründen. Die Interessenlage, von der die Autoren bei der Analyse des Perry-Mylan-Falls ausgehen, ist spekulativ. Ob Mylan tatsächlich Informationen über einen Effizienzgewinn im Falle eines Zusammenschlusses hatte, erscheint zumindest fragwürdig. Demgegenüber ist es naheliegender, dass Perry den Gewinn aus seinem Investment in King maximieren wollte und daher Einfluss auf die Entscheidung von Mylan nahm. Denn es wird auch nicht deutlich, inwiefern Perry durch die Möglichkeit des risikoentleerten Abstimmens einen Anreiz zur Informationssuche erhielt. Vielmehr konnte Perry unabhängig von den vorhandenen Informationen durch die Beeinflussung der Abstimmung bei Mylan seinen Gewinn maximieren. Zwar erscheint dankbar, dass Perry auch deshalb Aktien von Mylan gekauft haben könnte, weil die Übernahme zu einer Wertsteigerung bei Mylan führen würde. Dann hätte es sich bei entsprechender Größe der Beteiligung bei King um die Situation des konfligierten gegenläufigen Investments gehandelt. Konkret hatte allerdings Perry noch zusätzlich risikoentleerte Stimmrechte ausgeübt und musste folglich einen Wertverlust von Mylan nicht tragen. Damit wird deutlich, dass Perry gerade nicht daran glaubte, dass die Übernahme eine Wertsteigerung für Mylan bedeuten würde. Die von Kobayashi und Ribstein angeführte Tatsache, dass die Mehrzahl der Investoren heute diversifiziert ist und daher eine derartige Entscheidung, die zum Absinken des Börsenkurses eines Unternehmens und gleichzeitig zum Ansteigen des Börsenkurses eines anderen Unternehmens führt, letzten Endes durch die Diversifizierung ausgeglichen werde, kann nicht begründen, das empty voting stelle keine Gefahr dar. Eine derartige Betrachtung führte letzten Endes zu einer Ablösung der Börsenkurse und der mit den Aktien verbundenen Entscheidungen von der Realwirtschaft. Die Stimmrechtsausübung durch die Aktionäre hat den

 Kobayashi/Ribstein, 40 U.C. Davis L. Rev., 21, 41 (2006).

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

287

Zweck über eine bestimmte Maßnahme abzustimmen und damit im Rahmen dieser Abstimmungen die Erfolgsaussichten der vorgeschlagenen wirtschaftlichen Maßnahme zu beurteilen.¹²⁵² Dies beinhaltet auch die Auswirkungen der Beschlussfassung auf die weitere Entwicklung des Börsenkurses. Der einzelne Aktionär hat ein Interesse daran, dass sich der Börsenkurs positiv entwickelt. Wertet der Markt den gefassten Beschluss als unternehmerisch sinnvoll, so wird sich auch der Aktienkurs positiv entwickeln.Würde man es als adäquaten Maßstab ansehen, dass der einzelne Aktionär sein Abstimmungsverhalten danach richtet, ob sich der Wert seines Gesamtportfolios maximiert, also ob er beispielsweise gegen eine sinnvolle Maßnahme stimmt, weil er noch bei einem Konkurrenten investiert ist, so wäre die Steuerung der Aktiengesellschaft gestört. Die Wertmaximierung des Gesamtportfolios einzelner Aktionäre kann folglich nicht die Ausgangsbasis der Bewertung der Effizienz von Zusammenschlüssen sein; sie würde möglicherweise zu einer Kaldor-Hicks-Effizienz führen, aber dies ist nicht Zweck des Stimmrechtsmechanismus.¹²⁵³ Würde man eine derartige gesamtwirtschaftliche Effizienzrechnung anstellen, würde man die Institutionen des Rechts aushöhlen. Wie Thompson und Edelman richtig anmerken¹²⁵⁴ würde dies dazu führen, dass ein für die einzelnen Aktionäre nachteiliges, gesamtwirtschaftlich effizientes Endergebnis befördert würde. Dies widerspricht aber dem Sinn und Zweck des Stimmrechts als Recht zur Anpassung von langfristigen Verträgen sowie zur Kontrolle des Managements.¹²⁵⁵ Eine derartige Betrachtungsweise kann daher die Zulässigkeit des risikoentleerten Abstimmens nicht durch mögliche Effizienzgewinne rechtfertigen.

3. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting bei einem informierten Händler – das Modell von Brav und Matthews Eine alternative Sichtweise auf das empty voting wird von den Wirtschaftswissenschaftlern Brav und Matthews beigesteuert. Diese bemängeln an der bisherigen Diskussion, dass es noch kein geeignetes Modell gibt, mit dem sich das Verhältnis

 Siehe dazu bereits oben unter Teil 2, III.2.  Siehe zu diesem Argument bereits oben unter Teil 2, I.1. und 2. Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 155 (2009), widersprechen Kobayashi und Ribstein mit dem Argument, dass Zweck des Stimmrechts Kontrolle der Verwaltung und nicht die Förderung von Übernahmen, die im Sinne des Kaldor-Hicks-Kriterium effizient sind, sei.  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 155 (2009).  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 155 (2009). Siehe zur Funktion des Stimmrechts bereits oben unter Teil 2, I.1. und 2.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

von Nutzen aus erhöhter Informationseffizienz und von Kosten eines möglichen Missbrauchs der risikoentleerten Stimmrechtsausübung abschätzen ließe.¹²⁵⁶ In ihrem Modell wollen sie das optimale Verhältnis von Stimmmacht und Beteiligung am Risiko der Aktiengesellschaft ausloten, wenn ein strategischer Händler einerseits die Möglichkeit hat, Informationen über einen Vorschlag des Managements zu sammeln und andererseits Stimmen ohne ökonomisches Risiko erwerben kann.¹²⁵⁷ Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass ein derartiger Händler zwar unter Umständen die Effizienz der Corporate Governance reduziert, weil er die Aktien leer verkauft und dann „falsch“, d. h. entgegen dem Interesse der anderen Aktionäre an einer Wertmaximierung der Firma, abstimmt. Andererseits könnten die Kosten derartiger Manipulationen durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Händler „richtig“, also im Sinne der Wertmaximierung abstimmt, ausgeglichen werden.¹²⁵⁸ Das Modell soll dabei nicht die Auswirkungen des Stimmenkaufs auf Abstimmungen die Unternehmenskontrolle betreffend behandeln, sondern Abstimmungen über gewöhnliche Maßnahmen, die aber ebenso weitreichende Implikationen für den Wert der Firma haben können.¹²⁵⁹ Untersucht wird nicht das Verhalten von den oben beschriebenen Aktivisten unter den Hedge Fonds, die sich mit den von ihnen gesammelten Informationen an das Management und die übrigen Aktionäre wenden, sondern die Nutzung einer Information, die ausschließlich dem Händler zugänglich ist.¹²⁶⁰

a) Das Modell Ausgangssituation im dynamischen, d. h. mehrstufigen, Modell¹²⁶¹ von Brav und Matthews ist, dass das Unternehmen eine Maßnahme vorschlägt, über die die Aktionäre abstimmen müssen und die entweder wertsteigernd oder wertmindernd ist, was aber für die Aktionäre zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen ist.¹²⁶² Der

 Brav/Matthews, empty voting, S. 2.  Brav/Matthews, empty voting, S. 2. Im Folgenden wird auf die formale Darstellung des Modells verzichtet. Sie findet sich bei Brav/Matthews, empty voting, S. 9 – 27.  Brav/Matthews, empty voting, S. 2.  Brav/Matthews, empty voting, S. 3.  Siehe Brav/Matthews, empty voting, S. 8. Zu den aktiven Aktionären siehe bereits oben unter Teil 4, III.1.  Siehe für ein Schaubild, in dem die verschiedenen Stufen des Spiels verdeutlicht werden, Brav/Matthews, empty voting, S. 13.  Warum das Mangement einen wertmindernden Vorschlag macht, wird in ihrem theoretischen Rahmen nicht untersucht, Brav und Matthews verweisen aber auf Agency-Probleme bzw. Inkompetenz des Managements, vgl. Brav/Matthews, empty voting, S. 10. Siehe zu den möglichen Gründen für derartiges Verhalten der Verwaltung bereits oben Teil 2, I.2.

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

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strategische Händler hält dabei vor der Ankündigung der Abstimmung keine Aktien. Nach der Ankündigung kann der strategische Händler dann bis zum Record Date Aktien im Markt kaufen und außerdem zusätzlich Stimmrechte erwerben, wobei die Kosten der risikoentleerten Stimmrechte einer konvexen Kostenkurve folgen, die die zunehmende Schwierigkeit, Gegenparteien für ein Aktiendarlehen bzw. für Derivate zu finden, widerspiegelt.¹²⁶³ Am Record Date stehen dann die Stimmverhältnisse aufgrund der gekauften Aktien und der zusätzlichen risikoentleerten Stimmrechte fest, allerdings besteht bis zur tatsächlichen Abstimmung eine Zeitspanne, in der der Händler sich über die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme informieren kann und gleichzeitig noch seine ökonomische Beteiligung adjustieren kann, z. B. indem er Aktien wieder verkauft oder Aktien leer verkauft.¹²⁶⁴ Allerdings ist der Markt zu diesem Zeitpunkt aufgrund von uninformiertem Handel nicht vollständig transparent. In der letzten Phase des Modells stimmt dann der Händler je nachdem, wie er seine eigenen Anreize durch das Anpassen der ökonomischen Beteiligung festgesetzt hat, ab, während die übrigen Aktionäre uninformiert abstimmen und bei ihrer Abstimmung das Ergebnis damit zufällig ist.¹²⁶⁵ Diese Modellannahmen sollen die Rahmenbedingungen der Corporate Governance in den Vereinigten Staaten widerspiegeln.¹²⁶⁶ Aufgrund der Ähnlichkeiten dieser Bedingungen, lässt sich das Modell jedoch auch auf das deutsche System und den Großteil der Rechtsordnungen übertragen.¹²⁶⁷ Unter der Annahme, dass der Händler vorher keine Aktien besitzt, kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass er am Record Date eine Position von Aktien hält¹²⁶⁸ und außerdem zusätzliche risikoentleerte Stimmrechte erwirbt, beides Grundlage für spätere Gewinne aus dem Handel mit Aktien.¹²⁶⁹ Wie viele risikoentleerte Stimmrechte der Händler zusätzlich erwirbt hängt dabei von den Kosten dieser Stimmrechte ab sowie davon, wie hoch ihr Wert hinsichtlich der späteren Beeinflussung der Abstimmung der Hauptversammlung ist. Dabei wird davon

 Brav/Matthews, empty voting, S. 3.  Brav/Matthews, empty voting, S. 4.  Brav/Matthews, empty voting, S. 4.  Brav/Matthews, empty voting, S. 4.  Siehe beispielsweise zum Record-Date-System oben unter Teil 2, IV.1.  Mit dieser Aktienposition ist ein Anteil gemeint, bei dem der Händler Chancen und Risiken der Stimmrechtsausübung trägt, also auch den Verlust mittragen muss. Brav und Matthews bezeichnen dies als „commitment effect“, vgl. Brav/Matthews, empty voting, S. 5.  Brav/Matthews, empty voting, S. 4 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

ausgegangen, dass die Stimmrechte zu teuer sind, als dass der einzelne Händler eine hinreichende Mehrheit erwerben kann, um den Ausgang der Abstimmung mit Sicherheit zu bestimmen.Wie hoch dabei die tatsächliche Position von Aktien, die er besitzt, ist, wird von zwei Abwägungen bestimmt. Einerseits erhöht eine hohe Beteiligung des Händlers seine Stimmmacht und damit die Möglichkeit, die Abstimmung zu beeinflussen. Dies ist vor allem dann von Vorteil, wenn die risikoentleerten Stimmrechte teuer sind. Andererseits kann eine hohe tatsächliche Beteiligung auch die erwarteten Gewinne aus zukünftigem Handel reduzieren und zwar zum einen deshalb, weil der Händler bei einer großen Beteiligung darauf angewiesen ist, den Wert dieser Beteiligung zu schützen und zum anderen weil eine große Position die Markttiefe verringert und somit die Liquidität und die Handelbarkeit herabsetzt.¹²⁷⁰ Im Gleichgewicht ist die Größe des gehaltenen Anteils an Aktien abhängig vom erwarteten Handelsvolumen zwischen Record Date und Hauptversammlung und dem Preis zusätzlicher risikoentleerter Stimmrechte.¹²⁷¹ Nach dem Record Date erhält der Händler dann eine zusätzliche Information mittels derer er ausloten kann, ob der zur Abstimmung stehende Vorschlag wertsteigernd ist oder nicht. Danach spielt der Händler eine gemischte Strategie. Entweder kauft er zusätzliche Aktien und stimmt in einer Weise ab, die zu einer Maximierung des Unternehmenswertes führt, oder er verkauft Aktien leer und stimmt gegen die Interessen der Aktiengesellschaft.¹²⁷² Die Zahl der Aktien, die er dabei kaufen kann ist begrenzt; die Hälfte der restlichen Aktien, die sich alle im Streubesitz befinden, werden von ihren Inhabern dann aufgrund eines externen Liquiditätsbedürfnisses verkauft.¹²⁷³ Die Entscheidungen des Händlers tragen dann zur Effizienz, also der Wahl des richtigen Ergebnisses, bei, wenn die anderen Aktionäre eher in falscher Hinsicht abstimmen und zudem der Erwerb von risikoentleerten Stimmrechten teuer und beschränkt ist. Wenn diese Umstände gegeben sind, so wird der Händler im Interesse der Unternehmung und damit aller Aktionäre abstimmen und damit die Fehlentscheidung der anderen Aktionäre korrigieren. Insgesamt steigt somit die Effizienz der Überwachung und es werden mehr wertsteigernde Hauptversammlungsbeschlüsse gefasst. Je höher die Markttiefe, desto größer wird der Aktienbesitz des Händlers sein, so dass sich dieser positive Effekt weiter verstärkt.¹²⁷⁴

    

Brav/Matthews, Brav/Matthews, Brav/Matthews, Brav/Matthews, Brav/Matthews,

empty empty empty empty empty

voting, voting, voting, voting, voting,

S. 5. S. 5. S. 5. S. 11. S. 5.

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

291

Dies trifft sogar zu, wenn der Händler von Zeit zu Zeit entgegen den Interessen der Gesellschaft abstimmt.¹²⁷⁵ Demgegenüber wird das Abstimmungsverhalten des Händlers effizienzmindernd wirken,wenn die anderen Aktionäre tendenziell eher „richtig“ stimmen und außerdem der Erwerb zusätzlicher risikoentleerter Stimmrechte nicht teuer ist. Denn unter diesen Umständen wird der Händler eine kleinere Position von Aktien einnehmen und die Abstimmung durch zusätzlichen Erwerb von risikoentleerten Stimmrechten zu beeinflussen suchen. Der „commitment effect“ schwächt sich in diesen Situationen ab.¹²⁷⁶ Da in dieser Konstellation das Abstimmungsverhalten des Händlers die Wahrscheinlichkeit eines wertsteigernden Beschlusses verringern kann, können die negativen Effekte die positiven aufwiegen oder gar übersteigen; dies geschieht ungeachtet der Tatsache, dass der Händler eigentlich über eine für den Markt wertvolle Information verfügt.¹²⁷⁷ Ähnlich verhält es sich, wenn der Händler schon bei Bekanntgabe des Vorschlags Aktien des Unternehmens besitzt. Ist der Anteil nur groß genug, so wird er dazu tendieren, auf mögliche Handelsgewinne zwischen Record Date und Abstimmung zu verzichten und möglichst viele Aktien bzw. Stimmen kaufen, und damit im Sinne der Gesellschaft stimmen. In diesem Fall können billige Stimmrechte und eine hohe Markttiefe dazu führen, dass er doch gegen eine Wertmaximierung der Gesellschaft stimmt und versucht, mit einem Leerverkauf der Aktien den Gewinn zu maximieren.¹²⁷⁸ Aus ihren ambivalenten Ergebnissen schließen Brav und Matthews, dass die bisher in der Diskussion vorgebrachten Argumente und Befürchtungen nur eine Seite der Medaille darstellen und die anderen, möglicherweise positiven Effekte des empty voting nicht vernachlässigt werden dürften.¹²⁷⁹ Insofern schließen sie, dass eine Regulierung möglicherweise gar nicht notwendig ist. Insbesondere da auch die negativen Effekte, also die Fälle, in denen der Händler seine Information dazu nutzt auf einen fallenden Aktienkurs zu spekulieren, durch die positiven Effekte aufgewogen werden können, in denen der informierte Händler für eine Maximierung des Firmenwertes sorgt.¹²⁸⁰

     Black 

Brav/Matthews, empty voting, S. 6. Brav/Matthews, empty voting, S. 6. Brav/Matthews, empty voting, S. 6. Brav/Matthews, empty voting, S. 7. Brav/Matthews, empty voting, S. 27 („Thus, the negative anecdotes described by Hu and (2006, 2007) should be only one side of the story“). Brav/Matthews, empty voting, S. 29 f.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

b) Kritik der Annahmen Allerdings sind die Schlussfolgerungen aus diesem Modell nur begrenzt aussagekräftig und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen ist das Modell,wie auch die Autoren selbst zugestehen¹²⁸¹, stilisiert, d. h. einige Annahmen scheinen nur beschränkt die Wirklichkeit widerzuspiegeln.¹²⁸² Zu nennen ist die Annahme, dass der Händler nach dem Record Date die notwendigen Informationen gewinnt. Denn wenn er es auf eine derartige Informationsgewinnung gar nicht abgesehen hat, sondern sich über sein Vorgehen schon vorher im Klaren ist, dann ist diese Annahme wenig realitätsnah, was wiederum auch von den Autoren selbst zugestanden wird. In dem Fall, dass der Händler keine neue Information ins Spiel bringt, sei eine Verbesserung der Effizienz des Abstimmungsmechanismus ausgeschlossen, Missbrauch aber weiterhin möglich.¹²⁸³ Darüber hinaus bezieht das Modell nicht die auch hier wieder mögliche Schädigung der institutionellen Effizienz des Kapitalmarkts ein. Es mag zwar sein, dass das Abstimmungsverhalten in manchen Situationen durch das risikoentleerte Abstimmen effizienter wird, da Effizienzgewinne Verluste aus Missbrauch ausgleichen und überwiegen.Wenn aber der einzelne Anleger fürchten muss, dass sein Investment aufgrund eines Missbrauchs an Wert verliert, weil mit Hilfe von empty voting wertmindernde Beschlüsse gefasst werden, so wird er weniger investitionsbereit sein und Kapital nur gegen einen höheren Preis zur Verfügung stellen.¹²⁸⁴

c) Ökonomische Analyse des Rechts – Vorrang ökonomischer Lösungen Hier zeigen sich auch die Schwierigkeiten, die die Rechtswissenschaft hat, wirtschaftswissenschaftliche Effizienzvorstellungen zu verarbeiten. Das Modell von Brav und Matthews zeigt unter bestimmten Annahmen die Verhältnisse verschiedener Größen zueinander an. Effizienzverluste an anderer Stelle bezieht es demgegenüber nicht ein. Während Effizienzverluste, also solche, die bei der Zulassung des empty voting drohen, auf Grundlage von Preisabschlägen bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien, bei denen eine ähnliche Gefahr durch das Ziehen privater Vorteile droht, quantifizierbar sind, so scheint dies hinsichtlich des

 Brav/Matthews, empty voting, S. 27.  So auch Schouten, Voting Efficiency, S. 51, Fn. 158, zu den Modellannahmen von Brav und Matthews.  Brav/Matthews, empty voting, S. 6.  Siehe zur institutionellen Effizienz der Kapitalmärkte schon oben unter Teil 4, I.3.

III. Effizienzsteigernde Wirkung des Empty Voting

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Effizienzgewinns durch die höhere Zahl von richtig getroffenen Entscheidungen schwerlich möglich. Lässt man diese Einwände außer Acht und ließe sich eindeutig nachweisen, dass das empty voting dazu führt, dass trotz gelegentlich getroffener wertmindernder Entscheidungen der Stimmrechtsmechanismus besser funktionieren würde und dadurch wertsteigernde Entscheidungen getroffen werden, die insgesamt die Verluste überwiegen, so stellt sich die Frage, was das für die Auslegung des Rechts bedeutet. Da in diesem Fall Kompensationszahlungen der gewinnenden Aktionäre an die anderen Aktionäre möglich wären, wäre dieser Fall nach dem Kaldor-Hicks-Kriterium effizient, ein Zustand ohne empty voting ineffizient.¹²⁸⁵ Insofern stellt sich die Frage, ob eine derartige Gesamtbetrachtung dazu führen darf, dass einzelne Aktionäre im Falle, in dem wertmindernd abgestimmt wird, ungeschützt bleiben. Dies wäre mit der Funktion des Rechts, dem einzelnen Rechtssicherheit und einen Schutz seiner Rechte zu gewährleisten, nicht vereinbar. Ein Ausgleich des erlittenen Schadens im Einzelfall würde nicht erfolgen, der geschädigte Aktionär wäre darauf verwiesen, dass er bei einem anderen Investment von einer besseren Managementüberwachung profitiert.¹²⁸⁶ Wie auch bei dem Modell von Kobayashi und Ribstein geht es nicht allein darum, insgesamt einen Zustand der Kaldor-Hicks-Effizienz herzustellen. Somit können auch die von Brav und Matthews vorgebrachten Argumente nicht hinreichend begründen, dass das empty voting, insbesondere die Fälle eines gegenläufigen Investments, wünschenswert ist.

4. Zusammenfassung Neben rechtlichen Wertungen gibt es erste wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse zum empty voting und seiner Bewertung. So versprechen sich etliche Autoren eine verbesserte Verwaltungskontrolle durch aktive Aktionärsstrategien. Risikoentleerte Stimmrechte können derartige Strategien fördern, da sie es ermöglichen, Stimmmacht auszuüben, ohne das undiversifizierte Risiko einer Blockbeteiligung zu tragen. Damit können aktive Aktionäre ihre Strategien leichter durchsetzen und somit ein Gegengewicht zur Verwaltung bzw. Blockaktionären bilden. Dabei muss allerdings verhindert werden, dass die Aktivisten  Siehe zum Effizienz-Kriterium der ökonomischen Analyse des Rechts oben unter Teil 1, II.1.  Ähnliche Einschätzung hinsichtlich der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen Möllers, AcP 208 (2008), 1, 26.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

andere Ziele als die Wertmaximierung des Unternehmens verfolgen. Ansonsten geht die Ersparnis an Agency-Kosten für alle Aktionäre verloren, da dann die zusätzliche Notwendigkeit besteht, die Aktivisten zu überwachen. Diese Anreizerwägungen sprechen für eine Zulassung der risikoentleerten Stimmrechte; ein Totalverbot sollte vermieden werden. Andere Modelle, die zu Ergebnis kommen, dass empty voting positive Auswirkungen auf die Corporate Governance der börsennotierten Aktiengesellschaft haben könne, überzeugen bislang nicht. Entweder beruhen ihre Annahmen auf Spekulation, so dass der Konflikt nicht vollumfänglich erfasst wird. Oder aber sie gehen von sehr realitätsfernen Annahmen aus. Zudem ist diesen Modellen gemeinsam, dass sie das Kaldor-Hicks-Kriterium absolut setzen und dabei den Schutz des Einzelnen genauso vernachlässigen wie mögliche negative Auswirkungen auf die institutionelle Effizienz des Kapitalmarkts und die Funktionsfähigkeit des Stimmrechtsmechanismus.

IV. Zwischenergebnis Man kann eine Interessenbilanz des Aktionärs hinsichtlich seiner Long- und Short-Positionen im Bezug auf die Stimmgesellschaft aufstellen. Je nachdem, wie groß der Saldo der Positionen ist, werden die Risiken aus dem bestehenden Aktienbesitz zum Teil oder vollständig beseitigt. In diesen Fällen handelt es sich um risikoentleerte Stimmrechte. Das einigende Band des Interesses an einer Wertmaximierung ist in diesen Fällen gelockert. Es besteht ein geringerer Anreiz, das Stimmrecht informiert auszuüben, da der Aktionär in verringertem Umfang von der dadurch generierten Steigerung des Unternehmenswerts profitiert. Insofern besteht ein Anreiz, mit der Stimmabgabe Sondervorteile, an denen nicht alle Aktionäre partizipieren, zu verfolgen. Wird die direkte oder indirekte Absicherung größer als die Position gehaltener Aktien, so ändert sich die Interessenlage des Aktionärs noch einmal signifikant. Man kann dann von einem gegenläufigen Investment sprechen. Innerhalb dieser Gruppe lassen sich weiter zwei Situationen unterscheiden. Zum einen das negative gegenläufige Investment, das vorliegt, wenn der Aktionär durch eine entsprechend große Short-Position oder eine Position bei einem Konkurrenzunternehmen nur von einer den Unternehmenswert senkenden Entscheidung der Hauptversammlung profitiert. Zum anderen das konfligierte gegenläufige Investment, bei dem der Aktionär zwar weiterhin Wertsteigerungen und -verluste mitträgt, aber aufgrund einer anderen, indirekten Absicherung, beispielsweise der Beteiligung an einem Zulieferbetrieb, in seiner Entscheidung prädeterminiert ist, da er nur bei einem bestimmten Abstimmungsausgang den Wert seines Portfolios maximiert. Er wird in dieser Situation

IV. Zwischenergebnis

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immer für diesen ihm maximal nützlichen Vorschlag stimmen, ungeachtet dessen, ob dieser Entscheidungsausgang der für den Unternehmenswert der Stimmgesellschaft optimale ist. Mit diesen verschiedenen Bilanzergebnissen sind verschiedene Interessenlagen und Anreizsituationen, das Stimmrecht auszuüben bzw. auf die Stimmgesellschaft einzuwirken, verbunden. Bei risikoentleerten Stimmrechten trägt der Aktionär einen verminderten bzw. gar keinen Teil des Risikos seiner Einwirkung auf die Unternehmung. Er kann die Stimmrechte einerseits für eine wirksame Kontrolle der Verwaltung gebrauchen und dafür sorgen, dass wertsteigernde Projekte durchgeführt werden. In diesem Fall handelt er im Sinne aller Aktionäre Andererseits kann er auch versuchen, Vorteile aus der Stimmgesellschaft zu extrahieren, die nur ihm zugutekommen. Bei einem gegenläufigen Investment kann man weiter unterscheiden – profitiert der Aktionär direkt von Wertminderungen der Stimmgesellschaft, dann hat er ein Interesse durch sein Verhalten den Unternehmenswert zu senken (negatives gegenläufiges Investment). Anders verhält es sich in den Fällen, in denen die gegenläufige Position zwar kein Interesse an einer negativen Entwicklung bedingt, die Wertentwicklung der Stimmgesellschaft jedoch keine Rolle mehr spielt, weil der Aktionär seinen Gewinn aus der indirekten Absicherung nur bei einem bestimmten Verhalten der Stimmgesellschaft maximiert (konfligiertes gegenläufiges Investment). Er ist in seinem Stimmverhalten vorbestimmt. Die Folgen des Verhaltens des Aktionärs müssen die Mitaktionäre der Stimmgesellschaft und die Gegenparteien seiner Absicherungsgeschäfte tragen.¹²⁸⁷ Übt der Aktionär dabei Einfluss auf die Stimmgesellschaft aus, ohne deren Wertmaximierung zu betreiben, so ist langfristig auch die Existenz bzw. zumindest die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft gefährdet und eine Insolvenz droht. Insofern wären auch die Gläubiger (z. B. Fremdkapitalgeber, Zulieferer und Arbeitnehmer) der Stimmgesellschaft von diesem Verhalten betroffen und müssten um die Werthaltigkeit ihrer Forderung fürchten. Auch das Interesse der Allgemeinheit ist beeinträchtigt, wenn das Stimmrecht nicht mehr mit dem Ziel der Wertmaximierung ausgeübt wird. Dann verliert der Kapitalmarkt seine Funktion als Bewertungsmaßstab der Verwaltungs-Leistung sowie seine Allokationsfunktion für Kapital. Allerdings ist eine differenzierte Betrachtung notwendig: Ein direkter Anreiz, der Gesellschaft zu schaden bzw. die Auswirkungen auf die Wertsteigerung voll-

 So merkt Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 243 (2008), zu derartigen Fällen an: „the lesson to profit-seeking parties is clear: money can be made by sabotaging corporate events that would otherwise have increased shareholder value“.

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Teil 4: Bewertung des Empty Voting

ständig zu ignorieren, besteht nur bei einem gegenläufigen Investment. Bei risikoentleerten Stimmrechten besteht, je nach Größe der Long- und Short-Positionen, weiterhin ein Anreiz den Unternehmenswert zu steigern. Aufgrund der geringeren Teilhabe an einer Wertsteigerung der Unternehmung ist der Anreiz, das Stimmrecht informiert auszuüben, im Vergleich zur Situation einer reinen LongPosition jedoch vermindert. Dies führt jedoch noch nicht zu einem Anreiz, der Gesellschaft zu schaden. Die risikoentleerten Stimmrechte können auch für eine verbesserte Verwaltungskontrolle genutzt werden und damit den im zweiten Teil beschriebenen Principal-Agent-Konflikt zwischen Aktionären und Verwaltung sowie das Problem der rationalen Apathie entschärfen. Diese Überlegung wird von den bislang dazu angestellten ökonomischen Überlegungen bestätigt: risikoentleerte Stimmrechte können aktive Aktionärsstrategien im Interesse aller Aktionäre befördern. Bei einem gegenläufigen Investment ist hingegen eine positive Wirkung nicht zu begründen. Die dahin gehenden Versuche in den Wirtschaftswissenschaften, einen positiven Effekt nachzuweisen, kranken daran, dass die Modelle von realitätsfernen Prämissen ausgehen und neben möglichen Gesamtwohlfahrtsgewinnen weder den Schutz der Aktionäre im Einzelfall noch die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft in die Betrachtung einbeziehen. Entscheidend für eine sinnvolle Unterstützung aktiver Aktionärsstrategien ist der rechtliche Schutzmechanismus, der dafür sorgt, dass die Interessen der übrigen Aktionäre und der anderen beteiligten Gruppen hinreichend gewahrt bleiben. Dies ergibt sich aus einer Analyse vergleichbarer Konstellationen und deren von Rechtsprechung und Literatur dazu entwickelten Lösungsansätzen: Das Aktiengesetz geht vom Gleichlauf von Stimmrecht und den wirtschaftlichen Risiken aus und verwirklicht damit grundsätzlich das Proportionalitätsprinzip. Nur ausnahmsweise kommen Durchbrechungen in Frage. Wird abgewichen, so sieht das Gesetz verschiedene Schutzmechanismen vor. Zunächst die besonderen Vorkehrungen bei den stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Daneben die freie Aushandlung zwischen verschiedenen Aktionärsgruppen bei der Stimmbindung und der Stimmrechtsvertretung, wobei eine finanzielle Entschädigung für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten nicht zulässig ist. Anders als bei den untersuchen Konstellationen gibt es einen spezifischen Schutzmechanismus bei den risikoentleerten Stimmrechten jedoch nicht. Eine Aushandlung zwischen den Aktionären findet aufgrund mangelnder Transparenz ebenso wenig statt. Auch bedarf es keiner Satzungsänderung und es besteht auch keine prozedurale Absicherung der Interessenwahrung, wie im Falle der institutionellen Stimmrechtsvertretung. Allerdings ist das vom Gesetz vorgesehene Schutzniveau bei Abweichungen vom Proportionalitätsprinzip flexibel. Bei Stimmbindungsvereinbarungen schützt eine Beschlusskontrolle die Interessen

IV. Zwischenergebnis

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der anderen Aktionäre. Eine Durchbrechung des Proportionalitätsgrundsatzes bei Beschränkung auf diese Kontrolle wird in Kauf genommen, da davon eine bessere Überwachung der Verwaltung durch die Vereinbarungen der Aktionäre erwartet wird. Analog kann man bei der erwarteten Verbesserung der Verwaltungskontrolle durch die risikoentleerten Stimmrechte argumentieren. Es muss verhindert werden, dass mit risikoentleerten Stimmrechten private Vorteile verfolgt oder ein gegenläufiges Investment eingenommen wird. Dies entspricht auch der Rechtsprechung im Staate Delaware, wo die ersten Fälle des empty voting in der Rechtsprechung behandelt wurden. Auch hier kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig ist, um zu entscheiden, ob das Abstimmen durch einen Aktionär rechtswidrig ist. Wie ein derartiger Schutz bei risikoentleerten Stimmrechten nach geltendem Recht und möglicherweise durch Änderung des Gesetzes erreicht werden kann, wird im folgenden, fünften Teil untersucht.

Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting – de lege lata und de lege ferenda Auf Grundlage der im vierten Teil erfolgten Bewertung des empty voting stellt sich die Frage, mittels welcher rechtlichen Instrumente deren Ergebnisse umgesetzt werden können. Sind die bestehenden Mechanismen ausreichend oder müssen gesetzliche Ergänzungen vorgenommen werden? In der amerikanischen Diskussion sind schon umfangreiche Lösungsvorschläge entworfen worden;¹²⁸⁸ auch gibt es erste Äußerungen in der deutschen Literatur, die sich allerdings bislang meist auf Andeutungen beschränken.¹²⁸⁹ Die Vorschläge reichen dabei von einer umfassenden Revision der Publizitätsvorschriften bis hin zu einem vollständigen Verbot des empty voting. Diese Uneinigkeit über Art und Reichweite einer Behandlung des empty voting zeigte sich auch in einer Diskussion des European Corporate Governance Forum, bei dem verschiedene Ansichten vorgetragen wurden.¹²⁹⁰ Vorgeschlagen werden teilweise gesetzliche Änderungen, teilweise wird eine Lösung über bestehende Instrumente befürwortet, wobei insbesondere die gesellschaftsrechtliche Treupflicht als flexible Schranke der Stimmrechtsausübung diskutiert wird. Im Folgenden werden die einzelnen Lösungsvorschläge analysiert. Dabei erfolgt keine Beschränkung auf einen einzelnen Vorschlag, sondern es werden möglichst umfassend alle bislang präsentierten Lösungsinstrumente im Lichte bestehender gesetzlicher Wertungen diskutiert. Zunächst erfolgt eine Zusammenfassung der widerstreitenden Aspekte, die bei einer Regulierung bedacht werden müssen. Eine Diskussion der Lösungsmöglichkeiten, die das geltende Recht bereit hält, schließt an. Es folgen Überlegungen zu möglichen Gesetzesänderungen.

 Siehe Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 864– 906 (2006); Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775 (2005).  So Leyens, JZ 2007, 1061, 1070; Fleischer, ZGR 2008, 185, 215 – 218; Zetsche, NZG 2009, 692, 696 f. Ausführlicher Seibt, ZGR 2010, 795, 822– 834.  Siehe European Corporate Governance Forum Treffen vom 19. 5. 2009 (S. 5 f.) abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/ecgforum/index_en.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011.

I. Relevante Aspekte

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I. Relevante Aspekte Zunächst ist zu bedenken, dass eine enge Interdependenz zwischen den gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien und verschiedenen Offenlegungspflichten besteht. Erstere sind für eine wirkungsvolle Durchsetzung auf die Transparenzregelungen angewiesen: Wenn nicht klar ist, dass sich ein Aktionär risikoentleerter Stimmrechte bedient, dann werden die anderen Aktionäre ein mögliches gesellschaftsrechtliches Verbot der Stimmrechtsausübung nicht durchsetzen können, so dass es keine Wirkung entfalten kann.¹²⁹¹ Erforderlich ist zudem eine Lösung, die schnell durchsetzbar ist, denn für den Wirtschaftsprozess ist Klarheit über die Gültigkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung notwendig.¹²⁹² Diese Aspekte müssen bei jeder getroffenen materiellen Regelung, beispielsweise einem Verbot von risikoentleerten Stimmrechten, bedacht werden. Zweitens muss auch die Möglichkeit einer Beeinflussung der Geschäftspolitik ohne Stimmrechtsausübung in die Betrachtung einbezogen werden. Nicht nur bestimmte Arten des empty voting sind kritisch, sondern allgemeiner eine Einflussnahme auf die Aktiengesellschaft bei verzerrter Anreizstruktur. Dies betrifft aktive Aktionärsstrategien, die eine nicht öffentliche Einflussnahme auf den Vorstand beinhalten. Eine Lösung muss diese Art der Einwirkung erfassen. Transparenzpflichten können insofern auch die Verwaltung über die wahren Motive eines Einfluss nehmenden Aktionärs aufklären. Drittens ist darauf zu achten, dass eine Lösung nicht die Verfügbarkeit von Derivaten und Wertpapierdarlehen beschränken sollte. Denn diese kapitalmarktrechtlichen Instrumente sind nützlich und dienen legitimen Zielen. Sie haben positive Effekte insbesondere auf Effizienz und Liquidität des Kapitalmarkts.¹²⁹³ Viertens sind die Kosten, die den Aktionären durch bestimmte Maßnahmen entstehen, in die Betrachtung einzubeziehen. Dies ist insbesondere bei zusätzlichen Publizitätspflichten zu bedenken.¹²⁹⁴ Es muss der Maßstab des Verhältnis Ähnlich auch Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 22– 24, der die Bedeutung von Transparenz für eine Lösung über die Treupflichtlehre (er bezieht sich auf das amerikanische Recht und die dort herrschende fiduciary-duty-Doktrin), da nur durch mehr Transparenz die Mitaktionäre diese Pflichten der risikoentleert Abstimmenden wirkungsvoll durchsetzen können.  Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1077 (2007).  Ähnliche Einschätzung von Dombalagian, 42 U.C. Davis L. Rev. 1231, 1264 (2009).  Vor zusätzlichen Kosten die Akteuren, die mit der risikoentleerten Stimmrechtsausübung eigentlich nichts zu tun haben, durch zusätzliche Publizitätsvorschriften entstehen, warnen auch Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 250 – 51 (2008), und Zetzsche, NZG 2009, 692, 697. Ersterer betont die Größe der Derivate-Industrie und meint, dass hier Offenlegung aufgrund dieser Größe sehr viel Geld kosten würde. Allerdings nennt er die gesamten Derivate-Märkte, also auch

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

mäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden. Dieser gebietet, zur Erreichung eines Ziels nur Mittel einzusetzen, die nicht vollkommen außer Verhältnis zu dem erreichten Erfolg stehen. Bei der Wahl der Lösung muss deshalb diejenige den Vorzug erhalten, die bei gleicher Wirksamkeit am wenigsten in die Rechte der Akteure eingreift.¹²⁹⁵

II. Ansätze zur Lösung de lege lata Nach geltendem Recht enthalten das Gesellschaftsrecht, das Haftungsrecht sowie das Kapitalmarktrecht geeignete Instrumente zur Lösung der mit dem empty voting verbundenen Interessenkonflikte.

1. Gesellschaftsrecht a) Gegenläufiges Investment Zunächst sind die Konstellationen des gegenläufigen Investments zu untersuchen. In diesen Fällen liegt ein handfester Interessenkonflikt vor. Ob dieser von den bestehenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen erfasst wird, wird im Folgenden analysiert.

aa) Starre Stimmrechtsschranken, insbesondere § 136 Abs. 1 AktG Das Aktiengesetz kennt starre Stimmrechtsschranken in Form von Stimmverboten, die vornehmlich in § 136 Abs. 1 AktG geregelt sind. Eine weitere starre Schranke findet sich in § 142 Abs. 1 Satz 2 AktG. Diese Vorschriften regeln die Abstimmung über die eigene Entlastung, die Abstimmung über die Befreiung von einer Verbindlichkeit sowie die Abstimmung über die Geltendmachung eines Anspruches gegen einen Aktionär. § 142 Abs. 1 Satz 2 AktG sieht ein Stimmverbot bei der Bestellung eines Sonderprüfers vor, wenn durch diesen Vorgänge, die einen bestimmten Aktionär belasten, aufgedeckt werden sollen.¹²⁹⁶ Das Gesetz postuliert für die jeweils betroffenen Aktionäre Stimmverbote.

derjenigen Produkte, die nicht eine Aktie als Basiswert haben. Von einer Offenlegungspflicht müssten demgegenüber nur Equity-Derivate erfasst werden  So auch European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 25.  Siehe überblicksweise zu diesen Stimmverboten Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 117; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 485; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 246 f.

II. Ansätze zur Lösung de lege lata

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Dabei spielt es keine Rolle, ob der Interessenkonflikt tatsächlich Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten des Aktionärs hat.¹²⁹⁷ Die Abgabe der Stimme ist beim Bestehen eines Stimmverbotes unabhängig davon nicht gültig.¹²⁹⁸ Dennoch abgegebene Stimmen sind nach § 134 BGB nichtig.¹²⁹⁹ Der Gesetzgeber sah in diesen Fällen das persönliche Interesse als so stark an, „daß eine auf das mitgliedschaftliche Interesse ausgerichtete Stimmrechtsabgabe nicht erwartet werden kann.“¹³⁰⁰ Die Vorschriften sollen verbandsfremde Sonderinteressen aus der Willensbildung der Gesellschaft fern halten.¹³⁰¹ Liegt ein gegenläufiges Investment vor, so befindet sich der Aktionär in einem Interessenkonflikt, da das Interesse an der Maximierung des Vermögens des Einzelnen mit dem Abstimmen im Sinne der positiven Entwicklung der Gesellschaft nicht vereinbar ist. Beim negativen gegenläufigen Investment maximiert nur eine wertmindernde Entscheidung das Vermögen des Abstimmenden, beim konfligierten gegenläufigen Investment spielt die Wertentwicklung hingegen keine Rolle. Das Abstimmen bei gegenläufigem Investment ist nicht von den bestehenden Stimmverboten erfasst. Allerdings erscheint eine analoge Anwendung dieser Vorschriften möglich, um andere Interessenkonflikte zu erfassen. Die Zulässigkeit einer Analogie wird in Abhängigkeit von der Meinung zum zugrundeliegenden Prinzip dieser Stimmverbote unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird der Geltungsgrund auf das Prinzip zurückgeführt, dass niemand in eigener Sache Richter sein könne.¹³⁰² Teilweise wird darauf abgestellt, dass es sich um eine Ausprägung des Rechtsgedanken des § 181 BGB handele.¹³⁰³ Andere sehen die Stimmverbote des § 136 Abs. 1 AktG als spezifische Regelung von Interessenkonflikten.¹³⁰⁴

 Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 485.  OLG Hamburg AG 2001, 91; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 3.  Hüffer, AktG, § 136 Rn. 24; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136, Rn 31; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 10.  Kropff, AktG, § 136, S. 200.  Siehe Braunfels, MittRhNotK 1994, 233 f.  BGH NJW 1986, 2051, 2052; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 39; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 247; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 608, 610.  Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 66 ff.; Wilhelm, JZ 1976, 674, 675 – 677; Wilhelm, NJW 1983, 912– 915 (unter Berufung auf die Motive zu § 34 BGB, die diesen schon als Ausfluss des § 181 BGB gesehen hätten). Zuletzt Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 438 – 440  Zöllner, Schranken, S. 161; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 485; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 4; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 117.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(1) Analoge Anwendung auf weitere Interessenkonflikte Insbesondere Wilhelm argumentiert, dass man eine Gesamtanalogie begründen könne, indem man als zusätzliches Merkmal die Evidenz des Interessenkonfliktes einführt und den allgemeinen Rechtsgedanken des § 181 BGB in die Vorschrift hineinliest.¹³⁰⁵ Auch Karsten Schmidt hat sich für eine extensive Auslegung der Vorschriften bzw. durch Schließen der seiner Ansicht nach bestehenden Lücken durch „institutionelle Rechtsfortbildung“ ausgesprochen.¹³⁰⁶ Das allgemeine Verbandsrecht müsse durchgehend für die Konfliktsituationen des Insichgeschäfts und des Richtens in eigener Sache gelten.¹³⁰⁷ Die erste Fallgruppe soll Individualrechtsgeschäfte, insbesondere Verträge des Verbands mit einem Mitglied, sowie Zivilprozesse zwischen Verband und Mitglied erfassen.¹³⁰⁸ Letztere verbietet demgegenüber die Abstimmung bei Entlastungsbeschlüssen und bei Sanktionen.¹³⁰⁹ Allein Übernahmekonstellationen, wie der Perry-Mylan-Fall, könnten von einer derartigen Auslegung erfasst sein. Hier könnte man von einem Insichgeschäft ausgehen, wenn der gegenläufig investierte Aktionär Aktien der Zielgesellschaft hält und der Vorstand der Bietergesellschaft die Hauptversammlung im Rahmen von § 119 Abs. 2 AktG über die Abgabe des Angebotes abstimmen lässt bzw. wenn die Akquisition einen großen Teil des Gesellschaftsvermögens bindet und deshalb eine ungeschriebene Kompetenz der Hauptversammlung greift,¹³¹⁰ oder wenn eine Kapitalerhöhung zur Aufbringung des Kaufpreises durchgeführt werden soll. In diesem Fall steht auf beiden Seiten dieselbe Partei, da der Aktionär mittels seiner Stimmrechtsausübung darüber entscheidet, ob ihm für seine Aktie ein Angebot gemacht wird oder nicht. Hier tritt die für Insichgeschäfte typische Konstellation auf, dass der Abstimmende auf beiden Seiten des Vertrags steht und zumindest über das „Ob“ des Vertragsschlusses entscheidet. Dieser Interessenkollision soll die Vorschrift des § 181 BGB begegnen.¹³¹¹ Somit könnte zumindest

 Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 66 ff.; Wilhelm, JZ 1976, 674, 675 – 677; Wilhelm, NJW 1983, 912– 915.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 610 f.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 608 f.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 609.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 609.  Die Frage, inwieweit in derartigen Fallgestaltungen eine Hauptversammlungskompetenz besteht, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, wird aber in der Literatur weitgehend bejaht, da, der Holzmüller-Konstellation vergleichbar, Mediatisierung und Verwässerung zu befürchten sind. So beispielsweise Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 119 Rn. 33; Hoffmann, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 119 Rn. 30; Habersack, AG 2005, 137, 144; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806.  Siehe zum Zweck des § 181 BGB Schilken, in: Staudinger, § 181 Rn. 4; Leptien, in: Soergel, BGB, § 181 Rn. 3.

II. Ansätze zur Lösung de lege lata

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ein Teil der problematischen Fälle abgedeckt werden. Insbesondere in Übernahmesituationen sind Kurssprünge häufig, so dass hiermit schon ein bedeutender Fall geregelt wäre.

(2) Ablehnung der analogen Anwendung Den Argumenten zu einer erweiterten Auslegung ist jedoch die herrschende Meinung entgegengetreten. Denn zum einen fehle es schon an einer planwidrigen Regelungslücke.¹³¹² Die von Wilhelm zugrundegelegte dogmatische Analyse des Verhältnisses von § 181 BGB und den Stimmverboten des § 136 Abs. 1 AktG könne nichts daran ändern, dass sich der Gesetzgeber von 1937 für eine Einschränkung der Stimmrechtstatbestände entschlossen habe.¹³¹³ Dies gelte auch für Karsten Schmidts Vorschlag zur „institutionelle[n] Rechtsfortbildung“, die die gesetzgeberischen Entscheidungen vollständig ausblende.¹³¹⁴ Darüber hinaus wird ein derart allgemein formulierter Tatbestand als Gefährdung für die Rechtssicherheit erachtet.¹³¹⁵ Außerdem würde diese Extension der Stimmverbote nicht hinreichend den Charakter des § 136 Abs. 1 AktG als Ausnahmevorschrift berücksichtigen.¹³¹⁶ Der Unterschied zur weitgehenden Regelung des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG liege in den in der Aktiengesellschaft häufiger auftretenden Konzernsachverhalten begründet.¹³¹⁷ Daneben wird unter systematischen Gesichtspunkten eine generelle Ausweitung in Frage gestellt, da das Institut der Treupflicht Sachverhalte, die einen Interessenkonflikt zum Gegenstand haben, besser lösen könne.¹³¹⁸ Insbesondere das letztgenannte Argument trifft auch für das empty voting in den beschriebenen Übernahmesituationen zu. Der Schutz der Mitaktionäre wäre

 BGH NJW 1986, 2051, 2052; LG Heilbronn AG 1971, 94, 95; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 40; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 27.  Hüffer, AktG, § 136 Rn. 18; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 27. In diese Richtung auch OLG München, AG 1995, 381, 382, letztlich aber offengelassen.  Swatzina, Stimmverbote, S. 50 f., 118.  BGHZ 68, 107, 109; 80, 70, 71 (jeweils allerdings zur GmbH); Zöllner, Schranken, S. 161; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 201; Geiger, Wettbewerbsverbote, S. 86; Raiser/ Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 247; Eckardt, in: Geßler, AktG § 136 Rn. 10.  OLG Düsseldorf AG 2006, 202, 206; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 27; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 40.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 40.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 40. Ähnlich BGHZ 80, 70, 71 („sollte in krassen Fällen die Befangenheit des Gesellschafters unbestreitbar sein […], bedarf es des Stimmrechtsverbots deshalb nicht, weil die Anfechtung wegen Stimmrechtsmissbrauch ausreichend Schutz gewährt“, allerdings zur GmbH).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

nicht durchgängig gewährleistet, da nur der Inhaber einer Long-Position im Bezug auf das Übernahmeziel betroffen wäre, der tatsächlich Aktien hält. Hat er hingegen mittels Derivaten auf steigende Kurse gesetzt, so wäre dies nicht vom Stimmverbot erfasst, obwohl das wirtschaftliche Ergebnis wie auch der Interessenkonflikt dieselben wären. Eine einheitliche Lösung mittels der flexibleren Treupflichtlehre erscheint in diesem Zusammenhang vorzugswürdig. Der Hinweis, es sei Sache des Gesetzgebers, ein allgemeines Stimmverbot bei Interessenkonflikten für das Aktienrecht zu normieren,¹³¹⁹ greift allerdings zu kurz. Durch die Ablehnung einer analogen Anwendung sollte nicht verdeckt werden, dass die Mitaktionäre auch nach geltendem Recht vor konfligiertem Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre geschützt werden müssen. Die Stimmverbote des Aktiengesetzes sind dennoch eng auszulegen und erfassen nicht die Konstellationen des gegenläufigen Investments, auch nicht in Übernahmesituationen, in denen in der Bietergesellschaft über die Abgabe eines Angebots abgestimmt wird.

bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken Während bei den starren Stimmrechtsschranken die Abstimmung schon des typischen Risikos wegen nicht zulässig ist, so findet bei den flexiblen Stimmrechtsschranken eine inhaltliche Überprüfung der Stimmrechtsabgabe statt.¹³²⁰ Die flexiblen Stimmrechtsschranken lassen sich als mit den starren Stimmverboten des § 136 Abs. 1 AktG „funktional vergleichbar“ bezeichnen.¹³²¹ Letztere decken allerdings nicht alle Interessenkonflikte ab, denen ein Aktionär bei der Stimmrechtsausübung unterliegen kann.¹³²² Vor allem die Verfolgung anderer unternehmerischer Interessen bei der Einflussnahme auf die Gesellschaft führt zu einer Auflösung des vom Gesetz vorausgesetzten Gleichlaufs der Interessen.¹³²³ Deswegen sieht das Aktienrecht zum Teil die Kontrolle von Beschlüssen vor und kennt dafür verschiedene Maßstäbe, namentlich das Verbot der Verfolgung von Sondervorteilen gemäß § 243 Abs. 2 AktG, den Grundsatz der Gleichbe-

 So Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 27. Siehe zur gesetzgeberischen Entscheidung zur Ablehnung eines derartigen Tatbestandes Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 201. Zu einem derartigen Tatbestand auch noch unten unter Teil 5, III.2.  Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 1.  Zöllner, Schranken, S. 174 f.; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 206; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 1.  Zöllner, Schranken, S. 162 f.; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 47; Braunfels, MittRhNotK 1994, 233, 234.  Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 486.

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handlung der Aktionäre sowie die Treupflicht der Aktionäre.¹³²⁴ An diesen müssen sich die Beschlüsse der Aktiengesellschaft messen lassen; verstoßen sie gegen diese Vorgaben des materiellen Rechts, so sind sie anfechtbar.¹³²⁵ Diese beweglichen Stimmrechtsschranken werden im Folgenden daraufhin untersucht, inwieweit sie eine Lösung für das Problem des gegenläufigen Investments bereithalten.

(1) § 243 Abs. 2 AktG Zunächst ist die Vorschrift des § 243 Abs. 2 AktG zu nennen, die festlegt, dass ein Beschluss der Hauptversammlung anfechtbar ist, sofern der Aktionär mit der Stimmrechtsausübung versucht, für sich oder einen anderen Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft zu erlangen. Die Vorschrift hat sich aus der Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit entwickelt, auf die sich das Reichsgericht vor der Einführung der Vorgängervorschrift des § 243 Abs. 2 AktG, § 197 Abs. 2 des Aktiengesetzes von 1937, stützte.¹³²⁶ Die Vorschrift hat aufgrund der Entwicklung der Treupflichtlehre keine große praktische Bedeutung erlangt.¹³²⁷ Sie wird als Ausfluss der Treupflicht gewertet.¹³²⁸ Durch die Vorschrift soll verhindert werden, dass sich ein Aktionär sachwidrig gegenüber den anderen Aktionären bevorzugt. Damit ist sie auch Ausdruck des Gleichbehandlungsgebots und soll verhindern, dass private Vorteile im Rahmen von Hauptversammlungsbeschlüssen gezogen werden. Verboten ist es, Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu ziehen. Dabei ist der Begriff des Vorteils weit zu fassen, so dass neben materiellen Vorteilen auch die Verbesserung der korporationsrechtlichen Stellung des Aktionärs erfasst ist.¹³²⁹ Es ist dabei unerheblich, auf welche Art und

 Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 486.  K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 243 Rn. 40; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 5; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 83; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 129.  Siehe Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 487; K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 243 Rn. 52; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 183; Hüffer, in: Geßler, AktG, § 243 Rn. 47.  Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 31; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 181; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 487; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 104.  K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 243 Rn. 48; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 615; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rn. 16; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 180; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 131.  Ganz h.M., siehe nur K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 243 Rn. 54; Hüffer, in: MüKo AktG, § 243 Rn. 76.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Weise der Aktionär den Vorteil erlangt; es genügt, dass die Gesellschaft nachteilige Maßnahmen ergreift, die dem Aktionär oder einem Dritten reflexartig den Erwerb von Vorteilen zu ermöglichen.¹³³⁰ Es muss sich bei dem Vorteil um eine sachwidrige Bevorzugung handeln, wobei zur Bestimmung der Angemessenheit auf das Vergleichsmarktkonzept zurückgegriffen wird, also auf die Frage, ob der Vorteil allen zufließt, die sich gegenüber der Aktiengesellschaft in vergleichbarer Lage befinden.¹³³¹ Wo dieses Konzept nicht greift, wird darauf abgestellt, ob ein „pflichtbewusster, selbständig handelnder und fremden Vermögensinteressen verpflichteter Leiter des konkreten Gesellschaftsunternehmens“ diesen Vorteil nicht beim Aktionär gewähren oder belassen darf.¹³³² Wie beim konzernrechtlichen Schutz zielt die Vorschrift auf den Schutz der Gesellschaft vor Abzug ihres Vermögens zugunsten eines anderen. Geschützt werden soll die Minderheit vor einem Aktionär, der sich selbst durch seine Einflussnahme auf die Gesellschaft Vorteile zuschanzt, wodurch sich konkrete Nachteile bei der Gesellschaft einstellen oder zumindest eine derartige Schädigung droht. Dies ist beim gegenläufigen Investment gerade nicht gegeben. Denn es wird in diesen Fällen kein Vorteil aus dem Vermögen der Gesellschaft gewährt. Vielmehr erwächst der Gewinn aus der Einschätzung des Marktes über die Zukunftsaussichten der Gesellschaft, die aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses nun negativer ausfallen. Das Problem ist somit nicht ein bei der Gesellschaft eintretender Schaden, sondern der Interessenkonflikt, in dem sich derjenige befindet, der gleichzeitig gegenläufig investiert ist. Dieser Konflikt fällt aber nicht unter die gegebene Definition der Sondervorteile.¹³³³ Somit fällt das gegenläufige Investment nicht unter den Begriff des Sondervorteils im Sinne des § 243 Abs. 2 AktG, so dass ein Anfechtungsrecht auf Grundlage dieser Vorschrift nicht besteht.

 Hüffer, in: MüKo AktG, § 243 Rn. 77.  Zöllner, in: KöKo AktG, § 243 Rn. 208; Hüffer, in: MüKo AktG, § 243 Rn. 78 f.; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 191.  Zitat von Hüffer, in: MüKo AktG, § 243 Rn. 79. So auch Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rn. 17; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 188, 191.  So auch Zöllner, in: KöKo AktG, § 243 Rn. 209, für den Fall, dass ein Aktionär für die Stilllegung der Produktion stimmt, weil er sich dadurch als Konkurrent bessere Chancen erhofft. Er geht davon aus, dass die gesetzgeberische Intention diese Fälle auch darunter fallen lassen sollte, weil es der Intention des Gesetzgebers, nämlich der „Fortentwicklung des Sittengebots“ entspreche.

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(2) Gebot der Gleichbehandlung, § 53a AktG Ein weiterer Ansatzpunkt für eine Kontrolle der Stimmrechtsausübung durch die Aktionäre ist das Gebot der Gleichbehandlung.¹³³⁴ Dieses verlangt, dass jeder Aktionär von der Gesellschaft unter gleichen Voraussetzungen ebenso behandelt werden muss, wie die übrigen Aktionäre.¹³³⁵ Ungleichbehandlungen sind zwar möglich, müssen aber durch überwiegende Interessen der Gesellschaft gerechtfertigt sein. Im Ergebnis schützt der Gleichbehandlungsgrundsatz vor allem Minderheitsaktionäre vor Übervorteilungen durch die Mehrheit. In Ausnahmefällen kann sich aber auch ein Mehrheitsgesellschafter darauf berufen.¹³³⁶ Der genaue Geltungsgrund für dieses Prinzip ist umstritten, wobei der Streit aufgrund der eindeutigen Regelung des § 53a AktG keine Bedeutung hat und die verschiedenen Begründungsansätze auch zu den gleichen Ergebnissen kommen.¹³³⁷ Teilweise wird die ökonomische Bedeutung als „implicit contracting“ betont, wonach der Grundsatz den möglichen Gesellschaftern signalisiere, dass bei aufkommenden Konflikten zwischen den Gesellschaftergruppen im Sinne einer Gleichbehandlung verfahren würde und damit eine Übervorteilung nicht drohe.¹³³⁸ Dies hätte positive Auswirkung auf die Bereitschaft der Kapitalgeber, sich an der Unternehmung zu beteiligen. Bei den möglichen Ungleichbehandlungen wird zwischen formalen und materiellen Ungleichbehandlungen unterschieden.¹³³⁹ Erstere umfassen Beschlüsse, die selbst Kriterien zur Ungleichbehandlung festlegen, beispielsweise

 Das in § 53a AktG normierte, gesellschaftsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung ist vom kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu unterscheiden. Siehe zu diesem Bachmann, ZHR 170(2006), 144 ff.; Mehringer, Gleichbehandlungsprinzip. Dieser Grundsatz schützt die Anleger und geht insofern über den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinaus, weil er nicht nur Aktionäre, also Mitglieder des Verbandes, schützt, sondern beispielsweise auch Anleihengläubiger. In der Regel ergänzt das kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsprinzip das gesellschaftsrechtliche, indem es eine ergänzende Schutzaufgabe für die Anleger übernimmt. Siehe dazu Mehringer, Gleichbehandlungsprinzip, S. 60 – 64.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 26; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 2 f.; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 6; Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 582; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 5.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 26; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 7; Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 582.  So auch Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 18; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 4.  Siehe Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 13. Zum „implicit contracting“ allgemein Ruffner, Grundlagen, S. 156, 164 f., zum Gleichbehandlungsgebot als Form davon S. 258 f.  Siehe nur Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 9 – 12; Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 62– 67; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 27– 30; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9.

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den Bezugsrechtsausschluss nur für einen Teil der Aktionäre.¹³⁴⁰ Diese sind schon am äußeren Erscheinungsbild erkennbar und damit leicht feststellbar.¹³⁴¹ In den Fällen, in denen über eine Maßnahme Beschluss gefasst wird, die Auswirkungen auf den Börsenkurs des Unternehmens oder eines zusammenhängenden Unternehmens hat, so wird dabei im Beschluss nicht nach verschiedenen Aktionären differenziert, so dass in der Abstimmung entgegen den Interessen der Gesellschaft und dem daraus resultierenden Hauptversammlungsbeschluss kein Verstoß gegen das Verbot formaler Ungleichbehandlung liegt. Daneben hat die Rechtsprechung inzwischen auch sog. materielle Ungleichbehandlungen anerkannt. Derartige versteckte Ungleichbehandlung hatte sie zunächst außer Acht gelassen, dann aber behutsam den Kontrollmaßstab auf derartige Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebots ausgeweitet.¹³⁴² Damit sind auch solche Hauptversammlungsbeschlüsse erfasst, die zwar formal die Aktionäre gleich behandeln, tatsächlich aber einen Teil der Aktionäre deutlich stärker in ihren mitgliedschaftlichen Rechten beeinträchtigen.¹³⁴³ Derartige Ungleichbehandlungen sind schwieriger zu ermitteln.¹³⁴⁴ Als Beispiel wird eine Kapitalherabsetzung in einer bestimmten Quote genannt, die zwar für alle Aktionäre gleichermaßen gilt, für Aktionäre, die weniger Aktien als die Bezugsgröße halten, jedoch den Verlust der Mitgliedschaft bedeutet.¹³⁴⁵ Unter diesem Gesichtspunkt kann in einem gegenläufigen Investment eine Ungleichbehandlung gesehen werden. Denn die Folgen des Beschlusses treffen die Aktionäre, die gegenläufig investiert sind, wirtschaftlich anders als diejenigen, die nicht derartige Geschäfte eingegangen sind. Allerdings wäre eine derartige Ausweitung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die individuelle wirtschaftliche Lage der einzelnen Aktionäre nicht handhabbar. Dies würde zu Rechtsunsicherheit und de facto Beschlussunfähigkeit der Gesellschaft führen, da in jedem

 Beispiel von Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 10, aufgegriffen von Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 63; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 28; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 63; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 10; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 28; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9.  Siehe zur Entwicklung in der Rechtsprechung Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 583 – 587, 592– 594.  Siehe zu dieser Definition von materiellen Ungleichbehandlungen Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 64; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 11; Fleischer, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 53a Rn. 29; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9.  Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 11.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 65; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 11; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 29; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9. Das Beispiel anders beurteilend Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 25.

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Fall Argumente aus dem persönlichen Bereich vorgebracht werden könnten, die eine materielle Ungleichbehandlung begründen. Aus diesem Grund grenzt die ganz herrschende Meinung die Reichweite des Verbots der materiellen Ungleichbehandlung wieder ein und beschränkt es auf Umstände, die in der Mitgliedschaft angelegt sind.¹³⁴⁶ Somit sind solche Umstände nicht erfasst, die ihren Grund nur in den privaten Verhältnissen der Gesellschafter haben. Dazu zählt auch das Innehaben einer gegenläufigen Position, so dass der Hauptversammlungsbeschluss in diesen Fällen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG verstößt. Der Beschluss ist damit auch nicht unter diesem Gesichtspunkt nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.

(3) Treupflichtlehre Das wohl flexibelste Instrument zur Behandlung neu auftretender Konfliktlagen im Gesellschaftsrecht ist die Treupflicht. Diese wird als Institution verstanden, mit der auch bei unzureichender Regelung im Gesetz eine Lösung gefunden werden kann, die das Funktionieren der Gesellschaften gewährleistet.¹³⁴⁷ Rechtsvergleichend lässt sich festhalten, dass die Vereinigten Staaten mit ihrer Lehre von den fiduciary duties über ein der deutschen Treupflicht ähnliches Instrument verfügen.¹³⁴⁸ Auch die meisten europäischen Rechtsordnungen kennen derartige Pflichten.¹³⁴⁹ Allerdings birgt diese Flexibilität und Offenheit der Treupflichtlehre die Gefahr, dass der Rechtsanwender über dieses Institut ohne Rückbindung an den Gesetzgeber Lösungen schafft, die im Gesetz keinerlei Grundlage finden.¹³⁵⁰ Als wichtige Aufgabe der Gesellschaftsrechtwissenschaft wird daher die Kon Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 67; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 30; Lutter/Zöllner, in: KöKo AktG, § 53a Rn. 12; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 9.  Siehe schon Behrens, in: FS Drobnig, S. 491, 494– 497; Fleischer, ZGR 2001, 1, 4 f.; siehe auch speziell zum Problem des empty voting Fleischer, ZGR 2008, 185, 217.  Siehe Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 17; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 43, m.w.N.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 17. Siehe dazu zu Deutschland, Großbritannien und Frankreich Winkler, Stimmrecht, S. 26 – 30, 67– 70, 78 f. Siehe auch die European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 26, die die Treupflicht als „regulatory tool, that seek to prevent or correct abuse of controlling positions by shareholders“ ansieht und sie auch als mögliches Lösungsinstrument für die aus dem empty voting erwachsenden Konfliktlagen erachtet.  Kritisch daher Martens, in: Schmidt, Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 251, 258 ff., der anmahnt, zunächst die dogmatischen Wertungen in Betracht zu ziehen, bevor losgelöst von diesen Recht geschaffen wird. Auch Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 602; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 42 („muss […] mit Augenmaß gehandhabt werden.“); Röhricht, ZGR 1999, 445, 459.

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kretisierung von Fallgruppen der Treupflicht gefordert, da ansonsten eine erhebliche Gefahr für die Rechtssicherheit drohe.¹³⁵¹ Die Bedeutung der Treupflichten geht über den Bereich der Stimmrechtsausübung hinaus; sie finden auch im Verhältnis der Verwaltung zur Gesellschaft und der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären Anwendung.¹³⁵² Im Rahmen der inhaltlichen Kontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen dient sie vornehmlich der Begrenzung der Mehrheitsmacht zum Schutz der Minderheit.¹³⁵³ Sie ist aber auch auf Minderheitsaktionäre ausgeweitet worden und trifft alle Aktionäre bei ihrer Stimmrechtsausübung.¹³⁵⁴ Sie stellt ein „Verbot illoyaler Beschlüsse“ dar.¹³⁵⁵ Dieses ist durch Rechtsprechung und Lehre weiter ausgeformt worden. Die Treupflicht im Gesellschaftsrecht ist noch nicht lange anerkannt, hat sich nach ihrer Anerkennung aber schnell entwickelt.¹³⁵⁶ Beginnend mit der Anerkennung der Treupflichten zwischen Aktionären und Gesellschaft, wurde die Treupflicht nach und nach auch auf das Verhältnis von Mehrheitsaktionär zu Minderheitsaktionären und schließlich auf alle Aktionäre untereinander ausgedehnt.¹³⁵⁷ Wurde anfangs die enge persönliche Beziehung zwischen Aktionären als Geltungsgrund der Treupflicht, die in der Aktiengesellschaft schwach ausgeprägt seien, benannt,¹³⁵⁸ änderte sich dieser Begründungsansatz später zur Geltung aufgrund der Einwirkungsmacht des Verpflichteten auf die Interessen des Geschützten.¹³⁵⁹ In der Literatur werden daneben noch auf § 242 BGB¹³⁶⁰, die aus § 705

 Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 602; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 166; Wastl, Treupflicht und Kapitalmarkt, S. 21.  Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 48.  BGH AG 1988, 135, 138; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 18; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 49; Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 156.  Siehe zur Entwicklung der Treupflichten Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 594– 601.  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 615.  Siehe Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 2. S. 579, 594 („gehört gewiss zu den bemerkenswertesten Veränderungen des Aktienrechts der letzten Jahrzehnte“).  Siehe zu diesem „Siegeszug“ der Treupflicht Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 594– 601; Nodoushani, Treupflicht, S. 21– 30; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 48 – 50.  Siehe BGHZ 14, 25, 38 (Treupflicht in der GmbH ist „größer und stärker als die Treupflicht der Aktionäre, da die Beziehungen der Gesellschafter […] untereinander und zur Gesellschaft in der Regel enger sind als dies bei der Aktiengesellschaft der Fall ist“); BGHZ 18, 350, 365; BGH JZ 1976, 561, 562(„Treupflicht […] im allgemeinen nicht besteht“).  Siehe BGHZ 103, 184, 195 (noch die innere Struktur betonend); BGHZ 129, 136, 143 f. (ohne den Bezug auf die innere Struktur); BGHZ 142, 167, 170. Grundlegend zum Begründungsansatz, der auf die Einwirkungsmacht abstellt Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 214 f., sowie Zöllner, Schranken, S. 341 f.

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BGB¹³⁶¹ resultierende Förderpflicht sowie den Organisationvertrag der Gründer abgestellt und auf die Treupflicht als zwingender Bestandteil einer Gemeinschaftsethik¹³⁶² hingewiesen.¹³⁶³ In ökonomischer Hinsicht wird darauf abgestellt, dass es sich um ein flexibles Instrument zur Lösung neu auftretender Konflikte handele.¹³⁶⁴ Da der Gesellschaftsvertrag offen ist und nicht alle möglicherweise auftretenden Eventualitäten vorab geregelt werden können, beschränkt man sich darauf, ein allgemeines Prinzip niederzulegen, das bei künftig zu regelnden Konflikten als Richtschnur dient.¹³⁶⁵ Auf die Stimmrechtsausübung angewandt stellt dieses Prinzip somit die Garantie dar, dass der Mechanismus zur Schließung von Lücken im unvollständigen Gesellschaftsvertrag nicht zum Nachteil einer Aktionärsgruppe missbraucht wird. Die Treupflicht hat somit eine Absicherungsfunktion für den Stimmrechtsmechanismus. Diese Wahrnehmung der Treupflichtlehre als flexibles Instrument darf jedoch nicht dazu führen, dass sich der Rechtsanwender davon entbunden fühlt, mögliche, aus der Treupflicht abgeleitete Regelungen hinreichend dogmatisch zu unterfüttern und im Rahmen dieser Rechtsfortbildung das System anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen weiterzudenken.¹³⁶⁶ Die Treupflicht muss somit die

 So Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 517 f., der allerdings meint, dass sich die Treupflicht zu einem eigenständigen Rechtsinstitut entwickelt hat. Siehe zu diesem Begründungsansatz Nodoushani, Treupflicht, S. 73 – 77.  Lutter, AcP 180 (1980), 84, 122, der betont, dass diese gesellschaftsrechtliche Rücksichtsnahmepflichten über § 242 BGB hinausgehen. Dazu auch Nodoushani, Treupflicht, S. 78 – 86. Für die AG aber ablehend Windbichler, in: Henze/Timm/Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 35.  In diesem Sinne Wiedemann, ZGR 1980, 147, 155 – 158; Seibt, ZGR 2010, 795, 834.  Überblicke über die verschiedenen vorgeschlagenen Geltungsgründe finden sich bei Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 50 – 52; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 45.  Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 45; Fleischer, ZGR 2001, 1, 4 f.  Fleischer, ZGR 2001, 1, 5; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 50; Ruffner, Grundlagen, S. 211 f.; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 91 f. Dazu auch Bachmann, Private Ordnung, S. 209 f., der allerdings darauf hinweist, dass mit dieser funktionalen Beschreibung noch kein inhaltlicher Maßstab verbunden ist, der eine Bewertung des Verhaltens ermöglicht. Er sieht die Treupflicht demgegenüber als „Ausprägung des allgemeinen ‚Ausbeutungsverbots‘“ (S. 212), wonach „private Regeln die aus der durch sie begründeten Ordnung resultierenden Kooperationsgewinne nicht einseitig zugunsten ihres Urhebers verteilen dürfen“ (S. 213).  Siehe generell kritisch zur Anerkennung von Treupflichten als flexibles Instrument die Nachweise oben in Fn. 1350. Ähnlich wie hier Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 50 („parallele gesetzgeberische Wertungen sind immer noch der Referenzpunkt“); Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 33 („Aktiengesetz zugrundeliegenden Grundentscheidungen […] dürfen […] nicht in Frage gestellt werden“).

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sonstigen Wertungen des Aktiengesetzes verarbeiten; auch kapitalmarktrechtliche Erwägungen können in dieses gesellschaftsrechtliche Instrument hineingelesen werden.¹³⁶⁷ Insofern kann die Treupflicht bei einer börsennotierten Gesellschaft anderes Verhalten verlangen als bei einer privat gehaltenen Aktiengesellschaft. Die Treupflichtlehre ermöglicht eine Differenzierung, die den unterschiedlichen Gefährdungslagen gerecht wird.¹³⁶⁸ Die Treupflichtlehre hat im Bezug auf Hauptversammlungsbeschlüsse verschiedene Ausprägungen erfahren. Zum einen wird eine dichte Kontrolle bestimmter Entscheidungen, die in besonderer Weise die Interessen einer Minderheit betreffen, vorgenommen. Hier setzt die Lehre vom sachlichen Grund an und verlangt, dass Beschlüsse dem Verbandsinteresse entsprechen und verhältnismäßig sein müssen.¹³⁶⁹ Daneben besteht eine allgemeine Kontrolle der Stimmrechtsabgabe auf ihre Vereinbarkeit mit der Treupflicht. Diese ist eine Missbrauchskontrolle und im Vergleich zur Lehre vom sachlichen Grund zurückgenommen, also weniger kontrollintensiv.

(a) Lehre vom sachlichen Grund (aa) Grundlagen Das Verhältnis von Treupflichtlehre und Lehre vom sachlichen Grund ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Während ein Großteil der Literatur die Lehre vom sachlichen Grund auf die Treupflichtlehre, und hier auf die zwischen den Aktionären bestehende Treupflicht, zurückführt, hat die Rechtsprechung diese Ableitung bislang nicht bestätigt.¹³⁷⁰ Die Lehre vom sachlichen Grund wurde vom Bundesgerichtshof für den Beschluss über den Bezugsrechtsauschluss bei einer Kapitalerhöhung entwickelt¹³⁷¹ und dann auf die Fälle eines Bezugsrechtsausschlusses bei genehmigtem Kapital¹³⁷² ausgedehnt.

 Ähnlich Wastl, Treupflicht und Kapitalmarkt, S. 25 f.  Siehe zur Notwendigkeit und Möglichkeit einer differenzierenden Auslegung oben unter Teil 4, I.4.  Grundlegend Zöllner, Schranken, S. 350 – 353, der die Bindung an das Verbandsinteresse, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Erforderlichkeit nennt.  Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 597. Stimmen aus der Literatur, die die Lehre vom sachlichen Grund als eine institutionell verfestigte Ausprägung der Treupflicht sehen sind unter anderem Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 23; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 17; Henze, ZHR 162 (1998), 186, 192; Rottnauer, NZG 2001, 115, 118; Wiedemann, JZ 1989, 447, 448; Timm, JZ 1980, 665.  BGHZ 71, 40, 44– 50.  BHGZ 83, 319, 320 f.

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In der Folge hat sich die Rechtsprechung bei Fällen außerhalb des Bezugsrechtsausschlusses mit der Ausdehnung der Lehre vom sachlichen Grund zurückgehalten und verschiedene Beschlussgegenstände aus dem Bereich dieser materiellen Beschlusskontrolle ausgeklammert.¹³⁷³ In der Literatur ist die Lehre vom sachlichen Grund in der letzten Zeit stärker kritisiert worden. Es solle wieder stärker der Richtigkeitsgewähr des Mehrheitswillens vertraut werden.¹³⁷⁴

(bb) Gerichtliche Kontrolle der Entscheidungen, bei denen ein Aktionär bei gegenläufigem Investment abstimmt Entscheidungen, bei denen ein gegenläufiges Investment eines Aktionärs vorliegt ließen sich mittels der Lehre vom sachlichen Grund im Sinne einer Inhaltskontrolle lösen, wenn man im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „Interesse der Gesellschaft“ eine Kontrolle vornimmt, ob die getroffene Entscheidung trotz des gegenläufigen Investments im Interesse der Gesellschaft liegt. Eine derartige Kontrolle durch den Richter könnte auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen die Stimmen des gegenläufig investierten Aktionärs den Ausschlag bei der Entscheidung gegeben haben. Kommt es in diesem Falle beispielsweise auf die Stimmen bei der Abstimmung über eine Kapitalerhöhung oder eine Personalentscheidung an, so könnte der Richter darüber befinden, ob der Interessenkonflikt, dem der Aktionär unterlag, auch tatsächlich das Abstimmungsverhalten derart determiniert hat, dass die Entscheidung zum Schaden der Gesellschaft ergangen ist. Wäre dies nicht der Fall, so könnte die Entscheidung aufgehoben werden, anderenfalls hätte sie Bestand. Dies entspricht teilweise den Vorschlägen, die in den USA zur Behandlung des empty voting vorgeschlagen wurden. Hier wird in Rückgriff auf den „test of intrinsic fairness“ aus der klassischen vote buyingDoktrin gefordert, dass die Beschlüsse in dieser Weise kontrolliert werden sollen.¹³⁷⁵ Somit könnte im Einzelfall geprüft werden, ob die Entscheidung tatsächlich dem Interesse der Gesellschaft entspricht oder die Entscheidung nicht in deren Interesse lag.

 Siehe Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 597, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung.  Siehe Röhricht, ZGR 1999, 445, 469 – 476; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 15 – 26; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 54– 64.  Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 338 – 341 (2008). Kritisch Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 202 (2006), der darauf hinweist, dass bei den meisten Empty-Voting-Konstellationen es keine Gegenpartei, wie bei einem Stimmenkauf gibt, so dass die vote-buying-doctrine eigentlich keine Anwendung finden dürfte.

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Diese Lösung begegnet jedoch schwer wiegenden Bedenken. Eine umfassende Beschlusskontrolle ist dem ansonsten auf formale Prozeduren angelegten Aktienrecht fremd.¹³⁷⁶ Im Wirtschaftsprozess sind schnelle Entscheidungen und Rechtssicherheit unerlässlich; eine Kontrolle von Entscheidungen in einem mehrjährigen Gerichtsverfahren wäre mit diesen Bedürfnissen nicht zu vereinbaren. Die größten Bedenken ergeben sich aber aus der Art der Entscheidung. Denn die Hauptversammlung als Organ trifft, ähnlich wie Vorstand und Aufsichtsrat, im Rahmen ihrer Kompetenzen unternehmerische Entscheidungen.¹³⁷⁷ Damit kommt aber auch jedem abstimmenden Aktionär ein eigener Ermessensspielraum zu. Im Rahmen dieses Spielraumes wägt er die unternehmerische Entscheidung ab. Derartige Entscheidungen sind einer rechtlichen Kontrolle kaum zugänglich, da es aufgrund des Offenheit und der Dynamik des Wirtschaftsprozesses meist keine richtige oder falsche Entscheidung gibt.¹³⁷⁸ Fragen über die Erfolgschancen von Investitionsprojekten sollen nicht vor Gericht ausgetragen werden; sich Gedanken über die wirtschaftlich richtige Entscheidung zu machen, ist Aufgabe der Gesellschafter und nicht die Aufgabe des Richters.¹³⁷⁹ Dieser wäre zudem aufgrund der psychologischen Erkenntnisse über die nachträgliche Beurteilung von Situationen dafür ungeeignet. Denn Menschen tendieren bei Kenntnis des Ausgangs systematisch dazu, ihre Fähigkeit, unter vergangenen Bedingungen die richtigen Entscheidungen zu treffen, zu überschätzen (sog. hindsight bias).¹³⁸⁰ Derartige Entscheidungen sind damit keine rechtlichen und zur Verrechtlichung nicht geeignet. Einer Richtigkeitskontrolle durch die Gerichte sind sie demnach nicht zugänglich.¹³⁸¹

 Windbichler, in: Henze/Timm/Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 27.  Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 38; Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 98; Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 533 – 535; Lutter, JZ 1995, 1053, 1055. Siehe zu den Kompetenzen der Hauptversammlung und inwiefern diese unternehmerische Entscheidungen beinhalten, oben unter Teil 2, III.2.  OLG Stuttgart ZIP 2003, 2024, 2027 (zur AG); OLG Stuttgart NZG 2000, 159, 165 (zur GmbH); Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 38; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 53; Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 534 f.; Lutter, JZ 1995, 1053, 1055; Tröger, Treupflicht, S. 300 f.; Beckerhoff, Treupflichten, S. 76; Geiger, Wettbewerbsverbote, S. 86. Kritisch zu den Vorschlägen aus der amerikanischen Literatur Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 203 (2006).  Grunewald, in: FS Kropff, S. 89, 94 f.  Siehe dazu Fischhoff, Hindsight/Foresight: The Effect of Outcome Knowledge Under Uncertainity, 1 J. Exp. Psychol. 288 (1975); Hawkins/Hastie, 107 Psychol Bull 311 (1990); Rachinski, 65 U. Chi. L. Rev. 571 (1998). Aus der deutschen Literatur Klöhn, Spekulation, S. 228; H.-B. Schäfer/ Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 67 f.  Diese Überlegung wird dadurch bestätigt, dass die Kriterien, anhand derer Beschlüsse gemessen werden sollten, unklar sind. Auch die Rechtsprechung des Staates Delaware hat

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(b) Treurechtswidrige Stimmrechtsausübung (aa) Grundlagen Eine gegenüber der Lehre vom sachlichen Grund zurückgenommene Kontrolle stellt die Überprüfung der Stimmrechtsausübung auf ihre Treuwidrigkeit dar. Diese Kontrolle wird allgemein befürwortet und zwar auch von den Kritikern der Lehre vom sachlichen Grund, die darin eine zu weitgehende Einschränkung des Mehrheitsprinzips sehen. Maßstab bei der beschränkenden Dimension der Treupflicht ist, dass bei der Stimmrechtsausübung auf die Interessen der Gesellschaft und die auf die Gesellschaft bezogenen Interessen der Mitaktionäre hinreichend Rücksicht genommen wird.¹³⁸² Die Treupflicht wird im Allgemeinen als ein taugliches Instrument zur Handhabung des empty voting erachtet, wobei kaum konkrete Aussagen getroffen werden, anhand welcher Kriterien die Treupflichtkontrolle durchgeführt werden soll.¹³⁸³

(bb) Abstimmen bei gegenläufigem Investment als Treupflichtverstoß Die Treupflicht besteht dabei sowohl zwischen Aktionären und Gesellschaft als auch zwischen den Gesellschaftern untereinander. Es werden verschiedene Fallgruppen anerkannt, die das Abstimmen in einer bestimmten Weise mit einer bestimmten Absicht als treupflichtwidrig ansehen. Diese betreffen meist die Veränderung der Quote zu Lasten der anderen Aktionäre.¹³⁸⁴ Darum geht es beim gegenläufigen Investment hingegen nicht. Die Quote zwischen den verschiedenen Aktionären wird in diesen Konstellationen nicht verändert. Betroffen ist die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die gesellschaftsbezogenen Interessen der anderen Aktionäre. Dabei geht der überwiegende Teil der Literatur davon aus, dass der Grad der Treubindung von der Realstruktur der Gesellschaft abhängt. Danach soll in einer personalistisch strukturierten Gesellschaft die Treubindung der Aktionäre stärker sein als dies in einer Publikumsgesellschaft der Fall ist.¹³⁸⁵ Weiter wird zwischen eigennützigen und uneigen-

bislang keine Konturierung ihres „test of intrinsic fairness“ geleistet und die maßgeblichen Wertungsgesichtspunkte nicht benannt (vgl. dazu oben unter Teil 4, II.7.).  Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 54 f.; Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 55, 72; Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 25, 27; Lutter, in: KöKo AktG, Vorb. § 53a Rn. 6.  Fleischer ZGR 2008, 185, 216; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 168; Zetzsche, NZG 2009, 692, 697; Seibt, ZGR 2010, 795, 833 f.; Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 410 f.  Ausführlich Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 57 f.  BGHZ 103, 184, 195; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 50, 58; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 592 f.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 111 f. Kritisch dazu

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

nützigen Rechten unterschieden. ¹³⁸⁶ Bei letzteren soll die Bindung an das Gesellschaftsinteresse besonders stark sein. Das Stimmrecht wird im Rahmen dieser Unterscheidung teils den uneigennützigen Rechten zugeordnet,¹³⁸⁷ teils wird nach dem Beschlussgegenstand differenziert.¹³⁸⁸ Die Unterscheidung nach der Struktur der Gesellschaft erscheint für die Fälle des gegenläufigen Investments hingegen nur bedingt weiterführend. Denn der Interessenkonflikt besteht unabhängig von der Realstruktur der Gesellschaft. Es macht keinen Unterschied, ob sie also besonders personalistisch geprägt ist oder nicht. Fällt ein gegenläufiges Investment mit der Risikoentleerung durch andere Mechanismen zusammen, so kommt hinzu, dass der Aktionär meist nur kurzzeitig Gesellschafter sein wird und dann die Aktie weiterübereignet. In diesen Fällen eines kurzfristigen Investments ist aber der Interessenkonflikt besonders stark, so dass eher ein Mehr an Schutz notwendig wäre, obwohl dieses Verhältnis gerade nicht von personeller Nähe geprägt ist. Für diese Konstellation trägt der Begründungsansatz, der den konkreten Inhalt der Treupflicht nicht von der Realstruktur, sondern von der Größe der Beteiligung abhängig macht, weiter.¹³⁸⁹ Insofern folgt aus großer Einwirkungsmacht auch eine besondere Bindung an die Interessen der Gesellschaft und der anderen Aktionäre. Bei der Ausübung uneigennütziger Aktionärsrechte soll zudem eine starke Bindung an das Gesellschaftsinteresse gegeben sein, bei der das Eigeninteresse zurücktreten muss.¹³⁹⁰ Dies soll insbesondere für Geschäftsführungsmaßnahmen gelten.¹³⁹¹ Die Treupflichten werden als Ergänzung der Stimmverbote des § 136 Abs. 1 AktG angesehen, die helfen können, Fälle zu erfassen, in denen Sonderinteressen eines Aktionärs betroffen sind, aber nicht von der Vorschrift erfasst werden.¹³⁹² Ein Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 45, die demgegenüber auf die Größe der Beteiligung abstellen.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 53 f.; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 16; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 52 f.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 111. Kritisch zu dieser Unterscheidung Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 536; Windbichler, in: Henze/Timm/Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 26 f.; Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 25.  Hüffer, AktG, § 53a Rn. 16.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 54.  So Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 45.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 53; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 16; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 111; Janke, Treuepflicht, S. 84 f.  So Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 54; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 52; Janke, Treuepflicht, S. 85.  Windbichler, in: Henze/Timm/Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 34; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 117; Braunfels, MittRhNotK 1994, 233 f. Ähnlich Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 201 f.

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Interessenkonflikt liegt typischerweise vor, wenn der Abstimmende ein finanzielles Interesse an dem Beschlussgegenstand hat, von dem bei verständiger Würdigung anzunehmen ist, dass es Einfluss auf sein Urteil haben wird.¹³⁹³ Dies ist bei einem gegenläufigen Investment der Fall. Denn der Aktionär hat in diesen Fällen allein einen Anreiz zum Schaden der Gesellschaft abzustimmen (negatives gegenläufiges Investment) bzw. sein Abstimmungsverhalten ist vollkommen determiniert (konfligiertes gegenläufiges Investment).¹³⁹⁴ Insoweit ähnelt die Situation der Abstimmung eines Konkurrenten der Aktiengesellschaft, der durch die Stimmrechtausübung Einfluss nimmt. Denn auch dieser verfolgt nicht, wie im Konzernrecht geregelt, ein anderes wirtschaftliches Interesse, sondern ein direkt entgegengesetztes. Somit profitiert er direkt von der Behinderung eines Konkurrenten.¹³⁹⁵ Ähnlich verhält es sich beim gegenläufigen Investment, wobei der Gewinn hier aus einer Reaktion des Börsenkurses auf den Beschluss einer nachteiligen Maßnahme resultiert. Die Interessen der anderen Aktionäre und der Gesellschaft werden dabei nicht berücksichtigt, alleiniges Handlungsmotiv des gegenläufig investierten Aktionärs ist die eigene Gewinnmaximierung. Dass die Entscheidung negativ für die Aktiengesellschaft ist, kann

 Siehe Paefgen, Unternehmerische Entscheidung, S. 215, in Anlehnung an die in § 8.60 (1) des Revised Model Business Corporation Act der American Bar Association enthaltene Definition des Begriffs „Conflicting Interest“.  Siehe zu den betroffenen Interessen oben bereits unter Teil 4, I.  Siehe dazu Burgard, in: FS Lutter, S. 1033, 1040 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, Vor § 311 Rn. 7; Geiger, Wettbewerbsverbote, S. 65; Mit Beispielen, wie ein Konkurrent die Aktiengesellschaft behindern kann, siehe J. Schneider, Wettbewerbsverbot, S. 97. Insoweit ist ein aus Treupflichten abgeleitetes Wettbewerbsverbot weitgehend anerkannt, siehe Armbrüster, ZIP 1997, 1269, 1271; Burgard, in: FS Lutter, S. 1033, 1039 – 1045; Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 78; J. Schneider, Wettbewerbsverbot, S. 230 f. (Konkretisierung im Einzelfall je nach Reichweite der Einflussnahmemöglichkeit); Geiger, Wettbewerbsverbote, S. 79 – 87. Insbesondere Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, Vor § 311 Rn. 7, will ein Wettbewerbsverbot in der börsennotierten Aktiengesellschaft nicht anerkennen, da in diesen Fällen die Wertungen des WpÜG entgegenständen und außerdem jeder Aktionär die Möglichkeit hätte, sich von seinem Investment über den Markt zu trennen. Unabhängig davon, ob man dies für richtig hält (dagegen J. Schneider, Wettbewerbsverbot, S. 234– 236), kann die Wertung nicht auf den Fall des gegenläufigen Investments übertragen werden. Denn hier sind die Mitaktionäre nicht über den Konflikt aufgeklärt, so dass für sie auch kein Grund besteht, sich von ihren Aktien zu trennen. Vielmehr wird in diesen Fällen der Konflikt nicht öffentlich gemacht. Dazu kommt, dass erst durch die Existenz der Börse mit ihren Kursschwankungen das Problem, das sich bei einem gegenläufigen Investment stellt, an die Aktiengesellschaft herangetragen wird. Gegen ein Wettbewerbsverbot sprechen sich vor allem Koppensteiner, in: KöKo AktG, Anh. § 318 Rn. 8 – 10, sowie Kropff, in: MüKo AktG, Vor § 311 Rn. 62– 69 (allerdings in Rn. 66 darauf hinweisend, dass die Treupflichten greifen können, wenn der Wettbewerber versucht, zu eigenem Nutzen Einfluss zu nehmen), aus.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

der risikoentleert Abstimmende ausblenden. In diesen Fällen ist aufgrund des bestehenden Interessenkonfliktes die Integrität der Entscheidung nicht mehr verbürgt, so dass bei Entscheidungserheblichkeit dieser Stimmen der Beschluss nicht als die verbindliche Artikulation des Verbandswillens angesehen werden kann.¹³⁹⁶ Denn das Eigeninteresse des Aktionärs als Garant der Richtigkeitsgewähr des Abstimmungsverhaltens ist nicht mehr gegeben. Ein Stimmrechtsausschluss steht, gerade in Geschäftsführungsangelegenheiten, auch mit den entsprechenden Pflichten des Vorstands im Einklang. Denn auch dieser muss bei Bestehen eines Interessenkonfliktes diesen offenlegen und sich beim folgenden Vorstandbeschluss enthalten.¹³⁹⁷ Eine derartige Interpretation der Treupflicht entspricht auch einer neueren und im Vordringen befindlichen Auffassung in der Literatur, die vor allem Kritik an der Lehre vom sachlichen Grund übt und eine stärkere Rückbesinnung auf das Mehrheitsprinzip fordert.¹³⁹⁸ Deren Vertreter weisen zutreffend darauf hin, dass es keine materielle Kontrolle der Hauptversammlungsschlüsse geben sollte und der insoweit gewählte Ansatzpunkt der Rechtsprechung der falsche ist.¹³⁹⁹ Vielmehr solle die Treupflichtlehre bei der Stimmrechtsausübung dort ansetzen, wo die Voraussetzungen für die Richtigkeitsgewähr der Mehrheitsentscheidungen nicht mehr gegeben sind. Dies ist dann der Fall, wenn die grundsätzliche Gleichrichtung der Interessen, die Garant für eine Entscheidung im Sinne aller Aktionäre ist, nicht mehr gegeben ist.¹⁴⁰⁰ Somit wird nicht am Inhalt des Beschlusses angesetzt, sondern schon vorher. Beim Vorliegen eines näher zu bestimmenden Interessenkonflikts greift somit ein Stimmverbot. Gerade im Fall des gegenläufigen Investments ist ein eigenes Interesse am Erfolg der Gesellschaft nicht mehr gegeben, so dass eine Verletzung der Treupflicht vorliegt und die Abstimmung in dieser Situation rechtswidrig ist.

 Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 68 f.  Siehe dazu nur Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 68; Spindler, in: MüKo AktG, § 93 Rn. 55; Hopt, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 83; Lutter, in: FS Canaris, S. 245, 250.  Siehe die Nachweise oben in Fn. 1374.  Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 604; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 24– 26. Ähnlich Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 80 – 82.  Schon Müller-Erzbach, JZ 1956, 705, 707; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 22 f. (beschreibt die Ungeeignetheit des Sonderbeschlusses als Mittel dem bei externen Interessen bestehenden Konflikt zu begegnen); Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 579, 604 f. Auch Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 68, weist darauf hin, dass das „Fehlen von Interessenkonflikten“ und die „sorgfältige Vorbereitung der Entscheidung“ die Integrität der Entscheidung verbürgen.

II. Ansätze zur Lösung de lege lata

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Die herrschende Meinung geht zu Recht davon aus, dass die Treupflichtverletzung unabhängig von der Anzahl der dem Aktionär zur Verfügung stehenden Stimmrechte besteht.¹⁴⁰¹ Sie ist also nicht wirkungsbezogen in dem Sinne, dass das Bestehen von der Einflussmacht des Aktionärs abhängig wäre.¹⁴⁰² Hat die treupflichtwidrige Stimmrechtsausübung am Ende keinen Einfluss auf das Ergebnis des Hauptversammlungsbeschlusses, so ist dies eine Frage der Kausalität, ändert aber nichts an der Pflichtwidrigkeit des Abstimmungsverhaltens des konfligierten Aktionärs.¹⁴⁰³ Stimmt dieser also trotz geringer Einflussmöglichkeiten ab und sind seine Stimmen nicht kausal für den gefassten Beschluss, geben sie also nicht den Ausschlag, so ist der Beschluss nicht anfechtbar, da die Pflichtverletzung nicht kausal geworden ist. Unterliegen mehrere Aktionäre einem Interessenkonflikt, so müssen deren Stimmen aus der Abstimmung herausgerechnet werden. Nur wenn dann noch die Stimmabgabe eines konfligierten Aktionärs kausal für den Beschluss war, wird dieser im Rahmen der Anfechtung aufgehoben werden.¹⁴⁰⁴ Unter welchen Voraussetzungen ein Konflikt vorliegt, der eine Abstimmung treuwidrig erscheinen lässt, wird im Folgenden näher analysiert. Dabei wird zwischen der Konstellation des negativen gegenläufigen Investments und der Konstellation des konfligierten gegenläufigen Investments unterschieden.

 Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 62; Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 21; Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 524, 540 f.  So aber vor allem Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 158 – 165. Kritisch dazu Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 73; Nodoushani, Treupflicht, S. 164– 167. Wie hier auch Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance 2003, S. 513, 540 f.; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 53; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 50; Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 26; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 237; Windbichler, in: Henze/Timm/ Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 37; Lutter, JZ 1995, 1053, 1054 f.  Henze/Notz, in: Großkomm. AktG, § 53a Rn. 73; Grundmann, in: Großkomm. AktG, § 136 Rn. 53, Fn. 117; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 50; Bungeroth, MüKo AktG, Vor § 53a Rn. 21; Lutter, JZ 1995, 1053, 1054; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 237; Windbichler, in: Henze/ Timm/Westermann, Gesellschaftsrecht 1995, S. 23, 37.  So auch Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 218 (der die Ähnlichkeit dieser Situation mit den von § 136 Abs. 1 AktG statuierten Stimmverboten betont); Janke, Treuepflicht, S. 100; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 118.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(4) Konturierung des Tatbestandes der Treupflichtverletzung bei negativem gegenläufigen Investment Steht somit prinzipiell fest, dass das Abstimmen bei gegenläufigem Investment treuwidrig ist, so stellt sich die Frage, unter welchen genauen Umständen das Vorliegen eines solchen gegenläufigen Investments angenommen werden kann. In diesem Schritt geht es darum, die Treupflichtverletzung, bei der mit dem abstrakten Kriterium des gegenläufigen Investments und dem dadurch entstehenden negativen Interesse an der Entwicklung der Gesellschaft gearbeitet wurde, für die Rechtsanwendung handhabbar zu machen. Es geht dabei um eine Grenzziehung, nämlich die Frage, ab welchem Grad eine nicht mehr hinreichende Parallelität von Interesse des gegenläufig investierten Aktionärs und dem Rest der Aktionäre gegeben ist, so dass die Funktionsvoraussetzungen des Stimmrechtsmechanismus nicht mehr vorliegen.

(a) Interessenbilanz Grundlage für die Beurteilung des Interessenkonfliktes des Aktionärs ist seine Interessenbilanz in Bezug auf die Stimmgesellschaft. Der entscheidende Zeitpunkt für die Bildung einer derartigen Bilanz ist die Abstimmung. Nur wenn in diesem Moment eine negative Bilanz vorliegt, ist auch die Anreizstruktur für ein Abstimmen im Interesse der Wertmaximierung nicht mehr gegeben. Der Record Date ist hingegen nicht geeignet, denn zwischen Record Date und Hauptversammlung besteht die Möglichkeit, das getragene Risiko durch den Abschluss weiterer Verträge, beispielsweise den Verkauf von bis dahin gehaltenen Aktien, zu verändern. Schwierigkeiten bereitet die Bewertung der einzelnen Bilanzpositionen, insbesondere die Frage mit welchem Wert Derivate in eine derartige Bilanz eingestellt werden müssen. Ausgangspunkt kann hier jedoch der neu eingeführte § 30i WpHG sein; auch die Anwendung dieser Norm setzt die Bildung einer derartigen Bilanz und im Zuge dessen die Bewertung von derivativen Positionen voraus.¹⁴⁰⁵ Auch hier müssen sowohl Long- und Short-Positionen verrechnet werden um die NettoLeerverkaufsposition zu ermitteln. Darauf aufbauend soll ermittelt werden, welche Positionen im Einzelnen mit welchem Gewicht eingestellt werden müssen.

 Siehe dazu die Ausführungen oben unter Teil 3, II.4.

II. Ansätze zur Lösung de lege lata

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(b) Auf der Aktivseite einzustellende Positionen (aa) Gehaltene Aktien und Derivate Auf der positiven Bilanzseite finden sich zunächst einmal die gehaltenen Aktien, d. h. diejenigen Aktien, die im Eigentum des Aktionärs stehen, unabhängig davon, ob sie aus einem Wertpapierdarlehen stammen oder gekauft wurden. Dazu müssen Derivate gerechnet werden, mittels derer auf ein Steigen des Aktienkurses der Gesellschaft gesetzt wird, also Long-Positionen. Dazu zählen Call-Optionen, Termingeschäfte zum Bezug von Aktien oder die risikotragende Seite eines Equity Swaps. Es spielt dabei keine Rolle, ob die jeweiligen Kontrakte auf Barausgleich oder auf Realerfüllung gerichtet sind, da dies für das wirtschaftliche Risiko bedeutungslos ist.

(bb) Bepreisung von Derivaten – Orientierung am Optionsdelta Schwierigkeiten bereitet die Frage, mit welchem Wert Optionen in die Bilanz eingestellt werden müssen.¹⁴⁰⁶ Denn je nach der individuellen Ausgestaltung, führen Optionen zu einer unterschiedlich starken Partizipation des Inhabers am Risiko des Basiswertes, also der Aktien der Stimmgesellschaft. In diesem Zusammenhang ist auf die Wertungen des Kapitalmarktrechts zurückzugreifen. Wie auch in § 30i WpHG sollte das Optionsdelta herangezogen und somit eine parallele Auslegung zu den Vorschriften des Marktrechts vorgenommen werden.¹⁴⁰⁷ An der Orientierung am Optionsdelta werden im Zusammenhang mit Transparenzvorschriften allerdings zwei Punkte kritisiert: Zum einen wird bemängelt, dass die ständige Anpassung an das momentane Delta einen großen Aufwand für die Marktteilnehmer bedeutet, da ein Abstellen auf das Delta eine ständige Neuberechnung notwendig macht und damit enorme Kosten für die Marktteilnehmer verursacht.¹⁴⁰⁸ Für den Fall der Feststellung in einem Abstimmungszeitpunkt ist das allerdings nicht zutreffend. Hier kommt es auf eine einmalige Berechnung an, die dann das wirtschaftliche Interesse im Zeitpunkt der Stimmrechtsausübung abbildet.

 In der Diskussion um die risikoentleerten Stimmrechte ist diese Frage der Bewertung von Derivaten und deren Verrechnung als eine der schwierigsten Aufgaben angesehen worden, die kaum zu lösen sei, vgl. Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 889 (2006) („absurdly complex“); Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 642. Auf das Problem der Bestimmung der genauen ökonomischen Position bei der Einführung eines vollständigen Verbots des empty voting weist auch Wymeersch, Shareholder after the crisis, S. 7, hin.  Siehe dazu bereits oben unter Teil 3, II.4.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 883 (2006).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass das konkrete Optionsdelta von Einschätzungen der Zukunft abhängig ist, d. h. dass sich das festgestellte Delta von Modell zu Modell unterscheiden kann. Denn die Berechnung des Deltas ist abhängig von Schätzungen über die zukünftige Kursentwicklung sowie Dividendenzahlungen.¹⁴⁰⁹ Die Interessenbilanz könnte also bei verschiedenen Annahmen unterschiedlich ausfallen und damit einmal einen Treupflichtverstoß darstellen und einmal nicht. Allerdings erscheint dies kein unüberwindbares Hindernis. Die Konkretisierung der Treupflicht kann so aussehen, dass der Aktionär das von ihm verwendete Delta heranzieht, wenn er einschätzt, ob eine Abstimmung möglich ist. Ergeben sich dann Zweifel an seiner Berechnung, dann wird sein Modell genauer analysiert und gefragt, ob er seine Position durch vollkommen fernliegende Annahmen „schön gerechnet“ hat.¹⁴¹⁰ Allerdings ist für die Mitaktionäre momentan nicht zu erkennen, welche Annahmen bei der Verwendung des Deltas getroffen wurden. Somit ist die Gefahr, dass ein Beschluss aufgrund einer abwegigen Delta-Berechnung angefochten wird, gering. Der Anreiz, realistische Annahmen zu verwenden, damit nicht sonderlich groß. Dies muss bei einer Neuregelung bedacht werden. Allerdings muss sich der Aktionär bei der Berechnung an § 30i WpHG orientieren und läuft bei der Verwendung eines vollkommen fernliegenden DeltaWertes Gefahr, von der BaFin zur Verantwortung gezogen zu werden. Denn die BaFin wird im Bezug auf § 30i WpHG prinzipiell die eigenen Prognosen des jeweiligen Marktteilnehmers akzeptieren, aber die Annahmen, die zugrundegelegt werden, bei Stichproben der Einhaltung der Transparenzpflichten überprüfen.¹⁴¹¹ Diese drohende Kontrolle der BaFin setzt einen Anreiz, bei der Berechnung des Deltas marktübliche Annahmen zu treffen und nicht das wirtschaftliche Interesse an der Gesellschaft zu verfälschen.

 Siehe zur Berechnung des Deltas nach einzelnen Modellen (Binominalmodell und der vornehmlich verwendeten Black/Scholes-Formel) sowie den dazu notwendigen Annahmen Rudolph/Schäfer, Derivative Finanzinstrumente, S. 257– 283.  Ähnlich Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 254 (2008), der auch davon ausgeht, dass es kein „duel of the deltas“ geben wird. Seine Verwendung des Deltas bezieht sich aber auf die Möglichkeit einer Schadensersatzklage der anderen Aktionäre gegen einen Aktionär, der bei einem gegenläufigen Investment zum Schaden der Gesellschaft abstimmt.  Email des stellvertretenden Leiters des Grundlagenreferats der Abteilung Wertpapieraufsicht der BaFin, Martin Neusüß, vom 21.12. 2010 an den Verfasser.

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(cc) Index- und Basket-Produkte sowie Exchange Traded Funds Auch Positionen, die sich aus einem Index- oder Basket-Produkt ergeben, müssen in die Berechnung einbezogen werden. Index-Produkte sind Finanzinstrumente, die einen bestimmten Index abbilden. Ist die entsprechende Aktie in diesem Index enthalten, so ist der Inhaber des Index-Produkts ebenfalls diesem ökonomischen Risiko ausgesetzt. Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in dem der entsprechende Titel in dem Index vertreten ist.¹⁴¹² Bei Basket-Produkten gilt dasselbe, d. h. auch diese werden nur in dem Umfang in die Berechnung einbezogen, in welchem die Wertentwicklung vom Kurs der Aktie abhängt. Ähnlich verhält es sich mit Exchange Traded Funds, die einen Index oder einen Basket abbilden. Auch hier wird das ökonomische Risiko, das der Inhaber hinsichtlich der Aktien der Stimmgesellschaft übernimmt, in die Rechnung eingestellt und zwar in dem Ausmaß, wie der Fond die jeweilige Aktie enthält.

(c) Negativ einzustellende Positionen Auf Passivseite sind verschiedene Positionen einzustellen. Dies sind zunächst die leerverkauften Aktien, d. h. die Aktien, die der Aktionär am Markt verkauft hat und für die noch eine Rückgabeverpflichtung aus dem Wertpapierdarlehen besteht. Daneben sind alle weiteren Rückgabeverpflichtungen, die sich aus Wertpapierdarlehen ergeben, abzuziehen. Dies ist Konsequenz daraus, dass sie oben bei den gehaltenen Aktien zunächst auf der Aktivseite erscheinen. Da das Risiko dieser Aktien nicht getragen wird, müssen sie wieder abgezogen werden. Schließlich sind Derivate, die eine Short-Position vermitteln, unter Berücksichtigung ihres Delta-Faktors abzuziehen.

 Dies entspricht der Praxis der BaFin hinsichtlich der Transparenz der Netto-Leerverkaufsposition, siehe dazu FAQ-Liste zur Transparenzregelung für Netto-Leerverkaufspositionen (Stand 23.03. 2010), abrufbar unter www.bafin.de (noch nicht zu § 30i WpHG, sondern zur Allgemeinverfügung zur Herstellung einer Transparenzpflicht). Auch die FSA verwendet das Optionsdelta als geeignetes Maß, siehe Financial Services Authority, Financial Stability and Market Confidence Sourcebook Instrument 2010, Chapter 2, S. 4 f. Hinsichtlich des Problems der hidden ownership und der damit verbundenen Offenlegung von derivativen Long-Positionen verfolgt die FSA einen anderen Ansatz: hier müssen Index-, Basket- und ETF-Produkte erst einbezogen werden, sobald sie einen gewissen Prozentsatz des Produktwerts bestimmen, siehe Financial Services Authority, Disclosure of Contracts for Difference – Questions and Answers Version 3 (Policy Statement 09/3), S. 6. Dieser Unterschied erklärt sich allerdings aus dem unterschiedlichen Zweck. Bei nur minimalen Beteiligungen ist es unwahrscheinlich, dass der Inhaber des Finanzproduktes in der Folge auf die Aktien zugreifen kann, deshalb wurde hier eine Erheblichkeitsschwelle eingeführt. Bei der Bestimmung des Interesses bei der Abstimmung besteht hingegen kein Grund für eine derartige Einschränkung.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(d) Saldo Schließlich ist zwischen den beiden Positionen ein Saldo zu bilden. Das Ergebnis gibt Aufschluss darüber, ob bereits ein negatives gegenläufiges Investment vorliegt.

(aa) Negative Bilanz Ein negatives gegenläufiges Investment liegt auf jeden Fall dann vor, wenn die Bilanz ein negatives Ergebnis aufweist. In diesem Fall besteht ein expliziter Anreiz, der Stimmgesellschaft zu schaden. In diesem Fall ist die Stimmabgabe treuwidrig. Wird dennoch abgestimmt, dann kann im Falle der Kausalität der Stimmen für den gefassten Beschluss der Beschluss angefochten und aufgehoben werden.

(bb) Neutrale oder positive Bilanz Liegt eine neutrale oder positive Bilanz vor, so besteht weiterhin ein Interesse an der Wertentwicklung der Gesellschaft und somit ein Anreiz, wertsteigernde Beschlüsse zu treffen. In diesen Fällen muss geprüft werden, wie sich das ökonomische Interesse zu der Anzahl an Stimmrechten verhält. Werden überproportional viele Stimmrechte ausgeübt, so handelt es sich um risikoentleerte Stimmrechte. Aufgrund des weiterhin bestehenden Interesses an einer positiven Wertentwicklung ist deren Ausübung nicht per se treuwidrig. Das Gleiche gilt bei einer neutralen Interessenbilanz. Auch in diesen Fällen besteht kein direkter Anreiz, der Gesellschaft zu schaden.

(cc) Indirekte Absicherung Besondere Schwierigkeiten bereitet die Einbeziehung der indirekten Absicherung, also der Position in einer Unternehmung, deren Wert entweder positiv oder negativ mit der Wertentwicklung der Stimmgesellschaft korreliert ist.¹⁴¹³ Da es vorliegend um das negative gegenläufige Investment geht, sind hier nur solche indirekten Absicherungen relevant, die negativ mit der Entwicklung der Stimmgesellschaft korreliert sind. Dies sind typischerweise Unternehmungen, die in direkter Konkurrenz zur Stimmgesellschaft stehen. Die Schwierigkeiten bei der Behandlung von indirekten Absicherungen erwachsen aus der mangelnden Prognostizierbarkeit von deren Wertentwicklung nach einem Hauptversammlungsbeschluss. Anders als bei Derivaten und Wert-

 Siehe dazu bereits oben unter Teil 3, III.

II. Ansätze zur Lösung de lege lata

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papierdarlehen (direkte Absicherungen), die sich direkt auf eine spezifische Aktie beziehen und deren Wertentwicklung einigermaßen geschätzt werden kann, ist dies bei indirekten Absicherungen nicht der Fall. Hier kann daher kein derart konkretes Stimmverbot formuliert werden, wie bei einem negativen gegenläufigen Interesse, das sich allein aus Finanzinstrumenten ergibt, die sich auf eine Unternehmung beziehen. Allerdings kann auf die Erkenntnisse des Insiderrechts zurückgegriffen werden, um in einem ersten Denkschritt zu prüfen, ob die jeweilige Position in die Interessenbilanz einbezogen werden muss. Auch bei der Definition der Insiderinformation geht es darum, abzugrenzen, in welchen Fällen eine Information signifikante Bedeutung für die Entwicklung des Kurses hat. Bedeutend sind die beiden Merkmale „Bezug zum Anlageinstrument“ und „Erhebliches Potenzial der Kursbeeinflussung“.¹⁴¹⁴ Somit muss zum einen ein Emittentenbezug gegeben sein, d. h. der Ausgang der Abstimmung muss Auswirkungen auf die Wertentwicklung der Unternehmung, auf die sich die indirekte Absicherung bezieht, haben. Darüber hinaus muss dem Abstimmungsergebnis aus ex-ante-Sicht erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial beiwohnen. Ist dies der Fall, so ist die Position in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dadurch wird gewährleistet, dass es zu einem Stimmverbot nur dann kommt, wenn davon ausgegangen werden muss, dass die indirekte Absicherung für den Aktionär das ausschlaggebende Moment bei der Entscheidung über die Stimmabgabe war. Hinsichtlich des Umfangs, in dem die indirekte Absicherung berücksichtigt werden muss, ist eine Bewertung im konkreten Einzelfall erforderlich. Die Größe der Position muss in Relation zum festgestellten ökonomischen Interesse an der Stimmgesellschaft gesetzt werden. Ergibt eine Prognose, dass durch die Kursbewegung sich insgesamt ein negatives Interesse ergeben würde, so greift auch in diesem Fall ein Stimmverbot. Eine Stimmrechtsausübung des Aktionärs in diesen Fällen ist treuwidrig.

(5) Konturierung des Tatbestandes bei konfligiertem gegenläufigen Investment Zur Feststellung eines konfligierten gegenläufigen Investments müssen zunächst die soeben beschriebenen Schritte durchgeführt werden. Allerdings ergibt sich dann bei der Bewertung der indirekten Absicherung eine Änderung.

 Siehe zu den Einzelheiten oben unter Teil 3, III.3.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(a) Interessenbilanz Zunächst wird wiederum eine Interessenbilanz aufgestellt. Ergibt diese, dass noch ein positives Ergebnis besteht, also kein negatives gegenläufiges Investment vorliegt, so muss geprüft werden, ob sich aus dem Vorliegen von indirekten Absicherungen ein Stimmverbot ergibt.

(b) Indirekte Absicherung Anders als beim negativen gegenläufigen Investment sind in diesem Zusammenhang Unternehmen relevant, deren Wertentwicklung nicht notwendig negativ mit der Wertentwicklung der Stimmgesellschaft verbunden ist. Hier geht es um Aktiengesellschaften, deren Kurs durch einen Hauptversammlungsbeschluss der Stimmgesellschaft beeinflusst wird. Zunächst ist erneut auf die Erkenntnisse zur Insiderinformation abzustellen. Auch hier ist zu prüfen, ob der Beschluss emittentenbezogen ist und erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial hat. Ist diese Verbindung hergestellt, dann ist zu prüfen, ob sich aus der indirekten Absicherung ein konfligiertes gegenläufiges Investment ergibt. Dies ist dann der Fall, wenn die Position, die zur indirekten Absicherung dient, im Vergleich mit dem verbleibenden ökonomischen Interesse an der Stimmgesellschaft so groß ist, dass die Gewinne aus der indirekten Absicherung einen möglichen Kursverlust, der aus einem wertmindernden Beschluss folgt, überwiegen würden. Ist dies der Fall, so liegt ein Interessenkonflikt vor, da nur das Abstimmen für die Alternative, die einen Wertgewinn bei der indirekten Absicherung zeitigt, den Gewinn des Portfolios des Aktionärs maximiert. Das Abstimmen in einer derart konfligierten Situation ist treuwidrig. Insofern besteht ein Stimmverbot des Aktionärs. Stimmt er dennoch ab, dann ist der Beschluss bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen anfechtbar.

(6) Durchsetzung der durch die Treupflichtlehre gezogenen Stimmrechtsschranken An das gefundene Ergebnis schließt sich die Frage nach seiner Durchsetzung an. Dabei sind zwei Fragen zu unterscheiden. Zunächst einmal besteht das Problem, dass die anderen Aktionäre möglicherweise keine Vorstellung davon haben, dass ein gegenläufiges Investment besteht und keine Klage erheben. Insofern stellt sich die Frage nach einer Offenlegungspflicht des konfligierten Aktionärs. Daneben ist fraglich, ob nur diejenigen Aktionäre, die auf der Hauptversammlung Widerspruch gegen einen Hauptversammlungsbeschluss eingelegt haben, diesen in der Folge auch anfechten dürfen oder ob jeder Aktionär eine Stimmrechtsausübung, die aufgrund eines gegenläufigen Investments treuwidrig war, anfechten darf.

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(a) Offenlegungspflicht aus Treupflicht Eine wirksame Durchsetzung der Rechtsverletzung im Falle des gegenläufigen Investments ist nur dann möglich, wenn andere Aktionäre von dem Interessenkonflikt des risikoentleert Abstimmenden wissen. Denn nur dann können sie die Treupflichtverletzung vor Gericht rügen und den Beschluss aufheben lassen. In Betracht kommt daher das Bestehen einer Offenlegungspflicht. Mögliche Grundlage einer derartigen Pflicht könnte wiederum die Treupflicht sein. Schon früher gab es Überlegungen, bei bedeutenden Beteiligungen eine Offenlegungspflicht aus der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht abzuleiten.¹⁴¹⁵ Grund hierfür war der mangelnde Schutz, den die §§ 20 f. AktG vor dem Aufbau wesentlicher Beteiligungen boten.¹⁴¹⁶ Ziel dieser Auslegung ist ein verbesserter Konzerneingangsschutz für die Unternehmen, die frühzeitig darüber informiert werden sollen, wenn die Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen droht.¹⁴¹⁷ In kritischen Fallgruppen sei eine derartige Auslegung vorzunehmen, um den Minderheitenschutz zu verbessern.¹⁴¹⁸ Dies wird teilweise explizit für börsennotierte Aktiengesellschaften angenommen, bei denen die aktienrechtliche Treupflicht die „Funktion eines subsidiären Auffangtatbestands“ zukommen soll, mit dessen Hilfe „letztlich untragbare Ergebnisse“ korrigiert werden können, die nicht von den Vorschriften des Wertpapierhandelsrechts erfasst sind.¹⁴¹⁹ Der Großteil der Literatur lehnt eine derartige Informationspflicht sowohl für die börsennotierte als auch für die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft ab.¹⁴²⁰ Die Ablehnung wird zum einen mit der klaren gesetzgeberischen Entscheidung für eine rechtssichere Regelung begründet.¹⁴²¹ Daran anknüpfend wird zum anderen betont, dass die Voraussetzungen des Bestehens einer Offenlegungspflicht vollkommen unklar seien.¹⁴²² Gegen eine Offenlegungspflicht spricht in der Tat die Entscheidung des Gesetzgebers und das bereits bestehende System von wertpapierhandelsrechtlichen Offenlegungspflichten. Allerdings greift die Ablehnung einer Offenlegungspflicht

 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 11; Zöllner, in: FS Kropff, S. 333, 338 ff.  Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 402.  In diesem Sinne vor allem Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 10 f., 15; Burgard, AG 1992, 41, 44, 47– 51; Henze, BB 1996, 489, 498.  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 10.  So Wastl, NZG 2005, 17, 18.  Siehe Koppensteiner, in: KöKo AktG, § 20 Rn. 31; Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 6; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 5; Petersen, in: Spindler/Stilz, Vor § 20 Rn. 11.  Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 5; Koppensteiner, in: KöKo AktG, § 20 Rn. 31; Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 6.  Petersen, in: Spindler/Stilz, Vor § 20 Rn. 11.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

mit Verweis auf die Regelungen des WpHG zu kurz. Denn diese dienen der Transparenz hinsichtlich der möglichst effizienten Preisfindung auf dem Sekundärmarkt. Der beim gegenläufigen Investment entstehende Konflikt, auch wenn er seinen Ursprung in Instrumenten des Kapitalmarkts haben kann, ist aber ein gesellschaftsrechtlicher. Es geht um die konkrete Willensbildung in der Gesellschaft und nicht um die bestehenden Kontrollverhältnisse, deren Offenlegung die Regelpublizität des WpHG bezweckt. Folgt man zudem einer funktionellen Begründung der Treupflichten, wonach diese als Regelungsmechanismus für nicht antizipierte Konflikte dienen, dann lässt sich eine Offenlegungspflicht in diesen Fällen begründen. Das Argument, die Voraussetzungen seien unklar, betrifft jedes generalklauselartige Instrument; dem kann durch Fallgruppenbildung entgegengewirkt werden. Dies ist im Fall des negativen gegenläufigen Investment, ohne Einbeziehung einer indirekten Absicherung, möglich. Ist das ökonomische Interesse nach den oben beschriebenen Berechnungen negativ, so besteht ein Interessenkonflikt, der offengelegt werden muss. Die Offenlegungspflicht ist insofern nur Konsequenz der Regelung dieses Konflikts über die Treupflicht.¹⁴²³ Denn nur wenn eine Offenlegungspflicht besteht, kann das aus der Treupflicht ausfließende Stimmverbot auch wirksam durchgesetzt werden. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Fälle des konfligierten gegenläufigen Investments und die Fälle in denen sich das negative gegenläufige Investment aus einer indirekten Absicherung ergibt; allerdings ist es in diesen Fällen schwieriger, einen klaren Tatbestand zu konturieren, da nicht klar abgrenzbar ist, wann das Stimmverbot und daran anknüpfend eine Offenlegungspflicht greifen soll. Es lässt sich zwar auf die verschiedenen oben genannten Fallgruppen zurückgreifen, aus denen sich eine derartige Abhängigkeit ergeben kann. Besteht insofern eine wesentliche Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen, einem Zulieferbetrieb oder einem Akquisitionsobjekt, dann könnte man vom Bestehen einer Offenlegungspflicht gegenüber der Gesellschaft ausgehen.Was in diesem Zusammenhang „wesentlich“ bedeutet, lässt sich allerdings nicht losgelöst von einer Einzelfallbetrachtung sagen. Am besten wird der Aktionär selbst einschätzen können, inwieweit sein Verhalten von dem anderen Investment beeinflusst wird. Es schadet insofern nicht, ihm die Einschätzungslast aufzulegen und eine Offenlegungspflicht anzunehmen. Allerdings ist an eine Verletzung dieser Pflicht letzten Endes keine Rechtsfolge geknüpft. Selbst wenn das konfligierte gegenläufige Investment

 Ähnlich Winter, Treubindungen, S. 261, der den Anspruch auf Offenlegung einer Konkurrenztätigkeit bei einem Mehrheitsgesellschafter einer GmbH als „Annex des Hauptanspruches“, der Unterlassung von Konkurrenztätigkeit, bezeichnet.

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nicht offengelegt, aber zufällig entdeckt wird, so wäre der Beschluss ohnehin aufgrund des bestehenden Konflikts anfechtbar. Die nicht erfolgte Offenlegung zeitigt gesellschaftsrechtlich keine weiteren Konsequenzen. In beiden Fallkonstellationen bietet diese Offenlegung somit keinen vollständigen Schutz für die Mitaktionäre, insbesondere da keine Kontrolle der Nichteinhaltung besteht. Auch sind daran keine möglichen Rechtsfolgen geknüpft, so dass der Anreiz, eine Offenlegung tatsächlich vorzunehmen, sehr gering ist. Der Konflikt ist allerdings durch die Einführung der Transparenzpflichten für Netto-Leerverkaufspositionen (§ 30i WpHG) entschärft worden. Denn zumindest das negative gegenläufige Investment ist aber einer Größe von 0,5 % für den Markt erkennbar. Beim konfligierten gegenläufigen Investment ist durch § 21 f. WpHG und §§ 25, 25a WpHG sowie § 30i WpHG erkennbar, wenn eine signifikante indirekte Absicherung in einem anderen börsennotierten Unternehmen besteht.

(b) Analoge Anwendung des § 245 Nr. 3 AktG auf treupflichtwidrige Stimmrechtsausübung Fraglich ist in diesem Zusammenhang noch, ob ein unter Verletzung der Treupflicht gefasster Beschluss nur unter den Voraussetzungen des § 245 Nr. 1 AktG angefochten werden kann, oder ob eine analoge Anwendung von § 245 Nr. 3 AktG in Frage kommt. Nach der erstgenannten Vorschrift hätte eine Anfechtung nur Erfolg, wenn der klagende Aktionär in der entsprechenden Hauptversammlung Widerspruch gegen den Beschluss eingelegt hätte. Käme es hingegen zu einer analogen Anwendung, dann könnte jeder Aktionär die aus dem Abstimmungsverhalten resultierende Treupflichtverletzung geltend machen, unabhängig von einem eingelegten Widerspruch und auch der Anwesenheit auf der Hauptversammlung.¹⁴²⁴ Gegen eine analoge Anwendung wird der klare Wortlaut angeführt.¹⁴²⁵ Außerdem bestehe auch nicht die Notwendigkeit, da ein Widerspruch nur dann Voraussetzung der erfolgreichen Klage sei, wenn der Mangel des Beschlusses erkennbar war.¹⁴²⁶ Andernfalls würde eine Entlastung der Gerichte, die die Vorschrift bezweckt, verhindert.¹⁴²⁷ Demgegenüber betont die Gegenansicht, dass es auf die Frage der Erkennbarkeit nicht ankommen dürfe.¹⁴²⁸ Auch die Gleichartigkeit der Verstöße spreche für eine Anfechtungsbefugnis aller Aktionäre. Denn § 243 Abs. 2 AktG sei

    

Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rn. 16. Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn 40; Hüffer, in: MüKo AktG, § 245 Rn. 46. Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn 40; Hüffer, in: MüKo AktG, § 245 Rn. 46. Hüffer, in: MüKo AktG, § 245 Rn. 46. K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 245 Rn. 30.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

nur ein Ausfluss der Treupflicht, so dass die sonstigen Treupflichtverstöße ebenso darunter fallen müssen. Dafür spricht in der Tat, dass es sich bei den Verstößen gegen die Treupflicht, wie bei den Verstößen gegen das Verbot des Ziehens von Sondervorteilen, um inhaltliche Mängel des Beschlusses handelt, die von jedem Aktionär, unabhängig von Widerspruch und Erkennbarkeit geltend gemacht werden können. Die negativen Auswirkungen eines gegenläufigen Investments sollten dazu führen, die Vorschrift weit auszulegen. Somit ist eine Anfechtung aufgrund des Abstimmens bei einem gegenläufigen Investment jedem Aktionär möglich.

(7) Treupflichtverletzung und Untreuetatbestand Durch die Einflussnahme des gegenläufig investierten Aktionärs nimmt die Gesellschaft Schaden und dadurch mittelbar auch die Mitaktionäre. Hierdurch könnte der Treubruchstatbestand, § 266 Abs. 1, 2. Fall Strafgesetzbuch (StGB), verwirklicht sein. Wegen Untreue macht sich derjenige strafbar, der die aufgrund eines Treuverhältnisses bestehende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Dies setzt allerdings das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht voraus. Dieses Merkmal wird aufgrund der Weite des Untreuetatbestandes restriktiv interpretiert, um die Fälle des strafbaren Verhaltens einzugrenzen.¹⁴²⁹ Eine Vermögensbetreuungspflicht wird daher nur angenommen, wenn eine Fürsorgepflicht von einiger Bedeutung vorliegt, die eine wesentliche und nicht nur beiläufige Vertragspflicht darstellt.¹⁴³⁰ Die Rechtsprechung hat das Vorliegen einer derartigen Vermögensbetreuungspflicht zwischen Aktionären verneint und zwar unabhängig von der Beteiligungsquote und damit von der konkreten Einflussmacht. Denn der Aktionär habe zwar eine zivilrechtliche Pflicht, auf die Interessen der Aktiengesellschaft Rücksicht zu nehmen und die Aktiengesellschaft nicht zu schädigen. Diese Pflicht begründe aber keine strafbewehrte Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB.¹⁴³¹ Dies scheint überzeugend, hält man sich vor Augen, welche Pflichtenintensität ansonsten Tatbestandsvoraussetzung des Treubruchtatbestandes ist. Sonstige Täter müssen entweder organschaftlich oder vertraglich eine besondere Pflichtenstellung innehaben. Dies ist bei einem Aktionär aber nicht der Fall. Somit verwirklicht ein treuwidrig Einfluss nehmender Aktionär nicht den Straftatbestand der Untreue.  Dierlamm, in: MüKo StGB, § 266 Rn. 30; LG Köln wistra 1988, 279, 280.  Siehe Dierlamm, in: MüKo StGB, § 266 Rn. 35; Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 11.  Siehe LG Köln wistra 1988, 279, 280. Zustimmend Dierlamm, in: MüKo, StGB, 2006, § 266 Rn. 58; Lackner/Kühl, StGB, § 266 Rn. 12; Hübner, in: LK-StGB, § 266 Rn. 40.

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cc) Zusammenfassung Die Treupflichtlehre ist nach geltendem Recht die adäquate Antwort auf die durch verschiedene, gegenläufige Investments entstehenden Konfliktlagen. Mit ihr kann in den Fällen, in denen ein für die Gesellschaft negatives Abstimmen sicher oder zumindest wahrscheinlich ist, die Stimmrechtsausübung verhindert werden und der Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Gesellschaft von Fremdinteressen abgeschirmt werden. Zwar ist die Stimmrechtsausübung prinzipiell frei. Diese Autonomie bei der Stimmrechtsausübung deckt „auch die törichte Entscheidung“.¹⁴³² Dies findet jedoch dort seine Grenzen, wo allein die törichte Entscheidung einen Gewinn für den Abstimmenden bedeutet. Diese Lösung hat den Vorteil, alle Fälle des Decoupling abzudecken und nicht nur solche, die durch eine bestimmte Art der Entkoppelung zustande kommen.¹⁴³³ Sie ist auch flexibel genug, um die schwierig zu fassenden Fälle der indirekten Absicherung zu erfassen. Generell ist bei der Konkretisierung dieses Stimmverbots auf kapitalmarktrechtliche Wertungen zurückzugreifen. Dies betrifft die Berechnung des bestehenden wirtschaftlichen Interesses an der Stimmgesellschaft, die der Berechnung der Netto-Leerverkaufsposition im Rahmen des § 30i WpHG entspricht.Weiter sind im Rahmen der Betrachtung der indirekten Absicherung die Erkenntnisse zum Insiderrecht heranzuziehen, um einen entsprechenden Zusammenhang zwischen einzelnen Portfoliopositionen eines Aktionärs der Stimmgesellschaft herzustellen.

b) Risikoentleerte Stimmrechte Im Folgenden wird die rechtliche Behandlung von risikoentleerten Stimmrechten analysiert. Bei risikoentleerten Stimmrechten hat der Aktionär entweder kein Interesse an der Entwicklung (neutrale Interessenbilanz) oder ein verbleibendes positives ökonomisches Interesse an der Gesellschaft (positive Interessenbilanz); das ökonomische Interesse entspricht aber nicht dem proportionalen Anteil an Stimmmacht, sondern ist unterproportional. Der Aktionär übt mehr Stimmmacht aus, als es seinem Anteil an der Risikotragung entspricht. In diesen Konstellationen ist ein Konflikt mit den Interessen der anderen Gesellschafter nicht

 Flume, Juristische Person, S. 212, der allerdings betont, dass die Stimmrechtsausübung im Gesellschaftsinteresse zu erfolgen hätte.  So auch die Einschätzung von Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 617, der letzten Endes hinsichtlich des Wertpapierdarlehens aber ein generelles Verbot der Stimmrechtsausübung befürwortet, das er mit der Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch begründet. Siehe dazu noch unter Teil 5, II.1.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

zwingend, da die Stimmrechtsausübung in diesen Fällen nicht determiniert ist. Es besteht zwar ein Anreiz, Sondervorteile zu ziehen; dieser ist jedoch auch den satzungsmäßigen Gestaltungen, die zu disproportionalen Stimmrechtsstrukturen führen, nicht fremd. Als Begrenzung kommen auch in diesem Fall zunächst die starren Stimmrechtsschranken in Betracht. Daneben sind die beweglichen Stimmrechtsschranken ein Instrument, das der risikoentleerten Stimmrechtsausübung Grenzen setzen und damit einen Schutz der anderen Aktionäre gewährleisten kann.

aa) Starre Stimmrechtsschranken Bei den starren Stimmrechtsschranken handelt es sich um eng gefasste Regelungen, die nur einen geringen Teil bestehender Interessenkonflikte erfassen.¹⁴³⁴ Diese spielen hinsichtlich der risikoentleerten Stimmrechte keine Rolle. Ein Interessenkonflikt kann sich ergeben, wenn ein anderes Investment neben die risikoentleerten Stimmrechte tritt. Allein die Tatsache, dass der Aktionär seine Stimmrechte risikoentleert ausübt, führt hingegen noch zu keinem Interessenkonflikt. Zwar begründen disproportionale Stimmrechtsstrukturen aufgrund ihrer Anreizstruktur die Gefahr der Verfolgung von privaten Vorteilen. Diese Gefahr besteht jedoch sowohl bei disproportionalen Satzungsgestaltungen als auch generell in einer Aktiengesellschaft. Folglich greifen die genannten Stimmrechtsverbote zwar auch für risikoentleerte Aktien: legt der Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung die Entscheidung über die Befreiung von einer Verbindlichkeit gegen einen Aktionär vor, so kann dieser nicht mit seinen Aktien abstimmen, unabhängig davon, ob er das Risiko der von ihm gehaltenen Aktien trägt oder nicht. Ein Verbot der Ausübung der Stimmrechte aus risikoentleerten Aktien lässt sich hingegen aus den bestehenden starren Stimmrechtsschranken nicht begründen. Es greifen insoweit nur die allgemeinen Vorschriften.

bb) Bewegliche Stimmrechtsschranken (1) Sondervorteile gemäß § 243 Abs. 2 AktG Zunächst ist wieder an das Verbot des Ziehens von Sondervorteilen zu denken, § 243 Abs. 2 AktG. Der Tatbestand hat, wie bereits oben gesehen, keine weit reichende praktische Relevanz erlangt. Das ist auch der Grund, warum eine klare Konturierung der Tatbestandsmerkmale bis heute nicht erfolgt ist.

 Siehe dazu schon oben unter Teil 5, I.1.

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Die Gefahr des Ziehens von Sondervorteilen droht bei disproportionalen Stimmrechtsgestaltungen, da hier die Aktienerträge in nur unterproportionalem Anteil an den Stimmberechtigten gehen, er also von Überwachungsmaßnahmen weniger stark profitiert als in dem Fall, in dem sich Stimmrecht und Risiko proportional verhalten. Allein die Tatsache, dass in der hier interessierenden Konstellation das Risiko abgewälzt wird, ändert jedoch nichts an dem Kontrollmaßstab und rechtfertigt für sich noch kein Urteil. Es kann nicht allein aus der Tatsache des Vorliegens risikoentleerter Stimmrechte gefolgert werden, dass durch den Beschluss Sondervorteile verfolgt werden. Auch hier müssen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 243 Abs. 2 AktG vorliegen, damit es zu einer Anfechtbarkeit des Beschlusses kommt. Allein die Risikoentleerung stellt keinen Verstoß gegen § 243 Abs. 2 AktG dar.

(2) Gebot der Gleichbehandlung, § 53a AktG Für den Gleichbehandlungsgrundsatz gilt das zu § 243 Abs. 2 AktG Gesagte. Die risikoentleerten Stimmrechte begründen noch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Vielmehr ist auch hier, wie bei regelmäßiger Beschlussfassung, im Einzelfall zu ermitteln, ob der Beschluss gegen das Gleichbehandlungsverbot verstößt. Nur dann ist er anfechtbar und aufhebbar.

(3) Treupflichtlehre Ein Abstimmen aus risikoentleerten Aktien kann ebenfalls grundsätzlich nicht als treuwidrig angesehen werden. Denn allein das Abstimmen bei nicht vollständig getragenem Risiko begründet noch keinen Verstoß gegen das Loyalitätsgebot. Die auf Grundlage der Treupflichtlehre durchgeführte Kontrolle setzt am Inhalt des Beschlusses an. Dieser ist jedoch, anders als bei den Fällen des gegenläufigen Investments, nicht von der Tatsache determiniert, dass die Stimmrechte risikoentleert ausgeübt werden. Vor dem Hintergrund der möglicherweise positiven Auswirkungen risikoentleerter Stimmrechte stellt die bloße Gefahr einer Treupflichtverletzung noch keine Treupflichtverletzung dar. Die klassischen Kontrollmaßstäbe der Beschlussfassung, also Treupflicht und Lehre vom sachlichen Grund¹⁴³⁵, müssen auf die mit risikoentleerten Stimmrechten gefassten Beschlüsse angewandt werden, um so eine treuwidrige

 Siehe zum Verhältnis von Treupflichtlehre und Lehre vom sachlichen Grund sowie der Beschlusskontrolle allgemein oben.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Stimmrechtsausübung zu verhindern. Allein die Risikoentleerung begründet hingegen noch keinen Treupflichtverstoß. Je stärker ökonomisches Interesse und Stimmmacht auseinanderfallen, desto größer wird die Gefahr des Ziehens von Sondervorteilen. Insofern sollte bei zunehmender Diskrepanz zwischen ökonomischer Beteiligung und Stimmmacht auch eine intensivere Kontrolle stattfinden. D.h. die Frage, ob eine Treupflichtverletzung vorliegt, sollte in diesen Fällen intensiver geprüft werden. Dies entspricht der intensiveren Prüfung von Beschlüssen bei Stimmbindungsvereinbarungen mit Nichtaktionären.¹⁴³⁶ Diese beiden Situationen sind durchaus vergleichbar: je geringer das wirtschaftliche Risiko, das der abstimmende Aktionär trägt, desto ähnlicher ist seine Interessenlage derjenigen eines gesellschaftsfremden Dritten. Je geringer somit das verbleibende wirtschaftliche Interesse, desto intensiver sollte eine Treupflichtkontrolle ausfallen. Allerdings ist eine besonders intensive Treupflichtkontrolle nach geltendem Recht nur dann möglich, wenn zufällig bekannt wird, dass risikoentleerte Stimmrechte ausgeübt wurden. Denn nach dem geltenden Transparenzsystem ist nicht erkennbar, ob das wirtschaftliche Risiko bei der Stimmrechtsausübung getragen wird. Insofern besteht die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung.

(4) Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch Zuletzt hat Bachmann, auf das Wertpapierdarlehen begrenzt, vorgeschlagen, die Stimmrechtsausübung aus darlehensweise überlassenen Aktien generell als institutionellen Rechtsmissbrauch und damit als rechtswidrig anzusehen. Ein institutioneller Rechtsmissbrauch soll immer dann vorliegen, wenn ein Rechtsinstitut in einer Art und Weise instrumentalisiert wird, das seinem sozialen Zweck zuwiderläuft. Entscheidend dafür ist nicht eine Betrachtung des Einzelfalls, mittels derer festgestellt wird, dass die Rechtsausübung in diesem Fall als unlauter oder ungehörig erscheint, sondern die Feststellung, dass ein vom Rechtsausübenden genutztes Recht für diese Zwecke überhaupt nicht vorgesehen ist und deswegen nicht ausgeübt werden kann.¹⁴³⁷ Zur Feststellung der Zweckwidrigkeit soll dabei auf die Wertungen anderer Gesetze zurückgegriffen werden, wie dies im Rahmen des § 138 BGB der Fall sei.¹⁴³⁸ Es geht jedoch nicht um eine Analogie, sondern um eine aus „Gesamtwertungen gewonnene Funktionsbestimmung eines Rechtsinstituts, die seinen zweckwidri-

 Siehe dazu oben unter Teil 4, II.6.  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 617.  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 617.

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gen Gebrauch in Schranken weisen hilft.“¹⁴³⁹ Dies würde bedeuten, dass die Stimmrechtsausübung aus darlehensweise empfangenen Aktien immer zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führt.¹⁴⁴⁰ Bachmann selbst hat die „Unumgrenztheit“ der Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch angesprochen und damit einen wesentlichen Kritikpunkt genannt.¹⁴⁴¹ Im Rahmen dieser Arbeit soll keine Auseinandersetzung mit der Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch stattfinden. Sieht man sie als gangbaren Weg, so kommt man bei der Entscheidung zwischen der Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch und der hier vorgeschlagenen Lösung über die Treupflichtlehre nicht zu einer Methodenfrage, sondern zu einer Wertungsfrage: Schließt man mit der Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch die Stimmrechtsausübung generell aus, so sieht man allein die Tatsache, dass die Stimmrechte ohne das dazugehörige Risiko ausgeübt werden, als ausreichend an, um die Stimmrechtsausübung zu verbieten. Nach dieser Ansicht rechtfertigt bereits die abstrakte Gefährdung ein Verbot.Wählt man hingegen den Weg über die Treupflicht, so lässt man die Stimmrechtsausübung generell zu, kommt aber im Einzelfall möglicherweise zu einem Verbot. Bachmann beantwortet diese Frage dahingehend, dass schon jetzt ein generelles Verbot anzunehmen ist. Die Frage, ob dadurch die Managementkontrolle verschlechtert wird, man also die möglicherweise positiven Effekte risikoentleerter Stimmrechte beschneidet, kann man seiner Ansicht nach erst dann beantworten, wenn man ein derartiges Verbot in Kraft setzt.¹⁴⁴² Dies dreht allerdings den momentanen Kenntnisstand um – es ist bislang nicht bekannt, welche Effekte die risikoentleerte Stimmrechtsausübung auf die Managementkontrolle hat und ob sie überhaupt eine Rolle spielt. Demgemäß sollte zunächst Transparenz geschaffen und abgewartet werden, welche Effekte zu beobachten sind. Erst auf Grundlage dieser Informationen sollte, falls nötig, reagiert werden.¹⁴⁴³

cc) Zusammenfassung Nach der momentanen Rechtslage kommt eine Einschränkung der Ausübung risikoentleerter Stimmrechte, allein aufgrund der Tatsache der Risikoentleerung, nicht in Betracht. Weder die starren noch die beweglichen Stimmrechtsschranken greifen.

    

Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 617 f. Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 618. Ähnlich OLG München NZG 2007, 192. Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 618, Fn. 108. Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 618. So auch Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 253 (2008).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Bei ersteren geht es um eine Reihe eng gefasster Interessenkollisionen, die aber nicht die risikoentleerte Stimmrechtsausübung umfassen. Ob diese Schranken im Wege der Analogie auf andere mögliche Interessenkonflikte ausgedehnt werden sollten, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da die Tatsache, dass das Risiko des Stimmrechts abgewälzt ist, noch keinen Interessenkonflikt begründet, sondern höchstens eine erhöhte Gefahr solcher Konflikte. Ähnlich verhält es sich mit den beweglichen Stimmrechtsschranken. Diese setzen am Inhalt des Beschlusses an und schränken somit die Stimmrechtsausübung aus risikoentleerten Stimmrechten nur ein, wenn der Beschluss, der mit Hilfe dieser Stimmrechte getroffen wurde, gegen das Verbot des Ziehens von Sondervorteilen, das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre oder die Treupflichten verstößt. Dabei wird eine intensivierte Treupflichtkontrolle durchgeführt, um zu prüfen, ob die Stimmrechte zum treuwidrigen Ziehen von Sondervorteilen missbraucht werden. Die Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch sieht die Ausübung des Stimmrechts aus darlehensweise übertragenen Aktien als generell missbräuchlich. Allerdings sollten zunächst mehr Informationen gesammelt werden und kein vollständiges Verbot ausgesprochen werden. Deswegen ist die hier vorgeschlagene Lösung, die zunächst nur die Extremfälle des empty voting adressiert, vorzugswürdig.

c) Exkurs: Quoren aa) Allgemeines Neben der Beeinflussung unternehmenspolitischer Entscheidungen durch Stimmrechtsausübung und Kommunikation mit dem Vorstand, gibt es weitere Einflussnahmemöglichkeiten des Aktionärs. Er kann beispielsweise den Verzicht auf Ansprüche gegen den Vorstand durch Erhebung von Widerspruch verhindern (§ 93 Abs. 4 Satz 4 AktG), ein Sondervotum für einzelne Verwaltungsmitglieder bei der Entlastung verlangen (§ 120 Abs. 1 Satz 2 AktG), vom Vorstand die Einberufung der Hauptversammlung fordern (§ 122 Abs. 1 Satz 1 AktG), die Tagesordnung einer Hauptversammlung um Beschlussgegenstände erweitern lassen (§ 122 Abs. 2 Satz 1 AktG) sowie die Bestellung eines besonderen Vertreters (§ 147 Abs. 2 Satz 2 AktG), eines Sonderprüfers (§ 258 Abs. 1 Satz 1, 3 AktG) oder eines Abwicklers (§ 265 Abs. 3 Satz 1 AktG) beantragen. All diesen Rechten ist gemeinsam, dass sie nicht zukunftsgerichtete Entscheidungen betreffen, sondern dem Minderheitenschutz dienen, indem auf Verlangen des Aktionärs besondere Kontrollmechanismen eingreifen. Daneben erlauben sie den Aktionären, sich Gehör zu verschaffen und die Mitaktionäre zu adressieren. All diesen Rechten ist außerdem gemeinsam,

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dass ihre Ausübung daran geknüpft ist, dass die Antragsteller zusammen mindestens einen gewissen Anteil am Grundkapital auf sich vereinen, beispielsweise den zehnten Teil des Grundkapitals oder eine Million Euro. Nun stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Aktionär, der zwar Eigentümer der Aktien ist, aber nicht deren wirtschaftliches Risiko trägt, in diesen Fällen das Recht ausüben darf.¹⁴⁴⁴ Zweck dieser Schwellen ist es, eine „Seriositätsschwelle“ zu schaffen, d. h. durch den Nachweis eines gewissen Kapitalanteils macht der Aktionär deutlich, dass er hinreichendes Interesse an der Aktiengesellschaft hat.¹⁴⁴⁵ Dies kann bei einem Aktionär, der kein wirtschaftliches Risiko trägt, zweifelhaft sein. Das Problem ist bislang vornehmlich für das Wertpapierdarlehen diskutiert worden,¹⁴⁴⁶ stellt sich aber auch im Zusammenhang mit anderen direkten Absicherungen. Entscheidend ist die Frage, ob das verbleibende wirtschaftliche Interesse der vom Gesetz geforderten Anteilsschwelle entspricht. Ist dies nicht der Fall, so könnte man davon ausgehen, dass die geforderte Seriosität nicht gegeben ist und daher auch das entsprechende Recht nicht geltend gemacht werden kann.¹⁴⁴⁷ Bachmann hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass das Gesetz in allen genannten Fällen jeweils das Recht Aktionären zusteht, „deren Anteile zusammen“ den entsprechenden Anteil des Grundkapitals erreichen. Deshalb könne man, zumindest beim Aktiendarlehen, argumentieren, dass das Wertpapierdarlehen eine Möglichkeit sei, die Stimmmacht verschiedener Aktionäre zu bündeln und dadurch die Corporate Governance zu verbessern, vor allem vor dem Hintergrund der rationalen Apathie. Zudem zeige die Hinterlegung von Sicherheiten sowie die Zahlung eines Darlehenszinses eine Ernsthaftigkeit.¹⁴⁴⁸ Vermittelnd zwischen beiden Positionen schlägt er vor, nach dem jeweiligen Recht zu differenzieren: Rechte, deren Ausübung mit hohen Kosten und Aufwand für die Aktiengesellschaft verbunden sind, sollen nur bei den gesetzlichen Quoren entsprechendem wirtschaftlichen Interesse ausgeübt werden können, andere hingegen unabhängig davon. Als Beispiel für erstere Gruppe nennt Bachmann die Einberufung der Hauptversammlung oder die Einsetzung eines Sonderprüfers. Der zweiten Gruppe  Siehe zum Problem Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 721– 725 (2008); Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 620 – 625.  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 621.  Siehe Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 620 – 625; Werner, in: Großkomm. AktG, 1992, § 122, Rn. 9 f.  So für das Wertpapierdarlehen Werner, in: Großkomm. AktG, 1992, § 122, Rn. 9 f. (in diesen Fällen werde nicht das „typische Aktionärsrisiko“ getragen); Franken/Heinsius, in: FS Budde, S. 213, 231 f. (Werner folgend und ebenso auf das „typische Aktionärsrisiko“ verweisend); Gillor, Rahmenvertrag, S. 127 f. (ebenso mit Verweis auf das „typische Aktionärsrisiko“).  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 621.

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rechnet er das Recht, Hauptversammlungsanträge zu stellen, und die Forderung nach Einzelentlastung bestimmter Verwaltungsmitglieder zu. Allerdings gesteht er ein, dass eine derartige Differenzierung im Gesetz nicht angelegt ist.¹⁴⁴⁹ Bachmann schlägt daher vor, generell darlehensweise erhaltene Aktien bei der Berechnung des entsprechenden Quorums nicht mitzuzählen.¹⁴⁵⁰ Dem ist zuzustimmen. Generell sollte an das wirtschaftliche Interesse, das auch in § 30i WpHG maßgeblich ist, angeknüpft werden. Nur wenn also das wirtschaftliche Interesse noch gegeben ist, hat der Aktionär die Befugnis, die entsprechenden Rechte geltend zu machen. Denn die Quoren sind nicht so hoch bemessen, dass sie ein Hindernis für eine aktive Aktionärsstrategie darstellen. Zudem hat der Gesetzgeber durch diese Quoren deutlich gemacht, dass eine bestimmte wirtschaftliche Beteiligung an einer Gesellschaft notwendig ist, um diese Rechte auszuüben. Nur so könnten „Klagen verhindert werden, bei denen der Grund und die Motivation der Klage nicht ernsthaft aus der wirtschaftlichen Beteiligung an der Gesellschaft hergeleitet werden kann“¹⁴⁵¹. Insofern sollte bei der Bestimmung ob Anträge von „Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten (oder fünften) Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro (oder 500.000 Euro)“ (so der Gesetzeswortlaut in entsprechenden Vorschriften) stammen, bei der börsennotierten Aktiengesellschaft an das „wirt Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 621 f.  Siehe Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 621. Dies ist vor dem Hintergrund seiner Einordnung der Stimmrechtsausübung als „institutionellen Rechtsmissbrauch“ konsequent. Zudem führt er aus, dass man möglicherweise das Urteil des Bundesgerichtshofs, nachdem das Erreichen eines Quorums durch darlehensweise übertragene Aktien möglich ist (siehe dazu sogleich im Text), als Argument für die Einbeziehung darlehensweise übertragener Aktien heranziehen könnte. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auf die Fälle des Squeeze-Out beschränkt entschieden. Das Wertpapierdarlehen hat in diesem Fall eine andere Funktion, nämlich die Ermöglichung der Koordination zwischen zwei Blockaktionären (siehe dazu sogleich im Text). Insofern spricht dieses Urteil nicht für eine Zulassung.  So die Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), BT-Drucks. 15/5092, S. 20. Die hier vertretene Ansicht wird durch einen Beschluss des OLG Nürnberg zum Freigabeverfahren gestützt, siehe OLG Nürnberg BeckRS 2010, 23752. Dieses führte aus, dass im Rahmen der §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 6 AktG der Gesetzgeber verhindern wollte, dass Kleinstaktionäre den Beschluss anfechten. Die Aktien müssten nach dem eindeutigen Wortlaut seit Einberufung der Hauptversammlung gehalten werden. Ansonsten könnten sich Aktionäre mittels eines Aktiendarlehens den erforderlichen anteiligen Aktienbesitz vorübergehend verschaffen. Der Aktionär würde dann aber „das mit dem Halten eines das vom Gesetz vorgesehene Quorum übersteigenden Aktienbesitzes über einen längeren Zeitraum verbundene erhebliche wirtschaftliche Risiko […] nicht in erforderlichem Umfang tragen“. Das Gericht äußert sich allerdings nicht dazu, was geschieht, wenn die darlehensweise übertragenen Aktien schon über einen längeren Zeitraum gehalten werden.

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schaftliche Interesse“ angeknüpft werden und mittels der beschriebenen Interessenbilanz bestimmt werden, ob die Anträge zulässig sind. Eine derartige Auslegung ist auch nach dem geltenden Recht möglich und ist durch die besondere Situation der börsennotierten Aktiengesellschaft bedingt.

bb) Risikoentleerter Squeeze-Out: Der Fall Lindner KGaA Eine erste höchstgerichtliche Entscheidung zu Quoren bei risikoentleerten Aktien gibt es inzwischen.¹⁴⁵² Diese bezieht sich allerdings auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Dabei ging es um die Durchführung eines Squeeze-Out gemäß § 327a AktG. Dieser setzt das Innehaben von 95 % der Aktien der Aktiengesellschaft voraus.¹⁴⁵³ Diese Quote wurde vom Hauptaktionär nur deshalb erreicht,weil dieser die Aktien eines anderen Blockaktionärs darlehensweise im Rahmen eines Wertpapierdarlehensvertrages erhalten hatte. Die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre klagten gegen den Beschluss und bekamen in den beiden Vorinstanzen¹⁴⁵⁴ recht. Diese sahen den Squeeze-Out mittels darlehensweise empfangenen Aktien als rechtsmissbräuchlich an.¹⁴⁵⁵ Das OLG München deutete dabei an, dass bei einem Wertpapierdarlehen die einzig sinnvolle und nicht treuwidrige Verwendung die Weiterveräußerung ist.¹⁴⁵⁶ Der Bundesgerichtshof trat dieser Auslegung entgegen und wertete das Vorgehen des Hauptaktionärs als rechtmäßig.¹⁴⁵⁷ Was auf den ersten Blick ein Fall des empty voting zu sein scheint,¹⁴⁵⁸ ist bei näherer Betrachtung jedoch ein nicht verallgemeinerungsfähiger Fall. Die Diskussion um diese Fallgestaltung wurde daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt der risikoentleerten Stimmrechtsausübung geführt, sondern bezog sich alleine auf

 Siehe BGH ZIP 2009, 908 ff.  Der Squeeze-Out-Beschluss muss hingegen nicht mit 95 %-Mehrheit beschlossen werden, sondern es bedarf eines Hauptversammlungsbeschlusses mit einfacher Mehrheit, siehe dazu OLG Düsseldorf, DB 2005, 713, 715; Habersack, in: Emmerich/Habersack § 327a Rn. 24.  LG München NZG 2006, 400; OLG München ZIP 2006, 2370.  Siehe dazu Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404. In Abgrenzung zur institutionellen Inhaltskontrolle, die im Rahmen des Squeeze-Out nicht stattfindet (siehe dazu BGH DStR 2006, 2090, 2091), handelt es sich bei individuellem Rechtsmissbrauch um Fälle, in denen ein Aktionär durch die Stimmrechtsausübung seine Treupflicht verletzt, siehe dazu K. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 243 Rn. 48.  OLG München ZIP 2006, 2370, 2374.  BGH ZIP 2009, 908, 909.  So nennen auch Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 669 (2008), den Fall als ein Beispiel für das empty voting.

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den Zweck des Squeeze-Out.¹⁴⁵⁹ Dies liegt darin begründet, dass der Squeeze-Out die besondere Eigenschaft hat, dass dadurch die übrigen Aktionäre aus der Aktiengesellschaft verdrängt werden und somit nicht mehr die Konsequenzen des Abstimmungsverhaltens zu tragen haben.¹⁴⁶⁰ Dazu kommt, dass es sich in diesen Fällen beim Wertpapierdarlehen nur um eine mögliche Gestaltung handelt, die ermöglicht, dass sich zwei oder mehrere Aktionäre für eine gewisse Dauer zusammenschließen und kooperieren.¹⁴⁶¹ Dieselbe Wirkung ist durch die Einbringung der Aktien in eine neu gegründete Gesellschaft zu erreichen.¹⁴⁶² Es kommt hier nicht zu einer risikoentleerten Abstimmung im Sinne der bisher beschriebenen problematischen Fälle, denn die ausscheidenden Aktionäre müssen nicht die weiteren Folgen des Beschlusses tragen. Auch handelte es sich nicht um ein anonym empfangenes Wertpapierdarlehen im Massenverkehr, sondern um eine gezielte Vereinbarung zwischen den beiden Parteien in der Absicht, die Restaktionäre aus der Gesellschaft auszuschließen. Die Gefährdungslage ist folglich eine andere, das Wertpapierdarlehen in diesem Fall nur ein Koordinationsinstrument der Blockaktionäre um die erforderliche Squeeze-Out-Quote zu erlangen und sich für eine gewisse Dauer zu verbinden. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass der entschiedene Fall die Verhältnisse in einer nicht börsennotierten Gesellschaft zum Gegenstand hatte. Denn die beiden Blockaktionäre, die aus einer Familie stammten, kannten sich und haben den Wertpapierdarlehensvertrag individuell ausgehandelt; somit konnte der darlehensgebende Aktionär sich dessen versichern, dass der Darlehensnehmer nicht auf seine Kosten versucht,Vorteile zu ziehen.¹⁴⁶³

d) Zusammenfassung Die aus dem empty voting erwachsenden Probleme können nach geltender Rechtslage angemessen mit der Treupflichtlehre bewältigt werden. Um allerdings

 Literatur zu dieser Diskussion findet sich bei Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 406 f.  Siehe Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 408 f.  Siehe schon Kumpan/Mittermeier, ZIP 2009, 404, 410. Zustimmend Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 619.  Siehe zu den Gestaltungsmöglichkeiten zur Erlangung der Hauptaktionärsstellung Fuhrmann/Simon, WM 2002, 1211 ff., sowie Pluskat, NZG 2007, 725 ff.  Siehe zur individuellen Aushandlung als ein Schutzmechanismus bei der Stimmrechtsvertretung bereits oben unter Teil 4, II.2. Dieser Schutzmechanismus führt dazu, dass in den Vereinigten Staaten zum Teil diskutiert wird, vote buying in closed corporations zuzulassen. Denn dort würde durch die Aushandlung gewährleistet, dass nicht der Stimmrechtskäufer unbillige Vorteile zieht. Siehe dazu Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 161– 62 (2009).

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einem Ausufern entgegenzuwirken, ist die Bildung von Fallgruppen notwendig. Um Treupflichtverstöße zu erkennen, sollte folgendermaßen vorgegangen werden: Ausgangspunkt ist die Bestimmung des verbleibenden ökonomischen Interesses bei den Aktionären der Stimmgesellschaft. Dabei wird auf die Methode der Bestimmung des ökonomischen Interesses zurückgegriffen, die im Rahmen von § 30i WpHG Grundlage der Berechnung einer Netto-Leerverkaufsposition ist. Ist das ökonomische Interesse an der Gesellschaft negativ, so darf der Aktionär nicht abstimmen, da ein Anreiz besteht, der Gesellschaft zu schaden. Ist das verbleibende wirtschaftliche Interesse positiv, muss dann überprüft werden, ob der Aktionär weitere Beteiligungen hält, die die Gefahr eines Fehlanreizes bergen. Grundlage dieser Untersuchungen ist das kapitalmarktrechtliche Insiderrecht, welches einen Maßstab für die Kursrelevanz einer Entscheidung der Hauptversammlung liefert. Ist der Aktionär bei einer Konkurrenzunternehmung beteiligt oder bei einem Zulieferer oder einem Übernahmeziel, dann ist die Größe dieser Beteiligung ins Gewicht zu setzen mit dem verbleibenden ökonomischen Interesse an der Stimmgesellschaft. Überwiegt das gegenläufige Investment dieses Interesse, dann greift erneut ein aus der Treupflicht erwachsendes Stimmverbot. Ist das ökonomische Interesse positiv, übt der Aktionär aber eine größere Stimmmacht (risikoentleerte Stimmrechte) aus, so ist der Grad der Abweichung zu bestimmen. Je größer die Abweichung, desto verzerrter die Anreizstruktur, desto größer die Zahl der risikoentleerten Stimmrechte. Um dieser erhöhten Gefahr des Ziehens privater Vorteile oder der Verfolgung von anderen Zielen entgegenzuwirken, findet in diesen Fällen eine verstärkte Treupflichtkontrolle statt. Einen Anfechtungsgrund per se statuieren diese risikoentleerten Stimmrechte jedoch nicht. Hinsichtlich von bestimmten vom Aktienrecht statuierten Quoren ist auf das wirtschaftliche Interesse des Aktionärs abzustellen. Nur dadurch ist sichergestellt, dass die Ausübung dieser Rechte nicht zu missbräuchlichen Zwecken geschieht. Dies gilt nicht im Falle des Squeeze-Out, wenn ein Wertpapierdarlehensvertrag als Koordinationsinstrument zwischen zwei Blockaktionären dient.

2. Haftung des risikoentleert Einfluss nehmenden Aktionärs a) Haftungsrecht als geeignetes Regulierungsinstrument Eine Möglichkeit der mittelbaren Regulierung bietet das Haftungsrecht. Vorschläge in diese Richtung existieren bereits in der amerikanischen Diskussion. Mittels der Möglichkeit, die risikoentleerte Stimmrechtsausübung auf dem Klageweg zu verfolgen, soll diese Praktik verhindert werden. Der Kläger soll nachweisen müssen, dass überhaupt eine Abstimmung bei gegenläufigem Investment

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stattgefunden hat; zudem muss das Abstimmungsverhalten des risikoentleert Abstimmenden Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis gehabt haben.¹⁴⁶⁴ Sind diese Voraussetzungen gegeben, so soll anhand des Börsenkurses ein Schaden berechnet werden. Idee ist, den Börsenkurs vor und nach dem entsprechenden Beschluss zu betrachten und die Differenz als Schaden zuzuerkennen. Der Kurs nach der Maßnahme soll durch einen Vergleich mit einem Index bereinigt werden, so dass der tatsächliche, durch den Beschluss und nicht durch allgemeine Marktbewegung entstandene Schaden, ermittelt werden kann.¹⁴⁶⁵ Dieser Vorschlag wird in zweierlei Hinsicht kritisiert. Zum einen ist es nach der momentanen Rechtslage schwierig, die risikoentleerte Stimmrechtsausübung zu erkennen. In der amerikanischen Literatur wird insoweit darauf hingewiesen, derartiges Verhalten könnte durch zufällige Information in Form von Gerüchten offenbar werden.¹⁴⁶⁶ Darüber hinaus wird das Aktionärsregister als Informationsquelle erwogen; dieses ist jedoch nach geltender amerikanischer Rechtslage den Aktionären nur unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich, so dass möglicherweise die Rechtslage geändert werden müsste.¹⁴⁶⁷ Zum anderen sieht sich der Vorschlag aber vor allem Kritik hinsichtlich der Schadensberechnung ausgesetzt. Denn der Nachweis eines Schadens werde regelmäßig nicht gelingen.¹⁴⁶⁸ Letztgenannter Punkt ist auch in der deutschen Diskussion um das empty voting aufgegriffen worden und hat Zustimmung gefunden: Die Schadensberechnung wäre nicht zu realisieren und die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen daher unsicher.¹⁴⁶⁹ Wenn aber die Verurteilungswahrscheinlichkeit aufgrund dieser Probleme gering ist, so werden drohende Schadensersatzpflichten keinen hinreichenden Anreiz bieten, unerwünschte Einflussnahme auf die Gesellschaft zu unterlassen. Für diese Einschätzung spricht, dass Urteile auf der Basis von § 117 AktG, der Schadensersatzansprüche für die rechtswidrige Einflussnahme auf die Aktiengesellschaft normiert, sehr selten geblieben sind.¹⁴⁷⁰

 Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 254 (2008).  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 254– 55 (2008).  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 256 n. 112 (2008), sagt, dass gegen die Anonymität an der Wall Street das Wall Street Journal sowie die Weitergabe von Informationen durch Broker an deren bevorzugte Kunden streiten würden.  Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 256 – 57 (2008).  Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev 625, 703, n. 178 (2008).  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 643; Seibt, ZGR 2010, 795, 824.  Brüggemeier, AG 1988, 93, 94, Fn. 2; Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304. Siehe auch die Liste von Gerichtsurteilen bei Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 2, Fn. 10, in denen § 117 AktG zwar geprüft wurde, ein Anspruch aber nicht zuerkannt wurde. Zur Präventionswirkung dieser Haftungsnorm Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 5.

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Trotz dieses Befundes sollte das Regulierungspotenzial des Haftungsrechts nicht ignoriert werden.

b) Anspruchsgrundlage Neben § 117 AktG kommt das mitgliedschaftliche Treueverhältnis als Grundlage der Haftung in Betracht.¹⁴⁷¹ Ansprüche aus deren Verletzung stehen in Idealkonkurrenz zu einem aus dem speziellen deliktischen Anspruch des § 117 AktG erwachsenden Anspruch.¹⁴⁷² Im materiellen Ergebnis ergeben sich zwischen den beiden Anspruchsgrundlagen keine Unterschiede, da die Wertungen des § 117 AktG auch auf die Ansprüche aus Treupflichtverletzung übertragen werden: so können Schäden, die Aktionäre durch den Wertverlust der Gesellschaft erleiden (sog. Reflexschäden), nach der Wertung von § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht separat eingeklagt werden.¹⁴⁷³ Aus diesem Grund ist die oben vorgeschlagene Lösung für das amerikanische Recht nach der momentanen Rechtslage im deutschen Recht nicht gangbar. Die Liquidation der Kursverluste, die aus dem Wertverlust der Gesellschaft resultieren, würde einen Verstoß gegen die Prinzipien der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens und Kapitalerhaltung bedeuten.¹⁴⁷⁴ Im Folgenden werden aufgrund dieses Gleichlaufs allein die Voraussetzungen des § 117 AktG untersucht. Dabei wird zunächst der Fall der Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung analysiert, wenn beispielsweise aktive Aktionäre die Verwaltung zu einer bestimmten Maßnahme drängen, ohne von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen (so im Falle der Deutschen Börse AG). Danach ist zu diskutieren, inwieweit sich die Ergebnisse im Falle der Schädigung durch Stimmrechtsausübung ändern.

 Leyens, JZ 2007, 1061, 1070. § 117 AktG wird von Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304 f., generell als Grenze aktiven Aktionärsverhaltens, unabhängig vom empty voting, angesehen. Auch sie erwähnen den Fall, dass „aktivistische Aktionäre auf einen Kursverlust spekulieren oder ihnen die Kursentwicklung gleichgültig ist, weil sie sich von der Einflussnahme auf die Geschäftsführung einen anderen Vorteil erhoffen (z. B. die Beeinflussung einer Beteiligung an einem anderen Unternehmen)“.  Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 92; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 71.  BGHZ 129, 136, 165 f.; Henze/Notz, in: Großkomm., AktG, Anh. 53a Rn. 145; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 71; Hüffer, AktG, § 117 Rn. 9.  Zu diesem Hintergrund von § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG BGHZ 129, 136, 166; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 52.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

c) Haftung bei Einflussnahme ohne Stimmrechtsausübung (aktives Aktionärsverhalten) Wirkt ein Aktionär, der ein gegenläufiges Investment hält, auf die Verwaltung der Aktiengesellschaft ein und bewegt diese dazu, für die Gesellschaft schädliche Maßnahmen umzusetzen, so kommt eine Haftung aus § 117 Abs. 1 Satz 1 AktG in Frage.Voraussetzungen sind die Beeinflussung eines Verwaltungsmitglieds, um es zu einer schädigenden Maßnahme zu bewegen, ein Schaden der Gesellschaft sowie die Rechtswidrigkeit der Einflussnahme.

aa) Beeinflussung eines Verwaltungsmitglieds Die Haftung aus § 117 Abs. 1 Satz AktG setzt die Beeinflussung eines Verwaltungsmitglieds (Vorstand- oder Aufsichtsratsmitglied) voraus. Die Einflussnahme muss ihrer Art und Intensität nach dazu geeignet sein, die Führungskräfte zu der schädigenden Handlung zu bestimmen.¹⁴⁷⁵ Insbesondere der Einfluss als Aktionär ist hierfür typisch.¹⁴⁷⁶ Insofern kann die angedrohte Ausübung der (risikoentleerten) Stimmrechte ein geeignetes Mittel zur Einflussnahme auf die Verwaltung sein. Hinzu kommt, dass aktive Aktionäre häufig mit öffentlicher Diskussion der Strategie des Vorstands oder einer Kampagne unter den Mitaktionären drohen.¹⁴⁷⁷ Dadurch erhöhen sie den Druck und haben somit eine Stellung inne, in welcher sie erhebliche Einflussmacht besitzen. Beeinflusst nun ein Aktionär mit einem gegenläufigen Investment die Verwaltung zu einem Verhalten, das eine Wertminderung der Gesellschaft zur Folge hat, so ist diese Tatbestandsvoraussetzung erfüllt: Im Beispiel der Deutschen Börse AG hatten die Hedge Fonds mutmaßlich auch deshalb Einfluss genommen, um einerseits ihre Short-Positionen auf die London Stock Exchange gewinnbringend auflösen zu können und andererseits, um ihre Beteiligung an einem Konkurrenten der Deutschen Börse AG aufzuwerten.

bb) Schaden der Gesellschaft Aus der Einflussnahme muss ein Schaden für die Gesellschaft resultieren. Nicht zu Unrecht werden bei diesem Tatbestandsmerkmal erhebliche Probleme gesehen. Denn einen konkreten Schaden festzustellen und zu berechnen ist bei den in Frage

 Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 112; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 10; Hommelhoff/Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117 Rn. 6.  Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 118; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 17; Hommelhoff/Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117 Rn. 6.  Siehe schon die Nachweise oben in Fn. 1213.

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stehenden Fällen überaus schwierig. Dies wird am Beispiel der Deutschen Börse AG deutlich: Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Übernahme der London Stock Exchange ein wertsteigerndes Projekt gewesen wäre. Selbst wenn man dies annimmt, dann kann der Schaden kaum berechnet werden: eine Alternativwelt zu modellieren, in welcher dieses Projekt durchgeführt worden wäre und aus der sich dann die entgangenen Gewinne ableiten ließe, ist nicht möglich und basiert auf zu vielen Variablen. Generell ist das Problem der Schadensberechnung im Rahmen des § 117 AktG noch nicht hinreichend diskutiert worden. Die Ausführungen hierzu sind meist sehr knapp gehalten und beschränken sich auf die Feststellung, es gebe keinen normativen Schadensbegriff und es fänden die allgemeinen Schadensregeln Anwendung.¹⁴⁷⁸ Generell haben die Entscheidungen, die in Rede stehen, einen dezidiert unternehmerischen und offenen Charakter. Sie betreffen sehr grundlegende Entscheidungen unter Unsicherheit bei sehr komplexen Entscheidungsgegenständen. Ausgang und tatsächlicher Ertrag derartiger Projekte sind von vielen externen Faktoren abhängig, auf deren Entwicklung kein Einfluss besteht.¹⁴⁷⁹ Insofern ist schwer zu bestimmen, ob eine bestimmte Entscheidung nun einen Schaden für die Gesellschaft darstellt, oder sich langfristig als vorteilhafte Maßnahme herausstellt. Das Merkmal der Schadensberechnung wird daher regelmäßig bei der Einflussnahme auf die Aktiengesellschaft erhebliche Schwierigkeiten bereiten.¹⁴⁸⁰

cc) Rechtswidrigkeit Daneben muss die Einflussnahme rechtswidrig gewesen sein.¹⁴⁸¹ Bei der Prüfung dieses Merkmals sollen Maßnahmen von der Haftung ausgeschlossen werden, die zwar das Vermögen der Aktiengesellschaft mindern, aber nicht dem Gesellschaftsinteresse widersprechen.¹⁴⁸² Im Bezug auf Einflussnahme einzelner Aktionäre auf die Geschäftsführung ist insbesondere die Frage interessant, inwieweit die in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG niedergelegte business judgement rule auch für die  So beispielsweise Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 136 – 138; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 27; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117 Rn. 18 f. (dieser nennt zwar als Schaden das „Unterlassen vorteilhafter Maßnahmen“ und „die Aufgabe von Geschäftschancen“, geht aber auf die Berechnung nicht näher ein); Hommelhoff/Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117 Rn. 8; Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 241 f.  Siehe dazu bereits oben unter Teil 5, II.1.  So auch die Einschätzung von Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304, sowie von Seibt, ZGR 2010, 795, 824.  Siehe Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 149 – 155; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 27; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117 Rn. 31– 39.  Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 149 f.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Einflussnahme von Aktionären gilt. Erfüllt ein einflussnehmender Aktionär deren Voraussetzungen, ist er dann auch auf jeden Fall in einem safe harbor und von der Haftung befreit? Zu dieser Frage werden verschiedene Ansichten vertreten, wobei es maßgeblich um die Frage geht, ob die Rechtswidrigkeit im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung positiv festgestellt werden muss oder nicht. Die herrschende Meinung befürwortet dies und stellt auf eine Abwägung im Einzelfall ab.¹⁴⁸³ Unter Hinweis auf die Offenheit unternehmerischer Entscheidungen lehnt die Gegenansicht eine derartige richterliche Abwägung ab und will dem einflussnehmenden Aktionär einen gewissen Entscheidungsspielraum zubilligen.¹⁴⁸⁴ Unabhängig davon, wie man diese Frage beurteilt, wird der einflussnehmende Aktionär nicht freigestellt, wenn er die Verwaltung täuscht und deren Beurteilungsgrundlage negativ beeinflusst.¹⁴⁸⁵ Nimmt also ein Aktionär, der zugleich gegenläufig investiert ist, unter Täuschung der Verwaltung Einfluss, so wird nach keiner Ansicht ein Entscheidungsspielraum anerkannt. Die Schädigung war dann auch rechtswidrig. Allerdings kann im bloßen Vorhandensein eines gegenläufigen Investments noch keine Täuschung gesehen werden. Diese muss sich allein auf die inhaltliche Begründung der vorgeschlagenen Entscheidung beziehen. Ein weiterer Fall, in dem ein Entscheidungsspielraum nach keiner Ansicht anerkannt wird, liegt vor, wenn der Aktionär wissentlich entgegen dem Interesse der Gesellschaft handelt.¹⁴⁸⁶ Denn wer andere Ziele verfolgt, darf nicht annehmen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dies ist aber gerade bei einer Einflussnahme bei einem gegenläufigen Investment nicht der Fall. In diesen Konstellationen ist nach allen Ansichten kein Entscheidungsspielraum begründet. Somit würde die Haftung nicht an der Prüfung der Rechtswidrigkeit scheitern.

 Für eine derartige positive Feststellung Hommelhoff/Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 117 Rn. 6; Brüggemeier, AG 1988, 93, 96 f.  Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 34 (Rechtsgedanke des § 317 Abs. 2 AktG, daran anknüpfend, ob ein „ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft“ entsprechend gehandelt hätte); Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 72 ff. (direkte Anwendung der business judgement rule aufgrund der Annahme einer Quasi-Organstellung des Einflussnehmenden); Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117 Rn. 25 (Verarbeitung der business judgement rule auf Ebene des Vorsatzes).  Siehe Kort, in: Großkomm. AktG, AktG, § 117 Rn. 152; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117 Rn. 24; Mertens, in: KöKo AktG, § 117 Rn. 22.  Siehe Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117 Rn. 25; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 36 (nach dieser Ansicht wäre die Rechtswidrigkeit deswegen nicht ausgeschlossen, da ein „ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter“ sich nicht von gesellschaftsfremden Interessen leiten lässt); Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 72 ff. (nach dieser Ansicht findet die business judgement rule direkt Anwendung).

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dd) Zusammenfassung Die Haftung für eine Einflussnahme auf die Aktiengesellschaft mittels einer aktiven Strategie kann auf mehrere Grundlagen gestützt werden. In Frage kommen insbesondere § 117 AktG sowie die Verletzung der Treupflicht. Auch wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und dem Aktionär kein unternehmerischer Entscheidungsspielraum zuerkannt wird, stellt jedoch die Schadensberechnung ein besonderes Problem dar. Denn die Entscheidungen sind meist von grundlegender Bedeutung, so dass es unmöglich erscheint, den alternativen Verlauf zu prognostizieren und daraus einen möglichen Schaden, einschließlich der entgangenen Gewinne, abzuleiten.

d) Haftung bei Einflussnahme durch Stimmrechtsausübung Auch eine gesellschaftsschädigende Stimmrechtsausübung kann die Haftung eines Aktionärs begründen. Die Ausnahme des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG wurde durch das UMAG zum 31.10. 2005 außer Kraft gesetzt. Danach galt § 117 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht, wenn das Verwaltungsmitglied durch Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung zur schädigenden Handlung bestimmt wurde. Gedanke dieser Regelung war, dass die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung nicht durch eine drohende Schadensersatzpflicht eingeschränkt werden sollte.¹⁴⁸⁷ Diese Einschränkung gilt heute nicht mehr. Stimmt somit ein Aktionär mit risikoentleerten Stimmrechten oder mit einem gegenläufigen Investment ab, so kann daraus eine Haftung resultieren. Es ergeben sich insofern keine Unterschiede im Vergleich zur Einflussnahme mittels einer aktiven Strategie. Hier wie dort stellt die Schadensberechnung die zentrale Schwierigkeit der Haftungsbegründung und der Haftungsausfüllung dar. Wird durch die Stimmrechtsausübung ein Projekt (eine Übernahme, Markteintritt, internationale Expansion) verhindert, so ist es unmöglich, einen alternativen Kausalverlauf zu bestimmen und die Folgen einer derartigen Entscheidung zu quantifizieren. Insoweit ergibt sich eine Parallele zur Frage der Haftung des Stimmrechtsvertreters und in Treuhandverhältnissen, bei welchen die Schadensberechnung ebenfalls die Effektivität des Haftungsrechts als Regulierungsinstrument beschränkt.

 Kort, in: Großkomm. AktG, § 117 Rn. 238; Spindler, in: MüKo AktG, § 117 Rn. 72.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

e) Zusammenfassung Die Haftung einflussnehmender Aktionäre ist nur bedingt geeignet, eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Dies liegt vornehmlich in den Problemen der Schadensberechnung begründet. Die beeinflussten Entscheidungen haben meist derart komplexe Gegenstände zum Thema, dass die Konstruktion eines Alternativverlaufs ohne das „schädigende“ Ereignis schwerlich möglich ist. Insofern kommt dem Haftungsrecht bei der Verhinderung der aus dem empty voting erwachsenden Probleme nur eine untergeordnete Rolle zu.

3. Kapitalmarktrecht Sowohl die gesellschaftsrechtlichen Instrumente, als auch die Ansprüche aus Haftungsrecht lassen sich nicht durchsetzen, wenn den Mitgesellschaftern und einem unter Umständen prüfenden Gericht die verschiedenen Positionen des Einfluss nehmenden Aktionärs nicht bekannt sind. Daher haben die Transparenzregelungen des Kapitalmarktrechts große Bedeutung auch für die Durchsetzung der gesellschaftsrechtlichen Normen. Daneben spielen das Verbot der Marktmanipulation und das Insiderhandelsverbot eine Rolle bei der Beurteilung des empty voting.

a) Transparenzregelungen Einen allgemeinen Offenlegungstatbestand, der alle Konstellationen des empty voting erfassen würde, gibt es nicht. Je nach konkreter Art des Decoupling ergeben sich unterschiedliche Transparenzpflichten für den Aktionär,wobei man zwischen risikoentleerten Stimmrechten und gegenläufigem Investment unterscheiden kann.¹⁴⁸⁸

aa) Risikoentleerte Stimmrechte Risikoentleerte Stimmrechte sind nur in beschränktem Umfang zu erkennen. Zwar müssen alle gehaltenen Aktien nach dem System der Regelpublizität nach §§ 21 f. WpHG gemeldet werden, allerdings ist nicht erkennbar, dass nicht das volle Risiko getragen wird. Eine Ausnahme bilden insofern risikoentleerte Stimmrechte, die sich daraus ergeben, dass Aktien nach dem Record Date verkauft werden. In diesen Fällen muss der Aktionär das Unterschreiten einer Beteiligungsschwelle

 Siehe dazu im Einzelnen oben Teil 3, II. und III.

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nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG melden. Übt er auf der folgenden Hauptversammlung weiterhin eine Zahl von Stimmrechten aus, die über der unterschrittenen Schwelle liegen, so ist ersichtlich, dass es sich um risikoentleerte Stimmrechte handelt. In Fällen, in denen das Risiko mittels Derivaten abgesichert ist oder die Aktien aus einem Wertpapierdarlehen stammen, ist dies hingegen nicht zu erkennen. Eine verschärfte Kontrolle anhand der Treupflicht kann insofern nur durchgesetzt werden, wenn zufällig bekannt wird, dass Stimmrechte risikoentleert sind. Auch kann die Verwaltung, die aufgrund der Regelpublizität meint, mit einem Großaktionär zu verhandeln, nicht erkennen, wenn der Aktionär nicht das Risiko der Stimmmacht trägt. In diesen Fällen droht die Gefahr, dass sie eher bereit ist, auf Vorschläge des Aktionärs einzugehen, obwohl dessen Stimmmacht eine risikoentleerte ist.

bb) Gegenläufiges Investment Das Gesagte galt bislang auch für das gegenläufige Investment, da Short-Positionen bislang überhaupt nicht offengelegt werden mussten. Dies ändert sich mit der Neueinführung des Publizitätsregimes für Netto-Leerverkaufspositionen in § 30i WpHG. Dadurch werden die Fälle des negativen gegenläufigen Investments erkennbar, sobald die Leerverkaufsposition 0,5 % der emittierten Aktien der Stimmgesellschaft überschreitet. Dies wird in der Regel die kritischen Fälle erfassen, da die Leerverkaufsposition eine gewisse Größe erreichen muss, um die Kosten, die durch ihren Aufbau entstehen, decken zu können. Eine Abstimmung bei einer signifikanten Short-Position ist somit für Mitaktionäre, Verwaltung und andere Marktteilnehmer zu erkennen.¹⁴⁸⁹ Durch die Regelpublizität können indirekte Absicherungen identifiziert werden, die zu einem negativen gegenläufigen Investment führen, beispielsweise eine signifikante Beteiligung an einem Konkurrenten. Auch bei einem konfligierten gegenläufigen Investment können indirekte Absicherungen in anderen Aktiengesellschaften erkannt werden. Möglich ist dies sowohl bei Long-Positionen (dann über §§ 21, 25, 25a, 27a WpHG) als auch bei Short-Positionen (dann über § 30i WpHG). Dennoch ist das Transparenzregime zur Durchsetzung der oben beschriebenen Schutzmechanismen nicht ausreichend. Denn sowohl bei einem negativen als

 Unter diesem Gesichtspunkt ist die Tatsache, dass die Offenlegungspflicht von NettoLeerverkaufspositionen auch die Identität des Leerverkäufers erfasst, von Vorteil, da nur dadurch deutlich wird, wenn ein Aktionär der Stimmgesellschaft bei einer signifikanten ShortPosition versucht, Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Kritisch dazu, allerdings ohne auf das Problem des empty voting einzugehen, Mock, WM 2010, 2248, 2254.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

auch bei einem konfligierten gegenläufigen Investment kann die anfänglich notwendige Interessenbilanz nicht aufgestellt werden, d. h. es ist nicht ersichtlich, wie das wirtschaftliche Risiko auf die Stimmgesellschaft ausgestaltet ist, solange die Short-Position nicht größer wird als 0,5 %. Besteht aber beispielsweise eine Short-Position von 0,4 % und dazu eine signifikante Beteiligung an einem Konkurrenten, so ist nicht erkennbar, dass insgesamt ein negatives gegenläufiges Investment gegeben ist.

b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot Die Handelsaktivitäten bei einem gegenläufigen Investment stellen einen Verstoß gegen das Insiderrecht dar.¹⁴⁹⁰ Risikoentleerte Stimmrechte sind hingegen vom Insiderhandelsrecht und dem Verbot der Marktmanipulation nicht erfasst. Aufgrund der an das Kapitalmarktrecht angelegten Auslegung der Treupflichten sind die Rechtsfolgen insofern auch stimmig. Das Insiderhandelsverbot pönalisiert das Verhalten unter dem Gesichtspunkt der Schädigung der anderen Marktteilnehmer, während das Gesellschaftsrecht mit der Möglichkeit der Anfechtung dafür sorgt, dass der von einem konfligierten Aktionär beeinflusste Beschluss keinen Bestand hat.

4. Zusammenfassung Schon nach geltendem Recht kann mit dem hier vorgestellten Instrumentarium und den, teilweise anderen Zwecken dienenden, Transparenzpflichten das Problem des empty voting zumindest zum Teil in den Griff bekommen werden. Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ist dabei das zentrale Instrument die flexible Treupflichtlehre, die die Aufhebung der durch konfligierte Aktionäre getroffenen Beschlüsse und eine Kontrolle von risikoentleerten Stimmrechten ermöglicht. Das Haftungsrecht spielt demgegenüber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Schadensberechnung eine untergeordnete Rolle. Zentral für die Durchsetzung der vorgeschlagenen Lösungswege ist Transparenz hinsichtlich der Anreizstruktur des Aktionärs. Die momentan geltenden und in Zukunft in Kraft tretenden Regelungen ermöglichen das Erkennen von negativem gegenläufigen Investment und konfligiertem gegenläufigen Investment. Eine Lücke besteht insofern bei den risikoentleerten Stimmrechten – weder die Absicherung mittels Derivaten noch die Tatsache, dass Aktien aus einem Wertpapierdarlehen emp-

 Siehe oben unter Teil 3, III.3.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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fangen wurden, ist für die anderen Aktionäre erkennbar. Strafrechtlich wird das Verhalten bei einem gegenläufigen Investment durch das Insiderrecht sanktioniert; insofern besteht ein Gleichlauf zwischen der gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Beurteilung eines gegenläufigen Investments.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda Welche Gesetzesänderungen zu einer umfassenden Regelung des empty voting notwendig sind, soll im Folgenden diskutiert werden.Verschiedene Ansatzpunkte sind denkbar. Zunächst kann versucht werden, auf die Verfügbarkeit von Instrumenten, die eine risikoentleerte Stimmrechtsausübung erst ermöglichen, einzuwirken. Möglich sind des Weiteren eine gesellschaftsrechtliche sowie eine kapitalmarktrechtliche Regelung der auftretenden Konflikte.

1. Ansätze auf schuldrechtlicher Ebene im Verhältnis, das die risikoentleerte Stimmrechtsausübung ermöglicht Eine erste Möglichkeit wäre, die Vertragsverhältnisse, die das empty voting überhaupt erst ermöglichen, zu verbieten und damit die risikoentleerte Abstimmung generell zu verhindern. Ein vollständiges Verbot der verschiedenen zugrundeliegenden Geschäfte, also von Wertpapierdarlehen und Derivaten, wäre allerdings keine wünschenswerte Regelung, da diese Instrumente auch positive Effekte zeitigen. Neben einem Totalverbot wurden verschiedene weitere Regulierungsinstrumente, mit denen die risikoentleerte Stimmrechtsausübung verhindert oder zumindest unwahrscheinlicher gemacht werden könnte, vorgeschlagen.

a) Steigerung der Häufigkeit der Stimmrechtsausübung durch das Investmentrecht Einen Ansatzpunkt könnte das Investmentrecht darstellen, da es häufig Investmentfonds sind, die ihre Aktien im Rahmen eines Wertpapierdarlehens zur Verfügung stellen, um durch den Darlehenszins die Rendite des eigenen Investments zu steigern.¹⁴⁹¹ Nun wäre denkbar, die Kapitalanlagegesellschaft, die die Vermö-

 Siehe dazu oben unter Teil 3, II.1.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

gensgegenstände eines Fonds verwaltet, gesetzlich dazu zu verpflichten, das Stimmrecht auszuüben.¹⁴⁹²

aa) Gesetzliche Pflicht zur Stimmrechtsausübung Die momentane Regelung sieht keine gesetzliche Pflicht zur Stimmrechtsausübung vor. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Vermögensverwaltungspflicht der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern.¹⁴⁹³ Der Gesetzgeber hat durch das Investmentänderungsgesetz vorgesehen, dass die Wertpapierdarlehensverträge derart ausgestaltet sein müssen, dass eine rechtzeitige Rückübertragung auf das Sondervermögen vor dem Record Date möglich ist.¹⁴⁹⁴ Dies könnte durch eine gesetzliche Pflicht, zumindest bei bestimmten Beschlussgegenständen das Stimmrecht auszuüben, flankiert werden. Fraglich ist jedoch, ob eine gesetzliche Pflicht zur Stimmrechtsausübung eine praktikable Antwort auf das Problem des empty voting ist. Eine derartige Pflicht hätte zur Folge, dass es am Record Date ein geringeres Angebot auf dem Markt für Wertpapierdarlehen gäbe. Damit wäre eine Möglichkeit, günstig Stimmrechte zu erlangen, abgeschnitten. Über die gesetzliche Statuierung einer solchen Pflicht wurde schon im Zusammenhang mit den als zu niedrig empfundenen Hauptversammlungspräsenzen bei deutschen Aktiengesellschaften nachgedacht.¹⁴⁹⁵ Allerdings wäre eine derartige Pflicht für die Kapitalanlagegesellschaften mit erheblichem Aufwand verbunden. Denn die Rückholung der darlehensweise übertragenen Aktien verursacht Kosten.¹⁴⁹⁶ Dazu kommt, dass einzelne Kapitalanlagegesellschaften häufig mehrere Sondervermögen verwalten und dadurch in den verschiedensten Branchen investiert sind und somit Informationen über sehr verschiedene Unternehmen sammeln müssten, um das Stimmrecht informiert auszuüben. Ob eine derartige Regel daher tatsächlich die Corporate Governance stärken würde, erscheint zweifelhaft. Akzeptiert man zudem, dass risikoentleerte Stimmrechte aktive Aktionärsstrategien fördern können, dann ist es nur begrenzt wünschenswert, die Möglichkeit, sich solche Stimmrechte zu beschaffen, einzuschränken. Gerade der Markt für Wertpapierdarlehen kann helfen, die Stimmrechte Aktionären zuzu-

    

Ähnlicher Vorschlag bei Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 899 – 900 (2006). Siehe dazu L. Schäfer, Fund Governance, S. 124– 134. Siehe schon oben unter Teil 3, II.1. Siehe zu dieser Diskussion oben unter Teil 2, II.2. Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 714 (2008); Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1256 – 57 (2008).

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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leiten, die im Interesse aller Aktionäre abstimmen und nicht den Fehlanreizen hinsichtlich der Informationssuche unterliegen.¹⁴⁹⁷ Somit erscheint es sinnvoller, die Konflikte, die aus dem empty voting erwachsen, punktuell auf der Ebene der Gesellschaft zu regeln und keine allgemeine Regelung im Investmentrecht zu schaffen.

bb) Safe-Harbor-Regelung für die Stimmrechtsausübung Denkbar wäre auch eine sog. Safe-Harbor-Regelung¹⁴⁹⁸ für die Stimmrechtsausübung bei Kapitalanlagegesellschaften. Dies würde nicht auf eine Pflicht zur Stimmrechtsausübung hinauslaufen, sondern lediglich gesetzlich festlegen, dass die Stimmrechtsausübung der Aktien eines Sondervermögens keinesfalls eine Pflichtverletzung darstellt. Eine solche Pflichtverletzung könnte nämlich darin gesehen werden, dass durch das Wertpapierdarlehen mehr Rendite hätte erzielt werden können, als durch die Ausübung der Stimmrechte. Der Nutzen der Stimmrechtsausübung ist schwer zu quantifizieren, während mit dem Aktiendarlehen unmittelbar Geld verdient werden kann.¹⁴⁹⁹ Insoweit könnte ein Kollektivhandlungsproblem entstehen, da die Stimmrechtsausübung gesamtwirtschaftlich vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität wünschenswert ist, der einzelne Fond aber stärker profitiert, wenn er die Aktien darlehensweise überträgt.¹⁵⁰⁰ Dem könnte entgegengewirkt werden, wenn klargestellt wird, dass die Stimmrechtsausübung in keinem Fall eine Pflichtverletzung der Kapitalanlagegesellschaft darstellt. Allerdings scheint die Notwendigkeit einer derartigen Regelung im deutschen Recht fraglich. Denn durch die in § 55 Nr. 2 InvG getroffene Regelung, dass die Wertpapierdarlehensverträge derart gestaltet sein müssen, dass sie eine Rückübertragung zur Stimmrechtsausübung erlauben müssen, hat der Gesetzgeber zu verstehen gegeben, dass er die Ausübung des Stimmrechts der in einem Sondervermögen befindlichen Aktien für wünschenswert hält. Die Notwendigkeit einer derartigen Safe-Harbor-Regelung besteht somit nicht.

 Siehe zu diesem Problem von Aktienfonds und anderen institutionellen Anlegern oben unter Teil 2, II.2.  Prominentes Beispiel im deutschen Recht für eine Safe-Harbor-Regelung ist die business judgement rule, die in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifiziert wurde.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 901 (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 901 (2006).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

b) Besteuerung von Wertpapierdarlehen und Derivaten Möglich wäre auch, Wertpapierdarlehen und Derivat-Verträge unattraktiver zu machen, indem man ihren Abschluss besteuert.¹⁵⁰¹ Allerdings scheint es nicht angeraten, das Problem der risikoentleerten Stimmrechtsausübung auf der Ebene des Steuerrechts anzugehen, denn dieses ist nicht das richtige Instrument um Fragen der Corporate Governance von Aktiengesellschaften zu beantworten.¹⁵⁰² Steuerrechtliche Regelungen sind für die Marktteilnehmer intransparent und zeitigen nicht vorhersehbare Effekte. Dies ist in den Fällen des Derivatehandels und des Marktes für Wertpapierdarlehen unerwünscht, da diese generell positive Effekte für die Gesamtwirtschaft haben. Eine Besteuerung erscheint damit nicht der richtige Ansatz zur Lösung der Probleme des empty voting. Auch insofern scheint eine Regelung auf Ebene der Gesellschaft, wo der konkrete Konflikt entsteht, vorzugswürdig.

c) Indirekte Regulierung der risikoentleerten Stimmrechtsausübung durch Verhaltenspflichten für die Gegenparteien Ansetzen könnte man auch bei den Gegenparteien, die erst die Möglichkeit zum empty voting verschaffen. Angesprochen sind die Anbieter von Aktien auf dem Markt für Aktiendarlehen sowie Derivatehändler. Man könnte diese dazu verpflichten, bei der Wahl ihrer Gegenparteien stärker den Zweck des Abschlusses der entsprechenden Verträge im Blick zu behalten.¹⁵⁰³ Dann könnte man allen Brokern, die beispielsweise Aktien darlehensweise übertragen, verbieten, dies zum Zwecke der Stimmrechtsausübung zu tun. Eine derartige Verhaltenspflicht gibt es schon in England, wo der Securities Borrowing and Lending Code of Guidance des Securites Lending and Repo Comittees in Nr. 7.4 feststellt, dass das Verleihen von Aktien allein zum Zweck der Stimmrechtsausübung gemäß der übereinstimmenden Meinung im Markt kein legitimes Vorgehen ist.¹⁵⁰⁴ Ähnliche Regeln wären auch für Derivatehändler möglich, so dass um Hauptversammlungs- und Record-Date-Termin keine großen Positionen in Put-Optionen oder anderen Derivaten, die eine Entkoppelung von Risiko und Stimmrechtsbefugnis ermöglichen, erlaubt wären.¹⁵⁰⁵

 Vorschlag von Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 902– 04 (2006).  So auch Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 904 (2006), selbst.  Siehe dazu Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 904– 06 (2006).  Siehe Securities Borrowing and Lending Code of Guidance, abrufbar unter http://www. bankofengland.co.uk/markets/gilts/stockborrowing.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 905 – 06 (2006).

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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Eine derart weit reichende Nachforschungspflicht hinsichtlich der Zwecke der anderen Vertragspartei würde den Handel in diesen Produkten erheblich behindern. Denn diese Märkte sind meist anonym und standardisiert, so dass eine Kontrolle der Zwecke des Gegenübers nur mit erheblichem Aufwand möglich wäre. Dazu kommt, dass die Absicht der Gegenpartei schwer einzuschätzen sein wird. Die legitimen Ziele, zu deren Erreichung Wertpapierdarlehen und DerivatVerträge abgeschlossen werden, existieren auch in zeitlicher Nähe zum Record Date. Eine derartige Einwirkung auf die Angebotsseite scheint damit ebenfalls nicht der richtige Lösungsansatz. Zudem wäre auch hier die indirekte Absicherung nicht erfasst.

2. Ansätze auf gesellschaftsrechtlicher Ebene Als nächstes werden Lösungsvorschläge diskutiert, die auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ansetzen und über die Novellierung des Aktienrechts das Problem des empty voting regulieren wollen. Eine besondere Schwierigkeit besteht dabei darin, dass die das empty voting begründenden Mechanismen außerhalb der Gesellschaft liegen und deshalb schwer rechtlich zu fassen sind. Dazu handelt es sich beim Derivatemarkt um einen sich sehr schnell wandelnden Markt, der aufgrund ständiger Innovationen schwer einer generellen Regel zuzuführen ist.¹⁵⁰⁶ Im Folgenden werden verschiedene Mechanismen auf ihre Tauglichkeit zur Lösung des Problems untersucht,Vorschläge aus verschiedenen Rechtsordnungen sowie aus der wissenschaftlichen Diskussion aufgegriffen und auf ihre Tauglichkeit und hinreichende Berücksichtigung der gefundenen Wertungen analysiert.

a) Mindesthaltedauern und Treustimmrechte Eine erste Möglichkeit, das empty voting zu erschweren, bestünde darin, eine Mindesthaltedauer für Aktien einzuführen. Danach wäre eine Stimmrechtsausübung erst dann erlaubt, wenn die Aktien eine bestimmte Zeit ohne Unterbrechung von einem Eigentümer gehalten wurden. Daneben könnten nach französischem Vorbild Treustimmrechte eingeführt werden, d. h. zusätzliche Stimmrechte für Aktionäre, die die Aktie schon eine bestimmte Dauer halten und

 European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 21 f.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

damit zum Ausdruck bringen, dass sie besonderes Interesse an einer dauerhaften und langfristigen Entwicklung der Gesellschaft haben. Mit beiden Instrumenten soll der kurzfristigen Perspektive begegnet werden, welche manchen Marktakteuren, insbesondere Hedge Fonds, unterstellt wird.¹⁵⁰⁷

aa) Mindesthaltedauern Im Zusammenhang mit der risikoentleerten Stimmrechtsausübung wird eine Mindesthaltedauer für Aktien von 3 Monaten vorgeschlagen.¹⁵⁰⁸ D.h. dass der Aktionär das Stimmrecht aus einer Aktie, deren wirtschaftliches Risiko er nicht voll trägt, erst dann ausüben darf, wenn er drei Monate formeller Rechtsinhaber war. Damit soll ein „Record Date Scalping“ mittels Wertpapierdarlehen, die nur eine sehr kurze Laufzeit haben, verhindert werden und so schon auf abstrakt genereller Ebene Rechtsmissbrauch vorgebeugt werden.¹⁵⁰⁹ Allerdings ist der Nutzen solcher Mindesthaltedauern fraglich. Denn die Tatsache, dass die Aktien schon eine gewisse Dauer gehalten wurden, also beispielsweise mittels eines längerfristigen Wertpapierdarlehensvertrages, sagt nichts über die tatsächliche Stimmrechtsausübung durch den risikoentleert Abstimmenden aus. Dieser ist bei einer Vorhaltefrist nicht gehindert, gesellschaftsfremde Ziele zu verfolgen. Zudem würden auch die positiven Auswirkungen, die risikoentleerte Stimmrechte für die Corporate Governance haben können, zumindest teilweise ausgeschaltet. Eine informierte Entscheidung ist bei kurzfristig anberaumten Hauptversammlungen ebenso notwendig und kann den Wert der Unternehmung steigern. Außerdem müsste klargestellt werden, ob eine derartige Mindesthaltedauer greifen würde, wenn der Abstimmende vorher schon Aktionär war, dann allerdings kurz vor einer Hauptversammlung Derivate kauft, um sein Risiko abzusichern, oder nach dem Record Date seine Aktien verkauft. Insgesamt erscheint daher eine Strategie, die eine Harmonisierung der Abstimmungsentscheidung mit  Siehe zum sog. „short-termism“ Kahan/Rock, 155 U. Pa. L. Rev. 1021, 1083 – 91 (2007), mit umfassender Gegenargumentation.  Seibt, ZGR 2010, 795, 833 f.  Seibt, ZGR 2010, 795, 834. Weniger weitgehend hat die Securities and Exchange Commission für die Vereinigten Staaten eine Regelung vorgeschlagen, wonach nur Aktionäre, die schon ein oder sogar zwei Jahre ihre Aktien halten und dabei eine gewisse Mindestzahl von Aktien innehaben den Apparat für das proxy-Verfahren nutzen dürfen („continous owner“). Es wurde zwar nicht direkt das Problem des empty voting adressiert, aber die Stoßrichtung ist eine ähnliche. Aktionäre, die nur kurzfristig beteiligt sind, sollen nicht die Mittel der Gesellschaft für ihre möglicherweise nur kurzfristigen, auf Kursgewinn gerichteten Ziele nutzen. Siehe dazu Karmel, Voting, S. 21– 23, 37– 39.

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den Interessen der Mitaktionäre und der Gesellschaft erreicht, erfolgsversprechender.¹⁵¹⁰

bb) Treustimmrechte Das empty voting könnte auch durch die Einführung von Treustimmrechten bzw. der satzungsmäßigen Möglichkeit der Einführung derartiger Treustimmrechte abgeschwächt werden. Auch diese Maßnahme ist vor dem Hintergrund der nur kurzfristigen Interessen einiger Anleger diskutiert worden,¹⁵¹¹ zuletzt im Zusammenhang mit dem empty voting. ¹⁵¹² Allerdings würden diese Regelungen auch den nicht erwünschten Aktionären zugutekommen, die beispielsweise vermehrt private Vorteile ziehen wollen.¹⁵¹³ Dazu kommen Zweifel an der tatsächlichen Wirksamkeit der Maßnahme im Allgemeinen und hinsichtlich der risikoentleerten Stimmrechtsausübung im Besonderen. Zum einen ist der ökonomische Nutzen einer derartigen Regelungen nicht erwiesen,¹⁵¹⁴ zum anderen scheint eine solche auch nicht geeignet, die Probleme des empty voting zu lösen, da auch langfristige Aktionäre sich des empty voting bedienen können. Sinnvoll wären derartige Treustimmrechte gegen das empty voting nur dann, wenn man die risikoentleerte Stimmrechtsausübung generell unreguliert ließe und nur für Transparenz dieser Praktiken sorgen würde. Würden die Aktionäre ohne Risiko private Vorteile ziehen wollen, dann könnten die langfristig investierten Aktionäre durch ihre erhöhte Stimmmacht diese Vorschläge abwehren. Wenn es allerdings zu wenig langfristige Aktionäre gibt bzw. der risikoentleert Abstimmende selbst genug Aktien besitzt, um die Altaktionäre zu überstimmen, dann wirken die Treustimmrechte nicht. Somit erscheint die Einführung eines Treustimmrechts nicht die richtige Art und Weise, dem Problem des empty voting zu begegnen.¹⁵¹⁵

 Seibt, ZGR 2010, 795, 834, selbst schlägt einen derartigen Mechanismus als zusätzliche Sicherung vor, siehe dazu sogleich.  Siehe Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 70; Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1506 – 1508; Spindler/Bednarz, WM 2006, 601, 605.  Leyens, JZ 2007, 1061, 1070; Nathan, Empty Voting, S. 8.  Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1506 – 1508.  Leyens, JZ 2007, 1061, 1070; Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 70; Seibert, in: FS Westermann, S. 1505, 1506 – 1508; Spindler/Bednarz, WM 2006, 601, 605.  So auch Leyens, JZ 2007, 1061, 1070.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

b) Stimmrechtszuordnung zu den Inhabern der Residualrechte Ein weiterer Vorschlag wurde von Shaun Martin und Frank Partnoy ausgearbeitet. Dieser soll verhindern, dass Personen Stimmrechte wahrnehmen, die nicht das aktientypische Risiko tragen. Sie greifen den one-share-one-vote-Grundsatz mit dem Argument an, die Annahme, mit jeder Aktie sei genau der typische Residualanspruch einer Aktie verbunden, sei nicht haltbar. Diese Kopplung sei heute durch verschiedene Derivate aufgehoben.¹⁵¹⁶ Damit die Inhaber des Stimmrechts auch tatsächlich diejenigen sind, die diese Risiken tragen, soll derjenige, auf den das Risiko abgewälzt wird, ein Stimmrecht haben.¹⁵¹⁷ Dies wäre beispielsweise im Falle des Wertpapierdarlehens der Darlehensgeber, bei Derivaten die jeweilige Gegenpartei, die das Risiko zu tragen hat. Nur dann wäre das Anreizsystem zur Stimmrechtsausübung wirksam.¹⁵¹⁸ Allerdings soll dabei nicht die Gesamtzahl der Stimmen erhöht werden, d. h. es soll nicht einfach durch das Eingehen eines Derivates, das ökonomisch den Aktienbesitz abbildet, ein neues Stimmrecht geschaffen werden, denn in diesem Fall wüchse die Anzahl der Stimmrechte auf eine unüberschaubare Zahl, die Gesellschaft würde den Überblick über die Stimmrechte verlieren und Missbrauch würde noch wahrscheinlicher als nach dem bisherigen System.¹⁵¹⁹ Es sollen daher nur diejenigen Gegenparteien ein Stimmrecht erhalten, die ihren Residualanspruch direkt von einer stimmberechtigten Aktie ableiten können.¹⁵²⁰ Also könnte nur derjenige abstimmen, der einen Vertrag mit einem Aktionär abgeschlossen hat. Somit wäre die Zahl der Stimmrechte begrenzt und die Zahl der Stimmberechtigten bliebe überschaubar. Grund für das bisherige Fehlen eines derartigen Systems sind laut Martin and Partnoy die hohen Transaktionskosten. Ob diese Transaktionskosten heute noch zu hoch seien, sei zweifelhaft.¹⁵²¹ Sollten die Kosten tatsächlich weiterhin zu hoch sein, dann könnten die Stimmrechte durchaus weiterhin den Aktionären zugeordnet sein. Diese Zuordnung an die Aktionäre erfolge dann aber nicht aufgrund von deren Anreizstruktur, sondern trotz deren Anreizstruktur.¹⁵²²

 Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 809 (2005).  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 807 (2005).  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 806 (2005). Siehe zur klassischen Theorie der Zuordnung der Stimmrechte an die Aktionäre als Inhaber des Residualanspruchs oben unter Teil 2, II.1.  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 804 (2005).  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 805 (2005).  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 805 (2005).  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 806 (2005).

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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So bestechend die Lösung, die Stimmrechte wieder den wahren Residualanspruchsinhabern zuzuordnen, auf den ersten Blick erscheint,¹⁵²³ so wenig tragfähig ist sie doch bei genauerer Überlegung. Zwar würde das oben beschriebene einigende Band des Interesses an einer Gewinnmaximierung aus dem Investment bei dieser Verteilung wieder hergestellt. Allerdings würde durch diese Lösung der Principal-Agent-Konflikt zwischen Verwaltung und Aktionären weiter verschärft, da die Inhaber des Residualanspruchs, insbesondere bei Derivaten, weder Zeit noch Geld investieren würden, um ihr Stimmrecht informiert auszuüben. Beim Aktiendarlehen, wo eine informierte Stimmrechtsausübung noch eher der Fall sein könnte, ist eine individualvertragliche Regelung, die dem Darlehensgeber das Stimmrecht zuweist, wahrscheinlicher. Dazu kommt, dass in diesen Fällen das weitaus gefährlichere Verhalten des Abstimmens bei einem gegenläufigen Investment deutlich schwieriger zu verhindern wäre. Denn die Inhaber des Stimmrechts wären schwerer zu bestimmen, ihre weiteren Investments schwieriger zu beurteilen. Gerade diese Missbrauchsgefahren machen aber das empty voting so gefährlich. Eine derartige „Umverteilung“ der Stimmrechte scheint damit nicht geeignet, dem Problem des empty voting angemessen zu begegnen. Um den Kreis der Stimmberechtigten und deren sonstige Investments überschaubar zu halten, sollten eher Stimmverbote für Aktionäre, die kein hinreichendes Interesse an der Entwicklung der Gesellschaft haben, eingeführt werden. Die Lösung von Martin und Partnoy verkompliziert demgegenüber die Situation unnötig. Sie ist außerdem aufgrund der von den Autoren selbst benannten Transaktionskosten (Bestimmung des Stimmberechtigten, Nachweis der Stimmberechtigung) kaum praktisch umsetzbar.

c) Stimmrechtsschranken Eine weitere Regelungsmöglichkeit ist die genauere Spezifizierung der Grenzen des empty voting durch die Schaffung einer darauf zugeschnittenen Stimmrechtsschranke. Um den unterschiedlichen Gefährdungslagen gerecht zu werden, wird im Folgenden wiederum zwischen risikoentleerten Stimmrechten und einem gegenläufigen Investment unterschieden.

 Wie oben unter Teil 4, II. gesehen, sieht das Gesetz diese Lösung in vielen Fällen (Treuhand, beschränkt dingliche Rechte) vor.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

aa) Stimmverbote Schärfstes Mittel zur Beseitigung des aus der Risikoentleerung erwachsenden Interessenkonfliktes wäre die Einführung von Stimmverboten nach dem Vorbild des § 136 AktG, d. h. jede Stimmrechtausübung aus einer Aktie, deren Risiko nicht der formelle Aktionär trägt, wäre verboten und würde zur Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses führen. Allerdings ist fraglich, ob Stimmverbote im Allgemeinen ein praktikables Mittel sind, um Interessenkonflikte wirksam zu unterbinden.

(1) Praktikabilität von Stimmverboten (a) Kritik Die Geeignetheit von Stimmverboten, Interessenkonflikte zu unterbinden und die Mehrheitsherrschaft im Interesse der Gesellschaft zu disziplinieren, ist schon lange umstritten. An starren Stimmrechtsschranken wurde vor allem die Herrschaft der Minderheit über die Mehrheit sowie deren leichte Umgehbarkeit kritisiert.¹⁵²⁴

(aa) Herrschaft der Minderheit Es wird argumentiert, Stimmverbote würden zu einer Minderheitsherrschaft über die Mehrheit führen und damit dem gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsprinzip widersprechen. Sie würden der Minderheit erlauben, allein für die Gesellschaft erhebliche Entscheidungen zu treffen, ohne auf die Mehrheit Rücksicht nehmen zu müssen. Allerdings ist dies insofern irreführend, als der Minderheit nur ermöglicht wird, einer bestimmten Maßnahme zuzustimmen oder sie abzulehnen. Nicht möglich ist demgegenüber die positive Durchsetzung einer Maßnahme. Es handelt sich also nur um Entscheidungen in Konfliktsituation, in denen über Ablehnung oder Zustimmung entschieden werden sollte. Der Mehrheit ist es also weiterhin möglich, das Schicksal der Gesellschaft zu bestimmen. Sie kann nur in den Fällen, in denen sie konfligiert ist, nicht eine Entscheidung gegen den Willen der Minderheit treffen.¹⁵²⁵ Weiter wird geltend gemacht, Stimmverbote widersprächen dem Kapitalprinzip, also dem Proportionalitätsprinzip. Derjenige der aufgrund höheren Kapitaleinsatzes mehr Risiko trage, müsse auch bestimmen dürfen, um dieses Risiko beherrschen zu können. Bei konfligierten Entscheidungen, die einem Stimmver-

 Überblick über die Diskussion bei Zöllner, Schranken, S. 159 – 175.  Zöllner, Schranken, S. 166 f.

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bot unterliegen, geht es aber gerade um den Fall, wo dieses aus der Abstimmung resultierende Risiko durch eine andere mögliche Gewinnquelle ausgeglichen wird. Dies gilt in den Fällen, in denen ein Vertrag mit dem Mehrheitsaktionär abgeschlossen werden soll.¹⁵²⁶ Dies gilt auch dann, wenn das Risiko durch die Gewinne aus einem anderen gegenläufigen Investment ausgeglichen wird.

(bb) Umgehbarkeit Weiter wird die leichte Umgehbarkeit von Stimmverboten durch die Übertragung auf einen anderen kritisiert. Dabei wird vor allem befürchtet, dass ein anderer zur Abstimmung vorgeschoben werden könnte, der selbst nicht dem Interessenkonflikt unterliegt.Vor allem die im Aktienrecht zulässige Legitimationszession würde eine derartige Umgehung befördern, da hier das anonyme Abstimmen möglich wäre. Diese Bedenken sind mit dem Inkrafttreten des umfassenden Publizitätsregimes der §§ 21 f. WpHG, das zur Offenlegung wesentlicher Beteiligungen zwingt, weitgehend beseitigt. Denn dieses Regime sieht in § 22 WpHG auch die Zurechnung von Aktien, die für einen anderen gehalten werden, vor.

(b) Positive Aspekte Neben dieser Kritik werden verschiedene positive Aspekte von Stimmverboten betont, die diese als den beweglichen Stimmrechtsschranken überlegen erscheinen lassen. Maßgebliches Argument ist insofern die größere Rechtssicherheit, die starre Schranken bieten. Denn diese ermöglichen schon im Voraus ein Ausscheiden der Stimmen, ohne dass eine spätere langwierige und teure Anfechtung notwendig wäre.¹⁵²⁷ Dies ist allerdings nur insoweit richtig, als der Tatbestand des Stimmverbotes so formuliert ist, dass er ohne größere Komplikationen vom Hauptversammlungsleiter angewendet werden kann.¹⁵²⁸ Deshalb ist ein allgemeines Stimmverbot bei Interessenkonflikten kritisch zu sehen. Die Anwendungsschwierigkeiten würden die Rechtssicherheit, die starre Stimmrechtsschranken im Allgemeinen bieten, wieder zunichtemachen.¹⁵²⁹ Dies würde bedeuten, dass der Versammlungsleiter durch seine Entscheidung, ob ein einzelner Aktionär konfligiert ist oder nicht, darüber entscheidet, wer die An-

 Duden, BB 1957, 1230, 1234 f.; Zöllner, Schranken, S. 172.  Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 223; Duden, BB 1957, 49, 50 f.; Brodmann, ZHR 94 (1929), 31, 64 f.  Zöllner, Schranken, S. 160 f.  Zöllner, Schranken, S. 161.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

fechtungslast zu tragen hat. Entscheidet er, dass ein Aktionär konfligiert ist und schließt er diesen von der Abstimmung aus, so wird dieser den Beschluss anfechten und rügen, dass er zu Unrecht ausgeschlossen wurde. Demgegenüber wird bei Zulassung des Aktionärs die unterlegene Seite den Beschluss anfechten und geltend machen, dass er zu Unrecht mitgestimmt hat, da er einem Interessenkonflikt unterlag. Unter Aspekten der Rechtssicherheit besteht somit kein Vorteil gegenüber den beweglichen Stimmrechtsschranken. Die Entscheidung über die Anfechtungslast an den Versammlungsleiter zu delegieren, erscheint nicht sinnvoll, da der Aktionär im Zweifel abstimmen können muss.¹⁵³⁰ Denn das Stimmrecht ist wichtigstes Mitverwaltungsrecht des Aktionärs; seine Ausübung kann damit nicht im Ermessen des Versammlungsleiters liegen.

(c) Zusammenfassung Stimmverbote sind generell geeignet, bestimmte, eng umgrenzte Interessenkonflikte zu erfassen und in diesen Fällen eine erhöhte Rechtssicherheit zu bieten. Sie gewährleisten, dass nur diejenigen Aktionäre abstimmen, die keinen Interessenkonflikten unterliegen. Damit ergeht eine Entscheidung, die im Sinne der Gesellschaft und damit der Gesamtheit der Aktionäre ist. Praktikabel kann dies allerdings nur dann umgesetzt werden, wenn die Stimmverbote sich auf bestimmte Situationen beziehen, die vom Versammlungsleiter ohne umfangreiche Subsumtionsleistung identifiziert werden können. Aus diesem Grund sind umfassende Stimmverbote, die alle Interessenkonflikte erfassen, nicht praktikabel.

(2) Reichweite von Stimmverboten In der amerikanischen Diskussion ist für den Fall der risikoentleerten Stimmrechtsausübung ein umfassendes Stimmverbot gefordert worden, da derartige Techniken den Governance-Mechanismus der Hauptversammlung tiefgreifend stören würden und daher nicht gestattet werden können.¹⁵³¹ Wie oben dargelegt, ist aber zu differenzieren, in welchem Umfang das empty voting zu verbieten ist; ein vollständiges Verbot scheint kein empfehlenswerter Weg.¹⁵³² Es geht vielmehr um eine Grenzziehung hinsichtlich des Umfangs, in dem eine risikoentleerte Stimmrechtsausübung noch zu tolerieren ist und ab welchem  Grunsky, ZIP 1991, 778, 781.  Martin/Partnoy, 2005 U. Ill. L. Rev. 775, 793 – 94 (2005); Katz, 28 Cardozo L. Rev. 1483, 1517 (2007); Skeel, Behind the hedge.  Siehe oben unter Teil 4, I.4.

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Grad der Risikobeseitigung ein Verbot der Stimmrechtsausübung anzunehmen ist.¹⁵³³ Abgrenzungshilfe leistet dabei die Art des Interessenkonfliktes, d. h. dessen Schwere. Erneut ist die Unterscheidung zwischen einem gegenläufigen Investment und risikoentleerten Stimmrechten nützlich und sollte erster Anknüpfungspunkt bei einer Novellierung des Aktienrechts sein.

(a) Stimmverbot bei negativem gegenläufigen Investment Liegt ein gegenläufiges Investment vor, dann besteht die Gefahr des Missbrauchs. Diese Fälle sollten daher von einem Stimmverbot erfasst werden, denn hier wird ein rational handelndes Wirtschaftssubjekt in jedem Fall zum Schaden der Gesellschaft abstimmen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Fälle schwer zu fassen sind und deshalb eine offene Tatbestandsformulierung notwendig wäre, die zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde.¹⁵³⁴ Dies ist insofern richtig, als Fälle der indirekten Absicherung erfasst werden sollen. Allerdings sollte zumindest in Fällen der direkten Absicherung, in denen Finanzinstrumente, die sich auf die konkrete Aktie beziehen, eine negative Interessenbilanz erzeugen, die Ausübung des Stimmrechts verboten werden. Denn ein dahingehendes Stimmverbot kann, erneut in Einklang mit den kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zur Transparenz von Netto-Leerverkaufspositionen (§ 30i WpHG), klar formuliert werden. Sobald eine negative Position vorliegt, dürfen Stimmrechte aus gehaltenen Aktien nicht ausgeübt werden. Denn hat er kein wirtschaftliches Interesse an der Stimmgesellschaft, dann ist von einem Aktionär nicht zu erwarten, dass er das eigene Interesse hintanstellt.¹⁵³⁵

 Ebenso Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 215 (2006) („line drawing“).  So Seibt, ZGR 2010, 795, 833. Allerdings beschäftigt sich dieser nur mit der risikoentleerten Stimmrechtsausübung bei Wertpapierdarlehen sowie im Falle von Derivaten. Deshalb muss er keine Lösung formulieren, die auch die Fälle des gegenläufigen Investments erfassen, sondern kann sich darauf beschränken, ein Stimmverbot ab einer gewissen Differenz vorzuschlagen. Diese aber bei einem konfligierten gegenläufigen Investment zu beziffern ist wohl kaum möglich. Siehe zur Problematik eines allgemeinen Stimmverbots bei Interessenkonflikten schon die Nachweise oben in Fn. 1315.  Dies entspricht auch der Ratio der Gesetzesbegründung zum AktG 1884, die zu den Stimmverboten bei eigener Entlastung und Befreiung von einer Verbindlichkeit ausführte: „Daß der Entwurf (Art. 221 Art. 190 Abs 3) einem Aktionär, welcher durch die Beschlussfassung entlastet wird oder von einer Verpflichtung befreit oder mit welchen ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden soll, es versagt, bei der betreffenden Beschlussfassung ein Stimmrecht für sich selbst oder für Andere ausübt, wird einer Rechtfertigung kaum bedürfen; von einem selbst

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(b) Stimmverbot bei der risikoentleerten Stimmrechtsausübung Darüber hinaus bergen auch die risikoentleerten Stimmrechte aufgrund der Möglichkeit, private Vorteile zu ziehen, Gefahr. Diese wird mit zunehmender Disproportionalität von Beteiligung und Stimmrechten immer größer. Der Anreiz, die Kontrolle zum Vorteil aller Aktionäre auszuüben, wird demgegenüber immer geringer. Da solche Missbräuche des Stimmrechts schwer nachweisbar sein können, sprechen zudem Beweisgründe für ein derartiges Stimmverbot.¹⁵³⁶ Somit stellt sich die Frage, ab welchem Grad der Abweichung vom Proportionalitätsprinzip die Gefahr des Ziehens privater Vorteile bzw. des Missbrauchs des Stimmrechts in einer Weise, die für die anderen Aktionäre schädlich ist, ein Stimmverbot begründet.

(aa) Abstimmen nur in dem Maße, in dem auch das ökonomische Risiko getragen wird Denkbar wäre die Grenze entlang der tatsächlichen Beteiligung zu ziehen und die Abstimmung nur soweit zu erlauben, wie auch das tatsächlich ökonomische Risiko getragen wird. Hätte ein Abstimmender somit 100 Aktien darlehensweise empfangen, weitere 100 Aktien mittels eines Equity Swaps abgesichert und würde weitere 100 ohne derartige Absicherungen halten, dann würde er nur aus den letzten 100 abstimmen können. Dies würde seiner Interessenbilanz entsprechen. Die positiven Effekte – die Durchsetzung aktiver Aktionärsstrategien und damit verbunden die bessere Kontrolle des Managements – würden dadurch jedoch verhindert. Abweichungen vom Proportionalitätsprinzip sind durchaus hinzunehmen, solange gewährleistet ist, dass die Stimmrechtsausübung im Interesse der Mitaktionäre erfolgt. Eine derart strikte Regel sollte daher nicht eingeführt werden.

(bb) Stimmverbot ab einer gewissen Differenz der Beteiligung Eine weitere Regelungsmöglichkeit besteht darin, das Stimmrecht dann auszuschließen, wenn die Anzahl der Stimmrechte um einen gewissen Prozentsatz höher ist, als das ökonomische Risiko, dem man ausgesetzt ist. D.h. die Disproportionalität der Gestaltung darf nur einen gewissen Grad erreichen (ähnlich wie es § 139 Abs. 2 AktG für stimmrechtslose Vorzugsaktien vorschreibt). Darüber beteiligten Aktionär kann nicht erwartet werden, dass er das eigene Interesse dem Interesse der Gesellschaft nachstellt.“, abgedruckt in Buschs Archiv (Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen Deutschen Handels- und Wechselrechts), Bd. 44 (1883), S. 232.  So auch Fleck, in: FS Fischer, S. 107, 119.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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hinausgehende Stimmrechte dürfen nicht ausgeübt werden.Vorgeschlagen wurde in diese Richtung bislang ein Stimmverbot ab einem Unterschied von zehn Prozent.¹⁵³⁷ D.h. liegt der Anteil der formell gehaltenen Aktien und damit der Stimmrechte um zehn Prozent über der wirtschaftlichen Position des Aktionärs, also über seiner Teilhabe am aktientypischen Risiko, dann soll ein Abstimmungsverbot greifen.¹⁵³⁸ Diese Schwelle soll im Gesetz verankert werden, wie dies bei § 136 AktG der Fall ist; Grund für die Schwelle von zehn Prozent sei eine „typisierende Betrachtung“.¹⁵³⁹ Abzusehen sei hingegen von der Koppelung eines Stimmverbotes an unbestimmte Rechtsbegriffe wie „die Gefahr der rechtsmissbräuchlichen Stimmrechtsausübung“ oder „eines erheblichen Interessenkonfliktes“.¹⁵⁴⁰ Denn in diesen Fällen käme es zu Nachweisproblemen und zu großer Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Beurteilung von Hauptversammlungsbeschlüssen. Diesem Ansatz einer „typisierenden Betrachtung“ ist grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings ist eine derart auf die Differenz abstellende Regelung nicht allen Fällen angemessen. Denn es kann weiterhin zur Ausübung von Stimmrechten kommen, auch wenn überhaupt keine Eigenbeteiligung mehr besteht. In diesen Fällen aber ist der Anreiz, Sondervorteile zu ziehen, besonders groß. Fraglich ist zudem die Wahl der Schwelle von zehn Prozent. Dies hieße, dass ein Aktionär, der zehn Prozent der Aktien hält, jedoch nur ein Prozent des Risikos selbst trägt, abstimmen dürfte und damit erheblichen Einfluss auf eine Hauptversammlungsentscheidung nehmen könnte. Im Perry-Mylan-Fall¹⁵⁴¹ hatte Perry nur 9,9 % der Stimmrechte inne¹⁵⁴², konnte aber dennoch entscheidenden Einfluss nehmen. Die indirekte Absicherung, die in allen bisher relevanten Fällen eine Rolle gespielt hat, wird von diesem Vorschlag im Übrigen nicht erfasst.

(cc) Stimmverbot bei Abstimmen ohne verbleibende wesentliche Eigenbeteiligung Es scheint daher vorteilhaft, darauf abzustellen, dass noch ein bestimmter Anteil am Risiko getragen werden muss, wenn Stimmrechte ausgeübt werden sollen. Mit

 Seibt, ZGR 2010, 795, 834.  Seibt, ZGR 2010, 795, 834.  Seibt, ZGR 2010, 795, 834.  Seibt, ZGR 2010, 795, 834.  Siehe oben unter Teil 1, I.3.  Diese Beteiligungshöhe wurde gewählt, um die Publizitätsschwellen des Kapitalmarktrechts der Vereinigten Staaten zu unterlaufen.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

dieser signifikanten Eigenbeteiligung signalisiert der Aktionär sein weiter bestehendes Interesse am gemeinsamen Zweck der Wertmaximierung. Durch eine solche Beteiligung, in der amerikanischen Diskussion teilweise als „commitment position“¹⁵⁴³ bezeichnet, wäre sichergestellt, dass der Abstimmende noch selbst Interesse an der Gesellschaft hat und die risikoentleerten Stimmrechte zum Nutzen der Gesellschaft einsetzt.¹⁵⁴⁴ Dies könnte gewährleisten, dass die risikoentleerte Stimmrechtsausübung auch im Interesse der übrigen Aktionäre und der Gesellschaft geschieht und keine außerhalb der Gesellschaft liegenden Ziele mit der Stimmrechtsausübung verfolgt werden. Insofern gelten dieselben Überlegungen, die oben auch für die Bevollmächtigung von Mitaktionären zur Stimmrechtsausübung sowie zu den Stimmbindungsvereinbarungen unter Aktionären angestellt wurden.¹⁵⁴⁵ Durch diese Lösung können die positiven Auswirkungen, die risikoentleerte Stimmrechte auf die Corporate Governance haben können, erhalten werden. Gleichzeitig stellt diese Lösung aber sicher, dass die Stimmrechtsausübung im Sinne der Mitaktionäre und der Gesellschaft und damit letzten Endes der Allgemeinheit erfolgt. Dazu wird dadurch die Schwierigkeit vermieden, die Rechtmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen anhand von kaum festlegbaren Kriterien zu prüfen, da bei verbleibender wesentlicher Position die Richtigkeitsgewähr weiter angenommen werden kann. Sieht man dies als eine adäquate Lösung an, so ist weiter zu fragen, wie sich ein derartiger wesentlicher Anteil bestimmen lässt. Dabei bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten.

(i) Wesentliche Eigenbeteiligung als absolute Grenze Man könnte eine absolute Schwelle zugrundelegen. Dies würde bedeuten, dass ein risikoentleertes Abstimmen erst ab einer gewissen, absolut bestimmten Eigenbeteiligung, beispielsweise fünf Prozent, möglich ist. Dies hätte zur Folge, dass risikoentleerte Stimmrechte nicht ausgeübt werden dürften, wenn der Abstimmende nicht gleichzeitig fünf Prozent der Aktien der Gesellschaft ohne Risikoentleerung hält.

 Brav/Matthews, empty voting, S. 6. Siehe zu deren Argumentation schon oben unter Teil 4, III.3.  Ähnlicher Vorschlag bei Clark, 29 Case W. Res. L. Rev. 776, 806 – 07 (1979), allerdings hinsichtlich des Stimmenkaufs.  Siehe dazu oben unter Teil 4, II.2. und 6.

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(ii) Wesentliche Eigenbeteiligung als variable Grenze in Abhängigkeit von den insgesamt ausgeübten Stimmrechten Zum anderen wäre denkbar, eine prozentuale Schwelle zugrunde zu legen und somit die Ausübung risikoentleerter Stimmrechte nur in einem von der tatsächlich gehaltenen Beteiligung abhängigen Ausmaß zuzulassen. Beispielsweise könnte eine derartige Schwelle 50 % betragen, was zur Folge hätte, dass bei 100 gehaltenen Aktien, aus denen abgestimmt werden kann, zusätzlich 50 risikoentleerte Stimmrechte hinzukommen können.¹⁵⁴⁶ Damit wäre gewährleistet, dass ein Aktionär immer nur in proportionalem Anteil zu seiner Eigenbeteiligung seine Stimmmacht vergrößern könnte. Dadurch werden Bagatellfälle ausgesondert, die nicht auf empty voting abzielen, sondern Ergebnis einer diversifizierten Portfolio-Gestaltung sind.¹⁵⁴⁷ Überschreitet der Aktionär die Schwelle, dann greift ein Stimmverbot mit der Begründung, dass bei einer höheren Zahl von risikoentleerten Stimmrechten die Gefahr des Missbrauchs überwiegen würde. Eine derartige Schranke würde das Drohpotential eines einzelnen Aktionärs und damit dessen Einfluss beschränken; dies ist allerdings vor dem Hintergrund der möglichen Gefahren gerechtfertigt. Eine derartige starre Stimmrechtsschranke wäre ein gangbarer Weg, um das Problem der risikoentleerten Stimmrechtsausübung zu entschärfen. Für den Tatbestand kann dazu wiederum an das wirtschaftliche Interesse und die Interessenbilanz angeknüpft werden, die auch im Rahmen der Offenlegungspflichten bei der Netto-Leerverkaufsposition gebildet werden muss (§ 30i WpHG). Dazu muss zunächst die Interessenbilanz gebildet werden und das tatsächliche wirtschaftliche Interesse an der Stimmgesellschaft festgestellt werden. In einem zweiten Schritt wird dann festgestellt, wie viele Stimmrechte ausgeübt werden können und wie viel Prozent aller emittierten Aktien dies entspricht. In einem dritten Schritt werden dann die Werte verglichen: Stimmrechte, die über das 1,5fache des Wertes des ökonomischen Interesses hinausgehen, dürfen in der Hauptversammlung nicht ausgeübt werden. Voraussetzung für die Durchsetzung eines derartigen Stimmverbotes ist allerdings Transparenz hinsichtlich der Beteiligung der einzelnen Aktionäre. Auf

 Richtigerweise weist Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 645, darauf hin, dass es sich um eine „mehr oder weniger gegriffene Größe“ handelt. Dieses Problem stellt sich allgemein bei der Regulierung von neu auftretenden Problemlagen, so beispielsweise im Hinblick auf die Schwellen beim Transparenzsystem für Netto-Leerverkaufspositionen, siehe dazu Mittermeier, ZBB 2010, 139, 148. Sollte sich ergeben, dass die Größe zu unsachgemäßen Ergebnissen führt, müsste sie später angepasst werden.  Siehe zur Notwendigkeit solche Fälle aus einer Regulierung auszunehmen Kahan/Rock, 96 Geo. L.J. 1227, 1267 (2008).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

welchem Weg Transparenz und damit eine Anwendung des Stimmverbotes durch den Versammlungsleiter gewährleistet werden können, wird bei der Diskussion der kapitalmarktrechtlichen Regelungsinstrumente behandelt.

(c) Stimmverbot und indirekte Absicherung Das vorgeschlagene Stimmverbot würde allerdings nur die Fälle des Decoupling durch direkte Absicherung erfassen, die sich aufgrund von Instrumenten mit Bezug auf die Aktien der Stimmgesellschaft ergeben. Nicht erfasst wären hingegen die Fälle des Decoupling durch indirekte Absicherung, denen, wie die Fälle PerryMylan und Deutsche Börse AG zeigen, eine besondere Gefahr innewohnt. Aufgrund der Schwierigkeiten der Quantifizierung lässt sich ein dahingehendes Stimmverbot nicht formulieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es vorteilhaft bei der oben vorgestellten Lösung über die Treupflichtlehre zu bleiben, die es ermöglicht, derartige Interessenkonflikte flexibel zu erfassen. Voraussetzung zur Beurteilung von derartigen Fällen der indirekten Absicherung ist, wie auch bei der vorgeschlagenen starren Stimmrechtsschranke, Transparenz über die wesentlichen Beteiligungen, sowohl hinsichtlich von Longals auch von Short-Positionen.¹⁵⁴⁸

(3) Zusammenfassung Das Abstimmen bei einem negativen gegenläufigen Investment, das aus einer direkten Absicherung resultiert, ist durch ein Stimmverbot ganz zu unterbinden. Bei den risikoentleerten Stimmrechten muss ein Mechanismus gefunden werden, der sicherstellt, dass die Stimmrechtsausübung im gemeinsamen Interesse der Aktionäre an der Wertsteigerung der Aktiengesellschaft geschieht. Der hier vorgeschlagene Weg sieht vor, eine Abstimmung nur dann zu erlauben, wenn der Aktionär einen im Verhältnis zu seinen Stimmrechten wesentlichen Anteil des ökonomischen Risikos der Aktien der Stimmgesellschaft trägt, wobei wesentlich hier als 50 % verstanden wird. Schwierig gestaltet sich die Erfassung von indirekten Absicherungen. Bei diesen sollte weiterhin auf eine Lösung über die Treupflichten gesetzt werden. Zur adäquaten Durchsetzung der Stimmverbote und auf Treupflicht beruhenden Beschränkungen muss Transparenz über Stimmmacht und wirtschaftliches Interesse hergestellt werden.

 Siehe dazu noch unter Teil 5, III.3.

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bb) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Stimmverbot (1) Bußgeld bei Missachtung des Stimmverbots § 405 Abs. 3 AktG bestimmt Ordnungswidrigkeitentatbestände, die den Prozess der Willensbildung der Aktionäre in der Hauptversammlung mittels Stimmrechtsausübung schützen. Gemäß § 405 Abs. 3 Nr. 5 AktG handelt derjenige ordnungswidrig, der Aktien, deren Stimmrecht er nach § 136 AktG nicht ausüben darf, einem anderen zur Ausübung überlässt oder Stimmrechte aus derart überlassenen Aktien selbst ausübt. Die Umgehung der Stimmverbote durch die Bevollmächtigung eines Dritten ist also ordnungswidrig; die persönliche Ausübung des Stimmrechtes trotz eines bestehenden Stimmverbotes hingegen nicht. Das Gesetz scheint davon auszugehen, dass die Verletzung eines Stimmverbotes für die anderen Aktionäre so offensichtlich ist, dass eine Bußgelddrohung nicht notwendig erschien.¹⁵⁴⁹ Dies sollte bei einem Stimmverbot zur Verhinderung des risikoentleerten Stimmrechts anders gehandhabt werden. Denn hier ist es für den Versammlungsleiter und die Mitaktionäre nicht offensichtlich, dass das Stimmverbot greift. Insofern sollte auch die Missachtung dieses Stimmverbots ordnungswidrig sein. Um die Bedeutung des Zusammenhangs von Risiko und Stimmrecht zu verdeutlichen, sollte zu Beginn der Hauptversammlung von Aktionären, die eine signifikante Beteiligung, beispielsweise fünf Prozent, halten, eine Erklärung über ihr wirtschaftliches Interesse abgegeben werden.¹⁵⁵⁰ Sie müssten, parallel zu der in § 30i WpHG vorgenommenen Berechnung, attestieren, dass sie tatsächlich auch ein ökonomisches Interesse an der Aktiengesellschaft in Höhe ihrer Stimmmacht haben bzw. dass sie risikoentleerte Stimmrechte nur im Rahmen der vorgesehenen zusätzlichen 50 % ausüben.¹⁵⁵¹ Die Beschränkung auf Blockaktionäre spart den anderen Aktionären die Abgabe einer derartigen Erklärung und bedeutet somit Zeit und Kostenersparnis. Zudem werden Kleinaktionäre in den seltensten Fällen entscheidenden Einfluss auf die Abstimmung haben.¹⁵⁵² Die Verletzung einer derartigen Erklärung sollte einen besonders schweren Fall der Verletzung des Stimmverbots darstellen, der ein höheres Bußgeld nach sich zieht.

 Schroer, in: MüKo AktG, § 136 Rn. 55. Unter Geltung des AktG 1937 war noch strittig, ob die Selbstbenutzung bei bestehendem Stimmrechtsverbot unter den Ordnungswidrigkeitentatbestand fiel; die Rechtslage ist nach dem AktG 1965 jedoch eindeutig, vgl. dazu Geilen, in: KöKo AktG, 1. Auflage, § 405 Rn. 124.  Für eine solche Erklärung auch Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 699 (2008); Thompson/ Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 166 (2009).  Siehe zu dieser Schwelle oben unter Teil 5, III.1.  Auch Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 699 – 700 (2008), schlagen eine Beschränkung auf Großaktionäre vor.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Eine Bußgeldbewehrung des Stimmverbots und einer wahrheitswidrigen Erklärung würde auch in die Schutzkonzeption des Aktiengesetzes passen, das durch die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 405 Abs. 3 AktG die unverfälschte Willensbildung in der Hauptversammlung schützt. Da die disproportionalen Strukturen nicht erkennbar sind, muss hier durch ein weiteres Mittel ein Anreiz zur Einhaltung des Stimmverbots gesetzt werden. Dies gilt insbesondere für einflussreiche Blockaktionäre, weshalb hier ein höheres Bußgeld notwendig ist.

(2) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Stimmverbot hinsichtlich des Beschlusses Das vorgeschlagene Stimmverbot würde sich hinsichtlich der Rechtsfolgen in das bestehende System der Stimmverbote einfügen. Insofern wären Änderungen hinsichtlich der Rechtsfolgen bei vom Stimmverbot betroffenen Aktien nicht notwendig. Der Beschluss wäre, wie auch oben bei der treupflichtwidrigen Stimmrechtsausübung, anfechtbar. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Stimmen kausal für das Ergebnis waren.¹⁵⁵³

cc) Satzungsfreiheit hinsichtlich der Stimmverbote? Weiterhin wäre denkbar, die Aktionäre selbst in der Satzung entscheiden zu lassen, ob innerhalb der Gesellschaft eine Ausübung risikoentleerter Stimmrechte zulässig sein soll.¹⁵⁵⁴ Im deutschen Recht würde dies bedeuten, die Frage der Zulässigkeit der risikoentleerten Stimmrechtsausübung von der Satzungsstrenge auszunehmen; momentan ist eine Erweiterung der Stimmverbote in der Satzung nicht zulässig.¹⁵⁵⁵ Die Entscheidung über gesellschaftsrechtliche Fragen mit Bezug zum Kapitalmarkt den Aktionären zu überlassen, liegt im Trend. Zu denken ist an die Europäische Durchbrechungsregel nach § 33b WpÜG, wonach die Satzung regeln kann, dass bestimmte strukturelle Übernahmehindernisse in der Zeit der Gültigkeit des Übernahmeangebots sowie der ersten Hauptversammlung, die auf Verlangen des Bieters einberufen wird, nicht gelten.¹⁵⁵⁶ Die Übernahmerichtlinie hat

 Siehe dazu bereits oben in Fn. 1404.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 890 – 93 (2006); Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 321 (2008).  Braunfels, MittRhNotK 1994, 233, 244.  Siehe dazu Harbarth, ZGR 2007, 37 ff.; Vogel, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33b Rn. 1 f. (Rn. 8 f. zur Entstehungsgeschichte); Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33b Rn. 2 f.;

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damit den Aktionären die Möglichkeit gegeben, mittels einer Satzungsbestimmung das Verbot von Abwehrmaßnahmen gegen Übernahmen wieder für voll anwendbar zu erklären, wenn der entsprechende Mitgliedstaat sich gegen die gesetzliche Umsetzung eines strikten Verbots entscheidet. Auch hinsichtlich der erweiterten Mitteilungspflicht des § 27a WpHG für Inhaber wesentlicher Beteiligungen wurde die Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG gelockert und die Entscheidung über die Anwendbarkeit der Mitteilungspflicht in § 27a Abs. 3 WpHG in das Ermessen der Aktionäre gestellt.¹⁵⁵⁷ Einheitlicher Gedanke bei derartigen Erweiterungen des Gestaltungsspielraums¹⁵⁵⁸ der Aktionäre ist, dass diese selbst über die institutionelle Verfasstheit ihrer Gesellschaft entscheiden können sollen. Gesellschaften, die ihren Investoren keine zusätzlichen Pflichten oder Beschränkungen bei der Übernahme auferlegen, werden mehr Kapital anziehen und keinen Kursabschlag hinnehmen müssen.¹⁵⁵⁹ Ein ähnliches Ziel wird mit § 27a Abs. 3 WpHG verfolgt, da durch die Abbedingung der Regelung das Investment erleichtert wird und außerdem die Gesellschaft als Ziel von Übernahmeversuchen attraktiver wird.¹⁵⁶⁰ In beiden genannten Fällen können die Aktionäre entscheiden, Regelungen, die Übernahmehindernisse darstellen, abzubedingen, um die Gesellschaft für Bieter attraktiver zu machen und somit eine bessere Kontrolle der Verwaltung durch den Markt für Unternehmenskontrolle zu ermöglichen. Auch bei Zulassung risikoentleerter Stimmrechte wird unter Umständen ein Anreiz für aktive Aktionärsstrategien und damit eine bessere Verwaltungskontrolle gesetzt. Daher ist zu erwägen, den Aktionären die Möglichkeit zu eröffnen, sich des Schutzes des Proportionalitätsprinzips zu begeben, wenn sie meinen, dass dies für eine verbesserte Managementkontrolle förderlich ist.¹⁵⁶¹ Sie werden dies nur dann tun,

Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 310. Zur Technik dieses Optionsregimes Grundmann, NZG 2005, 122, 127 f.  Siehe dazu U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 31; Brandt, BKR 2008, 441, 449.  Zu nennen wäre auch noch die Möglichkeit des § 286 Abs. 5 Satz 1 HGB durch Hauptversammlungsbeschluss die individuelle Ausweisung der Vorstandvergütung abzuwenden. Dazu Baums, ZHR 169 (2005), 299, 307 f.; Fleischer, DB 2005, 1611, 1614.  So zur Opt-In-Regel des § 33b WpÜG Grundmann, NZG 2005, 122, 127; Harbarth, ZGR 2007, 37, 42 f.  König, BB 2008, 1910, 1913. Kritisch Fleischer, AG 2008, 873, 880, der vor allem Aktionäre, die ihre Beteiligung aufstocken wollen, als mögliche Initiatoren einer solchen Satzungsänderung sieht. Dies erscheint aber eher unwahrscheinlich, da für ein Opt-Out von der Regelung eine satzungsändernde Mehrheit erforderlich ist, die diese Investoren zu diesem Zeitpunkt kaum werden aufbringen können.  Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 646.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

wenn sie sich tatsächlich eine bessere Kontrolle erwarten und daher auch nur dann, wenn somit von der risikoentleerten Stimmrechtsausübung keine Gefahr für die anderen Gruppen, die an einer Verhinderung der risikoentleerten Stimmrechtsausübung ein Interesse haben, vorliegt. Im schlechtesten Fall wird eine solche Regelung nicht beschlossen, da die Verwaltung gegen ihre Aufnahme in die Satzung argumentieren wird; sie wird kein Interesse an einer wirkungsvolleren Kontrolle haben, so dass keine interessengerechte Regelung beschlossen werden würde.¹⁵⁶² Oder der Beschluss über die Satzungsbestimmung läuft auf eine Erklärung der Blockaktionäre hinaus, dass sie risikoentleerte Stimmrechte haben und dies auch weiter zulässig sein soll.¹⁵⁶³ Allerdings könnte man dieser Gefahr mit einer Regelung begegnen, wonach bei dem Satzungsbeschluss über die Zulässigkeit von risikoentleerten Stimmrechten keine risikoentleerten Stimmrechte zulässig sind. Die Satzungsfreiheit könnte dabei weiter gehen und nicht nur ein starres Stimmverbot erlauben, sondern den Aktionären ermöglichen, die Rechtsfolgen für einen Verstoß festzulegen. Auch wenn dies in gewissem Maße eine Wiedereinführung der Mehrstimmrechte mittels der Zulassung von risikoentleerter Stimmrechtsausübung bedeuten könnte, so sollte man dieses „Experimentierfeld“ eröffnen und sehen, welche Lösungen der Markt hervorbringt.¹⁵⁶⁴ Gerade unter Unsicherheit über Kosten und Nutzen einer Regelung erscheint dies eine dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechende Regulierungsstrategie.

d) Zusammenfassung Zur Bewältigung des empty voting sind Treustimmrechte und Mindesthaltedauern kein geeignetes Mittel; ähnlich verhält es sich mit einer Zuordnung des Stimmrechts zum wirtschaftlich Berechtigten. Vorzugswürdig ist demgegenüber eine Lösung über starre und bewegliche Stimmrechtsschranken. In den Fällen, in denen die ökonomische Position hinsichtlich der Aktien der Stimmgesellschaft negativ ist, sollte ein Stimmverbot festgelegt werden. Grundlage ist die Berechnung des wirtschaftlichen Interesses, die aufgrund der Transparenzvorschriften für Netto-Leerverkaufspositionen (§ 30i WpHG) ohnehin angestellt werden muss. Damit sind allerdings die Fälle der indirekten Absicherung nicht abgedeckt. Diese können durch die Treupflichtlehre erfasst werden: wenn ein nur noch geringes ökonomisches Interesse und eine

 So die Befürchtung von Cunningham, 64 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 293, 333 – 335 (2008).  Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 23 f.  So auch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 646.

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entsprechend große Position bei einem Konkurrenten (negatives gegenläufiges Investment) oder bei einem in der Kursentwicklung abhängigen Unternehmen (konfligiertes gegenläufiges Investment) besteht, dann ist die Stimmrechtsausübung treupflichtswidrig. Ob eine derartige Kursverbindung besteht, kann mit den Maßstäben, die zum Insiderrecht entwickelt wurden, beurteilt werden. Hinsichtlich der risikoentleerten Stimmrechte sollte gewährleistet werden, dass diese Stimmrechte nur dann ausgeübt werden können, wenn eine signifikante ökonomische Eigenbeteiligung an der Stimmgesellschaft besteht. Nur dann ist sichergestellt, dass die Stimmrechte ihrer Funktion im Gefüge der Aktiengesellschaft entsprechend ausgeübt werden. Grundlage dieser starren Stimmrechtsschranke ist erneut die Berechnung des wirtschaftlichen Interesses; dieses wird dann mit der Anzahl der Stimmrechte abgeglichen. Übersteigt die Anzahl der Stimmrechte mehr als das eineinhalbfache des ökonomischen Interesses, so besteht für die darüber hinausgehenden Stimmrechte ein Stimmverbot. Da die jeweilige ökonomische Position für den Versammlungsleiter nicht erkennbar ist und selbst im Falle von weitergehenden Transparenzvorschriften nicht erkennbar sein wird, sollte das Stimmverbot bußgeldbewehrt sein. Dessen Nichtbeachtung sollte in den Katalog des § 405 Abs. 3 AktG aufgenommen werden. Die Folgen einer Nichtbeachtung in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht ändern sich nicht: Wie auch bei den momentan im Aktiengesetz geregelten Stimmverboten führt eine gegen das Verbot verstoßende Stimmabgabe zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, solange die Stimmabgabe kausal für die Beschlussfassung geworden ist. Um den Aktionären Spielräume zu eröffnen, sollten diese die Möglichkeit erhalten, über die Zulassung von risikoentleerten Stimmrechten im Rahmen einer Satzungsänderung zu entscheiden.

3. Kapitalmarktrechtliche Instrumente Neben dem Gesellschaftsrecht ist das Kapitalmarktrecht ein Feld, das Lösungen für die beschriebenen Konfliktlagen bereithält. Dies ergibt sich aus der engen Interdependenz des Kapitalmarktrechts und des Rechts der börsennotierten Aktiengesellschaft. So ist zur wirksamen Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Normen Information über das wirtschaftliche Interesse der Aktionäre notwendig. Im Zentrum der folgenden Überlegungen steht daher die Diskussion um eine Erweiterung der Offenlegungspflichten hinsichtlich des wirtschaftlichen Risikos.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

a) Erweiterung der Publizitätspflichten Es folgt zunächst ein Überblick über die verschiedenen Aspekte von Transparenzvorschriften. Dann wird diskutiert, inwieweit eine Lösung über Transparenzvorschriften alleine, d. h. ohne die Formulierung eines Stimmverbotes, ausreichend ist, um das empty voting zu regulieren. Im Anschluss werden die Novellierungen des Schweizer Rechts sowie Vorschläge aus der amerikanischen Diskussion analysiert und im Anschluss auf Grundlage dieser Analyse Grundprinzipien für eine Erweiterung der bestehenden Vorschriften formuliert.

aa) Grundlagen (1) Zweck von Offenlegungspflichten (a) Marktinformation Publizitätspflichten sind ein aus der amerikanischen Kapitalmarktregulierung stammendes Instrument, um Informationsasymmetrien, die zwischen den Marktteilnehmern bestehen, zu beseitigen.¹⁵⁶⁵ Sie stehen in Widerspruch zum vor deren Einführung geltenden Prinzip der „Anonymität der Aktie“.¹⁵⁶⁶ Allerdings gibt es kein Recht des Aktionärs auf Anonymität.¹⁵⁶⁷ Hintergrund dieser Pflichten ist, dass die Investitions- und die Desinvestitionsentscheidungen von einzelnen Investoren ab einer gewissen Größenordnung relevante Informationen für den Kapitalmarkt sind. Denn die Verteilung der Stimmrechte in der Aktiengesellschaft und die damit verbundene Kontrollstruktur sind ein wichtiger Faktor bei der Bewertung des Investments.¹⁵⁶⁸ Bei einem Kontrollwechsel innerhalb der Gesellschaft kann sich die Natur des Unternehmens aufgrund von Reformen des Übernehmenden grundlegend ändern.¹⁵⁶⁹ Daher sehen die Transparenzpflichten eine Information der Anleger vor, ob in einem Unternehmen ein Kontrollwechsel bevorsteht.¹⁵⁷⁰ Umgekehrt muss auch die

 Zur Entwicklung der Beteiligungstransparenz und deren zunächst gesellschaftsrechtlicher Verortung siehe Merkt, Unternehmenspublizität, S. 282– 286.  U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 5; Hirte, in: KöKo WpHG, § 21 Rn. 11. Zum Schweizer Recht Weber, in: FS von Büren, S. 771, 772 f., der auch auf die französische Bezeichnung der Aktiengesellschaft, „société anonyme“, hinweist. Gegen diese historische Herleitung eines Rechts auf Anonymität allerdings Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 402: der Name läge darin begründet, dass die Firmenbezeichnung des von der société anonyme betriebenen Unternehmens nicht den Namen eines Gesellschafters enthalten dürfe.  Fleischer, ZIP 2006, 451, 452; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 402; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 5; Hirte, in: KöKo WpHG, § 21 Rn. 11.  Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 9.  Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel. Bd. 2, S. 462, 464.  Weber, in: FS von Büren, S. 769, 783; Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 10.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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Auflösung einer größeren Position offengelegt werden, denn auch diese führt unter Umständen zu einer veränderten Kontrollstruktur in der Gesellschaft.¹⁵⁷¹ Dabei spielt eine Rolle, wer genau der Kapitalgeber und damit der tatsächliche Inhaber der Stimmrechte ist.¹⁵⁷² Denn die Information, wer die Gesellschaft kontrolliert, ist eine wichtige fundamentale Information, da zukünftige Zahlungsströme aus den Wertpapieren davon abhängen können.¹⁵⁷³ Deshalb wird im Kapitalmarktrecht der Kreis der Berechtigten und Verpflichteten sehr weit gezogen.¹⁵⁷⁴ Entscheidend kommt es auf den wirtschaftlich Berechtigten an, nicht auf den formellen Eigentümer. Deshalb sehen die kapitalmarktrechtlichen Transparenzvorschriften auch eine Offenlegung von nur mittelbar gehaltenen Beteiligungen vor (vgl. die umfassenden Zurechnungsregelungen in § 22 WpHG). Um anstehende Kontrollwechsel transparent zu machen, wird darüber hinaus nicht nur der, wenn auch nur mittelbar haltende, Aktionär einbezogen, sondern auch solche Vereinbarungen, die den Erwerb einer Aktie ermöglichen (vgl. die Transparenzpflichten der §§ 25, 25a WpHG). Das momentan bestehende Offenlegungsregime bezweckt vornehmlich eine frühzeitige Information der Aktionäre über einen anstehenden Kontrollwechsel. Anknüpfungspunkt ist deshalb das Stimmrecht als entscheidendes Herrschaftsrecht der Aktionäre.¹⁵⁷⁵ Da der Aufbau einer Position in einer Gesellschaft, die zu einer Übernahme führen kann, offengelegt werden soll, knüpft das bestehende System nur an Long-Positionen an.¹⁵⁷⁶ Die bisherigen Reformen des geltenden Systems waren durch eine Ausweitung der meldepflichtigen Tatbestände gekennzeichnet, um das Anschleichen, also den geheimen Beteiligungsaufbau in einem Unternehmen, zu verhindern.¹⁵⁷⁷ Das gegenwärtige System erfasst daher nicht die disproportionalen Strukturen, die durch das empty voting geschaffen werden können. Diese können allerdings für die Kontrolltätigkeit in der Gesellschaft ganz wesentlich sein, da sich in diesem Zusammenhang dieselben Fragen stellen, wie bei disproportionalen Stimmrechtsstrukturen, die in der Satzung vorgesehen sind, also Mehrstimmrechte bzw. stimmrechtslose Vorzugsaktien; sie sind damit ebenso für den Markt fundamentale Informationen.¹⁵⁷⁸ Während disproportionale Sat-

       

Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 11. Weber, in: FS von Büren, S. 769, 782 f. Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 7 f. Weber, in: FS von Büren, S. 769, 782. Siehe dazu schon oben unter Teil 2, I.1. und 2. Siehe dazu oben unter Teil 5, II.3. Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 403. Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 13.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

zungsgestaltungen für den Markt transparent sind, ist die risikoentleerte Stimmrechtsausübung nach geltendem Recht nicht zu erkennen.¹⁵⁷⁹ Insofern wird von vielen zur Bekämpfung des empty voting bzw. zur Information des Marktes über die disproportionale Einflussmacht und zur Sammlung von Informationen über diese Praktik eine Offenlegung des empty voting vorgeschlagen.¹⁵⁸⁰

(b) Information der Mitgesellschafter und der Verwaltung Die Regelungen über die Regelpublizität bezwecken eine Offenlegung der Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft. Dies allerdings nicht nur für den Markt, sondern auch für die Gesellschaft selbst, für ihre Gesellschafter und ihre Gläubiger.¹⁵⁸¹ Von Anfang an bestand der Zweck der Publizitätsvorschriften auch in der Information der Gesellschafter, die vor Abhängigkeitsverhältnissen, insbesondere durch Konzernierung, geschützt werden sollen.¹⁵⁸² Somit dienen die Publizitätsvorschriften auch den Mitaktionären, damit diese ihre bestehenden Rechte durchsetzen können und über mögliche Motive der anderen Aktionäre informiert sind. Im Zusammenhang mit dem empty voting besteht das Problem, dass bislang nicht separat über Derivate und Short-Positionen informiert werden muss, sondern nur hinsichtlich der Netto-Leerverkaufsposition; daher ist für die anderen Aktionäre nicht zu erkennen, wie sich das genaue Interesse an der Stimmgesellschaft darstellt.¹⁵⁸³

(2) Nachteile von Transparenzpflichten Der besseren Beurteilung der Information stehen jedoch Nachteile, insbesondere zusätzliche Kosten, gegenüber. Die Kosten entstehen vornehmlich durch die größere personelle Belastung zur fortlaufenden Erfüllung der Offenlegungs-

 Siehe schon oben unter Teil 4, II.1. Zum amerikanischen Recht Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 211 (2006).  European Corporate Governance Forum, Working Group, S. 3, 26; European Corporate Governance Forum, Treffen vom 19. 5. 2009 (S. 5 f.) sowie Treffen vom 17. 2. 2009 (S.7 f.), beide abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/ecgforum/index_en.htm, zuletzt aufgerufen am 15.03. 2011; Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 217– 18, 219 (2006); Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 22– 24; Seibt, ZGR 2010, 795, 828 – 833; Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 819 (2006).  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 20 Rn. 2; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 2.  Merkt, Unternehmenspublizität, S. 282. Zur Umsetzung und Reform der Beteiligungstransparenz siehe Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 402 f.  Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 207 (2006).

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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pflichten.¹⁵⁸⁴ Zu hohe Anforderungen an die Offenlegung können Investoren abschrecken. Diese können zudem durch die Transparenz möglicherweise nicht mehr die von ihnen gesammelten Informationen nutzen. Können Informationen nicht mehr durch Handel mit weniger informierten Marktteilnehmern kommerzialisiert werden, geht der Anreiz, überhaupt Informationen zu sammeln, verloren.¹⁵⁸⁵ Zudem ist zu befürchten, dass eine Ausweitung der Transparenzpflichten auf die wirtschaftliche Beteiligung, also eine Anknüpfung an das wirtschaftliche Risiko, zu erhöhter Rechtsunsicherheit führt.¹⁵⁸⁶ Damit einher geht die Gefahr von vermehrten Aktionärsklagen gegen Beschlüsse der Hauptversammlung mit der Begründung, die Transparenzanforderungen seien nicht erfüllt worden.¹⁵⁸⁷ Weiter ist zu bedenken, dass es auch ein Zuviel an Informationen geben kann. Entscheidend ist nicht allein, dem Markt genug Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern auch danach zu fragen, wie die Marktteilnehmer diese Informationen zu Wissen verarbeiten.¹⁵⁸⁸ Die Informationen müssen nicht möglichst umfassend, sondern optimal sein, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können.¹⁵⁸⁹

bb) Marktlösung – erweiterte Transparenz ausreichend? Zu prüfen ist zunächst, ob, wie gelegentlich vorgebracht, eine Offenlegungspflicht alleine ausreicht, um die negativen Auswirkungen des empty voting zu begrenzen. Dies gilt sowohl für die risikoentleerte Stimmrechtsausübung als auch für das gegenläufige Investment. Frage ist also, ob eine Publizitätspflicht vornehmlich der

 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 406. Hinweis auf die Kosten auch bei Seibt, ZGR 2010, 795, 830.  Grundlegend Grossman/Stiglitz, 70 AER 393, 405 (1980) („There is a fundamental conflict between the efficiency with which markets spread information and the incentives to acquire information“); Schouten, Mandatory Ownership Disclosure, S. 19, 48; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405; Brandt, BKR 2008, 441, 446 f.; v.d. Crone/ Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 3.  Brandt, BKR 2008, 441, 447.  Brandt, BKR 2008, 441, 444.  Siehe zu den Problemen und Kosten der Aktionäre, Information zu handlungsleitendem Wissen zu verarbeiten, schon oben unter Teil 2, II.2. Näher Schmies, in: Engel/Englerth/Lüdemann/Spicker, Recht und Verhalten, S. 165, 176; die Unterscheidung führt jedoch nicht dazu den Publizitätsgedanken als solchen in Frage zu stellen, siehe Paredes, 81 Wash. U. L. Q. 417, 419, 434– 436 (2003).  Fleischer, Gutachten, S. F 46; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 406; Seibt, ZGR 2010, 795, 830 f.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Durchsetzung anderer Mechanismen dient oder durch ihr Abschreckpotenzial allein wirkt. Für eine derartige Lösung, die allein auf das Abschreckungspotenzial von Transparenz vertraut, wird vorgebracht, dass ein Großteil der Marktteilnehmer schon hinreichend von unerwünschtem Verhalten Abstand nehmen würde, wenn er das empty voting offenlegen müsste. Denn viele Unternehmen wollen als gute Investoren erscheinen und haben insofern einen Ruf zu verlieren; sie wollen als „good corporate citizens“ wahrgenommen werden.¹⁵⁹⁰ Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt für alle Investoren. Insbesondere bei Hedge Fonds wird angenommen, sie seien bereit, trotz dieses Reputationsrisikos, ein gegenläufiges Investment einzugehen, um den Wert ihres Portfolios zu maximieren.¹⁵⁹¹ Auch die Vermutung, die Gegenparteien, also beispielsweise die Stillhalter einer Option, könnten bei bestehender Offenlegungspflicht von den Geschäften Abstand nehmen, um sich selbst zu schützen, erscheint nicht wahrscheinlich.¹⁵⁹² Dies würde zum einen voraussetzen, dass die Offenlegung schon vor dem Geschäft verpflichtend ist. Wie Thompson und Edelman, von denen dieser Vorschlag stammt, zum anderen selbst eingestehen, wäre aber auch das prognostizierte Verhalten nicht wahrscheinlich. Denn die große „Hedging-Maschine“ kümmert sich im Regelfall wenig um die gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen ihrer Geschäfte und die konkreten Motive ihrer Gegenpartei.¹⁵⁹³ Insgesamt wird eine Erweiterung der Offenlegungspflichten allein daher zu Recht nicht als ausreichend bzw. nur als notwendige Voraussetzung zur Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente erachtet.¹⁵⁹⁴

 Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 886 (2006). Ähnlich Monga 12, Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 217 f. (2006).  Zweifelnd jedoch Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 886 (2006), die annehmen, dass selbst Hedge Fonds in bei einer Pflicht zur Transparenz unter Umständen vor dem empty voting zurückschrecken.  Geäußert von Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 156 (2009).  Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 157 (2009).  So auch Cohen, 45 Harv. J. on Legis. 237, 251 (2008); Thompson/Edelman, 62 Vand. L. Rev. 129, 158 (2009); Zanoni, Hedge Funds’ Empty Voting, S. 19; Nathan, Empty Voting, S. 7; Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 644. Ebenso der Mazars-Bericht: Transparency Directive Assessment Report, S. 132, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/transpa rency/index_en.htm, zuletzt abgerufen am 15.03. 2011. Vgl. auch Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 886 (2006), die meinen, dass erhöhte Publizität nur der erste Schritt einer Lösung des Problems der risikoentleerten Stimmrechtsausübung sein könnte.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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cc) Regelungsziele eines Transparenzsystems für das empty voting Aus den bisherigen Erkenntnissen lassen sich einige Anforderungen formulieren, denen ein neu zu schaffendes Transparenzsystem gerecht werden muss: Zunächst muss dieses System die Mitaktionäre über mögliche Interessenkonflikte informieren und damit eine wirksame Durchsetzung der gesellschaftsrechtlichen Konfliktlösungsmechanismen (Stimmverbote, Treupflichtlehre und Haftungsrecht) ermöglichen,¹⁵⁹⁵ sowie dadurch eine intensivere Auseinandersetzung mit den Vorschlägen und eine Überprüfung durch die anderen Aktionäre ermöglichen.¹⁵⁹⁶ Wenn Aktionäre, die nur über risikoentleerte Stimmrechte verfügen, einen Vorschlag machen, so kann dieser intensiv diskutiert werden; auch dadurch sinkt die Gefahr des Missbrauchs der risikoentleerten Stimmmacht. Diese Information sichert darüber hinaus die Funktion der Hauptversammlung als Diskussionsforum.¹⁵⁹⁷ Nur wenn die Motive der auftretenden Aktionäre den Mitaktionären bekannt sind, können diese die Vorschläge von Stimmführern richtig einordnen und bewerten. Bevor es zu einer Einflussnahme durch Stimmrechtsausübung kommt, muss die Verwaltung über mögliche Interessenkonflikte von Aktionären (gegenläufiges Investment) informiert werden, damit sie den Versuch einer Beeinflussung der Geschäftspolitik durch diese Aktionäre richtig einschätzen kann. Des Weiteren soll das zu schaffende Transparenzsystem die Marktteilnehmer genauer als die bisher bestehenden Offenlegungspflichten über die Machtverhältnisse in der Gesellschaft bzw. über das hinter dem Stimmrechtseinfluss stehende wirtschaftliche Interesse informieren, damit diese ihre Anlageentscheidung unter voller Information treffen können. Dabei muss der Mehrwert dieser Information die für die Marktteilnehmer durch die zusätzliche Transparenz entstehenden Kosten übersteigen.¹⁵⁹⁸ Zudem soll das Transparenzsystem die Kapitalmarktaufsicht mit Informationen über das Handeln der Marktteilnehmer versorgen und diese in die Lage versetzen, wirksam gegen Insiderhandel, der bei einem Fall des gegenläufigen Investments vorliegt, vorzugehen. Zuletzt sollte es mit Hilfe der Transparenzmeldungen möglich sein, ein genaueres Bild vom Ausmaß des empty voting zu gewinnen, um dann möglicherweise weitere regulatorische Schritte einleiten zu können.

   

Ähnlich Schouten/Siems, Evolution, S. 33. Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 218 (2006). Siehe zu dieser Funktion oben unter Teil 2, III.1. So auch Seibt, ZGR 2010, 795, 830.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

dd) Verschärfung der Transparenzpflichten – verschiedene Ansätze Die Schweiz hat bereits auf das empty voting reagiert und in den letzten Jahren die Offenlegungspflichten kontinuierlich ausgeweitet. Auch in der amerikanischen Diskussion gibt es hierfür detaillierte Vorschläge. Die jeweiligen Regelungen werden im Folgenden kurz dargestellt und daraufhin analysiert, ob sie den soeben formulierten Ansprüchen gerecht werden.

(1) Die neuen Regelungen des Schweizer Rechts In den letzten Jahren hat die Schweiz neue Vorschriften zur Offenlegung der Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft verabschiedet. Maßgeblich sind Art. 20 f. des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) sowie die insoweit auf Grundlage des Art. 20 Abs. 5 Satz 1 BEHG erlassene Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel (BEHV-FINMA).¹⁵⁹⁹ Hintergrund der Reform war eine Reihe von Übernahmen von Schweizer Unternehmen, die zum Teil unter Einsatz von Derivaten vonstatten gingen.¹⁶⁰⁰ In einem ersten Reformschritt wurden durch Änderung der BEHV-FINMA Optionen mit Barausgleich einbezogen sowie eine vorher bestehende Freigrenze von fünf Prozent aufgehoben.¹⁶⁰¹ Im Rahmen der nächsten Neufassung, deren Änderungen im Dezember 2007 in Kraft traten, wurden auch Verkaufspositionen in die Publizitätspflicht einbezogen sowie die Anforderungen an den Mitteilungsinhalt wesentlich erhöht.¹⁶⁰² In einem letzten Schritt wurden durch die Neuregelung der

 Die Art. 20 f. BEHG wurden durch Bundesgesetz von 22. Juni 2007 erlassen und sind im Dezember 2007 in Kraft getreten. Die BEHV-FINMA ist am 25. Oktober 2008 in der momentan gültigen Fassung erlassen worden; zum 1. Januar 2009 erfolgte eine Umbennenung von BEHVEBK in BEHV-FINMA, siehe dazu Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel, Erläuterungsbericht für die Anhörung Juni/Juli 2008, S. 5. Die Verordnung stützt sich, insoweit sie sich auf Meldepflichten bezieht, auf Art. 20 Abs. 5 BEHG, die übrigen Regelungen basieren auf anderen Ermächtigungen.  Siehe Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 785; v.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 2; Kunz, SZW 2008, 280, 282; Jutzi/Schären, Der Schweizer Treuhänder 2009, 570. Zu diesen Fällen auch Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 655 – 58 (2008).  Dazu v .d .Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 10 f.; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 19. Diese Neuregelung betraf das Problem der hidden ownership.  Dazu v.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 11– 15; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 20 f.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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BEHV-FINMA auch die Wertpapierleihe sowie sonstige Finanzinstrumente einbezogen.¹⁶⁰³ Die Regelungen, die die BEHV-FINMA vorsieht, reichen sehr weit. So enthalten Art. 12, 13, 14 und 15 Abs. 1 eine umfangreiche Aufzählung der zu meldenden Erwerbsgegenstände. Im Hinblick auf Finanzinstrumente, die besonders flexibel sind und sich schnell entwickeln sieht Art. 15 Abs. 2 eine Generalklausel für solche Instrumente vor, „die es der berechtigten Person aufgrund ihrer Struktur ermöglichen, Beteiligungspapiere zu erwerben, wenn diese im Hinblick auf ein öffentliches Kaufangebot erworben, veräußert oder eingeräumt (geschrieben) werden“. Während die letztere Regelung eher der Verhinderung der hidden ownership ¹⁶⁰⁴ dient, haben die erstgenannten Offenlegungspflichten Auswirkungen auf das empty voting, da alle Instrumente, die zum Aufbau einer risikoentleerten Position genutzt werden können, offengelegt werden müssen.

(a) Relevante Regelungen Im Einzelnen haben folgende Regelungen des Schweizer Rechts Relevanz für das empty voting.

(aa) Zwei-Topf-Lösung Die Schweizer Regelung geht vor allem in der Frage der Offenlegung von Verkaufspositionen über die momentan gültige europäische und deutsche Regelung hinaus.¹⁶⁰⁵ Denn gemäß Art. 12 Abs. 1 BEHV-FINMA müssen Erwerbspositionen und Veräußerungspositionen „einzeln und unabhängig voneinander“ offengelegt werden. Damit ist nach Schweizer Recht eine Verrechnung der Positionen nicht möglich, es gilt das „Bruttoprinzip“.¹⁶⁰⁶ Demgemäß müssen Erwerbs- und Veräußerungspositionen getrennt voneinander offengelegt werden. Die Offenlegungsschwellen sind dabei symmetrisch ausgestaltet, d. h. sie sind gleich hoch für Long- wie auch für Short-Positionen.

 Siehe Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 1, 22– 24. Zum Wertpapierdarlehen auch Isler/Haas, in: FS Watter, S. 211, 219 – 222.  Siehe zu diesem Problem oben unter Teil 1, I.4. Mit dieser Generalklausel erfolgt die Umstellung auf einen „principle-based-approach“, wie ihn auch die FSA hinsichtlich von derivativen Positionen mit Barausgleich gewählt hat. Siehe schon die Nachweise oben in Fn. 700.  Deswegen wird sie zum Teil auch als zu weitgehend kritisiert, so z. B. von Jutzi/Schären, Der Schweizer Treuhänder 2009, 570, 576.  Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 786.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Hinsichtlich des Erwerbs müssen Aktien und aktienähnliche Anteile,Wandelund Erwerbsrechte, geschriebene Put-Optionen (meldepflichtig ist also der Inhaber der Long-Put-Position, der verspricht, eine Aktie bei Ausübung des Optionsrechts zum vereinbarten Preis abzunehmen), Finanzinstrumente, die wirtschaftlich einen Erwerb ermöglichen, sowie sonstige Finanzinstrumente im Hinblick auf ein öffentliches Kaufangebot gemeldet werden. Die offenzulegenden Veräußerungspositionen enthalten Veräußerungsrechte, eingeräumte Wandel- und Erwerbsrechte sowie Finanzinstrumente, die wirtschaftlich eine Veräußerung ermöglichen. Die Meldepflichten betreffen nur die stimmberechtigten Aktien, vgl. Art. 12 Abs. 2 BEHV-FINMA. Nicht erfasst sind hingegen die aktienähnlichen sog. Partizipationsscheine, die ebenso einen Anteil am Unternehmensgewinn versprechen und mit den deutschen stimmrechtslosen Vorzugsaktien vergleichbar sind.

(bb) Offenlegung von Wertpapierdarlehen Gemäß Art. 14 Abs. 1 BEHV-FINMA sind „Leihgeschäfte und vergleichbare Geschäfte“ meldepflichtig. Die Meldung muss die Information enthalten, dass es sich um ein Leihgeschäft handelt. Absatz 2 beschränkt die Meldepflicht auf die Entleiher; nur sie müssen bei Über- oder Unterschreiten einer Schwelle durch darlehensweise empfangene Aktien eine Meldung machen. Den Darlehensgeber treffen demgegenüber keine Meldepflichten; allerdings rechnen die Aktien, die er darlehensweise überlassen hat, weiter zu seinem Bestand; es kommt also zu einer Doppelzählung, sowohl beim Darlehensgeber als auch beim Darlehensnehmer.¹⁶⁰⁷ Es wurde darauf verzichtet, eine Meldepflicht nur dann zu statuieren, wenn die Absicht des Entleihers besteht, die Stimmrechte auch auszuüben.¹⁶⁰⁸ Unerheblich ist außerdem, wer die Stimmrechte letzten Endes ausübt. Vertragliche Regelungen über die Stimmrechtsausübung, wie beispielsweise eine Bevollmächtigung des Darlehensgebers, spielen somit keine Rolle.

 Dadurch wird verhindert, dass der Darlehensgeber seine überlassenen Aktien als veräußert meldet und später durch die Kündigung des Darlehens auf einen Schlag eine große Position innehat, ohne die vorherigen Erwerbe melden zu müssen, siehe dazu Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel, Erläuterungsbericht für die Anhörung Juni/Juli 2008, S. 10.  Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel, Erläuterungsbericht für die Anhörung Juni/Juli 2008, S. 8.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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Eine Ausnahme von der Meldepflicht gilt nur dann, wenn die Darlehen allein der Liquiditätsbewirtschaftung einer Handelsplattform dienen.¹⁶⁰⁹ Die Meldung, die gemäß Art. 22 BEHV-FINMA gegenüber der zuständigen Meldestelle sowie gegenüber der Gesellschaft selbst abgegeben werden muss, wird im Anschluss von der Gesellschaft dem Markt bekannt gemacht. Diese Meldung muss auch den Meldepflichten auslösenden Sachverhalt, also die Tatsache, dass die Papiere darlehensweise empfangen wurden, enthalten, vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. b BEHVFINMA.

(cc) Offenlegung von Finanzinstrumenten Finanzinstrumente müssen ebenso offengelegt werden, wobei sowohl Erwerbsals auch Veräußerungsrechte erfasst sind. Es wird nicht danach unterschieden, ob die Derivate Realerfüllung oder einen Barausgleich vorsehen. Alle Instrumente müssen offengelegt werden. So verpflichtet Art. 15 Abs. 1 lit. a BEHV-FINMA zur Offenlegung von Erwerbs- und Veräußerungspositionen mit Realerfüllung, Art. 15 Abs. 1 lit. c deckt alle Instrumente mit Barausgleich ab. Optionen werden auch dann erfasst, wenn der Aktionär die Rolle des Stillhalters innehat, es also es nicht von seiner Entscheidung abhängt, ob er die Aktien wird erwerben können, vgl. Art. 15 Abs. 1 lit. b BEHV-FINMA. Verfallen Optionen oder werden diese ausgeübt, so ist das damit verbundene Erreichen oder Unterschreiten weiterer Transparenzschwellen erneut zu melden.¹⁶¹⁰ Bei der Meldung von Optionen ist ferner anzugeben, ob der Kurs des Basiswerts momentan über oder unter dem Ausübungspreis liegt.¹⁶¹¹ Eine Meldung auf Grundlage des Deltas erfolgt hingegen nicht.¹⁶¹²

(dd) Ausnahmen von der Meldepflicht Aufgrund der Dichte des Schweizer Publizitätsregimes, das fast alle Positionen erfasst und den Markt damit umfassend informiert, besteht die Gefahr einer

 Zu den Hintergründen, vor allem dem Bestreben, die Schweizerische Nationalbank von der Meldepflicht auszunehmen, siehe Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel, Erläuterungsbericht für die Anhörung Juni/Juli 2008, S. 11.  Kritisch zu daraus resultierenden Überlagerungen und Doppelmeldungen Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 796.  V.d. Crone/Bilek/Hirschle, SZW 2008, 1, 12 f.  Siehe dazu kritisch Renn, SZW 2010, 186, 202, der demgegenüber eine Meldung auf Grundlage des Optionsdeltas vorschlägt.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Meldungsflut, die vom Markt nicht mehr angemessen entschlüsselt werden kann. Deswegen werden Banken und Effektenhändler in bestimmten Fällen privilegiert, vgl. Art. 18 BEHV-FINMA. Diese müssen sowohl Erwerbs- als auch Veräußerungspositionen nicht offenlegen, wenn sie fünf Prozent nicht übersteigen und im Handelsbestand gehalten werden. Dasselbe gilt für Wertpapierdarlehen und vergleichbare Geschäfte. Auch kurzfristige Positionen, die zur Abwicklung und zur Abrechnung dienen, müssen, solange sie während nur drei Börsentagen gehalten werden, nicht gemeldet werden. Diese Ausnahme besteht allerdings gemäß Art. 18 Abs. 2 BEHVFINMA unter dem Vorbehalt, dass der Inhaber nicht die Absicht hegt, die Stimmrechte auszuüben oder anderweitig auf die Geschäftsführung einzuwirken. Außerdem darf der Gesamtstimmrechtsanteil zehn Prozent nicht übersteigen.

(ee) Offenlegungsregime in Übernahmesituationen Gemäß Art. 19 BEHV-FINMA findet in Übernahmeverfahren allein das achte Kapitel der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV) Anwendung. Deren Artikel 40 verweist hinsichtlich der erfassten Instrumente zurück auf die Art. 9 – 18 BEHV-FINMA; allerdings sind im Rahmen des Übernahmerechts nicht nur bestimmte Beteiligungen, sondern alle stattfindenden Transaktionen bezüglich der Aktien zu melden.¹⁶¹³ Ansonsten unterscheiden sich die Regime jedoch nur hinsichtlich der Rechtsfolgen. Die Meldungen müssen in dieser Zeit nicht gegenüber der Gesellschaft und der zuständigen Übernahmestelle, sondern gegenüber der Übernahmekommission und der zuständigen Übernahmestelle gemacht werden, vgl. Art. 38, 42 UEV. Die Übernahmekommission veröffentlicht dann die einzelnen Transaktionen. Die Meldung muss zudem nicht erst innerhalb von vier Tagen, wie von Art. 22 Abs. 1 BEHV-FINMA vorgesehen, sondern täglich erfolgen, vgl. Art. 41 UEV. Somit ist eine ständige Information des Marktes über den Stand des Übernahmeverfahrens gewährleistet.

(b) Bewertung des Regimes zur Verhinderung des empty voting Die Pflicht sowohl Long- als auch Short-Positionen publik zu machen, hat zur Folge, dass eine Verrechnung nicht möglich ist; somit kann bei Überschreiten der jeweiligen Transparenzschwellen genau beurteilt werden, wie das Verhältnis von ökonomischem Risiko und Stimmmacht ausgestaltet ist. Die Zwei-Topf-Lösung des

 Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 787.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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Schweizer Rechts ermöglicht eine genaue Abschätzung des wirtschaftlichen Interesses in der Aktiengesellschaft. Ein Aktionär, der also seine Stimmrechte ohne das verbundene Risiko ausüben möchte, kann nicht beide Seiten verrechnen und dann zum Ergebnis kommen, überhaupt nicht offenlegungspflichtig zu sein, wie es beim netting der Fall ist, welches beim Transparenzregime für Netto-Leerverkaufspositionen zur Anwendung kommt.¹⁶¹⁴ Die Zulassung des netting würde die gewünschte Erhöhung der Beteiligungstransparenz verhindern.¹⁶¹⁵ Nach dem neuen System wird dem Markt und den beteiligten Parteien somit ermöglicht, abzuschätzen, mit welchem Interesse ein Aktionär sein Stimmrecht ausübt und welche wirtschaftlichen Interessen bestehen.¹⁶¹⁶ Hinsichtlich der risikoentleerten Stimmrechte ist durch die Offenlegung erkennbar, wenn ein Aktionär nicht das volle wirtschaftliche Risiko trägt und welches verbleibende Interesse an der Stimmgesellschaft er noch hat. Ebenfalls erkennbar sind die Fälle des negativen gegenläufigen Investments, solange diese auf einer direkten Absicherung beruhen. Sobald eine indirekte Absicherung hinzutritt und dadurch ein gegenläufiges Investment entsteht, ermöglicht umfassende Transparenz über Beteiligungen an anderen Unternehmungen die Abschätzung, ob ein Interessenkonflikt vorliegt. Allerdings ist fraglich, ob eine derartig weitgehende Offenlegung der Short-Positionen notwendig ist. Aus der Gesetzesbegründung geht nicht genau hervor, welchen Mehrwert diese Information nach Ansicht des Gesetzgebers für die interessierten Gruppen hat. Insofern ist die vom Schweizer Recht angeordnete Offenlegung zu weitgehend. Das Schweizer Publizitätsregime erfüllt grundsätzlich die oben genannten Anforderungen und scheint geeignet, Fälle des empty voting zu erfassen. Allerdings scheinen die Regelungen, insbesondere hinsichtlich der Offenlegung von Short-Positionen, als zu weitgehend und erzeugen damit unnötige Kosten und Meldungen, die keine Relevanz für den Kapitalmarkt haben. Die Regelungen könnten auch der Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente dienen. Dies stellt in der Schweiz allerdings ein Problem dar, da das Schweizer Recht keine starren und flexiblen Stimmrechtsschranken kennt.¹⁶¹⁷  Siehe dazu oben unter Teil 3, II.4.  Weber, in: FS von Büren, S. 769, 777.  Weber, in: FS von Büren, S. 769, 777.  So gibt es im Schweizer Recht bei der Stimmrechtsausübung keine Treufplichtbindung, siehe Urteil des Schweizer Bundesgerichts, 4C.143/2003 vom 14. Oktober 2003 („Aktionäre [sind] bei ihrer Stimmabgabe nicht gehalten, ein übergeordnetes Gesellschaftsinteresse zu wahren“); Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 30, mit umfassenden Nachweisen in Fn. 69, S. 1801– 1803; Nobel, SZW 2008, 175, 177; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 33. In Frage kommt eine Lösung über die Figur des Rechtsmissbrauchs, siehe dazu Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 33. Daneben wird diskutiert, ob die Gesellschaft, zumindest bei Namensaktien, dem Aktionär,

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(2) Vorschläge zu den amerikanischen Transparenzpflichten Schon in ihrem ersten größeren Aufsatz zum empty voting haben Bernhard Black und Henry Hu gefordert, das amerikanische Transparenzsystem müsse umfassend reformiert werden.¹⁶¹⁸

(a) Grundsätzliche Regelungsziele Ziel ihres Vorschlags war eine bessere Information der Regulierungsbehörden über das Ausmaß des empty voting und die daraus für die Corporate Governance resultierenden Folgen.¹⁶¹⁹ Grundsätzlich sollten dabei vier Punkte erheblich sein. Zum einen sollte das System in sich konsistent sein, d. h. verschiedene Gestaltungen gleich behandeln, die die gleichen Auswirkungen haben. Es sollte so weit gehen, dass die Fälle des empty voting tatsächlich erfasst werden; allerdings sollten dadurch möglichst wenig weitere Kosten für Investoren entstehen. Eine weitere Forderung ist die Symmetrie des Systems, d. h. die Gleichbehandlung von Long- und Short-Positionen. Zuletzt stellen Hu und Black die Forderung auf, dass das neue System erheblich vereinfacht werden müsse, und kritisieren das bestehende amerikanische Publizitätsregime mit seinen zahlreichen Kategorien, Ausnahmen und Rückausnahmen.¹⁶²⁰ Für die vorliegende Untersuchung sind die Einzelheiten der Reformvorschläge, die auf eine grundlegende Neuordnung des amerikanischen Offenlegungssystems abzielen, nicht von Bedeutung.¹⁶²¹ Entscheidend ist allein, welche Positionen das geplante System erfassen soll und in welchem Umfang diese offengelegt werden sollen.

(b) Relevante Eckpunkte der Neuregelung Grundsätzlich enthält das vorgeschlagene Modell vor allem drei Punkte, die für das empty voting relevant sind. Diese werden im Folgenden diskutiert.

der risikoentleerte Stimmrechte hält, die Eintragung in das Aktienbuch verweigern darf. Dafür Dubs/Brügger, SZW 2007, 282 ff.; Watter/Hinsen, in: Tschäni, M&A XI, S. 31. Unentschlossen Isler/ Haas, in: FS Watter, S. 211, 223 f. Aufgrund der Rechtsunsicherheit und der Nichterfassung von bestimmten Derivaten zweifelnd Bertschinger, SZW 2008, 208, 212– 214.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 819 pp (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 819 (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 819 – 20 (2006); Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 683 (2008).  Siehe die umfassende Darstellung bei Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 864– 886 (2006); Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 682– 694 (2008).

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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(aa) Gleichbehandlung mit anderen disproportionalen Gestaltungen Zentrale Forderung ist, dass disproportionale Gestaltungen generell offengelegt werden sollten. Satzungsmäßig bestehende disproportionale Gestaltungen sind bekannt, so dass diese von den Anlegern und den Mitaktionären eingeschätzt und bei der Investitionsentscheidung berücksichtigt werden können. Somit müssten sie auch im Falle von risikoentleerten Stimmrechten offengelegt werden. Dies steht im Einklang mit den erarbeiteten Grundsätzen zur Disproportionalität im deutschen Aktienrecht.¹⁶²² Die beiden Wissenschaftler fordern eine Offenlegung von Positionen, die am Record Date einer Aktiengesellschaft bestehen. Betroffen sind sowohl Derivate als auch darlehensweise empfangene Aktien. Dazu soll offengelegt werden, wie viele der Stimmrechte ausgeübt wurden.¹⁶²³ Allerdings soll es zu einer Offenlegung nur dann kommen, wenn Stimmmacht in und ökonomisches Interesse an der Gesellschaft auseinanderfallen.¹⁶²⁴ Um nicht eine übermäßige Meldungsflut auszulösen und legitime Absicherungsstrategien nicht zu erfassen, fordern Hu und Black eine Offenlegung erst dann, wenn die Stimmmacht das wirtschaftliche Eigentum um 0,5 % übersteigt.¹⁶²⁵ Sobald diese Schwelle überschritten wird, muss die Öffentlichkeit über das Bestehen einer disproportionalen Struktur informiert werden, anderenfalls muss eine Meldung nicht erfolgen.

(bb) Anknüpfung an wirtschaftliches Eigentum und Stimmrechte für Long- und Short-Positionen Angeknüpft werden soll dabei sowohl an das wirtschaftliche Interesse als auch an die Stimmmacht, wobei Short- und Long-Positionen gleichermaßen offengelegt werden sollen. Da Short-Positionen keine Stimmrechte vermitteln, bedeutet dies, dass alle zur Abstimmung berechtigenden Aktien offengelegt werden müssen ebenso wie alle Positionen, die in Bezug auf die Aktien der Gesellschaft ansonsten bestehen. Eine Verrechnung der Positionen im Sinne eines netting-Systems ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Wie im Schweizer System wird dies damit begründet, dass ansonsten das tatsächliche ökonomische Interesse nicht erkennbar wäre.¹⁶²⁶

 Siehe dazu oben unter Teil 4, II.1. Ähnlich Monga, 12 Stan. J.L. Bus. & Fin. 186, 217 f. (2006), der sich für eine Offenlegung von disproportionalen Strukturen ausspricht, damit der Markt entscheiden könne.  Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 693 (2008).  Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 683 (2008).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 885 (2006); Hu/Black, 156 U. Pa. L. Rev. 625, 692 (2008).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 882 (2006).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Hinsichtlich der Erfassung von Derivaten, die mit Zeitablauf ihren Wert ändern, stellen Hu und Black nicht auf das Optionsdelta ab, anders als beispielsweise die FSA. Diese fordert die ständige Neuberechnung der Position und bei Überschreiten eines Schwellenwertes aufgrund veränderter Berechnung eine erneute Offenlegung (disclosure on delta-adjusted basis).¹⁶²⁷ Hu und Black sehen bei einer derartigen Anknüpfung die Gefahr, dass die ständige Anpassung mit zu hohen Kosten für die Marktteilnehmer verbunden ist, weil diese ständig ihre Positionen neu berechnen und neu melden müssten. Dies sei unnötig komplex und teuer.¹⁶²⁸ Der Vorschlag von Hu und Black sieht demgegenüber eine einfachere Anknüpfungsregel vor und verlangt eine Offenlegung nicht in Abhängigkeit des OptionsDeltas, sondern in Stücken (disclosure on nominal basis). Damit ist gemeint, dass nicht das mit der Option verbundene Risiko berechnet werden soll, sondern dass im Rahmen des Offenlegungsrechts eine Call-Option als eine Long-Position gilt und eine Put-Option als Short-Position.¹⁶²⁹ Dies entspricht der Gleichsetzung des Optionsdeltas mit einem Wert von eins.¹⁶³⁰ An diesem Ansatz wird kritisiert, dass damit keine genaue Information über das tatsächliche ökonomische Interesse entstehe.¹⁶³¹ Ein an das Delta anknüpfendes System erscheint für die Beurteilung des ökonomischen Interesses beim empty voting geeigneter als die Annahme eines Deltas von eins, da nur dadurch Derivatepositionen angemessen wiedergegeben werden. Würde man beispielsweise sowohl Put- als auch Call-Optionen unabhängig von ihrem Strike-Price und der Restlaufzeit immer mit demselben Wert wie den Kauf oder den Leerverkauf einer Aktie in die Berechnung der Position einstellen, dann könnte ein vollkommen falsches Bild entstehen. Eine Option, die weit „out of the money“ ist und deren Wert daher gegen Null tendiert, hat andere Auswirkungen auf die Anreizstruktur (sie spielt letztlich keine Rolle, da sie ohnehin verfällt), als eine Option, die „in the money“ bzw. bei der der Aktienkurs zumindest nahe am Strike-Price ist (hier haben schon geringe Kursveränderungen eine signifikante Bedeutung für die mögliche Rendite). Zwar besteht hinsichtlich des Deltas gewisse Uneinheitlichkeit, da die Annahmen von den Marktteilnehmern selbst getroffen werden und somit schwanken können. Hinsichtlich der Stimmrechtsausübung könnte man es als Vorteil erachten, wenn der Aktionär selbst beurteilt, wann seiner Annahme

 Financial Services Authority, Policy Statement 09/3, Disclosure of Contracts for Difference, March 2009, S. 8.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 883 (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 883 (2006).  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 883 (2006).  Financial Services Authority, Policy Statement 09/3, Disclosure of Contracts for Difference, March 2009, S. 6.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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nach eine disproportionale Struktur vorliegt; denn der Aktionär wird sein Verhalten gegenüber der Aktiengesellschaft an seiner eigenen Prognose über die Zukunft orientieren und somit auch wissen, wann ein Anreiz zur Wertsteigerung nur noch vermindert gegeben ist. Auch wenn die Gefahr des „Schönrechnens“ durch das Zugrundelegen von abwegigen Annahmen besteht, so ist diese Bemessung jedoch vorzugswürdig gegenüber einer Situation, in welcher das wirtschaftliche Interesse, das offengelegt werden muss, beliebig durch den Kauf von Optionen, die weit „out of the money“ und daher sehr günstig sind, nach eigenen Vorstellungen justiert werden kann. Zwar ist bei Zugrundelegung des Deltas eine ständige Neuberechnung der Positionen mit verändertem Zeitablauf notwendig, was einen immensen Aufwand für die Meldepflichtigen bedeutet.¹⁶³² Dem kann allerdings insofern entgegengewirkt werden, dass nur dann eine Offenlegung stattfinden muss, wenn tatsächlich eine disproportionale Struktur von einiger Signifikanz entsteht, d. h. wenn ökonomisches Interesse und Stimmmacht wesentlich auseinanderfallen und mehr Stimmrechte ausgeübt werden können, als es dem ökonomischen Interesse entspricht.¹⁶³³ Ist dies der Fall, so müssen der Markt und die Mitaktionäre über die besondere Anreizsituation informiert werden. Diese Pflicht stellt aufgrund der Einführung des § 30i WpHG keine unzumutbare Belastung dar. Denn werden Short-Positionen gehalten, so muss ohnehin eine Berechnung des wirtschaftlichen Interesses im Rahmen dieser Vorschrift vorgenommen werden. Die Feststellung einer bestehenden Diskrepanz zwischen Stimmrechten und wirtschaftlichem Interesse ist insofern ohne größeren Arbeitsaufwand möglich.

(cc) Symmetrisches System Hu und Black befürworten zudem ein symmetrisches System der Offenlegung, d. h. dass sowohl Short- als auch Long-Positionen offengelegt werden müssen und zwar mit jeweils gleich hohen Offenlegungsschwellen.¹⁶³⁴ Das vorgeschlagene System soll unabhängig vom Besitz stimmberechtigter Aktien sein, d. h. dass eine ShortPosition, wie beispielsweise das Halten von Put-Optionen, die sich auf eine bestimmte Zahl von Aktien beziehen, offengelegt werden muss. Damit soll zum einen das System möglichst einfach gehalten werden. Zum anderen sollen damit auch

 Aus diesem Grund und wegen der mangelnden Einheitlichkeit der Delta-Berechnung kritisch Seibt, ZGR 2010, 795, 832 f.  Denn nur dann kommt es überhaupt zu risikoentleerten Stimmrechten und den geschilderten Gefahren. Für eine Beschränkung auf Fälle, in denen tatsächlich eine Gefahr droht, auch Seibt, ZGR 2010, 795, 830.  Hu/Black, 79 S. Cal. L. Rev. 811, 878 (2006).

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

die Fälle der Entkoppelung mittels einer indirekten Absicherung abgedeckt werden. Dass dies notwendig ist, zeigt der Fall der Deutschen Börse. Hätte hier die reine Short-Position der Hedge Fonds auch offengelegt werden müssen, dann wäre die Beurteilung der Übernahme der London Stock Exchange vielleicht anders ausgefallen. Insgesamt soll ein umfassendes Bild der Beteiligungen gezeichnet werden. Die Schaffung eines symmetrischen Systems entspricht der Schweizer Neuregelung mit seiner Zwei-Topf-Lösung, nicht hingegen der deutschen Neuregelung zur Transparenz von Leerverkäufen. Dies erklärt sich wiederum aus dem Zweck des Offenlegungssystems, das auf einen Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes zielt und nicht das empty voting verhindern will. So sind in diesem System Schwellen vorgesehen, die deutlich unter denen des bestehenden Transparenzregimes liegen. Eine Netto-Leerverkaufsposition, die 0,2 % der von der Gesellschaft emittierten Aktien betrifft, muss an die BaFin gemeldet werden, eine Position ab 0,5 % dem Markt bekannt gegeben werden,¹⁶³⁵ da sich schon ab geringeren Leerverkaufspositionen Auswirkungen auf den Aktienkurs ergeben können, die negative Folgen der Marktstörung und der erhöhten Manipulationsgefahr zeitigen können. Allerdings ist die Überlegung, dass eine Symmetrie der Beteiligungsschwellen das System vereinfacht, nicht unbedingt einleuchtend. Denn es wird keinen übermäßigen zusätzlichen Aufwand bedeuten, zwischen den Kauf- und den Verkaufspositionen zu unterscheiden. Dazu ist die Symmetrie des Systems nicht zwingend. Die für das Offenlegungsregime von Long-Positionen gewählten Schwellenwerte hängen mit gesellschaftsrechtlichen Schwellen zusammen, ab denen bestimmte Maßnahmen durchgesetzt werden können. So ist z. B. mit 10 % das Quorum für die Minderheitenrechte angesprochen, mit 25 % kann eine Satzungsänderung verhindert werden. 50 % entsprechen der Mehrheit, 75 % der qualifizierten Mehrheit, die beispielsweise für eine Satzungsänderung notwendig ist. 30 % entsprechen der Schwelle zum Pflichtangebot im Übernahmerecht, nur die 3, 5 und 20 %-Schwellen haben keine Anknüpfungspunkte und sind somit allein durch das Kapitalmarktrecht bedingt.¹⁶³⁶ Letztere lassen sich aber daraus erklären, dass auch mit deutlich niedrigerem Aktienbesitz auf einer Hauptversammlung faktisch die entsprechenden Quoren erreicht werden können.¹⁶³⁷ Zu-

 Siehe dazu Mock, WM 2010, 2248, 2255 f., sowie schon oben unter Teil 3, II.4.  Auf diesen Zusammenhang weist auch Weber, in: FS von Büren, S. 769, 781, hin.  Dies übersieht Weber, in: FS von Büren, S. 769, 781. Dies zeigt auch die mit 30 % angesetzte Schwelle beim Pflichtangebot des WpÜG. Würde man nur auf die gesellschaftsrechtlichen Schwellen abstellen, so wäre diese niedrige Schwelle nicht gerechtfertigt, da sie de facto keinerlei größere Änderungen erlaubt.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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dem sind die unter zehn Prozent liegenden Schwellen dadurch bedingt, dass der Markt früh von einem Übernahmeversuch unterrichtet werden soll. Alle diese Überlegungen greifen hingegen bei der Offenlegung von Short-Positionen nicht. Der Inhaber einer Short-Position von zehn Prozent kann auf die Gesellschaft keinen Einfluss ausüben. Ein symmetrisches System ist also für die Bewältigung des empty voting nicht unbedingt notwendig. Auch eine wesentliche Vereinfachung ist davon nicht zu erwarten, da eine Unterscheidung zwischen Short- und Long-Positionen keine größeren Schwierigkeiten bedeutet.

(c) Zusammenfassung Das von Hu und Black vorgeschlagene System zielt vornehmlich darauf ab, disproportionale Strukturen aufzudecken und dadurch Aktionäre und Marktteilnehmer über die veränderte Anreizsituation zu informieren. Es sieht dabei eine doppelte Anknüpfung einerseits an Stimmrechte und andererseits an das ökonomische Interesse vor. Letzteres soll im Hinblick auf Derivate nicht auf einer delta-gestützten Berechnung angegeben werden, sondern soll einzelne Derivate mit einem Delta von eins zugrundelegen. Allerdings ist eine Berücksichtigung des Deltas vorzuziehen, da dadurch das ökonomische Interesse genauer bemessen werden kann. Auch die vorgeschlagene Symmetrie des Transparenzsystems ist nicht notwendig. Denn Short-Positionen vermitteln keine Einflussmöglichkeiten, so dass eine Anknüpfung an gesellschaftsrechtliche Schwellen nicht sinnvoll ist.

ee) Prinzipien eines Transparenzsystems, das das empty voting erfasst Aus diesen Erkenntnissen und den definierten Zielen lassen sich folgende Leitlinien für ein Transparenzsystem formulieren, das die verschiedenen Konstellationen des empty voting verarbeitet und dem Kapitalmarkt sowie den Mitaktionären und der Verwaltung Informationen über die Interessen der einzelnen Aktionäre liefert.

(1) Doppelanküpfung an Stimmrecht und wirtschaftliches Interesse Zur Erfassung des empty voting ist eine Doppelanknüpfung notwendig, die einerseits die Stimmmacht berücksichtigt und andererseits auch das wirtschaftliche Interesse bemisst. Diese doppelte Anknüpfung hat mit der Einführung des § 30i WpHG bereits Eingang in das deutsche Recht gefunden. Nur mittels einer doppelten Anknüpfung lassen sich risikoentleerte Stimmrechte feststellen und daran

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

anschließend Rechtsfolgen knüpfen. Dies entspricht einem internationalen Trend und ist eine Antwort auf die veränderte Anreizstruktur, die sich für Aktionäre börsennotierter Aktiengesellschaften ergibt.¹⁶³⁸ Über diese veränderte Anreizstruktur müssen auch Verwaltung und Mitaktionäre informiert werden, um das Verhalten von Aktionären richtig einschätzen zu können und entsprechend mit diesen zu verhandeln bzw. gerichtlich gegen deren Verhalten vorgehen zu können. Wird eine legitime aktive Aktionärsstrategie verfolgt, so kann der risikoentleert Abstimmende oder Einflussnehmende erklären, weshalb die Umsetzung seiner Vorschläge eine Wertsteigerung bedeuten würde. Bestehen hingegen Zweifel an der Legitimität der Strategie, so können Verwaltung und Mitaktionäre darauf hinweisen. Im Zusammenspiel mit den vorgeschlagenen Stimmverboten beim Bestehen eines gegenläufigen Investment, kann sich somit Vertrauen in die Vorschläge von aktiven Aktionären bilden, diese können im Interesse aller Aktionäre Kontrolle über die Verwaltung ausüben.

(2) Bemessung der Stimmmacht und des wirtschaftlichen Interesses Die Bemessung der Kontrolle sollte weiterhin auf Basis der Stimmrechte und der Möglichkeit, die Stimmabgabe anderer zu beeinflussen, beurteilt werden. Anknüpfungspunkt für die Bemessung bei der Bewertung von risikoentleerten Stimmrechten sollte in diesem Zusammenhang die Transparenzpflicht des § 21 Abs. 1 WpHG sein und deren Erweiterungen nach § 22 WpHG. Nur bei diesen Sachverhalten ist eine hinreichende Möglichkeit der Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung gegeben. Ausgenommen werden sollten für die Bemessung der Stimmmacht allerdings die Fälle des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG, da hier nur eine Option besteht und noch keine tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme. Die Anwartschaft bzw. faktische Erwerbschance auf Stimmrechtsaktien, die im Rahmen von § 25 bzw. § 25a WpHG offengelegt werden muss, spielt demgegenüber bei der Bemessung der Stimmmacht keine Rolle, da diese noch keine Kontrolle vermittelt. Das ökonomische Interesse wird demgegenüber mittels einer Interessenbilanz errechnet. Optionen werden dabei nicht mit einem Wert von eins eingestellt, sondern sie werden auf Basis des Options-Deltas bemessen. Dies gewährleistet eine möglichst weitgehende Annäherung an das weiterhin getragene Risiko und

 Auch bei der Diskussion um die Neufassung der Transparenzrichtlinie, wird eine derartige Anknüpfung erwogen, siehe dazu Commission Staff Working Document, The review of the operation of Directive 2004/109/EC, emerging issues, S. 86, abrufbar unter http://ec.europa.eu/ internal_market/securities/docs/transparency/directive/sec-2010_611_en.pdf, zuletzt abgerufen am 15.03. 2011.

III. Ansätze zur Lösung de lege ferenda

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liefert somit ein detailliertes Bild vom Interesse des Aktionärs. Beim wirtschaftlichen Interesse müssen zudem Rückgewähransprüche aus Wertpapierdarlehen als Short-Positionen berücksichtig werden. Dies unterscheidet die Berechnung von der Berechnung der „Netto-Leerverkaufsposition“ in § 30i WpHG.

(3) Kein symmetrisches System Es ist kein symmetrisches System der Offenlegung notwendig. Denn mit ShortPositionen sind keine gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten verbunden. Die vom bisher bestehenden System vorgesehenen Schwellen machen für ShortPositionen daher keinen Sinn. Insofern genügt die von § 30i WpHG statuierte Offenlegungspflicht für Netto-Leerverkaufspositionen, um Short-Positionen zu erfassen. Eine genaue Aufschlüsselung der Verkaufspositionen, wie beispielsweise im Schweizer Recht verwirklicht, ist nicht notwendig, da sie keine zusätzliche relevante Information liefert. Entscheidend für die Behandlung ist alleine die Disproportionalität von Stimmmacht und wirtschaftlichem Interesse.

(4) Offenlegung erst bei signifikanter disproportionaler Anreizstruktur Erst bei einer signifikanten Abweichung von Stimmmacht und wirtschaftlichem Interesse muss diese Disproportionalität offengelegt werden. Dies ist sinnvoll, damit geringe Änderungen im wirtschaftlichen Interesse, wie sie durch Absicherung geschehen können, nicht zu einer Meldepflicht führen.¹⁶³⁹ Ansonsten wäre auch der Darlehensnehmer eines Aktiendarlehens, der die Aktien im Rahmen eines Kettendarlehens weiterübereignet, erfasst.¹⁶⁴⁰ Diese Schwelle sollte bei drei Prozent Diskrepanz angesetzt werden.¹⁶⁴¹ Dies scheint als erste Annäherung geeignet. Denn erst beim Bestehen einer hinreichend großen Position kann auf die Gesellschaft eingewirkt werden und besteht die Gefahr einer wertmindernden Einflussnahme. Außerdem ist diese Schwelle hoch genug, um alle Kleinaktionäre und Fonds, die lediglich reguläre Absicherungsstrategien betreiben, von der Offenlegungspflicht aufgrund von disproportionaler Struktur auszunehmen. Sollte sich im Zeitablauf erweisen, dass diese Schwelle zu hoch oder zu niedrig angesetzt ist, muss sie nachjustiert werden.¹⁶⁴²

 So auch, allerdings beschränkt auf Wertpapierdarlehen, Merkner/Sustmann, NZG 2010, 1170, 1172 f.  Merkner/Sustmann, NZG 2010, 1170, 1172 f.  Seibt, ZGR 2010, 795, 831.  Siehe zur Problematik der Festlegung von Schwellenwerten schon die Nachweise in Fn. 1546.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

(5) Zeitpunkt der Offenlegung und Rechtsfolgen einer unterlassenen Offenlegung Die Offenlegung einer disproportionalen Struktur liefert zusätzliche Informationen über die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft und damit über die Überwachung der Verwaltung durch Aktionäre mit größerer Stimmmacht. Sie ist somit der Offenlegungspflicht nach § 21 WpHG verwandt. Somit muss die Meldung „unverzüglich“, spätestens jedoch nach vier Handelstagen erfolgen. Um zu verhindern, dass ein Aktionär sein wirtschaftliches Interesse vor der Abstimmung noch verändert und dies nicht offengelegt hat, sollte der Versammlungsleiter eine Abfrage durchführen und vor dem Beginn der Sachdiskussionen, gemeinsam mit der Erklärung über die Einhaltung des Stimmverbotes¹⁶⁴³, eine Erklärung der abstimmenden Aktionäre einholen, dass sie der Publizitätspflicht hinsichtlich Diskrepanzen von wirtschaftlichem Interesse und Stimmmacht nachgekommen sind.¹⁶⁴⁴ Die Nichtoffenlegung der Disproportionalität sollte doppelt sanktioniert werden. Einerseits im Rahmen der auch für § 21 WpHG geltenden Ordnungswidrigkeitentatbestände, anderseits durch ein Stimmverbot für alle Aktien, die der Aktionär hält. Diese Sanktion erklärt sich daraus, dass bei mangelnder Offenlegung ein versuchter Missbrauch der Stimmrechte zur Verfolgung gesellschaftsfremder Zwecke nahe liegt. Um diesen zu verhindern, verliert der Aktionär sein Stimmrecht. Hat er bereits abgestimmt, so ist fraglich, ob der Beschluss anfechtbar sein sollte. Dies sollte davon abhängig sein, ob der Aktionär wesentlich auf die Hauptversammlungsdiskussion eingewirkt hat und somit seine Beiträge vor dem Hintergrund seiner verzerrten Anreizstruktur von den Mitaktionären nicht entsprechend bewertet werden konnten.

(6) Erfassung der indirekten Absicherungen Ein Problem stellt in diesem Zusammenhang die Erfassung von indirekten Absicherungen dar. Diese lassen sich nicht sinnvoll in eine spezifisch auf das empty voting zugeschnittene Transparenzregelung fassen. Allerdings müssen Long- und Short-Position im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften offengelegt werden (§§ 21, 25, 25a, 27a, 30i WpHG). Somit wird für den Markt erkennbar, wenn ein Aktionär hinsichtlich derartiger Beteiligungen konfligiert ist. Dazu ist auch ausreichend, dass die Netto Siehe dazu oben unter Teil 5, III.2.  Ähnlicher Vorschlag im Mazars-Bericht: Transparency Directive Assessment Report, S. 131 f., abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/transparency/index_en. htm, zuletzt abgerufen am 15.03. 2011.

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Leerverkaufsposition offengelegt werden muss, denn aus dieser lässt sich schließen, ob eine Position besteht, die zu einem Interessenkonflikt führen kann. Mit dieser Information können die Aktionäre die flexible Stimmrechtsschranke der Treupflicht durchsetzen.

b) Verbot der Marktmanipulation und Insiderhandelsverbot Hinsichtlich der Straftatbestände des WpHG ergibt sich kein Änderungsbedarf. Das Insiderhandelsverbot erfasst nach geltender Rechtslage bereits die Fälle des gegenläufigen Investments und sanktioniert so das Verhalten des Aktionärs der Stimmgesellschaft, der mit dem Wissen um sein Abstimmungsverhalten auf Kosten anderer Markteilnehmer Gewinne erzielen möchte.¹⁶⁴⁵ Eine Anpassung dieser Tatbestände ist insofern nicht notwendig.

4. Zusammenfassung Um die Gefahren des empty voting zu bannen, gleichzeitig aber positive Effekte zumindest nicht vollständig auszuschließen, sollte das Gesetz in einigen Punkten modifiziert werden. Aufgrund nicht vorhersehbarer Wirkungen sowie unzureichender Effektivität sollte von einer indirekten Regelung durch Besteuerung oder Beschränkung von Derivate-Verträgen und Wertpapierdarlehen abgesehen werden. Wesentlich ist es, den Aktionär bei einem bestehenden gegenläufigen Investment von der Abstimmung auszuschließen und bei risikoentleerten Stimmrechten die Gefahren einzudämmen und zusätzlich Transparenz zu schaffen. Dabei sollte ein Stimmverbot bei einem negativen gegenläufigen Investment, das auf einer direkten Absicherung beruht, eingeführt werden. Die anderen Fälle des gegenläufigen Investments können weiterhin mit der Treupflichtlehre bewältigt werden. Risikoentleerte Stimmrechte sollten demgegenüber prinzipiell zugelassen werden bzw. es sollte von den Aktionären der Aktiengesellschaft selbst entschieden werden, ob deren Ausübung zulässig ist. Zur Rückbindung des Abstimmenden an die Interessen der anderen Aktionäre sollten risikoentleerte Stimmrechte jedenfalls nur ausgeübt werden können, wenn ein bestimmter Anteil des wirtschaftlichen Risikos noch selbst getragen wird. Zudem ist Transparenz über die disproportionalen Strukturen notwendig, damit Mitaktionäre und Verwaltung über die veränderte Anreizstruktur des Aktionärs informiert sind. Insofern sollte in Anlehnung an die in §§ 21 f. WpHG normierte Regelpublizität eine

 Siehe dazu oben unter Teil 3, III.3.

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Teil 5: Lösungsansätze für das Empty Voting

Pflicht geschaffen werden, eine Disproportionalität zwischen wirtschaftlichem Interesse und Stimmmacht offenzulegen.

Teil 6: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick I. Zusammenfassung Das rechtliche und tatsächliche Umfeld, in dem sich die Aktiengesellschaft bewegt, hat sich seit Schaffung dieser Rechtsform in vielerlei Hinsicht gewandelt. Ausgangspunkt ist nach wie vor der Konflikt zwischen den Aktionären als Eigentümern des Unternehmens und der Verwaltung, die die Möglichkeit hat, die Ressourcen des Unternehmens zu eigenen Zwecken zu missbrauchen. Weder der Gütermarkt, noch der Markt für Managementleistungen noch der Markt für Finanzierung vermögen diesen Konflikt in einem Sinne der eigentümerorientierten Unternehmensführung zu steuern. In den letzten Jahren konzentrierte sich die rechtswissenschaftliche Diskussion bezüglich dieses Principal-Agent-Konfliktes vornehmlich auf den Markt für Unternehmenskontrolle; aber auch dieser weist diverse Mängel, wie eine gewisse Trägheit sowie die Möglichkeit des Managements, Übernahmen und damit die eigene Auswechslung zu erschweren, auf. Auf diesem Hintergrund ist der zentrale Governance-Mechanismus der Aktionärskontrolle wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt: die Stimmrechtsausübung. Dabei handelt es sich um das zentrale Verwaltungsrecht der Aktionäre, das diesen eine Anpassung der Gesellschaft an veränderte Umstände sowie eine Lückenfüllung bei nicht erwarteten Konstellationen ermöglicht. Zudem dient das Stimmrecht zur Überwachung der Verwaltung und gibt den Aktionären die Möglichkeit, im Falle des Missmanagements das Management auszutauschen. Da die Aktionäre das Risiko des Residualanspruches tragen, haben sie von allen Stakeholdern den größten Anreiz, das Management zu kontrollieren und eine nicht angemessene Verwendung der in der Gesellschaft gebundenen Mittel durch Kontrolle der Verwaltung zu verhindern. Allerdings ist auch dieser Kontrollmechanismus nicht frei von Problemen. Zunächst ist das Problem der rationalen Apathie zu nennen. Da die informierte Stimmrechtsausübung Kosten verursacht, die dadurch gewonnenen Wertsteigerungen aber allen Aktionären zugutekommen, ist es für den einzelnen Aktionär rational, das Stimmrecht nicht auszuüben, sondern im Falle einer schlecht arbeitenden Verwaltung die Aktie zu verkaufen. Dies gilt insbesondere bei Kleinanlegern, die über wenig Stimmmacht verfügen, so dass sie selbst bei informierter Stimmrechtsausübung mit ihren Vorschlägen wenig Aussicht auf Erfolg hätten. Aber auch institutionelle Investoren haben mit derartigen Problemen zu kämpfen. Bei einem diversifizierten Portfolio ist es fast unmöglich, bei allen gehaltenen Unternehmen das Stimmrecht informiert auszuüben. Dazu kommt eine besondere

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Teil 6: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Anreizsituation bei Fonds. Diese werden relativ an ihrem Erfolg zu anderen Fonds beurteilt und vermögen nur dann Gelder einzuwerben, wenn sie im Vergleich zu anderen Fonds, mit einem vergleichbaren Anlageprogramm, überdurchschnittlich abschneiden. Meist werden die Konkurrenten in ähnlichen Unternehmen investiert sein, so dass eine Wertsteigerung durch eine informierte Stimmrechtsausübung diesen auch zugutekommt und somit kein Wettbewerbsvorteil erlangt werden kann. Ein Anreiz, für eine wertsteigernde Stimmrechtsausübung besteht somit nicht. Neben das schon lange diskutierte Problem der rationalen Apathie treten weitere. Zu nennen sind Fehleinschätzungen, die auch bei einer Beurteilung der Aktie durch Anleger Quelle von systematischen Fehlern sind. Zum einen sind Aktionäre hinsichtlich bestimmter Investitionsprojekte überoptimistisch, weil sie eine Marktentwicklung zu positiv einschätzen. Andererseits schreiben sie konjunkturell bedingte Gewinne oder Verluste der Verwaltung zu und treffen insofern falsche Personalentscheidungen. Zuletzt nehmen sie frühere Erfolge des Managements als Grundlage zur Beurteilung von zukünftigen Projekten, obwohl die Aufgabenstellung in den beiden Fällen nicht zu vergleichen ist. Sie ziehen somit falsche Schlüsse aus der Vergangenheit. Diese Probleme betreffen die Stimmrechtsausübung, wenn sie mit dem Ziel der Maximierung des Unternehmenswertes erfolgt. Sie führen zu von den Aktionären nicht gewollten Wertminderungen der Unternehmung und geben dem Management die Möglichkeit, sich auf Kosten der Aktionäre zu bereichern. Bei diesen Entscheidungen gilt jedoch die Annahme, dass jeder Aktionär mit seinem Investment in die Aktiengesellschaft Gewinn erzielen und daher mit seiner Einflussnahme den Wert des Unternehmens steigern möchte. Sie ist Grundlage und Voraussetzung nicht nur der Funktionsfähigkeit der Aktiengesellschaft, sondern auch der wettbewerblichen Wirtschaftsordnung. Denn nur wenn ein Unternehmen in seinem Marktumfeld versucht, möglichst effizient zu wirtschaften, wird es langfristig Erfolg haben und damit im Wettbewerb bestehen und Kapital anziehen. Durch verschiedene Techniken des „Decouplings“ wird diese Annahme jedoch in Frage gestellt. Finanzinstrumente und Wertpapierdarlehen ermöglichen die Abwälzung des aktientypischen Risikos, nämlich des Risikos des Residualanspruchs sowie des Kursrisikos. Diese zur Absicherung eines Portfolios und zur Spekulation geschaffenen Instrumente haben Auswirkungen auf die Steuerung der Aktiengesellschaft. Denn sie beeinflussen das Stimmverhalten der Aktionäre, da sich deren Anreizstruktur ändert. Der Anreiz, das Aktionärsstimmrecht informiert auszuüben, sinkt. Dies kann so weit gehen, dass ein positiver Anreiz besteht, einen wertmindernden Beschluss zu fassen, der Unternehmung also willentlich zu schaden. Daneben treten Interessenkonflikte, die auf parallelen Investitionen in weiteren börsennotierten Aktiengesellschaften beruhen – haben Entscheidungen erwartbaren Einfluss auf den Börsenkurs von anderen Unternehmen, da sie die

I. Zusammenfassung

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zukünftige Ertragskraft bzw. die Entscheidung über die Zahlung einer Übernahmeprämie betreffen, so kommt es bei Vorliegen eines entsprechenden gegenläufigen Investments ebenfalls zu einer risikolosen Stimmrechtsausübung. Während das Abwälzen des Risikos durch kapitalmarktrechtliche Instrumente funktioniert, die sich unmittelbar auf die Aktien des Unternehmens beziehen (direkte Absicherung), entstehen die Interessenkonflikte in diesem Fall durch die Investition in voneinander in wirtschaftlicher Beziehung stehende Unternehmungen (indirekte Absicherung). Die Trennung von Risiko und Stimmrecht kann zur Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Rechtsinstitut Aktiengesellschaft führen und die Interessen von Mitaktionären und Gläubigern gefährden. Allerdings muss man, in Abhängigkeit vom konkreten Portfolio des Aktionärs, verschiedene Fälle differenzieren, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Anreizsituation haben. Hat ein Aktionär eine Short-Position, die seine Beteiligung bei der Stimmgesellschaft übersteigt, so hat er einen direkten Anreiz der Gesellschaft zu schaden (negatives gegenläufiges Interesse). Ist er durch indirekte Absicherungen derart investiert, dass nur ein bestimmtes Abstimmungsergebnis den Wert seines Portfolios maximiert, unabhängig von der Wertmaximierung der Stimmgesellschaft, so ist sein Interesse von dem Interesse aller Aktionäre an der maximalen Wertsteigerung des Unternehmens gelöst (konfligiertes gegenläufiges Investment). Ist das ökonomische Risiko des Aktionärs in der Stimmgesellschaft demgegenüber größer als seine gegenläufige Position, dann entstehen zwar risikoentleerte Stimmrechte, insgesamt besteht aber noch ein Interesse an der Wertsteigerung des Unternehmens. Während die Situationen, in denen eine Abstimmung im Interesse der Aktiengesellschaft nicht mehr gewährleistet ist (gegenläufiges Investment), unterbunden werden müssen, so kann eine erhöhte Stimmmacht einzelner Aktionäre möglicherweise das Defizit mangelnder Verwaltungskontrolle ausgleichen (risikoentleerte Stimmrechte). Ist es Aktionären möglich, ihre Stimmmacht zu erhöhen, ohne zugleich das Risiko einer Blockbeteiligung zu tragen, so haben sie einen Anreiz, die Verwaltung zu einer Geschäftspolitik anzuhalten, die näher an dem für die Aktionäre optimalen Risikoniveau liegt als das von der Verwaltung und regulären Blockaktionären gewünschte Niveau. Derartige disproportionale Strukturen können damit positive Wirkungen zeitigen, da sie aktiven Aktionären die Möglichkeit geben, erhöhten Einfluss auf strategische Grundentscheidungen zu geben. Dies betrifft insbesondere Hedge Fonds mit einer aktiven Strategie, die nicht den Anreizverzerrungen anderer institutioneller Investoren unterliegen. Allerdings zeigt eine Analyse der rechtlichen Regelung vergleichbarer Konflikte im deutschen Aktienrecht, dass disproportionale Strukturen in börsennotierten Aktiengesellschaften nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind. Das Aktiengesetz verwirklicht fast vollständig den Proportionalitätsgrundsatz. Aus-

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nahmen werden nur dann zugelassen, wenn ein Schutzmechanismus vorgesehen ist, der gewährleistet, dass die Stimmrechtsausübung auch an das Interesse der anderen Aktionäre rückgebunden ist. Dies zeigen die Vorschriften über disproportionale Satzungsgestaltungen, über die institutionelle Stimmrechtsvertretung sowie über Stimmbindungsvereinbarungen. Insbesondere die beiden letzteren „Durchbrechungen“ des Proportionalitätsprinzips werden zugelassen, um die eingeschränkte Kontrolle der Verwaltung im Sinne der Aktionäre zu verbessern und eine stärkere Berücksichtigung der Aktionärsinteressen durchzusetzen. Wie gezeigt, können auch aktive Aktionärsstrategien, die mit Hilfe von risikoentleerten Stimmrechten durchgesetzt werden, Verbesserungen der Verwaltungskontrolle bewirken. Daher sollte man diese prinzipiell zulassen, solange ein hinreichendes Instrumentarium zum Schutz der Mitaktionäre und Gläubiger besteht. Dabei muss man bedenken, dass die Einwirkung auf die Aktiengesellschaft im Rahmen aktiver Aktionärsstrategien nicht nur die Stimmrechtsausübung beinhaltet, sondern auch sonstige Einflussnahme, wie beispielsweise Gespräche mit der Verwaltung, die nicht publik gemacht werden.Will man die aktiven Aktionäre als Interessenwahrer aller Aktionäre fördern, so muss man auch in diesen Fällen die Einwirkung bei Bestehen der angesprochenen Interessenkonflikte verhindern oder zumindest die Verwaltung auf mögliche gesellschaftsfremde Ziele hinweisen, damit sie in diesen Fällen nicht auf die Vorschläge eingeht. Nur unter diesen Voraussetzungen wird sich Vertrauen der Mitaktionäre in die aktive Aktionäre entwickeln können. Nur wenn dieses Vertrauen besteht und sichergestellt ist, dass die aktiven Aktionäre nicht entgegen den Interessen der anderen Aktionäre handeln, führt die Förderung aktiver Aktionärsstrategien zur Reduktion von Agency-Kosten. Denn nur dann muss deren Einflussnahme auf die Stimmgesellschaft nicht von den anderen Aktionären in Frage gestellt und wiederum kontrolliert werden. Die rechtliche Umsetzung dieser Erkenntnis kann schon nach geltendem Recht geschehen. Dazu müssen die Instrumente, die einen Aktionärsschutz auch in bisher nicht bekannten Situationen bezwecken, entsprechend ausgelegt werden. Dies betrifft insbesondere die Treuepflichten, denen ein Verbot entnommen werden kann, bei einem bestehenden gegenläufigen Investment das Stimmrecht in der Aktiengesellschaft auszuüben. Insofern muss eine Interessenbilanz eines jeden abstimmenden Aktionärs gebildet werden, um zu bestimmen, ob noch ein „ökonomisches Interesse“ an der Stimmgesellschaft besteht. Dies betrifft indes nicht nur das Stimmrecht, sondern auch andere Fälle, in denen ein bestimmtes Quorum für die Rechtsausübung in der Aktiengesellschaft notwendig ist. Denn diese Rechte sollen nur Aktionären zustehen, die ein entsprechendes wirtschaftliches Risiko tragen. Insofern muss das Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft vor dem Hintergrund der „Derivaterevolution“ und sonstigen Finanzmarktinnovationen neu ausgelegt werden. Allerdings kann die Durchsetzung

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dieser Rechtspositionen an der nicht bestehenden Transparenz des „wirtschaftlichen Interesses“ der Aktionäre und eines Auseinanderfallens von diesem und der Stimmmacht des Aktionärs, scheitern. Für einen umfassenden Schutz ist daher eine Änderung des Aktien- und des Wertpapierhandelsrechts notwendig. Der erste und zentrale Schritt des Gesetzgebers, der sowohl die den gewandelten Umständen entsprechende Auslegung des Aktienrechts als auch zukünftige Änderungen bestimmt und bestimmen wird, ist die Einführung des § 30i WpHG. Die Transparenzpflicht für Netto-Leerverkaufspositionen führt zum ersten Mal eine Betrachtung des „wirtschaftlichen Interesses“ in das deutsche Recht ein und bietet damit ein Mittel, mit dem die von den kapitalmarktrechtlichen Instrumenten ausgehenden Veränderungen im Gesellschaftsrecht verarbeitet werden können. Mittels dieses Begriffes lässt sich bemessen, ob ein Interesse an der Wertentwicklung der Unternehmung besteht. Daraus kann ein Schluss auf die Motive der Einwirkung gezogen werden. Durch das „wirtschaftliche Interesse“ kann eine Grenzziehung vorgenommen werden, ob eine Einwirkung auf die Aktiengesellschaft noch legitim ist oder ob die Gefahr aufgrund einer disproportionalen Struktur zu groß wird und daher eine Stimmrechtsausübung nicht mehr zugelassen werden sollte bzw. die Verwaltung möglicherweise nicht mehr mit diesen Aktionären zusammenarbeitet. Diese Unterscheidung ist bei einem neu zu schaffenden Stimmverbot sowie bei einer Ausweitung der Transparenzvorschriften von Bedeutung. Durch die Harmonisierung dieser Begriffe im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft und dem Kapitalmarktrecht wird das Gesellschaftsrecht weiterentwickelt und an die Besonderheiten das Umfeldes, in welchem sich die börsennotierte Aktiengesellschaft bewegt, angepasst. Zur Erfassung des wirtschaftlichen Interesses muss ein für Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht verwendbares Instrumentarium entwickelt werden, mittels dessen gemessen werden kann, in welchem Umfang der Aktionär an der Wertentwicklung der Unternehmung partizipiert. Entscheidend dafür ist die Aufstellung einer „Interessenbilanz“, in welche die Beteiligung des Aktionärs, die darlehensweise empfangenen Aktien sowie die sonstigen Finanzinstrumente eingestellt werden. Besondere Probleme bereitet dabei die Bewertung von Derivaten, bei denen die Bestimmung eines Wertes von Annahmen über die zukünftige Entwicklung abhängt. Zu gewährleisten, dass hier relativ homogene Annahmen getroffen werden, ist entscheidend und eine Herausforderung für die Rechtswissenschaft.¹⁶⁴⁶ Allerdings beruhen die Annahmen auch auf vergangenheitsbezo-

 Auf die Gefahren der unterschiedlichen Bewertung von Derivaten (allerdings im Hinblick auf die Bilanzierung) hat Warren Buffett schon im Jahresbericht 2002 seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway Inc. hingewiesen, in denen er Derivate auch als „financial weapons of mass

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genen Daten, so dass eine gewisse Einheitlichkeit gewährleistet ist. Zudem wird die BaFin im Rahmen der Überwachung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregelungen Stichproben durchführen. Es sollte außerdem eine bußgeldbewehrte Pflicht geschaffen werden, die grob abweichende Annahmen über die Wertentwicklung sanktioniert. An diese Interessenbilanz lassen sich dann Rechtsfolgen anknüpfen, wie beispielsweise ein Stimmverbot oder Transparenzpflichten oder das Verbot der Ausübung sonstiger Aktionärsrechte. Das wirtschaftliche Interesse ist auch der Ausgangspunkt für die Anwendung der Treupflichtlehre in Fällen der indirekten Absicherung. Denn damit kann in den Fällen des gegenläufigen Investments, welche aufgrund ihrer starken Einzelfallbezogenheit nicht in die Interessenbilanz eingestellt werden können, abgewogen werden, ob das an zwei Aktiengesellschaften bestehende wirtschaftliche Interesse zu einem Interessenkonflikt führt, der ein Stimmverbot zur Folge haben muss, wenn die in Frage stehende Entscheidung Einfluss auf die Wertentwicklung des gegenläufigen Investments nimmt. Durch eine entsprechende gesetzliche Regelung kann ein bestimmtes Maß an risikoentleerten Stimmrechten zugelassen werden, die eine Verbesserung der Governance der Aktiengesellschaft ermöglicht. Auch wenn man die letztgenannte Hoffnung nicht teilt und risikoentleerte Stimmrechte pauschal verbieten möchte, kommt man nicht umhin, eine Anknüpfung an das wirtschaftliche Interesse vorzunehmen, um das Vorliegen einer disproportionalen Struktur festzustellen. Insofern muss sich das Aktienrecht auf jeden Fall auf die veränderten Umstände einstellen. Nur durch diese Einbeziehung des wirtschaftlichen Interesses kann in Zukunft vermieden werden, dass die Institution „Aktiengesellschaft“ und das wichtige Governance-Mittel „Stimmrecht“ ausgehöhlt werden. Würde das Recht nicht auf diese Veränderung reagieren, so käme es zu einer Trennung von Herrschaft und Haftung, die zu einer unerwünschten Fehlsteuerung der Unternehmungen führt, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft organisiert und börsennotiert sind. Dies kann durch einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen aus starren und flexiblen Schranken verhindert werden, der die Interessen der Mitaktionäre und sonstigen Stakeholder schützt und zudem die Möglichkeit einer verbesserten Governance durch aktive Aktionärsstrategien ermöglicht.

destruction“ bezeichnet hat, abrufbar unter http://www.berkshirehathaway.com, zuletzt abgerufen am 27.01. 2012.

II. Ausblick

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II. Ausblick – Die Einheit von wirtschaftlicher Betroffenheit und der Ausübungsbefugnis von bestimmten Rechten als Problem von Finanzinnovationen Diese Arbeit ist eine Vor-Krisen-Arbeit. Sie setzt sich mit einem Phänomen auseinander, das vor der Finanzkrise aufgetreten ist und mit dem zunehmenden Bedeutungsgewinn von Hedge Fonds in Zusammenhang steht. Damals fürchtete man, dass von diesen neuen Akteuren auf dem Finanzmarkt eine negative Wirkung auf die Corporate Governance und die Unternehmensführung im Allgemeinen ausgehen könnte. Durch die Ereignisse der Finanzkrise traten diese Sorgen in den Hintergrund und man widmete sich den anstehenden Problemen der Bankenregulierung und -rettung. Zwar wurden Hedge Fonds auch während der Krise kritisch betrachtet, dabei standen aber vor allem ihre Implikationen für die Stabilität des Finanzsystems im Mittelpunkt des Interesses.¹⁶⁴⁷ Erst in den letzten Monaten ist ihrem Einwirken auf die einzelnen Unternehmen, und deshalb auch dem empty voting, wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden.¹⁶⁴⁸ Während der Finanzkrise sind jedoch Konstellationen in den Vordergrund gerückt, die dem empty voting vergleichbar sind. So bestand auch bei den Banken, die im amerikanischen Subprime-Markt Hypotheken an Schuldner vergaben, die weder ein festes Einkommen noch Sicherheiten hatten, ein verminderter Anreiz zu einer genaueren Prüfung. Denn das Risiko des Kreditausfalls wurde durch die Verbriefung und Abtretung der Kreditforderungen nicht mehr getragen. So entstand eine „risikoentleerte Kreditvergabe“, die nicht auf die Konsequenzen ihres Wirtschaftens achten musste, sondern vornehmlich das Ziel der Gewinnmaxi-

 Siehe beispielsweise die Diskussion um den Erlass einer „Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentsfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG“ auf europäischer Ebene. Diese sollte nur Fonds ab einer bestimmten Größe erfassen, deren Zusammenbruch deshalb eine Gefahr für das Finanzsystem darstellen würde, vgl. Art. 2 Abs. 2, lit. a) des Richtlinien-Vorschlages.  Siehe den Mazars-Bericht: Transparency Directive Assessment Report, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/transparency/index_en.htm, zuletzt abgerufen am 15.03. 2011, sowie das Kommissionspapier Commission Staff Working Document, The review of the operation of Directive 2004/109/EC, emerging issues, abrufbar unter http://ec.europa.eu/ internal_market/securities/docs/transparency/directive/sec-2010_611_en.pdf, zuletzt abgerufen am 15.03. 2011. In den USA wurde eine Studie vom Rock Center for Corporate Governace der University of Stanford und dem IRRC Institute für die SEC angefertigt, siehe Identifying the Legal Contours of the Separation of Economic Rights and Voting Rights in Publicly Held Corporations, abrufbar unter http://rockcenter.standford.edu/wp-content/uploads/2010/10/Final-decouplingreport-for.sec.pdf, zuletzt geprüft am 15.03. 2011.

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mierung aus dieser Kreditvergabe verfolgen konnte.¹⁶⁴⁹ Ein Anreiz, in der Folge die Entwicklung der Bonität des Schuldners zu überwachen, bestand in dem Zeitpunkt nicht mehr, in dem die Forderung an ein dafür geschaffenes Investmentvehikel übertragen wurde.¹⁶⁵⁰ Andere Finanzinnovationen im Bereich des Fremdkapitals haben ebenfalls eine grundlegende Veränderung der Anreizsituation zur Folge. Wie bei den Eigenkapitalgebern, ist bei den Fremdkapitalgebern Prämisse der gesetzlichen Regelungen, dass diese ein Interesse an einer möglichst positiven Entwicklung des Kreditnehmers haben.¹⁶⁵¹ Zwar partizipieren sie in der Regel nicht am Gewinn, aber nur eine im Wettbewerb erfolgreiche Unternehmung wird Erträge generieren, mittels derer sie Darlehen wird tilgen können. Prinzipiell kooperieren Fremdkapitalgeber daher mit der Unternehmung und versuchen eine Insolvenz zu vermeiden. Anders jedoch, wenn die gehaltenen Fremdkapitalpositionen ebenfalls risikoentleert sind, da sich der Kreditgeber mit Credit Default Swaps abgesichert hat, d. h. mit Kontrakten, die im Falle der Insolvenz eine Rückzahlung der vollständigen Kreditsumme garantieren. Mit derartigen Instrumenten ist es wie bei Leerverkäufen und Eigenkapitalderivaten möglich, eine Position aufzubauen, die einen Gewinn im Falle der Insolvenz eines Unternehmens bedeutet.¹⁶⁵² Liegt eine negative oder eine neutrale Position vor, dann wird der Fremdkapitalgeber keinen Restrukturierungsmaßnahmen zustimmen, da seine Position dadurch weniger Ertrag generiert, als im Falle der Insolvenz des Unternehmens, wenn die Kreditversicherung ausgezahlt wird. Wie beim empty voting verändern Finanzinstrumente im Falle dieser „risikoentleerten Fremdkapitalgeber“ die Anreizsituation und können zu unerwünschten Ergebnissen führen: Denn die Durchführung eines möglicherweise abwendbaren Insolvenzverfahrens stellt ein volkswirtschaftlich nicht wünschenswertes Ergebnis dar und schadet den anderen Gläubigern der Unternehmung.¹⁶⁵³ Die Konstellation der „risikoentleerten Managementbeteiligungen“ betrifft hingegen wiederum die Eigenkapitalseite. Um eine Unternehmensführung im Sinne der Eigentümer zu gewährleisten und die Interessendivergenz zwischen Management und Aktionären zu überwinden, wurden in der Vergangenheit umfangreiche Programme mit Aktienoptionen und Aktienbeteiligungen aufgelegt.

 Siehe dazu Grundmann/Hofmann/Möslein, in: Grundmann/Hofmann/Möslein, Finanzkrise, S. 1, 9; Forkel, BKR 2008, 183, 184 („es gibt einen klaren Anreiz zu ‚reckless lending‘ oder ‚moral hazard‘“); Hu/Black, Debt, Equity and Hybrid Decoupling, S. 2.  Grundmann/Hofmann/Möslein, in: Grundmann/Hofmann/Möslein, Finanzkrise, S. 1, 11 f.  Hu/Black, Debt, Equity and Hybrid Decoupling, S. 20.  Hemel, 27 Yale J. on Reg. 159, 161– 64 (2010).  Hemel, 27 Yale J. on Reg. 159, 164 (2010).

II. Ausblick

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Wie beim empty voting lässt sich jedoch auch hier das einigende Band trennen, wenn das Management mit gegenläufigen Geschäften die Risiken dieser Positionen absichert und möglicherweise bei sinkenden Aktienkursen profitiert. Eine beträchtliche Anzahl der leitenden Mitarbeiter von Goldman Sachs hat sich während der Krise derartiger Absicherungstechniken bedient und damit zum Teil erhebliche Gewinne erzielt.¹⁶⁵⁴ Auch hier stellt sich die Anreizsituation der Angestellten fundamental anders dar, als ohne den Abschluss derartiger gegenläufiger Geschäfte. Ein ähnliches Problem, das schon deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren hat, ergibt sich im Hinblick auf die D&O-Versicherungen, die von der Aktiengesellschaft für den Vorstand abgeschlossen werden und die Lenkungsfunktion des Haftungsrechts unterlaufen können.¹⁶⁵⁵ In beiden Fällen werden die vom Vertrag bzw. vom Gesetz vorgesehenen Anreizwirkungen ausgehebelt. Diese Fälle haben mit dem empty voting gemein, dass das Risiko auf andere Parteien abgewälzt wird und es zu einer Aufspaltung von Herrschaft und Haftung und der damit verbundenen Verzerrung der Anreizwirkungen kommt. In allen diesen Fällen wird man nicht umhin kommen, ein bestehendes „wirtschaftliches Interesse“ zu definieren. Will man die beabsichtigten Anreizwirkungen erhalten, wird man, wie auch in der vorliegenden Arbeit vorgeschlagen, festlegen müssen, dass ein bestimmter Teil des Risikos weiterhin vom Rechtsinhaber getragen wird. In diese Richtung gehen Vorschläge, kreditgebende Banken zu verpflichten, einen Teil der Kredite in den eigenen Büchern zu halten und nicht über den Kapitalmarkt weiterzureichen, und die Regelung eines Selbstbehalts bei D&O-Versicherungen. Jeweils geht es darum, eine Grenze zu ziehen, die einen hinreichenden Anreiz und damit das Funktionieren der Institutionen des Privatrechts garantiert und gleichzeitig die positiven Wirkungen von Finanzinnovationen erhält. Die Diskussion über diese richtige Grenzziehung hat in manchen Fällen gerade erst begonnen und wird die Rechtswissenschaft noch eine beträchtliche Zeit beschäftigen.

 Siehe Eric Dash, Stock Hedging Lets Bankers Skirt Efforts to Overhaul Pay, New York Times vom 5. 2. 2011, abrufbar unter http://dealbook.nytimes.com/2011/02/05/stock-hedging-letsbankers-skirt-efforts-to-overhaul-pay/, zuletzt geprüft am 15.03. 2011.  Siehe dazu beispielsweise Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555 ff.

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Register Absicherung 105, 125, 127, 129, 132, 136–138, 143, 145, 147, 151–156, 158, 162, 165–167, 171, 175–179, 183–186, 227, 229, 234 f., 294–296, 324–326, 328 f., 331, 350, 355, 363, 365, 368, 372, 385, 390, 393, 395, 398, 402 Abspaltungsverbot 57–59, 64, 82, 94, 104, 107 f., 177, 196, 235, 237–239, 264, 267 Aktionärsaktivismus 269 f., 276, 282 Aufsichtsrat 21, 26, 31, 34–36, 314 Bounded rationality 76 British Land 6–8, 65 Cash-settled 14, 131, 136 Contracts for Difference 15, 138, 145, 388 Corporate Governance 2–5, 7 f., 12, 24, 26–30, 32, 34–42, 44, 46, 51, 55, 84, 118, 171 f., 197, 199, 203–205, 211, 213, 216 f., 221, 225, 266, 275, 278, 288 f., 294, 298, 300, 309, 311, 314, 316, 319, 337, 352, 354–356, 366, 376, 386, 403 Decoupling 14, 16, 24, 96, 98 f., 118, 126, 134, 149, 157, 185, 194, 331, 348, 368, 404 Derivate 2, 4, 15, 125–129, 131–135, 138, 147–152, 156, 158, 169 f., 175, 177, 191, 218, 289, 299, 320 f., 323, 356, 358, 376, 383, 387, 391, 395, 401 Deutsche Börse 10 f., 154, 169, 176, 280, 368 Disproportionale Stimmrechtsgestaltungen 199 Disproportionale Stimmrechtsstrukturen 200, 206, 213, 268, 332 Equity Swap 143 f. Exit 67, 202

Finanzinnovation 403 Forward 139–141 Future 139–141 Gebot der Gleichbehandlung

307, 333, 336

Haftungsrecht 230 f., 234, 240, 300, 341, 348, 350, 379 Hauptversammlung 7, 9, 24, 26, 28, 34–36, 59, 63, 68–71, 80, 82–88, 90–93, 95, 98, 106, 118, 120, 139, 141, 148, 159, 162, 164, 166, 181, 186, 195, 219, 221, 224 f., 230, 232, 234, 264, 289, 294, 299, 302, 305, 314, 320, 326, 329, 332, 336–338, 341, 347, 349, 356, 362, 367, 369 f., 377, 379, 390 Hedge Fond 6 f., 9, 11, 155 f., 164, 272 f., 277, 284 Hedging 9, 129, 138, 149, 170, 378, 405 Indirekte Absicherung 325, 368, 385, 399 Inhaberaktien 91 Insiderhandel 284, 379 institutionelle Investoren 70, 73, 76, 91, 94, 118, 214, 217, 275 f., 397 Interessenbilanz 181–183, 185, 187, 195, 245, 249 f., 294, 320, 322, 324–326, 331, 339, 350, 363 f., 367, 392, 400–402 Interessendivergenz 78, 82, 234, 404 Konfligiertes gegenläufiges Investment 154, 156, 178, 295, 317, 326, 373, 399 Konkurrenzverhältnisse 153 Kursrisiko 97 f., 104, 112, 118, 140, 144, 147, 149, 151, 155, 176 f., 182, 187, 266 Leerverkauf 11, 99 f., 121, 123, 126, 150–152, 156, 174–176, 272, 274, 284, 291, 388 Lehre vom institutionellen Rechtsmissbrauch 331, 334–336

Register

Markt für Stimmrechtsvertretung 222, 224, 226, 279 Markt für Unternehmenskontrolle 14, 27, 40, 46 f., 49–51, 53, 73, 93, 191, 194, 198, 205, 210, 254, 371, 397 Marktmanipulation 116, 157–160, 178, 348, 350, 395 Meinungsführerschaft 78, 279 Mitgliedschaft 34, 57 f., 107, 140, 177, 239, 243 f., 308 f., 361 Namensaktien 91 f., 385 Negatives gegenläufiges Investment 154 f., 178, 194, 295, 317, 324, 326, 350, 373 Netting 125, 174 f., 187, 385, 387 Netto-Leerverkaufsposition 125, 138, 148 f., 176, 320, 323, 331, 341, 367, 376, 390, 393, 395 Nießbrauch 241–244 Ökonomische Analyse des Rechts 17, 20, 292 One-share-one-vote 196–198, 200, 202, 207, 211, 217, 225, 358 Ordnungswidrigkeit 65 Perry-Mylan 8, 12, 129, 151, 154, 156 f., 186, 284, 286, 302, 365, 368 Pfandrecht 241 f. Physically-settled 14, 131, 144 Principal-Agent 30 f., 35, 37, 39, 180, 185, 190, 199, 201, 221, 251, 278, 280, 296, 359, 397 Private Equity 75, 272, 276, 282 Proportionalitätsprinzip 2, 196, 207, 214, 217, 238, 240, 296, 360, 364 Publizitätsvorschrift 125 f. Publizitätsvorschriften 16, 52, 113, 117, 120, 123 f., 141, 173, 178, 298 f., 376, 394 Quoren 336–339, 341, 390 Quorum 338, 390, 400 Rationale Apathie 67, 72, 94, 194 Rechtsvergleichung 17, 22–24 Record-Date 90 f., 118, 264, 354

439

Regelpublizität 16, 21, 51, 120, 124, 148, 174, 178 f., 187, 328, 348 f., 376, 395 Residualanspruch 54, 61, 80, 112, 140, 266, 358 Risikoentleerte Stimmrechte 96, 98, 117, 119 f., 122, 126, 131, 135, 145 f., 148, 150–152, 154, 157, 176, 182 f., 187, 194 f., 217, 234 f., 240, 250, 267, 269, 281–283, 286, 289, 294, 296, 321, 324, 334, 341, 348, 352, 356, 366 f., 369, 372, 379, 386, 391, 395, 399, 402 Settlement 119 Sondervorteile 70, 166, 215, 218, 252, 294, 305 f., 332 f., 365 Spekulation 11, 13, 16, 46, 48 f., 100, 125, 128, 132, 136, 140, 143, 145, 147 f., 151, 162, 174–177, 186, 189, 274, 280, 294, 314, 398 Squeeze-Out 338–341 Stimmbindungsvereinbarung 247, 250 Stimmenkauf 64 f., 112, 196, 218, 246, 250–252, 254 f., 257, 260–262, 264, 266–268, 280, 313 Stimmrecht 1–3, 6, 10, 13 f., 16, 26–28, 30, 33–35, 37, 39 f., 46 f., 53 f., 56–62, 67 f., 71, 73 f., 78 f., 82, 85, 91, 93 f., 103–105, 107, 112 f., 115–119, 122, 125 f., 128, 133, 136, 140, 144, 148–150, 153, 156, 162, 177, 180 f., 184 f., 196, 201, 207–211, 213–215, 217 f., 220, 223–228, 233, 235–246, 248, 251, 254, 259–261, 263–269, 282, 294–296, 309, 316, 333, 343, 352, 356, 358 f., 362–364, 369, 375, 385, 391, 394, 397, 399 f., 402 Stimmrechtsschranken 300, 304 f., 326, 332, 335 f., 359–361, 372, 385 Stimmrechtsvertretung 196 f., 220–223, 226–234, 240, 247, 268, 281, 296, 340, 400 Stimmverbote 300 f., 303 f., 316, 359 f., 362, 368–370, 379 Transparenzpflicht 15, 115 f., 135, 138 f., 174, 323, 392, 401 Treuepflicht 27, 119 f., 316, 319 Treuhand 19, 21, 236, 359

440

Register

Treuhandverhältnisse Treupflicht 310

236, 241

Übernahmen 48, 148, 153 f., 198, 200 f., 214, 274, 284, 287, 371, 380, 397 Verrechnung 124–126, 321, 381, 384, 387 Verwaltungskontrolle 13, 35, 43, 45, 75, 93 f., 180, 182, 190, 220, 269, 283, 293, 296 f., 371, 399 f. Voice 67

Vorstand 21, 26, 31, 34–37, 71, 83, 87–89, 95, 299, 302, 314, 332, 336, 344, 405 Vote-Buying 258, 281 Wertpapierdarlehen 2–4, 7, 11, 81, 99–106, 109 f., 117 f., 120, 122, 130, 132 f., 144, 148, 156, 181, 184–187, 190, 194 f., 234–236, 299, 321, 323, 325, 334, 337–340, 349–356, 363, 381 f., 384, 393, 395, 398 Wertpapierleihe 99 f., 105, 110, 121, 381 Zulieferverhältnisse

153