Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung 9783504381585

Die Vermögensverwaltung, früher nur für Großvermögen üblich, wird zunehmend auch für kleinere Vermögen zugänglich und zu

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Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung
 9783504381585

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RolfSethe Anlegerschutz im Recht der Vennögensvetwaltung

.

Anlegerschutz im Recht der Vermöge nsve rwaltu ng von

Prof. Dr. Ralf Sethe LLM. (London)

2005

oUs

Verlag

Dr.OttoSchmidt Köln

.

"Managing a portfolio of marketable securities is as demanding a specialty as stomach surgery or nuclear engineering." lohn H Langbein, 59 Miss.LRev. 110 (1994)

"Geld darfman nicht nachlaufen, man muß ihm entgegengehen." Aristoteles Onassis

"Sichern Sie sich das Vennögen Ihrer Mandanten und Ihren Erfolg." Entlmvender TIPpfehler abgedruckt im Hohlspiege~ Der Spiegel vom 20.4.1998, S. 78

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-40085-4 © 2005 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Boyens, Heide Printed in Germany

Vorwort In drei Jahrzehnten hat die individuelle Verwaltung von Vermögen, das in Finanzinstrumenten angelegt ist, in Deutschland sehr an Bedeutung gewonnen. Dem Vermögensverwalter wird eine sehr weitgehende Rechtsmacht bei der Investition und Umschichtung des zu verwaltenden Vermögens eingeräumt. Zahlreiche Fälle des Missbrauchs dieser treuhänderischen Stellung haben den europäischen und in der Folge den deutschen Gesetzgeber bewogen, die individuelle Vermögensverwaltung unter staatliche Aufsicht zu stellen. Seit 1998 bedarf die Aufnahme dieser Tätigkeit nun einer Erlaubnis. Darüber hinaus unterliegt auch die laufende Tätigkeit, insbesondere das Verhalten des Vermögensverwalters gegenüber seinen Kunden, aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Schließlich hat der Gesetzgeber 1998 auch den Schutz der Anleger für den Fall der Insolvenz des Vermögensverwalters verbessert. Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, ob die zur Vermögensverwaltung bestehenden Regelungen auf europäischer Ebene und die zu ihrer Umsetzung ergangenen deutschen Vorschriften den Anleger ausreichend schützen. Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst geklärt werden, welche Missbrauchsmöglichkeiten überhaupt bestehen. Die deshalb nötige rechtshistorische, rechtsvergleichende und rechtstatsächliche Bestandsaufnahme beschränkt sich bewusst nicht auf die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten. Vielmehr wird, soweit sich hieraus Erkenntnisse gewinnen lassen, auch die Verwaltung anderer Vermögenswerte mit einbezogen. Die anschließende Untersuchung der Angemessenheit der europäischen und deutschen Regelungen konzentriert sich dann auf die individuelle Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten. Die Arbeit wurde im Wintersemester 2001/02 von der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen als Habilitationsschrift angenommen. In die vorliegende Fassung habe ich die in den Jahren 2002 bis 2004 verabschiedeten Reformen des europäischen und deutschen Kapitalmarktsrechts eingearbeitet. Rechtsprechung und Schrifttum (und Rechtschreibung!) sind auf dem Stand Mai 2005. Meiner Familie und meinen Freunden danke ich für die große persönliche Unterstützung während der vier Jahre, in denen diese Arbeit entstanden ist. Besonders danken möchte ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann, für wunderbare Jahre an seinem Lehrstuhl, für eine stete Förderung und für die Betreuung meiner Arbeit an der vorliegenden Schrift. Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Wernhard Möschel, der das Zweitgutachten so rasch erstellt hat, sowie allen Mitgliedern der Juristischen VII

Vorwort

Fakultät der Universität Tübingen, die mich während des Studiums und der Assistentenzeit wissenschaftlich und persönlich gefördert haben. Für die Verbundenheit und Unterstützung möchte ich mich herzlich bedanken bei meinen Freunden und Kollegen Stefan Adamski, Dr. Felix Born, Stefan Crohn, Elisabeth Dietz, Tobias Gramer, Franziska Hermle, Barbara Lange, Matthias Lohrmann, Dirk Matthes, Christoph Sandberger, Tina Treibel, Ellen Wagner und Ulrike Weipert. Es ist immer wohltuend, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die Freundschaft, Gradlinigkeit, menschliche Wärme und das Interesse an Neuem über persönlichen Ehrgeiz stellen. Für die Drucklegung mussten weite Teile der Schrift umfassend überarbeitet werden, um sie an die neue Rechtslage anzupassen. Hier danke ich meinen Lehrstuhlmitarbeitern in Halle Rita Ratz, Andy Ruzik, Steffi Söder, Wolfgang Sturm und Juliane Thieme für die umfassende, zuverlässige Hilfe und die sehr gute Zusammenarbeit. Meinen Hallenser Kollegen Prof. Dr. Michael Germann und Prof. Dr. Christian Schröder sei für die anregenden Diskussionen über die Staatshaftung bzw. das Anlegerschutzverbesserungsgesetz gedankt. In Zeiten knapper werdender Bibliotheksausstattung ist es sehr schwierig, aktuelle Literatur zu beschaffen. Dafür, dass sie häufig das Unmögliche möglich machten, danke ich Herrn Dr. Karl-Ernst Wehnert, Leiter der Juristischen Bibliothek in Halle, und seinen Mitarbeitern. Für die Unterstützung bei der Drucklegung bin ich Frau Dr. Sabine Kick vom Verlag Dr. Otto Schmidt sehr verbunden. Dank gilt auch der VG Wort, die den Druck der Arbeit großzügig gefördert hat. Rolf Sethe

VIII

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort ............................................................................................ VII Inhaltsverzeichnis ............................................................................. XIII Abbildungsverzeichnis ..................................................................... XXXIX Tabellenverzeichnis .......................................................................... XLI Abkürzungsverzeichnis .................................................................... XLIII Einleitung Kapitel 1: Einleitung ............................................................................. I. Ziel und Methoden der Untersuchung ............................................ II. Aufbau der Untersuchung ...............................................................

1 1 11

Teil 1 Bestimmung des Untersuchungsgegenstands Kapitel 2: Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen ................... I. Definition und Abgrenzung der Vermögensverwaltung ................ II. Die uneinheitliche Terminologie .................................................... III. Erscheinungsformen und Durchführung der Vermögensverwaltung ...................................................................................... IV. Der Vermögensverwaltungsvertrag ................................................ Kapitel 3: Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung ........................................................ I. Vorbemerkung ................................................................................ II. Notwendigkeit des Anlegerschutzes ............................................... III. Vermögensverwalter als Finanzintermediäre ................................. IV. Die besonderen Risiken der Vermögensverwaltungskunden ......... V. Konsequenzen für den Aufbau der Untersuchung und weiteres Vorgehen ........................................................................................

15 15 48 59 78 108 108 108 119 125 147

Teil 2 Rechtshistorische, rechtsvergleichende und rechtstatsächliche Bestandsaufnahme Kapitel 4: Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse ........ 149 I. Ziel und Maßstab der historischen Betrachtung ............................. 149 II. Die Herausbildung fiduziarischer Rechtsverhältnisse .................... 154

IX

Inhaltsübersicht Seite

Kapitel 5: Die Entwicklung des Anlegerschutzes .............................. I. Die Anfänge des Bankwesens ........................................................ II. Die Entwicklung der Wirtschaft, des Bankwesens und des Anlegerschutzes bis zum 16. Jahrhundert ...................................... III. Die Entwicklung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts .................... IV. Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution ............. V. Die Entwicklung von 1870 bis 1914 .............................................. VI. Entwicklungen zwischen 1914 und 1945 ......................................

208 208 209 227 248 280 314

Kapitel 6: Entwicklungen seit 1945 ..................................................... I. Vermögensentwicklung ................................................................. II. Entwicklung der Kapitalmärkte und der Finanzintermediäre ........ III. Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen ........................... IV. Wandel des theoretischen Ansatzes ............................................... V. Entwicklung des Anlegerschutzes .................................................

342 342 354 366 393 397

Kapitel 7: Ergebnisse des 2. Teils ........................................................ I. Die Entstehung eines Markts für Vermögensverwaltungen .......... II. Die Formen der Vermögensverwaltung ......................................... III. Die Anbieter der Vermögensverwaltung ....................................... IV. Die Motive für die Beauftragung von Vermögensverwaltern ....... V. Die Entwicklung des Anlegerschutzes ...........................................

416 416 419 420 422 422

Teil 3 Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten Kapitel 8: Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung ....................................................... I. Vorgehen ........................................................................................ II. Entwicklungslinien der Rechtsangleichung ................................... III. Rahmenbedingungen für Kreditinstitute ........................................ IV. Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen .................................. V. Zusammenfassung .......................................................................... Kapitel 9: Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG .......................................................................... I. Einleitung ....................................................................................... II. Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG auf die Vermögensverwaltung ...................................................................................... III. Die institutionelle Aufsicht nach dem KWG ................................. IV. Die Vorgaben des EsAeG .............................................................. X

427 427 428 455 468 541 543 543 545 596 656

Inhaltsübersicht Seite

Kapitel 10: Die aufsichtsrechtlichen und die damit verzahnten zivilrechtlichen Verhaltenspflichten ................................ I. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des WpHG auf die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ............................ II. Das System der Organisations- und Verhaltensaufsicht ................ III. Die Verzahnung von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten ......................................................................... IV. Die kundenbezogenen Verhaltenspflichten .................................... V. Unternehmensbezogene Pflichten .................................................. VI. Verhaltenspflichten vor und bei Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags ........................................................................ VII. Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung ...................................................................................... VIII. Fazit und Ausblick ..........................................................................

717 717 730 747 773 849 869 898 919

Kapitel 11: Strafrechtliche Vorgaben ................................................. 921 I. Die Ausstrahlungswirkung strafrechtlicher Tatbestände ................ 921 II. Geldwäschegesetz ........................................................................... 923 Kapitel 12: Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht ........................................................... I. Gewährleistung einer ausreichenden Aufsichtsgesetzgebung ........ II. Gewährleistung eines gesetzeskonformen Verhaltens der Aufsichtsbehörden .......................................................................... III. Fazit ................................................................................................ Kapitel 13: Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils ............... I. Ziel der Aufsicht über Institute ....................................................... II. Die einschlägigen EG-Richtlinien und ihre Umsetzung ................ III. Die aufsichtsrechtliche Erfassung der Vermögensverwaltung ....... IV. Angemessenheit des Anlegerschutzes im Recht der Vermögensverwaltung .................................................................... V. Schließung von Lücken im Anlegerschutz durch Ansprüche gegen den Staat ...............................................................................

931 932 954 980 981 981 982 983 985 993

XI

Inhaltsübersicht Seite

Schluss Kapitel 14: Gesamtergebnis und Ausblick ......................................... I. Das Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes ..................... II. Die Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung ................... III. Die verschiedenen Modelle der Vermögensverwaltung ................

995 995 996 997

Urteilsverzeichnis ................................................................................... 999 Literaturverzeichnis ................................................................................ 1017 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 1087

XII

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort ............................................................................................ VII Inhaltsübersicht ................................................................................ IX Abbildungsverzeichnis ..................................................................... XXXIX Tabellenverzeichnis .......................................................................... XLI Abkürzungsverzeichnis .................................................................... XLIII

Einleitung Kapitel 1: Einleitung 

1

I. Ziel und Methoden der Untersuchung ....................................... 1. Die Bedeutung der (Finanz-)Dienstleistung ................................... 2. Die wachsende Bedeutung der Vermögensverwaltung und ihre juristische Aufarbeitung ................................................................. 3. Ziele der Arbeit ............................................................................... a) Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes ........................ b) Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung ..................... c) Die verschiedenen Modelle der Vermögensverwaltung ........... 4. Methodische Vorgehensweise ........................................................ a) Europarechtlicher und rechtsvergleichender Ansatz ................. b) Einbeziehung der Branchengepflogenheiten ............................. c) Verzahnung von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Pflichten .....................................................................................

1 1

10

II. Aufbau der Untersuchung ...........................................................

11

2 4 4 7 7 10 10 10

Teil 1 Bestimmung des Untersuchungsgegenstands Kapitel 2: Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen 

15

I. Definition und Abgrenzung der Vermögensverwaltung ........... 1. Die Definition ................................................................................. a) Wirtschaftliche Fremdheit des Vermögens ............................... b) Dispositionsbefugnis ................................................................. c) Dauerhaftigkeit .......................................................................... d) Aktive Verwaltung zum Zwecke der Kapitalanlage .................

15 15 15 17 18 19 XIII

Inhaltsverzeichnis Seite

2.

3.

4.

5. 6. 7.

e) Gewerbsmäßigkeit und rechtliche Selbstständigkeit des Verwalters ................................................................................. f) Vertragliche Grundlage ............................................................. g) Fazit und weiteres Vorgehen .................................................... Abgrenzung zu anderen Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen .............................................................................. a) Abgrenzung zum Effekten- und Depotgeschäft ....................... b) Abgrenzung zur Anlageberatung .............................................. c) Abgrenzung zur Vermögensberatung ....................................... d) Abgrenzung zur Vermögensbetreuung ..................................... e) Abgrenzung zum „Compliance Monitoring“ und zu „Konkurrenzmandaten“ ............................................................ Abgrenzung zum Investmentgeschäft ............................................ a) Definition des Investmentgeschäfts .......................................... b) Gemeinsamkeiten und Unterschiede ........................................ c) Überschneidungen und Mischformen ....................................... (1) Vermögensverwaltung durch Investmentfonds .................. (2) Fonds in der Vermögensverwaltung ................................... (3) Vermögensverwaltung mit Fondspicking ........................... (4) Gemeinschaftliche Vermögensverwaltung ......................... (5) Dachfonds ........................................................................... (6) Spezial-Sondervermögen .................................................... Abgrenzung zu schuld- und gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen ................................................................................. a) Eigenständige Organisation mit unternehmerischer Zielsetzung ................................................................................ b) Ziel der Investition .................................................................... c) Gesellschaftsrecht als Treuhandrecht ....................................... Abgrenzung zu anderen Arten der Geschäftsbesorgung ................ Abgrenzung zur Testamentsvollstreckung ..................................... Zwischenergebnis ...........................................................................

II. Die uneinheitliche Terminologie ................................................. 1. Andere Bezeichnungen für die Dienstleistung der Vermögensverwaltung ...................................................................................... 2. Bezeichnung sonstiger Schuldverhältnisse als Vermögensverwaltung ...................................................................................... a) Sprachgebrauch des Gesetzgebers ............................................ b) Sprachgebrauch in Rechtsprechung und Schrifttum .................

XIV

23 23 24 25 25 26 27 28 30 32 32 33 34 35 35 37 37 39 39 40 40 41 43 44 45 46 48 49 53 53 55

Inhaltsverzeichnis Seite

3. Vermögensverwaltung als Abgrenzungsmerkmal zur gewerblichen Tätigkeit ................................................................... 4. Historische Verwendung des Begriffs ............................................ III. Erscheinungsformen und Durchführung der Vermögensverwaltung ..................................................................................... 1. Vorgehen ........................................................................................ 2. Das zu verwaltende Vermögen ....................................................... a) Art des Vermögens .................................................................... b) Umfang des Vermögens ............................................................ 3. Art der Betreuung ........................................................................... a) Individuelle Vermögensverwaltung .......................................... b) Standardisierte Vermögensverwaltung ..................................... (1) Gemeinschaftliche Vermögensverwaltung .......................... (2) Vermögensverwaltung mit Fondspicking ............................ c) Feste Anlagerichtlinien .............................................................. 4. Anbieter der Vermögensverwaltung ............................................... 5. Vermögensinhaber .......................................................................... 6. Dispositionsbefugnis des Vermögensverwalters ............................ a) Treuhandmodell ......................................................................... b) Vertretermodell ......................................................................... c) Verbreitung ................................................................................ 7. Tatsächliche Durchführung der Vermögensverwaltung ................. a) Die Planung ............................................................................... (1) Analyse des zur Verwaltung anstehenden Kundenvermögens ............................................................................ (2) Analyse der persönlichen Verhältnisse des Kunden ........... (3) Ermittlung der Anlageziele und Präferenzen des Kunden ... (4) Anlagestrategie .................................................................... (5) Richtlinien für die Durchführung der Planung .................... b) Die Realisierungsphase ............................................................. (1) Die Anlageentscheidungen .................................................. (2) Die technische Abwicklung ................................................. (3) Die laufende Überprüfung ................................................... c) Die Kontrollphase und die laufende Rückkoppelung zum Kunden ...................................................................................... d) EDV-Unterstützung ................................................................... IV. 1. 2. 3.

Der Vermögensverwaltungsvertrag ............................................ Überblick ........................................................................................ Standardisierung ............................................................................. Hauptpflicht des Vermögensverwalters .........................................

56 57 59 59 60 60 61 61 61 62 62 63 64 64 65 65 66 66 66 66 67 68 68 68 70 72 74 74 75 75 76 77 78 78 78 80 XV

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4. Hauptpflicht des Vermögensverwaltungskunden .......................... a) Anfangshonorare ....................................................................... b) Verwaltungshonorare ................................................................ (1) Die Bedeutung des Fixhonorars .......................................... (2) Höhe des Fixhonorars ......................................................... (3) Erfolgshonorar und seine Berechnung ................................ (4) Die Berechnung des Honorars in Mischmodellen .............. c) Depotgebühren .......................................................................... d) Umsatzgebühren ....................................................................... e) Pauschalgebühren ..................................................................... f) Zwischenfazit ............................................................................ 5. Vollmacht ....................................................................................... a) Einräumung und Umfang .......................................................... b) Beispiele .................................................................................... c) Verfügungen des Vermögensinhabers ...................................... d) Außenvollmacht ........................................................................ e) Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens ....................... f) Auswirkungen der Vermögensverwaltung auf die Depotverwaltung ....................................................................... 6. Anlageziele und Anlagerichtlinien ................................................. 7. Haftung des Verwalters .................................................................. 8. Regelung der Berichterstattung und Rechnungslegung ................. 9. Sonstige Abreden ........................................................................... a) Verschwiegenheitspflicht .......................................................... b) Beendigung der Vermögensverwaltung ................................... c) Regelungen für den Todesfall ................................................... d) Hinweis auf Einlagensicherung oder Anlegerentschädigung ... e) Einbeziehung der AGB der Banken/Sparkassen ...................... 10. Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells .................. 11. Die Einordnung des Vermögensverwaltungsvertrags .................... a) Der Vermögensverwaltungsvertrag als Geschäftsbesorgung ... (1) Tätigkeit .............................................................................. (2) Selbstständigkeit ................................................................. (3) Wirtschaftlicher Charakter .................................................. (4) Vermögensbezug ................................................................. (5) Fremdnützigkeit .................................................................. (6) Interessenwahrung ............................................................... (7) Treuhänderische Rechtsbeziehung ...................................... (8) Dienstleistungscharakter ..................................................... b) Der Vermögensverwaltungsvertrag als Teil eines allgemeinen Bankvertrags ............................................................................. XVI

80 81 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 90 90 90 91 91 93 95 96 97 98 98 98 98 98 99 99 99 99 99 100 100 100 101 102 103 104 106

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Kapitel 3: Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung  108 I. Vorbemerkung .............................................................................. 108 Notwendigkeit des Anlegerschutzes ............................................ Schutzbereich .................................................................................. Verhältnis von Anlegerschutz zu Verbraucherschutz .................... Möglichkeiten der Durchsetzung des Anlegerschutzes .................. Schutzbedürfnisse der Vermögensinhaber .....................................

108 108 114 117 118

III. Vermögensverwalter als Finanzintermediäre ............................ 1. Aufgabe der Finanzintermediäre aus betriebswirtschaftlicher Sicht ................................................................................................ a) Losgrößentransformation .......................................................... b) Fristentransformation ................................................................ c) Risikotransformation ................................................................. (1) Bonitätsrisiko ....................................................................... (2) Geschäftsrisiko .................................................................... (3) Kapitalstrukturrisiko ............................................................ (4) Marktgängigkeits- und Liquiditätsrisiko ............................. (5) Zins-, Inflations- und Währungsrisiken ............................... (6) Sonstige Risiken .................................................................. 2. Risiken für den Wertpapierkunden aus betriebswirtschaftlicher Sicht ................................................................................................ a) Vertragsanbahnung .................................................................... b) Vertragsschluss .......................................................................... c) Kontrollphase ............................................................................ d) Vertragsanpassung ..................................................................... e) Zwischenfazit ............................................................................

119

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IV. Die besonderen Risiken der Vermögensverwaltungskunden ... 1. Vorbemerkung ................................................................................ 2. Risiko des Substanzverlusts ............................................................ a) Vermögenswerte des Anlegers .................................................. b) Art der Geschäfte des Finanzintermediärs ................................ c) Selbstschutz ............................................................................... d) Überblick über die Schutzmechanismen ................................... 3. Informationsrisiko .......................................................................... 4. Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko ............................................ a) Risiko der Untreue ..................................................................... b) Zeitweiser oder völliger Ausfall der Vertragsgegenseite ..........

125 125 127 127 128 128 128 134 134 135 137

II. 1. 2. 3. 4.

119 120 120 120 121 121 121 121 122 123

XVII

Inhaltsverzeichnis Seite

c) Unsachgemäße oder unsorgfältige Durchführung der Vermögensverwaltung .............................................................. d) Intransparenz ............................................................................. e) Interessenkollisionen ................................................................ f) Übervorteilung bei der Honorarberechnung ............................. g) Nebenleistungen ........................................................................ 5. Interessenvertretungsrisiko ............................................................ 6. Konditionenrisiko ...........................................................................

138 139 141 145 145 146 146

V. Konsequenzen für den Aufbau der Untersuchung und weiteres Vorgehen ........................................................................ 147

Teil 2 Rechtshistorische, rechtsvergleichende und rechtstatsächliche Bestandsaufnahme Kapitel 4: Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse

149

I. Ziel und Maßstab der historischen Betrachtung ...................... 1. Fragestellung der rechtsvergleichenden und historischen Betrachtung .................................................................................... 2. Stand der Forschung ....................................................................... 3. Das Untersuchungsprogramm im Einzelnen ..................................

149

II. Die Herausbildung fiduziarischer Rechtsverhältnisse ............. 1. Frühe Formen fiduziarischer Rechtsverhältnisse ........................... a) Erste Beispiele testamentarisch angeordneter Vermögensverwaltungen ............................................................................. b) Religiöse Schriften .................................................................... 2. Die Verwaltung fremden Vermögens und treuhänderische Rechtsbeziehungen im römischen Recht ....................................... a) Vorbemerkung .......................................................................... b) Die Verwaltung fremden Vermögens ....................................... (1) Der procurator omnium rerum ............................................ (2) Sonstige Dienstleistungen höherer Art ............................... (3) Verwaltung von Hausgut ..................................................... c) Fiduziarische Rechtsverhältnisse im römischen Recht ............. (1) Die mancipatio familiae ...................................................... (2) Die fiducia ........................................................................... (3) Das fideicommissum ........................................................... (4) Die donatio sub modo ......................................................... (5) Die tutela .............................................................................

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XVIII

149 150 151

154 155 156 156 157 157 158 158 159 159 159 161 161 161

Inhaltsverzeichnis Seite

3.

4. 5.

6.

7.

d) Zwischenergebnis ...................................................................... Die Treuhand im germanischen Recht ........................................... a) Die Entwicklung der Vermögensordnung im frühen Mittelalter .................................................................................. b) Die salfränkische Affatomie ...................................................... c) Die Salmannschaft ..................................................................... d) Der Einfluss des kanonischen Rechts ........................................ e) Zwischenfazit ............................................................................ Sonstige Rechtsinstitute mit besonderen Pflichten bei der Verwaltung fremden Vermögens .................................................... Die Entstehung des heutigen Treuhandbegriffs ............................. a) Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft ......................... b) Treuhand als beschränktes dingliches Recht ............................. c) Die weitere Entwicklung ........................................................... (1) „Echte“ und „unechte“ Treuhand ........................................ (2) Verwaltungsmacht sui generis und Ermächtigungstreuhand ............................................................................... (3) Bedeutung des Innenverhältnisses ....................................... Der Trust im angloamerikanischen Recht ...................................... a) Herausbildung des Trusts .......................................................... b) Geeignetheit des Trusts für die Vermögensverwaltung i. w. S. ......................................................................................... (1) Definition und Errichtung des Trusts .................................. (2) Die Anlage des Vermögens und die Pflichten des Trustees ................................................................................ (3) Schutz des Beneficiary ........................................................ (4) Heutige praktische Bedeutung des Trusts ........................... c) Treuhandgeschäft und Agency .................................................. d) Unterschiede zum kontinentalen Recht ..................................... Zwischenergebnis und weiteres Vorgehen .....................................

162 164 164 164 166 167 168 168 169 170 171 172 173 177 177 180 180 183 183 185 193 197 199 200 205

Kapitel 5: Die Entwicklung des Anlegerschutzes  208 I. Die Anfänge des Bankwesens ...................................................... 208 II. Die Entwicklung der Wirtschaft, des Bankwesens und des Anlegerschutzes bis zum 16. Jahrhundert ................................. 1. Die Entwicklung des Bankwesens, der Börsen und der Vermögensordnung ........................................................................ 2. Die Schuldenverwaltung als Form der „Vermögenssorge“ ............ 3. Die Macht der Großkaufleute .........................................................

209 209 214 214

XIX

Inhaltsverzeichnis Seite

4. Die Stadtwechsel ............................................................................ 216 5. Die Entwicklung des Anlegerschutzes ........................................... 220 6. Fazit ................................................................................................ 226 III. Die Entwicklung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts .............. 1. Der Merkantilismus und die Entwicklung des Bankwesens .......... 2. Die Bedeutung der Hoffaktoren und Privatbankiers für die Entstehung der Vermögensverwaltung .......................................... 3. Erste Ansätze eines Anlegerschutzes durch staatliche Intervention .................................................................................... a) Niederlande ............................................................................... b) Frankreich ................................................................................. c) England ..................................................................................... d) Deutschland und Österreich ...................................................... e) Fazit ...........................................................................................

227 227

IV. Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution ........ 1. Veränderung der Gesellschafts- und Vermögensordnung ............. 2. Gesellschaftsrechtliche Entwicklung ............................................. a) Frankreich ................................................................................. b) England ..................................................................................... c) Deutschland ............................................................................... 3. Die Börsen und der Effektenhandel ............................................... a) Entwicklung in Deutschland ..................................................... b) Entwicklung im europäischen Ausland .................................... c) Die Entwicklung in den USA ................................................... 4. Das Bankwesen .............................................................................. a) Großbritannien .......................................................................... b) USA ........................................................................................... c) Belgien ...................................................................................... d) Deutschland ............................................................................... 5. Vermögensverwaltungen und Investmentfonds ............................. a) Großbritannien .......................................................................... b) USA ........................................................................................... c) Deutschland und Schweiz .........................................................

248 248 251 252 253 253 257 257 260 263 265 265 266 267 267 274 274 276 279

V. Die Entwicklung von 1870 bis 1914 ............................................ 1. Vorbemerkung ................................................................................ 2. Die Vermögensentwicklung ........................................................... a) Europa und die USA ................................................................. b) Das Wachstum der vermögenden Schicht am Beispiel Preußens ....................................................................................

280 280 281 281

XX

230 237 237 239 242 246 248

283

Inhaltsverzeichnis Seite

3. Vermögensverwaltungen in den USA und England ....................... a) Trust Companies und Banken als Anbieter ............................... b) Investmentfonds ........................................................................ 4. Vermögensverwaltung und Investmentfonds in Deutschland ........ a) Individuelle Vermögensverwaltung .......................................... b) Investmentfonds ........................................................................ c) Die Entstehung der Treuhandgesellschaften ............................. 5. Entwicklung des Anlegerschutzes in Deutschland ......................... a) Gesellschaftsrechtliche Entwicklung in Deutschland ............... b) Indirekte Bankenregulierung durch das Gesellschaftsrecht ...... c) Die Krise von 1891 und ihre Folgen für den Anlegerschutz .... d) Das Börsengesetz ...................................................................... e) Das Depotgesetz ........................................................................ f) Forderungen nach einem Depositenbankgesetz ........................ g) Vertretung von Kapitalanlegern ................................................ 6. Defizite des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung ........

283 283 285 286 286 287 288 295 295 298 300 301 304 307 311 312

VI. Entwicklungen zwischen 1914 und 1945 .................................... 1. Vermögensentwicklung, Vermögensverwaltung und Investmentfonds .............................................................................. 2. Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung ................................ a) Deutschland ............................................................................... b) USA ........................................................................................... 3. Entwicklung des Bank- und Börsenwesens bis zum Zweiten Weltkrieg ........................................................................................ a) Das Depositenbankgesetz .......................................................... b) Das Kreditwesengesetz .............................................................. c) Depotgesetz ............................................................................... d) Einlagensicherung ..................................................................... e) Das Konditionen- und das Interessenvertretungsrisiko durch Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen ..................... 4. Entwicklung des Gesellschaftsrechts ..............................................

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Kapitel 6: Entwicklungen seit 1945  342 I. Vermögensentwicklung ................................................................ 1. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs für die Vermögensentwicklung .................................................................................... 2. Vermögensentwicklung in Deutschland ......................................... a) Einkommensentwicklung .......................................................... b) Vermögensbestand .................................................................... c) Vermögensverteilung ................................................................

342 342 343 343 346 349 XXI

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d) „Generation der Erben“ ............................................................ 350 e) Verändertes Anlegerverhalten .................................................. 351 f) Transnationalisierung der Vermögen und weiteres Vorgehen . 353 II. Entwicklung der Kapitalmärkte und der Finanzintermediäre .................................................................................. 1. Globalisierung der Kapitalmärkte – Nutzen und Gefahren ........... 2. Komplexität der Märkte am Beispiel der USA .............................. 3. Institutionalisierung ........................................................................ 4. Umbrüche im Markt für Vermögensverwaltungen ........................ 5. Der deutsche Kapitalmarkt und die Entwicklung des Investment Banking .......................................................................................... III. Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen ...................... 1. Vorbemerkung ................................................................................ 2. Die weltweite Entwicklung der Vermögensverwaltung ................ a) Markt für Vermögensverwaltungen .......................................... b) Globalisierung der Anlagestrategien bei Vermögensverwaltungen ............................................................................. c) Anbieter der Vermögensverwaltung ......................................... 3. Die Vermögensverwaltung in Deutschland ................................... a) Die Wiederentstehung der Vermögensverwaltung in Deutschland ............................................................................... b) Die Anbieter der individuellen Vermögensverwaltung ............ c) Investmentfonds ........................................................................ d) Fondspicking ............................................................................. e) Spezialfonds .............................................................................. 4. Fazit ................................................................................................

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IV. Wandel des theoretischen Ansatzes ............................................ 393 V. Entwicklung des Anlegerschutzes ............................................... 1. Aufsichtsrechtliche Entwicklung ................................................... a) Internationale Entwicklungslinien ............................................ b) Entwicklung in Deutschland ..................................................... 2. Uneinheitliche Regelung der Vermögensverwaltung in Deutschland .................................................................................... 3. Anlegerschutz durch berufsständische Organisationen und selbstständige Dienstleister ............................................................ 4. Jüngste Regelung der Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ...................................................................................

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Kapitel 7: Ergebnisse des 2. Teils  416 I. Die Entstehung eines Markts für Vermögensverwaltungen ..... 416 II. Die Formen der Vermögensverwaltung ..................................... 419 III. Die Anbieter der Vermögensverwaltung .................................... 420 IV. Die Motive für die Beauftragung von Vermögensverwaltern .. 422 V. Die Entwicklung des Anlegerschutzes ........................................ 422

Teil 3 Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten Kapitel 8: Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung  427 I. Vorgehen ........................................................................................ 427 Entwicklungslinien der Rechtsangleichung ............................... Der Segré-Bericht von 1966 und seine Folgen ............................... Die Phase umfassender Harmonisierungsbemühungen .................. Gegenseitige Anerkennung, Mindestharmonisierung und Herkunftslandkontrolle ................................................................... a) Der Methodenwechsel ............................................................... b) Beurteilung des Methodenwechsels .......................................... (1) Tempo und Akzeptanz ......................................................... (2) Uneinheitlichkeit nationaler Rechte .................................... (3) Wettbewerb der Rechtsordnungen ....................................... (4) Fortbestehendes Theoriedefizit ............................................ (5) Kosten und Nutzen einer Harmonisierung .......................... 4. Überprüfung und vereinheitlichende Kodifizierung des Sekundärrechts ................................................................................ a) Vereinheitlichung des Sekundärrechts ...................................... b) Überprüfung der Regulierung bzw. der erreichten Integration des europäischen Finanzmarkts ................................................. 5. Erneuter Methodenwechsel im europäischen Bank- und Wertpapierrecht? ............................................................................ a) Das Vier-Stufen-Modell des Lamfalussy-Ausschusses ............ b) Auf dem Weg zu einer Vollharmonisierung? ........................... 6. Weiteres Vorgehen .........................................................................

II. 1. 2. 3.

428 428 430 435 435 438 438 438 439 442 445 446 446 447 450 450 452 454

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III. Rahmenbedingungen für Kreditinstitute ................................... 1. Die Bankenrichtlinie ...................................................................... a) Ziele und Grundlagen der Richtlinie ........................................ b) Anwendungsbereich .................................................................. c) Zulassungsvoraussetzungen ...................................................... d) Art und Umfang der erlaubten Tätigkeiten ............................... e) Aufsicht über die Ausübung von Tätigkeiten, Liquidität, Beteiligungen etc. ..................................................................... f) Beziehungen zu Drittländern .................................................... 2. Die Eigenkapitalanforderungen ..................................................... a) Eigenmittel und Solvabilität ..................................................... b) Großkredit- und Konsolidierungsanforderungen ...................... 3. Die Einlagensicherungsrichtlinie ................................................... IV. Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen ............................ 1. Ziele und Grundlagen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ..... a) Konsequenzen des engen Anwendungsbereichs der 2. BKRL bzw. der BankenRL .................................................................. b) Mindestharmonisierung und Herkunftslandkontrolle bei Wertpapierfirmen ...................................................................... c) Inhalte der WDRL ..................................................................... d) Auswirkungen der WDRL auf Vermögensverwalter ............... e) Bewertung der WDRL .............................................................. f) Weiteres Vorgehen ................................................................... 2. Die MiFID im Detail ...................................................................... a) Anwendungsbereich .................................................................. (1) Wertpapierfirmen ................................................................ (2) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ............ (3) Erfasste Finanzinstrumente ................................................. (4) Ausnahmen und Abstimmung mit anderen Richtlinien ...... b) Zulassungs-, Organisations- und Aufsichtsregeln (prudential rules) ......................................................................................... (1) Erstzulassung ....................................................................... (2) Fortlaufende Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen .... (3) Organisationspflichten ........................................................ c) Wohlverhaltensregeln (rules of conduct) .................................. (1) Geschichte ........................................................................... (2) Wohlverhaltensregeln bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Kunden (Art. 19 MiFID) .. (3) Erbringung von Dienstleistungen über eine andere Wertpapierfirma (Art. 20 MiFID) ....................................... XXIV

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(4) Verpflichtung zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen (Art. 21 MiFID) .................................................. (5) Vorschriften für die Bearbeitung von Kundenaufträgen (Art. 22 MiFID) ................................................................... (6) Verpflichtungen von Wertpapierfirmen bei der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern (Art. 23 MiFID) ................................................................... (7) Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien (Art. 24 MiFID) . (8) Behandlung professioneller Kunden ................................... (9) Ausblick ............................................................................... d) Markttransparenz und Marktintegrität (Art. 25 ff. MiFID) ....... e) Grenzüberschreitende Tätigkeit ................................................ (1) Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen .......... (2) Errichtung einer Zweigniederlassung .................................. (3) Gründung rechtlich selbstständiger Tochtergesellschaften . (4) Repräsentanten ..................................................................... (5) Top Up Authorisation .......................................................... f) Aufsicht durch Heimatstaat und Aufnahmestaat ....................... g) Entzug der Zulassung ................................................................ h) Börsenrechtliche Regelungen .................................................... (1) Zugang zu geregelten Märkten (Art. 33 MiFID) ................. (2) Zugang zu zentralen Gegenparteien, Clearing- und Abrechnungssystemen sowie Recht auf Wahl eines Abrechnungssystems (Art. 34 MiFID) ................................ i) Beziehungen zu Drittländern ..................................................... 3. Die Kapitaladäquanzrichtlinie ........................................................ a) Grundlagen und Ziele der Richtlinie ......................................... b) Anwendungsbereich der Richtlinie ........................................... c) Kapitalausstattung ..................................................................... (1) Definition der Eigenmittel ................................................... (2) Anfangskapital (absolutes Mindestkapital) ......................... (3) Relatives Mindestkapital ..................................................... (4) Laufende Anforderungen an die Kapitalausstattung ........... (5) Eigenkapitalunterlegung (risikoabhängiges Mindestkapital) ................................................................................. d) Konsolidierung .......................................................................... e) Meldepflichten ........................................................................... 4. Anlegerentschädigungsrichtlinie .................................................... 5. Resümee und Kritik ........................................................................ a) Die Harmonisierung und ihre Folgen ........................................ b) Bewertung der Richtlinien .........................................................

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c) Weiterentwicklung der Richtlinien ........................................... 541 V. Zusammenfassung ........................................................................ 541

Kapitel 9: Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG  543 I. Einleitung ...................................................................................... 543 II. Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG auf die Vermögensverwaltung ................................................................. 1. Überblick ........................................................................................ 2. Vermögensverwalter als Kreditinstitut (§ 1 Abs. 1 KWG) ............ a) Allgemeine Merkmale eines Kreditinstituts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KWG) ............................................................................. b) Vermögensverwaltung als Bankgeschäft .................................. c) Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) .................... (1) Begriff der Einlage .............................................................. (2) Annahme anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums ..... (3) Konsequenzen der Neuregelung ......................................... (4) Einbeziehung der ratio des § 34a WpHG ............................ (5) Zwischenergebnis ................................................................ (6) Testamentsvollstreckung ..................................................... d) Finanzkommissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) .. (1) Erfasste Wertpapiere ........................................................... (2) Erfasste Geldmarktinstrumente ........................................... (3) Erfasste Devisen oder Rechnungseinheiten ........................ (4) Erfasste Derivate ................................................................. (5) Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als Finanzkommissionsgeschäft ............................................... (6) Zwischenfazit ...................................................................... e) Depotgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG) ........................ f) Investmentgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG) ................ g) Fazit ........................................................................................... 3. Vermögensverwalter als Finanzdienstleistungsinstitut (§ 1 Abs. 1a KWG) ........................................................................ a) Allgemeine Merkmale eines Finanzdienstleistungsinstituts (§ 1 Abs. 1a Satz 1 KWG) ........................................................ b) Überblick über die relevanten Finanzdienstleistungen ............. c) Die Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG) ........................................................................................ (1) Mandat der Anleger ............................................................. XXVI

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(2) „Individuelle“ Verwaltung .................................................. (3) Verwaltung „für andere“ ...................................................... (4) Verwaltung mit „Entscheidungsspielraum“ ........................ (5) Vermögen „in Finanzinstrumenten“ angelegt ..................... (6) Vermögen in Finanzinstrumenten „angelegt“ ..................... (7) Ausnahmen .......................................................................... d) Fazit ........................................................................................... 4. Transnational tätige Vermögensverwalter (§§ 32, 53 ff. KWG) .... a) Inlandsinstitute mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit . b) Auslandsinstitute mit Geschäftstätigkeit im Inland .................. 5. Fazit ................................................................................................

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III. Die institutionelle Aufsicht nach dem KWG .............................. 1. Überblick ........................................................................................ 2. Kapitalausstattung bei der Erstzulassung ....................................... a) Überblick ................................................................................... b) Pflicht zur Aufbringung angemessener Mittel .......................... c) Mindestanfangskapital für Kreditinstitute ................................. (1) Einlagenkreditinstitute ......................................................... (2) Sonstige Kreditinstitute ....................................................... d) Mindestanfangskapital für Finanzdienstleistungsinstitute ........ (1) Finanzportfolioverwaltung ohne Befugnis zu Eigenhandel, Eigengeschäften und Annahme von Kundenvermögen ...... (2) Finanzportfolioverwaltung mit Befugnis zur Annahme von Kundenvermögen .......................................................... (3) Finanzportfolioverwalter mit Befugnis zu Eigenhandel oder Eigengeschäften ........................................................... e) Ausreichendes Anfangskapital und seine Berechnung ............. f) Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung ......................... g) Zwischenfazit ............................................................................ 3. Kapitalausstattung und Liquidität zugelassener Institute ............... a) Angemessenes Eigenkapital ...................................................... b) Ausreichende Liquidität ............................................................ c) Europarechtswidrigkeit der Regelung ....................................... d) Ergänzende Bestimmungen ....................................................... e) Bedeutung der Vorschriften für die Vermögensverwaltung ..... f) Gemeinkostenregelung (relatives Mindestkapital) .................... g) Zwischenfazit ............................................................................ 4. Rechtsformenzwang und Vier-Augen-Prinzip ............................... a) Regel .......................................................................................... b) Ausnahme für bestimmte Finanzdienstleistungsinstitute ..........

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c) Rechtsformenzwang .................................................................. d) Zwischenfazit ............................................................................ Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter ........... a) Überblick ................................................................................... b) Persönliche Zuverlässigkeit ...................................................... c) Fachliche Eignung .................................................................... d) Zwischenfazit ............................................................................ Unzuverlässigkeit der Inhaber bedeutender Beteiligungen und Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur ....................................... a) Überblick ................................................................................... b) Versagung der Erlaubnis ........................................................... c) Untersagung des Erwerbs einer bedeutenden Beteiligung ....... d) Verbot der Stimmrechtsausübung ............................................. e) Zwischenfazit ............................................................................ Hauptverwaltung im Inland ........................................................... Organisatorische Vorkehrungen .................................................... a) Inhalt des Geschäftsplans .......................................................... b) Risikomanagement- und Risikocontrollingsystem ................... c) Interne Kontrollverfahren ......................................................... (1) Organisatorische Sicherungsmaßnahmen ........................... (2) Regelmäßige Kontrollen ..................................................... (3) Innenrevision ....................................................................... (4) Beschwerdewesen ............................................................... d) Ausreichende Datensicherheit .................................................. e) Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ......................... f) Sicherungssysteme gegen Geldwäsche und Betrug .................. g) Zwischenfazit ............................................................................ Outsourcing .................................................................................... a) Interessenlage und Gefahren ..................................................... b) Definition der Auslagerung ...................................................... c) Auslagerungsfähige Bereiche ................................................... (1) Auslagerung des Kernbereichs ............................................ (2) Auslagerung wesentlicher Bereiche .................................... (3) Auslagerung unwesentlicher Bereiche ................................ d) Formelle und materielle Zulässigkeitsvoraussetzungen der Auslagerung ........................................................................ e) Praxisrelevanz für die Finanzportfolioverwaltung ................... f) Zwischenfazit ............................................................................ Fazit ................................................................................................

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IV. Die Vorgaben des EsAeG ............................................................. 1. Überblick ........................................................................................ 2. Die Entschädigungseinrichtungen .................................................. a) Anschlusszwang an eine Entschädigungseinrichtung ............... b) Ausnahmen vom Anschlusszwang ............................................ c) Gesetzliche Entschädigungseinrichtungen ................................ d) Beliehene Entschädigungseinrichtungen ................................... e) Die Anschlussdeckung durch freiwillige Einlagensicherungsfonds ......................................................................... 3. Aufgaben, Pflichten und Finanzierung der gesetzlichen Sicherungseinrichtungen ................................................................ 4. Aufsicht über die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen ....... 5. Pflichten der angeschlossenen Institute .......................................... a) Pflichten gegenüber den Kunden .............................................. b) Pflichten gegenüber der Entschädigungseinrichtung ................ c) Unzulässigkeit der Werbung mit Einlagensicherung und Anlegerentschädigung ............................................................... 6. Die Sicherung von Kunden ausländischer Zweigstellen im Inland ......................................................................................... a) Zweigstellen von Instituten aus einem anderen EUMitgliedstaat oder EWR-Staat ................................................... b) Zweigstellen von Instituten aus Drittstaaten ............................. 7. Ausschluss aus einer gesetzlichen Sicherungseinrichtung ............. a) Ausschluss eines inländischen Instituts ..................................... b) Ausschluss einer Zweigstelle aus einem anderen EUMitgliedstaat und EWR-Staat .................................................... c) Ausschluss einer Zweigstelle aus einem Drittstaat ................... d) Folgen des Ausschlusses ........................................................... 8. Der Entschädigungsfall und -anspruch ........................................... a) Entschädigungsfall .................................................................... b) Anspruchsberechtigte und Anspruchsinhalt .............................. c) Umfang des Entschädigungsanspruchs ..................................... (1) Inländische Institute ............................................................. (2) Zweigstellen deutscher Institute in EU- und EWR-Staaten (3) Zweigstellen von Unternehmen aus EU- und EWRStaaten .................................................................................. (4) Zweigstellen aus Drittstaaten ............................................... d) Geltendmachung des Anspruchs, Verjährung, Ausschlussfrist und cessio legis ..........................................................................

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9. Bewertung ...................................................................................... a) Übersicht über die verschiedenen Sicherungen ........................ (1) Private Banken .................................................................... (2) Öffentliche Banken ............................................................. (3) Kreditgenossenschaften ....................................................... (4) Sparkassen ........................................................................... (5) Sonstige Institute ................................................................. b) Die Berechtigung der Einlagensicherung ................................. c) Wettbewerb ............................................................................... d) Zulässigkeit und Bewertung der Aufspaltung in verschiedene Sicherungseinrichtungen ........................................................... e) Höhe des Substanzverlustrisikos .............................................. f) Schutz des Verwaltungs- und Abwicklungsrisikos .................. g) Richtlinienkonformität und Gesetzgebungstechnik .................. h) Internationale Entwicklungen ................................................... 10. Fazit und weiteres Vorgehen ..........................................................

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Kapitel 10: Die aufsichtsrechtlichen und die damit verzahnten zivilrechtlichen Verhaltenspflichten  717 I. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des WpHG auf die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ...................... 1. Sachlicher Anwendungsbereich ..................................................... a) Vermögensverwaltung als Wertpapierdienstleistung ............... b) Erfasste Instrumente ................................................................. c) Wertpapiernebendienstleistungen ............................................. (1) Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Nr. 1) .... (2) Kreditgewährung (Nr. 2) ..................................................... (3) Anlageberatung (Nr. 3) ....................................................... (4) Devisengeschäfte und OTC-Devisentermingeschäfte (Nr. 4) .................................................................................. 2. Persönlicher Anwendungsbereich .................................................. a) Institutionelle und funktionale Merkmale ................................. b) Erfasste Unternehmen ............................................................... c) Ausnahmen vom persönlichen Anwendungsbereich ................ 3. Bedeutung der Regelung für Vermögensverwalter ........................

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II. Das System der Organisations- und Verhaltensaufsicht .......... 730 1. Aufgaben der staatlichen Marktaufsicht ........................................ 730 2. Die verschiedenen Pflichtenkategorien .......................................... 731

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3. Richtlinien nach § 35 Abs. 4 WpHG .............................................. a) Rechtsnatur der Richtlinien ....................................................... b) Mittelbare Außenwirkung der Richtlinien ................................ (1) Vermutungswirkung der Richtlinien im Hinblick auf § 4 WpHG .................................................................................. (2) Vermutungswirkung der Richtlinien in Zivilprozessen ...... (3) Richtlinien als Handelsbräuche oder als Verkehrssitte ....... 4. Adressat der aufsichtsrechtlichen und der zivilrechtlichen Pflichten .......................................................................................... 5. Weiteres Vorgehen ......................................................................... III. Die Verzahnung von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten .................................................. 1. Verhältnis von Aufsichtsrecht und Vertragsrecht .......................... 2. Verhaltenspflichten als Verbotsgesetze .......................................... 3. Vertraglicher Schutz bei Verletzung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten ......................................................................... 4. Deliktischer Schutz bei Verletzung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten ......................................................................... a) Der Schutzgesetzcharakter von aufsichtsrechtlichen Normen .. b) §§ 31, 32 WpHG als Schutzgesetze .......................................... c) § 33 WpHG als Schutzgesetz .................................................... d) § 34 WpHG als Schutzgesetz .................................................... e) § 34a WpHG als Schutzgesetz .................................................. f) Verhaltenspflichten als deliktische Verkehrspflichten .............. 5. Verhaltenspflichten und Berufshaftung .......................................... 6. Verhaltenspflichten und Sanktionen ............................................... IV. Die kundenbezogenen Verhaltenspflichten ................................ 1. Von den Verhaltenspflichten geschützter Personenkreis ............... a) Fragestellung ............................................................................. b) Vertragsschluss und Vertragsanbahnung .................................. c) Dreipersonenverhältnisse in Form der Personenverdoppelung auf Kundenseite ......................................................................... (1) Bote ...................................................................................... (2) Unmittelbare Stellvertretung ............................................... (3) Mittelbare Stellvertretung .................................................... d) Dreipersonenverhältnisse in Form der Personenverdoppelung auf Institutsseite ......................................................................... (1) Fragestellung ........................................................................ (2) Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ........ (3) Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells ........

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e) Zwischenfazit ............................................................................ 2. Pflicht zur Erbringung der Wertpapierdienstleistung mit Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) a) Einordnung der Pflicht .............................................................. b) Maß der aufzuwendenden Sorgfalt ........................................... 3. Die Interessenwahrungspflicht (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) ........... a) Grundsatz der Interessenwahrung ............................................. b) Bestimmung des Kundeninteresses .......................................... (1) Der geschützte Personenkreis ............................................. (2) Differenzierung nach Kundengruppen ................................ (3) Anlageziele als Teil der Kundeninteressen ......................... (4) Ermittlung der Kundeninteressen ........................................ (5) Kundeninteressen und Marktschutz .................................... c) Bestehen von Interessenkonflikten ........................................... d) Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten .................... (1) Organisationspflichten ........................................................ (2) Aufklärung .......................................................................... (3) Grundsatz der Gleichbehandlung ........................................ (4) Grundsatz der Priorität ........................................................ (5) Zurückweisung des Auftrags ............................................... (6) Das Untätigbleiben .............................................................. (7) Das Abstandnehmen von bestimmten Arten von Wertpapiergeschäften .......................................................... (8) Zwischenfazit ...................................................................... e) Pflicht zur Wahrung des Kundeninteresses bei unvermeidbaren Interessenkonflikten ........................................................ f) Die besonderen Verhaltenspflichten nach § 32 WpHG ............ (1) Anwendung der Norm auf die Vermögensverwaltung ....... (2) Empfehlungen gegen die Interessen des Kunden (Nr. 1) .... (3) Empfehlungen zum Zwecke der Kurslenkung (Nr. 2) ........ (4) Eigengeschäfte aufgrund der Kenntnis von Kundenaufträgen (Nr. 3) .................................................................. (5) Erstreckung auf Inhaber, Geschäftsleiter und Angestellte .. 4. Die Informations- und Erkundigungspflichten (§ 31 Abs. 2 WpHG) ........................................................................................... a) Bedeutung der Pflichten ............................................................ b) Ziel der Informations- und Erkundigungspflichten .................. c) Verhältnis von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Informations- und Erkundigungspflichten ................................ d) Die Pflicht zur Einholung von Kundenangaben ....................... (1) Erforderlichkeit der Erkundigung ....................................... XXXII

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Dokumentation der Erkundigung ........................................ Inhalte der Erkundigung ...................................................... Selbstdarstellung des Kunden .............................................. Verweigerung der Kundenangaben ..................................... Unvernünftige Kundenangaben ........................................... Bereichsausnahmen von der Erkundigungspflicht für bestimmte Geschäftsbereiche .............................................. (8) Zwischenfazit ....................................................................... e) Die Pflicht zur Information ....................................................... (1) Bedeutung und Inhalt des Informationsbegriffs .................. (2) Art der Informationsleistung ............................................... (3) Zeitpunkt der Informationsleistung ..................................... (4) Inhalt der Informationspflicht .............................................. (5) Form und Dokumentation der Aufklärung .......................... (6) Verweigerung der Entgegennahme von Informationen ...... V. Unternehmensbezogene Pflichten ............................................... 1. Organisationspflichten .................................................................... a) Vorbemerkung ........................................................................... b) Mittel und Verfahren zur ordnungsgemäßen Erbringung der Wertpapierdienstleistungen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) ........... c) Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) ............................................................................. (1) Ziel der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten . (2) Die Mitarbeitergeschäfte ..................................................... (3) Regelung der Informationsflüsse ......................................... d) Interne Kontrollverfahren (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 WpHG) .............. e) Outsourcing ............................................................................... f) Zwischenfazit ............................................................................ 2. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht ................................... 3. Pflicht zur Vermögenstrennung ...................................................... a) Die Pflicht zur Vermögenstrennung im Allgemeinen ............... b) Reichweite des § 34a WpHG .................................................... c) Zwischenfazit ............................................................................

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VI. Verhaltenspflichten vor und bei Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags ..................................................................... 869 1. Verwaltung nur im Rahmen bestehender Vertragsverhältnisse ..... 870 2. Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien ............................ 870

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3. Informationspflichten des Vermögensverwalters bei Geschäftsaufnahme ........................................................................................ a) Reichweite der Informationspflicht bei der Festlegung der Anlagerichtlinien ....................................................................... b) Aufklärung über Interessenkonflikte beim Wertpapierdienstleistungsunternehmen ...................................................... c) Aufklärung über Interessenkonflikte bei Mitarbeitern ............. d) Interessenkonflikte aus geschäftlichen Beziehungen ............... e) Aufklärung über die Methoden der Wertpapieranalyse ............ 4. Auswirkungen der Verhaltenspflichten auf die Gestaltung der Vergütung des Vermögensverwalters ............................................ a) Inhaltskontrolle hinsichtlich der Honorarhöhe ......................... b) Die Zulässigkeit des Anfangshonorars ..................................... c) Die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren .................................... (1) Ratio legis des Verbots von Erfolgshonoraren am Beispiel des Anwaltshonorars ........................................................... (2) Wertungen des Wertpapierhandelsgesetzes ........................ d) Entlohnung der Mitarbeiter des Vermögensverwalters ............ e) Churning ................................................................................... f) Kick-Back-Vereinbarungen ...................................................... VII. Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung .................................................................................... 1. Pflicht zur Verwaltung im Rahmen der Anlagerichtlinien und Weisungen ...................................................................................... a) Grundsatz .................................................................................. b) Grenzen ..................................................................................... c) Abweichen von den Anlagerichtlinien ..................................... 2. Pflicht zur Anlage und Umschichtung des Vermögens ................. a) Pflicht zur produktiven Anlage des Vermögens ....................... b) Pflicht zur sorgfältigen Auswahl der Anlageobjekte ................ c) Pflicht zur sorgfältigen Informationsbeschaffung .................... (1) Risikozuweisung und Sorgfaltsmaßstab ............................. (2) Research .............................................................................. (3) Zwischenfazit ...................................................................... d) Gebot der Diversifikation ......................................................... e) Pflicht zur sorgfältigen Überwachung der Anlageobjekte ........ f) Verbot der Spekulation ............................................................. 3. Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten .........................

XXXIV

877 877 880 881 881 882 882 883 884 885 886 891 894 894 896 898 898 898 899 902 903 903 904 907 907 908 910 910 911 912 912

Inhaltsverzeichnis Seite

4. Pflicht zur Information ................................................................... a) Überblick ................................................................................... b) Regelmäßige Benachrichtigungs-, Rechnungslegungs- und Unterrichtungspflichten ............................................................. c) Ad-hoc-Benachrichtigungspflicht ............................................. d) Sonstige Unterrichtungspflichten ..............................................

912 912 913 914 915

VIII. Fazit und Ausblick ........................................................................ 919

Kapitel 11: Strafrechtliche Vorgaben  921 I. Die Ausstrahlungswirkung strafrechtlicher Tatbestände ........ 921 II. Geldwäschegesetz .......................................................................... 1. Überblick und Anwendungsbereich des GwG ............................... 2. Identifizierungspflichten ................................................................. a) Identifizierungspflicht bei Begründung einer Geschäftsbeziehung ................................................................................... b) Identifizierungspflicht bei der Vornahme von Transaktionen .. c) Identifizierungspflicht bei Verdacht der Geldwäsche ............... d) Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten ............................. e) Ausnahmen ................................................................................ 3. Interne Sicherungsmaßnahmen ....................................................... 4. Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung der Unterlagen ....... 5. Fazit ................................................................................................

923 923 924 924 925 927 927 929 929 930 930

Kapitel 12: Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht  931 I. Gewährleistung einer ausreichenden Aufsichtsgesetzgebung .. 1. Anspruch auf gesetzgeberisches Einschreiten und Amtshaftung für legislatives Unrecht ................................................................... 2. Gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch ........................ a) Verspätete Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie .......... b) Verspätete Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ..................................................................................... c) Verspätete Umsetzung der Kapitaladäquanzrichtlinie .............. d) Zwischenfazit ............................................................................ 3. Maßnahmen gegen verfassungs- oder europarechtswidrige Gesetze ............................................................................................

932 932 934 939 942 950 953 953

XXXV

Inhaltsverzeichnis Seite

II. Gewährleistung eines gesetzeskonformen Verhaltens der Aufsichtsbehörden ....................................................................... 1. Verletzung der Rechte der beaufsichtigten Institute ...................... 2. Amtshaftung und Konkurrentenklage ............................................ 3. Schadensersatzansprüche der Anleger wegen rechtswidriger Wirtschaftsaufsicht ......................................................................... a) Die wechselvolle Geschichte der Amtshaftung für Wirtschaftsaufsicht ................................................................... b) Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip ............................ c) Verstoß gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip ................. d) Verstoß gegen Art. 14 GG ........................................................ e) Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG ............................................. f) Verstoß gegen Art. 34 GG ........................................................ (1) Drittbezogenheit .................................................................. (2) Formenmissbrauch .............................................................. g) Zwischenfazit ............................................................................ h) Europarechtswidrigkeit des Haftungsausschlusses ................... 4. Gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch für administratives und judikatives Unrecht ........................................

954 954 955 956 957 960 961 962 968 969 969 970 974 976 978

III. Fazit ............................................................................................... 980

Kapitel 13: Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils  981 I. Ziel der Aufsicht über Institute .................................................. 981 II. Die einschlägigen EG-Richtlinien und ihre Umsetzung ........... 982 III. Die aufsichtsrechtliche Erfassung der Vermögensverwaltung

983

IV. Angemessenheit des Anlegerschutzes im Recht der Vermögensverwaltung ................................................................. 985 1. Institutionelle Aufsicht ................................................................... 985 2. Markt- und verhaltensbezogene Aufsicht ...................................... 992 V. Schließung von Lücken im Anlegerschutz durch Ansprüche gegen den Staat ............................................................................. 993

XXXVI

Inhaltsverzeichnis Seite

Schluss Kapitel 14: Gesamtergebnis und Ausblick  995 I. Das Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes ...................... 995 II. Die Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung .................... 996 III. Die verschiedenen Modelle der Vermögensverwaltung ................. 997 Urteilsverzeichnis .................................................................................. 999 EU ................................................................................................... 999 Deutschland .................................................................................... 1002 Schweiz ........................................................................................... 1015 Großbritannien ................................................................................ 1015 USA ................................................................................................ 1016 Literaturverzeichnis ................................................................................. 1017 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 1087

XXXVII

Abbildungsverzeichnis Seite

Abbildung 1: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Formen der Vermögenssorge ............................................ 47 Abbildung 2: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen fremdnützigen Verwaltungen ........................................... 47 Abbildung 3: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von (gesellschaftsrechtlichen) Beteiligungen ..................................... 48 Abbildung 4: Der Prozess des Portfoliomanagements ........................... 67 Abbildung 5: Typischer Fragenkatalog zur Ermittlung der Anlageziele ....................................................................... 69 Abbildung 6: Typisches Beispiel Festlegung der Anlagestrategie ......... 71 Abbildung 7: Grad der Gefährdung des Kundenvermögens (Substanzerhaltungsrisiko) ............................................... 129

XXXIX

Tabellenverzeichnis Seite

Tabelle 1: Honorarberechnung deutscher Vermögensverwalter ........... Tabelle 2: Art des Honorars bei Kreditinstituten und Vermögensverwaltern (1997) ................................................................. Tabelle 3: Höhe des Fixhonorars .......................................................... Tabelle 4: Höhe und Basis des reinen Erfolgshonorars ........................ Tabelle 5: Höhe und Basis des Erfolgshonorars bei Mischmodellen ... Tabelle 6: An der New York Stock Exchange gehandelte Wertpapiere .......................................................................... Tabelle 7: Zahl der im Geld- und Kredithandel beschäftigten Personen (Selbstständige und Gehilfen) .............................. Tabelle 8: Portfolio asset allocations der Harvard University .............. Tabelle 9: Portfolio asset allocations der Princeton University ............ Tabelle 10: Effektenwerte in Mrd. franz. Francs um 1900 ..................... Tabelle 11: Anzahl und verwaltetes Vermögen der Trust Companies ... Tabelle 12: Anzahl der Privatbanken in Deutschland ............................. Tabelle 13: Anzahl der Privatbanken in deutschen Großstädten ............ Tabelle 14: Trustvermögen in den USA ................................................. Tabelle 15: Durchschnittliche Verteilung der discretionary funds (1925) ................................................................................... Tabelle 16: Trustvermögen in den USA ................................................. Tabelle 17: Einkommen der privaten Haushalte nach zusammengefassten Einkommensklassen ............................................. Tabelle 18: Anzahl der unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen (Alleinstehende und Verheiratete) ........................ Tabelle 19: Höhe der Einkünfte und des Bruttogeldvermögens im Jahr 1993 .............................................................................. Tabelle 20: Geldvermögen und Verbindlichkeiten der privaten Haushalte ............................................................................. Tabelle 21: Reproduzierbares Sachvermögen zu Wiederbeschaffungspreisen in Mrd. DM .............................................................. Tabelle 22: Struktur des Geldvermögens in 9 EWU-Ländern ................ Tabelle 23: Zahl der Zweigstellen und Tochtergesellschaften großer Banken in den wichtigsten Industriestaaten 1991 ................ Tabelle 24: Nominalwerte ausstehender derivativer Kontrakte ..............

82 83 83 85 86 264 268 278 278 282 285 289 290 321 326 342 344 344 345 347 348 349 354 361

XLI

Tabellenverzeichnis Seite

Tabelle 25: Aufteilung der institutionellen Anleger ............................... Tabelle 26: Gesamtvermögen der HNWIs nach Regionen .................... Tabelle 27: Die größten Vermögensverwalter im Jahr 1997 .................. Tabelle 28: Die größten Vermögensverwalter im Jahr 1998 sowie Auswirkungen des Kaufs von Pimco durch die Allianz Versicherung im Jahr 1999 .................................................. Tabelle 29: Kundendepots und Treuhandanlagen in der Schweiz im Jahre 1994 in Mrd. SFr. ....................................................... Tabelle 30: Cross Border Private Banking ............................................. Tabelle 31: Auslandsinvestitionen britischer institutioneller Anleger in Mio. Pfund ....................................................................... Tabelle 32: Anbieter der Vermögensverwaltung .................................... Tabelle 33: Verwaltetes Vermögen der Deutschen Bank Ende 1990 in Mrd. DM .......................................................................... Tabelle 34: Durchschnittliches Vermögen der Anleger in Investmentfonds .................................................................................... Tabelle 35: Durch Investmentfonds verwaltetes Vermögen im internationalen Vergleich ....................................................

XLII

362 368 369

370 371 372 374 375 384 388 388

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. E. ABlAmMilReg ABlBrMilReg Abs. AC AcP AERL AG AGB AGBG AktG All E.R. All E.R. Rep. AnwBl AnzV

AO ARB Aufl. BA BaFin BAG BAKred

BankA BAnz BAWe

BB BCCI

anderer Ansicht am Ende Amtsblatt der amerikanischen Militärregierung Amtsblatt der britischen Militärregierung Absatz Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis EG-Richtlinie zur Anlegerentschädigung Die Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Aktiengesetz All England Law Reports All England Law Reports Reprint Anwaltsblatt Verordnung über die Anzeigen und die Vorlage von Unterlagen nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Anzeigenverordnung) Abgabenordnung Allgemeine Versicherungsbedingungen für Rechtschutzversicherungen Auflage Bankhistorisches Archiv – Zeitschrift zur Bankengeschichte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (seit 1.5.2002 Sektor Bankenaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) Bank-Archiv Bundesanzeiger Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (seit 1.5.2002 Sektor Wertpapieraufsicht/Asset Management der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) Betriebs-Berater Bank of Credit and Commerce International

XLIII

Abkürzungsverzeichnis

Bd. BFH BFLR BFuP BGB BGE BGH BGHSt BGHZ BierStG BIS BKR BKRL BNotO BörsG BRAGO BRAO BR-Drucks. BT-Drucks. BuB Buchholz Bus. L.I. BVerfG BVerwG BVerwGE

Band Bundesfinanzhof Banking and Finance Law Review Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Biersteuergesetz Bank for International Settlements, Basel Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht EG-Bankrechtskoordinierungsrichtlinie Bundesnotarordnung Börsengesetz Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache Bankrecht und Bankpraxis, hrsg. von Hellner/Steuer Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, begr. von Karl Buchholz Business Law International Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

c. Car. Ch.D. CMLR cmt./cmts. Columbia L.Rev. Comp. Law Compliance-RL

Chapter Charles Chancery Division Common Market Law Review comment/comments Columbia Law Review Company Lawyer Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 WpHG

DAJV-NL

Newsletter der Deutsch-Amerikanischen Juristenvereinigung e.V. Der Betrieb Die Betriebswirtschaft

DB DBW XLIV

Abkürzungsverzeichnis

Die Bank Diss. DJT DM DÖV DStR DStZ DVBl. DZWIR

Die Bank, Zeitschrift für Bankpolitik und Bankpraxis Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

€ ecolex ed./eds. Edw. EG

Euro ecolex – Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht editor, edition/editors Edward Vertrag über die Europäischen Gemeinschaften i. d. F. seit dem Amsterdamer Vertrag Vertrag über die Europäischen Gemeinschaften i. d. F. vor dem Amsterdamer Vertrag European Law Review Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz EG-Richtlinie zur Einlagensicherung Einkommensteuergesetz Europäischer Gerichtshof European Journal of International Law Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht Europäische Währungsunion

EGV ELR EsAeG ESRL EStG EuGH Eur. J. Int’l. L. EuZW EWR EWiR EWS EWU f. FamRZ FATF ff. FG FRN FS FSA FSAP FSMA

der/die folgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Financial Action Task Force on Money Laundering fortfolgende Festgabe, Freundesgabe Floating Rate Notes Festschrift Financial Services Act 1986, Financial Services Authority Financial Services Action Plan Financial Services and Markets Act 2000

XLV

Abkürzungsverzeichnis

GbR Geo. GG GKRL GmbHR Grds GrünhutsZ GWB Harvard L. Rev. Hen. HMSO Holdh.Mschr. HRG Hrsg./hrsg. HS HypBankG i. E. ICLQ IMRO InsO Int’l. Lawyer Investment IOSCO Iowa L. Rev. J. Pol. Econ. JIFM JBL JFG Jher.Jb. JIBL Jura JuS JW JZ XLVI

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) George Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland EG-Richtlinie über Großkredite GmbH-Rundschau (mit GmbH-Report) Grundsatz Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart, begründet von C.S. Grünhut Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Harvard Law Review Henry Her Majesty’s Stationery Office Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen, Steuerund Stempelfragen, begründet von Holdheim Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Herausgeber/herausgegeben Halbsatz Hypothekenbankgesetz im Ergebnis International and Comparative Law Quarterly Investment Management Regulatory Organisation Insolvenzordnung International Lawyer Investment (Zeitschrift hrsg. vom Bundesverband der deutschen Investmentgesellschaften e.V.) International Organisation of Securities Commissions Iowa Law Review Journal of Political Economy Journal of International Financial Markets Journal of Business Law Jahrbuch für Entscheidungen in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Journal of International Banking Law Jura – Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

Abkürzungsverzeichnis

KAGG KARL KGJ

KO KStG KTS KWG LG LM

Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften EG-Kapitaladäquanzrichtlinie Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Konkursordnung Körperschaftsteuergesetz Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kreditwesengesetz

Lk. LZ

Landgericht Lindenmaier-Möhring – Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes Lukas Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

MaBV Mass. MiFID Miss. L.Rev. MLR Mt.

Makler- und Bauträgerverordnung Massachusetts Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente Missouri Law Review The Modern Law Review Matthäus

NE NJW NJW-RR NWB

North Eastern Reporter Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Neue Wirtschafts-Briefe, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht New York Stock Exchange New York University Law Review Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NvWZ NYSE NYULRev. NZG ÖBA OLG OLGR Hamburg OLGR Köln ORDO OTC

Österreichisches Bankarchiv – Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen Oberlandesgericht OLG-Report Bremen Hamburg Schleswig OLG-Report Köln Ordo – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Over The Counter

XLVII

Abkürzungsverzeichnis

o. V. OVG

ohne Verfasser Oberverwaltungsgericht

P 2nd p. a. Pa Plutus

Pacific Reporter, second series per annum Pennsylvania Kritische Wochenschrift für Volkswirtschaft und Finanzwesen Entscheidungen des Preußischen Obertribunals Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse und Zwischenabschlüsse der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute und über die Prüfung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften sowie darüber zu erstellende Berichte (Prüfungsberichtsverordnung)

Pr.Ob.Trib. PrüfbV

RabelsZ RB RBerG RegE Rpfleger RG RGSt RGZ RIW ROHG Rs. Rs.-E. RVG s. S. S.I. SFr. Slg. Sp. Sparkasse ss. StBerG

XLVIII

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revue de la banque/Bank- En Financiewezen Rechtsberatungsgesetz Regierungsentwurf Der Deutsche Rechtspfleger Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Reichsoberhandelsgericht Rundschreiben (BaFin)/Rechtssache (EuGH) Rundschreiben-Entwurf Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Section Seite Statutory Instrument Schweizer Franken Sammlung der Rechtsprechung des EuGH Spalte Sparkasse – Zeitschrift des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sections Steuerberatungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis

SZW

Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht/Revue suisse de droit des affaires

UAbs. UKHL UmwG UPIA UWG

Unterabsatz House of Lords – Judgements Umwandlungsgesetz Uniform Prudent Investor Act Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VA VAG VersR

Verwaltungsrecht für die Anwaltspraxis Versicherungsaufsichtsgesetz Versicherungsrecht – Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht Verwaltungsgericht Victoria Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

VG Vict. VSWG Warn WDRL WEG WiB wistra WiSt WLR Wm. WM WohlVerh-RL

WpDPV

WPg WpHG WPO WRV WuB

Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Jahr und Nr. der Entscheidung) EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie Wohnungseigentumsgesetz Wirtschaftsrechtliche Beratung Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wirtschaftswissenschaftliches Studium Weekly Law Reports William Wertpapiermitteilungen Richtlinie über Wohlverhaltensregeln (Richtlinie des BAWe zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen) Verordnung über die Prüfung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes (Wertpapierdienstleistungs-Prüfungsverordnung) Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaftsprüferordnung Weimarer Reichsverfassung Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht XLIX

Abkürzungsverzeichnis

WuR WuW

Wirtschaft und Recht Wirtschaft und Wettbewerb

Yale L. J.

The Yale Law Journal

ZBB ZEV ZfgK ZGR ZHR

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

ZIP ZKF ZRG GA ZRG RA ZRP ZVerWiss

L

Einleitung Kapitel 1 Einleitung I. Ziel und Methoden der Untersuchung 1. Die Bedeutung der (Finanz-)Dienstleistung Die Wahrnehmung fremder Vermögensangelegenheiten hat eine lange Tradition und ist in zahlreichen Varianten anzutreffen. Sie reicht von der einmaligen Geschäftsbesorgung über die Testamentsvollstreckung, Pflegschaft, Vormundschaft, Nachlass- und Insolvenzverwaltung bis hin zu institutionalisierten Formen, wie z. B. Investmentfonds. Daneben entstehen – nicht zuletzt aufgrund des in den Industriestaaten immer weiter zunehmenden Wohlstands – neue Formen der Geschäftsbesorgung, deren Profil immer ausdifferenzierter wird und deren volkswirtschaftliche Bedeutung überproportional wächst. Dieser Umstand ist schon deshalb bemerkenswert, weil sich der gesellschaftliche Stellenwert von Dienstleistungen in den letzten 200 Jahren sehr gewandelt hat1. So belegt das folgende Zitat von Adam Smith, dass ihr heute hohes Ansehen keine Selbstverständlichkeit ist: „Auch die Arbeit einiger angesehener Berufsstände in einer Gesellschaft ist, wie die der Dienstboten, unproduktiv. Sie drückt sich nicht in einem dauerhaften Gegenstand oder verkäuflichen Gut aus, das auch nach abgeschlossener Arbeit fortbesteht und für das man später wieder die gleiche Leistung erstehen könnte. […] In die gleiche Gruppe [wie Beamte] muss man auch einige Berufe einreihen, die äußerst wichtig und bedeutend oder sehr anrüchig sind: Zum einen Geistliche, Rechtsanwälte, Ärzte und Schriftsteller aller Art, zum anderen Schauspieler, Clowns, Musiker, Opernsänger und Operntänzer. Zweifellos hat selbst die Tätigkeit des Geringsten unter ihnen einen gewissen Wert, der sich nach genau den gleichen Grundsätzen bemißt, wie die der anderen Arbeit. Und dennoch vermag selbst der Ehrenwerteste und der Nützlichste unter ihnen nichts zu liefern, womit man später einen gleichen Dienst kaufen oder besorgen könnte. Wie die Deklamation eines Schauspielers, die feierliche Ansprache eines Redners oder der Ton eines Musikers, so geht auch die Arbeit der anderen in dem Augenblick unter, in dem sie entsteht.“2

___________ 1

2

Noch deutlicher tritt dies hervor, wenn man die Zeitspanne weiter ausdehnt. Im klassischen römischen Recht galt es für Angehörige der oberen Schichten gar als standeswidrig, Dienste höherer Art gegen Entgelt zu erbringen, Kaser, Das römische Privatrecht, § 132 IV 1 = S. 569; Siber, Jher. Jb. 88 (1940), 161 ff. Smith, Der Wohlstand der Nationen, 2. Buch, 3. Kapitel = S. 273 der deutschen Ausgabe.

1

Einleitung

In dem breiten Spektrum heute angebotener Dienstleistungen nehmen Finanzdienstleistungen einen sehr bedeutenden Platz ein. Lloyd Benson, ehemaliger Finanzminister der USA, bezeichnete sie als das Nervensystem der Wirtschaft, das Signale für den Industriemuskel aussendet und Kapital und Investment zu denjenigen Projekten leitet, die den größten Gewinn versprechen3.

2. Die wachsende Bedeutung der Vermögensverwaltung und ihre juristische Aufarbeitung Innerhalb der Finanzdienstleistungen stellt die Vermögensverwaltung eine eigenständige, relativ junge Dienstleistung dar. Der Vermögensverwalter übernimmt es, Vermögen eines Anlegers auf Dauer und nach bestimmten Anlagerichtlinien und -zielen anzulegen. Im Unterschied zur Anlageberatung handelt der Verwalter nicht aufgrund von Einzelweisungen, sondern betreut das fremde Vermögen über einen längeren Zeitraum nach eigenem Ermessen innerhalb der mit dem Anleger vereinbarten Anlagestrategie. Die Entstehung eines Markts für Vermögensverwaltung setzt das Vorhandensein zu verwaltender Vermögen und die Bereitschaft des Vermögensinhabers voraus, dieses einem anderen zur Verwaltung anzuvertrauen. Letzteres wird regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn die Verwaltung des Vermögens wegen seines Umfangs einen größeren Aufwand bereitet. Aufgrund der Tatsache, dass sich in Deutschland nach zwei Weltkriegen der Wohlstand breiterer Bevölkerungskreise erst allmählich herausgebildet hat, kam der Vermögensverwaltung hier über lange Jahre keine nennenswerte Bedeutung zu. Seit den 80er Jahren nimmt ihre Bedeutung rasant zu; Banken, Versicherungen und freie Vermögensverwalter stehen in einem immer stärkeren Wettbewerb um das Marktsegment vermögender Kunden. Die Vermögensverwaltung ist mittlerweile zu einem der ertragsstärksten Zweige des Bankgeschäfts geworden. Ein Blick auf Luxemburg, die Schweiz und die Vereinigten Staaten zeigt, dass dort die Vermögensverwaltung aufgrund der anderen historischen Entwicklung eine sehr viel längere Tradition und eine dementsprechend um vieles größere Verbreitung aufweist als in Deutschland. Welch große Bedeutung der Vermögensverwaltung für den Bankensektor und die Volkswirtschaft insgesamt zukommen kann, zeigt das Beispiel der Schweiz sehr eindrucksvoll: „Fragt man nach den Aktivitäten, die dem Finanzplatz Schweiz zu seiner internationalen Stellung als Dienstleistungsexporteur ver___________ 3

2

Zitiert nach Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 21.

Ziel und Methoden der Untersuchung

holfen haben, so fällt eine Antwort leicht. Die mit großem Abstand wichtigste war und ist die Vermögensverwaltung, insbesondere für private Kunden. Diese Tätigkeit ist nicht nur unmittelbar von einer hervorragenden Größenordnung und Profitabilität. Sie bildet zusätzlich eine Kernaktivität, von der andere Sparten wie das Börsen-, Devisen-, Kredit- und Emissionsgeschäft wesentlich profitieren.“4. An anderer Stelle bezeichnet Blattner die Vermögensverwaltung gar als „core business“, sie gehöre zu den „Juwelen“ der schweizerischen Volkswirtschaft5. Der geringen Bedeutung der Vermögensverwaltung in Deutschland entsprach die spärliche juristische Aufarbeitung dieses Gebiets im deutschen Schrifttum6 bis Mitte der 80er Jahre und seine geringe Bedeutung in der Rechtsprechung7. Auch die deutsche Bankbetriebslehre beschäftigte sich kaum mit diesem Thema8. Infolge der steigenden praktischen Bedeutung nimmt seit 1986 auch die Zahl der Gerichtsentscheidungen zu dieser Materie stetig zu, wobei die Haftung des Vermögensverwalters und damit der Anlegerschutz im Vordergrund stehen9. Auch das Schrifttum behandelt seitdem vermehrt ___________ 4

5 6

7

8

9

Blattner/Gratzl/Kaufmann, Vermögensverwaltungsgeschäft, S. 21, unter Berufung auf Gehrig, Vermögensverwaltung und Finanzplatz Schweiz, Magazin der Finanz und Wirtschaft, 9/1993, S. 37 (diese Quelle lag Verf. leider nicht vor). Blattner, Festgabe Chapuis, S. 9, 12 f. Bis zum Beginn der 90er Jahre finden sich nur die Veröffentlichungen, vgl. Tegethoff, Treuhandgeschäft (1963); Eisenmenger, Trustgeschäft (1966); Coing, AcP 167 (1967), 99 ff.; Dorner, Vermögensverwaltung (1970); Roll, Vermögensverwaltung (1983); Brunner, Vermögensverwaltung (1987). Anders ist die Ausgangslage in der Schweiz, vgl. die Nachweise in dem aus dem Jahre 1987 stammenden Beitrag von Hopt, Rechtsprobleme der Anlageberatung und der Vermögensverwaltung der Schweizer Banken, S. 135 ff. Bis Mitte der 80er Jahre gab es nur zwei Gerichtsentscheidungen zu dieser Materie, nämlich BGH, WM 1962, 675 und BGHZ 46, 268, die sich beide mit der Angemessenheit der Entlohnung des Verwalters beschäftigen. Vor dem Zweiten Weltkrieg findet sich soweit ersichtlich nur eine Entscheidung, vgl. unten S. 323 Fn. 644. Das Standardwerk von Hagenmüller/Diepen, Der Bankbetrieb, geht in seiner 11. Aufl. von 1987 weder auf die Stichwörter Vermögensverwaltung noch Portfoliomanagement oder Investmentmanagement ein. Anders jetzt etwa Büschgen, Bankbetriebslehre5, S. 393. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Glogowski, Neue Finanzdienstleistungen, S. 193 ff., die Vermögensverwaltung noch als „Nebenleistung“ einordnet. Vgl. etwa BGH, WM 1986, 158; 1987, 79; NJW-RR 1993, 849; WM 1994, 834; BGHZ 125, 366 = WM 1994, 896; 1995, 658; 1996, 664 („Vermögensberater“); BGHZ 137, 69 = WM 1998, 21 („Iraner-Fall“); NJW 1999, 1026 („treuhänderische Vermögensverwaltung“); BGH, WM 2000, 963; BGHZ 146, 235 = WM 2001, 297 („Kick-Backs“); 2001, 1758 („Vermögensverwaltung mit Stillhalteroptionsgeschäften“); 2002, 913; 2002, 1177; OLG Düsseldorf, WM 1991, 94; EWiR 1998, 349; OLG Frankfurt, WM 1996, 665; ZIP 1998, 2148; OLG Hamm, WM 1996, 669; OLG Karls-

3

Einleitung

Rechtsfragen der Vermögensverwaltung. Seit der vollständigen10 Umsetzung der EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie zum 1.1.1998 haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Dienstleistung grundlegend verändert. Vermögensverwalter von in Finanzinstrumenten angelegten Vermögen sind heute einem komplexen aufsichtsrechtlichen Regime unterworfen11. Dies bedingte eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum Thema Vermögensverwaltung. Diese neueren juristischen Untersuchungen betrachten jedoch zumeist nur das Vertragsrecht der Vermögensverwaltung. Ein Teil des Schrifttums bezieht dabei die Verhaltenspflichten nach dem WpHG ein. Untersuchungen, die das gesamte Aufsichtsrecht einbeziehen, fehlen gänzlich12. Vom Schrifttum unbeantwortet ist daher bislang die Frage, welche Auswirkungen das Aufsichtsrecht auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den Vermögensverwaltern und ihren Kunden hat und ob die Verzahnung von Aufsichts- und Vertragsrecht ausreichend ist, um Kunden von Vermögensverwaltern angemessen zu schützen.

3. Ziele der Arbeit a) Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes Die vorliegende Arbeit untersucht die Frage, ob das in Deutschland vorhandene rechtliche Instrumentarium ausreicht, um die Kunden von Vermögensverwaltern angemessen zu schützen. Anlegerschutz wird herkömmlich in zwei Aspekte unterteilt, den Individualschutz und den Markt- oder Funktionenschutz13. Diese lassen sich in aller Kürze wie folgt beschreiben: Während ___________

10

11 12

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ruhe, WM 2001, 805 („graue Vermögensverwaltung“); OLGR Köln 1995, 51; OLG Köln, WM 1996, 1495; 1997, 570; NJW-RR 1998, 1460 („Vermögensverwaltung unter Ehegatten“); NZG 1999, 1177; OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, 138 („Vermögensverwaltung in der Schweiz“); LG Düsseldorf, ZIP 2004, 2089; LG Frankfurt, BKR 2004, 242; LG Freiburg, WM 2004, 124; LG Nürnberg-Fürth, WM 1996, 1579; LG Stuttgart, WM 1997, 163; BKR 2003, 842; LG München I, WM 1999, 179; Schiedsgericht Hamburg, EWiR 2001, 313; BVerwG, BKR 2005, 200. Die Umsetzung erfolgte in zwei Schritten durch das Zweite FinanzmarktförderungsG vom 26.7.1994, BGBl. I 1749, und das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften (im Folgenden Umsetzungsgesetz) vom 22.10.1997, BGBl. I 2518. Dessen Art. 1 betraf die Änderung des KWG und wird daher auch als die 6. KWG-Novelle bezeichnet. Die erwähnten früheren Arbeiten (s. o. Fn. 6) beziehen sich deshalb auf eine mittlerweile in vielen Bereichen überholte Rechtslage. Auch die Dissertation von Balzer, Vermögensverwaltung durch Kreditinstitute, spart die Details des Aufsichtsrechts nach dem KWG und dem EsAeG ebenso aus wie die EG-rechtlichen Grundlagen der heutigen Regelung der Vermögensverwaltung. Grundlegend Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 8 ff., 51 ff.; Koch/Schmidt, BFuP 1981, 231, 233 ff.

Ziel und Methoden der Untersuchung

der Individualschutz den Schutz des einzelnen Kapitalanlegers vor Vermögenseinbußen aufgrund unzureichender Informationen oder einer unzureichenden Interessenvertretung meint, erfasst der Begriff „Funktionenschutz“ die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Allokationsleistung des Kapitalmarkts, also den Schutz vor einem Marktversagen. Denn die Wirtschaftsgeschichte hat gezeigt, dass ein funktionierender Kapitalmarkt eine entscheidende Voraussetzung für Wachstum ist14. Individual- und Funktionenschutz bilden keinen Gegensatz, sondern bedingen einander; sie sind gleichsam Kehrseite einer Medaille15. Nur in seltenen Ausnahmefällen kommt es zu einem Spannungsverhältnis zwischen den beiden Schutzrichtungen. Die Untersuchung des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung weist eine Besonderheit auf. Der Vermögensverwalter ist ein zwischen dem (zu schützenden) Kapitalgeber und den Kapitalnachfragern eingeschalteter Finanzintermediär. Neben die allgemeinen Risiken einer Kapitalanlage (z. B. mangelnde Interessenvertretung gegenüber den Kapitalnachfragern) treten besondere Risiken aus der Zwischenschaltung des Vermögensverwalters (z. B. Untreue). Bei der vorliegenden Untersuchung muss man sich daher stets vergegenwärtigen, dass sich die aufgeworfenen Fragen nicht auf den Anlegerschutz im klassischen Sinne beschränken, sondern darüber hinaus die zusätzlichen Risiken der speziellen Dienstleistung einbeziehen. Der Anlegerschutz gewinnt gleichsam eine weitere Dimension. Aufgrund dieser verschiedenen Ebenen (Schutz vor den Gefahren des Markts einerseits und vor den Gefahren aus der Rechtsbeziehung zum Intermediär andererseits) könnte man den Anlegerschutz auch als „gestuft“ bezeichnen. Die Notwendigkeit der Betrachtung des Individualschutzes bei der Vermögensverwaltung erschließt sich ohne weiteres schon aufgrund der dem Vermögensverwalter eingeräumten großen Rechtsmacht, welche Missbrauch (opportunistisches Verhalten) und Verschleierung von Fehlverhalten begünstigt16. Bezieht man die soeben beschriebene17 Ausstrahlungswirkung ___________ 14 Koch/Schmidt, BFuP 1981, 231, 236. 15 Grundlegend Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 333 ff. 16 Ein Blick in die Presse belegt, dass ein Missbrauch der eingeräumten Vertrauensstellung recht häufig vorkommt, vgl. etwa Südwestpresse vom 11.4.1998, S. 4 („HATVermögensverwaltung – 43 Immobilienfonds im Konkurs“); Freie Presse Online (Sachsen) vom 26.11.99, http://www.freiepresse.de/texte/news/sachsen.html#text2 zur Gesellschaft für Kapitalanlagen und Vermögensverwaltung mbH (GfKV), Zwickau, deren Geschäftsführer durch betrügerisches Verhalten bei Anlegern einen Schaden von 2,3 Mio. DM verursacht haben soll. Angeklagt wurde auch der Vorstandsvorsit-

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Einleitung

der Vermögensverwaltung auf das Bankgeschäft insgesamt ein, erweist sich die Untersuchung, ob ein ausreichender Funktionenschutz besteht, als ebenso bedeutsam wie die Frage nach einem angemessenen Individualschutz. Das erste Ziel der vorliegenden Arbeit besteht daher in der Untersuchung der Frage, ob der Anlegerschutz für die Kunden von Vermögensverwaltern ausreichend ist. Diese Fragestellung ist auch deshalb aktuell, weil mit der 2004 verabschiedeten Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID)18 eine weitere Harmonisierung der Verhaltenspflichten verbunden ist. Bei der für 2006/07 geplanten Umsetzung der MiFID in das deutsche Recht besteht die Chance, notwendige Verbesserungen des Anlegerschutzes im Bereich der Vermögensverwaltung vorzunehmen. Auch auf EG-Ebene wird das Thema des Anlegerschutzes momentan diskutiert. Die Kommission hat soeben ein

___________ zende der Ethik Vermögensverwaltung Köln AG, der 640.000 DM veruntreut haben soll, TAZ vom 8.2.2000, http://www.taz.de/tpl/2000/02/08.fr/ibox?Ueber=&re=wu &name=a0063. Als Serienbetrüger entpuppte sich ein Versicherungskaufmann aus Ravensburg, der als Anlagevermittler und Vermögensverwalter auftrat, Stuttgarter Nachrichten vom 15.2.2000, http://www.stuttgarter-nachrichten.de/dc1/html/news-stn/ 20000215lana0012.htm. Einen Schaden von 1,8 Mio. SFr. verursachte ein Vermögensverwalter in der Schweiz, der Kunden mit Renditen von 18 % lockte, vgl. Tagesanzeiger vom 1.12.1999, http://www.tages-anzeiger.ch/991201/59336.HTM. Einen Schaden von 350.000,– DM erlitten Anleger, die einem untreuen Tübinger Vermögensverwalter ihr Geld anvertrauten, Südwestpresse vom 7.4.1998, S. 5, 17. Auch die GVP Vermögensverwaltung GmbH in Darmstadt entpuppte sich als betrügerisches Unternehmen, vgl. Mannheimer Morgen vom 24.6.2000, http://www.mamo.de/redak/ 20000624/html/Article/r350000005_17500.html (abgerufen am 24.6.2000). Vgl. auch Südwestpresse vom 26.6.1999, S. 9 („Einst wohlhabende Witwe ist heute völlig verarmt“). Eine Vielzahl weiterer Berichte existiert, doch unterscheidet die Presse leider nicht immer präzise zwischen Anlageberatung, Vermögensbetreuung und Vermögensverwaltung. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Übergänge zwischen den Dienstleistungen in der Praxis oft fließend sind und mancher Anlageberater bei Kunden eine so große Vertrauensstellung genießt, dass der Kunde seine Anlageentscheidungen faktisch dem Berater überlässt und ihn damit zum Vermögensverwalter macht. Auch das Fernsehen berichtet des Öfteren über unseriöse Vermögensverwalter, so etwa in der Sendung Plus-Minus vom 27.7.1999. 17 Text bei Fn. 4 und 5. 18 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. Dazu etwa Balzer, ZBB 2003, 177 ff.

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Ziel und Methoden der Untersuchung

Grünbuch19 zur Finanzdienstleistungspolitik veröffentlicht und plant, im Juli 2005 ein gesondertes Grünbuch zur Vermögensverwaltung vorzulegen20. b) Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung Das zweite Ziel dieser Untersuchung besteht in der umfassenden Einordnung der Vermögensverwaltung in den rechtlichen Rahmen für Finanzdienstleistungen. Dies erweist sich schon aufgrund der in den letzten Jahren in diesem Bereich vollzogenen grundlegenden Reformen als dringend notwendig. Nur so lassen sich Unschärfen verhindern, die aus rein punktuellen Betrachtungen resultieren. Gerade im Bereich des Anlegerschutzes waren derartige Unschärfen oft zu beobachten, wenn Gesetzgeber und Wissenschaft sich allein auf ein gerade aktuell gewordenes Regelungsproblem konzentrierten und dabei den Gesamtzusammenhang aus den Augen verloren21. Nicht untersucht wird dagegen eine Gruppe rechtlicher Regeln, die gleichsam neben das Vertragsrecht einerseits und das Aufsichtsrecht andererseits tritt. Es handelt sich um spezielle gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der verwalteten Vermögenswerte, wie etwa die Vorschriften über Mündel- und Stiftungsvermögen oder öffentliche Vermögen22. Sie sind für die Praxis der Vermögensverwaltung von Bedeutung23, da der Vermögensverwalter bei Auftragsübernahme ihre Einhaltung zusichern muss. Aufgrund ihrer Spezialität bleiben diese Vorschriften jedoch einer eigenständigen Untersuchung vorbehalten. c) Die verschiedenen Modelle der Vermögensverwaltung Die Vermögensverwaltung existiert in zwei Ausprägungen, dem Treuhandmodell, bei dem der Kunde sein Vermögen an den Vermögensverwalter zum Zwecke der Verwaltung treuhänderisch übereignet oder ihn zu Verfügungen über das Vermögen ermächtigt, und dem Vertretermodell, bei dem der Ver___________ 19 Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005–2010), KOM(2005) 177 vom 3.5.2005; http://europa.eu.int/comm/internal_market/finances/docs/actionplan/index/ green_de.pdf (abgerufen am 23.5.2005). 20 Pressemitteilung IP/05/527 vom 3.5.2005. 21 Dies beklagt schon Hopt, Gutachten, in: Verhandlungen des 51. DJT, S. G 45. 22 Zur Stiftungsvermögensverwaltung etwa Hof, in: Seifart/v.Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts2, § 10 Rdn. 1 ff. m. w. N. 23 Vgl. etwa die Entscheidung OLG Dresden, WM 2004, 1278. Wie hoch diese Bedeutung ist, zeigt der Umstand, dass die OECD eine eigenständige Konferenz zum Thema Strategic Asset Management for Tertiary Institutions veranstaltete, bei der es u. a. um die Ressourcen- und Vermögensverwaltung von öffentlichen und privaten Hochschulen ging, vgl. die gleichnamige Publikation der OECD.

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Einleitung

mögensverwalter lediglich Vollmacht zur Verwaltung des fremden Vermögens erhält. In Deutschland dominiert die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells. Die vorhandenen Untersuchungen zur Vermögensverwaltung gehen fast ausschließlich auf die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ein. Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells findet – entsprechend ihrer geringen praktischen Bedeutung – nur selten Erwähnung24. Das dritte Ziel dieser Arbeit besteht darin, der Frage nachzugehen, warum das Treuhandmodell sich bislang für die Praxis als so wenig attraktiv erwies. Dies wiederum setzt eine Untersuchung voraus, wie es zur Herausbildung zweier unterschiedlicher Formen der Vermögensverwaltung kam. Deshalb ist auf die Geschichte der fiduziarischen Rechtsverhältnisse einzugehen. Schließlich ist der Frage nachzugehen, ob und welche Abhilfe geboten ist, um dem Treuhandmodell eine praxisnähere Ausgestaltung zu verschaffen. Eine größere Bandbreite im rechtlichen Instrumentarium kann dazu beitragen, Deutschland als Anlagestandort international attraktiver zu machen und ausländische Anleger anzuziehen, die den deutschen Markt bislang scheuen, weil sie entweder nicht die aus ihren Heimatstaaten bekannten „rechtlichen Konstruktionen“ vorfinden oder weil sie eine Vermögensverwaltung unter dem Namen einer anderen Person wünschen, dies aber ohne ein praktikables Treuhandmodell nicht erreichen können. Die Gründe für die Wahl einer treuhänderischen Verwaltung sind vielfältig und müssen nicht – wie oft unterstellt – das Ziel der Steuerhinterziehung haben. Das Treuhandmodell kann etwa gewählt werden, um die eigene Anlagemacht am Markt nicht offen legen zu müssen. Anzutreffen ist auch der Fall, dass eine Person (etwa ein Politiker) zur Vermeidung von Interessenkollisionen das eigene Vermögen für eine bestimmte Zeit überträgt und sicherstellen will, dass er während dieser Zeit keinen Zugriff darauf hat, um jedweden negativen Anschein zu vermeiden25. Mit dem Vertretermodell gelingt die Verwirklichung dieses Ziels nicht, da dieses nur eine konkurrierende, nicht aber eine verdrängende Zuständigkeit für Anlageentscheidungen erlaubt. Vermögensverwaltungen in Form des Treuhandmodells können auch erforderlich sein, um das zu verwaltende Vermögen zum Sitz des Vermögensverwalters zu transferieren26, weil grenzüberschreitende Vollmachtslösungen mitunter rechtliche oder praktische Hindernisse mit sich bringen. Auch bietet die Treuhandlösung – je nach Rechtsordnung – den ___________ 24 Ausführlich gehen allein Fiala/Behrendsen, Rpfleger 1997, 281 ff. (zur Verwaltung von Vermögenswerten durch Angehörige freier Berufe) auf diese Form der Vermögensverwaltung ein. 25 Diese Lösung wird auch als „blind trust“ bezeichnet, vgl. Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 109. 26 So schon Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 678 f.

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Ziel und Methoden der Untersuchung

Vorteil, dass sich der Vertragspartner nicht vergewissern muss, welchen Umfang die Vertretungsmacht des Handelnden hat. Schließlich kennen ausländische Rechtsordnungen als Motiv für eine Treuhandlösung die Interessenlage, eigene Angehörige zu versorgen27. Dazu überträgt man Vermögen unwiderruflich auf einen Treuhänder und setzt als Begünstigten die Angehörigen ein. In diesem Fall ist das Treuhandvermögen vor dem Zugriff der eigenen Gläubiger geschützt, da allein die Begünstigten aus der Treuhand berechtigt sind28. Auch steuerliche Gründe können die Wahl der Vermögensverwaltung im Treuhandmodell gebieten29. Dass das Treuhandmodell im Ausland eine große Bedeutung in der Praxis der Vermögensverwalter erlangt hat, belegt das Beispiel der Schweiz. Obwohl dort im Gegensatz zu Liechtenstein kein eigenständiges Trustrecht existiert, ist es für schweizerische Vermögensverwalter, Aufsichts- und Steuerbehörden eine Selbstverständlichkeit, auch mit ausländischen Trusts umzugehen30. Nicht zuletzt wegen der dabei gesammelten guten Erfahrungen überlegt man in der Schweiz, dem „Haager Übereinkommen über das auf Trusts anwendbare Recht und ihre Anerkennung“ von 1985 beizutreten31.

___________ 27 Hierauf weist Spremann, Vermögensverwaltung, S. 182, hin; s. a. Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 108 f. (bezogen auf Kanada). 28 Dieser Zweck lässt sich nicht in allen angloamerikanischen Rechtsordnungen verwirklichen, vgl. Hayton in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 292. 29 Beispiele bei Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 109 ff. und 119 f. 30 Stieger, Trust-Paradies Schweiz?, in: NZZ vom 2.6.2000, http://www.nzz.ch/online/ 01_nzz_aktuell/wirtschaft/06_wirtschaft.htm. 31 Die entsprechende Diskussion ist wiedergegeben bei Overbeck, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 105, 107, 115 ff.; s. a. die Nachweise bei Kötz, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 50. Allerdings beklagt die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers, dass eine Ratifizierung immer noch nicht erfolgt sei, http://www.swissprivatebankers.com/abps/library/DE/rahn_presse 2005_de.pdf (abgerufen am 11.6.2005). Auf die auch erwogene Schaffung eines eigenen Trustrechts wurde verzichtet, vgl. Bundesbeschluss über die Genehmigung des Haager Übereinkommens über das auf trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, Erläuternder Begleitbericht zum Vernehmlassungsverfahren vom 16.9.2004, S. 35, http://www.ofj.admin.ch/themen/trust/vn-ber-d.pdf (abgerufen am 11.6.2005).

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Einleitung

4. Methodische Vorgehensweise a) Europarechtlicher und rechtsvergleichender Ansatz Um das in anderen Staaten schon weit entwickelte Recht der Vermögensverwaltung für uns fruchtbar zu machen, wird ein rechtsvergleichender Ansatz gewählt. Der Blick über die Grenzen des nationalen Rechts ist noch aus einem zweiten Grund erforderlich. Das Recht der Finanzdienstleistungen unterliegt in sehr starkem Maße Regelungen der EU; zudem ist eine Globalisierung der Kapitalmärkte festzustellen, die wesentliche Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung im Inland hat. Die Rechtsvergleichung wird daher einen wesentlichen Aspekt der Arbeit ausmachen. Dabei wird keine vollständige Darstellung des ausländischen Aufsichts-, Vertrags- oder Standesrechts im Sinne von Länderberichten angestrebt. Einbezogen werden nur die für den jeweiligen Untersuchungsgegenstand wesentlichen ausländischen Regelungen. b) Einbeziehung der Branchengepflogenheiten Die Untersuchung der Frage nach einem angemessenen Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung ist nicht möglich, ohne die einschlägigen Rechtstatsachen und der Usancen der Branche im Detail zu ermitteln. Dies zeigt sich an folgendem Beispiel: Eine Untersuchung der Frage, welches Konditionenrisiko der Kunde von Vermögensverwaltern trägt, macht nur Sinn, wenn zuvor festgestellt wird, welche Vertragsmuster von der Praxis verwendet werden. In der vorliegenden Arbeit werden daher die Rechtstatsachen zum Ablauf des Vermögensverwaltungsprozesses und typische Vertragsmuster im Detail dargestellt. c) Verzahnung von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Pflichten Die Vermögensverwaltung wird von zwei – nach Konzeption und Inhalt höchst unterschiedlichen – Rechtsgebieten erfasst: dem zivilrechtlichen Vertrags- und Deliktsrecht und dem öffentlich-rechtlichen Aufsichtsrecht. Um die Frage nach dem Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes beantworten zu können, müssen daher beide Rechtsgebiete betrachtet werden. Methodisch bieten sich zwei Wege an. Zum einen könnte man Aufsichtsrecht und Vertragsrecht nacheinander und damit getrennt untersuchen. Eine solche Darstellung besticht zunächst durch ihre Übersichtlichkeit, hat aber einen entscheidenden Nachteil: Das Aufsichtsrecht macht den Vermögensverwaltern umfangreiche Vorgaben. Dabei verfolgt das Aufsichtsrecht einen generellen und präventiven Ansatz. Anders als das Zivilrecht, das nur bei konkret eingetretenen Benachteiligungen im Einzelfall Sanktionen vorsieht (z. B. Inhaltskontrolle von AGB, Schadensersatzpflichten, Kündigungsrech10

Aufbau der Untersuchung

te), muss das Aufsichtsrecht Lösungen anbieten, die eine Gefährdung des Kunden bereits im Vorfeld vermeiden. Aus diesem Grund macht das Aufsichtsrecht auch in solchen Bereichen strenge Vorgaben, in denen zivilrechtlich völlige Vertragsfreiheit herrscht. Obwohl es sich bei dem Aufsichtsrecht gerade nicht um (zwingendes) Vertragsrecht handelt, wird der Vermögensverwalter verpflichtet, die strengeren aufsichtsrechtlichen Vorgaben bei der Vertragsgestaltung mit seinen Kunden zu beachten, will er nicht riskieren, seine Zulassung zu verlieren. Das Aufsichtsrecht setzt sich damit – ohne für beide Vertragsparteien rechtlich verbindlich zu sein – faktisch immer durch. Das Aufsichtsrecht schreibt einen Mindeststandard auch für das Zivilrecht fest. Eine getrennte Darstellung der zivilrechtlichen Anforderungen an die Vermögensverwaltung – zudem noch vor dem Aufsichtsrecht – würde aus diesem Grund keinen Sinn machen und zudem das Gesamtbild der Untersuchung verfälschen. Die Darstellung muss berücksichtigen, dass das Aufsichtsrecht in weiten Teilen mit dem Zivilrecht verzahnt ist. Umgekehrt orientieren sich aber auch die aufsichtsrechtlichen Normen an zivilrechtlichen Pflichtenkategorien (insbesondere bei der aufsichtsrechtlichen Interessenwahrungspflicht). Auch dieser Umstand spricht gegen eine getrennte Darstellung. Dieser Befund einer gegenseitigen Ausstrahlung muss im methodischen Ansatz berücksichtigt werden. Die Darstellung geht daher im 3. Teil der Arbeit vom Aufsichtsrecht aus und untersucht in diesem Rahmen ausführlich die zivilrechtlichen Folgefragen. Eines eigenständigen Abschnitts zu den zivilrechtlichen Grundlagen der Vermögensverwaltung bedarf es daneben nicht mehr32.

II. Aufbau der Untersuchung Im ersten Teil der Arbeit (Kapitel 2 und 3) steht eine nähere Bestimmung des Untersuchungsgegenstands „Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung“ im Vordergrund: In Kapitel 2 wird zunächst der Begriff Vermögensverwaltung definiert, um eine tatsächliche Beschreibung der verschiedenen Formen der Vermögensverwaltung und eine Abgrenzung zu anderen Dienstleistungen anzuschließen. Diese Abgrenzung dient nicht nur der Eingrenzung des Themas, sondern sie ist auch für die im 3. Teil der Arbeit notwendige Klärung der aufsichtsrechtlichen Tatbestände relevant. Kapitel 3 zeigt die ___________ 32 Aus diesem Grunde wird auch die Haftung für fehlerhafte Vermögensverwaltung nicht vertieft. Dieser Bereich ist zudem ausreichend erforscht, vgl. statt vieler die umfassende Untersuchung von Balzer, Vermögensverwaltung durch Kreditinstitute.

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Einleitung

generelle Notwendigkeit und Reichweite des Anlegerschutzes sowie – aus betriebswirtschaftlicher Sicht – die Funktionen der Vermögensverwalter als Finanzintermediäre auf, um anschließend auf die spezifischen Risiken der Kunden eines Vermögensverwalters eingehen und diese Risiken systematisieren zu können. Der zweite Teil der Untersuchung (Kapitel 4 bis 7) enthält eine rechtshistorische, rechtsvergleichende und rechtstatsächliche Bestandsaufnahme der Vermögensverwaltung und des Anlegerschutzes. Diese Vorgehensweise ist dem Umstand geschuldet, dass die wenigen vorhandenen Arbeiten zur Vermögensverwaltung nahezu keine Angaben darüber enthalten, wie sich die Vermögensverwaltung entwickelt hat und welche Maßnahmen des Anlegerschutzes sich in der Vergangenheit bewährt haben. Der bei der historischen und rechtsvergleichenden Betrachtung in Kapitel 4 und 5 gewählte Blickwinkel ist weit, da die Vermögensverwaltung sich nicht auf einen einzigen Entwicklungsstrang zurückführen lässt. Daher ist nicht nur die Entwicklung der Vermögensverwaltung von Wertpapieren, sondern diejenige aller Formen der Vermögensverwaltung zu untersuchen. Einzubeziehen sind zudem die wirtschaftliche Entwicklung, die Entstehung des Bank- und Finanzdienstleistungswesens und die Entwicklung rechtlicher Regeln, die die Verwaltung fremden Vermögens betreffen. Dies umfasst „interessenwahrende“ bzw. „fiduziarische Rechtsverhältnisse“, wie etwa den Trust, die Treuhand und die Testamentsvollstreckung. Es folgt in Kapitel 6 eine Beschreibung des Markts für Vermögensverwaltungen seit 1945 sowie in Kapitel 7 eine Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Teils. Der dritte Hauptteil (Kapitel 8 bis 13) wendet sich der konkreten Frage des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung zu. Da das nationale Aufsichtsrecht des Kreditwesengesetzes, des Wertpapierhandelsgesetzes und des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes in weiten Teilen auf EG-Richtlinien beruht, werden in Kapitel 8 die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung dargestellt und kritisch beleuchtet. Die aufsichtsrechtliche Erfassung der Vermögensverwaltung erfolgte 1997 mit dem Umsetzungsgesetz33. Zahlreiche Einzelfragen sind ungeklärt, insbesondere auch die Einordnung der Vermögensverwaltung in diesen neuen Rechtsrahmen. Dem wird in den Kapiteln 9 und 10 dadurch Rechnung getragen, dass jeweils zu Beginn der beiden Kapitel eine Einordnung der Ver___________ 33 S. o. S. 4 Fn. 10. Zu den Neuerungen Baur, Die Bank 1997, 346 ff.; Jung, BB 1998, 649 ff.; Meixner, WM 1998, 431 ff.; ders., NJW 1998, 862 ff.; Mielk, WM 1997, 2200 ff. (I.), 2237 ff. (II.); Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288 ff.; Wiebke, DStR 1998, 491 ff.

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Aufbau der Untersuchung

mögensverwaltung in den Anwendungsbereich der maßgeblichen Gesetze erfolgt. Anschließend wird jeweils der Frage nachgegangen, ob das vorhandene aufsichtsrechtliche und zivilrechtliche Instrumentarium und seine Verzahnung ausreichen, um die Kunden des Vermögensverwalters angemessen zu schützen. Dabei werden in Kapitel 9 die organisatorischen Anforderungen an die Vermögensverwaltung untersucht. Die Bestimmung des notwendigen Maßes an Anlegerschutz im Bereich der Vermögensverwaltung muss berücksichtigen, dass die Risiken für den Anleger in weiten Teilen vom Verhalten des Finanzintermediärs abhängen. Deshalb kommt der in Kapitel 10 vorgenommenen Untersuchung der aufsichtsrechtlichen und der damit verzahnten zivilrechtlichen Verhaltenspflichten eine zentrale Bedeutung zu. Kapitel 11 wendet sich den strafrechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung zu. In Kapitel 12 wird zum einen der Frage nachgegangen, ob der Anleger ein subjektives Recht auf eine bestimmte Aufsichtsgesetzgebung hat. Zum anderen ist zu untersuchen, ob er Anspruch auf ein gesetzeskonformes Verhalten der Aufsichtsbehörden hat, denn die beste Aufsichtsgesetzgebung nützt nichts, wenn die Umsetzung durch die Behörden mangelhaft ist. Daran schließt sich die Frage an, ob dem Anleger ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Kapitel 13 fasst die Ergebnisse des 3. Teils zusammen. Das abschließende Kapitel 14 enthält das Gesamtergebnis und einen Ausblick.

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Teil 1 Bestimmung des Untersuchungsgegenstands Kapitel 2 Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen I. Definition und Abgrenzung der Vermögensverwaltung Definition der Vermögensverwaltung

1. Die Definition Herkömmlich wird die Vermögensverwaltung als professionelle, selbstständige, dauerhafte und zielorientierte Verwaltung eines (zumindest wirtschaftlich1) fremden Vermögens umschrieben2. Diese Definition, die sich an der derzeitigen Praxis orientiert, gilt jedoch als nicht feststehend3 und bedarf daher einer Präzisierung. a) Wirtschaftliche Fremdheit des Vermögens Das Merkmal der wirtschaftlichen Fremdheit der verwalteten Werte grenzt die Vermögensverwaltung von der Eigenverwaltung4 durch den Vermögensinhaber ab5. Bei der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ist diese wirtschaftliche Fremdheit auch nach außen offenkundig, denn es besteht ein Gleichlauf von wirtschaftlicher und rechtlicher Zuordnung des Vermögens. Der Vermögensverwalter ist bei Anlageentscheidungen nur Vertreter des Vermögensinhabers und handelt in dessen Namen. ___________ 1 2

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Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 1; ders., BuB Rdn. 11/1; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 10 („auf fremde Rechnung“). Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 28; Gabler-Bank-Lexikon13, Stichwort „Vermögensverwaltung“; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 1; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 104 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 1; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 1, 13, 27 ff.; im Ergebnis auch Jendralski/Oehlenschläger, Vermögensverwaltung, S. 11; Büschgen, Das kleine Banklexikon2, S. 1321. So ausdrücklich Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 111 Rdn. 1. Zur – beispielsweise steuerrechtlich relevanten – Abgrenzung der privaten Verwaltung eigenen Vermögens von der freiberuflich ausgeübten Vermögensverwaltung (auch des eigenen Vermögens) s. u. S. 56 f. Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 1; im Ergebnis auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 13 und wohl auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 67.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Anders ist dies bei der Vermögensverwaltung im Rahmen des Treuhandmodells. Die dem Vermögensverwalter anvertrauten (übereigneten) Werte verwaltet er im eigenen Namen. Wirtschaftlich betrachtet handelt er jedoch für Rechnung des Treugebers, also seines Kunden6. Das Merkmal der „wirtschaftlichen Fremdheit des Vermögens“ grenzt aus dem Kreis der Vermögensverwaltungsgeschäfte also diejenigen aus, in denen ein Vermögensinhaber das eigene Vermögen auf eigene Rechnung verwaltet7. Dem Merkmal kommt darüber hinaus eine entscheidende Rolle bei der Abgrenzung der Vermögensverwaltung von Investmentclubs zu, auf die im Rahmen der Darstellung der aufsichtsrechtlichen Problemstellungen eingegangen wird8. Gegenstand der Vermögensverwaltung können sämtliche Arten von Vermögen9 (Geld, Wertpapiere, Edelmetalle, Immobilien, Münz- und Kunstsammlungen etc.) sein, auch wenn in der Praxis die Verwaltung von Geld, Effekten und Immobilien dominiert. Die Vermögensverwaltung kann in der Verwaltung eines Gesamtvermögens bestehen oder sich vereinbarungsgemäß auf einzelne dieser Vermögensarten oder auf bestimmte Geldbeträge

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Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass die aufsichtsrechtliche Definition der Vermögensverwaltung mitunter von diesem wirtschaftlichen Begriff abweicht. So erfassen manche Rechtsordnungen das Treuhandmodell als Bankgeschäft, da für den Anleger das Risiko größer ist als beim Vertretermodell, das deshalb lediglich als Finanzdienstleistung gilt. Dazu im Einzelnen unten S. 547 ff., 577 ff. Zum österreichischen Recht Kalss, ÖBA 1999, 778, 780 f., 785. Auch für eine derartige Eigenverwaltung findet bisweilen der Begriff „Vermögensverwaltung“ Verwendung, so etwa bei der Verwaltung des Kirchenvermögens, vgl. etwa den Titel des Gesamtwerks und den Aufsatz von Paarhammer in: Paarhammer, Vermögensverwaltung in der Kirche, S. 283. Diese Wortwahl mag darauf zurückzuführen sein, dass die der Kirche zur Verfügung stehenden Mittel zur Verwirklichung ihrer Ziele benötigt werden und dem Vermögen damit eine dienende und keine eigennützige Funktion zukommt. Auch gab es innerhalb der Kirche verschiedene Rechtsträger des Vermögens (Paarhammer, a. a. O., S. 283). Nach der hier zugrunde gelegten wirtschaftlichen Betrachtungsweise handelt es sich dennoch um eine Eigenverwaltung, selbst wenn das Kirchenvermögen gemeinnützig verwendet wird. S. u. S. 582 ff. Als wenig ergiebig erweist sich der Versuch einer einheitlichen Definition des Begriffs „Vermögen“, da er je nach Zusammenhang und Verwendungszweck unterschiedlich aufgefasst wird (dazu auch unten S. 57 ff.) und mal als Geld und geldwerte Güter, mal als Wohlstand, mal als volkswirtschaftliche Größe begriffen wird. Einen Eindruck von dieser Vielfalt vermittelt der Beitrag von Winkel, Theorie des Vermögens, S. 1 ff. Auch im BGB wird der Begriff nicht einheitlich verwendet, vgl. BGHZ 62, 100 (zu § 419 BGB a. F.).

Definition der Vermögensverwaltung

beschränken10. Wegen der größeren Fungibilität dominieren Vermögensverwaltungen von Finanzinstrumenten, während die Verwaltung von Immobilien11, Kunstgegenständen, Münzen12 und Edelmetallen seltener anzutreffen ist. Für die Einordnung einer Tätigkeit als Vermögensverwaltung13 ist die eigentumsrechtliche Zuordnung des Vermögens unerheblich. Für die Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Geschäften spielt es daher keine Rolle, ob der Vermögensinhaber das zu verwaltende Vermögen auf den Vermögensverwalter überträgt (Treuhandmodell) oder ob er diesem nur eine Vollmacht zur Verwaltung und Umschichtung des Vermögens einräumt (Vertretermodell)14. b) Dispositionsbefugnis Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich von der Anlageberatung oder Vermögensberatung dadurch, dass der Kunde nicht nur bei einer einzelnen Anlageentscheidung oder bei der Umschichtung eines vorhandenen Wertpapierdepots beraten wird, sondern der Verwalter auf Dauer beauftragt wird, die Anlageentscheidungen nach freiem Ermessen oder nach vorher vereinbarten Anlagerichtlinien und ohne vorherige Rückfrage im Einzelfall selbst___________ 10 Dies scheint Born, Geld und Banken, S. 441, zu verkennen, der meint, Investmentfonds betrieben keine Vermögensverwaltung, da sie nur Geld und Wertpapiere verwalteten, nicht aber sonstige Dienstleistungen, wie die Verwaltung von Immobilien, erbrächten. 11 In kollektiver Form ist sie heute in der Praxis in wachsendem Umfang anzutreffen. Erinnert sei nur an die von Christoph Kahl gegründeten geschlossenen US-Immobilienfonds „Jamestown“ (bislang 21 Fonds mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Mrd. DM), die seit 1986 aufgelegt werden und vor allem für deutsche Anleger wegen der mit der Anlage im Ausland verbundenen Steuervorteile interessant sind. Ihre Rendite nach Steuern beträgt zwischen 8 und 11 Prozent, vgl. Die Welt online vom 13.11.1999, http://www.welt.de/daten/1999/12/11/1211ix142018.htx. Demgegenüber bietet das Bankhaus Ellwanger & Geiger, Stuttgart, schon seit 80 Jahren auch individuelle Immobilienvermögensverwaltungen an, vgl. Hofmann, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 117 ff. Auch das Bankhaus M.M. Warburg & CO KGaA, Hamburg, setzt hier einen Schwerpunkt, Behne, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 132. 12 Hierauf war etwa das Bankhaus Partin & Co. KGaA, Bad Mergentheim, spezialisiert, vgl. Partin, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 187 f. 13 Davon zu unterscheiden ist die Frage, welche Art von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen i. S. d. § 1 KWG vorliegt. 14 Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 9 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 7 ff.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 67.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

ständig15 zu treffen. Unerheblich ist dabei, ob der Vermögensverwaltungsvertrag dem Kunden das Recht vorbehält, im Einzelfall dem Verwalter bindende Weisungen zu erteilen, solange dem Vermögensverwalter bezüglich der Vermögensanlage im Übrigen noch ein ausreichender eigener Entscheidungsspielraum verbleibt16. c) Dauerhaftigkeit Von der Anlageberatung, der Ausführung einzelner Effektengeschäfte, der Anlagevermittlung und der Effektenkommission unterscheidet sich die Vermögensverwaltung durch ihren auf Dauer angelegten Charakter17. Das Merkmal der Verwaltung auf Dauer grenzt die Vermögensverwaltung zugleich von einmaligen privaten Anlagen, wie dem Kauf eines Mietshauses, dem Erwerb von Raritäten, Goldmünzen als Sammelobjekte u. ä. ab18. Während die Vermögensverwaltung die Überwachung der Rentabilität der Anlageobjekte und die Möglichkeit von Vermögensumschichtungen zur Erzielung von Wertsteigerung einschließt, verfolgen Einmalanlagen allein das Ziel, Geld fest anzulegen oder ein privates Sammlerbedürfnis zu befriedigen. Für derartige Anlageformen bedarf man keiner dauerhaften Überwachung der Vermögenszusammensetzung und der Märkte, so dass die Hinzuziehung von Experten beim Kauf der Einmalanlage noch keine Vermögensverwaltung darstellt19. Durch das Merkmal einer gewissen Dauerhaftigkeit unterscheidet sich die Vermögensverwaltung auch von „Treuhandmodellen“ im Strukturvertrieb20, deren Ziel der einmalige Immobilienerwerb ist.

___________ 15 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 6; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 14 f.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 65; Nyberg, Verhaltensrisiken, S. 3. Dagegen will Brunner, Vermögensverwaltung, S. 4 ff., 12, auf dieses Kriterium verzichten und fasst damit auch die Vermögensbetreuung als Vermögensverwaltung auf (dazu sogleich auf S. 28 ff.). 16 Ebenso Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 66. 17 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 67; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 15 f. 18 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 94. 19 Gleiches gilt für die Abgrenzung der Holding von der Kapitalanlagegesellschaft (so im Ergebnis auch Linhardt, Investment Trusts, S. 254). Bei der Holding ist der Zweck des Erwerbs nicht die reine Kapitalanlage und eine laufende Umschichtung der Beteiligungen ist nicht von vornherein intendiert. 20 Zu Recht kritisch zu dieser Art der Vermittlung von „Steuersparmodellen“ Fuellmich, FS Deutsch, S. 919 ff.

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Definition der Vermögensverwaltung

d) Aktive Verwaltung zum Zwecke der Kapitalanlage Die Vermögensverwaltung wird herkömmlich als Geschäftsbesorgung mit Dienstleistungscharakter eingeordnet21. Sie unterscheidet sich von anderen Arten der Geschäftsbesorgung, bei denen der Auftraggeber einen Dritten mit der Wahrnehmung bestimmter Rechte, der Durchsetzung von Ansprüchen oder der Verwaltung von einzelnen Vermögensgegenständen betraut, durch ihre Zielsetzung. Ziel der Vermögensverwaltung ist die Kapitalanlage; der Vermögensverwalter wird als financial intermediary tätig, der vom Anleger mit der aktiven Überwachung und der Kapitalanlage und -mehrung seines Vermögens betraut wird. Dieses Ziel, das sich in den genannten, bislang gängigen Definitionen der Vermögensverwaltung nicht als Abgrenzungsmerkmal findet22, unterscheidet die Vermögensverwaltung von der Schuldenverwaltung oder der Sanierungstreuhand23. Deren Ziel besteht in der Verwaltung des Mangels und der Befriedigung von Gläubigern24. Der primäre Zweck einer aktiven Überwachung und Verwaltung zum Zweck der Kapitalanlage fehlt auch in den beiden anderen, schon genannten Beispielsfällen des einmaligen Erwerbs einer Immobilie zu Wohnzwecken oder von Sammlerobjekten. Schwierig ist die Abgrenzung in Fällen, in denen eine bedeutende Beteiligung an einem Unternehmen erworben wird. Erfolgt dies mit dem primären Ziel einer unternehmerischen Beteiligung (z. B. Erwerb der Mehrheit, um das Unternehmen zu leiten), ist das Ziel der Kapitalanlage eher sekundär. Der beim Erwerb eingeschaltete Experte wird nicht als Vermögensverwalter tätig. Dient der Erwerb eher der Kapitalanlage und soll der Experte die Rentabilität der Beteiligung überwachen und sie gegebenenfalls wieder veräußern, handelt es sich um einen Fall der Vermögensverwaltung in Form der Beteiligungsverwaltung. Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Arten der Geschäftsbesorgung auch, wenn diese ebenfalls einen treuhänderischen Charakter oder gar eine „Verwaltungskomponente“ aufweisen. ___________ 21 Statt vieler Roll, Vermögensverwaltung, S. 48 ff.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 12 sowie ausführlich unten S. 99 ff. 22 Es fehlt etwa bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 65 ff.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 11 ff. 23 Die Sanierungstreuhand wird bisweilen sogar mit dem Begriff „Vermögensverwaltung“ bezeichnet, so etwa Fischbach, Treuhänder, S. 303. Damit wird jedoch die Zielsetzung der Sanierung verschleiert, weshalb eine solche Begriffsverwendung vermieden werden sollte. 24 Vgl. etwa den Sachverhalt von BGH, NJW 1954, 190. Zu der Sanierungszwecken dienenden treuhänderischen Verwaltung eines fremden Vermögens Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 140 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Derartige Abgrenzungsprobleme sind im deutschen Recht deshalb häufiger anzutreffen, weil dieses keinen allgemeinen Treuhandvertrag kennt25, sondern als Grundtypus eines derartigen entgeltlichen Vertrags die Geschäftsbesorgung verwendet. Deshalb wird bei Geschäftsbesorgungen danach differenziert, ob diese Treuhandcharakter aufweisen oder nicht. Die Unterscheidung hat zentrale Bedeutung für die Bestimmung des Pflichtenumfangs hinsichtlich der Verwaltung der Vermögenswerte. Die Art, der Umfang und die Zielsetzung der Tätigkeit sind aber auch darüber hinaus von Bedeutung, etwa bei der Anwendung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen. Ab wann freiberufliche Tätigkeiten, die mit einer vorübergehenden Verwaltung von Mandantengeldern – und Finanzinstrumenten – verbunden sind, den Charakter einer Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a KWG) annehmen, entscheidet sich anhand von Art und Umfang der Tätigkeit sowie ihrer Zielsetzung. Deshalb kommt dem Merkmal „zum Zweck der Kapitalanlage“ eine zentrale Bedeutung zu. Um dies näher erläutern zu können, sei kurz auf das Beispiel eines Rechtsanwalts eingegangen, der Mandantengelder entgegennimmt. Hieran lässt sich die Nähe von freiberuflicher Tätigkeit zur Vermögensverwaltung gut zeigen. Sowohl der Vermögensverwalter als auch der Rechtsanwalt unterliegen ähnlichen Pflichten im Hinblick auf den Umgang mit Kunden- bzw. Mandantengeldern. Die Pflichten des Rechtsanwalts wurden ursprünglich aus dem Treuhandcharakter entwickelt26 und sind 1994 ausdrücklich in § 43a Abs. 5 Satz 2 BRAO festgeschrieben worden: – Erschöpft sich die Geschäftsbesorgung des Rechtsanwalts allein in der einmaligen, punktuellen Wahrnehmung der fremden Vermögensinteressen, ist er allein zur Herausgabe des im Rahmen der Geschäftsbesorgung Erlangten nach §§ 675 Abs. 1, 667 BGB verpflichtet27. Die Herausgabepflicht stellt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Rechtsanwalt dar, der auch im Insolvenzfall nicht besonders gesichert ist28. ___________ 25 Sprau, in: Palandt, BGB64, § 675 Rdn. 21 (Stichwort „Treuhandvertrag“); Johnigk, Anvertraute Vermögenswerte, S. 92 f. Deshalb ist auch streitig, ob die TreuhandVermögensverwaltung als unregelmäßige Verwahrung (Miebach, DB 1991, 2069), als Vertrag sui generis (Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 9; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 10) oder als Geschäftsbesorgung mit Dienstleistungscharakter (Balzer, Vermögensverwaltung, S. 49 jetzt auch Schäfer, ZBB 2000, 150, 151 unter Aufgabe seiner früheren Ansicht) einzuordnen ist. 26 Sie gelten damit entsprechend auch für andere Treuhänder. 27 Johnigk, Anvertraute Vermögenswerte, S. 93. 28 BGH, NJW 1971, 559 f.

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Definition der Vermögensverwaltung

– Sofern der Geschäftsbesorgung dagegen Treuhandcharakter zukommt, unterliegt der Rechtsanwalt gesteigerten Pflichten. So muss er, wenn er die Vermögenswerte nicht umgehend weiterleiten kann, das eigene Vermögen vom Kundenvermögen in der Weise trennen, dass die Eigentumsverhältnisse oder der Treuhandcharakter Dritten erkennbar ist. Denn eine korrekte Wahrnehmung der Interessen des Mandanten bei der nicht nur vorübergehenden Entgegennahme von dessen Vermögenswerten liegt nur dann vor, wenn die Werte auch gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschützt sind, die von dritter Seite gegen den Rechtsanwalt ergriffen werden. Dies kann der Anwalt durch Angabe einer Anderkontoverbindung bzw. bei unangekündigt eingehenden Zahlungen durch sofortige Weiterleitung eingenommener Gelder auf ein Treuhandkonto erreichen29, das in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung ausreichenden Schutz bietet, da es dem Geschäftsherrn eine Aussonderung der Werte aus der Insolvenzmasse (§ 47 InsO) bzw. eine Drittwiderspruchsklage gegen Zwangvollstreckungsmaßnahmen (§ 771 ZPO) erlaubt. Die Pflicht zur Nutzung eines Treuhandkontos entsteht nicht nur bei der tatsächlichen Entgegennahme von Fremdgeldern. Um eine Absicherung im Vorfeld zu erreichen, ist der Anwalt verpflichtet, als Kontoverbindung von vornherein nur ein Anderkonto anzugeben, wenn Zahlungseingänge von Fremdgeldern zu erwarten sind. Nur auf diese Weise kann er verhindern, dass zwischen Zahlungseingang auf seinem Privatkonto und der Weiterleitung auf ein Anderkonto der Zugriff seiner Gläubiger auf das Fremdgeld erfolgt30. Bei der Geschäftsbesorgung mit Treuhandcharakter ist der Rechtsanwalt weiterhin zur gewinnbringenden Anlage des Vermögens verpflichtet. Denn die Interessen des Geschäftsherrn werden nur dann gewahrt, wenn der Geschäftsführer, der die Vermögenswerte für eine gewisse Dauer verwaltet, das ihm mögliche und zumutbare unternimmt, um eine Mehrung des Vermögens zu erreichen bzw. dessen Entwertung durch die Inflation möglichst zu verhindern. Aus dem Gesagten folgt, dass für die Zwecke dieser Untersuchung drei Vertragstypen zu unterscheiden sind, nämlich die gewöhnliche Geschäftsbesorgung, die Geschäftsbesorgung mit Treuhandcharakter und die Vermögensverwaltung. Die einfache Geschäftsbesorgung und die Geschäftsbe___________ 29 RG, JW 1937, 3092 Nr. 17 mit zust. Anm. Neubert (strafrechtliches Verfahren); Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht2, Rdn. 118; Johnigk, Anvertraute Vermögenswerte, S. 94. 30 RG, JW 1937, 3092 Nr. 17 mit zust. Anm. Neubert (strafrechtliches Verfahren).

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

sorgung mit Treuhandcharakter unterscheiden sich durch die Dauer der Tätigkeit. Denn ist das Geschäft nicht bloß ein punktuelles, tritt aufgrund des Interessenwahrungscharakters der Geschäftsbesorgung die Sicherung der Mandantengelder in den Vordergrund. Die Geschäftsbesorgung gewinnt Treuhandcharakter. Die Geschäftsbesorgung mit Treuhandcharakter wiederum unterscheidet sich von der Vermögensverwaltung durch die Zielsetzung und den Umfang der Pflichten hinsichtlich der Kapitalanlage. Während der Rechtsanwalt, der Mandantengelder für eine gewisse Zeit verwahrt, nur der Pflicht zur Einzahlung auf ein verzinsliches Anderkonto unterliegt, ist der Vermögensverwalter zur aktiven Kapitalanlage verpflichtet, d. h. zu einer Anlage in gewinnversprechende Werte, zu einer dauernden Überwachung dieser Anlage und ggf. zu einer Umschichtung, um den Anlagezielen des Kunden Rechnung zu tragen. Allein aus der Tatsache, dass ein Rechtsanwalt Mandantengelder auf ein verzinsliches Anderkonto einzahlt, kann also nicht auf das Vorliegen eines Vermögensverwaltungsvertrags geschlossen werden31, da die treuhänderische Geldverwaltung und die gewinnbringende Anlage eine bloße Nebenleistung darstellen. Die Kapitalanlage ist nicht das primäre Ziel des Vertrags32. Erbringt ein Freiberufler im Rahmen einer Geschäftsbesorgung beratende und vermögensverwaltende Leistungen in etwa gleichem Umfang, handelt es sich um einen gemischten Vertrag33 mit Elementen des Anwalts- und des Vermögensverwaltungsvertrags. Steht dagegen die Vermögensverwaltung im Vordergrund und klärt der Vermögensverwalter damit zusammenhängende rechtliche Fragen, ändert dies nichts am grundsätzlichen Vorliegen eines ___________ 31 Zutreffend BGH, WM 2000, 963, 964, 966. Das Gericht wies eine entsprechende Argumentation der klagenden Erbin eines Mandanten zurück. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob ein Mandant mit Auftragserteilung an eine Sozietät, die aus Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern besteht, das Mandat allen Sozien erteilt und diese damit für Veruntreuungen des Anwalts haften. Der BGH verneinte die Auftragserteilung an alle Mitglieder einer gemischten Sozietät mit dem Argument, den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sei eine Rechtsberatung untersagt, zust. Borgmann, EWiR 2000, 427 f.; kritisch Lauda, LM § 675 BGB Nr. 273, der den einheitlichen Auftrag in Rechtsberatung und treuhänderische Verwahrung aufteilt und bei der Pflicht zur treuhänderischen Verwahrung alle Sozien in der Verantwortung sieht. 32 Hinzu kommt, dass dem Anwalt weder eine Dispositionsbefugnis zur Umschichtung, noch ein Ermessenspielraum hinsichtlich der Anlage zusteht. Das Gesetz verpflichtet ihn zur Anlage auf einem Anderkonto und schließt damit andere Anlageformen, wie Wertpapiere, aus. 33 Zu Recht hat der BGH, WM 2000, 963, 966, die Frage, ob ein oder zwei Rechtsverhältnisse vorliegen, nach dem äußeren Geschehensablauf beurteilt. Der Mandant hatte in dem entschiedenen Fall nur einen Auftrag über die Gesamte Tätigkeit erteilt.

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Definition der Vermögensverwaltung

Vermögensverwaltungsvertrags. Die Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Formen der Geschäftsbesorgung richtet sich also zum einen nach der Zielsetzung des Vertrags und zum anderen nach Art, Umfang und Schwerpunkt der ausgeübten Tätigkeit. e) Gewerbsmäßigkeit und rechtliche Selbstständigkeit des Verwalters Die zusätzlich verlangte Gewerbsmäßigkeit und Selbstständigkeit des Verwalters scheidet solche Gestaltungen aus, in denen der Vermögensinhaber sein Vermögen durch eigene, weisungsgebundene Angestellte, durch Bekannte auf Gefälligkeitsbasis oder in einem Investmentclub verwalten lässt34. f) Vertragliche Grundlage Vermögensverwaltungen beruhen auf vertraglicher Grundlage und unterscheiden sich damit von gesetzlich auferlegten Verwaltungen, die ebenfalls auf die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zielen (Insolvenzverwaltung, Nachlassverwaltung, Pflegschaft etc.) oder von öffentlich-rechtlichen Treuhandverhältnissen (z. B. nach §§ 29 ff. HypBankG, 70 ff. VAG)35. Sie unterscheiden sich zudem auch von Testamentsvollstreckungen, die auf letztwilliger Verfügung beruhen. Da eine dauerhafte Testamentsvollstreckung wirtschaftlich der Vermögensverwaltung stark angenähert ist, wird diese Leistung heute ebenfalls von Vermögensverwaltern übernommen. Aufgrund dieses Umstands findet sie im Schrifttum zur Vermögensverwaltung regelmäßig Erwähnung36. Dies darf aber nicht zu dem Schluss verleiten, die Grenze zwischen beiden Leistungen sei fließend. Gerade weil sie unterschiedliche Pflichtenstandards aufweisen, ist eine klare Abgrenzung erforderlich. Die vertragliche Basis der Vermögensverwaltung unterscheidet diese auch von der Wirtschaftsführung im Rahmen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Wenn die Eheleute während ihres Zusammenlebens die Aufgabenbereiche so aufteilen, dass ein Ehegatte die Wirtschaftsführung allein übernimmt und dabei auch das Vermögen des anderen Ehegatten verwaltet, ent___________ 34 Auch dieses Abgrenzungsmerkmal findet im Schrifttum bislang keine Erwähnung, so etwa bei Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 1 f.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 11 ff.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 65 ff.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 6. 35 Es gilt das in der vorigen Fn. Gesagte entsprechend. 36 Etwa Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 3; Schäfer, BuB Rdn. 11/6, 11/60 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

steht hierdurch noch kein Geschäftsbesorgungs- oder Auftragsverhältnis37. Basis der Vermögensverwaltung ist vielmehr die familienrechtliche Bindung, da die Ehegatten einander ein besonderes Vertrauen entgegenbringen. An das Vorliegen eines separaten Vermögensverwaltungsvertrags stellt die Rechtsprechung zu Recht strenge Anforderungen38. Denn durch die Annahme einer vertraglichen Bindung würde dem wirtschaftenden Ehepartner einseitig das Risiko auferlegt, im Falle des Scheiterns der Ehe nachträglich Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung vertraglicher Pflichten ausgesetzt zu sein. g) Fazit und weiteres Vorgehen Fasst man diese sechs Merkmale zusammen, kann man die Vermögensverwaltung umschreiben als dauerhafte, auf vertraglicher Grundlage beruhende Verwaltung eines zumindest wirtschaftlich fremden Vermögens zum Zwecke der Kapitalanlage durch einen gewerbsmäßig handelnden und rechtlich selbstständigen Dritten, dem hinsichtlich der Anlage ein Entscheidungsspielraum zusteht. Im Folgenden wird eine Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Dienstleistungen und Rechtsinstituten vorgenommen. Der folgende Abschnitt dient damit nicht nur der weiteren Eingrenzung des Themas, sondern zugleich der weiteren Präzisierung der oben herausgearbeiteten Definitionsmerkmale. Diese werden an späterer Stelle zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes benötigt. Außerdem erscheint eine solche Abgrenzung auch sinnvoll, weil – wie noch ausführlich zu zeigen sein wird39 – gerade insoweit kein einheitlicher Sprachgebrauch vorherrscht. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die Vermögensverwaltung eine relativ neue Dienstleistung darstellt und sie zahlreiche Berührungspunkte zu anderen Finanzdienstleistungen aufweist.

___________ 37 BGH, WM 1986, 649, 651; FamRZ 1988, 42 (Leitsatz 2); NJW 2000, 3199, 3200. 38 Diese bejahte etwa das OLG Köln, NJW-RR 1998, 1460, bei der Verwaltung von Versicherungsleistungen, die offenbar über den Rahmen der üblichen ehelichen Verhältnisse hinausgingen. 39 S. u. S. 48 ff.

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Definition der Vermögensverwaltung

2. Abgrenzung zu anderen Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen a) Abgrenzung zum Effekten- und Depotgeschäft Die Vermögensverwaltung, deren Gegenstand die Verwaltung von Finanzinstrumenten ist, unterscheidet sich vom Effektengeschäft dadurch, dass dieses auf die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtet ist. Aufgabe des Effektenhändlers ist die Vornahme und Ausführung von Kommissionsgeschäften. Nicht zu seinen Aufgaben gehört die Überwachung der für Kunden erworbenen Wertpapiere auf ihre Rentabilität. Vom Depotgeschäft40 unterscheidet sich die Vermögensverwaltung dadurch, dass Ersteres allein auf die Verwahrung von Wertpapieren und die technische Abwicklung des Depotgeschäfts (Einlösung und Erneuerung von Zinsund Dividendenscheinen, Wahrnehmung des Stimmrechts der Aktionäre etc.41) bezogen ist. Die Tätigkeit der Banken im Rahmen der Depotverwaltung beschränkt sich auf die treuhänderische Wahrnehmung von Rechten, die sich allein aus dem zu verwaltenden Wertpapier ergeben. Eine darüber hinausgehende Befugnis zu einer umfassenderen Verwaltung oder gar zur Umschichtung des Depots ist mit dem Depotgeschäft ebenso wenig verbunden wie eine fortdauernde Pflicht zur Beratung, zur Beobachtung von Kursen und zur Berechnung von Gewinnaussichten42. Ab dem Erwerb der Effekten ist deren Inhaber allein dafür verantwortlich, ob und wann er die Effekten wieder veräußert oder Optionen ausübt. Aufgrund dieser bedeutenden Unterschiede zwischen Vermögensverwaltung und Depotverwaltung sollten die beiden Begriffe strikt getrennt werden43. Das schweizerische Schrifttum trägt dem Rechnung, indem es zwischen technischer und wirtschaftlicher Vermögensverwaltung unterscheidet44. ___________ 40 Terminologisch unscharf daher Becker, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 113 und 122, der das Depotgeschäft als Vermögensverwaltung bezeichnet. 41 Vgl. im Einzelnen Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 17 Rdn. 1 ff.; Gößmann, in: Bankrechts-Handbuch2, § 72 Rdn. 1 ff. 42 BGH, WM 2005, 270 ff. mit Anm. Balzer EWiR 2005, 245 f.; OLG Celle, WM 1997, 1801, 1802 mit zust. Anm. Jaskulla WuB I. G 2., Effektengeschäft 2.97; OLG München, WM 1997, 1802, 1806; Brunner, Vermögensverwaltung, S. 6; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 19; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 17 Rdn. 6; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 15. 43 Abzulehnen ist daher die Terminologie von Esters, Haftung, S. 1, der die Vermögensverwaltung durch bankenunabhängige Vermögensverwalter als Depotverwaltung bezeichnet. 44 Ziegler, Vermögensverwaltung, S. 6; Pedroja, Der Schweizer Treuhänder, 1991, 417.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

b) Abgrenzung zur Anlageberatung Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung bieten dem Anleger fachkundige Hilfe bei der Anlage von Vermögen, wenn er selbst über keine ausreichenden Kenntnisse der Marktlage und/oder die für ihn geeigneten Anlageformen verfügt. Trotz dieser Gemeinsamkeit weisen beide Dienstleistungen Eigenheiten auf, die eine – im Hinblick auf die an beide Leistungen geknüpften unterschiedlichen Rechtsfolgen notwendige – Unterscheidung erlauben: Wie bereits oben (unter 1.) dargelegt, setzt die Vermögensverwaltung voraus, dass der Verwalter eigenverantwortlich und ohne vorherige Rücksprache mit dem Vermögensinhaber Anlageentscheidungen über dessen Vermögen trifft45. Dies unterscheidet sie von der Anlageberatung, bei der der Vermögensinhaber nach Inanspruchnahme der Beratung selbst die Anlageentscheidung trifft. Außerdem ist die Vermögensverwaltung ein Dauerschuldverhältnis, während die Anlageberatung nur punktuellen Charakter hat und sich zumeist in einmaliger Beratung, in Anlagetipps, Empfehlungen und Auskünften erschöpft, die auf ein geplantes Effektengeschäft des Kunden bezogen sind. Der punktuelle Charakter bleibt selbst dann erhalten, wenn der Kunde mehrfach Anlageberatungen nachfragt. Die Pflichten des Anlageberaters enden deshalb jeweils mit der Anlageentscheidung des Kunden, ohne dass den Berater eine fortdauernde Überwachungspflicht oder eine Warnpflicht trifft46. Demgegenüber ist die Vermögensverwaltung auf eine dauerhafte Überwachung und – soweit zur Erreichung der Anlageziele des Vermögensinhabers erforderlich – eine Umschichtung des Vermögens ausgerichtet. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal konnte über lange Zeit die Tatsache gelten, dass die Anlageberatung von Banken regelmäßig als Vorstufe eines Wertpapierverkaufs, also als bloße Nebenleistung, angeboten wurde, während die Vermögensverwaltung schon immer eine Hauptleistung darstellte. Dieses Unterscheidungsmerkmal erweist sich heute jedoch als nicht mehr tauglich, da in jüngster Zeit viele Kunden nur noch die Beratung der Banken ___________ 45 Poulain, ZfgK 1968, 318; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 1. Ebenso die Begründung der Bundesregierung zum Umsetzungsgesetz BR-Drucks. 963/96, S. 101 re. Sp. Ungenau dagegen Woernle, Privatbankiers, S. 61; v. Rechberg, ZfgK 1968, 320, die von einem anderen Verständnis der Begriffs Vermögensverwaltung ausgehen, s. u. S. 49 Fn. 108. 46 Dies gilt selbst dann, wenn sich die getätigte Anlage infolge geänderter Umstände im Nachhinein als zu risikoreich für den Kunden erweist, Balzer, Vermögensverwaltung, S. 15 m. w. N. Eine nachträgliche Warn- und Aufklärungspflicht besteht allerdings dann, wenn sich die ursprünglich mitgeteilte Information als von Anfang an falsch entpuppt, vgl. BGH, NJW 1998, 448.

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Definition der Vermögensverwaltung

in Anspruch nehmen, das Anlagegeschäft dann aber bei einer der Direktbanken oder Discount Broker tätigen47. Die Anlageberatung stellt damit vielfach eine eigenständige Hauptleistung dar, für die die Banken, als Reaktion auf das geänderte Kundenverhalten und die heutige Marktlage, in zunehmendem Maße eine Gegenleistung verlangen48. Das Merkmal der bloßen Nebenleistung ist damit nicht (mehr) ausschlaggebend für die Charakterisierung der Anlageberatung49. Entscheidend für die Abgrenzung zur Vermögensverwaltung sind die fehlende Dispositionsbefugnis des Beraters und der bloß punktuelle Charakter der Beratung. Diese in der Theorie eindeutige Abgrenzung zwischen Anlageberatung und Vermögensverwaltung lässt sich in der Praxis nicht immer mit hinreichender Deutlichkeit feststellen, da Anlageberatungs- wie Vermögensverwaltungsverträge mündlich geschlossen werden können. Wird beispielsweise ein Kunde regelmäßig von seiner Bank beraten und werden dabei Anlagestrategien für einen gewissen Zeitraum besprochen, steht die Bank bei plötzlichen Marktveränderungen vor der Frage, ob sie eigenmächtig die Anlagen des Kunden umschichten darf oder ob sie zuvor Rücksprache halten muss. Dieser allmähliche Übergang von der Anlageberatung zur Vermögensverwaltung (z. T. als „graue Vermögensverwaltung“ bezeichnet) verursacht Rechtsunsicherheit. Um diese Unsicherheit zu beseitigen, empfiehlt sich deshalb der Abschluss eines schriftlichen Vertrags50. c) Abgrenzung zur Vermögensberatung Verpflichtet sich ein Anlageberater oder ein Kreditinstitut gegenüber einem Depotinhaber, dessen Wertpapiere laufend zu überwachen und ggf. eine Umschichtung zu empfehlen, handelt es sich um einen Fall der Vermögensberatung51. Sie stellt jedoch nur einen Sonderfall der Anlageberatung dar, denn die Entscheidung über die Umschichtung des Depots trifft der Depot___________ 47 Die Entstehung der Discount Broker ist beschrieben bei Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 46 f. und unten auf S. 363 Fn. 89. 48 Jütten, Die Bank 1995, 221; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 140. 49 Anders noch Brunner, Vermögensverwaltung, S. 7 f. 50 Dies zeigt schon der erste vom BGH zur Vermögensverwaltung entschiedene Fall (BGH, WM 1962, 675). Dort hatte der Vermögensverwalter das Vorliegen einer mündlich vereinbarten GbR zum Zwecke der gemeinsamen Kapitalanlage behauptet und wollte deshalb 50 % des Gewinns, hilfsweise die übliche Vergütung eines Vermögensverwalters. S. a. OLG Karlsruhe, WM 2001, 805 ff. („graue Vermögensverwaltung“). 51 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 103 f.; Roll, Vermögensverwaltung, S. 33 ff.; Becker/ Wicke, Vermögensverwaltung, S. 8. Weitere Bezeichnungen dieser Leistung finden sich bei Brunner, Vermögensverwaltung, S. 12.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

inhaber und nicht das ihn beratende Institut. Diese Dienstleistung war in den frühen sechziger Jahren recht verbreitet; mittlerweile hat die Vermögensverwaltung sie jedoch weitgehend verdrängt; neun von zehn Kunden wählen gleich die Vermögensverwaltung52. In der Literatur wird diese Art der Anlageberatung mitunter auch als „statische Vermögensverwaltung“53, „weisungsgebundene Vermögensverwaltung“ oder „Vermögensverwaltung auf der Grundlage eines Beratungsvertrages“54 bezeichnet. Diese Bezeichnungen, mit denen der Eindruck vermittelt wird, es handele sich bei dieser Dienstleistung um einen Unterfall der Vermögensverwaltung55, haben sich zu Recht nicht durchgesetzt. Aufgrund der Tatsache, dass der Berater gerade keine Dispositionsbefugnis erhält, kann diese Dienstleistung nicht als Vermögensverwaltung begriffen werden. Infolge dessen werden im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Vermögensberatung und Vermögensverwaltung als Gegensatzpaar verwendet. d) Abgrenzung zur Vermögensbetreuung Will ein Kunde nicht nur einen bestimmten Teil seines (Finanz-)Vermögens verwalten lassen, sondern eine umfassende Beratung und ggf. dauerhafte Betreuung in Bezug auf sein gesamtes Vermögen erhalten, handelt es sich bei dieser Dienstleistung um eine Vermögensbetreuung56, bisweilen auch als strategisches Vermögensmanagement bezeichnet. Sie läuft üblicherweise in folgenden Schritten ab: Die Vermögensbetreuung beginnt mit einer umfassenden Bestandsaufnahme des Kundenvermögens. Es schließt sich eine Analyse der Einnahmen und Ausgaben sowie der vorhandenen Vermögenswerte an. Sodann werden die Anlagewünsche, die Ziele und Risikovorstellungen des Kunden ermittelt. Auf der Basis dieser Angaben wird ein „Vermögensstrukturvorschlag“ erarbeitet. Dieser wird dem Vermögensinhaber zur Billigung vorgelegt und danach umgesetzt. Schließlich erfolgt eine kontinuierliche Überwachung, ___________ 52 Ähnliche Zahlen auch bei Brunner, Vermögensverwaltung, S. 18. 53 Jendralski/Oehlenschläger, Vermögensverwaltung, S. 10 f. 54 Orth, Vermögensverwaltung, S. 288; Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 20 IV 1 = S. 291 f. 55 So in der Tat Brunner, Vermögensverwaltung, S. 12, der sie als weisungsgebundene Vermögensverwaltung bezeichnet. 56 Behne, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 131. Demgegenüber bezeichnen Brunner, Vermögensverwaltung, S. 7 Fn. 1; Schlaus, Beilage 19 zu DB 1961, S. 30 und Balzer, Vermögensverwaltung, S. 17 diese Leistung als Vermögensberatung. Das Bankhaus M.M. Warburg & CO KGaA hat sich auf diese Leistung spezialisiert, vgl. Behne, a. a. O., S. 131 ff.

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Definition der Vermögensverwaltung

Berichterstattung und ggf. eine vom Kunden zuvor gebilligte Anpassung der Vermögensstruktur. Die Vermögensbetreuung bezieht also über die reine Kapitalanlage hinaus auch Rentenansprüche, Lebensversicherungen, Darlehen, Edelmetallbesitz und Sammlungen, Beteiligungen, Immobilien, Nießbrauch und Wohnrechte ein, ist also von ihrer Zielsetzung umfassender als die Anlageberatung. Sie unterscheidet sich von der Anlageberatung weiterhin dadurch, dass sie ein Dauerschuldverhältnis darstellt. Schlagwortartig könnte man die Vermögensbetreuung als gesteigerte Form der Vermögensberatung kennzeichnen. Sie wird von Banken nur für den engen Kreis der sehr vermögenden Kunden angeboten57. Von der Vermögensverwaltung unterscheidet sie sich dadurch, dass die Anlageentscheidung beim Vermögensinhaber verbleibt58. M. a. W. die Vermögensbetreuung kann in eine Vermögensverwaltung münden, sofern sich der Vermögensinhaber im Rahmen einer Vermögensbetreuung entschließt, die Anlage von Teilen seines Vermögens künftig allein der Entscheidung eines Vermögensverwalters zu überlassen. Die in der Theorie klare Grenzziehung lässt sich in der Praxis oftmals nicht so einfach vornehmen, da die Übergänge zwischen der Vermögensbetreuung und der Vermögensverwaltung fließend sind. Wie an späterer Stelle noch ausführlich dargestellt werden wird, gehört zu jeder Vermögensverwaltung eine Analyse der finanziellen Situation des Kunden, um eine anlegergerechte Anlage des Vermögens sicherzustellen (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a. E. WpHG). Diese Bestandsaufnahme ähnelt der Vermögensanalyse im Rahmen der Vermögensbetreuung. Beide Dienstleistungen weisen eine weitere Gemeinsamkeit auf. Auch ein Vermögensverwalter muss in regelmäßigen Abständen nachfragen, ob sich die Vermögensverhältnisse seines Kunden grundlegend verändert haben, um im Rahmen der Vermögensverwaltung eine anlegergerechte Anlage der anvertrauten Vermögenswerte sicherzustellen. Allerdings trifft den Vermögensverwalter dabei keine umfassende Pflicht zur Überwachung auch des übrigen Vermögens des Kunden, sondern es genügt die schlichte Nachfrage. Diese Pflicht ist also weniger intensiv als bei der Vermögensbetreuung, bei der sie die Hauptleistung darstellt. Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich von der Vermögensbetreuung weiterhin dadurch, dass es nicht zur Aufgabe des Vermögensverwalters gehört, Empfehlungen in Bezug auf das sonstige Vermögen des Kunden zu geben. Das in der Theorie so eindeutige Unterscheidungskriterium, bei wem die konkrete Anlageentscheidung verbleibt, hilft in der Praxis oft nicht weiter, ___________ 57 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 8 m. w. N. 58 Dies übersieht v. Rechberg, ZfgK 1968, 320, der allerdings von einem weiteren Begriff der Vermögensverwaltung ausgeht, s. u. S. 49 Fn. 108.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

da dem Kunden auch im Rahmen der Vermögensverwaltung das Recht verbleibt, dem Vermögensverwalter Einzelweisungen zu erteilen und so die vereinbarten Anlagerichtlinien zu konkretisieren oder im Einzelfall zu durchbrechen. Auch wird umgekehrt der Vermögensverwalter bei bedeutenden Umstrukturierungen des zu verwaltenden Vermögens trotz der ihm eingeräumten Vollmachten Rücksprache mit dem Kunden nehmen59. Somit ist die Grenzziehung zwischen Vermögensverwaltung und Vermögensbetreuung in der Praxis schwierig60. Sie ist gleichwohl erforderlich, da die seit Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes an beide Geschäfte geknüpften Rechtsfolgen unterschiedlich sind. Bei der Vermögensbetreuung handelt es sich lediglich um eine Form der Anlageberatung, die im Einzelfall eine Wertpapiernebendienstleistung darstellen kann (§ 2 Abs. 3a Nr. 3 WpHG). Demgegenüber ist die Finanzportfolioverwaltung stets eine Finanz- bzw. Wertpapierdienstleistung mit allen daran geknüpften aufsichtsrechtlichen Folgen (§§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG). Die deshalb erforderliche Abgrenzung kann nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls anhand der soeben entwickelten Kriterien erfolgen. e) Abgrenzung zum „Compliance Monitoring“ und zu „Konkurrenzmandaten“ Von der Vermögensverwaltung zu unterscheiden ist das so genannte „Compliance Monitoring“. Diese in Europa seit März 2000 angebotene Dienstleistung61 besteht in einer externen Überwachung von Vermögensverwaltungsmandaten. Mit dem zu gut 90 % automatisierten „Compliance Monitoring“ soll sichergestellt werden, dass sämtliche vom Anleger hinsichtlich der Investitionsstrategie gemachten Auflagen und Bedingungen eingehalten und Abweichungen möglichst rasch erkannt werden. Dieser Service ist in den USA bereits recht verbreitet und verschafft den Kunden eines Vermögensverwalters die Möglichkeit, diesen bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu kontrollieren. Der in Europa erste Anbieter der Dienstleistung, die Genfer Privatbank Pictet & Cie., verlangt allerdings, dass der Investor einen Großteil seines Vermögens bei der Bank platziert, um das aus dem internen Kontrollsystem der Bank erwachsene „Compliance Monitoring“ nutzen zu können. Nach ___________ 59 Dorner, ZfgK 1968, 323. 60 Aus diesem Grund trennt Dorner, ZfgK 1968, 322 ff., nicht zwischen den beiden Dienstleistungen. 61 Vgl. hierzu und zum Folgenden NZZ vom 10.3.2000, http://www.nzz.ch/online/ 01_nzz_aktuell/finanz/04_finanz.htm.

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Definition der Vermögensverwaltung

Angaben des Bankhauses Pictet haben vier Trends die Nachfrage nach „Compliance Monitoring“ hervorgerufen. So hat das Volumen der angelegten Vermögen in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Investoren machen zudem immer mehr Anlage-Auflagen, und es entstehen immer komplexere Finanzinstrumente. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Investoren hinsichtlich Rentabilität und Risikokontrolle. Das auf einer Kooperation zwischen Anleger und Vermögensverwalter sowie der Bank Pictet aufbauende „Compliance Monitoring“ wird dem Kunden zu einem Preis angeboten, welcher sich nach den individuellen Bedürfnissen richtet und zwischen jährlich 10.000 SFr. und mehr als 200.000 SFr. variiert. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass „Compliance Monitoring“ keine eigenständige Form der Vermögensverwaltung darstellt, sondern eine Aufsicht über Vermögensverwalter. Während beim „Compliance Monitoring“ computergesteuert die Einhaltung der Anlagerichtlinien überwacht wird, ist die Aufsicht über die Vermögensverwalter bei so genannten „Konkurrenzmandaten“ noch intensiver. Der vom Kunden beauftragte Portfolio-Management-Consultant vergibt das zu verwaltende Vermögen an drei erfahrene Berater konkurrierender Banken und bittet diese in regelmäßigen Abständen (zwei- bis viermal pro Jahr), ihre Strategien und Erfolge/Misserfolge im Beisein des Kunden zu erläutern. Der Consultant verwaltet also das Kundenvermögen nicht selbst, sondern überwacht als Experte die Anlage der von ihm beauftragten Banken, wählt ggf. neue Vermögensverwalter aus und misst die jeweilige Performance. Diese beiden Dienstleistungen scheinen sich sehr zu bewähren62. In den USA bedienten sich schon in den 80er Jahren 30 % der Treuhänder eines Portfolio-Management-Consultants zur Auswahl des Portfolio-Managers und 37 % zu seiner Überwachung63. Auch in Deutschland treten entsprechende Unternehmen am Markt auf64.

___________ 62 Einzelheiten bei Schwaiger, Vermögensverwaltung, in: Handwörterbuch des Bankund Finanzwesens, Sp. 1894, und in: FAZ vom 11.7.1998, S. 22 („Auf dem Weg zur Vermögensverwaltung mit gläsernen Taschen“). 63 Longstreth, Modern Investment Management, S. 73. Siehe auch NZZ Online vom 20.6.2000 über Global Custody für Pensionskassen, http://www.nzz.ch/online/ 01_nzz_aktuell/finanz/02_finanz.htm. 64 Gburek, Vermögensberatung und Verwaltung, Die Telebörse 48/2000, S. 114, 116 nennt als Beispiel die Firma Firstfive aus Mörfelden.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

3. Abgrenzung zum Investmentgeschäft a) Definition des Investmentgeschäfts Das Investmentgeschäft zeichnet sich dadurch aus, dass eine Kapitalanlagegesellschaft von einem i. d. R. größeren Kreis von Anlegern Kapitalbeträge zum Zwecke einer regelmäßig langfristigen Anlage in einem Sondervermögen (Investmentfonds) sammelt und im Gegenzug Anteilscheine ausgibt. Die Kapitalanlagegesellschaft, die keine anderweitige unternehmerische Zielsetzung haben darf (§ 7 Abs. 2–4 InvG), verwaltet die eingelegten Gelder in eigenem Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger in einem Sondervermögen (§ 31 Abs. 1 InvG). Dabei ist ihr Ermessen an die gesetzlich und vertraglich festgelegten Grundsätze und Grenzen gebunden. Sie ist aufgrund des Investmentgesetzes gehalten, eine Risikominderung durch Risikostreuung vorzunehmen (vgl. etwa §§ 52, 60, 64, 65, 73, 88, 85 InvG). Der Anleger ist an dem Sondervermögen des Fonds und den erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten anteilig beteiligt. Die Gesellschaft muss die Investmentzertifikate gegen Auszahlung des Anteils am Fondsvermögen zurücknehmen (§ 37 Abs. 1 InvG). Neben den Kapitalanlagegesellschaften regelt das Investmentgesetz noch die Investmentgesellschaften (§§ 96 ff. InvG). Damit sind geschlossene Fonds in Form der Aktiengesellschaft gemeint, deren Gesellschaftszweck allein darin besteht, das eigene Vermögen zugunsten der Aktionäre zu verwalten. Anstelle von Investmentzertifikaten erhalten die Aktionäre Inhaberaktien der Gesellschaft, die nicht zurückgenommen werden müssen (vgl. aber § 105 Abs. 2 InvG), sondern auf dem Sekundärmarkt veräußert werden können. Das Investmentgesetz erfasst nur solche Gesellschaften, die die Merkmale der Definitionen der §§ 6 Abs. 1, 96 InvG erfüllen. Auf Gesellschaften, die einzelne Merkmale dieser Definition nicht erfüllen, finden das Investmentgesetz oder einzelne seiner Bestimmungen deshalb keine Anwendung65. Derartige Gesellschaften dürfen sich auch nicht als „Kapitalanlagegesellschaften“ oder „Investmentgesellschaften“ bezeichnen (§ 3 InvG). Mithin kommt der Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Investmentgeschäft eine in der Praxis wichtige Bedeutung zu, weshalb im Folgenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen sind. ___________ 65 Zum KAGG a. F.: Baur, Investmentgesetze2, § 1 Rdn. 10; a. A. aber Glaser, DB 1959, 1278, 1279 f.; teilweise a. A. Canaris, Bankvertragsrecht3, Rdn. 2346. Die Vertreter der Gegenmeinung übersehen, dass die dem Investmentgeschäft ähnlichen Dienste u. U. § 1 Abs. 1 KWG unterliegen, so dass keine Schutzlücke entsteht.

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Definition der Vermögensverwaltung

b) Gemeinsamkeiten und Unterschiede Gemeinsames Kennzeichen von individueller Vermögensverwaltung und Investmentgeschäft ist die Tatsache, dass beide Leistungen mit dem Ziel der Kapitalanlage erfolgen und eine gewisse Dauer aufweisen. Die Anlageentscheidungen werden nicht vom Anleger, sondern von professionellen Vermögensverwaltern bzw. Fondsmanagern getroffen, ohne dass es einer Rücksprache mit den Anlegern bedürfte. Das Investmentgeschäft stellt damit eine kollektive Vermögensverwaltung dar. Die Kapitalanlagegesellschaften verwalten das Vermögen im eigenen Namen für fremde Rechnung (§ 31 Abs. 1 InvG), was sie mit der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells gemein haben, was sie aber gleichzeitig von der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells unterscheidet, die im fremden Namen erfolgt. Im Gegensatz zur individuellen Vermögensverwaltung gibt der Investmentfonds zudem Anteilscheine aus und verbrieft damit die Rechtsstellung des Anlegers (§ 33 Abs. 1 Satz 1 InvG). Ein weiterer wesentlicherer Unterschied beider Dienstleistungen liegt darin, dass die Anlagerichtlinien bei der Vermögensverwaltung individuell mit dem Kunden abgestimmt werden, während sie bei den Investmentfonds standardisiert sind. Dort hat der Kunde nur über die Wahl des Fonds Einfluss auf die Art der Verwaltung. Der Vermögensverwalter unterliegt nicht gesetzlich festgelegten Vorgaben hinsichtlich der Risikostreuung, wie sie das Investmentgesetz für Kapitalanlagegesellschaften vorschreibt. Der Vermögensverwalter kann die Streuungsbreite der Anlagen mit seinem Kunden festlegen und damit auch dessen Risikobereitschaft berücksichtigen. Vermögensverwaltung zeichnet sich also durch eine größere Flexibilität gegenüber dem Investmentrecht aus. Eine Veränderung der Anlagestrategie eines Investmentfonds kann ein Anleger nicht erreichen, so dass er eine neue Anlagestrategie nur über eine Umschichtung der Anlagesummen in andere Fonds und ggf. den Wechsel der Fondsgesellschaft umsetzen kann. Die Vermögensverwaltung erlaubt demgegenüber eine jederzeitige Anpassung der Anlagerichtlinien ohne Wechsel des betreuenden Verwalters. Der vierte Unterschied liegt in der höheren Transparenz der Vermögensverwaltung gegenüber Investmentfonds66. Durch die individuelle Festlegung der Anlagestrategie und durch die regelmäßige Berichterstattung über die Entwicklung der einzelnen Anlagen hat der Kunde einen wesentlich genaue___________ 66 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 9.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

ren Einblick in die Verwaltung als bei Investmentfonds. Zwar sind auch dort regelmäßige Publizitätspflichten vorgeschrieben (§ 45 InvG), doch beschränken sich die Berichte auf die generelle Entwicklung des Markts und des Fonds67. Aufgrund der höheren Transparenz der Vermögensverwaltung kann der Kunde also beispielsweise jederzeit Anlageentscheidungen und die Zusammensetzung seines Depots korrigieren, während ihm bei Investmentfonds nur die Desinvestition verbleibt. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Investmentanlage eine Unterart der Vermögensverwaltung darstellt68. Neben diesen rechtlichen bestehen tatsächliche Unterschiede. Individuelle Vermögensverwaltungen werden regelmäßig erst ab einer Anlagesumme von 50.000 Euro aufwärts angeboten, während Investmentfonds gerade auch Kleinanleger ansprechen, indem sie Sparpläne und die Anlage vermögenswirksamer Leistungen anbieten69. Von den Investmentgesellschaften (§§ 96 ff. InvG) unterscheidet sich die Vermögensverwaltung dadurch, dass Erstere ihr eigenes Vermögen im eigenen Namen verwalten. c) Überschneidungen und Mischformen Trotz dieser verschiedenen Zielgruppen und der herausgestellten rechtlichen und tatsächlichen Unterschiede weisen beide Dienstleistungen Berührungspunkte oder gar Überschneidungen auf. Da ihre Zuordnung zur Vermögensverwaltung einerseits und zum Investmentgeschäft andererseits schwer fällt und daher im Schrifttum eine oft verwirrende Terminologie herrscht, dient der folgende Abschnitt der Einordnung dieser artverwandten Konzepte und damit gleichzeitig der Beschreibung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit. Auf die dabei herausgearbeiteten Abgrenzungsmerkmale der verschiedenen Leistungen wird im Zusammenhang mit aufsichtsrechtlichen Fragestellungen zurückzukommen sein.

___________ 67 Erste deutsche Investmentfonds gehen allerdings jetzt dazu über, die Transparenz freiwillig zu erhöhen, so dass dieser Unterschied langfristig an Bedeutung verlieren könnte, vgl. zum Investor Global Leaders Fond (WKN 564 964) vgl. Pößneck, Big Brother Fonds, Investorworld 1/2001, S. 64. 68 Ebenso Andres/Heuft, Fondspicking, S. 9. 69 Eine ausführliche Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile von Investmentfonds und Vermögensverwaltungen findet sich bei Lohr, Der langfristige Kredit 1973, 642 ff.

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Definition der Vermögensverwaltung

(1) Vermögensverwaltung durch Investmentfonds Das erste Beispiel einer auf den ersten Blick unklaren Grenzziehung zwischen Investmentgeschäft und Vermögensverwaltung ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber70 den Katalog der Nebentätigkeiten, die einer Investmentgesellschaft erlaubt sind, erweitert hat71. Gemäß § 6 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 InvG dürfen Investmentfonds insbesondere die Finanzportfolioverwaltung in Form des Vertretermodells sowie die Immobilienvermögensverwaltung erbringen. Dabei können sie sowohl individuelle als auch standardisierte Verwaltungen anbieten. Dies ermöglicht es den Investmentgesellschaften, ihr Know-how und die vorhandenen personellen und organisatorischen Mittel auszunutzen und eine Dienstleistung anzubieten, die sachlich eng mit dem Investmentgeschäft verbunden ist. Dies wiederum stärkt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Investmentfonds72. Eine Einordnung dieser Dienstleistung mit Hilfe der soeben genannten Kriterien ist eindeutig: Auch wenn die Dienstleistung von einer Investmentgesellschaft angeboten wird, ändert dies nichts daran, dass die Dienstleistung selbst in einer typischen individuellen Vermögensverwaltung besteht. (2) Fonds in der Vermögensverwaltung Gleiches gilt für die seit einiger Zeit häufiger anzutreffende Gestaltung, dass Investmentfondsanteile zu Bausteinen innerhalb des Anlagekonzepts des Vermögensverwalters werden. Der Vermögensverwalter investiert Teile des Kundenvermögens also nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar in Effekten. Vorteil dieser Lösung ist, dass mit dem Kauf nur eines Papiers, nämlich des Anteilscheins, eine große Risikostreuung erreicht wird, die der Vermögensverwalter ansonsten nur über den unmittelbaren Erwerb einer Vielzahl von Aktien und anderer Wertpapiere erreichen könnte. Während der Effekten___________ 70 § 1 Abs. 6 Nr. 2 KAGG a. F. (Finanzportfolioverwaltung durch eine KAG) wurde eingefügt durch Art. 3 Nr. 1 des Begleitgesetzes zum Umsetzungsgesetz vom 22.10.1997, BGBl. I 2567; § 1 Abs. 6 Nr. 2a KAGG a. F. (Grundstücksvermögensverwaltung durch eine KAG) wurde eingefügt durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland vom 24.3.1998 (3. Finanzmarktförderungsgesetz), BGBl. I 529. 71 Der Gesetzgeber ist damit der Auffassung eines Teils des Schrifttums gefolgt, das bestimmte dieser jetzt erlaubten Tätigkeiten schon vor der Gesetzesänderung als zulässig erachtete, vgl. Baur, Investmentgesetze2, § 2 Rdn. 38 ff., der sich damit gegen die Auffassung des damaligen BAKred (Schreiben vom 15.6.1989, abgedruckt bei Beckmann/ Scholtz, 438 Nr. 47) stellt. 72 Diskussionsentwurf des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes vom 3.4.1997 (unveröffentlicht), S. 233.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

kauf mit dem Nachteil der jeweils anfallenden Gebühren und Courtagen belastet ist, verursacht der Erwerb eines Investmentanteils ggf. Kosten in Form des einmaligen Ausgabeaufschlags und der Verwaltungsgebühren. Die Höhe dieser Kosten hängt vom Umfang des Geschäfts und den Gebühren der zur Abwicklung eingeschalteten Bank einerseits und vom Fondstyp andererseits ab, so dass sich kein abstrakter Vergleich der finanziellen Vor- und Nachteile beider Anlageformen ziehen lässt. Vorteil des Investmentfonds ist der Umstand, dass er eine Diversifikation schon bei der Anlage kleinerer Beträge erlaubt, während eine Anlage unmittelbar in Wertpapieren wegen der Mindestgebühren und Courtagen nur bei höheren Einstandsbeträgen sinnvoll ist. Der Fonds erlaubt regionale Spezialisierungen oder eine globale Ausrichtung. Zudem kann über offene Immobilienfonds in Sachwerte investiert werden, was bei der Direktanlage in Wertpapieren nicht so unmittelbar möglich ist. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Anlage in Fonds ein klares Anlageprofil, einen immanenten Risikoausgleich durch Diversifizierung, eine globale oder regionale Ausrichtung, eine kostengünstige Portfolioumschichtung sowie das Expertenwissen des Fondsmanagements bietet73. Nachteil der Lösung ist die doppelte Kostenbelastung. Wenn der Kunde schon den Vermögensverwalter für seine Dienste bezahlt, macht es wenig Sinn, auch noch das Management des Investmentfonds (über den Ausgabeaufschlag und die Verwaltungsgebühr) mitzubezahlen. Sofern der Vermögensverwalter sein Metier versteht, bietet er den Kunden ebenfalls ein klares Anlageprofil, eine angemessene Risikostreuung, eine globale oder regionale Ausrichtung sowie eine kostengünstige Portfolioumschichtung. Die Vermögensverwaltung bietet also die gleichen Vorteile wie die Nutzung des Expertenwissens von Fondsmanagern74. Der Zukauf von Fondsanteilen ist daher nur in solchen Fällen sinnvoll, in denen der Vermögensverwalter nicht selbst über das Fachwissen oder die Informationsmöglichkeiten bei bestimmten Märkten verfügt, deren Entwicklungschancen er aber dem Kunden zugänglich machen will. Sofern der Vermögensverwalter mit der Investmentgesellschaft keine Sonderkonditionen vereinbart hat, muss der Kunde über die durch den Anteilserwerb entstehende doppelte Kostenbelastung aufgeklärt werden. Mittlerweile ist es unstreitig, dass die Verpflichtung des

___________ 73 O. V., Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, Investment 1995, 49 f. 74 Diese Einschränkung fehlt bei der Beschreibung der Vermögensverwaltung mit einzelnen Fondsanteilen bei o. V., Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, Investment 1995, 49 f.

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Definition der Vermögensverwaltung

Vermögensverwalters zur persönlichen Erbringung seiner Leistung ihn nicht daran hindert, auch Investmentanteile zu erwerben75. (3) Vermögensverwaltung mit Fondspicking Eine andere Überschneidung zwischen dem Investmentrecht und der Vermögensverwaltung ist die so genannte „Vermögensverwaltung mit Fondspicking“76, bei der der Vermögensverwalter das gesamte verwaltete Vermögen des Kunden in Investmentfonds anlegt77 und für diesen die Auswahl der Fonds vornimmt. Angesichts der Vielzahl der Fonds und der Märkte, auf denen sie agieren, ist der einzelne Anleger bei dieser Entscheidung oft überfordert. Der Ausdruck „Fondspicking“ ist dem Begriff des „Stockpicking“ nachempfunden, der die Auswahl der aussichtsreichsten Wertpapiere beschreibt. Die Leistung des Fondspickers besteht also nicht mehr in der Auswahl und dem Erwerb einzelner Effekten für das Depot des Kunden, sondern in der Auswahl der Investmentfonds. Er hat deren Anlageerfolge zu überwachen und ggf. eine Umschichtung in andere Fonds vorzunehmen. Vermögensverwaltung mit Fondspicking ist also eine Mischung aus standardisierter Vermögensverwaltung78 und Investmentgeschäft79. (4) Gemeinschaftliche Vermögensverwaltung Wirtschaftlich betrachtet ähneln dem Investmentgeschäft auch die als „MiniFonds“80, „standardisierte Vermögensverwaltung“ oder „gemeinschaftliche Vermögensverwaltung“81 bezeichneten Angebote der Vermögensverwalter. Gerade bei kleineren und mittleren Vermögen lohnt der Aufwand einer Vermögensverwaltung nur, wenn eine gewisse Standardisierung von Research und Umsetzung der Anlageentscheidungen erfolgt und der Vermögensverwalter nicht jedes Mal die Anlagerichtlinien einsehen muss, um ___________ 75 Schäfer, BuB Rdn. 11/27b; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 21; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 361 ff.; Benicke, ZGR 2004, 761, 801 ff. 76 Dazu Andres/Heuft, Fondspicking; Sauer, Fondspicking; o. V., Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, Investment 1995, 49 ff.; Wolf, Anlage Praxis 2/1994, 7 ff.; Demuth, in: Brunner/Vollath, Handbuch Finanzdienstleistungen, S. 307, 310 ff.; s. a. Broschinski, Die Bank 1995, 556. 77 Baur, Investmentgesetze2, Einl. I Rdn. 92a. 78 Zur standardisierten Vermögensverwaltung näher unten auf S. 62 ff. 79 In der Schweiz tauchte die Frage auf, ob das Fondspicking dem Investmentrecht (Anlagefondsgesetz) unterliege, was von der Eidgenössischen Bankenkommission zu Recht verneint wurde, Jahresbericht 1996, S. 49 f. 80 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 10; Wielens, Wertpapier 1970, 511. 81 Ausführlich dazu unten S. 62.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

festzustellen, ob der Erwerb eines Papiers im Kundeninteresse liegt. Eine solche Standardisierung erreicht der Vermögensverwalter dadurch, dass er die Vermögen derjenigen Kunden, die vergleichbare Anlagerichtlinien mit ihm vereinbart haben, anhand eines Musterdepots verwaltet, d. h. diese Vermögen gleichsam in einem Block82 zusammenfasst83. Auch wenn diese Art der Vermögensverwaltung die größte Ähnlichkeit zum Investmentgeschäft aufweist, belegt eine Prüfung der oben genannten Unterscheidungsmerkmale, dass sie dennoch nicht dem Investmentgesetz unterfällt84. Der Vermögensverwalter richtet seine Tätigkeit – wenn auch nicht mehr individuell, sondern gruppenbezogen – an den Verhältnissen seiner Kunden aus. Den Kunden steht jederzeit die Möglichkeit einer Änderung der vereinbarten Anlagestrategie offen. In diesem Fall kann der Vermögensverwalter das Vermögen dieses Kunden einem anderen Musterdepot zuordnen. Sind die Wünsche des Kunden so speziell, dass dies ausscheidet, hängt das Vorgehen des Vermögensverwalters von der vertraglichen Vereinbarung ab: Der Vermögensverwalter kann eine individuelle Betreuung des Kunden unter Berechnung höherer Kosten vornehmen oder die Verwaltung kündigen. Auch das dritte Unterscheidungsmerkmal, nämlich die von vornherein höhere Transparenz, ist bei der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung gegeben. Zudem bleiben die Werte auch in der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung einzelnen Kunden zugeordnet, so dass bei dieser Art der Verwal___________ 82 Von der einheitlichen Verwaltung der Kundengelder zu unterscheiden ist der depotrechtliche Vorgang. Die Zusammenfassung der Vermögenswerte verschiedener Kunden in einem Depot ist wegen der Verpflichtung zur Vermögenstrennung der Kundenvermögen unzulässig, dazu unten S. 866 ff. Dies gilt auch für so genannte OmnibusKonten bei Nichteinlagenkreditinstituten. Hierbei handelt es sich um Konten, auf die Vermögensverwalter kurzfristig das Geld mehrerer Kunden überweisen, um damit eine einzige Anlage zu tätigen. Diese Konten hat die Bundesanstalt für unzulässig erklärt, selbst wenn das Finanzdienstleistungsinstitut durch Vertrag zu einem solchen Vorgehen ermächtigt worden ist, da es sich um einen Verstoß gegen § 34a WpHG handelt (Rundschreiben des BAWe – heute: BaFin – vom 21.10.1998, abgedruckt bei Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, S. 369). Mit dem Verbot soll insbesondere der Gefahr begegnet werden, dass nicht gedeckte Verluste eines Kunden, z. B. im Falle eines „margin-calls“, mit werthaltigen Positionen, die anderen Kunden zuzurechnen sind, ausgeglichen werden. Das BVerwG, WM 2002, 1919 ff., bestätigte die Rechtsauffassung der Aufsicht und stellte fest, dass das Verbot der Omnibuskonten auch nicht gegen die Vorgaben der WDRL verstößt. 83 Orth, Vermögensverwaltung, S. 292. 84 Zur vergleichbaren Frage, ob und wann derartige gemeinschaftliche Vermögensverwaltungen dem Investment Company Act 1940 unterfallen, vgl. SEC, Investment Company Act Release No. 22,579 und Investment Advisers Act Release No. 1623 vom 31.3.1997, abgedruckt bei Frankel/Kirsch, Investment Management Regulation, S. 105 ff., in dem ein funktional vergleichbares Ergebnis erreicht wird.

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Definition der Vermögensverwaltung

tung kein einheitliches Sondervermögen mit den Werten aller Kunden dieser Gruppe gebildet wird. (5) Dachfonds Dachfonds85, die nach § 113 InvG zulässig sind, bieten die Möglichkeit, sich an mehreren anderen Investmentfonds zu beteiligen. Da diese Fonds sehr oft mit Sparplänen kombiniert werden, erlauben sie die Investition kleinerer Beträge und bieten aufgrund ihrer Konzeption trotzdem die Möglichkeit einer breiten Diversifikation der Anlage. Die Dachfonds stellen damit eine Form der Vermögensverwaltung für Kleinanleger unterhalb der derzeit üblichen Mindestanlagegrenzen von 15.000 Euro dar86. (6) Spezial-Sondervermögen Eine Mischung von Investmentidee und individueller Vermögensverwaltung stellen auch die für größere Vermögen von institutionellen Anlegern angebotenen Spezial-Sondervermögen nach §§ 2 Abs. 3, 91 ff. InvG dar87. Es handelt sich um Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft, deren Anteile von höchstens 30 Anlegern gehalten werden dürfen, wobei als Anleger nur juristische Personen zugelassen sind. Spezial-Sondervermögen sind damit ausschließlich für institutionelle Anleger bestimmt. Während die standardisierte Vermögensverwaltung und das Fondspicking vor allem für die Zielgruppe der Privatanleger konzipiert wurden, wählen institutionelle Anleger (Versicherungen, Großunternehmen etc.) Spezial-Sondervermögen, um ihr Vermögen von einer Kapitalanlagegesellschaft verwalten zu lassen. Vorteil einer solchen Lösung ist der für die Unternehmen entfallende Verwaltungsaufwand bei der Vermögensanlage und die Rationalisierung durch die Verwaltung mehrerer Vermögen. Die Anleger können die Tätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft gemeinsam mit Vertretern der Gesellschaft in einem Anlageausschuss überwachen. Von der individuellen Vermögensverwaltung unterscheiden sich die Spezial-Sondervermögen faktisch also nur dadurch, dass das zu verwaltende Vermögen als Sondervermögen zusammengefasst wird88. Gegenüber Publikumsfonds zeichnen sie sich dadurch aus, dass die Anleger über den Anlageausschuss Einfluss auf die Anlage___________ 85 Dazu Pötzsch, WM 1998, 949, 958 f. 86 Berlinonline vom 6.12.1999, http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/ wirtschaft/.html/6artik24.html. 87 Ausführlich dazu Baur, Investmentgesetze2, Anh. § 1 Rdn. 1 ff. m. w. N.; Glogowski, Neue Finanzdienstleistungen, S. 197 f. 88 Diskussionsentwurf des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes vom 3.4.1997 (unveröffentlicht), S. 235.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

politik ausüben. Außerdem kann auf Wunsch der Gesamtheit der Anleger bei Beendigung des Investmentvertrags die so genannte „Sachauskehrung“ erfolgen, d. h. die Auskehrung des Fondsvermögens in natura89.

4. Abgrenzung zu schuld- und gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen Abzugrenzen ist die Vermögensverwaltung ferner von der Kapitalüberlassung gegen Gewährung von schuld- oder gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass eine Abgrenzung zweier offensichtlich so verschiedener Kapitalanlageformen notwendig ist, doch hat die jüngere Entwicklung im Bereich des „Grauen Kapitalmarkts“ die über lange Zeit so klar erscheinende Grenze zwischen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und Vermögensverwaltungen verwischt. Es werden „Beteiligungsprogramme“, „atypisch stille Beteiligungen“ oder „Fondsgesellschaften“ angeboten, bei denen der Betreiber des Programms sich verpflichtet, das Geld der Anleger zu investieren und zu verwalten. Der Anleger erhält die Rechtsstellung eines Genussscheininhabers oder stillen Gesellschafters90 an einer Gesellschaft, deren einziges Ziel die Verwaltung des eingesetzten Kapitals der Genussscheininhaber oder stillen Gesellschafter ist. Nicht nur die tatsächliche Entwicklung, sondern auch die jüngste juristische Diskussion91 macht eine genaue Abgrenzung erforderlich, da die These vertreten wird, das Gesellschaftsrecht stelle eine Form der treuhänderischen Vermögensverwaltung der Gelder der Anleger oder gar eine besondere Form der Vermögensverwaltung dar. Die Abgrenzung zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen lässt sich nur funktional im Wege einer Gesamtbetrachtung aller für die Investition maßgeblichen Umstände vornehmen92. Dabei sind folgenden Kriterien maßgeblich: a) Eigenständige Organisation mit unternehmerischer Zielsetzung Ein wesentliches Kriterium zur Unterscheidung von Vermögensverwaltung und gesellschaftsrechtlicher Beteiligung ist die Frage, ob das Geld als Beteiligung an einer eigenständigen Organisation mit unternehmerischer Ziel___________ 89 Baur, Investmentgesetze2, Anh. § 1 Rdn. 14; Orth, Vermögensverwaltung, S. 289. 90 Ausführlich dazu Kalss, ÖBA 1999, 778 ff. 91 Vgl. etwa VG Frankfurt, WM 2004, 1917 ff.; Dreher, ZIP 2004, 2161 ff.; Hammen, WM 2005, 813 ff. (jeweils zur Abgrenzung des Finanzkommissionsgeschäfts zu Genussscheinen) sowie die Nachweise in den folgenden Fn. 92 Ebenso Zundel, EWiR 1999, 1072.

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Definition der Vermögensverwaltung

setzung investiert wird. Bei einer rein gesellschaftsrechtlichen Beteiligung ist das Management allein der Organisation (juristische Person oder Gesamthand) verpflichtet, nicht aber unmittelbar dem einzelnen Geldgeber. Mit anderen Worten: Der Geldgeber beauftragt nicht die Manager der AG oder KG mit der unmittelbaren Verwaltung seines Vermögens, vielmehr verwaltet der Manager das Vermögen der Gesellschaft, also Werte, die weder ihm noch dem Geldgeber (ausschließlich) zustehen. Dagegen handelt der Vermögensverwalter entweder aufgrund einer Vollmacht für den Vermögensinhaber oder aber hält das Vermögen als Treugut und handelt zumindest für Rechnung des Treugebers. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen und individuelle Vermögensverwaltungen lassen sich also schon mit Hilfe dieses am äußeren Erscheinungsbild orientierten Kriteriums unterscheiden. Die Vermögensverwaltung zeichnet sich durch eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Geldgeber und demjenigen, der das investierte Vermögen verwaltet, aus. Dies unterscheidet sie von einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, da der einzelne Gesellschafter im Regelfall nicht das Management anstellt. b) Ziel der Investition Als nicht ausreichend erweist sich dieses formale Kriterium jedoch für die Abgrenzung von Aktiengesellschaft und Investmentfonds, der eine Sonderform der Vermögensverwaltung darstellt. Denn auch Investmentfonds verfügen über eine eigenständige, zwischengeschaltete Organisation, bei der das Management nicht dem einzelnen Anleger unmittelbar verpflichtet ist. Umgekehrt ist auch die Abgrenzung der stillen Gesellschaft von der Vermögensverwaltung schwierig, da beide über keine selbstständige Organisation verfügen. Deshalb bedarf es weiterer Kriterien: Heranzuziehen sind zunächst die Abgrenzungsmerkmale, die eine Geschäftsbesorgung von einer Gesellschaft unterscheiden93. Die Gesellschaft ist auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ausgerichtet94. Die Beiträge der Gesellschafter können ungleich sein (Bareinlage des einen, Dienste des anderen Gesellschafters), doch dienen beide dem gemeinsamen Zweck. Die Beschlussfassung über die Verwendung der Beiträge erfolgt gemeinschaftlich. Anders ist dies bei der Geschäftsbesorgung, bei der es sich um ein Austauschverhältnis mit Interessenwahrungscharakter handelt. Dieses ist durch einen gewissen Interessengegensatz gekennzeichnet, da ein Vertragspartner ein unmittelbares Interes___________ 93 Sehr anschaulich dazu etwa BGE 104 II 108 ff. 94 VG Frankfurt, WM 2005, 515, 517.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

se an der Entlohnung hat und die Verwirklichung der Geschäftsbesorgung nur diesem Ziel dient. Auch die Beschlussfassung erfolgt einseitig, da einem Vertragspartner ein Weisungsrecht bezüglich der Durchführung der Geschäftsbesorgung zusteht. Schwierig wird die Abgrenzung, wenn ausnahmsweise beide Parteien ein unmittelbares Interesse an der Verwirklichung der Geschäftsbesorgung haben. Entscheidend ist hier das mit der Geldhingabe verfolgte Ziel, womit auf das Beispiel der Abgrenzung von AG/KG und einem Investmentfonds zurückzukommen ist: Entscheidender Unterschied zwischen einer AG/KG und einem Investmentfonds ist das Ziel der Investition. Der Kauf von Investmentanteilen dient allein der Kapitalanlage. Die Investition in eine unternehmerisch tätige AG oder KG dient der Förderung des Gesellschaftszwecks, mag der einzelne Anleger seine Investitionsentscheidung auch als reine Kapitalanlage begreifen. Das Management der Gesellschaft ist allein der Erreichung des Unternehmenszwecks verpflichtet, der nicht identisch mit den Zielen sein muss, die der einzelne Gesellschafter bei Leistung seiner Einlage verfolgte. Das Ziel des Investmentfonds dagegen ist identisch mit dem des Anteilsinhabers. Die Gelder dienen nur der Kapitalanlage. Ein eigenständiges unternehmerisches Risiko wird nicht übernommen. Bei Gesellschaften, die Finanzinstrumente erwerben und veräußern, stellt sich daher auch die Frage, ob sie dies auf eigene oder fremde Rechnung tun95. Handeln sie nicht auf Rechnung der Gesellschaft, sondern auf Rechnung einzelner Gesellschafter, liegt in jedem Fall eine Finanzdienstleistung vor96. Wie bei der Abgrenzung von stiller Beteiligung und Einlagengeschäft97 kommt es also auf eine funktionale Betrachtung an. Entscheidend sind die tatsächliche wirtschaftliche Ausgestaltung, das werbende Auftreten der Anbieter und die hierdurch bezweckte Vorstellung beim Anleger. Materiell betrachtet kann eine in die Form einer stillen Beteiligung eingekleidete Kapitalanlage also durchaus eine Form der Vermögensverwaltung zugunsten der an dem Programm beteiligten Kapitalgeber oder ein Einlagengeschäft dar___________ 95 So jetzt auch VG Frankfurt, WM 2005, 515, 517, das über die Abgrenzung des Finanzkommissionsgeschäfts von einer Kommanditbeteiligung zu entscheiden hatte. 96 So jetzt BVerwG, BKR 2005, 200 ff. zur Abgrenzung einer GbR von der Finanzportfolioverwaltung. 97 Dazu BR-Drucks. 963/96, S. 63; VG Berlin, DB 1999, 1377 ff. mit Anm. Zundel, EWiR 1999, 1071 f.; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 42; Plück/Schmutzler/ Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 18 ff. Ebenso Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 67a (Stand Sept. 2000).

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Definition der Vermögensverwaltung

stellen98. In diesem Fall sind die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes anzuwenden99 und das Rechtsverhältnis zwischen Anbieter und Anleger beurteilt sich trotz der Einkleidung in eine gesellschaftsrechtliche Form als Vermögensverwaltung. c) Gesellschaftsrecht als Treuhandrecht Wie eingangs angedeutet, wird im juristischen Schrifttum vermehrt die These vertreten, die Kapitalüberlassung an eine Gesellschaft habe treuhänderischen Charakter100, da das Management den Aktionären bzw. den geldgebenden Kommanditisten verpflichtet sei. Gemeinsame Grundlage von Kapitalanlagebeziehungen sei das treuhänderische Vermögensverwaltungsverhältnis101. Ohne auf diese Diskussion im Detail eingehen zu müssen, lässt sich feststellen, dass Treuepflichten und treuhänderische Positionen nicht ohne weiteres mit der Vermögensverwaltung gleichzusetzen sind. Außerdem stellt nicht jede Form der Kapitalüberlassung mit dem Ziel der Kapitalanlage automatisch eine Vermögensverwaltung zugunsten des Investors dar. Wie ausgeführt, dienen Beteiligungen an einem Unternehmen nicht primär dem Zweck, dass das Unternehmen für den Anleger das Geld am Kapitalmarkt anlegt. Der Anleger kann mit der Kapitalüberlassung das Ziel der Anlage verfolgen, während das Unternehmen eine reine Finanzierung sucht. Wie bei sonstigen Austauschverträgen auch werden in diesem Fall keine über die Austauschbeziehung hinausgehenden Treuepflichten oder gar treuhänderischen Rechtsbeziehungen begründet. Nimmt man als Beispiel den Genussschein, der von den Befürwortern der neuen These gerne als Beispiel angeführt wird102, muss also danach unterschieden werden, welche Ziele Emittent und Anleger mit der Genussrechtsbeziehung verfolgen. Dient der Genussschein dem Emittenten allein zur Finanzierung des Unternehmens (z. B. Genussrechte von Kreditinstituten nach § 10 Abs. 5 KWG), liegt eine reine Finanzierungsbeziehung vor, gleichgültig welche Zwecke der Anleger verfolgt. Stellt das Genussrecht dagegen ein dem Investmentanteil vergleichbares Recht dar, weil das Unternehmen das Geld für die Genussrechtsinhaber am Kapitalmarkt investieren will, handelt es sich um eine ___________ 98 So im Ergebnis auch VG Frankfurt, WM 2005, 515, 517. 99 Dazu unten Kapitel 9 und 10. 100 So für die AG Grundmann, Treuhandvertrag, S. 269, 422, 491; Mestmäcker, Verwaltung, S. 222; Kübler, Gesellschaftsrecht5, S. 180; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 344; Kalss, Anleger, S. 234; für die KG: Braumann, Anlegerschutz bei Abschreibungsgesellschaften, S. 87; Grundmann, a. a. O., S. 491, 493; Kalss, ÖBA 1999, 778, 780. 101 Kalss, Anleger, S. 233. 102 Kalss, Anleger, S. 235 bei Fn. 28.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Form der Vermögensverwaltung. Gleiches gilt für stille Beteiligungen. Verfolgt ein Unternehmen allein den Zweck, über stille Beteiligungen Alterssparpläne aufzulegen, ohne dass der stille Gesellschafter ein unternehmerisches Risiko übernimmt, das über die bloße Anlage seiner Gelder am Kapitalmarkt hinausgeht, stellt dies eine Form der Vermögensverwaltung dar. Betrachtet man die aktienrechtliche Diskussion, kann man einen Wandel gleichsam von einem Extrem zu einem anderen feststellen. Während im 19. Jahrhundert die Aktionäre ausschließlich als Eigentümer der Gesellschaft betrachtet wurden, setzte sich im 20. Jahrhundert die Erkenntnis durch, dass sie auch oder gar ausschließlich Kapitalanleger sind. Hieraus kann man jedoch nicht den Schluss ziehen, nun müsse man allein die Kapitalanlagebeziehung in den Mittelpunkt der rechtlichen Betrachtung rücken, oder gar daraus ableiten, dass alle Vermögensüberlassungen an Gesellschaften automatisch treuhänderischen Charakter haben. Kapitalanlagen sind sehr oft reine Finanzierungsbeziehungen, bei denen das kapitalsuchende Unternehmen nicht primär die Interessen der Anleger vertritt oder im Auge hat. Vielmehr ist das Ziel einer solchen Rechtsbeziehung die Finanzierung des Unternehmens selbst. Da aber der Unternehmenszweck und die vom einzelnen Geldgeber verfolgten Ziele nicht identisch sein müssen, erscheint es sehr fraglich, ob man jeden Vorstand als Treuhänder der Aktionäre ansehen muss und selbst wenn man dies bejaht, ob man hieraus automatisch ableiten darf, dass der Vorstand primär die Interessen der Anleger wahren muss. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, ob die Gesellschaft das Ziel verfolgt, die Gelder ihrer Gesellschafter anzulegen (z. B. Immobilienfonds) oder ob ein eigenständiger Unternehmenszweck verfolgt wird, der nicht in der primären Kapitalanlage besteht. Im zweiten Fall wird die Gesellschaft nicht vermögensverwaltend für die „Investoren“ tätig. Zur Abgrenzung von Vermögensverwaltung und schuld- bzw. gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen kommt es damit allein auf die soeben entwickelten Kriterien an. Das Kriterium eines treuhänderischen Charakters hilft nicht weiter.

5. Abgrenzung zu anderen Arten der Geschäftsbesorgung Verlässt man die Ebene der Finanzportfolioverwaltung und betrachtet die Vermögensverwaltung von anderen Vermögensobjekten, stellen sich ebenfalls Abgrenzungsprobleme. Die für die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten entwickelten Kriterien (Zuständigkeit für die Anlageentscheidung, Dauerhaftigkeit, Primärziel der Kapitalanlage) lassen sich entsprechend anwenden. So unterscheidet sich die Immobilienvermögensverwaltung von der Tätigkeit des Verwalters nach dem WEG dadurch, dass dem Vermögensverwalter die Anlageentscheidung, d. h. die Entscheidung über 44

Definition der Vermögensverwaltung

die Investition bzw. Desinvestition in Immobilien, obliegt. Demgegenüber hat der Wohnungseigentumsverwalter nur die Aufgaben, die ihm nach § 27 WEG zugewiesen sind, nämlich die Durchführung der Beschlüsse der Eigentümer, die Instandhaltung und Instandsetzung des Eigentums und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Gelder der Wohnungseigentümer. Die Kapitalanlage für einzelne Eigentümer, insbesondere der Verkauf von Wohnungen, gehört gerade nicht zu seinem Aufgabenbereich103. Legt der Vermögensverwalter Kapital des Anlegers in Immobilien an, wird er regelmäßig auch für die technische Abwicklung der mit dem Immobilienbesitz verbundenen Aufgaben sorgen oder sie selbst mit übernehmen (Einzug der Miete, Wahrnehmung des Stimmrechts in der Eigentümerversammlung etc.). Übernimmt er sie selbst, stellen diese Tätigkeiten jedoch nur eine Nebenleistung zur eigentlichen Vermögensverwaltung dar, so wie das Effekten- und Depotgeschäft Nebenleistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung von Wertpapieren sind. Demgegenüber ist die Tätigkeit eines vom Vermögensverwalter unabhängigen Wohnungseigentumsverwalters stets Hauptleistung einer eigenständigen Vertragsbeziehung.

6. Abgrenzung zur Testamentsvollstreckung Die Testamentsvollstreckung stellt eine besondere, gesetzlich geregelte Form der Vermögensverwaltung dar. Der Testamentsvollstrecker ist gemäß § 2216 Abs. 1 BGB zur ordnungemäßen Verwaltung verpflichtet. Seine Aufgabe ähnelt damit der des Vermögensverwalters. Trotzdem bestehen erhebliche Unterschiede: Im Gegensatz zur Vermögensverwaltung dient die Testamentsvollstreckung nicht in erster Linie dem Ziel der Kapitalanlage, sondern der Auseinandersetzung und Abwicklung des Nachlasses. Nur sofern eine Dauervollstreckung angeordnet ist, tritt das Ziel des Vermögenserhalts und der Vermögensmehrung in den Vordergrund. Während die Vermögensverwaltung auf vertraglicher Grundlage beruht, wird die Testamentsvollstreckung durch Verfügung von Todes wegen begründet. Entstehungsart und -zeitpunkt unterscheiden sich also. Kreditinstitute bieten oft Testaments-

___________ 103 Zudem sind außergewöhnliche Maßnahmen oder gar Verfügungen nicht vom Begriff der Verwaltung nach dem WEG umfasst, vgl. Engelhardt, in: Münch. Komm. BGB4, § 27 WEG Rdn. 2.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

vollstreckungen an104, wobei diese Leistung sich vor allem an Angehörige von langjährigen, vermögenden Kunden richtet, bei denen die Bank u. U. schon zu Lebzeiten die Vermögensverwaltung wahrgenommen hat. Die Testamentsvollstreckung und Vermögensverwaltung weisen damit tatsächliche Berührungspunkte auf, werden rechtlich aber streng geschieden. Die Testamentsvollstreckung gilt also nicht als Vermögensverwaltung105.

7. Zwischenergebnis Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich von anderen Arten der Geschäftsbesorgung, bei denen der Auftraggeber einen Dritten mit der Wahrnehmung bestimmter Rechte, der Durchsetzung von Ansprüchen oder der Verwaltung von einzelnen Vermögensgegenständen betraut, durch ihre Zielsetzung. Ziel der Vermögensverwaltung ist die Kapitalanlage; der Vermögensverwalter wird als financial intermediary tätig, der vom Anleger mit der Erhaltung und Mehrung seines Vermögens betraut wird. Weiteres Kennzeichen der Vermögensverwaltung ist der Umstand, dass es sich nicht um eine einmalige Leistungserbringung, sondern um ein auf vertraglicher Grundlage beruhendes Dauerschuldverhältnis handelt. Schließlich unterscheiden sich Vermögensverwaltungen in der hier verwendeten Bedeutung und andere Formen der Geschäftsbesorgung durch den Umfang der eingeräumten Rechtsmacht. Dem Vermögensverwalter steht die Befugnis zu, das für ihn wirtschaftlich fremde Vermögen umzuschichten. Demgegenüber wird bei „gewöhnlichen“ Geschäftsbesorgungen zumeist keine derartig umfassende Rechtsmacht eingeräumt; auch der Gegenstand der Geschäftsbesorgung ist i. d. R. enger; sie bezieht sich oft nur auf einen Anspruch oder einen Vermögensgegenstand.

___________ 104 Vor dem Hintergrund des Rechtsberatungsgesetzes verneinte das OLG Karlsruhe, WM 1994, 688 ff., die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung durch Banken; mit im Detail unterschiedlicher Begründung jeweils a. A. Bork, WM 1995, 225 ff.; Lang, NJW 1999, 2332 f.; Leverenz, ZBB 1995, 156 ff.; Schäfer/Giesberts, BuB Rdn. 11/70; Schaub, FamRZ 1995, 845 ff.; Vortmann, WM 1995, 1745 ff.; ders. ZIP 1994, 259 ff.; Zeller, WuB VIII D. Art. 1 § 3 RBerG 1.94; nach den Ausnahmetatbeständen des RBerG differenzierend Henssler, ZEV 1994, 261 ff. Der BGH hat nun entschieden, dass die Übernahme von Testamentsvollstreckungen keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz darstellt, BGH, WM 2005, 412 ff.; WM 2005, 436 ff. 105 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 4 a. E.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 22.

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Definition der Vermögensverwaltung

gewisse Dauer

Einzelfall

Anlageentscheidung durch Vermögensinhaber

Anlageentscheidung durch Dritten

Vermögensbetreuung Vermögensberatung

Vermögensverwaltung i. e. S. und i. w. S. Investmentfonds

Anlageberatung

einmalige(r) Auftrag oder Geschäftsbesorgung

Abbildung 1: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Formen der Vermögenssorge

Bezieht man als drittes Kriterium die oben getroffene Unterscheidung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Verwaltungen ein, ergibt sich folgende Übersicht: Verwaltung fremden Vermögens kraft Gesetzes

Verwaltung fremden Vermögens kraft Vertrags

Entscheidungsbefugnis beim Vermögensinhaber

Entscheidungsbefugnis beim Dritten

Entscheidungsbefugnis beim Vermögensinhaber

Entscheidungsbefugnis beim Dritten

gewisse Dauer

gesetzlicher Regelfall

Insolvenzverwaltung, Vormundschaft etc.

Vermögensbetreuung, Vermögensberatung

Vermögensverwaltung, Investmentfonds

punktuell

gesetzlicher Regelfall

GoA Ergänzungspflegschaft

Anlageberatung

einmalige(r) Auftrag oder Geschäftsbesorgung

Abbildung 2: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen fremdnützigen Verwaltungen

Sowohl bei der Vermögensverwaltung als auch bei der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung ist der äußere Geschehensablauf vergleichbar, denn der Anleger erwirbt Effekten, Anteile oder verbriefte Forderungen einer Gesellschaft (Aktien, Anteile an einer GmbH, Publikums-KG, Investmentanteilscheine, Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter, Obligationen, Genussscheine etc.). Zur Abgrenzung beider Formen sind die mit der Überlassung des Kapitals verfolgten Ziele des Kapitalgebers und des Kapitalempfängers maßgeblich.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen Ziel des Kapitalgebers

Ziel des Kapitalempfängers106 Einordnung des Vorgangs als

Kapitalanlage

Kapitalanlage

Vermögensverwaltung

Kapitalanlage

unternehmerische Zielsetzung besteht in Kapitalanlage für Gesellschafter in Aktien, Immobilien etc.

Vermögensverwaltung (in Form geschlossener Immobilienfonds, atypisch stiller Gesellschaften etc.)

Kapitalanlage

Finanzierung der unternehmerischen Zielsetzung, die nicht primär in der Kapitalanlage besteht

gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder schuldrechtliche Position (Aktie, Genussrecht, atypisch stille Gesellschaft etc.)

unternehmerische Zielsetzung

Finanzierung der unternehmerischen Zielsetzung, die nicht primär in der Kapitalanlage besteht

gesellschaftsrechtliche Beteiligung

Abbildung 3: Abgrenzung der Vermögensverwaltung von (gesellschaftsrechtlichen) Beteiligungen

II. Die uneinheitliche Terminologie Der folgende Abschnitt dient der Klärung der Terminologie, da im juristischen Sprachgebrauch bislang keine einheitliche Verwendung des Begriffs „Vermögensverwaltung“ festzustellen ist. So werden einerseits für die Dienstleistung Vermögensverwaltung häufig andere Bezeichnungen verwendet und andererseits ist der Begriff Vermögensverwaltung auch in Zusammenhängen gebräuchlich, die mit der oben beschriebenen Dienstleistung nichts gemein haben. Dieses unterschiedliche Vorverständnis des Begriffs erschwert die Klärung juristischer Sachfragen107. Um eine Klärung herbeizuführen, bietet sich ein Vorgehen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln an. Zunächst werden andere Bezeichnungen der Dienstleistung der Vermögensverwaltung dargestellt. Anschließend erfolgt ein Perspektivenwechsel und es wird der Frage nachgegangen, in welchen anderen rechtlichen Zusammenhängen der Begriff „Vermögensverwaltung“ Verwendung findet und welcher Sinn ihm dort beigemessen wird.

___________ 106 Von der Verwendung des Begriffs „Kapitalnachfragers“ wurde abgesehen, da der Vermögensverwalter das Kapital nicht selbst nutzen, sondern nur anlegen will. 107 Dies beklagt auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 11 ff.

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Die uneinheitliche Terminologie

1. Andere Bezeichnungen für die Dienstleistung der Vermögensverwaltung Betrachtet man das Schrifttum zur Vermögensverwaltung, überrascht die Vielfalt und Uneinheitlichkeit der Terminologie. So wird mit dem Begriff der Vermögensverwaltung bisweilen nur die Verwaltung von Effekten und Geldanlagen umschrieben, während andere die Verwaltung aller Arten von verwalteten Vermögen meinen. Eine etwas andere Spielart dieser Begriffsbildung ist die im neueren Schrifttum eingeführte Differenzierung zwischen Vermögensverwaltungen im engeren und weiteren Sinne. Die Verwaltung von Geldmarkt- und Wertpapiervermögen wird als eine solche im engeren Sinne bezeichnet108, während die Verwaltung sonstiger Vermögenswerte als Vermögensverwaltung im weiteren Sinne gilt. Grundlage für diese Differenzierung dürfte die EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie109 gewesen sein. Sie definierte in Art. 1 i. V. m. Anhang Abschnitt A Nr. 3110 die Vermögensverwaltung erstmals als Wertpapierdienstleistung, sofern die Verwaltung sich auf Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Finanzterminkontrakte und Derivate erstreckt. Dabei war unerheblich, ob der Kunde ein schon vorhandenes Wertpapierdepot zur Verwaltung gab oder ob der Vermögensverwalter ein solches Depot erst im Rahmen der Vermögensverwaltung anlegte. Ab dem Moment, in dem der Verwalter über derartige Papiere disponieren konnte, lag eine Vermögensverwaltung i. S. d. Richtlinie vor. Die WDRL, die mittlerweile durch die MiFID ersetzt wurde, verfolgte also einen anlageobjektspezifischen Regelungsansatz111. Dieser Ansatz ist mit ___________ 108 So Gabler-Bank-Lexikon13, Stichwort „Vermögensverwaltung“; Schwaiger, Vermögensverwaltung, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, Sp. 1891; wohl auch Jendralski/Oehlenschläger, Vermögensverwaltung, S. 10 f. Ganz anders dagegen Pechlaner, Private Banking, S. 37, der unter Vermögensverwaltung i. e. S. die Vermögensverwaltung mit Dispositionsbefugnis des Vermögensverwalters versteht und mit dem Begriff der Vermögensverwaltung i. w. S. zusätzlich die Anlageberatung erfasst (ebenso Woernle, Privatbankiers, S. 61 und v. Rechberg, ZfgK 1968, 320). 109 Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über Wertpapierdienstleistungen vom 10.5.1993 (93/22/EWG), ABl. EG Nr. L 141 vom 11.6.1993, 27 = AG 1993, 394 ff.; dazu Grottke, EuZW 1993, 440; Jentsch, WM 1993, 2189 ff.; Schäfer, AG 1993, 389 ff. 110 Wörtlich bestimmt sie, dass die „individuelle Verwaltung einzelner Portefeuilles mit einem Ermessensspielraum im Rahmen eines Mandats der Anleger, sofern die betreffenden Portefeuilles eines oder mehrere der in Anhang B genannten Instrumente enthalten“, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. In Anhang B werden als Instrumente Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Finanzterminkontrakte und Derivate genannt. 111 Begriff nach Becker/Wicke, Vermögensverwaltung, S. 10.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

dem Umsetzungsgesetz112 in deutsches Recht übernommen worden. Die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung) wird als Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG) und das sie erbringende Unternehmen als Finanzdienstleistungsinstitut (§ 1 Abs. 1a Satz 1 KWG) definiert. Dieses untersteht der Aufsicht der BaFin (Sektor Bankenaufsicht) und muss die Zulassungsvoraussetzungen des KWG erfüllen. Parallel dazu sind derartige Vermögensverwaltungen auch dem WpHG und damit der laufenden Aufsicht der BaFin (Sektor Wertpapieraufsicht/Asset Management) unterstellt. Das Wertpapierhandelsgesetz erfasst die Finanzportfolioverwaltung als Wertpapierdienstleistung (§ 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG), das sie erbringende Unternehmen als Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG). Folge dieser Regelung ist insbesondere die Geltung der Verhaltens- und Organisationspflichten der §§ 31 ff. WpHG für derartige Geschäfte. Die Unterscheidung von Vermögensverwaltungen im engeren und weiteren Sinne erweist sich jedoch als wenig aussagekräftig. Denn die rechtlichen Rahmenbedingungen richten sich nicht allein nach den Regeln für bestimmte Anlageobjekte, sondern auch nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (z. B. §§ 675 Abs. 1, 661 ff. BGB), den kundenspezifischen Regelungen (z. B. für Mündelvermögen) und den vertraglichen Rahmenbedingungen. Verwaltet beispielsweise ein Vermögensverwalter Immobilien und Wertpapiere eines Kunden, finden sowohl rechtliche Regeln der Vermögensverwaltung im engeren wie im weiteren Sinne Anwendung. Die Differenzierung in Vermögensverwaltungen im engeren und weiteren Sinne hilft also nur dort weiter, wo es gilt, die spezifischen im KWG und WpHG aufgestellten Rahmenbedingungen der Finanz- bzw. Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu beschreiben. Im Übrigen suggeriert sie eine Trennung, die es faktisch nicht gibt, da die ganz überwiegende Zahl rechtlicher Regelungen und Prinzipien für „beide Arten“ der Vermögensverwaltung gelten. Viele der im Folgenden am Beispiel der Finanzportfolioverwaltung aufzuzeigenden zivilrechtlichen Pflichten lassen sich entsprechend auf die Verwaltung anderer Arten von Vermögenswerten übertragen. Es existiert gleichsam ein „Allgemeiner Teil“ des Rechts der Vermögensverwaltungen, zu dem für einzelne Unterarten jeweils spezifische Regelungen hinzutreten. Die Art des zu verwaltenden Vermögens kann im Einzelfall also nur An___________ 112 Fundstelle s. S. 4 Fn. 10; zu den Neuerungen Baur, Die Bank 1997, 346 ff.; Jung, BB 1998, 649 ff.; Meixner, WM 1998, 431 ff.; ders., NJW 1998, 862 ff.; Mielk, WM 1997, 2200 ff. (I.), 2237 ff. (II.); Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288 ff.; Wiebke, DStR 1998, 491 ff.

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Die uneinheitliche Terminologie

knüpfungspunkt für bestimmte rechtliche Regeln sein, eignet sich aber nicht als Merkmal zur Bildung einer eigenständigen Kategorie. Im Folgenden wird der Begriff der Vermögensverwaltung weit verstanden und beinhaltet auch die Verwaltung von Wertpapierdepots, die in der etwas unglücklichen Sprachwahl des Gesetzgebers als Finanzportfolioverwaltung113 bezeichnet wird. Diese Begriffswahl entspricht im Übrigen den Gepflogenheiten der Praxis und dem mittlerweile überwiegenden Schrifttum114. Verengt man den Blickwinkel und betrachtet den Markt für Finanzportfolioverwaltungen, herrscht ebenfalls keine einheitliche Begriffsbildung vor. Üblich sind Bezeichnungen wie „Effektenberatung und -verwaltung“115, „Vollmachtsvertrag“, „Auftrag zur Vermögenseffektenverwaltung“. Eine derartige Wortwahl erfolgt in der Praxis oft aus Marketinggesichtspunkten und schleicht sich dann auch in das juristische Schrifttum ein. Der Klarheit halber sollte jedoch eine einheitliche Terminologie verwendet werden, weshalb derartige Begriffe im Folgenden vermieden werden. Gleiches gilt für die insbesondere im betriebswirtschaftlichen Schrifttum verwendeten Begriffe „Portfoliomanagement“116, „Discretionary Account“ oder „Managing Agency“117. Hierbei handelt es sich um die im angloamerikanischen Rechtsraum für die Vermögensverwaltung gebräuchlichen Bezeichnungen, die aber um der Klarheit willen im Folgenden ebenfalls nicht verwendet werden. Wie bei der Definition der Vermögensverwaltung schon deutlich wurde118, wird bei der Begriffswahl auch nicht immer ausreichend zwischen Tätigkeiten unterschieden, bei denen der Dienstleister Entscheidungen über Vermögensumschichtungen eigenverantwortlich, d. h. ohne vorherige Rücksprache mit Kunden, vornehmen kann, und solchen, bei denen der Dienstleister nur auf Anweisung des Kunden handelt und diesen ggf. vor seinen Entscheidungen berät119. Aufgrund der im Einzelfall höchst unterschiedlichen rechtlichen Pflichten sollte jedoch die Vermögensverwaltung von der ___________ 113 Vgl. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG. 114 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 28 Rdn. 1; Balzer, Verhaltenspflichten, S. 23; ders., Vermögensverwaltung, S. 12, 22 f.; Becker/ Wicke, Vermögensverwaltung, S. 5; vgl. auch die Auflistung der Tätigkeitsgebiete bei Roll, Vermögensverwaltung, S. 255 ff.; Schäfer, BuB Rdn. 11/5, 11/29 ff.; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 8. 115 BGH, WM 1962, 675 f.; Sprau, in: Palandt, BGB64, § 675 Rdn. 10, 12. 116 Brandenberger, Investment Engineering, S. 5 Fn. 1. 117 Letzteres steht im Gegensatz zur „investment advisory agency“ (Beratung). 118 S. o. S. 26 Fn. 45. 119 So etwa bei Nuske, in: Brunner/Vollath, Handbuch Finanzdienstleistungen, S. 339 f.; Pechlaner, Private Banking, S. 37; Jendralski/Oehlenschläger, Vermögensverwaltung, S. 10 f.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Anlageberatung und Vermögensbetreuung auch terminologisch deutlich unterschieden werden120, weshalb Begriffe wie „statische Vermögensverwaltung“ u. ä. für die Anlageberatung vermieden werden. Vielfach findet sich für die Finanzportfolioverwaltung auch die Bezeichnung „Depotvertrag“ bzw. „Depotverwaltung“ oder gar „Depotmanagement“121. Letzteres gibt jedoch Anlass zu Verwechslungen, da sich „Depotverwaltung“ auch auf die technische Verwaltung und Abwicklung im Rahmen eines einfachen Depotvertrags beziehen kann122. Ungenau ist auch die Gleichsetzung der Begriffe „Asset Management“ und „Vermögensverwaltung“123. Denn Asset Management124 ist der Oberbegriff für die Verwaltung des eigenen Vermögens (etwa durch die Asset-Management-Abteilung von Großunternehmen oder Konzernen, die Tochterunternehmen und Beteiligungen verwalten) und des fremden Vermögens (etwa durch Investmentfonds, Banken oder unabhängige Vermögensverwalter). Mit Asset Management wird bisweilen auch der eigentliche Prozess der Anlage von Vermögen beschrieben. Diese Begriffsbestimmungen knüpfen stets an die Perspektive des Vermögensinhabers an. Löst man sich hiervon und betrachtet übergreifend das Investmentbanking als Ganzes, umschreibt der Begriff des Asset Managements dort den gesamten Prozess von der Entwicklung bzw. Gründung von Fonds(-konzepten), über den Investmentprozess, das Servicing, Branding bis hin zur Distribution der Produkte125. Eine synonyme Verwendung der Begriffe Vermögensverwaltung und Asset Management stiftet daher Verwirrung, weshalb der Begriff Asset Management im Folgenden nicht verwendet werden wird. Schließlich wird nicht immer ausreichend zwischen der Vermögensverwaltung als Dienstleistung und der organisatorischen Einheit innerhalb eines Kreditinstituts (= Abteilung für Vermögensverwaltung) unterschieden126. Im ___________ 120 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 13. 121 Etwa Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 128. 122 S. o. S. 25. 123 So aber etwa Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 1; Schlaus WuB I G 2b Depotgeschäft/Verwaltung 1.94. Die Vielzahl der mit Asset Management bezeichneten Tätigkeiten beschreibt Mössle, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen40, S. 872. 124 Vgl. die Stichwörter „Asset-Management“ und „Asset-Allocation“ im Gabler-BankLexikon12; Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 4. Nach Spremann, Vermögensverwaltung, S. 258 f., kann mit Asset Management die Vermögensverwaltung plus die Unternehmensberatung gemeint sein, sofern Sachwerte verwaltet werden. 125 Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 642 ff. 126 So Dorner, ZfgK 1968, 322.

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Die uneinheitliche Terminologie

Gegensatz zu den anderen geschilderten Beispielen unterschiedlicher Terminologie gibt diese Begriffswahl keinen Anlass zu Verwirrungen, da die terminologische Ungenauigkeit auf den ersten Blick zu erkennen ist.

2. Bezeichnung sonstiger Schuldverhältnisse als Vermögensverwaltung a) Sprachgebrauch des Gesetzgebers Zahlreiche Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthalten den Begriff Vermögensverwaltung. Vor allem im 4. Buch findet er an einigen Stellen Verwendung, so in § 1413 BGB für die Verwaltung des Vermögens durch einen Ehegatten127, im Rahmen der elterlichen Sorge als Synonym für die Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB)128, im Zusammenhang mit der Vormundschaft (vgl. §§ 1792 Abs. 2, 1811 Satz 2, 1825 Abs. 2; 1840 Abs. 2 BGB) und der Pflegschaft129. Auch außerhalb des Familienrechts ist der Begriff gebräuchlich (vgl. §§ 1078 Satz 2, 1083 Abs. 1 BGB zum Nießbrauch und § 1286 Satz 1 BGB zum Pfandrecht). Die Zivilprozessordnung erwähnt ihn in § 31, die frühere Konkursordnung benutzte ihn in § 61 Abs. 1 Nr. 5. Der Gesetzgeber umschreibt mit dem Begriff jeweils treuhänderische oder zumindest fremdnützige Rechtsstellungen mit gewisser Dauer130. Es lässt sich damit festhalten, dass der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der Vermögensverwaltung bei zahlreichen unterschiedlichen Rechtsinstituten Verwendung findet und dort wirtschaftlich die Vorgänge zur Besorgung fremder Vermögensangelegenheiten beschreibt. Die mit dieser Begriffsverwendung erfassten Verwaltungen unterscheiden sich von der „Vermögensverwaltung“ als Dienstleistung zur Kapitalanlage vor allem durch ihre andere Zielsetzung, z. B. Vermögenserhalt zugunsten von Personen, die selbst hierzu nicht in der Lage sind (Unmündige) oder deren Position gefährdet wäre (Gläubiger). Einen weiteren wesentlichen Unterschied stellt der Umstand dar, dass die genannten Vermögensverwaltungen auf gesetzlicher Grundlage oder hoheitlicher Bestellung und nicht auf vertraglicher Vereinbarung beruhen. Wirtschaftlich weisen die Vorgänge durchaus Parallelen auf. So muss beispielsweise auch der Vormund das Vermögen des Mündels ___________ 127 Zu den Anforderungen an die Begründung einer solchen Verwaltung vgl. BGH, WM 1986, 649, 651, zum Begriff Müller, Vermögensverwaltung unter Ehegatten, S. 11 f. 128 Huber, in: Münch. Komm. BGB4, § 1626 Rdn. 57; ebenso der Sprachgebrauch in BGHZ 58, 14. 129 Vgl. etwa BayObLG, Rpfleger 1990, 458 f. 130 Umfassend zu diesen gesetzlichen „Vermögensverwaltungen“ erstmals Siber, Jher. Jb. 67 (1917), 81, 91 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

erhalten und mehren. Deshalb sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die gesetzlich zur Verwaltung berufenen Personen sich durchaus auch eines professionellen Vermögensverwalters zur Erfüllung ihrer Aufgabe bedienen können. Die vertragliche Vermögensverwaltung dient dann der Ausführung des gesetzlichen Auftrags. Besonderer Erwähnung bedarf abschließend der Wahlgerichtsstand des § 31 ZPO. Auch dort umschreibt der Gesetzgeber mit dem Begriff „Vermögensverwaltung“ treuhänderische oder zumindest fremdnützige Rechtsstellungen mit gewisser Dauer. Denn § 31 ZPO erfasst mit dem Begriff der Vermögensverwaltung die Gesamtheit von Rechtsgeschäften und tatsächlichen Handlungen, die über einen gewissen Zeitraum zur Verwaltung eines bestimmten Vermögens vorgenommen wird, wobei auch die Verwahrung des Vermögensstücks eingeschlossen sein kann131. Nicht notwendig ist die Verwaltung des Vermögens als Ganzes. Ausreichend ist die Verwaltung nur eines Vermögensgegenstands, sofern dies eine Vielzahl von Verwaltungshandlungen erfordert132. Dagegen erfüllt die Besorgung einer einmaligen oder einzelnen Angelegenheit nicht die Voraussetzungen des § 31 ZPO, da die notwendige Dauerhaftigkeit fehlt. Nicht ausreichend ist auch die bloße Vollmacht zum Geschäftsabschluss, da es an der Selbstständigkeit der Aufgabenwahrnehmung mangelt. Anders ist die Lage jedoch, wenn der Vertreter auch die Befugnis zur Einziehung der Gegenleistungen hat und darüber regelmäßig Rechnung legt133. Der Rechtsgrund der Verwaltung kann auf Vertrag oder Gesetz beruhen134. Der in § 31 ZPO verwendete Begriff der Vermögensverwaltung ist damit weiter als der für die Zwecke dieser Arbeit verwendete Begriff135, weshalb auch die Vermögensverwaltung zur Kapitalanlage von § 31 ZPO tatbestandlich erfasst ist.

___________ 131 RGZ 20, 364 f.; Patzina, in: Münch. Komm. ZPO2, § 31 Rdn. 2; Roth in: Stein/Jonas, ZPO22, § 31 Rdn. 4. 132 BAG, NJW 1974, 1016 (Wohnungsverwaltung nach dem WEG); Putzo in: Thomas/ Putzo, ZPO26, § 31 Rdn. 1; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO63, § 31 Rdn. 3. 133 Roth in: Stein/Jonas, ZPO22, § 31 Rdn. 4; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO3, § 31 Rdn. 3. 134 Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO3, § 31 Rdn. 4; Patzina, in: Münch. Komm. ZPO2, § 31 Rdn. 2. 135 Er umfasst etwa auch die Wohnungseigentumsverwaltung, die deshalb nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, weil der Verwalter nicht über die Vermögenssubstanz disponieren und für die Eigentümer andere Immobilien erwerben kann, s. o. S. 44 f.

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Die uneinheitliche Terminologie

b) Sprachgebrauch in Rechtsprechung und Schrifttum Nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch Rechtsprechung und Schrifttum nutzen den Begriff „Vermögensverwaltung“ im Zusammenhang mit anderen fremdnützigen Vertragstypen. Diese Schuldverhältnisse haben mit der oben definierten Vermögensverwaltung gemeinsam, dass sie auf die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen gerichtet sind. Sie unterscheiden sich aber dadurch, dass nicht das Ziel der Kapitalanlage im Vordergrund steht. Angesprochen ist also die Grenzziehung von Vermögensverwaltung zur „gewöhnlichen“ Geschäftsbesorgung. Die – soweit ersichtlich – erste derartige Entscheidung des Reichsgerichts136 betraf einen Auftrag zur Veräußerung eines Hofgutes mit anschließender Schuldenbegleichung aus dem Erlös. Das Gericht und ihm folgend Teile des Schrifttums137 bezeichneten den Vertrag als Vermögensverwaltung, obwohl es sich nur um den Auftrag zu einem einmaligen Verkauf handelte und das erlöste Vermögen nicht auf Dauer für den Vermögensinhaber angelegt werden sollte. Ebenfalls unter diesem Stichwort finden sich Entscheidungen138 zur Haftung des Treuhänders (Custodian) nach dem MilRegG 52139, der u. a. für die Verwaltung des ehemaligen Vermögens der NSDAP und der öffentlichen Hand zuständig war. Der Bundesgerichtshof ordnete die Beschlagnahme des unter Vermögenskontrolle stehenden Vermögens und die Bestellung des Custodian als Hoheitsakte an, die sich anschließende Verwaltung des Vermögens dagegen als Geschäftsbesorgung. Ein weiteres Beispiel für eine unpräzise Verwendung des Begriffs im Schrifttum ist die Hausverwaltung, insbesondere diejenige nach dem WEG, die als Unterfall der Vermögensverwaltung genannt wird140. Der Begriff Vermögensverwaltung wird also bisweilen als Synonym für Geschäftsbesorgungen oder spezialgesetz-

___________ 136 RGZ 90, 129. 137 S. die Nachweise in Fn. 141. 138 Vgl. etwa BGHZ 15, 142 ff.; 17, 140 ff.; 21, 285 ff.; 24, 393 ff.; BGH, LM Nr. 36 zu Art. 34 GG. 139 Gesetzgebung der Militärregierung (SHAEF), Gesetz Nr. 52 aus dem Jahr 1945 (Sperre und Beaufsichtigung von Vermögen) ABlAmMilReg A 24; ABlBrMilReg Heft 1, 24; Heft 3, 18; Einzelheiten der Aufgabe des Custodian sind beschrieben bei Buschbom, Nationalsozialistisches Unrecht, S. 23 ff.; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 3. Das Gesetz ist kommentiert bei Dölle/Zweigert, Gesetz Nr. 52. 140 Vgl. etwa Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 37; Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen5, Rdn. 590.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

lich geregelte Vertragstypen benutzt. Insoweit herrscht auch im jüngeren Schrifttum nicht immer die notwendige terminologische Klarheit141. Bisweilen unpräzise ist auch das Schrifttum zur Treuhand, das bei der Darstellung des angloamerikanischen Trusts den Begriff sehr oft mit „Vermögensverwaltung“ übersetzt. Er wird dabei in einem sehr weiten Sinne verwendet142 und erfasst auch gesetzlich geregelte Rechtsinstitute, wie Testamentsvollstreckungen, Vormundschaften u. ä.143.

3. Vermögensverwaltung als Abgrenzungsmerkmal zur gewerblichen Tätigkeit Die Bezeichnung Vermögensverwaltung findet sich sehr oft auch im Zusammenhang mit der Anlage eigenen Vermögens durch seinen Inhaber oder dessen Familienangehörige. Der Begriff entspricht damit nicht der eingangs herausgearbeiteten Definition, sondern wird als (Tatbestands-)Merkmal zur Beschreibung bzw. Abgrenzung der Kompetenzen benutzt, die natürlichen oder juristischen Person zustehen können. Folgende Beispiele finden sich in der Rechtsprechung: (1) Der Bundesgerichtshof musste zur Auslegung von Versicherungsbedingungen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 ARB) die private Verwaltung eigenen Vermögens von der freiberuflich ausgeübten Vermögensverwaltung (des eigenen Vermögens) abgrenzen144. Er entschied, dass eine selbstständige Tätigkeit erst dann anzunehmen sei, wenn sie „berufsmäßig betrieben wird“, d. h. von ihrem Umfang her einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, wie die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte.

___________ 141 Dies zeigt sich etwa, wenn man die im Schrifttum unter dem Stichwort „Vermögensverwaltung“ bzw. „Verwaltung von Vermögen“ aufgeführte Beispiele und besprochenen Urteile betrachtet, vgl. statt vieler Heermann, in: Münch. Komm. BGB4, § 675 Rdn. 109 und Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen5, Rdn. 590 (Zusammenfassung von Haus- und Vermögensverwaltung). Deutlich jetzt Ehmann, in: Erman, BGB11, § 675 Rdn. 7. 142 So bei Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 564, 584; Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 1 f.; Fischbach, Treuhänder, S. 131; präzise dagegen Nachod, Treuhänder, S. 99. 143 Eine solch weite Begriffsbestimmung findet sich etwa noch im Stichwortregister bei Palandt, BGB56 („Vermögensverwaltung“). 144 BGHZ 119, 252 ff.; s. a. OLG Hamm, WM 1992, 1788; OLG München, VersR 1989, 40; OLG Bamberg, NJW-RR 1994, 1507.

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Die uneinheitliche Terminologie

(2) Eine vergleichbare Konstellation verbirgt sich hinter dem im Einkommensteuerrecht verwendeten Begriff der „privaten Vermögensverwaltung“. Dieser Begriff dient dazu, steuerbare und nicht steuerbare Tatbestände voneinander abzugrenzen. Reine Vermögensumschichtungen sind der Privatsphäre zugeordnet und einkommensteuerrechtlich unerheblich. Auch kommt dem Begriff die Funktion zu, einkommensteuerrechtliche Einkunftsarten abzugrenzen, wie etwa die vermögensverwaltende Vermietung und Verpachtung vom Gewerbebetrieb145. Die im Steuerrecht entwickelte Abgrenzung wird auch in anderen Rechtsgebieten, etwa im Gewerberecht146, herangezogen. (3) Verwendung fand der Begriff auch bei der Umschreibung der Kompetenzen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Vermarktung eines Universitätssiegels Teil der – in die Selbstverwaltungskompetenzen einer Universität fallenden – Vermögensverwaltung sei (vgl. § 119 BW-UG)147. (4) Sehr oft findet sich der Begriff auch bei der Betriebsaufspaltung zur Umschreibung des Unternehmenszwecks einer Gesellschaft ohne operatives Geschäft. Diese jeweils unterschiedlichen Inhalte des Begriffs Vermögensverwaltung haben mit der Dienstleistung, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, sachlich nichts gemein. Im Folgenden wird daher nur die eingangs geschilderte Definition der Vermögensverwaltung zugrunde gelegt, die sich im bankrechtlichen Schrifttum als Beschreibung dieser Dienstleistung durchgesetzt hat.

4. Historische Verwendung des Begriffs Der Begriff des Vermögens wird erst in neuerer Zeit als Bezeichnung für die Gesamtheit wirtschaftlicher Werte eines Rechtssubjekts verwendet. „Vermögen“ bezeichnet also Objekte rechtlichen Handelns. Die Verwendung des Begriffs „Vermögen“ vor der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetz___________ 145 Ausführlich dazu etwa Schneider, Der Tatbestand der privaten Vermögensverwaltung im Einkommensteuerrecht; Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften sowie BFH, WM 1991, 1069 f. – „Angestellter Rentenhändler“ – und BFH, NJW 1999, 1207 – Wertpapiergeschäfte – jeweils m. w. N. 146 Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, § 34c Rdn. 8 ff. 147 BGHZ 119, 237, 243.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

buchs war uneinheitlich148. So nutzte man ihn im gemeinen Recht, um die Machtbefugnisse eines Rechtssubjekts zu bezeichnen. Frese etwa definiert das Vermögen „als Wirkungskreis der Willensmacht eines vom Recht anerkannten Rechtssubjekts“149. Infolge dessen war auch der Begriff „Vermögensverwaltung“ anders besetzt und bezeichnete – funktional betrachtet – die Geschäftsführungsbefugnis des heutigen Rechts. Das gemeine Recht unterschied die Vermögensverwaltung, mit der das faktische Tun und Handeln für einen Geschäftsherrn gemeint war, von der Willensvertretung, mit der die Beauftragung zum rechtsgeschäftlichen Handeln für einen anderen beschrieben wurde150. Die Vermögensverwaltung war insofern umfassender, als mit ihr nicht nur das faktische Handeln erfasst war, sondern auch solche Rechtsgeschäfte, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig waren. Der Vermögensverwalter war dafür zuständig, das Vermögen zu erhalten und zu schützen, eine Dispositionsbefugnis über die Vermögenssubstanz stand ihm nicht zu151. Zwei Arten der Vermögensverwaltung und Willensvertretung wurden unterschieden, nämlich die willensfreie und die willensabhängige. Eine willensfreie Vermögensverwaltung lag vor, wenn der Vermögensverwalter unabhängig vom Willen des dominus negotii war, sein Wille also an die Stelle des Willens des Geschäftsherrn bei der Verwaltung trat, während der willensabhängige Verwalter nur den ihn beherrschenden Willen des dominus zur Ausführung brachte152. Beispiele für willensfreie Vermögensverwalter waren der Vormund, der Prokurist, der geschäftsführende Gesellschafter der OHG, der Vorstand der AG und der Konkursverwalter153. Als willensfreier Vermögensverwalter galt auch die Person, die den Geschäftsherrn während einer längeren Abwesenheit oder Krankheit vertrat und das gesamte Vermögen oder wesentliche Teile davon verwaltete154. Da das Ziel dieser Verwaltung nicht die Kapitalanlage, sondern nur der Erhalt und Schutz der Vermögenssubstanz war, liegt trotz der sich zunächst aufdrängenden Parallele kein Fall der Vermögensverwaltung im heutigen Sinne vor. ___________ 148 Hierauf ist nicht im Detail einzugehen, vgl. stattdessen Fuchs, Vermögen und Vermögensverwaltung, S. 9 ff. m. w. N. 149 Frese, Vermögensverwaltung, S. 6. 150 Frese, Vermögensverwaltung, S. 4. 151 Frese, Vermögensverwaltung, S. 7 ff. 152 Frese, Vermögensverwaltung, S. 13, 19 f., 21. Beim willensabhängigen Verwalter war es gleichgültig, ob das Machtverhältnis zwischen Vermögensverwalter und dominus auf Dienstmiethe, Mandat oder auf einem Familienverhältnis beruhte, Frese, a. a. O., S. 22. 153 Frese, Vermögensverwaltung, S. 209 f., 359. 154 Ebenfalls Frese, Vermögensverwaltung, S. 6 f.

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Erscheinungsformen und Durchführung

Auch das Allgemeine Preußische Landrecht ging von einer ähnlichen Begrifflichkeit aus. Das heute als Auftrag bekannte Rechtsgeschäft wurde in einem eigenen Abschnitt mit dem Titel „Von Verwaltung fremder Sachen und Güter“ (ALR I 14 § 109 bis 167) geregelt. Während die soeben dargelegte Verwendung des Begriffs „Vermögensverwaltung“ eine sehr weite ist, findet sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch ein recht enges Verständnis des Begriffs, mit dem man das heute als Depotgeschäft bezeichnete Tätigkeitsfeld umschrieb155. Nachdem der Begriff „Vermögensverwaltung“ nunmehr definiert und seine recht facettenreiche Verwendung in der juristischen Fachsprache geklärt ist, werden im Folgenden die Erscheinungsformen der Vermögensverwaltung und ihre Durchführung dargestellt.

III. Erscheinungsformen und Durchführung der Vermögensverwaltung 1. Vorgehen Wie in den vorangegangenen Ausführungen bereits angeklungen ist, finden sich in der Praxis zahlreiche Formen der Vermögensverwaltung. Ziel des folgenden Abschnitts ist es, diese Formen im Einzelnen darzustellen, denn die spätere Erörterung der rechtlichen Regelung dieser Dienstleistung muss diese unterschiedlichen Erscheinungsformen berücksichtigen. Vermögensverwaltungen lassen sich nach der Art und dem Umfang des zu verwaltenden Vermögens, der Art der Betreuungsleistungen, den verschiedenen Anbieterkategorien und nach den Dispositionsrechten des Vermögensverwalters und nach der Zahl der beteiligten Anleger klassifizieren.

___________ 155 Ehrenberg, in: Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. 2, S. 38; Obst, Kapitalanlage und Vermögens-Verwaltung, S. 67 ff.; Maier, Geldwesen, S. 98, 103 f.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

2. Das zu verwaltende Vermögen a) Art des Vermögens Vermögensverwaltungen lassen sich nach Art des verwalteten Vermögens untergliedern156. Wirtschaftlich bedeutend ist die Verwaltung folgender Vermögenswerte: – Geldvermögen – Finanzinstrumente (Aktien, Anleihen, Geldmarktinstrumente etc.) – Immobilien – Unternehmensbeteiligungen157 – Kunstsammlungen – Edelmetalle Daneben werden von vermögensverwaltenden Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten auch Testamentsvollstreckungen und Nachlassverwaltungen sowie die Beratung bei der Errichtung von Stiftungen und Verwaltung des Stiftungsvermögens angeboten158. Die im Rahmen solcher Leistungen angebotene Verwaltung kann sich ebenfalls auf jede Art von Vermögenswerten erstrecken. Auf die besonderen Grundsätze, die bei der Verwaltung von Stiftungsvermögen zu beachten sind, wird im Folgenden nicht näher eingegangen159. Derzeit dominiert die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten, da Anlagen in Versicherungen, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen und Edelmetalle nicht ausreichend fungibel sind160, sie u. U. steuerliche Nachteile aufweisen und kleinere Anlagebeträge nicht ausreichend diversifiziert werden können. ___________ 156 Dabei kann man auf den Zeitpunkt der Begründung des Vermögensverwaltungsverhältnisses abstellen oder darauf, wie das Vermögen des Kunden während der Verwaltung anlegt wird. Diese unterschiedliche Perspektive ist für die nachfolgende Klassifizierung ohne Belang. Sie wird erst im Zusammenhang mit dem Inhalt des Vermögensverwaltungsvertrags relevant. 157 Hierzu gehören aufgrund der rechtlichen Einkleidung auch Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds, vgl. Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 8; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 23. 158 Schäfer, BuB Rdn. 11/6. 159 Vgl. statt vieler Hof, in: Seifart/v.Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts2, § 10 Rdn. 32 ff. 160 Diese für die Verwaltung von Fremdvermögen getroffene Feststellung gilt jedoch gleichermaßen auch für die Verwaltung von eigenem Vermögen zu Kapitalanlagezwecken, bei der ebenfalls handelbare Werte dominieren, vgl. zum Asset Management Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 639 ff.

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Erscheinungsformen und Durchführung

b) Umfang des Vermögens Bei einer Differenzierung nach dem Umfang der Betreuung durch den Vermögensverwalter kann zwischen einer partiellen und einer universellen Vermögensverwaltung unterschieden werden161. Während bei der partiellen Verwaltung nur einzelne oder gar nur eine Vermögensart zum Gegenstand der Verwaltung gemacht wird, umfasst die universelle Verwaltung alle Vermögensarten. Die partielle Vermögensverwaltung bezieht sich zumeist auf Geld- und Wertpapiervermögen, die universelle ist vor allem im Rahmen von Nachlassverwaltungen und Testamentsvollstreckungen anzutreffen.

3. Art der Betreuung a) Individuelle Vermögensverwaltung Bei einer individuellen Vermögensverwaltung verpflichtet sich der Vermögensverwalter zu einer auf die Anlageziele und Interessen des konkreten Kunden bezogenen Anlage des Vermögens. Der Vermögensverwaltungsvertrag räumt dem Vermögensverwalter entweder freies Ermessen ein oder enthält entsprechende Anlagerichtlinien, in denen das Ziel der Anlage, die möglichen Anlageobjekte und die Anlagestrategie festgelegt werden. Verwendet der Vermögensverwalter vorformulierte Vertragsmuster, lassen diese für die Vereinbarung individueller Anlagerichtlinien entsprechenden Raum. Da individuelle Vermögensverwaltungen einen großen Aufwand für den Vermögensverwalter verursachen, werden sie erst ab einer bestimmten Mindestanlagesumme angeboten, die je nach Anbieter zwischen 50.000 Euro und 250.000 Euro schwankt162. Innerhalb der individuellen Vermögensverwaltung lassen sich nach dem Umfang des betreuten Vermögens und der Art der erbrachten Leistungen zwei Typen unterscheiden: (1) In der Praxis häufig anzutreffen ist die individuelle, partielle Vermögensverwaltung, bei der Kunden nur einen Teil ihres Vermögens verwalten lassen, wobei die Anlage in Wertpapieren im Vordergrund steht. (2) Die individuelle, universelle Vermögensverwaltung, die das gesamte Vermögen des Kunden umfasst, hat sich – entgegen früheren Erwartungen163 – nicht durchgesetzt und ist auch heute noch eine Randerscheinung. ___________ 161 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 12 f. 162 Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 25; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 143. 163 Vgl. die Nachweise bei Brunner, Vermögensverwaltung, S. 23 Fn. 2.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

b) Standardisierte Vermögensverwaltung Um die Verwaltungskosten zu verringern und die Vermögensverwaltung auch für Inhaber kleinerer und mittlerer Vermögen anbieten zu können, entwickelten die Kreditinstitute standardisierte Vermögensverwaltungsmodelle164. Eine empirische Studie zeigt, dass nicht nur die auf Kleinanleger spezialisierten Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken165, sondern auch die Großbanken und Privatbanken derartige Verwaltungen vornehmen166. Die standardisierte Vermögensverwaltung unterscheidet sich von Publikumsfonds dadurch, dass sie an Anlegertypen ausgerichtet ist, während die Fonds marktorientiert sind (z. B. Aktien-, Renten-, Branchenfonds). (1) Gemeinschaftliche Vermögensverwaltung Bei der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung kann ein Kunde je nach seiner Risikobereitschaft und seinen Anlagezielen zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen (z. B. konservativ, risikobewusst und spekulativ). Das Depot des Kunden wird nicht individuell, sondern einheitlich mit den Depots anderer Kunden betreut, die die gleiche Anlagestrategie gewählt haben. Der Vermögensverwalter trifft also einheitliche Entscheidungen für alle Depots eines bestimmten Typs; eine individuelle Anlageentscheidung für einzelne Depots entfällt167 ebenso wie das Recht des Anlegers, in Bezug auf sein Depot Einzelweisungen abzugeben. Die gleichförmige Verwaltung mehrerer Kundendepots erlaubt eine Rationalisierung und damit eine Kostensenkung im Vergleich zur individuellen Vermögensverwaltung. Bei der standardisierten Vermögensverwaltung hat sich damit ein Wandel vollzogen. Noch 1987 stellte Brunner fest, dass diese Form der Vermögensverwaltung168 nur vereinzelt von privaten Vermögensverwaltern, nicht aber von Banken angeboten würde169. Grund hierfür war der recht große Aufwand der Verwaltung bei der Anlage in Wertpapieren, der diese Art der Vermögens___________ 164 Sie werden auch als „Minifonds“ oder „gemeinschaftliche Vermögensverwaltung“ oder als „Depotmanagement“ bezeichnet, s. o. S. 37 und Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 128. Anders Demuth, in: Brunner/Vollath, Handbuch Finanzdienstleistungen, S. 307, 310 ff., der hierunter das Fondspicking versteht. 165 Bei den Sparkassen haben 95 % aller Depots einen Wert von unter 100.000 DM bzw. jetzt 50.000 Euro, vgl. Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 1. 166 Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 1 ff.; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 127 ff. 167 Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 13. 168 Die Mindestanlagesummen lagen zwischen 10.000 DM und 50.000 DM. 169 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 20.

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Erscheinungsformen und Durchführung

verwaltung für die Kunden vergleichsweise teuer machte. Brunner ging deshalb davon aus, dass sie eine Randerscheinung bleiben werde. Innerhalb der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung lassen sich zwei Varianten unterscheiden, die sich durch die in Betracht kommenden Anlageobjekte unterscheiden: (1) Investitionen ausschließlich in Fonds und (2) Direktinvestition in Wertpapiere. Während die fondsgebundene Strategie ab Mindestanlagebeträgen von 10.000 Euro möglich ist, verlangt die Branche für gemeinschaftliche Vermögensverwaltungen mit Direktinvestitionen in Wertpapiere deutliche höhere Beträge (zwischen 50.000 und 100.000 Euro)170. (2) Vermögensverwaltung mit Fondspicking Bei der Vermögensverwaltung mit Fondspicking werden die Anlageentscheidungen noch weiter als bei der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung standardisiert. Das vermögensverwaltende Institut wählt zu jeder der drei bis vier vorgegebenen Anlagestrategien einen passenden hauseigenen oder fremden Investmentfonds aus. Die Leistung des Vermögensverwalters besteht also nicht mehr in der Auswahl und dem Erwerb von einzelnen Effekten für das Depot des Kunden, sondern in der Auswahl verschiedener Investmentfonds. Der Verwalter hat deren Anlageerfolge zu überwachen und ggf. eine Umschichtung in andere Fonds vorzunehmen. Die Mindestanlagesummen liegen heute überwiegend im Bereich von 10.000 Euro bis 15.000 Euro. Die Vermögensverwaltung mit Fondspicking unterscheidet sich von der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung dadurch, dass der Vermögensverwalter durchaus für jeden Kunden individuelle Anlagestrategien festlegen kann, die Anlage aber stets in Fondsanteilen erfolgt. Demgegenüber wird bei der gemeinschaftlichen Vermögensverwaltung der Kunde einem Kundentyp zugeordnet und nach einheitlichen Grundsätzen betreut; die Anlage kann auch in einzelnen Wertpapieren erfolgen. Trotz dieser beiden eindeutigen Unterscheidungsmerkmale sind die Grenzen in der Praxis fließend, da die gemeinschaftliche Vermögensverwaltung zumeist ausschließlich in Fondsanteilen erfolgt und faktisch damit zur Vermögensverwaltung mit Fondspicking wird171. ___________ 170 Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 25; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 142. 171 Wohl deshalb trennen Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 1 ff.; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 127 ff., nicht strikt zwischen beiden Formen der Vermögensverwaltung.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

c) Feste Anlagerichtlinien Bisweilen findet sich die Vermögensverwaltung auch in Form fester, nicht zur Disposition stehender Anlagerichtlinien. Sofern der Vermögensverwalter nur einen Depottyp anbietet, hat der Kunde nur über die Auswahl des Vermögensverwalters Einfluss auf die Anlage. Aufgrund der geringen Attraktivität, die eine derart starre Angebotspalette mit sich bringt, dürfte diese Form der Vermögensverwaltung selten anzutreffen sein172.

4. Anbieter der Vermögensverwaltung Der als Vermögensverwalter in Betracht kommende Kreis von Personen und Unternehmen hängt entscheidend von der Art des zu verwaltenden Vermögens ab. Bei Wertpapiervermögensverwaltungen kommen als Vermögensverwalter Kreditinstitute, unabhängige Vermögensverwaltungsgesellschaften und unabhängige Vermögensverwalter in Betracht. Letztere werden auch als freie oder private Vermögensverwalter bezeichnet. Als Hauptunterschied zwischen unabhängigen Vermögensverwaltern und vermögensverwaltenden Kreditinstituten galt über lange Zeit die Tatsache, dass Banken Vermögenswerte verwalteten, die bei ihnen deponiert waren, während die privaten Vermögensverwalter immer Werte verwalteten, die bei externen Instituten deponiert waren173. Diese Unterscheidung verliert immer mehr an Bedeutung, da die Banken zunehmend auch extern deponierte Werte verwalten174, um privaten Vermögensverwaltern Konkurrenz machen zu können. Denn der Vermögensinhaber wird bei einem Wechsel des Vermögensverwalters aufwendige Transaktionen von einem Depot in ein anderes vermeiden wollen175. Neben den genannten Anbietern bieten Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Vermögensverwaltungen an, wobei dies zumeist nur „nebenberuflich“ für gute Kunden erfolgt. Da der Markt für Vermögensverwaltungen in den letzten Jahrzehnten einen starken Wandel durchlaufen hat, wird dieser in einem eigenständigen Abschnitt im Rahmen der rechtstatsächlichen Bestandsaufnahme beschrieben176.

___________ 172 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 22, die diese Form als Beispiel der Vermögensverwaltung nennen, machen keine Angaben über Ihre Verbreitung. 173 Da ihnen die Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts fehlt, vgl. oben S. 25. 174 Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 29. 175 Im Hinblick auf die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot hat der BGH jüngst entschieden, dass die Banken hierfür kein gesondertes Entgelt verlangen dürfen, vgl. BGH, ZIP 2005, 245 ff. 176 S. u. Kapitel 6 auf S. 342 ff.

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Erscheinungsformen und Durchführung

5. Vermögensinhaber In Bezug auf die Person des Vermögensinhabers macht die Branche keine Vorgaben. Vermögensverwaltungen werden daher sowohl vermögenden Privatpersonen wie institutionellen Kunden angeboten, also insbesondere „kollektiven Vermögensmassen“177, wie Stiftungen, Pensionsfonds, betrieblichen Versorgungseinrichtungen, Versicherungen und Investmentfonds. Einzig die Vermögensverwaltung in Form von Spezial-Sondervermögen unterliegt einer Einschränkung. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 InvG sind nur juristische Personen als Anleger zugelassen; die Zahl der Anleger ist auf 30 begrenzt. Grund für beide Einschränkungen ist die Tatsache, dass institutionelle Anleger, die mit dieser Regelung erfasst sind, nicht im gleichen Maße des Anlegerschutzes bedürfen178 wie natürliche Personen. Durch die zahlenmäßige Beschränkung erfolgt eine Abgrenzung zu den Publikumsfonds, die den allgemeinen Bestimmungen des Investmentgesetzes unterliegen. Eine weitere Ausdifferenzierung der Vermögensverwaltung unter dem Gesichtspunkt „Vermögensinhaber“ macht angesichts der Bandbreite der angebotenen „Vermögensverwaltungen“ wenig Sinn. Folgende grobe Leitlinien sind in den vorangegangenen Ausführungen bereits angeklungen: Institutionellen Anlegern stehen aufgrund des Umfangs ihrer Vermögenswerte ganz andere Angebote an Vermögensverwaltungen offen als Privatanlegern. Kleine und mittlere Privatanleger werden die standardisierte Vermögensverwaltung oder die Vermögensverwaltung mit Fondspicking wählen, vermögende Kunden die individuelle Vermögensverwaltung. Die Übergänge zwischen den Kundengruppen sind fließend und werden auch dadurch beeinflusst, dass sich einzelne Vermögensverwalter auf verschiedene Formen der Vermögensverwaltung spezialisiert haben. Der Markt für Vermögensverwaltung wird an späterer Stelle179 genauer dargestellt.

6. Dispositionsbefugnis des Vermögensverwalters Im Hinblick auf die dem Vermögensverwalter eingeräumten schuld- und sachenrechtlichen Befugnisse lassen sich zwei Formen unterscheiden, nämlich die Verwaltung in Form des Vertretermodells und in Form des Treuhandmodells. ___________ 177 So Schäfer, BuB Rdn. 11/5. 178 Zu den insoweit geltenden Erleichterungen Baur, Investmentgesetze2, Anh. § 1 Rdn. 19 ff. 179 S. u. Kapitel 6 auf S. 342 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

a) Treuhandmodell Der Vermögensinhaber kann im Vermögensverwaltungsvertrag eine fiduziarische Verwaltungstreuhand vereinbaren (Treuhandmodell); er übereignet das zu verwaltende Vermögen an den Vermögensverwalter, der es treuhänderisch für ihn verwaltet. Der Vermögensverwalter verfügt damit bei der Verwaltung über rechtlich eigenes, wirtschaftlich aber fremdes Vermögen. Dem Kunden steht ein Rückübertragungsanspruch zu, der mit dem Ende der Vermögensverwaltung fällig wird. Fehlt eine vertragliche Regelung, hängt sein Inhalt von der Art des verwalteten Vermögens ab. Er kann sich auf Rückübereignung von Geld, Sachen und Rechten (Wertpapiere oder Gesellschaftsbeteiligungen) richten. b) Vertretermodell Beim Vertretermodell bleibt der Auftraggeber Eigentümer des zu verwaltenden Vermögens und bevollmächtigt den Vermögensverwalter, die zur Verwaltung notwendigen Umschichtungen des Vermögens vorzunehmen. Der Vermögensverwalter handelt als offener Stellvertreter im Namen des Vermögensinhabers gemäß §§ 164 ff. BGB. c) Verbreitung Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Modellen ist die eigentumsrechtliche Zuordnung des zu verwaltenden Vermögens. In Deutschland dominiert das Vertretermodell180. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und werden in den Kapiteln 4 bis 6 näher beleuchtet.

7. Tatsächliche Durchführung der Vermögensverwaltung Vermögensverwaltungen gliedern sich typischerweise in drei Phasen: a) In der vorbereitenden Planungsphase erfolgt eine umfassende Analyse des zur Verwaltung anstehenden Kundenvermögens und der Anlageziele des Kunden. b) Die Anlage des Kundenvermögens wird entsprechend den Anlagezielen des Kunden und den ggf. vereinbarten Anlagerichtlinien (Realisierungsphase) durchgeführt. Zu dieser Phase gehört auch die regelmäßige Kontrolle, ob die getroffenen Anlageentscheidungen aufgrund veränderter Ausgangsbedingungen einer Korrektur bedürfen. Von dieser laufenden Kon___________ 180 Dies belegt auch ein Blick auf die Rechtsprechung. In der Vielzahl der Entscheidungen zur Vermögensverwaltung (s. o. S. 3 f. Fn. 9) findet sich – soweit ersichtlich – nur eine Entscheidung des BGH zur Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells, BGH, NJW 1999, 1026. S. a. OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, 138 (Vermögensverwaltung in der Schweiz).

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Erscheinungsformen und Durchführung

trolle im Rahmen der Anlage des Vermögens ist c) die Phase der Kontrolle des Vermögensverwaltungsprozesses als ganzem zu trennen. Diese drei Phasen lassen sich bei allen Vermögensverwaltungen antreffen, gleichgültig, ob als Anlageobjekte Wertpapiere oder Immobilien gewählt werden. Die drei Phasen werden entsprechend der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit im Folgenden anhand der Finanzportfolioverwaltung näher beschrieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Portfoliomanagement kein einfacher, einmaliger Akt der Asset Allokation ist, sondern ein komplexer, kontinuierlicher und systematischer Prozess, bei dem eine Rückkoppelung zwischen allen drei Phasen stattfindet. Folgendes Schaubild mag dies verdeutlichen.

Planung

Realisierung

Kontrolle

Anlegeranalyse Anlegerpräferenzen Anlagekonzept

Portfoliorealisierung

Performancemessung

Portfoliobildung

Anlegervorgaben, realisierte Anlegerdaten

Portfoliorevision

Performance

Vermögensverwaltungsanalyse vermögensverwaltungs- und portfoliomanagerspezifische Präferenzen

Finanzanalyse anlegerrelevante Umweltbedingungen Finanzdatenprognosen

Abbildung 4: Der Prozess des Portfoliomanagements181

a) Die Planung Der Vermögensverwaltungsprozess beginnt mit einer umfassenden Analyse des zur Verwaltung anstehenden Kundenvermögens, der persönlichen Verhältnisse des Kunden und seiner Anlageziele sowie einer Beratung des Kun___________ 181 In Anlehnung an Rehkugler, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 6. Siehe auch die Beschreibung bei Bauman, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 3 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

den hinsichtlich der mit der Vermögensverwaltung verbundenen Folgen und Risiken. Die Planung kann im Stadium der Vertragsanbahnung stattfinden oder aber nach bereits erfolgtem Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags, aber vor der eigentlichen Anlage des Vermögens. (1) Analyse des zur Verwaltung anstehenden Kundenvermögens In dem oft als Vermögensstrukturanalyse bezeichneten Vorgang untersucht der Vermögensverwalter die Zusammensetzung des zur Verwaltung anstehenden Vermögens. Dabei werden die verschiedenen Gattungen (Aktien, Renten, Derivate, Anteilscheine, Festgeld) und die mit ihnen verbundenen Risiken ermittelt (Bonität der Emittenten, Fälligkeiten, Marktgängigkeit, Währungsrisiken sowie Diversifizierung nach Branchen und Regionen). (2) Analyse der persönlichen Verhältnisse des Kunden Neben der Vermögensstrukturanalyse erfordert eine an den Bedürfnissen des Kunden ausgerichtete Vermögensverwaltung die vorherige Analyse der persönlichen Verhältnisse des Kunden. Der Vermögensverwalter muss Einkommen und sonstiges Vermögen ebenso in seine Überlegungen einbeziehen wie die Gesamtsumme laufender Ausgaben, Familienstand, Unterhaltspflichten und steuerliche Gesichtspunkte. Nur die Berücksichtigung aller Aspekte kann verhindern, dass eine Anlage des Vermögens sich als zu risikoreich für den Kunden erweist. Insoweit gilt es, sich das von André Kostolany182 geprägte Bild in Erinnerung zu rufen, wonach schon eine Anlage von 5.000 Euro in blue chips für einen Familienvater mit fünf Kindern höchst spekulativ sein kann, während die gleiche Anlage für einen Millionär konservativ wäre183. (3) Ermittlung der Anlageziele und Präferenzen des Kunden Eine umfassende Vorbereitung der Vermögensverwaltung setzt weiterhin voraus, dass der Vermögensverwalter sich Gewissheit darüber verschafft, welche Anlageziele der Kunde mit der Vermögensverwaltung verbindet. Betrachtet man die Praxis der Vermögensverwaltung, erfolgt die Ermittlung der Ziele des Anlegers heute zumeist in zwei Schritten. Zunächst wird das abstrakte, mit der Vermögensverwaltung generell verfolgte Ziel ermittelt. ___________ 182 Kostolany, Die Kunst über Geld nachzudenken, S. 33 f. 183 Ob ein Geschäft spekulativ ist, hängt also von den Umständen des Einzelfalls ab. Das in der Geschichte der Effektengeschäfte schon frühzeitig erlassene generelle Verbot der Spekulation war deshalb zu pauschal, dazu im Einzelnen unten auf S. 237 ff.

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Erscheinungsformen und Durchführung

Dazu bedient sich die Branche überwiegend eines Fragebogens (siehe Abbildung 5). In einem zweiten Schritt konkretisiert der Vermögensverwalter die so ermittelten Vorstellungen des Kunden und geht auf die klassischen Ziele jeder Kapitalanlage ein, nämlich die Rendite, Sicherheit und Liquidität der Anlage. Diese werden als „magisches Dreieck der Kapitalanlageziele“ bezeichnet184. Mit dem Zusatz „magisch“ wird zum Ausdruck gebracht, dass sich diese Ziele nicht gleichzeitig verwirklichen lassen, sondern (teilweise) gegenseitig ausschließen. So wird etwa eine höhere Sicherheit oder eine höhere Liquidität mit einer geringeren Rendite erkauft, während umgekehrt eine niedrigere Sicherheit mit einer höheren Rendite einhergeht. Dieses „Dreieck“ wird in der jüngeren Forschung um den Punkt der „Verwaltbarkeit“ zum „magischen Viereck“ erweitert, da nicht jede Anlageform auch den mit ihr verbundenen Aufwand der Verwaltung rechtfertigt185. Welche Anlageziele verfolgen Sie?  Substanzerhaltung

 gesichertes Einkommen

 leichte Liquidierbarkeit

 langfristige Wertsteigerung

 kurzfristige Gewinnerzielung

 Spekulation

 Steuern sparen

 Ausbildung (der Kinder)

 Altersvorsorge

 Sonstiges

Abbildung 5: Typischer Fragenkatalog zur Ermittlung der Anlageziele186

Je nach Professionalität des Kunden setzt die Ermittlung der Anlageziele zugleich eine Beratung voraus, denn eine autonome Entscheidung des Kunden bei der Festlegung von Anlagezielen und den daraus später entwickelten Anlagerichtlinien erfordert eine Sachkenntnis über die Tragweite der Entscheidung. Der Vermögensverwalter muss dem Kunden die Chancen und Risiken der ins Auge gefassten Anlagearten verdeutlichen. Dies wiederum setzt voraus, dass der Vermögensverwalter die Professionalität des Kunden einschätzen und ihn bei der Bestimmung seiner Anlageziele beraten kann. ___________ 184 Diese Ziele sind im ökonomischen Schrifttum als maßgeblich herausgearbeitet worden und werden durch empirische Befragungen bestätigt, vgl. Schmidt-von Rhein, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 35 ff. 185 Schmidt-von Rhein, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 41 f., 50 f. 186 Abdruck aus dem Vermögensverwaltungsvertrag der Geschermann & Partner Vermögensverwaltung GmbH, Böblingen.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Hierzu benötigt er neben den soeben erwähnten Angaben über das Einkommen, das Vermögen und die persönlichen Verhältnisse Angaben über die bisherigen Erfahrungen des Kunden mit der Anlage von Vermögen. Wie schon bei Schritt 1 ist auch bei der Ermittlung der magischen vier Ziele eine Standardisierung zu beobachten, indem die Vermögensverwalter nur wenige typisierte Anlagemodelle anbieten. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Das Ziel der Liquidierbarkeit wird bei Finanzportfolioverwaltungen schon deshalb vernachlässigt, weil börsennotierte Wertpapiere börsentäglich liquidiert werden können187. Nicht gefragt wird auch nach dem Ziel der Sicherheit, das aufgrund der Erkenntnisse der Modernen Portfoliotheorie188 über die Zusammenhänge von Risiko und Schwankungsintensität künftiger Wertpapierrenditen häufig durch die Frage nach der Volatilität ersetzt wird. Bei standardisierten Vermögensverwaltungen, neuerdings aber auch bei individuellen Vermögensverwaltungen, werden daher typischerweise drei „Depottypen“ angeboten: „konservativ/ertragsorientiert“, „ausgewogen/wachstumsorientiert“ und „risikoorientiert/chancenorientiert“. Die Depottypen entsprechen einem bestimmten Grad an Volatilität und damit Risiko; je höher dieses ausfällt, desto höher sind gleichzeitig auch die Chancen auf Rendite. Mit einer solchen, auf zwei Parameter (Volatilität/ Ertrag) reduzierten Standardisierung der Anlageziele wird ein hoher Grad an Reproduktionsfähigkeit erreicht, da alle Depots eines dieser drei Typen nach einheitlichen Grundsätzen verwaltet werden können. (4) Anlagestrategie Entsprechend den Anlagezielen legen Vermögensverwalter und Kunden die Anlagestrategie für die Vermögensverwaltung fest. Noch bis in die 80er Jahre hinein war die Einräumung eines freien Ermessens des Vermögensverwalters gebräuchlich. Der Vermögensverwalter und der Kunde vereinbarten also keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Anlage. Damit konnte der Vermögensverwalter vor dem Hintergrund der Ziele des Anlegers im Einzelfall frei entscheiden, welche Anlageobjekte in welcher Mischung geeignet waren. Im Konfliktfall brachte diese Vorgehensweise jedoch eine große Rechtsunsicherheit für beide Seiten mit sich. Deshalb ist die Branche dazu übergegangen, konkrete „Anlagerichtlinien“ mit dem Kunden zu vereinbaren, die genaue Vorgaben hinsichtlich der prozentualen Aufteilung des Depots auf die verschiedenen Wertpapiergattungen, Branchen und Regionen ___________ 187 Wenn man von Ausnahmesituationen, wie Kursaussetzungen oder -einstellung nach § 38 Abs. 1 BörsG oder geringer Marktliquidität, einmal absieht. 188 Dazu unten S. 393 ff.

70

Erscheinungsformen und Durchführung

enthalten. Die Richtlinien können Vorgaben hinsichtlich der Zulässigkeit von Termingeschäften, der Vermögensverwaltung auf Kreditbasis und der Anlage in Fremdwährungen u. ä. machen. Die Anlagerichtlinien legen somit den Dispositionsrahmen des Vermögensverwalters genau fest und der Kunde ist – ggf. mit Hilfe eines Experten – in der Lage, die Einhaltung der festgelegten Grenzen zu kontrollieren. Anlagerichtlinien 1. Der Verwalter ist verpflichtet, die Vermögensverwaltung nur im Rahmen folgender Anlagerichtlinien vorzunehmen:  Typ Einkommen

Ziel der Vermögensverwaltung ist es, die Vermögenssubstanz zu erhalten und ein regelmäßiges Einkommen zu erwirtschaften. Die Vermögenswerte werden zu 100 % in festverzinsliche Wertpapiere, also Renten, Rentenfonds, von Banken emittierte Genussscheine, sowie Termingeldern (Euro) investiert. Da die Sicherheit im Vordergrund steht, scheidet eine Anlage in Aktien oder aktienähnliche Papiere aus. Die Anlage in Termingeldern anderer Währungen als Euro soll nur in vergleichbar stabile Währungen erfolgen und zwar zu max. ____ % des Vermögens.  Typ Einkommen und Wachstum

Ziel der Vermögensverwaltung ist es, ein regelmäßiges Einkommen und einen Vermögenszuwachs zu erwirtschaften. Die Vermögenswerte werden zu maximal ___ % in in- und ausländische Aktien, aktienähnlichen Genussscheinen, Bezugsrechten oder Anteilen an Aktienfonds investiert. Die Anlage in Termingeldern anderer Währungen als Euro soll nur in vergleichbar stabile Währungen erfolgen und zwar zu max. ____ % des Vermögens. Im Übrigen wird das Vermögen in festverzinslichen Wertpapiere, also Renten, Rentenfonds, von Banken emittierte Genussscheinen, sowie Termingeldern (Euro) investiert.  Typ Wachstum

Ziel der Vermögensverwaltung ist es, einen Vermögenszuwachs zu erwirtschaften. Die Vermögenswerte werden zu maximal ___ % in in- und ausländische Aktien, Bezugsrechten, aktienähnlichen Genussscheinen oder Anteilen an Aktienfonds investiert. Der Aktienanteil überwiegt. Im Übrigen wird das Vermögen in festverzinsliche Wertpapiere, also Renten, Rentenfonds, von Banken emittierte Genussscheinen, sowie Termingeldern (Euro) investiert. Die Anlage in Termingeldern anderer Währungen als Euro soll nur in vergleichbar stabile Währungen erfolgen und zwar zu max. ____ % des Vermögens.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Der Vermögensverwalter ist berechtigt, Termin- und Optionsgeschäfte in Wertpapieren, Devisen und Edelmetallen für den Vermögensinhaber vorzunehmen, soweit sie der Absicherung gegen Markt-, Währungs- oder Kursrisiken und der Verbilligung von Einstandskursen dienen.  ja  nein 2. Das zu verwaltende Vermögen gehört zum  Privatvermögen  Betriebsvermögen  sonstigen Vermögen (Stiftung, Verein etc.). 3. Sofern das Vermögen zum Privatvermögen gehört, kann es für die Besteuerung von Bedeutung sein, ob das verwaltete Vermögen oder Teile davon innerhalb oder außerhalb der Spekulationsfrist veräußert werden. Die Spekulationsfrist soll  immer beachtet werden  nicht beachtet werden  nur in folgenden Einzelfällen beachtet werden: _____________________________________. 4. Die in Nr. 1 genannten Anlageformen oder Finanzinstrumente sind nicht abschließend aufgezählt. Soweit eine Anlageform oder ein Finanzinstrument nicht genannt wurde, dieses aber vom möglichen Ertrag und Risiko einer der genannten Formen vergleichbar ist, darf der Verwalter das Vermögen auch in solche Anlageformen investieren. Der Verkauf von Gratisoptionsscheinen ist in jedem Fall zulässig. 5. Die in Nr. 1 festgelegten Anlagerichtlinien erlauben dem Verwalter auch den Erwerb und die Veräußerung entsprechender ausländischer Wertpapiere und Devisen. Abbildung 6: Typisches Beispiel Festlegung der Anlagestrategie189

Ein Kunde, dem diese „Schablonisierung“ der Anlageziele und der Anlagestrategie nicht gerecht wird, kann mit dem Vermögensverwalter eine individuelle Festlegung der Anlageziele vereinbaren. Insbesondere kann er zusätzliche Vorgaben hinsichtlich der Auswahl der Anlageobjekte machen (z. B. ethische Kriterien einführen und etwa eine Anlage in Rüstungswerten ausschließen). (5) Richtlinien für die Durchführung der Planung Betrachtet man die Vielzahl der genannten Teilschritte, setzt die Vermögensverwaltung eine relativ stark strukturierte Vorbereitung voraus. Berufsständische Organisationen geben für diese Phase der Vermögensverwaltung (aber auch anderer Beratungsleistungen) Hilfestellung in Form von Leit-

___________ 189 Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Geschermann & Partner Vermögensverwaltung GmbH, Böblingen.

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Erscheinungsformen und Durchführung

linien. So lauten etwa die sieben für die Phase der Planung geltenden Grundsätze des Deutschen Verbands Financial Planners190 wie folgt: „1. Vollständigkeit bedeutet, alle Kundendaten zweckadäquat zu erfassen, zu analysieren und zu planen. Dieses beinhaltet alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben, die Erfassung notwendiger persönlicher Informationen und die Abbildung des persönlichen Zielsystems des Kunden. 2. Vernetzung bedeutet, alle Wirkungen und Wechselwirkungen der einzelnen Daten in Bezug auf Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, auf Einnahmen und Ausgaben unter Einschluss persönlicher, rechtlicher, steuerlicher und volkswirtschaftlicher Faktoren zu berücksichtigen. 3. Individualität bedeutet, den jeweiligen Kunden mit seiner Person, seinem familiären und beruflichen Umfeld, seinen Zielen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt der Finanzplanung zu stellen und keine Verallgemeinerungen zu diesen Punkten vorzunehmen. 4. Richtigkeit bedeutet, die Finanzplanung im Grundsatz fehlerfrei, nach dem jeweils aktuellen Gesetzgebungsstand und nach anerkannten Methoden der Finanzplanung durchzuführen. Planungen können per se nicht sicher, sondern nur plausibel sein und allgemein anerkannten Verfahren der Planungsrechnung entsprechen. 5. Verständlichkeit bedeutet, dass die Finanzplanung einschließlich ihrer Ergebnisse so zu präsentieren ist, dass der Kunde sie versteht und nachvollziehen kann sowie seine im Rahmen des Auftrags gestellten Fragen beantwortet erhält. 6. Dokumentationspflicht bedeutet, dass die Finanzplanung einschließlich ihrer Prämissen und Ergebnisse in schriftlicher oder anderer geeigneter Form dem Kunden zur Verfügung zu stellen ist. 7. Einhaltung der Berufsgrundsätze bedeutet, dass ein Financial Planner die für ihn geltenden Berufsgrundsätze – Integrität, Vertraulichkeit, Objektivität, Neutralität, Kompetenz und Professionalität – beachten muss.“ Diese von ihrer Formulierung eher für die Vermögensberatung zugeschnittenen Grundsätze gelten mutatis mutandis auch für die Planungsphase zu Beginn des Vermögensverwaltungsprozesses. ___________ 190 Das folgende Zitat entstammt http://www.devfp.de (abgerufen am 31.5.2005) und Spremann, Vermögensverwaltung, S. 295 f.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

b) Die Realisierungsphase (1) Die Anlageentscheidungen Die Anlage des Kundenvermögens findet erst nach erfolgtem Vertragsschluss statt191. Bei der Erstanlage des Vermögens bezieht der Vermögensverwalter die Anlageziele des Kunden ein, berücksichtigt das allgemeine Investitionsumfeld und entscheidet sich für die abstrakt in Betracht kommenden Anlagegattungen (Immobilien, unternehmerische Beteiligungen, Wertpapiere, Geldanlagen etc.)192. Aus diesen wählt er anschließend auf der Basis gründlicher Marktanalysen die konkreten Anlageobjekte aus. Dabei bezieht er die Risikotragfähigkeit und Risikobereitschaft des Kunden und die Rentabilität und Liquidität der Anlagen ein und diversifiziert die Vermögenswerte entsprechend. Übernimmt der Vermögensverwalter dagegen ein bereits in Wertpapieren angelegtes Vermögen, verändert sich seine Aufgabe dahingehend, dass er überprüfen muss, ob das Vermögen in seiner aktuellen Zusammensetzung den Anlagezielen entspricht und ob er es ggf. umschichten muss. Der kundengerechte Anlage-Mix (Asset Allokation) kann auf zwei Arten ermittelt werden, nämlich im Wege des Top-Down-Approaches und des Bottom-Up-Approaches. Beim Top-Down-Approach werden zunächst die für einen Kunden überhaupt in Betracht kommenden Finanzinstrumente, Branchen und Regionen ausgewählt, um anschließend die Gewichtung der einzelnen Kategorien vorzunehmen. Im nächsten Schritt wird innerhalb der einzelnen Kategorien jeweils ausgewählt, welche Papiere konkret geeignet sind und anschließend, wie diese zu gewichten sind. Im Gegensatz dazu ist der Bottom-Up-Approach am konkreten Produkt orientiert. Innerhalb der einzelnen Kategorien werden einzelne, besonders empfehlenswerte Instrumente ausgewählt. Anschließend wird festgestellt, welche Gewichtung die einzelnen Wertpapiere innerhalb der Kategorien durch diese Auswahl erlangen. Um die jeweils kundengerechte Mischung zu erhalten, wird die Auswahl im nächsten Schritt entsprechend ergänzt. Sofern die Vermögensverwaltung in Form des – in der Praxis dominierenden – Vertretermodells erfolgt, handelt der Vermögensverwalter dabei aufgrund der ihm eingeräumten Vollmacht im Namen des Kunden. Wurde ihm ___________ 191 Zum Folgenden ausführlich Fabozzi, Investment Management, S. 171 ff.; Hager, Investors, S. 799 ff.; Spremann, Vermögensverwaltung, S. 67 ff.; Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 673 ff. 192 Grundlegend hierzu Bauman, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 3 ff.

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Erscheinungsformen und Durchführung

das Vermögen treuhänderisch überlassen, erfolgt die Vermögensanlage im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kunden. (2) Die technische Abwicklung Die technische Abwicklung der Anlage hängt davon ab, ob der Vermögensverwalter eine Lizenz als Kreditinstitut (§§ 32, 1 Abs. 1 KWG) oder lediglich als Finanzdienstleistungsinstitut (§§ 32, 1 Abs. 1a KWG) besitzt. – Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter um eine Universalbank, die zugleich das Wertpapierdepot des Kunden betreut, gibt die Abteilung Vermögensverwaltung der mit Effektengeschäften betrauten Abteilung entsprechende Order. Die Effektenabteilung führt die Aufträge aus und verbucht die entsprechenden Geschäfte im Depot des Kunden. Sie benachrichtigt die Vermögensverwaltungsabteilung von der Ausführung der Geschäfte. Das Effektengeschäft und das Depotgeschäft erfolgten also in Ausführung der Vermögensverwaltung. – Handelt es sich dagegen bei dem Vermögensverwalter nicht um ein Kreditinstitut mit der Erlaubnis zum Betreiben des Finanzkommissions- und Depotgeschäfts, muss sich der Vermögensverwalter zur Ausführung der Wertpapiertransaktionen eines Kreditinstituts bedienen, da ihm selbst die Genehmigung zum Betreiben dieser als Bankgeschäfte geltenden Dienstleistungen fehlt. Er wird seine Anlageentscheidungen daher dem depotführenden Kreditinstitut als Order übermitteln, die diese als Broker ausführt, im Depot des Kunden verbucht und den Vermögensverwalter benachrichtigt. – Gleiches gilt, falls es sich bei dem Vermögensverwalter zwar um eine Universalbank handelt, das Kundenvermögen jedoch im Depot einer anderen Bank liegt. Dieser Fall wird dann auftreten, wenn dem Kunden beim Wechsel des Vermögensverwalters die Übertragung seines Vermögens in ein anderes Depot zu aufwendig erscheint. Die Kreditinstitute lassen sich – wie festgestellt – auf derartige Kundenwünsche heute durchaus ein, da der Markt für Vermögensverwaltungen hart umkämpft ist und ein derartiges Entgegenkommen die Bereitschaft des Kunden fördert, den Vermögensverwalter zu wechseln. (3) Die laufende Überprüfung Der Vermögensverwalter überprüft regelmäßig, ob die bei den Anlageentscheidungen zugrunde gelegten Annahmen im Hinblick auf die Güte und Performance der georderten Wertpapiere im Bestand des Kunden noch zu75

Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

treffen und ob sich die Märkte sowie die politischen oder sonstigen Rahmenbedingungen verändert haben. Sollten Veränderungen auftreten, die eine Umschichtung des Portfolios des Kunden erfordern, trifft er zeitnah die notwendigen Entscheidungen. Diese regelmäßige Überprüfung deckt sich in Teilen mit den Analyseprozessen, die der Vermögensverwalter schon in der ersten Phase geleistet hat. Phase 1 und 2 sind also teilweise deckungsgleich193. Um die laufende Überprüfung der Wertpapiere vornehmen zu können, bedienen sich die Vermögensverwalter der hauseigenen Researchabteilung oder qualifizierter externer Bewertungen. c) Die Kontrollphase und die laufende Rückkoppelung zum Kunden Neben der kontinuierlichen Überprüfung der Anlageentscheidungen im Rahmen der Anlage des Kundenvermögens erfragt der Vermögensverwalter in regelmäßigen Abständen, ob sich die persönlichen Verhältnisse und/oder die Anlageziele des Kunden verändert haben, um ggf. in Absprache mit dem Kunden die Anlagestrategie anpassen zu können. Die dabei ermittelten Angaben fließen in die Realisierungsphase ein; der Vermögensverwalter wird die Zusammensetzung des Kundendepots den veränderten Umständen anpassen. Um den Kunden über die Anlagepolitik zu informieren und ihm eine Kontrolle zu ermöglichen, übersendet der Vermögensverwalter ihm in regelmäßigen Abständen Berichte über die Zusammensetzung des Depots, seine Wertentwicklung im abgelaufenen Berichtszeitraum und seine Einschätzung der künftigen Entwicklung der Märkte. Der Kunde kann anhand dieser Angaben überprüfen, ob die Vermögensverwaltung den vereinbarten Anlagerichtlinien und den eigenen Erwartungen entsprochen hat194. Er kann sich zu diesem Zweck eines externen Experten und einer Performancemessung ___________ 193 Deshalb trennt Rehkugler, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 6, in seiner Grafik die Planungs- und Realisierungsphase nicht ganz so strikt, wie ich es im oben abgebildeten Schaubild getan habe, sondern stellt die Portfoliorealisierung zwischen Planungs- und Realisierungsphase dar. Es besteht jedoch eine Rückkoppelung zwischen allen drei Phasen, weshalb Rehkuglers Darstellungsweise nicht überzeugt. 194 Diese Überlegungen des Kunden stehen eigentlich außerhalb der drei genannten Phasen, die sich an der Vorgehensweise des Vermögensverwalters orientieren. Da die Entscheidung des Kunden, den aktuell tätigen Vermögensverwalter beizubehalten oder einen anderen Vermögensverwalter zu beauftragen, regelmäßig im Zusammenhang mit der Übersendung von Berichten erfolgen wird, wurde sie gleichwohl an dieser Stelle genannt.

76

Erscheinungsformen und Durchführung

bedienen195. Hat er Anlass zu Beanstandungen, wird er mit dem Vermögensverwalter neue Anlagerichtlinien vereinbaren oder gar den Vermögensverwalter wechseln. d) EDV-Unterstützung Die Beschreibung des Vermögensverwaltungsprozesses zeigt, dass ein Vermögensverwalter schon bei Übernahme eines Vermögensverwaltungsmandats eine Vielzahl von Entscheidungen trifft, deren Durchführung und Gültigkeit er überwachen und ggf. korrigieren muss. Betreut er eine Vielzahl von Kunden, wächst dementsprechend der Umfang der Einzelvorgänge. Es verwundert daher nicht, dass die Vermögensverwaltung sich heute nur noch unter Einsatz von EDV mit vertretbarem Aufwand bewältigen lässt. Mittlerweile werden zahlreiche Programme zur Unterstützung der Institute im Privatkundengeschäft angeboten. Diese Programme ermöglichen folgende Hilfestellungen, die die technische Abwicklung der Vermögensverwaltung erleichtern196: – Erstellung eines umfassenden Überblicks über sämtliche, beim Institut unterhaltenen Guthaben, Depotbestände, Kredite etc. inklusive eines Rückblicks über die Entwicklung dieser Positionen seit Beginn der Kundenbeziehung bzw. über einen festen Zeitraum – Fristenverwaltung – Strukturierung des Depots nach Wertpapiergattungen, Währungen, Ursprungsländern, Branchen, Fälligkeiten, Restlaufzeiten, Nominalzinsen und Renditen – Konsolidierung mehrerer Depots – Simulationen von Anlageentscheidungen – Performancemessungen und -vergleiche – Qualitätskontrolle, insbesondere Überwachung der Einhaltung der Anlagerichtlinien Nicht nur die technische Abwicklung der Verwaltung wird durch EDV-Unterstützung erleichtert197. Mittlerweile können die Vermögensverwalter auf umfangreiche Software zur Aktien- oder Rentenpapieranalyse zurückgreifen.

___________ 195 S. zum Compliance Monitoring und zu Konkurrenzmandaten S. 30 f. 196 Glogowski, Neue Finanzdienstleistungen, S. 165 f. 197 Aus Sicht des Anlegerschutzes stellt sich die Frage, ob es für den Vermögensverwalter unter dem Gesichtspunkt einer Organisationspflicht zwingend geboten ist, solche Software einzusetzen und regelmäßig Updates zu installieren, dazu unten S. 632.

77

Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

IV. Der Vermögensverwaltungsvertrag 1. Überblick Die individuelle Vermögensverwaltung stellt eine entgeltliche Geschäftsbesorgung dar. Auf sie finden über § 675 Abs. 1 BGB deshalb die Vorschriften über den Auftrag Anwendung. Unterscheidet man weiterhin nach der Art der geschuldeten Geschäftsbesorgung, stellt die Vermögensverwaltung eine solche mit Dienstleistungscharakter dar, so dass ergänzend die auf Dienstverträge anwendbaren Normen der §§ 611 ff. BGB anzuwenden sind. Je nach Art des verwalteten Vermögens (z. B. Mündelvermögen, Stiftungsvermögen) treten noch spezialgesetzliche Vorschriften hinzu, die Vorgaben für die Art der Verwaltung enthalten. Wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird, beeinflusst auch das geschilderte Aufsichtsrecht die allgemeinen und speziellen Pflichten des Vermögensverwalters. Dies gilt insbesondere für die Interessenwahrungspflicht, deren Inhalt immer stärker durch die aufsichtsrechtlichen Vorgaben (vgl. § 31 Abs. 1 WpHG) beeinflusst wird. Da die §§ 611 ff., 675 Abs. 1, 667 ff. BGB in weiten Bereichen dispositiv sind, kommt in der Praxis den vertraglich vereinbarten Regelungen ein besonderes Gewicht zu.

2. Standardisierung Die Finanzportfolioverwaltung basiert auf einem zwischen dem Vermögensinhaber und dem Vermögensverwalter geschlossenen Vertrag. Anders als etwa im Bereich der Bankgeschäfte, die einheitliche AGB kennen, haben die berufsständischen Organisationen der Vermögensverwalter198 noch keine so breite Akzeptanz gefunden, als dass es zu einer Standardisierung des Inhalts der Vermögensverwaltungsverträge gekommen wäre199. Dennoch zeigt die Untersuchung aller dem Verfasser zugänglichen Vermögensverwaltungsverträge, dass trotz unterschiedlicher Formulierungen im Detail in allen Verträgen ein bestimmter Mindestinhalt anzutreffen ist200. Die Unterschiede zwischen Vermögensverwaltungsverträgen von Kreditinstituten einerseits und unabhängigen Vermögensverwaltern andererseits waren marginal. Alle Vermögensverwaltungsverträge sahen eine Verwaltung in Form des Vertretermodells vor, ein Vertragsmuster für das Treuhandmodell stand dem Ver___________ 198 Dazu ausführlich unten S. 408 ff. 199 Dies beklagt für die Schweiz auch Woernle, Privatbankiers, S. 62 f. 200 So auch die Beobachtung von Balzer, Vermögensverwaltung, S. 3, der zwölf Verträge auswertete.

78

Der Vermögensverwaltungsvertrag

fasser nicht zur Verfügung. Folgende Fragen werden typischerweise angesprochen: – der Auftrag zur Verwaltung, – die Vollmachtserteilung und Befreiung von § 181 BGB, – die Beschreibung des von der Vermögensverwaltung erfassten Vermögens, – die Anlagerichtlinien, – die Regelung der Berichterstattung und Rechnungslegung, – die Haftung des Verwalters, – die Berechnung und Höhe des Honorars des Vermögensverwalters (Verwaltungsgebühr), – die Beendigung der Vermögensverwaltung, – eine Regelung für den Todesfall sowie – bei Kreditinstituten die Frage der Einbeziehung der AGB der Banken/ Sparkassen. Diese Sachfragen werden in den Verträgen in unterschiedlichem Umfang geregelt. Die überwiegende Zahl der Anbieter fasst alle Regelungsbereiche in einer Urkunde zusammen, während ein Teil der Vermögensverwalter dazu übergegangen ist, die Anlageziele des Kunden und die Anlagerichtlinien in einer separaten Urkunde niederzulegen. Diese Vorgehensweise begründen die Anbieter damit, dass dem Kunden auf diese Weise die besondere Bedeutung der Anlageziele und Anlagerichtlinien vor Augen geführt werde. Zudem würden die Anlageziele und -richtlinien in regelmäßigen Abständen im Gespräch mit dem Kunden überprüft. Für diesen Zweck könne jeweils dasselbe, dem Kunden vertraute Formblatt verwendet werden. Zudem biete das separate Formblatt mehr Raum für individuelle Vereinbarungen als eine Integration der Anlagerichtlinien in die Hauptvertragsurkunde. Andere Vermögensverwalter, die nur standardisierte Vermögensverwaltungen anbieten, können auf derart flexible Formulare dagegen verzichten. Einer der befragten Vermögensverwalter bevorzugte eine Gestaltung der Vertragsurkunde, die auf eine individuelle Aushandlung schließen ließ, um eine Anwendung der AGB-Kontrolle so weit als möglich auszuschließen201. Die Bandbreite der in der Praxis anzutreffenden Bezeichnungen für Vermögensverwaltungsverträge ist groß, wie die eingangs202 vorgenommene ___________ 201 Diese Angabe stammt aus dem Jahr 1995, als § 24a AGBG a. F. noch nicht in Kraft getreten war. 202 Dazu oben S. 49 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Abgrenzung der Vermögensverwaltung von anderen Vertragstypen gezeigt hat. Die Bezeichnung des Vertragstyps ist ein Indiz unter vielen, welche Rechte und Pflichten die Parteien vereinbaren wollten. Entscheidend ist der ausdrückliche oder aus den Umständen zu ermittelnde Inhalt des Vertrags. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, kann hierüber durchaus Streit entstehen, wie der erste höchstrichterlich entschiedene Fall aus den Anfängen der Vermögensverwaltung gezeigt hat203. Die vorliegenden heutigen Vertragsmuster gehen demgegenüber ausführlich auf die Pflichten der Parteien ein, wie die nachfolgende Zusammenstellung zeigt.

3. Hauptpflicht des Vermögensverwalters In allen untersuchten Vertragsmustern wird gleich zu Beginn der Verträge die Hauptpflicht des Vermögensverwalters festgelegt, der es übernimmt, gegen Honorar das zur Verwaltung überlassene Vermögen im Interesse des Kunden und gemäß dessen Anlagezielen anzulegen. Die Parteien umschreiben das zu verwaltende Vermögen genau, indem sie die Konten und Depots bezeichnen, auf die sich die Verwaltung erstrecken soll. Bei der Beschreibung des Gegenstands der Vermögensverwaltung wird in den meisten Verträgen auch vereinbart, dass die Erträge wieder angelegt werden und damit ebenfalls Gegenstand der Finanzportfolioverwaltung sind. Gleiches gilt für Werte, die nach Beginn der Vermögensverwaltung auf die Konten und Depots fließen. Dem Vermögensinhaber steht das Recht zu, jederzeit Teilbeträge von den Konten und Depots abzuziehen, soweit nicht die vertraglich festgelegten Mindestanlagesummen unterschritten werden.

4. Hauptpflicht des Vermögensverwaltungskunden Der Vermögensinhaber ist gemäß §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Vergütung des Vermögensverwalters wird entweder im Vertrag selbst geregelt oder es erfolgt zumindest der Hinweis auf eine separate Honorarvereinbarung204. Die Bandbreite der Berechnungsmodi für das Honorar ist groß. Sie reicht von reinen ___________ 203 BGH, WM 1962, 675 ff. Der ein Aktiendepot verwaltende Beklagte hatte im Ergebnis erfolglos behauptet, er sei nicht als Vermögensverwalter tätig geworden, sondern man habe eine BGB-Gesellschaft gegründet, so dass ihm 50 % der Gewinne zustünden (die wesentlich höher waren als ein Verwalterhonorar). 204 Der Fall BGH, WM 1962, 675 ff., bei dem um die Frage der Angemessenheit und Üblichkeit der Vergütung für einen Vermögensverwalter gestritten wurde, stellt daher die Ausnahme dar. Vergleichsweise häufiger anzutreffen ist der Streit dagegen bei der Testamentsvollstreckung, vgl. BGH, BB 1963, 161.

80

Der Vermögensverwaltungsvertrag

Fixhonoraren, die mittels eines festgelegten Prozentsatzes der verwalteten Werte berechnet werden, über Erfolgshonorare, bei denen der Verwalter einen bestimmten Prozentsatz des Vermögenszuwachses im letzten Geschäftsjahr erhält, bis hin zu einer Kombination aus beidem. Manche Verträge sprechen auch die Frage an, ob neben der Verwaltungsgebühr auch Transaktionskosten und Depotgebühren fällig werden, während andere Vermögensverwalter dazu übergegangen sind, Pauschalgebühren zu vereinbaren, die alle im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung erbrachten Leistungen abdecken. Da die Entgeltregelung an späterer Stelle im Zusammenhang mit dem Churning noch näher untersucht werden wird, muss an dieser Stelle eine ausführlichere Darstellung der anzutreffenden Entgeltregelungen erfolgen: a) Anfangshonorare Manche Vermögensverwalter berechnen ein Anfangshonorar, um ihren zu Beginn der Vermögensverwaltung hohen Aufwand an Beratung und Dispositionen für die Erstanlage des Vermögens sowie ihre Vorlaufkosten für Ausstattung und Erwerb des Know-hows abzudecken. Das Honorar beträgt bis zu 15 % des Vermögens205. b) Verwaltungshonorare Das Verwaltungshonorar (auch Portfoliomanagementgebühr, Asset Management Fee genannt) erhält der Verwalter für die individuelle Verwaltung eines Wertpapierdepots, da er dem Anleger die laufende Kontrolle der Anlagen und die operativen Anlageentscheidungen abnimmt. Diese Art des Honorars wird sowohl von Kreditinstituten als auch von selbstständigen Vermögensverwaltern verlangt. Sie findet sich auch beim Fondspicking206. Zu unterscheiden sind zwei Kategorien, nämlich feste Honorare (Flat Fee) und am Portfoliowert orientierte Honorare (Asset Based Fee)207. Bei Asset Based Fees kommt als Berechnungsgrundlage der Vermögensbestand am Ende der Berechnungsperiode (Substanzgebühr, Fixhonorar) oder der seit der letzten Berechnungsperiode erzielte Vermögenszuwachs (erfolgsabhängige Vergütung, Erfolgshonorar) oder eine Kombination aus beidem in Betracht. Die in der Praxis anzutreffenden Berechnungsgrundlagen und die Höhe der Vergütung variieren stark, wie die nachfolgenden Tabellen zeigen: ___________ 205 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 25, die allerdings in ihrem Anhang keinen Vermögensverwalter benennen, der eine solche Honorarform wählt. 206 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 25. 207 Hierzu und zum Folgenden Reichling, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 1049.

81

Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen Art der Honorarberechnung nur Fixhonorar nur Erfolgshonorar Kombination aus Fix- und Erfolgshonorar

Anzahl der Vermögensverwalter

in %

40

48,8 %

7

8,5 %

21

25,6 %

wahlweise Fix- oder Erfolgshonorar

14

17,1 %

Gesamt

82

100,0 %

Tabelle 1: Honorarberechnung deutscher Vermögensverwalter208

(1) Die Bedeutung des Fixhonorars Von den 82 im Handbuch der Vermögensverwaltung 1997 beschriebenen deutschen Anbietern, die sich auf Vermögensverwaltung spezialisiert hatten, verlangten 40 Institute ein Fixhonorar, das sich nach der Höhe des verwalteten Vermögens richtete, 28 Institute verlangten ein Erfolgshonorar, wobei sie dies entweder ausschließlich oder in Kombination mit einem Fixhonorar anboten. 14 Institute ließen gar dem Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Gebührenmodellen. Die Angaben in Tabelle 1 dürften nicht repräsentativ sein, da sie nicht alle deutschen Vermögensverwalter erfasst, sondern nur die bedeutendsten. Dennoch reichen die Angaben aus, um die vielfach anzutreffende Aussage zu widerlegen, Erfolgshonorare seien nur noch gelegentlich anzutreffen209. Man muss diese Aussage vielmehr dahingehend relativieren, dass Banken tendenziell eher Fixhonorare vereinbaren, während selbstständige Vermögensverwalter erfolgsabhängige Honorararten bevorzugen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, deren Feststellungen sich mit der Erhebung von Brunner für das Jahr 1987210 decken.

___________ 208 Um eine breitere Datenbasis zu erhalten, wurden nicht die dem Verfasser zur Verfügung gestellten Vermögensverwaltungsverträge verwendet. Stattdessen basiert die Tabelle auf eigenen Berechnungen aus den Angaben des umfassenderen Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff. 209 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 190; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 57; Schlembach, Bank-Betrieb 1972, 201, 204; zu Recht a. A. Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 96. 210 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 154 f.

82

Der Vermögensverwaltungsvertrag Art des Honorars Fixhonorar

Kreditinstitute

Vermögensverwalter

Gesamt

25

15

40

Erfolgshonorar

1

6

7

wahlweise Fix- oder Erfolgshonorar

5

9

14

5

16

21

36

46

82

Kombination von Fix- u. Erfolgshonorar Gesamt

Tabelle 2: Art des Honorars bei Kreditinstituten und Vermögensverwaltern (1997)211

(2) Höhe des Fixhonorars Höhe

Anzahl der Vermögensverwalter

0,0 %

1 (fondsgestützt)

0,3 %

2

0,375 %

1

0,4 %

2

0,5 %

16

0,75 %

4

0,86 %

1

1,0 %

6

1,2 %

1

1,5 %

1

1,8 %

1

2,0 %

1

150,– DM/Std.

1

275,– DM/Std.

1

k.A.

1

Gesamt

40 212

Tabelle 3: Höhe des Fixhonorars

___________ 211 Eigene Berechnungen aus den Angaben des Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff. 212 Eigene Berechnungen aus den Angaben des Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff.

83

Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Die Höhe des Fixhonorars hängt vom Umfang des verwalteten Vermögens ab. Betrachtet man diejenigen Vermögensverwalter, die ein prozentuales Honorar vom verwalteten Vermögen verlangen (37), beträgt der durchschnittliche Gebührensatz 0,67 %. Da die meisten Vermögensverwaltungsverträge ein bestimmtes Mindestvermögen voraussetzen, ergibt sich hieraus indirekt auch eine Mindestverwaltungsgebühr. Da das Fixhonorar sich immer am Vermögensbestand des letzten Berichtszeitraums (zumeist Stichtag 31.12.) orientiert, enthält es eine indirekte Erfolgskomponente. Es steigt nämlich mit zunehmendem Vermögen an. Die Höhe des Prozentsatzes wird maßgeblich von der Art der Vermögensverwaltung bestimmt. Eine standardisierte Verwaltung, bei der mehrere Depots nach demselben Konzept verwaltet werden, kostet zumeist zwischen 0,3 % und 0,5 % des verwalteten Vermögens pro Jahr. Bei der individuellen Vermögensverwaltung beträgt der Satz zwischen 0,5 % und 1,5 %. Häufig anzutreffen sind degressive Staffeltarife, bei denen die Höhe der Gebühr mit zunehmenden Vermögen abnimmt (Stufe 1 Gebühr von 1 % für das Vermögen bis 0,5 Mio. Euro, Stufe 2 Gebühr von 0,75 % für den Vermögensteil zwischen 0,5 Mio. und 1 Mio. Euro, Stufe 3 Gebühr von 0,5 % für das Vermögen über 1 Mio. Euro). Derartige Tarife sind für den Vermögensinhaber sehr unübersichtlich, da die ihm entstehenden Kosten in dem Durchschnittswert der drei Tarife liegen. (3) Erfolgshonorar und seine Berechnung Sofern ein Erfolgshonorar vereinbart wird, knüpft dieses entweder an den absoluten Vermögenszuwachs oder aber an die Rendite in Relation zur Gesamtentwicklung der Wertpapiermärkte (Benchmark-Rendite, relative Rendite) an. Wird der absolute Vermögenszuwachs als Basis genommen, erhält der Vermögensverwalter selbst dann ein Erfolgshonorar, wenn er nur 1 % Zuwachs erzielt, was bei einer gesamtwirtschaftlich „normalen“ Entwicklung nur schwerlich als Erfolg bezeichnet werden kann. Manche Vermögensverwalter koppeln daher das Erfolgshonorar an eine Mindestrendite, wie die Tabelle 4 zeigt, die die Berechnungsgrundlagen der auf Erfolgshonorarbasis arbeitenden Institute aufschlüsselt. Ein Teil der Vermögensverwalter (3 von 7) verzichtet also auf jede Verwaltungsgebühr, sofern der Erfolg der Vermögensverwaltung unter einer bestimmten Schwelle liegt. Ein solches Gebührenmodell erscheint aus Sicht des Kunden zunächst vorteilhaft, da es klare Anreize setzt, erfolgreich zu wirtschaften. Bedenkt man jedoch, dass hohe Renditen zumeist nur durch Anlagen mit höherem Risiko zu erreichen sind, kann eine solche Honorarbe-

84

Der Vermögensverwaltungsvertrag

rechnung leicht dazu führen, dass der Vermögensverwalter nur die eigene Entlohnung vor Augen hat und nicht mehr die Anlageziele des Vermögensinhabers213. Höhe des Honorars k.A.

Basis für Erfolgshonorar

Anzahl der Vermögensverwalter

absolute Rendite

1

2%

absolute Rendite

1

10 %

relative Rendite

1

12–15 %

relative Rendite

1

15–25 %

sofern Rendite über 10 %

1

15–25 %

absolute Rendite

1

25 %

absolute Rendite

1

Gesamt

7 214

Tabelle 4: Höhe und Basis des reinen Erfolgshonorars

Höchst unterschiedlich ist auch der Anknüpfungspunkt der Erfolgsmessung. Einige Verträge nehmen als Basis das Anfangsvermögen. Andere knüpfen an den Stand des letzten Zwischenberichts an mit der Folge, dass der bloße Ausgleich früher erwirtschafteter Verluste schon als Erfolg angesehen wird. (4) Die Berechnung des Honorars in Mischmodellen Bei den in Tabelle 1 genannten 35 Anbietern, die wahlweise Fix- oder Erfolgshonorare bzw. eine Kombination aus Fix- und Erfolgshonoraren (Mischmodelle) verlangen, beträgt die Honorarspanne des Fixhonorars 0,5 % bis 1,5 %, die des Erfolgshonorars 0,3 % bis 30 %. Es finden sich sämtliche der soeben aufgezeigten Berechnungsmodi:

___________ 213 Ebenso Andres/Heuft, Fondspicking, S. 24. 214 Eigene Berechnungen aus den Angaben des Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen Basis der Erfolgsberechnung

Anzahl der Vermögensverwalter

absolute Rendite

19

relative Rendite

10

Rendite über 5 %

1

Rendite über 15 %

1

k.A. Gesamt

4 35

Tabelle 5: Höhe und Basis des Erfolgshonorars bei Mischmodellen215

c) Depotgebühren Die Depotgebühren werden von dem depotführenden Kreditinstitut für die Aufbewahrung der Wertpapiere, die Einlösung und Erneuerung von Zinsund Dividendenscheinen, die Wahrnehmung des Stimmrechts der Aktionäre etc. erhoben. Wie eingangs bei der Umschreibung und Abgrenzung der Vermögensverwaltung klargestellt wurde, stellt die Depotverwaltung eine notwendige Nebenleistung der Vermögensverwaltung dar. Wird ein Kreditinstitut als Vermögensverwalter beauftragt, übernimmt es zumeist auch das Depotgeschäft für das verwaltete Vermögen. Handelt ein Finanzdienstleistungsinstitut als Vermögensverwalter, muss es sich für das Depotgeschäft eines Kreditinstituts bedienen, da ihm selbst die Genehmigung zum Betreiben von Bankgeschäften nach §§ 32, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG fehlt. Die Depotgebühr deckt regelmäßig ein Reporting pro Jahr, die meisten Kreditinstitute bieten sogar halb- oder vierteljährliche Auszüge. Die Depotgebühr und ihre Höhe sind unabhängig davon, ob es sich um eigen- oder fremdverwaltetes Vermögen handelt. In der Praxis räumen die depotführenden Institute jedoch den Vermögensverwaltern, mit denen sie eng zusammenarbeiten, häufig Rabatte ein, die diese dann an die Kunden weitergeben. Diskret- oder Nummerndepots werden, soweit zulässig216, mit leicht erhöh-

___________ 215 Eigene Berechnungen aus den Angaben des Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff. 216 In Deutschland gilt insoweit § 154 Abs. 2 AO, der eine Identifizierungspflicht vorsieht. Im Ausland sind solche Pflichten nicht überall üblich, so in Luxemburg, Liechtenstein, Malta, Gibraltar, Madeira, auf den Kanalinseln und der Isle of Man, dazu jeweils Badura, Steueroasen in Europa, S. 50 ff.; 72 ff., 104, 129, 137, 143, 158. Die zunehmenden internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Geldwäsche führen dazu, dass derartige Kontenarten zurückgedrängt werden.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

ten Gebühren angeboten. Banklagernde Post wird mit einem Pauschbetrag von 100 bis 300 sFr. in Rechnung gestellt217. Die Depotgebühr wird üblicherweise in Prozent vom Vermögenswert berechnet. Sie beträgt zwischen 0,15 % und 0,30 %. p. a. Dabei wird entweder an den Depotwert zu einem bestimmten Stichtag angeknüpft oder an den Durchschnitt aus mehreren unterjährigen Stichtagen (z. B. Quartalsende). Teilweise werden bei der Berechnung der Depotgebühr bestimmte Mindestbeträge (pro Posten) angesetzt. Bei größeren Vermögen (über 500.000 Euro) und bei Verwahrung von Aktien und Anleihen, die das depotführende Institut emittiert hat, werden bisweilen Rabatte eingeräumt. Die von den Gebühren abgedeckten Leistungen variieren stark. Der Trend geht in Richtung Pauschalbeträge, die bestimmte Standardleistungen umfassen. Es finden sich jedoch auch Gebührenmodelle, bei denen je nach Umfang und Inhalt des Depots (Aktien, Anleihen, Edelmetalle, Futures etc.) unterschiedliche Gebühren erhoben werden. Enthält das Depot statt eines großen Werts verschiedene kleine Werte, führt eine derartige Gebührenstruktur zu überproportional hohen Kosten. Die Verwahrung von Wertpapieren bei einer Tochtergesellschaft des Instituts oder Korrespondenzstelle im Ausland verursacht ebenfalls höhere Depotgebühren. Besonderer Erwähnung bedürfen Fondsanteile. Enthält das Depot des Anlegers Fondsanteile, die nicht von der Kapitalanlagegesellschaft der Depotbank stammen, werden für diese Anteile die normalen Depotgebühren berechnet. Belässt der Vermögensverwalter die Anteilscheine bei der Kapitalanlagegesellschaft zur Verwahrung, sind die Depotgebühren meist geringer. Nachteil dieser Lösung ist die etwas schwerfälligere Veräußerung der Anteilscheine. Weiterhin leidet unter dieser Lösung die Übersichtlichkeit der Anlage, da nun mehrere Depotauszüge erstellt werden müssen, um den Gesamtbestand des Vermögens ermitteln zu können. In den USA und auch in der Schweiz bieten börsennotierte Unternehmen (z. B. Nestlé) im Rahmen der „financial relations“ die kostenlose Verwahrung der Aktien an218. Auch hier kann es bei einer Veräußerung zu zeitlichen Verzögerungen im Vergleich zur normalen Depotverwaltung kommen. d) Umsatzgebühren Ein wesentlicher Kostenfaktor sind die Umsatzgebühren, die für den Erwerb und die Veräußerung von Wertpapieren zu entrichten sind. Sie haben indi___________ 217 Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 85 f. 218 Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 86.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

rekt maßgeblichen Einfluss auf die Rendite, die der Vermögensverwalter erwirtschaftet. Die Umsatzgebühren liegen zwischen 0,5 % und 5 % des Umsatzvolumens, wobei sehr oft bestimmte Mindestgebühren gelten. Die Umsatzgebühren setzen sich aus Börsenspesen und den von der abwickelnden Bank in Rechnung gestellten Kosten (Courtage, Kommissionsgebühr etc.) zusammen. Wird eine ausländische Börse eingeschaltet, erhöhen sich die Gebühren signifikant, da neben den inländischen auch ausländische Spesen und Steuern anfallen. Neben diesen separat ausgewiesenen Kosten werden Anleger durch versteckte Kosten belastet, wie sie etwa beim Devisenkauf durch die Differenz von Kauf- und Verkaufskursen (Geld-/Briefkurs-Spread) üblich sind. Der Anleger erhält nur eine Nettoabrechnung, in denen die Kursdifferenz zumeist nicht aufgeschlüsselt ist. Der Erwerb von Fondsanteilen verursacht ebenfalls indirekte Kosten, da die meisten Fonds einen Ausgabeaufschlag in Höhe von 0,5 % bis 5 % des Werts berechnen, wobei auch hier Mengenrabatte gewährt werden219. Berechnet der Fonds keinen Ausgabeaufschlag (No Load Fonds), werden dem Fondsvermögen höhere Kosten für die laufende Verwaltung in Rechnung gestellt oder es fällt eine Verkaufsgebühr an. No Load Fonds lohnen sich für kurzfristige Anlagen. Die Tarife für Umsatzgebühren sind degressiv gestaffelt. Während bei einem Aktienkauf von 5.000 Euro beispielsweise 1 % Courtage anfällt, sind es bei einem Kauf von 50.000 Euro nur noch 0,75 %. Daher kann es sich für die Anleger lohnen, wenn der Vermögensverwalter Wertpapiere aus den Depots verschiedener Kunden gemeinsam verkauft bzw. gemeinsam für die Depots einkauft (Blockorder). Immer noch anzutreffen sind Kickback-Vereinbarungen (Retrozessionen, Retrokommissionen), wonach der Vermögensverwalter prozentual an den Gebühren beteiligt wird, die ein depotführendes Institut aus dem verwalteten Vermögen erhält. Auch gewähren Investmentfonds den Vermögensverwaltern Bestandspflegeprovisionen für jeden vermittelten Kunden. e) Pauschalgebühren Häufiger anzutreffen ist das Angebot von Kreditinstituten, mit dem Vermögensverwaltungshonorar alle Spesen der Vermögensverwaltung, also Umsatz und Depotgebühren abzudecken. Ein solches Angebot verfolgt zwei Ziele. Zum einen hat es den Zweck, Kreditinstituten gegenüber den selbst___________ 219 Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 92.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

ständigen Vermögensverwaltern einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, da Letztere keine Depotverwaltung anbieten dürfen und deshalb bei ihren Kunden die zusätzlichen Kosten für die Depotführung bei einem anderen Institut anfallen. Die selbstständigen Vermögensverwalter reagieren hierauf mit einer veränderten Gebührenstruktur. Sie versuchen sehr oft, mit dem depotführenden Institut einen Rabatt auszuhandeln und ihn an den Kunden weiterzureichen und setzen gleichzeitig ihre Verwaltungshonorare entsprechend niedriger an, so dass die Gebühren von Kreditinstituten und selbstständigen Vermögensverwaltern in der Summe nicht allzu sehr differieren. Außerdem begegnen die selbstständigen Vermögensverwalter dem Kostenargument der Banken mit dem Hinweis auf ihre Unabhängigkeit. Sie verweisen darauf, dass Banken ein Interesse daran haben könnten, Produkte des eigenen Hauses oder Konzerns auf den Markt zu bringen, was für den Kunden nicht immer vorteilhaft sein muss. Bei den selbstständigen Vermögensverwaltern besteht von vornherein kein derartiger Interessenkonflikt. Zum anderen soll das Pauschalhonorar Anreize beseitigen, durch häufige Umschichtungen Umsatzgebühren zu erwirtschaften. Dieses Verhalten (Spesenreiterei, Churning) verletzt die gegenüber den Kunden bestehende Interessenwahrungspflicht220. Banken sind deshalb bemüht, Anreize für unzulässiges Verhalten der Mitarbeiter zu beseitigen. Im Ergebnis bedeutet die veränderte Gebührenpolitik jedoch nicht, dass die Institute weniger Umsatz machen, da die heutigen Pauschalgebühren vielfach auf der Grundlage früherer Umsatzhäufigkeiten kalkuliert sind221. Langfristiger Effekt der Pauschalhonorare dürfte jedoch die bessere Vergleichbarkeit und damit eine Annäherung der Gebühren verschiedener Institute sein, was aus Kundensicht vorteilhaft ist. f) Zwischenfazit Die Kosten der Vermögensverwaltung variieren stark und der Markt hat noch zu keiner wesentlichen Vereinheitlichung geführt. Auch hier gilt der für alle Dienstleistungen gültige Erfahrungssatz, dass preiswerte Anbieter nicht immer die beste Leistung erbringen. Erwirtschaftet der Vermögensverwalter eine hohe Performance, schlagen vergleichsweise hohe Gebühren nicht so zu Buche, wie niedrigere Gebühren bei einem schlecht wirtschaftenden Vermögensverwalter. Ob alle geschilderten Honorarabsprachen aufsichtsrechtlich zulässig sind, wird an späterer Stelle ausführlich zu untersuchen sein222. ___________ 220 Ausführlich dazu unten S. 894 ff. 221 Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 96. 222 S. u. S. 882 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

5. Vollmacht a) Einräumung und Umfang Um dem Vermögensverwalter die Finanzportfolioverwaltung zu ermöglichen, wird ihm eine Vollmacht über die Konten und die Depots eingeräumt, die verwaltet werden sollen. Die allermeisten Vertragsmuster konkretisieren die Vollmacht, indem sie die dem Vermögensverwalter eingeräumten Verwaltungsbefugnisse näher umschreiben. Danach ist der Verwalter befugt, im Namen des Auftraggebers die Vermögenswerte nach eigenem Ermessen und ohne die vorherige Einholung von Weisungen zu verwalten. Zumeist findet sich die ergänzende Formulierung, der Verwalter sei berechtigt, in Bezug auf das zu verwaltende Vermögen im Namen des Auftraggebers alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen sowie über das von der Vermögensverwaltung umfasste Vermögen zu verfügen. b) Beispiele Die überwiegende Zahl der Vertragsmuster stellt sodann klar, dass der Verwalter insbesondere befugt sei, An- und Verkäufe zu tätigen, Wertpapiere umzutauschen, Bezugsrechte auszuüben, Devisengeschäfte oder Optionsund Finanztermingeschäfte vorzunehmen. Diese Ergänzungen verstehen sich als Aufzählung von Beispielen, dienen also nicht dazu, die Befugnisse des Verwalters auf die aufgezählten Geschäfte zu beschränken223. Der Verwalter kann alle ihm zweckmäßig erscheinenden Geschäfte im Namen und für Rechnung des Auftraggebers vornehmen. Die übrigen vorliegenden Vertragsmuster trennen hingegen die allgemeinen Befugnisse des Verwalters von der Frage, ob er auch zur Vornahme von Devisen-, Options- und Finanzgeschäften berechtigt sein soll. Sie verlangen eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden zu derartigen Geschäften. Eine solche, zumeist auch optisch hervorgehobene Vertragsgestaltung bietet den Vorteil, dass dem Kunden die besonderen mit Devisen-, Options- und Finanzgeschäften verbundenen Risiken vor Augen geführt werden. c) Verfügungen des Vermögensinhabers Da die Vollmacht keinen verdrängenden Charakter hat, bleibt der Vermögensinhaber befugt, jederzeit Dispositionen über die verwalteten Vermögenswerte vorzunehmen. Manche Vermögensverwaltungsverträge sehen ___________ 223 Auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 39, geht von einer solchen Auslegung aus.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

vor, dass er dies nur in Absprache mit dem Vermögensverwalter tun darf 224. Eine solche Abrede erscheint aus Sicht des Vermögensverwalters schon deshalb sinnvoll, weil der Vermögensinhaber ansonsten durch eigene Dispositionen die Anlagestrategie des Vermögensverwalters durchkreuzen könnte. Sie entfaltet wegen § 137 BGB allerdings nur schuldrechtliche Wirkung im Innenverhältnis. Eine solche Abrede kann in zweifacher Hinsicht Bedeutung erlangen. Hält der Kunde sich nicht an die Absprache, kann der Vermögensverwalter außerordentlich kündigen, wenn seine Anlagestrategie vom Kunden mehrfach oder einmalig, aber nachhaltig durchkreuzt wird. Darüber hinaus kann sie für den Fall, dass das Vermögen des Kunden im Zuge der Vermögensverwaltung geschädigt wurde, bedeutsam sein, wenn die Parteien darüber streiten, wessen Disposition den Verlust im Depot verursacht hat. Der Vermögensverwalter ist verpflichtet, eine Verwaltung lege artis vorzunehmen und dies ggf. zu beweisen. Nicht mit dem Verwalter abgesprochene Kundendispositionen können ihn entlasten, da der Kunde in Bezug auf die von ihm getätigten Geschäfte beweisen muss, dass diese nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden waren bzw. dass den Vermögensverwalter ein Mitverschulden im Hinblick auf diese Geschäfte trifft, etwa, weil er es versäumt hat, den Kunden trotz einer entsprechenden Möglichkeit vor den Folgen seines Tuns zu warnen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Vertragsklausel gerade das Ziel verfolgt, solche nicht im Vorfeld besprochenen Dispositionen des Kunden ganz zu verhindern, so dass ein Mitverschulden des Vermögensverwalters nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommen dürfte. d) Außenvollmacht Teilweise sehen die Vertragsmuster vor, dass – soweit erforderlich – der Verwalter vom Auftraggeber entsprechende Außenvollmachten (etwa Bankvollmachten über Konten und Depots bei Kreditinstituten) erhält. Hierbei handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit, da der Bevollmächtigte zu seiner Absicherung Anspruch auf Aushändigung einer entsprechenden Urkunde hat. e) Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens In allen vorliegenden Vertragsmustern ist der Vermögensverwalter ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Von Praxis und Schrifttum werden regelmäßig vier Gründe für die Aufnahme dieser Klausel in die Vertragsmuster angeführt. ___________ 224 Demgegenüber verstößt ein völliges Abbedingen des Weisungsrechts gegen § 307 BGB, vgl. OLG Köln, WM 1997, 570, 573 mit Anm. Balzer, EWiR 1997, 647 f.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

(1) Eine solche Befreiung wurde bis Ende 1994 zu dem Zweck vorgenommen, dem Vermögensverwalter Kommissionsgeschäfte mit Selbsteintritt oder Eigenhändlergeschäfte zu ermöglichen225. Die Kreditinstitute nehmen diese Geschäfte jedoch nach ihren neuen Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte226 nicht mehr vor, sondern wickeln solche Transaktionen nach Möglichkeit über eine Börse ab. Das völlige Abstandnehmen von Kommissionsgeschäften mit Selbsteintritt soll den Streit über die Frage vermeiden, ob das Geschäft allein im Interesse des Kunden ausgeführt und Marktpreise in Rechnung gestellt wurden. Die früher stets als Hauptzweck der Befreiung von § 181 BGB genannte Möglichkeit ist damit in der Praxis faktisch entfallen227. (2) Anders ist dies bei so genannten Festpreisgeschäften228, die an die Stelle der Eigenhändlergeschäfte nach Nr. 29 Abs. 2 der AGB-Banken von 1993229 getreten sind. Bei diesen Geschäften verkauft ein Institut auf der Basis eines Kundenauftrags Wertpapiere aus dem eigenen Bestand an Kunden oder kauft von diesen Wertpapiere für den eigenen Bestand zu einem Festpreis. Wird nun der Kundenauftrag innerhalb des Instituts von der Abteilung für Vermögensverwaltung an die Effektenhandelsabteilung erteilt, liegt ein Fall des Selbstkontrahierens vor, für den eine Befreiung vom Verbot des § 181 BGB nach wie vor notwendig ist230. (3) Ist das vermögensverwaltende Institut gleichzeitig auch für die Depotführung zuständig, nimmt es zwei Geschäftsbesorgungen für denselben Kunden wahr. Von Teilen des Schrifttums wird eine solche Konstellation offenbar als Fall des § 181 BGB angesehen231, doch verkennen sie, dass § 181 BGB nur den Fall erfasst, dass jemand als Stellvertreter in einem Geschäft für zwei verschiedene Personen auftritt. Nicht erfasst ist hingegen eine Konstellation, bei der ein Stellvertreter im Rahmen zweier verschiede-

___________ 225 Dorner, Vermögensverwaltung, S. 21; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 9. 226 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken vom Januar 1995, abgedruckt bei Baumbach/Hopt, HGB31, (8) AGB-WPGeschäfte, und in: WM 1995, 362 ff., dazu Kümpel, WM 1995, 137 ff. 227 Dies übersieht Balzer, Vermögensverwaltung, S. 39. 228 Nr. 9 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte (s. o. Fn. 226). Zu diesen Geschäften Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 186 ff. 229 Nr. 29 der AGB-Banken vom 1.1.1993, abgedruckt bei Baumbach/Hopt, HGB29, (8) AGB Banken, S. 1236 f. 230 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 34. 231 Schäfer, BuB Rdn. 11/18b; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 20.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

ner Geschäftsbesorgungen für dieselbe Person auftritt, da hier kein Interessenkonflikt in der Person des Stellvertreters vorliegen kann232. (4) Schließlich wird als Grund für die Aufnahme der Klausel in die Vermögensverwaltungsverträge angeführt, dies erlaube dem Vermögensverwalter, sein Honorar von den Konten abzubuchen. Diese Begründung überzeugt schon deshalb nicht, weil die Abbuchung des Honorars die bloße Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit darstellt und damit ohnehin nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens erfasst ist (vgl. § 181 HS 2 BGB). Es lässt sich damit feststellen, dass die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens nur für den Fall der Festpreisgeschäfte notwendig und sinnvoll ist. Die übrigen für die Befreiung angeführten Gründe sind dagegen entfallen oder waren von Anfang an nicht stichhaltig. Da unabhängige Vermögensverwalter, die keine weiteren Finanzdienstleistungen anbieten, ohnehin keine Erlaubnis zur Ausführung von Festpreisgeschäften haben233, bestehen bei dieser Gruppe der Vermögensverwalter gar keine Gründe für eine Befreiung von § 181 BGB. f) Auswirkungen der Vermögensverwaltung auf die Depotverwaltung Eine Regelung der Frage, ob die Vollmachterteilung an den Vermögensverwalter auch die Wahrnehmung der Rechte aus den Wertpapieren umfasst, die im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung verwaltet und erworben werden (insbesondere also das Depotstimmrecht), fehlt in den Vertragsmustern. Da die Verwahrung der Wertpapiere in einem Depot erfolgt, liegt diesem ein separater Depotvertrag zugrunde, der die sich aus der technischen Verwaltung ergebenden Fragen regelt, wobei die Einzelheiten in den Nrn. 13 ff. der AGB über Wertpapiergeschäfte niedergelegt sind. Das Depotstimmrecht ist dort nicht angesprochen. Vielmehr gilt, dass das Stimmrecht aus Aktien vom jeweiligen Inhaber ausgeübt wird, es sei denn, er hat schriftlich die Depotbank oder einen Dritten bevollmächtigt (vgl. §§ 134 Abs. 3 Satz 2, 135 Abs. 1 Satz 1 AktG). Im Schrifttum wird die Frage erwogen, ob im Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags zugleich eine Bevollmächtigung des Vermögensver___________ 232 Aus diesem Grund überzeugt auch die Ansicht nicht, es bedürfe keiner ausdrücklichen Befreiung von § 181 BGB, vielmehr erfolge sie stets konkludent, da andernfalls eine sinnvolle Vermögensverwaltung nicht möglich sei, so Schäfer, BuB Rdn. 11/18b; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 20; zu Recht a. A. Miebach, DB 1991, 2069, 2070; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 9. 233 Zu §§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG, 2 Abs. 3 Nr. 2 WpHG Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 49 f.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

walters liegt, das Depotstimmrecht auszuüben234. Dies ist aus mehreren Gründen abzulehnen235. Zunächst erscheint eine solche inzidente Bevollmächtigung schon aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Form der Depotvollmacht als äußerst fraglich. Zwar könnte man argumentieren, dass auch formbedürftige Willenserklärungen einer ergänzenden Auslegung zugänglich sind und es deshalb trotz des Formerfordernisses nicht ausgeschlossen sei, eine Stimmrechtsvollmacht in den Vertrag „hineinzuinterpretieren“. Eine ergänzende Auslegung setzt jedoch voraus, dass die Wahrnehmung der sich aus den Wertpapieren ergebenden Stimmrechte zum üblichen oder von den Parteien gewollten Umfang der Finanzportfolioverwaltung gehört, was gerade nicht der Fall ist. Denn die Vermögensverwaltung bezieht sich allein auf die Anlage und Umschichtung des Vermögens, also die wirtschaftliche Verwaltung, die in der Bankpraxis strikt von der technischen Verwaltung getrennt ist. Zudem würde eine nicht ausdrücklich formulierte Bevollmächtigung dem Bevollmächtigten nichts nützen. Das Formerfordernis in §§ 134 Abs. 3 Satz 2, 135 Abs. 1 Satz 1 AktG soll der Aktiengesellschaft in der Hauptversammlung eine rasche Überprüfung der Legitimation des Vertreters ermöglichen236, was beim Fehlen einer ausdrücklichen Bevollmächtigung gerade nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass das Gesetz für Vollmachten an Kreditinstitute verschärfte Anforderungen stellt, wonach in der Vollmachtsurkunde keine weiteren Erklärungen enthalten sein dürfen (§ 135 Abs. 2 Satz 3 AktG)237. Schon aus diesen Gründen scheidet die inzidente Bevollmächtigung durch Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags also aus. Gegen eine Bevollmächtigung auf diesem Wege spricht noch eine weitere praktische Erwägung. Ist das depotführende Institut zugleich das vermögensverwaltende Institut, bedarf es der Konstruktion einer inzidenten Bevollmächtigung im Vermögensverwaltungsvertrag gar nicht. Sie wird nur benötigt, wenn Vermögensverwalter und depotführendes Institut nicht identisch sind. Dies ist zumeist dann der Fall, wenn es sich bei dem Vermögensverwalter um ein reines Finanzdienstleistungsinstitut handelt, dem die Befugnis zur Depotverwaltung fehlt. Würde ein solcher Vermögensverwalter für all seine Kunden die Depotstimmrechte ausüben, stellt sich für die BaFin die Frage, ob er nicht Depotgeschäfte i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG tätigt, da er in ___________ 234 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 40 Fn. 173, der im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung diese Befugnis dem Vermögensverwalter zuweisen will. 235 So im Ergebnis auch Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 15 a. E. 236 Hüffer, AktG6, § 134 Rdn. 24; Zöllner, in: Köln. Komm. AktG1, § 134 Rdn. 86 ff. 237 Damit soll verhindert werden, dass Banken sich Stimmrechtsvollmachten im Weg der AGB einräumen lassen, was bis zum AktG 1937 üblich war, Zöllner, in: Köln. Komm. AktG1, § 135 Rdn. 37.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

einer Vielzahl von Fällen einen Teil der technischen Wertpapierverwaltung übernimmt. Um den im Depotgeschäft erhöhten aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu entgehen, wird jeder unabhängige Vermögensverwalter eine Bevollmächtigung zur Ausübung von Depotstimmrechten daher tunlichst vermeiden. Somit sprechen sowohl die aktienrechtlichen Erfordernisse und die derzeitige Verkehrssitte als auch die Interessen auf Seiten des Vermögensverwalters gegen eine inzidente Bevollmächtigung, was bei einer ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen ist.

6. Anlageziele und Anlagerichtlinien Ein weiterer zentraler Bestandteil aller Vermögensverwaltungsverträge ist die Festlegung der Anlageziele und der Anlagerichtlinien. Die überwiegende Zahl der vorliegenden Vertragsmuster standardisierte die Festlegung der Anlageziele und der Anlagerichtlinien dergestalt, dass jedem Anlageziel gleich eine bestimmte Anlagestrategie zugeordnet wurde. Es fanden sich zumeist vier „Depottypen“, die sich – bei unterschiedlicher Bezeichnung im Einzelfall – folgendermaßen kategorisieren lassen: – Bei Auswahl des „Rentendepots“ werden die Vermögenswerte zu 100 % in Renten, Rentenfonds, obligationsähnlichen Genussscheinen oder Rentenfonds-Investmentanteilen sowie am Geldmarkt investiert. – Das „Konservative Depot“ sieht eine Anlage zu maximal 20 % in Aktien, aktienähnlichen Genussscheinen, Bezugsrechten oder Anteilen an Aktienfonds vor; im Übrigen wird das Vermögen in Renten, Rentenfonds, obligationsähnlichen Genussscheinen oder Anteilen von Renten oder obligationsähnlichen Genussscheinen bzw. im Geldmarkt angelegt. – Beim „Balanced Depot“ beträgt das Mischungsverhältnis zwischen Aktien und Renten jeweils 50 %. – Im „Dynamischen Depot“ ist der Anteil der Aktien, der Bezugsrechte, der aktienähnlichen Genussscheine oder der Anteile an Aktienfonds auf maximal 80 % festgelegt; der Rest wird in Renten u. ä. investiert. Alle Vertragsmuster gehen von einer Vermögensverwaltung auf Guthabenbasis aus und stellen dies ganz überwiegend auch ausdrücklich klar238. In einigen Vertragsmustern wird dem Vermögensverwalter allerdings die Be___________ 238 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 40, erwähnt einen Vertrag, der auch die Vermögensverwaltung auf Grundlage der eingeräumten Kreditlinien erlaubt, sofern ein den Vorschriften des VerbrKrG entsprechender Vertrag geschlossen sei. Im Falle BGHZ 137, 69 = WM 1998, 21 war ebenfalls der Erwerb auf Kredit erlaubt (bis zum zweifachen Wert des Depots).

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

fugnis zum kurzzeitigen Überziehen des Kontos eingeräumt, was etwa bei Überschneidungen von Buchungen im Zuge von Depotumschichtungen vorkommen kann. Die heutige Vertragspraxis unterscheidet sich damit grundlegend von Vermögensverwaltungsverträgen in den 70er und 80er Jahren, bei denen die Festlegung von Anlagerichtlinien noch keine Selbstverständlichkeit darstellte. Diese Verträge räumten dem Vermögensverwalter zumeist freies Ermessen hinsichtlich der Anlagepolitik ein und sahen nur höchst selten Anlagerichtlinien vor239. Später kamen dann Vertragsmuster auf, die zwar noch keine konkreten Vorgaben für einzelne Anlageformen enthielten, wenigstens aber eine generelle Richtlinie (konservativ, risikobewusst, spekulativ) vorgaben240. Heute ist eine detaillierte Festlegung von Anlagegrenzen weitgehend üblich. Auf diese Weise wird das Ermessen des Vermögensverwalters begrenzt241.

7. Haftung des Verwalters Die Vertragsmuster enthalten alle Regelungen über die Verantwortlichkeit des Vermögensverwalters, die allerdings in Wortwahl und Umfang höchst unterschiedlich ausfallen. Viele Vertragsmuster beschränken die Haftung des Vermögensverwalters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit und nehmen – in Anerkennung der einschlägigen Rechtsprechung242 – von dieser Haftungsbeschränkung vertragswesentliche Pflichten aus243. Die Vertragsmuster trennen damit zwischen Hauptleistungspflichten, für die keine Haftungsbe___________ 239 Vgl. die damals gängigen Vertragsmuster bei Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 580 ff.; Roll, Vermögensverwaltung, S. 25, 27 f. Im Fall OLG Köln, NZG 1999, 1177, fehlte jede Vorgabe hinsichtlich der Anlagepolitik. 240 Beispielhaft genannt sei der Sachverhalt, der dem Urteil des OLG Düsseldorf, WM 1991, 94 mit zust. Anm. Eike Schmidt, EWiR 1991, 143, zugrunde lag. 241 Auch der BGH misst Anlagerichtlinien eine derartige Funktion zu, vgl. BGHZ 137, 69, 73 = WM 1998, 21, 22. 242 Stichwort „Kardinalpflichten“, vgl. speziell zur Vermögensverwaltung OLG Frankfurt, WM 1996, 665, 668; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 16; a. A. LG Nürnberg-Fürth, WM 1996, 1579, 1580, das die Frage der Vereinbarkeit einer Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz mit den oben genannten Urteilen nicht einmal prüft. Ungenau auch LG Stuttgart, WM 1997, 163, 164 mit insoweit ablehender Anm. Balzer, EWiR 1997, 295 f., das ohne nähere Begründung die Pflicht zur Diversifikation zur bloßen Nebenpflicht erklärt und daher die Haftungsbeschänkung für zulässig hielt. 243 Dass diese Klausel über lange Zeit keine Selbstverständlichkeit darstellte, wird unten auf S. 407 Text bei Fn. 322 dargelegt.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

schränkung gilt, und Nebenpflichten mit einer solchen244. Da die Abgrenzung dieser beiden Pflichtenkreise nicht immer leicht möglich ist und durch die Haftungsbeschränkung mitunter Kunden abgeschreckt werden, sind einige Vermögensverwalter dazu übergegangen, auf jede Haftungsbeschränkung zu verzichten und stattdessen eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen. Manche Verträge stellen zudem ausdrücklich fest, dass der Vermögensverwalter nicht für Geschäfte haftet, die auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vorgenommen werden. Offen bleibt dabei allerdings die Frage, ob der Kunde zuvor zu warnen ist, wenn der Vermögensverwalter Bedenken gegen das Geschäft hat. Ausgenommen wird auch die Haftung für die Berücksichtigung steuerlicher und persönlicher Umstände des Auftraggebers; diese sollen nur zu einer Haftung führen, wenn sie aufgrund besonderer Weisung des Auftraggebers zu berücksichtigen sind245. Diese Klausel wirft die Frage auf, ob die Berücksichtigung solcher Umstände nicht gerade zu den Kardinalpflichten gehört. Zur Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs wird teils auf die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns abgestellt und teils eine Verwaltung nach bestem Wissen und Können versprochen.

8. Regelung der Berichterstattung und Rechnungslegung Eigenständig geregelt ist auch die Pflicht des Vermögensverwalters zur Berichterstattung und Rechnungslegung. Der Verwalter verpflichtet sich, in jährlichem oder halbjährlichem Turnus den Bestand im Depot und die Änderungen im abgelaufenen Berichtszeitraum mitzuteilen. Manche Vertragsmuster gehen darüber hinaus und sichern dem Kunden zu, dass er über die Verwaltungstätigkeit insgesamt informiert wird (Marktlage, Einschätzungen des Verwalters, Prognosen etc.). Da die Kundenbetreuung in diesem Marktsegment äußerst wichtig ist246, lässt sich insgesamt feststellen, dass dem Kunden heute deutlich detaillierter berichtet wird, als noch vor zehn Jahren.

___________ 244 Ob ein Haftungsausschluss auch für reine Nebenpflichten als zulässig angesehen werden kann, wird sehr kontrovers beurteilt, da neben § 309 Nr. 7 BGB auch § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB angewendet wird, vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB64, § 307 Rdn. 35 („Grenzen fast unkalkulierbar“) sowie Schödermeier, WM 1995, 2053, 2055 (kein Haftungsausschluss für solche Nebenleistungspflichten, die zur Erfüllung von Kardinalpflichten notwendig sind). 245 Ebenso die Analyse der Verträge bei Balzer, Vermögensverwaltung, S. 41. 246 Dies beruht auf dem Umstand, dass der Markt für Vermögensverwaltungen einem immer größeren Konkurrenzdruck unterliegt, s. u. S. 342 ff.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

Neben der periodischen Berichterstattung verpflichten sich die Vermögensverwalter, den Kunden ad hoc zu informieren, wenn Verluste in einem bestimmten Umfang aufgetreten sind. Mit dieser Vertragsklausel wird wiederum der Rechtsprechung Rechnung getragen, die entsprechende Ad-hocBerichtspflichten statuiert hatte247.

9. Sonstige Abreden a) Verschwiegenheitspflicht In einigen Vertragsmustern verpflichtet sich der Vermögensverwalter zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen, von denen er Kenntnis erlangt. Informationen über den Vermögensinhaber darf er nach den Bestimmungen des Vertrags nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Vermögensinhaber einwilligt. b) Beendigung der Vermögensverwaltung Die meisten Vertragsmuster sehen für beide Seiten eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit mit sofortiger Wirkung vor. Einer der vorliegenden Verträge bestimmt, dass der Vertrag vom Kunden jederzeit mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, vom Vermögensverwalter mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt werden kann. c) Regelungen für den Todesfall Überwiegend enthalten die Vertragsmuster eine Regelung, wonach der Vermögensverwaltungsvertrag und die dem Verwalter eingeräumten Befugnisse über den Tod des Vermögensinhabers hinaus Bestand haben. Jeder Erbe ist zur Kündigung des Vertrags mit Wirkung für und gegen alle Erben berechtigt248. d) Hinweis auf Einlagensicherung oder Anlegerentschädigung Alle seit 1999 verwendeten Vermögensverwaltungsvertragsmuster enthalten im Vertrag oder auf einem separaten Beiblatt den nach § 23a Abs. 1 KWG vorgeschriebenen Hinweis, welcher der nun gesetzlich vorgeschriebenen ___________ 247 BGH, WM 1994, 834 ff., mit Anm. Schäfer, WuB I G 5. – 5.94; Tilp, EWiR 1994, 563 f.; Koller, LM BörsG Nr. 35/36; Meinhold-Heerlein, WiB 1994, 488 f. 248 Anders noch die Feststellung von Roll, Vermögensverwaltung, S. 27, der einzelne Verträge beschreibt, bei denen nur eine gemeinsame Kündigung aller Erben den Vertrag beendet. Diese Klausel ist heute nicht mehr gebräuchlich, ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 41.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

Entschädigungseinrichtung das vermögensverwaltende Institut angehört und welcher Schutzumfang im Falle einer Insolvenz des Instituts besteht249. e) Einbeziehung der AGB der Banken/Sparkassen In den Vertragsmustern der Kreditinstitute wird regelmäßig die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken250 sowie der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte251 vorgesehen.

10. Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells Da die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells in Deutschland nur eine geringe Verbreitung gefunden hat, stand kein Vertragsmuster zur Verfügung. Sieht man einmal von dem Punkt der Vollmachtserteilung ab, lassen sich alle sonstigen geschilderten Inhalte ohne weiteres auf diese Form der Vermögensverwaltung übertragen und bedürfen daher an dieser Stelle keiner separaten Beschreibung.

11. Die Einordnung des Vermögensverwaltungsvertrags a) Der Vermögensverwaltungsvertrag als Geschäftsbesorgung Die Vermögensverwaltung stellt eine entgeltliche Geschäftsbesorgung dar252, denn der Vermögensverwalter verpflichtet sich gegenüber dem Vermögensinhaber zu der selbstständigen Tätigkeit, dessen Vermögen oder Teile davon zu verwalten und damit fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen253. (1) Tätigkeit Das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit kann sich auf rechtsgeschäftliche, rechtsgeschäftsähnliche oder tatsächliche Handlungen beziehen. Es grenzt die Geschäftsbesorgung vom schlichten Unterlassen ab; eine Geschäftsbesorgung liegt nur vor, wenn der Geschäftsführer aktiv für den Geschäftsherrn tätig wird. ___________ 249 Einzelheiten unten S. 673 ff. 250 So offenbar auch im „Iraner-Fall“, bei dem der BGH ohne weiteres prüfte, ob Nr. 32 der AGB-Banken a. F. auf den Vermögensverwaltungsvertrag anzuwenden sei, BGHZ 137, 69, 75 = WM 1998, 21, 23. 251 Abgedruckt bei Baumbach/Hopt, HGB31, (8) AGB-Banken und AGB-WPGeschäfte. 252 BGH, WM 1962, 675, 676; BGHZ 137, 69, 73 = WM 1998, 21, 22 („Iraner Fall“); OLG Düsseldorf, WM 1991, 94, 95; Miebach, DB 1991, 2069; Esters, Haftung, S. 8; Hammen, Gattungshandlungsschulden, S. 269 ff. 253 Zur Definition der Geschäftsbesorgung und damit zum Folgenden BGHZ 45, 223, 228 f.; Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 23 ff. m. w. N.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

(2) Selbstständigkeit Das Merkmal der Selbstständigkeit umschreibt die Tatsache, dass dem Geschäftsführer innerhalb der übernommenen Aufgabe ein eigener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zusteht. Dies unterscheidet die Geschäftsbesorgung von anderen Vertragstypen, bei denen als zentrales Element einem der Vertragspartner ein Direktions- oder Weisungsrecht eingeräumt wird, wie etwa im Arbeitsverhältnis dem Arbeitgeber. Die Selbstständigkeit des Geschäftsführers korrespondiert mit der Tatsache, dass er gerade wegen seiner Sachkunde und der Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Entscheidung (hier Auswahl der Anlageobjekte) beauftragt wird. Die Selbstständigkeit wird durch die Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Geschäftsherrn begrenzt254. Umgekehrt bedeutet Selbstständigkeit jedoch nicht, dass jedes Recht zur Erteilung von Weisungen des Geschäftsherrn im Einzelfall ausgeschlossen sein müsste, damit eine Geschäftsbesorgung überhaupt vorliegen kann. Solange der Geschäftsführer einen ausreichend großen eigenen Entscheidungsspielraum behält, ist es unschädlich, wenn sich der Geschäftsherr das Recht zu Weisungen vorbehält. (3) Wirtschaftlicher Charakter Weiterhin notwendig ist ein wirtschaftlicher Charakter der Tätigkeit, die bei der Vermögensverwaltung unproblematisch vorliegt und deshalb keiner näheren Erläuterung bedarf. (4) Vermögensbezug Die selbstständige Tätigkeit bedarf eines Bezugs zum Vermögen des Geschäftsherrn. Auch dieses Tatbestandsmerkmal ist bei der Vermögensverwaltung unzweifelhaft gegeben255, da die Vermögensverwaltung darauf angelegt ist, dem Vermögensverwalter unmittelbaren Einfluss auf Vermögenswerte des Geschäftsherrn einzuräumen. Das Vorliegen einer Geschäftsbesorgung erfordert nicht, dass das Vermögen des Geschäftsherrn gemehrt wird. Auch die Vermögenserhaltung oder gar eine Vermögensminderung im Zuge der Verwaltung erfüllt noch das Tatbestandsmerkmal des Vermögensbezugs.

___________ 254 Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 26. 255 Die Frage, ob der Vermögensbezug auch vorliegt, wenn die Tätigkeit des Geschäftsführers nur mittelbar auf das Vermögen des Geschäftsherrn einwirkt, ist str.; bejahend Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 32; a. A. Musielak, Gutachten, S. 1224.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

(5) Fremdnützigkeit Die Tätigkeit des Geschäftsführers muss objektiv im fremden Interesse liegen, also fremdnützig sein. Es ist unschädlich, dass der Geschäftsführer dabei „auch“ im eigenen Interesse handelt, da die Geschäftsbesorgung entgeltlich erfolgt und sich auch für seine übrigen Geschäfte als nützlich erweisen kann. Ein Teil des Schrifttums begründet dieses Ergebnis, indem es die zum Auftrag und zur GoA entwickelten Leitlinien überträgt256. Dort ist anerkannt, dass das auch im Eigeninteresse übernommene Geschäft seinen fremdnützigen Charakter nicht verliert, solange der Schwerpunkt der Tätigkeit fremdnützig ist. Demgegenüber formuliert der Bundesgerichtshof im Anschluss an das RG enger und verlangt für das Vorliegen einer Geschäftsbesorgung, dass die Tätigkeit ursprünglich einmal zum Aufgabenbereich des Geschäftsherrn gehört haben muss und diesem vom Geschäftsführer abgenommen wird257. Eine Geschäftsbesorgung liege nur vor, wenn der Geschäftsführer eine bestehende Obliegenheit des Geschäftsherrn wahrnehme. Diese Ansicht grenzt solche Tätigkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 675 Abs. 1 BGB aus, die neu geschaffen oder erstmals wahrgenommen werden. Dieser Standpunkt überzeugt jedoch nicht, wie das folgende Beispiel zeigt. Wird der Geschäftsherr in absehbarer Zeit im Wege der Erbschaft erstmals Vermögen erlangen und beauftragt schon vor dem Erbfall einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte für den Erbfall, wird man schwerlich den Charakter einer Geschäftsbesorgung leugnen können, nur weil das Vermögen neu erworben ist. Um diese künstlich wirkende Abgrenzung zu überwinden und trotzdem die Position der Rechtsprechung aufrecht zu erhalten, könnte man in der Argumentation einen Schritt zurückgehen und behaupten, die Sorge um das eigene Vermögen stelle immer eine Obliegenheit des Geschäftsherrn dar. Dann wäre das von der Rechtsprechung geforderte Tatbestandselement einer eigenen Obliegenheit, die an den Geschäftsführer abgegeben wird, auch bei neu erworbenem Vermögen erfüllt. Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dieser argumentative Schritt zurück die Aufgabe des Kriteriums selbst bedeutet. Indem man auf solch allgemeine Obliegenheiten abstellt, verwässert man das Kriterium selbst, so dass man gleich darauf verzichten kann. Überzeugend ist daher die Ansicht, die Fremdnützigkeit entfalle solange nicht, als der Schwerpunkt der Tätigkeit fremdnützig sei. ___________ 256 Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 33; Mansel, in: Jauernig, BGB11, § 675 Rdn. 2. 257 BGHZ 45, 223, 229 m. w. N.; Mansel, in: Jauernig, BGB11, § 675 Rdn. 7.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

(6) Interessenwahrung Schließlich liegt eine Geschäftsbesorgung nur vor, wenn die übernommene Tätigkeit der Wahrung der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn dient. Der Vermögensbezug und die Fremdnützigkeit der Tätigkeit allein unterscheiden dieses Rechtsverhältnis noch nicht ausreichend von anderen Schuldverhältnissen. Erst der Interessenwahrungscharakter prägt den Vertragstyp der Geschäftsbesorgung entscheidend258. Dies zeigt nachfolgende Typologie der Interessenstrukturen von Verträgen. Die Verträgen zugrunde liegenden Interessen lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen. Die herkömmliche Ansicht259 unterteilt drei solcher Grundformen, nämlich Interessengegensätze, Interessengleichrichtung und Interessenwahrung. Bei Austauschverträgen (Kauf, Tausch, Miete, Darlehen etc.) will jeder Vertragspartner mit seiner Leistung an den anderen den jeweils eigenen Vorteil fördern (do ut des). Beide Vertragspartner handeln mit gegensätzlichen Interessen und nur zum eigenen Vorteil. Bei interessengleichgerichteten Verträgen steht die Verfolgung eines gemeinsamen Ziels im Vordergrund (Gesellschaft, Gemeinschaft). Die Gesellschaft basiert auf der Grundannahme, dass derjenige, der eigene Interessen verfolge, immer auch die der anderen Gesellschafter fördere. Zwischen den beiden Extremen des Interessengegensatzes und der Interessengleichrichtung steht die Interessenwahrung, bei der eine Seite ihre Interessen unter die der anderen Seite unterordnet (Auftrag, Geschäftsbesorgung, Treuhand) und nicht zwingend dafür entlohnt wird. Diese drei Interessenstrukturtypen werden auch als Koordinationsverträge, Koalitionsverträge (bei Zweigliedrigkeit) bzw. Konföderationsverträge (bei Mehrgliedrigkeit) und Subordinationsverträge bezeichnet260. Im jüngeren Schrifttum wird eine Vierteilung der Vertragstypen befürwortet, wobei als vierter Typ die so genannten Netzverträge261 oder nach anderer Ansicht die so genannten Organisationsverträge262 hinzutreten sollen. Bei Netzverträgen arbeiten die Vertragspartner in einer Kette oder einem Netz von Verträgen. In diesen Verbundsystemen oder Netzen stehen die Indivi___________ 258 Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 36. 259 Beyerle, Treuhand, S. 16 ff. („Grundformen persönlicher Verkettung“); Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 53 ff.; Würdinger, Gesellschaften, S. 9 ff. („Grundtatbestände des Rechtsverkehrs“) sowie Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 37 ff. 260 Martinek, in: Staudinger, BGB13, § 675 Rdn. A 41 unter Hinweis auf andere von ihm verfasste Schriften. 261 Möschel, AcP 186 (1986), 187 ff.; Rohe, Netzverträge; kritisch dazu Kulms, Organisationsverträge, S. 52 ff. 262 Kulms, Organisationsverträge, S. 55 ff., 74 ff., 177 ff., 227 ff.

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Der Vermögensverwaltungsvertrag

dualinteressen der Vertragspartner hinter dem Interesse an der Funktionsfähigkeit des Netzes zurück. Nimmt man den bargeldlosen Zahlungsverkehr als Beispiel, zeigt sich, dass diesem sowohl der Interessengegensatz von Austauschverträgen als auch ein Interessengleichlauf am Erhalt des Systems zugrunde liegt, ohne dass Letzterer sich jedoch zu einer Gesellschaft verdichtet hätte. Ob dieser Unterschied zu anderen Austauschverträgen dazu zwingt, in diesen Verträgen einen eigenen Typus zu erblicken, oder ob es ausreicht, die Rechtsfigur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder die Rechtsfigur der culpa in contrahendo auf Pflichten „im Netz“ auszudehnen, mag hier offen bleiben. Offen bleiben kann auch die Frage, ob es der Anerkennung einer eigenständigen Kategorie der Organisationsverträge bedarf, worunter Verträge zu verstehen sind, die über mehrere Marktperioden abgeschlossen wurden und bei denen unumkehrbare Investitionen und Wissen in komplexe kooperative Rechtsverhältnisse eingebracht werden. Denn gleichgültig, ob man von einer Drei- oder einer Vierteilung der Interessenstrukturen ausgeht, genügt es, für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung festzustellen, dass bei der Vermögensverwaltung das in § 675 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der Interessenwahrung das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zu anderen Vertragstypen ist263. Der Vermögensverwalter verpflichtet sich, die Vermögensinteressen seines Kunden bei der Vermögensanlage, der laufenden Vermögensüberwachung und bei notwendigen Vermögensumschichtungen zu wahren. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass die Vermögensverwaltung eine Geschäftsbesorgung darstellt, da sie gerade der Wahrung der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn dient. (7) Treuhänderische Rechtsbeziehung Das deutsche Recht kennt keinen allgemeinen Treuhandvertrag264, sondern verwendet als Grundtypus die entgeltliche Geschäftsbesorgung (und den unentgeltlichen Auftrag, der im Folgenden außer Betracht bleibt). Herkömmlich wird vielmehr danach differenziert, ob die Geschäftsbesorgung Treuhandcharakter aufweist oder nicht. Die Abgrenzung hat entscheidende Be___________ 263 Im Ergebnis ebenso Roll, Vermögensverwaltung, S. 47. Im Ansatz anders Esters, Haftung, S. 22, der die Ausführungen von Roll auf den S. 45–47 kritisiert, weil unklar bleibe, welchem Ziel sie dienten. Wenn Esters jedoch mit der Feststellung fortfährt, auf den Interessenwahrungscharakter der Vermögensverwaltung komme es nicht an, da diese bereits als Geschäftsbesorgung eingeordnet sei, formuliert er ungenau, da die Interessenwahrung ein Tatbestandselement des § 675 Abs. 1 BGB ist (zutreffend dagegen ders., a. a. O., S. 34). 264 S. o. S. 20 Text bei Fn. 25.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

deutung für die Bestimmung des Pflichtenumfangs hinsichtlich der Verwaltung der Vermögenswerte. Erschöpft sich die Geschäftsbesorgung nämlich allein in der einmaligen, punktuellen Wahrnehmung der fremden Vermögensinteressen, ist der Geschäftsführer allein zur Herausgabe des im Rahmen der Geschäftsbesorgung Erlangten nach §§ 675 Abs. 1, 667 BGB verpflichtet. Die Herausgabepflicht stellt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Geschäftsherrn dar, der auch im Insolvenzfall nicht besonders gesichert ist265. Sofern einer Geschäftsbesorgung dagegen Treuhandcharakter zukommt, unterliegt der Geschäftsführer gesteigerten Pflichten. Legt man die oben266 entwickelten Abgrenzungsmerkmale zugrunde, handelt es sich bei der Finanzportfolioverwaltung zweifelsohne um eine Geschäftsbesorgung mit treuhänderischem Charakter, denn der Vermögensverwalter übernimmt die Verwaltung der Vermögenswerte des Kunden mit gewisser Dauer. Er ist daher schon aufgrund der schuldrechtlichen Rechtsbeziehung zur Vermögenstrennung verpflichtet, ohne dass es auf das Aufsichtsrecht ankäme, das parallele Pflichten statuiert (vgl. § 34a WpHG). Die darüber hinaus bestehende Pflicht zur gewinnbringenden Anlage muss bei dieser Dienstleistung nicht einmal aus der Interessenwahrungspflicht abgeleitet werden, da sie die vom Geschäftsführer versprochene Hauptpflicht des Vertrags darstellt. (8) Dienstleistungscharakter Wie eingangs schon festgestellt, hat die Vermögensverwaltung Dienstleistungscharakter267. Der Vermögensverwalter ist zur fortlaufenden Verwaltung des ihm anvertrauten Vermögens im Interesse des Kunden verpflichtet, ohne dabei aber einen bestimmten Anlageerfolg zu schulden268. Gegen die Bejahung dienstvertraglicher Elemente spricht auch nicht der Umstand, dass einige Vermögensverwalter Erfolgshonorare vereinbaren269. Die Vergütungsart allein entscheidet jedoch nicht über die Qualifizierung des Vertrags, son___________ 265 BGH, NJW 1971, 559 f. 266 S. o. S. 20 ff. 267 BGH, WM 1962, 675, 676; 1987, 79; 1994, 834, 836; OLG Frankfurt, WM 1996, 665, 667; Hopt, FS Fischer, 1979, S. 237, 239; Miebach, DB 1991, 2069; Schäfer, WM 1995, 1009, 1010; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 19, 33; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 14, 22; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 208. Zobl, FS Schluep, S. 319, 324, qualifiziert den Vermögensverwaltungsvertrag nach schweizerischem Recht als gemischten Vertrag und Innominatskontrakt. 268 Horn, in: Bankrecht 1998, S. 265, 270 f.; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 208. 269 Esters, Haftung, S. 8 ff.

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dern ist eines von mehreren heranzuziehenden Kriterien zur Bestimmung des einschlägigen Vertragstyps. Angesichts der Marktabhängigkeit der Finanzportfolioverwaltung wird kein Vermögensverwalter einen bestimmten Anlageerfolg versprechen und auch kein Kunde – eine ordnungsgemäße Aufklärung bei geschäftsunerfahrenen Kunden unterstellt – einen solchen erwarten. Der Vermögensverwalter verspricht lediglich sein „Bemühen“, nicht aber einen Erfolg, da es an der Beherrschbarkeit des Erfolgs fehlt. Denn die mittel- und langfristige Entwicklung der Wertpapiermärkte lässt sich zuverlässig nicht voraussagen. Eine sorgfältige Wertpapieranalyse kann nur das Risiko von Fehleinschätzungen mindern, nicht aber gänzlich ausschließen. Die Erfolgsvergütung ist damit nur ein Anreiz, die Mühewaltung des Dienstverpflichteten zu steigern. Sie ist einer Akkordprämie beim Arbeitsvertrag vergleichbar. Auch deren Vereinbarung wandelt das Vertragsverhältnis nicht in einen Werkvertrag um. Für die Einordnung als Dienstvertrag spricht im Übrigen auch der Umstand, dass die Vermögensverwaltungsverträge in aller Regel das Recht des Vermögensinhabers vorsehen, dem Vermögensverwalter Einzelweisungen hinsichtlich bestimmter Anlageobjekte oder einzelner Kauf-/Verkaufsentscheidungen zu erteilen270. Die Vereinbarung einer Erfolgsvergütung spricht auch nicht für die Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als Gesellschaft, bei der der eine Vertragspartner das Kapital und der andere Dienste einlegt271. Abgrenzungsmerkmal von Gesellschaft und Dienstvertrag mit Erfolgsbeteiligung ist das Kriterium der gemeinsamen Zweckverfolgung. Dabei ist das gemeinsame Ziel möglichst hoher Wertzuwächse des verwalteten Vermögens allein nicht ausreichend, um beide Institute voneinander abzugrenzen. Vom äußeren Geschehensablauf her ausschlaggebend ist zum einen der Umstand, dass der Kunde dem Vermögensverwalter Weisungen erteilen kann272 und zum anderen der Vermögensverwalter seine Leistung an eine Vielzahl von untereinander nicht verbundenen Kunden anbietet. Auch die Intention der Parteien spricht gegen eine Gesellschaft, denn der Kunde will sich nur der Hilfe eines Fachmanns bedienen und diesen nicht an seinem Vermögen beteiligen. Auch aus Sicht des Vermögensverwalters fehlen Anhaltspunkte dafür, dass er sich an einer Rechtsgemeinschaft beteiligen will. Alle von Vermögensverwaltern verwendeten Vertragsmuster sind in diesem Punkt eindeutig.

___________ 270 Dies übersieht Esters, Haftung, S. 10. 271 Generell zur Abgrenzung von Vermögensverwaltung und Gesellschaft schon oben S. 40 ff., sowie BGH, WM 1962, 675 ff.; Esters, Haftung, S. 12 ff. 272 Dieses Merkmal ist nicht berücksichtigt bei Esters, Haftung, S. 10.

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Der Untersuchungsgegenstand im Einzelnen

b) Der Vermögensverwaltungsvertrag als Teil eines allgemeinen Bankvertrags Wird der Vermögensverwaltungsvertrag im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung zwischen einem Kreditinstitut und dem Vermögensinhaber abgeschlossen, stellt sich die Frage, ob dem Vermögensverwaltungsvertrag ein allgemeiner Bankvertrag zugrunde liegt, aus dem Rechte und Pflichten der Parteien abgeleitet werden können. Über die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag herrscht im bankrechtlichen Schrifttum keine Einigkeit. Wer diese Lehre bejaht273, verweist auf den Charakter einer solchen Rechtsbeziehung als Dauerschuldverhältnis. Sofern der Kunde nicht ausnahmsweise nur eine einmalige Leistung (z. B. Devisentausch eines Touristen am Bankschalter) in Anspruch nehme, sei seine Beziehung zur Bank dadurch gekennzeichnet, dass man vor oder bei dem ersten Einzelgeschäft einen allgemeinen Rahmen für alle künftigen Geschäfte festlege, die die Bank für den jeweiligen Kunden abwickelt. Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen für derartige Verträge (Grundvertrag, Rahmenvertrag, Koordinierungsvereinbarung etc.) lege eine solche grundlegende Vereinbarung den allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Vertragsbeziehung fest, die durch spätere Einzelaufträge ausgefüllt werde. Die Lehre vom Bankvertrag wurde in einer Zeit begründet, in der die klassische Hausbankbeziehung noch zum Standard im Bankgeschäft gehörte. Die Gegner dieser Lehre274 sind der Auffassung, der Annahme eines solchen rechtlichen Rahmens bedürfe es nicht, da sich die aus dem Bankvertrag abgeleiteten Pflichten auch aus anderen vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen ableiten ließen (etwa aus culpa in contrahendo, der Lehre von der Geschäftsverbindung275 oder der Vertrauenshaftung). ___________ 273 Statt vieler Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 393 ff.; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 1 Rdn. 1 ff. und m. w. N. in Rdn. 53 Fn. 9; Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch Rdn. A/6; ders., FS Gernhuber, 1993, S. 169, 172 ff.; Schwintowski, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 1 Rdn. 10 ff. 274 Canaris, Bankvertragsrecht4, Rdn. 2 ff.; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB4, Vor § 275 Rdn. 359 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 2.804 ff. m. w. N. 275 Dazu speziell Philipowski, Geschäftsverbindung (der allerdings aus dem Bestehen einer Geschäftsverbindung selbst noch keine unmittelbaren Rechtsfolgen ableiten will, sondern auf die Übung der Beteiligten zurückgreift, a. a. O., S. 82 f., 118); seine Ansicht kann daher nicht unbedingt als Gegenargument zur Lehre vom Bankvertrag herangezogen werden, wie manche Autoren meinen); Müller-Graff, Geschäftsverbindung (der die Geschäftsverbindung als gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht begreift, a. a. O., S. 256). A. A. etwa Emmerich, in: Münch. Komm. BGB4, Vor § 275 Rdn. 356 ff. m. w. N.

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Die im Einzelnen für und gegen den Bankvertrag vorgebrachten Argumente leiden alle an einem entscheidenden Mangel, nämlich der Tatsache, dass sich die verschiedenen Ansichten in ihren Ergebnissen nicht unterscheiden276. Gleichgültig, welcher Ansicht man folgt, wird anerkannt, dass aus einer laufenden Geschäftsverbindung weitgehende Schutzpflichten, Auskunfts-, Aufklärungs- und Beratungspflichten folgen können, die über die Pflichten aus bloß punktuellen Vertragsbeziehungen hinausgehen. Selbst die Befürworter des allgemeinen Bankvertrags räumen daher ein, dass diese Lehre keine nennenswerte praktische Bedeutung mehr hat277. Die Rechtsprechung hat sich daher zu Recht gegen die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag entschieden278. Insbesondere hat der Gesetzgeber durch Zulassung von Rahmenvereinbarungen in § 305 Abs. 3 BGB klargestellt, dass es auf die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag in der Sache nicht ankommt. Betrachtet man die Praxis der Vermögensverwaltung, gewinnt ein weiterer Aspekt an Bedeutung. Mittlerweile wenden sich vermögende Kunden nicht mehr zwingend an ihre Hausbank, um einen Vermögensverwaltungsvertrag abzuschließen, sondern suchen gerade einen echten Spezialisten für die Vermögensverwaltung. Dies hat zur Folge, dass gerade der Vermögensverwaltungsvertrag sehr oft außerhalb einer laufenden Geschäftsbeziehung geschlossen wird. Für diesen Fall kommt auch die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag zu dem Ergebnis, dass die hieraus abzuleitenden Pflichten aus der „einzelnen Geschäftsbeziehung“ folgen279. Die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag kann deshalb im Folgenden außer Betracht bleiben, zumal die Vermögensverwaltung selbst ein Dauerschuldverhältnis darstellt, aus dem sich während der Vertragsbeziehung diejenigen Pflichten ergeben, die die Vertreter der Lehre vom allgemeinen Bankvertrag aus Letzterem ableiten wollen. Praktische Unterschiede sind somit nicht ersichtlich. Nachdem das Thema eingegrenzt und die Grundlagen der Vermögensverwaltung dargelegt wurden, wendet sich das folgende Kapitel der Präzisierung der Fragestellung „Notwendigkeit und Reichweite des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung“ zu.

___________ 276 Anders aber offenbar Schwintowski, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 1 Rdn. 17 ff.; der aber dennoch meint, beide Theorien seien vertretbar. 277 Etwa Bunte, in: Bankrechts-Handbuch2, § 4 Rdn. 16. 278 BGHZ 152, 114 ff. 279 Hopt, in: Bankrechts-Handbuch2, § 1 Rdn. 3.

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Kapitel 3 Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung I. Vorbemerkung Ziel des nachfolgenden Abschnitts ist es, die abstrakte Fragestellung der Arbeit, ob der Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung ausreichend ist, zu konkretisieren, d. h. aufzuzeigen, in welchen Bereichen der Schutz von Kunden eines Vermögensverwalters überhaupt notwendig ist. Dies bedingt ein Eingehen auf die generelle Notwendigkeit des Anlegerschutzes (dazu unter II. und III.) und, soweit diese bejaht wird, eine Erläuterung der Risiken, die der Kunde trägt (dazu unter IV.).

II. Notwendigkeit des Anlegerschutzes 1. Schutzbereich Dass der Schutz von Kleinanlegern dem Grunde nach erforderlich ist, bedarf heute keiner Begründung mehr1. Spätestens die Insolvenz der International Overseas Services (IOS) und die Herstatt-Krise haben diese Frage auch in das Blickfeld der breiten Öffentlichkeit gerückt, so dass ab Mitte der 70er Jahre eine breite Diskussion um Anlegerschutz und Kapitalmarktrecht2 einsetzte. Inzwischen zählt der Anlegerschutz zum gesicherten Bestand rechtlicher Prinzipien und ist dogmatisch etabliert3. Auch die Notwendigkeit einer staatlichen Beaufsichtigung des Bank- und Kapitalmarkts ist heute an-

___________ 1 2

3

Grundlegend etwa Hopt, Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken; Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht. Dabei ist die Definition des Begriffs bis heute streitig, vgl. Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 314 m. w. N. sowie den Diskussionsbericht auf S. 351. Zusammenfassend Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 311 ff. Zum Bankaufsichtsrecht Büschgen, Bankbetriebslehre5, S. 271 ff.; Möschel, FS Stimpel, 1985, S. 1065, 1070 ff.; ders., FS Raisch, 1995, S. 469, 472 ff. Zum Kapitalmarktrecht Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 22 ff.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes

erkannt.4 Als klärungsbedürftig gilt heute nur die Frage des konkreten Umfangs anlegerschützender Normen, um auf der einen Seite Schutzlücken und auf der anderen Seite eine Bevormundung der Anleger und Überregulierung zu verhindern. Unter ökonomischen Gesichtspunkten muss das zugrunde liegende Recht also gewährleisten, dass die Vermittlungs- und Transformationsleistungen der Intermediäre so geregelt sind, dass die Effizienz des Markts steigt und das Kapital möglichst ungehindert dorthin fließen kann, wo die höchste Rendite zu erwarten ist (Allokationseffizienz)5. Eine solche Steigerung wird dann gewährleistet, wenn 1. die Transaktionskosten möglichst gering sind (operationale Effizienz), 2. das Vertrauen in die Rahmenbedingungen des Markts besteht (institutionelle Effizienz) und 3. die Kapitalgeber über ausreichende Informationen verfügen, um eine wohlfundierte Anlageentscheidung oder – bei der Finanzintermediation – Auswahlentscheidung treffen zu können (informationelle Effizienz). Zwischen den drei Zielen besteht ein Spannungsverhältnis. Ein zuwenig an institutionellen Rahmenbedingungen mindert die institutionelle Effizienz, da schutzlose Anleger das Vertrauen in den Markt verlieren und ihm den Rücken kehren werden. Demgegenüber führt eine Überregulierung des Markts zu erhöhten Transaktionskosten und beeinträchtigt damit die operationale Effizienz. Werden die Anleger nicht ausreichend informiert, beeinträchtigt dies die institutionelle Effizienz; werden die Anforderungen an die Information überhöht, ist wiederum die operationale Effizienz des Markts betroffen. Neben diesen grundsätzlichen Fragen der Regulierung wird im Zusammenhang mit der Frage nach dem Anlegerschutz im Bereich der Vermögens___________ 4

5

Statt vieler Möschel, Public Law of Banking, Rdn. 33 ff.; Pecchioli, Bankenaufsicht, S. 217. Außer Betracht bleiben soll deshalb im Folgenden die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion über die Frage, wann regulierende staatliche Eingriffe in den Markt geboten sind. Die Normative Theorie bejaht dies in Fällen des Marktversagens, da in diesen das staatlich gewünschte Ziel nur durch einen regulierender Eingriff zu erreichen sei. Die Positive Theorie erklärt eine Regulierung dagegen mit dem Bestreben gesellschaftlicher Gruppen nach der Durchsetzung ihrer Interessen, vgl. dazu am Beispiel der Einlagensicherung Wolf, Depositenverträge, S. 7 ff., 31 ff.; Hanekopf, Einlagenversicherung, S. 42 ff., 187 ff., sowie grundlegend zuletzt Roßkopf, Selbstregulierung, S. 26 ff., die im Übrigen im Hinblick auf den Anlegerschutz ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, dass es heute nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie der Regelung gehe (dies., a. a. O., S. 34). Zu den Zielen kapitalmarktrechtlicher Regelungen Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 22 ff.; ders., Prospekthaftung, S. 24 ff.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 43 ff.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

verwaltung immer wieder die Frage aufgeworfen, ob auch vermögende Anleger eines Schutzes bedürfen6. Der Gesetzgeber hat über lange Zeit nicht wahrgenommen, dass Anlegerschutz auch für diesen Personenkreis grundsätzlich notwendig ist, wie das Beispiel des „Grauen Kapitalmarkts“ zeigt7, zu dem bis zum Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes8 auch die Vermögensverwaltung zählte. Forderungen nach der Regelung dieses Markts wurden und werden trotz der immensen Schäden durch unredliches Verhalten ignoriert9. Dem liegt sehr oft die Vorstellung zugrunde, ein reicher Anleger, der sein Geld in dubiose Abschreibungsgesellschaften investiere, sei selbst schuld10 („caveat emptor“) und verdiene keinen Schutz11. Ob sich der Gesetzgeber diese Position bewusst zu Eigen gemacht hat, mag hier dahin stehen. Auffällig ist jedenfalls, wie zögerlich er sich den Fragen des Anlegerschutzes auf dem Grauen Kapitalmarkt im Allgemeinen und bei der Vermögensverwaltung im Besonderen in der Vergangenheit angenommen hat. Unterstellt man einmal die Richtigkeit der These, vermögende Kunden seien selbst schuld, wenn sie Geld verlören, liegt es nahe zu sagen, auch der Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung könne gering ausfallen, da sie eine Dienstleistung für vermögende Privatkunden darstellt. Dass eine solche Betrachtungsweise aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen jedoch nicht überzeugend ist, soll im Folgenden aufgezeigt werden. Der Umfang der Schäden durch unredliches Verhalten auf dem Grauen Kapitalmarkt lässt sich aufgrund fehlender Statistiken nicht genau beziffern.

___________ 6 Dies bezweifeln etwa Koch/Schmidt, BFuP 1981, 231, 233; Mertens, Referat, in: Verhandlungen des 51. DJT, S. P 15, P 24 f.; Esters, Haftung, S. 33; dezidiert und zu Recht a. A. Horst, Kapitalanlegerschutz, S. 206 f.; Schwark, Anlegerschutz, S. 12. 7 Dieser Begriff bezeichnet den ungeregelten Kapitalmarkt und steht im Gegensatz zum (aktien- und börsenrechtlich) geregelten Effektenmarkt. Der Graue Kapitalmarkt umfasst eine Vielzahl von Anlageformen, dazu Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 22 ff.; Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 12 ff. 8 S. o. S. 4 Fn. 10. 9 Immerhin hat der Gesetzgeber mit der 6. KWG-Novelle (oben S. 4 Fn. 10) und dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz (unten S. 415 Fn. 353) nun erste Maßnahmen ergriffen. 10 Dieses Argument wird allerdings oft durch die Kuriosität der Fälle noch unterstützt, vgl. Süddeutsche Zeitung vom 3.3.1999, S. 2, zur Finanzierung von Toilettenanlagen als Abschreibungsobjekt. 11 So im Ergebnis schon RG, Warn 1908 Nr. 146; weitere Beispiele für derartige Stellungnahmen sind bei Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 45 wiedergegeben.

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Schätzungen reichen von jährlich 1,5 Mrd. Euro12, über 20 Mrd. Euro13 bis zu 30 Mrd. Euro14. Die Opfer kommen aus allen Bevölkerungskreisen15. Schon die Schadensdimension verdeutlicht die Notwendigkeit eines Anlegerschutzes in diesem Bereich, denn die fehlgeleiteten Investitionsmittel könnten gesamtwirtschaftlich nutzbringender eingesetzt werden. Zudem blendet die genannte Argumentation aus, welchem Zweck die Vermögensanlage „reicher Leute“ dient. Den Aufbau einer Alterssicherung für Selbstständige wird man nämlich durchaus als sozialpolitisch schutzwürdiges Anliegen betrachten können, selbst wenn man soweit geht, die Position zu vertreten, Anlagen auf dem Grauen Kapitalmarkt seien grundsätzlich nicht schützwürdig16. Die soeben für den Grauen Kapitalmarkt im Allgemeinen erfolgte Beschreibung der Missstände traf ebenso auf den Markt für Vermögensverwaltungen zu. Auch dort fanden sich neben einer Vielzahl von seriösen Angeboten immer wieder auch dubiose Vermögensverwalter17, die Gelder veruntreuten oder mit in den Konkurs nahmen18. Da die Bezeichnung „Vermögensverwalter“ nicht geschützt ist und ihr Führen auch an keine fachliche Eignungsprüfung gebunden ist19, fehlte dem Anleger oft auch jeder Anhaltspunkt für die Seriosität und Bonität der Intermediäre. Neben den genannten wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gesichtspunkten sprechen auch rechtliche Argumente für eine Einbeziehung der ___________ 12 Polizeiliche Kriminalstatistik 1997, zitiert nach Finanzplatz e.V., Grauer Kapitalmarkt, S. 9. Geringer sind die Angaben zu Schäden im „Bericht der Bundesregierung zum Grauen Kapitalmarkt“, BT-Drucks. 14/1633 = Anhang, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 2. Ergänzungslieferung. 13 Wallat, NJW 1995, 3236. 14 Finanzplatz e.V., Grauer Kapitalmarkt, S. 11; ebenso Süddeutsche Zeitung vom 11.2.1999, S. 21 („Aktionskreis Finanzplatz zeigt dem Grauen Kapitalmarkt die Rote Karte“). Auch das damalige BAKred schätzte die Schäden auf 60 Mrd. DM, was der Bundesverband Finanzdienstleistungen allerdings für eine Phantasiezahl hielt, vgl. Südwestpresse vom 1.10.1999, S. 9 („Vorwurf der Panikmache“), s. a. FAZ vom 10.12.1999, S. 25 („unseriöse Berater versprechen hohe Renditen ohne Risiko“). 15 Süddeutsche Zeitung vom 3.3.1999, S. 2 („Wenn Geldgier das Gehirn vernebelt“); s. a. Fokus 24.11.1997, S. 300 („Geld gespart … Geld verloren“). 16 Dies übersieht etwa Esters, Haftung, S. 28, der meint, das Sozialstaatsprinzip bilde keine tragfähige Grundlage, um den Anlegerschutz vermögender Vermögensverwaltungskunden zu rechtfertigen. 17 Vgl. die auf S. 5 f. Fn. 16 genannten Beispiele. 18 Kritisch zur Tatsache, dass Anlageberater und Vermögensverwalter ohne jede Zulassung tätig werden durften, schon Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 46. 19 Zu Recht kritisch deshalb Schöllhorn, Geldanlage, S. 38; Horst, Kapitalanlegerschutz, S. 208.

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vermögenden Kunden in den Anlegerschutz. Zum einen ist es eine Selbstverständlichkeit und bedarf keiner näheren Begründung, dass eine Rechtsordnung für alle Bevölkerungsgruppen einen ausreichenden Schutz bereithalten muss. Zum anderen wird inzwischen die Vermögensverwaltung in verschiedensten Varianten auch für Kleinanleger angeboten, so dass eine schematische Arm-Reich-Malerei versagt. Hinzu kommt, dass eine solche Argumentation das Verkehrsrisiko einseitig dem Anleger zuweist20 und es den Anbietern von Kapitalanlagen erlaubt, diese Risikozuweisung sogar noch auszunutzen. Eine Differenzierung nach der Schutzbedürftigkeit und Professionalität der Anleger(-gruppen) auf der einen Seite und Art und Umfang der Gefährdung auf der anderen findet nicht statt. Am Rande sei angemerkt, dass es auch fraglich ist, ob wirklich alle Chef- und Zahnärzte dem unterstellten Bild des aufgeklärten homo oeconomicus21 entsprechen, eine Frage, die im Folgenden nicht vertieft untersucht wird22. Mit dem Argument vom „Handeln auf eigene Gefahr“ stellt man einseitig auf die individuellen Anleger ab und vernachlässigt dabei den funktionellen Anlegerschutz23, also den Schutz des Markts vor einem Zusammenbruch oder Vertrauensverlust24. Welch starke Auswirkungen ein solcher Vertrauensverlust haben kann, belegt das Beispiel der Insolvenz der International Overseas Services (IOS). Sie verursachte einen völligen Zusammenbruch des Marktes für ausländische Investmentanteile. Zwar könnte man argumentieren, dem Kleinanleger bleibe mangels Sachkenntnis ohnehin keine andere Wahl, als dem Finanzintermediär blind zu vertrauen, doch stehen dieser Argumentation drei gewichtige Einwände entgegen: (1) Unredlichkeiten sind ethisch verwerflich und werden sich auf Dauer nicht verheimlichen lassen, so dass der Markt und damit eine effiziente Kapitalallokation25 insgesamt gestört wird. Nicht nur unethisches Verhalten, sondern auch Informationsasymmetrien bewir___________ 20 So schon Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 45. Zu Recht differenziert deshalb Lutter, FS Bärmann, S. 605, 625 f., bei § 254 BGB nach der Schutzbedürftigkeit und Professionalität der Anleger. 21 Dazu statt vieler Starbatty, Das Menschenbild in den Wirtschaftswissenschaften. 22 Vgl. stattdessen Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 12 m. w. N., der nachweist, dass Einstellungen und Emotionen das Anlageverhalten von Privatanlegern bestimmen und impulsivem Handeln eine große Bedeutung zukommt. 23 Seine Beschreibung ist hinlänglich bekannt und eine Wiederholung an dieser Stelle entbehrlich, vgl. stattdessen Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 47 ff. 24 So etwa bei Esters, Haftung, S. 23–34 in seiner Kritik an Hopt, Kapitalanlegerschutz. Er will die Kunden von Vermögensverwaltern allein über vertragliche Schutzpflichten schützen (ders., a. a. O., S. 34). 25 Zum Zusammenhang zwischen Anlegerschutz und Kapitalallokation s. die Nachweise auf S. 109 Fn. 5.

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ken solche Störungen26. Gerade wenn die Zahl der Privatanleger am Aktienmarkt in dem Umfang wie in den letzten Jahren weiter zunimmt, wird ihr Schutz auf Dauer unentbehrlich, um eine Störung oder ein Zusammenbrechen des Markts zu verhindern. (2) Das Beispiel der Einführung des Insiderrechts belegt zudem, dass auf Dauer selbst ein – als „victimless crime“ geltendes27 – Verhalten geregelt werden musste, um die internationale Attraktivität des deutschen Kapitalmarkts zu erhalten. Die zuvor geltende freiwillige Selbstregulierung28 des Insiderrechts hatte sich als nicht effizient erwiesen. (3) Mangelnde Transparenz bringt es mit sich, dass der freie Wettbewerb nur eingeschränkt funktioniert, da der Effektenkunde die Konditionen, insbesondere aber die Qualität des Intermediärs nicht oder nur eingeschränkt einschätzen kann29. Die grundsätzliche Einbeziehung auch vermögender Anleger in den Anlegerschutz ist deshalb im Schrifttum30 heute anerkannt. Auch hier konzentriert sich die Diskussion nun auf Details zu Art und Umfang des Schutzes. Dennoch hat der Gesetzgeber nur zögerlich reagiert. Der Anlegerschutz im Investmentrecht, einer Sonderform der Vermögensverwaltung, wurde in zahlreichen Stufen ausgebaut31. Auch wurde der Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB32) geschaffen, der Täuschungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren und Anteilen erfasst33. In diesem Zusammenhang zu nennen ist schließlich § 34c GewO, der die Tätigkeit bestimmter Finanzintermediäre des Grauen Kapitalmarkts von einer gewerberechtlichen Erlaubnis abhängig macht. Ergänzt wurde und wird diese Regelung durch die Makler- und BauträgerVO, die inhaltliche Standards für diese Tätigkeiten vorgibt. Vermögensverwalter unterfielen dieser Regelung, da sie ___________ 26 Schäfer, in: Bankrecht 1998, S. 27, 28 ff.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 39 ff. 27 Ob diese Einordnung wirklich zutreffend ist, mag hier dahinstehen, vgl. stattdessen die Wiedergabe der Diskussion bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 109 f. m. w. N. 28 Dazu etwa Assmann, AG 1994, 196, 197 ff. 29 Auch dazu sei auf Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 58 ff., verwiesen, der im Übrigen darlegt, warum eine Verschärfung des Strafrechts allein nicht ausreichend ist. Zur Notwendigkeit der Einlagensicherung wegen fehlender Möglichkeiten der Kleinanleger, die Solidität der Kreditinstitute zu überprüfen, Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 9. 30 S. o. S. 108 Fn. 3 m. w. N. 31 Einzelheiten bei Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 20 ff. m. w. N. 32 Eingefügt durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986, BGBl. I 721. 33 Einzelheiten bei Worms, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 8 Rdn. 55 ff.; s. a. Jacobi, Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs.

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als Vermittler i. S. d. § 34c GewO galten34. Diese Regelung erwies sich jedoch als nicht effektiv35. Ein Aufsichtsrecht für Vermögensverwalter vermisste man trotz Kenntnis der auftretenden Missstände über lange Jahre. Erst die Pflicht zur Umsetzung der WDRL zwang den nationalen Gesetzgeber, von der allgemeinen gewerbepolizeilichen Regelung Abstand zu nehmen und die Effekten-Vermögensverwaltung den schon bestehenden Aufsichtsregeln nach dem Kreditwesengesetz und Wertpapierhandelsgesetz zu unterwerfen. Nach wie vor ungeregelt ist der Vertrieb angrenzender Produkte auf dem Grauen Kapitalmarkt. Gerade deshalb beklagt die BaFin Umgehungen der Aufsicht durch unübersichtliche Produktgestaltung und unerlaubte Vermögensverwaltungen36. Denn aufgrund der neu eingeführten Aufsicht für Effekten-Vermögensverwalter sind zahlreiche Vermögensverwalter auf Produkte des Grauen Kapitalmarkts ausgewichen, bei denen der Vertrieb gerade nicht gesetzlich geregelt ist und keine Aufsicht besteht. Mittlerweile bestehen deshalb zahlreiche Kontroversen zu der Frage, ob dieses Ausweichen eine Umgehung bestehender gesetzlicher Regeln darstellt. Die Abgrenzung der im Kreditwesengesetz nun erfassten Finanzportfolioverwaltung von verwandten Tätigkeiten bereitet offensichtlich Schwierigkeiten. Trotz oder gerade wegen der rechtlichen Neuregelung der Vermögensverwaltung erweist sich damit eine Untersuchung des Anlegerschutzes bei dieser Dienstleistung als notwendig, zumal die neue Rechtslage in vielen Bereichen recht unübersichtlich ist.

2. Verhältnis von Anlegerschutz zu Verbraucherschutz Während die Schutzbedürftigkeit von Anlegern im Allgemeinen außer Frage steht, gilt dies nicht für die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen. So ist insbesondere umstritten, ob es sich bei dem „Anlegerschutz“ um ein Rechtsprinzip oder lediglich um einen Systembegriff handelt. Betrachtet man die Diskussion näher, scheint sich die Kontroverse schon bei der Definition des Anlegers zu entzünden. Ein Teil des Schrifttums wählt ein historischempirisches Vorgehen und setzt einen vorrechtlichen Begriff des Anlegers ___________ 34 Zu Einzelheiten siehe unten S. 401 ff. Dort wird die uneinheitliche Regelung der Vermögensverwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieben. 35 Auf dem 51. DJT hielt Mertens, Referat, in: Verhandlungen des 51. DJT, S. P 37 f., P 50 die Regelung allerdings noch für ausreichend. 36 Vgl. beispielsweise nur Stuttgarter Zeitung vom 21.9.1999 („Kontrolle des Finanzmarkts zeigt Wirkung“), http://www.stuttgarter-zeitung.de/dc1/html/news-stz/ 19990921wirt0005.htm.

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voraus37. Andere nehmen als Ausgangspunkt die Investition. Ein Anleger sei eine Person, die sich mittels des öffentlichen Kapitalmarkts mittelbar oder unmittelbar an Unternehmen oder sonstigen Sondervermögen beteilige38. Ein dritter Ansatz kritisiert dieses Vorgehen, da die Schutzbedürftigkeit sich nicht abstrakt bestimmen lasse. Begreife man den Anlegerschutz als Rechtsprinzip, könne sein personaler Schutzbereich ebenso wenig vage bleiben wie sein materieller Schutzbereich39. Anlegerschutz – und Verbraucherschutz40 – könnten daher solange nicht als Rechtsprinzipien verstanden werden, als die Diskussion um das dem Recht zugrunde liegende Sozialmodell (liberales Sozialmodell des Bürgerlichen Gesetzbuchs einerseits und soziale Schutzmodelle andererseits41) nicht geklärt sei. Im Kern dreht sich die Diskussion also um das Spannungsverhältnis von Privatautonomie und Schutz schwächerer Vertragspartner, die in unregelmäßigen Abständen immer wieder aufflammt, so etwa im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle von Verträgen42 oder im Rahmen der Diskussion um Kreditsicherheiten naher Angehöriger43. Diese Kontroverse über die generelle Frage, ob und wie die Rechtsordnung auf (je nach Standpunkt vermeintliche) Ungleichgewichtslagen reagieren soll, wird im Folgenden nicht vertieft. Vielmehr wird anhand konkreter Fallgestaltungen aus dem Bereich der Vermögensverwaltung die Schutzbedürftigkeit im Einzelfall ermittelt werden, um daraus eine rechtliche Lösung zu entwickeln. Die davon losgelöste abstrakte Frage nach der Reichweite des Verbraucherschutzes bzw. des Anlegerschutzes ist viel zu vage, um aus ___________ 37 So namentlich Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 12 f., 79 ff.; ders., Gutachten G zum 51. DJT, S. G 45; Schwark, Anlegerschutz, S. 7. 38 Etwa Wiedemann, BB 1975, 1591; ähnlich auch Koch/Schmidt, BFuP 1981, 231, 233, die allerdings in ihre Anlegerdefinition schon die Merkmale „schwach, uninformiert und somit gefährdet“ aufnehmen. 39 Schäfer, Anlegerschutz, S. 28 ff.; im Ergebnis wohl auch Mertens, Referat, in: Verhandlungen des 51. DJT, S. P 15 f., P 22. 40 Auch der Begriff des Verbrauchers ist umstritten und findet uneinheitliche Verwendung. Zu den europarechtlichen Verbraucherbegriffen etwa Reich, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 501 ff. 41 Zu dieser Diskussion etwa Dauner-Lieb, Verbraucherschutz, insb. S. 146 ff.; Damm, JZ 1978, 173 ff.; Hommelhoff, Verbraucherschutz, S. 1 ff.; Hönn, Vertragsparität, S. 88 ff., 109 ff., 134 ff.; Joerges, Verbraucherschutz, S. 17 ff.; Medicus, Abschied von der Privatautonomie; H. Roth, JZ 1999, 529 ff.; Simitis, Verbraucherschutz, insb. S. 97 ff.; Zöllner, AcP 196 (1996), 1 ff. m. w. N. zur Entwicklung der Diskussion in Fn. 10. 42 Becker, WM 1999, 709 ff. m. w. N. 43 Dazu etwa Kreft, in: Bankrecht 1998, S. 151 ff.

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ihr Lösungen für die Vermögensverwaltung ableiten zu wollen44. Unsere Verfassung gibt keine bestimmte Wirtschaftsordnung vor, aus der ein wirtschaftsrechtliches Vorverständnis für den Verbraucher- oder Anlegerbegriff herzuleiten wäre. Die Diskussion ist daher vor allem eine rechtspolitische, die in ihrer Allgemeinheit nicht im Rahmen dieser Arbeit aufgegriffen werden soll45. Nur soweit es um konkrete Fragestellungen im Bereich der Vermögensverwaltung geht, wird auf die Diskussion um den (nicht oder doch so) mündigen Anleger bzw. Verbraucher zurückzukommen sein46. Eine solche Beschränkung des Untersuchungsgegenstands der Arbeit ist auch deshalb gerechtfertigt, weil die Arbeit sich allein mit der Rechtsbeziehung von Vermögensverwaltern zu ihren Kunden beschäftigt. Ein einzelner Anleger, der einen Vermögensverwalter einschaltet, will gerade dessen professionelle Hilfe. Die Frage, ob und wann ein Anleger unmündig und damit schutzbedürftig ist, stellt sich also in der Form gar nicht, da der Kunde des Vermögensverwalters von vornherein zu erkennen gibt, dass er professionelle Hilfe benötigt, etwa um eine vorhandene „Unmündigkeit am Markt“ auszugleichen. Die Problematik verlagert sich deshalb auf das Rechtsverhältnis zwischen Vermögensverwalter und Anleger. Es geht damit beispielsweise um die Frage nach dem Umfang der bei Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags nötigen Aufklärung über die Risiken einer Kapitalanlage oder um die Frage, inwieweit der Vermögensverwalter verpflichtet ist, für den Anleger eine anleger- und objektgerechte Kapitalanlage auszuwählen. In einer solchen Konstellation ist es müßig, den Versuch zu unternehmen, die generelle Debatte über Reichweite und Definition des Anlegerschutzes lösen zu wollen. Vielmehr stehen die spezifischen, im Folgenden zu schildernden Risiken, die sich aus dem konkreten Vertragsverhältnis ergeben oder mit ihm zusammenhängen, im Mittelpunkt der Untersuchung. Die allgemeinen Fragen des Anlegerschutzes sind also jeweils auf das konkrete Rechtsverhältnis umzumünzen und einer Lösung zuzuführen. Erst in diesem Rahmen ist dann zu untersuchen, ob die jeweilige Lösung konzeptionelle Schwächen aufweist, etwa weil sie den individuellen Anlegerschutz zulasten des funktionellen Anlegerschutzes überspannt. ___________ 44 Bezeichnend deshalb auch Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 47 ff., der im Zusammenhang mit der Festlegung der Grundlagen seiner Untersuchung zwar auch das Thema Verbraucherschutz aufwirft, es aber zu Recht ebenso rasch wieder ad acta legt, da im Bereich der Wertpapierdienstleistungen die speziellen anlegerschützenden Regelungen faktisch den Verbraucherschutz einschließen. 45 Vgl. stattdessen die umfassende Arbeit von Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 46 Etwa im Zusammenhang mit der Regelung von Finanzprodukten, s. u. S. 531 f.

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Im Übrigen ist auch zu bedenken, dass dem Anlegerschutz und dem Verbraucherschutz keineswegs gleiche Zielsetzungen zugrunde liegen. Nur soweit der Anlegerschutz den Einzelnen und gerade nicht die Gesamtheit der Anleger im Blick hat, kommt es zu einer Deckungsgleicheit beider Konzepte47. Da hier der Anlegerschutz in seiner Gesamtheit Maßstab der Untersuchung ist, muss ein weiter Blickwinkel gewählt werden, um auch die Belange der Gesamtheit der Anleger und den Funktionenschutz einbeziehen zu können.

3. Möglichkeiten der Durchsetzung des Anlegerschutzes Nicht nur die aus der Schutzbedürftigkeit der Anleger abzuleitenden Schlussfolgerungen sind umstritten. Bejaht man grundsätzlich deren Schutz48, schließt sich sogleich die Frage an, mit welchen Mitteln man ihn durchsetzt. Es kommen fünf Regelungsansätze in Betracht49: – Repression durch Strafrecht, – Regelung des Vertriebs und der Vertriebsmittler von Kapitalanlagen, – Publizität als Instrument zur Schaffung von Informationssymmetrien und damit zur Stärkung des Selbstschutzes der Anleger, – Regelung der Produkte des Markts durch besondere Anforderungen an die Emission und die Emittenten sowie – Schutz durch Regulierung der Struktur des Markts (Beispiel: Einführung eines Trennbankensystems). Welcher dieser Ansätze zur Lösung einzelner Sachfragen gewählt wird, ist eine Frage der Verhältnis- und Zweckmäßigkeit. Eine rein auf vertraglichen Pflichten basierende Lösung ist sicherlich nicht ausreichend50, da sie den oft mit hoher krimineller Energie operierenden Wirtschaftsstraftätern51 keinen ___________ 47 Kümpel, WM 2005, 1, 6. 48 Dieses Regelungsziel kann nicht isoliert verfolgt werden, sondern muss mit anderen national und international verfolgten Regelungszielen, wie Fairness, Gleichheit und Integrität des Markts, Schutz vor kriminellem oder unfairem Verhalten, Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen, Verbraucherschutz sowie Schutz vor systemischen Risiken in Einklang gebracht werden. 49 Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 318 f. m. w. N. 50 Anders aber Esters, Haftung, S. 34. 51 Treffender wäre der englische Begriff des „white collar criminal“, dessen Bild im Deutschen mit „Schreibtischtäter“ nur unzureichend übersetzt werden kann. Der Begriff wurde 1940 von Edwin Sutherland geprägt, vgl. Sutherland, White Collar Criminality (1940), 5 American Sociological Review 1 ff.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

angemessenen Schutz entgegen zu setzen vermag52, wie im Kapitel über die Geschichte der Vermögensverwaltung und des Anlegerschutzes aufgezeigt werden wird. Auf die Frage nach der Wahl der Mittel wird u. a. im Zusammenhang mit der Harmonisierung der Aufsichtsrechte zurückzukommen sein, da die EG-Richtlinien den nationalen Gesetzgebern Umsetzungsspielräume einräumen (selbst wenn diese mitunter minimal sind). Aber auch soweit das nationale Recht nicht auf einer Richtlinienumsetzung beruht, stellt sich die Frage nach der Wahl des verhältnismäßigen Regulierungsansatzes. Dies gebietet nicht nur das nationale Verfassungsrecht, sondern auch der Markt. Denn um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzdienstleistungsgewerbes zu erhalten, verbietet sich jede Überregulierung. Sie kann zu einer Abwanderung der Finanzdienstleistungen führen, da diese aufgrund der modernen Kommunikationsmittel inzwischen nicht mehr standortgebunden sind. Hierauf wird im Detail zurückzukommen sein.

4. Schutzbedürfnisse der Vermögensinhaber Um die Reichweite des notwendigen Anlegerschutzes aufzeigen zu können, ist kurz auf die Kundenkreise der Vermögensverwalter einzugehen. Es lassen sich drei Gruppen von Kunden unterscheiden, nämlich institutionelle Anleger, Unternehmen und Privatpersonen. Institutionelle Anleger, wie Investmentfonds und Versicherungen, verfügen über genügend Experten, um sich ausreichend selbst zu schützen. Gleiches gilt für Unternehmen, die bestimmte Teile der Betriebsmittel in Effekten anlegen. Sie bedienen sich ebenfalls eigener Experten und bedürfen daher nur eines geringeren Schutzes. Die dritte Kundengruppe besteht aus Privatanlegern. Diese Gruppe ist recht unterschiedlich zusammengesetzt. Bei der Vermögensverwaltung dominiert zwar ein Kundenkreis mit hohem Einkommen und Vermögen. Früher wurde für eine individuelle Vermögensverwaltung eine Mindestanlagesumme von 1 Mio. DM verlangt. Mittlerweile ist diese Schwelle auf rund 50.000 Euro gesunken. Auch finden sich bestimmte Formen der standardisierten Vermögensverwaltung für Beträge ab 15.000 Euro. Damit ist der Kundenkreis stark ausgeweitet worden. Ein einheitlicher Typus des Vermögensverwaltungskunden lässt sich nicht mehr feststellen53. So finden sich am einen Ende des Spektrums viele vermögende Erben, denen sowohl die Fachkenntnis als auch die Zeit fehlt, ihr ___________ 52 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die sehr anschauliche Untersuchung von Gilligan, Financial Services Sector, der versucht, kriminologische und aufsichtsrechtliche Erkenntnisse zusammenzuführen. 53 Anders aber offenbar Esters, Haftung, S. 28, 33 (ohne nähere Begründung).

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Vermögen selbst anzulegen. Am anderen Ende stehen Anleger (Institutionelle Anleger und Privatanleger) mit hoher Sachkenntnis über Wertpapiere. Ihnen fehlt aber der Zugang zu bestimmten Märkten oder die Zeit und Gelegenheit, sich über diese Märkte ständig auf dem Laufenden zu halten. Das Fehlen eines einheitlichen Kundentypus hat zur Folge, dass auch die Schutzbedürfnisse der Kunden keine Einheitlichkeit aufweisen. Vielmehr muss bei der Untersuchung des notwendigen Maßes an Anlegerschutz immer die Professionalität der Anleger einbezogen werden. Dies ist insbesondere schon deshalb notwendig, um nicht durch ein Zuviel an Individualschutz das jeder Kapitalanlage innewohnende Risiko auf die Finanzintermediäre abzuwälzen oder gar den Markt überzuregulieren und damit auszutrocknen54. Daneben erweist es sich als notwendig, zunächst die typischen Anlegerrisiken bei der Vermögensverwaltung darzustellen, um den Schutzumfang zu bestimmen. Im Folgenden werden daher zunächst die Aufgaben der Vermögensverwalter als Finanzintermediäre beschrieben (III.), um dann auf die bei dieser Tätigkeit auftretenden Risiken für den Anleger einzugehen (IV.).

III. Vermögensverwalter als Finanzintermediäre 1. Aufgabe der Finanzintermediäre aus betriebswirtschaftlicher Sicht Die zentrale Aufgabe eines Vermögensverwalters besteht im Treffen von Anlageentscheidungen für seine Klientel. Während anderen Finanzintermediären die Aufgabe zukommt, zwischen Kapitalanbietern und -nachfragern zu vermitteln55, nimmt der Vermögensverwalter innerhalb der Intermediäre insofern eine Sonderstellung ein, als er Anleger professionell repräsentiert und aus einer Vielzahl von Anlagemöglichkeiten die für sie passende auswählt. Aufgrund des Expertenwissens und des Umstands, dass Vermögensverwalter (und auch Fondsmanager) eine Vielzahl von Anlegern vertreten, verfügen sie über eine besondere Anlagemacht am Markt, die einer externen Unternehmenskontrolle gleichkommt, da die von Vermögensverwaltern und Fondsmanagern als aussichtsreich eingeordneten Unternehmen sich leichter über den Kapitalmarkt finanzieren können56. Betrachtet man die von Finanzintermediären im Allgemeinen und Vermögensverwaltern im Besonderen wahrgenommenen Aufgaben, lassen sich ___________ 54 Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 54 f. 55 Ausführlich dazu Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 375 ff.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 40 ff. m. w. N. 56 Auf diesen Gesichtspunkt wies schon Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 379, hin.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

unterschiedliche Funktionen ausmachen57, die nachfolgend aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht vor allem anhand des Beispiels der Wertpapieranlage beschrieben werden sollen. Mit diesen Funktionen sind bestimmte Risiken verbunden, die der Anleger übernimmt. Auf diese Risiken wird ebenfalls eingegangen, da sie für die folgende Betrachtung, insbesondere im Hinblick auf die anleger- und objektgerechte Aufklärung, von wesentlicher Bedeutung sind. a) Losgrößentransformation Intermediäre haben die Aufgabe, Volumen bzw. Einlagen verschiedener Kunden in eine auf die Nachfrage angepasste Größe zu transformieren (Losgrößentransformation). Je nach Interessenlage stehen sich eine Vielzahl kleiner Einlagen und die Emission einer großen Anlage gegenüber oder aber umgekehrt eine große Einlage und viele kleine Anlagen. Dem Vermögensverwalter kann diese Aufgabe zukommen, wenn er einzelne Kundenvermögen gebündelt anlegt. b) Fristentransformation Die zweite Funktion betrifft die Laufzeiten der jeweiligen Positionen (Fristentransformation). Der Intermediär kann kurzfristig angelegte Gelder in langfristige Titel investieren. Zieht ein Anleger Gelder ab, kann der Intermediär diese durch Gelder anderer Kunden ersetzen (Substitution). Zudem profitiert er von dem Phänomen, dass viele kurzfristig angelegte Gelder von Kunden stehen gelassen werden (Prolongation); diese wollen sich nur die Möglichkeit der jederzeitigen Verfügung offen halten. Die Fristentransformation ist eine wichtige Ertragsquelle der Intermediäre, da für den Liquidationsverzicht bei langfristigen Anlagen eine höhere Rendite zu zahlen wäre. Allerdings steigt mit zunehmender Fristentransformation auch das Liquiditätsrisiko. Aufgabe des Vermögensverwalters ist es, bei der Auswahl der Anlageobjekte auf eine für den Kunden angemessene Fristigkeit zu achten. c) Risikotransformation Die dritte Ebene betrifft die Risikotransformation. Das in Finanzinstrumente investierte Geld wird seinerseits unmittelbar oder mittelbar dem realwirtschaftlichen Bereich zugeführt und unterliegt deshalb den dort herrschenden

___________ 57 Zum Folgenden Hastenpflug, Securitizationsphänomen, S. 115 f. m. w. N.; Hager, Investors, S. 787 ff.

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Vermögensverwalter als Finanzintermediäre

Risiken. Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur58 unterteilt diese in folgende Kategorien: (1) Bonitätsrisiko Beide Vertragspartner gehen das Risiko ein, dass die Gegenseite ihrer vertraglichen Pflicht zur Erfüllung nicht nachkommt (Bonitätsrisiko). Dieses Risiko ist für den Anleger höher als für den Nachfragenden, da der Anleger das Risiko der Nichtrückzahlung des Geldes trägt, während der Nachfragende sich bei Ausfall der Einlageleistung eines Anlegers einen anderen Investor suchen kann. Das Bonitätsrisiko hängt maßgeblich von der Zuverlässigkeit des Kapitalnachfragers und seinen Fähigkeiten im Management von Investitionen ab. Es ist also persönlichkeitsorientiert. (2) Geschäftsrisiko Das Geschäftsrisiko, auch leistungswirtschaftliches Risiko genannt, hängt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bzw. der Entwicklung der jeweiligen Branche ab, in der der Nachfrager tätig ist. Es ist teilweise persönlichkeitsorientiert, da sich der Nachfrager beim Management von Investitionen auf dieses Umfeld einstellen kann, teilweise ist es jedoch auch unabhängig von der Person, da die allgemeinen Marktbedingungen und Produktionsbedingungen sich nur bedingt von einem Kapitalnachfrager beeinflussen lassen. (3) Kapitalstrukturrisiko Neben das leistungswirtschaftliche Risiko tritt das finanzwirtschaftliche Risiko, auch Kapitalstrukturrisiko genannt. Dieses wird durch die Wahl des Finanzierungsmodus für ein Investitionsobjekt bestimmt. So wird bei einem Unternehmen, das Aktien und Schuldverschreibungen emittiert hat, die Rendite beider Finanzierungsarten maßgeblich vom Verhältnis vom Fremd- zum Eigenkapitalanteil abhängen. (4) Marktgängigkeits- und Liquiditätsrisiko Der Anleger trägt das Risiko der Marktgängigkeit („marketability“), denn die Geeignetheit eines Wertes oder Produkts als Anlageobjekt hängt entscheidend davon ab, ob es sich wieder in liquide Mittel verwandeln lässt. Dies kann etwa bei Unternehmensbeteiligungen fehlen, wenn die Anteile der Gesellschaft nicht frei gehandelt werden können (z. B. Anteile an einer ___________ 58 Statt vieler Hastenpflug, Securitizationsphänomen, S. 118 f. m. w. N.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

Personenhandelsgesellschaft oder GmbH) und/oder ein Sekundärmarkt fehlt (Anteile an geschlossenen Immobilienfonds59). Der Anleger trägt weiterhin das Liquiditätsrisiko, das sich aus zwei Komponenten zusammensetzt. Es ist ungewiss, wie schnell sich für eine Anlage wieder ein Käufer findet und sie sich in liquide Mittel verwandeln lässt und zu welchen Konditionen. Das erste hängt etwa von Breite und Tiefe eines Sekundärmarkts ab, das zweite von der aktuellen Marktlage. Diese Gesichtspunkte sind bei der Anlage in börsennotierten Wertpapieren offensichtlich und bedürfen hier keiner weiteren Erläuterung. Bei Anlagen in Immobilien ist ebenfalls ein Markt vorhanden, dessen Preise sich nach allgemeinwirtschaftlichen Faktoren und nach Lage und Ausstattung der Grundstücke bestimmen. Anlagen in Grundstücken sind aufgrund der in Krisenzeiten hohen Wertstabilität unter dem Gesichtspunkt des mit der Anlage verbundenen geringen Substanzverlustrisikos bedenkenswert. Ist dem Kunden dagegen an einer hohen Liquidität gelegen, scheiden sie aus, da der Markt für Grundstücke mitunter eng und eine schnelle Verfügbarkeit der Investition oft nicht gegeben ist. Gleiches gilt für geschlossene Immobilienfonds. (5) Zins-, Inflations- und Währungsrisiken Bei einer längerfristigen Anlage trägt der Anleger das Risiko sich verändernder Zinssätze, der Entwertung seiner Anlage durch Inflation oder – bei Devisengeschäften – durch Wechselkursveränderungen und politische Veränderungen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Finanzinstrumente je nach Ausgestaltung (Laufzeit, Schuldner, geographische Herkunft, Devisenkurs etc.) unterschiedlich hohe Risiken bergen. Kapitalanbieter und -nachfrager wollen mit ihren Finanztransaktionen jeweils nur bestimmte Risiken eingehen. Der Finanzintermediär führt unterschiedliche Risikopräferenzen zusammen. Dazu stehen ihm zwei Wege offen. – Er kann ein Risikobündel zerlegen und auf mehrere Schultern verteilen. – Er kann jedoch auch Risiken durch Zusammenlegung von Einzelpositionen transformieren. Dies geschieht entweder im Wege der Risikokompensation (hedging), indem zwei vom Risiko gegensätzliche Positionen ___________ 59 Dieser Gesichtspunkt spielt bei Investitionen in Immobilien ohne zwischengeschalteten geschlossenen Fonds keine so tragende Rolle, da Grundstücke grundsätzlich marktgängig sind. Nur in außergewöhnlichen Fällen, etwa wenn sich ein Grundstück als altlastenverseucht entpuppt, kann die Marktgängigkeit entfallen.

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Vermögensverwalter als Finanzintermediäre

verbunden werden oder im Wege der Diversifikation, indem ein Portfolio in viele Einzelpositionen aufteilt wird, deren Risiken voneinander unabhängig sind, so dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Gesamtposition geringer wird als die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls der jeweiligen Einzelpositionen. (6) Sonstige Risiken In Anlageentscheidungen einzubeziehen sind schließlich die sonstigen Risiken, die nicht unmittelbar der Wertpapieranlage immanent sind, sondern als von außen kommende Faktoren eine Rolle spielen. Hierzu zählt das Steuerrecht, da etwa die Höhe der Steuerprogression des Anlegers Einfluss auf die Rendite der Anlage haben kann. Das Steuerrecht ist selbst dann noch in die Überlegungen des Vermögensverwalters einzubeziehen, wenn der Vermögensinhaber im Inland gar nicht steuerpflichtig ist. Denn der Marktpreis der verschiedenen Anlageobjekte ist abhängig von steuerlichen Gesichtspunkten, so dass diese spätestens bei Wiederverkauf des Anlageobjekts doch noch zu Buche schlagen können60. Das Steuerrecht kann also einen „preisverzerrenden“ Einfluss ausüben. Auch sollte der Vermögensverwalter darauf achten, dass auf bestimmte Anlageformen mitunter ausländische Steuern erhoben werden, die ein inländischer Steuerpflichtiger nicht erstattet erhält. Ein Vermögensverwalter muss daher in seine Anlageentscheidungen immer auch die Gesamtrendite nach Steuern einbeziehen61.

2. Risiken für den Wertpapierkunden aus betriebswirtschaftlicher Sicht Wechselt man die Perspektive und betrachtet die Risiken für den Wertpapierkunden im Allgemeinen und für den Kunden eines Vermögensverwalters im Besonderen, lassen sich in zeitlicher Hinsicht vier verschiedene Stufen unterscheiden62: – – – –

Vertragsanbahnung Vereinbarung des Wertpapiergeschäfts Kontrolle des Geschäfts ggf. Adaption des Geschäfts bei Änderung der Rahmenbedingungen.

___________ 60 Ebenso Hager, Investors, S. 795. 61 Ob diese Gesichtspunkte sich zu einer Rechtspflicht verdichten, ist streitig, wie hier Schödermeier, WM 1995, 2053, 2057; a. A. etwa Balzer, Vermögensverwaltung, S. 27, 106; dazu unten S. 905 f. 62 Zum Folgenden Hastenpflug, Securitizationsphänomen, S. 114 ff.; Jacob/Klein, Investment Banking, S. 23 ff.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

a) Vertragsanbahnung Die Vertragsanbahnung enthält spezifische Risiken, z. B. das Auffinden des geeigneten Geschäftspartners, die zuverlässige Information über mögliche Vertragsinhalte (Laufzeit, Volumen, Verzinsung, Ertrags-Risiko-Verhältnis) etc. Um die deshalb notwendigen Such- und Informationskosten möglichst gering zu halten, erfolgt die Einschaltung eines Finanzintermediärs, der bei der Vertragsanbahnung Hilfestellung leistet (Anlageberatung) oder dem Kunden die Entscheidung gar abnimmt (Vermögensverwaltung). Dies hat zur Folge, dass die Risiken der Vertragsanbahnung bei einer Kapitalanlage für den Kunden typischerweise verringert werden. Allerdings trägt der Kunde nun das Risiko einer Unzuverlässigkeit des Intermediärs. b) Vertragsschluss Mit dem eigentlichen Vertragsschluss übernimmt der Anleger die mit der jeweiligen Anlage verbundenen spezifischen Risiken. Um die Risiken einschätzen zu können, wird er daher versuchen, die asymmetrische Informationsverteilung zwischen ihm und dem Vertragspartner auszugleichen und beispielsweise eine Bonitätsprüfung vornehmen. Hierfür und für eine eventuelle Rechtsberatung trägt er die Kosten. Die Einschaltung eines Vermögensverwalters hilft dem Anleger, diese Kosten zu minimieren, da der Vermögensverwalter die Anlageentscheidungen und damit auch die Informationsbeschaffung auf professioneller Basis übernimmt. c) Kontrollphase Die Kosten für die Kontrolle sind insbesondere bei langfristigen Anlagen von Bedeutung, da sich die Bonität im Laufe der Zeit verändern kann. Der Anleger trägt damit das Risiko einer nicht rechtzeitigen Information. Die Einschaltung eines Vermögensverwalters nimmt dem Anleger dieses Risiko ab. Gleichzeitig werden die Informationskosten bei einer Vielzahl von Kunden minimiert und auf diese Anleger verteilt. d) Vertragsanpassung Schließlich können bei einer notwendig werdenden Vertragsanpassung Kosten und das Risiko sich verändernder Konditionen auftreten, wenn sich die äußeren Rahmenbedingungen, die bei Geschäftsabschluss zugrunde gelegt wurden, ändern. Die Tätigkeit des Vermögensverwalters wird auch derartige Entscheidungen mit umfassen; zumindest wird er dem Kunden konkrete Hilfestellungen anbieten.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

e) Zwischenfazit Ohne auf die Einzelheiten der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion zur Begründung der Existenz von Finanzintermediären im Detail eingehen zu müssen63, lassen sich für die Einschaltung eines Vermögensverwalters Argumente aus der Economies of Scale und aus der Economies of Scope herleiten: – Aufgrund der Tatsache, dass der Vermögensverwalter seine Leistungen einer Vielzahl von Kunden anbietet, kann er die anfallenden Fixkosten auf mehrere Abnehmer verteilen. Seine Leistungen sind günstiger als die Informationsbeschaffung durch die einzelnen Kunden. – Der Vermögensverwalter erwirbt durch die Vielzahl von Geschäftsvorgängen ein Wissen, dass er den einzelnen Kunden weitaus günstiger zur Verfügung stellen kann, als wenn die Kunden das Fachwissen selbst erwerben. Hinzu tritt der Aspekt der Vertrauensanfälligkeit der Wertpapieranlage. Gerade bei der Gefahr einer Ausnutzung von Informationsvorsprüngen, wie sie mit der Wertpapieranlage verbunden ist, kann die Einschaltung eines professionellen Intermediärs ein Informationsgleichgewicht herstellen.

IV. Die besonderen Risiken der Vermögensverwaltungskunden 1. Vorbemerkung Die soeben aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht beschriebene Aufgabe von Finanzintermediären hat eine Vielzahl von Risiken zutage gefördert, die einerseits mit der Kapitalanlage als solcher und andererseits mit der Einschaltung eines Finanzintermediärs verbunden sind. Im Rahmen der Diskussion um den Anlegerschutz hat das juristische Schrifttum diese Problematik aufgegriffen und dabei – trotz unterschiedlicher Systematisierung im Detail64 – fünf Risikobereiche unterschieden, nämlich das Risiko der Sub___________ 63 Dazu etwa Jacob/Klein, Investment Banking, S. 23 ff.; Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 44 ff. 64 Grundlegend Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 53 f., 82 ff.; ders., Gutachten G zum 51. DJT, S. G 15 ff.; Wiedemann, BB 1975, 1591, 1594; Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 367 ff.; Horst, Kapitalanlegerschutz, S. 208 ff.; Koch/Schmidt, BFuP 1981, 231 ff.; Schacht, Kapitalmarktaufsicht, S. 25 ff.; Schwark, Anlegerschutz, S. 10 f.; Weber, Kapitalmarktrecht, S. 65 f. Kritisch zu dieser Diskussion Schäfer, Anlegerschutz, S. 23 ff., der zu Recht betont, dass es weniger auf die Systematisierung der Risiken, denn auf die daraus gezogenen Schlussfolgerungen ankommen kann.

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stanzerhaltung, das Informationsrisiko, das Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko, das Risiko der Interessenvertretung und das Konditionenrisiko. Diese Risiken sind in Bezug auf Kapitalanlagen im Allgemeinen hinlänglich im juristischen Schrifttum beschrieben worden. Entsprechend der Fragestellung der vorliegenden Arbeit wird im Folgenden deshalb allein untersucht, inwieweit sie bei der Vermögensverwaltung Bedeutung erlangen65. Empirische Studien zur Frage, in welchem Umfang sich die Risiken bei deutschen oder schweizerischen Vermögensverwaltern tatsächlich verwirklichen, fehlen leider66. Ausführlich beschrieben ist dagegen die Situation in Großbritannien67. Dort wurden im Rahmen einer von der Investment Management Regulatory Organization (IMRO) in Auftrag gegebenen Studie 1988 eine Vielzahl von Investmentfirmen angeschrieben und 22 wurden aufgrund ihrer Aktivitäten, Struktur und Größe als repräsentativ ausgewählt (5 unit trusts, 2 pension funds, 2 trustees und 13 Firmen, die Vermögensverwaltungen für unit trust, pension funds und private clients erbrachten). Bei ihnen wurden ausführliche Interviews durchgeführt. Auf der Grundlage der dabei ermittelten Ergebnisse wurde ein Fragebogen erstellt, der 100, nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Vermögensverwaltern zugesandt wurde. Von den 40 beantworteten Bögen waren 32 so vollständig ausgefüllt, dass sie den gestellten Anforderungen entsprachen. Großbritannien weist eine längere Tradition im Bereich der Vermögensverwaltung auf als Deutschland und hatte deshalb mehr Gelegenheit, Problemfelder zu identifizieren. Deshalb erscheint

___________ 65 Auf die Risiken der Wertpapieranlage als solche wird an späterer Stelle im Zusammenhang mit der Erörterung der Portfolio-Theorie eingegangen. Während das juristische Schrifttum bei Wertpapieren zumeist nur das Risiko des Verlusts in den Vordergrund stellt, verbindet das ökonomische Konzept des Risikos das Verhältnis von Marktentwicklung und Ertrag, siehe unten S. 393 ff., und o. V., 83 Harvard L. Rev. 603, 618 ff. (1970). Befragte Wertpapierkunden verbanden mit dem Stichwort „Risiko“ höchst unterschiedliche Vorstellungen, vgl. Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 20 ff.; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 139 f. 66 Die Jahresberichte des BAWe/der BaFin enthalten leider keine konkreten Angaben über Beanstandungen und Anlegerbeschwerden, sondern kategorisieren und quantifizieren sie lediglich. Woernle, Privatbankiers, S. 32, stellt zwar fest, dass es in der Schweiz nicht ausgeschlossen sei, dass sich Risiken aus der Vermögensverwaltung verwirklichen, macht aber keine näheren Angaben über Art und Umfang solcher Risiken. 67 Franks/Mayer, Risk, die auf S. 32 das Setting ihrer Studie beschreiben.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

es sinnvoll, auf die ermittelten Ergebnisse im Folgenden bei der Beschreibung der fünf Risikogruppen jeweils zurückzukommen68.

2. Risiko des Substanzverlusts Kapitalanlagen sind mit dem Risiko des Substanzverlusts behaftet. Einen völligen oder teilweisen Substanzverlust kann der Anleger auf zwei Wegen erleiden: – durch drastischen Kursrückgang der im Depot befindlichen Anteile eines Emittenten, einer Insolvenz dieses Emittenten oder – durch die Insolvenz des Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts, das seine Einlagen und Anlagen betreut oder verwahrt. Der jeweils mit einer Anlageart verbundene Schutz vor einem Substanzverlust stellt aus Anlegersicht daher einen ganz entscheidenden Faktor bei der Auswahl von Kapitalanlagen dar. Entsprechend der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit steht im Folgenden das zweite Risiko im Vordergrund, also der Schutz vor Verlusten durch eine Insolvenz des Vermögensverwalters69. Das Ausmaß des Risikos für den Kunden ist einerseits von der Art der Vermögenswerte des Anlegers und andererseits von der Art der Geschäfte des Finanzintermediärs und seiner Struktur abhängig. a) Vermögenswerte des Anlegers Im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters kann der Anleger die Vermögenswerte einbüßen, die er zur Verwaltung überlassen hat. Dabei ist das Ausmaß der Gefährdung unterschiedlich hoch. Bei der Einräumung einer bloßen Vollmacht an den Vermögensverwalter ist es geringer als wenn die Werte treuhänderisch an den Vermögensverwalter übereignet wurden. Im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters ist auch die Durchsetzung von Sekundäransprüchen gefährdet, wie etwa Schadensersatzansprüche gegen den Vermögensverwalter wegen unsorgfältiger Vermögensverwaltung.

___________ 68 Dabei ist stets zu bedenken, dass die Studie mehr als zehn Jahre alt ist. Die Autoren selbst gehen jedoch davon aus, dass sich bestimmte Risiken aufgrund der nationalen Deregulierung und der Öffnung der Grenzen für Finanzdienstleistungen eher vergrößert haben, Franks/Mayer, Risk, S. 147. 69 Die sich aus einem untreuen Verhalten des Vermögensverwalters ergebenden Risiken werden im Zusammenhang mit dem Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko erörtert.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

b) Art der Geschäfte des Finanzintermediärs Handelt es sich um einen unabhängigen Vermögensverwalter, der allein im Wege des Vertretermodells Anlageentscheidungen für Kunden tätigt, deren Depots bei einem anderen Institut verwahrt werden, ist das Insolvenzrisiko gering. Höher wird es, sofern der Vermögensverwalter auch Eigengeschäfte betreibt und dadurch seine eigene Solidität vom Wertpapiermarkt abhängt70. Eine weitere Steigerung des Insolvenzrisikos ist dann zu beobachten, wenn der Vermögensverwalter in einen Konzern eingebunden ist. Der Zusammenbruch von verbundenen Unternehmen kann den Intermediär mit in den Strudel der Insolvenz ziehen. Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter gar um ein Kreditinstitut, ist das Risiko noch höher, da dieses eine Vielzahl von risikobehafteten Geschäften71 betreibt. Da die Vermögenswerte der Kreditinstitute zumeist weniger liquide als ihre Verbindlichkeiten sind, besteht auch bei einer soliden Kapitalbasis immer das Risiko eines Runs, falls andere Institute in eine Krise geraten und das Vertrauen in die gesamte Branche plötzlich schwindet. Ist das Kreditinstitut gleichzeitig für die Depotführung zuständig, steigt das Substanzerhaltungsrisiko für den Kunden noch weiter. c) Selbstschutz Im Gegensatz zu institutionellen Anlegern und Unternehmen verfügt der einzelne Privatanleger in der Regel über keine Möglichkeiten, die Bonität von Instituten umfassend zu prüfen. Die bei einer Vielzahl von Anlegern anfallenden Kosten einer solchen Überprüfung wären in ihrer Summe mit Sicherheit wesentlich höher als die Anbietern auferlegten Kosten gesetzlicher Maßnahmen, die zu Minderung des Substanzerhaltungsrisikos dienen. Die Institute sind damit „cheapest cost avoider“72. Soweit Kleinanleger die Vermögensverwaltung in Anspruch nehmen, sind sie wegen ihres geringen Vermögens auch nicht in der Lage, ihre Mittel ausreichend zu diversifizieren. Ein Selbstschutz ist daher nicht in ausreichendem Maße möglich. d) Überblick über die Schutzmechanismen Da das Substanzerhaltungsrisiko in der Geschichte des Bankwesens immer wieder eine unrühmliche Bedeutung erlangte, reagierte der Gesetzgeber mit punktuellen Korrekturen73, die sich allmählich zu einem System ineinander ___________ 70 71 72 73

Zum Ausmaß der Risikosteigerung Franks/Mayer, Risk, S. 156 ff. Eine Aufzählung und Beschreibung dieser Risiken findet sich oben auf S. 120 ff. Horst, Kapitalanlegerschutz, S. 207 f., 220 f. Dazu ausführlich unten in Kapitel 5 (S. 208 ff.) und Kapitel 6 (S. 342 ff.).

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

greifender Regelungen zur Sicherung der Anleger entwickelt haben. Dieses System sei an dieser Stelle kurz angesprochen, weil es ursprünglich allein auf Kreditinstitute zugeschnitten war und seine Übertragung auf die Vermögensverwaltung erst jüngeren Datums ist. Im Rahmen dieser Arbeit muss daher geprüft werden, ob diese Übertragung gelungen ist und die Regelungen einen ausreichenden Schutz bieten. – Als erstes Element des Schutzes vor einem Substanzverlust ist die gesetzlich verankerte Pflicht (z. B. §§ 2 ff., 18 Abs. 3 DepotG und § 34a WpHG) zur Trennung der Kundenvermögen untereinander und vom Vermögen des Finanzintermediärs zu nennen. Die Notwendigkeit einer solchen Pflicht zur Vermögenstrennung erschließt sich dann, wenn man die Art der Vermögensverwaltung und die sonstigen Geschäfte, die der Verwalter vornimmt, betrachtet. Das Substanzerhaltungsrisiko wird maßgeblich durch die Möglichkeiten des Zugriffs auf das Kundenvermögen und durch die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz des vermögensverwaltenden Instituts beeinflusst. Vier Konstellationen lassen sich unterscheiden:

Möglichkeit des Zugriffs auf das Kundenvermögen

(2) Vermögensverwalter mit Befugnis zur Depotführung und zum Treuhandmodell

(4) Vermögensverwalter betreibt risikoreiche Geschäfte (Kredite, Eigenhandel) und ist zur Depotführung/zum Treuhandmodell befugt

(1) Vermögensverwalter ohne Befugnis zur Depotführung und zum Treuhandmodell

(3) Vermögensverwalter betreibt risikoreiche Geschäfte (Kredite, Eigenhandel), ist aber nicht zur Depotführung/zum Treuhandmodell befugt

Insolvenzrisiko aufgrund von Markt- oder Geschäftsrisiken des Vermögensverwalters (systematisches und unsystematisches Risiko der Vermögensverwaltung)

Abbildung 7: Grad der Gefährdung des Kundenvermögens (Substanzerhaltungsrisiko)

(1) Angesichts des Umstands, dass in Deutschland Vermögensverwalter fast ausschließlich auf der Basis des Vertretermodells tätig werden, ist das „systematische“, d. h. das aus der Vermögensverwaltung als solcher resultierende Risiko gleich null. Denn der ausschließlich als Vermögensverwalter tätige Intermediär verwaltet nur Fremdvermögen und übernimmt keine eigenen Marktrisiken. Eine Insolvenz kann sich daher nur aus unsystematischen, d. h. mit der wirtschaftlichen Situation des konkreten Vermögensverwalters zusammenhängenden Faktoren ergeben. Da die Wertpapiere im Eigentum des Kunden verbleiben, berühren solche 129

Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

allgemeinen Geschäftsrisiken das Kundenvermögen nicht. Es lässt sich damit feststellen, dass das für den Kunden geringste Substanzerhaltungsrisiko aufgrund einer Insolvenz des Vermögensverwalters dann besteht, wenn die Vermögensverwaltung und die Depotführung bei getrennten Instituten erfolgen74. Diese Feststellung gilt selbst für den Fall, dass die Insolvenz des Vermögensverwalters gerade in einer Periode von Umschichtungen des Depots auftritt, da nicht der Vermögensverwalter, sondern das depotführende Institut die Wertpapier- und Geldbewegungen ausführt und mit dem Kundenvermögen „in Berührung kommt“. Die Pflicht zur Vermögenstrennung bei nicht depotführenden Vermögensverwaltern erlangt folglich nur in den Situationen Bedeutung, in denen der Vermögensverwalter unmittelbar Gelder oder Wertpapiere vom Kunden entgegen nimmt. § 34a Abs. 1 und 2 WpHG verpflichtet ihn deshalb zur sofortigen Weiterleitung der Werte an ein inländisches Einlagenkreditinstitut oder eine Depotbank. Ein Substanzerhaltungsrisiko aufgrund der Insolvenz des Vermögensverwalters trägt der Kunde also nur für den Fall, dass der Verwalter der Pflicht aus § 34a WpHG nicht nachkommt75. Im Ergebnis ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens als nicht hoch zu veranschlagen. Zudem kann sich der Kunde selbst schützen, indem er dem Vermögensverwalter nie Werte anvertraut, sondern sie von vornherein bei einem Drittinstitut deponiert und sich auf die Erteilung einer Vollmacht an den Vermögensverwalter beschränkt. Im Ergebnis besteht für den Kunden nur dann ein erhöhtes Substanzerhaltungsrisiko, falls nicht der Vermögensverwalter, sondern die Depotbank ihre gesetzlichen Pflichten aus dem Depotgesetz missachtet hat und anschließend insolvent wird. (2) Ein höheres Risikopotential birgt die Konstellation, dass der Vermögensverwalter zugleich als Depotbank fungiert und damit jederzeit direkten Zugriff auf das Vermögen hat. Gleiches gilt für Vermögensverwaltungen in Form des Treuhandmodells, da der Vermögensverwalter Eigentümer des zu verwaltenden Vermögens wird. (3) Nicht nur die Zugriffsmöglichkeiten auf das Kundenvermögen, sondern auch die vom Vermögensverwalter betriebenen sonstigen Geschäfte beeinflussen das Risiko einer Insolvenz des Verwalters und können deshalb das Substanzerhaltungsrisiko erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit einer ___________ 74 Zu den Aspekten des Abwicklungs- und Verwaltungsrisikos sogleich auf S. 134 ff. 75 Dass die Pflicht zur Vermögenstrennung keine Selbstverständlichkeit ist, zeigen die Ausführungen von Woernle, Privatbankiers, S. 17 (zur Schweiz), der darauf hinweist, dass sogar Vermögensverwaltungsgesellschaften ohne Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften Kundengelder kurzfristig für eigene Rechnung nutzten.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

Insolvenz des Vermögensverwalters steigt erheblich an, wenn der Verwalter nicht nur die Vermögensverwaltung, sondern auch andere Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen anbietet und deren spezifische Risiken (z. B. Marktrisiko beim Eigenhandel, Adressenausfallrisiko bei Krediten) übernimmt. (4) Das höchste Substanzerhaltungsrisiko besteht, wenn das unter (3) beschriebene Institut gleichzeitig auch noch als Depotbank des Kunden fungiert oder Vermögensverwaltungen in Form des Treuhandmodells anbietet. Sofern der Vermögensverwalter unmittelbaren Zugriff auf das Kundenvermögen hat (Variante 2 und 4), kann die Pflicht zur Vermögenstrennung verhindern, dass Wertpapiere des Kunden Teil der Insolvenzmasse des Finanzintermediärs werden, wenn dieser aufgrund von Kredit- oder Eigengeschäften insolvent werden sollte. Dieser Schutz ist allerdings unvollkommen. Zum einen bezieht sich die Pflicht nur auf Wertpapiere, während Kundengelder auf Einlagekonten Forderungen gegen die Bank darstellen, die im Konkursfall bloße Insolvenzforderungen sind76. Zum anderen besteht bei Umschichtungen ein Substanzerhaltungsrisiko, bis die neuen Wertpapiere dem Depot des Kunden gutgeschrieben sind. § 18 DepotG sieht für die Absendung des Stückeverzeichnisses, mit dem der Eigentumsübergang bewirkt wird, eine Frist von einer Woche vor. Innerhalb dieser Frist kann eine Insolvenz des Instituts zu Schäden im Kundenvermögen führen, da in dieser Zeit die Wertpapiere noch im Eigentum der Bank stehen können77. Umgekehrt besteht auch beim Verkauf von Wertpapieren ein Substanzerhaltungsrisiko, wenn die Verkaufserlöse einem hausinternen Einlagenkonto des Kunden gutgeschrieben werden. Die Erlöse stellen damit eine Forderung gegen das Institut dar, die im Insolvenzfalle Teil der Masse wird. Im Übrigen bleibt anzumerken, dass – auch soweit eine Pflicht zur Vermögenstrennung besteht – ein Restrisiko verbleibt, da der Vermögensverwalter zu Dispositionen über das Vermögen befugt ist und damit faktisch auf die Kundenwerte jederzeit zugreifen kann78. Ein tatsächlicher Missbrauch seiner Rechtsmacht ist ___________ 76 S. dazu unten S. 657 Text bei Fn. 353. Auf dieses Risiko, das vor allem in Phasen der Depotumschichtung erhöht ist, weil Verkaufserlöse auf Konten gebucht werden, weist auch Woernle, Privatbankiers, S. 65, für die Schweiz hin. 77 Diese Lücke hat auch der Gesetzgeber erkannt. Zu dem deshalb geschaffenen Konkursvorrecht der §§ 32 f. DepotG sogleich. 78 Kritisch deshalb auch Franks/Mayer, Risk, S. 16, zum gleichgelagerten britischen Recht, die auf S. 47 f., Beispiele einer solchen unvollständigen Trennung aufführen.

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möglich und wird durch die Pflicht zur Vermögenstrennung nur erschwert, aber nicht endgültig unterbunden. – Einen weiteren Schutz vor Substanzverlusten stellen die Vorschriften zum Erhalt der Haftungsgrundlage der Institute dar. Auch hier lassen sich wieder zwei Schutzmechanismen unterscheiden. Zum einen enthält das Gesellschaftsrecht bestimmte Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften. Diese Mittel stehen gegebenenfalls für Regresse der Anleger zur Verfügung. Zum anderen wird bei Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten die wirtschaftliche Solidität in erster Linie durch die Anforderungen des Kreditwesengesetzes gewährleistet. Es enthält Gründungsvorschriften, Vorschriften über eine von der Art der betriebenen Geschäfte abhängige Mindestkapitalausstattung79 und unterwirft die Institute einer Aufsicht über den fortlaufenden Betrieb. Da in der Vergangenheit verlustreiche Eigengeschäfte von Finanzdienstleistungsinstituten immer wieder zur Gefährdung von Kundenvermögen geführt haben80, kommt den jetzt für Vermögensverwalter geltenden Eigenkapitalvorschriften besondere Bedeutung zu. Gleiches gilt für die Vorschriften im Hinblick auf die Verflechtungen von Vermögensverwaltern mit anderen Unternehmen. Denn Beispiele von Krisen, in die Vermögensverwalter durch Konzernverflechtungen gestürzt wurden, sind zahlreich81. Mit der Einbeziehung der Finanzportfolioverwaltung in das Kreditwesengesetz hat der Gesetzgeber also das Substanzverlustrisiko erheblich eingedämmt. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Möglichkeiten der Bank- und Wertpapierdienstleistungsaufsicht die Insolvenz eines Instituts nicht vollständig verhindern können. Das Aufsichtsrecht gewährt insbesondere keinen Schutz vor strafrechtlich relevantem Verhalten der Mitarbeiter. Dies hat sich an den Beispielen der Bank of Credit and Commerce International (BCCI) und des Bankhauses Barings82 gezeigt, die gleichzeitig Beleg dafür sind, dass Zusammenbrüche sich nicht immer nur auf kleinere Banken oder auf wirtschaftlich schlechte Zeiten beschränken. Schließlich kann es passieren, dass trotz einer an sich vorhandenen Aufsicht ganze ___________ 79 Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zur Frage, ob und wann derartige Regelungen Sinn machen, Franks/Mayer, Risk, S. 138 ff. 80 Beispiele bei Franks/Mayer, Risk, S. 88 ff. 81 Franks/Mayer, Risk, S. 85 ff. Für Deutschland liegen keine vergleichbaren Angaben oder Statistiken vor. 82 Dazu etwa Truell/Gurwin, BCCI, sowie Zhang, Barings Bankruptcy.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

Bankensparten zusammenbrechen, wie die Krise der Savings & Loans Associations in den USA83 gezeigt hat. – Einen gewissen Schutz erhalten Anleger durch Konkursvorrechte (z. B. §§ 32 f. DepotG). – Soweit Anleger hierdurch keinen ausreichenden Schutz erlangen, greifen subsidiäre Mechanismen zur Krisenvermeidung oder Krisenbewältigung ein, wie etwa die Institutssicherung. Die Maßnahmen zur Institutssicherung sind auf bestimmte Gruppen von Kreditinstituten beschränkt, zu denen vor allem öffentlich-rechtliche Banken gehören. Bei den übrigen Instituten greift die gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung. Diese ist seit 1998 in einem eigenständigen Gesetz geregelt, das zur Umsetzung zweier EG-Richtlinien erlassen wurde84 und das auch die Finanzportfolioverwaltung erfasst. Der Umfang der Anlegerentschädigung unterliegt gesetzlichen Höchstgrenzen. Die verschiedenen Schutzmechanismen sind also nicht lückenlos, so dass das Substanzerhaltungsrisiko trotz der Vielzahl von Regelungen in gewissem Umfang weiter besteht. Der Kunde des Vermögensverwalters kann schon deshalb Schäden erleiden, weil nicht alle seine Einlagen vollständig geschützt sind. Weiterhin sind Schäden der Anleger dadurch denkbar, dass er auf die Freigabe seiner Vermögenswerte durch den Insolvenzverwalter oder auf eine Entschädigung durch das Anlegerentschädigungssystem warten muss und deshalb Reinvestitionen oder eine kontinuierliche Vermögensverwaltung unterbleiben. Auch trägt der Kunde das schon erwähnte Risiko, dass der Vermögensverwalter die Pflicht zur Vermögenstrennung ganz oder teilweise missachtet, was zu einem Verlust im Falle der Insolvenz führen kann. Schließlich erfasst das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssystem nur die eingelegten Werte des Kunden, nicht aber auch dessen sonstige Ansprüche gegen den Vermögensverwalter. Der genauen Bestimmung des gewährleisteten Schutzumfangs und der Frage, ob weitere gesetzliche oder berufsständische Regelungen notwendig sind, kommt im Folgenden daher große Bedeutung zu. ___________ 83 Kane, The S & L Insurance Mess; Cottrell/Lawlor/Wood, The Causes and Costs of Depository Institution Failures. 84 Das Gesetz wurde als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16.7.1998, BGBl. I 1842, verabschiedet. Ausführlich dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff.; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 1 ff.; Steuer, WM 1998, 2449 ff.

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Daneben wird der Frage nachzugehen sein, ob für derartige Schäden neben dem Vermögensverwalter auch noch weitere Personen oder Körperschaften haftbar gemacht werden können. Denn eine Schädigung des Anlegers kann nicht nur in der schlechten Kapitalausstattung des Instituts oder dem Verhalten seiner Mitarbeiter begründet sein. Vielmehr können auch Fehler der staatlichen Aufsicht ursächlich werden, etwa wenn diese ein Institut trotz erkennbarer Missstände zu spät schließt oder wenn die Aufsichtsbehörde zu Unrecht Missstände annimmt und dadurch einen Run auf das Institut auslöst.

3. Informationsrisiko Kapitalanleger tragen ein Informationsrisiko über die Art und Güte von Kapitalanlagen. Angesichts der Vielzahl der Kapitalanlagemöglichkeiten verfügt der Durchschnittsanleger nicht mehr über ausreichende Informationen, um eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können. Der Anleger benötigt deshalb Hilfestellung in Form der Anlageberatung oder Vermögensverwaltung. Das Informationsrisiko bei der Anlageberatung unterscheidet sich grundlegend von dem der Vermögensverwaltung. Die Anlageberatung findet typischerweise als punktuelles Geschäft statt, so dass sich das Informationsrisiko auf diesen engen Zeitraum konzentriert. Demgegenüber ist die Vermögensverwaltung ein Dauerschuldverhältnis. Das Informationsrisiko findet sich daher sowohl bei Vertragsabschluss als auch während der laufenden Verwaltung. Dieser gravierende Unterschied bedingt auch eine Veränderung auf der Metaebene der Einordnung des Risikos selbst. Der Schwerpunkt des Informationsrisikos verlagert sich hin zum Verwaltungsrisiko. Es wird dementsprechend an späterer Stelle dargestellt. Als echtes Informationsrisiko verbleiben allein die Risiken bei Vertragsschluss. Zu diesem Zeitpunkt ist der Kunde darauf angewiesen, über die Tragweite der Vermögensverwaltung, insbesondere über die Konsequenzen aus den vereinbarten Anlagerichtlinien, ausreichend aufgeklärt zu werden. Welche Anforderungen hierbei an den Vermögensverwalter zu stellen sind, ist bislang nicht abschließend geklärt und wird ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sein.

4. Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko Während der laufenden Vermögensverwaltung bestehen zahlreiche Risiken, die im Folgenden kurz anzusprechen sind.

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a) Risiko der Untreue Veruntreuungen im Bereich der Vermögensverwaltung können in drei Formen auftreten. – Angestellte des Vermögensverwalters können Firmenvermögen veruntreuen85. Dieses Verhalten gefährdet nicht notwendigerweise das Kundenvermögen, sofern dieses vom Firmenvermögen getrennt war. Das Risiko des Anlegers beschränkt sich folglich darauf, dass er bestehende Ansprüche gegen den Vermögensverwalter nicht mehr durchsetzen kann, falls dieser infolge der Untreue insolvent wird. – Weiterhin trägt der Vermögensinhaber das Risiko, dass seine Anlagen vom Vermögensverwalter oder dessen Mitarbeitern veruntreut werden. Dieses Risiko einer Verwendung der Mittel für eigene Zwecke des Vermögensverwalters spielt in der heutigen Praxis eine untergeordnete Rolle86. Die Regelungen des Depotgesetzes und die Einführung gesetzlicher Pflichten zur Vermögenstrennung haben hierzu maßgeblich beigetragen. Diese Regelungen können jedoch leicht umgangen werden, wenn ein Institut sowohl mit der Depotführung als auch mit der Vermögensverwaltung beauftragt wird. Aufgrund der dem Vermögensverwalter eingeräumten Befugnisse für beide Bereiche kann er die Grenze zwischen Firmenkonten und Kundenkonten wesentlich leichter überwinden als bei Einschaltung eines Drittinstituts, das als Depotbank sorgfältig die getrennte Verwahrung des Kundenvermögens überwacht. Ist das Depot bei einem Drittinstitut deponiert, steht dem Anleger mit dem Drittinstitut zudem ein weiterer Schuldner zur Verfügung. Denn im Falle der Veruntreuung durch den Vermögensverwalter stellt sich immer auch die Frage, ob das Drittinstitut die Einhaltung der dem Vermögensverwalter eingeräumten Vollmacht ausreichend überwacht hat. – Sofern es ausnahmsweise zu Veruntreuungen von Kundenvermögen kommt, haftet das Institut für das Fehlverhalten seiner untreuen Organ___________ 85 Wie häufig derartiges Fehlverhalten ist, lässt sich nur schwer abschätzen, da Firmen dies nur selten offen legen. Esters, Haftung, S. 4, berichtet von einigen Veruntreuungen bei bankenunabhängigen Vermögensverwaltern in den 70er Jahren. 86 Eine Aufstellung einschlägiger Fälle in Großbritannien bei Franks/Mayer, Risk, S. 71 ff., 76 f.; Woernle, Privatbankiers, S. 6, 41, nennt für die Schweiz zwei Beispiele. Robert Leclerc, der Inhaber des Hauses Leclerc & Cie., wurde der Veruntreuung von Kundengeldern angeklagt. Leclerc & Cie. musste daraufhin seine Pforten schließen. 1976 wurden bei der Bankag Bank AG, Zürich, Veruntreuungen in großem Stil festgestellt.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

mitglieder und Mitarbeiter. Ein solcher Anspruch kommt dem Kunden jedoch nur zugute, wenn das Institut solvent bleibt. Dies wiederum hängt auch davon ab, wie die Aufsichtsbehörden auf einen Untreuevorwurf reagieren. Schließen sie das Institut vorübergehend oder wird der Skandal publik, kann sich das Ausmaß der Ausfälle aufgrund eines Runs vervielfachen. Es lässt sich damit feststellen, dass der Kunde nur bei einer Kumulation von Untreue und anschließender Insolvenz des Vermögensverwalters ein echtes Risiko trägt. Vor diesem Risiko wird der Anleger auch nicht durch die oben erwähnte gesetzliche Pflicht zur Vermögenstrennung geschützt. Diese erschwert Veruntreuungen nur, verhindert sie aber nicht, da der Vermögensverwalter gerade zu Dispositionen befugt ist. – An diesem Befund ändert auch die Tatsache nichts, dass viele Vermögensverwalter eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden abgeschlossen haben. Diese nützt dem einzelnen Kunden nur, wenn die Versicherungssumme nicht in die Insolvenzmasse fließt und damit faktisch auch zur Deckung anderer Verbindlichkeiten des Vermögensverwalters herangezogen wird. Außerdem kommt sie dem Kunden nur zugute, wenn das Fehlverhalten des Vermögensverwalters aufgedeckt und dieses Verhalten vom Versicherungsschutz umfasst wird, was bei vorsätzlichen Taten regelmäßig ausgeschlossen ist. – Häufiger als die Veruntreuung von Kundengeldern anzutreffen sind Fälle einer bewussten Überschreitung der eingeräumten Vollmacht, indem der Vermögensverwalter die mit dem Kunden vereinbarten Anlagerichtlinien87 oder vom Kunden erteilte Einzelweisungen oder Beanstandungen88 missachtet. Werden dadurch Schäden verursacht, hat es der Vermögensverwalter in der Hand, diese zu verschleiern, indem er sie in seinen Rechenschaftsberichten „versteckt“. Entdeckt der Kunde später Schäden, trägt er das Risiko, dass er seine Schadensersatzansprüche aufgrund einer zwischenzeitlichen Insolvenz des Vermögensverwalters nicht mehr realisieren kann.

___________ 87 So etwa in den Fällen BGHZ 137, 69 = WM 1998, 21 („Iraner-Fall“); OLG Düsseldorf, WM 1991, 94; siehe auch OLG Karlsruhe, WM 2001, 805 ff. zur angemaßten Vermögensverwaltung („graue Vermögensverwaltung“). 88 Etwa OLG Köln, NZG 1999, 1177.

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– Schließlich besteht das Risiko, dass der Vermögensverwalter Kundengelder, die aus Wertpapierverkäufen frei werden, vorübergehend auf eigene Rechnung anlegt89. Während zum Ausgleich von Informationsasymmetrien, die bei der Vermögensverwaltung häufig anzutreffen sind, eine Differenzierung nach dem Grad der Professionalität der Anlegergruppen geboten erscheint, erweist sich eine solche Unterscheidung bei untreuem Verhalten nicht als adäquates Mittel des Schutzes. Institutionelle Investoren können Informationsasymmetrien leichter ausgleichen als Kleinanleger. Eine Beeinträchtigung durch strafrechtliches Verhalten trifft beide Gruppen dagegen gleichermaßen unvorbereitet. Sie lässt sich im Vorfeld nur durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen zugunsten aller Anlegergruppen verhindern. b) Zeitweiser oder völliger Ausfall der Vertragsgegenseite Da der Vermögensverwalter für seinen Kunden Effektengeschäfte tätigt, trägt dieser das damit verbundene Risiko eines totalen Ausfalls der Vertragsgegenseite (counter party risk)90 oder der verzögerten Erfüllung des Geschäfts (settlement risk)91. Eine verzögerte Erfüllung kann zu Schäden durch Zinsverluste (bei verspäteter Zahlung) oder durch zwischenzeitliche Kursrückgänge führen, wenn die verspätete Wertpapierlieferung einen raschen Weiterverkauf vereitelt. Die Risiken durch Ausfall und Verzögerung des Effektengeschäfts werfen die Frage auf, inwieweit dem Vermögensverwalter ein unsorgfältiges Verhalten bei der Auswahl des Vertragspartners oder der Anlage sowie bei der konkreten Ausführung des Geschäfts vorgeworfen werden kann, denn der Kunde wird sich immer auf den Standpunkt stellen, ___________ 89 Ein solches Verhalten lässt die schweizerische Aufsicht unbeanstandet, da Vermögensverwalter nicht dem Bankengesetz unterfallen. Bemerkenswert ist allerdings, dass sie in zwei Stellungnahmen von Rechtmäßigkeit einer solchen Handlungsweise auszugehen scheint, vgl. Bulletin der Eidgenössischen Bankenkommission Heft 17 (1987), S. 12, Heft 20 (1990), S. 18. 90 Laut Franks/Mayer, Risk, S. 41 ff., tritt dieses Risiko sehr selten ein. Der Geschäftsumfang in den bekannt gewordenen Fällen war jedoch sehr groß. Im Falle eines Ausfalls wäre der durchschnittliche Schaden fast fünfmal so hoch wie das Eigenkapital der Vermögensverwalter gewesen. Falls alle im Untersuchungszeitraum gefährdeten Institute insolvent geworden wären, hätte der Schaden das Eigenkapital um 28,47 Mal überschritten. 91 Zahlreiche Beispiele bei Franks/Mayer, Risk, S. 38 ff., die vor allem ausländische Märkte betreffen. Die benötigten Summen zur Überbrückung der Verzögerung waren beträchtlich (10 Mio. Pfund in einem Fall!), dauerhafte Ausfälle und Schäden waren jedoch selten.

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dass er den Vermögensverwalter gerade deshalb eingeschaltet hat, um diese Risiken zu minimieren92. c) Unsachgemäße oder unsorgfältige Durchführung der Vermögensverwaltung – Denkbar sind etwa unsachgemäße und unsorgfältige Marktanalysen, die zu Fehlentscheidungen bei der Kapitalanlage führen. – Möglich sind Fehler bei der Umsetzung ordnungsgemäßer Marktanalysen, etwa, wenn der Vermögensverwalter Wertpapiergeschäfte trotz Kenntnis einer sich rasch verändernden Marktlage zu spät umsetzt oder das Vermögen nicht umschichtet, obwohl Handlungsbedarf bestünde. – Denkbar ist weiterhin, dass sowohl die Analyse als auch die Umsetzung korrekt erfolgten, die getätigte Anlage aber nicht den Anlagezielen des Kunden entsprach oder gar gegen ausdrücklich vereinbarte Anlagerichtlinien verstieß93. – Schließlich trägt der Kunde das Risiko, dass der Vermögensverwalter die Entwicklung der Anlagen nicht sorgfältig genug überwacht und regelmäßig kontrolliert, ob die bei der Investition bestehenden Rahmenbedingungen (z. B. Marktbedingungen, politische Bedingungen, steuerliche Erwägungen) weiterhin gültig sind. – Neben diese Risiken aus einem Fehlverhalten des Vermögensverwalters können Risiken durch die Einschaltung Dritter in den Vermögensverwaltungsprozess treten. Sind die Vermögenswerte des Kunden im Depot einer Drittbank verwahrt, muss der Vermögensverwalter diese Bank mit der Ausführung der (Des-)Investitionsentscheidungen betrauen. Dabei entstehen ebenfalls Verwaltungsrisiken, etwa, dass die Order des Vermögensverwalters von der depotführenden Bank zu spät oder falsch umgesetzt wird oder sich Missverständnisse bei der Übermittlung von Aufträgen einschleichen, die später nicht mehr aufgeklärt werden können. – Schließlich können Fehler bei der Übermittlung und Interpretation von Einzelweisungen des Kunden an den Vermögensverwalter oder bei der Auslegung der Anlagerichtlinien auftreten94. Solche Fehler können bei ___________ 92 Franks/Mayer, Risk, S. 43, berichten deshalb von großer Rechtsunsicherheit bei den untersuchten Wertpapierfirmen. 93 S. soeben bei Fn. 87. 94 Von der Nichtbeachtung von Weisungen streng zu trennen ist der Fall einer angemaßten Vermögensverwaltung, bei der die depotführende oder anlageberatende Bank, ohne hierzu beauftragt worden zu sein, Wertpapiergeschäfte tätigt. Solche Fälle sind dem Verfasser bekannt. S. a. H. Schmidt, Börsenorganisation, S. 258 f.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

der Übermittlung der Kundenwünsche an den Vermögensverwalter auftreten, innerhalb der hausinternen Kommunikation des Vermögensverwalters vorkommen, auf einem Übermittlungsfehler an die Depotbank beruhen oder innerhalb der Depotbank auftreten. Typische Übermittlungsfehler sind die Verwechslung von Kauf- und Verkaufsorder und falsche Stückzahlen bei einer Order95. Kommt es zu einem schuldhaften Übermittlungsfehler in der Sphäre des Vermögensverwalters, muss dieser Schadensersatz an seine Kunden leisten oder fehlerhafte Buchungen rückgängig machen und die zwischenzeitlichen Kursveränderungen tragen96. Der Aufwand der Fehlersuche und -korrektur erhöht die allgemeinen Verwaltungskosten des Vermögensverwalters97 und der Schadensersatz belastet sein Gesamtergebnis. Im Extremfall kann ein Schadensersatzanspruch die finanzielle Grundlage des Vermögensverwalters erschüttern98. Fehlen klare Haftungsregeln für derartige Fehler, tritt noch ein erhöhtes Prozessrisiko hinzu99. d) Intransparenz Neben diese Risiken treten Risiken aus einer intransparenten Anlagepolitik. Die meisten Vermögensverwaltungsverträge sehen eine jährliche oder halbjährliche Berichterstattung an den Kunden vor.

___________ 95 Franks/Mayer, Risk, S. 34. Insbesondere im Handel mit ausländischen Papieren traten derartige Fehler häufiger zutage. Vgl. auch den aus dem Bereich der Anlageberatung stammenden Fall bei H. Schmidt, Börsenorganisation, S. 289 f. 96 In der Studie von Franks/Mayer, Risk, S. 34, 36, 38, betraf dies neun von 32 Vermögensverwaltern. In fünf dieser Fälle machte der Schaden 30 % des Werts aller Transaktionen aus, die von Oktober 1986 bis März 1987 ausgeführt wurden. Eine Firma erlitt in diesem Zeitraum Verluste von 650.000 Pfund. Ein Unit Trust meldete 4,1 Mio. Pfund Verluste in vier Monaten. Keine der betroffenen Firmen musste auf Eigenkapital zurückgreifen, um den Verlust zu decken, denn 27 der 32 Firmen hatten Haftpflichtversicherungen mit einer durchschnittlichen Summe von 14,1 Mio. Pfund für derartige Fälle abgeschlossen. 97 Durchschnittlich fielen 40 Mann-Tage Arbeitszeit zur Fehlerbehebung pro Jahr an, was durchschnittlichen Kosten von 16.000 Pfund entsprach. Spitzenreiter war ein Vermögensverwalter mit 75.000 Pfund, vgl. Franks/Mayer, Risk, S. 37. 98 Woernle, Privatbankiers, S. 31 f., beklagt für die Schweiz, dass dort vielfach noch behauptet werde, die Vermögensverwaltung bedürfe keiner Eigenmittelunterlegung. 99 In der erwähnten Studie stellten die Vermögensverwalter sehr oft fest, dass die vertraglichen Absprachen der Vermögensverwalter mit den Kunden sowie mit den Depotbanken und Trustees keinerlei Risikozuweisung solcher Fehler enthielten und mangels solcher Absprachen Rechtsunsicherheit über die Frage der Haftung herrschte, vgl. Franks/Mayer, Risk, S. 37 f.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

– Erwirtschaftet der Vermögensverwalter in der Zwischenzeit überdurchschnittliche Verluste, trägt der Kunde das Risiko, hiervon zu spät zu erfahren. Er kann so einen teilweisen oder völligen Verlust des eingesetzten Vermögens erleiden. – Versäumt der Vermögensverwalter seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung100 oder legt er dem Kunden gegenüber nicht ausreichend deutlich offen, in welchen Werten das Kundenvermögen investiert ist, fehlt selbst dem erfahrenen Kunden jede Möglichkeit, die Anlagepolitik des Vermögensverwalters durch Einzelweisungen notfalls zu korrigieren. – Da gesetzlich vorgegebene, einheitliche Maßstäbe zur Messung der Qualität der erbrachten Dienstleistung des Vermögensverwalters bislang fehlen und nicht alle Vermögensverwalter die von berufsständischen Organisationen erstellten Performance Standards101 anwenden, ist der Anleger nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen in der Lage, Marktvergleiche anzustellen. Viele unabhängige Vermögensverwalter nennen etwa nur ihre Brutto-Performance und lassen ihre Gebühren außer Betracht. Auch hängen Performancemessungen von Fonds sehr von der einbezogenen Datenmenge und -periode ab und variieren je nach zugrunde gelegten Ausgangsdaten deshalb stark102. Fraglich ist zudem, ob die Performance ein ausreichender Qualitätsindikator sein kann, denn eine in der Vergangenheit überdurchschnittliche Entwicklung ist noch ___________ 100 Ein besonders krasses Beispiel ist der Fall des OLG Düsseldorf, EWiR 1998, 349, bei dem eine sehr bedeutende Vermögensverwaltungsgesellschaft vor Gericht keine schlüssigen Aufzeichnungen über die Verwaltung des Kundenvermögens vorlegen konnte. Woernle, Privatbankiers, S. 41, berichtet, dass es in der Schweiz Fälle gegeben habe, in denen der Vermögensverwalter eine „doppelte Buchführung“ hatte, um Kunden bessere als die erwirtschafteten Ergebnisse vorgaukeln zu können und zu hoffen, dass sich die Situation auf den Wertpapiermärkten bald wieder erhole. 101 Umfassend zu den nationalen und internationalen Standards der Performance Messung bei Vermögensverwaltungen Wittrock und Pieper, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 955 ff., 1001 ff.; Wittrock/Fischer/Lilla, Die Bank 1998, 540 ff. (I.), 606 ff. (II.); Kissling, Qualitätsstandards für Vermögensverwalter, S. 14 ff.; Fabozzi, Investment Management, S. 702 ff.; Fischer, Performanceanalyse; Reilly/Brown, Investment Analysis and Portfolio Management, S. 1106 ff. Die wachsende Bedeutung der Performance für Kundenentscheidungen betont auch Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 282. 102 Vgl. etwa Wittrock, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 958 ff.; Wyss/Braun, Praktische Probleme bei der Performance-Messung, NZZ vom 25.1.2000, Sonderbeilage Anlagefonds. Kritisch zum Wert derartiger Messungen auch Jacob, in: Bernstein/Damodaran, Investment Management, S. 329 ff., 367. S. a. unten S. 913 zu Benchmarks.

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

keine Garantie für eine gute künftige Entwicklung. Zudem sagt die Performance nichts über die Qualität der Leistungen aus. Hat beispielsweise ein Vermögensverwalter im letzten Geschäftsjahr nur deshalb eine überdurchschnittliche Performance erzielt, weil er fundamentale Sicherheitsaspekte außer Betracht ließ oder wirbt er mit niedrigen Gebühren, weil er Einsparungen bei qualifiziertem Personal oder beim Research vornimmt, wird dies dem Anleger langfristig eher schaden. Es kann sogar zu einer negativen Auslese (adverse selection) am Markt kommen, weil die qualitätsbewussten Vermögensverwalter höhere Kosten an die Kunden weitergeben müssen und damit Wettbewerbsnachteile erleiden103. Diese Hintergründe bleiben dem Kunden verborgen, obwohl sie als qualitätsbestimmende Faktoren eines Dauerschuldverhältnisses vertragswesentlich sind. Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich damit grundlegend von Austauschverträgen, wie etwa dem Erwerb einer Sache, bei der sich die Qualität am konkreten Produkt messen lässt. Um langfristig eine adäquate Information über die Qualität von Vermögensverwaltern zu gewinnen, kommt etwa eine brancheneinheitliche obligatorische Performance-Messung, ein regelmäßiges Rating104 oder die Durchführung von Testkundengeschäften, deren Ergebnisse publiziert werden, in Betracht. Auf diese Weise lässt sich das Informationsdefizit korrigieren. Die Schutzlücke wird mittlerweile sogar durch selbstständige Dienstleister gefüllt, die die Überwachung der Vermögensverwalter übernehmen105. Daneben erweist sich eine Kontrolle durch die Rechnungsprüfung und im Rahmen der laufenden Aufsicht über Vermögensverwalter als notwendig, um eine negative Auslese zu verhindern106. Wenig geeignet zur Schadensverhütung sind dagegen Mindestkapitalvorgaben, da sie das Informationsdefizit nicht beseitigen. Ihr Effekt setzt zu spät ein, da das Kapital lediglich den Ausgleich bereits eingetretener Schäden erlaubt. Sie können daher nur Marktrisiken, nicht aber Informationsasymmetrien ausgleichen. Auf diese Fragen wird im Detail zurückzukommen sein. e) Interessenkollisionen Schließlich kann der Kunde dadurch geschädigt werden, dass der Vermögensverwalter nicht allein die Kundeninteressen vertritt, sondern teilweise oder ausschließlich Eigeninteressen verfolgt. In der Vermögensver___________ 103 104 105 106

Hierauf weisen auch Franks/Mayer, Risk, S. 154, hin. So etwa Franks/Mayer, Risk, S. 159. S. o. S. 30 f. Ebenso Franks/Mayer, Risk, S. 160.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

waltung spiegelt sich damit die allen Principal-Agent-Beziehungen innewohnende Konfliktsituation wider, da der Agent mit Entscheidungen sowohl die Wohlfahrt des Kunden als auch die eigene Wohlfahrt beeinflussen kann. Wird er für mehrere Prinzipale tätig, kann er seinen Nutzen dadurch steigern, dass er denjenigen Kunden bevorzugt, der ihn am besten entlohnt oder von dem andere Vorteile zu erwarten sind. Solche Interessenkonflikte können bei der Vermögensverwaltung auf vielfältige Art und Weise entstehen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass es sich bei dem Vermögensverwalter um eine Universalbank handelt. Derartige Interessenkonflikte können gesetzwidrig sein oder gegen die Grundsätze beruflicher Ethik verstoßen. Sie sind aufgrund der Komplexität der Geschäfte und des fehlenden Einblicks in die Geschäftsabläufe nur schwer zu beweisen107. – Eine vermögensverwaltende Universalbank kann in einer engen Geschäftsbeziehung zu dem Emittenten eines Wertpapiers stehen oder mit ihm finanziell oder personell verflochten sein108. Sie kann deshalb im Einzelfall ein Interesse daran haben, dass keine negativen Tatsachen über den Emittenten bekannt werden. Um Kursrückgänge zu verhindern, wird die Bank in einem solchen Fall Effekten des Unternehmens länger als objektiv geboten in den Depots der Vermögensverwaltungskunden belassen. Dieses Risiko ist bei Universalbanken aufgrund der verschiedenen wahrgenommenen Tätigkeitsbereiche stets vorhanden. Es besteht in anderer Form aber auch bei unabhängigen Vermögensverwaltern, wenn diese nicht marktgängige Effekten eines Emittenten, der einem der Gesellschafter der Vermögensverwaltungsgesellschaft nahe steht, in Kundendepots legt109. – Das Institut kann als Konsortialbank ein Interesse an der Unterbringung von Emissionen oder an der Kurspflege haben. Das Institut kann auch aus sonstigen Gründen ein Interesse daran haben, Effekten des eigenen Unternehmens oder Effekten anderer Unternehmen, die im eigenen Bestand gehalten werden, in verwalteten Depots unterzubringen. ___________ 107 Die Grenzziehung zwischen gesetzwidrigem und unethischem Verhalten ist nicht immer einfach, was (neben den Beweisproblemen) auch dazu beiträgt, dass Fälle von Verurteilungen – insbesondere strafrechtlicher Art – selten sind. 108 So der im Jahresbericht der Eidgenössischen Bankenkommission geschilderte Fall, Jahresbericht 1993, S. 23. 109 Dies zeigen die Beispiele bei Woernle, Privatbankiers, S. 41, im Jahresbericht der Eidgenössischen Bankenkommission 1997, 32 f., und im Bulletin der Eidgenössischen Bankenkommission Heft 25 (1994), S. 16 (http://www.ebk.admin.ch/f/publik/ bulletin/bull25.pdf).

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Risiken der Vermögensverwaltungskunden

– Bei der Durchführung der Vermögensverwaltung besteht das Risiko, dass die Bank ihre eigenen Interessen vor die der Anleger stellt110. Dies kann durch Frontrunning, Scalping111 oder Kursmanipulationen geschehen112. Nachteilig für den Kunden ist auch das Abladen schlechter Papiere in seinem Depot oder Kursschnitte (billiges Einkaufen, aber nicht Weitergabe des Preises an Kunden). Diese beiden Manipulationen werden oft unter Zuhilfenahme so genannter open accounts bewerkstelligt. Hierbei ordert der Vermögensverwalter Wertpapiere, ohne offenzulegen, für welchen Kunden er handelt. Die Papiere werden auf einem Zwischenkonto gebucht. Entwickelt sich ihr Kurs in den folgenden Tagen negativ, wird die Transaktion so behandelt, als sei sie von Anfang an für Rechnung eines bestimmten Kunden erfolgt113. Da der Vermögensverwalter die „namenlose“ Order nun einfach als Auftrag des Kunden abheften kann, ist eine derartige Manipulation äußerst schwer aufzudecken. Entwickelt sich der Kurs dagegen positiv, behandelt der Vermögensverwalter die Papiere als solche der Firma und „verkauft“ sie zu dem nun höheren Preis an den Kunden114. – Weiterhin besteht die Gefahr, dass der Vermögensverwalter seinem Interesse an Zinsen und Gebühren Vorrang vor Kundeninteressen einräumt und deshalb unnötige Umschichtungen des Depots zum Zweck der Gebührenreiterei (Churning115) vornimmt. Neben der erhöhten Gebühr entsteht ein Schaden auch dadurch, dass das Portfolio weniger effektiv verwaltet wird und Wertpapiere mit u. U. gutem Kurspotential veräußert werden. Bei bankenunabhängigen Vermögensverwaltern, die keine Depotgeschäfte abwickeln, kann Churning nicht auftreten. Ihnen bietet sich aber der Anreiz, höhere als die von der Depotbank in Rechnung gestellten Gebühren von Kunden zu verlangen (commission creaming oder soft ___________ 110 Vgl. die aus dem Bereich der Anlageberatung stammenden Fälle bei H. Schmidt, Börsenorganisation, S. 283 f., 285, sowie die Fälle aus dem Bereich der Effektenkommission bei Koller, FS Piper, S. 899, 904 ff. 111 Beispiel des Scalpings ist der Fall „Prior“, LG Frankfurt, AG 2000, 187 ff., sowie der Fall „Sascha Opel“, BGH, WM 2004, 69 ff. 112 Ein anschaulicher Überblick über die Manipulationen findet sich in: Der Spiegel, 8/2001, S. 86 ff. 113 Einen solchen Fall scheint die Eidgenössische Bankenkommission aufgedeckt zu haben (vgl. Jahresbericht der EBK, 1999, S. 48), da der Vermögensverwalter die Wertpapiere regelmäßig zu spät in die Depots buchte, was Indiz für eine namenlose Order sein kann. 114 Einen solchen Fall beschreiben Franks/Mayer, Risk, S. 78. 115 Siehe etwa BGH, ZIP 1999, 1838, dazu Schwark, EWiR 2000, 187 f. Weitere Fälle sind beschrieben bei Wach, Terminhandel, Rdn. 461 ff.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

dollar arrangement116) und die Differenz als Gewinn zu verbuchen. Auch kann es sein, dass sie bei bestimmten Fondsgesellschaften oder Banken Bestandspflegeprovisionen oder umsatzabhängige Rückvergütungen erhalten und diese verheimlichen bzw. nicht an den Kunden auskehren. Derartige Provisionen können eine Anlageentscheidung des Vermögensverwalters beeinflussen bzw. Interessenkonflikte auslösen. Nicht nur Provisionen, sondern auch andere geldwerte Leistungen können einen derartigen Anreiz auslösen (z. B. zur Verfügung stellen von Software zur Vermögensverwaltung durch eine Depotbank, „Fortbildungen“ für die Mitarbeiter des Vermögensverwalters in attraktiver Umgebung). – Ein Risiko von Interessenkollisionen kann in der Vereinbarung von Erfolgshonoraren begründet sein. Der Vermögensverwalter muss, um seine Fixkosten zu decken, einen bestimmten Mindestumsatz erzielen. Sind ausschließlich oder überwiegend Erfolgshonorare vereinbart, besteht in Zeiten sinkender Kurse der Anreiz zu hochspekulativen Geschäften, selbst wenn diese nicht den Kundeninteressen entsprechen. Denn der Vermögensverwalter wird das Risiko solcher Geschäfte in Kauf nehmen, da nur sie die Chance bieten, Einnahmeausfälle oder gar eine Existenzgefährdung der Wertpapierfirma zu verhindern. Denn aufgrund der Tatsache, dass die Vermögensverwaltung den Einsatz von sehr qualifiziertem Personal erfordert, ist eine Kostenreduktion nicht ohne Qualitätsverlust möglich117. – Erfolgt ein Teil der Effektenanlage auf Kreditbasis, besteht die Gefahr einer Kündigung der Kreditlinie zum Zeitpunkt niedriger Kurse mit dem Ziel, diese Wertpapiere dann selbst aufzukaufen. Diese Verhaltensweise wird als „aus dem Engagement werfen“ oder „Effektenkreditexekution“ bezeichnet118. – Denkbar ist auch, dass die Bank innerhalb ihrer Vermögensverwaltungskunden einzelne bei der Zuteilung von Aktien oder bei der Umsetzung von Informationen aus der Researchabteilung119 bevorzugt. Es stellt sich also die Frage, ob es eine Pflicht zur Gleichbehandlung der Kunden gibt. – Eine Steigerung dieses Falls ist die Portfolio-Manipulation. Um einen bestimmten Kunden zu halten oder zu gewinnen, kann der Vermögensverwalter gezielt gute Papiere aus anderen Kundendepots an das Depot des ___________ 116 117 118 119

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Franks/Mayer, Risk, S. 78. Vgl. die Erhebung von Franks/Mayer, Risk, S. 45. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 134 f., der ein Beispiel nennt. Vgl. den aus dem Bereich der Anlageberatung stammenden Fall bei H. Schmidt, Börsenorganisation, S. 274 f.

Risiken der Vermögensverwaltungskunden

bevorzugten Kunden verkaufen und umgekehrt schlechte Papiere bei anderen Kunden abladen. Er kann somit auf Kosten einzelner seiner Kunden eine sehr gute Performance vortäuschen120. – Schließlich kann das Institut über Insiderwissen verfügen, das es zu Entscheidungen nutzt, die dem Kunden nachteilig sind. Weiterhin ist der Fall denkbar, dass das Institut über Insiderwissen verfügt, das dem Kunden nützlich wäre, dieses aber nicht zugunsten des Kunden nutzt. Aus Sicht des Kunden stellt sich daher die Frage, ob das Institut dieses Insiderwissen zugunsten des Kunden verwerten musste. f) Übervorteilung bei der Honorarberechnung Innerhalb des Vermögensverwaltungsvertrags ist nicht nur die Leistung mit Risiken behaftet; auch bei der Gegenleistung können Störungen zu Lasten des Kunden auftreten, da die Vermögensverwaltungsverträge dem Vermögensverwalter regelmäßig die Befugnis einräumen, sein Honorar aus den verwalteten Vermögenswerten zu bestreiten. Der Kunde trägt damit das Risiko, dass der Vermögensverwalter sein Honorar zu hoch berechnet, es abbucht und der Kunde die Übervorteilung nicht bemerkt. Dieses Risiko kann sich vor allem im Zusammenspiel mit intransparenten Gebührenberechnungsmodi (dazu sogleich beim Konditionenrisiko) verwirklichen. g) Nebenleistungen Das Risiko einer Schädigung des Kunden kann durch eine unsachgemäße Erbringung von Nebenleistungen auftreten. So übersenden beispielsweise viele Vermögensverwalter eine Erträgnisaufstellung für die Steuererklärung ihrer Kunden, die Zins- und Dividendeneinnahmen sowie spekulationssteuerpflichtige Geschäfte enthält. Diese Aufstellung muss rechtzeitig und korrekt sein, da der Kunde andernfalls zu hohe Steuern oder Säumniszuschläge zahlt oder bei der Angabe zu geringer Einnahmen das Risiko eines Steuerstrafverfahrens trägt. Das besondere Risiko liegt in dem Umstand begründet, dass der Vermögensverwalter aufgrund seiner Sachnähe und Kompetenz gegenüber dem Kunden einen Informationsvorsprung hat. Denn die Kunden bedienen sich vielfach gerade deshalb eines Fachmanns, weil ihnen die notwendigen Kenntnisse über die Wertpapieranlage fehlen. Dieser Personenkreis ist deshalb auch bei der Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Finanzamt auf die Hilfe eines Fachmanns angewiesen, sei es, dass der Vermögensverwalter selbst eine Erträgnisaufstellung liefert, sei es, dass er mit dem Steuerberater des Kunden zusammenarbeitet. ___________ 120 Ein tatsächlich aufgedeckter Fall ist bei Franks/Mayer, Risk, S. 80, beschrieben.

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Notwendigkeit des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung

Die Abwicklung und Verwaltung des Kundenvermögens birgt damit eine Vielzahl von Risiken, die für den Anleger in einen finanziellen Nachteil umschlagen, wenn der Vermögensverwalter die Missstände erfolgreich verheimlicht oder wenn er nach Aufdeckung der Vorgänge, aber vor einer Ersatzleistung insolvent wird. Bei der nachfolgenden Betrachtung wird daher nach Möglichkeiten zur Begrenzung oder Ausschaltung derartiger Risiken gesucht.

5. Interessenvertretungsrisiko Mit dem Begriff des Interessenvertretungsrisikos beschreibt man das Risiko, dass ein Finanzintermediär die Rechte des Anlegers gegenüber dem Emittenten nicht ordnungsgemäß wahrnimmt. Im Mittelpunkt des Interessenvertretungsrisikos steht das Depotstimmrecht der Banken. Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter um eine Universalbank, können Eigeninteressen der Bank mit den Interessen der Vermögensinhaber kollidieren. Ist dagegen ein unabhängiger Vermögensverwalter betraut, ist dieses Risiko erheblich kleiner. Denn unabhängige Vermögensverwalter sind nicht über eine Kreditbeziehung mit dem Emittenten verbunden. Auch sind Fälle der personellen Verflechtung bei ihnen nur selten anzutreffen. Da dieses Risiko im rechtswissenschaftlichen Schrifttum bereits ausreichend untersucht ist, sei hierauf verwiesen121.

6. Konditionenrisiko Schließlich trägt der Anleger das Risiko, bei der Vermögensverwaltung ungünstige Konditionen zu erhalten. Dies betrifft etwa die Bereiche Transparenz der Preisgestaltung, Freizeichnung von einer Haftung und Kündigung des Vermögensverwaltungsvertrags. Da die Vermögensverwalter regelmäßig AGB verwenden, kommen als Kontrollinstrumentarium insbesondere die §§ 305 ff. BGB in Betracht. Schließlich ist der Vermögensverwalter ein Finanzdienstleistungsunternehmen, so dass die §§ 31 ff. WpHG Anwendung finden. Aus ihnen kann sich im Einzelfall ebenfalls eine die Privatautonomie begrenzende Funktion ergeben, die im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt werden soll.

___________ 121 Statt vieler Mülbert, Gutachten E zum 61. DJT m. w. N.

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Konsequenzen für den Aufbau der Untersuchung

V. Konsequenzen für den Aufbau der Untersuchung und weiteres Vorgehen Angesichts der mittlerweile üblichen Untergliederung des Anlegerschutzes in die fünf genannten Teilbereiche böte es sich an, die weitere Darstellung an diesen fünf Risiken auszurichten. Gegen eine solche abgeschichtete Vorgehensweise spricht jedoch die Tatsache, dass manche Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung gleich mehrere der geschilderten Risiken berühren. So sind etwa Fragen des Verwaltungsrisikos (Risiko der Untreue des Vermögensverwalters) mit denen des Substanzerhaltungsrisikos (Sicherung der Vermögenswerte im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters) verwoben. Solche Fragen lassen sich deshalb nur schwerlich aufspalten und nach Risiken getrennt darstellen. Es bietet sich daher nur eine an Sachfragen orientierte Vorgehensweise an, die auch bei der nachfolgenden rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Betrachtung zur Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse, zum Anlegerschutz und zur Entwicklung des Markts für Vermögensverwaltung zugrunde gelegt wird (Teil 2). Die Darstellung des geltenden Rechts erfolgt sodann in Teil 3.

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Teil 2 Rechtshistorische, rechtsvergleichende und rechtstatsächliche Bestandsaufnahme Kapitel 4 Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse I. Ziel und Maßstab der historischen Betrachtung Ziel der historischen Betrachtung

1. Fragestellung der rechtsvergleichenden und historischen Betrachtung „History is the one field of study that does not begin at the beginning“1. Niemand weiß exakt, wann die ersten Vermögensverwaltungen erbracht wurden. Soweit sie Spuren hinterlassen haben, sollen diese im rechtsgeschichtlichen Teil mit dem Ziel verfolgt werden, ihre wirtschaftliche Entwicklung und ihre rechtlichen Probleme nachzuzeichnen. Bei der Vermögensverwaltung handelt es sich um ein „Schuldverhältnis mit treuhänderischem oder interessenwahrendem Charakter“ (fiduciary relation)2. Derartige Verhältnisse unterliegen dem Spannungsverhältnis von selbstständiger Entscheidungsbefugnis des Leistungserbringers einerseits und seiner Bindung an die fremden Interessen andererseits. Bei der historischen Betrachtung liegt das Hauptaugenmerk deshalb auf der Frage, welche Maßnahmen in der Vergangenheit ergriffen wurden, um die Rechtsstellung der „Treugeber i. w. S.“ zu sichern und sie vor einem Missbrauch zu schützen. Es schließt sich notwendigerweise die Frage an, ob diese Schutzmaßnahmen sich bewährt haben. Ein weiterer ebenso wichtiger Aspekt ist die Identifizierung derjenigen Faktoren, die die Herausbildung solcher Schuldverhältnisse und insbesondere ___________ 1 2

Zitat nach Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 1, der es Jakob Burckhardt zuschreibt. Auch im deutschen Recht wird die Figur der fiduciary relation bemüht. Der Begriff findet sich etwa im Zusammenhang mit der Diskussion um die Berufshaftung: Der leistungserbringende Vertragspartner wird aufgrund seiner Fachkenntnisse und seines Wissensvorsprungs als verpflichtet angesehen, innerhalb seines vorhandenen Leistungsermessens auch Interessen der Gegenseite zu wahren, wenn diese aufgrund fehlenden Wissens nicht in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen selbst zu treffen, vgl. im Zusammenhang mit dem Haftungsrecht in Bank-Kunden-Beziehungen etwa Köndgen, Bankhaftung, S. 133, 138 f.

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Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse

der Vermögensverwaltung begünstigt haben. Dazu gehören einerseits die rechtlichen Vorgaben, zu denen insbesondere die Herausbildung anlegerschützender Regeln gehört. Andererseits sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einzubeziehen, die zur Entstehung von Finanzdienstleistungen im Allgemeinen und des heutigen Markts für Vermögensverwaltungen im Besonderen geführt haben. Rechtliche und wirtschaftliche Entwicklung bedingen sich gegenseitig, so dass eine isolierte Beschreibung der Entstehung des rechtlichen Instrumentariums wenig Sinn macht. Schließlich wird untersucht, welche verschiedenen Erscheinungsformen der Vermögensverwaltung es gegeben hat und noch gibt.

2. Stand der Forschung Der hier gewählte Ansatz, der wirtschaftliche Gegebenheiten und Rechtsinstitute gleichermaßen betrachtet, unterscheidet sich von den bislang vorliegenden rechtsgeschichtlichen Abhandlungen zur Vermögensverwaltung im deutschen Recht3. Diese konzentrieren sich ganz überwiegend auf die Praxis dieser Dienstleistung seit Ende des 19. Jahrhunderts oder gar seit Ende des Zweiten Weltkriegs4. Sie lassen die Geschichte des einschlägigen rechtlichen Instrumentariums zum Schutze der Anleger ebenso außer Betracht wie die Suche nach frühen Beispielen der Vermögensverwaltung oder Vorläufern der Dienstleistung. Wenig oder keine Berücksichtigung im juristischen Schrifttum erfährt auch der Wandel der theoretischen Grundlagen der Vermögensverwaltung. Die Anlage von Vermögen stellt eine besondere Ausprägung des Prozesses dar, den man heute herkömmlich als Risikomanagement bezeichnet und der viele Bereiche der modernen Gesellschaft prägt. Während die Menschen vom Altertum bis ins Mittelalter hinein von der Vorstellung geprägt waren, die Zukunft sei von den Launen der Götter abhängig und der Mensch stehe der Natur passiv gegenüber, wurde in der Renaissance mit der Wahrscheinlich___________ 3

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Sie unterscheidet sich auch von den gängigen Darstellungen der Herausbildung des Anlegerschutzes oder der Spekulation, vgl. dazu Chancellor, Devil Take the Hindmost, sowie die Nachweise unten in Kapitel 5 ab S. 208 ff. So Balzer, Vermögensverwaltung, S. 1 f.; Esters, Haftung, S. 3; Roll, Vermögensverwaltung, S. 15 ff.; Brunner, Vermögensverwaltung, S. 29 f.; Dorner, Vermögensverwaltung, S. 9 ff.; Schäfer, BuB Rdn. 11/1 f.; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 2; ausführlicher dagegen Eisenmenger, Trustgeschäft, S. 19 ff.; Orth, Vermögensverwaltung, S. 286 f. Trotz seines einschlägig erscheinenden Titels „Kapitalanlage und Vermögensverwaltung“ ist das 1939 erschienene Werk von Egger keine frühe Darstellung der Vermögensverwaltung in Deutschland, sondern laut Vorwort ein Ratgeber für „Sparer und Kapitalisten“.

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Ziel der historischen Betrachtung

keitstheorie das Fundament des heutigen Risikomanagements5 gelegt. Die seitdem rasant verlaufende Entwicklung der mathematischen Grundlagen ist nicht Gegenstand dieser Arbeit6. Vielmehr wird nur der speziell für die Vermögensverwaltung bedeutsame Aspekt der Portfolio-Theorie herausgegriffen werden, da sie die theoretischen Grundlagen der Vermögensverwaltung und – im Zusammenspiel mit moderner EDV – auch die praktische Durchführung des Portfoliomanagements grundlegend verändert hat.

3. Das Untersuchungsprogramm im Einzelnen Der hier gewählte Ansatz bedingt einen weiten Blickwinkel der historischen Untersuchung. Einzubeziehen sind einerseits die wirtschaftliche Entwicklung, die Entstehung des Bank- und Finanzdienstleistungswesens und andererseits die Entwicklung rechtlicher Regeln, die die Verwaltung überlassenen fremden Vermögens betreffen. Letztere umfassen „interessenwahrende“ bzw. „fiduziarische Rechtsverhältnisse“, wie etwa die Treuhand und die Testamentsvollstreckung. Beide haben mit der Vermögensverwaltung heutiger Prägung gemeinsam, dass die zugrunde liegende Ordnungsaufgabe die gleiche ist. Der Vermögensinhaber vertraut sein Vermögen einem anderen an, um es im Falle eigener Verhinderung erhalten oder mehren zu lassen. Dabei erhält der Vermögensverwalter eine „überschießende Rechtsmacht“, die er zum Wohle des Vermögensinhabers auszuüben hat7. Die genannten Rechtsverhältnisse unterscheiden sich nur durch den Anlass, der zur Entstehung des Rechtsverhältnisses führt; während der Testamentsvollstreckung die Sorge um die Vermögensregelung nach dem eigenen Tod als Motiv zugrunde liegt (und sie vom Erblasser gar zu einer Verwaltung von gewisser Dauer ausgestaltet werden kann), werden Vermögensverwaltungen genutzt, um im Falle der „Verhinderung“ zu Lebzeiten die Vermögenssorge zu regeln. Aufgrund der insoweit gleichen Ordnungsaufgabe können die Rechtsinstitute gerade im Hinblick auf die Frage untersucht werden, welchen Pflichten der „Vermögensverwalter“ unterlag und wie eine pflichtgemäße Aufgabenerfüllung sichergestellt wurde. Als Maßstab der Untersuchung fiduziarischer Rechtsbeziehungen kann die Definition Coings herangezogen ___________ 5 6 7

Das Wort Risiko stammt vom italienischen risicare („wagen“) und meint damit eine bewusste Entscheidung, die im Gegensatz zum rein Schicksalhaften steht. Vgl. statt vieler zur Entwicklung des Risikomanagements und seiner Grundlagen Bernstein, Wider die Götter. Deshalb ist bei der Vermögensverwaltung die Einordnung als fiduziarische Rechtsbeziehung unstreitig, während die Grenzziehung zwischen Anlageberatung und fiduziarischer Rechtsbeziehung im Einzelnen schwierig und deshalb auch streitig ist, vgl. dazu Finn, in: McKendrick, Commercial Aspects, S. 10 f.

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werden8, der treffend feststellt: „Eine Treuhand ist gegeben, wenn jemandem Rechte anvertraut sind, über die er selbst verfügen kann, die er aber nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse anderer Personen oder objektiver Zwecke ausüben soll“9. Diese funktionale Begriffsbestimmung ist von einer konkreten Rechtsordnung losgelöst10 und orientiert ist sich allein an der zugrunde liegenden Ordnungsaufgabe des Rechts. Ein weiter Blickwinkel bei der historischen Betrachtung erweist sich auch deshalb als notwendig, weil sich für die Vermögensverwaltung kein einheitlicher historischer Ursprung (etwa aus dem Bankgeschäft) ausmachen lässt. Aufgrund der Vielschichtigkeit der unter den Begriff der Vermögensverwaltung fallenden Tätigkeiten (Beteiligungs- und Immobilienverwaltungen, Testamentsvollstreckungen sowie die heute im Vordergrund stehende Verwaltung in Form von Effektengeschäften) sind mehrere unabhängige Entwicklungsstränge zu unterscheiden, die ihrerseits eng an die jeweilige Vermögensverteilung innerhalb der Bevölkerung gekoppelt waren. Daher macht es wenig Sinn, allein die Vermögensverwaltung von Wertpapieren zu betrachten; vielmehr müssen alle Formen der Vermögensverwaltung einbezogen werden. Hinzu kommt der Umstand, dass die Vermögensverwaltung ein fiduziarisches Rechtsverhältnis darstellt und zwar nicht nur, wenn die Form des Treuhandmodells gewählt wird11. Diese Feststellung hat zwei Konsequenzen für die Methode und die Darstellung des historischen Teils. (1) Fiduziarische Rechtsverhältnisse werden nur selten publik gemacht12, so dass es schwierig ist, eine detaillierte Entwicklung der Vermögensverwaltung nachzuzeichnen. Oft wird deshalb auf Indizien, etwa die Zahl der An___________ 8 Scherner, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 237, bezweifelt den Nutzen von Definitionen zur Beschreibung des Untersuchungsgegenstands. M. E. ist ihm insoweit zuzustimmen, als eine Definition nicht bloßer Selbstzweck sein darf. Wenn die Definition jedoch dazu dient, die untersuchte Ordnungsaufgabe offenzulegen, macht sie durchaus Sinn. 9 Coing, Treuhand, S. 1; kritisch Roll, Vermögensverwaltung, S. 60 f., der diesen Begriff als zu unscharf kritisiert. 10 Die Diskussion im angloamerikanischen Recht über die Frage, was unter einem Trust bzw. fiduciary zu verstehen ist, wird von Finn, in: McKendrick, Commercial Aspects, S. 8 ff., zusammengefasst; s. a. Cooter/Freedman, 66 NYULRev. 1045 f. (1991); im Ergebnis folgen auch Helmholz/Zimmermann, in: dies., Itinera fiduciae, S. 38 f., bei der Beschreibung des Trusts der Definition Coings. 11 Nicht einzugehen ist auf die Entwicklung des Rechts der Stellvertretung, die hinlänglich beschrieben ist, vgl. statt vieler Müller-Erzbach, Stellvertretung, S. 43 ff. 12 Beispielhaft genannt sei die Stellungnahme des Brancheninsiders Woernle, Privatbankiers, S. 24 (zur Schweiz), der in Bezug auf die Höhe des verwalteten Vermögens vom bestgehütetsten Geheimnis der Branche spricht.

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bieter dieser Leistung oder ergangene Urteile, zurückzugreifen sein, um den Umfang und die Gepflogenheiten der Branche zu ermitteln. (2) Die Einordnung der Vermögensverwaltung in die fiduziarischen Geschäfte macht es notwendig, die Entwicklung dieser Rechtsverhältnisse, insbesondere die Pflichten des Treuhänders, zu beleuchten. Dieser Aspekt wird gleichsam vor die Klammer gezogen (dazu sogleich unter II.), um die Entwicklung des Anlegerschutzes bei treuhänderischen Rechtsbeziehungen angemessen erfassen zu können, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Vermögensverwaltung zieht. Gleichzeitig kann in diesem Kapitel der Frage nachgegangen werden, seit wann bei derartigen Rechtsbeziehungen das Auftreten von Treuhandmodellen und Vertretermodellen zu beobachten war. Unmittelbar anschließend wird auf die wirtschaftliche Entwicklung und Herausbildung der konkreten Dienstleistung „Vermögensverwaltung“ (vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 5 und 6) eingegangen. Da die Vermögensverwalter selbst über lange Zeit keiner staatlichen Aufsicht unterlagen, wurde ein Anlegerschutz nur indirekt über die Vorschriften erreicht, die die Objekte der Vermögensverwaltung regelten. So kamen die Verbesserungen im gesellschaftsrechtlichen Anlegerschutz immer auch den Kunden von Vermögensverwaltern zugute, deren Vermögen in Aktien angelegt waren. Deshalb ist auch auf die Entwicklung des Anlegerschutzes im Gesellschafts-, Bank- und Börsenrecht einzugehen. Die historische Darstellung sähe anders aus, wollte man sich allein auf den angloamerikanischen Rechtskreis beschränken. Da dort die Entwicklung der Vermögensverwaltung sehr viel enger mit einem Rechtsinstitut, nämlich dem Trust, verknüpft ist, wäre im Wesentlichen dessen Entwicklung nachzuzeichnen. Da das kontinentale Recht keine einheitliche Rechtsfigur für treuhänderische Verwaltungen kennt, scheidet dieser Weg aus. Die nachfolgende Betrachtung erfolgt rechtsvergleichend, da die Vermögensverwaltung in größerem Umfang zunächst in Großbritannien und den Vereinigten Staaten angeboten wurde und heute vor allem in Staaten mit ausgeprägtem Finanzdienstleistungssektor, wie der Schweiz, oder in Staaten, die als Steuerparadiese gelten, angeboten werden. Dabei wird die Entwicklung derjenigen Rechtsinstitute zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen13 dargestellt, die im Bereich der Vermögensverwaltung Bedeutung erlangten. Schließlich wird in die folgende Betrachtung die Tatsache einbezogen, dass die Vermögensverwaltung sowohl von Banken als auch von unabhängigen ___________ 13 Als wenig ergiebig erweist sich die Untersuchung der Geschichte des Vermögens, dazu Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 769 ff.

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Vermögensverwaltern wahrgenommen wird. Die geschichtliche Betrachtung muss daher beide Bereiche berücksichtigen. Während zur Entstehung des Bankwesens zahlreiche Untersuchungen vorliegen, ist die Geschichte von privaten Vermögensverwaltern noch nicht untersucht und die Quellenlage dürftig.

II. Die Herausbildung fiduziarischer Rechtsverhältnisse 1. Frühe Formen fiduziarischer Rechtsverhältnisse a) Erste Beispiele testamentarisch angeordneter Vermögensverwaltungen Das erste nachgewiesene Beispiel einer testamentarisch angeordneten Vermögensverwaltung stammt aus dem Jahr 2548 v.Chr. in Ägypten. In einem Testament14 setzt der Erblasser seine Frau als Erbin ein, verpflichtet sie aber, das Vermögen zugunsten des Sohns zu verwalten und es an ihn weiterzugeben. Für den Sohn wird ein Vormund eingesetzt. Weitere Beispiele für Verwaltungen anlässlich eines Erbfalles finden sich im Fernen Osten. So wird aus Burma in der Zeit um 570 v. Chr. berichtet, dass der Nachlass eines Rahan, der ohne Erben starb, dem König zufiel und dieser das Vermögen zu wohltätigen Zwecken zu verwalten hatte15. Besonderer Erwähnung bedarf eine in Japan im Jahr 457 v.Chr. gegründete Gesellschaft. Sie hatte die Verwaltung und Besiedlung des Grundvermögens reicher Samurai zum Gegenstand16. Sie ist deshalb ungewöhnlich, weil es sich um die erste Beschreibung einer Verwaltung des Vermögens Lebender handelte und der Zusammenschluss zugleich die wohl erste Vermögensverwaltungsgesellschaft gewesen sein dürfte. Ihr Erfolg währte allerdings nur kurz, da die Geistlichkeit der Ansicht war, ein organisierter Zusammenschluss von Personen könne kein eigenes Gewissen haben. Man ließ deshalb die drei Geschäftsführer der Gesellschaft hinrichten, eine durchaus ungewöhnliche Form des Anlegerschutzes. Auch aus dem indischen17, altarabischen und (alt-)griechischen Recht18 sind Beispiele für treuhänderische Vermögensverwaltungen bekannt. ___________ 14 Das Testament ist im Original und auf Englisch wieder gegeben bei McCune, Trust Companies 7/1926, S. 19 f., und in deutscher Übersetzung abgedruckt bei Eisenmenger, Trustgeschäft, S. 20. 15 H. M. Roth, Trust, S. 10 Fn. 26 m. w. N. 16 Royce, Trust Companies 3/1926, S. 383, 385. Der Autor gibt allerdings keine Fundstellen an und eigene Nachforschungen sowie Rückfragen bei zwei japanischen Universitäten haben bislang keine Bestätigung seiner Aussagen ergeben. 17 Zum Treuhänderinstitut der Benami Fränkel, ZHR 66 (1910), 312. 18 Zu beidem Bruck, ZRG RA 31 (1910), 402 ff.; s. a. Fischbach, Treuhänder, S. 16 ff.

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Der Vermögensinhaber übertrug Vermögen an einen Treuhänder mit der Maßgabe, dieses nach seinem Tode an den Begünstigten zu übereignen. Es handelte sich also jeweils um Vorläufer der Testamentsvollstreckung19. Im altbabylonischen Recht finden sich treuhänderische Rechtsverhältnisse im Familienrecht20. b) Religiöse Schriften Die Bibel erwähnt das Anvertrauen von Vermögen im Gleichnis von den drei Knechten21: „Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort. Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu. Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn. Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Zentner gewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wußte, dass du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wußtest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er ___________ 19 Ebenso Bruck, ZRG RA 31 (1910), 403. 20 Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 635. 21 Mt. 25, 14–30 in der Fassung der Lutherbibel in der Übersetzung von 1984. Etwas anders dargestellt bei Lk. 19, Vers 12 bis 27.

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wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“ Dieses Gleichnis verstehen Theologen als Beispiel dafür, dass man mit den Gottesgeschenken „gewinnbringend“ umgeht und seine Anlagen und Fähigkeiten nutzt22. Lässt man diese, mit einem Gleichnis verbundene übertragene Bedeutung einmal außer Betracht und nimmt das Gleichnis wörtlich, findet sich hier erstmals die Pflicht zur gewinnbringenden Kapitalanlage von anvertrautem Vermögen. Das einzig fehlende Element zur heutigen Vermögensverwaltung ist die Anlage durch selbstständige Dritte. Da in der damaligen Zeit eine Auslagerung der Verwaltung eigenen Vermögens auf Dritte noch nicht bekannt war, bediente man sich seiner Knechte. Im Talmud findet schon der Grundsatz der Diversifikation Erwähnung, dort heißt es, man solle ein Drittel seines Vermögens in Land, ein weiteres Drittel in Geschäfte und den Rest in liquide Mittel investieren23.

2. Die Verwaltung fremden Vermögens und treuhänderische Rechtsbeziehungen im römischen Recht a) Vorbemerkung Das römische Recht kannte Formen der Verwaltung fremden Vermögens, die von ihrem äußeren Erscheinungsbild an die Vermögensverwaltung im heutigen Sinne erinnern. Bezeichnenderweise wird ein Teil dieser Rechtsbeziehungen im Zusammenhang mit der Frage diskutiert, inwieweit es eine gewillkürte Stellvertretung im römischen Recht gegeben hat24, während andere derartige Rechtsbeziehungen im Zusammenhang mit der Frage nach der Entstehung treuhänderischer Rechtsbeziehungen Bedeutung erlangten. Die Verwaltung fremden Vermögens mittels „Vertretern“ ist daher ebenso darzustellen (unter b) wie frühe Formen treuhänderischer Rechtsbeziehungen (unter c). Die geschichtliche Entwicklung von fiduziarischen Rechtsverhältnissen ist für die vorliegende Untersuchung auch deshalb bedeutsam, weil sie die Gründe für die Entstehung von Treuhandbeziehungen und die damit verbundenen Pflichten aufzeigen kann. Beide Aspekte sind für die Herausbildung der heutigen Vermögensverwaltung in Form des Vertreterund des Treuhandmodells relevant. ___________ 22 Vgl. statt vieler Schweizer, Evangelium nach Matthäus, S. 307 ff. 23 Spremann, Vermögensverwaltung, S. 11 m. w. N. 24 Umfassend zu dieser Frage etwa die Arbeit von Claus, Stellvertretung.

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b) Die Verwaltung fremden Vermögens (1) Der procurator omnium rerum Vermögende Bürger, leitende Beamte und später auch der Kaiser bedienten sich zur Verwaltung ihrer Vermögen eines procurators omnium rerum. Als Prokuratoren fungierten zunächst Freigelassene25, die als mittelbare Stellvertreter auf Befehl ihres Patrons handelten. In der jüngeren Republik erfolgte eine rechtliche Verselbstständigung der Freigelassenen. Außerdem wurden nun auch Freigeborene als Prokuratoren eingesetzt. Aufgrund der rechtlichen Verselbstständigung der als Prokurator eingesetzten Personen wurden zwischen Geschäftsherrn und Prokuratoren wechselseitig klagbare Ansprüche möglich. Je nach den Umständen lag ein negotium gestum oder ein mandatum vor26. Dem Geschäftsherrn stand aufgrund der Treubindung gegen den Geschäftsführer die actio negotiorum gestiorum directa bzw. mandati directa (untechnisch27) auf Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten sowie bei pflichtwidriger Geschäftsführung auf Schadensersatz zu. Dem Geschäftsführer stand die actio negotiorum gestiorum contraria bzw. mandati contraria auf Auslagen und Schadensersatz zu. Der procurator omnium rerum war in seinen Anfängen schon deshalb nicht mit einem Vermögensverwalter im hier verwendeten Sinne zu vergleichen, weil ein Abhängigkeitsverhältnis zum Patron bestand und man deshalb nicht von einem Fall der Fremd- sondern der Eigenvermögensverwaltung durch „Angestellte“ ausgehen muss28. Mit der rechtlichen Verselbstständigung der Prokuratoren änderte sich dies zwar, doch fehlte es nach wie vor an einem zweiten ausschlaggebenden Element: Die Verwaltung erfolgte nicht zum Zwecke der Kapitalanlage. Die Beschreibungen der Tätigkeit der Prokuratoren zeigen, dass es um die Vertretung des Geschäftsherrn in der täglichen Arbeit ging, also darum „die Bücher zu führen, die laufenden Einnahmen und Ausgaben zu besorgen. … kurzum den ganzen Kleinkram der Verwaltung“29. Der Prokurator ist also seiner Funktion nach ein mittelbarer Stell___________ 25 Zum Folgenden Kaser, Das römische Privatrecht, § 62 V 2 = S. 265 f.; § 137 II 1 = S. 587; Siber, Jher. Jb. 88 (1940), 161, 182 ff.; Watson, Obligations, S. 193 ff.; Claus, Stellvertretung, S. 49. 26 Einzelheiten bei Kaser, Das römische Privatrecht, § 137 II 1 = S. 587 m. w. N. 27 Hierzu und zum Folgenden Kaser, Das römische Privatrecht, § 134 V 2 und 3 = S. 579 f., § 137 II 3 bis 5 = S. 589 f. 28 Zum Weisungsrecht Claus, Stellvertretung, S. 49 ff. 29 Siber, Jher. Jb. 88 (1940), 161, 183. Ähnlich Watson, Obligations, S. 194 „surveillance of one’s affairs“; Kaser, Das römische Privatrecht, § 204 I 3 = S. 101 „umfaßt nur die laufenden Geschäfte … Für weitergehende Geschäfte bedurfte es eines Spezialmandats“; Frese, Zur gemeinrechtlichen Lehre von der beauftragten Vermögensverwal-

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vertreter des Geschäftsherrn in der Wahrnehmung täglicher Aufgaben30. Eine Vermögensumschichtung oder -anlage gehörte nicht zu seinen normalen Aufgaben. Auch in der nachklassischen Zeit, als Prokuratoren in gehobener Stellung mit weiterem Aufgabenkreis31 eingesetzt werden, finden sich keine Beispiele für eine Vermögensverwaltung im heutigen Sinne. (2) Sonstige Dienstleistungen höherer Art Auch unter den sonstigen Dienstleistungen höherer Art (operae liberales) findet sich kein der Vermögensverwaltung vergleichbarer Vertragstyp32. (3) Verwaltung von Hausgut Vom äußeren Erscheinungsbild her ähnelt die Verwaltung von Hausgut der Vermögensverwaltung. Der paterfamilias konnte seinem filiusfamilias (oder auch seinem Sklaven) ein peculium zur selbstständigen Verwaltung überlassen. Es diente der Begründung eines eigenen Hausstandes innerhalb der Familie. Das Vermögen blieb Teil des Hausguts und der Familienvater konnte es jederzeit wieder einziehen. Von der Vermögensverwaltung unterscheidet sich die Überlassung eines peculium aus folgenden Gründen: Die Verwaltung erfolgte nicht zugunsten des paterfamilias, sondern die Erträge waren für den Haussohn bestimmt33. Zudem war das mit der Überlassung des Vermögens verfolgte Ziel ein anderes als das der Vermögensverwaltung. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass das römische Recht zwar wirtschaftliche Vorgänge kannte, die der Vermögensverwaltung ähneln, doch war die jeweilige Zielsetzung eine andere als bei der heutigen Vermögensverwaltung. ___________

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tung, S. 8 „bei Erhaltung der Vermögenssubstanz den ordnungsgemäßen Ertrag in der bisher üblichen Weise … für den abwesenden oder sonst faktisch behinderten dominus zu erreichen“. Erinnert sei an die eingangs getroffene Feststellung, dass der Begriff des Vermögens früher die einem Rechtssubjekt zustehende Macht meinte und nicht die Summe seiner Vermögenswerte, s. o. S. 57 ff., so dass der Begriff des Vermögensverwalters als Synonym für den des Stellvertreters verwendet wurde. Dazu Claus, Stellvertretung, S. 349 ff.; Kaser, Das römische Privatrecht, § 204 I 3 = S. 101. Bei der locatio conductio waren Dienste höherer Art nicht von vornherein ausgeschlossen (dazu etwa Heldrich, Jher. Jb. 88 (1940), 139 ff., a. A. Watson, Obligations, S. 109 f.), doch stellt die Vermögensverwaltung i. e. S. keines der überlieferten Beispiele dar, dazu Kaser, Das römische Privatrecht, § 132 IV 1 = S. 569; Siber, Jher. Jb. 88 (1940), 161 ff.; Erdmann, ZRG RA 66 (1948), 567 f. Erler, Peculium, in: HRG Bd. III, Sp. 1572 f.; Kaser, Das römische Privatrecht, § 14 IV 4 = S. 64; § 67 III 5 = S. 287 f.

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c) Fiduziarische Rechtsverhältnisse im römischen Recht Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse des römischen Privatrechts ist vielfach und ausführlich beschrieben34. An dieser Stelle kann daher ein knapper Überblick genügen, der sich auf solche Institute konzentriert, die der Treuhand oder dem Trust ähneln. (1) Die mancipatio familiae Die mancipatio familiae ist ein Treuhandverhältnis aus der Frühzeit Roms. Sie erlaubte es einem Vermögensinhaber, der rechtlich oder physisch kein testamentum calatis comitiis errichten konnte, sein Gesamteigentum (familia) gegen eine symbolische Entschädigung an einen vertrauenswürdigen Dritten (familiae emptor) zu veräußern. Dieser verpflichtete sich, nach dem Tode des Vermögensinhabers in bestimmter Weise über das Vermögen zu verfügen, es also beispielsweise auf den endgültig Begünstigten zu übertragen. Der familiae emptor erlangte vollwertiges Eigentum35 und war nur aufgrund der obligatorischen Vereinbarung gebunden. Ein Schutz des endgültig Begünstigten gegen Missbrauch dieser im Außenverhältnis überschießenden Rechtsmacht fehlte zunächst36; der Begünstigte hatte keine Ansprüche gegen den Treuhänder oder gegen Dritte, denen der familiae emptor das Vermögen abredewidrig übertragen hatte. In der Praxis war die mancipatio familiae über lange Zeit weit verbreitet, was dafür spricht, dass Missbrauch kein häufiges Phänomen war. Roth meint, dies sei wohl auf den Einfluss der Priesterschaft zurückzuführen, die die Treuhänder zu redlichem Verhalten angehalten habe37. (2) Die fiducia Auch die fiducia hatte den wirtschaftlichen Zweck, Vermögen zugunsten des Eigentümers oder zugunsten eines Drittbegünstigten verwalten zu lassen. Die fiducia war kein selbstständiger Rechtsakt oder ein individuelles Rechtsgeschäft. Vielmehr handelte es sich um eine besondere Abrede (pactum fiduciae), die mit einer Rechtsübertragung durch ein Formalgeschäft (mancipatio oder in iure cessio) verbunden wurde. Der Empfänger ___________ 34 Etwa von H. M. Roth, Trust, S. 54 ff.; Fischbach, Treuhänder, S. 4 ff.; Oertmann, Fiducia; Schöny, Treuhandgeschäfte, S. 3 ff.; Erbe, Fiduzia; Coing, Treuhand, S. 11 ff.; Siber, Jher. Jb. 67 (1917), 81 ff.; Johnston, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 45 ff. 35 H. M. Roth, Trust, S. 58; Johnston, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 54, der darauf hinweist, dass die Einzelheiten seiner Rechtsposition im Dunkeln liegen. 36 Kaser, Das römische Privatrecht, § 9 III 2 c = S. 47. 37 H. M. Roth, Trust, S. 59.

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der Sachen wurde durch das Formalgeschäft deren Eigentümer, verpflichtete sich aber im pactum fiduciae, über diese nur im Rahmen des angestrebten wirtschaftlichen Zwecks zu verfügen. Dem Übertragenden stand die actio fiduciae gegen den Empfänger zu38. Der Treuhänder haftete für den schuldhaften Untergang oder die Verschlechterung der Sache sowie für Untreue. Der Treugeber hatte Aufwendungen zugunsten des Treuguts ebenso zu ersetzen wie solche Schäden, die die Sache beim Treuhänder verursachte, sofern den Treugeber hieran ein Verschulden traf 39. Je nach verfolgtem Zweck lassen sich verschiedene Arten der fiducia unterscheiden40. Bei der fiducia cum creditore contracta erfolgte die Übertragung der Sache zur Sicherung einer Forderung. Sie entstand, weil das römische Recht noch kein dem heutigen Pfandrecht vergleichbares Institut kannte. Die fiducia cum amico contracta diente verschiedenen Zwecken. Sie erlaubte beispielsweise die Übertragung des Vermögens, um dessen Erhalt während einer längeren Abwesenheit, Krankheit oder des Heeresdienstes sicherzustellen oder zu gewährleisten, dass letztwillige Anordnungen zur Ausführung gebracht wurden (fiducia testamentaria)41. Daneben fand die fiducia im familienrechtlichen Bereich Anwendung. Nimmt man den Fall der fiducia zum Zwecke der Vermögenssorge bei einer längeren Abwesenheit, ähnelte sie von ihrer Funktion her der heutigen Vermögensverwaltung am ehesten. Zwar fehlte das ausdrückliche Ziel der Kapitalanlage, die übrigen Elemente der Vermögensverwaltung waren jedoch schon vorhanden. Mit dem Untergang der Formalakte im nachklassischen Recht verlor auch die fiducia ihre Bedeutung42. Sie wurde durch andere Rechtsinstitute ersetzt, wie etwa das mandatum43. ___________ 38 Kaser, Das römische Privatrecht, § 100 II 2 = S. 415, § 109 III = S. 461; Coing, Treuhand, S. 11 f.; Otten, Treuhand, S. 8; ausführlich Oertmann, Fiducia, S. 222 ff. 39 Fischbach, Treuhänder, S. 14 f. m. w. N. sowie Kaser, Das römische Privatrecht, § 109 IV = S. 462 f. m. w. N. zum Streitstand. 40 Zum Folgenden Oertmann, Fiducia, S. 73, 135 ff.; Erbe, Fiduzia, S. 124 ff., 165 ff.; Otten, Treuhand, S. 7; Fischbach, Treuhänder, S. 6 f.; H. M. Roth, Trust, S. 60; Grundmann, Treuhandvertrag, S. 11. 41 Ursache hierfür war die Tatsache, dass eine Testamentsvollstreckung im römischen Recht nicht oder allenfalls in Ansätzen bekannt war, vgl. Kaser, Das römische Privatrecht, § 164 II = S. 693, § 283 VI = S. 485. 42 Dazu Otten, Treuhand, S. 10 f. m. w. N.; Coing, Treuhand, S. 12; Oertmann, Fiducia, S. 70 ff. Die Quellen zur fiducia wurden im Corpus Iuris durch Interpolation weitgehend unterdrückt, gleichwohl scheint die Rechtsfigur nicht in Vergessenheit geraten zu sein, siehe Johnston und Graziadei, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 53, 331 f. 43 Liebich, Treuhandwesen, S. 6.

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(3) Das fideicommissum Ebenfalls fiduziarischen Charakter hatte das fideicommissum. Es entstand aus dem Bestreben, auch in den Fällen letztwillige Verfügungen zu ermöglichen, in denen gesetzliche Regeln sich als hinderlich erwiesen, etwa weil sie die Vererbung an bestimmte Personen (z. B. als Ausländerinnen geborene Ehefrauen) verboten. Der Erblasser bestimmte deshalb eine als Erbe geeignete Person als heres fiduciarius und ersuchte ihn anfangs persönlich, später testamentarisch, den Nachlass in bestimmter Weise zu verwenden44. Auch beim fideicommissum hing die tatsächliche Ausführung der Wünsche des Erblassers von der Redlichkeit der eingesetzten Person ab. Mit zunehmendem Verfall der Moral sah sich der Staat genötigt, die Durchsetzung der Fideikommisse zu ermöglichen45. Das fideicommissum stellt einen Vorläufer der Vor- und Nacherbschaft dar46. (4) Die donatio sub modo Erwähnenswert ist schließlich die donatio sub modo, die wirtschaftlich betrachtet als ein Vorläufer der Stiftung gilt47. Das römische Recht kannte kein mit juristischer Persönlichkeit ausgestattetes Zweckvermögen, doch ließ sich eine der heutigen Stiftung vergleichbare Konstruktion dadurch erreichen, dass der Stifter eine Gemeinde als Treuhänder einsetzte. (5) Die tutela Auch wenn die Vormundschaft nicht in den Untersuchungsbereich der Arbeit fällt, weil es sich nicht um einen Fall des freiwilligen Anvertrauens von Vermögen durch den wirtschaftlichen Inhaber (das Mündel) handelt, sei die tutela kurz gestreift, da sie ebenfalls Treuhandcharakter hat48 und sich an ihr die Pflichten des „Treuhänders“ aufzeigen lassen. Der Vormund unterlag der Pflicht, Kapitalien in Grundbesitz anzulegen, um sie der Geldentwertung zu entziehen. Soweit dies nicht möglich war, musste er sie zinsbringend anlegen. Schmuck, Edelmetalle und andere Wertgegenstände waren an sicherer Stelle zu hinterlegen. Unsichere Forderungen hatte der Vormund alsbald einzuziehen. Auch war er verpflichtet, ein Inventar mit allen Ver___________ 44 H. M. Roth, Trust, S. 64. 45 Kaser, Das römische Privatrecht, § 189 I = S. 757 f., § 191 III = S. 762; Johnston, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 46. 46 Coing, Treuhand, S. 14. Zur Rezeption des heres fiduciarius im gemeinen Recht und im französischen Recht Coing, S. 14 Fn. 19. 47 H. M. Roth, Trust, S. 65. 48 So Kaser, Das römische Privatrecht, § 87 II 1 = S. 360; Siber, Jher. Jb. 67 (1917), 81, 83; Johnston, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 54 f.

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mögenswerten zu führen und Rechnung zu legen49. Im Fall von Interessenkonflikten bediente man sich eines curators, um die Transaktion durchzuführen50. Bei Pflichtverstößen stand dem Mündel im klassischen Recht die actio tutelae zu; nach Auflösung des klassischen Aktionenbegriffs wird sie in Ansprüche aus Pflichtverletzungen des Vormunds aufgespalten. Die Haftung aus culpa wurde im nachklassischen Recht als allgemeine Regel anerkannt51. Der Sicherung des Mündels dienten die satisdatio rem pupilli salvam fore und das Mündelprivileg im Konkurs des Vormunds. Dem Mündel stand ein Pfandrecht an Sachen zu, die der Vormund mit Mündelgeld erworben hatte. Daneben erhielt das Mündel eine Generalhypothek am Vermögen des Vormunds52. d) Zwischenergebnis – Die der Vermögensverwaltung zugrunde liegende Ordnungsaufgabe einer Kapitalanlage mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis Dritter, die das heutige Recht mittels Treuhand- oder Vertretermodell löst, ist dem römischen Recht in dieser Ausprägung noch nicht bekannt. Für die rechtliche Bewältigung ihrer Vorläufer scheinen jedoch bereits damals die bis heute diskutierten beiden Lösungswege zur Verfügung gestanden zu haben. Dies zeigt das Beispiel der Verwaltung des Vermögens bei längerer Abwesenheit des Herrn, das einerseits bei der procuratio, andererseits bei der fiducia als Anwendungsfall auftaucht. Die Feststellung, dass es für die Durchführung einer Vermögensverwaltung schon seit langem diese zwei Lösungsansätze gibt, ist also kein unzulässiger Rückschluss vom heutigen auf das römische Recht. – Als weiteres Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass vor allem das Bedürfnis nach einer erbrechtlichen Regelung der Vermögensverhältnisse die Entstehung von Rechtsinstituten mit Treuhandcharakter förderte. Betrachtet man die Interessenlage des Vermögensinhabers, zeigt sich eine Parallele zur heutigen Form der Vermögensverwaltung, nämlich das Interesse an der Erhaltung und Mehrung des Vermögens für den Fall, dass der Vermögensinhaber hierzu selbst nicht mehr in der Lage ist (Vorläufer der Testamentsvollstreckung) oder er längere Zeit abwesend ist ___________ 49 Vgl. hierzu und zur cura im Einzelnen Kaser, Das römische Privatrecht, § 87 = S. 360 ff., § 233 II § 235 I 2 = S. 229 ff., 235; Johnston, in: Helmholz/Zimmermann Itinera fiduciae, S. 55. 50 Johnston, in: Helmholz/Zimmermann Itinera fiduciae, S. 55. 51 Kaser, Das römische Privatrecht, § 234 III = S. 232 f., der auch einige Stellen benennt, in denen als Haftungsmaßstab die diligentia quam in suis rebus genannt ist. 52 Kaser, Das römische Privatrecht, § 234 IV = S. 233 f.

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(s. o. fiducia cum amico). Der Treuhänder genießt eine überschießende Rechtsmacht. Der Schutz des wirtschaftlich Berechtigten vor pflichtwidrigen Handlungen des Verwalters ist nur in Ansätzen geregelt. Die ausgeprägteste Regelung zur Sicherung des wirtschaftlich Berechtigten findet sich bei der Vormundschaft, die gerade keinen Fall freiwilliger Vermögensüberlassung darstellt. Dieser bemerkenswerte Unterschied dürfte darauf beruhen, dass Geschäfte mit freiwilliger Vermögensüberlassung in erster Linie bei Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses zustande kamen. Es war deshalb auch eine andere Risikoverteilung gerechtfertigt, als bei der Vormundschaft, deren Notwendigkeit oft überraschend eintrat und die es deshalb mit sich brachte, dass auch Familienfremde zum Vormund ernannt wurden. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass die früher vorherrschende Familien- und Sozialstruktur dafür sorgte, dass das Vertrauen in Fällen freiwilliger Vermögensüberlassung nicht allzu oft missbraucht wurde und sich deshalb keine detaillierten Regeln für den Fall des Missbrauchs ausbildeten. Ändert sich die Sozialstruktur, muss das Recht Instrumentarien zur Einhaltung der Treuabrede bereithalten, wie das Beispiel der Fideikommisse gezeigt hat. Es lässt sich damit also festhalten, dass die Notwendigkeit und der Umfang rechtlicher Regelungen der fiduziarischen Verhältnisse immer auch vom sozialen und wirtschaftlichen Umfeld abhängen. Auf diese Feststellung wird im Folgenden immer wieder zurückzukommen sein, da die Vermögensverwaltung ein durch besonderes Vertrauen geprägtes Geschäft ist, das stark vom wirtschaftlichen Umfeld abhängt. – Die spezifischen Regeln zum Schutze des Treuhänders bzw. des treuhänderisch Begünstigten sind mit dem jeweiligen Rechtsinstitut verknüpft. Eine Generalisierung und Übertragung auf andere Institute findet sich nicht53. – Das römische Recht kannte wirtschaftliche Vorgänge, die der Vermögensverwaltung ähneln, doch war ihre jeweilige Zielsetzung eine andere als bei der heutigen Vermögensverwaltung. Es ging um die Übertragung und Verwaltung von Vermögen innerhalb der Familie, nicht um eine Kapitalanlage. Eine „kommerzielle“ Nutzung der fiduziarischen Rechtsverhältnisse fand noch nicht statt. – Abschließend bleibt festzustellen, dass in allen untersuchten Instituten die fiduziarische Bindung des Treuhänders nur im Innenverhältnis Wirkung entfaltete und damit die sachenrechtliche Zuordnung des Ver___________ 53 Johnston, in: Helmholz/Zimmermann Itinera fiduciae, S. 56.

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mögens unbeeinflusst ließ. Wie an späterer Stelle noch zu zeigen sein wird, erlangt diese Tatsache im 19. Jahrhundert bei der Frage der dogmatischen Einordnung der Treuhand Bedeutung.

3. Die Treuhand im germanischen Recht a) Die Entwicklung der Vermögensordnung im frühen Mittelalter Vor der Betrachtung der Treuhand im germanischen Recht muss man sich vergegenwärtigen, dass die Vermögenszuordnung im älteren deutschen Recht zunächst keine individuelle war, sondern das Vermögen dem Stamm, der Sippe oder der Familie zugewiesen war54. Damit kam dem Hausvater nur die Stellung eines Treuhänders zu55. Dieser Grundsatz lockerte sich aber kontinuierlich, was auch auf den Einfluss des kanonischen Rechts zurückzuführen war56. So anerkannten gerade die Stadtrechte eine individuelle Zuordnung des erworbenen (im Gegensatz zum ererbten) Vermögens57. Gleichwohl lebte die Idee der Familiengebundenheit des Vermögens fort (Familienstammgüter des Adels, Familienfideicommissum). Das Lehnsrecht58 verhinderte zudem eine individuelle Vermögenszuordnung des Grundvermögens an weite Bevölkerungskreise. b) Die salfränkische Affatomie Die Vermögensordnung prägte auch die Entwicklung von treuhänderischen Rechtsinstituten, deren Gegenstand die Überlassung von Vermögen an Dritte war. Nicht nur das römische, sondern auch die germanischen Rechte kannten die Treuhand59, wobei die ganz herrschende Meinung heute davon aus-

___________ 54 Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 770; Ogris, Hausgut, in: HRG Bd. I, Sp. 2017 ff.; teilweise a. A. Hagemann, Eigentum, in: HRG Bd. I, Sp. 886 f. 55 Die Vermögenszuordnung zur Sippe war ein entscheidender Grund dafür, dass sich die treuhänderischen Rechtsbeziehungen im germanischen Recht gerade im Zusammenhang mit erbrechtlichen Regelungen herausbilden (dazu sogleich unter b–d). 56 Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 770, Sp. 772 f. 57 Ogris, Erbgut, in: HRG Bd. I, Sp. 962; ders., Kaufgut, in: HRG Bd. II, Sp. 686 f. 58 Dazu Spieß, Lehn(s)recht, Lehnswesen, in: HRG Bd. II, Sp. 1725 ff. m. w. N.; Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 770, Sp. 773 f. 59 Zur Klarstellung sei nochmals darauf hingewiesen, dass entsprechend der genannten Ordnungsaufgabe für die Zwecke der folgenden Untersuchung ein funktionaler Treuhandbegriff zugrunde gelegt wird. Auf die Streitfragen, die im Hinblick auf Ursprung und Begriff der „deutschen Treuhand“ bestehen (vgl. etwa Scherner, Treuhand, in: HRG Bd. V, Sp. 341 ff.), wird daher nicht näher eingegangen.

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geht, dass sich die germanische Treuhand unabhängig vom römischen Recht entwickelte60. Als älteste Regelung der deutschrechtlichen Treuhand wird die im 46. Titel der lex Salica beschriebene salfränkische Affatomie angesehen61. Fischbach beschrieb ihre Funktion wie folgt: Das Vermögen einer Person, die ohne erbberechtigte Verwandte verstarb, fiel an das Volk bzw. den König. Um dies zu verhindern, übertrug der Erblasser vor drei Zeugen sein Vermögen auf eine mit ihm nicht verwandte Mittelsperson mit der Verpflichtung, dieses Vermögen innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tod auf die Begünstigten zu übertragen62. Erwähnenswert ist, dass der Mittler der Affatomie Eigentümer des Vermögens wurde, seine Stellung aber auflösend bedingt war, so dass das Vermögen an den Treugeber zurückfiel, sofern der verfolgte Zweck unmöglich wurde63. Ebenso fiel das Treugut an den Treugeber oder gar an den Destinatär, wenn der Mittler eine Veräußerung außerhalb der Zweckbestimmung vornahm. Dies unterscheidet die germanische Treuhand von der römischrechtlichen fiducia. Im Gegensatz zu Fischbach führt Roth64 die Entstehung der Affatomie darauf zurück, dass das germanische Recht keine einseitigen letztwilligen Verfügungen kannte65. Diese mussten daher durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden ersetzt werden, was zur Ausbildung der Treuhand führte. Der Treugeber behielt sich die Nutzung vor und übertrug das Vermögen oder Teile davon auf den Treuhänder, der es nach dem Tode auf den Begünstigten übertrug. Die Einschaltung eines Mittelsmanns erlaubte dem Treugeber, ___________ 60 Lange Zeit war umstritten, ob die römische fiducia auch Einwirkungen auf das germanische Recht hatte, wofür der Sprachgebrauch an einigen Stellen in den Langobardenrechten (vor allem Edikt Rothari 174) und in langobardischen Urkunden des 8. Jahrhunderts sprach. Dies dürfte inzwischen widerlegt sein, vgl. umfassend zum Stand der Diskussion Otten, Treuhand, S. 10 f. m. w. N. 61 Ebenso in der Lex Alamannorum, vgl. Fischbach, Treuhänder, S. 27. Zur Lex Salica Schmidt-Wiegand, Lex Salica, in: HRG Bd. II, Sp. 1949 ff. 62 Zu Einzelheiten der Übertragung und der dabei notwendigen Publizität Fischbach, Treuhänder, S. 27 ff.; s. a. Ogris, Testament, in: HRG Bd. V, Sp. 154. 63 Fischbach, Treuhänder, S. 29, mit Verweis auf S. 35, 42 Fn. 14. 64 H. M. Roth, Trust, S. 71. 65 Nach Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 771 f., bewirkte die Affatomie – ähnlich einer Adoption – die Herstellung des familienrechtlichen Bandes, das die Weitergabe des Vermögens innerhalb der Familie/Sippe erst möglich machte. Zu weiteren Deutungen des Ursprungs der Affatomie, vgl. Scherner, Salmannschaft, S. 6 ff.; Otten, Treuhand, S. 20 f. m. w. N.; Ogris, Testament, in: HRG Bd. V, Sp. 154; KleinBruckschwaiger, Erbvertrag, in: HRG Bd. I, Sp. 982.

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den Besitz und die Nutzungen seines Vermögens bis zum Tode zu behalten, seinen letzten Willen sicherzustellen und dennoch zu verhindern, dass der letztlich Begünstigte schon zu Lebzeiten des Erblassers Rechte an dessen Vermögen erwarb. c) Die Salmannschaft In Urkunden des 8., 9. und 10. Jahrhunderts ist belegt, dass der Salmann66 als Mittelsmann bei Seelgerätschenkungen auftrat. In einigen deutschen Stadtrechtsbüchern wird der Salmann als Mittelsmann erwähnt, der für Nichtbürger städtischen Grundbesitz und damit die Funktion eines „lebenden Grundbuchs“67 erfüllte. Mit dem Aufschwung von Handwerk und Handel im Hoch- und Spätmittelalter weiteten sich auch die Aufgaben der Salleute aus und sie gewinnen die Funktion von Testamentsvollstreckern68. Der Begünstigte konnte die Vollziehung der letztwilligen Verfügung erzwingen69. Der Umfang ihrer Aufgaben ergab sich aus dem Testament. Bei Gesamtrechtsvollstreckung konnte er alle nur denkbaren Geschäfte umfassen. Nicht nur die Verteilung des Nachlasses, sondern auch dessen Verwaltung konnte übertragen werden70. Falls ein Testament die Erträge von Kapitalien ad pias causam vermachte, bestand die Aufgabe des Testamentsvollstreckers in der Anlage des Geldes und Auskehrung der Erträge. Die Testamentsvollstreckung konnte auch dazu dienen, den Nachlass vor den Gläubigern eines überschuldeten Erben zu retten. In Kombination mit einer Vormundschaft diente die Testamentsvollstreckung zur Sicherung des Nachlasses für minderjährige Erben. Dem Testamentsvollstrecker stand das Recht zur prozessualen Vertretung des Nachlasses und zum Schutz des Testaments im Falle der Anfechtung zu. Fasst man die verschiedenen Fallgruppen zusammen, in denen treuhänderische Konstruktionen verwendet wurden, schälen sich zwei Hauptzwecke heraus: (1) Umgehung rechtlicher Regeln (z. B. bei Lehnsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit im mittelalterlichen Stadtrecht) (2) Erwerbssicherung (Ersatz für die noch nicht ausgebildete Stellvertretung; Letztwillenstreuhand)71. ___________ 66 Grundlegend Stobbe, ZRG RA 7 (1868), 405 ff.; Scherner, Salmannschaft, S. 6 ff.; Otten, Treuhand, S. 21 ff. 67 Otten, Treuhand, S. 22; Stobbe, ZRG RA 7 (1868), 405, 417 f.; s. a. Fischbach, Treuhänder, S. 45 ff. 68 Einzelheiten bei Stobbe, ZRG RA 7 (1868), 405, 421 ff.; Otten, Treuhand, S. 24 ff. 69 Stobbe, ZRG RA 7 (1868), 405, 426. 70 Otten, Treuhand, S. 26 m. w. N. 71 Im Detail dargestellt bei Scherner, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 239 ff.

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Umstritten ist, ob zwischen der Affatomie, der Salmannschaft und der Testamentsvollstreckung ein institutionengeschichtlicher Zusammenhang besteht72 oder ob allein die Salmannschaft als Vorläufer der Testamentsvollstreckung gelten kann, eine Frage, der im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen wird. Ausgeblendet bleiben auch die frühe Entwicklung des Stiftungswesens und der wohltätigen Einrichtungen, die ebenfalls Einfluss auf die Treuhand hatten73 sowie der Einsatz treuhänderischer Konstruktionen im Rahmen der kirchlichen Vermögensordnung74. d) Der Einfluss des kanonischen Rechts Ab dem 13. Jahrhundert unterliegt das Testamentsvollstreckungsrecht dem Einfluss des kanonischen Rechts, da die Ausführung der Seelgeräte die Belange der Kirchen berührte und diese daher ein Interesse an der Beaufsichtigung der Testamentsvollstrecker hatte75. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass Verfügungen zugunsten der Kirche auch gegen den Willen der ansonsten erbberechtigten Personen durchgesetzt wurden. War als Testamentsvollstrecker ein Mitglied des Klerus eingesetzt, unterlag dieser ohnehin der kirchlichen Disziplinargewalt und Jurisdiktion. Um auch für die übrigen Fälle die Gerichtsbarkeit zu erlangen, wurde unter Gregor IX. die bischöfliche Leitungs- und Zwangsgewalt auf alle Erben und Testamentsvollstrecker ausgedehnt. Die Testamentsvollstreckerpflichten wurden konkretisiert (Pflicht zur Mitteilung des Testamentinhalts, Aufstellung eines Inventars, Ausführung der Testamentsvollstreckung in angemessener Frist, Stellung einer Sicherheit, Rechnungslegung mit Ende der Testamentsvollstreckung). Bei Missachtung der Pflichten stand dem Bischof die Möglichkeit der Absetzung und Einsetzung eines Ersatzvollstreckers zu. Der Einfluss des kanonischen Rechts war naturgemäß in Städten mit Bischofssitz groß, in freien Reichsstädten nahm dagegen der Rat die Aufsichtsfunktion war. Testamentsvollstrecker und Vermögensverwalter heutiger Prägung haben gemeinsam, dass ihnen fremdes Vermögen anvertraut wird, damit sie es im Interesse des jeweils Begünstigten verwalten. Begreift man aufgrund der ___________ 72 Bejahend etwa Otten, Treuhand, S. 21 ff. m. w. N.; a. A. Scherner, Salmannschaft, S. 22 f.; ders., Treuhand, in: HRG Bd. V, Sp. 341. Generell zur Entwicklung der Testamentsvollstreckung Zimmermann, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 267 ff. 73 Dazu ausführlich Siems, Feenstra und Richter, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 57 ff., 305 ff., 427 ff. 74 Herman, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 85 ff. 75 Zum Folgenden Otten, Treuhand, S. 27 f. m. w. N.; Ogris, Testament, in: HRG Bd. V, Sp. 154 f.

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parallelen Ordnungsaufgabe den Testamentsvollstrecker als Vorläufer und ersten Anwendungsfall der Vermögensverwaltung, erscheint die geschilderte Neuregelung als sehr bedeutend. Das kanonische Recht erweiterte nicht nur den Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers um die Pflicht zur Rechnungslegung und Sicherheitsleistung, sondern führte zugleich eine „obrigkeitliche“ Aufsicht mit Sanktionsmöglichkeit ein. e) Zwischenfazit Sowohl das römische als auch die germanischen Rechte kannten also verschiedene Formen fiduziarischer Rechtsverhältnisse. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung bedarf es keiner detaillierten Beschreibung der weiteren Entwicklung dieser Institute, insbesondere des Einflusses der Glossatoren und Postglossatoren sowie der Beschreibung der Testamentsvollstreckung im ALR, ABGB und Code Civil76. Auch auf die Entwicklung des kirchlichen und weltlichen Stiftungsrechts ist nicht näher einzugehen77. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung ist allein entscheidend, dass die treuhänderische Verwaltungen nicht in einem einheitlichen Rechtsinstitut, das als Ursprung der heutigen Regelung der Vermögensverwaltung gelten könnte, erfasst wurden, sondern in verschiedenen Rechtsinstituten aufgingen78. Dies unterscheidet das deutsche Recht von dem später noch darzustellenden angloamerikanischen Recht (dazu unter 6.).

4. Sonstige Rechtsinstitute mit besonderen Pflichten bei der Verwaltung fremden Vermögens Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass das damalige Recht keinen allgemeinen Treuhandvertrag kannte und sich für treuhänderische Rechtsbeziehungen spezieller Rechtsinstitute bediente. Aus Sicht der Vermögensverwaltung stellt sich die weitere Frage, ob es auch außerhalb dieser speziellen Rechtsinstitute besondere Pflichten bei der Verwaltung fremden Vermögens gab. Ohne dass dies im Detail nachgezeichnet werden soll, kann man feststellen, dass sich solche Pflichten bei den Vorläufern von Auftrag und Geschäftsbesorgung bildeten, wie sich besonders gut am Beispiel des ___________ 76 Vgl. dazu etwa Otten, Treuhand, S. 28 ff., 34 ff.; Coing, Treuhand, S. 28 ff. jeweils m. w. N. 77 Dazu ausführlich Coing, in: Seifart/v.Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts2, § 5 Rdn. 1 ff. m. w. N. sowie die Nachweise oben S. 167 Fn. 73. 78 Keiner Beschreibung bedarf auch die Entwicklung des Vormundschaftsrechts, vgl. stattdessen Ogris, Mündelgut, in: HRG Bd. III, Sp. 735 ff.; Erler, Vormundschaft, in: HRG Bd. V, Sp. 1051.

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Allgemeinen Preußischen Landrechts zeigen lässt. Es regelte die (heute als Auftrag bezeichneten) Geschäfte in einem eigenen Abschnitt mit dem Titel „Von Verwaltung fremder Sachen und Güter“ (ALR I 14 § 109 bis 167). Der Verwalter unterlag der Pflicht zur Erhaltung und ordentlichen Verwaltung der Sache, der Pflicht zur Abwendung von Schaden für das Gut sowie der Pflicht zur möglichst vorteilhaften Nutzung der Sache (§ 110). Hieraus leitete das Preußische Obertribunal eine Pflicht zur sofortigen Mitteilung erheblicher Verluste ab79; dieses Urteil kann damit als Vorläufer der jüngeren Rechtsprechung bezeichnet werden, die eine Pflicht des Vermögensverwalters zur Mitteilung von erheblichen Verlusten im Depot statuiert80. Ohne erheblichen Grund durfte er nicht von Weisungen des Prinzipals abweichen (§ 111). Außerordentliche oder mit außergewöhnlichem Aufwand verbundene Geschäfte waren ihm nur mit Zustimmung des Prinzipals erlaubt (§ 113), es sei denn, es bestand eine besondere Notwendigkeit zur sofortigen Vornahme oder ein offensichtlicher Nutzen für den Prinzipal (§ 114). In diesem Fall musste der Verwalter die Vornahme des Geschäfts nachträglich anzeigen und rechtfertigen. Der Verwalter unterlag der Verantwortlichkeit, wenn er die anvertrauten Güter vernachlässigte, Einnahmen nicht eintrieb oder die Verwaltungskosten auf unvorteilhafte Weise vermehrte (§ 116) oder es versäumte, fällige Abgaben zu zahlen (§ 117). Dem Verwalter war es untersagt, die Güter für sich selbst zu gebrauchen oder zu nutzen (§ 118). Er hatte seine Aufgabe im Zweifel persönlich wahrzunehmen (§ 121), durfte sich aber Hilfspersonen bedienen (§ 122). Es war ihm untersagt, Geld anzunehmen (§ 126). Der Verwalter unterlag umfangreichen Rechnungslegungsvorschriften (§§ 133 bis 144). Das ALR kannte damit einen sehr hohen und detaillierten Pflichtenstandard. Die heutige Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch ist weniger detailliert ausgefallen, jedoch werden vergleichbare Pflichten aus der Interessenwahrungspflicht abgeleitet, worauf an späterer Stelle zurückzukommen sein wird.

5. Die Entstehung des heutigen Treuhandbegriffs Der Treuhandbegriff des geltenden deutschen Rechts entwickelte sich erst im 19. Jahrhundert81. Die Diskussion um die Treuhandtheorien war über lan-

___________ 79 Pr.Ob.Trib., XIX, 192, 194; ebenso Koch, ALR, S. 250 Fn. 2. 80 BGHZ 137, 69 = WM 1998, 21. 81 Grundlegend Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 170 ff.; Schultze, Die langobardische Treuhand; ders., Jher.Jb. 43 (1901), 1 ff.; Beyerle, Treuhand; kritisch dazu Scherner, Treuhand, in: HRG Bd. V, Sp. 342 f. m. w. N.

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ge Zeit von der Auseinandersetzung zwischen romanistischer und germanistischer Zivilrechtswissenschaft bestimmt82. a) Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft Ausgangspunkt war die Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft, die im Zusammenhang mit der Diskussion um die Simulation von Rechtsgeschäften entstand. Unter Simulation verstand man sowohl das Scheingeschäft wie die Gesetzesumgehung83, da sich im Hinblick auf das Scheingeschäft noch nicht die subjektive Theorie durchgesetzt hatte. Deshalb hielt man etwa Sicherungsübereignungen für eine Umgehung des Faustpfandrechts84. Die im Anschluss an Regelsberger85 entwickelte Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft erlaubte es, eine treuhänderische Rechtsübertragung als wirksam anzuerkennen, d. h. den Einwand der Simulation bei Sicherungsgeschäften zu überwinden. Die Treuhand diente damit der Erreichung von Zwecken, die sich im damals geltenden Recht anders nicht verwirklichen ließen. Eine parallele Entwicklung findet sich auch in anderen Rechtsordnungen86. Die Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft setzte sich schon bald in der Rechtsprechung durch, die den Einwand der Simulation bei Sicherungsübereignungen, -zessionen, Inkasso-Indossament und Depotwechseln verwarf 87. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung bedeutend ist die Herleitung des Treuhandbegriffs, die über lange Zeit das Verständnis der Treuhand geprägt hat und die deshalb noch heute Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells hat. Die Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft bediente sich eines Rückgriffs auf die römische fiducia, obwohl diese kein Bestandteil des geltenden Pandektenrechts war; sie war – wie oben festgestellt – im justinianischen Recht nicht mehr bekannt. Der ___________ 82 Zusammenfassend Hofer, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 389 ff. 83 ROHG 6, 44, 57 f.: „Simulieren heißt: das erklärte Rechtsgeschäft nicht wollen, sondern ein anderes oder gar keines“. So wurde „… unter den Begriff der „Simulation“ jede Inkongruenz des gewollten materiellen Verhältnisses und der durch den Erklärungsakt begründeten wie gewollten Rechtswirkung gestellt“. Zur heutigen Sichtweise der Abgrenzung von Scheingeschäft und Treuhand Kramer, in: Münch. Komm. BGB4, § 117 Rdn. 13; zu den Wandlungen der Umgehungslehre zur Normanwendungslehre Schröder, Gesetzesauslegung und Gesetzesumgehung, 1985; zur modernen Sichtweise Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962. 84 Nachweise bei Coing, Treuhand, S. 30 ff. 85 Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 170 ff. 86 S. u. S. 180 ff. und Helmholz/Zimmermann, in: dies., Itinera fiduciae, S. 42 f. 87 Vgl. etwa ROHG 17, 281 (Depotwechsel); RGZ 24, 161, 162 f. (Sicherungszession); 26, 180, 182 ff. (Sicherungsübereignung); 27, 128, 129 f. (Inkasso-Indossament).

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dennoch erfolgte Rückgriff entsprach der juristischen Methodenlehre der damaligen Zeit. Man meinte, die Begründung geltender juristischer Strukturen auf historische Modelle zurückführen zu müssen88. b) Treuhand als beschränktes dingliches Recht Nachdem die Treuhand im Bürgerlichen Gesetzbuch keine ausdrückliche Regelung erfahren hatte89, versuchte Schultze, das Modell der germanischen Treuhand dem nun geltenden BGB zugrunde zulegen. Danach wurde bei der Treuhand nicht ein dingliches Recht übertragen, dessen Ausübung schuldrechtlich begrenzt wurde, sondern Schultze nahm von vornherein eine begrenzte dingliche Rechtsmacht an. Aus der Zweckbestimmung des Geschäfts leitete er automatisch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung der Verfügung ab90. Damit erkannte er ein beschränkt wirkendes dingliches Recht an, das nicht unter die Kategorien des Dritten Buchs des Bürgerlichen Gesetzbuchs fällt. Auch bestimmte gesetzlich geregelte fiduziarische Rechtsinstitute sah er als Ausprägung der germanischen Treuhand an (z. B. den Testamentsvollstrecker)91. Seine Sichtweise konnte sich allerdings nicht durchsetzen92. Auch die von ihm favorisierte Möglichkeit, eine Vollrechtsübertragung von vornherein auflösend zu bedingen, setzte sich in der Praxis nicht durch93; sie erwies sich insbesondere bei der Forderungszession als zu gefährlich, da jeder Verstoß ___________ 88 Coing, Treuhand, S. 37. 89 Dazu Schultze, Jher. Jb. 43 (1901), 1, 19 f. m. w. N. 90 Schultze, Jher. Jb. 43 (1901), 1, 20–25, 34 sowie S. 41, für gespendete Sammelvermögen und S. 55 für die Inkassoübertragung; zustimmend Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 129 f.; Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 17; a. A. Fischbach, Treuhänder, S. 131; Schöny, Treuhandgeschäfte, S. 6 Fn. 3; Schless, Mittelbare Stellvertretung, S. 70 ff.; Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 688 f., 696; Anker, Rechtsnatur, S. 53; Heymann, FS Brunner, S. 473, 512, 516, wobei diese Autoren die Ansicht Schultzes entweder grundsätzlich ablehnen und auf § 137 BGB verweisen oder sich aber gegen die automatische Unterstellung einer Bedingung wenden und verlangen, dass die Bedingung bewiesen werden müsse (so etwa Anker und Heymann, a. a. O.); falls eine Bedingung vereinbart sei, liege hierin kein Verstoß gegen § 137 BGB (Heymann, a. a. O., S. 518 ff. m. w. N. auch zur a. A.). 91 Schultze, Jher. Jb. 43 (1901), 1, 64 ff. 92 Ablehnend schon Nord, Treuhänder, S. 14; weitere Nachweise bei Coing, Treuhand, S. 50, und oben in Fn. 90. Die Rechtsprechung folgte der Sichtweise Schultzes in einzelnen Sachfragen, so etwa RGZ 55, 389, 394; 99, 142, 143 (fiduziarische Zession mit auflösend bedingter Vollberechtigung); 145, 253, 257 (Rückfall des Treuguts aus Treuhandvergleich bei nachfolgender Konkurseröffnung). Eine auflösend bedingte Treuhand hält auch Canaris, FS Flume, 1978, Bd. 1, S. 371, 419, für zulässig. 93 Nord, Treuhänder, S. 14 f.; Coing, Treuhand, S. 50.

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gegen die Sicherungsabrede den Rückfall der Forderung ausgelöst hätte. Zudem versagte der automatische Rückfall bei bedingungsfeindlichen Geschäften (vgl. § 925 Abs. 2 BGB). Schließlich wird ein gutgläubiger Erwerber über §§ 161 Abs. 3, 932 ff. BGB, 366 HGB geschützt, so dass das Konzept einer von vornherein beschränkten dinglichen Rechtsmacht keinen umfassenden Schutz des Treugebers bot. c) Die weitere Entwicklung Eine Hochphase erlebte die Diskussion um die Treuhand in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, deren vorläufiger Schlusspunkt durch die grundlegende Arbeit von Siebert94 und die Diskussion auf dem 36. Deutschen Juristentag über die damals bejahte Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der Treuhand95 gesetzt wurden. Diese Diskussion soll hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden96. Bis heute ist das Institut der Treuhand im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht ausdrücklich erfasst. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine Reihe von gesetzlichen Treuhandverhältnissen außerhalb des BGB geschaffen97, aus denen sich aber kein einheitliches Regelungsmuster ableiten lässt, um von einem Treuhandrecht sprechen zu können. Treuhandrechtliche Fragen bleiben also weiterhin der Klärung durch Rechtsprechung und Wissenschaft überantwortet. Gleiches gilt für den Begriff „Treuhand“, der ebenfalls keine festumrissenen Konturen hat. Er findet sowohl bei Sicherungs- und Verwaltungstreuhandverhältnissen als auch bei vielen sonstigen interessenwahrenden Rechtsverhältnissen (z. B. als werbewirksamer Bestandteil der Firmenbezeichnung von Revisions- und Treuhandgesellschaften) Verwendung. Herkömmlich wird der Begriff für Rechtsverhältnisse verwendet, bei denen der Treuhänder die ihm zustehende Rechtsposition im eigenen Namen wahrnimmt, sie aber aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschäfts ausschließlich oder zumindest überwiegend im fremden Interesse ausübt98. Die bis heute andauernde Diskussion um die Treuhand war von dem Versuch bestimmt, sie aus der ursprünglich sehr engen Betrachtungsweise der ___________ 94 Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis. 95 Haemmerle und Friedmann, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632 ff., 805 ff.; Beschlussfassung, a. a. O., Bd. 2, S. 72 ff. 96 Einen Überblick gibt Friedmann, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 805 ff. 97 Eine Übersicht über derartige Fälle findet sich bei Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 3 ff.; Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 646. 98 Zur Diskussion des Treuhandbegriffs siehe etwa Goetz, Treuhandwesen, S. 6 ff.; Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 5 ff.

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fiduziarischen Treuhandtheorie zu lösen. Dabei lassen sich zwei Ansatzpunkte unterscheiden, die von den jeweiligen Autoren bedauerlicherweise nicht immer explizit aufgedeckt werden99. Ein Teil der Autoren ging weiterhin vom sachenrechtlichen Ansatz aus100, versuchte aber die Zahl der Anwendungsfälle des Aussonderungsrechts im Konkurs zu erweitern101 (dazu sogleich unter 1). Ein anderer Teil der Autoren verließ die sachenrechtliche Betrachtungsweise gänzlich102 und versuchte, gemeinsame Regeln für sämtliche Vorgänge zu entwickeln, die sich wirtschaftlich als Treuhand darstellen (dazu sogleich unter 3.). Zwischen diesen beiden Ansichten finden sich zahlreiche Mischformen (dazu unter 2.). (1) „Echte“ und „unechte“ Treuhand Bis heute streitig ist die Frage, in welchen Fällen dem Treugeber das Recht zur Aussonderung des Treuguts im Konkurs des Treuhänders und zur Erhebung der Drittwiderspruchsklage zusteht. Der Streit konzentriert sich auf die Frage, was genau als aussonderungsfähiges Treugut anzusehen ist. Indem die Rechtsprechung die Theorie vom fiduziarischen Treuhandgeschäft anwandte, übernahm sie auch die bis heute übliche sachenrechtliche Betrachtungsweise der Treuhand. Eine Treuhand liegt danach vor, wenn eine im Außenverhältnis überschießende sachenrechtliche Verfügungsmacht eingeräumt ist, die nur über schuldrechtliche Pflichten im Innenverhältnis beschränkt ist103. Diese Sichtweise legte das Reichsgericht einer Entscheidung aus dem Jahr 1914 zugrunde, als es feststellte, eine Treuhand liege nur vor, wenn ein Übertragungsakt vom Treugeber auf den Treuhänder stattgefunden habe104. Dieser Standpunkt war in der vorangegangenen Rechtsprechung keineswegs zwingend angelegt105. Das Reichsgericht erkannte später zwar auch treuhänderische Pflichten an, wenn es an einer unmittelbaren Übertra___________ 99 Dies beklagen schon früh Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 666, 672 („grenzenlose Begriffsverwirrung“) sowie Fuellmich, FS Deutsch, S. 919, 921 („schwer überschaubar“). Gelungen ist die Begriffsklärung etwa bei Liebich, Treuhandwesen, S. 76 ff.; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 11 ff. 100 Diese Ansicht dominiert bis heute die Kommentarliteratur zum Insolvenzrecht, vgl. statt vieler Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO2, § 47 Rdn. 234 ff.; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 43 Rdn. 10 ff. (weiter dagegen § 23 Rdn. 16); Eickmann, in: HK-InsO3, § 47 Rdn. 14 f. 101 Überblick bei Kilger/K. Schmidt, KO, § 43 Anm. 9. 102 Beispielhaft genannt sei die Kritik von Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 131 ff. 103 Coing, Treuhand, S. 39 f. 104 RGZ 84, 214, 217; bestätigt durch RGZ 91, 12, 16; 94, 305, 308; 127, 341, 344; 133, 84, 87; 153, 350, 353; JW 1925, 1760, 1762; JW 1926, 2571, 2572. 105 In den Entscheidungen RGZ 45, 80, 83 ff.; 79, 121, 122 f., hatte das RG diese Voraussetzung noch nicht aufgestellt.

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gung vom Treugeber auf den Treuhänder fehlte106. Solche Rechtsverhältnisse ordnete die Rechtsprechung als Treuhandverhältnisse im weiteren Sinne ein107 und hielt daran fest, dass ein Aussonderungsrecht nur bei der echten Treuhand bestehe, nicht aber bei Treuhandverhältnissen im weiteren Sinne (unechte Treuhand108). Aufgrund des Erfordernisses der Unmittelbarkeit wurden auch Surrogate des Treuguts oder Gegenstände, die mit Mitteln des Treuguts erworben wurden, nicht als aussonderungsfähig anerkannt109. Sowohl das Unmittelbarkeitsprinzip als auch die daraus abgeleiteten Schlussfolgerung, dass Surrogate und mit Mitteln des Treuguts erworbene Gegenstände nicht aussonderungsfähig seien, sind im Schrifttum auf Widerstand gestoßen110. Ob der Bundesgerichtshof auf Dauer an seiner Ansicht festhalten wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen111. Diskutiert wurde eine teilweise gesetzliche Abschaffung des Prinzips112. Vom Prinzip der Unmittelbarkeit hat die herrschende Ansicht bislang nur eine Ausnahme zugelassen. Fehlt es an der unmittelbaren Übertragung, muss zumindest die treuhänderische Zweckbindung offenkundig sein. Bei___________ 106 Vgl. etwa RG, JW 1926, 2571, 2572; RGZ 121, 294, 296; 160, 52, 59; RG, KTS 1929, 86 f. (Grundstückserwerb mit Mitteln des Treuguts); RG, LZ 1928, 1248 Nr. 6 (Erwerb von Grundstücken mit treuhänderisch überlassenem Geld). 107 Instruktiv RGZ 160, 52, 59. 108 Die Begriffsbildung ist uneinheitlich. Fischbach, Treuhänder, S. 132, beschreibt mit dem Begriff „echte Treuhand“ eine solche, bei der der Treuhänder keine Eigeninteressen verfolgt (fremdnützige Treuhand), während die „unechte Treuhand“ eine solche sei, bei der Eigeninteressen des Treuhänders im Spiel sind (z. B. Sicherungszessionen). 109 RGZ 94, 305, 307 f.; 153, 366, 370; a. A. Schless, Mittelbare Stellvertretung, S. 62 ff.; wohl auch Heymann, FS Brunner, S. 473, 514 f. Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 7, 10, lehnt zwar das Unmittelbarkeitserfordernis ab, anerkennt aber trotzdem nicht die Surrogate (a. a. O., S. 56 f.) als aussonderungsfähig, da ein allgemeines Prinzip der Surrogation unbekannt sei. Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 695, befürwortet die gesetzliche Anerkennung der Surrogation bei der Treuhand; Bachem, a. a. O., S. 57 f. befürwortet die gesetzliche Anerkennung des Direkterwerbs des Treuhänders für den Treugeber. S. a. die Nachweise unten auf S. 203 in Fn. 282. 110 Vgl. Marwede, Rechtsnatur, S. 178 ff.; Assfalg, Treugut, S. 154 ff.; Kötz, Trust, S. 132 ff.; ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 59 f.; G. Walter, Unmittelbarkeitsprinzip, S. 115 ff., 155; Blaurock, Unterbeteiligung, S. 242 ff. (248: Bestimmtheitsgrundsatz macht Unmittelbarkeitsprinzip hinfällig); kritisch auch Heinsius, in: FS Henckel, 1995, S. 387 ff. m. w. N. 111 Offen die Formulierung bei BGH, NJW 1993, 2622; dazu Heinsius, in: FS Henckel, 1995, S. 387, 392. 112 Vgl. zu einem entsprechenden Referentenentwurf Fleckner, WM 2004, 2051 ff.

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spiel hierfür sind Mietkautionen und Ander- oder Sonderkonten113. Diese Ausnahme hat für die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells Bedeutung, wenn das Vermögen auf Treuhandkonten oder in Treuhanddepots liegt. Das Kontoguthaben wird selbst dann als treuhänderisch verwaltet angesehen, wenn es von dritter Seite zugunsten des Vermögensinhabers überwiesen wurde114. Entscheidend ist jedoch, dass das Konto als Anderkonto oder als Sonderkonto erkennbar ist und damit vom übrigen Vermögen des Treuhänders getrennt wurde115. Nicht ausreichend ist, dass die zugrunde liegende Vertragsbeziehung treuhänderischen Charakter hat, oder dass dem vermeintlichen Treugeber eine Zeichnungsbefugnis für das Konto des vermeintlichen Treuhänders eingeräumt wurde116. Das Geschäftsbesorgungsund Auftragsrecht begründet nur schuldrechtliche Ansprüche. Sachenrechtlich wird hierdurch nicht ipso iure eine treuhänderische Position begründet117, sondern es bedarf eines gesonderten Aktes, etwa in Form der Eröffnung eines speziellen Kontos. Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob der Bank an dem Guthaben ein Aufrechnungs-, Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht. Konnte die Bank den Treuhandcharakter des Kontos nicht erkennen, stehen ihr das Aufrechnungs-, Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte gegen den formellen Inhaber zu und der vermeintliche Treugeber kann nicht einwenden, das Guthaben stehe ausschließlich ihm zu118. Dabei hat die Rechtsprechung zu Recht festgestellt, dass der Bank keine Nachforschungspflicht hinsichtlich des Treuhandcharakters eines Kontos obliegt119. Die soeben dargestellte Lösung der herrschenden Meinung in Bezug auf die Aussonderung suggeriert, dass im Falle der echten Treuhand dem Treugeber mehr Schutz gewährt wird als bei Vorliegen einer unechten Treuhand. Betrachtet man den Schutz des Treugebers gegen treuwidrige Verfügungen, zeigt sich, dass beide Arten der Treuhand einen gleich schlechten Schutz bieten, selbst wenn die Treuhand durch eine unmittelbare Übertragung vom Treugeber auf den Treuhänder begründet wurde. Die herrschende Meinung ___________ 113 BGH, NJW 1954, 190 ff.; NJW 1959, 1223, 1225; NJW 1971, 559 f.; Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO2, § 47 Rdn. 245 ff.; Eickmann, in: HK-InsO3, § 47 Rdn. 15; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 43 Rdn. 13; Kilger/K. Schmidt, KO, § 43 Anm. 9; Smid, InsO2, § 47 Rdn. 28; Canaris, NJW 1973, 825, 830 ff., einschränkend aber die Formulierung von BGH, NJW 1993, 2622. 114 Kilger/K. Schmidt, KO, § 43 Anm. 9. 115 BGH, NJW 1971, 559, 560; OLG Hamburg, VersR 1988, 288, 289; Coing, FS Bärmann, S. 203, 209 f. 116 Coing, FS Bärmann, S. 203, 209 f. 117 Vgl. etwa RG, JW 1925, 1760, 1762; BGH, NJW 1971, 559, 560. 118 BGHZ 61, 72 ff. 119 BGHZ 61, 72, 78.

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geht – gestützt auf § 137 Satz 1 BGB – davon aus, dass treuwidrige Verfügungen an Dritte wirksam sind und der Dritte Eigentum erwirbt120. Die von einer Mindermeinung vertretene Ansicht, die die Tatbestände der §§ 932, 892 BGB anwenden will121, wird mit dem Argument abgelehnt, der Treuhänder sei formaler Eigentümer, so dass der Rechtsscheinerwerb schon tatbestandlich ausscheide. Die herrschende Meinung lehnt es zudem ab, die Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht anzuwenden, obwohl deren Anwendung auf die Konstellation nahe liegt, denn der Treuhänder überschreitet die nach außen vorhandene, aber im Innenverhältnis begrenzte Macht122. Grenze des Erwerbs seien vielmehr die §§ 826 BGB, 266 StGB123. Vergleicht man diesen Standpunkt mit Rechtsprechung und herrschender Meinung im Hinblick auf treuwidrige Verfügungen eines Testamentsvollstreckers, erscheint er inkonsequent. Dort wird im vergleichbaren Fall wissentlichen Handelns zum Nachteil der Erben durch treuwidrige Verfügungen angenommen, dass sich der Missbrauch unmittelbar auf die rechtliche Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts auswirke, sofern er dem Dritten erkennbar war124. Würde man diese Regel auf den parallelen Fall der fiduziarischen Treuhand übertragen, wäre ein wesentlich höherer Schutz des Treugebers erreicht, ohne dass der Verkehrsschutz hierunter leidet, da der fahrlässig handelnde Dritte nicht schützenswert ist125. ___________ 120 Motive, Bd. II, S. 2 f.; RGZ 99, 142, 145; 153, 366, 369 ff.; BGH, NJW 1968, 1471 mit abl. Anm. Kötz; BGH, NJW 1999, 1026 ff. (treuhänderische Vermögensverwaltung); Canaris, FS Flume, 1978, Bd. 1, S. 371, 419 f., 421; Nord, Treuhänder, S. 16 f.; Soergel/Leptien, BGB13 Vor § 164 Rdn. 52, 58, 60; Bassenge, in: Palandt, BGB64, § 903 Rdn. 39; Hopt/Mülbert, Kreditrecht, Vor §§ 607 Rdn. 193; wohl auch R. Liebs, AcP 175 (1975), 1, 32 f. Zur Entstehung von § 137 BGB Wiegand, AcP 190 (1990), 112, 117 f. 121 Kötz, Trust, S. 140 f.; wohl auch Reinhard/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 46. 122 Für diese Ansicht daher Coing, Treuhand, S. 166 ff.; ders., FS Bärmann, S. 203, 211 f.; v. Kries, Treuwidrige Verfügungen, S. 108 ff.; a. A. BGH, NJW 1968, 1471 mit insoweit krit. Anm. Kötz; Marwede, Rechtsnatur, S. 165 f. 123 RGZ 99, 142, 145; 153, 366, 370 f., BGH, NJW 1968, 1471 mit Anm. Kötz; Canaris, FS Flume, 1978, Bd. 1, S. 371, 421; Marwede, Rechtsnatur, S. 166 ff., sowie die weiteren Nachweise in Fn. 120. 124 RGZ 75, 299, 301; 83, 348, 353; 130, 131, 134; BGHZ 30, 67, 71; Zimmermann in: Münch. Komm. BGB4, § 2205 Rdn. 68 m. w. N. 125 Ebenso Kötz, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 98; ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 60 ff.; Coing, Treuhand, S. 166 ff.; Timm, JZ 1989, 13, 22 ff.; Baumbach/Hopt, HGB31, § 105, Rdn. 33; Ulmer, in. Münch. Komm. BGB4, § 705 Rdn. 90 m. w. N.; noch weitergehend Wiegand, AcP 190 (1990), 112, 136.

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(2) Verwaltungsmacht sui generis und Ermächtigungstreuhand In den Anfängen der Treuhanddiskussion war umstritten, wie die Treuhand in das System des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzuordnen war. Die überwiegende Lehre nahm an, der Treuhänder erwerbe das Vollrecht. Nord und Rhode dagegen ordneten den Treuhänder als Verwalter eigener Art ein und stellten ihn damit in eine Reihe mit Testamentsvollstreckern, Nachlassverwaltern u. Ä., da es keinen numerus clausus der Verwalter im Gesetz gebe. Der Treugeber bleibe Eigentümer, der Treuhänder erhalte ein Verwaltungsrecht eigener Art126. Dieser Ansatz hat sich nicht durchgesetzt. Eine ähnliche in der Lehre vertretene Position war lange Zeit umstritten, nämlich die Frage, ob auch die so genannte Ermächtigungstreuhand als Treuhand eingeordnet werden kann127. Bei der Ermächtigungstreuhand wird der Treuhänder gemäß § 185 Abs. 1 BGB ermächtigt, über fremdes Eigentum zu verfügen (Beispiel: Stellung der Wertpapiersammelbanken gemäß § 6 Abs. 2 DepotG). Die heute herrschende Meinung bejaht dies128. Die Ermächtigungstreuhand bewirkt ebenfalls eine Verdoppelung der Rechtszuständigkeit, da Eigentümer und Ermächtigter nebeneinander verfügen können129. Die bloße Einräumung von Vertretungsmacht bei der offenen oder verdeckten Stellvertretung wird als nicht ausreichend angesehen130. Ein Aussonderungsproblem entsteht nicht, da das Vollrecht beim Treugeber verbleibt. (3) Bedeutung des Innenverhältnisses Aufgrund der rein sachenrechtlichen Betrachtung der Treuhand spielte die Rechtsposition des durch die Treuabrede Begünstigten über lange Zeit keine Rolle in der wissenschaftlichen Diskussion. Selbst die grundlegende Arbeit von Siebert aus dem Jahr 1933 enthielt keine umfassende Beschreibung der ___________ 126 Nord, Treuhänder, S. 31 f.; wohl auch Rhode, Juristische Person und Treuhand, S. 89 ff., 92; a. A. etwa Anker, Rechtsnatur, S. 62 ff. 127 So Anker, Rechtsnatur, S. 64 ff.; a. A. etwa Schless, Mittelbare Stellvertretung, S. 32 ff. 128 Grundlegend Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 237, 294 ff.; RGZ 117, 69, 71 ff.; zustimmend Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 17 f.; ihnen folgend die heute h. M., vgl. etwa BGH, NJW 1954, 190, 191; BGHZ 19, 69, 71; Coing, Treuhand, S. 96; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 17 f. 129 Ausführlich zur Ermächtigungstreuhand Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 21 ff. 130 Vgl. etwa RGZ 91, 12, 16; Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 8, 10 m. w. N. zum Streitstand; Haemmerle, Gutachten, in: Verhandlungen des 36. DJT, Bd. 1, S. 632, 669; Coing, Treuhand, S. 97 f.; abweichend Bassenge, in: Palandt, BGB64, § 903 Rdn. 34 (Vollmachttreuhand).

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schuldrechtlichen Pflichten des Treuhänders. Coing führt dies darauf zurück, dass man die Treuhand aus der fiducia abzuleiten versuchte, die ihrerseits kein eigenständiges Rechtsgeschäft darstellte131, sondern an einen formalen Übertragungsakt gebunden war. Anker etwa bezeichnet die Treuhand als eine „eigenartige Verschmelzung zwischen der ‚Causa‘ und dem ‚Erfüllungsgeschäft‘ “, die eine „unlösliche Einheit“ bildeten132. Die neuere deutsche Treuhandforschung lehnt die rein sachenrechtliche Betrachtung der Treuhand ab, die die Frage der Aussonderung und damit Drittwirkung treuhänderischer Abreden in den Mittelpunkt stellt. Sie betont stattdessen das Innenverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder133. Dadurch ist sie in der Lage, weit mehr als bisher rechtsvergleichend auf das angloamerikanische Recht zuzugreifen und dessen Ansätze fruchtbar zu machen134. Dieser Ansatz hebt allerdings bestehende Unterschiede zwischen Treuhand und Trust nicht auf, erlaubt es aber, die Position des deutschen Rechts an manchen Punkten kritisch zu überdenken. Für die neue Sichtweise spricht ohne Zweifel die Tatsache, dass der Gesetzgeber, wann immer er den Begriff des Treuhänders verwendet135, nicht darauf abstellt, ob dieser Vollrechtsinhaber wurde oder nicht. Die Neuregelung der Sicherungsübereignung in § 51 Nr. 1 InsO zeigt, dass der Gesetzgeber das Sicherungseigentum trotz Übertragung des Vollrechts als dem Pfandrecht näher einordnet und damit ebenfalls eine wirtschaftliche Sichtweise zugrunde legt. Auf die soeben geschilderten Komplexe wird an den einschlägigen Stellen der Arbeit zurückzukommen sein. Denn gerade die Vermögensverwaltung bietet ein gutes Beispiel dafür, wie eng die bisherige Sichtweise des deutschen Schrifttums ist. Vermögensverwaltungen nach dem Vertretermodell und nach dem Treuhandmodell bezwecken die Erhaltung und Mehrung fremden Vermögens. Der Schutz in der Insolvenz ist jedoch höchst unterschiedlich. Beim Vertretermodell verbleibt das zu verwaltende Vermögen im Eigentum des Kunden, so dass der Konkurs des Vermögensver___________ 131 Coing, Treuhand, S. 39. 132 Anker, Rechtsnatur, S. 72. Der Diskussionsstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist wiedergegeben bei Fischbach, Treuhänder, S. 136 ff. 133 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 15 f.; Grundmann, Treuhandvertrag, insbesondere S. 87 ff.; Bedenken äußert Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 11 f., der bei der Definition der Treuhand aus dem Innenverhältnis heraus die Gefahr sieht, dass die Treuepflicht als Hauptpflicht der Treuhand mit der allgemeinen Treuepflicht, die für alle Vertragstypen gilt, vermischt und die Unterscheidung damit konturlos wird. 134 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 90 f. 135 S. o. S. 172 Fn. 97.

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walters ohne Belang ist. Beim Treuhandmodell ist der Vermögensverwalter Treuhänder. Verwaltet er Gelder auf Treuhandkonten, sind diese aussonderungsfähig. Anders stellt sich die Lage bei Immobilienvermögensverwaltungen dar. Das Unmittelbarkeitsprinzip und die Nichtanerkennung von Surrogationen haben eine Benachteiligung der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells zur Folge. Nimmt der Vermögensverwalter Umschichtungen des Vermögens vor, führt dies dazu, dass dem Kunden kein Aussonderungsrecht an den erworbenen Grundstücken zusteht. Trotz gleicher Zielsetzung der beiden Modelle der Vermögensverwaltung gewähren sie nach herrschender Meinung also einen höchst ungleichen Schutz. Das Ergebnis ist eher zufällig und wirkt ausgesprochen gekünstelt. Wird der Vermögensverwalter nach dem Treuhandmodell unmittelbar nach Beginn der Vermögensverwaltung insolvent, hatte er noch keine Gelegenheit zu Umschichtungen. Der Kunde genießt das Aussonderungsrecht an allen übertragenen Gegenständen. Fällt der Vermögensverwalter dagegen einige Jahre nach Beginn der Vermögensverwaltung in Konkurs, ist aufgrund der zwischenzeitlichen Umschichtungen des Vermögens kein Aussonderungsrecht mehr gegeben. Entsprechend der Zielsetzung der Vermögensverwaltung, nämlich Anlage und Umschichtung des Vermögens zum Zwecke einer anlegergerechten Vermögenserhaltung und -mehrung, dürfte es eigentlich keinen Unterschied machen, welches der beiden Modelle man zur Vermögensverwaltung wählt. Der herrschenden Meinung allerdings kommt es bislang nicht auf die Zielrichtung des Innenverhältnisses an, sondern sie betont allein die sachenrechtliche Ebene. Trotz der seit geraumer Zeit immer stärker werdenden Kritik an diesem Standpunkt hat sich das überwiegende Schrifttum zur Vermögensverwaltung136 bislang nicht mit diesen Wertungswidersprüchen auseinander gesetzt. Gerade das Beispiel der Vermögensverwaltung zeigt besonders deutlich, wie willkürlich der bisherige Lösungsansatz ist, der trotz einheitlicher Ordnungsaufgabe je nach Ausgestaltung des Vermögensverwaltungsvertrags zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommt. Aufgrund der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit soll an dieser Stelle kein eigener Lösungsansatz zu dieser Frage entwickelt werden. Festzuhalten ist jedoch, dass gerade die ___________ 136 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 229, beschreibt zwar den unterschiedlichen Schutz beider Modelle im Konkurs, nimmt ihn aber hin und rät konsequenterweise von der Verwendung des Treuhandmodells ab (a. a. O., S. 36). Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 9 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 59; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 21, 75, geht auf die Frage nicht ein. Ausführlich und zutreffend dagegen Roll, Vermögensverwaltung, S. 99 ff.

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Vermögensverwaltung in ihren beiden Formen belegt, wie berechtigt die Kritik am Unmittelbarkeitsprinzip ist.

6. Der Trust im angloamerikanischen Recht a) Herausbildung des Trusts Das heute als Trust geläufige Rechtsverhältnis der „uses“137, dessen Ursprung bis heute streitig ist138, diente ab dem 13. Jahrhundert vor allem zur Umgehung der mit dem Grundbesitz verbundenen Feudallasten, insbesondere der im Erbfalle anfallenden Lasten und Rechte des Lehnsherrn139. So konnte beispielsweise der Lehnsmann durch Übertragung des Lehens auf einen oder mehrere Dritte (Trustee) erreichen, dass nach seinem Tod das Lehen zugunsten von minderjährigen Erben („cestui que use“, später „cestui que trust“ oder „Beneficiary“) verwendet wurde und verhindern, dass der Lehnsherr während der Zeit der Minderjährigkeit das Lehen an sich nahm. Auch war es durch Vereinbarung der uses und späterer Übertragung an den eigentlich Begünstigten möglich, die Regel des Common Law zu umgehen, wonach eine gewillkürte Erbfolge bei Grundstücken ausgeschlossen war140. Die Zwecke des Trusts ähneln damit den geschilderten Fallgruppen der Treuhand141. Die Herausbildung eines auf zwei Berechtigte aufgespaltenen Eigentums erklärt sich aus der Trennung des englischen Rechts in zwei selbstständige, voneinander unabhängige Normenkreise, Common Law und equity. Nach ___________ 137 Zur Geschichte des Trusts Bean, The Decline of English Feudalism, S. 104 ff.; Langbein, 105 Yale L.J. 625, 632 ff. (1995); Maitland, GrünhutsZ 32 (1905), 1 ff.; Biancalana, Helmholz, Jones und McNair, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 111 ff., 153 ff., 173 ff., 207 ff.; Coing, Treuhand, S. 4 ff.; Fischbach, Treuhänder, S. 53 ff.; Kötz, Trust, S. 14 ff.; Nachod, Treuhänder, S. 3 ff.; Zweigert/ Kötz, Rechtsvergleichung, S. 36, 185 f. 138 Zur Diskussion über den Ursprung des Trusts, der zunächst im römischen Recht, später im germanischen Recht gesehen wurde, siehe Bean, The Decline of English Feudalism, S. 105 f.; Helmholz/Zimmermann, Biancalana, Helmholz sowie Graziadei, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 31 ff., 36, 113, 166 ff., 356 ff., mit umfassenden Nachweisen. Zur Frage, ob dabei das Kirchenrecht eine Brückenfunktion zwischen kontinentalem und englischem Recht übernommen haben könnte Nörr, The European Side of the English Law, S. 15. 139 Ausführlich dazu Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 1 ff. Ein facettenreiches Bild dieser Vorgänge zeichnet auch Biancalana, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 131 ff. 140 Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 3; Maitland, GrünhutsZ 32 (1905), 1, 14. 141 S. o. S. 166 Text bei Fn. 71 sowie Scherner, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 262 ff.

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den Regeln des Common Law stand dem Treuhänder das Lehen zu. Da die englischen Courts of Law an ein starres, formalistisches Verfahren gebunden waren, das zunächst keinen Rechtsbehelf gegen die Nichteinhaltung eines simple contract (Treuabrede) vorsah, blieb der Treugeber zunächst schutzlos; auch sprachen die Common Law Courts nur Schadensersatz, nicht aber Erfüllung (specific performance) zu142. Schutzlos blieb auch der Erbe, der an der Treuabrede nicht als Vertragspartner beteiligt war. Erst die equityRechtsprechung, aber auch Kirchen- und Schiedsgerichte143, nahmen sich ab dem 14. Jahrhundert des Problems an. Der Chancellor, des Königs höchster Verwaltungsbeamter, sah in einem abredewidrigen Verhalten des Treuhänders einen Verstoß gegen „good conscience“ und hielt den Treuhänder und später auch dessen Rechtsnachfolger nach den Regeln der equity für verpflichtet, die Treuabrede einzuhalten. Der Treuhänder war zwar at law Inhaber des Grundstücks, musste nach den Regeln der equity aber die Nutzung zu Lebzeiten dem Treugeber, nach dessen Tode dem Erben einräumen. Im Ergebnis stand damit zwei Personen das Eigentum an der Sache zu („legal ownership“ und „equitable ownership“). Da der primäre Zweck der uses in jener Zeit die Immobilienübertragung war, lag es nahe, ihnen von vornherein auch sachenrechtliche Wirkung zuzusprechen144. Die Rechtsprechung des Chancellor wurde im Laufe der Zeit verfeinert145. Dem Versuch Heinrichs VIII., die uses abzuschaffen146, um die Vorteile des Königs aus dem Lehnswesen zu erhalten, war kein langfristiger Erfolg beschieden147. Das Gesetz wandelte zwar die equitable ownership des Beneficiary in legal ownership um; die Jurisprudenz legte das Gesetz jedoch einschränkend aus und nahm an, dass nur der jeweils erste use erfasst sei, während ein „use upon the use“ weiterhin equitable ownership verschaffe. Diesen „use upon the use“ nannte man „Trust“. Faktisch kam es damit aufgrund des Bedürfnisses der Rechtspraxis ab dem 17. Jahrhundert zur Wiederanerkennung der Rechtsfigur der uses unter anderer Bezeichnung. Der Trust wurde auch auf ___________ 142 Kötz, Trust, S. 16; Langbein, 105 Yale L.J. 625, 634 (1995). 143 Dies ergeben jüngere Forschungen, siehe Biancalana und Helmholz, in: Helmholz/ Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 142 ff., 153 ff.; Helmholz, 79 Columbia L. Rev. 1503 ff. (1979). 144 Langbein, 105 Yale L.J. 625, 636 (1995), zur dogmatischen Einordnung s. u. S. 200 Text bei Fn. 265. 145 Coing, Treuhand, S. 6; Kötz, Trust, S. 20 f. 146 Statute of Uses 1535, 27 Hen. VIII, c. 10. Das Gesetz wurde in England 1925 formal aufgehoben. Zu seiner Wirkung in den USA vgl. Restatement (Second) of Trust ss. 67 et seq. 147 Fischbach, Treuhänder, S. 57; Jones, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 173 ff., insb. 182.

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andere Gebiete, die mit dem Lehnswesen148 nicht zusammenhingen, übertragen und blieb auch nach der Vereinigung der Common Law Courts und der Courts of Chancery durch den Supreme Court of Judicature Act 1873149 erhalten150. Aus den ursprünglichen uses, die der Grundstücksübertragung dienten, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte ein einzigartiges Rechtsinstitut mit vielerlei Zwecken und Erscheinungsformen. Die praktische Bedeutung war groß. Im 15. Jahrhundert soll mehr als die Hälfte des Grundvermögens in treuhänderischer Verfügungsgewalt gestanden haben151. Da die Industrialisierung in England weit früher als in Deutschland einsetzte, bildeten sich dort bereits ab dem 17. Jahrhundert größere Vermögen, weshalb auch die Bedeutung des Trusts nochmals deutlich zunahm152. Dabei stand der Trust keineswegs als Synonym für die Verwaltung allein des Vermögens der Reichen. Vielmehr sah der Public Trustee Act von 1906153 die Bestellung amtlicher Treuhänder vor und versah sie u. a. mit der Aufgabe, für Minderbemittelte Vermögen bis 1.000 Pfund Sterling gegen geringe Gebühren zu verwalten. Die Entwicklung im Detail und die zahlreichen gesetzlichen Regelungen des Trusts154 sollen hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden. Auch die Verbreitung dieses Rechtsinstituts, das in den Rechtsordnungen des angloamerikanischen Rechtskreises sowie in Japan und Liechtenstein vorkommt, sich aber auch in Rechtsordnungen mit römisch-rechtlicher Tradition, wie Schottland, Südafrika oder Quebec unter dem englischen Einfluss aus römisch-rechtlichen Instituten heraus ent___________ 148 Die lehnsrechtlichen Grundstücksbelastungen wurden durch den Military Tenures Abolition Act 1660 (12 Car. 2, c. 24) abgeschafft. 149 36 & 37 Vict., c. 66. 150 Coing, Treuhand, S. 7; Assfalg, Treugut, S. 6; Heymann, FS Brunner, S. 473, 488 f.; zu den weiteren Zwecken des Trusts Jones, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 181 ff. 151 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 151 Fn. 476; Kötz, Trust, S. 15. 152 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 565; Nachod, Treuhänder, S. 38. 153 Edw. VII, c. 55. 154 Laut Nachod, Treuhänder, S. 5, sind zwischen 1796 und 1892 allein 33 den Trust betreffende Gesetze erlassen worden. Bedeutend waren bzw. sind etwa der Trustee Act 1893 (56 & 57 Vict., c. 53) und der Judicial Trustees Act 1896 (59 & 60 Vict., c. 35) sowie später der Trustee Act 1925 (15 Geo. 5, c. 19), der Trustee Investments Act 1961 (9 & 10 Eliz. 2, c. 62), der Perpetuities and Accumulations Act 1964 (c. 55) und der Trusts of Land and Appointment of Trustees Act 1996 (c. 47). Die Gesetze regelten vor allem Verfahrensfragen und schufen subsidiäre Regeln, mit denen sich Lücken im trust instrument schließen ließen. Das materielle Law of Trusts blieb damit im Wesentlichen Case Law, vgl. Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 257, 260.

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wickelte155, bedarf keiner vertieften Untersuchung. Für die vorliegende Untersuchung entscheidend ist zweierlei: (1) Mit dem Trust steht ein einheitliches, allgemein anwendbares Treuhandrecht zur Verfügung, das die verschiedenartigsten wirtschaftlichen Vorgänge mit Interessenwahrungscharakter erfasst. (2) Die Funktionen des Trusts wurden im Laufe der Zeit erheblich erweitert. Während in den Anfängen die Immobilienübertragung innerhalb der Familie im Vordergrund stand und das Amt des Trustees ein Ehrenamt war, diente der Trust zunehmend auch als Institut zum Management finanzieller Werte156 und wurde damit professionalisiert. Dementsprechend haben sich auch die Kompetenzen des Trustees geändert, was folgende zwei Beispiele belegen. Während der Trustee im 19. Jahrhundert ohne ausdrückliche Erlaubnis keine Befugnis zur Umschichtung der Vermögenswerte hatte, steht ihm eine solche nach heutigem Recht zu157. Erweist sich eine vom settlor festgelegte Anlagestrategie als überholt, erlaubt das englische Recht im Interesse der beneficiaries die Änderung der Strategie im Wege gerichtlicher Entscheidung158. Um die Unterschiede zum kontinentalen Verständnis derartiger Interessenwahrungsverhältnisse aufzuzeigen, wird nachfolgend zunächst das Recht des Trusts dargestellt. Dabei wird keine umfassende Darstellung angestrebt, sondern der Frage nach der Geeignetheit des Trusts und ggf. auch der agency für die Vermögensverwaltung nachgegangen (unter b und c). Sodann werden die Unterschiede zum kontinentalen Recht dargestellt (unter d). b) Geeignetheit des Trusts für die Vermögensverwaltung i. w. S. (1) Definition und Errichtung des Trusts Das Restatement (Second) of Trusts definiert in s. 2 den Trust folgendermaßen: „A Trust is a … fiduciary relationship with respect to property, subjecting the person by whom the title to property is held to equitable duties to deal with the property for the benefit of another person, which arises as a result of a manifestation of an intention to create it“. Den Trust zeichnen damit folgende wesentliche Elemente aus. Es handelt sich um ein Rechtsverhältnis (relationship) mit Vertrauenscharakter (fiduciary), das sich auf Vermögenswerte bezieht (property). Derjenige, der diese Werte verwal___________ 155 Dazu Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 20; Helmholz/Zimmermann, in: dies., Itinera fiduciae, S. 28 ff. In Bezug auf die fiducie in Quebec herrscht keine Einigkeit, welchen Ursprungs sie ist, Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 258. 156 Langbein, 105 Yale L.J. 625, 632, 638 (1995). 157 Einzelheiten bei Langbein, 105 Yale L.J. 625, 632, 640 ff. (1995). 158 Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 256, 262.

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tet, unterliegt den Regeln der equity, die ihn verpflichten, das Gut zum Vorteil des anderen zu verwalten. Das Rechtsverhältnis wird durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder Verfügung von Todes wegen begründet. Der Trust kann zu jedem legalen Zweck errichtet werden159. Die einem Trust zukommenden Funktionen sind daher vielfältig. Als Hauptfunktionen lassen sich die langfristige Nachlassbindung, die Anlage von Vermögen zu gemeinnützigen Zwecken und die Vermögensverwaltung innerhalb der Familie ausmachen. Neben diesen über lange Zeit im Vordergrund stehenden Zwecken gewann der Trust im 20. Jahrhundert eine stetig wachsende Bedeutung im Bereich des Handels- und Wirtschaftsrechts160. Die Bandbreite seiner Verwendung reicht von Ausprägungen des Trusts, die funktional einer Gesellschaft bzw. der Stimmbindung nahe stehen (so der business trust und der voting trust161) bis hin zu Trusts, die der Kapitalanlage und Alterssicherung (mutual bzw. unit trust und pension funds) dienen, worauf zurückzukommen sein wird. Grund für die Entstehung dieser „modernen“ Varianten des Trusts ist seine Flexibilität und das hohe Schutzniveau, das sich ohne weiteres von den traditionellen Verwendungen auf die kommerziellen Geschäfte übertragen ließ. In ihrer wirtschaftlichen Bedeutung haben die neuen Verwendungsarten die traditionellen Trusts längst überholt162. Wird der Trust durch Rechtsgeschäft errichtet, überträgt der Treugeber (settlor) die Sache oder das Recht auf den Treuhänder (trustee) und erklärt dabei, dass dieser das Vermögen zugunsten eines Dritten („cestui que trust“ oder „Beneficiary“) innehaben solle. Der Dritte erwirbt, ohne dass es seiner Mitwirkung bedürfte, ein equitable interest am Trustvermögen163. Ist der ___________ 159 Restatement (Second) of Trust s. 59. 160 Ausführlich zu diesem Themenkomplex Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 169 ff.; ders., 107 Yale L.J. 165 ff. (1997/98). Austin W. Scott, der Reporter des Restatement (Second) of Trust, schloss in seiner Kommentierung (s. 1 cmt. b) die kommerzielle Verwendung des Trusts – ohne Angabe von Belegen – aus und ignorierte somit die schon damals entgegenstehende Praxis. Da Commercial und Business Trusts ohnehin meist Gegenstand spezieller gesetzlicher Vorgaben (z. B. hinsichtlich der pension funds) oder spezieller Rechtsprechung sind, blieb dies folgenlos. Laut Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 265, gibt es keine Rechtsordnung, die mit ihren Trustee Acts Commercial und Business Trusts abdeckt. 161 Einzelheiten bei Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 222 ff.; Kötz, Trust, S. 72, 75 f.; Arai, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 74 f. 162 Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 193. 163 Damit dient der Trust als Mittel, um die „privity of contract doctrine“ zu überwinden. Nach dieser Doktrin berechtigen und verpflichten Verträge nur die unmittelbar Beteiligten, weshalb das englische Recht bis heute keinen Vertrag zugunsten Dritter

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Trust wirksam errichtet, spielt der Wille des settlor für das weitere Schicksal des Trusts keine Rolle. Die Rechtszuständigkeiten sind zwischen Trustee und Beneficiary aufgeteilt. Da der Treugeber zugleich auch Begünstigter des Trusts sein kann164, bietet sich der Trust als Regelungsrahmen für die Dienstleistung der Vermögensverwaltung an. (2) Die Anlage des Vermögens und die Pflichten des Trustees Die Anlagestrategie wird durch die Investment Clause in der Trusturkunde festgelegt, bei Fehlen einer solchen ergeben sich die Anlagemöglichkeiten aus dem Common Law, speziellen Gesetzen und der Konkretisierung dieser Regeln durch die Rechtsprechung (dazu sogleich). Die bei den Anlagestrategien gewählte Praxis änderte sich im Laufe der Zeit entsprechend den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Bis zum 19. Jahrhundert fehlten regelmäßig ausdrückliche Vorgaben durch den settlor, so dass der Trustee sich bei Investitionen nach den gesetzlichen Vorgaben zu richten hatte. Diese waren – ähnlich der mündelsicheren Anlage des deutschen Rechts (§ 1807 BGB) – auf wenige besonders sicher erscheinende Anlagearten beschränkt (staatliche Anleihen, erstrangige Hypotheken u. Ä.). Da diese Anlagen nur selten hohe Renditen versprachen, vollzog sich allmählich ein Wandel in der Anlagepolitik165. Die Trustees wurden bei der Errichtung des Trusts im zunehmenden Maße ermächtigt, das Vermögen außerhalb der staatlichen Beschränkungen nach eigenem Ermessen anzulegen. Dieser Wandel betraf in der Hauptsache Nachlassverwaltungen und gemeinnützige Trusts und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Tatsache beschleunigt, dass die „sicheren Werte“ eine unter der Inflation liegende Rendite abwarfen, so dass die Anlage eines Teils der Vermögen in Aktien geboten erschien, um einen Ausgleich zu schaffen. Bei der Vermögensverwaltung zum Zwecke der Kapitalanlage war die Zielsetzung des Geschäfts von jeher darauf gerichtet, die Festlegung einer ertragreichen Anlagestrategie den Vorstellungen des Vermögensverwalters zu überlassen, so dass das freie Ermessen sich bei dieser Form des Trusts schon wesentlich früher findet als bei rein familiär oder erbrechtlich motivierten Trusts. Dieser auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhende Wandel der Anlagestrategien spie___________ kennt, vgl. etwa Beswick v. Beswick (1968) AC 58; Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 19; Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 2, 145; anders das US-amerikanische Recht, siehe Langbein, 105 Yale L. J. 625, 646 (1995). 164 Restatement (Second) of Trust ss. 17 (b), 114; Assfalg, Treugut, S. 4; Kötz, Trust, S. 26; Marwede, Rechtsnatur, S. 133. 165 Hierzu Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 225 ff.

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gelte sich auch in einer allmählichen Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen wider, auf die im Folgenden einzugehen ist. Das dem Trustee eingeräumte freie Ermessen166 bedeutet nicht schrankenlose Herrschaft. Vielmehr unterliegt der Treuhänder bei der Verwaltung fremder Werte einer Treuepflicht (duty of loyalty167), wonach die Werte allein im Interesse des Begünstigten zu verwalten sind168. Sofern keine abweichende Vereinbarung besteht, sind deshalb dem Trustee Geschäfte zwischen Trust- und Privatvermögen ebenso untersagt wie Geschäfte, bei denen ein Interessenkonflikt zwischen Trustinteresse und Eigeninteressen des Trustees besteht. Für einen Investmentmanager bedeutet dies im Falle der Verwaltung mehrerer Vermögen, dass er alle Klienten fair behandeln muss169. Um Missbräuche im Falle von Interessenkollisionen zu verhindern, werden (1) bestimmte Verhaltensweisen prophylaktisch verboten (z. B. das Scalping) und (2) gesetzliche Verhaltensstandards und Verfahren aufgestellt170. Soweit diese Vorgaben nicht ausreichend sind, kann (3) im Wege der Aufsicht/Revision, der Publizität und des Einholens des Einverständnisses der Kunden ein angemessener Schutz erreicht werden171. Eng mit der Loyalitätspflicht hängt die sehr streitige Frage zusammen, ob der Investmentmanager neben den Kundeninteressen auch allgemein gesellschaftliche Interessen (Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, Umweltschutz, Boykottaufrufe etc.) verfolgen darf. Solange die Berücksichtigung derartiger Interessen nicht gesetzlich (z. B. Verbot des Insiderdealings im Interesse des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts) oder vom Kunden vorgegeben wird, hat der Vermögensverwalter sein Verhalten allein am Kundeninteresse auszurichten172. ___________ 166 Dabei ist zwischen dem „Ermessen“ bei der Anlage des Vermögens und bei der Verteilung unter den Begünstigten des Trusts zu trennen, zu Letzterem grundlegend Halbach, 61 Columbia L.Rev., 1425 ff. (1961). 167 Ausgangspunkt war die Entscheidung Keech v. Sandford, Sel. Ch. Cas. 61 (1726), dazu Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 307 ff. Generell Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 575 ff. 168 Restatement (Third) of Trust s. 170 (1). 169 Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 575. 170 Z. B. s. 17 des Investment Company Acts, der bestimmte Geschäfte zwischen der Investment Company und ihrem Management verbietet. Sofern das dort vorgeschriebene Verfahren eingehalten wird, können solche Geschäfte ausnahmsweise durchgeführt werden. 171 Einzelheiten zu diesen drei Regelungsmechanismen werden anhand des deutschen Rechts auf S. 797 ff. untersucht. 172 Für die USA Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 579 f., und für Großbritannien Cowan v. Scargill (1985) Ch. 270, 287 f.; zustimmend Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 542 f.

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Weiterhin ist der Trustee zu einer sorgfältigen und fachgerechten Verwaltung verpflichtet (duty to exercise reasonable care and skill173). Im Zentrum der Frage nach einer fachgerechten Verwaltung stand und steht dabei die Frage, in welche Werte das Vermögen investiert werden durfte, sofern die Investment Clause keine ausdrückliche Bestimmung enthielt. Zwei Entwicklungsstränge lassen sich ausmachen174: Das Vorgehen des englischen Gesetzgebers schwankte von einem Extrem zum anderen. 1719 erlaubte das Parlament die Anlage von Treuhandvermögen in Aktien der South Sea Company. Viele Vermögen gingen im Zuge des South Sea Bubble von 1720 verloren. Als Reaktion darauf legte man in der – oben bereits erwähnten – Liste diejenigen Werte fest, die sicher erschienen und in die Treuhänder investieren durften (staatliche Schuldverschreibungen, später erstrangige Hypotheken). Dieser gesetzlich festgelegte Numerus clausus (so genannte „legal list“175 oder „statutory list176“) wurde im Laufe von zwei Jahrhunderten behutsam erweitert177. Gesetzgeber und Gerichte einer Reihe von USBundesstaaten und Provinzen Kanadas folgten diesem Modell178, das allerdings immer die Gefahr einer fehlenden Aktualisierung barg und deshalb in Zeiten raschen Wandels am Kapitalmarkt schnell anachronistisch werden konnte179. Zudem wog eine solche Liste Anleger in trügerischer Sicherheit, da die auf ihr vermerkten Anlageformen mit einem staatlichen Gütesiegel versehen schienen und deshalb als völlig risikolos galten. In England wurde Treuhändern erst 1961 generell erlaubt, bis zu 50 % des Vermögens in börsengängigen Wertpapieren zu investieren180. 1995/96 wurde die Grenze dann auf 75 % heraufgesetzt181. Vor der Anlage in solchen ___________ 173 Restatement (Second) of Trust s. 174. 174 Zum Folgenden Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 223 ff. m. w. N.; o. V., 83 Harvard L. Rev. 603, 613 ff. (1970). 175 Longstreth, Modern Investment Management, S. 12. 176 Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 554. 177 Welche Wandlungen im Hinblick auf zulässige Anlageformen sich innerhalb der letzten 100 Jahre vollzogen haben, zeigen die Ausführungen von Nachod, Treuhänder, S. 15 ff., einerseits und Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 540 ff., andererseits. 178 Vgl. die Nachweise bei Kötz, Trust, S. 58; Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 260 f. 179 Zur raschen Entwicklung des Wertpapiermarkts unten Tabelle 6 auf S. 264. 180 Trustee Investment Act 1961 (9 & 10 Eliz. 2, c. 62), ausführlich dazu Keeton, Modern Developments in the Law of Trusts, S. 55 ff. 181 The Charity Trustee Investments Act 1961 Order 1995 (S.I. 1995 No. 1092), The Trustee Investment (Division of Trust Fund) Order 1996 (S.I. 1996 No. 845). Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese „Wider-Range-Investments“ nur in Anteilen

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Papieren muss der Trustee den schriftlichen Rat eines Anlageberaters einholen. Neben diesen gesetzlichen Vorgaben war und ist die allgemeine Sorgfaltspflicht zu beachten, nach der eine – den gesetzlichen oder vereinbarten Vorgaben an sich entsprechende – Investition im Einzelfall als nicht geeignet erscheinen kann182. Dabei unterliegt der Trustee der Pflicht zur angemessenen Diversifikation183 und zur Überwachung der Investitionen184. In Großbritannien, Australien und Kanada werden gegenwärtig Reformen der gesetzlichen Vorgaben diskutiert185, wobei die Praxis längst den Weg gegangen ist, die Trustees von den starren gesetzlichen Vorgaben für Investitionen zu befreien186. Der zweite Entwicklungsstrang nahm 1830 seinen Ausgangspunkt in der Entscheidung Harvard College v. Armory, in der das Massachusetts Supreme Judicial Court die Pflicht zur fachgerechten Verwaltung in der so genannten „prudent man rule“ konkretisierte: „In acquiring, investing … and managing property for the benefit of another, a fiduciary shall exercise the judgement and care under the circumstances then prevailing, which men of prudence, discretion and intelligence exercise in the management of their own affairs, not in regard to speculation but in regard to the permanent disposition of their funds, considering the probable income as well as the probable safety of their capital“187. Auch wenn diese Regel wesentlich flexibler als eine starre gesetzliche Liste erscheint, enthielt sie doch eine entscheidende Einschränkung, nämlich das Verbot der Spekulation. Ein Trustee, der die Regeln der „prudent man rule“ bei der Anlage und Überwachung des Trustvermögens beachtete, ist bei marktbedingten Verlusten nicht haftbar188. Ist ___________

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inländischer Gesellschaften erfolgen können, vgl. Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 558. Eine ausreichende geographische Diversifikation ist damit nicht erreicht. Grundlegend zur Sorgfaltspflicht Brice v. Stokes (1805) 11 Ves. 319; Massey v. Banner (1820) 1 Jac. & W. 241; Bullock v. Bullock (1886) 56 L.J.Ch. 221; Speight v. Gaunt (1884) 9 A.C. 1; Re Whitely (1886) 33 Ch.D. 347, 355, affirmed sub. nom. Learoyd v. Whiteley (1887) 12 App.Cas. 727. S. 6(1)(a) Trustee Investment Act 1961. Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 572 f. Einzelheiten bei Waters und Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 260 ff., 271 bzw. 273 ff., 295, 299 ff. Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 569 f., zur Reichweite solcher befreiender Investment Clauses; s. a. Waters und Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 261, 301 f. Harvard College v. Armory, 26 Mass. (9 Pickering) 446, 461 (1830). Dazu Longstreth, Modern Investment Management, S. 11 ff.; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 226. Restatement (Second) of Trust s. 204 cmt. a.; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 226.

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ihm freies Ermessen eingeräumt, unterliegt seine Entscheidungsgewalt einer gerichtlichen Kontrolle nur im Falle des Missbrauchs („abuse“), wobei als solcher auch eine „imprudent investment decision“ zählt189. Das Maß der aufzubringenden Sorgfalt richtet sich dabei nach der Professionalität des Trustees190. Die Frage, welche Sorgfalt im Einzelfall geschuldet ist, lässt sich also nur durch den objektivierten Vergleich mit einem Investmentmanager in vergleichbarer Ausgangslage gewinnen. Die „prudent man rule“ schreibt also nicht detailliert vor, was als sorgfältig zu gelten hat, sondern nur, wie das Maß der Sorgfalt im Einzelfall zu ermitteln ist191. Die „prudent man rule“ wurde im Laufe der Zeit in den meisten US-Bundesstaaten per Gesetz oder durch gerichtliche Entscheidungen übernommen, ebenso wie in das Restatement (Second) of Trust von 1959. In Bezug auf institutionelle Investoren erfolgten spezielle gesetzliche Regelungen192. Die „prudent man rule“, die zu ihrer Zeit eine sehr aufgeschlossene und liberale Haltung von Judge Putnam zu Investitionen widerspiegelte, wurde von Gerichten und im Schrifttum einschränkend interpretiert und als Verbot der Spekulation und Gebot der Vorsicht verstanden193. Die Gerichte fühlen sich aufgrund der doctrine of stare decisis an frühere Entscheidungen gebunden. Sie behandelten damit die Feststellung des früheren Urteils, eine konkrete Anlageart sei „imprudent“ gewesen, nicht als Tatsachenfrage, sondern als bindende Rechtsfrage194. Auch berücksichtigten sie moderne ökonomische Erkenntnisse nur zögerlich195. Eine solch enge Interpretation näherte die „prudent man rule“ faktisch den „statutory lists“ an. Mit dem 1990 verabschiedeten und 1992 veröffentlichten Restatement (Third) of Trust wurde nach umfangreichen Vorarbeiten im Schrifttum196 die „prudent man rule“ weiterentwickelt und – geschlechtsneutral – als „prudent investor rule“ bezeichnet197. Mit dieser Modernisierung der Anlageregeln ___________ 189 Restatement (Third) of Trust s. 187 cmt. i. 190 Langbein, 105 Yale L.J. 625, 639 f. (1995) m. w. N.; Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 570. Der gleiche Grundsatz gilt im englischen Recht: Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 490 ff.; Underhill/Hayton, Trusts15, S. 545 ff. 191 Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 570. 192 Übersicht bei Longstreth, Modern Investment Management, S. 4. 193 Details bei Longstreth, Modern Investment Management, S. 13 ff., 86 ff. 194 O. V., 83 Harvard L. Rev. 603, 613 (1970). 195 Gordon, 62 NYULRev. 52, 73 f. (1987). 196 Etwa Gordon, 62 NYULRev. 52 (1987); o. V., 83 Harvard L. Rev. 603 (1970); Longstreth, Modern Investment Management. 197 Dazu etwa Halbach, 77 Iowa L. Rev. 1151 ff. (1992); ders. und Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 195 ff., 221 ff.

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trug man dem Umstand Rechnung, dass die zuvor übliche Praxis sich als zu starr erwiesen hatte198. Auch hatten sich die Auffassungen darüber, was unter einer Spekulation zu verstehen ist, im Laufe der Zeit beträchtlich gewandelt199, nicht zuletzt aufgrund der durch die Portfolio-Theorie200 gewonnenen Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Ertrag und Risiko. Die „prudent man rule“ in ihrer ursprünglichen Fassung entpuppte sich im Laufe der Zeit als Hindernis für erfahrene Anlagespezialisten und setzte diese unnötigen Haftungsrisiken aus. – Das Restatement (Third) trägt den veränderten Umständen dadurch Rechnung, dass es grundlegend feststellt, keine Form der Kapitalanlage sei per se „imprudent“; vielmehr komme es auf die mit dem Trust verfolgten Ziele und Gesamtumstände sowie auf die Zusammensetzung des gesamten Trustvermögens an201. Das wiederum bedeutet den endgültigen Abschied vom Regelungsmodell der statutory lists. Entscheidendes Anlagekriterium ist das Verhältnis von Risiko und Ertrag. – Der Trustee ist zum Risikomanagement verpflichtet202. Er muss das Vermögen diversifiziert anlegen und unkompensierte Risiken minimieren. Weiterhin ist er verpflichtet, darauf zu achten, dass das Gesamtrisiko des Vermögens in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck des Trusts und seinen Gesamtumständen steht und der gewünschten Risikobereitschaft und den vorgesehenen Ausschüttungsmodalitäten entspricht. Die Pflicht zur Diversifikation war zwar in einzelnen Urteilen anerkannt worden203, konnte aber über lange Zeit nicht als gefestigte Rechtsprechung gelten204. Das Restatement (Third) betont dabei insbesondere, dass

___________ 198 Umfassend dazu Longstreth, Modern Investment Management, S. 3 ff.; Halbach, 77 Iowa L. Rev. 1151 ff. (1992); ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 199. 199 So galt etwa die Investition in ein junges aufstrebendes Unternehmen per se als spekulativ, Restatement (Second) of Trust s. 227 cmt. f., anders jetzt Restatement (Third) of Trust s. 227 cmt. p. 200 Dazu ausführlich unten S. 393 ff. 201 Restatement (Third) of Trust s. 227 (a). 202 Restatement (Third) of Trust s. 227 (b) und cmts. e und g. 203 Etwa Dickinson, Appellant, 152 Mass. 184, 25 NE 99 (1890), anders aber In re Saegere Estates, 340 Pa 73, 16 A.2d 19 (1940); eine ausführliche Darstellung der Rechtsprechung findet sich im Restatement (Third) of Trust s. 227 cmt. g. 204 Einzelheiten bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 226 f. m. w. N.

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auch die Anlage im Ausland Teil der Diversifizierung sei205, was die Rechtsprechung nicht immer als selbstverständlich angesehen hatte206. – Ein wesentlicher Fortschritt besteht auch darin, dass das Restatement (Third) of Trust nun auch die Delegation und damit die Hinzuziehung von Experten erlaubt207. Das zuvor geltende Delegationsverbot war zwar nicht absolut formuliert, sondern beschränkte sich auf Akte, von denen der Begünstigte vernünftigerweise erwarten durfte, dass der Treuhänder sie selbst vornimmt. Hierzu gehörte insbesondere die eigentliche Vermögensanlage208, da man vor und auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch davon ausging, dass Investieren keine besonders schwierige Aufgabe sei, die die Hinzuziehung von Experten erfordere209. Die Praxis behalf sich damit, dass man – soweit der settlor eine Delegation nicht ausdrücklich erlaubt hatte – Anlageberater zuzog, die dem Trustee faktisch die Anlageentscheidungen abnahmen210. Die Grenzziehung zwischen delegierbaren und nicht delegierbaren Bereichen erwies sich als schwierig und die Non-Delegation-Rule wurde von Gerichten deshalb im Zweifel eher weit verstanden. Dies brachte für die Praxis erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Aus diesem Grund nahmen die USA in zahlreichen Gesetzen bzw. Uniform Laws Abstand von ihr211. Den Abschluss dieser Entwicklung bildet das Restatement (Third) von 1992. Die Neufassung der Rule erlaubt es nun, bei der Frage der Delegation den unterschiedlichen Bedürfnissen des Einzelfalls Rechnung zu tragen212, da die neue Regelung die Delegation zwar grundsätzlich verbietet, aber eine Delegation erlaubt bzw. vorschreibt, wenn sie aus Sicht eines „prudent investor“ geboten erscheint. Vermögensverwaltung erfordert heute nicht nur die Verwaltung schon vorhandener Sachwerte, wie die Immobilienverwal___________ 205 Restatement (Third) of Trust s. 227 cmt. l. 206 So das Restatement (Second) of Trust s. 227 cmt. l. 207 Restatement (Third) of Trust s. 227 (c)(2). Umfassend dazu Langbein, 59 Miss. L. Rev. 105 ff. (1994). 208 Restatement (Second) of Trust s. 171 cmt. h. 209 Longstreth, Modern Investment Management, S. 72. Dies zeigt auch der von Longstreth, a. a. O., und Gillis, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 606 f., genannte Umstand, dass sich der Berufsstand des Anlageberaters in den USA nach dem Ersten Weltkrieg etablierte und erst nach dem Crash von 1929 rasant wuchs (1945: 780; 1965: 1.613; 1977: 4.798; 1978: 5.500 bei der SEC registrierte advisor). 210 Langbein, 59 Miss. L.Rev. 105, 109 (1994). 211 Langbein, 59 Miss. L.Rev. 105, 111 ff. (1994); ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 232. 212 Restatement (Third) of Trust s. 171; s. 227 cmt. j.

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tung als Prototyp des Trusts in früheren Zeiten, sondern Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen sowie steuerlich optimierte Auszahlungen an die Begünstigten. Vor diesem Hintergrund wird die größere Notwendigkeit einer Hinzuziehung von Experten offenkundig und die Neuregelung ist daher zeitgemäß. Sie unterscheidet sich vom englischen Recht, das eine Delegation der Anlageentscheidungen an externe Portfoliomanager nur erlaubt, wenn das trust instrument sie vorsieht oder wenn ein Gericht diese Delegation – jeweils für die Dauer eines Jahres – erlaubt (s. 25 Trustee Act 1925). Hinzu tritt im englischen Recht die Schwierigkeit, dass unklar ist, zu welchen Konditionen eine solche Delegation erfolgen darf. Eine Reform dieser wenig zeitgemäßen Regeln und ihre Harmonisierung mit den Regeln des Kapitalmarkts (insbesondere den IMRO-Rules unter dem Financial Services Act 1986, der inzwischen durch den Financial Services and Markets Act 2000 abgelöst wurde) wird gefordert213. – Verschärft wurde die Regelung gegen unangemessen hohe Honorare des Trustees214. Dies schien vor dem Hintergrund geboten, dass nun der Trustee und der von ihm mit Investitionsentscheidungen Beauftrage honorarberechtigt sein können und der Trustee deshalb seine Honoraransprüche reduzieren muss, wenn er Teile seiner Aufgaben delegiert. – Schließlich ist der Trustee zur Unparteilichkeit bei mehreren beneficiaries verpflichtet215. Zahlreiche Bundesstaaten216 haben diese Neuerungen im Vorfeld der Verabschiedung des Restatement (Third) of Trust oder unmittelbar danach übernommen. Parallel zu diesem Reformprozess begann die Uniform Law Commission 1991, die Neuerungen des Restatement (Third) in einen Uniform Prudent Investor Act (UPIA) umzusetzen, der 1994 verabschiedet wurde und den inzwischen zahlreiche Bundesstaaten zur Grundlage ihrer Reformen des Law of Trusts machten217. Auf weitere Einzelheiten der Neuregelung und die Weiterentwicklung des Trustrechts durch den Uniform Trust ___________ 213 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 284 ff., 286 ff. 214 Restatement (Third) of Trust s. 227 (c)(3). 215 Restatement (Third) of Trust in s. 227 (c)(1) und cmt. i sowie s. 232 und cmts. c bis d zum US-Recht sowie Underhill/Hayton, Trusts15, S. 500 ff., zum englischen Recht. 216 Nachweise bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 222. 217 Einzelheiten, auch zum Inhalt des UPIA bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 221 ff. m. w. N.; ders., 81 Iowa L.Rev. 641 ff. (1996).

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Code 2000218 soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da sich hieraus kein weiterer unmittelbarer Erkenntnisgewinn für die Ziele dieser Arbeit ergibt. (3) Schutz des Beneficiary Die angelegten Vermögenswerte sind vom Vermögen des Treuhänders strikt zu trennen219; alle mit Mitteln des Treuhandvermögens erworbenen Surrogate gehören zum Trust. Verwendet der Trustee Gelder absprachewidrig, erlangt der Beneficiary Eigentum an den erworbenen Werten. Hat er hieran kein Interesse, kann er stattdessen Ersatz des veruntreuten Geldes verlangen, wobei ihm ein Pfandrecht (charge oder lien) am erworbenen Gegenstand zukommt220. Kommt es zu einer Vermischung beider Vermögensmassen, behandelt die Rechtsprechung im Wege der Fiktion den Beneficiary so, als ob das ihm zustehende Vermögen noch getrennt vorhanden wäre und gewährt ihm im Konkurs ein erstrangiges Pfandrecht (first charge). Hat also beispielsweise der Trustee Teilbeträge von einem Konto abgehoben, auf dem Privatvermögen und treuhänderische Gelder vermischt wurden, wird sogar vermutet, dass er über das dort eingelegte eigene, nicht aber über das fremde Geld verfügen wollte221. Hat der Trustee dagegen von diesem Geld Aktien erworben, deren Wert sich erhöht hat, wird vermutet, dass der Erwerb mit treuhänderischen Geldern erfolgte, so dass die Aktien dem Begünstigten zustehen. Der Schutz des Beneficiary geht also sehr weit, da eine Reihe von Vermutungen zu Lasten des treuwidrig handelnden Trustee bestehen. Der Schutz des Trusts setzt sich in weitreichendem Umfang auch gegenüber Rechten Dritter durch. Dies zeigt sich im Falle der Insolvenz. Das Treugut wird nicht als Vermögen des Trustees behandelt222. Aber auch außerhalb der Insolvenz ist der Schutz weitreichend. Verfügungen über zum Trust gehörende Gegenstände, die unter Verstoß gegen die Treuabrede erfolgten, sind dem Beneficiary gegenüber dann nicht wirksam, wenn der Erwerber sie unentgeltlich erworben hat oder aber nicht bona fide handelte, d. h. beim ___________ 218 Zu finden unter http://www.law.upenn.edu/bll/ulc/uta/trust1009.pdf (abgerufen am 25.1.2001). 219 Restatement (Second) of Trust s. 179; Kötz, Trust, S. 31. 220 Restatement (Second) of Trust s. 202 (1), 210. 221 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 148; Kötz, Trust, S. 32 m. w. N.; Maitland, GrünhutsZ 32 (1905), 1, 28. 222 Einzelheiten bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 184.

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Erwerb weder Kenntnis noch – im Falle von Grundstücken223 – fahrlässige Unkenntnis (doctrine of constructive notice) von der Treuwidrigkeit der Verfügung hatte224, oder wenn vorrangige gesetzliche Schutzvorschriften bestehen, die dem Verkehrsschutz dienen225. Der Dritte erwirbt zwar einen „legal title“, dieser ist jedoch „subject to the equitable interest of the cestui que trust“. Je nach Fallgestaltung wird also entweder dem Verkehrsschutz oder dem Schutz des Begünstigten Vorrang eingeräumt226. Ist ausnahmsweise der gutgläubige Dritte zu schützen, setzt sich die Treuhand am (beim Trustee vorhandenen) Erlös fort; es wird ein constructive trust angenommen227. Vermischt der Trustee treuwidrig das Treugut mit eigenem Vermögen, besteht – wie dargelegt – ein erstrangiges Pfandrecht am Bankguthaben zugunsten des cestui que trust. Das Pfandrecht setzt sich fort, falls von dem Guthaben ein Grundstück gekauft wird. Gleiches gilt, falls ein bösgläubiger Dritter Geld ausbezahlt erhält und mit eigenem Vermögen mischt228. Nicht ganz so weitreichend ist der Schutz des cestui que trust, wenn ein gutgläubiger Dritter unentgeltlich erwirbt und es anschließend zu einer Vermögensvermischung kommt. In diesem Fall besteht kein erstrangiges Pfandrecht des cestui que trust, sondern dieser ist nur pari passu an dem Guthaben berechtigt229. Ist das Trustvermögen vom gutgläubigen Dritten bereits zur Til-

___________ 223 Maitland, GrünhutsZ 32 (1905), 1, 23 f.; Marwede, Rechtsnatur, S. 158. Diese Einschränkung gilt nur für England. In den USA erfasst die doctrine of constructive notice auch Mobilien, wobei allerdings die Nachforschungspflichten deutlich herabgesetzt sind, Kötz, Trust, S. 33. 224 Einzelheiten bei Kötz, Trust, S. 33 ff.; Heymann, FS Brunner, S. 473, 498. 225 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 2, unter Hinweis auf den English Law of Property Act 1925 (ss. 2 and 27). 226 Das deutsche Recht erreicht bei andersartiger Konstruktion mit den §§ 932 ff., 816 Abs. 1 Satz 2 BGB ein vergleichbares Ergebnis. Der Schutz des Beneficiary bei unentgeltlichen Verfügungen des Trustees dürfte allerdings weiter gehen, da der Beneficiary – funktional betrachtet – „dinglich berechtigt“ bleibt (Heymann, FS Brunner, S. 473, 498, 501 f.). Im deutschen Recht kann der Bereicherungsanspruch dem Einwand der Entreicherung ausgesetzt oder in der Insolvenz wertlos sein. An dieser Nahtstelle zeigt sich der Unterschied des englischen Rechts zum römisch-rechtlich geprägten Ansatz des deutschen Rechts. 227 Heymann, FS Brunner, S. 473, 515. 228 Nelson and others v. Larholt (1947) 2 All.E.R. 751, 752. 229 Re. Diplock, Diplock v. Wintle (1948) 2 All.E.R. 318, 356 f. Der Hintergrund des Falles und die aufgeworfenen juristischen Fragen werden ausführlich erörtert in Keeton, Modern Developments in the Law of Trusts, 314 ff.

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gung eigener Verbindlichkeiten genutzt worden, besteht im Einzelfall kein Schutz des cestui que trust230. Ein Schadensersatzanspruch wegen breach of trust wird dann in Betracht kommen, wenn der Trustee Gegenstände des Treuguts zerstört, unterschlägt oder verbraucht. Ein solcher Fall ist auch gegeben, wenn der Trustee das Vermögen absprachewidrig in Spekulationsobjekten anlegt und dadurch ein Schaden entsteht231; der Trustee ist verpflichtet, die Anlageziele des Kunden zu beachten232. Ein breach of trust ist auch gegeben, wenn er das Vermögen gar nicht gewinnbringend anlegt233 und wenn er die mit der Verwaltung beauftragten Hilfspersonen nicht sorgfältig auswählt oder nicht ausreichend überwacht234. Er kann einwenden, mit der Sorgfalt eines vernünftigen und ordentlichen Mannes gehandelt zu haben235. Nicht haftbar ist er in diesem Fall auch für Vermögensverluste, soweit sie auf dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb (ordinary course of business) beruhen und nicht vorhersehbar waren236. Sofern nicht ausdrücklich mit dem Kunden vereinbart, ist der Investmentmanager bei der Kapitalanlage auch nicht auf die Anwendung einer bestimmten Theorie oder Methode festgelegt237. Allerdings ist hier ein Wandel zu beobachten, da berufsständische Organisationen und die Rechtsprechung die Erkenntnisse der modernen Portfolio-Theorie berücksichtigen und bei der Beurteilung der aufgewendeten Sorgfalt einbeziehen238. Da diese Theorie die Berechnung von Risiko und Ertrag erlaubt, wird von professionellen Investmentmanagern künftig verlangt werden, dass sie die Auswahl einer Anlagestrategie mit extremem Verhältnis von Risiko und Ertrag erkennen. Da der Trustee sowohl für die Einhaltung der duty of loyalty als auch der duty of care beweispflichtig ist239, sollte er die zur Vermögensverwaltung ergriffenen Maßnahmen zudem dokumentieren. ___________ 230 Kötz, Trust, S. 35 m. w. N. 231 Kötz, Trust, S. 29. 232 Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 573 f., der sogar soweit geht, den Investment Manager für verpflichtet zu halten, die Angemessenheit und Schlüssigkeit der Anlageziele zu überprüfen. 233 Restatement (Third) of Trust s. 181; für das englische Recht Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 685. 234 Einzelheiten im Restatement (Second) of Trust s. 225 (2). 235 S. 30 (1) des Trustee Acts 1925 (15 Geo. 5, c.19). 236 Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 540 f.; Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 570; Nachod, Treuhänder, S. 30. 237 Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 571. 238 Nestlé v. National Westminster Bank (1994) 1 All ER 118, 140 per Leggatt LJ, sowie Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 542; Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 573. 239 Zusammenfassend Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 581.

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Die durch einen breach of trust verursachten Schäden können nicht mit Gewinnen, die der Trustee erwirtschaftet hat, aufgerechnet werden, es sei denn, es handelt sich um ein und denselben wirtschaftlichen Vorgang240. Ein im trust instrument vereinbarter Haftungsausschluss wurde241 und wird nicht ohne weiteres als zulässig angesehen. Geht der Trustee in Ausübung seiner Verwaltung Verbindlichkeiten gegenüber Dritten ein, haftet er hierfür persönlich242. Dem Dritten steht kein unmittelbarer Rückgriff auf das Trustvermögen zu. Nur falls der Trustee einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Trust hat, kann der Dritte diesen Anspruch pfänden. Ein solcher Erstattungsanspruch setzt aber voraus, dass der Trustee im Rahmen ordnungemäßer Verwaltung tätig wurde. Ist dies nicht der Fall, etwa weil ein Fall des breach of trust vorliegt, bleibt dem Dritten nur das Privatvermögen des Handelnden. Um sich zu schützen, muss sich der Dritte stets vergewissern, welche Rechte dem Trustee bei der Verwaltung zustehen und ob er sie im Einzelfall nicht missbraucht. Diese vom Ergebnis her an die früher gültige ultra vires Doktrin des englischen Gesellschaftsrechts erinnernde Regelung bietet also keinen gesetzlich normierten abstrakten Verkehrsschutz, wie er bei Kapitalgesellschaften besteht243. Eine Reform wird diskutiert244. Ein einheitliches Aufsichtsrecht für Trustees besteht nicht. Zwar unterfallen in Großbritannien Finanzintermediäre, und damit auch Investmentmanager, dem Financial Services and Markets Act 2000 (ss. 19 et seq. FSMA und schedule 2 paragraph 6 FSMA). Nach altem Recht (schedule 1 paragraph 22 (3) FSA 1986) galten Trustees jedoch nur dann als aufsichtsrechtlich erfasste Investmentmanager von Finanzinstrumenten, wenn sie für ihre Tätigkeit werben oder ein separates Entgelt für die Verwaltung verlangen. Wurde der Trustee dagegen nur im Rahmen seiner gewöhnlichen Tätigkeit – etwa im Rahmen einer familiären Nachlassverwaltung – entlohnt, ist er von der An___________ 240 Restatement (Third) of Trust s. 213; Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 690 f. 241 Das englische Recht etwa verbietet einen Haftungsausschluss für negligence bei professionellen Trustees von unit trusts und debenture trusts, vgl. Financial Services Act 1986, s. 84 (inzwischen abgelöst durch den FSMA 2000), IMRO Rules Ch. 3, Customer Agreement Rule 2.08, Companies Act 1985, s. 192. Bei pension trusts kann allein die Haftung für negligent investment nicht ausgeschlossen werden, Pensions Act 1995, s. 34. 242 Zum Folgenden Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 291, 312 f. 243 Companies Act 1985 s. 35, 35 A, 35 B; §§ 82 Abs. 1 AktG, 37 Abs. 2 GmbHG. 244 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 313 f.

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wendung des Acts ausgenommen. Das Auftreten am Markt und die Art der Entlohnung sind damit entscheidende Abgrenzungskriterien. Andere Trustees unterliegen dagegen keiner staatlichen Aufsicht, sondern nur einer gerichtlichen Kontrolle im Einzelfall. Auch das neue Recht erlaubt der Financial Services Authority, eine dem alten Recht vergleichbare Ausnahmebestimmung zu schaffen. Die dazu nötige Ermächtigungsgrundlage findet sich in schedule 2 paragraph 25 FSMA 2000. Die Abgrenzung zwischen aufsichtsrechtlich erfassten und erlaubnisfreien Vermögensverwaltungen wird im internationalen Vergleich im Übrigen recht uneinheitlich gehandhabt. Einige Rechtsordnungen gehen dazu über, alle gegen Entgelt tätig werdenden Trustees einer Kontrolle zu unterstellen245, gleichgültig, ob diese als professionelle Vermögensverwalter am Markt auftreten oder nicht. (4) Heutige praktische Bedeutung des Trusts Der durch den Trust vermittelte Schutz des Beneficiary ist also sehr weitreichend und geht aufgrund seines auch „sachenrechtlichen“ Schutzes weit über die Stellung eines obligatorischen Gläubigers kontinentalen Rechts hinaus, weshalb sich dieses rechtliche Instrument gut zur Anlage von Vermögen eignet. Eine weitere Ursache seiner Beliebtheit ist der hohe Pflichtenstandard des Treuhänders246, insbesondere im Falle von Interessenkollisionen, der im angloamerikanischen Recht schon frühzeitig wesentlich stärker ausgebaut war als im deutschen Recht247. Angesichts dieses hohen Schutzniveaus ist es daher nicht verwunderlich, dass als Zielgruppe des Trusts schon früh nicht nur unmündige Personen genannt werden, sondern auch solche, die zur Anlage ihres Vermögens der Hilfe eines Experten bedürfen248. Der Trust wird daher heute auch zum Zwecke der Kapitalanlage und Altersvorsorge für den settlor eingesetzt (revocable inter vivos trust, auch revocable „living“ trust genannt)249; die Kontroversen über die Zuläs-

___________ 245 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 335. 246 Dies betont etwa Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 186. 247 Kötz, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 85. 248 Nachod, Treuhänder, S. 40. 249 Denver National Bank v. von Brecht, 322 P 2d 667, 671 (Colorado 1958) sowie National Shawmut Bank of Boston v. Joy, 53 NE 2d 113, 125–126 (Mass. 1944), mit denen die frühere Rechtsprechung in Dunham v. Armitage, 48 P 2d 797 (Colorado 1935) und McEvoy v. Boston Five Cents Savings Bank 87 NE 465 (Mass. 1909) aufgegeben wurde. Siehe auch Waters und Halbach, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 108 ff., 197.

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sigkeit derartiger Gestaltungen sind überwunden250. Auch die hohe Flexibilität des Trustrechts im Vergleich etwa zum Kapitalgesellschaftsrecht führte dazu, dass „Kollektivvermögen“ eher als Trust denn als Investment Company angelegt wurden251. Heute wird die Vermögensverwaltung durch geeignete Institutionen, wie etwa die Trustdepartments der Banken sowie Mutual Funds (US) und Unit Trusts (GB), erbracht252. Zu ihren Kunden zählen nicht nur Privatpersonen, die aus familiären253 oder steuerlichen Gründen254 einen Trust wählen, sondern auch juristische Personen, wie Einrichtungen gemeinnütziger Art und pension funds, die ihren Vorstand von der Verwaltung des Vermögens entlasten wollen255. Man schätzt, dass in Großbritannien 90 % des gesamten Trustvermögens in Commercial Trusts angelegt ist256. In der US-amerikanischen Praxis spielen die Mutual Funds die bedeutendste Rolle, die im Mai 1997 rund 4 Billionen $ verwalteten257. An zweiter Stelle folgen pension funds, die Ende 1996 3 Billionen $ verwalteten und die auf eine lange Tradition zurückblicken können, da der US-amerikanische Gesetzgeber diese Form der Betriebsrentenregelung bereits seit 1921 favorisierte. Eine wichtige Bedeutung nimmt der Trust auch als Instrument zur Vertretung von Inhabern von Schuldverschreibungen ein258. Auch die individuelle Vermögensverwaltung durch Vermögensverwalter, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Makler erfolgt sehr häufig im Wege eines Trusts, nicht zuletzt auch, um ___________ 250 Für die USA Halbach, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 208 f. m. w. N. Zu Großbritannien siehe Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 45, wonach die Errichtung eines Trusts inter vivos ohne weiteres zulässig ist. 251 Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 187 ff., 191 ff. 252 Die einzelnen Arten von Anbietern listet Bauman, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 52 ff., auf. 253 Beispiele bei Halbach, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 133 ff. 254 Ausführlich am Beispiel der USA und Kanadas Halbach und Waters, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 139 ff., bzw. S. 107 f., 109 ff. und 119 f. 255 Coing, Treuhand, S. 9. Einen Überblick über die Arten der Vermögensverwaltungen im angloamerikanischen Raum gibt Bauman, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 22 ff. 256 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 336. 257 Zum Folgenden Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 173 ff. m. w. N. 258 Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 177 ff. m. w. N.

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eine Trennung von Privatvermögen und verwalteten Kundenvermögen zu erreichen259. Zudem profitieren sie von der – in den USA nun eröffneten – Delegationsmöglichkeit und dürften daher wieder häufiger als Vermögensverwalter auftreten260. Denn sie können jetzt die Investitionsentscheidungen delegieren und sich ganz auf die administrativen, steuerlichen und juristischen Aspekte der Vermögensverwaltung konzentrieren, für deren Bewältigung sie Experten sind. c) Treuhandgeschäft und Agency Das Treuhandgeschäft der Banken und Trust Companies umfasst neben dem eigentlichen Trustgeschäft aber auch bestimmte Formen der agency, bei denen es um die Betreuung fremden Vermögens geht261. Am verbreitetsten ist sicherlich die investment advisory agency, die der deutschen Anlageberatung entspricht. Der Vermögensverwaltung ähnlich ist die „attorneyship-infact“, bei der die Bank schriftlich bevollmächtigt wird, für den Geschäftsherrn tätig zu werden und sein Vermögen zu verwalten. Diese Rechtsfigur wird etwa bei vorübergehender Abwesenheit des Vermögensinhabers eingesetzt262, da sich hier die Errichtung eines Trusts nicht lohnt. Gebräuchlich sind auch Ausgestaltungen in Form einer agency, die zwischen Anlageberatung und Vermögensverwaltung liegen, so die „guardian custodianship“, die eine laufende Information und Beratung, Festlegung einer Anlagestrategie und Übernahme aller administrativen Details der Wertpapierverwaltung umfasst263, während die eigentliche Anlageentscheidung beim Vermögensinhaber verbleibt. Im Bereich der Vermögensverwaltung kennt damit das angloamerikanische Recht nicht nur ein der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells vergleichbares Instrumentarium, sondern hat auch Institute entwickelt, die der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells gleichen264. Hierauf ist angesichts der Zielsetzung dieses Abschnitts nicht näher einzugehen. Vielmehr gilt es abschließend, die Unterschiede von Trust und Treuhand herauszustellen und zusammenzufassen: ___________ 259 Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 166 f. 260 Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 246 m. w. N. 261 Auf die grundlegenden rechtlichen Unterschiede von Trust und agency muss an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da sie hinlänglich beschrieben sind, vgl. etwa Moosmann, Trust, S. 31 ff. 262 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 198; siehe auch Bines, The Law of Investment Management, 2.02 ff., der betont, dass eine agency nur dann vorliegen wird, wenn Anhaltspunkte für einen Trust fehlen. 263 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 137 f. 264 Ausführlich dazu die Beschreibung von Coing, AcP 167 (1967), 99, 106 ff.

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d) Unterschiede zum kontinentalen Recht (1) Augenfälligster Unterschied zwischen dem Recht des Trusts und der Treuhand ist die Definition der Treuhand und damit die dogmatische Einordnung. Im englischen Recht wird das Innenverhältnis betont, dessen Wirkungen gleichsam ins Außenverhältnis gekehrt werden, weshalb sich die Rechte des Treugebers gegenüber Dritten in weiten Bereichen durchsetzen. Vergleicht man dieses Konzept mit dem deutschen Recht, kann man feststellen, dass der Trust nicht nur Wirkung inter partes, sondern auch sachenrechtliche Wirkungen gegenüber Dritten entfaltet und deshalb als „branch of property law“ eingeordnet wird265. Demgegenüber betont das deutsche Recht einerseits den vertraglichen Charakter und andererseits das Trennungs- und Abstraktionsprinzip und damit den Verkehrsschutz. Deshalb setzen sich die schuldrechtlichen Bindungen des Innenverhältnisses nur ausnahmsweise im Außenverhältnis durch. Betrachtet man das überwiegende deutsche Schrifttum266, werden nur diese wenigen Fälle mit dem Etikett der „echten Treuhand“ versehen. Die Treuhand unterscheidet sich daher grundlegend von der oben geschilderten Definition des angloamerikanischen Rechtskreises, was sich insbesondere in der unterschiedlichen Reichweite des Schutzes der Rechte des Begünstigten gegenüber dem Treuhänder und Dritten zeigt [dazu sogleich unter (3)]. (2) Die dem Trust zukommenden Funktionen sind – wie dargelegt – weitreichender als die der Treuhand, da der Trust nahezu universell einsetzbar ist. Selbst bei Commercial und Business Trusts, die zunehmend Gegenstand spezieller gesetzlicher Regelungen sind267, stellt das Rechtsinstitut des Trusts noch den rechtlichen Sockel zur Verfügung, auf dem die Spezialgesetze aufbauen können. Im deutschen Recht fehlt ein derart übergreifendes Rechtsinstitut für Tätigkeiten zur Wahrung und Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Stattdessen hat unser Recht derartige Tätigkeiten größtenteils speziell geregelt, wobei die Bandbreite sehr groß ist und von ___________ 265 Restatement (Second) of Trust s. 2 „a fiduciary relationship with respect to property“ und s. 197 cmt. b sowie Langbein, 105 Yale L.J. 625 (1995), der in seinem Beitrag diese rein am Sachenrecht ausgerichtete Betrachtung des Trusts anzweifelt, siehe hierzu auch Macnair, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 207 ff., 221 ff. 266 S. o. S. 173 ff. m. w. N. Anders etwa der Ansatz von Kötz, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 85 ff.; ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 49 ff., der die aus Sicht des angloamerikanischen Trusts funktionsverwandten Institute des deutschen Rechts schildert. Dieser Ansatz ist der speziellen Zielsetzung der beiden Aufsätze geschuldet und enthält daher keine inhaltliche Aussage über den deutschen Treuhandbegriff an sich. 267 Vgl. die Nachweise oben S. 184 Fn. 160.

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der Stiftung über die Insolvenzverwaltung, Vormundschaft, Testamentsvollstreckung (in der Funktion der Dauervollstreckung gemäß § 2209 BGB), Pflegschaft bis hin zur Pfandhalterschaft und dem Treuhänder des HypBankG reicht. Die Institute weisen im Vergleich zum Trust durchaus Unterschiede im Detail auf 268. Ihre Funktion und ihre Ausgestaltung zeigen jedoch deutlich ihren fiduziarischen Charakter. Zudem kennt das deutsche Recht die Bildung von Sondervermögen (z. B. im Investmentrecht gemäß §§ 30 ff. InvG oder bei der Testamentsvollstreckung gemäß §§ 2205, 2211, 2214 BGB) und die dingliche Surrogation (§ 30 Abs. 2 InvG). Aufgrund der speziellen gesetzlich geregelten Institute verbleibt der Treuhand des kontinentalen Rechts daher ein wesentlich engerer Aufgabenbereich als dem Trust. Die Treuhand wird beispielsweise nie die Funktion einer gemeinnützigen Stiftung übernehmen können. Dem Trust kommt darüber hinaus auch vielfach eine Funktion zu, die im deutschen Recht der Geschäftsbesorgung in Kombination mit unmittelbarer und mittelbarer Stellvertretung zufällt. (3) Gravierende Unterschiede bestehen auch hinsichtlich des Schutzes des Treugebers vor Missbrauch durch den Treuhänder269 und vor dem Zugriff von Gläubigern des Treuhänders. Das deutsche Recht eröffnet dem Treugeber die Möglichkeit, im Wege der Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO die Zwangsvollstreckung in das Treugut zu verhindern270. Zudem steht ihm unter bestimmten Voraussetzungen (dazu sogleich) das Recht zur Aussonderung des Treuguts im Konkurs des Treuhänders zu271 (§ 47 InsO). Diese von der Rechtsprechung entwickelte Lösung, die die Zustimmung der herrschenden Lehre findet272, stellt – bei der bislang vorherrschenden, am Außenverhältnis orientierten Betrachtungsweise – einen Systembruch dar273, denn sie überwindet die im geltenden Recht strikt durchgehaltene Trennung von schuldrechtlichen Ansprüchen einerseits und dinglichen Rechten andererseits. Gestützt wird die Lösung auf Billigkeitserwägungen, mit denen die formaljuristische durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ersetzt ___________ 268 Genannt sei nur die Tatsache, dass das Gesetz dem Treuhänder nicht immer ein Vollrecht einräumt, sondern nur eine Verfügungsbefugnis; ausführlich zu diesem Themenkomplex Coing, Treuhand, S. 17 ff. 269 Da diese Thematik bereits angesprochen wurde, sei hierauf verwiesen, s. o. S. 175 f. einerseits und S. 193 ff. andererseits. 270 RGZ 79, 121, 122; 84, 214, 215, 218; 127, 8, 9. 271 St. Rechtsprechung seit RGZ 45, 80, 83 ff., zuletzt BGH, ZIP 2003, 1404 ff.; 2005, 1465 ff. 272 Statt vieler die Nachweise bei Schless, Mittelbare Stellvertretung, S. 68 ff.; Grundmann, Treuhandvertrag, S. 309 f. 273 Einzelheiten bei Grundmann, Treuhandvertrag, S. 89 m. w. N.

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wird274. Für den eingeschlagenen Weg sprechen auch die Gesetzgebungsmaterialien zu § 43 KO275 und der Befund, dass der Gesetzgeber seit 1900, wann immer er treuhänderische Rechtsstellungen i. w. S. geregelt hat, diesen auch Drittwirkung in Vollstreckungsfragen zuerkannte (z. B. §§ 31 Abs. 5, 38 Abs. 3 Satz 2 InvG, 32 DepotG). Der Bundesgerichtshof hat die vom Reichsgericht entwickelte Rechtsprechung als gewohnheitsrechtlich anerkannt276 übernommen. Auf den ersten Blick scheint das deutsche Recht einen dem angloamerikanischen Trust vergleichbaren Weg eingeschlagen zu haben. Betrachtet man jedoch den Umfang der Rechtsposition, den die Rechtsprechung277 im Falle von Aussonderung oder Drittwiderspruchsklage einräumt, zeigt sich, dass die Treuhand einen weit geringeren Schutz gewährt als der Trust278. Im Recht des Trusts werden alle Gegenstände Treugut, die der Treugeber dem Treuhänder zum Zwecke der treuhänderischen Verwaltung übertragen hat. Gleiches gilt für Gegenstände, die Dritte dem Treuhänder zugunsten des Treugebers übertragen. Wie dargestellt, kennt das Recht des Trusts eine weitreichende Surrogation, die alle Gegenstände erfasst, die mit Mitteln des Trustvermögens, als seine Nutzungen oder als Ersatz für untergegangene Gegenstände oder mittels zum Trust gehörender Forderungen erworben wurden. Bei einem solchen Erwerb kommt es nicht auf die Willensrichtung des Treuhänders an. Selbst wenn also der Trustee einen Gegenstand mit Mitteln des Trusts treuwidrig für sich selbst erwerben will, gehört der Gegenstand von Rechts wegen zum Trust279. Anders entscheidet das deutsche Recht. Vom Aussonderungsrecht umfasst sind nur Gegenstände, die unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers in das Vermögen des Treuhänders übergegangen sind. Von diesem Unmittelbarkeitsprinzip macht die Rechtsprechung nur im Falle von Anderkonten eine Ausnahme280. Erwirbt der ___________ 274 RGZ 133, 84, 87 (Das Treugut sei „zwar rechtlich, aber nicht wirtschaftlich“ Eigentum des Treuhänders); RGZ 127, 8, 9 (Das Treugut sei „nur der äußeren Gestaltung nach“ Eigentum des Treuhänders); RGZ 45, 80, 85 (Das Treugut sei „zwar formell und juristisch, aber nicht materiell und wirtschaftlich“ Eigentum des Treuhänders). RGZ 127, 8, 9 stellt gar auf „die innere Wahrheit“ ab. 275 Ausführlich dazu Grundmann, Treuhandvertrag, S. 309 f.; Coing, Treuhand, S. 41 ff. 276 BGH, NJW 1959, 1223, 1224. 277 Für die Untersuchung der Frage der Geeignetheit des Treuhandmodells für die Praxis ist allein der Standpunkt der Rechtsprechung entscheidend, da die Branche mit deren Urteilen leben muss. 278 Ausführlich hierzu Assfalg, Treugut, S. 130 ff. 279 Kötz, Trust, S. 129. 280 BGH, NJW 1993, 2622; 1996, 1543 f.; Bassenge, in: Palandt, BGB64, § 903 Rdn. 41.

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Treuhänder von einem Dritten für Rechnung des Treugebers, gilt dies nicht als Treugut, selbst wenn es mit Mitteln des Treuguts finanziert wurde281. Das Recht des Trusts erkennt zudem die dinglich wirkende Surrogation bei Treugut in sehr weitem Umfang an, während das deutsche Recht keine Entsprechung in derart weitem Umfang kennt282, sondern sich auf einzelne Anwendungsfälle beschränkt (vgl. etwa §§ 2041, 2111 BGB). Gering ist der Schutz auch bei einer Vermischung von Treugut und Vermögen des Treuhänders. Das deutsche Recht begründet keine gesetzliche Vermutung, dass der Treugeber Eigentum am vermischten Vermögen behält bzw. der Treuhänder bei der Verwendung vom vermischten Vermögen zuerst sein Geld ausgibt und dann erst das Treugut283. Gravierende Unterschiede weisen die Rechtsordnungen auch hinsichtlich der Rechtsfolgen treuwidriger Verfügungen des Treuhänders auf. Während sich im angloamerikanischen Recht die Rechtsposition des Treugebers auch gegenüber Dritten durchsetzt, die beschenkt wurden oder bösgläubig waren, ist die Position der deutschen Rechtsprechung und herrschenden Meinung wesentlich restriktiver, indem sie einen solchen Schutz erst bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 826 BGB, 266 StGB gewähren wollen284. (4) Abschließend bedarf ein weiterer Unterschied der Erwähnung. Das deutsche Recht kennt keine generelle gerichtliche Zuständigkeit zur Überwachung von Treuhändern oder zur Ernennung von Ersatztreuhändern. Auch fehlt eine generelle dem Gericht zustehende Kompetenz, Abweichungen von den vereinbarten Grundsätzen über die Anlage des Treuguts zu billigen oder diese für den Fall unvorhergesehener Situationen auszulegen. Zwar gewährt das deutsche Recht bei einzelnen gesetzlich verankerten treuhänderischen Aufgaben vergleichbare Rechtsbehelfe (§§ 2200, 2227 BGB), doch haben diese Vorschriften nur punktuellen Charakter und reichen nicht so weit wie die des angloamerikanischen Rechts. Kötz schließt aus der Tatsache, dass weder Praxis noch Wissenschaft in dieser Hinsicht Reformvor___________ 281 BGH, ZIP 1993, 213 f., sowie der sehr anschaulich dargestellte Meinungsstand bei Kötz, Trust, S. 132 ff.; Assfalg, Treugut, S. 167 ff., die beide anderer Ansicht sind. Kritisch auch Kötz, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 94, 98, sowie jetzt auch Bassenge, in: Palandt, BGB64, § 903 Rdn. 41. 282 S. o. S. 174 Fn. 109 sowie Bassenge, in: Palandt, BGB64 § 903 Rdn. 41 (ausgenommen Ersatzleistungen); Assfalg, Treugut, S. 139. Diesen Standpunkt halten Kötz, Trust, S. 136 ff.; ders., in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 95, 98, 101 und Assfalg, Treugut, S. 180 f. – jeweils m. w. N. – für überholt. 283 Dazu Kötz, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 45 f. 284 S. o. S. 176 Fn. 123.

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schläge unterbreitet hätten, dass entsprechende Regelungen wohl nicht benötigt würden285. Diese Schlussfolgerung mag im Hinblick auf klassische Rechtsinstitute, wie die Testamentsvollstreckung oder Pflegschaft zutreffen. Im Bereich der Vermögensverwaltung überzeugt sie nicht, da viele der heute im Wertpapierhandelsgesetz aufsichtsrechtlich geregelten Fragenkomplexe im Bereich des Trustrechts schon früh durch case law, insbesondere durch die im Einzelfall gerichtlich ausgeübte Aufsicht, entschieden wurden286. Eine vergleichbare Entwicklung im deutschen Recht fehlte. Ein gut ausgebautes Trustrecht mit entsprechend umfangreicher Rechtsprechung hätte aller Wahrscheinlichkeit nach so manchen Missbrauch auf dem Grauen Kapitalmarkt verhindern können287. Diese Frage im Nachhinein zu klären, ist müßig und soll deshalb nicht weiter verfolgt werden. Betont werden muss jedoch ein weiterer Gesichtspunkt. Die Einführung eines Trustrechts kann unter Wettbewerbsgesichtspunkten geboten sein, da eine solche Gesetzgebung ausländische Anleger, die eine entsprechende Konstruktion aus ihrem Heimatland kennen, anzieht. Dies belegen die Beispiele Liechtensteins288 und Luxemburgs, die trotz kontinentaler Rechtstradition mit großem Erfolg 1926 bzw. 1983 ein Trustrecht eingeführt haben289. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Treuhand und der Trust – trotz der auf den ersten Blick bestehenden Ähnlichkeit – gravierende Unterschiede aufweisen. Es ist daher Kötz und Roth zuzustimmen, wenn sie zu dem Ergebnis kommen, dass das deutsche Recht kein dem Trust in Funktionen und Schutzumfang vergleichbares umfassendes Treuhandinstitut kennt290. Nicht überzeugen kann allerdings die hieraus von Orth291 gezogene Schlussfolgerung, der unter anderem die Ungeeignetheit des deutschen ___________ 285 Kötz, in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 91; ders., in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 50. 286 Gleichwohl besteht auch im angloamerikanischen Recht die Notwendigkeit einer staatlichen Aufsicht über professionelle Trustees, s. o. S. 197, Text bei Fn. 245. 287 Die Rechte geschädigter Anleger, die durch einen auf dem inländischen Grauen Kapitalmarkt auftretenden zwischengeschalteten Vermittler („Treuhänder“) ausländischer Anbieter geschädigt wurden, erfuhren allerdings durch das Urteil BGHZ 134, 100 ff., eine deutliche Stärkung, indem der BGH den Vermittler – im konkreten Fall einen Notar – für haftbar erklärte. 288 Dazu Biedermann, Treuhänderschaft; ders., in: Gehrig, Private Banking, S. 49, 54 ff.; Bösch, Treuhänderschaft; Moosmann, Trust, S. 160 ff. 289 Diesen Vorteil betont auch Kötz, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 50. 290 Kötz, Trust, S. 125 ff.; ders., in: Hayton et al., Principles of European Trust Law, S. 85; H. M. Roth, Trust, S. 284; im Ergebnis ebenso Langbein, 105 Yale L.J. 625, 669 (1995); G.H. Roth, Treuhandmodell, S. 111 f. 291 Orth, Vermögensverwaltung, S. 287.

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Die Herausbildung fiduziarischer Rechtsverhältnisse

Treuhandrechts dafür verantwortlich macht, dass der Vermögensverwaltung vor 1959 kaum eine Bedeutung zukam. Diese Schlussfolgerung beruht auf dem Umstand, dass Orth das deutsche und angloamerikanische Treuhandrecht institutionenbezogen vergleicht und nicht funktional betrachtet. Bei einer funktionalen rechtsvergleichenden Betrachtung zeigt sich, dass das deutsche Recht mit dem Stellvertretungsmodell der Vermögensverwaltung eine dem angloamerikanischen Recht durchaus vergleichbare Lösung entwickelt hat. Für die fehlende Bedeutung der Vermögensverwaltung in Deutschland waren weniger rechtliche, als vor allem wirtschaftliche Faktoren maßgeblich, die noch im Einzelnen darzustellen sind. Nachdem die Unterschiede zwischen den Instituten des Trusts und der Treuhand herausgearbeitet sind und dabei festgestellt wurde, dass das Innenverhältnis der Treuhand weniger stark ausgeprägt war, drängt sich natürlich die Frage auf, ob das deutsche Recht – funktional betrachtet – vergleichbare Pflichten zwischen Treugeber und Treunehmer bei der Verwaltung fremden Vermögens kennt. Sieht man von den Pflichten in speziellen Rechtsinstituten, wie Testamentsvollstreckung und dem Investmentrecht einmal ab, bildeten sich solche Pflichten bei den Vorläufern von Auftrag und Geschäftsbesorgung heraus, wie das Beispiel des Allgemeinen Preußischen Landrechts gezeigt hat.

7. Zwischenergebnis und weiteres Vorgehen Hinsichtlich der Entwicklung der Vermögensverwaltung lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten: – Die der Vermögensverwaltung zugrunde liegende Ordnungsaufgabe einer Kapitalanlage mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis Dritter, die das heutige Recht mittels Treuhand- oder Vertretermodell löst, ist dem römischen Recht in dieser Ausprägung noch nicht bekannt. Für die rechtliche Bewältigung ihrer (vor allem erbrechtlichen) Vorläufer haben jedoch bereits damals die bis heute diskutierten beiden Lösungswege zur Verfügung gestanden. Die Zweiteilung in „Treuhandlösung“ und „Vertreterlösung“ ist damit sehr früh angelegt und keineswegs allein ein Produkt der späteren deutschen Regelung des Kreditwesengesetzes von 1934, wie bisweilen im deutschen Schrifttum unterstellt. Auch das angloamerikanische Recht kennt mit der Unterscheidung von Agency und Trust zwei Lösungswege für diese Ordnungsaufgabe. Aufgrund des im Detail unterschiedlichen Schutzniveaus dominiert im angloamerikanischen Recht der Trust. Deutschland hat mit dem Investmentgesetz eine Treuhandlösung für das Investmentgeschäft verwirklicht und verwendet im Übrigen 205

Die Entwicklung fiduziarischer Rechtsverhältnisse

jedoch ganz überwiegend das Vertretermodell bzw. gesetzlich angeordnete Formen der Vermögensverwaltung. – Während dem Trustee bei einem Trust zum Zwecke der Kapitalanlage schon frühzeitig freies Ermessen hinsichtlich der Anlagepolitik eingeräumt wurde, war dies bei familien- und erbrechtlich motivierten Trusts selten der Fall. Das US-amerikanische Trustrecht hat mittlerweile die Erkenntnisse der Portfolio-Theorie rezipiert und erlaubt heute jede Form der Anlage des Trustvermögens, sofern es ausreichend diversifiziert ist und das Risiko in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck des Trusts steht. Auch das englische Recht hat seinen Standpunkt liberalisiert, hält aber – sofern keine abweichende Vereinbarung bei Errichtung des Trusts getroffen wurde – immer noch an festen Anlagegrenzen für die Aktienanlage fest. Im Vergleich am rückschrittlichsten erscheint das deutsche Recht hinsichtlich der mündelsicheren Anlage (§ 1807 BGB), da es immer noch dem Regelungsmodus gesetzlich beschränkter Investitionsmöglichkeiten („statutory list“) folgt und nur ausnahmsweise eine andere Anlage gestattet, sofern das Vormundschaftsgericht dies erlaubt (§ 1811 BGB). Bei der zum Zwecke der Kapitalanlage durchgeführten Vermögensverwaltung lassen sich dagegen keine Unterschiede zwischen deutschem und angloamerikanischem Recht erkennen, da in der Praxis beider Rechtskreise die Vermögensinhaber die jeweilige Anlagestrategie zu Beginn der Verwaltung festlegen oder dem Vermögensverwalter überlassen. Die Praxis hat damit im Detail noch bestehende rechtliche Unterschiede nivelliert. – Vergleicht man Trust und Treuhand unter dem Blickwinkel des Schutzes, der dem aus der fiduziarischen Beziehung Begünstigten im Falle von Missbräuchen des Treuhänders/Trustees zusteht, erweist sich der Trust als überlegen, ohne dass hierbei jedoch der Verkehrsschutz vernachlässigt würde. Im deutschen Recht wird ein vergleichbarer Schutz nur im Vertretermodell erreicht, bei dem der Kunde Eigentümer der verwalteten Werte bleibt und deshalb einen höheren Schutz als bei der Treuhandlösung genießt, die sich für die Vermögensverwaltung als nur eingeschränkt praxistauglich erweist. Funktional betrachtet kommen beide Rechtsordnungen trotz unterschiedlicher Lösungswege zu vergleichbaren Ergebnissen. Das Recht der Vermögensverwaltung ist zudem Beleg für die Feststellung, dass dem Trust im angloamerikanischen Recht auch Aufgaben zukommen, die im deutschen Recht unmittelbare und mittelbare Stellvertretung übernehmen. Diese Feststellung entbindet jedoch nicht von der Beantwortung der Frage an den deutschen Gesetzgeber, ob sich nicht unter Wettbewerbsgesichtspunkten die Einführung eines Trust206

Die Herausbildung fiduziarischer Rechtsverhältnisse

rechts empfiehlt292. Im Investmentgesetz hat der Gesetzgeber bereits ein Treuhandrecht für institutionelle Vermögensverwaltungen vorgesehen und damit im Ergebnis die überzeugenden Lösungen des Law of Trust in weiten Bereichen nachgebildet, ohne dass Systembrüche zu beklagen wären. Für die individuelle Vermögensverwaltung könnte ein vergleichbarer Lösungsweg daher durchaus in Betracht kommen293. Dieser Aspekt ist im Folgenden nicht zu vertiefen, da die Arbeit sich aus Raumgründen auf das derzeit geltende Recht beschränken muss. – Im Gegensatz zum angloamerikanischen Recht kennt die deutsche Rechtsordnung eine Aufsplitterung der interessenwahrenden Rechtsverhältnisse in verschiedene Rechtsinstitute, so dass sich die jeweiligen interessenwahrenden Pflichten im Laufe der Zeit unterschiedlich entwickelt haben. Es stellt sich daher stets die Frage, inwieweit zur Bestimmung des Pflichtenkreises eines Vermögensverwalters auf andere Fälle interessenwahrender Rechtsverhältnisse zurückgegriffen werden kann294. Zuvor ist jedoch auf den zweiten Entwicklungsstrang einzugehen, der für die Zwecke dieser Untersuchung maßgebend ist, nämlich die Entwicklung des Bankwesens und Anlegerschutzes. Ihre Darstellung dient dem Ziel, die Entstehung des Markts für Vermögensverwaltung, die Entstehung des Anlegerschutzes und die Bewährung der einzelnen anlegerschützenden Instrumente aufzuzeigen und hieraus Schlüsse für die heute zu lösenden Rechtsfragen der Vermögensverwaltung abzuleiten.

___________ 292 S. o. S. 204. 293 Kritisch offenbar Rückert, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera fiduciae, S. 425 („vertrackte Mischung“). Coing, AcP 167 (1967), 99, 131, betonte, er sehe derzeit keine Notwendigkeit für eine solche Reform, wolle jedoch damit nicht ausschließen, dass sich später aufgrund geänderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nicht doch ein Bedürfnis hierfür herausbilde. 294 Hieraus entwickelt sich zwangsläufig die nächste Fragestellung, nämlich ob es gar einen Pflichtenkatalog gibt, der allen Formen der interessenwahrenden Verhältnisse immanent ist, gleichsam ein „allgemeiner Teil der Interessenwahrungsverhältnisse“. Auch hierauf kann aus Raumgründen nicht eingegangen werden, da im Folgenden nur die Vermögensverwaltung und nicht alle interessenwahrenden Rechtsverhältnisse zu untersuchen sind.

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Kapitel 5 Die Entwicklung des Anlegerschutzes I. Die Anfänge des Bankwesens Die ersten Bankgeschäfte lassen sich bereits für das 3. Jahrtausend v. Chr. im Alten Orient nachweisen1. Bekannt sind Transaktionen, die den Depositen-, Lombard- und Darlehensgeschäften vergleichbar waren. Zu Hammurabis Zeiten (1728–1686 v. Chr.) kam auch die Zahlungsanweisung, später dann das Diskontgeschäft hinzu. In Neu-Babylonischer Zeit (7.–5. Jh. v. Chr.) trat an die Stelle des Naturaldarlehens das Gelddarlehen; ebenso finden sich Kontokorrent, Scheck und Hypothekendarlehen. In dieser Zeit entstand auch der Beruf des Bankiers. Wurden bis dahin Einzeltransaktionen in Tempeln und Palästen abgewickelt, traten jetzt Familienunternehmen auf, die neben dem Handel auch regelmäßig Bankgeschäfte betrieben. Aus mesopotamischen Quellen sind zwei Privatbanken bekannt, nämlich die Großkaufleute Egibi von Sippar (7./6. Jh. v. Chr.) und Marashu von Nippur (5. Jh. v. Chr.). Ein der Vermögensverwaltung vergleichbares Geschäft lässt sich nicht nachweisen, da erwirtschaftete Werte zumeist unmittelbar reinvestiert wurden. Auch waren die vorhandenen Anlagemöglichkeiten so überschaubar, dass es keiner Vermögensverwaltung durch Dritte bedurfte. Das recht gut entwickelte2 griechische Bankwesen kannte – soweit ersichtlich – eine rechtlich selbstständige Dienstleistung einer Vermögensverwaltung ebenfalls nicht. Gleiches gilt für das römische Bankwesen, das sich aus dem griechischen Vorbild entwickelte3. Die Funktion der Banken lag nach wie vor in der Finanzierung von Handel und Gewerbe. Großgrundbesitzer wickelten ihre Geschäfte selbst ab und schufen sogar, wenn nötig, eigene Kreditinstrumente, um ihren Finanzbedarf zu decken. ___________ 1

2

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Zum Folgenden Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 13 ff.; Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 618 ff.; Heichelheim, Ancient Economic History Bd. I, S. 133 ff., 212 ff., 254 ff., Bd. II, S. 7 ff., 70 ff., sowie ders. Wirtschaftsgeschichte des Altertums Bd. I, S. 420 ff.; Wendt, Banken, S. 539 f.; Laum, Banken im Altertum, S. 164 ff. Heichelheim, Ancient Economic History Bd. II, S. 70 ff.; ders., Wirtschaftsgeschichte des Altertums Bd. I, S. 420 ff., 550 ff.; Laum, Banken im Altertum, S. 166 ff.; Wendt, Banken, S. 540; kritisch hierzu Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 1 f., der meint, diese Sichtweise beruhe darauf, dass man vom Mittelalter Rückschlüsse auf das griechische und römische Bankwesen ziehe. Heichelheim, Wirtschaftsgeschichte des Altertums Bd. I, S. 420 ff., 550 ff., 682 ff., 722 ff., 774 ff., 813 ff.; Laum, Banken im Altertum, S. 168; Wendt, Banken, S. 540.

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Die Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert

II. Die Entwicklung der Wirtschaft, des Bankwesens und des Anlegerschutzes bis zum 16. Jahrhundert Die Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert

1. Die Entwicklung des Bankwesens, der Börsen und der Vermögensordnung Über die Entwicklung des Bankwesens nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches besteht wenig Klarheit. Die früher herrschende Meinung ging davon aus, dass das relativ weit entwickelte Bankwesen aufgehört habe zu existieren4 und erst zur Zeit der Kreuzzüge allmählich wieder entstanden sei. Bezieht man jedoch die Tatsache ein, dass die Entwicklung des modernen Bankwesens gerade in Italien begonnen hat, spricht viel dafür, dass sich mit dem Zusammenbruch des römischen Reichs nur die Spuren der Banktätigkeit verlieren, diese aber nicht aufgehört hat zu existieren5. Ab dem frühen Mittelalter lassen sich Bankgeschäfte wieder nachweisen6. Bedeutende Transaktionen mussten beglaubigt werden, so dass sich in den Genueser Notariatsakten des 12. und 13. Jahrhunderts erste Belege für bargeldlose Zahlungen und Überziehungskredite finden7. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung „bancherii“ für den Beruf des Geldwechslers8. Diese nahmen ihre Geschäfte an festen Plätzen vor, die sich deshalb zu Zentren für Kaufleute und zur Abwicklung von zahlreichen anderen Geschäften entwickelten. Diese Plätze werden im Schrifttum bisweilen als Vorläufer der Börsen bezeichnet, doch haben sich deren charakteristische Merkmale noch nicht herausgebildet9. Die Genueser Bankiers des 12. Jahrhunderts verdienen aus zwei Gründen einer besonderen Erwähnung10. Sie mussten ihre ___________ 4 Wendt, Banken, S. 540; Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 620. 5 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 21 m. w. N.; Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 5. 6 Zum Folgenden Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 3 ff.; Blomquist, Thirteenth Century Lucca, S. 53 ff.; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 21 ff.; Wendt, Banken, S. 540 ff.; Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 423 ff. Siehe auch die Zusammenstellung bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 64 ff. 7 Veröffentlicht in: Patetta, Chiaudano u. a., Documenti e studi per la storia del commercio e del diritto commerciale Italiano. 8 Nach De Roover, Medici Bank, S. 31, blieben die Begriffe Bankier und Geldwechsler bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts Synonyme, auch wenn Bankiers natürlich zunehmend andere Aktivitäten entfalteten. 9 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 69 ff., insbesondere 77 ff. 10 Zum Folgenden Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 11. Nach De Roover, History of Banking, S. 213, bedurften Pfandleiher generell einer obrigkeitlichen Zulassung, wobei er diese Stellungnahme auf Italien, die Niederlande und Deutschland bezieht. Dem ist hier nicht weiter nachzugehen.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Geldwechselgeschäfte dokumentieren, ihre Bücher und Kassenbestände durften die amtlichen Kontrolleure jederzeit einsehen. Die Regierung Genuas zwang Vormünder zudem, Mündelgelder bei einer Bank anzulegen11. Bedeutend ist auch die Tatsache, dass die Geldwechsler von Lucca einen öffentlichen Amtseid abzulegen hatten, keinen Diebstahl, keine Manipulation oder Fälschung zu begehen. Die Vertrauensanfälligkeit des Berufs war damals durchaus schon im öffentlichen Bewusstsein verankert. Dem entsprach auch die Tatsache, dass die Wechsler sich in einer Gilde organisierten12. Im Bankgeschäft sind neben Pfandleihern und Geldwechslern auch Händler tätig, die ihre Geschäfte auch auf die Ausgabe und Entgegennahme von Depositen ausdehnten und Kredite vergaben13. Sie beteiligten sich sehr oft auch am Überseehandel. Wiederum lässt sich also eine enge Verbindung von Handel und Bankgeschäft beobachten14. Die Beispiele hierfür sind zahlreich. Genannt seien die Genueser Bank Leccacorvo15, die Kölner Warenkaufleute und Bankiers des 13./14. Jahrhunderts16 sowie die Medici17. Als erste Bank gilt die im 12. Jahrhundert errichtete Bank von Venedig, doch muss man eine solche Einordnung bezweifeln. Denn die „Bankgründung“ erfolgte, als die Kassen aufgrund von Kriegsausgaben erschöpft waren und der Senat beschloss, die von Privatleuten deponierten Gelder bis zum Anbruch besserer Zeiten unter öffentliche Verwahrung zu stellen. Endemann bezeichnet

___________ 11 Zur Frage, ob die Vormundschaft eine treuhänderische Stellung des Vormunds war, vgl. die Nachweise auf S. 168 Fn. 78. In jedem Fall ist die Regelung aus heutiger Sicht bedeutend, da sie eine erste rechtliche Vorgabe zum Schutze des Mündelvermögens darstellte und damit – bei funktionaler Betrachtung – eine Vorläuferregelung zum Schutze des Treugebers durch Anlagegrundsätze bildete. 12 Blomquist, Thirteenth Century Lucca, S. 55 ff., der den Eid aus dem Jahr 1111 und die Gilde mittels eines Dokuments aus dem Jahr 1236 beschreibt. 13 Sehr anschaulich zu diesen Berufsgruppen De Roover, History of Banking, S. 200 ff. 14 Dies gilt nicht nur für Italien, sondern auch für die übrigen europäischen Staaten, in Bezug auf England vgl. etwa Prestwich, Italian Merchants, S. 88 ff., 99 f., 104. Betrachtet man die Geschichte der Privatbankiers, lässt sich diese Kombination bis ins 20. Jahrhundert feststellen, ihre Bedeutung nahm allerdings ständig ab, vgl. Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 22, 63; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 17, 27 f. 15 Lopez, Dawn of Medieval Banking, S. 12 ff. 16 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 1 f. 17 Sie betrieben von 1397 bis 1494 neben dem Handel auch ein Bankhaus und gründeten zahlreiche Niederlassungen in ganz Europa, vgl. Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 18 f.; De Roover, Medici Bank; ders., The Rise and Decline of the Medici Bank. Zu Vorläufern der Medici Bank De Roover, The Antecedents of the Medici Bank, S. 260 ff.

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Die Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert

diesen Vorgang als staatliche Zwangsanleihe18. Bedeutend für die Entwicklung des Bankwesens waren auch die Florentiner, in deren Stadt 1470 bereits 32 Banken tätig waren19. Auch ihnen kam in den Anfängen die Funktion zu, staatliche Schulden zu verwalten20. Gleiches gilt für die St. Georgsbank in Genua (gegr. 1407) und die Ambrosius-Bank in Mailand (gegr. 1593), die zumindest in ihren Anfängen keine Banken, sondern (Staats-) Gläubigergemeinschaften darstellten21. Neben den italienischen Banken gewinnen auch die katalanischen Banken rasch an Bedeutung22. Dort finden sich die ersten städtisch betriebenen Banken, so etwa die Taula de Canvi de Barcelona (1401–1853) und die Taula de Canvi de Valencia (1408–1416)23. Die weitere Entwicklung des Bankwesens und seine Ausbreitung in Europa werden durch die Lombarden und Kawertschen, die Juden, die Geistlichkeit und die Kaufleute bestimmt24. Dies soll hier im Einzelnen nicht nachgezeichnet werden, da sich keine Nachweise für eine der Vermögensverwaltung vergleichbare Dienstleistung finden25. Grund hierfür dürfte die oben ___________ 18 Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 432; ebenso Trusen, FS Bärmann, S. 113, 116. 19 Zur Bedeutung der Florentiner Kaufleute Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 270 ff.; zum frühen Bankwesen auch De Roover, Medici Bank, S. 1 ff. 20 Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 433. 21 Dazu Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 157 ff.; Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 13 Fn. 11; Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 622; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 17; De Roover, History of Banking, S. 218 f., 226. Ausführlich zu den montes auch Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 431 ff. 22 Ausführlich dazu Riu, Banking, S. 131 ff. m. w. N. 23 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 156 f.; Riu, Banking, S. 133, 156; De Roover, History of Banking, S. 217 f. m. w. N. Sicherlich noch nicht als Girobank lässt sich entgegen manchen Darstellungen in der älteren Literatur der 1156 errichtete „monte vecchio“ Venedigs einordnen, dessen Funktion allein die Staatschuldenverwaltung war, vgl. Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 156; a. A. noch Hübner, Banken I, S. 9. 24 Beispielhaft genannt sei Prestwich, Italian Merchants, S. 77 ff. (m. w. N. in Fn. 2 auf S. 78), der den Einfluss italienischer Bankiers auf die Entwicklung des englischen Bank- und Münzwesens beschreibt, zu dem etwa die Einführung ordentlicher Buchführung gehörte (a. a. O., S. 83). Die Ausbreitung in Deutschland beschreibt etwa Bergier, A New Banking Concept, S. 105, 116 ff. Die Geschichte des jüdischen Bankwesens seit dem Vierten Laterankonzil von 1215 beschreibt Kirchholtes, Jüdische Privatbanken, S. 7 ff. 25 Ausführlich zu den Bankgeschäften dieser Zeit Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 450 ff.; Blomquist, Thirteenth Century Lucca, S. 60 ff.; De Roover, History of Banking, S. 200 ff.; zur Entwicklung in Deutschland am Beispiel der Geldgeschäfte Berlins Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 8 ff., 13 ff.; anschaulich auch die Beschreibung der von der Medici Bank betriebenen Geschäfte bei

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

bereits angesprochene Tatsache sein, dass die großen Vermögen dieser Zeit zumeist aus Grundbesitz bestanden26. Da die Eigentümer diesen selbst oder durch Personal verwalten konnten, bestand kein Bedarf für externe professionelle Verwalter. Dies gilt im Besonderen für den Adel. Der weitaus größte Teil der Vermögen lag in seinen Händen. Ein weiterer Grund für das Fehlen eines Bedürfnisses nach Vermögensverwaltung war die noch fehlende Trennung von staatlichem Vermögen und Privatvermögen des Adels, so dass das Vermögen als Gesamtheit dem Hof unterstellt war. Soweit in dieser Zeit andere größere Geldvermögen vorhanden waren, wie bei Klöstern oder Kaufleuten, wurden diese selbst verwaltet oder an Landesherren verliehen oder genutzt27, um von diesem Rechte oder Privilegien zu erhalten. Hauptanlagemöglichkeit der Zeit war der Rentenkauf 28, der nicht dem kirchlichen Wucherverbot unterfiel29, da das gegen Rente überlassene Kapital nicht zurückgefordert werden konnte. Um sein Kapital zurückzuerhalten, musste der Inhaber vielmehr das Rentenrecht an einen Dritten verkaufen. Die Städte nutzten den Verkauf von Renten dazu, Anleihen aufzunehmen. Privatleuten diente der Rentenkauf nicht nur für eigene Kapitalanlagen, sondern auch dazu, Angehörige zu versorgen30. Neben dem Rentenkauf als Kapitalanlage kannte man den Wiederkauf, bei dem Grundbesitz oder eine Gerechtigkeit auf bestimmte Zeit verkauft wurde und nach Ablauf der Frist ___________

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De Roover, Medici Bank, S. 31 ff.; ders., The Rise and Decline of the Medici Bank, S. 108 ff., die er als typisch für die Zeit bezeichnet. Auch die 1398 in Florenz gegründete sehr fortschrittliche Bank von Datini & Cambioni betrieb keine der Vermögensverwaltung vergleichbaren Geschäfte, Origo, Im Namen Gottes und des Geschäfts, S. 129 ff. Für Berlin des 14. bis 16. Jahrhunderts beschrieben bei Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 4 ff., 12 f. Beschrieben bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 41 ff. Den Erwerb eines Privilegs für den Getreidehandel durch Joachim Grieben im Jahr 1557 beschreiben Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 70 f. Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 43 ff. m. w. N.; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 34 ff. Dazu ausführlich Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 9 ff.; Strieder, Kapitalistische Organisationsformen, S. 69 ff.; Trusen, FS Bärmann, S. 113 ff. Vgl. das Beispiel bei Ehrenberg, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 10 (1893), 1, 33; siehe auch Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 3, 21, wonach einige wohlhabende Berliner Familien von den Einkünften aus Renten lebten. Später findet der – nach Abschaffung des kirchlichen Zinsverbots ungebräuchlich gewordene – Rentenkauf unter der Bezeichnung Leibrente (auch Tontine genannt) weiter Verwendung, dazu Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 124.

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zum Verkaufspreis zuzüglich einer festen Entschädigung, des so genannten Schadegelds, zurückerworben werden musste31. Das kirchliche Wucherverbot fand auch auf diese Gestaltung keine Anwendung. Eine andere Anlagemöglichkeit bestand in unternehmerischen Beteiligungen. Denn die Hingabe von Geld unterfiel nur dann dem Wucherverbot, wenn eine bestimmte Gegenleistung für die Hingabe des Geldes vereinbart wurde. Da der Gewinn eines Unternehmens nicht im Voraus bestimmt war und auch Verluste möglich waren, fand das Wucherverbot keine Anwendung32. Vor dem Hintergrund dieser Praxis, des recht überschaubaren Geldmarkts und der beschriebenen Vermögensverteilung wird verständlich, warum zu dieser Zeit im christlichen Europa kein oder nahezu kein33 Bedarf für Vermögensverwaltungen durch Dritte bestand. Gleiches gilt für die islamische Welt, die aufgrund des Zinsverbots das Institut des Depositums nicht kannte. An dessen Stelle blühten andere Formen der Kapitalanlage auf, wie etwa gesellschaftsrechtliche Beteiligungen34. Während für die Vermögensverwaltung unter Lebenden also noch kein Bedarf bestand, finden sich erste testamentarisch errichtete Stiftungen, bei denen eine Vermögensverwaltung des Stiftungsvermögens notwendig wurde. Ein frühes Beispiel für eine bedeutende Stiftung ist die „Casa del Ceppo dei Poveri di Francesco di Marco“, errichtet im letzten Willen von Francesco Datini (ca. 1335–1410) aus Prato35. Er war einer der bedeutendsten toskanischen Bankiers des 14. Jahrhunderts und bestimmte in seinem Testament, dass von seinem Vermögen eine eigenständige, gemeinnützige Stiftung zu errichten sei. Als erste Verwalter setzte er vier Vertraute ein, die zugleich als seine Testamentsvollstrecker fungierten. Seine ursprüngliche Absicht, das Geld der Kirche zu hinterlassen36, hatte er aufgegeben, da im Spätmittelalter ___________ 31 Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 3 f. 32 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 10. 33 Eine Ausnahme könnte der Berliner Verwaltungsjurist Lampert Distelmeier darstellen, der einen Großteil seines Geldvermögens im Ausland anlegte, indem er es in die Hand eines Leipziger Verwandten seiner Frau gab, vgl. dazu Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 303. Die Hintergründe hierfür sind unklar, vermutlich aber war es Vorsorge für den Fall, dass er bei Hofe in Ungnade fallen sollte. Ob der Verwandte die Aufgabe der aktiven Anlage des Geldes hatte oder nur als Aufbewahrungsstelle diente, ist leider unklar. 34 Dazu Udovitch, The Islamic World, S. 256 ff.; siehe auch Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 10. Zur heutige Auslegung des Zinsverbots („riba“) und zum Verbot von Spekulationsgeschäften („gharar“) Rohe, Islam, S. 93 ff. 35 Sein Leben ist beschrieben bei Origo, Im Namen Gottes und des Geschäfts. Zur Stiftung s. a. De Roover, History of Banking, S. 206 f.; Origo, a. a. O., S. 306 ff. 36 Origo, Im Namen Gottes und des Geschäfts, S. 293 ff.

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immer wieder riesige Vermögen durch Nachlassverwalter veruntreut, unsachgemäß investiert oder zur Tilgung der Schulden verschwendungssüchtiger Bischöfe verwendet worden waren37. Seine Vorsicht hat sich bezahlt gemacht, denn die von ihm errichtete Stiftung besteht bis heute38.

2. Die Schuldenverwaltung als Form der „Vermögenssorge“ Eine Tätigkeit der Banken, die sehr entfernt an die Vermögensverwaltung heutiger Prägung erinnert, war die Schuldenverwaltung, die sie für öffentliche Haushalte übernahmen. Die Ähnlichkeit beruht darauf, dass beide Tätigkeiten in etwa die gleiche Zielsetzung verfolgten, nämlich eine umfassende Betreuung fremder Vermögensangelegenheiten. Denn die Schuldenverwaltung ging über das reine Kreditgeschäft ebenso hinaus, wie die Vermögensverwaltung über das Effektengeschäft oder die Anlageberatung. Allerdings beschränkt sich die Ähnlichkeit auf diesen Umstand, weshalb man die Schuldenverwaltung keinesfalls als Vorläufer der Vermögensverwaltung einordnen sollte. Denn es ging gerade nicht um die Anlage von Vermögenswerten, sondern im Gegenteil um die Verwaltung des Defizits und den Ausgleich jährlich schwankender Haushalte39.

3. Die Macht der Großkaufleute Bedeutend für die Entwicklung des Bankwesens im Mittelalter sind die Großkaufleute und die Entstehung der großen Handelshäuser40, von denen in Deutschland das der Fugger wohl am bekanntesten sein dürfte. Kennzeichnend für sie war, dass die Bankaktivitäten in ihrer Bedeutung an den Warenhandel heranreichten oder ihn sogar überstiegen. Es dominierte die Kreditvermittlung an Herrscher und Fürsten. Dazu mussten die Kaufleute deren Einkünfte verwalten und ihnen bisweilen darauf Vorschüsse leisten41. Um die großen Anleihesummen aufzubringen, nahmen die großen „Börsen___________ 37 Dies beklagt schon Dante, der die Seelenhirten seiner Zeit als raubgierige Wölfe im Gewand des Hirten („In veste di pastor lupi rapaci“) bezeichnet, Dante, Paradiso, XXVII, 55. 38 Homepage der Stiftung unter http://www.istitutodatini.it/schede/datini/eng/ceppi.htm (abgerufen am 30.5.2005). 39 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 25, 157 ff. m. w. N. 40 Dazu Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 6 ff.; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 96 ff. m. w. N. sowie die ausführliche Beschreibung bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 85 ff., 187 ff., 270 ff., 324 ff. 41 Zum Folgenden Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 12 ff.; ders., Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 26 ff., 55. Das Anleihewesen der Niederlande und Frankreichs beschreibt Ehrenberg, a. a. O., S. 30 ff., 81 ff.

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firmen“ auch kleine Anlagesummen entgegen. Über diese stellten sie einen Revers aus, durch den eine Beteiligung an der Original-Obligation beurkundet wurde. In dem Revers verpflichtete sich die Börsenfirma zudem, die Original-Obligation nicht eher aus der Hand zu geben, als bis die Partialgläubiger befriedigt waren. Trotz dieser Verpflichtung bereitete die Rückzahlung der Gelder an die Partialgläubiger in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Auch finden sich in dieser Zeit die ersten Konsortien42. Ehrenberg bezeichnet die Großkaufleute zu Recht als „die großen Organisatoren des öffentlichen Credits“43. Man kann sie sicherlich als Begründer des deutschen Bankwesens einordnen44; sie lösten nicht nur national, sondern auch international die zuvor dominierenden italienischen Banken ab45. Höhepunkt ihrer Tätigkeit als Organisatoren des öffentlichen Credits ist die Kaiserwahl von 1519, bei der Karl V. nur dank der Unterstützung der Fugger die Krone erlangte. Im Gegenzug zur Beschaffung von Krediten erhielten sie oft Vergünstigungen, Monopole und Herrschaftsrechte. Um aus heutiger Sicht die Bedeutung dieser Finanzierungsfunktion ermessen zu können, muss man sich vor Augen führen, dass im 16. Jahrhundert große Teile des vorhandenen Kapitals gleich in die Produktion oder den Geschäftsbetrieb reinvestiert wurden46. Soweit dies ausnahmsweise nicht der Fall war, stand als Anlagemöglichkeit der Rentenkauf, die verzinsliche Geldeinlage insbesondere bei Handelsgesellschaften oder der Grundbesitz

___________ 42 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 399 f. Ein ausführlicher beschriebenes Beispiel findet sich a. a. O., S. 241. Anders Weber, Depositenbanken, S. 240, der das erste Emissionskonsortium auf das Jahr 1860 datiert. Auch Walter, Investment Banking, BA Beiheft 35 (1999), 8 f., und Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 11 f., datieren das Konsortialgeschäft erst auf das Ende des 18. Jahrhunderts. 43 Noch weiter geht Bergier, A New Banking Concept, S. 111, der die Großkaufleute als Erfinder des modernen Kapitalismus bezeichnet, womit er nicht nur das System, sondern auch die zugrunde liegende Geisteshaltung meint. 44 Bergier, A New Banking Concept, S. 105 ff. Zwar habe es auch zuvor vereinzelt Kredite an Fürsten gegeben, doch seien sie nicht so bedeutend gewesen, um die historische Rolle der Großkaufleute bei der Begründung des Bankwesens zu schmälern (a. a. O., S. 120). 45 Bergier, A New Banking Concept, S. 128 f., schlussfolgert aus den vom ihm ermittelten Fakten, dass zwischen dem Niedergang des italienischen Bankwesens und dem kurze Zeit später beginnenden rasanten Aufstieg deutscher Großkaufleute kein direkter kausaler Zusammenhang bestand, sondern die Deutschen die sich auftuende Lücke schlossen. 46 Wie bedeutend die Kapitalien einzelner Handelshäuser waren, zeigt die Aufstellung von Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 385 ff.

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offen47. Nur ein kleiner Teil des Kapitals war also für öffentliche Zwecke überhaupt verfügbar und dabei dominierte der Kredit an Städte. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass das Einlagen- und Kreditgeschäft kaum ausgebildet war48, von einem funktionierenden Kapitalmarkt oder einem Markt für Vermögensverwaltung ganz zu schweigen49. Auch die Nachlassregelung vermögender Kaufleute war so gestaltet, dass kein Bedarf für eine Vermögensverwaltung bestand. Die Witwen und unmündigen Kinder ließen ihr Erbteil zumeist in der Gesellschaft und erhielten dafür eine feste Verzinsung50. Neben den großen Handelshäusern betrieben auch vereinzelt jüdische Geschäftsleute in den bedeutenden Handelsstädten Bankgeschäfte und trugen zum Entstehen eines Geldmarkts bei, doch war ihre Bedeutung aufgrund von Verfolgung und Diskriminierung insgesamt gering51.

4. Die Stadtwechsel Im Unterschied zu den Großkaufleuten und jüdischen Bankiers, bei denen sich keine Belege für die Vermögensverwaltungen finden ließen, boten die im 15. und 16. Jahrhundert gegründeten kommunalen Stadtwechsel diese Dienstleistung an. Die Stadtwechsel zeichneten sich auch dadurch aus, dass sie schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts über einen ausgeprägten Anlegerschutz mittels Bankorganisation und Bankgeheimnis verfügten52. Ihre Be___________ 47 Vgl. die Beispiele bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 323, 353, 393, 395 sowie die auf S. 391 abgedruckte Stellungnahme zur verzinslichen Einlage. 48 Dabei lassen sich allerdings regionale Unterschiede feststellen. In Italien war das Geschäft mit verzinslichen Bankdepositen und Darlehen an Handelshäuser stärker ausgeprägt als in Deutschland, vgl. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 393, 395. 49 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, berichtet ausführlich über die Finanzgeschäfte dieser Zeit und erwähnt die Vermögensverwaltung an keiner Stelle. Insbesondere bei der Beschreibung der Geschäfte des offenbar in allen damals üblichen Sparten tätigen Bankiers Gaspar Ducci findet sich hierauf kein Hinweis, Ehrenberg, a. a. O., S. 315 f. 50 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 382. 51 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 136; Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 137 ff., Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 621. Die Diskriminierungspraktiken am Beispiel Frankfurts schildert Conte Corti, Rothschild, S. 7 ff. Das einzige Beispiel einer sehr großen Finanztransaktion unter Beteiligung eines Juden findet sich bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 242. 52 Insoweit unterschieden sie sich auch von den ständischen Kassen, die bisweilen ebenfalls Einlagen sowie Witwen- und Mündelgelder entgegennahmen. Sie waren als öffentliche Kassen konzipiert mit dem Ziel, Steuern zu sammeln und die fürstlichen Schulden zu tilgen, dazu Rachel/Papritz/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 1, S. 18 ff.

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deutung als erste öffentliche Banken ist im historischen und juristischen Schrifttum bislang nur am Rande oder gar nicht zur Kenntnis genommen worden53, weshalb an dieser Stelle ein Eingehen auf sie geboten erscheint. Der Stadtwechsel der Stadt Straßburg entstand in den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts. Über ihn ist nur wenig Material vorhanden, da die entsprechenden Urkunden bei einem Archivbrand im Jahr 1870 vernichtet wurden. Erhalten ist nur die Kopie einer städtischen Wechselordnung54 aus den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts, in der der Übergang des Wechselgeschäfts an die Stadt Straßburg erwähnt wird. Das Straßburger Vorgehen diente der Stadt Basel als Vorbild, als diese am 8.12.1503 die Gründung eines eigenen Stadtwechsels beschloss und diesen zum 9.9.1504 errichtete55. Die beiden kommunalen Stadtwechsel waren in dieser Form ohne Vorbild56. Es handelte sich bei den beiden Stadtwechseln nicht um bloße Münzwechsel, sondern um lokale Bankhäuser. Sie boten für die Städte den Vorteil günstiger Kredite und die Erträge der Stadtwechsel kamen dem Haushalt zugute. Ausgehend vom Münzwechsel erbrachten sie im Laufe der Zeit alle der damals üblichen Bankdienstleistungen mit Ausnahme der Börsengeschäfte. Insbesondere nahmen sie Depositen von öffentlichen Körperschaften (Guthaben der eigenen Stadt und der Nachbarstädte), von lokalen Stiftungen und Klosterverwaltungen57 und von Privatpersonen entgegen und vergaben an diesen Personenkreis auch Kredite. Spekulationen waren den Stadtwechslern verboten. Sie unterstanden einer zunächst sehr gut funktionierenden städtischen Aufsicht. Aufgrund dessen konnten die Betreiber des Basler Stadtwechsels, der als privatrechtliche Gesellschaft unter Beteiligung der Stadt Basel und des Kaufmanns Heinrich David errichtet wurde, ihren ___________ 53 Siehe die Auswertung des einschlägigen Schrifttums bei Körner, Solidarités financières suisses, S. 331 f. 54 Abgedruckt und beschrieben bei Cahn, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 14 (1899), 44 ff. = ders., Stadtwechsel, S. 1 ff., der sie auf S. 53 bzw. S. 10 zeitlich einordnet. 55 Hierzu und zu dessen Geschichte Mauersberg, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 287 ff.; Körner, Solidarités financières suisses, S. 331 ff.; Hallauer, Stadtwechsel, S. 1 ff.; a. A. in Bezug auf das Gründungsdatum allein Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, S. 347, der – ohne Beleg – das Jahr 1491 angibt. 56 Die noch zu beschreibenden katalanischen öffentlichen Banken beruhten nicht auf dem Konzept, das Geld reicher Städte zu verwalten, sondern dienten in erster Linie der Aufnahme öffentlichen Kredits, vgl. Bergier, A New Banking Concept, S. 128; De Roover, History of Banking, S. 218. 57 Bergier, A New Banking Concept, S. 127; Cahn, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 14 (1899), 57.

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Kunden die Garantie der Rückzahlung aller Depositen geben58. Da der Stadtwechsel als eine selbstständige Gesellschaft gegründet war, dürfte es sich bei dieser Haftungsübernahme seitens der Stadt Basel um den ersten urkundlich erwähnten Fall der Instituts- bzw. Einlagensicherung handeln. Bei der Beschreibung der Aufgaben59 des Straßburger Stadtwechsels wird die „recht mühevolle Aufgabe der Verwaltung der anvertrauten Kapitalien“ erwähnt. Wegen ihrer Tragweite wurde die Verwaltung der Vermögen deshalb wohl auch als „sehr verantwortliche Thätigkeit“ bezeichnet. Weitere Details werden leider nicht mitgeteilt. Mit diesen Formulierungen dürfte vor allem die Verwaltung der Stiftungs- und Klostervermögen gemeint gewesen sein60, die nach außen im Namen der Stadt angelegt wurden, wirtschaftlich aber den Einrichtungen zugute kamen, also schon damals in der heute als Treuhandmodell bezeichneten Form verwaltet wurden. Dass die Verwaltung über die bloße Entgegennahme von Depositen wohl hinausging, zeigt auch das näher beschriebene Beispiel des Basler Stadtwechsels, der dem Straßburger nachgebildet war: Auch dieser Stadtwechsel erbrachte Vermögensverwaltungen für Stiftungen und Gotteshäuser. Sie sind in der Wechselordnung vom 17.3.1574 erwähnt61, die bestimmte öffentliche Stiftungen und Vermögen sogar verpflichtete, ihre Werte dem Stadtwechsel anzuvertrauen. Dem Einlagenzwang lag die Erwägung zugrunde, dem Stadtwechsel sofort Mittel zufließen zu lassen. Nicht überliefert ist, inwieweit auch der Gesichtspunkt einer möglichst sicheren Anlage und Vermögenserhaltung der zweckgebundenen Gelder, den man heute im Stiftungsrecht findet62, schon eine Rolle gespielt hat. Soweit ein Einlagenzwang bestand, fehlt es für die Bejahung einer echten Vermögensverwaltung an dem Kriterium der „freiwilligen“ Vermögensüberlassung. Unklar ist, in welchem prozentualen Verhält___________ 58 Hallauer, Stadtwechsel, S. 41, 45. 59 Zum Folgenden Cahn, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 14 (1899), 56 ff. 60 In der Wechselordnung heißt es hierzu: „Es sollent ouch alle pflegere, so von den reten und XXI geordenet und geben werden uff unser frowen husz, dem grossen spittal, den gútten lûten, der Elenden herbergen oder andern styfften, clöstern oder sammungen inn diser stat doran sin und verfugen, was uberigs geltes dieselben hinder inen habent, es were inn ablosung oder anderer wise, desz sie zu irem taegelichen gebruche nit notturftig syent, das sollichs hinder die drye munsser im namen der stat Straszburg gelegt werde uff ziemlich bekandtnisz, wie gewenlich ist“, vgl. Cahn, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 14 (1899), 63. 61 Bergier, A New Banking Concept, S. 127 m. w. N.; Hallauer, Stadtwechsel, S. 54, 90; Körner, Solidarités financières suisses, S. 334. 62 Dazu etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 91 ff.; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 73 f.; Hof, in: Seifart/v.Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts2, § 10 Rdn. 32 ff.

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nis das kraft gesetzlicher Verpflichtung überlassene und das freiwillig überlassene Vermögen standen63. Das verwaltete Vermögen machte jedenfalls „namhafte Summen“64 aus. Die Art der Anlage war im Voraus festgelegt. Die eingehenden Gelder konnten nicht komplett zur gewinnbringenden Anlage verwendet werden, sondern ein Großteil war zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse der Stiftungen zu verwenden. Die Vermögensverwaltung verursachte damit einen hohen Geschäftsaufwand mit wenig Ertrag für den Stadtwechsel. Die Wechsler-Verwalter waren verpflichtet, getrennte Rechnung zu führen. Es war ihnen verboten, die zur Verwaltung anvertrauten Effekten in ihrer Privatwohnung zu verwahren. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes sind weiterhin folgende Vorgaben der Stadtwechselordnungen bedeutend65: Die Wechsler-Verwalter mussten zuverlässig und geeignet sein. Sie hatten einen Amtseid abzulegen und insbesondere zu schwören, dass sie ihre Pflichten nach bestem Fleiß ausüben. Sie unterlagen der Verschwiegenheitspflicht und durften vom Geld der Bank nichts zu eigenem Nutzen verwenden, was auch bedeutete, dass an sie oder ihre Familien keine Kredite vergeben werden durften. Die Straßburger Wechsler durften bei einem Betrag bis zu 100 Gulden über die Kreditvergabe an Dritte selbst entscheiden, über 100 Gulden galt das Vier-AugenPrinzip, über 500 Gulden gar das Sechs-Augen-Prinzip. In Basel war bei Vergaben über 100 fl. das Einverständnis der Aufsicht nötig. Auch die Buchführung und die jährliche Rechnungslegung waren strengstens geregelt. Soweit ausgeliehenes Geld sich als uneinbringlich erwies, hafteten die Wechsler-Verwalter und ihre Erben (in Straßburg mit 25 % der Summe, es sei denn, die Wechsler handelten auf Weisung der Stadt; in Basel unbegrenzte Haftung66). Der Basler Stadtwechsel erwies sich über lange Zeit als recht erfolgreich. Er bestand bis 1746. Aufgrund dieses Erfolgs versuchte man das Konzept nachzuahmen, was aber nicht überall gelang. So gründete ___________ 63 Nach Hallauer, Stadtwechsel, S. 121, bestand der größte Teil der im Stadtwechsel angelegten Geldern aus öffentlichen Vermögen und Stiftungsgeldern. Auf S. 90 unterteilt Hallauer das verwaltete Vermögen in zwei Gruppen, nämlich solches, das die Inhaber dem Stadtwechsel überlassen hatten und solches, über das „ein bestimmtes Vertragsverhältnis“ geschlossen sei. Mit Ersterem durfte das Vermögen gemeint sein, das nach der Wechselordnung zur Verwaltung überlassen werden musste, mit Letzterem das Vermögen, das ohne Bestehen einer gesetzlichen Pflicht überlassen worden war. 64 Hallauer, Stadtwechsel, S. 90, sowie zum Folgenden auch S. 54, 76, 96. 65 Zum Folgenden Cahn, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 14 (1899), 56 ff.; Körner, Solidarités financières suisses, S. 335; Hallauer, Stadtwechsel, S. 45 ff. 66 Im Jahr 1650 wurde eine zeitliche Haftungsbegrenzung eingeführt. Danach endete die Haftung ein Jahr nach Ausscheiden als Wechsler-Verwalter, Hallauer, Stadtwechsel, S. 61.

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die Stadt Genf 1568 einen Stadtwechsel, der bereits im Jahre 1581 wieder geschlossen werden musste67.

5. Die Entwicklung des Anlegerschutzes Betrachtet man die Entwicklung anlegerschützender Regelungen in dieser Zeit, muss man feststellen, dass ein solcher Schutz allenfalls rudimentär ausgeprägt war. Die Anfänge des Wertpapierhandels datieren aus dem 15. Jahrhundert und lagen in Oberitalien (vor allem in Genua und Venedig), doch ist das hierzu vorhandene Urkundenmaterial so karg, dass gesicherte Aussagen über die Handelspraktiken und einen eventuellen Anlegerschutz nicht möglich sind68. Überliefert sind einige Schutzvorschriften zugunsten handeltreibender Kaufleute und handelspolizeiliche Vorschriften für den Betrieb von Handels-, Bank- und Börsengeschäften. Frühe Beispiele sind die Maklerordnung von Barcelona aus dem Jahr 127169, das Brügger Maklerprivileg von 1303 und die Brügger Maklerstatute von 1323 und 134070. Auch die etwa um 1460 gegründete Börse von Antwerpen71, die aus der Messe hervorging, kannte derartige Vorschriften, die aufgrund der eingeräumten weitgehenden Handelsfreiheit zum raschen Aufschwung der Börse führten. Die Regelung der Börse und nicht der Schutz der Kaufleute stand im Vordergrund, so dass der Anlegerschutz allenfalls ein mittelbares Regelungsziel war72. Gleiches gilt für die bereits erwähnte Verwaltung staatlicher Schulden durch die St. Georgsbank. Sie garantierte Staatsgläubigern einen gewissen Schutz und eine geordnete Schuldenverwaltung. Die dadurch bestehende Aufsicht über ___________ 67 Bergier, A New Banking Concept, S. 128; Monter, La Change public à Genève, S. 265 ff. 68 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 3. 69 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 76. 70 Abgedruckt bei Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403 (456 ff., 462 ff., 466 ff.), der sie im Detail beschreibt (a. a. O., S. 415 ff., 428 ff., 435 ff.). Da bei einem Brand im Jahre 1280 alle existierenden Urkunden aus Brügge vernichtet wurden, fehlen über die Existenz früherer Maklerstatute genauere Angaben. Zur Börse von Brügge Bremer, Grundzüge, S. 3 ff.; Merkt, in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 27. Zu den Anfängen der Börsen Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 50 ff. 71 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 81, Bd. 2, S. 10; Bremer, Grundzüge, S. 7; a. A. M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 147, der die Gründung auf 1531 datiert. In diesem Jahr wurde die neue Börse errichtet, vgl. Ehrenberg, a. a. O., Bd. 2, S. 11 f. Die alte Börse war fortan hauptsächlich für den Warenhandel zuständig, die neue für Wechsel und Kredite. 72 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 17 f.; s. a. Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 162.

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die eingehenden Mittel und ihre Verteilung allein macht den Vorgang jedoch noch nicht zu einem typischen Beispiel des Anlegerschutzes. Die staatlichen Interessen an der Erhaltung der Kreditwürdigkeit dürften dominiert haben. Der Befund, Anlegerschutz sei nur als mittelbares Regelungsziel vorhanden gewesen, lässt sich jedoch nicht verallgemeinern, wie Teile des Schrifttums bisweilen meinen. Denn im 14. und 15. Jahrhundert finden sich im christlichen73 Teil des Mittelmeerraums durchaus schon Regelungen, deren primäres Ziel der Schutz des Publikums und des Markts war. Bekannt ist, dass Genua um 1415 bereits eine Aufsichtsbehörde für Geldwechsler (officium bancorum) kannte, die auch als Schiedsgericht für Wechsler und Bankiers, später auch Versicherungsmakler diente74. In Venedig entstand im Jahr 1524 eine Aufsichtsbehörde, deren Aufgabe die Überwachung von Privatbankiers war und die damit auch dem Anlegerschutz diente. Eine solche Aufsicht ist jedoch die Ausnahme. Neben der noch recht einfach konzipierten Aufsicht als Mittel zum Schutze des Publikums finden sich auch schon erste Ansätze, die Publizität als Schutzinstrument zu nutzen75. In Barcelona erging im Februar des Jahres 1300 ein Gesetz, wonach die künftige Eröffnung einer Geldwechselstube nur nach Hinterlegung einer Kaution erfolgen durfte. Der Geldwechsler war anschließend berechtigt, das Wappen der Stadt auszuhängen, um dem Publikum zu zeigen, dass eine ausreichende Haftungsmasse vorhanden war. Da Altfälle keine Kaution zu hinterlegen hatten, kam dem Fehlen des Wappens eine Warnfunktion zu. Seinen Büchern kam die Funktion eines öffentlichen Registers zu, so dass nicht einmal der Hof selbst die Rückzahlung von Krediten über die vereinbarte Zeit hinausschieben konnte. Die Insolvenz eines Geldwechslers war an allen Plätzen, an denen er sein Geschäft betrieben hatte, öffentlich bekannt zu machen. Die Gefahr einer gesellschaftlichen Ächtung stellte sicherlich einen Anreiz dar, keine leichtfertigen Geschäfte zu tätigen oder gar die Kundschaft zu übervorteilen. Die Veröffentlichung bewirkte zudem, dass das Publikum vor weiteren Geschäften mit dem insolventen Wechsler abgehalten wurde. Dem Wechsler war die Eröffnung einer Bank oder Geldwechselstube fortan verboten. Er blieb bis zur Begleichung seiner Schulden inhaftiert. In Lérida erging im März 1301 eine ähnliche Regelung. 1321 folgte Gerona mit einem Gesetz, wonach das Privatvermögen des insolventen ___________ 73 Die islamische Welt kannte zwar keine Banken, wohl aber Bankengeschäfte, die von Kaufleuten mit abgewickelt wurden. Eine Marktaufsicht war nicht bekannt, Udovitch, The Islamic World, S. 255 f., 266, 271 ff. 74 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 70. 75 Zum Folgenden Riu, Banking, S. 140 ff.

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Geldwechslers versteigert werden durfte. Auf Mallorca erging 1314 ein Gesetz, wonach Geldwechsler, die im Falle der Insolvenz Vermögen verbargen, mit dem Tode bestraft wurden. Es folgte 1329 ein Dekret, wonach sechs Inspektoren bestellt wurden, um die Bücher und Kassenbestände zu kontrollieren und den Geldwechslern einen Eid abzunehmen. Dem Anlegerschutz diente auch die Regelung, wonach die Stadt Barcelona die Rückzahlung von Einlagen bei der 1401 gegründeten Taula de Canvi garantierte76. Es handelt sich damit um eine sehr frühe Form einer öffentlichen Bank mit Institutssicherung. Umgekehrt verschaffte die Bank der Stadt die Möglichkeit, die öffentlichen Kassen auszugleichen. Erst 1412 wurden Bank und Etat der Stadt strikt getrennt. Die Geschäftsführer der Bank mussten eine Kaution in Höhe des 22fachen ihres Jahresgehalts hinterlegen, was eine ordentliche Geschäftsführung gewährleisten sollte. Bestimmte Personenkreise, wie Testamentsvollstrecker, Vormünder und Nachlassverwalter, waren gesetzlich verpflichtet, das ihnen anvertraute Vermögen bei der Taula de Canvi anzulegen. Diese Regelung bewirkte den Schutz der Begünstigten und verschaffte der Bank zugleich ein solides Startkapital. Trotz zahlreicher Krisen existierte sie bis 1853, als sie in der Bank von Spanien aufging. Im Gegensatz dazu war der Taula de Canvi de Valencia nur eine kurze Existenz beschieden. Sie musste aufgrund schlechter Geschäftsführung und übermäßiger Kredite an die Stadt 1416 wieder schließen. Andere Städte errichteten ebenfalls kommunale Banken. Das spanische Modell erwies sich als so erfolgreich, dass es schließlich sogar nach Italien exportiert wurde. Palermo und Neapel gründeten 1552 mit spanischer Hilfe vergleichbare Institute77. Nicht nur im Mittelmeerraum, sondern auch in West- und Mitteleuropa finden sich anlegerschützende Regelungen. Die beschriebenen Details der Stadtwechsel von Basel und Straßburg zeigen, dass der für die damalige Zeit gut ausgebaute Anlegerschutz durchaus als ein zentrales Element einer erfolgreichen Banktätigkeit verstanden wurde. Unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Interessenkollisionen bemerkenswert ist auch eine Verordnung aus dem Jahr 1312, nach der Pariser Maklern (courratiers) private Geschäfte in den Waren verboten waren, in denen sie selbst als Wäger tätig wurden78.

___________ 76 Zum Folgenden Riu, Banking, S. 149 ff. 77 De Roover, History of Banking, S. 223 f., der auch ihre weitere Entwicklung beschreibt. 78 Bremer, Grundzüge, S. 168.

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Erste Spuren von Prämien- und Differenzgeschäften finden sich in Antwerpen79, als Kaufleute Wetten auf die Wechselkurse in den spanischen Messen Antwerpens abschlossen bzw. die Differenz zwischen den gewetteten Kursen in bar ausglichen. Die Regierung verbot diese „contrats de gajeures et d’assurances des changes“ erstmals im Jahr 1541. Auch die Wechselarbitrage blühte in Antwerpen ab 1540. Die dort gewährte Handelsfreiheit zog Kaufleute aus ganz Europa an. Sie stellte damit einen weiteren entscheidenden Schritt dar, das über lange Zeit anzutreffende Finanzierungsmonopol italienischer Kaufleute zu brechen und die strenge mittelalterliche Organisation des lokalen Handels zu überwinden. Bemerkenswert ist, dass die beteiligten Kaufleute sich als Börsengemeinschaft („commidad de la bolsa“) verstanden. Den von ihnen festgelegten Preis bezeichneten sie als Börsenpreis (precio de la bolsa), wobei es sich dabei allerdings nicht um einen festgesetzten „amtlichen“ Durchschnittskurs handelte80. Die Kurse wurden bisweilen manipuliert, indem eine künstliche Geldknappheit oder Geldflüssigkeit (strettezza oder largezza) herbeigeführt wurde81. Insbesondere gelang es wohl, die Kurse der Börsen von Antwerpen und Lyon gegeneinander auszuspielen, um das Risiko der Arbitrage zu verringern. Auch das als Depositengeschäft bezeichnete Kreditgeschäft im kaufmännischen Geschäftsverkehr blühte. Forderungen wurden entweder als Wechsel oder als Inhaberobligationen verbrieft und gehandelt. Sie konnten auch verpfändet werden; bei Verlust der Urkunde bestand die Möglichkeit, ein Aufgebotsverfahren einzuleiten. Eine Ordonnanz Karls V. stellte 1537 die Inhaberobligation dem Wechsel gleich, so dass zu ihrer Durchsetzung der Nachweis einer ordnungsgemäßen Unterschrift des Schuldners genügte82. Die Inhaberobligationen entwickelten sich damit zu einem fungiblen Instrument, mit dem sich Leihkapitalien mobilisieren ließen. Da Zahlungen zunehmend auf Messen erfolgten und man sich vermehrt des Wechsels bediente, da dieser gegenüber der Barzahlung weitreichende Vorteile bot, entwickelten

___________ 79 Zum Folgenden Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 19 ff., 119 f. 80 Zur Preisermittlung ebenfalls Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 130 ff. 81 Wegen Verursachung einer künstlichen Geldverknappung wurde Gaspar Ducci aus Pistoja von der Antwerpener Stadtbehörde angeklagt und für drei Jahre von der Börse ausgeschlossen, Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 312 sowie 315. Bei Rentmeisterbriefen kam es ebenso zu Kursmanipulationen durch gezielte Falschinformation, Ehrenberg, a. a. O., S. 369. Auch im mittelalterlichen England waren Marktmanipulationen unter Strafe gestellt, vgl. Gilligan, Financial Services Sector, S. 103 (mit Beispielen zu Warenmärkten). 82 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 26, 140.

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sich die Börsen Antwerpens und Lyons83 in dieser Zeit auch zu Clearingstellen des europäischen Zahlungsverkehrs. Dabei erwies sich die Börse als geeignetes Medium, um Informationsasymmetrien hinsichtlich der Kreditwürdigkeit der an der Börse regelmäßig verkehrenden Handelshäuser abzubauen. Die Börsenmeinung war ein zumeist ausreichend gut funktionierendes Barometer am jeweiligen Handelsplatz; nur dürftig ausgeprägt war dagegen die Kommunikation zwischen den einzelnen Märkten und Börsen84. Den Börsen Antwerpens und Lyons kam Mitte des 16. Jahrhunderts die weitere Aufgabe zu, Kapitalsammelbecken für staatliche Anleihen zu sein, da die Großkaufleute angesichts der für die Kriegsführung benötigten gewaltigen Summen hierzu alleine nicht mehr in der Lage waren. Die erste über die Börse emittierte Anleihe stammt aus dem Jahr 151585. Antwerpen und Lyon liefen daher Köln, Augsburg, Genua und Florenz den Rang als Finanzmetropolen ab; die beiden Börsen erlangten kurzzeitig Weltgeltung86. Waren im 15. Jahrhundert Spekulationen87 nur vereinzelt vorgekommen (so die Antwerpener Pfefferspekulation), nahmen sie nun zu. 1552 kam es in Antwerpen und Lyon zu größeren Anleihespekulationen88. Der Erfolg der Börse von Lyon (la change), die beim Warenhandel und bei der Deckung des zunehmenden Kapitalbedarfs eine tragende Funktion innehatte, veranlasste den französischen König Heinrich II. im Jahre 1549, per Edikt eine zweite Börse in Toulouse (bourse commune) zu errichten. Er verlieh ihr dieselben Privilegien wie der in Lyon, insbesondere die Handelsgerichtsbarkeit. Ergänzt wurde die Regelung durch ein Edikt aus dem Jahre 1551, das den Börsenbesuchern untereinander Zinssätze von bis zu 15 % erlaubte, ohne wegen Wuchers bestraft zu werden. Außerdem führte es den aus den Champagner Messen und aus Lyon bekannten Wechselprozess mit strengem, abgekürztem Verfahren ein. Es erlaubte, das Bankier- und Wechs___________ 83 Sie wurde vermutlich 1462 gegründet, Einzelheiten bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 77. Zur Entstehung der Messe von Lyon und des Messwechsels siehe Endemann, Wirthschafts- und Rechtslehre, S. 156 ff.; zur Clearingfunktion Ehrenberg, a. a. O., S. 113 und Endemann, a. a. O., S. 161, 180 ff. 84 Zu beidem Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 125 f., 401. 85 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 363. 86 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 2; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 109 f., 319 f. Den Verfall der Wirtschaftsmacht Antwerpens und Lyons ab 1567 beschreibt ders., a. a. O., S. 189 ff. 87 Unter einer Spekulation versteht man in diesem Zusammenhang vor allem die Ausnutzung kurzfristiger Preisveränderungen eines Gutes, wobei kein Interesse am Besitz des Gutes selbst besteht. Spekulationen können preisstabilisierend wirken, aber auch destabilisierend, vgl. dazu Aschinger, Börsenkrach, S. 45 f. 88 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 21.

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lergewerbe ohne staatliche Konzession zu betreiben89. 1556 bzw. 1563 erhielten Rouen und Paris ebenfalls Börsen mit vergleichbaren Privilegien. Diese Regelungen gewährleisteten eine rechtliche Ordnung des Markts, die jedoch weit davon entfernt war, vollkommen zu sein. Dies zeigte sich recht bald im Hinblick auf eine Anleihe Heinrichs II. aus dem Jahr 1555, die unter dem Namen „le grand parti“ bekannt wurde. Sie war die erste öffentliche Subskriptionsanleihe, an der sich jedermann unmittelbar beteiligen konnte. Erhöhte Zinssätze lockten ausländische Herrscher, aber auch viele inländische Kleinanleger an. Die Anleihe enthielt als erste einen Tilgungsplan mit Zinseszinsrechnung. Dies hielt den König jedoch nicht davon ab, in der Finanzkrise des Jahres 1557 die Zahlungen einzustellen. Der Schutz der Anleger durch den Tilgungsplan erwies sich als wirkungslos, da der König von Rechts wegen nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte („Der König zahlt alles, der König nimmt alles“90). Regelungen mit indirekter Anlegerschutzfunktion finden sich auch in Genua, das nach dem Niedergang der Börsen von Antwerpen und Lyon rasch eine zentrale Bedeutung für den Zahlungs- und Kreditverkehr erlangte. Die dortigen Messen standen zwar jedermann offen, doch schrieben die Statuten vor, dass bestimmte Geschäfte (Wechselkursfeststellung und Skontrierung) nur mit Genehmigung des Messevorstands vorgenommen werden durften. Die Genehmigung wurde nur an zuverlässige Firmen erteilt, die zudem über ausreichende Geschäftsverbindungen zu anderen Wechselplätzen verfügen mussten und eine Kaution zu hinterlegen hatten. Derartige Bankiers wurden als Messbankier bezeichnet. Der Messmagistrat hatte ausgedehnte administrative und juristische Funktionen. Seine Entscheidungen konnten nur bei der Signorie von Genua angefochten werden. Die Entscheidungen des Magistrats wurden vom Kanzler ausgeführt, der auch für die Aufnahme von Wechselprotesten und anderen Schriftstücken zuständig war. Das bis heute aktuelle Thema der Wettbewerbsverzerrung durch Ausnutzung des Aufsichtsrechts für nationale Belange war offenbar schon damals ein wichtiges Thema. Die Fugger beschwerten sich 1584, dass die Genueser ihr Monopol bei der Wechselkursfeststellung und die fest in ihrer Hand liegende MesseAufsicht dazu nutzten, „das Wasser allein auf ihre Mühlen zu leiten“91. In Deutschland werden erste Vorläufer einer anlegerschützenden Regelung durch die Antimonopolbewegung zu Beginn des 16. Jahrhunderts bewirkt. Ziel der aus Adel, Bauern und Handwerkern, aber auch Theologen bestehen___________ 89 Zum Folgenden Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 94, 102 f., 107, 147 ff. 90 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 160. 91 Zitat nach Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 232.

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den Bewegung war es, die Macht der großen Handelshäuser zu begrenzen, deren Handelspraktiken als Wucher empfunden wurden. Man unternahm deshalb mehrere Versuche, den Einfluss der Großkaufleute zu begrenzen, so etwa in Form der Monopolgesetzgebung im Reichsabschnitt Trier – Köln 1512. Die Macht der Handelshäuser erwies sich jedoch als so groß, dass sie die Durchsetzung der Vorschriften erfolgreich verhindern konnten. Auch der Versuch des Reichsfiskals von 1523, gegen die Handelshäuser vorzugehen, scheiterte. Karl V., der auf die Finanzmittel der Handelshäuser angewiesen war, gewährte schließlich in Majestätsbriefen eine Freistellung und sein Madrider Edikt von 1525 setzte der Monopolgesetzgebung faktisch ein Ende92. Die ersten deutschen Börsen entstanden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Bedeutend waren Augsburg und Nürnberg93. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts folgte die Errichtung von Börsen in Köln (1553/66) und Hamburg (155894), später dann in Danzig (1593), Lübeck (1605), Frankfurt (160595), Königsberg (1613), Bremen (1614), Leipzig (1635) und Berlin (1685). Handelsobjekte waren zunächst nur Waren und Wechsel. In den Anfängen der deutschen Börsen finden sich zunächst nur handelspolizeiliche Vorschriften über den Betrieb der Börsengeschäfte, zur Regelung der Maklertätigkeit und zur Kursfeststellung96. Regelungen mit dem unmittelbaren Ziel des Anlegerschutzes sind dagegen nicht überliefert.

6. Fazit Fasst man die geschilderte Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert zusammen, wird zweierlei deutlich. Die zunehmende Macht der Großkaufleute gründete sich in erster Linie auf ihren enormen Kredit infolge ihrer zahlreichen sehr erfolgreichen Geschäfte, den sie dazu nutzten, auch international Kapital an___________ 92 Strieder, Kapitalistische Organisationsformen, S. 69 ff.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 18; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 403 ff. 93 Zum Folgenden Samuel, Effektenspekulation, S. 168 ff.; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 242 ff., 312 ff.; Bremer, Grundzüge, S. 12 ff.; Merkt, in: Hopt/ Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 34 ff., jeweils m. w. N. zur Literatur über die einzelnen Börsen. 94 Mauersberg, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 282. 95 Dazu Trumpler, BankA 9 (1909/10), 81, 82. 96 Trumpler, BankA 9 (1909/10), 81, 83. Gleiches scheint für die Schweiz gegolten zu haben. Das am 30.10.1662 durch obrigkeitliche Stiftungsurkunde gegründete kaufmännische Direktorium in Zürich erließ am 13.5.1663 eine Sensalenordnung, die 1676, 1739, 1744 und 1761 mit geringen Änderungen neu verkündet wurde, vgl. Bodmer, Privatbankiers, S. 42.

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zuziehen. Die Geldströme dieser Zeit werden daher zunehmend internationalisiert. Auf der anderen Seite findet eine Nationalisierung des Kapitals statt97, weil sich die einzelnen Handelshäuser an die Habsburger oder die französischen Herrscher binden, so dass zwei große Lager entstehen. Die Krise in einem solchen Lager ging daher immer auch mit einer Finanzkrise oder gar dem Staatsbankrott (wie 1575 in Spanien) einher. Demgegenüber sind die Regelungen zum Schutze der Einleger oder der Marktteilnehmer nur sehr punktuell und regional ausgestaltet. Sie stellen kein vollwertiges Gegengewicht zur Macht der Großkaufleute und den weitreichenden Folgen der von ihnen bewirkten Finanzströme dar. Die Herrscher wiederum hatten kein tiefgreifendes Interesse an derartigen Regelungen, da sie viel zu eng mit den Handelshäusern verflochten waren. Deren Macht wurde also nur dadurch begrenzt, dass eine Staatskrise einzelne Handelshäuser in den Abgrund riss. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts finden sich vereinzelte Beispiele für Vermögensverwaltungen bei Zweckvermögen und Stiftungsvermögen. Bei sonstigen Vermögen bedurfte es aufgrund der bestehenden Vermögensordnung und der relativ einfachen und in ihrer Zahl beschränkten Anlagemöglichkeiten keiner derartigen Dienstleistung.

III. Die Entwicklung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 1. Der Merkantilismus und die Entwicklung des Bankwesens Die Macht und der Einfluss der Handelshäuser gründete sich vor allem auf der Kreditvergabe an Adel und Städte. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit oder mangelnden Rückzahlungsbereitschaft der Fürsten und zahlreicher Staatsbankrotte98 zerfiel ihre Macht gegen Ende des 16. Jahrhunderts allmählich. Begünstigt wurde die Entwicklung dadurch, dass den Gläubigern eine Interessenvertretung gegenüber dem ausländischen Schuldner fehlte. Das Interessenvertretungsrisiko von in- und ausländischen Kapitalanlegern wurde erst im 18. Jahrhundert als wichtiger Aspekt des Anlegerschutzes erkannt und rechtlich erfasst99. Die deutsche Entwicklung in der Folgezeit wird maßgeblich durch die Folgen des Dreißigjährigen Krieges geprägt, der eine starke Dezimierung der Bevölkerung (rund 40 %) aufgrund von Hungersnöten und Krankheiten ___________ 97 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 411 f. 98 Ausführlich Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 147 ff., 183 ff. 99 S. u. S. 311 f.

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mit sich brachte. Die Wirtschaft und damit auch die Staatsfinanzen waren stark in Mitleidenschaft gezogen. Die jeweiligen Regenten des 17. und 18. Jahrhunderts bedienten sich deshalb einer merkantilistischen (kameralistischen) Wirtschaftslenkung100. Sie veränderten die Machtverhältnisse zwischen Staat und Unternehmen grundlegend. Die Unternehmen wurden in den Dienst des Staates gestellt. Die Herrscher förderten Gewerbe und Manufaktur sowie den Außenhandel und den Erwerb von Kolonien. Besonders anschauliche Beispiele für die staatliche Wirtschaftslenkung sind die durch Octroi zur Geschäftstätigkeit ermächtigten Handelskompanien101, denen staatliche Privilegien verliehen wurden, die aber – in unterschiedlichem Umfang – auch staatlichem Einfluss unterstanden. Mitunter hielt der Staat sogar eine Kapitalbeteiligung (z. B. bei der Niederländisch-Westindischen Kompanie 50 %). Die Kompanien gelten als Vorläufer der Rechtsform der Aktiengesellschaft102. Infolge der merkantilistischen Politik entstanden auch die ersten Staatsbanken103. So wurde 1656 die Bank von Schweden gegründet, 1694 die Bank of England104 (die allerdings als private Aktiengesellschaft organisiert war), 1705 die Wiener Stadtbank105, die ab 1762 mit dem Notenausgaberecht versehen und die Vorläuferin der Österreichischen Nationalbank war, sowie 1716 die zunächst private Banque Générale von John Law106, die 1719 zur Banque Royale umgewandelt wurde. Auch in Deutschland wurden aufgrund der Initiative der Regenten zahlreiche Banken gegründet (so etwa 1698 die Banco di Depositi in Dresden, 1706 die Banco di giro di affrancatione zu Köln, 1765 die Königliche Giround Lehnbank, 1772 die preußische Seehandlung zu Berlin und 1780 die ___________ 100 Grundlegend Heckscher, Merkantilismus, Bd. 1 S. 304 ff. (Außenhandel, Unternehmungen); Bd. 2, S. 1 ff. (Merkantilismus als Machtsystem). 101 Eine Aufstellung findet sich bei Bösselmann, Entwicklung, S. 51. Ausführlich auch Heckscher, Merkantilismus, Bd. 1, S. 329 ff. 102 Zur Geschichte der Handelskompanien Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 17 f. m. w. N. 103 Ausführlich dazu Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 623; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 192 ff. m. w. N.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 20; zur Entwicklung der Staatsfinanzen und der Finanzverwaltung in dieser Zeit Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 116 ff. 104 Zu ihrer Geschichte Ellinger/Lomnicka, Banking Law, S. 27 ff.; Hübner, Banken II, S. 339 ff. 105 Dazu Hübner, Banken I, S. 22; ders., Banken II, S. 145 ff.; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 190 ff. 106 Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 16 f.; Hübner, Banken I, S. 12 ff.; Aschinger, Börsenkrach, S. 63.

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Königliche Bank in Franken)107. Diese Banken dienten der Wirtschaftsförderung, aber auch fiskalischen Interessen, nämlich der Kreditschöpfung für die Staatskassen108. Im Gegensatz dazu waren die Kaufleute an möglichst wenig staatlicher Intervention interessiert. Aufgrund ihrer Initiative wurden städtische Giro- und Wechselbanken gegründet. Diese dienten u. a. dazu, die Unsicherheiten des Zahlungsverkehrs auszugleichen, die durch die häufige Münzdevaluationen der Herrscher verursacht wurden. Die Giro- und Wechselbanken verfügten daher über eine feste, von Münzwirren unabhängige Bankwährung. Bekanntestes ausländisches Beispiel ist die Amsterdamer Wisselbank (1609–1816), bedeutendste inländische Banken sind die 1619 gegründete Hamburgische Giro- und Wechselbank109, die bis 1875 existierte, und die 1621 gegründete Banco Publico in Nürnberg110. Neben die staatlichen und städtischen Banken traten in dieser Zeit die Privatbanken. Sie gingen aus bereits bestehenden Handelsgeschäften hervor und sind teilweise bis heute tätig. Beispielhaft genannt seien die englischen Bankhäuser C. Hoare & Co. (seit 1672 Bank) und Barings (gegr. 1763, seit 1770 Bank), die schweizerischen Banken Wegelin & Cie. (gegr. 1741), Marcuard & Cie. (gegr. 1745, erloschen 1919)111 und die deutschen Banken Joh. Berenberg, Gossler & Co. (gegr. 1590, seit 1798 Bank112), Metzler seel. Sohn & Co. (gegr. 1674113), Splitgerber & Daum (gegr. 1712, seit etwa 1720 Bank, ab 1795 Gebrüder Schickler, ab 1910 Delbrück, Schickler & Co.114), ___________ 107 Dazu und zu weiteren Banken Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 4; Hübner, Banken I, S. 22 ff., 27 sowie Banken II, S. 1 ff.; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 201 ff., 216 ff., 223 ff.; Weber, Depositenbanken, S. 67; v. Poschinger, Bankengeschichte des Königreichs Bayern; ders., Das Königreich Sachsen, S. 8 ff. 108 Treue, Privatbankwesen, S. 94, und Born, Geld und Banken, S. 61, ordnen sie deshalb als Staatsbanken ein, zumal sie der landesherrlichen Erlaubnis bedurften. 109 Achterberg/Burger, Geschichte des Bankwesens, S. 622; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 163 ff., 166 ff. m. w. N.; Hübner, Banken II, S. 114 ff.; Born, Geld und Banken, S. 59 f., sowie ausführlich Mauersberg, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 282 ff. m. w. N. 110 v. Poschinger, Bankengeschichte des Königreichs Bayern, 2. Lfg., S. 9 ff. 111 Zum schweizerischen Privatbankierswesen Bodmer, Privatbankiers, S. 10 ff.; Jöhr, Großbanken und Privatbankiers, S. 5 ff.; Burckhardt, Geschichte der Privatbankiers, 3 ff. 112 Rosenbaum/Sherman, Das Bankhaus M.M. Warburg & Co., S. 13. 113 Ausführlich dazu Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 43 ff.; Lutz, Firma und Familie, S. 264 ff.; Einecke, Süddeutsche Zeitung vom 16./17.10.1999, S. 26. 114 Lenz/Unholtz, Bankhaus Gebrüder Schickler; Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 209 ff.

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J.D. Herstatt (gegr. 1727, seit 1792 Bank), Gebrüder Bethmann (gegr. 1754), Sal. Oppenheim jun. & Cie. (gegr. 1789), Bankhaus Rothschild (gegr. 1764 bzw. 1810), C.G. Trinkaus (seit 1785 Bank) etc.115. Die Trennung von Handel und Bank erfolgte sehr oft infolge von Erbgängen, bei denen die Geschäftszweige auf unterschiedliche Personen übergingen, so dass erste reine Privatbanken entstanden. Diese Verselbstständigung des Bankiersberufs ist ab 1760 in England116 und ab Ende des 18. Jahrhunderts auch in Deutschland zu beobachten. In dieser Zeit finden sich auch die ersten Gründungen von reinen Bankhäusern, denen kein Warenhandel oder Speditionsgeschäft vorausging (z. B. die 1795 bzw. 1798 gegründeten Bankhäuser J. Mendelsohn & Co., Berlin, und M. M. Warburg & CO, Hamburg117). Auf die Privatbanken ist noch im Detail einzugehen, da sie für die Entstehung der Vermögensverwaltung von Bedeutung sind.

2. Die Bedeutung der Hoffaktoren und Privatbankiers für die Entstehung der Vermögensverwaltung Auch wenn die im 17. Jahrhundert von Kaufleuten vorgenommenen Bankgeschäfte nicht an die der Fugger heranreichten, waren ihre Geschäfte dennoch sehr bedeutend. Die Kaufleute betrieben Waren- und Speditionsgeschäfte und Geldwechsel118. Neben den Kaufleuten förderten die zumeist jüdischen Hoffaktoren119 die wirtschaftliche Entwicklung. Ihre Tätigkeit lässt sich seit dem 14. Jahrhundert nachweisen, bedeutend wird sie insbesondere für den Wiederaufbau nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hoffaktoren waren gelegentlich Leibärzte, fungierten zumeist aber als Zahlmeister bei Hofe. In dieser Funktion vermittelten oder finanzierten sie Staatsanleihen120 und verwalteten die Einkünfte, so dass ihre Tätigkeit als Vorstufe einer Vermögensverwaltung angesehen werden kann. Der Tätigkeit des Vermögensverwalters noch stärker angenähert waren Hoffaktoren, die mit der Verwaltung der Privatchatulle betraut waren, wie etwa Münz___________ 115 Born, Geld und Banken, S. 54 ff.; Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 33 ff.; Treue, Kölner Banken, S. 567 ff.; Ulrich, Privatbankiers, S. 10 ff. 116 Sombart, Der Moderne Kapitalismus, S. 779. 117 Dazu ausführlich Treue, Das Bankhaus Mendelsohn, S. 29 ff.; Rosenbaum/Sherman, Das Bankhaus M.M. Warburg & Co.; Kleßmann, M.M. Warburg & Co., S. 9 ff.; Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 98 ff. 118 Statt vieler Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 102 ff., 209 ff., die die Verhältnisse im Berlin des 17. und 18. Jahrhunderts schildern. 119 Umfassend zu Hoffaktoren Schnee, Hoffinanz, Bd. 1–6; Lentze, Hoffaktor, in: HRG Bd. II, Sp. 205 f. 120 Born, Geld und Banken, S. 56 ff.

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meister Lippold am Hofe des Brandenburgischen Kurfürsten Joachim III.121. Neben den für Finanzen zuständigen Hoffaktoren finden sich Hausfaktoren, die die Verwaltung des Grundbesitzes übernahmen. In vielen Fällen kam den Hoffaktoren eine Doppelrolle zu122; sie waren einerseits Kaufleute und Bankiers, andererseits hatten sie eine privilegierte Stellung bei Hofe inne, die ihnen feste Gehälter sicherte123 und die bisweilen in eine Ernennung zum Beamten oder der Erhebung in den Adelsstand124 mündete. Die Hoffaktoren trugen so erheblich zur Emanzipation der Juden bei. Ein Beispiel für die Doppelrolle aus Funktionsträgerschaft bei Hofe und Bankier findet sich in der Person des aus Magdeburg stammenden Johann Andreas Kraut (1661–1723). Er wurde mit 21 Jahren Mitinhaber der Berliner Firma Westorff, Schilling & Kraut125. Seine guten Geschäftsbeziehungen zum Hofe und zur Heeresverwaltung führten dazu, dass er bald damit betraut wurde, Gelder an die an den Grenzen oder im Ausland operierenden Truppen weiterzuleiten und Subsidien aus dem Ausland nach Berlin zu transferieren. Bei Ausbruch des Krieges mit Frankreich (1689) ernannte Friedrich I. ihn zum Kriegskommissar, 1690 dann zum Oberempfänger der Kriegskasse und schließlich 1691 zum Generalempfänger der kurfürstlichen Miliz, wobei erwartet wurde, dass er seine Geschäftsbeziehungen und seinen privaten Kredit auch dazu nutzte, die Staatsfinanzen zu fördern. Kraut kam also eine Doppelrolle als Beamter und Bankier zu126. 1697 vertraute ihm der

___________ 121 Schnee, Hoffinanz, Bd. 1, S. 40. 122 Vgl. etwa für die Kölner Bankiers Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 3. Ob diese Doppelrolle typisch für die Stellung des Hoffaktors war, ist streitig, vgl. statt vieler Schnee, Hoffinanz, Bd. 1, S. 13, Bd. 6, S. 56 m. w. N. Derartige Doppelfunktionen finden sich auch bei der Curie. Der Florentiner Bankier Fillippo Strozzi wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von Papst Adrian VI. zum Schatzmeister der Curie ernannt und ging fortan beiden Tätigkeiten nach, vgl. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 291. 123 Beispiel bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 370 f.; ebenso Born, Geld und Banken, S. 56. 124 Nach Born, Geld und Banken, S. 56, wurden bis zum Beginn der 19. Jahrhunderts etwa 150 Faktorenfamilien geadelt. 125 Zum Folgenden Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 17, 134 ff.; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 261 ff. Die Schreibweise des Firmennamens ist uneinheitlich („Westorp“ bzw. „Westdorf“ oder „Westdorff“). 126 Treue, FS Coing, 1982, Bd. 1, S. 409, 413; Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 104, 137, 160.

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Kurfürst die Verwaltung seiner „General-Chatull-Kasse“127 an. Später übertrug er ihm noch die Verwaltung der Oranischen Successionskasse, der Erbstands- und Inventargelder, der Domäneneinkünfte und der Invalidenkasse. Trotzdem wird man ihn nicht als Vermögensverwalter im Sinne des heutigen Verständnisses, sondern nur als einen Vorläufer einordnen können. Zwar betraute man Kraut gerade wegen seiner Fähigkeiten als Bankier mit der Aufgabe, jedoch war seine Verwaltertätigkeit auch an seine Stellung als Beamter gebunden, so dass ihm die Unabhängigkeit eines externen Vermögensverwalters fehlte. Auch handelte es sich bei dem zu verwaltenden Vermögen noch nicht um reines Privatvermögen128. Gleiches gilt etwa für die Verwalter, die Kaiser Franz I. Stephan beschäftigte, um seine weitreichenden wirtschaftlichen Aktivitäten zu steuern. Er selbst bezeichnete sie als Beamte129. Einige der bedeutenden Privatbanken des 19. Jahrhunderts gingen auf jüdische Hoffaktoren zurück (etwa die Bankhäuser Rothschild, Oppenheim, Seligmann und Kaulla), in dem diese den Kreis ihrer Geschäfte erweiterten und im Laufe der Zeit eine vom Hof völlig unabhängige Stellung erlangten. Die Privatbankiers übernahmen auch vereinzelt Vermögensverwaltungen, wie das Beispiel des Bankhauses Rothschild zeigt130. Der Landgraf (ab 1803

___________ 127 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 264, bezeichnet diese General-Chatull-Kasse als Privatvermögen Friedrichs I., so dass man die Tätigkeit Krauts als Vermögensverwaltung begreifen könnte. Vor dem Hintergrund der Beschreibung von Riedel, Der Brandenburgisch-Preussische Staatshaushalt, S. 12 f., 35 ff., 54, erscheint diese Einordnung der General-Chatull-Kasse jedoch als terminologisch und sachlich ungenau. Zum einen existierte neben der General-Chatull-Kasse noch die so genannte Chatulle. Beide Kassen waren eng verknüpft, da die Einnahmen aus der Chatulle in die General-Chatull-Kasse flossen, woraus wiederum laufende Ausgaben der Chatulle zu begleichen waren. Zum anderen wurden zwar aus der Chatulle außer den Legationskosten keine allgemeinen Staatsausgaben bestritten, sondern sie diente Friedrich I. dazu, seine persönlichen Ausgaben zu finanzieren. Dies bedeutet aber nicht, dass es sich dabei um reines Privatvermögen handelte. Nach dem Tode Friedrichs I. wurde die Kasse in den allgemeinen Staatshaushalt (General Finanz-Kasse) überführt, so dass man schwerlich davon ausgehen kann, dass es sich um reines Privatvermögen handelte, da es sonst anders verwendet worden wäre. Die Trennung von Privat- und Staatsvermögen erfolgte erst später (dazu ausführlich unten S. 249 f.) Wohl aus diesem Grund bezeichnen Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 147, die General-Chatull-Kasse im Gegensatz zu Klein nicht als Privatvermögen. 128 Siehe vorige Fn. 129 Zitat bei Mikoletzky, S. 48. 130 Dazu Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 258 ff. m. w. N.

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Kurfürst) Wilhelm von Hessen-Kassel ließ sein großes Vermögen131 von Karl Friedrich Buderus, einem in seinen Diensten stehenden Verwalter132, betreuen und vertraute ihm auch seine Privatchatulle an. Als der Kurfürst Ende Oktober 1806 vor den herannahenden Franzosen floh, wurde Mayer Amschel Rothschild (1744–1812), der Begründer des Bankhauses Rothschild, zum Bindeglied zwischen dem weiter in Hessen lebenden Buderus und dem Kurfürsten. Buderus wurde Vertrauter Rothschilds und später stiller Teilhaber des Hauses Rothschild. Gemeinsam mit Mayer Amschel verwaltete und verwahrte er Teile des Vermögens133. Dem Hause Rothschild standen in den Jahren 1808 und 1811 die Kasseneingänge Wilhelms in Form einer vierprozentigen Anleihe zur Verfügung, so dass Buderus faktisch die Aufbewahrung der Gelder abgenommen wurde134. Mayer Amschel und sein seit 1806 in London als Bankier tätiger Sohn Nathan verwalteten das große Geldvermögen des Kurfürsten in England135. Sein dortiges Vermögen stammte aus einem Subsidienvertrag, mit dem er (noch als Erbprinz) 1776 das Hanauer Heer nach England verkaufte136. Seine erheblichen Einkünfte aus diesem Vertrag beließ er in England. Grund hierfür war die verhängte Kontinentalsperre und sicherlich die Furcht vor Beschlagnahme des Vermögens durch die Napoleonischen Truppen. 1809 hatten sich „solche Mengen Geldes angesammelt, dass man für die Anlage Sorge tragen musste“137. Auf Vorschlag Nathans138 schlug Mayer Amschel (in Abstimmung mit Buderus) dem Kurfürsten die Anlage in englischen stocks vor, die Nathan Rothschild für den Kurfürsten erwarb und verwaltete. Wie sich aus einem Schreiben139 des Kurfürsten ergibt, wurden die laufenden englischen Einnahmen ebenso angelegt wie Zinsen auf erworbene stocks. Da zwischen Ankauf und Bezahlung der stocks einige Zeit verging, ___________ 131 Im Jahr 1785 wurde es auf 20 Mio. Gulden geschätzt, vgl. Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 258. Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 46, bezeichnet ihn als den „größten Capitalisten seiner Zeit“. 132 Conte Corti, Rothschild, S. 15, bezeichnet ihn einerseits als Beamten, gleichzeitig aber auch als Vermögensverwalter (a. a. O., S. 28). 133 Die Einzelheiten sind unklar, vgl. Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 80, 144, 152. 134 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 260; Conte Corti, Rothschild, S. 46; Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 123. 135 Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 53; Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 260. Trumpler, BankA 9 (1909/10), 100, 101 geht davon aus, dass die Rothschilds das gesamte Vermögen des Kurfürsten verwalteten. 136 Conte Corti, Rothschild, S. 14 f. 137 Conte Corti, Rothschild, S. 49 f. 138 Conte Corti, Rothschild, S. 74; Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 127. 139 Wiedergegeben bei Conte Corti, Rothschild, S. 63 f.

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nutzte Nathan Rothschild das ihm zur Verfügung stehende Geld zu sicheren, kurzfristigen Geschäften, wie den Ankauf von Edelmetall. Diese erfolgreichen Geschäfte förderten den Ruf des Hauses Rothschild und Nathans ungemein140. Trotz der Kontinentalsperre gelingt es den Rothschilds, über die Anlage ausgestellte Zertifikate nach Deutschland zu schmuggeln und sie dem Kurfürsten auszuhändigen. Die Anlagesumme betrug im Jahre 1812 insgesamt 189.550 Pfund Sterling141. 1813 quittierte der Kurfürst den Erhalt eines weiteren Zertifikats über 250.000 Pfund Sterling142. Das Vertrauen des Kurfürsten in Mayer Amschel Rothschild war mittlerweile so groß geworden, dass er diesen bei allen Geldgeschäften um Rat fragte143. Nach dessen Tod im Jahre 1812 übernahm Nathan die Vermögensverwaltung, die sich seit 1813 auch auf das Privatvermögen des Kurfürsten erstreckte. Mit dem Zusammenbruch der Napoleonischen Herrschaft kehrte der Kurfürst nach Kassel zurück; sein Kapital beließ er in der Verwaltung der Rothschilds144. Die Gesamtumstände sprechen dafür, die Tätigkeit der Rothschilds und des Buderus für den Kurfürsten als Vermögensverwaltung und nicht mehr als Teil der Stellung als Hoffaktor einzuordnen145, da die Rothschilds eine völlig unabhängige Stellung mit Entscheidungsgewalt innehatten. Der in Prag lebende Kurfürst war nicht mehr selbst zur Verwaltung seines Vermögens in der Lage. Der in Deutschland weilende Buderus nahm einen Teil der Verwalteraufgaben wahr. Da ihn eine stille Teilhaberschaft mit dem Hause Rothschild verband, beschränkte sich seine Rolle nicht mehr auf die eines beamteten Verwalters. Selbst wenn man diese Vorgänge wegen der Doppelstellung von Buderus noch nicht als Vermögensverwaltung einordnen will, so ist zumindest in Bezug auf die Verwaltung des in England befindlichen Vermögens ein anderes Urteil gerechtfertigt, denn dieser Vermögensteil des Kurfürsten lag in den Händen der Rothschilds und diese besorgten die Verwaltung über längere Zeit selbstständig. Mayer Amschel Rothschild und sein Sohn Nathan dürften damit die ersten Bankiers gewesen sein, die eine auf Dauer angelegte Vermögensverwaltung in Effekten wahrnahmen. Bezeichnend ist, dass es sich bei dieser ersten Vermögensverwaltung um eine grenzüberschreitende Verwaltung handelte, die der Umgehung der Kontinentalsperre und dem Schutz des Vermögens vor dem Zugriff ___________ 140 141 142 143 144

Hierzu und zum Folgenden Conte Corti, Rothschild, S. 56, 65, 74. Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 130 f. Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 131 f. Hierzu und zum Folgenden Conte Corti, Rothschild, S. 56, 82, 180 f. Conte Corti, Rothschild, S. 180 f.; a. A. Berghoeffer, Mayer Amschel Rothschild, S. 147, 150. 145 Ebenso, allerdings ohne nähere Begründung Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 31.

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Napoleons diente. Derartige Umgehungen bilden auch heute noch ein starkes Motiv für die Beauftragung von Vermögensverwaltern in Staaten mit einem strikt ausgestalteten Bankgeheimnis. Das Bankhaus Rothschild hat die Entwicklung des Bankwesens auch noch in anderer Hinsicht geprägt. Nach dem Tode Mayer Amschel Rothschilds (1812) gaben die fünf Söhne Rothschilds 1815 der Bank eine neue Organisation. Die Bankhäuser in Frankfurt und London sowie die Repräsentanz in Paris waren nun eigenständige Firmen, wurden intern aber als eine einzige Bank behandelt. Gleiches galt für die 1816 und 1820 gegründeten Repräsentanzen in Wien und Neapel, die erst ab 1844 als eigenständige Banken firmierten. Born ordnet diese insgesamt fünf Banken aufgrund des Familienzusammenhalts und der internen Kapital- und Arbeitsteilung als erstes großes multinationales Unternehmen ein146. Insgesamt lässt sich feststellen, dass im 17. und 18. Jahrhundert verschiedene Bankgeschäfte (wie Depositen-, Anweisungs-, Kredit- und Anleihegeschäft) zwar ausgebildet waren, diese jedoch noch nicht von reinen Banken, sondern regelmäßig von (als Privatbankiers) fungierenden Kaufleuten getätigt wurden. Ein eigenes Bankrecht hatte sich noch nicht herausgebildet147. Die Tätigkeit der Hoffaktoren wird man als Vorläufer der Vermögensverwaltung einordnen können. Beispiele für echte Vermögensverwaltungen sind selten148. Unter den wenigen149 bekannten Beispielen lag der Schwerpunkt bei der Verwaltung von Immobilien und von Stiftungsvermögen150 sowie bei Testamentsvollstreckungen151, während die Anlage von ___________ 146 Born, Geld und Banken, S. 103 ff. Man wird auch die wesentlich ältere Medici Bank als ein solches bezeichnen können, zumindest aber als erste Bank mit zahlreichen Tochtergesellschaften im Ausland, deren Gründung in erster Linie zur Abwicklung der Transaktionen der Kurie erfolgte, ausführlich dazu De Roover, The Rise and Decline of the Medici Bank, S. 81, 202; ders., History of Banking, S. 210, der sie als erste Holding bezeichnet. 147 Hopt, Grundlagen, S. 131. 148 Bezeichnenderweise benötigten die reichen Berliner Privatleute keine Vermögensverwalter, vgl. die Schilderung bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 192 ff. 149 Neben der völlig anders gearteten Vermögensordnung in der damaligen Zeit liegt dies auch an der Vertraulichkeit, die stets eine Grundvoraussetzung der Vermögensverwaltung war. Eine Ausnahme stellt das oben S. 213 in Fn. 33 genannte Beispiel dar. 150 Beispiel hierfür ist die testamentarisch errichtete Familienstiftung des 1799 verstorbenen Daniel Itzig, vgl. Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 367 ff. 151 Vor allem Kaufleute waren vermögend, so dass gerade bei ihnen Testamentsvollstreckungen überliefert sind. Beispielhaft genannt sei Hans Kleberg, der sein Vermögen

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Geldvermögen mangels solider Anlagemöglichkeiten152 nicht vorkam. Eine Vermögensverwaltung von Effekten lässt sich gar erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Tätigkeit des Bankhauses Rothschild belegen. Die Vermögensverwaltung lässt sich deshalb noch nicht zu den von Bankiers regelmäßig übernommenen Tätigkeiten zählen153. Als Testamentsvollstrecker wurden im Übrigen hauptsächlich die wirtschaftlich erfahrenen Bankiers und Kaufleute eingesetzt, während die Betrauung von Juristen erst allmählich an Bedeutung gewann154. Auch wenn die Vermögensverwaltung i. w. S. noch nicht sehr verbreitet war, finden sich doch schon Beispiele für Veruntreuungen durch Verwalter. Ein besonders krasser Fall ereignete sich im Zusammenhang mit der Erbschaft der Bankiers Gebrüder Etienne und Christian Benecke, Berlin. Beide Inhaber starben innerhalb kurzer Zeit (1803 bzw. 1806). Der Letztverstorbene vermachte die Firma seinen minderjährigen Söhnen und setzte einen Verwandten namens Wilhelm Christian Benecke als Disponenten zur Verwaltung der Firma ein. Seine Rechtsstellung als Verwalter der Firma wurde in einem Vertrag mit der Witwe Benecke detailliert geregelt. Wilhelm Christian Benecke vermied es, Gesellschafter der Sozietät zu werden, verpflichtete sich aber ausdrücklich, keine Handlung für eigene Rechnung zu gründen ___________ im Wesentlichen seinem leiblichen Sohn David vererbte. Bis zu dessen 25. Lebensjahr wurden die Witwe, sein Stiefsohn und ein befreundeter Kaufmann zu Testamentsvollstreckern ernannt. Diese legten entsprechend den Vorgaben des Testaments das große Barvermögen Klebergs nach dessen Tod im Jahr 1546 in Grundstücken an, vgl. Ehrenberg, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 10 (1893), 1, 32 ff., 37. Auch die bedeutenden Berliner Kaufleute Friedrich Wilhelm Schütze und Liepmann Meyer Wulff ordneten in ihren Testamenten von 1794 bzw. 1812 Testamentsvollstreckung an, Einzelheiten bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 246, 427 f. Bei der Bewertung der damaligen Vermögensverhältnisse muss man auch berücksichtigen, wie viele Kaufleute/Kaufmannsfamilien ihr Vermögen dadurch einbüßten, dass sie beim Herrscher in Ungnade fielen und dieser die Werte beschlagnahmte. Die bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, geschilderten Beispiele sind zahlreich, weshalb die Autoren es für besonders erwähnenswert hielten, dass der König ausnahmsweise das Privatvermögen der Münzjuden unangetastet ließ (a. a. O., S. 320). 152 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 515, 518. 153 So findet sich in der sehr ausführlichen Schilderung der Berliner Bankiers des 18. Jahrhunderts bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 209 ff., 248 ff., kein Beispiel einer Vermögensverwaltung. Auf S. 515 stellen sie ausdrücklich das Fehlen dieser Dienstleistung im Bankgeschäft fest. Auch in der Schweiz gehört die Vermögensverwaltung zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch nicht zu den regelmäßig betriebenen Bankgeschäften, wie die Aufzählung von Bodmer, Privatbankiers, S. 19, zeigt. 154 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 125.

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oder als Gesellschafter in eine andere Handlung einzutreten155. Er verwaltete die Firma von 1806 bis 1820 alleinverantwortlich und mit scheinbar großem Erfolg. Nach Übergabe der Geschäftsführung der Firma an den Erben Joh. Wilhelm Benecke ging es mit der Bank bergab und sie wurde 1826 insolvent. Es stellte sich heraus, dass Wilhelm Christian Benecke zwar erfolgreich gewirtschaftet hatte, aber die sich aus der Geschäftsführung ergebenden Gewinne abschöpfte und die Verluste den Erben zuschrieb156. Das Strafverfahren gegen ihn blieb – vor allem wegen Verjährung der Haupttaten – fruchtlos. Die Zivilklagen, deren Ausgang nicht überliefert ist, scheinen ebenfalls erfolglos verlaufen zu sein, da Wilhelm Christian Benecke bei seinem Tod immer noch vermögend war.

3. Erste Ansätze eines Anlegerschutzes durch staatliche Intervention Nicht nur die Banken, sondern auch die Börsen erlebten im Zeitalter des Merkantilismus einen raschen Aufschwung. Mit Entstehen der Handelskompanien entwickelte sich die Notwendigkeit für einen Ausbau des Anlegerschutzes, vor allem in Form eines Marktschutzes. Als Reaktion auf die zahlreichen Missbräuche der Aktie erließen die jeweiligen Regenten erste marktschützende Maßnahmen. a) Niederlande Amsterdam löste bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts Antwerpen als führenden Börsenplatz ab157. Die Börse fungierte zunächst als eine reine Warenbörse, gewann allmählich aber auch als Markt für Aktien und Anleihen an Bedeutung und entwickelte sich zum ersten modernen Fondsmarkt. Ab 1602 wurden die Aktien der Holländisch-Ostindischen Compagnie in sehr großem Umfang zum Spekulationsobjekt158. Der Handel mit Staatsanleihen wuchs ebenfalls in dieser Zeit, obwohl er wegen fehlender Standardisierung der Urkunden und ihrer Übertragung mühsam blieb. Nach zahlreichen Leerverkäufen von Aktien der Holländisch-Ostindischen Compagnie, die zum Fallen der Kurse beitrugen, wurde in den Niederlanden 1610 ein

___________ 155 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 63 f. 156 Einzelheiten bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 62 f., 83 ff. 157 Ausführlich Samuel, Effektenspekulation, S. 21 ff.; knapp dagegen Bremer, Grundzüge, S. 7 ff. 158 Zum Begriff der Spekulation s. o. S. 224 Fn. 87.

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Edikt159 erlassen. Danach war es verboten, Verkäufe auf Zeit oder per Cassa zu tätigen, wenn man nicht im Besitz der Aktien war. Entsprechende Geschäfte erklärte das Edikt für nichtig und drohte schwere Geldstrafen an. Um die Einhaltung des Verbots zu kontrollieren, wurden Aktienverkäufer verpflichtet, der Kompanie den Verkauf innerhalb eines Monats anzuzeigen, damit diese die Aktien160 umschreiben konnte. Der Aktienkäufer unterlag bis zur Umschreibung einem Verkaufsverbot und dem Verkäufer stand bis zur Zahlung des Kaufpreises ein Pfandrecht zu. In der Praxis änderte sich kaum etwas, da die Parteien auf die Rechte aus dem Edikt im Voraus verzichteten161. 1621 wurde ein vergleichbares Verbot im Hinblick auf die Aktien der neu gegründeten Westindischen Handelscompagnie erlassen, das zudem die Praxis eines Verzichts auf die Rechte aus dem Edikt untersagte. Die Edikte wurden 1623/24162 ergänzt bzw. erneuert. Insbesondere wurde Maklern untersagt, derartige Geschäfte zu vermitteln; ihnen drohte bei Zuwiderhandlungen der sofortige Amtsentzug. Die Verbote scheinen – wie die spätere Entwicklung zeigte – trotz der Verschärfungen weiterhin wirkungslos geblieben zu sein. Denn nach einer Periode wirtschaftlichen Aufschwungs, in der es zu keinen weiteren BaisseSpekulationen kam, sorgte der Krieg mit Frankreich (1668–1678) für einen erneuten Kursrückgang und löste damit wieder solche Spekulationen aus. Man entschloss sich deshalb im Jahr 1677, die Verbote aus den früheren Edikten zu erneuern163 und die Strafdrohung auch auf solche Makler zu erstrecken, die nicht angestellt waren (Pfuschmakler). Interessanterweise erwähnt das Edikt die Praxis, wonach die Baissepartei die Kurse durch Ausstreuen von Gerüchten zu drücken versuchte. Bezeichnend ist, dass alle Edikte die Hausse-Spekulation nicht verboten, da sie die Kurse der halbstaatlichen Kompanien eher stützten und dem Staat daher willkommen waren. Am 22.10.1693 erfolgte ein Verbot von Prämiengeschäften, das allerdings in der Praxis keine Beachtung fand und daher am 25.5.1703 aufgehoben wurde164. Missbräuche stellten sich auch hinsichtlich des während ___________ 159 Edikt vom 27.2.1610 „tegens het verkoopen ende transporteren der Actien inde Ostindische Compagnie“, Groot Placaetboeck I. 553 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 5). Die Entstehungsgeschichte ist beschrieben bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 330 ff. 160 Es handelte sich um Namensaktien, die aber ohne große Formalitäten oder Kosten übertragen werden konnten. 161 Hierzu und zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 6 f. 162 Groot Placaetboeck I. 555 und I 665 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 6). 163 Groot Placaetboeck III. 1307 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 8). 164 Samuel, Effektenspekulation, S. 62.

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des 17. Jahrhunderts in Holland schon ausgeprägten Handels mit nationalen und ab 1695 auch mit ausländischen Staatsanleihen ein, doch sind diesbezüglich keine gesetzgeberischen Aktivitäten überliefert165. Der erste erhaltene Kurszettel aus dem Jahr 1747 weist 25 inländische und zehn ausländische Anleihen, drei inländische und drei ausländische Aktien sowie 3 Papiere auf, deren Charakter unbekannt war. Ende des Jahrhunderts waren insgesamt 80 inländische und 30 ausländische Fonds notiert166. Neben den soeben beschriebenen Spekulationen in Fonds kam es in den Niederlanden auch zu ersten Spekulationen in Terminkontrakten. Die so genannte Tulpenmanie (1634–1637)167 ist eines der ersten bedeutenden Beispiele für Warentermingeschäfte, die für die allermeisten Marktteilnehmer einen rein spekulativen Charakter hatten. Die aus der Türkei eingeführten Tulpen entwickelten sich zu einer Modeblume. Die Tulpenzwiebeln ließen sich nur zwischen dem Zeitpunkt des Verblühens und dem Zeitpunkt des Einsetzens der Zwiebeln im Herbst handeln, also in der Zeit von Juni bis September. Der Kassamarkt für Zwiebeln lag ursprünglich allein in der Hand der Zwiebelzüchter. Der gestiegenen Nachfrage stand aufgrund der damals noch beschränkten Züchtungsmöglichkeiten keine Möglichkeit zu einer raschen Vermehrung des Angebots gegenüber, weshalb die Preise stetig stiegen. Ab November 1636 entwickelte sich ein Terminmarkt mit Kontrakten über die Lieferung von Zwiebeln im kommenden Juni. Zwischen beiden Märkten fand keine Arbitrage statt; die Tulpenzüchter handelten in der Regel nicht auf dem Terminmarkt, während die Teilnehmer des Terminmarkts keine Züchter, sondern überwiegend Spekulanten waren. Die Preise auf dem Terminmarkt stiegen von November 1636 bis Anfang Februar 1637 um das Achtfache bis 18fache, um anschließend dramatisch zu verfallen. Der Handel mit Zwiebeln und das Eingehen neuer Kontrakte wurden daraufhin kurzfristig verboten. b) Frankreich Ein regelmäßiger Fondshandel fand in Frankreich im 17. Jahrhundert nicht statt168. Die vorhandenen Börsen dienten allein dem Wechselverkehr. Erst im 18. Jahrhundert kam es zu Spekulationen und Schwindelgeschäften. Frankreichs Reaktion hierauf war zweigleisig und dabei extrem wechselhaft. Einerseits versuchte man der Spekulation zunächst durch ein Verbot der Inhaberaktie Herr zu werden, da sie den Aktienschwindel erleichterte und in ___________ 165 166 167 168

Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 8 f. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 299. Zum Folgenden Aschinger, Börsenkrach, S. 55 ff. m. w. N. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 300 f.

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Frankreich weit verbreitet war169. Im Jahre 1717 wurden Inhaberaktien verboten, wobei die Aktien der 1717 gegründeten Compagnie d’Occident (auch Mississippi-Gesellschaft genannt) ausgenommen blieben. Bereits 1721 wurde die Inhaberaktie wieder generell zugelassen. Der Schutz des Publikums sollte durch die staatliche Mitwirkung beim Gründungsakt sichergestellt werden. Andererseits versuchte man die Handelskompanien durch Ausübung eines unmittelbaren Einflusses auf die Gesellschaften zu kontrollieren, indem man auf die Direktorenbestellung und die Beschlussfassung in der Generalversammlung einwirkte. Dieser Einfluss erwies sich jedoch als wenig geeignet, um die Kompanien zu führen, weshalb etwa die Compagnie des Indes occidentales aufgelöst und ihr Vermögen an die Aktionäre verteilt werden musste. Nicht verhindern konnte die staatliche Kontrolle auch den Zusammenbruch der Mississippi-Gesellschaft im Jahre 1720. Ursache des Bankrotts waren übermäßige Aktienemissionen (von 25 Mio. auf 300 Mio. Francs innerhalb von weniger als einem halben Jahr) und Spekulationen mit Höchstkursen von 2.700 %170. Da der Zusammenbruch der Gesellschaft beinahe auch zum Staatsbankrott geführt hätte, reagierte der Staat mit marktbezogenen Maßnahmen gegen die Spekulation. So wurden mit dem Arrêt vom 23.12.1723171 Zeitgeschäfte verboten; alle Börsengeschäfte waren innerhalb von 3 Tagen abzuwickeln, indem die Effekten bei einem bestimmten Büro zu hinterlegen waren. Damit waren faktisch auch Leerverkäufe untersagt. Das Verbot blieb weitgehend unbeachtet. Mit Edikt von 1724172 errichtete man eine staatliche konzessionierte Börse und verbot gleichzeitig die Errichtung von oder Teilnahme an Winkelbörsen. Die Börsenaufsicht oblag einem staatlichen Polizeikommissar. Zugleich wurde das Maklerwesen geregelt, indem ein Maklerprivileg an die „Compagnie des Agents de Change“ vergeben und Eigengeschäfte verboten wurden. Dieses Maklermonopol erwies sich als erfolgreich und führte dazu, dass der Berufsstand finanzkräftig war, auf Seriosität achtete und sich damit ___________ 169 Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 18 f. Die Inhaberaktie findet sich erstmals bei der Brandenburgisch-Amerikanischen Compagnie von 1688; a. A. Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 10, der dieses Prädikat der Compagnie d’Occident von 1717 zuschreibt. 170 Ausführlich dazu Aschinger, Börsenkrach, S. 61 ff.; Samuel, Effektenspekulation, S. 128 ff.; s. a. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 23; Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 11. 171 Dazu Samuel, Effektenspekulation, S. 156. 172 Pariser Börsenordnung vom 24.9.1724, abgedruckt bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 352 ff.; zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 12 f.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 24; Samuel, Effektenspekulation, S. 158 ff.

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von Pfuschmaklern (courtiers marrons) abgrenzte. Nach einer Periode ohne größere Spekulationen legte der Staat eine Serie von Inhaberschuldverschreibungen auf, um seine Finanznot zu beheben und sein Engagement im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu finanzieren, und emittierte sie im Wege einer öffentlichen Lotterie173. Dies und zahlreiche Aktienemissionen fachten damit das Spekulationsfieber erneut an, an dem sich selbst der König beteiligte, in dem er die Spielschulden des Abbé d’Espagnac deckte, der als Kopf einer Spielerclique die Spekulation maßgeblich verursacht hatte. Als dann auch à la baisse spekuliert wurde und dadurch der Staatskredit rapide sank, verschärfte man durch vier weitere Edikte in den Jahren 1785 bis 1787174 die Strafandrohung auf Leerverkäufe immer mehr und setzte den längsten Termin für Zeitverkäufe auf zwei Monate fest. Vor dem Hintergrund weitgehend wirkungsloser Regelungen schrieb Mirabeau seine berühmte „Dénonciation de l’Agiotage“175, in der er den seriösen Effektenhandel von der unsoliden Agiotage unterschied, die er durch entsprechende Publizität austrocknen wollte. Mirabeaus Kritik an den damaligen Verhältnissen erscheint schon deshalb überzeugend, weil der Staat die Fondsspekulation einerseits ohne Ansehen ihres Zwecks repressiv regelte, andererseits durch sein Verhalten geradezu förderte. Mit der Revolution endete der Effektenhandel faktisch; die formelle Schließung der Börse erfolgte dann 1793. Sie wurde im Jahre 1795 wiedereröffnet, doch blieb angesichts der politischen Instabilität ein Fondshandel weitgehend aus. Unter Napoleon erholte sich das Geschäft langsam, so dass die Regierung sich gezwungen sah, das Verbot der Zeitgeschäfte zu erneuern176. Daneben enthielten die Napoleonischen Kodifikationen eine Reihe von Regelungen hinsichtlich des Effektenhandels, von denen in der Praxis jedoch nur dem Spiel- und Differenzeinwand des Art. 1965 Code Civil eine recht wechselhafte Bedeutung zukam177. Parallel zur Regelung des Börsenmarktes griff der Staat auch bei den Handelskompanien ein und schrieb mit Edikt von 1725 vor, dass die Direktoren einen Jahresabschluss erstellen mussten, bevor Dividenden verteilt werden durften. Auch musste der Vermögensbestand veröffentlicht werden. Weiterhin versuchte man auf verschiedene Weise, die Rechte der Kleinaktionäre vor Eingriffen durch die Hauptpartizipanten zu schützen. Dies geschah, in___________ 173 Sie ist beschrieben bei Samuel, Effektenspekulation, S. 160 f. 174 Edikte vom 7.8.1785, 2.10.1785, 22.9.1786 und 14.7.1787. Zu Vorgeschichte und Inhalt Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 23 ff. 175 Mirabeau, Dénonciation de l’Agiotage au Roi et à l’Assemblée des Notables, 1787. 176 Verordnung vom 26. Prairial X. (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 32). 177 Einzelheiten bei Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 32 ff.

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dem man die Rechte der Gesellschaft in dem sie erlaubenden Octroi entsprechend regelte oder die Gründung nur bei entsprechend ausgestalteten Statuten zuließ. Dieser Weg erwies sich jedoch als wenig effektiv, da es ab Mitte des Jahrhunderts zur Gründung von Privatgesellschaften (auf Aktien) kam, die faktisch eine Umgehung des Oktroisystems darstellten178. c) England Auch England kannte bereits im 16. Jahrhundert private Gesellschaften, deren Anteile gehandelt wurden179. Die Unterscheidung zwischen „unincorporated partnerships“ und „incorporated companies“ bildete sich erst sehr viel später heraus. Der Aktienhandel an der 1566 eröffneten Londoner Börse180 nahm allmählich zu und erreichte in den Jahren nach der Revolution von 1688 einen ersten Höhepunkt181. Um Spekulationen zu verhindern, erging 1697 ein Gesetz182, mit dem die Zahl der Fondsmakler auf 100 begrenzt und ihnen Eigenhandel und Termingeschäfte über drei Tage hinaus verboten wurden. Die Regelung entpuppte sich jedoch als weitgehend wirkungslos und wurde daher 1707 wieder aufgehoben und durch Bestimmungen über die Zulassung der Makler ersetzt183. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes bedeutend ist der so genannte South Sea Bubble. Der Zweck der 1711 gegründeten und konzessionierten South Sea Company war der Handel mit der Südsee. Um die Gesellschaft zu finanzieren, erdachte man ein Modell, wonach die Kompanie das Gros der Staatsschulden übernahm und den Staatsgläubigern im Gegenzug Anteile an der Gesellschaft gewährte. Entscheidender Vorteil einer solchen Umschuldung war die Tatsache, dass der Staat der Kompanie das Monopol für den Handel mit Südamerika einräumte. Man vertraute zudem darauf, dass der somit gewonnene solide Schuldner „Staat“ eine ausreichende Sicherheit darstellte, um Kredite für die Finanzierung des eigentlichen Handels zu erhalten. Die übernommenen Staatsschulden wurden durch die Übernahme zu Eigenkapital der Gesellschaft. Der Handel der Gesellschaft lief jedoch nur schleppend an, da die spanische Krone im Assiento-Vertrag von 1711 nur beschränkte Handelsrechte zugestanden hatte, was dem Publikum aber ___________ 178 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 24 f.; Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 19. 179 Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 20 f.; zum Folgenden auch Samuel, Effektenspekulation, S. 70 ff.; Maitland, GrünhutsZ 32 (1905), 1, 63 ff. 180 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 82. 181 Art und Umfang der gehandelten Anteile beschreiben Samuel, Effektenspekulation, S. 76 ff.; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 301 ff. 182 8 & 9 Wm. III, c. 32. 183 Einzelheiten bei Samuel, Effektenspekulation, S. 72 ff.

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durch bewusste Fehlinformation verborgen blieb. Die Gesellschaft wurde zudem finanziell stark belastet durch die Zahlungen in Höhe von 1,3 Mio. Pfund, die sie hatte leisten müssen, um die bei der Vergabe der Privilegien konkurrierende Bank of England zu überbieten und auszu(be-)stechen. Der vermeintliche Erfolg der South Sea Company löste einen Gründungsboom weiterer Gesellschaften und ein Spekulationsfieber quer durch alle Bevölkerungsschichten184 aus. Die neu gegründeten Gesellschaften erweisen sich jedoch oft als wenig seriös185; Kurstreibereien und Veruntreuungen durch die Direktoren waren nicht selten. Das Spekulationsfieber wurde 1720 durch die Ankündigung von vier Barkapitalerhöhungen der South Sea Company weiter angeheizt. Die Abwertung der französischen Währung im Februar und der Zusammenbruch der Pariser Mississippi-Gesellschaft im Mai 1720 bewirkten einen Zustrom ausländischen Kapitals nach London. Als es im Sommer 1720 zu einem dramatischen Preisverfall bei vielen der neu gegründeten Gesellschaften kam, entschloss sich das Parlament zum Erlass des Bubble Acts186. Das Gesetz verbot die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ohne Zustimmung der Mitgesellschafter bei Strafe und machte die Gründung einer Gesellschaft ohne Solidarhaftung der Anteilseigner von der staatlichen Genehmigung abhängig (s. 18). Ergänzt wurde die Regelung dadurch, dass Maklern der Handel mit Aktien einer nicht genehmigten Gesellschaft bei Strafe verboten war (s. 21). Das Gesetz erfasste nur solche Unternehmen, die seit dem 24.6.1718 gegründet worden waren, denn der Staat wollte nur die Gründung unseriöser Gesellschaften verhindern, nicht aber die ihm nützlichen Gesellschaften. Ausdrücklich ausgenommen blieben deshalb die South Sea Company und die East India Company sowie zwei Versicherungen, deren Aktien weiter gehandelt werden durften187. ___________ 184 Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 24 f.; Aschinger, Börsenkrach, S. 72 ff.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 25 f.; Samuel, Effektenspekulation, S. 99 ff. 185 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 16 Fn. 29 und Samuel, Effektenspekulation, S. 102 f., beschreiben die kuriosesten bubbles, so die Gesellschaft zum Handel mit Menschenhaaren, die Gesellschaft zur Ausnutzung eines perpetuum mobile sowie die Gesellschaft zum Aufbau und zur Ausbesserung der Häuser in ganz England. 186 Royal Exchange and London Assurance Corporation Act vom 9.6.1720 (6 Geo. 1, c. 18), der in seinem ersten Teil (ss. 1–17) die Gründung der London and Royal Exchange Assurance Companies erlaubte und diese mit dem Monopol für Seeversicherungen ausstattete. Teil 2 (ss. 18 et seq.) betraf die nachfolgend darzustellende gesellschaftsrechtliche Regelung. Zum Folgenden Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 24 ff.; Renaud, Actiengesellschaften, S. 24 ff.; Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 18 f., 365 ff. Die Schwindelgeschäfte mit Aktiengesellschaften um 1720 schildern Vogt, ZHR 1 (1858), 477, 503 f., und Lehmann, Aktiengesellschaften Bd. 1, S. 84. 187 Weitere später zugelassenen Ausnahmen bei Cottrell, Investment Banking, S. 26.

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Die Proklamation des Gesetzes löste einen Schock aus und führte zum Zusammenbruch des Marktes, der auch die vom Bubble Act ausgenommenen Gesellschaften erfasste. Eine Hauptursache hierfür war ein Liquiditätsengpass, weil viele Aktienkäufe auf Kredit finanziert waren. Der Kursverlust der South Sea Company war so groß (von 1.000 im Juni auf 125 im Dezember), dass sie sich bis zur ihrer Auflösung im Jahre 1807 hiervon nicht mehr völlig erholte, obwohl der Staat die Gesellschaft stützte, da er selbst aufgrund seiner vielfachen Verbindungen zur Gesellschaft ein großes Interesse an deren Erhalt hatte. Hinzu kam, dass bei einer nachfolgenden Untersuchung Unterschlagungen und Bestechungen der Direktoren der South Sea Company ans Licht kamen, in die pikanterweise auch Mitglieder der Regierung und des Königshauses verwickelt waren. Der Kurssturz jedoch schreckte die Bevölkerung weit mehr ab als das im Bubble Act enthaltene Verbot oder die aufgedeckten Missstände, so dass Spekulationen über lange Zeit ausblieben. Verstöße gegen den Bubble Act waren daher selten; bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ist nur ein Verfahren bekannt188. Der Bubble Act wurde durch Regelungen im Hinblick auf den Aktienhandel ergänzt189. So regelte das Gesetz aus dem Jahr 1733 den Effektenhandel und verbot sowohl den Effektenkunden wie den Maklern Prämiengeschäfte, Leerverkäufe und Effektengeschäfte, bei denen nur die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis ohne Übergabe der Stücke selbst zu leisten war. Interessanterweise wird im Zusammenhang mit den Beratungen zu dem Gesetz erwähnt, dass einige der Ostindischen Compagnie nahe stehende Personen frühzeitig von einer Kürzung der Dividenden erfuhren, daraufhin den Kurs durch Streuung von positiven Gerüchten in Höhe trieben, um sich nach dem unvermeidlichen Kursverfall nach Bekanntgabe der Dividendenkürzung wieder einzudecken190. Die Regeln des neuen Gesetzes erwiesen sich als wirkungslos, da Ansprüche aus Börsengeschäften nach den Statuten der Börse nicht eingeklagt werden konnten und umgekehrt oft solche Geschäfte erfüllt wurden, die gegen die Börsengesetze verstießen. Auch wurde der verwendete Begriff „joint stock“ eng interpretiert und erfasste nur englische Staatsanleihen. Das Gesetz von 1733 hatte bis 1860 formelle Gültigkeit. ___________ 188 R. v. Cawood (1724) 2 Ld.Raym. 1361 (zitiert nach Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 27). 189 Stock Jobbing Acts von 1721, 1733 und 1736; 7 Geo. 1, stat. 2 No. 8 (1721); 7 Geo. 2, c.8 (1733); 10 Geo. 2, c. 8 (1736). Zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 19 ff. 190 Hierzu und zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 21 ff.

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Der Bubble Act wurde ab der Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend umgangen, indem man Gesellschaften gründete, deren Anteile nicht frei übertragbar waren und deren Gesellschafter persönlich hafteten, die faktisch aber „unincorporated joint stock companies“ waren. Die Zahl der Anleger war gerade vom Gesetzgeber nicht begrenzt worden. Es setzte sich unter Juristen die Meinung durch, dass für solche Gesellschaften das vage formulierte Verbot der Übertragung der Anteile gerade nicht galt191. Das Gesellschaftsvermögen wurde als Trust organisiert192. Diese Umgehungen wurden toleriert, da sie Kaufleuten die Möglichkeit boten, ihr eigenes Geschäft auf eine breitere Kapitalgrundlage zu stellen oder sich an fremden Unternehmen zu beteiligen. Zur Finanzierung zahlreicher Kriege (Siebenjähriger Krieg, Unabhängigkeitskrieg in Nordamerika und die Napoleonischen Kriege) nahm nach 1756 der Bedarf an Kapital jedoch stark zu. Die Regierung stellte nun fest, dass sie selbst die Börse in Anspruch nehmen musste, um ihren Kapitalbedarf zu decken193. Auch die industrielle Revolution ließ den Kapitalbedarf stark ansteigen. Es kam daher wieder zu einem Gründungsboom und dann zu einem Börsenfieber, das 1808194 und 1823/24 in Zusammenbrüchen endete195. Der Gesetzgeber erkannte, dass das Verbot allein keine Lösung darstelle, hob den Bubble Act 1825 auf 196 und unterwarf Gesellschaften ausdrücklich dem Common Law, ohne dass jedoch dessen Rechtslage eindeutig gewesen wäre197. Rufe nach einer börsenrechtlichen Regelung verhallten ungehört198. Die deshalb folgende Rechtsunsicherheit dauerte bis 1844/45, als Gladstone in seiner Funktion als Präsident des Board of Trade das damals fortschrittlichste Gesellschaftsrecht Europas schuf.

___________ 191 Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 28 f. 192 Kötz, Trust, S. 23 f. 193 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 23, berichtet, dass die Staatsschulden in dieser Zeit von 80 Mio. Pfund auf 900 Mio. Pfund anstiegen. Bei der Emission kam das Lotterieverfahren zum Einsatz, das bei Samuel, Effektenspekulation, S. 84 f., beschrieben ist. 194 Ursache des Zusammenbruchs von 1808 dürfte die Tatsache gewesen sein, dass der Staat den Bubble Act erstmals wieder anwendete und dies eine Panik auslöste, vgl. Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 32 f. 195 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 27. 196 6 Geo. IV, c. 91. 197 Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 36; Cottrell, Investment Banking, S. 27, wonach der Attorney-General das Common Law für einen ausreichenden Schutz hielt. 198 Einzelheiten bei Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 47 ff.

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d) Deutschland und Österreich Der deutsche Wertpapierhandel in dieser Zeit war im Vergleich zu ausländischen Märkten sehr gering, weshalb es zu keinen größeren Aktienspekulationen kam und Maßnahmen gegen den Aktienschwindel selten waren199. Das einzig bedeutende Beispiel findet sich in Hamburg, das kurzzeitig von den Ausläufern der Law’schen Aktienspekulation erfasst wurde. Dort erließ der Senat 1720 ein Mandat200, mit dem er den Aktienhandel verbot und damit auf ein öffentliches Zeichnungsangebot für Versicherungsaktien reagierte. Am 26.7.1720 verweigerte er zudem die Konzessionierung der beiden Versicherungsgesellschaften, in deren Anteilen spekuliert worden war, und bekräftigte diese Entscheidung am 11.11.1720201. Die Entwicklung der deutschen Börsen verlief uneinheitlich und hing stark von den wirtschaftlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten in einzelnen deutschen Staaten ab202. Während in den Anfängen nur Waren und Wechsel Handelsobjekte darstellten, nahm ab der Mitte des 18. Jahrhunderts die Zahl der gehandelten Staatsanleihen zu, da der Staatskredit nun in Effektenform gegossen wurde und der Hofbankier seine traditionelle Rolle als Kreditgeber der Herrscher verlor. Stattdessen wurde er zum Emittenten oder Emissionsbegleiter. Vor allem Frankfurt zog ab 1790 dieses Geschäft an sich, so dass die Börsen Kölns und Hamburgs ihre Bedeutung einbüßten203. Ein regelmäßiger Aktienhandel etablierte sich in Deutschland erst im 19. Jahrhundert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Börsen waren uneinheitlich. Hamburg hatte bereits 1618 eine eigene Maklerordnung, die 1642 und 1653 angepasst wurde und die die Anzahl und die Zulassung sowie die Ernennung der Makler regelte. Die Makler waren der Gerichtsbarkeit der Maklerbehörde unterworfen. Die Börsenordnung der Berliner Börse, ein Privileg des Herrschers, stammt aus dem Jahr 1739204 und sah vor, dass die Börse ihre Angelegenheiten selbst verwaltete205. Gehandelt wurden die Aktien der 1769 gegründeten Emdener Heringsfang-Compagnie206 und der 1772 gegründeten ___________ 199 200 201 202 203

Zum Folgenden Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 27 f. Mandat vom 19.7.1720; Wortlaut bei Samuel, Effektenspekulation, S. 173. Wortlaut ebenfalls bei Samuel, Effektenspekulation, S. 174 f. Zum Folgenden Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 27 f.; Bremer, Grundzüge, S. 12 ff. Trumpler, BankA 9 (1909/10), 81 ff., 100 f.; Wormser, Frankfurter Börse, S. 10; Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 6 f. 204 Auszüge abgedruckt bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 351. 205 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 534 ff., schildern die Börsenpraxis dieser Zeit. 206 Zur Geschichte der deutschen und insbesondere der Emder Handelscompagnien Gmür, FS Harry Westermann, 1974, 167 ff.

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Königlichen Seehandlung sowie Pfandbriefe der Landschaften207; ein regelmäßiges Effektengeschäft ist aber wohl erst ab der Jahrhundertwende entstanden208. Die Errichtung der Wiener Börse erfolgte durch das kaiserliche Börsen-Patent vom 1.8.1771209, das zugleich die Winkelbörsen verbot. Die Überwachung der Makler war einem staatlichen Börsenkommissar anvertraut, wobei sich die Überwachung in der Praxis als wenig effektiv erwies210. An der Wiener Börse wurden zunächst 16 Obligationen des Staates, der Wiener Stadtbank sowie der einzelnen österreichischen Provinzen gehandelt. Bis 1799 war die Zahl der gehandelten Anleihen auf 24, bis 1805 auf 27 gestiegen211. Ab 1818 wurde die erste Aktie (Österreichische Nationalbank) gehandelt. Sie blieb bis 1842 die einzige börsennotierte Aktie. Die Börse Hannovers erhielt 1787 die Anerkennung als „öffentliches Institut“. 1811 erließen die französischen Besatzer ein Gründungsdekret für die Börse zu Köln, das die innere Ordnung und die Maklertätigkeit regelte. Weite Teile dieser Regelung blieben auch nach Abzug der Franzosen in Kraft212. Der Befund eines nur punktuellen und oft fehlenden Anlegerschutzes gilt nicht nur für die Börsen, sondern auch für den Wechselverkehr außerhalb derselben. Wechsel stellten Kreditgeschäfte dar. Rechtliche Schranken oder eine effektive Kontrolle des Verhältnisses von Eigenkapital zum Umfang der ausgegebenen Wechsel fehlten. Dies zeigte sich etwa in den Anfängen des Berliner Wechselverkehrs213, als in den Jahren 1697/98 der Zusammenbruch der Banquiers Engel & Co. eine Krediterschütterung und den Konkurs zahlreicher Gläubiger zur Folge hatte214. Auch das Instrument der Publizität wurde noch nicht eingesetzt, um den Geschäftsverkehr zu schützen. So wurde die Zahl und der Umfang der Bankgeschäfte streng geheim gehalten in ___________ 207 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 317. 208 Klein, in: Bankengeschichte, Bd. 1, S. 152. 209 Abgedruckt bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 352 ff. Eine frühere Verordnung (vom 14.8.1761), in der die Kaiserin die Errichtung einer Börse befahl, blieb unbeachtet, vgl. Samuel, Effektenspekulation, S. 176 f. Zur Entwicklung des österreichischen Börsenrechts Bremer, Grundzüge, S. 155 ff.; Kalss, in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 1167 ff. 210 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 27 f. 211 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 316. 212 Bremer, Grundzüge, S. 14. Zur Entwicklung der Börse bis 1870 Tilly, Financial Institutions, S. 117 ff. 213 Dieser war maßgeblich durch die eingewanderten Hugenotten geprägt, da diese offenbar auf ihre in Frankreich gewonnenen Erfahrungen zurückgriffen und deshalb die ersten Wechselhandlungen gründeten, vgl. Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 193, 208 Fn. 2. Zur Entwicklung des Wechselrechts und der ungleichen Behandlung der Juden dies., a. a. O., S. 284 f. 214 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 194 ff.

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dem Glauben, hierdurch den Kredit der Bank zu stärken215. Angesichts der Tatsache, dass die Mittel von Banken vielfach zweckwidrig eingesetzt wurden216, mag diese Ansicht damals durchaus zutreffend gewesen sein. Mit dem heutigen Verständnis des Gläubiger- und Anlegerschutzes ist sie nicht zu vereinbaren. e) Fazit Fasst man die Entwicklung zusammen, fällt zunächst der Funktionswandel der Börsen auf. Sie waren zunächst Messen, dann Waren-, dann Wechselbörsen, übernahmen aber mit wachsendem Kapitalbedarf mehr und mehr die Funktion von Fondsbörsen, an denen Anleihen und später Aktien gehandelt wurden. Es finden sich erste Ansätze unmittelbaren und mittelbaren Anlegerschutzes. Dabei können drei Arten staatlicher Maßnahmen gegen Missbräuche der Börse unterschieden werden, nämlich Börsenverfassungen, Regelungen der Maklertätigkeit sowie das Verbot der Spekulation in Fonds und Waren. Hinzu tritt das Oktroisystem mit einer strikten Kontrolle der Gründung von Aktiengesellschaften. Im Großen und Ganzen entpuppten sie sich als wirkungslos oder gar kontraproduktiv, da der Staat nur punktuelle Regelungen ergriff, keine ausreichende Markttransparenz vorschrieb und der Staat gar selbst die Hausse-Spekulation für sinnvoll ansah. Die Marktkräfte wurden also nicht in ihrer Gesamtheit akzeptiert, sondern man versuchte den staatlichen Zwang nur auf Baisse-Spekulationen zu beziehen. Ursache für diese einseitige Regelung war die Tatsache, dass der Staat nicht unbefangen, sondern als Schuldner der zahlreichen Anleihen selbst vom Börsengeschehen unmittelbar betroffen war.

IV. Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution 1. Veränderung der Gesellschafts- und Vermögensordnung Der vorangegangene Abschnitt hat deutlich gemacht, dass größere Vermögen selten waren und sich nur vereinzelte Beispiele bzw. Vorläufer der Vermögensverwaltung finden lassen. Ursache war die bestehende Vermögensordnung. Das Lehnsrecht217 verhinderte eine individuelle Vermögens___________ 215 v. Poschinger, Bankgeschichte des Königreichs Bayern, 2. Lfg., S. 33 f. 216 So genannte „Banksperrungen“ aufgrund von vorübergehender Zahlungsunfähigkeit waren daher keine Seltenheit, vgl. etwa v. Poschinger, Bankgeschichte des Königreichs Bayern, 2. Lfg., S. 92 ff., 102. 217 Zum Folgenden Spieß, Lehn(s)recht, Lehnswesen, in: HRG Bd. II, Sp. 1725 ff. m. w. N.; Sedatis, Vermögen, in: HRG Bd. V, Sp. 770, Sp. 773 f.

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zuordnung des Grundvermögens an weite Bevölkerungskreise. Da in der agrarisch geprägten Gesellschaft Grund und Boden Hauptproduktionsmittel waren218, konzentrierte sich der Reichtum auf den grundbesitzenden Adel. Dies änderte sich im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, die eine Auflösung des Lehnsverbands219 und eine umfassende Bodenbefreiung in den Partikularrechten mit sich brachten. So erfolgte die Bodenbefreiung in Preußen als Teil der umfangreichen Stein/Hardenbergschen Reformen durch das Edikt vom 9.10.1807220. Ein zweiter wesentlicher Faktor beeinflusste die bestehende Vermögensordnung nachhaltig. Bis zum 19. Jahrhundert wurden staatliches Vermögen und Privatvermögen des Adels als Einheit betrachtet. Erst mit der Entstehung des konstitutionellen Staates wurden die Vorstellung einer Einheit von Herrscher und Staat und die Verzahnung von Hofstaat und Staatsverwaltung aufgegeben und die fürstlichen Hofgüter von den staatlichen Domänen getrennt221. Mikoletzky nennt die 1694 eingeführte Zivilliste des englischen Königs als ersten Versuch einer Trennung beider Vermögen222. Auch die Habsburger Monarchie trennte vergleichsweise früh die Vermögensmassen223; eine endgültige gesetzliche Regelung erfolgte mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch für Westgalizien (1796) und dem ABGB von 1811. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum über lange Zeit kein Bedarf nach einer privaten Vermögensverwaltung bestand. Erst mit der Trennung der beiden Vermögensmassen bedurften die Regenten der Verwaltung ihrer Pri___________ 218 Im Jahre 1804 waren noch 80 % der deutschen Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, 1849 noch 64 % und 1867 nur noch 48 %, Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 25 Fn. 1. 219 Dazu Habermann, Die preußische Gesetzgebung, S. 34 ff. m. w. N. sowie Goez, Allodifikation, in: HRG Bd. I, Sp. 122 f. 220 „Edikt, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend“, dazu ausführlich Habermann, Die preußische Gesetzgebung, S. 13 ff. Zur bayerischen Entwicklung Stolleis, Die bayerische Gesetzgebung, S. 44 ff. 221 Brenneke, Archivkunde, S. 135. 222 Mikoletzky, Familienvermögen, S. 6 ff. Die Civil List geht auf die Restauration der Monarchie im Jahre 1660 zurück. Ihre bis heute gültige Fassung erhielt sie 1760 unter Georg III., der einen Großteil der Krongüter an das Parlament zurückgab und dafür eine Zusicherung erhielt, dass die Monarchie und ihr Hof vom Staat unterhalten werden, vgl. http://www.royal.gov.uk/today/civillst.htm (abgerufen am 13.1.2001). 223 Zum habsburgisch-lothringischen Familienfonds von 1765 Mikoletzky, Familienvermögen, S. 59 ff. In Preußen wird dagegen auch noch 1806 die Chatulle als Teil der Staatseinnahmen betrachtet, vgl. Riedel, Der Brandenburgisch-Preussische Staatshaushalt, S. 210.

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vatchatulle224, die sie – soweit erforderlich – zumeist angestelltem Personal anvertrauten, vereinzelt aber auch schon selbstständigen Hoffaktoren oder Vermögensverwaltern, wie das geschilderte Beispiel des Kurfürsten von Hessen-Kassel zeigt. Auch die preußischen Herrscher bedienten sich Hofbankiers (Gebrüder Schickler), wobei diese nicht das Vermögen verwalteten225, sondern nur den Zahlungsverkehr übernahmen226 und Warengeschäfte abwickelten227. Neben dem Adel waren es die vor allem in den Reichsstädten ansässigen Kaufleute, die ab dem 14. Jahrhundert Vermögen ansammelten228 und Macht und Einfluss gewannen229. Ab dem 17. Jahrhundert schwand deren Macht unter dem Einfluss des Merkantilismus wieder. Soweit diese Kaufleute größere Vermögen ansammelten, investierten sie ihre Mittel in die Produktion und in parallel betriebene Bankgeschäfte. So betrieben beispielsweise 1823 allein in Frankfurt 275 Kaufleute neben ihrer Tätigkeit auch Wechsel- und Kommissionsgeschäfte230. Die vermögende Schicht der Kaufleute bedurfte also ebenfalls keiner Fachleute zur Vermögensverwaltung, sondern erledigte diese Aufgabe selbst. Den dritten und wohl bedeutendsten Grund für die nun einsetzenden Veränderungen in der Vermögensordnung stellte die industrielle Revolution dar231, die mit der Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt im Jahre ___________ 224 Die Trennung spiegelt sich in der Entwicklung des Archivwesens wider, das einen Einblick in die Vermögen erlaubt. Mit der Scheidung der Vermögensmassen entsteht ein weiterer Typus dynastischer Archive, die so genannten Hausarchive. In ihnen wurden alle die fürstliche Familie betreffenden Dokumente sowie das Registraturgut der Hof- und Korngüterverwaltung verwahrt, vgl. Brenneke, Archivkunde, S. 134 ff., mit den Gründungsdaten der einzelnen Hausarchive. 225 So aber Sombart, Der Moderne Kapitalismus, S. 778. 226 Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 219 ff.; Lenz/Unholtz, Bankhaus Gebrüder Schickler, S. 48 ff., 69, 100, 120 f. 227 Lenz/Unholtz, Bankhaus Gebrüder Schickler, S. 47, 108, 124 ff. 228 Diese legten – genau wie der bereits erwähnte Adel – ihr Vermögen sehr oft in Immobilien an, wie etwa das Beispiel des Kaufmanns und späteren Barons Vernezobre zeigt, der zum Zwecke der Kapitalanlage ab 1721 in Berlin und der Mark zahlreiche Immobilien erwarb und Hypothekendarlehen vergab, vgl. Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 92 ff. 229 In der Zeit bis 1806 ist auch die große Zahl höherer Offiziere unter den Vermögenden auffällig. „Eine Kompagnie war wie eine Kapitalanlage und konnte bei guter Wirtschaft viel abwerfen, namentlich durch das Beurlaubtensystem“, vgl. Rachel/ Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 2, S. 108. 230 Henning, Entwicklung, S. 57 Fn. 7. Generell zur Entwicklung der bedeutenden jüdischen Privatbanken in Frankfurt am Main Kirchholtes, Jüdische Privatbanken, S. 7 ff. 231 Einzelheiten bei Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 164 ff.

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1769 ihren Lauf nahm. Die Bedeutung des (Groß-)Grundbesitzes schwand und andere Faktoren (Maschinen, Kapital) gewannen an Bedeutung. Die Gedanken des Liberalismus führten zu einer Verdrängung der zähen, staatlichen Wirtschaftslenkung. Die Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die Aufhebung der Binnenzölle aufgrund der Gründung des Deutschen Zollvereins (22.3.1833) und der technische Fortschritt schufen die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der durch die Industrialisierung stark zunehmende Kapitalbedarf beschleunigte die Entwicklung des Gesellschafts-, Bank- und Börsenrechts in der Folgezeit. Die Bedeutung der Effekten nahm stark zu, da die Industrialisierung neue Anforderungen an den Produktionsfaktor Kapital mit sich brachte. Es wandelte sich vom reinen Handelskapital mit vorwiegendem Gegenleistungscharakter zum Bank- und später zum Industriekapital mit Anlagecharakter. Die Industrialisierung, die Gewerbefreiheit232 und Bodenreformen führten zur Schaffung neuer Vermögenswerte und Vermögensstrukturen. Es kam zu einer Umverteilung des Vermögens auf breitere Bevölkerungskreise233 und neue große Vermögen entstanden in einer immer breiter werdenden „Oberschicht“234. Diese Entwicklung zeigte sich in ganz Europa mit unterschiedlichem Umfang und Tempo und sie beeinflusste die Gesetzgebung ebenso wie die Entstehung neuer Dienstleistungen, zu denen später auch die Vermögensverwaltung gehören sollte.

2. Gesellschaftsrechtliche Entwicklung Betrachtet man die Herausbildung des Anlegerschutzes in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, steht die Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts im Vordergrund. Die einzelnen Staaten bemühten sich zunächst, die Folgen des Oktroisystems einzudämmen, das einerseits einen nur unzureichenden Anlegerschutz vermittelte und andererseits manch wirtschaftlich lohnenswertes Projekt verhinderte. Als diese Schwächen im Zuge des durch die industrielle Revolution ausgelösten wirtschaftlichen Aufschwungs immer deutlicher zutage traten, erfolgte ein Wechsel zum Konzessionssystem und nach dessen Scheitern ein weiterer Wechsel zum System der Normativbedingun___________ 232 Zur Geschichte des Gewerbsrechts Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, Einl. Rdn. 8 ff. m. w. N. 233 Statt einer umfassenden Wiedergabe der Daten zur Einkommensverteilung sei auf Jeck, Wachstum und Verteilung des Volkseinkommens, verwiesen. 234 Nach Schuld, Geschichte der Deutschen Treuhand-Gesellschaft, S. 14, soll das deutsche Volksvermögen 1895 rund 200 Millionen Mark betragen haben. Beispielhaft sei an Alfred Krupp (1812–1887) erinnert, der als einer der reichsten Männer Deutschlands galt, vgl. Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 189.

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gen. Ermöglicht, zumindest aber begünstigt, wurde diese Entwicklung durch die Ausbreitung der Idee des wirtschaftlichen Liberalismus, der Vertrags-, Gewerbe- und Assoziationsfreiheit betonte und sich vor allem in England rasch durchsetzte. Die einzelnen Stufen dieser Entwicklung sind in den europäischen Staaten unterschiedlich stark ausgeprägt und zeitlich versetzt. a) Frankreich Frankreich bekämpfte die Privatgesellschaften auf Aktien mit dem Erlass des Code de Commerce235 von 1807, mit dem das Oktroisystems abgelöst und durch das Konzessionssystem ersetzt wurde. Die Gründung aller Aktiengesellschaften war nun von einer staatlichen Konzession abhängig. Das Gesetz machte bestimmte inhaltliche Vorgaben für die innere Organisation der AG. Unabsichtlich eröffnete der Gesetzgeber jedoch ein neues Schlupfloch zur Gesetzesumgehung, indem er die erstmals gesetzlich geregelte Kommanditgesellschaft auf Aktien (société en commandite par actions) vom Konzessionszwang ausnahm236. Er ordnete sie nicht als Unterart der AG, sondern als nicht konzessionierungsbedürftige Personengesellschaft ein, bei der die persönliche Haftung einen ausreichenden Schutz vor Aktienschwindel bilden sollte. Da bei dieser Rechtsform Inhaberaktien zulässig waren, war dem Aktienschwindel wieder Tür und Tor geöffnet, indem man vermögenslose Strohleute als Komplementäre einsetzte. Erst die Gesetze von 1856237 und 1867238 boten dem Missbrauch wirkungsvoll Einhalt. Das Konzessionssystem wurde durch das System der Normativbedingungen abgelöst, das die Kapitalaufbringung und -erhaltung sowie die Aufteilung der inneren Organisation in Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Generalversammlung vorschrieb.

___________ 235 Gesetz vom 15.7.1807, in Kraft getreten am 1.1.1808, abgedruckt bei Sirey, Lois annotées ou lois, décrets, ordonnances, 1e Série, 1807, S. 755. Zur Entstehungsgeschichte L. Goldschmidt, Handbuch, § 24 C = S. 209–211; Erhard, Napoleons I. Handelsgesetzbuch, der eine Übersetzung beifügt und die Neuerungen erläutert. 236 Ausführlich dazu Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 20 ff. 237 Loi sur les sociétés en commandite par actions du 17 juillet 1856, Bull. off. 414, no 3836; einschließlich der Motive abgedruckt bei Sirey, Lois annotées ou lois, décrets, ordonnances, 4e Série, 1856, S. 98 ff.; eine Übersetzung und Kurzkommentierung findet sich bei: o. V., Das französische Gesetz über die Commandit-Actien-Gesellschaften vom 17.7.1856, Neues Archiv für Handelsrecht 2 (1860), 450–460. 238 Loi du 24 juillet 1867 sur les sociétés. Der ursprüngliche Wortlaut findet sich bei Mittermaier, Die französische Handelgesetzgebung von 1867, S. 99 ff.; dazu Hergenhahn, ZHR 42 (1894), 69 (70 f.); Fick, ZHR 13 (1869), 391 (399 ff.).

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b) England England entschloss sich – nach Abschaffung des Bubble Acts und der sich anschließenden Rechtsunsicherheit239 über die Voraussetzungen einer Gesellschaftsgründung und Haftung der Mitglieder – zu einem in Europa bis dahin einmaligen Vorgehen. Der Joint Stock Companies Act von 1844240 basierte auf dem System der Normativbedingungen und rückte die Publizität als Kontrollinstrument in den Vordergrund. Er führte die klare Unterscheidung von „unregistered partnerships“ und „joint stock companies“ ein. Gesellschaften, die über mehr als 25 Mitglieder verfügten oder die Anteile ausgaben, zu deren Übertragung nicht die Zustimmung aller Mitglieder notwendig war, galten als „stock companies“ und unterlagen den zwingenden gesetzlichen Vorgaben. Ihre Inkorporierung setzte die Eintragung in das Gesellschaftsregister voraus. Trotzdem sah das Gesetz noch keine auf die Anteile beschränkte Haftung der Mitglieder vor. Vielmehr hafteten diese subsidiär für die Schulden der Gesellschaft (ss. 25, 66). Die Haftung endete drei Jahre nach einer ordnungsgemäß registrierten Übertragung der Anteile. Erst das Gesetz von 1855241 sah unter sehr restriktiven Bedingungen die beschränkte Haftung der Gesellschafter einer joint stock company vor242. Bereits 1856243 erfolgte eine völlige Liberalisierung, indem die zuvor eingeführten strikten Bedingungen aufgegeben wurden. 1856/57 folgten noch zwei weitere Gesetze, die die Haftungsfrage regelten244. Der Companies Act 1862245 konsolidierte das unübersichtlich gewordene Gesellschaftsrecht. Die gesetzlichen Neuregelungen führten zu einem Gründungsboom. Zwischen 1844 und 1856 wurden fast 1.000 Gesellschaften gegründet, zwischen 1856 und 1862 noch einmal rund 2.500246. c) Deutschland Die Rechtsentwicklung des deutschen Gesellschaftsrechts ist zunächst gekennzeichnet durch eine der politischen Zersplitterung in Einzelstaaten ent-

___________ 239 Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 36 f., der auch die gesetzgeberischen Versuche von 1834 und 1837 zur Klärung beschreibt. 240 7 & 8 Vict. c. 110. 241 Limited Liability Act, 1855, 18 & 19 Vict. c. 133. 242 Einzelheiten bei Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 44 ff. 243 Joint Stock Companies Act, 1856, 20 & 21 Vict. c. 47. 244 20 & 21 Vict. c. 14, dazu Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 46. 245 25 & 26 Vict. c. 89. 246 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 35.

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sprechende Rechtsvielfalt247. Infolgedessen setzte die Herausbildung der Rechtsform der AG relativ spät ein248, nämlich erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, und vollzog sich zweigleisig. Die Landesteile, in denen der Code de Commerce auch nach dem Sturz der Napoleonischen Herrschaft weitergalt249, kannten die AG als gesetzlich vorgegebene Rechtsform für die Beteiligung mit Aktien. In den übrigen Landesteilen fehlte eine gesetzliche Regelung, was die Gründung solcher Gesellschaften jedoch nicht störte. Trotz der somit uneinheitlichen rechtlichen Ausgangslage bestand eine Gemeinsamkeit; für die AG galt in den meisten Gebieten Deutschlands250 der Konzessionszwang. Das Konzessionierungsverfahren war umständlich und recht langwierig, meist dauerte es über ein Jahr251. Zudem wurden auch die Statuten der Gesellschaft der Genehmigungspflicht unterworfen mit der Folge, dass deren Änderung wiederum genehmigungspflichtig war252. Diese sehr praxisfremde Regelung wurde den mit ihr verfolgten Zwecken nicht gerecht: Der Schutz staatlicher Interessen, die darin bestanden, das mit Aktiengesellschaften verbundene Risiko der Machtkonzentration zu kontrollieren sowie den öffent___________ 247 Eine Übersicht über die damals geltenden handelsrechtlichen Gesetze findet sich bei L. Goldschmidt, Handbuch, §§ 21–23 = S. 155 ff.; Baums, Einführung, in: Baums, Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches, S. 14 ff.; Fecht, ADHGB, S. 105 ff.; Lammel, Gesetzgebung des Handelsrechts, S. 622 ff. Nachweise zum Gesellschaftsrecht finden sich bei C. J. A. Mittermaier in seinem 1821 erschienenen Lehrbuch des deutschen Privatrechts, § 268 = S. 243. In § 626 = S. 443 unterscheidet er nur die OHG, KG, AG und die stille Gesellschaft (société en participation). 248 Zur Entwicklung der AG in dieser Zeit Molle, Aktiengesellschaften, S. 1 ff.; zur Entwicklung in Preußen Landwehr, ZRG GA 99 (1982), 1 ff. 249 Baden, die preußischen Rheinprovinzen, Rheinbayern und Rheinhessen (vgl. Renaud, Actiengesellschaften, S. 37; Schumacher, Entwicklung, S. 3 Fn. 2) sowie das Großherzogtum Berg; vgl. Baums, Einführung, in: Baums, Gesetz über die Aktiengesellschaften, S. 25 f. Eine genaue Übersicht über den Geltungsbereich und die -dauer des Code de commerce in Europa findet sich bei L. Goldschmidt, Handbuch, § 24 C 3 = S. 212 f. 250 Fast überall fehlte eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Konzessionszwang, was die Länder nicht hinderte, ihn als gegeben vorauszusetzen, vgl. Fick, ZHR 5 (1862), 61 (insb. Fn. 62); Bösselmann, Entwicklung, S. 67 ff.; Schumacher, Entwicklung, S. 9. Eine Ausnahme bildeten Bremen und Hamburg, die eine freie Gründung aller Gesellschaften zuließen, vgl. dazu Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 38; Schumacher, a. a. O., S. 60. Ausdrücklich normiert wird der Konzessionszwang erstmals im Preußischen EisenbahnG von 1838 und im AktG von 1843. 251 Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn sich die Zahl der Gründungen von AG zunächst in bescheidenen Grenzen hielt, vgl. Sethe, Kapitalgesellschaft, Tabelle 2 auf S. 562. 252 Bösselmann, Entwicklung, S. 114.

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lichen Nutzen der Gesellschaft sicherzustellen, war über die Einflussnahme auf die Gründung und Tätigkeit privater Gesellschaften nur beschränkt zu verwirklichen. Die Solidität der Gründungsprojekte konnte nicht immer gewährleistet werden, denn der mit der Konzessionierung betraute Beamtenapparat war überfordert. Er verbot deshalb oft auch solide Unternehmungen. Nicht gewährleisten konnte das Konzessionssystem zudem die wirtschaftliche Stabilität eines zugelassenen Unternehmens sowie dessen ordnungsgemäßes Geschäftsgebaren. Das Publikum dagegen wurde in scheinbarer Sicherheit gewogen und verzichtete daher oft auf eine eigenständige Kontrolle der Kapitalanlage253. Die wegen ihrer Umständlichkeit und Ineffizienz abschreckende Regelung verursachte daher auch in Deutschland ein Ausweichen auf die Rechtsform der KGaA. Sie galt – wie bereits erwähnt – als Personengesellschaft und unterlag damit in vielen Einzelstaaten keinem Konzessionszwang. Das Ausweichen auf die KGaA konzentrierte sich naturgemäß zunächst auf die deutschen Gebiete, in denen der Code de Commerce galt, war aber auch darüber hinaus anzutreffen254. Neben der Umgehungsmöglichkeit des Konzessionssystems bot die KGaA mit der erleichterten Finanzierung über Aktien einen weiteren Vorteil für die im Zeitalter der beginnenden Industrialisierung stark wachsenden Unternehmen. Der steigende Kapitalbedarf konnte so leichter befriedigt werden als über die umständliche Einräumung einer Gesellschafterstellung mittels Beitritt zu einer KG oder Finanzierung über Kredite255. Die Aktienausgabe erlaubte die Transformation von kleineren, auch kurzfristigen Einlagen in langfristiges Kapital.

___________ 253 Diese Erfahrungen mit dem Konzessionssystem flossen später auch in die Beratungen zum ADHGB ein, vgl. die Einschätzung durch die Hamburger Abgeordneten auf der Nürnberger Konferenz, in: Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches (1857), S. 319 ff., sowie die Stellungnahme (1858) auf S. 1112 unten; vgl. auch die sehr vorausschauenden Ausführungen von Anschütz, S. 328 f., die zusammenfassende Kritik bei Zimmermann, Buschs Archiv 20 (1871), 406 (409 ff.) und Bundschuh, Die wirtschaftliche Entwicklung, S. 16 f. = ders., in: Schmollers Jahrbuch 38 (1914), S. 1327 (1334 f.). 254 Einzelheiten bei Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 39 ff. 255 Bisweilen wird behauptet, auf dem Kapitalmarkt sei aufgrund des Eisenbahnbaus und anderer Großprojekte eine Geldknappheit festzustellen gewesen, dazu Bösselmann, Entwicklung, S. 11, 14 ff., 42; Mohl, S. 54; doch ist heute anerkannt, dass die Kreditversagung eher auf fehlender Bonität oder Rentabilität der jeweiligen Projekte oder der Unerfahrenheit der Banken mit Industriefinanzierungen beruhte, so überzeugend Henning, Entwicklung, S. 64 f.; H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 124; Hopt, Grundlagen, S. 159 Fn. 159; Born, Geld und Banken, S. 91 f. Treue,

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Ein Vergleich mit der Entwicklung des Rechts der Aktiengesellschaft in dieser Zeit belegt, von welch großer Bedeutung auch hier der Code de Commerce war. Selbst in den Landesteilen, in denen er nicht unmittelbar geltendes Recht war, orientierte sich die Herausbildung des Rechtsinstituts der AG ebenso an seinen Vorgaben. Die bestehenden Regelungen, vor allem das ALR, waren unzureichend und nötigten wegen unüberwindlicher praktischer Schwierigkeiten oft zu Nachbesserungen einzelner Bestimmungen256, eine Lösung aus einem Guss fehlte dagegen. So war die Zahl der Aktiengesellschaften zunächst gering257. Die Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahr 1833 und der technische Fortschritt schufen die Voraussetzungen für eine rasche Ausbreitung der AG: Vor allem der Eisenbahnbau und sonstige Großvorhaben erforderten große Kapitalansammlungen, die sich nur mit Hilfe dieser Rechtsform verwirklichen ließen. Parallel zur zunehmenden Bedeutung der Aktiengesellschaft wuchs der Regelungsbedarf. Infolgedessen wurden in einer Reihe von Bundesstaaten Aktienrechtsentwürfe ausgearbeitet, die allerdings zumeist nicht verabschiedet wurden: Bedeutend ist der Entwurf eines Sächsischen Aktiengesetzes von 1836, der das Prinzip der auf die Einlage beschränkten Haftbarkeit der Aktionäre enthält. Dieser Grundsatz war zwar weitgehend anerkannt, bis in die 50er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein finden sich jedoch Stimmen, die ihn bestreiten258. Einige der Gesetzgebungsvorhaben wurden auch zu Ende geführt, so dass sich schon vor Erlass des ADHGB eigenständige aktienrechtliche (Teil-)Regelungen finden259. Grundlegende Bedeutung kam aber nur dem preußischen Gesetz über Aktiengesellschaften von 1843 zu260. Auch wenn in ihm Normen zur inneren Organisation weitgehend fehlten, enthielt es eine wesentlich ausführlichere Regelung als alle anderen Gesetze seiner Zeit und beeinflusste die spätere Kodifizierung im ADHGB stark. ___________

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Das Bankhaus Mendelsohn, S. 40 f., und Tilly, Financial Institutions, S. 100 f., weisen nach, dass die rheinischen Bankiers auch auf auswärtigen Kapitalmärkten Gelder beschafften und Erstemissionen unterbrachten. Schumacher, Entwicklung, S. 29–32. Vor 1800 wurden in Preußen ganze 5, bis 1838 weitere 28 Aktiengesellschaften gegründet, vgl. Sethe, Kapitalgesellschaft, Tabelle 2 auf S. 562. Vgl. die Nachweise bei Hopt, Grundlagen, S. 142. Zu den bestehenden aktienrechtlichen Regelungen vgl. Bösselmann, Entwicklung, S. 67 ff.; Renaud, Actiengesellschaften, S. 30 ff. Gesetz über die Aktiengesellschaften vom 9.1.1843, Preuß. GS 1843, S. 341. Das Gesetz (mit einer ausführlichen Einleitung von Baums) findet sich bei ders., Gesetz über die Aktiengesellschaften. Vgl. auch Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 53 ff. Die Beratungen des Gesetzes schildert Schumacher, Entwicklung, S. 45 ff.

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

Von Bedeutung waren außerdem einige Spezialgesetze, die das Recht der Aktiengesellschaft in bestimmten Gewerbezweigen bzw. Geschäftsarten betrafen, so vor allem das Preußische Gesetz über Eisenbahnaktiengesellschaften von 1838261, das u. a. Inhaberaktien zuließ262. Die erste einheitliche deutsche Kodifizierung des Aktienrechts erfolgte 1861 mit dem ADHGB263, bei der es allerdings nicht gelang, die Organisationsverfassung der AG klar auszugestalten. Sie unterlag noch weniger strengen Anforderungen als die KGaA, die nach französischem Vorbild immerhin einen obligatorischen Aufsichtsrat erhielt. Das ADHGB hielt am Konzessionssystem fest, erlaubte den Ländern aber die Befreiung vom Konzessionszwang (Art. 206, 249 ADHGB). Da nur ein Teil der Länder hiervon Gebrauch machte264 und in den übrigen Staaten keine einheitliche Verwaltungspraxis bei der Konzessionserteilung vorherrschte, bewährte sich diese Lösung nicht. Auch im Übrigen enthielt das Gesetz einige Mängel. So wurden etwa Forderungen nach einer Regelung der Prospekthaftung als Teil des Gründungsvorgangs einer AG abgelehnt265. Überhaupt vernachlässigte man die Regelung des Vertriebs von Effekten. Stattdessen ergriff der Gesetzgeber immer wieder kurzfristig wirkende Maßnahmen zur Beseitigung akuter Missstände, wie sich im nachfolgenden Abschnitt noch genauer zeigen wird.

3. Die Börsen und der Effektenhandel a) Entwicklung in Deutschland Während andere europäische Staaten bereits ab dem 17. Jahrhundert Maßnahmen gegen die Spekulation und den Terminhandel ergriffen, blieb Deutschland aufgrund des geringen Handelsvolumens von Spekulationen und Missbräuchen zunächst verschont266. Sieht man von einer kleineren ___________ 261 Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3.11.1838, Preuß. GS 1838, S. 505; dazu Weinhagen, Das Recht der Aktien-Gesellschaften, Anh. 5–22. 262 Hopt, Grundlagen, S. 143. 263 Das ADHGB wurde zunächst in den meisten deutschen Staaten jeweils als Einzelgesetz erlassen (abgedruckt bei Fecht, ADHGB, S. 105 ff., 495 ff.). Durch Gesetz vom 5.6.1869, BGBl. Norddt. Bund, 379, übernahm es der Norddeutsche Bund, durch die Reichsgesetze vom 16./22.4.1871, RGBl. 63, 87, wurde es in der Fassung der 1. Aktienrechtsnovelle im ganzen Reichsgebiet formell einheitliches Recht (vgl. dazu v. Hahn, ADHGB, Einl. §§ 14 f.). 264 Einzelheiten bei Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 53. 265 Einzelheiten bei Assmann, Prospekthaftung, S. 45. 266 Zum Folgenden Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 28 f. Umfassend zur Geschichte der deutschen Effektenspekulation von 1815 bis 1857 Leiskow, Effektenspekulation, S. 3 ff.

257

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Spekulationswelle durch Termingeschäfte an der Berliner Börse im Jahr 1809 ab267, machten erst der wirtschaftliche Aufschwung im Zuge der Industrialisierung und das sich entwickelnde Aktienwesen ab 1830 die Aktienanlage und -spekulation in breiteren Bevölkerungskreisen populär. Folgende Zahlen mögen dies belegen268: Seit etwa 1790 wurden an der Frankfurter Börse Effekten gehandelt. 1818 wurden zwischen 16 und 26 Staatspapiere notiert. 1829 betrug der tägliche Umsatz 1,5 Mio. Gulden. 1848 waren 18 Arten von Staatspapieren (davon 7 ausländische) notiert, wobei 44 Emissionen (davon 17 ausländische) stattfanden. Demgegenüber war die Zahl der notierten Aktien gering; die erste Aktie (Österreichische Nationalbank) wurde erst 1820 notiert, 1836 folgte die Aktie der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank. 1847 waren dann 12 Eisenbahnaktien notiert. Bankaktien wurden in Frankfurt erst Mitte der 50er Jahre zugelassen; insbesondere die Gründungswelle der Aktienbanken, deren Anteile zum Teil öffentlich angeboten wurden, löste in den Jahren 1855/56 lebhafte Spekulationen aus. Genau umgekehrt stellte sich die Lage in Berlin dar. 1810 waren 17, 1815 nur noch 15 Staatspapiere zugelassen. Später konzentrierte sich der Handel auf Eisenbahnaktien. 1840 waren 2, 1844 29 und 1847 waren bereits 33 solcher Aktien notiert, aber nur 12 Arten von Staatspapieren mit 25 Emissionen. In Hamburg waren lediglich 12 Arten von Staatspapieren notiert, 9 Emissionen fanden statt. Nach 1866 ging die Bedeutung Frankfurts als Börsenplatz zurück und Berlin kam bis zum Zweiten Weltkrieg die Rolle der bedeutendsten Börse Deutschlands zu269. In dieser Zeit finden sich auch erste börsenrechtliche Regelungen, so die Berliner, Hannoveraner und Frankfurter Börsenordnungen von 1805, 1825 bzw. 1843. Diese stellen die Grundlage der börsenautonomen Verwaltung dar270. Sie wurden im Laufe der Zeit den sich wandelnden Bedürfnissen der Praxis angepasst. So regelte die Frankfurter Börse 1850 die Kursfeststellung ___________ 267 Zur Krise und zu dem damals geplanten, aber nicht verwirklichten Edikt zur Unterdrückung des Terminhandels in Staatspapieren Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 15 ff. 268 M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 150; Bremer, Grundzüge, S. 18; Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 69, 107 f.; Korach, Privatbankgeschäft, S. 56, 59. 269 Einzelheiten bei Wormser, Frankfurter Börse, S. 24 f.; Korach, Privatbankgeschäft, S. 18 ff. 270 Hierzu und zum Folgenden Hopt, Grundlagen, S. 157 ff.; Bremer, Grundzüge, S. 12 ff.; Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 227 ff.; Merkt, in: Hopt/Rudolph/ Baum, Börsenreform, S. 52 ff.

258

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

durch Kursmakler neu, um Kursmanipulationen vorzubeugen271. Mit wachsendem Handel blieben Missbräuche nicht aus, was zur Folge hatte, dass der Aktienhandel auch in Deutschland staatlich beschränkt wurde. Da die schlimmsten Auswüchse sich in Berlin zeigten, war es vor allem Preußen, das anlegerschützend eingriff. Es verbot 1836 alle Termingeschäfte in spanischen Staatsanleihen272, da deutsche Anleger erhebliche Verluste hinnehmen mussten, als Spanien die Schuld einseitig herabsetzte. Zudem durften nur noch vereidigte Makler in derartigen Papieren handeln und mussten jedes Geschäft dokumentieren. Die punktuelle Regelung bewirkte ein Ausweichen auf andere Papiere. 1840 folgte daher ein generelles Verbot des Zeithandels in ausländischen Effekten273. Maklern drohte der Entzug ihres Amtes. Die Kurse derartiger Papiere durften zudem nicht mehr veröffentlicht werden274. Die Verbote dämmten das Spekulationsfieber keineswegs ein, sondern gaben ihm nur eine neue Richtung hin zu den inländischen Eisenbahnaktien. Diese Entwicklung wurde noch dadurch begünstigt, dass Preußen 1840 die Möglichkeit eröffnete, Aktien schon vor der Konzessionierung zu zeichnen275. 1843 erklärte man mit Staatsgarantie versehene Eisenbahnaktien zu mündelsicheren Papieren276. Spekulation und Schwindel nahmen ihren Lauf. Warnungen der Presse vor den Risiken blieben erfolglos, so dass sich die Regierung 1844 gezwungen sah, die Verbote auf Zeitgeschäfte in Interimsscheinen und Aktienpromessen auf Eisenbahnaktien auszudehnen277. Emission und Handel in diesen Papieren war nur mit ausdrücklicher Genehmigung zulässig. Termingeschäfte in Zwischenpapieren von Eisenbahngesellschaften waren ebenso verboten wie die Vermittlung solcher oder anderer nicht vollständig eingezahlter Papiere. Zusätzlich drohte man Staatsbediensteten Disziplinarstrafen an. Andere deutsche Staaten ergriffen keine derartigen Maßnahmen, weil sich dort die Makler trotz des Auftretens von Missständen erfolgreich gegen ___________ 271 272 273 274

Zum alten und neuen Rechtszustand Trumpler, BankA 9 (1909/10), 81, 83, 100. Verordnung vom 19.1.1836, Preuß. GS 1836, S. 9. Verordnung vom 13.5.1840, Preuß. GS 1840, S. 123. Man verwirklichte damit Vorstellungen des Leiters des preußischen Finanzwesens Christian Rother, der zumindest in diesem Bereich die Wirtschaft staatlich lenken wollte, vgl. Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 229, 233, 266 f. 275 Ministerialverfügung vom 23.9.1840, Ministerial-Blatt für die gesamte innere Verwaltung in den Königlich-Preußischen Staaten, 1840, S. 420. 276 Verordnung vom 22.12.1843, Preuß. GS 1843, S. 45; kritisch dazu Assmann, Prospekthaftung, S. 43 m. w. N.; Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 232. 277 Verordnung vom 24.5.1844, Preuß. GS 1844, S. 117; dazu Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 233 f.

259

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Verbote zur Wehr setzten. Diese Politik des Abwartens erwies sich im Ergebnis als vorteilhaft, da das preußische Vorgehen keineswegs den Schutz der Kleinanleger bewirkte, sondern ihren Ruin. Denn die Verbote hatten – wie schon zuvor in England und Frankreich – massive Kurszusammenbrüche zur Folge. In der Spekulationsperiode von 1856 bekräftigte man das Gesetz von 1844 nochmals278. 1860 hob man die Verbote wieder auf, da sie die wirtschaftliche Entwicklung Preußens massiv gehemmt hatten279. Stattdessen vertraute man noch bis 1870 auf das Konzessionssystem. b) Entwicklung im europäischen Ausland Die Entstehung eines eigenständigen Kapitalmarkts beginnt in England recht früh. Die Kapitalbeschaffung erfolgte über die bereits erwähnte Londoner Börse (gegründet 1566). Zudem gelang es durch den Einsatz des Wechsels, der nicht nur als Mittel des Währungstausches sondern als Kreditinstrument diente, die beginnende Industrialisierung aus Privatinvestitionen zu finanzieren280. Der ab 1750 wachsende Finanzbedarf wurde durch Unit Banks gedeckt, die zumeist Industrielle als Partner oder Inhaber hatten. Die Zahl der Country Banks stieg innerhalb kurzer Zeit von 12 auf 300, wobei diese Banken aufgrund der engen Koppelung zu den industriellen Kreditnehmern wenig finanzielle Stabilität aufwiesen. Über den im Entstehen befindlichen Kapitalmarkt, der vor allem aus lokalen Quellen und von Privatinvestoren gespeist wurde, finanzierte man Regierungsanleihen, Eisenbahnbau und den Kanalbau. Schon 1790 wurden Kanalbaugesellschaften an der Londoner Börse gehandelt, ab 1811 waren sie dort offiziell auch notiert. Die soeben beschriebene Zahl der in Deutschland notierten Effekten nimmt sich sehr bescheiden aus im Vergleich zu den Notierungen und zum Handelsvolumen der Börsen in London und Paris. London emittierte zwischen 1794 und 1815 zur Finanzierung der Kriege gegen Napoleon Anleihen in einem Nominalwert von 600 Mio. Pfund Sterling281 und erlebte bis 1825 eine Periode ständig wachsenden Effektenhandels, um nach der Krise von 1825/26 weiter zu wachsen. Mit den Eisenbahngesellschaften und Aktien___________ 278 Verfügung an das Aeltesten-Kollegium der Berliner Kaufmannschaft vom 19.3.1856 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 129). 279 Gesetz vom 1.6.1860, betreffend die Aufhebung verschiedener Bestimmungen über den Verkehr mit Staats- und anderen Papieren, sowie die Eröffnung von Aktienzeichnungen für Eisenbahnunternehmungen, Preuß. GS, 1860, 220. 280 Hierzu und zum Folgenden Cottrell, Investment Banking, S. 23 ff. 281 Die Größe der Emissionen lässt sich nur ermessen, wenn man bedenkt, dass das Gesamtvolumen der Anleihen sämtlicher Staaten 1793 506 Mio. und 1820 1.530 Mio. Pfund Sterling betrug.

260

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

banken kamen ab 1830 weitere Anlageobjekte hinzu282. So waren 1836 bereits 46 Eisenbahngesellschaften notiert. 1836 wurden die Börsen von Manchester und Liverpool gegründet283. In Liverpool waren 1847 bereits 255 Unternehmen börsennotiert, die meisten davon inländische oder ausländische Eisenbahnunternehmen gefolgt von Banken. Als erste institutionelle Investoren können die ab 1720 gegründeten Versicherungen (Gründungen 1720: 2, 1750: 3, 1800: 6, 1808: 14, 1915: 29) gelten, die ihre Mittel ganz überwiegend in staatlichen Schuldverschreibungen und freehold mortgages anlegten. Ab 1815 diversifizierten sie ihre Mittel, was sich positiv auf den Kapitalmarkt auswirkte, und ab 1840 dienten sie als Kreditgeber für den Eisenbahnbau. Der Erlass des neuen Gesellschaftsrechts von 1844, das Gesellschaften eine sehr leichte Registrierung erlaubte, löste eine „Railway Mania“ aus, die mit Anlagebetrügereien in großem Stil einherging284. Sie kam erst durch die wirtschaftliche Krise von 1848 zum Stillstand285. In der Folgezeit gewann der Kapitalexport an Bedeutung. 1853 waren ausländische Staatsanleihen und Aktien mit einem Nominalwert von 67,7 Mio. Pfund Sterling und ausländische Eisenbahnaktien mit einem Wert von 31,3 Mio. Pfund Sterling an der Londoner Börse notiert286. In Frankreich waren 1826 schon 24 Gesellschaften börsennotiert, 1838 waren es 182, 1846 207, 1866 413 und 1871 494287. Dabei dominierten bis 1848 ebenfalls Eisenbahnaktien. Die Regierung reglementierte die Zulassung ausländischer Effekten mit einer Ordonnance aus dem Jahr 1823, um den Kapitalexport steuern zu können288. Um den zeitweise auftretenden missbräuchlichen Handel in Zwischenscheinen ausländischer Aktien zu unterbinden, erließ die Regierung 1845 ein Verbot dieser Scheine289. Zudem konzessionierte sie neue Gesellschaften nur restriktiv und dämmte so das Spekulationsfieber ein.

___________ 282 Zur Entwicklung des Eisenbahnbaus und Aktienhandels Born, Geld und Banken, S. 84 ff. 283 Hierzu und zum Folgenden Cottrell, Investment Banking, S. 34 ff. 284 Nach Gilligan, Financial Services Sector, S. 102, waren solche Betrügereien zuvor nur punktuell aufgetreten, so dass die Railway Mania als Dammbruch bezeichnet werden könne. 285 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 73 ff. 286 Cottrell, Investment Banking, S. 39. 287 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 53 Fn. 76, 61 Fn. 87, 170. 288 Born, Geld und Banken, S. 239 f. 289 Verordnung vom 15.7.1845 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 69).

261

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Ab 1852 erlebte Frankreich dann eine Gründungswelle von Aktiengesellschaften, die durch den ungeheuren Erfolg des Pariser Crédit Mobilier290 ausgelöst und von dieser Bank auch zu einem großen Teil mitfinanziert wurde. Die Welle ebbte erst in der Krise von 1856/57 ab, in der sich die Regierung genötigt sah, die Konzessionierung weiterer Gesellschaften auszusetzen und die Kursmakler anzuweisen, keine neuen Werte mehr zur Notierung zuzulassen. Die Spekulation blühte ebenfalls und konzentrierte sich nach dem obrigkeitlichen Emissions- und Zulassungsstop auf vorhandene Aktien291. Um Kleinanleger zu schützen, setzte die Regierung für die Pariser Börse 1857 sogar ein Eintrittsgeld fest, das einen Sturm der Entrüstung hervorrief und 1861 als ineffektiv wieder abgeschafft wurde. Nach dem Vorbild des Crédit Mobilier wurden in Holland, Spanien, Italien und Deutschland Aktienbanken gegründet und auch dort löste ihre Gründung ein Spekulationsfieber und nachfolgende Rückschläge aus. In den europäischen Staaten begann nach dem Abebben der allgemeinen Krise von 1857 eine Periode der „industriellen Massengründungen“292 und damit eine enorme Vergrößerung des Aktienmarkts und -handels. Die Entwicklung verlief in den einzelnen Staaten in unterschiedlichem Tempo und Ausmaß und soll im Folgenden nicht im Detail nachgezeichnet werden. England erlebte 1866 eine Krise, die mehrere Jahre nachwirkte. In Deutschland endete sie mit dem Zusammenbruch vieler Unternehmen im Jahre 1873, als die Schwächen des Aktienrechts und das Fehlen einer börsenrechtlichen Regelung zutage traten. Die börsenrechtlichen Regelungen waren von einer veränderten Grundhaltung geprägt. Nachdem sich staatliche Repressivmaßnahmen als wenig effektiv erwiesen hatten, gewann der Gedanke des laisser-faire an Bedeutung. Im Jahr 1860 hob Preußen die Verbote von 1844 auf. Auch England schien zunächst diesem Ansatz zu folgen, schaffte es doch 1860 den Sir John Barnard’s Act aus dem Jahre 1734293 ab. Eine erneute Krise im Jahr 1866 löste jedoch wieder repressive Maßnahmen aus. Sie war durch den Zusammenbruch der Bank Overend Gurney & Co. Ltd. ausgelöst worden und nahm deshalb so große Ausmaße an, weil viele Banken in eigenen Aktien spekuliert hatten und deshalb vom allgemeinen Kursrückgang gleich doppelt getroffen wurden294. Die Reaktion des Staates bestand in einem Gesetz ___________ 290 Zur Gründung des Crédit Mobilier Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 85 ff.; Born, Geld und Banken, S. 135 ff. 291 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 95 f. Zum Folgenden ders., a. a. O., S. 112, 123. 292 Hierzu und zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 124 ff. 293 An Act to Prevent the Infamous Practice of Stock-Jobbing vom 16.4.1734. 294 Die Krise ist ausführlich dargestellt bei Cottrell, Investment Banking, S. 367 ff.

262

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

(„Leeman’s Act“295), das den Verkauf von Aktien für nichtig erklärte, deren Wertpapiernummern nicht beim Verkauf vorgelegt werden konnten. Dies hatte den Effekt, dass Leerverkäufe ausgeschlossen wurden. Im Ergebnis belebte man den Sir John Barnard’s Act wieder. Der Leeman’s Act blieb jedoch in der Praxis wirkungslos296. Wie schon zuvor Frankreich erließ auch England im Jahre 1845 ein Gesetz, das den Spiel- und Differenzeinwand enthielt297. Da Forderungen gegen andere Makler oder deren Kunden nur mit Zustimmung des Maklers, dessen sämtliche Gläubiger oder des Börsenvorstands einklagbar waren (Rule 52 der Rules and Regulations of the Stock Exchange), kam der Regelung nur Bedeutung im Verhältnis der Makler zu eigenen Kunden zu. Das deutsche ADHGB enthielt hierzu keine Regelung, dafür aber einzelne Partikularrechte. c) Die Entwicklung in den USA Der Beginn des US-amerikanischen Effektenmarkts und des Investmentbanking war einerseits durch den Einfluss europäischer Bankiers bestimmt298, die entweder Niederlassungen gründeten oder aber von Europa aus den Finanzbedarf der 13 Staaten deckten. Andererseits kam es zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur vermehrten Gründung von Bankhäusern durch jüdische Immigranten. Beide Entwicklungsstränge führten dazu, dass die Traditionen des europäischen Bankwesens übernommen wurden. Die New York Stock Exchange wurde am 17.5.1792 gegründet mit dem Ziel, die Preise für Regierungsbonds und Bankaktien auszuhandeln. Ab 1817 wurde sie als organisierte Wertpapierbörse betrieben299. Die Philadelphia Stock Exchange wurde im Jahr 1800 gegründet300. Zunächst wurden nur staatliche Schuldverschreibungen und einige Bank- und Versicherungsaktien gehandelt. Die entscheidende Rolle für das Aufblühen des Effektenmarkts spielte neben der Finanzierung des Bürgerkriegs auch hier der ___________ 295 An Act to amend the Law in Respect of the Sale and Purchase of Shares in Joint Stock Banking Companies 59 & 60 Vict. C. 14 (1867). 296 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 139 ff.; Gilligan, Financial Services Sector, S. 137, wonach der Leeman’s Act 1966 in aller Stille aufgehoben wurde. 297 Gambling and Wagering Act, 8 & 9 Vict. c. 109. Hierzu und zum Folgenden Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 37 f., 135 Fn. 80. Zu den Regelungen im übrigen europäischen Ausland siehe L. Goldschmidt, Preuß. Jahrbücher 68 (1891), 876, 878. 298 Ausführlich Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 91 ff.; Willis/Bogen, Investment Banking, S. 204 ff. 299 Bremer, Grundzüge, S. 196; Willis/Bogen, Investment Banking, S. 209. 300 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 209.

263

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Kanal- und der Eisenbahnbau, der aufgrund der geographischen Gegebenheiten der USA noch weitaus stärker als in Europa forciert wurde. Das Wachstum des Effektenmarkts in Breite und Tiefe zeigt folgende Übersicht: Year

equity securities share Dollar volume volume (millions) (millions)

debt securities (millions)

number market number of all value of all of equity securities securities securities (millions) (millions)

market value of equity securities (millions)

number of equity securities as % of all securities

1830

k.A.

k.A.

k.A.

115

k.A.

92

k.A.

80,0

1869

10,5

k.A.

k.A.

340

k.A.

145

k.A.

42,6

1884

96,2

5.939,5

517,6

925

k.A.

315

k.A.

34,0

1904

186,9

k.A.

1.032,6

1.286

k.A.

383

k.A.

29,8

1924

284,0

k.A.

3.801,9

2.151

60,684

889

27,072

41,3

1940

207,6

7.166,0

1.669,4

2.628

92,723

1.233

41,890

46,9

1960

766,6

37.959,0

1.346,4

2.719

415,224

1.528

306,967

56,2

1970

3.123,1

102.494,0

4.494,9

3.669

749,002

1.840

636,380

50,1

1975

4.839,4

131.705,0

5.178,3

4.733

1.000,515

2.111

685,110

44,6

1980

11.561,5

382.447,0

5.190,3

5.265

1.750,573

2.228

1.242,803

42,3

1984

23.308,6

773.426,0

6.982,3

6.070

2.607,946

2.319

1.586,155

38,2

301

Tabelle 6: An der New York Stock Exchange gehandelte Wertpapiere

Gesetzliche Regelungen des Effektenwesens fehlten zunächst völlig und wurden erst ab 1911 auf einzelstaatlicher Ebene erlassen (blue sky laws)302. Zuvor findet sich nur eine erwähnenswerte Regelung, nämlich der National Banking Act 1864, der es den nach dem Banking Act errichteten National Banks verbot, sich in Wertpapiermärkten zu engagieren, weil dieser Geschäftszweig zu riskant sei303. Das Wertpapiergeschäft betrieben daher die von den Bundesstaaten konzessionierten State Banks und die unincorporated banks, also die Privatbanken.

___________ 301 Longstreth, Modern Investment Management, S. 52. 302 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 96; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 55. 303 Geisst, Investment Banking, S. 18; Willis/Bogen, Investment Banking, S. 224; anders Born, Geld und Banken, S. 345, wonach der Controller of the Currency erst 1902 das Effekten- und Anlagegeschäft der National Banks beschränkte.

264

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

4. Das Bankwesen a) Großbritannien In England dominierten zunächst die Privatbankiers das Bankwesen304. Mitte des 18. Jahrhunderts existierten in London etwa 30 und im übrigen England und Wales etwa ein Dutzend Privatbankiers (z. B. das erwähnte Bankhaus C. Hoare & Co., seit 1672 Bank). Mit dem Eindringen der Handelshäuser in das Bankgeschäft („Merchant Banks“) wuchs die Zahl der Banken rasch (1776 existierten 150 Bankhäuser in England und Wales, 1803 über 500). Die älteste und zugleich größte Merchant Bank war das schon genannte Bankhaus Barings (gegr. 1763, seit 1770 Bank)305. In Schottland lag das Bankgeschäft dagegen überwiegend in der Hand der privilegierten Aktienbanken. Betrachtet man die Regulierung des Bankwesens, ist England – wie schon im Bereich des Gesellschaftsrechts – wegweisend. Bereits vor Erlass einer Aktienrechtsgesetzgebung fanden sich zahlreiche partnerships306, deren Organisation der einer Aktiengesellschaft ähnelte, nur dass ihnen das Privileg der beschränkten Haftung fehlte. Sie ahmten damit schottische Banken nach. Die „Peel’sche Bankakte“ von 1844307, im gleichen Jahr verabschiedet wie die grundlegende Reform des Gesellschaftsrechts, stellt die erste gesetzliche Regelung der Banktätigkeit dar. Das Gesetz entsprach in seinen Vorgaben dem Joint Stock Companies Act, wobei eine Joint Stock Bank bereits ab einer Mitgliederzahl von 7 vorlag und strenge Anforderungen an das Nominalkapital und das eingezahlte Kapital gestellt wurden. Diese Kapitalerhaltungsvorschriften, die von Frankreich ausgehend auf dem Kontinent schon bald zum Standard des Gläubiger- und Anlegerschutzes avancierten, blieben im Vereinigten Königreich auf den Bankensektor beschränkt. Neben ihrer gesellschaftsrechtlichen Regelung war die Bankakte auch deshalb so be-

___________ 304 Zum Folgenden Born, Geld und Banken, S. 50 f. Gleiches gilt für Frankreich, dessen Geschichte des Bankwesens aber für die vorliegende Untersuchung keine neuen Erkenntnisse liefert und deshalb außer Betracht bleibt, vgl. stattdessen Born, Geld und Banken, S. 51 ff. 305 Dazu Emden, Money Powers of Europe, S. 27 ff. Zur generellen Entwicklung der merchant banks a. a. O., S. 377 ff. 306 Dazu und zur Geschichte des englischen Bankwesens im Allgemeinen Born, Geld und Banken, S. 118; Weber, Depositenbanken, S. 25 ff. 1833 sollen bereits 50, 1836 bereits 100 solcher partnerships bestanden haben. 307 Joint Stock Banks Act 1844, 7 & 8 Vict. c. 113, dazu Gower/Davies, Modern Company Law6, S. 39.

265

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

deutend, weil sie den Weg zu einer einheitlichen Notenbank in England ebnete308. Die beschränkte Haftung der Gesellschafter von Joint Stock Banken wurde durch das Gesetz von 1858309 eingeführt, wobei sie an die Pflicht zur halbjährlichen Bilanzveröffentlichung geknüpft war. Ab 1879 wurde die jährliche Bilanzprüfung zur Pflicht310. Die Bankgesetzgebung erwies sich als Erfolg311 und das Bankwesen blühte auf. Die Bedeutung der regionalen Gliederung des Bankwesens in City Banks und Country Banks nahm ab, da die übergreifenden Institute (London and Provincial Banks) rasch an Bedeutung gewannen. Die Bedeutung der Privatbanken nahm ab, die der Aktienbanken zu. Dabei war eine starke Konzentration im Bereich der Depositenbanken zu beobachten. Zählte man 1844 noch 442 Aktien- und Privatbanken, waren es 1937 gerade noch 15 selbstständige Aktienbanken und 4 selbstständige Privatbanken312. Neben den Depositenbanken gab es zahlreiche Institute, die sich auf bestimmte andere Formen der Banktätigkeit spezialisiert hatten (foreign and colonial banks, bill brokers, trust and finance companies, merchant banks)313. b) USA Wie bereits erwähnt, wurde das Bankensystem der USA dem englischen Vorbild nachgebildet und bedarf daher keiner zusätzlichen Betrachtung. Im Unterschied zu den europäischen Staaten schufen die zahlreichen Bundesstaaten der USA allerdings Einlagensicherungssysteme314. Den Anfang machte 1829 New York, weitere Staaten folgten. Dieses System funktionierte über lange Zeit reibungslos. Mit dem Rückgang der Zahl gesicherter Banken schwanden die Beitragseinnahmen, so dass 1866 das letzte dieser Systeme wieder aufgegeben werden musste.

___________ 308 309 310 311 312

Einzelheiten bei Born, Geld und Banken, S. 22 ff. Joint Stock Banking Companies Act, 1858, 21 & 22 Vict. c. 91. Weber, Depositenbanken, S. 33. Zahlenangaben bei Hübner, Banken II, S. 364 ff., und Weber, Depositenbanken, S. 33. Weber, Depositenbanken, S. 43; abweichende Zahlen bei Born, Geld und Banken, S. 131. Das Depositengeschäft konzentrierte sich nun auf die fünf Großbanken (Barclays, Lloyds, Midland, National Provincial und Westminster), deren Filialnetz sich auf rund 11.000 Zweigstellen vergrößerte (Weber a. a. O.). 313 Dazu Weber, Depositenbanken, S. 43 ff. 314 Schöner, Einlagensicherung, S. 107 f., sowie White, Deposit Insurance, S. 5, 17.

266

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

c) Belgien Besonderer Erwähnung bedarf Belgien315. Dort finden sich – wesentlich früher als im übrigen Europa – die ersten europäischen316 Aktienbanken. Noch unter niederländischer Herrschaft wurde die Société Générale de Belgique (bis 1830 Nederlandsche Maatschappij ter begunstiging van de Volksslijt) gegründet. 1835 folgte als zweite Aktienbank die Banque de Belgique sowie drei Hypothekenbanken. Die Banken waren in den Jahren 1835–1838 an der Gründung von 55 Aktiengesellschaften mit einem Kapital von 150 Mio. Francs beteiligt. d) Deutschland Das deutsche Bankwesen, das im 19. Jahrhundert vier Banktypen kannte (Privatbanken, Sparkassen, öffentlich-rechtliche Realkreditinstitute und so genannte Staatsbanken317) war bis 1850 von Privatbankiers mit zumeist regionalem Wirkungskreis dominiert318. Vergleicht man Deutschland mit anderen europäischen Staaten, kam die Industrialisierung aufgrund der zögerlichen Entwicklung des Verkehrswesens, wenig entwickelter Produktionstechniken und fehlender überregionaler Märkte nur langsam voran319. Bis zur Mitte des Jahrhunderts waren die Privatbankiers in der Lage, mit ihren Mitteln den Kapitalbedarf der Industrie zu decken. Anders als in manch ausländischem Staat herrschte deshalb in Deutschland auch kein Liquiditätsengpass320 und die Notwendigkeit zur Herausbildung eines leistungsfähigen, überregional arbeitenden Bankwesens oder gar eines solchen Kapitalmarkts als Mittler zwischen Kapitalanbietern und -nachfragern fehlte zunächst. Die Zahl der Privatbankiers und ihre Bedeutung nahm aufgrund der Industrialisierung, insbesondere des Eisenbahnbaus ab 1835 stetig zu321. Folgende Zahlen mögen dies belegen:

___________ 315 Zum Folgenden Born, Geld und Banken, S. 102 f. Er bezeichnet die Société Générale de Belgique als erste Universalbank (a. a. O., S. 171). 316 In den USA finden sich seit 1784 Aktienbanken (The Bank of New York und The Bank of Boston), Born, Geld und Banken, S. 172. 317 Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 25 ff. m. w. N. 318 Born, Geld und Banken, S. 48. Eine Auflistung der bedeutendsten Bankiers findet sich bei Wallich, Konzentration, S. 2 f. 319 H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 119. 320 S. o. S. 255 Fn. 255. 321 Zum Folgenden Treue, Privatbankwesen, S. 98 ff.; Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 7 ff.; o. V., Privatbankier, S. 1380 ff.; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 28 ff.; Wallich, Konzentration, S. 1 ff.

267

Die Entwicklung des Anlegerschutzes Jahr

Preußen

1846

1.100

1858

1.774

1882

17.896

Deutsches Reich

22.673

1895

36.175

1907

67.282

Tabelle 7: Zahl der im Geld- und Kredithandel beschäftigten Personen (Selbstständige und Gehilfen)322

Während sich vor allem die Frankfurter Bankhäuser, wie Bethmann und Rothschild, eher auf die Börse und Staatsanleihen konzentrierten323, bildeten die rheinischen Privatbankiers zwischen 1800 und 1870 die wichtigsten Finanzintermediäre zur Finanzierung der Industrialisierung und des Eisenbahnbaus und zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Ihre Zahl nahm von 6 im Jahre 1800 auf 40 bis 50 im Jahr 1848 zu324. Die Privatbanken, wie J. D. Herstatt, A. Schaaffhausen, J. H. Stein und Sal. Oppenheim jun. & Cie. beteiligten sich an jedem größeren industriellen Projekt und stärkten ihren Einfluss durch Sitz und Stimme in Direktionen und Aufsichtsräten vieler zwischen 1830 und 1870 gegründeter Aktiengesellschaften325. Es gelang den Bankiers – nicht zuletzt durch Ausnutzung von Insiderwissen326 und durch ihre Kreditpolitik – ihren Einfluss zu stärken. Um 1835 betrug das Gesamtvolumen der Kredite an industrielle Betriebe bereits 2,5 Mio. Taler, im Jahr 1847 12 Mio. Taler, Ende der 50er Jahre 18 Mio. Taler, Ende der 60er Jahre 25 Mio. Taler und Anfang der 80er Jahre 40 Mio. Taler327. Das Rheinland hatte zunächst die höchste Bankendichte innerhalb Deutschlands. Zwischen 1848 und 1870 wurde dann Frankfurt zum bedeutendsten Bankenplatz, während die Bedeutung Berlins zunächst gering war. Das Haupttätigkeitsfeld war das Geldwechselgeschäft, dessen Bedeutung aber nach der Dresdner Münzkonvention von 1838 stark zurückging. Erst mit dem weiteren politi___________ 322 Sombart, Der Moderne Kapitalismus, S. 779. Die Steigerungsrate lag auch deutlich über der des Bevölkerungswachstums. Zwischen 1882 und 1895 wuchs die Zahl der Bankmitarbeiter um 60 %, während die Bevölkerung in diesem Zeitraum nur um 14 % zunahm. 323 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 16 f.; H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 121. 324 Treue, Privatbankwesen, S. 98. 325 Eine Aufstellung findet sich bei Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 196 ff. 326 Tilly, Financial Institutions, S. 107. 327 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 23.

268

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

schen und wirtschaftlichen Aufstieg Preußens nahm Berlins Bedeutung als Bankenplatz zu328. Im Rheinland gab es 1843 93, in Berlin 80 und in Preußen 424 Privatbanken, 1849 waren es 102, 107 und 439, 1861 schon 141, 165 und 642329. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die Privatbanken in den Jahren bis 1873 eine unvergleichliche und nie wiederholte Blüte erlebten330. Ihr Einfluss wuchs nicht zuletzt auch deshalb, weil mit Camphausen, Hansemann und August von der Heydt Bankiers zu Mitgliedern der preußischen Regierung avancierten331. Da Aktienbanken in vielen deutschen Staaten einer Genehmigungspflicht unterlagen332, entstanden sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur ganz allmählich (1817 die Disconto-Kasse in Bremen, 1819 die PrivatDiskonto- und Darlehen-Kasse in Lübeck, 1825 die Ritterschaftliche Privatbank in Stettin, 1834 die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank in München333, 1839 die Leipziger Bank, 1847 die Anhalt-Dessauische Landesbank in Dessau, 1848 der A. Schaaffhausen’sche Bankverein in Köln334, 1850 die Rostocker Bank und 1850 der in eine AG umgewandelte Berliner Kassen-Verein335). Der für Aktienbanken geltende Konzessionszwang beruhte auf den gleichen Erwägungen336, die der Konzessionspflicht für Aktiengesellschaften zugrunde lag und er litt an den gleichen Schwächen337. Die Vorbehalte gegen Aktienbanken hielten sich, nicht zuletzt auch wegen des

___________ 328 Ausführlich Korach, Privatbankgeschäft, S. 54 ff. 329 H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 16 f., 19; M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 160 f. 330 Im Detail beschrieben bei M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 159 ff. 331 Einzelheiten bei Born, Geld und Banken, S. 70 f. 332 Details bei Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 29, sowie Pröhl, KWG, Einleitung. 333 Sie war die erste deutsche Hypothekenbank, Born, Geld und Banken, S. 193. Zu ihrer Gründung v. Poschinger, Bankgeschichte des Königreichs Bayern, 4. Lfg., S. 15 ff. 334 Er entstand durch Umwandlung der Privatbank in eine Aktiengesellschaft, M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 173 ff. 335 Zu den einzelnen Banken Hübner, Banken II, S. 119 ff., 122 ff., 17 ff., 27 ff., 24 ff., 85 ff., 69 ff., 105 ff., 15 ff.; H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 72, 72 f., 81, 89 ff., 93, 94 f., 121 f. 336 Dies wird aus dem preußischen Ministerialerlass vom 22.4.1845 ersichtlich (abgedruckt bei Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 129 f.). 337 Die Leipziger Bank stand ebenso wie die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank bereits unter der Aufsicht eines Regierungskommissars, M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 93.

269

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

mit der Aktienbank zumeist verknüpften Rechts zur privaten Notenausgabe (Zettelbanken), jedoch wesentlich hartnäckiger als die gegenüber anderen Aktiengesellschaften338; die preußische Bankpolitik war darauf ausgerichtet, „dass der Staat das Heft über das Geldwesen des Landes in Händen behalte“339. Sofern Aktienbanken ohne das Recht zur Notenausgabe gegründet werden sollten, fürchtete man, diese würden den Zettelbanken zu starke Konkurrenz machen oder mit dem Kreditgeschäft allein auf zu schwachen Füßen stehen340. Im Rheinland kam hinzu, dass die Privatbankiers sehr früh die Konkurrenz dieser neuen Form der Banktätigkeit erkannten und in ihrem Haupttätigkeitsgebiet bis 1871 erfolgreich die Gründung von Aktienbanken verhinderten; am Niederrhein blieb deshalb der Schaaffhausen’sche Bankverein bis 1871 die einzige Aktienbank341. Dies hinderte die Privatbankiers jedoch nicht, andernorts Aktienbanken zu gründen oder sich an ihnen zu beteiligen342 und Mitglied ihrer Leitungsorgane zu werden343. Dabei finden sich erste Beispiele von Interessenkollisionen zwischen ihrer Stellung als Organmitglied und ihrer Eigenschaft als Kreditgeber344. Angeregt durch das Vorbild des 1852 gegründeten Pariser Crédit Mobilier345 kam es nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland zu einer Gründungswelle von Aktienbanken. Bedeutende Beispiele hierfür sind die 1853 von den Bankiers Oppenheim, Köln, und Fould, Paris, gegründete Bank für Handel und Industrie in Darmstadt, die 1853 gegründete Braunschweigische Bank, die Weimarische Bank (1854) und die 1855 gegründeten Aktienban-

___________ 338 Hopt, Grundlagen, S. 149, unter Hinweis auf den Immediatbericht vom 9.9.1845. 339 Immediatbericht des Präsidenten der Königlichen Bank Berlin Friese von 1832 (zitiert nach Hopt, Grundlagen, S. 145). Kritisch zu dieser die wirtschaftliche Entwicklung hemmenden Einstellung Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 253 f. 340 Weber, Depositenbanken, S. 51. 341 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 195; Treue, Privatbankwesen, S. 104, 118. Nach Born, Geld und Banken, S. 152, kam hinzu, dass die preußische Regierung keine weiteren Banken konzessionieren wollte. 342 Treue, Privatbankwesen, S. 104, 112, 118 f. (Darmstädter Bank und Berliner Handelsgesellschaft); Weber, Depositenbanken, S. 53; Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 54; Born, Geld und Banken, S. 327. 343 S. o. S. 268 Fn. 325. 344 Hopt, Grundlagen, S. 140 f. 345 Wie stark die Vorbildfunktion tatsächlich war, ist umstritten, vgl. Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 100 ff.; deutlich zurückhaltender dagegen M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 172.

270

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

ken in Wien, Meiningen, Dessau, Leipzig und Coburg346. Insgesamt wurden in den Jahren 1855/56 dreizehn Aktienbanken mit einem Kapital von 156 Mio. Talern errichtet347. Bezeichnend ist, dass Preußen in dieser Zeit keine Aktienbanken konzessionierte, da man zu Recht eine wirtschaftliche Krise vorhersah. Ergänzt wurde diese Praxis durch eine Circular-Verfügung des Handelsministers, wonach für die Umwandlung bestehender Unternehmen in Aktiengesellschaften ein triftiger Grund vorliegen musste348. Angesichts des in anderen europäischen Staaten nach Gründung des Crédit Mobilier zu beobachtenden Spekulationsfiebers erscheint diese restriktive Politik Preußens im Nachhinein als sinnvoll. Sie dürfte das einzige Beispiel dafür sein, dass sich das ansonsten ineffektive Konzessionssystem als heilsam erwiesen hat. Die 1856 in Preußen entstandenen Banken wurden wegen der restriktiven Verwaltungspraxis als nicht konzessionspflichtige Kommanditgesellschaften auf Aktien gegründet, so die Berliner Handelsgesellschaft349, die Waaren-Credit-Gesellschaft und der Schlesische Bankverein. Zu nennen ist außerdem die Diskonto-Gesellschaft, Berlin, die 1856 in eine „stille Gesellschaft auf Aktien“ umgewandelt wurde. Neben Privatbanken und Aktienbanken, die sich vor allem der vermögenden Kundschaft und der Industrie annahmen, entstanden für die Kleinsparer ab 1818 vor allem in Preußen die ersten Sparkassen350. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Genossenschaftsbewegung hinzu351, die vor allem von Schulze-Delitzsch und Raiffeisen vorangetrieben wurde. Sparkassen und Kreditgenossenschaften, die sich heute in den angebotenen Leistungen kaum noch von anderen Banken unterscheiden, waren aufgrund ihrer sozialpolitischen Zielsetzung auf landwirtschaftliche und gewerbliche Kundenkreise und Kleinsparer ausgerichtet und können für die Entwicklung der Ver___________ 346 Die Statuten der bis 1856 gegründeten deutschen Aktienbanken sind bei Hocker, Sammlung der Statuten aller Actien-Banken Deutschlands, abgedruckt. Zu den einzelnen Banken siehe Hübner, Banken II, S. 88 ff., 100 ff., 122, 458 ff.; Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 103; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 31; Born, Geld und Banken, S. 151 ff. 347 Rosenbaum/Sherman, Das Bankhaus M.M. Warburg & Co., S. 58. 348 Allerh. Ordre vom 26.3.1856 und Circular-Verfügung des Handelsministers vom 7.7.1856 (zitiert nach Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 109, 111). 349 Zu deren Gründern zählten mit Mevissen und Oppenheim die beiden bedeutendsten Unternehmerbankiers des Rheinlands und mit Mendelsohn, Bleichröder, Warschauer und Schickler die wichtigsten Berliner Bankiers. 350 Aus der umfangreichen Literatur zu Gründung und Entwicklung von Sparkassen sei beispielhaft verwiesen auf das Werk von Haas, Stadt-Sparkasse Düsseldorf, das neben umfangreichen Statistiken auch weitere Nachweise enthält. Generell zur Entwicklung der Sparkassen Born, Geld und Banken, S. 199 ff. 351 Sehr anschaulich dargestellt bei Born, Geld und Banken, S. 216 ff., 221 ff.

271

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

mögensverwaltung zunächst außer Betracht bleiben. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes erwähnenswert ist allein die Tatsache, dass die Sparkassen auch das Ziel einer möglichst sicheren Anlage verfolgten und deshalb bestimmte Anlagegrundsätze für Spareinlagen kannten (mündelsichere Anlagen und gesicherte Hypothekarkredite)352. Vergleicht man die Funktion dieser Anlagegrundsätze mit der heute bei der Vermögensverwaltung üblichen Vereinbarung von Anlagerichtlinien, stellen sie gleichsam einen standardisierten Vorläufer353 dar. Eine gewisse Standardisierung war bei mündelsicheren Anlagen schon deshalb nötig, weil der jeweilige Vermögensinhaber wegen seiner Minderjährigkeit gerade nicht in der Lage war, selbst solche Vorgaben zu machen. Auch die Kleinsparer waren hierzu mangels Erfahrung mit Kapitalanlagen nicht in der Lage, weshalb die Vorgabe sich auch bei ihnen als sinnvoll erwies. Als gefährlicher Irrweg entpuppte sich allerdings die in manchen ausländischen Rechtsordnungen vom Gesetzgeber auferlegte Pflicht, einen bestimmten Teil der Einlagen in Staatsanleihen354 anzulegen. Da sie den Staatskredit förderte, war diese Vorgabe gewiss nicht ganz uneigennützig. Sie hatte in Krisenzeiten zur Folge, dass die Sparkassen Kursverluste hinnehmen mussten und dadurch in erhebliche Schwierigkeiten gerieten. Diese Regelung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass sich die Verfolgung staatlicher Finanzinteressen bei der Regulierung der Finanzintermediäre und -märkte sich nicht bewährte und der Staat als gleichberechtigter Marktteilnehmer auftreten sollte. Betrachtet man die von den deutschen Banken bis Mitte des 19. Jahrhunderts betriebenen Geschäftsarten, stehen Wechselgeschäfte, das Kontokorrentgeschäft und die Emission von Staatsanleihen im Vordergrund355, während die Emission und der Handel sonstiger Effekten noch eine sehr untergeordnete Rolle spielte. Denn sicherstes Anlageobjekt der Privatanleger waren Staatspapiere. Das Gründungs-, Umwandlungs- und Emissionsgeschäft gewann ab Mitte der 30er Jahre an Bedeutung, wobei zunächst die Eisenbahnaktien dominierten, während die Investition in entstehende Industrieunternehmen vielen als ein zu hohes Risiko erschien356. Schlechte Nachrichten___________ 352 Born, Geld und Banken, S. 204, 206, der auch erwähnt, dass die ersten Sparkassen aus Waisenkassen entstanden. 353 Vorläufer dieser Regelung wiederum war die Pflicht, Mündelgelder überhaupt bei einer Bank anzulegen, dazu oben S. 210 Fn. 11 (Genua) und S. 216 ff. (Stadtwechsel von Basel und Straßburg). Zu den Nachteilen starrer Vorschriften über die Vermögensanlage s. o. S. 187 ff. 354 Hierzu und zum Folgenden Born, Geld und Banken, S. 211 f. (Großbritannien), 213 f. (Frankreich) und 215 (Japan). 355 Ausführlich Henning, Entwicklung, S. 55 ff.; Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 32 ff. 356 H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 124 f.

272

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

verbindungen und das Fehlen eines größeren Wirtschaftsgebiets ließen zudem nur Investitionen im eigenen Wirtschaftsraum zu. Auch fehlte ein Instrumentarium zu Umwandlung kurzfristiger Einlagen in langfristige Investitionsmittel, das erst mit dem Aktienrecht geschaffen wurde. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer starken Zunahme des Gründungs- und Emissionsgeschäfts, wobei sowohl Aktien als auch Prioritätsobligationen emittiert wurden357. Die Obligation setzte sich allerdings nur zögerlich durch, da eine rechtliche Regelung fehlte und die Übertragung deshalb schwerfällig war358. Die Annahme von Depositen spielte erst recht spät eine größere Rolle, was sich daran zeigt, dass in der Zeit von 1835 bis 1850 das Eigenkapital noch über die Hälfte der Passivseite der Bankbilanzen ausmachte359. Der Effektenhandel und das Effektenanlagegeschäft waren noch von untergeordneter Bedeutung360. Vereinzelt findet sich auch schon die Anlageberatung, wie das Beispiel des Bankhauses Rothschild, Frankfurt, zeigt, das Bismarck im Jahre 1855 bei dessen Wertpapiergeschäften beriet361. Die Effekten-Vermögensverwaltung stellte noch keine regelmäßig angebotene Dienstleistung dar362, auch wenn einzelne der damals gebräuchlichen Begrifflichkeiten zunächst den gegenteiligen Eindruck erwecken. So handelt es sich bei „Depositen zur Verwaltung“ um schlichte Anweisungen des Kunden im Hinblick auf die Verwendung eingelegter Depositen, nicht aber um eine Verwaltung des Vermögens mit Entscheidungsspielraum des Bankiers363. Vereinzelt finden sich Beispiele für die Vermögensverwaltung durch Wahrnehmung von Gesellschafterrechten364. Am Rande erwähnt sei noch eine weitere Tatsache: Im Jahre 1805/06 bestanden 70 % der Depositen der Königlichen ___________ 357 Vgl. die sehr ausführliche Beschreibung bei Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 129 ff. 358 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 101 f. 359 Henning, Entwicklung, S. 64. 360 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 126 ff. 361 Treue, Privatbankwesen, S. 117. 362 Vgl. die Beschreibung der getätigten Geschäfte bei Hübner, Banken I, S. 36 ff., 109 ff.; H. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 20 ff.; v. Niebuhr, Bankrevolution, S. 22 ff.; Noback, Banken, S. 77 ff., 717 ff.; Wirth, Bankwesen, S. 93 f. Auch in einer, bei Rosenbaum/Sherman, Das Bankhaus M.M. Warburg & Co., S. 48, beschriebenen Urkunde des Bankhauses M.M. Warburg & Co. vom 23.7.1856, in der die betriebenen Geschäfte erwähnt sind, findet sich auf die Vermögensverwaltung kein Hinweis; vgl. auch a. a. O., S. 106, wonach das Effektengeschäft erst ab 1900 eine bedeutende Rolle im Bankhaus spielte. 363 Hübner, Banken I, S. 57 f. 364 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 91.

273

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Giro- und Lehnbank, Berlin, aus Stiftungsvermögen, Mündelgeldern u. ä.365. Diese der Vermögensverwaltung verwandten Geschäfte spielten also bereits eine bedeutende Rolle. Die Banken dieser Zeit schufen über ihre Förderung der Idee der Aktiengesellschaft und erste Emissionen von Industrieobligationen366 jedoch eine wesentliche Voraussetzung der Vermögensverwaltung heutiger Prägung, nämlich die Etablierung eines regelmäßigen Effektenhandels und -markts und die Transformation kurzfristiger Anlagen in langfristige Eigenmittel. Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation waren nur punktuelle Korrekturen und wirkten repressiv statt prophylaktisch; sie ließen noch kein in sich geordnetes System erkennen. Dennoch finden sich erste Ansätze eines Anlegerschutzes. Sicherlich kann man beklagen, dass eine ausreichende Transparenz des Markts fehlte und die Banken diese Situation nutzten, um das Spekulationsfieber zu schüren und eine Hausse künstlich zu verlängern367, doch stellt sich per Saldo die Entwicklung insgesamt als positiv dar.

5. Vermögensverwaltungen und Investmentfonds a) Großbritannien Da England und Schottland aufgrund der weiten Verbreitung des Trusts schon früh ein ausgefeiltes Recht für Vermögensverwaltungen zur Verfügung stellten, wurde diese Dienstleistung – nicht zuletzt wegen der früh einsetzenden Industrialisierung – weit eher als in Deutschland nachgefragt. Hauptanbieter waren solicitors368. Angesichts dieser günstigen Ausgangslage ist es daher auch nicht verwunderlich, dass gerade in Schottland (Scottish-American Investment Company von 1860369) und kurze Zeit später in England (ab den 60er Jahren) die ersten370 Kapitalanlagegesellschaften ___________ 365 Henning, Entwicklung, S. 57. 366 Vorreiter scheinen auch insoweit die Kölner Bankiers gewesen zu sein, Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 25. 367 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 120 f. 368 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 567 (80 % der Trusts wurden von solicitors verwaltet); Nachod, Treuhänder, S. 39; P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 23. 369 Born, Geld und Banken, S. 442. 370 Nach R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 5, soll es in Belgien und der Schweiz Vorläufer gegeben haben. Dem widerspricht Baur, Investmentgesetze2, Einl. III Rdn. 8 m. w. N. für Belgien. In der Schweiz werden als erste Investmentgesellschaften die Banque de Fonds d’État (1885) und die Société Financière Franco-Suisse (1888) genannt, die jedoch zeitlich nachfolgen, Jörgens, Trustgesellschaften, S. 25.

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Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

(Investment Trusts) entstanden371. Der Pionier der Investment-Trusts-Bewegung, Robert Fleming, war bezeichnenderweise Vermögensverwalter eines reichen Unternehmers aus Dundee372. Bis 1880 wurden 12 Gesellschaften gegründet. Anlageobjekte waren zunächst ausländische Staatsanleihen, ab den 70er Jahren kamen Schuldverschreibungen von Eisenbahn- und Kabelgesellschaften, später dann Eisenbahnaktien und sonstige Effekten hinzu373. In den Anfängen bediente man sich der bewährten Konstruktion des Trusts, d. h., die Anleger waren Beneficiaries des Investment Trusts, der von den Trustees nach den in der Trusturkunde niedergelegten Vorgaben verwaltet wurde374. Beim Investment Trust wurde also das Geld einer Vielzahl von Anlegern in Effekten angelegt. Diese Investoren erhielten Zertifikate, die gewöhnlich auf einen festen Nennwert lauteten und verzinst wurden. Daneben wurden bisweilen Herrschaftsrechte eingeräumt (Stimmrecht auf der Versammlung der Zertifikatsinhaber, Anspruch der Versammlung auf einen Bericht der Revisoren, bestimmte Mitspracherechte)375. Im Verfahren Sykes v. Beadon376 tauchte die Frage auf, ob es sich bei einem derart organisierten Trust nicht in Wirklichkeit um eine Gesellschaft handelte, die dem Companies Act 1862 unterfiel. Dieser erklärte in s. 4 Gesellschaften mit mehr als 20 Gesellschaftern für nichtig, sofern sie nicht nach dem Verfahren des Companies Acts errichtet oder durch einen Act of Parliament inkorporiert waren. Im Falle Sykes v. Beadon entschied der Master of the Rolls, es handele sich bei den Investment Trusts um eine Umgehung des Companies Acts. Die Entscheidung wurde rechtskräftig. Mit einer Ausnahme wandelten sich deshalb sämtliche Investment Trusts in Aktiengesellschaften um. Die Trustees des einen nicht als Aktiengesellschaft betriebenen Investment Trust (Submarine Cables Trust) wurden prompt verklagt. Man verlangte die gerichtliche Auflösung und Liquidation des Trusts. Der Master of the Rolls gab der Klage statt, die Entscheidung wurde jedoch vom Court of Appeal ___________ 371 Hierzu und zum Folgenden R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 6 ff.; Weber, Depositenbanken, S. 317 ff.; Linhardt, Investment Trusts, S. 48 ff., wobei Linhardt, S. 51, bestreitet, dass die gemeinhin als erster Investment Trust bezeichnete International Financial Society (1863) in ihren Anfängen schon alle Merkmale eines Investment Trusts erfüllte. 372 Linhardt, Investment Trusts, S. 48 f. 373 Diese Investment Trusts sind von den financial companies zu unterscheiden, die eher den heutigen Unternehmensbeteiligungsgesellschaften gleichen, vgl. Linhardt, Investment Trusts, S. 20 f. 374 R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 34 ff. 375 So im Fall Smith v. Anderson, [1874–1880] All.E.R. Rep. 1121, 1123 ff., dessen Einzelheiten auch R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 36 f., schildert. 376 Sykes v. Beadon (1879), 11 Ch.D. 170.

275

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

aufgehoben377, da es an einem Vertrag unter den einzelnen Investoren fehle, der das typische Merkmal einer Gesellschaft bilde. Die Bündelung der Rechte der Investoren erfolge nur aus Zweckmäßigkeitserwägungen und stelle keine körperschaftliche Organisation dar. Diese Entscheidung bewirkte jedoch keineswegs eine Rückkehr der Investment Trusts zu der alten Organisationsform. Offensichtlich waren die Vorteile der juristischen Person als Organisationsform so groß, dass auch künftige Investment Trusts sich ihrer bedienten. Dies mag damit zusammengehangen haben, dass das Urteil bestimmte offene Rechtsfragen nicht abschließend klärte und deshalb eine Rechtsunsicherheit verblieb. Daneben bot die körperschaftliche Organisation zwei weitere Vorteile378. Eine Korporation kann leichter Schuldverschreibungen emittieren als einzelne Trustees. Beim gewöhnlichen Trust lagen Vermögenszuordnung und Vermögensverwaltung in der Hand der gleichen Personen, während dies beim Investment Trust getrennt war. Hier stand das Vermögen der juristischen Person zu, während die Verwaltung in den Händen des Managements lag, das folglich unkomplizierter ausgetauscht werden konnte als ein Trustee. Dieser Aspekt scheint jedoch in den Anfängen der Investment-Trust-Bewegung keine große Rolle gespielt zu haben, denn Jörgens stellt fest, dass es in dieser Zeit keine gravierenden Klagen über die Geschäftsführung der Trusts gegeben habe379. b) USA Betrachtet man innerhalb des angloamerikanischen Rechtskreises die Entwicklung des Trusts und damit auch der Vermögensverwaltung, fallen deutliche Unterschiede auf. Während in England zunächst nur natürliche Personen als Trustees fungierten und vor allem solicitors Vermögensverwaltungen wahrnahmen, finden sich in den USA neben den als Vermögensverwaltern bedeutenden Privatbankiers380 bereits Anfang des 19. Jahrhunderts erste Trust Companies zur Vermögensverwaltung381. Aufgrund der von England abweichenden Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse382 war dort das Bedürf___________ 377 Smith v. Anderson, [1874–1880] All.E.R. Rep. 1121. 378 Dazu R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 39 ff. m. w. N. Diese bestehen bis heute fort, vgl. Keeton, Modern Developments in the Law of Trusts, S. 93 f. 379 Jörgens, Trustgesellschaften, S. 22. 380 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 97, wonach die Privatbankiers bis in das 20. Jahrhundert hinein ihre traditionell dominierende Stellung im Effektengeschäft mit vermögender Klientel behielten. 381 Umfassend hierzu und zum Folgenden Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 154 ff.; Nachod, Treuhänder, S. 48 ff. Zur ihrer Geschichte Smith, The Development of Trust Companies in the United States. 382 Eine Beschreibung der Unterschiede findet sich bei Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 151 f.

276

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

nis nach einer kontinuierlichen, vom Schicksal einer natürlichen Person losgelösten Verwaltung durch ein Team von Spezialisten offenbar größer als im Mutterland des Trusts. Bei den ersten US-amerikanischen Trust Companies handelte es sich um Versicherungsgesellschaften, die bereits das Vertrauen des Publikums genossen und denen man deshalb Vermögensverwaltungen anvertraute. Erste Gesellschaften dieser Art waren die Massachusetts Hospital Life Insurance Company (1818) und die Farmer’s Fire Insurance and Loan Company, New York (1822). In den Jahren 1851 und 1853 wurden die ersten Gesellschaften gegründet, deren Unternehmenszweck ausschließlich in der Verwaltung von Trusts bestand (Union Trust Co., Providence, Rhode Island, United States Trust Co., N.Y.). Die Charter der United States Trust Co. wurde zum Vorbild für die spätere Trust-CompanyGesetzgebung des Staates New York, die ihrerseits wiederum Vorlage für die Gesetzgebung der meisten anderen Bundesstaaten war. Die Einzelheiten sind hier nicht nachzuzeichnen. Unter dem Blickwinkel der Geschichte der Vermögensverwaltung interessant ist die Tatsache, dass die 1887 erfolgte Regelung der Trust Companies Teil des allgemeinen Bankgesetzes war383, woraus man die Einordnung dieses neuen Geschäftszweigs ersehen kann. Das Gesetz machte die Errichtung einer Trust Company von der Konzessionierung und der Einhaltung bestimmter Mindestvoraussetzungen (Grundkapital etc.) abhängig384. Die Gesellschaft unterlag einer laufenden Aufsicht. Die Trust Companies übernahmen eine Vielzahl treuhänderischer Aufgaben. Eine von ihnen war die individuelle Vermögensverwaltung385, die das Individual Department wahrnahm, und die funktional der Vermögensverwaltung im heutigen deutschen Recht entsprach386. Neben der Vermögensverwaltung für Einzelpersonen (Individual Trusts) spielte die treuhänderische Tätigkeit zugunsten von Unternehmen (Corporate Trusts) eine tragende Rolle (z. B. als Pfandhalter für die Obligationäre einer Gesellschaft)387. Gut dokumentiert sind Vermögensverwaltungen von Stiftungen und Universitäten. An diesen Portfolios lassen sich, vor allem in der Zusammenschau mit den Angaben über den Kapitalmarkt388, Rückschlüsse auf das Anlageverhalten der damaligen Zeit ziehen. ___________ 383 Nachod, Treuhänder, S. 53. 384 Einzelheiten bei Nachod, Treuhänder, S. 53 ff. 385 Nach Willis/Bogen, Investment Banking, S. 136, dominierte zunächst die Testamentsvollstreckung, während die Vermögensverwaltung erst später an Bedeutung gewann. 386 Dabei berechneten sie bei Testamentsvollstreckungen 1 % vom Wert des verwalteten Vermögens und 3–5 % Erfolgsprämie vom erwirtschafteten Ertrag, vgl. Nachod, Treuhänder, S. 102. 387 Umfassend dazu Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 200 ff. 388 Vgl. Tabelle 6 auf. S. 264.

277

Die Entwicklung des Anlegerschutzes US debt.

State and local debt

Corporate debt.

Corporate Stock

Year

Mortgages and other interests in real estate

1830

98,6

0,0

0,0

0,0

1,4

1869

33,1

15,1

5,3

13,7

32,8

1884

34,6

0,0

1,0

50,9

14,5

1904

33,1

0,0

0,0

58,7

8,2

1924

29,4

1,3

0,0

56,4

12,9

1940

6,3

0,0

2,2

45,2

46,3

1960

0,5

18,0

0,0

25,5

56,0

1970

1,5

4,6

0,0

33,8

60,1

1975

0,9

17,1

0,0

23,3

58,7

1980

0,0

6,2

0,0

28,4

65,4

1984

3,5

20,3

0,0

9,7

66,5

Tabelle 8: Portfolio asset allocations der Harvard University (Angaben in %)389

Year

Mortgages and other interests in real estate

US debt.

State and local debt

Corporate debt.

Corporate Stock

1830

4000 acres in Pa.; 1000 acres in NY, House in Pa.

0,6

2,8

0,0

96,6

1872

30,5

0,4

12,6

53,1

3,4

1884

5,5

0,0

4,8

86,6

3,1

1904

2,2

0,0

0,5

94,4

2,9

1924

4,7

24,7

1,3

66,6

2,7

1940

5,9

1,6

1,0

44,3

47,2

1960

3,3

3,5

0,0

26,6

66,6

1970

1,3

6,7

0,0

12,6

79,4

1975

2,3

3,0

0,0

16,3

78,4

1980

5,9

5,5

0,0

19,6

69,0

1984

7,5

16,0

0,0

7,2

68,9

Tabelle 9: Portfolio asset allocations der Princeton University (Angaben in %)390

___________ 389 Longstreth, Modern Investment Management, S. 53 f. 390 Longstreth, Modern Investment Management, S. 55 f.

278

Die Folgen der Aufklärung und industriellen Revolution

Die Angaben zeigen, dass die Bedeutung des Grundvermögens stark abgenommen hat und auch die Bedeutung der Schuldverschreibungen rückläufig ist. Eine Diversifizierung war in damaliger Zeit noch nicht allgemein üblich. 1904 etwa hatte Princeton 76,4 % seiner Mittel in den Eisenbahnbau investiert, Harvard etwa die Hälfte seines Vermögens391. c) Deutschland und Schweiz Auch wenn die Zahl der vermögenden Kaufleute und Bankiers stetig zunahm392, sind Anhaltspunkte dafür, dass Vermögensverwaltungen von Effekten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in größerem Umfang angeboten worden wären, nicht zu finden. Insbesondere gehörte die Vermögensverwaltung – wie festgestellt – nicht zur den regelmäßig angebotenen Bankdienstleistungen, sondern fand sich nur im Rahmen einzelner spezieller Kundenbeziehungen. Beleg hierfür ist die oben schon angesprochene Wahrnehmung von Gesellschafterrechten durch Privatbankiers, die eine Form der Vermögensverwaltung darstellt. Angesichts der Tatsache, dass Banken noch nicht zu den regelmäßigen Anbietern der Vermögensverwaltung gehörten, ist es daher wahrscheinlich, dass – genau wie in England – vor allem Anwälte solche Aufgaben wahrnahmen. In dem damals also noch sehr überschaubaren Vermögensverwaltungsgeschäft dürften daher vor allem die Testamentsvollstreckung und die Verwaltung von zweckgebundenen und gemeinnützigen Vermögen dominiert haben. In der Schweiz finden sich dagegen erste Gründungen von Vermögensverwaltungsgesellschaften. Eine der heute größten Privatbanken, das Haus Pictet & Cie., wurde 1805 zunächst als Handelshaus gegründet, konzentrierte sich aber schon bald auf das Vermögensverwaltungsgeschäft393. 1856 wurde die Vermögensverwaltungsgesellschaft De l’ Harpe & Cie. gegründet394. Bei den Privatbanken zählt die Vermögensverwaltung ab 1850 ebenfalls zu den regelmäßig betriebenen Geschäften395. Einige der heute als Vermögensverwalter bekannten und in der damaligen Zeit gegründeten Privatbanken ___________ 391 Siehe soeben Fn. 389 und 390. 392 Vgl. die bei Rachel/Wallich, Berliner Großkaufleute, Bd. 3, S. 296 f., abgedruckte Vermögensschätzung der wohlhabenden Einwohner Berlins im Jahre 1814. 393 Angaben auf der Homepage der Bank, http://www.pictet.ch/en/About/history.html (abgerufen am 16.6.2005); zur Geschichte der Bank s. a. Burckhardt, Geschichte der Privatbankiers, 12 f. 394 Woernle, Privatbankiers, S. 6. 395 Bodmer, Privatbankiers, S. 21. Burckhardt, Geschichte der Privatbankiers, S. 25 ff., erwähnt die Vermögensverwaltung allerdings nicht bei der Beschreibung der Geschäftsfelder der Privatbankiers.

279

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

nahmen allerdings erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Vermögensverwaltungsgeschäft auf, so etwa die Banken Lombard, Odier & Cie und Darier, Hentsch & Cie396.

V. Die Entwicklung von 1870 bis 1914 1. Vorbemerkung In den vorangegangenen Abschnitten wurde jeweils die Entwicklung des Vermögens, des Bank- und Börsenwesens und seine rechtliche Regulierung in den Staaten beschrieben, die zur jeweiligen Zeit wirtschaftlich bedeutend waren, um die Entwicklung des Anlegerschutzes und frühe Formen der Vermögensverwaltung herauszuarbeiten. Grund für den breiten Blickwinkel war die Tatsache, dass Vermögensverwaltungen in dieser Zeit ebenso rar waren wie anlegerschützende Regelungen und nur im Wege einer Gesamtbetrachtung und Gegenüberstellung der einzelstaatlichen Regelungen Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu gewinnen waren. Das sich so abzeichnende Mosaik der verschiedenen anlegerschützenden Regelungsansätze hat gezeigt, wie unterschiedlich sich die punktuellen Vorhaben des Gesetzgebers bewährten. Ein Gesamtkonzept fehlte ebenso wie eine übergreifende Regelung des Bankwesens und Gesellschaftsrechts einerseits und des Effektenmarkts und -vertriebs andererseits. Wie gezeigt werden konnte, verfolgte der Gesetzgeber bei der Regelung oft Eigeninteressen, sei es, weil er selbst größter Schuldner am Effektenmarkt war, sei es, weil er befürchtete, durch die neu gegründeten und privatrechtlich organisierten Gesellschaften an Einfluss zu verlieren. Dieser Befund trifft in unterschiedlicher Schärfe für alle untersuchten Staaten Europas zu. Ab 1870 änderte sich die Ausgangslage. Die meisten Staaten begannen, in zahlreichen Einzelschritten ein eigenständiges Regelungswerk für das Bankwesen, das Gesellschaftsrecht und den Effektenmarkt und -vertrieb zu schaffen. Einer umfassenderen Beschreibung dieser Regeln bedarf es für die vorliegende Untersuchung nur insoweit, als sie auf die Vermögensverwaltung bezogen sind. Der Blickwinkel des folgenden Kapitels wird daher bei diesen Staaten auf den Markt für Vermögensverwaltungen verengt. Auch im

___________ 396 Angaben auf der Homepage der Banken, http://www.lombardodier.ch/Deutsch/ lo_info/loinfo.html sowie http://www.darierhentsch.ch/history.htm (jeweils abgerufen am 16.6.2005).

280

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

Hinblick auf den Anlegerschutz ist der Fokus im Folgenden enger. Die Darstellung konzentriert sich auf die Entwicklung des deutschen Rechts397.

2. Die Vermögensentwicklung a) Europa und die USA Aufgrund der Industrialisierung wuchsen die Vermögen in den europäischen Staaten nachhaltig398. Das Vereinigte Königreich hatte 1885 bereits ein Kapitalvermögen von 10 Mrd. Pfund Sterling (= 200 Mrd. Mark), wobei die Staatsschulden von 740 Mio. Pfund Sterling nicht eingerechnet sind. Von diesem Betrag waren 3,6 Mrd. Pfund Sterling (73,32 Mrd. Mark) in Effekten angelegt399. Die Gesamtsumme der Einkommen und die Zahl der Einkommensbezieher vervierfachte sich zwischen 1860 und 1913400. In Deutschland wuchsen die Privatvermögen in der Zeit nach 1871, als das deutsche Reich eine Periode von 43 Jahren ohne Krieg erlebte, stark. Beispielhaft genannt sei Preußen. Dort betrug das private Kapitalvermögen im Jahr 1886 73,8 Mrd. Mark, das Gesamtvermögen gar 175 Mrd. Mark. Vom Kapitalvermögen waren 12,7 Mrd. Mark in Effekten angelegt und 17 Mrd. Mark in Pfandbriefen und Hypotheken. Die für Frankreich und Österreich vorliegenden Angaben lassen ebenfalls den Schluss zu, dass die Börsenkapitalisierung noch nicht so weit fortgeschritten war wie im Vereinigten Königreich401. Schmoller402 stellte fest, dass im Vereinigten Königreich rund 36 % der Kapitalien in Wertpapieren angelegt waren, in Deutschland rund 17 %. ___________ 397 Weiterführend zum US-amerikanischen, japanischen und englischen Recht Hayes/ Hubbard, Investment Banking, S. 91, 135 ff., 193 ff. Im Hinblick auf das japanische Recht ist anzumerken, dass sich eine dem westlichen Standard vergleichbare Finanzwirtschaft überhaupt erst nach dem Ende der Shogun-Herrschaft (1868) zu entwickeln begann. Zuvor entsprach das Finanzwesen dem in Europa zur Zeit des Mittelalters. Japan hat also die zuvor beschriebenen Entwicklungsschritte des europäischen Finanzwesens bis hin zu einem modernen Standard innerhalb eines Jahrhunderts durchlaufen. 398 Das Tempo dieses Wachstums entsprach dem der Industrialisierung. So war nach Bösselmann, Entwicklung, S. 41, das Pro-Kopf-Einkommen der Engländer 1845 bereits viermal so hoch wie das der Preußen. 399 Hierzu und zum Folgenden Schmoller, in: Bericht der Börsen-Enquête-Kommission, Anhang, S. IX f. m. w. N.; Becker, in: Schmollers Jahrbuch, 11 (1887), 765, 777. 400 Linhardt, Investment Trusts, S. 30 m. w. N. 401 Dazu Schmoller, in: Bericht der Börsen-Enquête-Kommission, Anhang, S. IX f. m. w. N. Ländervergleichend auch Giffen, Accumulation of Capital in the United Kingdom 1875–85, in: 53 Journal of the Royal Stat. Society (1890), 1, 25 ff. S. a. Inama-Sternegg, Statist. Monatsschrift XIX (1893), 1, 12 ff. 402 S. soeben Fn. 399.

281

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Eine Generation zuvor habe diese Quote in Deutschland gerade erst bei 4 % bis 5 % gelegen. Unter Auswertung der Steuerstatistiken schätzte er, dass 1885 von den 49,4 Mio. Deutschen zwischen 2,5 bis 4 Mio. Personen Kapitalerträge bezogen und 1,5 bis 2 Mio. Personen Effektenbesitzer waren. Bis zum Ersten Weltkrieg erfolgte ein weiterer deutlicher Zuwachs. Das Nationalvermögen Deutschlands wurde auf 310 Mrd. Mark (4.650 Mark pro Kopf), das Frankreichs auf 232,5 Mrd. Mark (5.924 Mark pro Kopf), das Englands auf ca. 260 Mrd. Mark (5.800 Mark pro Kopf), das der USA auf 500 Mrd. Mark (5.500 Mark pro Kopf) geschätzt403. Aufschlussreich ist auch eine Statistik über die Verteilung des Effektenvermögens: Welt davon

450,0 England Deutschland Frankreich

182,6 92,0 80,0 – 85,0

Tabelle 10: Effektenwerte in Mrd. franz. Francs um 1900404

Während die USA aufgrund ihres starken Industriewachstums bis zum Ersten Weltkrieg Kapitalimporteur blieben, waren Großbritannien, Frankreich und Deutschland zwischen 1870 und 1914 die größten Kapitalexporteure. Die Anlage in ausländischen Effekten und Anleihen spielte deshalb eine zunehmende Rolle405. Dies brachte eine Spezialisierung vieler Banken auf diesen neuen Geschäftszweig mit sich. Nur wenige Kapitalanleger waren in der Lage, ihre Investitionen im Ausland selbst zu tätigen und zu verwalten406. Die überwiegende Zahl war auf die Hilfe der Institute angewiesen.

___________ 403 Treue, Wohlstand, S. 644 (Angaben zu den Jahren 1908 bzw. im Falle Deutschlands 1912). 404 Linhardt, Investment Trusts, S. 39. 405 Detaillierte Angaben bei Born, Geld und Banken, S. 232 ff. Während England den Kapitalexport nicht reglementierte, kannte Frankreich Beschränkungen bei der Börsenzulassung ausländischer Wertpapiere. Die entsprechende Ordonnance aus dem Jahr 1823 (vgl. oben S. 261) wurde 1873 und 1880 bestätigt. Deutschland steuerte den Kapitalexport über einen im Einzelfall von der Reichsbank verfügten Ausschluss derartiger Papiere von der Lombardierung, Born, Geld und Banken, S. 239, 246. 406 Born, Geld und Banken, S. 234, stellt fest, dass in Großbritannien eine kleine Schicht wohlhabender Anleger zur Eigenanlage fähig war, während die Anleger in Frankreich und Deutschland nahezu vollständig Banken zwischenschalteten.

282

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

b) Das Wachstum der vermögenden Schicht am Beispiel Preußens Die soeben geschilderte Wohlstandsentwicklung verschiedener Nationen stellt ein Indiz unter mehreren für das Ausmaß des Bedürfnisses nach Vermögensverwaltungen dar. Da die im 19. Jahrhundert entstehende Dienstleistung der individuellen Verwaltung von Geld- und Wertpapiervermögen sich gerade an eine vermögende Klientel wendet, ist als weiterer Faktor die Vermögensverteilung innerhalb einer Bevölkerung einzubeziehen. Betrachtet man beispielhaft die preußische Steuerstatistik, zeigt sich, dass es eine kleine, sehr vermögende Schicht der Bevölkerung gab, die ein hohes Einkommen bezog. So lag 1911 die Zahl der Steuerpflichtigen mit einem Jahreseinkommen von über 3.000 Mark bei 11,38 % der preußischen Einwohnerschaft. Dieser Personenkreis besaß jedoch 71,6 % des steuerpflichtigen Gesamtnettovermögens407. Weiterhin lohnt auch ein Blick auf die Zahl der Millionäre408. Beispielhaft seien wiederum die Zahlen für Preußen genannt. Dort gab es 1902 insgesamt 5.538 Millionäre, davon besaßen 18 Personen ein Vermögen von über 30 Mio. Mark409. In ganz Deutschland dürfte die Zahl der Millionäre etwa 10.000 betragen haben410. 1911 betrug die Gesamtzahl der Millionäre in Preußen bereits 8.335, wovon 31 Personen über 30 Mio. Mark und 747 ein Vermögen von über 5 Mio. Mark besaßen411. An der Spitze stand Bertha Krupp von Bohlen und Halbach mit einem Vermögen von 187 Mio. Mark. Betrachtet man nicht nur die absoluten Zahlen, wird der rasche Vermögenszuwachs noch deutlicher. Die Zahl der Millionäre stieg von 1902 bis 1911 auf 150 %, die Zahl der Personen mit einem Vermögen über 30 Mio. Mark gar auf 172 % (Basis 1902 = 100 %).

3. Vermögensverwaltungen in den USA und England a) Trust Companies und Banken als Anbieter Die enge Verbindung der Vermögensverwaltung zum Bankgeschäft, die heute in den meisten Staaten anzutreffen ist, beruhte zunächst auf der Tatsache, dass es neben Anwälten vor allem Bankiers waren, die diese Leistung anboten und über das notwendige Spezialwissen verfügten. In den USA kam ein weiterer Faktor hinzu. Die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Trust Companies, denen primär die Aufgabe der treuhänderischen Vermögens___________ 407 Einzelheiten bei Wormser, Frankfurter Börse, S. 33 f., 199. 408 Lesenswert ist auch die Schilderung des Werdegangs einzelner Millionäre von Friedegg, Millionen und Millionäre – Wie die Riesenvermögen entstehen. 409 Martin, Jahrbuch der Millionäre, S. III. 410 Martin, Jahrbuch der Millionäre, S. IV. 411 Martin, Jahrbuch der Millionäre, S. XII–XIV.

283

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

verwaltung zukam412, übernahmen neben ihrer Treuhandtätigkeit bald auch Bankgeschäfte (Depositen- und Kreditgeschäfte). Deren Umfang nahm im Laufe der Zeit stark zu413, so dass den Banken eine echte Konkurrenz erwuchs, zumal Trust Companies zunächst weniger strengen Bedingungen als die Banken unterlagen. Faktisch wandelten sich in den Jahren nach 1880 die meisten Trust Companies zu Bankinstituten um. Die bundesstaatlichen Gesetzgeber reagierten hierauf mit der gesetzlichen Gleichstellung der Banktätigkeit von „gewöhnlichen“ Banken und Trust Companies414 und beseitigten so den Wettbewerbsvorteil, den Letztere zuvor genossen hatten. Auch die State Banks reagierten und gründeten um die Jahrhundertwende Treuhandabteilungen oder Treuhandtochtergesellschaften415. Nachdem 1913 auch die National Banks zur Übernahme von Treuhandgeschäften zugelassen wurden416, kam es also zu einer Gleichstellung von Trust Companies und Banken417. Drei der Trust Companies entwickelten sich in der Folgezeit zu Großbanken (Guaranty Trust Company of New York, Bankers’ Trust Company, Manufacturers’ Trust Company). Während in England der Einzeltreuhänder lange dominierte418 und auch heute noch eine bedeutende Stellung innehat, ist in den USA das Treuhandgeschäft heute ganz überwiegend in der Hand der Banken und Trust Companies. Nur kleinere Vermögen, Stiftungsvermögen und Trusts mit stark individueller Zweckbestimmung werden noch Einzeltreuhändern übertragen419. In England sind Trust Corporations heute ebenfalls verbreitet, da sie gegenüber dem Einzeltreuhänder eine Reihe von Vorteilen bieten420. Betrachtet man den Umfang des treuhänderisch verwalteten Vermögens, zeigt sich, wie bedeutend die Stellung der Trust Companies in den USA war und wie rasch dieser Geschäftszweig aufblühte. ___________ 412 Born, Geld und Banken, S. 175. 413 Dazu Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 161 ff. 414 Die Gleichstellung erfolgte 1908 im Staate New York, die anderen Bundesstaaten folgten alsbald, vgl. Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 164. 415 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 169 f. 416 S. 11 (K) des Federal Reserve Acts (12 USC 248[k]) vom 23.12.1913), seit 1962 in 12 USC 92a geregelt. 417 Hierzu und zum Folgenden Born, Geld und Banken, S. 172 ff., 343 ff. 418 In England wurden erst 1899 neben natürlichen Personen auch juristische Personen als Trustees zugelassen, Bodies Corporate (Joint Tenancy) Act 1899, 62 & 63 Vict., c. 35, dazu P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 24, sowie Nachod, Treuhänder, S. 43 f., der feststellt, dass es 1904 in England bereits drei Trust-Gesellschaften gab. 419 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 168, 173 ff. 420 Zu den Zulassungsvoraussetzungen und Vorteilen Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 464 ff.

284

Die Entwicklung von 1870 bis 1914 Jahr

Anzahl

Mio. $ (gerundet)

1875

35

123

1890

149

504

1900

290

1.000

1914

1.564

3.940

1935

1.007

13.470

1946

2.976

36.000

1953

3.000

75.000

Tabelle 11: Anzahl und verwaltetes Vermögen der Trust Companies421

In Kanada, das Trust Companies seit 1882 kennt, umfasste das Treuhandvermögen im Jahr 1936 bereits 226 Mio. $. b) Investmentfonds Das Investmentgeschäft als besondere Form der Vermögensverwaltung erlebte in England ab 1880 eine Blüte422, als innerhalb von 10 Jahren weitere 40 Investmentgesellschaften gegründet wurden. 1886 waren bereits 12 (1888 19) solcher Gesellschaften börsennotiert, deren Anteile (Aktien und Schuldverschreibungen) bereits einen Wert von 16 Mio. Pfund Sterling aufwiesen. Eine der Hauptursachen für ihre Gründung war der Umstand, dass die inländischen Kapitalanlagen nur geringe Erträge abwarfen und der Investment Trust deshalb als Mittel zur Investition in gewinnbringendere ausländische Werte genutzt wurde423. Englands Einnahmen aus ausländischen Kapitalanlagen betrugen 1886 44 Mio. Pfund Sterling und 1911 103 Mio. Pfund Sterling. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes bedeutend war der Umstand, dass diese ersten Gesellschaften sich zum Teil zu sehr im Gründungsgeschäft oder in spekulativen Geschäften engagierten und deshalb starke Verluste hinnehmen mussten. Bisweilen wurden Investment Trusts auch nur zum Schein gegründet mit dem Ziel, die hohen Provisionen im Underwriting-Geschäft zu kassieren424. Bekannt war auch schon die Pra___________ 421 Dazu ausführlich Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 156 ff.; Born, Geld und Banken, S. 344. In der Angabe für 1935 sind 1,9 Mrd. $ Eigenmittel enthalten. Die Angaben zu 1946 und 1953 beziehen sich auf Trust Companies und Geschäftsbanken. 422 Zum Folgenden Weber, Depositenbanken, S. 317 ff.; R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 5 ff.; Born, Geld und Banken, S. 442; Jörgens, Trustgesellschaften, S. 26 ff.; Linhardt, Investment Trusts, S. 51 ff., wobei deren Zahlenangaben mitunter leicht differieren. 423 Einzelheiten und Zahlenangaben bei Linhardt, Investment Trusts, S. 40 ff. 424 Linhardt, Investment Trusts, S. 257; Jörgens, Trustgesellschaften, S. 35.

285

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

xis, dass man wenig lukrativ erscheinende Aktienpakete auf diese Gesellschaften „ablud“425. Beklagt wurde auch der Umstand, dass sich die Gründer der Trusts spezielle Gründeranteile sicherten, die eine Bevorzugung bei der Verteilung des Reingewinns versprachen und die ihnen bei Überschreiten eines bestimmten Rendite-Schwellenwertes ein Vielfaches des eingesetzten Kapitals einbrachten. Waren die Gründer gleichzeitig Direktoren des Trusts, bestand die Gefahr, dass sie über Spekulationen versuchten, den Trust wenigstens in einem Geschäftsjahr über diese Schwelle zu führen, um den enormen Gewinn zu kassieren, auch wenn der Trust anschließend dann liquidiert werden musste. Die Gründeranteile führten damit zu einem Interessengegensatz zwischen den gewöhnlichen Anteilsinhabern und den mit „Erfolgshonorar“ ausgestatteten Direktoren. Die Börsenkrise von 1890 brachte die Missstände ans Licht. Die Praxis zog aus den ersten Misserfolgen Konsequenzen und die Investment Trusts entwickelten sich in der Folge solide. Während sich Kapitalanlagegesellschaften in England und Schottland schnell etablierten, dauerte es in den USA vergleichsweise lang, bis sich die Idee des Investmentfonds durchsetzte. Der 1889 gegründete New York Stock Trust bezeichnete sich als erste Kapitalanlagegesellschaft. Es folgten 1893 die Gründung des Boston Personal Property Trust und 1907 die des Alexander Fonds426. Zweck dieser Gesellschaften war zwar die Anlage von Kapital in Unternehmensbeteiligungen, sie basierten aber noch nicht auf dem Prinzip der Risikostreuung, weshalb sie als Pseudo-Investment-Trusts eingeordnet werden. Als echte Kapitalanlagegesellschaften gelten erst die nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Investment Trusts.

4. Vermögensverwaltung und Investmentfonds in Deutschland a) Individuelle Vermögensverwaltung Auch in Deutschland entstand bei der vermögenden Schicht ein wachsender Bedarf nach professioneller Anlageberatung und bisweilen ebenso nach Verwaltung des Privatvermögens, insbesondere nach Testamentsvollstreckungen, Wahrnehmung von Gesellschafterrechten und Anlage des sonstigen Vermögens427. Aufgrund ihrer Erfahrungen und Sachkenntnis übernah___________ 425 Hierzu und zum Folgenden Jörgens, Trustgesellschaften, S. 30 ff. 426 R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 7. 427 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 565. Dass dieser Bedarf nicht so groß war wie in England zu der Zeit (Heymann, a. a. O.), erklärt sich daraus, dass in Deutschland die industrielle Revolution später eingesetzt hatte.

286

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

men in erster Linie Privatbankiers428 diese Aufgabe. Beispielhaft sei auf den Bankier Bleichröder verwiesen, dem Bismarck Vollmacht über sein Kapitalvermögen eingeräumt hatte429. Bleichröder versicherte sich vor Transaktionen aber fast immer der Zustimmung Bismarcks430. Auch Investitionen in Immobiliengeschäfte erledigte er für Bismarck und überwachte deren Rendite431. Neben den Privatbankiers nahmen auch Rechtsanwälte Vermögensverwaltungen wahr. Sie führten sie in erster Linie nebenamtlich aus432. Aufgrund der Vertrauensbeziehung zwischen Privatbankier bzw. Anwalt und Klientel, die deshalb einer Pflicht zur Verschwiegenheit unterlagen, fehlen konkrete Belege über die Ausgestaltung dieser Rechtsbeziehungen, insbesondere über den Inhalt der Vermögensverwaltungsverträge. Aufgrund der Tatsache, dass die Vermögensverwaltung meist nebenamtlich ausgeführt wurde und Anwälte auch nicht unbedingt eine betriebswirtschaftliche oder finanzwissenschaftliche Ausbildung genossen haben, wurde allerdings im Schrifttum bezweifelt, ob der Berufsstand für diese Aufgabe überhaupt ausreichend qualifiziert sei433. b) Investmentfonds Wechselt man von der individuellen zur standardisierten Vermögensverwaltung, rückt wiederum die Geschichte des Investmentrechts in den Blickwinkel. Die Idee des Investmentfonds wurde um die Jahrhundertwende in Deutschland434 diskutiert, konnte aber nicht Fuß fassen, gerade auch, weil ___________ 428 Das Verständnis des Begriffs „Privatbankier“ hat sich – auch bedingt durch die immer weiter verschärften gesetzlichen Anforderungen an den Beruf – gewandelt, vgl. o. V., Privatbankier, S. 1380 f.; Woernle, Privatbankiers, S. 14 ff. (zur Schweiz); Ulrich, Privatbankiers, S. 7 ff.; Eichhorn und Schmidt, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 14 bzw. 39 f., sowie die Definition des Begriffs im Monatsbericht der deutschen Bundesbank, Nov. 1961, S. 11; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 7 f.; Pechlaner, Private Banking, S. 35. Heute zählt man zu den Privatbankiers nicht nur Banken, deren Geschäftsleitung persönlich für die Verbindlichkeiten der Bank haftet (so die den Monatsberichten der Bundesbank bis 1998 zugrunde liegende Definition), sondern auch Banken in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, wenn deren Geschäftsleitung einen maßgeblichen Prozentsatz der Anteile hält oder, wie bei der KGaA, für die Verbindlichkeiten persönlich haftet. 429 Stern, Gold und Eisen, S. 355; siehe auch a. a. O., S. 40, 188, 362, 372. Stern beschreibt die Entwicklung von Bismarcks Effektenvermögen auf den S. 355–360. 430 Stern, Gold und Eisen, S. 136, 138, 140 f., 269, 274, 355; Treue, Privatbankwesen S. 121 ff. 431 Stern, Gold und Eisen, S. 361 ff. 432 Ebenso Goetz, Treuhandwesen, S. 6. 433 Eine Zusammenfassung der Diskussion findet sich bei Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 569 ff. Zweifelnd auch Goetz, Treuhandwesen, S. 10. 434 Dazu Jörgens, Trustgesellschaften, S. 47.

287

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

man die zutage getretenen Missstände des englischen Vorbilds noch unmittelbar vor Augen hatte. Im Schrifttum zur Geschichte des Investmentrechts werden die Gesellschaften zur Finanzierung der Industrie (z. B. die AG für Rheinisch-Westfälische Industrie, 1871, Bergisch-Märkische Industrie-Gesellschaft, 1871, Hannoversche Gesellschaft für industrielle Unternehmungen, 1897) in Anlehnung an englische Vorbilder als „finanzielle Trustgesellschaften“435 bezeichnet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich deshalb um Vorläufer der Investmentfonds handelt436, denn es fehlte ihnen das Element der Risikostreuung und das Ziel der Effektenanlage zugunsten ihrer Anteilsinhaber; sie waren eher Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Industriebanken, da sie riskante Unternehmen finanzierten437. Sie stellen auch keine Vorläufer der Vermögensverwaltung dar, weil es ihnen um die Anlage des eigenen Vermögens und nicht um die Verwaltung fremden Vermögens ging. c) Die Entstehung der Treuhandgesellschaften Vor der Schilderung des weiteren Ausbaus des Anlegerschutzes in Deutschland muss zunächst ein Blick auf das Verhältnis von Privat- zu Aktienbanken erfolgen, das starken Einfluss auf die Entwicklung des Markts für Vermögensverwaltungen hatte. Die Bedeutung der Aktienbanken wuchs nach der Krise von 1873 rasch, insbesondere da sie aufgrund der Finanzierung über Aktien eine bessere und dauerhaftere Eigenfinanzierung als die Privatbankiers aufwiesen438. Der Erlass des Börsengesetzes im Jahr 1896 beschleunigte den Konzentrationsprozess und stärkte die großen Aktienbanken. Hierfür waren drei Faktoren maßgeblich. Die Privatbankiers (und auch kleinere lokale Aktienbanken) waren nicht mehr in der Lage, die großen Bargeldbestände für den künftig nur als Kassageschäft erlaubten Handel in ___________ 435 Jörgens, Trustgesellschaften, S. 3; kritisch zu dessen Ansatz Linhardt, Investment Trusts, S. 26 in der Fn., wonach die von Jörgens betonte Nähe von Investment Trusts und finanziellen Trust-Gesellschaften eine Fehleinschätzung darstelle. Zu den financial companies oben S. 275 Fn. 373. 436 Missverständlich R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 13 Fn. 27, der sie als Kapitalanlagegesellschaften bezeichnet. Er muss deshalb eine Abgrenzung vornehmen. 437 So zu Recht Jörgens, Trustgesellschaften, S. 66 f., 150; Linhardt, Investment Trusts, S. 26, in der Fn.; Sombart, Der Moderne Kapitalismus, S. 781; im Ergebnis wohl auch R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 13 Fn. 27. 438 Dies trug etwa zur sinkenden Bedeutung des Bankhauses Rothschild bei, s. Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1, S. 160. Zu weiteren Ursachen des Bedeutungsrückgangs der Privatbanken Wallich, Konzentration, S. 9 ff., 143 ff., sowie Donaubauer, Privatbankiers und Bankenkonzentration, S. 13 ff.

288

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

Bergwerks- und Industriepapieren aufzubringen439. Da die Aktien neu gegründeter Gesellschaften erst nach einem Jahr zur Börse zugelassen werden konnten, die Gesellschaften das Eigenkapital aber sofort benötigten, war es üblich, dass die Aktien für dieses eine Jahr von einer Bank gehalten wurden, bevor die Börsenzulassung erfolgte. Die dafür benötigten Kapitalien konnten ebenfalls nur die großen Banken aufbringen440, so dass die Privatbanken aus der Industriefinanzierung herausgedrängt wurden. Auch die Stempelabgaben441 benachteiligten kleinere Banken, da die großen Bankhäuser oft gegenläufige Geschäfte kompensieren konnten und auf diese Art 50 % der Stempelabgabe sparten442. Die absolute Zahl der Privatbanken nahm deshalb ab, ein Trend, der sich – von kurzfristigen Erholungen abgesehen – auch nicht mehr umkehrte, wie die nachfolgende Tabelle zeigt: Jahr

Anzahl

Jahr

Anzahl

Jahr

1892

2.180

1931

ca. 800

1958

Anzahl 234

1895

2.059

1932

709

1966

197

1899

2.125

1933

709

1971

161

1913

1.221

1938

491

1974

130

1925

1.406

1948

309

1996

ca. 70

1929

ca. 1.100

1957

245

1998

56

443

Tabelle 12: Anzahl der Privatbanken in Deutschland

In den Großstädten war diese Entwicklung zunächst nicht so augenfällig.

___________ 439 Riesser, Großbanken, S. 489 ff.; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 32 f.; Wallich, Konzentration, S. 81 ff.; M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 149. 440 Born, Geld und Banken, S. 327 f. 441 Gesetz, betreffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben vom 1.7.1881, RGBl. 185, geändert durch das Gesetz vom 29.5.1885, RGBl. 171. 442 Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 143 (1896), S. 264. Diese Regelung wurde erst durch § 12a des Reichsstempelgesetzes vom 14.6.1900, RGBl. 260, berichtigt RGBl. 556, abgeschafft. 443 Jahre 1892–1899: Pohl, Deutsche Bankgeschichte, S. 58; Jahre 1957, 1974: Pohl, Deutsche Bankgeschichte, S. 125; Jahre 1913 bis 1966: o. V., Privatbankier, S. 1382; Jahre 1938, 1948, 1971: Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 37, 40; 1996: Schmidt, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 39; 1998: Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik Februar 2001, S. 105. Abweichende Zahlen bei Ulrich, Privatbankiers, S. 26 f.

289

Die Entwicklung des Anlegerschutzes Jahr

1898

1906

1913

Berlin

410

489

360

Frankfurt/M.

135

117

88

Hamburg

65

197

163

München

40

62

42

650

865

653

Gesamt

Tabelle 13: Anzahl der Privatbanken in deutschen Großstädten444

Lenkt man den Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung aller Privatbanken, zeigt sich ein noch deutlicheres Bild ihres allmählichen Niedergangs445. So nahm ihr Stellenwert im – traditionell von Privatbanken betriebenen – inländischen Emissionsgeschäft in Staatsanleihen stark ab. Im Preußenkonsortium hatten die Privatbanken 1877 eine Quote von 45,4 %, 1914 nur noch 28 %446. Die Aktienbanken gründeten vermehrt Niederlassungen und Zweigstellen und vergrößerten so ihren Geschäftsumfang erheblich. Die Berliner Großbanken etwa besaßen 1895 nur 16 Niederlassungen, 1911 bereits 104447. Vergleicht man die den Privatbanken zur Verfügung stehenden Kapitalien, wird ihre abnehmende Leistungsfähigkeit offenbar. Hatte das Verhältnis der Kapitalien von Privat- und Aktienbanken um 1870 noch deutlich zugunsten der Privatbanken tendiert448, änderte sich dieses Verhältnis rasch. 1910 betrug das Kapital aller Privatbanken etwa 200 Mio. Mark. Dieser Betrag entsprach dem Kapital, über das die Deutsche Bank allein verfügte449. Noch deutlicher ist der Unterschied bei der Personalausstattung. Das Bankhaus Gebr. Bethmann, Frankfurt beschäftigte 1913 20 Angestellte, die Deutsche Bank 6.638. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bis 1911 51 Privatbanken von den acht Großbanken übernommen wurden450 und diese Entwicklung anhielt, wie die Zahlen der Jahre 1910 bis 1925 zeigen. In diesem Zeitraum ___________ 444 Tabelle nach Weber, Depositenbanken, S. 62; s. a. die Angaben bei Treue, Privatbankier, S. 623 f., 631. 445 Diese Entwicklung war im Übrigen auch im europäischen Ausland und den USA zu beobachten, Born, Geld und Banken, S. 122 ff., 124 ff., 344. Vergleichbar war auch die Entwicklung in Japan zwischen 1926 und 1936, Born, a. a. O., S. 477. 446 Born, Geld und Banken, S. 334. 447 Henning, Entwicklung, S. 74. 448 Laut Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 32, hatten die Kölner Privatbanken 24 Mio. Taler Kapital gegenüber 19,5 Mio. Taler Kapital der zwei im Rheinland bestehenden Aktienbanken. 449 Treue, Privatbankwesen, S. 127. 450 Born, Geld und Banken, S. 328.

290

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

wurden 27 Privatbanken von größeren Aktienbanken übernommen451 und bekannte Privatbanken mussten ihre Geschäfte einstellen452. Viele Privatbanken konzentrierten sich auf die Verwaltung des Vermögens großer Kunden oder waren faktisch nur noch mit der Verwaltung des Vermögens der Inhaber beschäftigt; andere fungierten als Filialen von Großbanken, indem ihre Administration und/oder ihre Geschäftspolitik an die Interessen einer der Großbanken gebunden wurden453. Da die noch vorhandenen selbstständigen Privatbanken den Aktienbanken von der Filial-, Personal- und Kapitalausstattung unterlegen waren, mussten sie sich Nischen suchen, in denen sie den Großbanken überlegen waren. Ihre Stärke bestand in der individuellen Betreuung und persönlichen Beratung454, sie verfügten über ausreichendes Spezialwissen bei der Vermögensbetreuung und wickelten Geschäfte mit besonderer Diskretion ab. Es lag daher nahe, sich auf spezielle Kundenbedürfnisse zu konzentrieren, wozu insbesondere die Anlageberatung und Vermögensverwaltung gehörte455. Beispiel hierfür ist das Frankfurter Stammhaus der Rothschilds (Bankhaus M. A. v. Rothschild & Söhne), dessen Tätigkeitsschwerpunkt sich mehr und mehr auf die Vermögensverwaltung verlagert hatte. Mit dem Tode des Inhabers des Bankhauses Baron Wilhelm Karl von Rothschild im Jahre 1901 starb die männliche Linie der Rothschilds aus. Dies führte zur Schließung des Frank___________ 451 M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 263, sowie die Tabelle auf S. 228 f. Beispiele für Schließungen bei M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 261. 452 Treue, Privatbankwesen, S. 123. 453 Weber, Depositenbanken, S. 62, 92 ff.; Born, Geld und Banken, S. 329. 454 Aufgrund der Zunahme der Anlageberatung finden sich deshalb auch erste Rechtsstreite zur Haftung des Anlageberaters. Die Rechtsfrage, ob der Bankier für eine unrichtig erteilte Auskunft haftet, wird in der Folge kontrovers behandelt; eine Haftung bejaht etwa RGZ 19, 97, 100 (Haftung des Kommissionärs); RGZ 27, 118, 121 ff. (Rat innerhalb einer bestehenden Geschäftsverbindung), 42, 125, 129 ff. (Raterteilung führt zu Kaufvertrag); zustimmend Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 121 ff.; Heim, Rechtsstellung des Emissionshauses, S. 42 f.; kritisch zur Begründung des RG Alsberg, Holdh.Mschr. 15 (1906), 321 ff.; Leonhard, Verschulden beim Vertragsschlusse, S. 19 f.; differenzierend Heim, Rechtsstellung des Emissionshauses, S. 42 f., der die Begründung der Entscheidung im 42. Band billigt und die der Entscheidung im 27. Band ablehnt, S. 47 f. Umfassend zur Entwicklung der Haftung für fehlerhafte Anlageberatung Lorenz, FS Larenz, 1973, S. 575 ff., 584 ff. m. w. N. 455 Die Vermögensverwaltung gehörte bis zur Jahrhundertwende noch nicht zu den von Aktienbanken betriebenen Geschäften, vgl. die Beschreibung der Geschäfte bei M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 189 ff.; Stillich, Geld- und Bankwesen, S. 164 ff. Sie wurde erst gegen Ende des Jahrhunderts vermehrt nachgefragt und scheint bis dahin allein von Anwälten und Privatbanken angeboten worden zu sein, Nachod, Treuhänder, S. 99 f.

291

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

furter Stammhauses; die Geschäfte wurden von der Diskonto-Gesellschaft übernommen456, wobei man schätzt, dass „die Effektendepots von ungeheuer großem Umfang gewesen seien“457. Adolf Weber beschrieb die Entwicklung des Privatbankiers wie folgt458: „Entscheidend wird für die Zukunft sein, was an eigentümlichen Aufgaben in normalen Zeiten für den [Privat-] Bankier übrig bleibt. Für einige Bankaufgaben kann die Tätigkeit des Privatbankiers wohl kaum durch diejenige der Beamten einer der großen Filialbanken ersetzt werden. Das gilt namentlich für die Vermögensverwaltung. Mit Recht ist gelegentlich gesagt worden, dass in noch größerem Maße, als Vermögen entstehen und wachsen, die Fähigkeit, sie zu verwalten, abnehme. Das ist eine Folge der so erheblich stärker gewordenen Differenzierung der Obliegenheiten, oder sagen wir Neigungen der Reichen und in anderen Fällen die Folge der überaus starken Inanspruchnahme, die heute der Spezialberuf mit sich bringt, wenn man wirklich ganzen Erfolg erzielen will. … Die Großbanken, besonders die Filialbanken und deren Depositenkassen, sind doch zu sehr schablonisiert und in Abteilungen zerlegt, als dass sie in derselben Weise wie der tüchtige Privatbankier, aber auch die Großbanken ohne Filialen … die Gesamtinteressen der einzelnen Kunden als eine Einheit erfassen könnten“. Diese Einschätzung Webers zur Zukunft des Privatbankiers als Vermögensverwalter berücksichtigte allerdings nicht ausreichend, dass die Aktienbanken sich ebenfalls zunehmend spezialisierten, indem sie entsprechende Tochtergesellschaften gründeten, die auch diese Marktsegmente abdeckten459. So hatten die seit 1890 gegründeten Treuhandgesellschaften460 die Aufgabe der Bücherrevision und waren damit maßgeblich am Aufbau des deutschen Prüferwesens beteiligt. Letzteres stellt einen bedeutenden Fortschritt im Anleger- und Gläubigerschutz dar, weil mit der fehlenden Rechnungsprüfung durch unternehmensexterne Spezialisten eine empfindliche Lücke im Gesellschaftsrecht der damaligen Zeit klaffte461. Weitere Gesell___________ 456 457 458 459

O. V., Der Aktionär 1901, 462; Korach, Privatbankgeschäft, S. 39, 43. Korach, Privatbankgeschäft, S. 46 Fn. 2. Weber, Depositenbanken, S. 148. An einigen dieser Gesellschaften beteiligten sich wiederum auch Privatbankiers, um ihren Einfluss zu sichern. 460 Eine Auflistung findet sich bei Rosendorff, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 31 (1906) 604, 606 f.; Nachod, Treuhänder, S. 132 ff. 461 Die erste Vereinigung von Revisoren wird 1581 in Venedig gegründet (Collegio di Raxonati). In Schottland und England findet sich der Berufsstand der Auditors oder Chartered Accountants ab 1850, vgl. Brockhaus, Revisions- und Treuhandgesellschaften, S. 5 ff.

292

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

schaftszwecke der Treuhandgesellschaften waren die Pfandhalterschaft und Treuhänderschaft für Wertpapiere sowie die Vermögensverwaltung und Testamentsvollstreckung462. Die Entstehung der Treuhandgesellschaften fällt charakteristischerweise in eine Epoche mit stark wachsendem Vermögen und immer komplexeren Anlagemärkten463. Die deutschen Banken folgten damit dem amerikanischen und englischen Vorbild. Dort waren entsprechende Gesellschaften in erster Linie wegen des Bedürfnisses nach kompetenter Vermögensverwaltung und Testamentsvollstreckung gegründet worden464. Die Treuhandgesellschaften boten als juristische Personen gerade die Gewähr für Kontinuität und eine genügend große Haftungsmasse. Am ausführlichsten beschrieben ist die Deutsche Treuhandgesellschaft. Sie wurde ursprünglich mit dem Ziel gegründet, nordamerikanische Wertpapiere zu verwalten und die Interessen deutscher Anleger in den USA sicherzustellen465. Später kamen auch treuhänderische Aufgaben in anderen Staaten und im Inland, etwa nach dem SchuldverschreibungsG, sowie die Vertretung von Pfandbriefgläubigern und die Sanierung notleidender Gesellschaften hinzu. Ab 1901 verlagerte sich der Schwerpunkt der Tätigkeit auf die Bilanzprüfung und Revision, aber § 2 Nr. 7 des 1901 geänderten Statuts der Gesellschaft enthielt weiterhin die Vermögensverwaltung und Testamentsvollstreckung als Zweck der Gesellschaft466. Die Deutsche Treuhand erhob für die Verwaltung von Effekten eine Jahresgebühr von 0,5 0/00 des Nominal- oder Effektenwerts und legte je nach Vereinbarung viertel- oder halbjährlich Rechenschaft ab467. Bei der Deutschen Treuhandgesellschaft wird diese Dienstleistung nur gelegentlich nachgefragt, wie der Geschäftsbericht

___________ 462 Ihre Tätigkeit beschreiben Rosendorff und Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 31 (1906), 604, 606 ff. bzw. 35 (1908), 474 ff.; Henschel, Treuhand- und Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaften, Schles.Z. 1909, Nr. 910; Bernhard, Plutus 2 (1905), 457 f. 463 Beispiele dafür bei Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), 474, 484. 464 Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), 474, 483. 465 Rosendorff, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 31 (1906), 604, 608 f.; Nachod, Treuhänder, S. 89; Schuld, Geschichte der Deutschen Treuhand-Gesellschaft, S. 12 ff. 466 Schuld, Geschichte der Deutschen Treuhand-Gesellschaft, S. 34, erwähnt, dass gerade wegen der Übernahme dieser Tätigkeiten das Grundkapital der Gesellschaft im Jahr 1907 von 1,5 Mio. Mark auf 2 Mio. Mark heraufgesetzt wurde. 467 Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), 474, 484; anders Nachod, Treuhänder, S. 102, der meint, die Gebühren seien von Fall zu Fall festgesetzt worden.

293

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

aus dem Jahr 1904 angab468; Nachod führt dies auf die mangelnde Bekanntheit dieses Geschäftszweiges und die fehlende Werbung zurück469. Der Kundenkreis beschränkte sich auf vermögende Herren „im reifen oder vorgerückten Alter“470; Vermögensverwaltungen zugunsten von Witwen oder Minderjährigen kamen nur selten vor471. Dass andere Treuhandgesellschaften in diesem Geschäftsbereich eher Fuß fassen konnten, belegt der Bericht der Revisions-Treuhand-Aktiengesellschaft vom 1.3.1910, einer Tochtergesellschaft der Diskonto-Gesellschaft: „Eine größere Anzahl von Testamentsvollstreckungen und Vermögensverwaltungen zum Teil sehr erheblichen Umfangs ist uns bereits übertragen worden. Wir haben mehrfach die Genugtuung gehabt, von unseren Auftraggebern zu hören, dass ihnen unsere Gesellschaft in ihrer Organisation und ihrer Behandlung der Angelegenheiten gerade das bietet, was von ihnen seit langem gesucht wurde“472. Roth stellt für die Zeit bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs fest, dass es zahlreiche Fälle von Immobilien- und Effektenvermögensverwaltungen gegeben habe, dass diese Zahl aber noch weit hinter der Bedeutung von Vermögensverwaltungen in England zurückbleibe473. Die Berichte der deutschen Treuhandgesellschaften belegten aber eine kontinuierliche und beträchtliche Steigerung des Geschäftszweigs der Vermögensverwaltungen und Testamentsvollstreckungen474. Hauptkonkurrent der Treuhandgesellschaften waren Notare, Rechtsanwälte oder Privatbankiers, die enge persönliche Kontakte zu den Vermögensinhabern unterhielten oder im Anschluss an eine Testamentsvollstreckung das Vermögen weiter verwalteten475. In der Praxis kristallisierten sich jedoch schon damals zwei Gesichtspunkte heraus, die für eine Wahrnehmung der Vermögensverwaltung durch Treuhandgesellschaften sprachen. Zum einen ___________ 468 Nachod, Treuhänder, S. 101; Rosendorff, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 31 (1906), 604, 611 f.; ebenso Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), 474, 489, der diese Aussage allerdings auf alle Treuhandgesellschaften bezieht. 469 Nachod, Treuhänder, S. 103. 470 Nachod, Treuhänder, S. 102. 471 Diese Tatsache widerspricht der Einschätzung Henschels, Treuhand- und Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaften, Schlesische Zeitung 1909, Nr. 910 vom 29.12.1909, der gerade die Treuhandanstalten als ideale Verwalter für diesen Personenkreis einschätzte. 472 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 573 Fn. 1. 473 P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 19, 21 f. 474 P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 28. 475 Nachod, Treuhänder, S. 99 f.; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 92; P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 21 f., 27, 93.

294

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

wurde auf die Interessenkollision bei Banken hingewiesen, die dadurch entsteht, dass eine häufige Umschichtung des Depots den Gebührenanfall erhöht476. Zum anderen ist der Anwalt und der Privatbankier ein „sterblicher“ Vermögensverwalter (1909 wurden 45 Privatbanken, 1910 50, 1911 35, 1912 24 geschlossen). Dies begrenzte ihre Chancen auf dem wachsenden Markt für Vermögensverwaltungen, denn juristische Personen erwiesen sich damit bei auf Dauer angelegten Vermögensverwaltungen als geeigneter477. Da die Vermögensverwaltung jedoch eine Dienstleistung darstellt, die ein starkes Vertrauen in die Person des Verwalters voraussetzt, bedurfte es bei den juristischen Personen noch einiger Anstrengungen, um der Kundschaft zu verdeutlichen, dass nicht nur der Privatbankier, sondern auch der angestellte Bankmitarbeiter derartiges Vertrauen rechtfertigt. Bevor sich diese Bemühungen auszahlen konnten, vernichtete der Erste Weltkrieg und die Inflation viele der großen Vermögen, so dass die Bedeutung der Vermögensverwaltung stark zurückging. Abschließend erwähnt sei, dass bereits vor dem Ersten Weltkrieg das Treuhand- und das Vertretermodell der Vermögensverwaltung bekannt waren478. Der Übertragung des Vermögens auf den Verwalter wurde jedoch mit Misstrauen begegnet479, weshalb schon damals das Vertretermodell dominierte.

5. Entwicklung des Anlegerschutzes in Deutschland a) Gesellschaftsrechtliche Entwicklung in Deutschland Das Festhalten des ADHGB am Konzessionssystem brachte – wie ausführlich dargelegt – große praktische Schwierigkeiten mit sich. Der Wechsel zum System der Normativbedingungen480, der mit der ersten Aktienrechtsnovelle von 1870481 erfolgte, war daher nur konsequent. Der Gesetzgeber versäumte es jedoch, in der Aktienrechtsnovelle ausreichende Sicherungen ___________ 476 Goetz, Treuhandwesen, S. 12, 16. Ders., Treuhandgesellschaften, S. 6, meint, das Problem müsse im Rahmen der Beratung des Kunden gelöst werden, plädiert also für eine Offenlegung des Interessenkonflikts. 477 So die Einschätzung von P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 69, 93; Goetz, Treuhandwesen, S. 37; ders., Treuhandgesellschaften, S. 15 f.; a. A. Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 92, der auf das persönliche Vertrauen abhebt. 478 P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 19 f., der sie allerdings noch nicht ausdrücklich als eigenständige Modelle bezeichnet. 479 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 566 f. 480 Die für gewisse Tätigkeitsbereiche vorbehaltenen Ausnahmen (gewisse Bankgeschäfte, Eisenbahnbau) beschreibt Zimmermann, Buschs Archiv 20 (1871), 406 (412 ff.). 481 Gesetz betr. die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 11.6.1870, BGBl. Norddt. Bund 375.

295

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

der Anleger vorzusehen, obwohl er eine Periode der Spekulation vorausgesehen hatte482. Im Zusammenspiel von Aktienrechtsnovelle und der Gewerbeordnung von 1869483 genossen die Aktiengesellschaften nun die volle Gründungs- und Gewerbefreiheit. Dies und der Wirtschaftsaufschwung nach dem Ende des Krieges von 1870/71 führten zu einem Gründungsboom bei Aktiengesellschaften und insbesondere bei Aktienbanken. Zwischen 1870 und 1873 wurden in Deutschland rund 1.300 Aktiengesellschaften484 und 179 Aktienbanken gegründet485. Indirekt trug der Staat eine hohe Mitverantwortung für die Gründungswelle, da er die französischen Reparationszahlungen dazu nutzte, Anleihen zurückzuzahlen, und auf diese Weise den Kapitalüberfluss ausweitete. Die Schwächen der ersten Aktienrechtsnovelle traten rasch zutage, als – ausgelöst durch den Zusammenbruch der Wiener Börse im Mai 1873486 – die Berliner Börse in eine Krise geriet, die einen Großteil der Banken487 und andere neu gegründete Aktiengesellschaften mit sich riss. Die Konkurswelle war die Folge einer unzureichend geregelten Organisationsverfassung und lückenhafter Grundsätze zur Kapitalaufbringung und -erhaltung. Die Reaktionen hierauf reichten vom Ruf nach Abschaffung der Aktiengesellschaft bis hin zur Wiedereinführung einer staatlichen Aufsicht488. Die Krise löste umfangreiche Arbeiten an der Reform des Aktienrechts aus489, die in die 2. Aktienrechtsnovelle von 1884 mündeten490. ___________ 482 Dies ergibt sich aus den bei Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 146, zitierten Materialien. 483 Gewerbeordnung vom 21.6.1869, BGBl. Norddt. Bund 245. 484 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 35. 485 M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 226. 486 Allein am 15.5.1873 erklärten sich 120 Börsenmitglieder für insolvent, Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 159 Fn. 2. 487 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 37; Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 63, sowie Born, Geld und Banken, S. 157, sprechen von 73 der bestehenden 139 Banken bzw. der 108 Neugründungen. M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 226, nennt höhere Zahlen. 488 Vgl. statt vieler die Nachweise bei Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 37. 489 Ausführlich zu den einzelnen Stationen Schubert, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 1 ff. Die Missstände der Gründerzeit schildert Hommelhoff, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 55 f. Vgl. auch die Zahlenangaben in der Allgemeinen Begründung zum Gesetzentwurf von 1884, bei Schubert/Hommelhoff, S. 408 ff. 490 Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18.7.1884, RGBl. 123, dazu Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 89 ff.

296

Die Entwicklung von 1870 bis 1914

Bemerkenswert ist, dass 1873 auch Österreich eine Krise erlebte, obwohl man dort am Konzessionssystem festgehalten hatte. Dieses war jedoch zu lax gehandhabt worden491 und konnte zudem aufgrund seiner inhärenten Schwächen keine wirksame Vorsorge leisten. Österreich reagierte bereits 1875 mit dem Erlass eines Börsengesetzes492, während die Reaktion in Deutschland lang auf sich warten ließ und zunächst halbherzig ausfiel, da sie rein gesellschaftsrechtlich orientiert war. Die Verfasser der 2. Aktienrechtsnovelle von 1884 verfolgten vor allem das Ziel, die in der Gründerzeit aufgetretenen erheblichen Missstände und Schwindelgründungen mit einer Verschärfung des Aktienrechts zu unterbinden493. Dazu wurden AG und KGaA verstärkt Normativbestimmungen unterworfen in der Absicht, die grundsätzlich nötige Eigenverantwortung der Anleger durch staatliche Maßnahmen zu unterstützen und damit das Vertrauen in den Aktienmarkt generell wiederherzustellen494. Die Novelle baute die vorhandenen Strukturen und Sicherungen konsequent (wenn auch nicht vollkommen) aus und enthält damit „alle für die Gestalt des modernen Aktienrechts wesentlichen Regelungen mit Ausnahme des Konzernrechts zumindest im Ansatz“495. Die – vom Liberalismus geprägte – Idee des Selbstschutzes der Anleger durch deren Information setzte ein Interesse der Aktionäre an der Gesellschaft und nicht nur an kurzfristigen Spekulationsgewinnen voraus. Der Gesetzgeber übersah jedoch, dass schon in der Vergangenheit ein Eigeninteresse der Anleger nicht immer in ausreichendem Maße vorhanden gewesen war496. Auch war der Minderheitenschutz gegen Großaktionäre noch unterentwickelt, so dass sich die Kleinanleger – sofern sie ein entsprechendes Interesse zeigten – oft nicht ausreichend selbst schützen konnten. Die im Übrigen erhobenen Forderungen und Vorschläge497 waren dagegen Anstoß für die spätere Einführung eines Börsengesetzes von 1896. Sie markieren damit ___________ 491 Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 155 ff. 492 Einzelheiten bei Ehrenberg, Fondsspekulation, S. 160 ff. 493 Glücklicherweise verwarf man die Forderungen nach Abschaffung der AG genauso wie ihre Beschränkung auf bestimmte Tätigkeitsbereiche. 494 Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften nebst Begründung und Anlagen, Entwurf B (1884), abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 415 und 408. 495 Zöllner, in: Köln. Komm. AktG1, Einl, Rdn 64; im Gegensatz dazu ist die zeitgenössische Kritik heftig, vgl. die Nachweise bei Schubert, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 44 ff. 496 Dazu Assmann, Prospekthaftung, S. 57; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 37 f. 497 Im Einzelnen dazu Hommelhoff, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 58 f. m. w. N.

297

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

den Beginn einer am Kapitalmarkt ansetzenden rechtlichen Regelung und die Loslösung vom bisherigen rein gesellschaftsrechtlichen Ansatz498. Neben den bislang im Vordergrund stehenden Innenschutz sollte künftig ein ihn ergänzender Außenschutz treten. Das HGB von 1897 und die Aktiengesetze von 1937 und 1965 brachten eine Reihe wichtiger und teilweise grundlegender Änderungen (z. B. das Konzernrecht) mit sich, auf die im Rahmen der hier untersuchten Fragestellung nicht eingegangen werden muss. Entscheidend ist vielmehr die Feststellung, dass Frankreich, England und später auch Deutschland von einer liberalistischen Grundhaltung ausgingen. Sie unterwarfen die Aktiengesellschaften einem Regelungsrahmen, der den Schutz der Gesellschafter sicherstellen sollte und der mit jeder Reform verfeinert wurde. Über lange Zeit begriff man den Aktionär jedoch immer noch als Gesellschafter mit unternehmerischem Interesse und nicht als Kapitalanleger. Aus Sicht der Vermögensverwaltung bedeutend ist die Tatsache, dass mit dem nun bestehenden Aktienrecht ein Regelungsrahmen geschaffen wurde, der eine von krassen Missbräuchen (wie in den Jahren 1870–73) weitgehend freie Anlage von Kapital ermöglichte. Die gesellschaftsrechtlichen Reformen haben also das Risiko eines Substanzverlusts von Kapitalanlagen in Aktien deutlich reduziert und damit zum Aufblühen dieser Anlageart beigetragen. b) Indirekte Bankenregulierung durch das Gesellschaftsrecht Mit der Kodifizierung des Aktienrechts im Jahre 1861, der Gewerbeordnung von 1869 und der endgültigen Abkehr vom Konzessionssystem im Jahre 1870 setzte ein grundlegender Wandel im Bankwesen ein. Aufgrund der nun gegebenen Rechtssicherheit in Bezug auf die Gründung und den Umfang der Haftung der Gesellschafter organisierten sich Banken zunehmend als Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften499. Die meisten dieser Aktienbanken waren – wie dargelegt – unter Mitwirkung von Privatbankiers gegründet worden, die die Vorteile der neuen Organisationsform erkannten500. Sie versuchten, über ihren Einfluss innerhalb der Aktienbank

___________ 498 Ob der Gesetzgeber allerdings damals schon in diesen differenzierten Kategorien dachte, wie Hommelhoff, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 64, meint, muss bezweifelt werden; dazu Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 64 m. w. N. 499 Einzelheiten bei Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 47 ff., 63 m. w. N. 500 Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 30 ff.; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 31 f.

298

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sicherzustellen, dass ihrer Privatbank keine Konkurrenz drohte501, doch war ein solches Vorgehen langfristig zum Scheitern verurteilt502. Es kam zu ersten Übernahmen von kleineren Privatbanken und zur Übernahme von Beteiligungen an Privatbanken503. Der wirtschaftliche Aufschwung bewirkte einen Gründungsboom an Aktienbanken, in dessen Zuge auch einige der heutigen Großbanken (1870 Commerzbank und Deutsche Bank sowie 1872 Dresdner Bank) entstanden. In der Krise von 1873 fielen über die Hälfte der bestehenden Banken in Konkurs504; es kam zu einer Konzentration im Bankwesen505. Der Reichsgesetzgeber, dem die Gesetzgebungskompetenz für allgemeine Bestimmungen über das Bankwesen zustand, konnte sich 1874 trotz eines entsprechenden Antrags des Abgeordneten Sonnemann im Reichstag nicht zu einer Regulierung der Depositenbanken entschließen506. Das 1875 verabschiedete Bankgesetz507 regelte – trotz seines weitreichenden Titels – nur das Notenbankwesen508 und die Reichsbank509. Ungeregelt blieb ferner das Börsenrecht, so dass auch nach Erlass des ADHGB eine einheitliche börsenrechtliche Regelung fehlte. Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, nutzten einige Staaten (Preußen, Württemberg, Hamburg) das jeweilige Einführungsgesetz zum ADHGB, um wenigstens grundlegende Fra-

___________ 501 Dies wird etwa von Adalbert Delbrück (Delbrück, Leo & Co.) berichtet, der an der Gründung zahlreicher Aktienbanken beteiligt war und seinen Einfluss innerhalb der Verwaltung der Gesellschaft entsprechend nutzte, vgl. Krüger, Kölner Bankiergewerbe, S. 32 Fn. 1; M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 259 f. 502 Unrichtig ist die Auffassung von M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 260, der meint, die Privatbankiers hätten ihre Machtstellung u. a. deshalb verloren, weil die Aktienrechtsnovelle von 1884 die Kompetenzen des Aufsichtsrats auf eine reine Kontrollfunktion zurückgeschnitten habe. Er übersieht damit, dass Art. 225 Abs. 3 ADHGB die Möglichkeit eröffnete, dem Aufsichtsrat kraft Satzungsbestimmung auch andere als Überwachungsaufgaben zuzuweisen, wovon die Praxis reichlich Gebrauch machte. Dies führte um die Jahrhundertwende zu einer heftigen Debatte (sog. „Aufsichtsratsfrage“), dazu Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 71 f. m. w. N. 503 M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, Tabelle S. 190 sowie S. 191. 504 S. o. S. 296 Fn. 487. 505 Treue, Privatbankwesen, S. 127; Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 32; Wallich, Konzentration, S. 9 ff. 506 Pröhl, KWG, Einleitung; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 39; Bähre, ÖBA 1981, 182. 507 Bankgesetz vom 14.3.1875, RGBl. 177. 508 Zur Entwicklung der Zettelbanken und der aufgetretenen Missstände Weber, Depositenbanken, S. 48 f.; Born, Geld und Banken, S. 29 ff. 509 Deren Wirken bis zum 1. Weltkrieg stieß auf allgemeine Zustimmung, vgl. statt vieler Weber, Depositenbanken, S. 54 ff.

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gen zu regeln510. Die trotzdem noch große Regelungslücke war eine Ursache für den Gründungsboom in den Jahren 1870 bis 1873 mit anschließendem Zusammenbruch des Markts. Die Zulassung zum Börsenhandel war nicht oder kaum beschränkt, die Zulassungsvoraussetzungen für Effekten waren gering und Kursmanipulationen wurden nicht unterbunden511. Wie bereits dargelegt, reagierte der Gesetzgeber erst 1884 mit der 2. Aktienrechtsnovelle auf die Missstände und verfolgte damit einen rein gesellschaftsrechtlichen Ansatz. c) Die Krise von 1891 und ihre Folgen für den Anlegerschutz Dieser Ansatz erwies sich schon bald als unzureichend. Bereits 1891 brachen mehrere Privatbanken, darunter das bedeutende Bankhaus Hirschfeld & Wolff, zusammen. Im Zuge des Konkursverfahrens offenbarten sich zahlreiche Veruntreuungen bei Wertpapiergeschäften. Im selben Jahr erschütterte eine künstliche Hausse an der Berliner Produktbörse den Getreidemarkt512. Die Ereignisse des Jahres 1891 lösten eine breite Diskussion über die Frage der rechtlichen Erfassung von Wertpapier- und Termingeschäften aus. Der Umfang der Börsengeschäfte rief sozialpolitische Forderungen nach einer Eindämmung dieser „widernatürlichen Kapitalansammlung in wenigen Händen“ und Beseitigung der wachsenden Ungleichheit der Güterverteilung hervor513. Da Börsengeschäfte ohnehin schon der bereits erwähnten Stempelabgabe514 unterlagen, bestand insoweit jedoch kein akuter Handlungsbedarf. Anders verhielt es sich dagegen im Hinblick auf die rechtsethischen und polizeilich-strafrechtlichen Forderungen, die auf einen besseren Schutz der Anleger, insbesondere solchen ohne Vorkenntnisse, zielten. Zwar lehnte der Gesetzgeber erneut die Schaffung eines Depositenbankgesetzes ab515, erließ aber eine gesetzliche Regelung zur Individualpublizi___________ 510 Dazu Nußbaum, Börsengesetz, S. XV f.; Bremer, Grundzüge, S. 26 f. Ungenau M. Pohl, in: Bankengeschichte, Bd. 2, S. 148, der die Einführungsgesetze mit dem ADHGB verwechselt. Die börsenrechtlichen Regelungen in den einzelnen deutschen Bundesstaaten und im Ausland sind in der 186 Seiten umfassenden Anlage zum Bericht der Börsen-Enquête-Kommission beschrieben. 511 Assmann, Prospekthaftung, S. 56. 512 Bericht der Börsen-Enquête-Kommission, S. 3; Sayous, Les Bourses Allmandes, S. 20 ff.; Nußbaum, Börsengesetz, S. XVI ff. 513 Hierzu und zum Folgenden J. Goldschmidt, in: Goldschmidt/Lesse, Depotwesen, S. 3 f., und weitere Nachweise auf S. 6 in der Fn. 514 S. o. S. 289 Fn. 441. 515 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 40. J. Goldschmidt, in: Goldschmidt/Lesse, Depotwesen, S. 27 ff., plädierte etwa für eine regelmäßige Revision und Offenlegung des Vermögensstatus der Banken und wollte das Propregeschäft verbieten, um Interes-

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tät516. Danach waren alle Betriebe, die Geld- oder Kreditgeschäfte gewerblich betrieben, ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform verpflichtet, ihren Kunden einmal jährlich einen Kontoauszug zu erteilen, aus dem sich der Kontostand und die Kontoentwicklung im vergangenen Jahr ersehen ließ. Die Pflicht war strafbewehrt und als weitere Sanktion sah das Gesetz den Verlust aller Zinsen für solche Geschäfte vor, über die vorsätzlich kein Kontoauszug erteilt worden war. Aufgrund des weiten Anwendungsbereichs waren alle Banken erfasst. Auch die Vermögensverwaltung konnte der Neuregelung unterfallen, sofern der Verwalter eine Verwaltung nach dem Treuhandmodell und damit „Geldgeschäfte“ i. S. d. Gesetzes durchführte. Diese erste Regelung zur Individualpublizität blieb allerdings nur kurze Zeit in Kraft. Mit Art. 47 EGBGB517 schaffte der Gesetzgeber sie wieder ab. d) Das Börsengesetz Im Zuge der Krise von 1891 verstummten auch die Stimmen, die die Notwendigkeit einer gesetzlichen Börsenregelung mit zumeist wenig stichhaltigen Bedenken geleugnet hatten518. Im Reichstag begannen umfangreiche Vorarbeiten zu einem Börsengesetz, von denen der 1893 verabschiedete Bericht der Börsen-Enquête-Kommission sicherlich am bedeutendsten war. Sie mündeten in der Verabschiedung des Börsengesetzes von 1896519, das eine ganze Reihe anlegerschützender Vorschriften enthielt. Die Errichtung einer Börse bedurfte nun einer staatlichen Genehmigung; ihr Betrieb unterlag einer laufenden Überwachung durch einen Staatskommis___________

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senkollisionen auszuschließen. Er hoffte, dass ein solches Verbot auch Anstoß zur Herausbildung eines Trennbankensystems sein könne. Diesen Forderungen widersprach die Reg. Begr., Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 151 (1896), S. 46, sowie Lesse, in: Goldschmidt/Lesse, Depotwesen, S. 33 f., und später Ruth, Depotgesetz, S. 9 f. Art. II des Gesetzes betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher vom 19.6.1893, RGBl. 197. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896, RGBl. 604. Dazu Assmann, Prospekthaftung, S. 59 f. Wie unterschiedlich die Haltung der jeweiligen Gesetzgeber zu dieser Frage war, zeigt ein Blick auf die Nachbarstaaten. In Österreich etwa hatte man schon 1875 ein „Börsegesetz“ (Gesetz vom 1.4.1875, RGBl. Nr. 67) geschaffen, während man in der Schweiz trotz der Börsenkrise von 1889/1890 keine Notwendigkeit zu einer Regelung auf Bundesebene sah. Frankreich, die Niederlande und Belgien hatten die grundlegenden Fragen des Börsenrechts in ihren Handelsgesetzbüchern von 1807 bzw. 1838 und 1873 geregelt, vgl. Bremer, Grundzüge, S. 155, 159, 170, 179, 182. Börsengesetz vom 22.6.1896, RGBl. 157; dazu Sayous, Les Bourses Allmandes, S. 50 ff.; Nußbaum, Börsengesetz; Schulz, Börsengesetz; Merkt, in: Hopt/Rudolph/ Baum, Börsenreform, S. 63 ff., 83 ff.

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sar. Das Gesetz statuierte eine Prospektpublizität und -haftung, regelte die Börsenzulassung, den Terminhandel, das Kommissionsrecht und die Kursfeststellung. Ergänzend enthielt das Gesetz eine Reihe von anlegerschützenden Strafvorschriften. In die Vorstände der Produktbörsen waren Landwirte aufzunehmen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BörsG). Diese in ihrer Zeit sehr fortschrittliche Mitvertretungsregelung stieß auf heftige Kritik und hat sich in der Praxis nicht bewährt520. Die bisherigen Börsenvorstände versuchten die Regelung zu umgehen und weigerten sich, eine dem Gesetz genügende Börsenordnung zu erlassen. Kleinere Produktbörsen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen, wurden deshalb aufgelöst (Köln, Halle, Posen, Stettin und Gleiwitz). Der preußische Minister für Handel und Gewerbe genehmigte am 23.12.1896 eine Börsenordnung521, die die Beteiligung der Landwirte vorsah. Die „Freie Vereinigung der Berliner Produktenbörse“ beschloss, sich fortan nicht mehr an der Berliner Getreide- und Produktenbörse zu beteiligen. Sie gründete den „Verein der Berliner Getreide- und Produkthändler“ und wickelte ihren Börsenhandel im angemieteten Feenpalast ab. Die preußische Regierung verbot diese Winkelbörse. Die gegen die Auflösungsverfügung gerichtete Klage blieb in zweiter Instanz erfolglos. Das Preußische OVG legte den Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 BörsG) weit aus. Es handele sich nicht nur um eine Norm, die genehmigten Börsen einen Sonderstatus verleihe, sondern gleichzeitig um ein Verbotsgesetz, das nichtgenehmigte Börsen untersage. Nur so lasse sich der mit dem Gesetz verfolgte Zweck erreichen, künftig Missbräuche zu unterbinden. Von der Genehmigungspflicht seien daher alle Zusammenkünfte erfasst, die – auch wenn sie nicht als Börse bezeichnet waren – doch einem vergleichbaren Zweck dienten522. Der Anlegerschutz erfuhr durch dieses Urteil eine deutliche Stärkung, da Umgehungen des Gesetzes nun ausgeschlossen waren und dieser Rechtsprechung sicherlich Vorbildfunktion im Hinblick auf die spätere gewerbepolizeiliche Regulierung anderer Bereiche des Bankwesens zukam. Das Börsengesetz stieß aber auch im Übrigen auf Kritik. Zum einen war es sicherlich nicht immer ausreichend präzise formuliert523. Zum anderen hielten die Börsenkreise eine Staatsaufsicht für entbehrlich524. Hier zeigt sich ___________ 520 Zum Folgenden Nußbaum, Börsengesetz, S. XXII ff. sowie XXX; Bremer, Grundzüge, S. 29 f. 521 Deutscher Reichs-Anzeiger Nr. 309 vom 30.12.1896. 522 PrOVGE 34, 315 (328 ff.) – Feenpalast-Urteil. 523 Kritisch deshalb Nußbaum, Börsengesetz, S. XXVIII: „In formeller Hinsicht ist das Börsengesetz in solchem Maße mißlungen wie wohl kein anderes der neueren Reichsgesetze“. 524 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 41.

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eine interessante Parallele zur heutigen Situation. Als die Finanzportfolioverwaltung zum 1.1.1998 der staatlichen Beaufsichtigung unterworfen wurde, äußerte eine Reihe von Vermögensverwaltern die Ansicht, man sei bislang in der Lage gewesen, ein ordnungsgemäßes Geschäftsgebaren sicherzustellen; die Aufsicht sei überflüssig. Der anfängliche Widerstand gegen jede Form von Aufsicht ist sicherlich verständlich, da der sich beklagende Rechtstreue für vorangegangenes unredliches Verhalten von Wettbewerbern „büßen“ muss. Der Widerstand scheint aber darüber hinaus auch auf einer einseitigen Wahrnehmung zu beruhen. Wenn sich die Zahl der Missbräuche über einen gewissen Zeitraum in engen Grenzen hält, lässt die Bereitschaft zur Vorsorge oder zur Schaffung einer Aufsicht nach. Dabei wird verkannt, dass auch ein durchschnittliches Missbrauchspotential von nur wenigen Prozent das Vertrauen in den Markt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer schädigen kann, wie beispielsweise die Diskussion um die Einführung eines Insiderrechts in Deutschland gezeigt hat525. Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass es nach einer Periode der Ruhe zu drastischen Missbräuchen oder Skandalen kommt. Die Notwendigkeit eines Aufsichtsrechts muss daher am Verhältnis von Wahrscheinlichkeit und Ausmaß drohender Schäden einerseits und Aufwand und Wirksamkeit der Aufsicht andererseits bemessen werden. Bei einer derartigen Abwägung erschien – vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Skandale – die Schaffung einer Börsenaufsicht dringend notwendig. Das Börsengesetz, das durch eine Novelle von 1908 geändert wurde526, blieb über Jahrzehnte in seinen Grundzügen unangetastet. Im Hinblick auf die Vermögensverwaltung stellte das Gesetz schon deshalb einen großen Fortschritt dar, weil es einen ordnungsgemäßen börslichen Handel und eine geregelte Preisfeststellung gewährleistete. Damit kam es dem Anleger, der das Konditionenrisiko zu tragen hat, unmittelbar zugute. Nicht gelöst wurde hingegen die Frage, wie Interessenkollisionen im Zusammenhang mit dem Selbsteintrittsrecht des Kommissionärs zu lösen seien. Diese Frage war schon im Vorfeld der gesetzlichen Regelung Gegenstand heftiger Kontroversen527. Zu einer Empfehlung, das Selbsteintrittsrecht zu verbieten, konnte sich die Börsen-Enquête-Kommission nicht durchringen, obwohl Kursmanipulationen und -schnitte sowie Scalping offenbar schon damals des Öfteren ___________ 525 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, vor § 12 Rdn. 1 ff., insbesondere Rdn. 11 m. w. N. 526 Gesetz vom 8.5.1908, RGBl. 183; neu bekannt gemacht am 27.5.1908, RGBl. 215, dazu Merkt, in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 89 f. 527 Vgl. etwa den Bericht der Börsen-Enquête-Kommission, S. 164 ff.; J. Goldschmidt und Lesse, in: Goldschmidt/Lesse, Depotwesen, S. 19 f., 42.

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vorkamen528. Ein Verbot der schon damals üblichen Praxis, sich das Selbsteintrittsrecht in Geschäftsbedingungen vorab gestatten zu lassen, sah man ebenfalls als wenig erfolgversprechend an. Infolgedessen war dieses Thema auch Gegenstand heftiger Debatten im Reichstag. Dort wurden ebenfalls Beispiele vorgetragen, die zeigten, dass Kursschnitte zum Nachteil der Kommittenten durchaus üblich waren. Die Vorschriften zur Kommission (§§ 71 ff. BörsG, später §§ 400 ff. HGB) lösten das Problem ebenso wenig wie die theoretische Möglichkeit der Strafverfolgung nach § 95 BörsG529. Auch Gebührenreiterei war schon bekannt. So wird von einem Fall berichtet, in dem von einem Depot im Wert von 10.000 Mark in zwei Monaten Umsätze in Höhe von 1,3 Mio. Mark getätigt wurden530. Ein weiteres bis heute ungelöstes Problem531 beschäftigte damals die Abgeordneten, nämlich die willkürliche Praxis der Zuteilung von Neuemissionen an die Zeichner. Eine Beschränkung der Vertragsfreiheit, also der Frage, wem die Emission zugeteilt werde, lehnte man zu Recht ab. Gefordert wurde jedoch, dass das Emissionskonsortium im Prospekt offen legt, nach welchen Kriterien es die jungen Papiere verteilen werde532. Diese Forderung fand keinen Eingang in das Gesetz. e) Das Depotgesetz Die Skandale des Jahres 1891 lösten noch ein weiteres Gesetzesvorhaben aus. Um Rechtssicherheit herzustellen, die Möglichkeit von Veruntreuungen zu minimieren und das Insolvenzrisiko der Wertpapierkunden zu mindern, schuf der Gesetzgeber – nach Abstimmung mit den betroffenen Banken533 und nach Befassung des DJT534 – ein Depotgesetz535. Im Gegensatz zum Börsengesetz stieß dieses Vorhaben von Anfang an auf breite Zustim___________ 528 Ein frühes Beispiel findet sich auch in RGZ 14, 123; s. a. Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 103 („Kursmanipulation“ und „Depotfixen“). 529 Rumpf, AcP 119 (1921), 1, 103 f.; Nußbaum, JW 1914, 15 f. 530 Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 143 (1896), S. 209. 531 So beschäftigte sich das Wirtschaftsmagazin Plus-Minus am 7.1.1999 mit dem Skandal der Aktienzuteilung durch die DG-Bank. 532 Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 143 (1896), S. 229. 533 Vgl. den Bericht des Ministers für Handel und Gewerbe in: Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 143 (1896), S. 202; Riesser, Bankdepotgesetz, S. 4. 534 Gutachten von Lesse und J. Goldschmidt, in: Verhandlungen des 22. DJT, Bd. 1, S. 386, 401 ff.; Verhandlung und Beschlussfassung, a. a. O., Bd. 4, S. 173 ff., 421 ff. 535 Gesetz betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere vom 5.7.1896, RGBl. 183, berichtigt RGBl. 194.

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mung536, da die Erfahrung gezeigt hatte, dass das Substanzerhaltungsrisiko bei deponierten Wertpapieren ungleich höher war als bei kurzfristig eingelegten Geldern. Das Gesetz regelte deshalb die Pflichtenstellung des Wertpapiere verwahrenden Bankiers. Zudem schuf es beim Kommissionsgeschäft Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage des Eigentumsübergangs auf den Kommittenten. Hier hatte die Rechtsprechung den Eigentumsübergang auf den Kunden davon abhängig gemacht, wie konkret der Bankier den Kunden über die erworbenen Wertpapiere benachrichtigte537. Da die Banken den Inhalt und den Zeitpunkt der Benachrichtigung unterschiedlich handhabten und auch die in Bezug auf das Kommissions- und das Depotgeschäft verwendeten Geschäftsbedingungen der Banken538 keinen einheitlichen Standard festschrieben, hatte der einzelne Bankier es faktisch in der Hand, den Eigentumserwerb des Kunden zu verzögern. Dem Kunden stand solange nur ein obligatorischer Anspruch auf Bekanntgabe der Nummern und damit auf Eigentumsverschaffung zu. Der Kommissionär konnte folglich Verfügungen über die auf Rechnung des Kunden, aber noch im Eigentum der Bank stehenden Wertpapiere vornehmen539, ohne dass dies strafrechtlich relevant gewesen wäre540. Insbesondere konnte der Kommissionär wirtschaftlich fremde Papiere als Kreditunterlage für eigene Spekulationen nutzen. Zudem trug der Kunde das Insolvenzrisiko hinsichtlich des Verschaffungsanspruchs, während ihm nach Eigentumsübergang ein Aussonderungsrecht an den Wertpapieren zugestanden hätte. Aber selbst nach vollzogenem Eigentumsübergang erwies sich das Aussonderungsrecht oftmals als wertlos, weil das Prinzip der Vermögenstrennung nicht vorgeschrieben war. Ein gesetzlicher Mindeststandard hinsichtlich der Pflicht zur Eigentumsverschaffung und getrennten Aufbewahrung von Wertpapieren erwies sich daher als unentbehrlich. Dem trug der neu geschaffene § 3 Abs. 1 DepotG Rechnung, indem er den Kommissionär verpflichtete, binnen drei Tage nach dem Geschäftsabschluss ein Stückeverzeichnis zu übersenden. War der Kommissionär mit dem Um___________ 536 Zurückhaltend nur L. Goldschmidt, Preuß. Jahrbücher 68 (1891), 876, 886 f. 537 Einzelheiten bei J. Goldschmidt und Lesse, in: Goldschmidt/Lesse, Depotwesen, S. 10 ff., 35 ff.; Riesser, Bankdepotgesetz, S. 2. 538 Diese sind beschrieben in einer Anlage zum Bericht der Börsen-Enquête-Kommission unter dem Titel: Systematische Darstellung der Geschäftsbedingungen von 21 Bankfirmen. 539 ROHG 16, 207 (210 ff.); 19, 77 ff.; kritisch dazu L. Goldschmidt, Preuß. Jahrbücher 68 (1891), 876, 886; in der Begründung abweichend auch RGZ 5, 1, 4 f. 540 Vgl. dazu im Einzelnen die Regierungsbegründung, Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 151 (1896), S. 35 ff., sowie L. Goldschmidt, Preuß. Jahrbücher 68 (1891), 876, 879 ff.; Riesser, Bankdepotgesetz, S. 3.

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tausch von Wertpapieren oder der Geltendmachung von Bezugsrechten beauftragt, betrug die Frist 2 Wochen (§ 5 DepotG). Die Absendung des Verzeichnisses bewirkte den Eigentumsübergang auf den Kunden (§ 7 Abs. 1 DepotG). Weiterhin verpflichtete das Gesetz Kaufleute, denen Wertpapiere zur Verwahrung oder als Pfand anvertraut wurden, diese getrennt von ihrem und dem Vermögen Dritter aufzubewahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 DepotG) und sie entsprechend zu kennzeichnen. Der Kaufmann war verpflichtet, ein Handelsbuch zu führen, das über die Gattung, Nennwert und Nummer der Wertpapiere Auskunft gibt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 DepotG). Die Ermächtigung des Kaufmanns, über die fremden Wertpapiere zu verfügen, bedurfte bei nichtkaufmännischen Wertpapierinhabern deren ausdrücklicher schriftlicher Erlaubnis (§ 2 Abs. 2 DepotG). Der mit dem Erwerb von Wertpapieren beauftragte Kommissionär war bei Weitergabe des Auftrags an einen zwischengeschalteten Kommissionär nunmehr verpflichtet, diesem offenzulegen, dass er für Rechnung eines Kunden handelt (§ 8 Abs. 1 DepotG). Der zwischengeschaltete Kommissionär konnte in diesem Fall an den Papieren kein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht wegen sonstiger Forderungen gegen den Erst-Kommissionär geltend machen (§ 8 Abs. 2 DepotG). Die Pflichten des Depotgesetzes waren zivilrechtlich (§§ 4, 6 DepotG) und strafrechtlich (§§ 9–12 DepotG) sanktioniert. Das Depotgesetz stellt – nach den gesellschaftsrechtlichen Reformen von 1870 und 1884 – den zweiten bedeutenden Schritt dar, um das Substanzverlustrisiko bei Wertpapiergeschäften und damit auch bei Vermögensverwaltungen zu mindern. Das nun eingeführte Prinzip der Vermögenstrennung gewährleistete, dass der Kunde eines nach dem Vertretermodell operierenden Vermögensverwalters seine Wertpapiere im Falle des Konkurses des Vermögensverwalters aussondern konnte. Wesentlich unsicherer erwies sich seine Rechtsposition bei der Wahl des Treuhandmodells, da der Vermögensverwalter Eigentümer der Wertpapiere war. Ein Aussonderungsrecht kam nur in Betracht, sofern die Wertpapiere unmittelbar vom Treugeber auf den Treunehmer übertragen worden waren, während die Rechtsprechung ein Aussonderungsrecht ablehnte, sofern die Vermögenswerte nur mit Mitteln des Treuhandvermögens erworben worden waren541. Erweitert wurde auch der Anlegerschutz durch strafrechtliche Sanktionen. Das Depotgesetz stellte Veruntreuungen von Wertpapieren auch insoweit unter Strafe, als § 246 StGB nicht eingriff. Bemerkenswert ist, dass dieses Gesetz die Vermögensverwaltung gleichsam zufällig miterfasste, denn die Regelung dieser Dienstleistung war sicherlich ___________ 541 Vgl. dazu die Darstellung des Treuhandrechts oben auf S. 173 ff.

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nicht das primäre Ziel des Gesetzgebers. Das Phänomen der mittelbaren oder reflexartigen Regelung der Vermögensverwaltung wird auch später noch des Öfteren auftauchen. Trotz des nun durch das Depotgesetz erweiterten Schutzes klaffte eine empfindliche Lücke im Anlegerschutz. Kam es zu Veruntreuungen, konnte der Anleger seine Ersatzansprüche gegen die Bank einbüßen, falls das Bankhaus anschließend insolvent wurde. Obwohl diese Lücke der Börsen-EnquêteKommission und damit auch dem Gesetzgeber aufgrund der Insolvenz der Rheinisch-Westfälischen Bank, Berlin, bekannt war, die schon vor Erlass des Gesetzes die getrennte Verwahrung der Wertpapiere vertraglich zugesagt aber nicht gehalten hatte542, reagierte man nicht. Auch ausländische Erfahrungen, wie die Barings-Krise in London im Herbst 1890, blieben unberücksichtigt. Dort hatte man einen allgemeinen Run nur dadurch abgewendet, dass alle großen Londoner Banken ad hoc ein Garantiekonsortium zur Stützung der Barings-Bank errichteten, um deren kurzfristigen Liquiditätsengpass zu überbrücken543. Zur Schaffung eines Einlagensicherungssystems kam es in Deutschland nicht544. Nach wie vor lückenhaft war der Schutz aber auch insofern, als das Betreiben des Depotgeschäfts jedermann genehmigungsfrei offen stand. f) Forderungen nach einem Depositenbankgesetz Der Tätigkeitsschwerpunkt der Banken verlagerte sich mehr und mehr zum Depositen- und zum Kontokorrentgeschäft545. Die Großbanken betätigten sich darüber hinaus verstärkt im internationalen Geschäft. Vor diesem Hintergrund und den regelmäßig auftretenden Krisen verwunderte es daher nicht, dass bei den Beratungen zum Depotgesetz im Juni 1896 die Forderung nach einem Depositenbankgesetz erneuert und der Reichskanzler aufgefordert wurde, die Einführung von „Sicherheitsmaßregeln für das mit

___________ 542 Riesser, Bankdepotgesetz, S. 7; Weber, ZHR 44 (1896), 29, 42. 543 Born, Geld und Banken, S. 238 f.; Emden, Money Powers of Europe, S. 278 ff. 544 Dagegen entstanden in einzelnen Bundesstaaten der USA ab 1907 wieder Einlagensicherungssysteme, die allerdings in den zwanziger Jahren wieder aufgegeben werden mussten, Schöner, Einlagensicherung, S. 108. 545 Die Entwicklung hin zum bargeldlosen Zahlungsverkehr wurde durch den Erlass des Scheckgesetzes vom 11.3.1908, RGBl. 71, gefördert. Mit dem Gesetz erfolgte im Übrigen die Gleichstellung der Sparkassen mit anderen Banken, da sie die passive Scheckfähigkeit erhielten und Girokonten und Kontokorrentkonten führen durften, ausführlich dazu und zur nachfolgenden Entwicklung der Sparkassen Born, Geld und Banken, S. 208, 466 f.

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Einlagen … beteiligte Publikum“ zu prüfen546. Im Anhang zu diesem Antrag wird das Trennbankensystem erwogen und bemängelt, dass man in der bisherigen Diskussion den Schutz von Einlagen im Konkurs der Bank vernachlässigt habe547. Der Antrag auf Schaffung eines Depositenbankgesetzes blieb wiederum erfolglos548, da man kein Bedürfnis für eine solche Regelung sah549, zumal die Kleinsparer Kunden der Sparkassen waren, die ohnehin schon staatlichen Beschränkungen, der Regierungsaufsicht und der Garantie der Gemeinden und öffentlichen Körperschaften unterlagen. Allein die Hypothekenbanken wurden 1899 in einem eigenständigen Gesetz550 geregelt, um die unterschiedlichen Vorschriften in den Einzelstaaten zu vereinheitlichen und auf die zuvor offenkundig gewordenen Krisensymptome zu reagieren551. Die Gründung einer solchen Bank setzte nun eine Konzession voraus, der eine Bedürfnisprüfung vorausging. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes bedeutend waren die damals neuartigen Regelungen über das Verhältnis von Depositen, Eigenkapital und gewährten Krediten. Die Hypothekenbanken durften Depositen nur bis zur Hälfte des Aktienkapitals entgegengenehmen. Die Emission von Pfandbriefen setzte voraus, dass deren Umfang das Fünfzehnfache des Aktienkapitals nicht überstieg und die Forderungen hypothekarisch gesichert waren. Pfandbriefgläubigern stand ein Konkursvorrecht zu. Damit führte der deutsche Gesetzgeber erstmals risikobegrenzende Strukturnormen im privaten Bankgewerbe ein552. Der Gesetzgeber glaubte, mit den Gesetzen aus den Jahren 1896 und 1899 sowie dem neu geschaffenen Bürgerlichen Gesetzbuch und Handelsgesetz___________ 546 Bericht der IX. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, 4. Session, 1895/97, Anlagen zum Stenograph. Bericht, Nr. 342, S. 1767 ff., 1770 f.; angenommen im Reichstag, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 146, Stenograph. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, 4. Session, 1895/97, Sitzung vom 17.6.1896, S. 2685. 547 Bericht der IX. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, 4. Session, 1895/97, Anlagen zum Stenograph. Bericht, Nr. 342, S. 1777 und 1779. 548 Bemerkenswert war, dass die USA seit 1863 die National Banks unter Aufsicht stellten und auch Japan seit 1890 über eine Aufsicht durch das Finanzministerium verfügte, die Idee einer Bankenaufsicht also keineswegs „exotisch“ war. Details bei Born, Geld und Banken, S. 440, 477. 549 So Vertreter der IX. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, 4. Session, 1895/97, Anlagen zum Stenograph. Bericht, Nr. 342, S. 1767 ff., 1770 f.; Lexis, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 40 (1910), S. 579 f. 550 Gesetz vom 13.7.1899, RGBl. 375. 551 Die Entwicklung des Hypothekenbankenwesens schildert Born, Geld und Banken, S. 189 ff. 552 Bähre, ÖBA 1981, 183 f.

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buch einen ausreichenden Anlegerschutz verwirklicht zu haben, eine trügerische Vorstellung, wie sich bei den Bankinsolvenzen in den Jahren 1900 (Preußische Hypotheken-Aktienbank und Deutsche Grundschuldbank – beide nach ihrem Gründer „Spielhagen-Banken“ genannt553 – sowie Pommersche Hypotheken-Aktienbank) und 1901 (Leipziger Bank) alsbald zeigen sollte. Trotz dieser Krisen scheinen Praxis und Wissenschaft überwiegend der Ansicht gewesen zu sein, dass eine gesetzliche Aufsicht über Kreditinstitute entbehrlich sei. Zum einen befürchtete der III. Allgemeine Deutsche Bankiertag (Hamburg 1907) „gesetzgeberische Experimente“554. Zum anderen verwies man darauf, dass die zunehmende Bankenkonzentration größere und damit wettbewerbsfähigere Institute schaffe, denen die zunehmende Diversifikation ihrer Tätigkeit erlaube, verlustbringende Geschäftsbereiche durch Quersubventionen zu stützen, so dass die Banken zunehmend weniger anfällig seien555. Gefordert wurde dagegen eine bessere Ausbildung der im Bankgeschäft tätigen Personen556. Im März 1908 wurde in Preußen ein Gesetzentwurf eingebracht, der eine Trennung der Depositen- von den Emissionsbanken vorsah und damit das Trennbankensystem einführen sollte. Auch die im Mai 1908 einberufene Bank-Enquête erwog eine solche Trennung, fand später aber nicht die Zustimmung der Reichsregierung557. Gefordert wurde weiterhin eine größere Publizität durch einheitliche, regelmäßig zu veröffentlichende Bilanzen. Indem sich die Großbanken bereit erklärten, im Abstand von zwei Monaten detaillierte Rohbilanzen zu veröffentlichen, gelang es ihnen, das Vorhaben eines Depositenbankgesetzes zunächst weiter hinauszuschieben. Im Jahre 1908 verhandelte eine Reichstagskommission, die sich mit der Änderung des Bankgesetzes beschäftigte, über zwei Resolutionen, in denen die Pflicht zur Veröffentlichung einheitlicher Bankbilanzen und die Schaffung eines Bankaufsichtsamts gefordert wurde558. Nach eingehenden Beratungen wurden die Resolutionsentwürfe abgeschwächt und miteinander verbunden. Der Reichskanzler wurde aufgefordert, einen Gesetzentwurf „zur Bekämp___________ 553 Dazu Born, Geld und Banken, S. 197. 554 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 42 m. w. N.; Pröhl, KWG, Einleitung. 555 Statt vieler Feilbogen, Holdh.Mschr. 15 (1906), 159, 161; a. A. aber Weber, Depositenbanken, S. 101, der in der Bankenkonzentration zu Recht auch Gefahren für die Wirtschaft sah. 556 Feilbogen, Holdh.Mschr. 15 (1906), 159, 161. 557 Die Arbeit der Kommission ist beschrieben bei Lexis, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 40 (1910), S. 577 ff. 558 Bericht der 37. Kommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderung des Bankgesetzes vom 4.5.1909, Verhandlungen des Reichstags, Band 255, Anlagen zu den stenograph. Berichten, Nr. 1384, S. 8404, 8420 f.

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fung der Gefahren, die dem Publikum durch Banken und Bankiers erwachsen, die zur Anlage von Depositen oder Spargeldern … anreizen“ vorzulegen559. Mit diesem Signal hoffte man zudem die Arbeit der Bank-Enquête in Richtung auf eine Stärkung des Anlegerschutzes zu lenken. Der Kommissionsvorschlag wurde vom Reichstag mit großer Mehrheit angenommen560, erwies sich letztlich aber nicht als erfolgreich. Denn die Bank-Enquête561 empfahl 1909 in ihrem Abschlussbericht, von einem Depositenbankgesetz vorläufig noch Abstand zu nehmen, aber die Veröffentlichung von Zweimonatsbilanzen und die Erhöhung der Barreserven der Banken vorzusehen562. Die Schaffung einer gesetzlichen Einlagensicherung wurde nicht befürwortet563. Das Thema war mit diesen Empfehlungen jedoch längst noch nicht abgeschlossen. In der Wissenschaft wurde die Diskussion fortgeführt; der Bankiertag von 1912 beschäftigte sich mit der Frage nach Vorgaben zur Höhe der Barreserven, deren Erhöhung er befürwortete. Nach weiteren Bankinsolvenzen (1910 die Niederdeutsche Bank KGaA und 1913 der Spar- und Kreditverein Niedermoldau) wurde erneut die Schaffung einer Depositenversicherung gefordert564, doch blieb diese Forderung unbeachtet, da das Ausmaß der Schädigung von Einlegern gering war565. Ende 1913 wurde ein weiterer Antrag zur Schaffung des Depositenbankgesetzes eingebracht. Wie seine Vorläufer (und wie die Empfehlung der Reichstagskommission) war ___________ 559 Bericht der 37. Kommission (vorige Fn.), S. 8423. 560 Verhandlungen des Reichstags, Band 236, Stenograph. Berichte 257. Sitzung vom 14.5.1909, S. 8429. 561 Hierzu und zum Folgenden Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 42 f.; Pröhl, KWG, Einleitung. 562 Zur Geschichte der Mindest- und Barreserven Hagenmüller/Diepen, Der Bankbetrieb, S. 348 f. 563 Schultze-Kimmle, Sparkasse 1968, 348. 564 Mayr, Kapitalbedarf, S. 97 ff.; ders., BankA 11 (1911/12), 292, 293 ff.; Hetz, Depositenversicherung, S. 3 ff. (bezogen allein auf Kreditgenossenschaften); s. a. Lexis, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 40 (1910), S. 584; a. A. Meltzer, Depositenwesen, S. 116; o. V., Blätter für Genossenschaftswesen 1912, 605, 606 f.; kritisch auch Arons, BankA 14 (1914/15), 159 f. Der bemerkenswerte Versuch des Bankhauses Gebrüder Schwarzhaupt, München, das eine private Depositenversicherung abgeschlossen hatte, scheiterte aufgrund zu hoher Prämien und umfassender Aufsichtsbefugnisse der Versicherungsgesellschaft, vgl. Arons, BankA 14 (1914/15), 159 f.; Schultze-Kimmle, Sparkasse 1968, 348, 349. 565 Nach Aussage des Mitinhabers der Diskontogesellschaft Dr. Salomonsohn verloren Einleger zwischen 1894 und 1907 24 Mio. Mark aufgrund von Bankinsolvenzen. Dies entsprach 0,9 % der durchschnittlichen Einlagen, vgl. Lexis, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 40 (1910), S. 578 f.

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auch dieser Antrag nicht von Erfolg gekrönt. Der Reichsbankpräsident versuchte im Juni 1914, die Branche von der Notwendigkeit einer freiwilligen Übereinkunft in diesem Punkt zu überzeugen, wie sie beispielsweise in Großbritannien und Frankreich schon üblich waren566. Seine Bemühungen blieben jedoch wegen des Kriegsausbruchs fruchtlos. Im Ergebnis führte also keiner der zahlreichen Anläufe zu einer aufsichtsrechtlichen Regelung. Das Zögern des Gesetzgebers sollte noch weitere 20 Jahre anhalten. Auch die Diskussion um die Liquidität der Banken wurde nach dem Krieg fortgesetzt567. g) Vertretung von Kapitalanlegern Während die Aktionäre aufgrund ihrer mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte ausreichende Möglichkeiten der Vertretung ihrer Interessen genossen und bei ihnen nur die Frage offen war, ob sie das ihnen zustehende Stimmrecht ausreichend wahrnehmen, standen den Inhabern anderer Anlageformen keine derartigen Kompetenzen zu568. Bestand die Anlage in ausländischen Papieren, erschwerte dies die Interessenvertretung noch zusätzlich. In England gründete man deshalb 1868 den Council of Foreign Bondholders, der Vorbild für alle später gegründeten Schutzvereinigungen werden sollte569. In Deutschland schuf man erst relativ spät derartige Interessenvertretungen (z. B. die 1899 gegründete „Schutzvereinigung der deutschen Besitzer spanischer Wertpapiere“)570. Neben den Schutzvereinigungen nahmen die noch im Detail zu beschreibenden Treuhandgesellschaften Interessenvertretungen im Ausland wahr571. Auch der Gesetzgeber wurde aktiv. Um die kollektive Vertretung gegenüber den Emittenten zu gewährleisten („voice“), wurde – nach dem Vorbild des österreichischen Kuratorengesetzes von 1874 bzw. 1877572 – das Schuldverschreibungsgesetz von 1899573 erlassen. Sein Anwendungsbereich war auf die damals übliche inländische ___________ 566 Britische Banken hatten im Laufe der Jahre Banktraditionen entwickelt, die die fehlenden gesetzlichen Vorgaben ersetzten. Dazu gehörten Liquiditätsregeln zur „cash ratio“ und „liquidity ratio“. Diesen Regeln folgten auch die drei französischen Großbanken, dazu Born, Geld und Banken, S. 310, 318, mit weiteren Einzelheiten. 567 Einzelheiten bei Weber, Depositenbanken, S. 344 ff. 568 Welche Schwierigkeiten dies für Anleger verursachte, schildert Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), 474, 479 f. 569 Ausführlich dazu Nachod, Treuhänder, S. 79 ff. 570 Nachod, Treuhänder, S. 85, 110. 571 Vgl. im Einzelnen Nachod, Treuhänder, S. 108 ff., 114 ff. 572 Dazu Heilbrunn, Holdh.Mschr. 15 (1906), 89, 93. 573 Gesetz, betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen, vom 4.12.1899, RGBl. 691; mit allen später erfolgten Änderungen abgedruckt im BGBl. III, Gliederungsziff. 4134-1. Vgl. dazu Könige, Commentar.

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Anlageform der Schuldverschreibung beschränkt, weshalb seine Anwendung auf andere, später hinzugekommene Formen der Kapitalanlage bis heute umstritten ist574; insbesondere hat das Gesetz keine Anwendung auf Anlagen des Grauen Kapitalmarkts gefunden575. Das Schuldverschreibungsgesetz regelt die gemeinsame Ausübung der Rechte von Kapitalanlegern gegenüber dem Emittenten durch eine Gläubigerversammlung oder einen gemeinsamen Vertreter. Das Interessenvertretungsrisiko der Kapitalanleger und damit auch der Vermögensverwaltungskunden wurde durch dieses Gesetz reduziert. Da den Anlegern keine mitgliedschaftlichen, sondern nur schuldrechtliche Rechte gegenüber den Emittenten zustanden, blieb ihre Position im Vergleich zu der von Aktionären allerdings deutlich schwächer ausgestaltet. Ihr stärkstes Recht war die Desinvestition („exit“). Diese setzt einen funktionierenden Sekundärmarkt voraus. Als weitere Vorschriften zur Sicherung der Anleger ergingen die §§ 1187 bis 1189 BGB über die Inhaberhypothek, die aber keine praktische Bedeutung erlangten. Schließlich sah man in dem bereits erwähnten Hypothekenbankgesetz von 1899 einen Treuhänder zum Schutz der Pfandbriefgläubiger vor (§§ 29 ff. HypBankG576), dessen Aufgabe in der Überwachung der vorschriftsmäßigen Deckung der Pfandbriefe durch Hypotheken bestand und dem zu diesem Zweck Informations-, Einsichts- und Kontrollrechte bei der emittierenden Hypothekenbank zustanden. Das Hypothekenbankgesetz ist unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes insofern von Bedeutung, als nach der Aktie ein weiteres Wertpapier reguliert wurde und der Gesetzgeber wiederum die Institution und nicht das Produkt oder den Vertrieb als Ausgangspunkt für seine Regelung nahm.

6. Defizite des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung Bereits in den Anfängen der Vermögensverwaltung wurden mehrere Bereiche genannt, in denen der Anlegerschutz lückenhaft erschien. So fand sich schon damals die Forderung, dass das Kapital der Treuhandgesellschaften in „greifbaren Werten“ angelegt werde, um als Haftungsmasse für

___________ 574 Dazu Sethe, AG 1993, 351, 354 f. m. w. N. Der Genussschein war zwar damals auch schon bekannt, aber wohl nicht verbreitet; seine erste Blüte erlebte er zwischen den Weltkriegen, Frantzen, Genußscheine, S. 47. 575 Die Situation in Österreich beschreibt Kalss, Anleger, S. 404 ff. (zum Kuratorengesetz von 1874). 576 S. o. S. 308 Fn. 550.

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fehlerhafte Vermögensverwaltungen zur Verfügung zu stehen577. Auch dürfe das Eigenkapital der Treuhandgesellschaften nicht auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital beschränkt bleiben, sondern müsse angesichts der hohen Summen, die verwaltet würden, so bedeutend sein, dass eine ausreichende Haftungsmasse für den Fall des Fehlverhaltens der Angestellten vorhanden sei578. Beklagt wurde außerdem die Tatsache, dass die Treuhandgesellschaften einerseits im Rahmen der Vermögensverwaltung fremdnützig tätig seien, andererseits aber eigennützige Geschäfte tätigten, indem sie Revisionen durchführten. Diese Vermischung zerstöre das Vertrauen, wonach die Gesellschaft eine unparteiische Sachwalterin sei579. Auch wurde schon damals auf die Gefahr einer Kollision von Kundeninteressen mit Gebühreninteressen des Verwalters (z. B. „Churning“) erkannt580. Schließlich wird – im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Gesellschaften als Testamentsvollstrecker – darauf hingewiesen, dass auch dem verwalteten Vermögen Gefahr drohe, wenn sich die Treuhandgesellschaft mit ihrem eigenen Vermögen an Spekulationsgeschäften beteilige581, weshalb derartige Geschäfte von der Abteilung für Treuhandgeschäfte zu trennen seien582. Gefordert wird auch, dass Treuhandgeschäfte nur von persönlich zuverlässigen und fachlich ausreichend vorgebildeten Personen erbracht werden dürften583. Zu diesem Zwecke wird die Gründung einer entsprechenden Berufsorganisation und der Schutz der Bezeichnung „Treuhand“ gefordert584. Noch weiter ging Heymann, der ein Gesetz über die Treuhandgesellschaften und Treuhandgeschäfte forderte, das auch die Tätigkeit der Vermögensver___________ 577 Bernhard, Plutus 3 (1906), S. 221; Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 594; ihm folgend Nachod, Treuhänder, S. 105; nach Geschäftsarten differenzierend Warschauer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 35 (1908), S. 474, 492 f., der meint, das Risiko einer Haftung der Treuhandgesellschaft sei geringer als bei Effektenbanken, weshalb die Bildung von Reserven eine geringere Bedeutung habe. Goetz, Treuhandgesellschaften, S. 16 f., fordert zwar nicht die gesetzliche Pflicht einer ausreichenden Haftungsmasse, rät aber dazu, Vermögensverwaltungen nur an Treuhandgesellschaften zu geben, da diese über eine ausreichende Haftungsmasse verfügten. 578 P. Roth, Treuhandgesellschaften, S. 73. 579 Bernhard, Plutus 3 (1906), S. 221; ihm folgend Nachod, Treuhänder, S. 103 f., 105; einschränkend aber S. 107. 580 Siehe soeben S. 295 Text zu Fn. 476. 581 Nachod, Treuhänder, S. 104 f. 582 Nachod, Treuhänder, S. 103; teilweise a. A. Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 590, da er die Gefahr der Spekulation bei Einzeltreuhändern für größer hielt als bei Treuhandgesellschaften. 583 Zum Folgenden Goetz, Treuhandgesellschaften, S. 22 ff. 584 Siehe unten S. 323 Fn. 643.

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waltung umfasste. Folgende Bereiche sollten geregelt sein585: Normativbestimmungen für die Gründung der Treuhandgesellschaften, Grundkapital und Anlage von Teilen des Gesellschaftsvermögens in sicheren Werten, Überwachung der Geschäfte, Schaffung einer ausreichenden Haftungsmasse, Vorschriften über die Anlage des Vermögens, Versicherungspflichten, Verbot der Spekulation, Entlastung der Gesellschaft, Trennung der Abteilung für Vermögensverwaltung von den übrigen Abteilungen. Er sah die Schaffung des Gesetzes als ein langfristiges Ziel an, da die Treuhandgeschäfte sich erst noch im Rechtsverkehr ihren Weg bahnen müssten, bis sich eine Verkehrssitte herausgebildet habe, an der sich ein Gesetzgeber orientieren könne586. Soweit ersichtlich wurde keiner dieser Punkte zum Gegenstand eines Gesetzgebungsvorhabens gemacht. Die Aussichten auf eine gesetzliche Regelung wären auch äußerst gering gewesen angesichts der Tatsache, dass sich die Politik nicht einmal dazu durchringen konnte, den viel dringenderen Problembereich der Depositenbanken gesetzlich zu regeln. Nicht speziell im Hinblick auf Vermögensverwaltungen, sondern allgemein im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften wurde auch die Frage der Zulässigkeit von Mitarbeitergeschäften diskutiert und im Wege der freiwilligen Selbstregulierung gelöst587. Rund 2.000 Banken verpflichteten sich, Mitarbeitergeschäfte zu reglementieren, um der Gefahr von Insiderhandel zu begegnen.

VI. Entwicklungen zwischen 1914 und 1945 1. Vermögensentwicklung, Vermögensverwaltung und Investmentfonds Der Erste Weltkrieg, die Inflation von 1923, die Weltwirtschaftskrise588 und der Zweite Weltkrieg mit anschließender Währungsreform führten dazu, dass sowohl Geld- wie Realvermögen vernichtet wurden. Für Vermögensverwaltungen war deshalb in Deutschland nur ein ganz geringer Bedarf vor___________ 585 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 594 f. 586 Heymann, Festgabe Güterbock, S. 561, 595 f. 587 Dazu die Mitteilung des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes vom 12.10.1908, wiedergegeben bei Hoeren, ZBB 1993, 112 f. 588 Zu deren Ursachen ausführlich Aschinger, Börsenkrach, S. 83 ff. m. w. N.; Born, Geld und Banken, S. 480 ff. Die Auswirkungen auf die Börse schildert Bremer, Grundzüge, S. 37 ff.

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handen589. Für die Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Gründung der Bundesrepublik finden sich daher so gut wie keine konkreten Angaben über Vermögensverwaltungen590. Born stellt allgemein fest, dass in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg die Vermögensanlage und Vermögensverwaltung hauptsächlich ein Geschäft der Privatbankiers und in Nordamerika der Trust Companies gewesen sei591. Aus den Bilanzen der Treuhandgesellschaften lassen sich ungefähre Anhaltspunkte für deren Aktivitäten in diesem Bereich gewinnen. Im Jahr 1927 existierten etwa 550 Treuhandgesellschaften und rund 1.000 Einzeltreuhänder592. Aus einer im gleichen Jahr erhobenen Umfrage unter den Mitgliedern des Verbands Deutscher Treuhand- und Revisionsgesellschaften e.V. ergibt sich, dass immerhin 34 % ihrer Tätigkeit Treuhandgeschäfte darstellten, darunter 6 % Vermögensverwaltungen, 4 % Testamentsvollstreckungen und 1 % Nachlassverwaltungen593. Absolute Zahlen zum Umsatz waren nicht verfügbar. Deutlich wird jedoch, dass sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Treuhandgesellschaften mehr und mehr hin zur Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Unternehmensberatung verlagerte. Angesichts der Vermögensverhältnisse ist dies eine nachvollziehbare Entwicklung. Heute finden sich keine Treuhandgesellschaften mehr unter den regelmäßigen Anbietern der Vermögensverwaltungen. Angaben darüber, ob sie für einzelne, besonders wichtige Kunden vermögensverwaltend tätig sind, ließen sich nicht finden, was angesichts der bei der Vermögensverwaltung gebotenen Diskretion auch verständlich ist. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Konzentration im Bankwesen weiter zu594. Sie erreichte ihren Höhepunkt mit der Fusion der Großbanken (1920 Fusion von Commerzbank und Mitteldeutscher Privatbank, 1921 Fusion der Darmstädter Bank mit der Nationalbank für Deutschland, ___________ 589 Schuld, Geschichte der Deutschen Treuhand-Gesellschaft, S. 38 f., 46; Wielens, Wertpapier 1970, 509; Kühl, ZfgK 1968, 316; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 92. 590 Goetz, Treuhandwesen, S. 16 spricht davon, dass Treuhandgesellschaften Vermögensverwaltungen „in großem Umfang“ übertragen wurden. Ulrich, Privatbankiers, S. 132 ff., erwähnt die Vermögensverwaltung nicht als bedeutenden Geschäftszweig der Privatbanken. 591 Born, Geld und Banken, S. 441 f. 592 Ertel, Treuhandbuch, S. 21. 593 Brockhaus, Revisions- und Treuhandgesellschaften, S. 17; Ertel, Treuhandbuch, S. 72. Ohne Nennung von Zahlen ordnet Orth, Vermögensverwaltung, S. 287, die Vermögensverwaltung als Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung für die Treuhandgesellschaften ein. 594 Einzelheiten bei Weber, Depositenbanken, S. 109 ff.; Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 94 ff.

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1929 Zusammenschluss von Deutscher Bank und Diskonto-Gesellschaft, 1931 Übernahme der Darmstädter und Nationalbank durch die Dresdner Bank595). Die Zahl der Privatbankiers ging ab 1923 kontinuierlich zurück596. Auch dieser typische Anbieter von Vermögensverwaltungen verlor also an Bedeutung. Demgegenüber nahm der öffentlich-rechtliche Sektor (Sparkassen, öffentlich-rechtliche Spezialkreditinstitute) insbesondere nach der Bankenkrise von 1931 stark zu597. Das deutsche Bankensystem ließ bereits damals einen deutlich ausgeprägten Trend zu Universalbanken erkennen. Anders als in England oder den USA boten die einzelnen Institutstypen die ganze Breite der Bankgeschäfte an. Sie unterschieden sich nur dadurch, dass die verschiedenen Geschäftsarten in den einzelnen Banktypen ein unterschiedliches Gewicht hatten. Aber auch dieser Unterschied schwand zunehmend. Belegt wird dies gerade durch das Beispiel der Vermögensverwaltung. Sie wurde ursprünglich von den Aktienbanken und Sparkassen nicht angeboten, gehört heute aber genauso zu deren Standardangebot wie bei den Privatbanken. Während des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs ist die Bedeutung der Vermögensverwaltung ebenfalls gering. Geld- und Kapitalmarkt sind aufgrund der straff gelenkten Wirtschaft „gleichförmig, steril und unterentwickelt“598. Der „neue nationalsozialistische Geist“ führte dazu, dass der „Konkurrenzhader“ durch einen „kameradschaftlichen Leistungswettbewerb“ ersetzt wurde599. Die Kapitalströme wurden in die Kriegsmaschinerie gelenkt, wozu insbesondere die Diskriminierung des Aktienmarkts und die Förderung von Kriegsanleihen gehörten600. Im Bereich der Vermögensverwaltung waren allenfalls Testamentsvollstreckungen von Bedeutung sowie die Verwaltung des Vermögens von Erbengemeinschaften, von Mündelgeldern und von Hausgrundstücken. Treuhänderische Rechtsbeziehungen ___________ 595 Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 28; Born, Geld und Banken, S. 439, 456 ff., 499 (mit leicht abweichenden Jahresangaben). 596 Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 33 ff.; Weber, Depositenbanken, S. 147 ff., sowie oben Tabelle 12 auf S. 289. Trotz sinkender Anzahl nahm die Zahl der Niederlassungen dieses Bankensektors ständig zu, vgl. o. V., Privatbankier, S. 1384. Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 98 f., stellt fest, dass die Angaben über die Zahl der Privatbankiers uneinheitlich sind. Generell zur Entwicklung der Privatbankiers bis und nach 1923 Ulrich, Privatbankiers, S. 30 ff. 597 Einzelheiten bei Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 32. 598 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 92. Sehr anschaulich zum Börsengeschäft in dieser Zeit Ulrich, Privatbankiers, S. 288 ff.. 599 So wörtlich Weber, Depositenbanken, S. 382. 600 Einzelheiten bei Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 125 ff., mit Zahlenangaben; Born, Geld und Banken, S. 538 ff.

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dürften vor allem im Hinblick auf solche Vermögen vorgekommen sein, denen ansonsten die Beschlagnahme durch das Nazi-Regime gedroht hätte. Derartige privatrechtliche Rechtsbeziehungen sind abzugrenzen von der staatlichen Treuhänderschaft im Hinblick auf jüdisches Vermögen. Das Regime gab sich auch 1938 noch den Anstrich von Rechtsstaatlichkeit und vermied deshalb zunächst den Begriff der Enteignung im Zusammenhang mit den Vermögensentziehungen bei jüdischen Geschäftsleuten und Grundstückseigentümern. Statt einer Enteignung zwang man sie, ihre Geschäfte zu liquidieren oder auf einen staatlichen Treuhänder zu übertragen601. Dieser Vorgang stellte trotz der Einkleidung in eine „Treuhand“ keine Vermögensverwaltung dar, denn das Ziel war die Beschlagnahme des Vermögens zur Finanzierung der Kriegsmaschinerie und nicht der Vermögenserhalt zugunsten jüdischer Mitbürger. In der Schweiz ist die Bedeutung der Vermögensverwaltung in dieser Zeit noch gering; sie wird (zusammen mit dem Depotgeschäft) als Hauptgeschäft der Privatbankiers bezeichnet602. In den Zeiten allgemeiner Unsicherheit und Währungsfurcht war zwar ein vermehrter Strom ausländischen Kapitals zu verzeichnen, was sich ab 1936 in einer deutlichen Erhöhung der Sichteinlagen zeigte603. Der Vermögensverwaltung kam dieser Zustrom aber offenbar nicht in großem Umfange zugute. Während in Deutschland die Bedeutung der Vermögensverwaltung abnahm, verlief die Entwicklung in England entgegengesetzt604. Dort konzentrierten sich die Banken schon früh auf Testamentsvollstreckungen und die Verwaltung von Trusts605; auch entstanden zahlreiche Kapitalanlagegesellschaften. Das britische Investmentwesen erlebte nach dem Ende des Krieges eine Blüte, als weitere 60 Investment Trusts innerhalb von nur sieben Jahren (1921 bis 1928) gegründet wurden606. Die Fonds waren als Aktiengesellschaften organisiert und gewährten den Anlegern als Gegenwert für ihre Einlagen Aktien und Obligationen, allein im Zeitraum von 1923 bis 1928 im ___________ 601 Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3.12.1938, RGBl. I 1709. 602 Jöhr, Großbanken und Privatbankiers, S. 9, 66. 603 Jöhr, Großbanken und Privatbankiers, S. 23 f., sowie generell S. 47. 604 Dass dort die Entwicklung wesentlich weiter fortgeschritten war als in Deutschland, zeigt sich auch schon daran, dass Lavington bereits 1921 sein grundlegendes, fast 300 Seiten umfassendes Werk The English Capital Market veröffentlichte. 605 Weber, Depositenbanken, S. 212 f. 606 Anders als später in Deutschland wurde die Mehrzahl der ersten Investment Trusts nicht von Banken gegründet, Linhardt, Investment Trusts, S. 329.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Umfang von 85 Mio. Pfund607. Die eingenommenen Mittel wurden ausreichend diversifiziert investiert, wobei nicht alle Investment Trusts die notwendige Transparenz obwalten ließen608. 1930 gab es 130 Investment Trusts mit einem verwalteten Vermögen von 240 Mio. Pfund609. Nicht immer wurden die Geschäfte vorausschauend betrieben, so dass in den Anfängen des Investmentwesens Missstände auftraten610. Hinzu kam eine große personelle Verflechtung unter den Investment Trusts611 mit entsprechenden Vorteilen, aber auch Risiken. Eine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Risikostreuung und der Höchstgrenzen für Einzelanlagen fehlte. Derartige Vorgaben für die Geschäftsführung waren damals nur in den Satzungen der Investment Trusts enthalten, wobei nicht einmal dies allgemein üblich war612. Ab 1931 kamen die Unit Trusts hinzu, die ihre Anteile öffentlich anboten und deren Anlagespektrum und Einstandsgebühren auch Kleinanlegern das Investmentsparen ermöglichte613. Im Unterschied zu den Investment Trusts war bei ihnen das Anlagespektrum vertraglich festgelegt614. Sie waren nicht als Company registriert, sondern als Trust organisiert, weshalb rasch die Frage nach der Registrierung und dem Anlegerschutz aktuell wurde. Ein zu diesem Zwecke eingesetzter Ausschuss des Board of Trade legte 1936 Empfehlungen zum Ausbau des Anlegerschutzes vor, denen sich die betroffene Branche freiwillig unterwarf615. Die Investmentidee verbreitete sich in den 20er und 30er Jahren zunehmend auch in anderen Staaten, so in Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Japan616. In Frankreich war der Investmentidee aufgrund steuerlicher ___________ 607 608 609 610

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Linhardt, Investment Trusts, S. 55; Weber, Depositenbanken, S. 317. Weber, Depositenbanken, S. 318. Baur, Investmentgesetze2, Einl. III Rdn. 57. So etwa die Finanzierung von Anlagen auf Kredit, vgl. Weber, Depositenbanken, S. 324. Ein solcher Erwerb ist nach § 31 Abs. 2 Satz 2 InvG heute in Deutschland verboten. Umfassend und mit reichhaltigem Zahlenmaterial Linhardt, Investment Trusts, S. 69 ff. Nur etwa 50 % der Investment Trusts kannten eine solche Satzungsregelung, Linhardt, Investment Trusts, S. 235. Baur, Investmentgesetze2, Einl. I Rdn. 1, Einl. III Rdn. 60 f.; Weber, Depositenbanken, S. 46 f., wobei Weber Zweifel hat, ob die Kapitalanlagen von Kleinsparern als volkswirtschaftlich sinnvoll anzusehen sind, a. a. O., S. 322. Einzelheiten bei Weber, Depositenbanken, S. 324 ff.; Baur, Investmentgesetze2, Einl. III Rdn. 60. Weber, Depositenbanken, S. 327 ff. Baur, Investmentgesetze2, Einl. III Rdn. 17, 125, 240, 223. Japan ahmte in den 20er Jahren zudem die Trust Companies nach, Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 145 f.

Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

Hindernisse kein Erfolg beschieden617. Die 1906 gegründete Société Financière Franco-Américaine ging 1916 in Liquidation, nach dem Krieg kam es zu vereinzelten Gründungen (1925 der Union Trust, 1928 die Compagnie Française de Placement). Demgegenüber etablierte sich die Idee der Investmentanlage in Deutschland nur schleppend618, da nicht genügend Vermögen für eine solche Anlageform zur Verfügung standen. Im Unterschied zu England verfügte Deutschland zudem über einen gut ausgebauten Sparkassensektor, der mit dem Sparbuch das Anlagebedürfnis breiter Bevölkerungskreise befriedigte, weshalb der Zustrom zu den Kapitalanlagegesellschaften in Deutschland nicht so groß war619. Hinzu kam der Umstand, dass prohibitive steuerliche Hindernisse für Investmentfonds bestanden620, da die Anleger Ausschüttungen nur nach Abzug der von Kapitalgesellschaften zu zahlenden Steuern erhielten. Um dieses Problem zu umgehen, ersann man zwei unterschiedliche Wege621. Der 1923 gegründete Zickertsche Kapitalverein (seit 1928 Deutscher Kapitalverein) betrieb das Investmentgeschäft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Er hatte zunächst Erfolg, da er bis 1928 1.532 Mitglieder gewann, die rund 3 Mio. Reichsmark investierten. Die Weltwirtschaftskrise und der Zusammenbruch einer der Geschäftsbanken des Vereins erzwangen 1929 seine Liquidation. Die Restbestände der Wertpapiere übernahm die Deutsche-Investment-Verein e.Gen. m.b.H., die aber infolge leichtsinniger Anlagen 1931 ebenfalls liquidiert werden musste. Die 1926 gegründete Bayerische Investment AG, die bis zum Krieg die einzige Kapitalanlagegesellschaft blieb, verwaltete die Effekten nicht als eigenes Vermögen, sondern in Form des Miteigentums der Anleger. Da sie das Investmentgeschäft nur zu Studienzwecken betrieb, war auch ihr kein größerer Erfolg beschieden. Sie wurde 1932 liquidiert. Immerhin hatte sie insofern Erfolg, als ihre Gründung Anlass war, die Besteuerung dieser neuen Anlageform zu überdenken. Die begonnenen Reformen wurden jedoch nicht konsequent zu Ende geführt622. Dies und die Kapitalknappheit bedingten, dass das Investmentgeschäft erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland Fuß fassen konnte. Da der Siegeszug der neuen Anlageform im Ausland, das keine der___________ 617 618 619 620 621

Hierzu und zum Folgenden R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 11 ff. Zum Folgenden Weber, Depositenbanken, S. 277. Linhardt, Investment Trusts, S. 344. R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 12 f., 128 ff. Dazu R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 13; Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 1 ff. 622 R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 14 ff.; Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 9.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

artigen Hindernisse kannte, immer offensichtlicher wurde, beteiligten sich deutsche Bankhäuser an der Gründung von Investment Trusts in England623. In den USA verzeichnete das Investment Banking einen enormen Zuwachs624, da die europäischen Börsen bei Kriegsbeginn geschlossen wurden, die New Yorker Börse dagegen nicht. Der Dollar war in dieser Zeit die einzige in Gold konvertierbare Währung. Die USA erlebten einen durch die Nachfrage nach Kriegsgütern ausgelösten Wirtschaftsaufschwung, eine starke Zunahme der Emission von (Kriegs-)Anleihen und gleichzeitig einen Kapitalzustrom aufgrund der Kapitalflucht aus Europa. Infolgedessen erlebte auch das gesamte Spektrum der Treuhandgeschäfte in der Zeit zwischen dem Ende des Ersten und dem des Zweiten Weltkriegs einen enormen Zuwachs. Vermögende Privatkunden wurden in dieser Zeit noch von Privatbankiers betreut625, doch begann alsbald der Aufstieg institutioneller Investoren. Willis/Bogen626 stellen fest, dass die „Vermögensverwaltung unter Lebenden“ in dieser Zeit stark an Bedeutung gewann und die bislang dominierende Testamentsvollstreckung in ihrer Bedeutung allmählich überholte. Die Gebühren für diese Dienstleistung wurden in vielen Bundesstaaten gesetzlich geregelt627. Neben den Personal Trusts boten die Trust Companies auch schon verschiedene Leistungen in Form der agency an, die der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ähnlich sind628. Die größte bekannte individuelle Vermögensverwaltung dieser Zeit erfolgte zugunsten des Vatikans629. Dieser hatte im Zuge der Lateranverträge vom 11.2.1929 von Mussolini eine Entschädigung für die im Jahr 1870 verlorenen Territorien in Höhe von 750 Mio. Lire in bar und 1 Mrd. Lire in Form von Staatsanleihen erhalten. Papst Pius XI. beauftragte den renommierten italienischen Bankier Bernardino Nogara damit, dieses Startkapital von umgerechnet 80 Mill. $ zu verwalten. Anfang der 40er Jahre wurde die Hälfte dieser Summe in den USA in Aktien, Anleihen, Devisen und Gold angelegt. Dieser Teil des Vermögens hatte sich bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bereits verdoppelt. 1999 wurde das vatikanische Vermögen auf 1,8 Mrd. $ geschätzt. ___________ 623 624 625 626 627 628 629

320

Weber, Depositenbanken, S. 319; Linhardt, Investment Trusts, S. 332. Zum Folgenden Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 23, 193. Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 13. Willis/Bogen, Investment Banking, S. 136 ff., 236. Willis/Bogen, Investment Banking, S. 137. S. o. Text auf S. 199 bei Fn. 262. Zum Folgenden Goertz, Vatikan – Bilanzen im Schatten, Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 15.10.1999, Nr. 42/99, http://sonntagsblatt.de/Artikel/1999/42/ 42-s3.htm (abgerufen am 15.10.1999).

Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

Betrachtet man als Indikator den Umfang des gesamten Trustvermögens, fällt eine stetiger Zuwachs auf, unterbrochen nur durch die Weltwirtschaftskrise von 1929. Jahr gesamtes Trustvermögen

1900

1912

1922

1929

1933

1939

1945

3

7

18

30

25

35

45

Tabelle 14: Trustvermögen in Mrd. $ in den USA630

Der Aufschwung des Treuhandgeschäfts zeigte sich insbesondere bei den Kapitalanlagegesellschaften631. Da die 1920 gegründete Overseas Securities Corporation als erste Gesellschaft das Prinzip der Risikostreuung anwandte, gilt sie als echter Investment Trust. Sie beschränkte ihren Tätigkeitsbereich allerdings nicht auf das Investmentgeschäft. Den ersten reinen Investment Trust stellte der 1921 gegründete International Securities Trust dar, der nach englischem Vorbild organisiert war und später eine sehr große Bedeutung erlangen sollte. Ab 1924 nahm das Investmentgeschäft einen rasanten Aufschwung. 1930 zählte man in den USA 270 Investment Trusts mit einem Anteilswert von rund 5 Mrd. $. Diese Periode des Investmentgeschäfts ist von einem Spekulationsfieber und dem Auftreten der gleichen Missstände gekennzeichnet, die schon zuvor in England bis 1895 zu beobachten waren. 1927 wurde deshalb die Forderung nach gesetzlicher Reglementierung des Investmentwesens erhoben632. In der Folge bildete sich ein zweiter Typus von Investment Trusts heraus, nämlich der Fixed Trust. Im Gegensatz zum herkömmlichen Investment Trust, bei dem die Verwaltung ein großes Ermessen hinsichtlich der Anlage hat (Management Trust), war bei diesem Typ im Voraus festgelegt, in welche Effekten investiert wird (Fixed Trust). Man hoffte so, der Spekulation Einhalt zu gebieten. Dieser neue Typus erwies sich in seiner strengen Ausprägung jedoch als wenig flexibel bei Marktveränderungen. In der Folge bildeten sich daher Mischformen zwischen beiden Typen heraus. Bestimmend für die weitere Diskussion waren die privatwirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Investmentwesens633. Der Anlegerschutz in diesem jungen Geschäftszweig war noch nicht entwickelt. Die Schaffung entsprechender Regeln gegen das Abladen, die Kursmanipulationen, die Aufnahme wesensfremder Geschäfte ___________ 630 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 233. 631 Zum Folgenden R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 7 ff. 632 Sie mündeten 1940 in den Investment Company Act. Einzelheiten bei Hayes/ Hubbard, Investment Banking, S. 102 f. 633 Ausführlich dazu R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 17 ff.

321

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

und die Finanzierung des Investmentgeschäfts über Kredite sowie die Regelung der Vergütung des Managements wurden gefordert634. Die Investment Trusts der USA nutzten weiterhin den Trust als Organisationsform635. Bemerkenswert ist ein weiterer Wandel im Trustgeschäft, der vor dem Zweiten Weltkrieg einsetzte und sich nach dem Krieg verstärkte, nämlich die Herausbildung treuhänderischer Gemeinschaftsfonds (Common Trusts oder Commingled Trusts)636. Von ihrer Konstruktion her stellen diese Trusts eine Mischform zwischen individueller Vermögensverwaltung und Investmentfonds dar. Der Common Trust setzt sich aus vielen kleinen Trusts zusammen, die nach einheitlichen Grundsätzen verwaltet werden und so eine Risikostreuung erlauben, die bei einer Einzelanlage der kleinen Vermögen nicht möglich wäre. Die ersten Common Trusts wurden 1930 gegründet und wurden durch eine Änderung der Besteuerung im Jahre 1936 begünstigt. Sie erlebten nach dem Krieg einen Aufschwung. 1958 gab es bereits 322 derartige Fonds mit einem Wert von rund 2,4 Mrd. $. Abhängig vom Investitionsprinzip lassen sich bei den Common Trusts drei Unterarten unterscheiden, nämlich die Discretionary Common Trust Funds, bei denen der Vermögensverwalter ein freies Ermessen hinsichtlich der Anlageobjekte hat, die legal funds, bei denen er auf die gesetzlich vorgegebenen Anlagewerte beschränkt ist und die special funds, bei denen die Anlage auf bestimmte Wertpapiere oder Gattungen beschränkt wird. In England ist zu dieser Zeit eine Zweiteilung des Investmentwesens zu beobachten. Bei den Investment Trusts handelt es sich um Körperschaften und nicht um einen Trust. Diese Körperschaft verwaltet das Anlagekapital. Der einzelne Anleger hält Anteile an der juristischen Person. Neben dieser herkömmlichen Form des Investmentfonds entsteht 1932 der Unit Trust, der dem amerikanischen Investment Trust nachempfunden ist und bei dem die Rechtsfigur des Trusts zum Einsatz kommt637.

2. Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung a) Deutschland Trotz seiner in Deutschland sinkenden praktischen Bedeutung war das Thema Vermögensverwaltung gelegentlich Gegenstand juristischer Erörterungen. So wurde – vor dem Hintergrund der 1901 eingeführten Versiche___________ 634 635 636 637

322

Dazu etwa R. Goldschmidt, Investment Trusts, S. 25 ff. Einzelheiten bei Kötz, Trust, S. 73. Ausführlich dazu Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 233 ff. Kötz, Trust, S. 73.

Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

rungsaufsicht638 – im Schrifttum die Frage nach einer öffentlich-rechtlichen Aufsicht der Vermögensverwaltung aufgeworfen. Ihre Einführung wurde jedoch angesichts des noch geringen Umfangs an Vermögensverwaltungen vorläufig für entbehrlich erachtet639. Diskutiert wurde ferner die Notwendigkeit einer Haftpflichtversicherung der Treuhänder, die auch Fehlverhalten der Erfüllungsgehilfen einschließen sollte640. Andere forderten eine gesetzliche Regelung der Tätigkeit, der Berufsauffassung und der Berufsausbildung des Treuhänders641, denn das geltende Recht gewährleiste nicht, dass nur ausgebildete Personen diesen Beruf ergriffen oder ihn – trotz Ausbildung – gewissenhaft ausfüllten. Zum damaligen Zeitpunkt bestand nur ein indirekter Schutz der Treuhandtätigkeit vor dem Eindringen berufsfremder Elemente in das Treuhandwesen. So hielt das Reichsgericht642, um den Begriff des Treuhänders zu schützen und eine Irreführung des Publikums zu verhindern, die Verwendung des Begriffs „Treuhand“ für einen Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG, sofern der Verwender keine treuhänderische Tätigkeit im engeren Sinne ausübe. Auch wurde der Grundsatz der Firmenwahrheit bemüht, um Handelsregistereintragungen zu verhindern, bei denen der Begriff der Treuhand missbräuchlich benutzt wurde643. Diese Entscheidungen erlangten Bedeutung für die Vermögensverwaltung, da Vermögensverwaltern nun die ausdrückliche Verwendung der Bezeichnung „Treuhand“ gestattet war644. Es stand außer Frage, dass sich der fremdnützige Treuhänder bei seinen Verwaltungsentscheidungen nur vom Interesse des Kunden leiten lassen durfte. Um die Uneigennützigkeit eines Vermögensverwalters sicherzustellen, wurde deshalb die Entlohnung in Form eines Erfolgshonorars für unzu___________ 638 Gesetz vom 12.5.1901, RGBl. 139; zur Entstehung und Entwicklung des Gesetzes Tigges, Versicherungsaufsicht, S. 77 ff. 639 Nord, Treuhänder, S. 36. 640 Goetz, Treuhandwesen, S. 38 f. 641 Brockhaus, Revisions- und Treuhandgesellschaften, S. 19; Goetz, Treuhandwesen, S. 49 ff. (nicht speziell bezogen auf Vermögensverwalter, sondern auf Treuhänder im Allgemeinen). 642 RGZ 99, 23 ff.; dazu auch Brockhaus, Revisions- und Treuhandgesellschaften, S. 19. 643 Das KG hatte zunächst die Verwendung der Bezeichnung „Treuhandgesellschaft“ auch bei solchen Firmen gestattet, die sich nicht mit Treuhandgeschäften im engeren Sinne befassen, KGJ 42, 155, 158, diese Rechtsprechung später aber aufgegeben, KG, JFG 1, 192, 195 f.; JFG 9, 104 ff. Siehe auch die Übersicht über die Rechtsprechung bei Ertel, Treuhänder, S. 25 ff.; Goetz, Treuhandwesen, S. 116 ff. Zu den Gutachten der Handelskammern in dieser Frage Goetz, Treuhandwesen, S. 78 ff. 644 Das Urteil KG, JFG 9, 104 ff., aus dem Jahr 1931 bezieht sich auf einen Vermögensverwalter und dürfte damit das erste veröffentlichte Urteil zu dieser Dienstleistung sein.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

lässig gehalten, da gerade eine solche Vergütungsregelung dazu verleiten könnte, nicht die Sicherheit des Anlegers, sondern Eigeninteressen in den Vordergrund zu stellen645. b) USA Während die Diskussion um den Anlegerschutz im Bereich der Vermögensverwaltung in Deutschland also noch in den Anfängen steckte, war in den USA bereits ein gesicherter Kanon von Rechtsregeln für diese Dienstleistung auszumachen. Den angloamerikanischen Staaten kam die Tatsache zugute, dass sie über ein ausgefeiltes Trustrecht verfügten646, das sich ohne weiteres auf die neue Dienstleistung anwenden ließ. So findet sich in einem der damaligen Standardwerke zum Investment Banking bereits ein ausführlicher Abschnitt über die Grundsätze des Investment Managements647. Diese Grundsätze erfassten sowohl die Vermögensverwaltung mit freiem Ermessen des Vermögensverwalters (discretionary funds) als auch die Vermögensverwaltung mit vorgegebenen Anlagerichtlinien (dictated funds). Zu Recht verlangte man für eine fachgerechte Verwaltung nicht, dass der Vermögensverwalter sich einer bestimmten Portfolio-Theorie anschließt. Notwendig sei allein eine eigene Konzeption unter Beachtung allgemein anerkannter Grundsätze einer Kapitalanlage. Hierzu zählten Willis und Bogen die Pflicht, auf die Qualität der Wertpapiere zu achten sowie den Grundsatz der Diversifikation bei den einzelnen Wertpapierarten, den Emittenten, den Branchen und den Regionen. Weiterhin war der Vermögensverwalter verpflichtet, durch Beobachtung des Markts und eine Umschichtung des Vermögens zu gewährleisten, dass das mit der Vermögensverwaltung erstrebte Ziel erreicht wird. Zwar sei im Wertpapierwesen keine sichere Vorhersage künftiger Entwicklungen möglich, doch sei eine genaue Marktbeobachtung Voraussetzung dafür, den – bei Einbeziehung aller Unsicherheiten dieses Markts besten – Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf bestimmter Wertpapiere zu bestimmen. Bei den so genannten dictated funds seien neben dem einschlägigen Treuhandrecht immer zusätzlich noch die Anlagerichtlinien, die der Vermögensinhaber bei Errichtung des Trusts oder in seinem letzten Willen niedergelegt habe, zu beachten. Bei einer Verletzung dieser Anlagerichtlinien hafte der Vermögensverwalter für auftretende Schäden648. Gerade im Zuge der Weltwirtschaftskrise und den dadurch verursachten Einbußen bei verwalteten Vermögen kam es zu zahlreichen Prozessen, bei ___________ 645 646 647 648

324

Brockhaus, Revisions- und Treuhandgesellschaften, S. 21. S. o. S. 180 ff. Willis/Bogen, Investment Banking, S. 136 ff., 520 ff. Willis/Bogen, Investment Banking, S. 139.

Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

denen es um die Frage ging, inwieweit den Vermögensverwaltern grob fahrlässige Pflichtverletzungen vorzuwerfen waren649. Im Zuge dessen machten die Trust Companies die Erfahrung, dass mit Hilfe einer Researchabteilung erstelltes statistisches Material ihr Anlageverhalten rechtfertigen und damit die Gefahr einer Haftung deutlich mindern konnte. Der vermehrte Auf- und Ausbau von Researchabteilungen war die Folge. Die Kosten hierfür und Steuererhöhungen reduzierten allerdings auch die Gewinnspannen der Dienstleistung. Aus heutiger Perspektive erscheint die Ansicht einiger Investment Manager als weitsichtig, die der Vermögensverwaltung dann eine Zukunft prophezeiten, wenn es gelänge, eine Technik zur Verwaltung einer Vielzahl von kleineren Depots zu entwickeln650. Da Willis und Bogen die Vermögensverwaltung aus bank- und finanzwissenschaftlicher Sicht beschrieben, ergänzten sie ihre Ausführungen um die rechtlichen Vorgaben, indem sie einen Überblick über die Rechtsregeln der Vermögensverwaltung abdruckten, der von einem Syndikus einer New Yorker Trust Company erstellt wurde. Dessen Inhalt ist für die Frage sehr aufschlussreich, welche anlegerschützenden Regeln man in den USA damals schon kannte. Die aus dem Treuhandrecht folgenden Pflichten waren schon sehr ausgeprägt und detailliert. Genannt seien nur die Pflicht zur Anlage des überlassenen Vermögens, die Pflicht zur Anlage im Inland, das Verbot, mit überlassenen Vermögen eigene Profite zu erwirtschaften651 (mit Ausnahme der vereinbarten Vermögensverwaltervergütung) sowie die Pflicht zur Vermögenstrennung652. Bei der Vermögensanlage ist die bereits erwähnte653 „prudent man rule“ zu beachten, nach der die Vermögensverwaltung mit der Sorgfalt und den notwendigen Fachkenntnissen eines ordentlichen Vermögensverwalters zu erbringen ist. Weiterhin bestanden das Verbot der Spekulation und das Gebot der Vermögenserhaltung, die beide eine Diversifikation der Anlage voraussetzen. Der Vergleich dieser recht ausgefeilten Regeln mit der Diskussion in Deutschland zeigt, wie rückständig die eigenständige rechtliche Erfassung der Dienstleistung in den 30er Jahren hierzulande gewesen ist. Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn man die Tatsache einbezieht, dass die USA mit dem Securities Act 1933, dem Securities Exchange Act 1934, dem Investment Company Act 1940 und dem Investment Advisers Act 1940 ein im internationalen Vergleich bis dahin einmali___________ 649 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 140. 650 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 141. 651 Nach Willis/Bogen, Investment Banking, S. 139, bedeutete dies etwa, dass die TrustAbteilung nicht von der Bond-Abteilung kaufen durfte. 652 Diese war gesetzlich vorgeschrieben, Willis/Bogen, Investment Banking, S. 138. 653 Siehe oben. S. 188 f.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

ges Regelungswerk für Finanzmärkte und -intermediäre schufen, das gezielt Publizität als Regelungsinstrument einsetze und beispielsweise Insiderdealing verbot. Mit diesen Gesetzen machte man auch die individuelle und die kollektive Vermögensverwaltung zum Gegenstand aufsichtsrechtlicher Regeln auf Bundesebene. Gleichsam als Nebenprodukt der eingeführten Publizität entwickelte sich der Beruf der Analysten654, was wiederum Bedeutung für die soeben erwähnten neu entstehenden Researchabteilungen der Vermögensverwalter hatte. Sehr aufschlussreich ist auch das Anlageverhalten der damaligen US-Vermögensverwalter. Nach einer Erhebung bei 200 Trust Companies und National Banks verteilte sich bei discretionary funds das Vermögen auf folgende Anlageformen: Investment

%

Real estate, mortgages and mortgage bonds

56,7

US bonds

12,8

Municipals

9,1

Railroad bonds

4,6

Railroad stock

0,7

Public utility securities

5,4

Industrial bonds

4,5

Industrial stock

2,6

Bank and insurance stocks

1,4

Foreign bonds

0,5

Miscellaneous

1,7

Gesamt

100,0

Tabelle 15: Durchschnittliche Verteilung der discretionary funds (1925)655

Fasst man diese Zahlen nach Anlagearten zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Über die Hälfte der Anlagen sind in Immobilien oder Hypotheken und Pfandbriefen angelegt, 27,3 % in staatlichen Anleihen/Schatzbriefen und Aktien öffentlicher Unternehmen, 9,6 % in in- und ausländischen Finanzund Industrieanleihen sowie 4,7 % in Aktien. Aus heutiger Sicht erscheint ___________ 654 Nicht nur das neue Aufsichtsrecht, sondern auch das zufällig zeitgleich erschienene Werk von Graham/Dodd, Security Analysis, förderte diese Entwicklung, vgl. Longstreth, Modern Investment Management, S. 71 f. 655 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 528.

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Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

dies als sehr konservative Anlagestrategie, denn mittlerweile raten Vermögensverwalter zu einer deutlich geringeren Immobilienquote, da diese Anlageart nur eine durchschnittliche Rendite von 3,8 % erzielt656. Wie Willis und Bogen 1936 selbst feststellten, zeichnete sich die Tendenz zu mehr Investitionen in Aktien gerade erst ab657. Demgegenüber gilt heute schon eine Investition bis zu 30 % in Aktien als konservativ658. Dieser Vergleich belegt eine sich im Laufe der Jahrzehnte wandelnde Beurteilung von Anlagestrategien. Es macht daher auch wenig Sinn, bestimmte Quoten für Anleihen oder Aktien gesetzlich festzuschreiben (etwa bei mündelsicheren Anlagen). Wie das Beispiel der gesetzlichen Anlagevorschriften für Sparkassen gezeigt hat659, kann sich eine solche Festschreibung als fatal erweisen, wenn der jeweilige Markt zusammenbricht und es den Finanzintermediären nicht erlaubt ist, auf einen anderen, noch intakten Markt auszuweichen. Dies gilt im Besonderen auch für Vermögensverwalter, denen es deshalb unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen erlaubt sein muss, von Anlagerichtlinien abzuweichen660.

3. Entwicklung des Bank- und Börsenwesens bis zum Zweiten Weltkrieg Während die Diskussion um den unmittelbaren Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung gerade erst begann, erfuhr der Anlegerschutz im Bank-, Börsen- und Gesellschaftsrecht bedeutende Veränderungen, was mittelbar auch Einfluss auf die Vermögensverwaltung selbst hatte oder zumindest deren Anlageobjekte Geld und Effekten betraf. Auf diese Neuerungen ist daher ebenfalls kurz einzugehen. Um die Kriegsfolgen zu bewältigen und die Inflation zu bekämpfen, ergriff der Gesetzgeber mehrfach Maßnahmen, die sich auf die Tätigkeit von Banken und mittelbar auch auf Vermögensverwaltungen auswirkten.

___________ 656 Capital 11/1999, S. 387 („Die Fehler der reichen Leute“). 657 Willis/Bogen, Investment Banking, S. 528. 658 OLG Düsseldorf, WM 1991, 94 mit zust. Anm. Eike Schmidt, EWiR 1991, 143, der betont, dass sich das Urteil mit seiner 30 %-Grenze nicht verallgemeinern lasse. 659 Ausführlich oben S. 272 Text bei Fn. 354. 660 Ebenso Willis/Bogen, Investment Banking, S. 528 f. Zur heutigen deutschen Rechtslage s. u. S. 902 f.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

a) Das Depositenbankgesetz Im Zusammenhang mit dem Krieg und seinen wirtschaftlichen Folgen erließ das Reich zahlreiche Bestimmungen zur Verhinderung der Kapitalflucht661. Um eine ausreichende Kontrolle zu sichern, durften Zahlungen ins Ausland und Wertpapiergeschäfte mit dem Ausland nur über zugelassene Banken abgewickelt werden. Ende 1924 lief das Kapitalfluchtgesetz aus. Der Gesetzgeber entschloss sich bei dieser Gelegenheit, den Forderungen nach einer gewerbepolizeilichen Regulierung der Banktätigkeit nachzugeben. Er behielt die entsprechenden Zulassungsbestimmungen des Kapitalfluchtgesetzes bei662 und überführte sie später in ein eigenständiges Depositenbankgesetz663. Danach durften das Depot- und das Einlagengeschäft nur von dafür zugelassenen Banken betrieben werden (§ 3 DepositenBankG). Für Altbanken gewährte das Gesetz einen Bestandsschutz (§ 4 Nr. 1 DepositenBankG). Neue Depositenbanken konnten zugelassen werden, sofern die Inhaber der Bank die im Einzelnen gesetzlich vorgeschriebene Berufserfahrung und Zuverlässigkeit mitbrachten (§ 4 Nrn. 2–5, § 5 DepositenBankG). Die Zulassungs- und Kapitalanforderungen waren je nach Rechtsform unterschiedlich ausgestaltet. Zudem machte das Gesetz die Zulassung neuer Institute von volkswirtschaftlichen Bedürfnissen abhängig. Die Zulassung konnte entzogen werden, falls es an einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung mangelte, die Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter fehlte oder die Zulassung selbst durch unrichtige Angaben erschlichen worden war (§ 7 DepositenBankG). Das Betreiben von Depot- oder Einlagengeschäft ohne Zulassung war strafbewehrt (§ 8 DepositenBankG). Das Gesetz über die Depot- und Depositengeschäfte ist für die vorliegende Untersuchung insofern von Bedeutung, als es die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells erfasste. Denn die Entgegennahme von Einlagen oder Wertpapieren der Kunden stellte eine Verwahrung und Verwaltung der Gelder bzw. Papiere für andere und damit ein Depotgeschäft (§ 2 DepositenBankG) bzw. ein Depositengeschäft (§ 3 DepositenBankG) dar. Im Gegensatz dazu war die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells zulassungsfrei. Es war deshalb verständlich, dass die meisten Vermögensverwalter das Vertretermodell bevorzugten. Hinzu kam ein psychologisches

___________ 661 Gesetz gegen die Kapitalflucht vom 24.12.1920, RGBl. 33, neu gefasst durch das Gesetz vom 26.1.1923, RGBl. 91. Hierzu und zum Folgenden Pröhl, KWG, Einleitung. 662 Notverordnung vom 29.12.1924, RGBl. I 967; Gesetz über die Aufrechterhaltung von Vorschriften des Kapitalfluchtgesetzes vom 16.4.1925, RGBl. I 43. 663 Gesetz über die Depot- und Depositengeschäfte vom 26.6.1925, RGBl. I 89.

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Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

Element664. Die meisten Kunden bevorzugten es, ihr Vermögen nicht vollständig in die Hände Dritter zu geben. Die Geltungsdauer des Gesetzes war zunächst bis zum 31.12.1926 befristet, doch sprachen sich die betroffenen Banken für eine Verlängerung aus, da sich die Regelung und ihre Umsetzung in der Praxis bewährt hatten665. Sie führten für eine Verlängerung nicht nur anlegerschützende Argumente ins Feld, sondern wollten vor allem auch sicherstellen, dass im Verhältnis zum Ausland Wettbewerbsgleichheit vorherrschte. Man wollte verhindern, dass ausländische Banken ohne Zulassung tätig werden konnten, während deutsche Institute im Gastland Zulassungsbeschränkungen unterlagen. Die Geltungsdauer des Gesetzes wurde daher bis Ende 1927 verlängert666. Dabei verfolgte der Gesetzgeber nicht nur anlegerschützende, sondern auch gesamtwirtschaftliche Ziele. Er wollte mit der Verlängerung ebenso ein Überhandnehmen kommunaler Bankbetriebe verhindern. Mit dem Auslaufen des Gesetzes Ende 1927 galt wieder die allgemeine Gewerbefreiheit. b) Das Kreditwesengesetz Aufgrund der zahlreichen Bankenzusammenbrüche infolge der Weltwirtschaftskrise schränkten die europäischen Staaten das zuvor fast überall gültige Prinzip des „free banking“ ein und erließen Bankenaufsichtsbestimmungen667. Den Anfang machten Deutschland (1931/34), die Schweiz (1934), Belgien (1935) und Italien (1936). Während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Frankreich, Luxemburg und die Niederlande. Bemerkenswert ist, dass Belgien und Italien das Universalbankensystem abschafften, das für sie als eine der Ursachen der Krise galt. Auch außerhalb Europas reagierten die Gesetzgeber auf die Krise mit der Einführung oder der Verschärfung von Aufsichtsbestimmungen. In Japan erweiterte man 1928 die bereits 1890 eingeführte Aufsicht um zahlreiche Eingriffsbefugnisse. Die

___________ 664 Dieses scheint auch schon im 19. Jahrhundert der bestimmende Faktor dafür gewesen zu sein, dass die Einräumung von Vertretungsmacht anstelle der treuhänderischen Übertragung des Vollrechts üblich waren, vgl. Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 91 Fn. 300 m. w. N. 665 Stellungnahme des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes u. a., BankA 26 (1926/27), 506. Kritisch dagegen Ruth, Depotgesetz, S. 10 f., der meint, das Gesetz sei überflüssig, da eine effektive Kontrolle von Banken angesichts ihrer komplexen Geschäfte unmöglich sei. 666 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Depot- und Depositengeschäfte vom 23.12.1926, RGBl. I 527. 667 Zum Folgenden Born, Geld und Banken, S. 440, 476 f., 481, 520, 523 ff.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

USA erließen 1933/34 den Securities Act, den Securities Exchange Act und den Glass-Steagall Act668. Das in Deutschland heute gültige KWG von 1961669 basiert in seiner Grundkonzeption und vielen seiner Einzelregelungen auf dessen Vorläufer aus dem Jahr 1934670. Da dieses Gesetz jedoch starker Kritik ausgesetzt war671, erscheint es notwendig, sich mit seiner Entstehung näher auseinander zusetzen. Nur so lässt sich feststellen, ob diese Kritik gerechtfertigt war und unter Umständen bis heute Gültigkeit hat. Die Zahlungseinstellung der Darmstädter und Nationalbank Berlin im Juli 1931 löste eine schwere Bankenkrise aus, zu deren Bewältigung zahlreiche Notverordnungen über zusätzliche Bankfeiertage, Auszahlungssperren und die Erleichterung der Bankenrefinanzierung ergingen672. Insgesamt mussten rund 1,3 Mrd. Reichsmark zur Krisenbewältigung aufgewendet werden. Das Ausmaß der Krise ließ die Gegner einer Regulierung der Bankenzulassung und -tätigkeit endgültig verstummen. Im Wege der Notverordnung673 wurden ein Kuratorium und ein Reichskommissar für das Bankgewerbe bestellt, dessen Aufgabe es war, sich über die Lage des deutschen Bankgewerbes und der Kreditwirtschaft zu unterrichten und die Bankpolitik zu beeinflussen (§ 3 Abs. 1). Dem Kommissar standen zu diesem Zweck gemäß § 3 Abs. 2 Auskunfts- und Prüfungsrechte bei Banken674 zur Verfügung; er hatte das Recht zur Einberufung und zur Teilnahme an deren Generalversammlung. Das Kuratorium fungierte als vorgesetzte Stelle des Kommissars und hatte die Aufgabe, Richtlinien für die Arbeit des Kommissars zu erstellen und die Zusammenarbeit des Kommissars mit der Reichsbank zu vermitteln (§§ 2, 6). Zur Ausführung, Ergänzung und Änderung der Regelung ergingen neun Durchführungsverordnungen und zahlreiche andere Vorschriften. Der für ___________ 668 Zu Letzterem sogleich. 669 Gesetz über das Kreditwesen vom 10.7.1961, BGBl. I 881. 670 Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 5.12.1934, RGBl. I 1203. Ein wesentlicher Unterschied zum heutigen Recht liegt in der Tatsache, dass das KWG 1934 in § 4 Abs. 1 b) noch eine Bedürfnisprüfung für die Zulassung neuer Kreditinstitute enthielt, was heute weder nach nationalem Recht (BVerwG, NJW 1959, 590, 592) noch nach der Bankenrichtlinie (dazu unten S. 432) zulässig wäre. 671 Zur Kritik von Linhardt, das KWG sei ein im Kern nationalsozialistisches Gesetz, sogleich. 672 Ausführlich dazu Pröhl, KWG, Einleitung m. w. N.; Bremer, Grundzüge, S. 37 ff.; Born, Geld und Banken, S. 482 ff. 673 Teil II der Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I 493. 674 Zum genauen Anwendungsbereich (Art. 1 § 10 des Gesetzes) siehe Pröhl, KWG, Einleitung.

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die Praxis wichtigste Aspekt der Tätigkeit des Reichskommissars675 war seine Einflussnahme auf die Soll- und Habenzinsen sowie die Provisionen des Bankgewerbes. Der von ihm angeregte Mantelvertrag zwischen den Spitzenverbänden des Kreditgewerbes wurde für allgemein verbindlich erklärt und hatte in anderer rechtlicher Gestalt bis 1967 Bestand. Die Notverordnung war in Eile verabschiedet worden und wies daher einen eher provisorischen Charakter auf, weshalb sie bereits 1934 durch das Kreditwesengesetz676 abgelöst wurde. Diesem ging die Arbeit einer BankEnquête voraus, die die Defizite des bisherigen Systems und die zu ergreifenden Maßnahmen erarbeitet hatte677. Das Gesetz unterwarf alle Kreditinstitute einem Genehmigungszwang und einer Beaufsichtigung, enthielt Vorschriften zur Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität, zur Trennung von Geld- und Kapitalmarkt, zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Zahlungsverkehrs und über die Schaffung einer Aufsicht. Das Gesetz wurde mehrfach geändert, und galt – durch alliierte Gesetzgebung aufrechterhalten – auch nach dem Zweiten Weltkrieg fort. Es wurde 1961 durch das bis heute gültige Kreditwesengesetz abgelöst678. Die Schaffung einer Bankenaufsicht rechtfertigte der Gesetzgeber mit den Erfahrungen aus der Krise von 1931679. Wie die umfangreiche Untersuchung Möschels gezeigt hat, beruhte diese Krise vor allem auf exogenen Faktoren, die auch nicht mit Mitteln der Bankaufsicht hätten verhindert werden können. Verstärkt wurde die Krise durch endogene Faktoren, wie den Erwerb eigener Aktien, mangelnde Diversifikation und eine zu optimistische Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die im KWG von 1934 zugelassenen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen für das Kreditgeschäft und die Liquidität wurden nicht ausgefüllt. Linhardt brandmarkte das KWG als ein im Kern nationalsozialistisches Gesetz, das dem Ziel gedient habe, die ___________ 675 Einzelheiten bei Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 202 ff., 222. 676 Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 5.12.1934, RGBl. I 1203, in Kraft getreten am 1.1.1935. 677 Die Arbeit der Enquête wurde durch eine Diskussion im Schrifttum begleitet, bei der auch alte Forderungen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erneuert wurden, wie etwa die Einführung des Trennbankensystems, ablehnend etwa Weber, Depositenbanken, S. 375, während es sich nach Ansicht von Linhardt, Investment Trusts, S. 331, in England und den USA bewährt habe. 678 Gesetz über das Kreditwesen vom 10.7.1961, BGBl. I 881. Anfängliche Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit sind rasch ausgeräumt worden, vgl. BVerfGE 14, 197 ff., sowie Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 269 ff. m. w. N. 679 Dazu und zum Folgenden Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 199 ff.; Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 106 ff.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Kriegsmaschinerie zu finanzieren680. Auch wenn bei der Verabschiedung des Gesetzes die politisch Verantwortlichen versucht haben, das Gesetz als Teil ihres Wirkens auszugeben, bleibt es im Kern jedoch eine Fortentwicklung des zuvor geltenden Rechts. Linhardt verkennt zudem, dass auch andere Staaten eine vergleichbare gewerbepolizeiliche Regelung erließen. Das KWG wurde auch nicht faktisch dazu eingesetzt, das Regime zu erhalten. Entsprechende Maßnahmen wurden auf andere Instrumentarien gestützt681. Die Vorwürfe Linhardts erweisen sich damit als ungerechtfertigt682. Aus heutiger Sicht kritikwürdig sind damit allein die inhaltlichen Schwächen des KWG, insbesondere die nicht konsequente Nutzung seines Regelungsrahmens. Eine solche wäre deshalb angebracht gewesen, weil die Hauptaufgabe der Banken im Sammeln von Einlagen besteht und sie aufgrund des Kreditgeschäfts einen ungewöhnlich geringen Überschuss des haftenden Vermögens über ihre Verbindlichkeiten aufweisen. Dies macht den Schutz der Einleger notwendig. Hinzu kommt, dass eine Krise des Bankgewerbes die Gefahr einer Kettenreaktion mit sich bringt. Diese Faktoren rechtfertigen eine strengere gewerbepolizeiliche Regelung des Bankgewerbes im Vergleich zu anderen Gewerbetreibenden683. Für die Vermögensverwaltung war das Kreditwesengesetz insofern von Bedeutung, als es wiederum684 die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells erfasste, während das Vertretermodell ungeregelt blieb. Die Einführung einer Konzessionspflicht und einer Aufsicht über die Kreditinstitute stellt einen Durchbruch für den Anlegerschutz dar, soweit damit auch eine Zuverlässigkeits- und Liquiditätskontrolle verbunden war. Der Erlass des KWG stellte damit nach der Gesetzgebung des Jahres 1896 (Depotund Börsengesetz) den zweiten wesentlichen Schritt zum Schutze des Publikums dar. Ungeregelt blieben der Vertrieb und die Verhaltenspflichten der Finanzintermediäre, die erst in der jüngsten Vergangenheit685 geregelt wurden. Der Gesetzgeber hat sich also schrittweise des Schutzes der Anleger angenommen, wobei er ein gemäßigtes Tempo angeschlagen hat. Statt vorbeugend tätig zu werden, waren die bis zum Zweiten Weltkrieg ergriffenen Maßnahmen immer nur Reaktionen auf größere Krisen. Ein abstraktes, im ___________ 680 Linhardt, Bankbetriebslehre, Bd. 1, S. 92 m. w. N. auf das eigene Schrifttum sowie ders., WuW 1957, 3, 13. 681 Penzkofer, Geschäftsbanken, S. 126. 682 Auch hierzu ausführlich Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 217 ff.; im Ergebnis ebenso Born, Geld und Banken, S. 501. 683 Wiederum sei auf Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 241 ff., verwiesen. 684 Zum DepositenbankG s. o. S. 328. 685 Ausführlich dazu später in Teil III dieser Untersuchung.

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Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

Vorfeld entwickeltes und in sich schlüssiges Konzept fehlte, was sich nach dem Zweiten Weltkrieg noch sehr negativ bemerkbar machen sollte. Ganz anders reagierten die USA auf die Bankenkrise. Sie verabschiedeten am 16.6.1933 den Glass-Steagall Act686, der das Trennbankensystem festschrieb (ss. 16, 20, 21 und 32). Die USA kannten schon zuvor eine historisch gewachsene Trennung von Investment Banking und Commercial Banking, da sie die englische Bankpraxis übernommen hatten687. Der GlassSteagall Act von 1933 verfestigte dieses System mit einigen Durchbrechungen. Dem Gesetz lag die Vorstellung zugrunde, dass die Bankenkrise auf unseriösen Wertpapiergeschäften beruhe688 und man mit einer Trennung künftig ein Übergreifen auf das Commercial Banking verhindern könne. Diese Schlussfolgerung ist durch zahlreiche Studien inzwischen widerlegt. Gleichzeitig wollte man mit der konsequenten Trennung der Banken und Wertpapierhäuser Interessenkonflikte verhindern, die bei Universalbanken häufig anzutreffen sind. Die aus den USA stammende (und jetzt auch in Europa lebhaft diskutierte) Frage der Einführung einer Compliance Organisation, insbesondere in Form der so genannten Chinese Walls689, zeigt jedoch, dass auch im Trennbankensystem solche Konflikte nicht ausgeschlossen sind. Mit ausschlaggebend für den Glass-Steagall Act waren auch Macht- und Wettbewerbsaspekte690. Eine Konzentration im Bankgewerbe sollte verhindert werden. Die Verabschiedung des Gesetzes löste hierzulande eine Debatte darüber aus, ob eine derartige Trennung geboten sei691. Für den ___________ 686 Act of June 16, 1933, ch. 86, 48 Stat. 184 (codified at 12 U.S.C. §§ 24 (Seventh), 78, 377, 378). Zum Folgenden Geisst, Investment Banking, S. 23 ff.; Möschel, Trennsystem, S. 33 ff.; Rudolph, Trennbankensystem, BA Beiheft 35 (1999), 17 f.; Hoffmann, WM 2000, 1773, 1774. 687 Siehe oben S. 263 sowie Möschel, Trennsystem, S. 33 ff.; Born, Geld und Banken, S. 307 ff., 343 ff. (insbesondere S. 345 – allerdings im Widerspruch zu S. 470). 688 Born, Geld und Banken, S. 510, schildert einen Teil der aufgedeckten Manipulationen (Anlageempfehlungen aufgrund von Eigeninteressen einer Bank, private Geschäfte von Vorständen unter Ausnutzung von Insiderwissen etc.), die der Unterausschuss des Banking and Currency Committee und der zugezogene Ermittler Pecora entdeckten. In die Kritik gerieten Banken auch wegen ihrer Praxis der Zuteilung von jungen Aktien an befreundete Politiker zu günstigeren Konditionen, die den Ruch der Korruption verbreiteten; dazu auch Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 135 f. m. w. N. zu den Fundstellen der Reports. Zur Kritik an der Vorstellung, der Börsencrash von 1929 habe die Bankenkrise verursacht, Hoffmann, WM 2000, 1773 m. w. N. in Fn. 2. 689 Dazu Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 61 ff. 690 Ausführlich die Analyse von Möschel, Trennsystem, S. 33 ff. 691 Statt vieler Rudolph, Trennbankensystem, BA Beiheft 35 (1999), 17 ff.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 198 ff., 206; ders., Investment Management Law, S. 187, 198; Gestrich, Neue Kreditpolitik, S. 78; Ulrich, Privatbankiers, S. 235 ff.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

Geschäftsbereich der Effekten-Vermögensverwaltung hätte eine solche Entscheidung gravierende Auswirkungen gehabt. Ein Eingehen auf diese Debatte erübrigt sich, da die Einführung des Trennbankensystems im deutschen Schrifttum heute nahezu einmütig abgelehnt wird692. Zudem wurde es in den USA nach einer langen Debatte über seine Effektivität693 zunächst aufgeweicht694 und 1999 dann dahingehend modifiziert, dass Banken in Finanzkonglomerate eingebunden werden können695. Auch in England wird die anzutreffende Trennung in commercial und merchant banks zunehmend aufgegeben696. c) Depotgesetz Die Inflation nach Ende des Ersten Weltkriegs führte dazu, dass Geld seine Tauglichkeit als Werterhaltungsmittel einbüßte und deshalb vermehrt Wertpapiere gekauft wurden. Auch die Zahl und der Nennwert der gehandelten Wertpapiere nahmen aufgrund von Kapitalerhöhungen stark zu697. Der Wertpapierumsatz stieg infolgedessen so stark an, dass die Banken nicht mehr in der Lage waren, ihrer Pflicht zur Übersendung eines Stückeverzeichnisses innerhalb von 3 Tagen (§ 3 Abs. 1 DepotG) nachzukommen698. Die Banken gingen deshalb dazu über, sich von dieser Pflicht befreien zu lassen oder nahmen gar telefonische Aufträge entgegen, bei denen der Verzicht auf die Übersendung des Stückeverzeichnisses in stillschweigend vorausgesetzter Kundenvollmacht vom Bankmitarbeiter erklärt wurde. Aufgrund der Masse an Effektengeschäften gelang es den Banken auch immer weniger, der Pflicht zur Vermögenstrennung (§ 1 Nr. 1 DepotG) nachzukommen. Deshalb ließen sich die Banken zunehmend ermächtigen, über die Papiere zu verfügen oder gleichartige Papiere zurückzugewähren (§ 2 DepotG). Dem Kommittenten stand also nur ein obligatorischer Anspruch zu. Die Folgen ___________ 692 Vgl. statt vieler Kümpel, WM 1993, 2025, 2027; ders., WM 1995, 689, 690 m. w. N. 693 Nachweise bei Rudolph, Trennbankensystem, BA Beiheft 35 (1999), 19 f., der auch auf die Gesetzesvorlagen zur Abschaffung der Trennung eingeht. 694 Dazu Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 7; Baas, Die Bank 2000, 32 f.; Hoffmann, WM 2000, 1773, 1775 ff. 695 Zum Financial Services Modernization Act (sog. Gramm-Leach-Bliley Act) vom 12.11.1999 Baas, Die Bank 2000, 32 ff.; Hoffmann, WM 2000, 1773 ff.; Huertas, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen40, S. 471, 501 ff.; Kübler, WM 2000, 287 f.; Otte, DAJV-NL 1999, 117 f. Weiterhin gültig sind ss. 16 und 21 des GlassStegall Acts, so dass die Neuregelung den Katalog zulässiger Bankgeschäfte nicht erweitert hat, vgl. Hoffmann, WM 2000, 1773, 1778, 1782 f. 696 Hein, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen39, S. 301; zur Struktur des Bankwesens Ellinger/Lomnicka, Banking Law, S. 3 ff. 697 Einzelheiten bei Kiesow, Stückeloser Wertpapierverkehr, S. 1 ff. 698 Hierzu und zum Folgenden Schumann, Bankverwahrung, S. 6 ff.

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dieser Praxis zeigten sich im November 1923. Die Stabilisierung der deutschen Währung gebot der Effekteninflation Einhalt und hatte zahlreiche Bankinsolvenzen zur Folge, in denen viele Kommittenten leer ausgingen. Um die nun offenkundigen Defizite des Depotgesetzes zu beseitigen, erließ der Reichspräsident – gestützt auf Art. 48 WRV – eine Verordnung zur Änderung des Depotgesetzes699. Nach § 3 DepotG n. F. war der Bankier nicht mehr automatisch, sondern nur auf Verlangen des Kunden verpflichtet, ein Stückeverzeichnis zu übersenden700. Die Frist hierfür betrug nun eine Woche. Anstelle der Übersendung des Stückeverzeichnisses konnte der Bankier die Wertpapiere selbst übersenden und damit die Verwahrung beenden. Er konnte auch den ihm zustehenden Anspruch gegen die mit der Verwahrung betraute dritte Stelle (z. B. Bank des Berliner Kassenvereins) an den Kommittenten abtreten. Verlangte der Kunde kein Stückeverzeichnis, kam es zu keiner Übereignung. In diesem Fall wurde der Kunde mit einem Konkursvorrecht an den in der Masse befindlichen Wertpapieren (§ 7a Abs. 1 Satz 1 DepotG n. F.) gesichert701. Der Schutz der Vorschrift lief allerdings in den Fällen leer, in denen das Institut durch Eigenhandel die Wertpapiere veräußert hatte. Zwar stand dem Kommittenten in diesem Fall das Recht zu, seine ausgefallenen Forderungen zur Masse anzumelden (§ 7a Abs. 1 Satz 3 DepotG n. F.). Dieses Recht erwies sich jedoch zumeist als wertlos, da die sonstige Masse zu klein war, um alle Gläubiger zu befriedigen. Den Bedürfnissen der Praxis kam die Verordnung von 1923 zwar entgegen; sie ging jedoch vielen nicht weit genug, da der Aufwand für eine effektive Lieferung der Wertpapiere vergleichsweise hoch war und man deshalb Mitte der 20er Jahre zur Kostenreduzierung die generelle702 Umstellung auf den stückelosen Effektengiroverkehr vornahm703, die wiederum die Sammelver___________ 699 VO vom 21.11.1923 über die Aufbewahrung fremder Wertpapiere, RGBl. I 1119; zum neuen Recht Schumann, Bankverwahrung, S. 9 ff. 700 Kritisch dazu Ruth, Depotgesetz, S. 15. 701 Dies war abhängig davon, dass der Kommittent die ihm obliegenden Pflichten erfüllt hat. Dieses Tatbestandsmerkmal gab Anlass zu allerlei Kontroversen, vgl. Schumann, Bankverwahrung, S. 14 ff., 23 ff. 702 Der Effektengiroverkehr war seit etwa 1882 bekannt – vgl. Schumann, Bankverwahrung, S. 53 – hatte sich aber in der Praxis außerhalb Frankfurts und Berlins zunächst nicht durchzusetzen vermocht. 703 Zu den rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Sammeldepot, der Zulässigkeit des stückelosen Effektengiroverkehrs nach altem Recht und zur Reform Schumann, Bankverwahrung, S. 52 ff.; Ascher, Stückeloser Effektenverkehr, S. 2 ff.; Kiesow, Stückeloser Wertpapierverkehr, S. 1 ff.; Ruth, Depotgesetz, S. 2 f., 44 ff.; Giesler, Sammeldepot, S. 25 ff., 54 ff., 73 ff.; Bernstein, Opitz und Jacobson, BankA 26 (1926/27), 233 ff., 238 ff., 299 ff.; Jacobson, Magazin der Wirtschaft 1926, 1434.

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

wahrung voraussetzte. Diese wurde mit dem Depotgesetz von 1937704 gesetzlich anerkannt (§§ 5 ff. DepotG). Ziel des neuen Depotgesetzes705 war eine Stärkung des Anlegerschutzes, weshalb die Regelung in weitaus größerem Maße als bisher zwingend ausgestaltet und die Möglichkeit zur Ermächtigung des Verwahrers zu Verfügungen über Kundenpapiere eingeschränkt wurde (§§ 12, 13 DepotG). Insbesondere wurde die Praxis untersagt, in allgemeinen Geschäftsbedingungen Ermächtigungen zu Verfügungen vorzusehen. Man kehrte zu dem Grundsatz zurück, dass beim Kommissionsgeschäft ein Stückeverzeichnis zu übersenden ist (§ 18 DepotG), sah aber bestimmte eng umschriebene Ausnahmen vor (§§ 19 ff. DepotG). Die Pflicht zur Übersendung des Stückeverzeichnisses galt nun ausdrücklich auch für den Fall des Selbsteintritts des Kommissionärs (§ 31 DepotG)706. Das Konkursvorrecht wurde erheblich erweitert (§ 32 DepotG)707. Das Depotgesetz hat sich im Wesentlichen bewährt und blieb deshalb in seinen Grundstrukturen bis heute unverändert. Im Bereich der Vermögensverwaltung bedeutete es einen enormen Fortschritt, da es das Substanzerhaltungsrisiko der Vermögensinhaber nachhaltig begrenzte. d) Einlagensicherung Im Zuge der Diskussion um eine Reform des Depotgesetzes durch die Regelung des stückelosen Effektengiroverkehrs wurde erneut die Frage angesprochen, ob das Recht einen wirksamen Schutz gegen Veruntreuungen von Wertpapieren bieten könne. Man war sich einig, dass weder zivil- noch strafrechtliche Maßnahmen dies verhindern könnten und auch eine fortlaufende Revision oder Aufsicht keinen sicheren Schutz vor der Insolvenz einer Bank biete708. Das Thema einer brancheneigenen Versicherung oder der Schaffung von Einlagensicherungssystemen für den Fall der Veruntreuung mit anschließender Insolvenz der Bank oder des Vermögensverwalters

___________ 704 Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4.2.1937, RGBl. I 171, dazu etwa Quassowski/Schröder, Bankdepotgesetz; Opitz, Depotgesetz2. 705 Ausführlich dazu die Gesetzgebungsmaterialien vom 4.2.1937, Reichsanzeiger 1937, Nr. 29, abgedruckt bei Quassowski/Schröder, Bankdepotgesetz, S. 22 ff. 706 Diese Klarstallung erwies sich als notwendig, weil die Frage zuvor umstritten war, vgl. Ruth, Depotgesetz, S. 17 ff. 707 Zu dessen Reichweite umfassend Hopt, BB 1975, 397 ff., ders., DB 1975, 1061 ff. 708 Vgl. statt vieler Ruth, Depotgesetz, S. 12.

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Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

wurde zwar diskutiert709, ohne dass dies jedoch in entsprechende Aktivitäten des Gesetzgebers oder der Branche mündete. So lehnte etwa Weber710 die Einlagensicherung als überflüssig ab, da der „kleine Mann“ selbst schuld sei, wenn er seine Spargroschen um ein paar Pfennige mehr Zinsen zu einem risikobehafteten Institut bringe. Diese Argumentation war und ist zu pauschal, da der „kleine Mann“ oft überhaupt nicht erkennen kann, welches Institut risikobehaftet ist, und ihm die Mittel fehlen, ausreichend zu diversifizieren. Gerade die Bankenzusammenbrüche nach 1931 zeigten in besonders deutlicher Weise, wie wichtig eine Einlagensicherung für das Vertrauen in die Branche ist. Eine funktionstüchtige Einlagensicherung macht zudem staatliche Interventionen711 oder eine oft nur schwer zu organisierende brancheninterne Ad-hoc-Hilfe712 überflüssig. Einzig713 die Volksbanken (Kreditgenossenschaftlicher Garantiefonds des deutschen Genossenschaftsverbands von 1937) und die Raiffeisenbanken (Genossenschaftlicher Hilfsfonds des deutschen Raiffeisenverbandes e.V. von 1941) gründeten entsprechende zentrale Garantiefonds714, die allerdings auch deshalb errichtet wurden, um die Genossen vor einer Inanspruchnahme aus ihrer – damals noch überwiegend unbeschränkten – Haftpflicht zu schützen715 und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu den Sparkassen herzustellen. Denn die Gläubiger der (1931 mit eigener Rechtspersönlichkeit versehenen) Sparkassen waren durch die Gewährträgerhaftung716 und indirekt durch die schon zuvor be___________ 709 Nachweise bei Schöner, Einlagensicherung, S. 49 f. Gestrich, Neue Kreditpolitik, S. 77 f., beschreibt die Entwicklung nach der Bankenkrise von 1931 dahingehend, dass eine latente Staatsgarantie für Einlagen bestehe, da der Staat es nicht zulassen könne, dass die Insolvenz einer großen Depositenbank zu einem Zusammenbruch des Systems führe und schlägt als Abhilfe das Trennbankensystem vor, um die Risiken der Depositenbanken zu verringern. 710 Weber, Depositenbanken, S. 376. 711 Zu den Maßnahmen in den Jahren 1931/32 s. o. Text auf S. 330 bei Fn. 672 und 673. 712 Zur Stützung der krisengeschüttelten Banken wurden das Finanzierungsinstitut und die Tilgungskasse gegründet, die nach Erfüllung ihrer Aufgaben wieder aufgelöst wurden, vgl. Friedrich, BankA 32 (1932/33), 119 ff.; Papenthin, Einlagensicherung, S. 11. 713 Ab 1929 war es allerdings schon vereinzelt zur Gründung von regionalen Stützungsfonds und Garantiegemeinschaften der Genossenschaftsverbände gekommen, Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 24. 714 Schöner, Einlagensicherung, S. 50 f.; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 24; Details zu ihrer Entstehung bei Bähre, ÖBA 1981, 182, 187 ff.; SchultzeKimmle, Sparkasse 1968, 348, 349. 715 Bähre, ÖBA 1981, 182, 186. 716 Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6.10.1931, Fünfter Teil, Kapitel I Art. 1 § 2 Abs. 1 Satz 1, RGBl. I 537 (554).

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Die Entwicklung des Anlegerschutzes

stehende Anstaltslast gesichert717. Ungesichert blieben dagegen die übrigen Banken, darunter auch die Hauptanbieter der Vermögensverwaltung, so dass das Substanzerhaltungsrisiko bei dieser Dienstleistung weiterhin hoch war. Während die Einlagensicherung in Deutschland damit noch eine Ausnahme darstellte, errichteten die USA mit s. 8 des Glass-Steagall Acts die Federal Deposit Insurance Corporation718, der alle Mitgliedsbanken des Federal Reserve Systems angehören mussten; State Banks konnten bei ausreichender Bonität ebenfalls beitreten719. e) Das Konditionen- und das Interessenvertretungsrisiko durch Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen Während Ende des 19. Jahrhunderts noch keine Vereinheitlichung der Geschäftsbedingungen der Banken festzustellen war720, enthielt das Bankgeschäftliche Formularbuch von 1912 bereits 19 Regelungen über Bankleistungen721. Bereits 1930 beklagte Ruth722, dass die Institute einseitig an ihren Interessen ausgerichtete Geschäftsbedingungen verwendeten. Bei der Frage, inwieweit diese Bedingungen wirksamer Bestandteil vertraglicher Beziehungen geworden waren, verfuhr die Rechtsprechung über lange Zeit recht großzügig. Die Veröffentlichung in einer Zeitung reichte aus, um Geschäftsbedingungen in einen Vertrag einzubeziehen. Es bedurfte keiner konkreten Kenntnisnahme durch den Kunden, sofern dieser mit entsprechenden AGB rechnen müsse723. Dieses Argument veranlasste das LG Braunschweig sogar, abgeänderte Bedingungen für Bankgeschäfte selbst ohne Bekanntgabe für verbindlich zu erklären724. Eine Inhaltskontrolle der Geschäftsbedingun-

___________ 717 718 719 720

721 722

723 724

338

Papenthin, Einlagensicherung, S. 13. Dazu Schöner, Einlagensicherung, S. 109 ff. Zu Vorläufern dieses Systems oben S. 266 und S. 307 Fn. 544. S. o. S. 305 Fn. 538. L. Raiser, Das Recht der AGB, S. 27, ordnet die in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts aufkommenden Regulative der Großbanken als bescheidene Vorläufer der AGB ein; ähnlich Bunte, in: Bankrechts-Handbuch2, § 4 Rdn. 3. Bunte, in: Bankrechts-Handbuch2, § 4 Rdn. 3 ff., der auch die jüngere Geschichte der AGB aufzeigt. Ruth, Depotgesetz, S. 6 f. RGZ 122, 75, 76, stellt fest, dass allgemeine Geschäftsbedingungen bei Banken und anderen Handelszweigen üblich geworden sind. Siehe dazu auch Haupt, Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die damals verwendeten AGB der Banken und Sparkassen sind abgedruckt bei Koch/Roeder, Bankwirtschaft, S. 397 ff., 405 ff., sowie bei Koch, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken. RGZ 103, 84, 86; OLG Düsseldorf, JW 1926, 609. Die Rechtsprechung wurde vom BGH zunächst fortgeführt, BGHZ 17, 1, 3; 33, 216, 219. LG Braunschweig, JW 1924, 1195 Nr. 5.

Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

gen fand nicht statt725. Es war zudem umstritten, ob die KartellVO726 eine ausreichende Grundlage darstellte, um gegen Bedingungen einzuschreiten, die das Gemeinwohl oder die Gesamtwirtschaft gefährdeten727. Ob bei den Vermögensverwaltungsverträgen dieser Zeit bereits allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet wurden, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Die Vermögensverwaltungskunden unterlagen jedoch den Geschäftsbedingungen für Depotgeschäfte. Sie trugen damit ein aus heutiger Sicht hohes Konditionenrisiko, das sich durch die Vereinheitlichung der Geschäftsbedingungen von einem individuellen Risiko aus der einzelnen Vertragsbeziehung zu einem strukturellen Problem einer ganzen Branche entwickelte. Die daraus folgenden Missstände728 beseitigte man – wie bereits geschildert – erst durch das in weiten Bereichen zwingend ausgestaltete Depotgesetz von 1937. Die Geschäftsbedingungen bargen ein weiteres Risiko für Anleger. Die Banken ließen sich in ihren vereinheitlichten Bedingungen regelmäßig bevollmächtigen, die Rechte der Anleger in der Generalversammlung der Gesellschaften wahrzunehmen729, wobei sie sich ein weites Ermessen vorbehielten und dieses regelmäßig im Interesse der Verwaltung ausübten730. Die Praxis der sog. Legitimationsübertragung wurde vom Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigt731. Der Anleger konnte nur schwer kontrollieren, ob diese Stimmrechtsausübung auch in seinem Interesse lag. Das Interessenvertretungsrisiko sowie der aus dem Depotstimmrecht resultierende Machtzuwachs der Banken wurden während der Aktienrechtsreformdiskussion der Weimarer Republik thematisiert732. Im Aktiengesetz 1937 wurde das Depotstimmrecht in § 114 Abs. 4 geregelt und eine ausdrückliche Vollmacht verlangt, so dass eine Legitimationsübertragung durch AGB ausgeschlossen war. ___________ 725 Zwar wandte das Reichsgericht im Einzelfall §§ 138, 242 BGB an, um eine enge Auslegung nachteiliger Klauseln zu begründen, vgl. die Nachweise in BGHZ 22, 90, 96. Eine echte Inhaltskontrolle führte erst der BGH (BGHZ 22, 90, 97 ff.) im Jahr 1956 unter Berufung auf die Arbeit L. Raisers, Das Recht der AGB, (dort insb. S. 277 ff.) ein. 726 KartellVO vom 2.11.1923, RGBl. I 1067. 727 Einzelheiten bei Ruth, Depotgesetz, S. 8 m. w. N. 728 Dazu Ruth, Depotgesetz, S. 13. 729 Dazu Frohner, Legitimationsübertragung, S. 1 ff. 730 Bernstein, BankA 26 (1926/27), 233, 235; Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 132. 731 Vgl. zusammenfassend RGZ 118, 330 ff.; zustimmend Bachem, Verwaltungstreuhand, S. 38 ff. 732 Dazu Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 141, 150, 155, 160.

339

Die Entwicklung des Anlegerschutzes

4. Entwicklung des Gesellschaftsrechts Der Anlegerschutz im Gesellschaftsrecht wurde vor allem durch die Fortentwicklung des Aktienrechts während der Weimarer Zeit ausgebaut. Ohne hier die einzelnen Stationen der Reformdiskussion schildern zu können733, mündete sie 1930 in einen Gesetzentwurf 734, mit dem der Gesetzgeber an seiner bisherigen Einstellung, das geltende Recht habe sich bewährt, festhielt. Der Entwurf beschränkte sich daher auf einzelne Verbesserungen, so vor allem auf den Ausbau der Publizität und Kontrolle der Gesellschaft735. Der Entwurf wurde 1931736 revidiert, doch ließ die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise keine Zeit, den Vorschlag zu beraten und zu verabschieden. Vielmehr wurden im Wege der Notverordnung vom 19.9.1931737 nur die dringendsten Vorhaben verwirklicht738. Unter dem hier interessierenden Ge___________ 733 Ausführlich dazu Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 129 ff.; Nörr, ZHR 150 (1986), 155 ff., jeweils m. w. N.; Wiethölter, Interessen, S. 36 ff. 734 Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nebst erläuternden Bemerkungen, veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, 1930. 735 Zu den Einzelheiten der gemachten Vorschläge und der sich anschließenden Diskussion vgl. statt vieler Brodmann, ZHR 94 (1929), 31 ff.; Klausing, Reform des Aktienrechts; Ludewig, Hauptprobleme der Reform des Aktienrechts; Passow, Strukturwandel (Anhang S. 42 ff.: Das Schicksal der Aktienrechtsreform), jeweils m. w. N. 736 Amtlicher Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Entwurf eines Einführungsgesetzes, veröffentlicht auf Anordnung des Reichsjustizministeriums, 1931, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, S. 849 ff. Auf S. 907 ff. sind auch die 1932 nachgereichten „Erläuternde(n) Bemerkungen des Reichsjustizministeriums zum Entwurf von 1931“ wiedergegeben. 737 Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I 493; korrigiert durch die Vierte VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8.12.1931, RGBl. I 699, 715, dazu ausführlich Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 137 ff. 738 Ausführlichere Regelung des Erwerbs eigener Aktien und Interimsscheine (§§ 226 Abs. 1; 227a); Voraussetzungen und Folgen der Einziehung eigener Aktien (§ 227); Erweiterung des Informationsrechts des Aufsichtsrats u. a. auf Konzernbeziehungen (§ 246 Abs. 1 Satz 3) und Ergänzung durch eine Unterrichtungspflicht durch den Vorstand (§ 239a); Recht des Aufsichtsratsmitglieds, die Einberufung des Aufsichtsrats verlangen zu können (§ 244a); Vorschriften über Kreditgeschäfte der Gesellschaft mit Mitgliedern des Vorstands oder des Aufsichtsrats (§ 240a); Ausweitung der Berichts- und Rechnungslegungspflichten des Vorstandes in Gestalt des Geschäftsberichts (§ 260a), der Jahresbilanz (§§ 261, 261a, 261b) und der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 261c) sowie Erstreckung der Entscheidungskompetenz der Generalversammlung auf die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 260), Ergänzung der Vorschriften über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Organmitglieder

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Entwicklungen zwischen 1914 und 1945

sichtspunkt des Anlegerschutzes war die Verordnung vor allem deshalb bedeutend, weil mit ihr erstmals eine Pflichtprüfung des Jahresabschlusses vorgesehen wurde (Art. VI der VO, mit dem § 262a HGB eingeführt wurde) und diese nur von öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfern vorgenommen werden durfte (Art. 5 der 1. Durchführungs-VO739). Eine weitere Notverordnung vom 6.10.1931740 gestattete (in ihrem 5. Teil, Kap. II) die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form.

___________ (§§ 268, 269). Von besonderer Bedeutung war die Einführung einer Pflichtrevision des Jahresabschlusses durch einen oder mehrere Bilanzprüfer (§ 262a Abs. 1, §§ 262a–262g, § 266, § 267). Für die KGaA galten die Neuerungen entsprechend (Art. X). 739 Erste VO zur Durchführung der aktienrechtlichen Vorschriften der VO des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 15.12.1931, RGBl. I 760. 740 Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen, RGBl. I 537.

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Kapitel 6 Entwicklungen seit 1945 I. Vermögensentwicklung 1. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs für die Vermögensentwicklung Der Zweite Weltkrieg brachte für viele europäische Staaten einschneidende Einbußen bei den Real- und Buchvermögen mit sich. In denjenigen Staaten, die keine unmittelbare Kriegseinwirkung auf ihrem Territorium zu verzeichnen hatten (USA, Schweiz), entwickelte sich deshalb die Vermögensverwaltung wesentlich kontinuierlicher als in den kriegsbelasteten Staaten. Die folgende Tabelle belegt diese Kontinuität und das eingangs1 schon kurz gestreifte Phänomen des Wandels der Anlageobjekte am Beispiel der USA. Jahr gesamtes Trustvermögen in Mrd. $

1900

1912

1922

1929

1933

1939

1945

1949

1952

3

7

18

30

25

35

45

50

60

davon in % Barbestände

1

3

3

3

3

4

4

4

4,2

Langfristige Darlehen an Landwirtschaft

13,6

8,4

6

2,1

1,9

1,3

0,4

0,2

0,1

Langfristige Darlehen an eingetragene Gesellschaften

4

2,3

1,7

1,3

1,5

1,0

0,5

0,3

0,2

Obligationen

20

20

20

22,5

20

20

8

8

8,3

Aktien

20

35

35

42

32

37

40

40

41,6

Staats- und Kommunalanleihen

5

5

10

10

15

12

10

10

10

Bundesanleihen





5

3

10

10

27,5

30

29,2

26,4

16,3

11,8

11,1

11,6

9,7

6,6

5,5

4,7



0,1

0,2

1,0

0,5

0,5

0,7

1,0

Sonstige Anlagen Anlagen im Ausland in Mrd. $

Tabelle 16: Trustvermögen in den USA2

Ein Vergleich der Anlagestrategie der Personal Trust Departments der Banken im Jahre 1900 und 1952 zeigt, wie frühzeitig dieser Wandel hin zu Aktien und Obligationen, der später auch in anderen Staaten zu beobachten war, in den USA einsetzte. Während 1900 noch rund 2/5 des Vermögens in

___________ 1 2

S. o. S. 188 ff., 277 ff., 326 f. Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 233.

342

Vermögensentwicklung

Grundstücken angelegt war, sank der Anteil bis 1930 auf 1/10 und war 1952 nur noch marginal. Bundesschuldtitel, zu Zeiten der großen Depression kein begehrtes Anlageobjekt, machten 1952 30 % der Anlagewerte aus3. Da viele der als „sichere Werte“ geltenden Papiere nach dem Krieg eine unter der Inflation liegende Rendite abwarfen, schien die Anlage eines Teils der Vermögen in Aktien geboten, um einen Ausgleich zu schaffen4. Damit trug man in den USA sehr frühzeitig dem Umstand Rechnung, dass – inflationsbereinigt – Aktien auf längere Sicht eine deutlich höhere Rendite abwerfen als Anleihen5. Als neues Tätigkeitsfeld für Treuhänder kam ab den 50er Jahren die Verwaltung von Pensions- und Gewinnbeteiligungsfonds hinzu6. Diese wenigen Angaben mögen zunächst genügen, um die auch in der Folge sehr positive Entwicklung der Vermögensverwaltung in den USA zu kennzeichnen. Das Hauptaugenmerk wird im Folgenden auf die Entwicklung des deutschen Markts für Vermögensverwaltungen gelegt.

2. Vermögensentwicklung in Deutschland a) Einkommensentwicklung Voraussetzung für die Bildung von Vermögen ist in erster Linie die Einkommensentwicklung. Erfahrungsgemäß wird mit steigendem Einkommen zunächst ein gehobener Konsum finanziert, bei einem höheren Einkommen steigt auch die Sparquote an. Die nachfolgende Statistik zeigt, dass sich die Zahl der Gutverdienenden nach dem Krieg kontinuierlich erhöht hat.

___________ 3 4 5

6

Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 232. Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 225. Die durchschnittliche inflationsbereinigte Rendite betrug bei Aktien 9 % pro Jahr und bei Anleihen 3 %, siehe Ibbotson/Sinquefield, Stocks, Bonds, and Inflation: Historical Returns (1926–1978), S. 29 f. Einzelheiten bei Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 216 ff.

343

Entwicklungen seit 1945 monatl. Haushaltsnettoeinkommen

1950

1955

1960

1964

1968

1970

unter 500 DM

80,6 % 53,3 % 34,6 % 23,9 % 16,9 % 11,9 %

500 – 1.000 DM

15,9 % 34,2 % 37,4 % 33,8 % 31,0 % 27,0 %

1.000 – 1.500 DM

2,5 %

8,4 % 17,4 % 22,1 % 22,9 % 22,4 %

1.500 – 2.000 DM

0,6 %

2,4 %

0,4 %

1,7 %

15,25

16,23

2.000 – 3.000 DM

2,9 %

über 3.000 DM Anzahl der Haushalte in Mio.

6,0 % 10,6 % 13,2 % 15,1 % 6,1 %

9,7 % 13,2 %

1,6 %

3,4 %

6,5 % 10,4 %

18,90

20.37

21,55

22,40

Tabelle 17: Einkommen der privaten Haushalte nach zusammengefassten Einkommensklassen7

Die nachfolgende Statistik zeigt, dass dieser Trend sich ungebrochen fortgesetzt hat und die Anzahl der Besserverdienenden, die für eine Vermögensverwaltung als Klientel in Betracht kommen, stark angewachsen ist. Gesamtbetrag der Einkünfte

1980

1983

1986

1992

100.000 – 250.000 DM

444.941

555.715

791.052

2.439.429

250.000 bis 500.00 DM

74.774

75.044

93.618

206.609

500.000 bis 1. Mio. DM

21.714

21.108

26.557

54.677

über 1 Mio. DM

10.148

10.318

13.662

25.265

Summe

551.577

662.185

924.889

2.725.980

Tabelle 18: Anzahl der unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen (Alleinstehende und Verheiratete)8

Im Jahre 1992 verfügten rund 1,7 Mio. Haushalte über ein monatliches Einkommen von mehr als 10.000 DM, wobei Selbstständige den Großteil dieser Haushalte (1 Mio.) stellten. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 10.000 und 25.000 DM liegt die Sparquote erfahrungsgemäß bei etwa 30 %9. Sie kann bei höheren Einkommen auch weiter steigen. Die Einkommensteuerstatistik zeigt weiterhin, dass bei solchen Haushalten der private Verbrauch und die Sicherung der gehobenen Lebensqualität im Vergleich zum verfügbaren Einkommen an Bedeutung verlieren und der Ausbau der ___________ 7 8 9

Göseke/Bedau, Verteilung und Schichtung der Einkommen, S. 63. Statistisches Bundesamt, Jahrbuch 1987, 456; 1992, 546; 1997, 545. Huster, in: Schui/Spoo, Geld ist genug da, S. 18.

344

Vermögensentwicklung

selbstständigen Tätigkeit, die Mehrung des Kapitalvermögens und die Investition in Produktivvermögen dominieren10. Wie eingangs schon angedeutet, bestimmt die Höhe des Haushaltsnettoeinkommens wesentlich die Höhe des Vermögens. Einkommen bis

Zahl der Haushalte

durchschnittliches Geldvermögen

bis 1.000 DM

1,2 Mio.

6.000 DM

1.000 bis 2.000 DM

4,8 Mio.

13.000 DM

2.000 bis 3.000 DM

7,1 Mio.

28.000 DM

3.000 bis 4.000 DM

5,1 Mio.

42.000 DM

4.000 bis 5.000 DM

3,7 Mio.

54.000 DM

5.000 bis 7.500 DM

4,2 Mio.

75.000 DM

7.500 bis 35.000 DM

1,5 Mio.

141.000 DM

Tabelle 19: Höhe der Einkünfte und des Bruttogeldvermögens im Jahr 199311

Bemerkenswert ist auch der Wandel, der sich an der Spitze der Einkommensmillionäre zeigt. Waren dies vor dem Ersten Weltkrieg hauptsächlich Besitzer von Industrieunternehmen oder Adelige12, sind es heute Selbstständige und die Eigentümer von Dienstleistungsunternehmen. Prominentestes Beispiel ist der derzeit reichste Mann der Welt, Bill Gates, dessen Privatvermögen 1998 auf 86,4 Mrd. $13 und 2005 auf 46.5 Mrd.14 $ geschätzt wurde. In der Veränderung der Vermögensordnung spiegelt sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wider, die durch eine starke Zunahme des tertiären Sektors zu Lasten des primären und später auch des sekundären gekennzeichnet ist15. Der hinlänglich bekannte Rückgang der Bedeutung des Adelsvermögens ist in Deutschland sicherlich auch auf die Folgen der beiden Weltkriege und die deutsche Teilung zurückzuführen, lässt sich jedoch auch bei anderen Staaten beobachten, die keine Gebietsverluste erlebt haben und die noch an der Monarchie festhalten, wie etwa Großbritannien. Die neue ___________ 10 11 12 13

Huster, in: Schui/Spoo, Geld ist genug da, S. 19. Bedau, Vermögensverteilung, S. 69 f. S. o. S. 283. Südwestpresse vom 20.4.1998, S. 4 („Spice Girls: Die Kasse klingelt“). Allerdings ist er aufgrund des Kursverlusts von Microsoft im Jahr 2000 deutlich ärmer geworden. Der Wert seines Vermögens betrug im September 2000 nur noch 63 Mrd. $, http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,94671,00.html. 14 http://www2.t-online.ch/dyn/c/36/76/48/3676484.html (abgerufen am 15.6.2005). 15 Dazu und zur Internationalisierung des Dienstleistungsverkehrs vgl. die Nachweise bei Ebke, FS Mestmäcker, S. 863.

345

Entwicklungen seit 1945

Vermögensverteilung beruht also auf einem allgemeinen wirtschaftlichen Wandel. Neben den Eigentümern von Dienstleistungsunternehmen und Selbstständigen sind es neue Berufsgruppen, wie Profisportler und Musiker, die schon in jungen Jahren große Vermögen bilden und den alten Land- und Geldadel von seinem angestammten Platz verdrängen, so in Deutschland die Profifußballer (bekanntestes Beispiel dürfte immer noch Franz Beckenbauer sein), Tennisspieler (Boris Becker, Steffi Graf und Michael Stich) und Formel-1-Fahrer (Michael Schumacher). In Großbritannien veröffentlicht die Sunday Times seit 1988 eine jährliche Erhebung über die Millionäre16, die bestätigt, dass die soeben für Deutschland geschilderte Entwicklung kein Einzelfall ist. Auf der Liste der 1.000 reichsten Bürger steht die Queen nicht mehr auf Platz 1. Im Jahr 1998 war sie mit 750 Mio. DM Vermögen nur noch auf Platz 94 zu finden. Platz 1 hielt der Besitzer der Supermarktkette Lord Sainsbury mit einem Vermögen von 9,9 Mrd. DM. Auch Harrods-Besitzer Mohammed al Fayed gehört ebenso zu den Vermögensmilliardären wie Formel-1-Rennstallbesitzer Bernie Ecclestone, dessen Vermögen sich 1998 auf 4,5 Mrd. DM belief. Der reichste Musikmillionär der Insel war Sir Paul McCartney mit einem Vermögen von 1,5 Mrd. DM, gefolgt von Sir Andrew Lloyd-Webber mit 1,4 Mrd. DM. Eine vergleichbare Statistik für Deutschland fehlt, doch dürfte sich die Entwicklung nicht wesentlich von der britischen unterscheiden. Die reichsten Deutschen17 sind die Gebrüder Albrecht, deren Vermögen sich 2005 auf 23 Mrd. $ belief (Platz 3 der Weltrangliste der reichsten Personen). Auf Platz 41 der Weltrangliste folgt Michael Otto, dessen Vermögen auf 8 Mrd. $ geschätzt wurde. Auf Platz 50 findet sich Rudolf August Oetker mit einem Vermögen von 7,5 Mrd. $. Platz 78 nimmt Johanna Quandt ein, deren Vermögen 5,3 Mrd. $ betrug. b) Vermögensbestand Der rasche Wirtschaftsaufschwung in den fünfziger Jahren führte zur Bildung größerer Vermögen. So wuchs das Geldvermögen der privaten Haushalte von 20 Mrd. DM zum Zeitpunkt der Währungsreform 1948 auf 314 Mrd. DM im Jahre 196718 und erreichte Ende 1996 4.995 Mrd. DM19 und Ende 1997 5.340 Mrd. DM20. ___________ 16 Zum Folgenden Südwestpresse vom 20.4.1998, S. 4 („Spice Girls: Die Kasse klingelt“). 17 Zum folgenden http://www.stern.de/wirtschaft/geld/meldungen/index.html?id=520821 &backref=%2Fwirtschaft%2Fgeld%2Fmeldungen%2Findex.html%3Fid%3D530228 %26nv%3Dct_mt&nv=fs&cp=3 (abgerufen am 15.6.2005). 18 Büschgen, in: Gall u. a., Deutsche Bank, S. 796. 19 Südwestpresse 31.7.1997, S. 5 („Die Reichen werden immer reicher“). 20 Südwestpresse 19.5.1998, S. 5 („Sparquote auf Tiefstand“).

346

Vermögensentwicklung Position in Mrd. €

1991

1993

1995

1997

1999

2001

2003

2004

Geldvermögen bei Banken21

926

1.089

1.128

1.210

1.266

1.262

1.399

1.451

kurzfristig

617

760

782

877

963

957

1.111

1.159

längerfristig

309

329

346

333

303

305

288

292

401

479

573

684

808

916

991

1.040

bei Versicherungen22 in Wertpapieren

561

708

838

1.042

1.322

1.344

1.296

1.344

Rentenwerte23

266

297

348

367

367

389

439

477

Aktien

131

176

197

313

478

349

245

251

Sonstige Beteiligungen

80

99

102

118

115

170

149

152

Investmentzertifikate

84

136

190

244

362

436

464

464

aus Pensionsrückstellungen Insgesamt

132

147

161

169

183

203

228

233

2.019

2.423

2.699

3.105

3.580

3.725

3.915

4.067

815

970

1.138

1.279

1.453

1.522

1.553

1.556

91

99

104

103

112

110

99

90

724

871

1.034

1.176

1.341

1.412

1.454

1.466

Verbindlichkeiten Kredite kurzfristig längerfristig SonstigeVerbindlichkeiten Insgesamt

9

10

12

12

9

8

9

10

824

980

1.150

1.291

1.462

1.530

1.562

1.566

darunter: Konsumentenkredite

131

154

165

182

199

206

201

200

Wohnungsbaukredite

492

580

697

803

913

978

1.019

1.029

Gewerbliche Kredite Nettogeldvermögen

191

236

275

294

341

338

333

327

1.195

1.443

1.549

1.814

2.118

2.195

2.353

2.501

Nachrichtlich:

in € je Haushalt

Geldvermögen

57.300

66.900

73.100

82.900

94.700

96.900

100.500

104.000

Verbindlichkeiten

23.400

27.000

31.100

34.500

38.700

39.800

40.100

40.000 278,7

in % des verfügbaren Einkommens Geldvermögen Verbindlichkeiten Nettogeldvermögen

199,9

216,0

225,1

250,2

275,8

268,4

271,8

81,6

87,3

95,9

104,0

112,6

110,2

108,4

107,3

118,3

128,6

129,2

146,2

163,2

158,2

163,4

171,4 186,8

in % des BIP Geldvermögen

134,4

146,5

149,8

165,9

180,9

179,6

184,0

Verbindlichkeiten

54,8

59,2

63,8

69,0

73,9

73,8

73,4

71,9

Nettogeldvermögen

79,6

87,2

86,0

96,9

107,0

105,9

110,6

114,9

Tabelle 20: Geldvermögen und Verbindlichkeiten der privaten Haushalte24, 25

___________ 21 Im In- und Ausland. 22 Einschl. Pensionskassen und -fonds, berufsständische Versorgungswerke und Zusatzversorgungseinrichtungen sowie sonstige Forderungen (inkl. verzinslich angesammelte Überschussanteile bei Versicherungen). 23 Einschl. Geldmarktpapiere. 24 Einschl. privater Organisationen ohne Erwerbszweck. 25 Deutsche Bundesbank, Vermögensbildung und Finanzierung im Jahr 2004, Monatsbericht Juni 2005, S. 28.

347

Entwicklungen seit 1945

Auch das Sachvermögen hat seit dem Krieg stark zugenommen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt. Jahr

Anlagevermögen Ausrüstungen

Vorratsbestände

Gesamt

Bauten

1980

1.426,7

5.759,8

390,1

7.576,6

1981

1.549,1

6.175,6

408,7

8.133,3

1982

1.640,5

6.395,5

413,0

8.449,0

1983

1.724,3

6.761,7

419,7

8.905,8

1984

1.795,9

7.065,2

431,3

9.292,4

1985

1.859,4

7.327,0

434,5

9.620,9

1986

1.917,6

7.639,3

434,2

9.991,1

1987

1.980,2

7.966,1

432,6

10.378,8

1988

2.072,0

8.371,5

450,1

10.893,6

1989

2.213,4

8.951,0

472,9

11.637,2

1990

2.375,5

9.787,7

490,2

12.651,3

1991

2.747,9

11.795,0

-

-

1992

2.916,5

12.714,5

-

-

1993

3.015,1

13.363,1

-

-

1994

3.078,3

14.026,2

-

-

1995

3.149,0

14.558,3

-

-

Tabelle 21: Reproduzierbares Sachvermögen zu Wiederbeschaffungspreisen in Mrd. DM (Bruttobeträge)26

Das Anlagevermögen betrug 1994 und 1995 also über 17 Bill. DM. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass in den Angaben zu Bauten nur der Wert der Gebäude, nicht aber der Wert der Grundstücke enthalten ist27. In Westdeutschland verfügen 51 % der Haushalte über Immobilienvermögen, in Ostdeutschland 28 %28. Auch beim Sachvermögen ist der Zusammenhang von Einkommenshöhe und Höhe des Sachvermögens offenkundig29. Neben

___________ 26 27 28 29

Bedau, Vermögensverteilung, S. 39. Bedau, Vermögensverteilung, S. 37. Hierzu und zum Folgenden Bedau, Vermögensverteilung, S. 16. Einzelheiten bei Bedau, Vermögensverteilung, S. 90 ff.

348

Vermögensentwicklung

dem Anlagevermögen ist das Gebrauchsvermögen zu berücksichtigen. Es betrug 1980 1.045,6 Bill. DM und 1994 2.264 Bill. DM brutto30. Bargeld und Einlagen

Deutschland

Wertpapiere ohne Aktien und Investmentzertifikate

Aktien und Investmentzertifikate

Versicherungen und Pensionsfonds

2000

2001

2000

2001

2000

2001

2000

2001

33,9

34,4

10,2

10,4

26,9

24,9

27,8

28,9

Belgien

22,9

26,5

20,4

21,9

43,8

36,4

12,1

14,7

Finnland

22,9

22,1

0,9

1,6

65,2

61,6

10,2

13,0

Frankreich

25,5

27,3

2,3

2,1

45,8

41,5

23,0

25,7

Italien

24,7

27,7

18,9

21,2

42,9

36,0

12,5

14,5

Niederlande

18,5

20,6

2,3

2,3

23,3

19,5

55,6

55,2

Österreich

54,6

55,3

7,4

7,4

17,2

15,6

20,7

21,7

Portugal

45,2

46,8

4,3

6,0

32,4

29,4

16,5

16,1

Spanien

36,2

37,9

1,9

1,5

45,9

43,6

13,1

13,9

Tabelle 22: Struktur des Geldvermögens in 9 EWU-Ländern in Prozent31

Der internationale Vergleich zeigt, dass in Deutschland Wertpapieranlagen i. w. S. eine geringere Bedeutung aufweisen als in vielen anderen europäischen Staaten. Um den Bedarf für die Vermögensverwaltung aufzeigen zu können, ist neben Einkommens- und Vermögenszuwächsen, ohne die ein breiter Markt für Vermögensverwaltungen nicht entstehen würde, auch die Verteilung dieser Werte zu berücksichtigen. c) Vermögensverteilung Im Durchschnitt besaß im Jahr 1980 jeder Privathaushalt ein Bruttogeldvermögen von rund 60.000 DM, im Jahr 1995 von 128.000 DM, im Jahr 1996 von 135.000 DM32. Diese Zunahme des Vermögens ist selbst unter Einbeziehung des Kaufkraftschwunds in diesem Zeitraum beachtlich. ___________ 30 Bedau, Vermögensverteilung, S. 43. 31 Bundesverband deutscher Banken e.V., Die privaten Haushalte in der EU sparen wieder mehr, http://www.bdb.de/finanzmaerkte/index.asp?channel=121210&art=608& ttyp=1&tid=778 (abgerufen am 17.6.2005). 32 Angaben zu 1996 aus Südwestpresse 31.7.1997, S. 5 („Die Reichen werden immer reicher“). Zu früheren Jahren Bedau, Vermögensverteilung, S. 32.

349

Entwicklungen seit 1945

Dieser Durchschnittswert ist jedoch wenig aussagekräftig, da die Vermögensverteilung sehr ungleich ist. So entfielen 1996 in Westdeutschland auf 50 % der Privathaushalte nur 11 % des Vermögens, während die „oberen 5 % der Haushalte“ 28 % des Vermögens besitzen. Diese ungleiche Verteilung setzt sich bei den Erträgen aus Vermögen fort. 1996 flossen 223 Mrd. DM an Zinsen, Dividenden und anderen Kapitalerträgen in die Privathaushalte, also durchschnittlich 5.800 DM pro Haushalt. Auch dieser Durchschnittswert verschleiert die Verteilung der Vermögen, da auf 5 % der Privathaushalte 50 % der Erträge entfielen. So bezogen Selbstständige durchschnittlich 20.100 DM und Arbeiter 3.200 DM aus Kapitalvermögen. Für die vorliegende Untersuchung bedeutsam ist auch die Tatsache, dass die Kapitalerträge seit 1991 um fast 40 % zugenommen haben, während Löhne und Gehälter effektiv nur um rund 4 % stiegen. Von 1995 auf 1996 betrug die Steigerung der Kapitaleinkünfte allein 6,3 %. Dem entspricht es, dass sich die Schere zwischen Reichen und Armen immer weiter öffnet, was auch durch die steigende Zahl der Sozialhilfeempfänger belegt wird33. Parallel dazu steigt die Zahl der in „verdeckter Armut“ lebenden Menschen, die nach Aussage des Frankfurter Instituts für Sozialberichterstattung und Lebenslagenforschung im Jahr 1995 2,8 Mio. oder 3,4 % der Bevölkerung betrug34. d) „Generation der Erben“ Ein Großteil dieses Vermögens wird von der älteren Generation gehalten. In den 80er Jahren lag deshalb das Gesamtvolumen der jährlichen Erbschaften bei 80 Mrd. DM und stieg in den 90er Jahren auf ca. 200 Mrd. DM jährlich an35. Man schätzt, dass allein in den zwei Millionen Erbschaftsfällen der Jahre 1995 bis 2000 1,8 Billionen DM Vermögen und 400 Mrd. DM Lebensversicherungen in die nächste Generation übergingen36. Da diese Generation zudem nicht mehr so kinderreich ist, kommt es nicht mehr so häufig zu Vermögenszersplitterungen, sondern eher zu Konzentrationen. In den nächsten zehn Jahren steht zudem bei 700.000 Familienunternehmen ein Generationenwechsel an37, der ebenfalls den Bedarf nach professioneller Vermögensverwaltung wachsen lassen wird, denn nicht alle Erben werden ___________ 33 Vgl. zur Entwicklung die Beiträge von Huster u. a. in: Schui/Spoo, Geld ist genug da, S. 13 ff. Ausführlich auch: Der Spiegel vom 29.9.1997 („Die Reichen reicher, die Armen ärmer …“), S. 86 ff. 34 Stuttgarter Zeitung vom 22.4.1998, S. 2. 35 Büschgen, in: Gall u. a., Deutsche Bank, S. 796 f. 36 Sauer, Fondspicking, S. 3 f. Siehe auch den ausführlichen Bericht in: Der Spiegel vom 20.4.1998, S. 78 ff. („Das goldene Los“). 37 Südwestpresse vom 27.2.1998, S. 6 („Nachfolger gesucht“).

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Vermögensentwicklung

eine unternehmerische Stellung anstreben38. Die Vermögensverwaltung kann deshalb auf zwei Wegen an Bedeutung gewinnen, entweder weil der Nachfolger die (ererbte) gesellschaftsrechtliche Beteiligung veräußert und sein Geld anlegen will oder weil er sich eines Verwalters bedient, um seine Gesellschafterrechte wahrnehmen zu lassen. e) Verändertes Anlegerverhalten Parallel zu dem starken Vermögenszuwachs lässt sich eine veränderte Anlegermentalität beobachten. Die Kunden sind heute kritischer, wählen Anlagemöglichkeiten eher als früher nach Renditegesichtspunkten aus und suchen verstärkt professionellen Rat39. Dies belegt beispielhaft der Rückgang der Beliebtheit des Sparbuchs. War dies früher des Deutschen liebste Kapitalanlage (33,4 % aller Anlagen im Jahr 1980), lag seine Bedeutung 1990 gleichauf mit Wertpapieranlagen (22,9 % Spareinlagen und 22,6 % Wertpapiere) und sinkt seitdem rapide weiter. Neben die Renditeorientierung tritt eine erhöhte Risikobereitschaft, da die Erben ererbtes Vermögen offensichtlich eher spekulativ einsetzen als selbst erarbeitetes Geld. Als Kunden gewinnen die Vermögensverwalter zunehmend auch Unternehmer, die sich ihren Reichtum erarbeitet haben und die Wert auf eine aktive Vermögensanlage legen40. Schließlich sind die Anleger deutlich kostenbewusster geworden, was sich in dem überraschend großen Geschäftszuwachs der Discount Banken und Discount Broker zeigt. Zudem nimmt die Loyalität der Bankkunden zu ihrer Hausbank ab, so dass der Faktor einer lang bestehenden und vertrauensvollen Bankbeziehung heute einen immer geringeren Stellenwert für die Kunden aufweist41. ___________ 38 Da Frauen im Durchschnitt länger leben als Männer, erben sie häufiger als Männer. Vor allem ältere Frauen fühlen sich bei der Anlage großer Erbschaften überfordert und bedienen sich eines Vermögensverwalters. Auch die bevormundende Fürsorge konservativer Erblasser führt bisweilen dazu, dass Töchter einen Vermögensverwalter oder Testamentsvollstrecker als „Beistand“ erhalten, während dies bei Söhnen seltener oder nie der Fall ist. Dieses durch das traditionelle Rollenverständnis geprägte Bild wandelt sich glücklicherweise. Um weiblichen Erben die Angst vor der Verwaltung des Erbes zu nehmen und ihnen die nötigen Kenntnisse zu dessen Anlage zu verschaffen, werden Frauen jetzt spezielle Vermögensverwaltungsseminare angeboten, vgl. TAZ 25./26.4.1998, S. 3 („Frauen erben anders“). 39 So auch Sauer, Fondspicking, S. 4 f.; Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 275 f. 40 v. Maltzan, Große Vermögen …, FAZ vom 20.3.2000, S. B 7. 41 Händel/Patterson, DBW 50 (1990), 158; Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 276; Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 2.

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Entwicklungen seit 1945

Neben den Wandel bei der traditionellen Hausbank/Kunden-Beziehung treten Veränderungen bei der Vermögensanlage. Dies spiegelt sich in der zunehmenden Zahl und Bedeutung institutioneller Anleger wider. Die privaten Haushalte bedienen sich vermehrt der Finanzintermediäre und wählen dabei – nicht zuletzt aus steuerlichen Gesichtspunkten – etwa Versicherungen als Anlage für das Alter. Die Zahl der langfristigen Versicherungsverträge hat ab den 70er Jahren überproportional zugenommen42. Die Versicherungen wiederum investieren als institutionelle Anleger einen wesentlichen Teil der eingenommenen Prämien am Kapitalmarkt. Ertragsorientierte Vermögensbildungs- und Alterssicherungsprodukte gewinnen stark an Bedeutung43. Als Fazit lässt sich damit feststellen, dass die traditionelle Rolle der Banken als Finanzintermediär zunehmend erodiert. Nicht mehr einzelne Finanzprodukte stehen für den Anleger im Vordergrund, sondern die professionelle Beratung über die gesamte Produktpalette und so genannte Allfinanzkonzepte, die Sicherheit, Vorsorge fürs Alter und die familiäre Situation berücksichtigen44. Die an diesen Kriterien ausgerichtete Vermögensverwaltung gewinnt deshalb stetig an Bedeutung. Die demographische Entwicklung führt dazu, dass langfristig die Zahl der Rentenbeitragszahler ab- und die Zahl der Rentner zunehmen wird. Dies bedingt, dass sich die derzeit arbeitende Bevölkerung vermehrt um die Vorsorge für ihr Alter kümmern muss, da die Absicherung durch staatliche und betriebliche Sicherungssysteme nicht mehr in dem heute üblichen Umfang gewährleistet werden kann. Einkünfte werden deshalb in größerem Umfang zur Vorsorge im Alter verwendet und damit direkt – oder über institutionelle Anleger vermittelt – dem Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt. Nimmt man diese Faktoren zusammen, kann man für Deutschland eine Professionalisierung der Anleger feststellen. Diese lässt sich auch im internationalen Vergleich beobachten. Nicht zuletzt wegen dieses gewandelten Anlegerverhaltens schätzen führende Vermögensverwalter, dass das von Anlegern selbst verdiente Vermögen schneller wachsen wird als das ererbte Vermögen45. Das veränderte Anlageverhalten lässt sich anhand der folgenden Zahlen beispielhaft belegen: Die privaten Anleger haben ihre Anlagen in

___________ 42 Zahlen bei Händel/Patterson, DBW 50 (1990), 162. 43 Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 277. 44 Händel/Patterson, DBW 50 (1990), 159, 164 ff. 45 Ausführlich FAZ vom 28.10.1999, S. 37 („Der Wettbewerb in der Vermögensverwaltung nimmt zu“).

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Vermögensentwicklung

Wertpapieren zwischen 1989 und 1994 von 477,7 Mrd. DM auf 803,7 Mrd. DM erhöht46. Ende 1994 wurden bei den inländischen Kreditinstituten Wertpapiere mit einem Kurswert von 3,351 Bill. DM gehalten (davon 37,7 % von Ausländern, 22,5 % von Versicherungen und Finanzdienstleistern, 12,9 % von anderen Unternehmen), gegenüber 1,780 Bill. DM im Jahr 1989. Neben der quantitativen Zunahme ist eine Diversifikation der Produktpalette zu beobachten. Dies gilt auch im Bereich des Markts für Vermögensverwaltungen47, worauf noch im Detail einzugehen sein wird. f) Transnationalisierung der Vermögen und weiteres Vorgehen Aufgrund der Globalisierung der Finanzmärkte ist auch eine Transnationalisierung der Vermögen von Unternehmen, aber auch von Privatleuten zu beobachten. Aufgrund des technischen Fortschritts im Kommunikationsbereich und der Harmonisierung rechtlicher Rahmenbedingungen ist heute die Anlage von Vermögen im Ausland mit geringeren Transaktionskosten und Abwicklungsrisiken verbunden und daher kein ausschließliches Betätigungsfeld für wenige Experten mehr. Dies zeigen folgende Zahlen: Im ersten Quartal 1995 wurden an den internationalen Devisenbörsen täglich 1.230 Mrd. $ umgesetzt, nur 3 bis 5 % davon dienten der Direktinvestition, der Rest der Spekulation48. Zudem sind zwischen 1980 und 1993 die Auslandsguthaben von Banken weltweit um jährlich 30 % gestiegen49. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum das Angebot an grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungen in den letzten Jahren so stark zugenommen hat. Der Markt für Vermögensverwaltungen ändert sich momentan rapide und lässt eine Konzentration auf wenige, finanzstarke Global Player erkennen. Auf diese Entwicklung soll im Folgenden näher eingegangen werden.

___________ 46 Hierzu und zum Folgenden Eißel, Der private Reichtum, Arbeit und Sozialpolitik 5–6/97, S. 21, 27. 47 Zum generellen Wandel Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 279 ff.; speziell zum Wandel im Bereich Asset Management Schmitz-Morkramer, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 289 ff. 48 Statistik der Bank für internationalen Zahlungsausgleich zit. nach Schmid, in: Schui/ Spoo, Geld ist genug da, S. 79. 49 Eißel, Der private Reichtum, Arbeit und Sozialpolitik 5–6/97, S. 21, 27.

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Entwicklungen seit 1945

II. Entwicklung der Kapitalmärkte und der Finanzintermediäre 1. Globalisierung der Kapitalmärkte – Nutzen und Gefahren Betrachtet man die Entwicklung der Finanzdienstleistungen seit dem Zweiten Weltkrieg, ist eine Entwicklung besonders augenfällig, nämlich die Internationalisierung der Leistungen und der Kapitalmärkte50. Die auf Anlegerseite zu beobachtende Transnationalisierung der Vermögen findet darin ihre Entsprechung. Ein Verhältnis von Ursache und Wirkung lässt sich hierbei nicht ausmachen, vielmehr bedingen sich beide Entwicklungen gegenseitig, was anhand einzelner Indikatoren gezeigt werden kann. Betrachtet man etwa die Banktätigkeit, zeigt sich deren Internationalisierung an einer vermehrten Gründung von Auslandsstützpunkten und dem Aufbau eines weltweiten Korrespondenzbankennetzes (institutionelle Globalisierung)51. Zielland Herkunft

innerhalb OECD

andere Staaten

Gesamt

die 10 größten europäischen Banken

429

307

736

die 7 größten US-Banken

298

399

697

die 7 größten japanischen Banken

245

221

466

Tabelle 23: Zahl der Zweigstellen und Tochtergesellschaften großer Banken in den wichtigsten Industriestaaten 199152

Belegt wird die Globalisierung im Bereich der Dienstleistungen auch durch den Anstieg der Auslandsdirektinvestitionen. Von 1983 bis 1990 nahmen die weltweiten Auslandsdirektinvestitionen um durchschnittlich 27,8 % pro ___________ 50 Umfassend dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 104 ff.; ders., Globalisierung, S. 267 ff.; Breuer, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 87 ff.; Dale, Risk and Regulation, S. 1 ff.; Geisst, Investment Banking, S. 227 ff.; Born, Geld und Banken, S. 568 ff. 51 Man unterscheidet insoweit die rechtlich unselbstständige Zweigniederlassung (branch), die nach ausländischem Recht gegründete, selbstständige Tochtergesellschaft (subsidiary), die Repräsentanz (representative office), deren Aufgabe allein die Kontaktherstellung zum Kunden ist, während die Geschäftsabwicklung über die Zentrale läuft, sowie die assoziierte Bank (associate), an der das Kreditinstitut eine Minderheitsbeteiligung hält. 52 Angaben nach Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 28 f.

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Entwicklung der Kapitalmärkte

Jahr zu und wuchsen damit schneller als der Welthandel (11,1 %) und die Weltgesamtproduktion (9,8 % nominal). Obwohl der Handel mit Dienstleistungen Ende der 80er Jahre nur 20 % des Welthandels ausmachte, betrugen die Investitionen im Dienstleistungssektor bereits 50 %, wovon der Löwenanteil auf Finanzdienstleistungen entfiel. In den zehn wichtigsten Industriestaaten stieg das Volumen ausgehender Investitionen im Finanzdienstleistungsbereich von 63 Mrd. $ im Jahr 1980 auf 356 Mrd. $ im Jahre 1990 (durchschnittliche Steigerung von 18,9 % jährlich). Dies entsprach 35,3 % bzw. 49,0 % des gesamten Dienstleistungssektors. Eingehende Investitionen stiegen in diesem Zeitraum von 28,4 Mrd. $ (27,9 %) auf 181,1 Mrd. $ (37,6 %), was einer Steigerung von durchschnittlich 20,8 % pro Jahr entsprach53. Weiterhin ist eine funktionale Globalisierung zu beobachten, die sich an der zunehmenden Notierung von Unternehmen an mehreren in- und ausländischen Börsenplätzen, an der rasanten Zunahme von international gehandelten Finanzinstrumenten54, insbesondere Euronotes, Devisenswaps und Devisenoptionen und an dem so genannten Securitizationsphänomen55 zeigt. Hierunter ist die seit Beginn der 80er Jahre zunehmende Verbriefung von Forderungs- und Beteiligungsrechten („securization“) und deren anschließender Handel zu verstehen, die zu einer erheblichen Steigerung der Emissionsvolumina56, aber auch zu einer Verlagerung von Kreditrisiken in den Wertpapiersektor geführt hat. Bedeutsam ist auch die zunehmende Bedeutung von Off-Shore-Märkten57, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sich entweder außerhalb des hoheitlichen Geltungsbereichs der gehandelten Währung befinden oder im Inland sind, aber von bestimmten legislativen und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des betreffenden Staates ausgenommen wurden. Beispiele sind die Bahamas, die Cayman Islands, Panama, die Niederländischen Antillen und die Philippinen. Motiv für die Anlage von Kapital in Off-Shore-Banken ist der Umstand, dass Geschäftsaktivitäten dort kaum einer Steuer unterliegen oder ___________ 53 Alle Angaben nach Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 28. 54 Dazu Finsterwalder, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen39, S. 1101 ff.; Dale, Risk and Regulation, S. 2. 55 Umfassend dazu Hastenpflug, Securitizationsphänomen, S. 4 ff. 56 Zu Umfang und Erscheinungsformen Breuer und Finsterwalder, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen39, S. 526, 1102 ff.; Hastenpflug, Securitizationsphänomen, S. 4 ff., 37 ff. 57 Die folgende Definition entstammt dem Gabler-Bank-Lexikon13, Stichwort „OffShore-Märkte“.

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Entwicklungen seit 1945

aufgrund fehlender Kooperation der Steuerbehörden mit dem Heimatland des Anlegers Steuern hinterzogen werden können58. Mit Off-Shore-Märkten wird herkömmlich auch die Annahme einer laxen Bankaufsicht verbunden, doch trifft diese Annahme nur bedingt zu59. Den Umfang der Geschäfte mögen folgende Zahlen verdeutlichen: US-amerikanische Banken besaßen 1993 insgesamt 148,9 Mrd. $ Vermögen auf den Bahamas und den Cayman Islands, nicht-US-amerikanische Banken weitere 327,6 Mrd. $60. Die Internationalisierung beruht auf vielen Faktoren, von denen einerseits die Deregulierung des Zahlungsverkehrs, die Abschaffung der staatlichen Zinsbindung und die Zunahme des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, andererseits der technologische Fortschritt bei der Telekommunikation und der Computerentwicklung61 die bedeutendsten sein dürften. Hinzu kommt vielfach eine Liberalisierung des Aufsichtsrechts, wie etwa die Aufhebung der Bedarfsprüfung für die Bank- und Zweigstellengründung, die Aufhebung des in vielen Rechtsordnungen bekannten Maklermonopols sowie die Aufhebung von Sonderregeln für die Werbung der Banken. Die bisherigen Grenzen zwischen den Märkten, die aus der räumlichen Entfernung und der dadurch erschwerten Übermittlung aktueller Informationen resultierten, entfallen oder werden deutlich reduziert. Neben der Überwindung dieser gleichsam natürlichen Marktgrenzen ist vor allem in den Industrienationen auch eine Beseitigung künstlich geschaffener Grenzen zu beobachten, die durch eine starke Regulierung und Abschottung nationaler Märkte entstanden waren62. Die Europäische Währungsunion führt zu einem einzigen Kapitalmarkt für die beteiligten Staaten, der von seiner Größe her mit dem der USA gemessen werden kann. Hinzu trat die Öffnung neuer Märkte, wie etwa der Osteuropas nach dem Zusammenbruch des Kommunismus. ___________ 58 Wohl aus diesem Grund zählt Storck, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 331 ff., auch Luxemburg und die Schweiz zu den Off-Shore-Märkten. 59 Einzelheiten bei Möschel, ZBB 1989, 168, 182 f. Insbesondere im Trustrecht führt ein zu laxer Rechtsstandard dazu, dass die Wirkungen eines Trusts im Ausland nicht anerkannt werden (hinkender Trust) mit der Folge, dass die dort angelegten Werte dem Zugriff von Gläubigern des settlor unterliegen. Mittelbare Folge wäre dann das Ausbleiben von Investitionen aus traditionellen Anlegerländern, vgl. ausführlich Hayton, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 4 f. 60 Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 29. 61 Der Fortschritt lässt sich an folgenden beispielhaften Eckpunkten festmachen: automatisierte Belegverarbeitung (1960), belegloser Datenträgeraustausch (1970), elektronischer Zahlungsverkehr (1980), Telebanking (1990), vgl. Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 24. 62 Unter ökonomischen Aspekten beleuchtet von Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 38 ff.

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Entwicklung der Kapitalmärkte

Diese Faktoren reduzieren die Informationskosten63 sowie die Transaktionskosten für die Abwicklung von Finanzdienstleistungen und Zahlungen64. Dadurch wird die Entwicklung neuer Finanzprodukte ermöglicht, da eine zunehmende Marktbreite und -tiefe eine größere Variationsbreite der Produktpalette ermöglicht. Auch fördert dies die Durchmischung und Durchdringung der Märkte, da Produkte, die bislang nur auf einzelnen Märkten bekannt waren, nun neuen Abnehmerkreisen offen stehen. Bezogen auf die Vermögensverwaltung bedeutet dies zweierlei: Eine (inländische) Vermögensverwaltung unter Einbeziehung ferner Kapitalmärkte ist heute wesentlich leichter möglich, als vor der Revolution im Kommunikations- und Datenverarbeitungssektor. Das Angebot ausländischer Vermögensverwalter im Inland nimmt weiterhin zu, da der technische Fortschritt auch hier Erleichterungen bietet. Die Schweiz kann daher ihre seit langem dominante Stellung im Bereich der Vermögensverwaltungen halten bzw. weiter ausbauen. Die insgesamt positiv zu beurteilende Entwicklung, die eine weitere Beschleunigung durch die Liberalisierung des Warenhandels, der Dienstleistungen65 und des geistigen Eigentums (WTO-Abkommen, GATS und TRIPS) erfahren hat66, birgt aber auch Gefahren67. So ist die Aufsicht über die Finanzmärkte nach wie vor national organisiert. Sie ist zudem unterschiedlich gut ausgestaltet; manche Staaten vertrauen auf Selbstregulierung, andere auf staatliche Aufsicht. Einige Staaten regeln die Aufsicht zentral, andere haben aufgrund föderaler Strukturen gleich mehrere nebeneinander tätige Aufsichtsbehörden und vervollständigen die dadurch verursachte Unübersichtlichkeit noch mit einem nach Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel getrennten Aufsichtssystem68. Auch der Umfang der von der ___________ 63 Allerdings besteht aufgrund des raschen technologischen Wandels ein Zwang zur laufenden Anpassung der EDV und führt damit wieder zu Kostensteigerungen. Diese zunehmenden Fixkosten verteilen sich aber aufgrund des Wachstums auf immer mehr Transaktionen. 64 Zu der Integration der Clearing und Settlement-Systeme Claeys und Vermaerke, in: Wymeersch, Perspectives, S. 129 ff., 143 ff. Wegen des Domino-Effekts im Falle der Insolvenz plädiert die Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 47, 56, für ein sehr vorsichtiges Vorgehen. 65 Ausführlich Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen. 66 Dazu etwa Oppermann, RIW 1995, 919 ff.; Jansen, EuZW 1994, 333 ff.; Ipsen/ Haltern, RIW 1994, 717 ff.; Petersmann, Eur. J. Int’l. L. 6 (1995), 161 ff.; Bello/ Footer, 29 Int’l. Lawyer 335, 340 ff. (1995). 67 Sehr anschaulich und detailliert Möschel, ZBB 1989, 168 ff. 68 Für eine Beibehaltung der Trennung von Bank- und Wertpapieraufsicht einerseits und Versicherungsaufsicht aber Knauth, ZVersWiss 1996, 232 ff. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl von Finanzkonglomeraten scheint diese Position

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Entwicklungen seit 1945

Aufsicht erfassten Finanzdienstleistungen variiert stark. Großbritannien etwa unterwirft alle Finanzdienstleistungen der Aufsicht, die Schweiz ist eher zurückhaltend und vertraut in vielen (nicht allen) Bereichen auf die brancheninterne Selbstregulierung. Dieser vielfach auf Tradition beruhenden Zersplitterung der Aufsicht stehen Finanzintermediäre gegenüber, die aufgrund der modernen Kommunikation weltweit operieren und die sich den für sie günstigsten Handelsplatz aussuchen können. Außerdem entfalten sie neue geschäftliche Aktivitäten, die von den herkömmlichen, am Kreditrisiko orientierten Kapitaladäquanzregeln nicht angemessen erfasst werden69. Es besteht deshalb die Gefahr eines race to the bottom bzw. eines race to laxity70, die nicht vernachlässigt werden sollte. Denn gerade weil sich im Falle eines Bankenzusammenbruchs die Folgewirkungen nicht isolieren lassen, kann ein unbeschränkter Wettbewerb der Systeme nicht funktionieren: er birgt die Gefahr des Marktversagens in sich71. Die Zunahme der Zahl der Off-Shore-Märkte und -Anbieter, die auch im Bereich der Vermögensverwaltung zu beobachten ist, bereitet daher Grund zur Sorge. Seit Mitte der 70er Jahre werden internationale Bemühungen zur Angleichung der Aufsichtsbestimmungen und zur Festlegung internationaler Mindeststandards unternommen72. Damit tragen die Staaten der Tatsache Rechnung, dass die internationale Verflechtung der Finanzmärkte sehr hoch ist und weiter zunimmt73. Diese internationalen Bemühungen wiederum haben Rückwirkungen auf die EG-Harmonisierung und sind deshalb auch für die Vermögensverwaltung von Bedeutung. Ziel dieser Bemühungen ist die Stabilität und Transparenz des Bankensystems sowie die Schaffung gleicher ___________

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jedoch überdenkenswert, vgl. dazu unten S. 536 f. m. w. N. sowie Breuer, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 92. Ausführlich Gossling, (1988) 6 JIBL 245; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 47 ff.; Möschel, FS Steindorff, S. 429 m. w. N.; Norton, FS Gold, S. 250. Lusser, ZBB 1989, 101, 102. Möschel, FS Steindorff, S. 444. Demgegenüber favorisiert Kanda, in: Buxbaum/ Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 205 f., den Wettbewerb der Systeme und die natürliche Auslese, sieht aber, dass die so erzeugten Ergebnisse nur in der Theorie ideal sind. Lusser, ZBB 1989, 101 ff.; Cordewener, Sparkasse 1990, 505 ff.; Norton, FS Gold, S. 259 ff.; Gossling, (1988) 6 JIBL 243 ff.; Dale, Risk and Regulation, S. 135 ff.; s. a. Breuer, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 92 f.; Hirsch, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Business Law, S. 347 ff. Vgl. statt vieler Möschel, FS Steindorff, S. 427 ff.; Maquil, in: Wymeersch, Perspectives, S. 157 ff.; Norton, FS Gold, S. 249 f.; Hütz, Bankenaufsicht, S. 4 ff. jeweils m. w. N.

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Entwicklung der Kapitalmärkte

Wettbewerbsbedingungen. Hierum bemühen sich insbesondere die Group of Ten der OECD bei der Bank of International Settlement in Basel74, der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Cooke-Committee)75, die International Organisation of Securities Commissions (IOSCO), die Internationale Handelskammer, die von der UNO eingesetzte UNCITRAL-Kommission sowie berufsständische Organisationen, wie die International Swap Dealers Association76. Mittel zur Angleichung der Standards sind Regelwerke, die entweder rechtlich verbindlich sind oder die – obwohl unverbindlich – doch faktisch eine Angleichung bewirken77. Ihre Bedeutung ist groß78, da die Globalisierung der Finanzmärkte die EU und ihre Banken zwingt, sich an ___________ 74 Dazu Norton, FS Gold, S. 259 f. 75 Dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht gehören Vertreter der Aufsichtsbehörden von Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz und USA an. Der Ausschuss wurde 1975 auf Initiative der Zentralbankchefs der Group of Ten gegründet. Er tagt bei der BIZ in Basel und hat dort sein Sekretariat, dazu Lusser, ZBB 1989, 101 (103 ff.); Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 139 Rdn. 5; Jentsch, in: Büschgen/Welter, S. 287 f.; Möschel, FS Steindorff, S. 439 f.; Norton, FS Gold, S. 259 ff. 76 Weitere Organisationen und Initiativen sind bei Möschel, FS Steindorff, S. 440; Uwe H. Schneider, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 13 = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 10 f.; Cordewener, Sparkasse 1990, 505 ff., beschrieben. 77 Lutter, Unternehmensrecht4, S. 77, nennt als Beispiele das Basler Konkordat der Group of Ten von 1975 (und seine Revision von 1983, abgedruckt im BAnz vom 15.6.1983, 5606), das die Grundsätze der Beaufsichtigung ausländischer Bankniederlassungen enthält und das in die erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie einging, sowie das UNIDROIT Übereinkommen über das internationale Finanzierungsleasing vom 25.8.1988 und das UNCITRAL Modellgesetz für den Internationalen Überweisungsverkehr (abgedruckt in: WM 1993, 664 ff.). 78 Dies gilt insbesondere für die 1988 verabschiedete Eigenmittelempfehlung des CookeCommittees, vgl. Committee on Banking Regulations and Supervisory Practices, International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards, in deutscher Übersetzung abgedruckt im ÖBA 2/1989 Beilage, dazu Follak, ÖBA 1989, 220 ff.; Hillmann, Die Bank 1988, 534 ff.; Gossling, (1988) 6 JIBL 243; Möschel, FS Steindorff, S. 439 m. w. N. Die Empfehlung wurde bei der EG-Eigenmittelrichtlinie und der Solvabilitätsrichtlinie (vgl. unten S. 463 ff., sowie Troberg, in: BankrechtsHandbuch2, § 139 Rdn. 5) berücksichtigt. Zur Zusammenarbeit des Beratenden Bankenausschusses (jetzt „Europäischer Bankenausschuss“, s. u. S. 446 Fn. 92) mit dem Cooke-Committee vgl. Bader, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 22). Siehe auch Basel Committee, „Amendments to the Capital Accord to Incorporate Market Risks“ von 1996, abgedruckt bei Dale, Risk and Regulation, S. 279 ff. Zur Neufassung des Konkordats Basel Committee on Banking Supervision, Consultative Document, The New Basel Capital Accord (im Folgenden „Basel II“), http://www.bis.org/ bcbs/cp3full.pdf (abgerufen am 31.5.2005), dazu Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 139 Rdn. 5; Jungmichel, WM 2003, 1201 ff.; Heinze, BKR 2002, 212 ff.; Wilkens/ Entrop/Völker, ZfgK 2001, 187 ff.; Zeitler, WM 2001, 1397 ff.

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Entwicklungen seit 1945

den internationalen Rahmenbedingungen zu orientieren. Angesichts der fortschreitenden Entwicklung der Medien und Kommunikationsmittel sind Finanzdienstleister weniger ortsgebunden als früher. Daher reichen oft geringe Standortnachteile aus, um die räumliche Verlagerung eines Markts zu bewirken. Die Bank- und Kapitalmarktaufsicht steht damit vor dem Dilemma, einerseits für stabile Märkte sorgen zu müssen, andererseits ähnlich günstige Rahmenbedingungen bieten zu müssen wie ausländische Märkte79. Eine internationale Abstimmung und Mindestharmonisierung erweist sich vor diesem Hintergrund als unbedingt notwendig, um Standortnachteile zu vermeiden. Der europäische „Regelungsdrang“ ist nicht nur Konsequenz, sondern gleichzeitig auch Motor der Internationalisierung, da die EU sich aktiv in dem Prozess der internationalen Angleichung der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen engagiert. Die Europäisierung des Aufsichtsrechts, auf die wegen ihrer Bedeutung für die Vermögensverwaltung in einem gesonderten Kapitel einzugehen ist, erweist sich daher als notwendige Konsequenz aus diesen veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen.

2. Komplexität der Märkte am Beispiel der USA Bedeutend für die Entwicklung der Vermögensverwaltung ist nicht nur die Globalisierung, sondern auch die zunehmende Komplexität nationaler Märkte. Durchschnittlichen Anlegern fällt es deshalb immer schwerer, sich einen Marktüberblick zu verschaffen und selbst eine wohlfundierte Anlageentscheidung zu treffen. Dies gilt für „klassische“ Märkte, wie Renten und Aktien, ebenso wie für die neuen Märkte/Marktsegmente mit Finanzprodukten, die seit den 80er Jahren entstanden sind und deren Vielfalt beeindruckend ist. Das am besten dokumentierte Beispiel für die zunehmende Komplexität eines Aktienmarkts ist der US-Markt80. Während sich 1939 die Anteile von etwa 470.000 Unternehmen im Streubesitz einer breiten Öffentlichkeit befanden, waren es 1984 schon 2,8 Mio. Unternehmen. Die Anteile mehrerer 10.000 Unternehmen wurden öffentlich gehandelt, davon allein 1.543 Unternehmen (mit mehr als 50 Mrd. Aktien) an der New York Stock Exchange. 1939 waren es erst 800 gewesen. Der durchschnittliche tägliche Börsenumsatz an allen amerikanischen Börsen betrug 1984 mehr als 200 Mio. $. Nicht nur der Umfang und die Tiefe des Aktienmarkts haben sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. Seit den 80er Jahren ist mit der Entstehung ___________ 79 Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 175. 80 Dazu Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 95.

360

Entwicklung der Kapitalmärkte

neuer Finanzinstrumente eine Entwicklung zu beobachten81, die die Märkte ständig komplizierter erscheinen und den Bedarf der Anleger nach professioneller Hilfe steigen lässt. Ausgelöst wurde die Entwicklung im Laufe der 70er Jahre durch die Deregulierung der amerikanischen Finanzmärkte (Aufhebung der Zinsrestriktionen, die Kommissionsfreigabe sowie Lockerung der Zulassungsbedingungen für Maklerunternehmen). In Kombination mit dem technischen Fortschritt in der Computerbranche war es möglich, Finanzprodukte – wie etwa Indizes – aufzulegen, deren Basisprodukte (Wertschriften, Indizes, Zinssätze, Wechselkurse oder bestimmte Güter – „commodities“) oder zugrunde liegende Portefeuilles ständig neu zu berechnen waren. Es entstand ein eigenes, sich ständig wandelndes Marktsegment der Derivate (Termingeschäfte und Optionen). Nimmt man beispielsweise als Basiswert die Aktie, finden sich heute Aktienoptionen, Aktienindexoptionen, Aktienindexterminkontrakte und Optionen auf Aktienindexterminkontrakte. Das weltweite Marktvolumen erhöhte sich zwischen 1987 und 1993 um mehr als das Zehnfache. Jahr

börslich gehandelt

Jahr

nicht börslich gehandelt

1987

727 Mrd. $

1987

867 Mrd. $

1993

7,84 Bill. $

1992

5,35 Bill. $ 82

Tabelle 24: Nominalwerte ausstehender derivativer Kontrakte

Diese Fülle an Möglichkeiten, die zum Hedging, also Absicherung bestehender Portfolios, zur Arbitrage oder zur reinen Spekulation genutzt werden können, überfordern mitunter den durchschnittlichen Anleger83.

3. Institutionalisierung Die zunehmende Komplexität der Märkte und das wachsende Vermögen breiterer Bevölkerungsschichten haben zu einem veränderten Anlegerverhalten geführt. Vor 1945 stellten Einzelpersonen die bedeutendste Quelle des US-Kapitalmarkts dar. Sie kauften die Eisenbahnaktien ebenso wie die Liberty Bonds, mit denen der Erste Weltkrieg finanziert wurde. 1927 besaßen sie den weitaus größten Teil der Aktien und etwa 50 % der öffentlichen Schuldverschreibungen. Seit dem Zweiten Weltkrieg dominieren die ___________ 81 Zum Folgenden Aschinger, Börsenkrach, S. 175 ff. Eine Beschreibung der Finanzinstrumente findet sich bei Brand/Meinecke, BB Beilage 19/1987, S. 5 ff. 82 Aschinger, Börsenkrach, S. 337. 83 Für den deutschen Kapitalmarkt gilt diese Feststellung gleichermaßen, s. Breuer, ZfgK 1993, 10.

361

Entwicklungen seit 1945

institutionellen Investoren. Die Komplexität ist damit – neben der Altersvorsorge – eine der wichtigsten Ursachen für das starke Wachstum institutioneller Anleger. Waren 1953 nur 25 % der an der NYSE gehandelten Aktien in ihrer Hand, wuchs dieser Anteil auf 65 % Ende 198084. Der Kreis der institutionellen Investoren, die diese 65 % halten, setzt sich wie folgt zusammen: Institutionelle Anleger insurance companies non insured corporate pension funds

% ca. 15 50

investment companies

10

non profit organisations

10

foreign institutions

13

Tabelle 25: Aufteilung der institutionellen Anleger (Stand Ende 1980)85

Diese für die USA getroffene Feststellung beansprucht auch für die europäischen Märkte Gültigkeit, wobei das Ausmaß der Vormachtstellung institutioneller Investoren von Land zu Land schwankt.

4. Umbrüche im Markt für Vermögensverwaltungen Zu Beginn der 70er Jahre bahnten sich neue Entwicklungen an. 1973/74 veränderte sich die Investmentfonds-Landschaft durch die Schaffung der ersten Geldmarktfonds86, weil die hohen Zinsen für kurzfristige Anlagen dazu führten, dass langfristige Anleihen mit fester Verzinsung nicht mehr so attraktiv waren87. Institutionelle Investoren bedienten sich zudem verstärkt professioneller Hilfe und engagierten Wertpapierfirmen. Als Beginn dieser neuen Periode der zweifach gestuften Finanzintermediation (Intermediär für Intermediäre) gilt die 1974 umgesetzte Entscheidung von Morgan Stanley, enorme personelle und finanzielle Ressourcen in den Ausbau der Abteilung für trading and institutional services zu investieren88 und 1977 die Abteilung ___________ 84 Dazu Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 97. 85 Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 97 86 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 128, erwähnt zwar closed-end-mutual-funds, die von den Lehman Brothers in den 20er Jahren gemanagt wurden, doch im großen Stil findet sich diese Entwicklung erst in den 70er Jahren. 87 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 109 f. 88 http://www.msdw.com/about/history/info.html#1970 (abgerufen am 13.1.1999); Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 90; Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 107; Business Week, 19.1.1974, S. 47 ff. („The New Style at Morgan Stanley“).

362

Entwicklung der Kapitalmärkte

für „Private Wealth Management“ zu gründen. Ab 1975 nahm der Kostendruck89 in der Branche zu. Viele institutionelle Investoren versuchten, Wertpapierdienstleistungen möglichst kostengünstig und effizient zu erhalten und beschäftigten zunehmend Inhouse-Experten für diese Zwecke. Der Investmentmarkt und der Markt für Vermögensverwaltungen unterliegen seitdem einem scharfen Wettbewerb. Da die Investmentbanken für zahlreiche institutionelle Investoren tätig waren, scheuten sie sich zunächst auch Vermögensverwaltungen anzubieten. Der zunehmende Wettbewerb änderte dies in den 70er und 80er Jahren, so dass heute die Investmentfondsverwaltung ebenso betrieben wird wie die individuelle Vermögensverwaltung reicher Einzelanleger. Einen Meilenstein in dieser Entwicklung stellt der Coup der Security Firm Morgan Stanley dar, der es gelang, das von der Citibank verwaltete 4 Mrd. $ umfassende Portfolio Kuwaits an sich zu ziehen. Auslöser war ein unzufriedener Angestellter der Citibank, der Einzelheiten über das Portfolio an das Wall Street Journal gab und so die mit Kuwait vereinbarte Vertraulichkeit verletzte. Morgan Stanley baute das Vermögensverwaltungsgeschäft seitdem stetig aus und verwaltete Ende 1989 bereits 20 Mrd. $90. Nicht nur die institutionellen Investoren bedienten sich aufgrund der zunehmenden Komplexität der Märkte professioneller Hilfe, sondern auch die privaten Anleger. Die soeben für die USA beschriebene Entwicklung strahlt auch auf andere Märkte aus und lässt sich zeitversetzt auch in den Staaten der Europäischen Union und der Schweiz beobachten. In den USA hat sich im Übrigen die vielfach vorhergesagte Entwicklung, Discount Broker, Banken und Vermögensverwalter würden den klassischen Broker aus dem Geschäft mit den so genannten „Penta-Millionären“ verdrängen, bislang keineswegs bestätigt. Nach einer Studie der New Yorker Unternehmensberatung Spectrem Group wenden sich über ein Drittel aller Geschäftsleute mit einem Anlagekapital von mindestens 5 Mio. $ an Broker, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen91. Nach dieser Studie steigt die Zahl der Superreichen in den Vereinigten Staaten beständig. So verfügten 1999 rund 590.000 Haushalte über ein Anlagekapital von mindestens 5 Mio. $. Bedingt durch den boomenden Aktienmarkt, stieg diese Zahl bis 2001 um 46 %. ___________ 89 Ausgelöst wurde der Kostendruck für die Investmentbanken durch das von der SEC am 1.5.1975 ausgesprochene Verbot fixer Wertpapierkommissionsgebühren. Dieses wiederum war Auslöser für das Entstehen der Discount Broker, vgl. Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 94, 101. Sie steigerten ihren Marktanteil von 0 % im Jahre 1975 auf 14 % im Jahre 1984. 90 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 129. 91 Hierzu und zum Folgenden Die Welt online vom 26.7.2000 („Multimillionäre brauchen Broker“), http://www.welt.de/daten/2000/07/26/0726fi181915.htx.

363

Entwicklungen seit 1945

5. Der deutsche Kapitalmarkt und die Entwicklung des Investment Banking Um die spezifisch deutsche Entwicklung des Kapitalmarkts und des Investment Banking zu verstehen, muss man sich die eingangs getroffene Feststellung in Erinnerung rufen, wonach zunächst die Kriegsfolgen zu überwinden waren. Unmittelbar nach dem Krieg und in den ersten Jahren nach Gründung der Bundesrepublik lief das Wertpapiergeschäft der Banken nur zögerlich an92. Erst nach Abschluss der Wertpapierbereinigung und nach Wiedereinführung der Kapitalverkehrsfreiheit erfolgte ab 1957/58 eine Öffnung des Kapitalmarkts. 1957 kam mit der US-Dollar-Teilschuldverschreibung der Petrofina die erste Fremdwährungsanleihe, 1958 mit Philipps die erste Auslandsaktie an den Markt. Um den zunächst unterentwickelten Aktienmarkt zu beleben, wird 1959 eine Teilprivatisierung der Preussag mit der Ausgabe von Volksaktien vorgenommen. Ein Jahr später folgt die Teilprivatisierung von VW und VEBA. Die erwartete Belebung des Aktienmarkts blieb jedoch aus. Das Sparverhalten der Anleger war weniger auf die Vermögensbildung und Altersvorsorge, denn auf die Finanzierung von hochwertigen Konsumgütern gerichtet. Wertpapiere genossen wenig Vertrauen. Allein das Investmentsparen konnte aufgrund seines gemilderten Risikos vermehrt Anleger anziehen, worauf noch im Detail bei der Entwicklung des Investmentrechts einzugehen ist. Die weitere Entwicklung ab den 60er Jahren war durch die Entstehung einer Vielzahl von Unternehmen der Anlageberatung, Anlagevermittlung und Vermögensverwaltung gekennzeichnet, die sich in ihrer Vertriebsstrategie mehr oder weniger deutlich an das aggressive Vertriebssystem, das Bernie Cornfeld’s International Overseas Services (IOS) beim Auslandsinvestmentsparen eingeführt hatte, anlehnten. Die Intermediäre bedienten sich unterschiedlicher Organisationsformen, wie etwa des Vertriebs über Makler, Handelsvertreter oder selbstständige Unternehmer. Auch die Produktpalette erweiterte sich und umfasste nun neben ausländischen Warentermingeschäften vor allem geschlossene Immobilienfonds, Bauherrenmodelle sowie Abschreibungsgesellschaften, die in Gestalt von GmbH & Co. KG organisiert waren. Aufgrund der einseitigen Ausrichtung des Kapitalmarktrechts auf organisierte Märkte und dem so verursachten Regelungsgefälle floss sehr viel Kapital an den klassischen Intermediären vorbei in den ungeregelten „Grauen“ Kapitalmarkt. Der Absatz von Kommanditbeteiligungen an Abschreibungsgesellschaften betrug 1971 schätzungsweise mehr als 4 Mrd. DM ___________ 92 Zum Folgenden Walter, Investment Banking, BA Beiheft 35 (1999), 11.

364

Entwicklung der Kapitalmärkte

und überstieg damit das in Aktienneuemissionen investierte Kapital (2,8 Mrd. DM nominal, davon 1,3 Mrd. DM in börsennotierte Aktien)93. Diese Entwicklung hielt selbst dann noch an, als es zum Zusammenbruch unseriöser oder gar betrügerischer Anbieter kam94. Der Wunsch nach steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten95 war vielfach stärker als die gebotene Vorsicht bei Abschluss von Kapitalanlageverträgen96. Viele der am Grauen Kapitalmarkt agierenden Vermittler übten faktisch auch die Tätigkeit des Vermögensverwalters aus, indem sie die Anlagen auf Dauer für ihre Klientel überwachten. Da bei der Beschreibung der auf dem Grauen Kapitalmarkt aufgetretenen Missstände97 nicht immer ausreichend zwischen den einzelnen Arten von Anbietern differenziert wurde, lässt sich der Umfang der durch solche Vermögensverwalter verursachten Schäden nicht beziffern; er dürfte aber beträchtlich gewesen sein. Betrachtet man die Entwicklung des Investment Banking, sind folgende Eckpunkte von Bedeutung. Der Eurobond-Markt nahm 1963 mit dem Handel von Dollar-Guthaben in London seinen Anfang98. Mit ihm entstand der erste echte supranationale Kapitalmarkt, der von seinem Volumen her Mitte der 80er Jahre sogar den New Yorker Markt für Unternehmensschuldverschreibungen überrundete, und der als Meilenstein auf dem Weg zu einem globalen Kapitalmarkt gilt99. Die deutschen Großbanken wandten sich diesem Geschäft zu. Es wurden Stützpunkte in London und New York gegründet. In den 70er Jahren nimmt die Bedeutung des syndizierten Kreditgeschäfts zu, während in den 80er Jahren die Eurobond-Märkte mit Produktinnovationen, wie den FRNs, den Zeros und Swaps, im Vordergrund des Investment Banking stehen. Die Emissionstätigkeit war im internationalen

___________ 93 94 95 96

Angaben nach Assmann, Prospekthaftung, S. 77. Dazu Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, 8 ff. Im Detail Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, 5 ff. Einen Teil dieser durch das Steuerrecht bewirkten Anreizverzerrung beseitigte der Gesetzgeber mit § 15a EStG (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des EStG, KStG und anderer Gesetze vom 20.8.1980, BGBl. I 1545). Dass steuerliche Anreize zur Beseitigung struktureller Defizite am Kapitalmarkt nicht von vornherein negativ zu bewerten sind, belegt Hopt, Gutachten G zum 51. DJT, S. G 53. Es komme auf die Ausgestaltung und den verfolgten Zweck an. 97 Zum Schadensumfang siehe S. 111 f. Text bei Fn. 12 bis 14 sowie „Bericht der Bundesregierung zum Grauen Kapitalmarkt“, BT-Drucks. 14/1633 = Anhang, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 2. Ergänzungslieferung. 98 Zu seiner Geschichte Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 27 ff., 65 ff., 108; Achleitner, Handbuch Investment Banking3, S. 546 ff. 99 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 2, 27.

365

Entwicklungen seit 1945

Vergleich eher gering und konzentrierte sich auf den hohen Kapitalbedarf der öffentlichen Hand. Infolge von Deregulierungsmaßnahmen kam es ab 1985 zu einer Belebung des DM-Anleihemarkts. In den 90er Jahren wuchs die Bedeutung der Aktie als Anlageinstrument. Going-Public wurde aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen100 und eines veränderten Anlegerverhaltens populärer denn je. Das Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Aktie wird nicht zuletzt durch den mit Abstand größten deutschen Börsengang der Deutschen Telekom geweckt101. Jüngster Eckpunkt dieser international wie national zu beobachtenden Entwicklung ist die wachsende Bedeutung des Asset Management im Allgemeinen und der Vermögensverwaltung im Besonderen, auf die im Folgenden einzugehen ist.

III. Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen 1. Vorbemerkung Der folgende Abschnitt beschreibt den heutigen Markt für Vermögensverwaltungen, wobei das vorhandene Quellenmaterial nicht zu allen Formen der Vermögensverwaltung Aussagen enthält. Die meisten Statistiken bieten nur Angaben über die Vermögensverwaltung in Form der Investment- und Pensionsfonds, während im Hinblick auf die individuelle Vermögensverwaltung äußerste Diskretion vorherrscht, die sich im fehlenden Zahlenmaterial niederschlägt102. Zudem erwies es sich häufig als schwierig, aktuelle Zahlen zu erhalten, weshalb sich manche Tabelle noch auf die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts bezieht.

2. Die weltweite Entwicklung der Vermögensverwaltung a) Markt für Vermögensverwaltungen Aufgrund der – oben geschilderten – günstigen Rahmenbedingungen wuchs der Markt für Vermögensverwaltungen in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich. Dabei liegt der Schwerpunkt eindeutig im Bereich der ___________ 100 Einzelheiten bei Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 16 ff. 101 1999 gab es mit 166 Neuemissionen mehr Börsengänge als je zuvor in der Bundesrepublik, FAZ vom 8.12.1999, S. 31 („1999 gehen so viele Unternehmen wie nie zuvor an die Börse“). 102 Selbst der renommierte schweizerische Bankier Hans J. Bär beklagt das Fehlen ausreichenden Zahlenmaterials über die Vermögensverwaltung, vgl. Bär, in: Gehrig, Private Banking, S. 179 f.

366

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

Vermögensverwaltung von Effekten und Kapital103. Demgegenüber ist die Verwaltung von Edelmetallen, Beteiligungen, Münzen, Kunstobjekten sowie von Nachlässen wegen des deutlich höheren Aufwands für Banken nicht so attraktiv und wird daher seltener angeboten104. Die Effekten-Vermögensverwaltung gilt als Wachstumsmarkt par excellence, wobei das vorhandene Zahlenmaterial zur Entwicklung der Branche uneinheitlich ist. Der erkennbare Trend ist jedoch – gleichgültig welche Quellen man zugrunde legt – äußerst positiv. Vor allem in den Industriestaaten ist aufgrund veränderter demographischer Rahmenbedingungen ein Trend zur privaten und betrieblichen Altersversorgung festzustellen, mit der Folge eines stetig steigenden Mittelzuflusses an Investmentfonds und Pensionsfonds105. In den USA stieg das Volumen der Pensionsfonds von 1993 bis 1998 um jährlich durchschnittlich 12 % auf 5.772 Mrd. Euro. Der Umfang der von US-amerikanischen Investmentfonds verwalteten Gelder wuchs um jährlich 22 % auf 4.906 Mrd. Euro. In Europa ist ebenso ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, auch wenn dieser nicht ganz so groß ausfällt. Das Volumen der Pensionsfonds stieg um jährlich 11 % auf 2.239 Mrd. Euro, das der Investmentfonds um jährlich 20 % auf 2.792 Mrd. Euro. Dabei hatte Deutschland allerdings einen großen Nachholbedarf, da die Pensionsfonds 1998 einen Wert von 600 Mrd. DM umfassten, was 17 % des Bruttoinlandsprodukts entsprach, während etwa Großbritannien, die Schweiz und die Niederlande Quoten von 80 bis 90 % erreichten106. Die im Jahre 2000 einsetzende Baisse schlug allerdings auf die Wertpapierdepots und das Anlegerverhalten durch. Das Wertpapiervermögen lag im Jahr 2000 noch bei 4,525 Mrd. Euro und schrumpfte 2002 auf 3,933 Mrd. Euro107. Die optimisten Prognosen der 90er Jahre mussten daher korrigiert werden. Jüngste Marktdaten zeigen zudem, dass sich der weltweite Markt für Vermögensverwaltungen auch in den nächsten fünf Jahren ausweiten wird. Wie veröffentlichte Zahlen über das Marktsegment der High Net Worth Indivi___________ 103 Diese Priorität spiegelt sich auch im Schrifttum wider. Zur Immobilienverwaltung findet sich deutlich weniger Literatur. Dabei sind allerdings Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen festzustellen. Die USA verfügen mit dem von der American Real Estate Society herausgegebenen Journal of Real Estate Portfolio Management immerhin über eine eigenständige Fachzeitschrift für diese Form der Vermögensverwaltung. 104 Vgl. die Darstellung des Markts bei Pechlaner, Private Banking, S. 140 ff. 105 Zum Folgenden FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Eine Handvoll Vermögensverwalter dominiert das globale Geschäft“). 106 FAZ vom 20.1.1999, S. 25 („Vermögensverwalter vor neuen Anforderungen“). 107 Sprenger, Das Wertpapier 2003, 788.

367

Entwicklungen seit 1945

duals (HNWIs108), d. h. der Anleger mit einem Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar, belegen, wird sich dieser Trend bis zum Jahr 2009 fortsetzen. Die Prognosen aus früheren Berichten und die dann tatsächlich erzielten Werte wichen und weichen allerdings stark voneinander ab. In seinem World Wealth Report 1999 ging das Investmenthaus Merrill Lynch von einem jährlichen Wachstum von 9 % bis 2003 aus, im World Wealth Report 2000 waren es 12 % p. a. bis 2004. Aufgrund der Einbrüche der Aktienmärkte im Jahr 2000 wurde diese Prognose im World Wealth Report 2001 auf 3 % p. a. bis 2005 korrigiert. Der Einbruch der Märkte führte im Übrigen dazu, dass die großen US-amerikanischen Vermögensverwalter Personal abbauten109. Region

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2007 2008 2009

Nordamerika

5,9

6,9

8,1

7,5

7,6

7,4

8,5

9,3 10,4 14,0 13,9

Europa

4,8

5,6

6,7

8,4

8,2

8,4

8,6

8,9 12,3 11,0 10,7

Asien/Pazifik

4,0

4,4

5,4

4,8

5,3

5,9

6,6

7,2

8,0

9,3 10,1

Lateinamerika

2,5

2,7

3,1

3,2

3,5

3,6

3,4

3,7

5,0

4,7

5,0

Naher Osten

0,9

1,0

1,1

1,0

0,8

0,8

0,8

1,0

1,5

0,9

1,5

Osteuropa

0,5

0,5

0,6

Afrika

0,5

0,5

0,5

0,6

0,6

0,8

0,9

Gesamt

im Wert für Europa enthalten 0,6

0,6

0,7

0,8

19,1 21,6 25,5 25,5 26,0 26,7 28,5 30,8 38,0 40,7 42,2

Tabelle 26: Gesamtvermögen der HNWIs nach Regionen (2007–09 geschätzt)110

Die Tabelle zeigt, dass sich das Wachstum dabei vor allem auf die Industriestaaten konzentriert. Auffällig ist die weit auseinander klaffende Schere zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern, wobei der Unterschied von Arm und Reich wesentlich krasser ist als etwa im Inland, wo eine solche Schere ebenfalls existiert111. Sehr viele Entwicklungsländer leiden unter einer extrem hohen Auslandsverschuldung, die das wirtschaftliche Wachstum behindert112, während die „Erste Welt“ die aus der „Dritten und Vierten Welt“ importierten Rohstoffe verarbeitet und so einen riesigen Finanzüber___________ 108 Zu diesen generell Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 269 ff. 109 FAZ vom 10.5.2001, S. 26 („Vermögensverwalter bauen Stellen ab“). 110 Die Zahlenangaben entstammen den World Wealth Reports 1999 bis 2005 von Merrill Lynch/Cap Gemini Consulting, http://www.ml.com (abgerufen am 15.6.2005). 111 Dazu oben S. 350. 112 Statt vieler die Arbeit von Mestel, Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer in den 90er Jahren.

368

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

schuss erwirtschaftet. Um das Ausmaß dieser Entwicklung aufzuzeigen, sei auf die vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) herausgegebene Armutsstatistik verwiesen113. Danach war etwa das Vermögen der drei reichsten Männer der Welt größer als das Bruttoinlandsprodukt der 48 ärmsten Länder der Erde mit einer Bevölkerung von 600 Mio. Menschen. Diese Länder haben einen Anteil am Welthandel von 0,3 %. Ihr Anteil ist damit heute nur noch halb so groß wie vor 20 Jahren. Die auf die Industriestaaten konzentrierte Vermögensverteilung entspricht einer dort angesiedelten Kompetenz im Bereich der Vermögensverwaltung. Betrachtet man die Global Player in diesem Bereich, die zumeist durch Fusionen in den Jahren 1996 bis 1999 entstanden sind114, zeigt sich deutlich die Führungsrolle der USA und der Schweiz, gefolgt von Deutschland, Japan, Frankreich und Großbritannien115. Wie schnell sich die Marktverhältnisse in diesem Segment ändern können, zeigen die beiden nachfolgenden Tabellen, die den Gesamtbestand des verwalteten Vermögens (incl. Investmentfonds) wiedergeben: Rang Gesellschaft

Land

Verwaltetes Vermögen

1

Fidelity

USA

520 Mrd. $

2

Axa Group

Frankreich

496 Mrd. $

3

Barclays

GB

389 Mrd. $

4

UBS

Schweiz

377 Mrd. $

5

Prudential

USA

352 Mrd. $

6

Nippon Life

Japan

333 Mrd. $

7

Crédit Suisse

Schweiz

314 Mrd. $

8

Metropolitan

USA

298 Mrd. $

9

SBV

Schweiz

296 Mrd. $

10

Capital Group

USA

272 Mrd. $

14

Deutsche Bank

Deutschland

242 Mrd. $

19

Allianz

Deutschland

212 Mrd. $ 116

Tabelle 27: Die größten Vermögensverwalter im Jahr 1997

___________ 113 Süddeutsche Zeitung vom 21.3.2000, S. 14 („Drei Milliardäre wiegen 48 ärmste Länder auf“). 114 FAZ vom 13.12.1999, S. 35 („Markenbekanntheit und Service sind wichtig für den Fondsabsatz“). 115 Den englischen Markt beschreiben Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 228 f. 116 Fokus vom 20.10.1997, S. 337.

369

Entwicklungen seit 1945

Die durch die Fusion von Schweizerischer Bankgesellschaft (UBS) und Schweizerischem Bankverein (SBV) Ende 1997 entstandene United Bank of Switzerland (UBS)117 rückte 1998 an die Spitze der Tabelle. Rang Gesellschaft

Land

Verwaltetes Vermögen

1

UBS118

Schweiz

2

Fidelity

USA

786 Mrd. $

3

Kampo

Japan

702 Mrd. $

4

Crédit Suisse

Schweiz

680 Mrd. $

5

AXA Group

Frankreich

655 Mrd. $

6

Allianz/Pimco

Deutschland

647 Mrd. $

7

Barclays

Großbritannien

616 Mrd. $

119

1.145 Mrd. $

8

Deutsche Asset Management

Deutschland

580 Mrd. $

9

State Street

USA

495 Mrd. $

10

Merrill Lynch

USA

489 Mrd. $

11

Vanguard

USA

448 Mrd. $

12

Allianz

Deutschland

403 Mrd. $

30

Pimco

USA

244 Mrd. $

Tabelle 28: Die größten Vermögensverwalter im Jahr 1998 sowie Auswirkungen des Kaufs von Pimco durch die Allianz Versicherung im Jahr 1999120

In der Schweiz, Europas größtem Markt für Vermögensverwaltungen, wurden 1976 260 bis 300 Mrd. SFr.121 und 1994 schätzungsweise 2.100 bis 2.500 Mrd. SFr. verwaltet, 65 % davon für Privatleute, der Rest für institutionelle Investoren.

___________ 117 Dazu Südwestpresse vom 9.12.1997, S. 4 („Ein neuer Bankenkoloß“). 118 Inklusive Private Banking. Der Bereich Vermögensverwaltung für institutionelle Anleger machte im Jahr 2000 rund 665 Mrd. DM aus, vgl. FAZ vom 3.3.2000, S. 20 („Abermals Umstrukturierung in der Schweizer UBS“). 119 Außer Privat Banking. Die Gesellschaft gehört zum Konzern der Deutschen Bank. 120 FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Eine Handvoll Vermögensverwalter dominiert das globale Geschäft“). 121 Woernle, Privatbankiers, S. 26, der feststellt, dass etwa die Hälfte der Werte aus dem Ausland stamme.

370

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen Institutionelle Investoren Inland

550 – 600

Institutionelle Investoren Ausland

200 – 250

Privatkunden Inland

550 – 650

Privatkunden Ausland Gesamt

800 – 1.000 2.100 – 2.500

Tabelle 29: Kundendepots und Treuhandanlagen in der Schweiz im Jahre 1994 in Mrd. SFr.122

Dominant sind dabei die Privatbanken, wobei viele dieser ehemals „echten“ Privatbanken heute als Aktiengesellschaft organisiert sind, ohne aber ihren Charakter als Privatbank zu verlieren. Selbst Großbanken haben Privatbanken übernommen und führen sie fort. Das Image der Privatbank dient als Aushängeschild und vertrauensbildende Maßnahme. Rund 90 % des verwalteten Vermögens liegt in den Händen von Banken, der Rest bei selbstständigen Vermögensverwaltern und Treuhändern123. Es gibt in der Schweiz etwa 600 selbstständige Vermögensverwalter124. Die Kunden wählen die Schweiz als Ort der Vermögensverwaltung vor allem wegen des Fachwissens, der politischen Stabilität, des Bankgeheimnisses125 sowie der Kapitalverkehrsfreiheit126. Dem Service kommt eine überragende Rolle bei der Auswahl des Vermögensverwalters zu. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass die immer komplexeren Anlagemöglichkeiten zu einer größeren Abhängigkeit der Kunden von ihren Vermögensverwaltern geführt haben.

___________ 122 Gehrig, in: Gehrig, Private Banking, S. 14; im Ergebnis auch Zwimpfer, Private Banking 2000, S. 11 (2.100 Mrd. SFr. bezogen auf 1995); Kissling, Qualitätsstandards für Vermögensverwalter, S. 11, geht gar von über 3 Bill. SFr. aus. 123 Kilgus, Strategisches Bank-Management, S. 14 (Angabe aus dem Jahr 1994). 124 FAZ vom 19.9.1998, S. 23 („Schweizer Vermögensverwalter sind gefragt“). Nach Bassi, Vermögensverwalter, S. 12, gab es 1996 400–500 unabhängige Vermögensverwalter, die rund 100 Mrd. SFr. verwalteten. 125 Andersen Consulting, Das Schweizerische Bankwesen, S. 37; Zwimpfer, Private Banking 2000, S. 14. Die Schweizerische Nationalbank ist nach Auskunft ihres Präsidenten Dr. Hans Meyer allerdings bestrebt, das der Schweiz anhaftende Image als Steuerschlupfloch zu beseitigen und kooperiert deshalb eng mit der EU hinsichtlich der Steuerharmonisierung, vgl. Frankfurter Neue Presse vom 14.10.1999, http:// rhein-main.net/FNP-Online/Zeitung/wirtschaft-3.htm; für ein Beibehalten der Eigenständigkeit in Sachen Bankgeheimnis Blattner, Festgabe Chapuis, S. 9, 18 f. Zur europaweiten Neuregelung der Zinsbesteuerung, an der sich auch die Schweiz beteiligt, s. u. S. 455 und 533 f. m. w. N. 126 Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 2.

371

Entwicklungen seit 1945

Der Anteil der Schweiz am weltweiten grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft beträgt – je nach Quelle – 30 % oder 35 %127: Herkunftsort der Vermögen

Verwaltungsort der Vermögen

Europa

35 %

Schweiz

35 %

Lateinamerika

15 %

UK/Channel Islands

21 %

Asien

15 %

USA

12 %

Middle East

15 %

Karibik

10 %

Diverse

20 %



Luxemburg

6%

Diverse

16 %

Tabelle 30: Cross Border Private Banking

Die Schweiz ist auch für deutsche institutionelle und private Anleger ein sehr attraktiver Standort128. Man schätzt, dass Ende der 90er Jahre Wertpapiervermögen deutscher Anleger im Umfang von rund 100 Mrd. DM über den Finanzplatz Schweiz verwaltet wurden. Die Branche nannte als Grund hierfür die Tatsache, dass Zinsen aus festverzinslichen Anlagen und Geldmarktanlagen nicht der deutschen Zinsabschlagssteuer unterlagen, dass internationale Effekten- und Edelmetalltransaktionen von der Schweiz aus vorteilhafter abzuwickeln waren und die Anleger von den internationalen Erfahrungen der schweizerischen Vermögensverwalter profitieren wollten. Dem internationalen Gewicht der schweizerischen Vermögensverwaltung entspricht eine ebenso große Bedeutung für die nationale Volkswirtschaft129. Die Banken erwirtschaften 8–10 % des schweizerischen Sozialprodukts, davon entfällt ein Drittel auf die Vermögensverwaltung. In diesen Zahlen sind die unabhängigen Vermögensverwalter noch nicht einmal enthalten, da deren Bedeutung statistisch nicht separat erfasst wird. Banken und Bankbeschäftigte trugen 11 % zum Gesamtaufkommen an Steuern in Bund und Kantonen bei; davon entfielen 59 % auf die Vermögensverwaltung, was auf eine hohe Rentabilität dieses Geschäftszweigs schließen lässt.

___________ 127 Hierzu und zur nachfolgenden Tabelle Gehrig, in: Gehrig, Private Banking, S. 15. Siehe auch Blattner, Festgabe Chapuis, S. 9, 11; Pechlaner, Private Banking, S. 78. Nach Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 3, kontrolliert die Schweiz gar 35–45 % des Off-shore platzierten Vermögens. 128 Zum Folgenden FAZ vom 19.9.1998, S. 23 („Schweizer Vermögensverwalter sind gefragt“). 129 Zum Folgenden Blattner, Festgabe Chapuis, S. 9, 13.

372

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

Nach den USA und der Schweiz stellt die Europäische Union den bedeutendsten Wachstumsmarkt für Vermögensverwaltungen dar, auf den mittlerweile auch Institute aus Drittstaaten drängen130. Die Führungsrolle im Bereich der Vermögensverwaltung möchten die Industriestaaten erhalten und versuchen nun, auch in den ärmeren Ländern Fuß zu fassen, sobald in diesen Ländern eine Vermögensbildung zu beobachten ist oder – bei kommunistischen Staaten – zugelassen wird. So ging beispielsweise die Dresdner Bank mit der chinesischen Guotai Securities eine Zusammenarbeit zur Vermögensverwaltung ein131. Auch Schwellenländer sind zunehmend Ziel von europäischen Vermögensverwaltern. So haben die Bank-Austria-Gruppe und die Creditanstalt die Vermögensverwaltung auf eine Tochtergesellschaft (PrivatBank AG) ausgelagert, deren Hauptaugenmerk nicht nur auf den Nahen Osten, sondern auch auf Fernost und Lateinamerika gerichtet ist132. Die schweizerische Zürich Allies verwaltet Vermögen in Indien133. Die Deutsche Bank hat mit der Korea Asset Management Corp in Seoul eine Kooperationsvereinbarung im Bereich der Vermögensverwaltung getroffen134. Im Juli 1999 übernahm die Allianz Versicherung den viertgrößten Versicherer Südkoreas, im Februar 2000 kaufte sie 12,5 % der Anteile der Hana Bank. Auf diese Weise will die Allianz innerhalb von fünf Jahren in Südkorea zu einem der fünf größten Vermögensverwalter aufstreben135. b) Globalisierung der Anlagestrategien bei Vermögensverwaltungen Die eingangs geschilderte Globalisierung der Kapitalmärkte findet ihre Entsprechung im Bereich der Vermögensverwaltung in einer zunehmenden Anlage von Vermögen über die Grenzen nationaler Märkte hinweg. Während dies im Bereich der individuellen Vermögensverwaltung schon seit langem zu beobachten war (z. B. wegen des im Ausland besseren Bankgeheimnisses oder Steuerersparnissen), wurde eine solche Anlagepolitik institutionellen Investoren lange Zeit untersagt. Entsprechende rechtliche Hemm___________ 130 So etwa die isländische Bank Kaupthing Investment Bank, die eine Asset-Management-Gesellschaft in Luxemburg gegründet hat, vgl. newsaktuell vom 8.11.1999, http://www3.newsaktuell.de/4d.acgi$getstory?120910. 131 FAZ vom 15.1.1999 S. 23 („Dresdner Bank: Vermögensverwaltung in China“). 132 Der Standard vom 6.12.1999, http://derstandard.at/19991204/132.htm. 133 Tagesanzeiger vom 4.12.1999, http://www.tages-anzeiger.ch/991204/81270.HTM. 134 Berliner Morgenpost vom 23.12.1999, http://archiv.berliner-morgenpost.de/bin/bm/ e?u=/bm/archiv1999/991223/wirtschaft/story17175.html. 135 Financial News Network vom 29.2.2000, http://www.fnet.de/berichte/abend/?uid= 63xg6hu9xu0& ts=injy0.

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Entwicklungen seit 1945

nisse wurden und werden jedoch zunehmend abgebaut, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen mögen: In den USA durften Corporate Pension Funds bis 1975 keine Investitionen im Ausland vornehmen136. Diese Fonds unterlagen bei ihren Anlageentscheidungen der schon beschriebenen „prudent man rule“. Da es nicht als sicher galt, dass die Investition von Pensionsmitteln im Ausland als „prudent“ anzusehen waren, nahmen institutionelle Anleger von derartigen Transaktionen Abstand. Mit Verabschiedung des Employee Retirement Income Security Acts (ERISA)137 im Jahr 1974 setzte sich im zuständigen Department of Labor die Einsicht durch, dass Auslandsinvestitionen durchaus mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar seien. Ab 1978 ist daher eine Internationalisierung der Anlage von Pensions Funds zu beobachten. Mitte 1989 investierten sämtliche steuerbefreiten Fonds und Stiftungen (corporate and public pension funds, foundations and endowments) 2,6 Trillionen $, davon 67,8 Billionen $ im Ausland. In Großbritannien verwehrten bis 1979 Kapitalverkehrbeschränkungen eine Anlage im Ausland. Der Umfang der Auslandsinvestitionen institutioneller Anleger hat seitdem stark zugenommen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt: Jahr

Jahr

Mio. Pfund

1979

Mio. Pfund 7,107

1984

52,090

1980

11,858

1985

62,261

1981

16,299

1986

95,261

1982

25,327

1987

75,464

1983

40,233

1988

93,348

Tabelle 31: Auslandsinvestitionen britischer institutioneller Anleger in Mio. Pfund138

Seit Italien aufgrund der Kapitalverkehrsliberalisierung in der Gemeinschaft139 die bestehenden Kapitalverkehrsbeschränkungen aufgehoben hat und auch die zugestandenen Übergangsregelungen auslaufen, nimmt das Vertrauen der Anleger zu und führt zu einem Wachstum im Bereich des Private Banking140. ___________ 136 Zum Folgenden Scott-Quinn, Investment Banking, S. 328; s. a. Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 239 f. 137 29 USC ss. 1000–1461. 138 Scott-Quinn, Investment Banking, S. 329; die Zahlen bei Franks/Mayer, Risk, S. 11, weichen geringfügig ab. 139 Dazu S. 470 Text zu Fn. 198. 140 Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 4.

374

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

c) Anbieter der Vermögensverwaltung Betrachtet man die Anbieter, zeigt sich, dass Banken und Versicherungen in Europa das Geschäft dominieren, während in den USA die Vermögensverwaltungsgesellschaften eine wesentlich stärkere Stellung innehaben. Vor allem die unabhängige Fondsgesellschaft Fidelity hat trotz großer Konkurrenz ihre Spitzenstellung verteidigen können und bestimmt damit nachhaltig die in der folgenden Tabelle aufgeführte Verteilung der Anbieter der Vermögensverwaltung. Anbieter

Europa

USA

Banken

71

14

Vermögensverwalter

23

73

Versicherungen Gesamt

6

13

100

100

Tabelle 32: Anbieter der Vermögensverwaltung (Angaben in Prozent)141

Im Bereich des Investment Banking konzentrieren viele Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen ihre Aktivitäten zunehmend auf das Asset Management im Allgemeinen und die Vermögensverwaltung im Besonderen. Vier Faktoren sind hierfür ausschlaggebend. (1) Mit Vermögensverwaltungen verbinden sich eine relativ stabile Ertragslage und ein großes Wachstumspotential. In der Schweiz erzeugte das Private Banking ein Return on Equity von 30 % und stellte damit alle anderen Bankensparten deutlich in den Schatten142. (2) Die Generation der Erben benötigt professionelle Hilfe. Die demographischen Veränderungen bewirken, dass gerade diese Generation sich nicht mehr auf das bisherige Rentensystem verlassen kann, sondern privatwirtschaftliche Vorsorge für das Alter nötig wird. (3) Informationen sind aufgrund der modernen Kommunikationsmittel gleichzeitig an fast jedem Ort der Welt zugänglich, so dass das globale Asset Management vom amerikanischen oder europäischen Stammsitz eines Instituts möglich wird. Die oben bereits angesprochene143 Globalisierung der Finanzdienstleistungen wird hierdurch nachhaltig gefördert. Dieser Vorteil wird aber mit einer steigenden Kostenbelastung durch die permanente Anpassung der eigenen Ausstattung an den technischen Fortschritt erkauft. Zudem wird der Informationsvorsprung der Anbieter zu den Kunden geringer, weil auch diese die ___________ 141 FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Mit Pimco gehört die Allianz zu den größten Vermögensverwaltern“). 142 Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 1. 143 S. o. S. 353, 356 ff.

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Entwicklungen seit 1945

neuen Möglichkeiten nutzen144. Da die Bindung zu Hausbanken und -finanzdienstleistern insgesamt abnimmt145, ist eine intensive Kundenbetreuung nötig, um im immer schärfer werdenden Wettbewerb in diesem Segment zu bestehen. (4) Die computergestützten Analysetechniken erlauben eine Verbindung von Marktanalyse, Anlageentscheidung, Ergebnismessung, Fondsverwaltung und Kundenservice bei der Vermögensverwaltung146. Neben diesen Faktoren gewinnt der Umstand an Bedeutung, dass das traditionelle Einlagen- und Abwicklungsgeschäft aufgrund der Standardisierung und des Discount Banking sinkende Erträge liefert und die Banken sich deshalb auf neue provisionsträchtige Geschäftsfelder konzentrieren müssen, zu denen die Vermögensverwaltung gehört147. Viele europäische Staaten hinken insoweit der US-amerikanischen Entwicklung hinterher. Dort sind pension funds, die von Vermögensverwaltern betreut werden, Teil des Markts für Vermögensverwaltungen und haben entscheidend zu dessen Wachstum in den 70er Jahren beigetragen148. Auch in Großbritannien sind die pension funds mittlerweile die bedeutendsten institutionellen Anleger149. Der deutsche Markt für Vermögensverwaltungen, auf den sogleich noch näher einzugehen sein wird, hat deshalb seine Sättigungsgrenze längst noch nicht erreicht150. Das bereits angesprochene Trennbankensystem in England und den USA entfaltete im Vergleich zum deutschen Universalbankensystem eine positive Nebenwirkung. Das Investment Banking wurde dort weit früher als zukunftsträchtiger Geschäftsbereich entdeckt, weshalb die deutschen und europäischen Universalbanken sich heute verstärkt darum bemühen, im Bereich des internationalen Investment Banking Anschluss zu finden bzw. Schritt zu halten. Dies gilt insbesondere für das Geschäftsfeld der Vermögensverwaltung, die im angloamerikanischen Rechtskreis früher in weitaus stärkerem Umfang genutzt wurde als hierzulande. Die Universalbanken reagieren auf

___________ 144 Hagander, in: Gehrig, Private Banking, S. 3. 145 S. o. S. 351. 146 FAZ vom 13.12.1999, S. 35 („Markenbekanntheit und Service sind wichtig für den Fondsabsatz“). 147 Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 271 f. 148 Zum Wachstum in den letzten Jahren siehe auf S. 367. 149 Zahlen bei Franks/Mayer, Risk, S. 9 ff. 150 Zwimpfer, Private Banking 2000, S. 13; Löwe, Zukunft des Investment Banking, BA Beiheft 35 (1999), 28.

376

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

diesen Strukturwandel151 mit einer Verstärkung ihrer Investment Banking Aktivitäten. Ein Mittel dazu ist die Fusion nationaler Banken (so der Zusammenschluss von UBS und SBC zur United Bank of Switzerland152) oder gar der grenzüberschreitende Kauf oder die Fusion mit englischen oder amerikanischen Investment Banken (z. B. Erwerb der Londoner Investmentbanken Morgan Grenfell durch die Deutsche Bank; Kleinwort Benson durch die Dresdner Bank; Kauf des Bankers Trust durch die Deutsche Bank; Kauf der Firmen Global Asset Management, Paine Webber153 und des Vermögensverwaltungsgeschäfts der Bank of America durch die UBS154). Kleinere Banken, denen es um eine Verbesserung ihrer Stellung im nationalen Markt geht, konzentrieren das Investment Banking bei ihren jeweiligen Landesbanken oder Spitzeninstituten oder planen eine solche Konzentration für die nahe Zukunft155. Neben dem Zusammenschluss kontinentaler Universalbanken mit angloamerikanischen Investmentbanken ist auch innerhalb der angloamerikanischen Banken ein Konzentrationsprozess zu beobachten. So kaufte die Chase Manhattan Bank im Jahre 2000 das 1873 gegründete Londoner Investmenthaus Robert Fleming Holdings156 und verwaltet dadurch Vermögen im Wert von insgesamt 670 Mrd. DM157. Der Kauf von 70 % der Anteile des US-Vermögensverwalters Pimco Advisors L.P., Newport Beach, Kalifornien, des drittgrößten börsennotierten Vermögensverwalters der USA, durch die Allianz Versicherung158 stellt den ___________ 151 Dazu etwa Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 51 ff. 152 Südwestpresse vom 9.12.1997, S. 4 („Ein neuer Bankenkoloß“). 153 NZZ vom 12.7.2000, http://www.nzz.ch/online/01_nzz_aktuell/wirtschaft/00_ wirtschaft1.htm. 154 Dazu Basler Zeitung vom 7.2.2000, http://www.baz.ch/frontseite/welcome_main. html. 155 FAZ vom 5.2.1999, S. 26 („Vermögensverwalter sollen fusionieren – Genossenschaftsbanken wollen Kräfte bündeln“); Stern Online vom 27.10.1999 („Sparkassen planen gemeinsames Wertpapierhaus“), http://www.stern.de/news/wirtschaft/onl89_ 1_2610_1026185304.htm; Stuttgarter Zeitung vom 12.2.2000, http://www. stuttgarter-zeitung.de/dc1/html/news-stz/20000212wirt0028.htm („Hoppenstedt liebäugelt mit einer Südbank“). 156 Robert Fleming war Pionier der britischen Investmentbranche, vgl. S. 275 Text bei Fn. 372. 157 Die Welt vom 12.4.2000, http://www.welt.de/daten/2000/04/12/0412wi162031.htx; Spiegel Online vom 11.4.2000, http://www.spiegel.de/wirtschaft/maerkte/0,1518, 72523,00.html. 158 FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Mit Pimco gehört die Allianz zu den größten Vermögensverwaltern“); ABC News vom 2.11.1999, http://abcnews.go.com/sections/ business/DailyNews/allianz_pimco991101.htm.

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Entwicklungen seit 1945

vorläufigen Höhepunkt einer weiteren, seit etwa 10 Jahren159 verstärkt zu beobachtenden Entwicklung dar, nämlich des Eindringens der Versicherungen in das Investmentbanking und der dabei zu beobachtenden Internationalisierung des Geschäfts sowie der Konzentration160. Zuvor schon hatte die französische AXA Group die New Yorker Alliance Capital (damals größte börsennotierte Asset-Management-Gesellschaft der USA) und die Barr Rosenberg Investment Management Group, Orinda, CA, übernommen161. In 60 Ländern verwaltete die Gruppe 1999 ein Vermögen von 781 Mrd. Euro (1998: 471 Mrd. Euro). 2000 übernahm eine Tochtergesellschaft der AXA Group den Vermögensverwalter Stanford Bernstein162. Auch der niederländische Bank- und Versicherungskonzern ING drängt in die Vermögensverwaltungssparte. Er übernahm im Jahre 2000 den Lebensversicherer ReliaStar für 6,1 Mrd. $ und einen Teil der Geschäfte der amerikanischen Versicherungsgesellschaft Aetna. Als Folge der Übernahmen stößt ING vom weltweit 19. auf den 11. Rang im Bereich Vermögensverwaltung vor. Das gesamte zu verwaltende Vermögen (Assets under Management) erhöht sich von 347 Mrd. auf 467 Mrd. $163. Die Zürich Financial Services Group erwarb die Kemper Funds (Chicago) und Scudder Stevens & Clark (New York), um aus ihnen Scudder Kemper Investments zu schmieden. Auch im kleineren Rahmen finden sich Kooperationen164 oder Übernahmen von Banken/Vermögensverwaltern durch Versicherungen. So übernahm die Dresdner Bank gut zwei Drittel der Anteile des Mailänder Vermögensverwalters AD Gestioni165. Auch im nationalen Kontext sind Zukäufe durch Versicherungen häufiger anzutreffen. Die schweizerische Rentenanstalt/ Swiss Life kaufte die Schweizerische Treuhandgesellschaft Holding AG

___________ 159 Erste Beispiele bei Händel/Patterson, DBW 50 (1990), 165. Zu den im Folgenden geschilderten internationalen Konzentrationsprozessen FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Pimco schlägt sich zur Zeit besser als die Branche“). 160 Ausführlich FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Eine Handvoll Vermögensverwalter dominiert das globale Geschäft“). 161 Chicago Suntimes vom 19.7.1999, http://www.suntimes.com/output/roeder/col191. html. 162 Newsclick vom 18.7.00, http://www.newsclick.de/corem/resources/ids/807802 ?version=3. 163 NZZ vom 21.7.2000, http://www.nzz.ch/online/01_nzz_aktuell/wirtschaft/07_ wirtschaft.htm. 164 So die Zusammenarbeit von Allianz und Dresdner Bank bei der Vermögensverwaltung, Südwestpresse vom 22.9.1998, S. 4 („Nur kleiner gemeinsamer Nenner“). 165 Frankfurter Rundschau vom 17.11.1999, http://www.frankfurter-rundschau.de/fr/ 130/t130021.htm.

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Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

(STG)166. Die Berlinische Leben kaufte die Privatbank Gries & Heissel167. Die Nürnberger Versicherung übernahm 90 % der Anteile der Fürst Fugger Privatbank KG, um sich als Vermögensverwalter zu profilieren168. Ziel dieses Zukaufs ist die Möglichkeit, den Lebensversicherungskunden die Verwaltung ihrer Ausschüttung bei Ablauf der Lebensversicherungen anzubieten. Bei der Nürnberger Versicherung sind dies jährlich etwa 1 Mrd. Euro. Die gleiche Zielsetzung dürfte auch der Zusammenlegung der Kapitalanlagen der Münchener Rückversicherung und der Versicherungsgruppe ERGO in der Meag Munich Ergo Asset Management GmbH zugrunde liegen, die auch Vermögensverwaltungen für Dritte anbieten soll169. Neben dem Zukauf von Vermögensverwaltern kommt es gelegentlich auch zu Neugründungen von vermögensverwaltenden Tochtergesellschaften170. Diese Strategie der Fusion bzw. Konzentration führt zu mehr operativer Effizienz171, etwa durch Einsparungen bei der Researchabteilung und Informationsbeschaffung, durch Synergieeffekte172 aus einer breit gefächerten Produktpalette (economies of scope) und dem Ausnutzen von cross-sellingPotentialen sowie schließlich der Diversifikation, die eine Stabilisierung der Gewinnbasis bedeutet. Die durch Fusionen bedingte Expansion kann angesichts der Globalisierung des Investment Banking ein Vorteil sein. Allerdings ist die These, dass Größe auch zu Erfolg führt (economies of scale), gerade im Bereich der Vermögensverwaltung im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum umstritten. Institutionelle Kunden und Unternehmen werden immer mehrere Anbieter zu Rate ziehen; das Argument des onestop-shopping (Hausbank) hat angesichts des bei ihnen hausintern vorhandenen Expertenwissens eine geringere Bedeutung als für mittlere Unter___________ 166 NZZ vom 7.12.1999, http://www.nzz.ch/online/01_nzz_aktuell/wirtschaft/02_ wirtschaft.htm. 167 Berliner Morgenpost vom 16.11.1999, http://www.Berliner-morgenpost/de.bm/ inhalt/heute/wirtschaft/story5065.html. 168 Frankfurter Rundschau vom 17.11.1999, http://www.frankfurter-rundschau.de/fr/ 130/t130020.htm. 169 FAZ vom 14.12.1999, S. 23 („Ergo hat Vorjahres-Dividende gesichert“). 170 Die Welt vom 10.4.2000, http://www.welt.de/daten/2000/04/10/0410wi161490.htx, zur Gründung der AM Generali Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Köln, durch die Aachen Münchener Versicherung. 171 Hierzu und zum Folgenden Löwe, Zukunft des Investment Banking, BA Beiheft 35 (1999), 23, 28 f. 172 Die schweizerischen Banken loben dabei die Synergieeffekte, die die Vermögensverwaltung mit anderen Geschäftszweigen, wie Finanzanalyse und Handel, aber auch mit der EDV hat, vgl. Zwimpfer, Private Banking 2000, S. 11.

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Entwicklungen seit 1945

nehmen oder gar Kleinanleger173. Auch ist nicht gewährleistet, dass es immer zu cross-selling-Erfolgen kommt. Gerade die Bereiche underwriting und Vermögensverwaltung lösen bei Kunden die Befürchtung von Interessenkonflikten aus, weshalb bestimmte Kundengruppen derartige Investment Banken meiden174. Die Größe hat in diesem Fall einen nachteiligen Effekt. Sie kann sich auch negativ auf den Kurs der Bankaktie auswirken. Denn empirische Studien haben belegt, dass eine klare Unternehmensstruktur mit Konzentration auf wenige Geschäftsfelder an der Börse mit höheren Kursen honoriert wird, während Unternehmenskonglomerate einen Abschlag hinnehmen müssen (conglomerate discount)175. Größe allein ist also nicht immer von Vorteil. Entscheidend dürfte sein, ob es den Banken gelingt, effiziente Organisationsstrukturen aufzubauen, maßgeschneiderte Produkte anzubieten, das Vertrauen ihrer Kunden zu erhalten176 und eine Abwanderung bewährter Investmentbanker zur Konkurrenz zu verhindern177. Nur dann kommen ihnen die Einsparungen, die sich aus der Verteilung der Researchkosten auf eine größere Zahl von Depots ergibt, auch tatsächlich zugute. Einzubeziehen ist ein weiterer Faktor, der zunehmende Größe nicht als alleiniges Erfolgsrezept erscheinen lässt. Der steigende Wettbewerb im Bereich der Vermögensverwaltung wird bei Erreichen einer Marktsättigung178 zu einem Preiswettbewerb führen, sofern denkbare Einsparungspotentiale ausgeschöpft wurden. Um zu erreichen, dass die Kunden die Auswahl ihres Vermögensverwalters nicht allein über den Preis treffen, ist eine ausreichende Spezialisierung notwendig, um sich von der Konkurrenz abzu___________ 173 So auch Bernhard Walter von der Dresdner Bank in einem Diskussionsbeitrag, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 42 f. 174 Beispielhaft Gerold Brandt von der Bay. Landesbank in einem Diskussionsbeitrag, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 34 f. 175 Auch dazu Löwe, Zukunft des Investment Banking, BA Beiheft 35 (1999), 29, der eine entsprechende Studie von J.P. Morgan heranzieht. 176 Dies gelang der Deutschen Bank bei der Übernahme des Bankers Trust nur teilweise. Weil die Top-Fondsmanager im Juli 1999 von der Deutschen Bank zu Merrill Lynch gewechselt haben, verlor die Deutsche Bank rund ein Drittel (etwa 60 Mrd. $) des Anlagevermögens, dazu Berliner Zeitung vom 9.3.2000, http://www.berlinonline. de/aktuelles/berliner_zeitung/wirtschaft/.html/4artik30.html. Deutliche Kritik musste sich auch die durch Fusion entstandene UBS gefallen lassen, vgl. Eiselin, in: TagesAnzeiger vom 14.1.2000, http://www.tages-anzeiger.ch/000114/19147.htm. 177 Generell zur Jagd auf qualifiziertes Personal im Investment Banking vgl. Der Spiegel vom 13.7.1998, S. 94 ff. („Mädchen und Milliarden“). S. a. die vorige Fn. 178 Nach Zwimpfer, Private Banking 2000, S. 13, hat die Schweiz diese Sättigungsschwelle bereits überschritten, während sie in Deutschland und Österreich noch nicht ganz erreicht ist. S. a. oben S. 368 Text bei Fn. 109 zur Entwicklung in den USA.

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Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

heben. Zugleich streben viele Finanzdienstleister eine Verbreiterung ihrer Geschäftsfelder durch verstärkte Online-Aktivitäten an.

3. Die Vermögensverwaltung in Deutschland a) Die Wiederentstehung der Vermögensverwaltung in Deutschland Die Entwicklung der Vermögensverwaltung seit dem Zweiten Weltkrieg ist durch zwei Stufen gekennzeichnet. Der – oben beschriebene – Wandel in der Vermögensordnung, die zunehmende Komplexität der Anlagemöglichkeiten und Steuervorschriften sowie das starke Vermögenswachstum ließen den Bedarf nach professionellen Vermögensverwaltern wieder entstehen. Als Hauptzielgruppe standen zunächst die Inhaber größerer Vermögen im Vordergrund, denen eine individuelle Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten – und seltener Immobilien179 – angeboten wurde. Vor allem Personen, die aufgrund starker beruflicher Anspannung keine Zeit für die Verwaltung des eigenen Vermögens hatten (Unternehmer, Freiberufler)180 sowie Personen, deren Vermögen ererbt wurde und die selbst in Vermögensanlagen unerfahren waren, bedienten sich vermehrt der Vermögensverwaltung. Das veränderte Anlegerverhalten und der Vermögenszuwachs der mittleren Einkommen begünstigten ab Anfang der 80er Jahre das rasche Wachstum und die immer stärkere Ausdifferenzierung dieses Marktsegments, das nun vermehrt standardisierte Vermögensverwaltungen und auch Fondspicking (dazu sogleich unter d)) aufwies. Die von Vermögensverwaltern vorausgesetzten Mindestanlagegrenzen für eine individuelle Vermögensverwaltung sanken181 von durchschnittlich 1 Mio. DM in den 60er Jahren auf zwischen 100.000 und 250.000 DM182. Grund für diese hohen ___________ 179 Vgl. oben S. 17 Fn. 11. 180 Eine sehr anschauliche Beschreibung der Notwendigkeit der Vermögensverwaltung bei diesem Personenkreis findet sich in FAZ vom 28.7.2001, S. 35 („Private Vermögensverwaltung ist für viele Millionäre eine langweilige und zeitraubende Angelegenheit“). 181 Diese Entwicklung verlief nicht kontinuierlich. Orth, Vermögensverwaltung, S. 291, 294, stellt Anfang der 80er Jahre ein Ansteigen der Mindestanlagesummen fest. Schlembach, Bank-Betrieb 1972, 201, 204, konstatiert für die 70er Jahre, dass die zunächst niedrigeren Mindestanlagesummen von 50.000 DM bis 200.000 DM auf 250.000 DM bis 500.000 DM ansteigen. 182 Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 25; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 143. Kleinere Privatbanken halten an höheren Summen fest. So verlangte etwa die Weber Bank im Jahre 2000 eine Mindestanlage von 500.000 DM für eine individuelle Vermögensverwal-

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Entwicklungen seit 1945

Einstandssummen ist der Umstand, dass erst ab einer gewissen Größenordnung des Anlagekapitals eine ausreichende Diversifizierung möglich ist; zudem sind mit einer individuellen Vermögensverwaltung hohe Fixkosten verbunden, die nur über Provisionen für die Verwaltung eines entsprechend großen Vermögens erwirtschaftet werden können. Unterhalb dieser Mindestanlagesummen werden daher nur standardisierte Formen der Vermögensverwaltung und Fondspicking angeboten, wobei bereits ein Anlagekapital von 10.000 Euro ausreicht183. Seit den 90er Jahren wird die Angebotspalette auch „nach oben“ ausgeweitet, indem zahlreiche Vermögensverwalter ein strategisches Vermögensmanagement anbieten184. Bei diesem werden in die persönliche Finanzplanung nicht nur liquide Mittel, wie Festgelder, Aktien und Renten, einbezogen, sondern das gesamte Vermögen des Kunden im In- und Ausland, um eine möglichst kundengerechte Anlagestrategie entwickeln zu können185. Soweit international agierende Banken die Vermögensverwaltung anbieten, investieren sie zunehmend auch in ausländische Märkte und setzen dabei das Wissen ihrer Spezialisten vor Ort ein. Da die Branche hinsichtlich des Umfangs der verwalteten Werte ein Höchstmaß an Diskretion an den Tag legt, existieren nur wenige, vage Schätzungen über den Umfang der Vermögen, die einer individuellen Vermögensverwaltung anvertraut wurden. 1972 wurde dieses Vermögen auf 500 Mio. bis 1 Mrd. DM geschätzt186, 1988 auf 15 Mrd. DM, 1996 auf 50 Mrd. DM187. Dieser Wert dürfte eher an der unteren Grenze liegen, verwaltete doch allein das Bankhaus M.M. Warburg & Co. im Jahre 1998 mehr als 20 Mrd. DM188. Detaillierte Angaben liegen dagegen zu den Vermögen vor, die von Investmentfonds verwaltet werden189. ___________

183

184 185 186 187 188 189

382

tung und 50.000 DM für eine fondsgestützte Vermögensverwaltung, vgl. Berliner Morgenpost vom 4.3.2000, http://archiv.berliner-morgenpost.de/bin/bm/e?u=/bm/ archiv2000/000304/wirtschaft/story39094. html. Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 25; Rehkugler/Füss, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 142. Bei Privatbanken reichte die Mindestanlagesumme von 25.000 Euro (so bei der inzwischen liquidierten Bank Fischer & Co., Hamburg) bis 1 Mio. Euro (Sal. Oppenheim, Köln), vgl. Ulrich, Privatbankiers, S. 360. v. Maltzan, Große Vermögen …, FAZ vom 20.3.2000, S. B 7. Beispiel hierfür ist das Private Banking Konzept der Dresdner Bank, Platzek, Die Bank 1998, 648 ff. Schlembach, Bank-Betrieb 1972, 201. Schäfer, BuB Rdn. 11/6 (Stand 1996); Balzer, Vermögensverwaltung, S. 24. Kleßmann, M.M. Warburg & Co., S. 198. Unbekannt ist dabei allerdings die genaue Höhe des in Fonds und des individuell verwalteten Vermögens. S. Tabelle 27, Tabelle 28 und Tabelle 35 auf S. 369 f. und 388.

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

b) Die Anbieter der individuellen Vermögensverwaltung Der Wandel der Produktpalette geht einher mit einer Ausweitung des Markts in Breite und Tiefe. Es ist eine starke Zunahme der Zahl und der Typen von Anbietern der individuellen Vermögensverwaltung zu verzeichnen. Der wachsende Bedarf nach professioneller Hilfestellung in diesem Bereich wurde zuerst von den Großbanken erkannt, die sich an ausländischen Vorbildern orientierten190. Während die Dresdner Bank191 und die Bayerische Vereinsbank192 schon ab 1959 Vermögensverwaltungen anboten193, zögerten die übrigen Großbanken noch, diesen Geschäftszweig zu eröffnen; die Deutsche Bank gab als Grund hierfür potentielle Haftungsrisiken an194. Dies hinderte die Bank jedoch nicht, sich über 100-prozentige Tochtergesellschaften195 an diesem Markt zu beteiligen. Schließlich bewog die Sorge über eine Abwanderung vermögender Privatkunden zur Konkurrenz die Banken doch zur Aufnahme der Vermögensverwaltung in ihr Dienstleistungsangebot (so 1968 die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank und 1969 die Deutsche Bank)196. Die Landesbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken folgten dem Beispiel der Großbanken, so dass ab 1969 der Markt für Vermögensverwaltungen rapide wuchs. Auch die Privatbanken erkannten rasch, dass gerade bei der von ihnen betreuten Kundengruppe der vermögenden Unternehmer für diese Dienstleistung Bedarf bestand. Die Privatbanken haben im Geschäftsbereich der Vermögensverwaltung daher

___________ 190 Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 95, verweist darauf, dass die Lloyds Bank 1960 als erste englische Großbank Werbung für Portfoliomanagement machte, das sie zu einer Gebühr von 2 ‰ des verwalteten Vermögens anbot. Sie verwaltete zwar schon zuvor rund 2.000 Depots mit 25 Mio. Pfund Sterling, doch hatte der Londoner Börsenrat zuvor jede Werbung mit dieser Dienstleistung untersagt. Zur Regelungsbefugnis der Börse durch „informal guidelines“ im Bereich des britischen Finanzsystems dieser Zeit siehe unten S. 398 f. 191 Meyen, 120 Jahre Dresdner Bank, S. 248 f.; o. V., ZfgK 1959, 739 f. Die Bank bot ab 1965 auch Testamentsvollstreckungen und die Verwaltung von Stiftungen an. 192 Über ihre Tochter BV Financial Management GmbH, die seit 1992 als Bethmann Vermögensbetreuung firmiert, vgl. Konrad, Vermögensverwaltung 1995, S. 251, 292. 193 Dieses neue Angebot wurde vom juristischen Schrifttum erstmals 1961 aufgegriffen, vgl. Schlaus, Beilage 19 zu DB 1961, S. 29 f. 194 Büschgen, in: Gall u. a., Deutsche Bank, S. 796. 195 Matura Vermögensverwaltung mbH, Düsseldorf (Stammkapital 300.000 DM), Trinitas Vermögensverwaltung GmbH, Düsseldorf (Stammkapital 1 Mio. DM), Süddeutsche Vermögensverwaltung GmbH, München (Stammkapital 2 Mio. DM), vgl. Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 95 Fn. 309. 196 Hierzu und zum Folgenden Brunner, Vermögensverwaltung, S. 35 ff.

383

Entwicklungen seit 1945

heute sehr oft ihre stärkste Ertragsquelle197. Um das Renommee der Privatbanken in diesem Sektor zu nutzen, haben sich einige der Großbanken deshalb an Privatbanken beteiligt oder schon bestehende Beteiligungen an alten Privatbanken wieder aufleben lassen198, damit diese das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben. So ließ die Dresdner Bank das alte Privatbankhaus Hardy & Co. wieder aufleben. Die Bayerische Vereinsbank nutzt die ihr gehörenden Bankhäuser Gebr. Bethmann und die Simonbank als Anbieter für Vermögensverwaltungen. Die Deutsche Bank kaufte die Mehrheit der Anteile des Frankfurter Privatbankhauses Grunelius, das seitdem eine „Rundumbetreuung“ für Kunden mit einem disponiblen Vermögen von mindestens 2,5 Mio. Euro anbietet. Neben Wertpapieren und Immobilien werden auch Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen, Edelmetalle, Kunstobjekte und Antiquitäten einbezogen. Die deutsche Bank und ihre Töchter verwalteten 1990 folgende Werte: Publikumsfonds Immobilien

43,3 3,2

Institutionelle Vermögensverwaltung

62,6

Individuelle Vermögensverwaltung

15,5

Gesamt (aufgerundet)

124,7

Tabelle 33: Verwaltetes Vermögen der Deutschen Bank Ende 1990 in Mrd. DM199

Auch ausländische Banken drängen auf diesem Wege auf den deutschen Markt für Vermögensverwaltungen. Die Barclays Bank ist bei Merck Finck & Co., die Lloyds Bank bei Schröder, Münchmeyer & Hengst und die Midland Bank bei Trinkaus & Burkhardt engagiert200. Als zweite Gruppe von Anbietern traten bankenunabhängige Vermögensverwalter und Vermögensverwaltungsgesellschaften auf 201. So wurde schon ___________ 197 Zahn/Winkel, Privatbankier, S. 109; Ulrich, Privatbankiers, S. 360; Kleßmann, M. M. Warburg & Co., S. 198, betont, dass zur Beurteilung der Bedeutung der Privatbankiers nicht allein die Bilanzsumme maßgebend sei, sondern auch die Summe des verwalteten Vermögens. Dieses lag bei M.M. Warburg & Co. 1998 bei 20 Mrd. DM. 198 Hierzu und zum Folgenden Büschgen, in: Gall u. a., Deutsche Bank, S. 797; Ulrich, Privatbankiers, S. 361; Schmidt, in: Eichhorn, Privatbankiers, S. 45. 199 Büschgen, in: Gall u. a., Deutsche Bank, S. 797. 200 Ulrich, Privatbankiers, S. 361. 201 Sehr vorausschauend der Beitrag von Zimmerer, Bankkaufmann 1959, Nr. 6, S. 263, der den Bedarf für bankenunabhängige Vermögensverwalter schon früh erkannte.

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Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

1964 die Graf Lambsdorff Finanzplanung GmbH202 gegründet. 1972 folgte Ender & Partner203, 1979 GIVAS Gesellschaft für internationale Vermögensanlagen GmbH204. 1986 sollen rund 50 bankenunabhängige Vermögensverwalter bestanden haben205, mit seitdem steigender Tendenz. Durch die mit dem Umsetzungsgesetz206 eingeführte Zulassungspflicht nahm die Zahl der unabhängigen Vermögensverwalter wieder ab207. Die unabhängigen Verwalter profitieren von der Tatsache, dass viele Vermögensverwaltungskunden Interessenkonflikte bei Universalbanken fürchten. Weiterhin bieten sie den Vorteil einer sehr persönlichen Betreuung, die kontinuierlich verläuft, während Banken zumeist Angestellte einsetzen, die bisweilen die Abteilung oder gar den Arbeitgeber wechseln. Es ist daher nicht verwunderlich, dass auch die unabhängigen Verwalter starke Zuwachsraten aufweisen. Der 1987 größte unabhängige Vermögensverwalter, die Graf Matuschka Gruppe, soll damals schon 5 Mrd. DM Vermögen verwaltet haben208. Allerdings haben die unabhängigen Vermögensverwalter insgesamt nur einen Marktanteil von etwa 5 %209. Eine Sonderstellung innerhalb dieser Gruppe nehmen die Angehörigen freier Berufe (Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie im Inland operierende ausländische Broker) ein, die die Vermögensverwaltung jedoch regelmäßig nur nebenberuflich erbringen210. Das kontinuierlich steigende Vermögen der Privathaushalte hat dazu geführt, dass sich eine dritte Gruppe von Anbietern etablierte: Die Vermögensverwaltung findet sich heute sogar in der Produktpalette kleinerer Banken und Sparkassen211, die diese Leistung in ihr Konzept einer umfassend tätigen Hausbank integrierten.

___________ 202 Konrad, Vermögensverwaltung 1995, S. 301. Dies übersieht Esters, Haftung, S. 4, der die ersten bankenunabhängigen Vermögensverwalter erst 1968 ausmacht. 203 Konrad, Vermögensverwaltung 1995, S. 297. 204 Konrad, Vermögensverwaltung 1995, S. 300. 205 Esters, Haftung, S. 4; Stracke/Pohl, Die Bank 1987, 539, 540. 206 Fundstelle s. S. 4 Fn. 10; zu den Neuerungen Baur, Die Bank 1997, 346 ff.; Jung, BB 1998, 649 ff.; Meixner, WM 1998, 431 ff.; ders., NJW 1998, 862 ff.; Mielk, WM 1997, 2200 ff. (I.), 2237 ff. (II.); Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288 ff.; Wiebke, DStR 1998, 491 ff. 207 Siehe unten S. 414 Text zu Fn. 342. 208 Esters, Haftung, S. 4 f.; zurückhaltender Stracke/Geitner, Finanzdienstleistungen, S. 257 (über 1 Mrd. DM). 209 Hopt, Investment Management Law, S. 187. 210 Ebenso die Einschätzung von Schäfer, BuB Rdn. 11/6 a. E. 211 Ausführlich dazu Rehkugler/Schmidt-von Rhein/Füss, Depotmanagement, S. 23 ff.

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Entwicklungen seit 1945

Als vierte und bislang letzte Gruppe drängen auch Versicherungen auf den Markt für Vermögensverwaltungen (so etwa seit 1998 die Allianz Versicherung), da sie dessen Wachstumspotential erkannt haben. Sie verfügen aufgrund der Anlage und Verwaltung ihres eigenen immensen Vermögens212 über eine ausreichende Erfahrung in diesem Bereich. Der deutsche Markt für Vermögensverwaltungen gilt von der Zahl der Privatkunden her als der größte und bezüglich des verwalteten Vermögens als der zweitgrößte in Europa213. Die Produktpalette der Vermögensverwaltungen ist mittlerweile groß und reicht von der Verwaltung großer Aktienpakete, wie dem von der Gallus Vermögensverwaltungsgesellschaft, Frankfurt, für die Kuwait Petroleum Corporation verwalteten Paket von 25,8 % der Hoechst Aktien214 (jetzt Aventis Aktien), bis hin zu kleineren Verwaltungen mit Beträgen ab 15.000 Euro. c) Investmentfonds 1949 wird die Allgemeine Deutsche Investment-Gesellschaft m.b.H (ADIG) in München gegründet, nachdem die bayerischen Finanzbehörden im Wege der Verwaltungsanordnung steuerliche Hindernisse ausgeräumt hatten. Im Zuge der Beratungen zum KAGG n. F.215 entschlossen sich auch die anderen Bundesländer zu einem solchen Vorgehen, so dass 1955/56 weitere vier Investmentgesellschaften entstanden (Union-Investment-Gesellschaft mbH, Deutsche Investment-Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbH216, DWS – Deutsche Gesellschaft für Wertpapiersparen mbH und Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH). Deren Geschäftsentwicklung blieb zunächst bescheiden und gewann erst ab 1967 an Schwung. Dies beruhte auf folgenden Ursachen: Der wirtschaftliche Wiederaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg kam über lange Zeit ohne Inanspruchnahme des organisierten Kapitalmarkts aus; unternehmerische Selbstfinanzierung und Fremdfinanzierung dominierten. Dem entsprach auf Seiten der privaten

___________ 212 Die Allianz Versicherung etwa soll über Netto-Prämieneinnahmen von 100 Mrd. DM jährlich verfügt haben, vgl. Gerold Brandt von der Bay. Landesbank in einem Diskussionsbeitrag, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 60. 213 Die Welt vom 26.10.1999, http://www.welt.de/daten/1999/10/26/1026wi134982.htx; ebenso http://www.berliner-morgenpost.de/bin/bm/e?u=/bm/inhalt/heute/wirtschaft/ story05.htm (abgerufen am 26.10.1999). 214 Newsaktuell vom 30.11.1999, http://www3.newsaktuell.de/4d.acgi$getstory?126082. 215 Gesetz vom 16.4.1957, BGBl. I 378; zu seiner Entstehung Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 424 Rdn. 2. 216 Dazu Meyen, 120 Jahre Dresdner Bank, S. 249.

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Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

Haushalte ein fehlendes Vertrauen in die Aktienanlage; stattdessen konzentrierte man sich auf Geldanlagen ohne Risiko217. Aus diesem Grund erlangte die Idee des Investmentsparens erst in den 60er Jahren größere Popularität. Da ausländische Anbieter kaum Restriktionen hinsichtlich ihrer Absatzstrategien unterlagen, nutzte die von Bernie Cornfeld initiierte Investmentfirma International Overseas Services (IOS) diesen Wettbewerbsvorteil und praktizierte ihr aus den USA erprobtes aggressives Vertriebssystem erfolgreich in Deutschland. Ausländische Investmentanteile erlebten in den Jahren 1966 bis 1969 einen nie da gewesenen Aufschwung; ihr Anteil lag schließlich bei 40 %218. Von diesem Aufschwung profitierten auch inländische Anbieter. Beim Zusammenbruch von IOS219 im Frühjahr 1970 verloren viele deutsche Anleger ihr eingesetztes Kapital. Der Gesetzgeber reagierte mit der Verabschiedung des Auslandsinvestmentgesetzes220 und der Ergänzung des KAGG a. F. durch kapitalmarkt- und vertriebsbezogene Regelungselemente221. Aufgrund des Schocks bei den Anlegern war der Absatz ausländischer Investmentanteile in den Jahren 1971 bis 1986 rückläufig, während der Absatz inländischer Anteile sich auf hohem Niveau stabilisierte222. Die Zulassung weiterer Fondstypen (offene Immobilienfonds, Geldmarktfonds etc.) sowie die staatlich geförderte Vermögensbildung von Arbeitnehmern bewirkten in den 80er und 90er Jahren ein starkes Wachstum der Branche223. Dennoch besteht in Deutschland noch ein erheblicher Nachholbedarf, wie folgende Übersicht zeigt.

___________ 217 Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 8 ff. 218 Assmann, Prospekthaftung, S. 74. 219 Zu Aufstieg und Fall von IOS. siehe Raw/Page/Hodgson, Do You Sincerely Want To Be Rich?. 220 Auslandsinvestmentgesetz vom 28.7.1969, BGBl. I 986. 221 Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und der Gewerbeordnung vom 28.7.1969, BGBl. I 922; zur Entstehungsgeschichte und nachfolgenden Änderungen Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 10 ff., 16 ff.; Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 10; ders., Prospekthaftung, S. 71. 222 Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 11. 223 Einzelheiten bei Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 11 ff.

387

Entwicklungen seit 1945 Land

Euro

USA

18.438

Frankreich

9.153

Schweiz

8.598

Italien

6.473

Spanien

5.190

Großbritannien

4.159

Deutschland

3.512

Tabelle 34: Durchschnittliches Vermögen der Anleger in Investmentfonds224

Dementsprechend sind auch beim Gesamtvermögen der Investmentfonds erhebliche Unterschiede festzustellen. Land

Aktien- u. gemischte Fonds

Rentenfonds

Geldmarktfonds

Gesamt in Mrd. Euro

GB

90,4 %

9,1 %

0,5 %

277

Kanada

71,7 %

16,2 %

12,1 %

228

USA

62,7 %

13,9 %

23,4 %

5.873

Schweiz

47,9 %

29,1 %

23,0 %

229

Frankreich

47,8 %

22,1 %

30,1 %

602

Deutschland

44,8 %

31,9 %

23,3 %

284

Italien

28,2 %

68,0 %

3,8 %

451

Japan

25,6 %

35,3 %

39,1 %

401

Tabelle 35: Durch Investmentfonds verwaltetes Vermögen im internationalen Vergleich (Stand 6/99)225

Der Vermögensverwaltung i. w. S. wurden daher von Brancheninsidern Wachstumsraten von jährlich 15–20 % vorhergesagt226. Dabei machten sich die einzelnen Zweige der Branche starke Konkurrenz. In den USA flossen ___________ 224 FAZ vom 2.11.1999, S. 24 („Eine Handvoll Vermögensverwalter dominiert das globale Geschäft“). 225 FAZ vom 16.9.1999, S. 33 („Vertrieb ist der Schlüssel für Vermögensverwaltung“). Die Angaben basieren auf den Wechselkursen vom 30.6.99. Frankreich: SICAV und FCP; Deutschland: nur Publikumsfonds. 226 Allianz Chef Schulte-Noelle in Stuttgarter Zeitung, Wirtschaft Online vom 2.11.1999, http://www.stuttgarter-zeitung.de/dc1/html/news-stz/19991102wirt0019. htm. Ebenso FAZ vom 28.6.1999, S. 35 („Die Transparenz muss bei der Vermögensverwaltung steigen“).

388

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

bereits Ende der 90er Jahre 45 % der Anlagen in Indexfonds, bei denen der Verwaltungsaufwand und damit auch das Provisionsaufkommen gering sind227. Der Zuwachs dieser Fonds ging zu Lasten der herkömmlichen Investmentfonds. Indexfonds, deren Zusammensetzung einen Index (z. B. DAX oder Euro-Stoxx) nachbildet, erhöhen für die Anleger die Transparenz, da er sich anhand der Indexdaten jederzeit über die Entwicklung seiner Anlage informieren kann. Auf der anderen Seite sind Anleger nicht mehr bereit, für das bloße Nachbilden eines Index höhere Vermögensverwaltungsgebühren zu entrichten, da die Anlagestrategie bei Indexfonds eine passive ist und ein Eingreifen des Vermögensverwalters daher nur bei Veränderungen in der Zusammensetzung des Index erforderlich ist. Da viele Anleger den Erfolg eines Fonds danach beurteilten, ob er den Vergleichsindex geschlagen hat, bedeuten für sie Indexfonds eine echte Alternative zu klassischen Investmentfonds. Daneben finden sich auch Optionen auf einen Index. Diese sind nicht unbedingt billiger als ein Indexfonds, da der Emittent eine Lizenzgebühr an den Indexanbieter entrichten muss228. Zudem ist die Sicherung des Anlegers für den Fall der Insolvenz des Anbieters schlechter als bei Fonds, bei denen das Vermögen bei der Depotbank verwahrt wird. d) Fondspicking Seit Anfang der 70er Jahre wird in den USA die so genannte „Vermögensverwaltung mit Fondspicking“229 angeboten, bei der der Vermögensverwalter das gesamte verwaltete Vermögen des Kunden in Investmentfonds anlegt230. Seit Ende der 80er Jahre findet sich diese Dienstleistung auch in Deutschland231. Der Ausdruck „Fondspicking“ ist dem Begriff des „Stockpicking“ nachempfunden, der die Auswahl der aussichtsreichsten Wertpapiere beschreibt. Der Vermögensverwalter trifft für den Anleger die Auswahl unter den weltweit über 20.000 Publikumsfonds232. Angesichts der Vielzahl der Fonds und ___________ 227 Die Welt online vom 30.11.1999, http://www.welt.de/daten/1999/11/30/1130fi 140279.htx. 228 Die Welt online vom 9.2.2000, http://www.welt.de/daten/2000/02/09/0209fi151103. htx. 229 Dazu Andres/Heuft, Fondspicking; Sauer, Fondspicking; o. V., Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, Investment 1995, 49 ff.; Wolf, Anlage Praxis 2/1994, 7 ff. Zum Fondspicking in der Schweiz Decurtins, in: Gehrig, Private Banking, S. 147, 152 ff. 230 Baur, Investmentgesetze2, Einl. I Rdn. 92a. 231 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 15. 232 So die Angabe bei Wolf, Anlage Praxis 2/1994, 7 (8) für 1994.

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Entwicklungen seit 1945

der Märkte, auf denen sie agieren, ist der einzelne Anleger bei seiner Anlageentscheidung oft überfordert. Grund für die Entstehung der Dienstleistung in den USA war die schon in den 70er Jahren sehr hohe Zahl an Publikumsfonds. Zur Verbreitung des Fondspicking hat die Tatsache beigetragen, dass in den USA spezielle EDV zur Fondsauswahl früher zum Einsatz kam als in Deutschland233. Das Fondspicking wird von Kapitalanlagegesellschaften234, Vermögensverwaltern, Banken und Versicherungen angeboten235. Die Leistung des Fondspickers besteht also nicht mehr in der Auswahl und dem Erwerb von einzelnen Effekten für das Depot des Kunden, sondern in der Auswahl der Investmentfonds. Er hat deren Anlageerfolge zu überwachen und ggf. eine Umschichtung in andere Fonds vorzunehmen. Vermögensverwaltung mit Fondspicking ist also eine Mischung aus standardisierter Vermögensverwaltung und Investmentgeschäft. Es werden zumeist drei Risikoklassen angeboten („Konservativ, Ausgewogen, Wachstum“). Vorteil des Fondspicking ist die Vornahme der Auswahlentscheidung durch einen Fachmann, der dazu entsprechende Analysen zur Fondsauswahl nutzt. Fondspicker verfügen aufgrund ihres Informationsvorsprungs zudem über eine weitaus größere Auswahl an angebotenen Fonds als der einzelne Anleger. Die Mindestanlagesumme ist niedriger als bei der individuellen Vermögensverwaltung und liegt zumeist bei 15.000 Euro. Die Streuung der Mittel auf verschiedene Fonds bewirkt eine noch größere Risikostreuung als bei der Anlage in einem Fond. Während der einzelne Anleger sehr oft eine Strategie des Kaufens und Haltens verfolgt und damit langfristig eine eher passive Art der Vermögensverwaltung betreibt, ist die Tätigkeit eines Vermögensverwalters auf eine aktive Vermögensverwaltung236 ausgerichtet; er beobachtet den Markt und nimmt ggf. Umschichtungen vor. Da die Fonds___________ 233 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 15. 234 Andres/Heuft, Fondspicking, S. 164, nennen die Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH als Beispiel. 235 O. V., Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, Investment 1995, 49, 51. Andres/ Heuft, Fondspicking, S. 16, verstehen unter Fondspickern jedoch nur unabhängige Vermögensverwalter, da Kreditinstitute diese Tätigkeit als artverwandte Tätigkeit im Rahmen ihrer normalen Geschäfte miterbrächten. 236 Eine Studie der University of California, bei der das Anlageverhalten von 35.000 Anlegern untersucht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass ein häufiges Umschichten kein Garant für eine höhere Rendite sei, vgl. Bank Magazin 12/98, S. 5. Frauen hätten eine um 1,4 % bessere Rendite; sie hätten im Vergleichszeitraum 20 Transaktionen durchgeführt, gegenüber 29 bei Männern. Sie schichteten das Portfolio nur zu 51 % um, während Männer es zu 85 % umschichteten.

390

Der heutige Markt für Vermögensverwaltungen

picker mit den Kapitalanlagegesellschaften günstigere Konditionen (niedrigere Ausgabeaufschläge und niedrige Einstandssummen) vereinbaren, können sie diese an die Kunden ganz oder teilweise weitergeben. Dies leitet über zu den Nachteilen. Gibt der Fondspicker die günstigen Konditionen nicht komplett an den Kunden weiter, ist das Fondspicking erheblich teurer als die Direktanlage in Fonds, da der Vermögensverwalter selbst auch noch ein Honorar beansprucht. Es entsteht also eine doppelte oder gar dreifache Kostenbelastung237 aus einmaliger Anlagegebühr, Verwaltungsgebühren und Depotgebühren238. Der Fondspicker hat unter Umständen eine höhere Mindesteinstandssumme als die meisten Fonds, damit das zu verwaltende Portfolio ausreichend diversifiziert werden kann. Oft sehen die Fondspicker Kündigungsfristen vor, so dass die angelegten Mittel nicht, wie bei offenen Investmentfonds, börsentäglich abgerufen werden können. Schließlich sind nicht alle Fondspicker unabhängig von Investmentgesellschaften, so dass Interessenkollisionen nicht immer völlig ausgeschlossen erscheinen. e) Spezialfonds Die Dresdner Bank, die schon bei der individuellen Vermögensverwaltung und dem Investmentgeschäft eine führende Rolle einnahm, wandte sich auch frühzeitig dem Bereich der Spezialfonds zu. Sie gründete 1955 die Bankgesellschaft für Vermögensanlagen mbH, die seit 1969 als Gesellschaft für Vermögensanlagen Kapitalanlagegesellschaft mbH und seit 1977 als dresdnerbank investment managing Kapitalanlagegesellschaft mbH (dbi) firmierte, eine der führenden Gesellschaften für Spezialfonds in Deutschland239. Weitere Spezialfonds kamen rasch hinzu. Dieser Geschäftszweig nahm eine rasante Entwicklung, da viele institutionelle Anleger diese professionelle Form der Vermögensverwaltung für ihr Kundenvermögen schätzen. Ein weiterer Vorteil der Spezialfonds ist die Tatsache, dass innerhalb des Fonds Vermögensumschichtungen vorgenommen werden können und Wertpapiergewinne mit Verlusten aus anderen Wertpapiergeschäften verrechnet werden, ohne dass sich dies in der Bilanz des Anteilsinhabers auswirkt. Spezialfonds sind damit auch ein Mittel zur Bilanzsteuerung240. Seit ___________ 237 Warnend deshalb Keßler, Das Wertpapier 26/1998, S. 17, 19 („Mit Fondspicking verdienen sich die Banken eine goldene Nase“) sowie Germann, Das Wertpapier 26/1998, S. 11. 238 Eine Übersicht über die Gebühren findet sich in der Süddeutschen Zeitung Nr. 110, 15./16.5.1999, S. 32 („Ein Fonds-Mix verringert den Nervenkitzel“). 239 Meyen, 120 Jahre Dresdner Bank, S. 251. 240 FAZ vom 28.6.1999, S. 35 („Die Transparenz muss bei der Vermögensverwaltung steigen“).

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Entwicklungen seit 1945

1992 haben die Spezialfonds mit ihrem Vermögen die Publikumsfonds überrundet (1995: Publikumsfonds 254 Mrd. DM, Spezialfonds 311 Mrd. DM)241. Bemerkenswert ist eine immer häufiger zu beobachtende Professionalisierung bei der Auswahl der Fonds242. War es früher vor allem die Hausbank, der man das Vermögen anvertraute, achten die institutionellen Anleger heute darauf, die im betreffenden Anlagebereich leistungsfähigste und erfolgreichste Portfolio-Management-Gesellschaft zu wählen. Die Diversifikation erfolgt anhand der verschiedenen Investmentstile. Dabei muss der institutionelle Anleger darauf achten, die Vergabe an die Spezialfonds wirkungsvoll zu steuern. Andernfalls führt die Einschaltung mehrerer Vermögensverwalter nur zu einer Häufung der Risiken statt zu einer Diversifizierung. Deshalb sind konkrete Zielvorgaben an die Portfoliomanager sinnvoll. Da die Auswahl des geeigneten Vermögensverwalters und die Vorgabe von Anlagerichtlinien an ihn wiederum Fachwissen voraussetzt, ist in den USA und zunehmend auch in Deutschland zu beobachten, dass in diesen Prozess Berater eingeschaltet werden. In diesem Fall ist eine dreifach gestufte Professionalisierung bzw. Finanzintermediation festzustellen. Der Anleger vertraut einem institutionellen Anleger Geld an, dieser bedient sich eines Profis zur Auswahl eines weiteren Profis zur Anlage des Vermögens.

4. Fazit Fasst man die wirtschaftliche Entwicklung der Vermögensverwaltung seit dem Zweiten Weltkrieg zusammen, beruht ihre wachsende Bedeutung vor allem auf folgenden Faktoren: Der zunehmende Wohlstand sowie die Globalisierung und die zunehmende Komplexität der Märkte haben dazu geführt, dass private, aber auch institutionelle Anleger immer häufiger professionelle Vermögensverwalter benötigen243. Nicht nur die Komplexität der Märkte, sondern auch das immer kompliziertere Kapitalmarkt- und Steuerrecht trägt zu dieser Entwicklung bei. Denn dass die Vielzahl von Bestimmungen zum Schutze der Anleger gerade diesen Personenkreis auch überfordern kann, hat besonders deutlich das Beispiel des Prospektzwangs ge-

___________ 241 Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 11. 242 Dazu ebenfalls FAZ vom 28.6.1999, S. 35 („Die Transparenz muss bei der Vermögensverwaltung steigen“). 243 In klassenkämpferischen Kategorien gedacht, könnte man deshalb heute überspitzt feststellen, dass sich der einfache Bürger damit der Mittel bedient, die früher nur die Oberschicht nutzte. Im Ergebnis so etwa auch Auerbach/Hayes, Investment Banking, S. 1 f., 12 f.

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Wandel des theoretischen Ansatzes

zeigt244. So kollidiert das Ziel einer umfassenden Publizität mit dem Ziel der Verständlichkeit und Übersichtlichkeit von Prospekten. Folge der häufigeren Einschaltung professioneller Vermögensverwalter ist eine Steigerung der Effizienz der Kapitalmärkte, da die professionelle Hilfe zu einer besseren Kapitalallokation führt. Auch bedingte diese Entwicklung die Entstehung neuer Berufszweige in der Finanzbranche. So etablierte sich mit den Fondspickern eine eigenständige Dienstleistung zum Zwecke der Hilfestellung bei der Auswahl geeigneter Fonds aus der zunehmenden Zahl der Investmentgesellschaften.

IV. Wandel des theoretischen Ansatzes Nicht nur die soeben aufgezeigten ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich seit dem Zweiten Weltkrieg stark verändert. Gleiches gilt für die theoretischen Grundlagen des modernen Portfolio-Managements. Ihr Wandel ist hinlänglich beschrieben245, so dass an dieser Stelle ein kurzer Überblick genügen kann. Portfolio-Management galt über lange Zeit als ein Metier, dessen erfolgreiche Ausübung allein auf einem Gespür für Märkte, dem Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, dem Zugang zu schwer erhältlichen Informationen und einem Satz von Faustregeln beruhte. Eine theoretische Fundierung von Anlageentscheidungen inklusive der Möglichkeit ihrer Überprüfung fehlte. Erste Ansätze einer theoretischen Durchdringung der Spekulation finden sich bereits im Jahr 1900, als Louis Bachelier seine Dissertation über die Theorie der Spekulation schrieb246. Dabei scheint der Autor seiner Zeit voraus gewesen zu sein, denn die wahre Bedeutung der Arbeit wurde erst 50 Jahre nach ihrem Erscheinen entdeckt247. Die moderne Portfolio-Theorie beruht auf den Arbeiten von Harry M. Markowitz, der in einem ersten Arbeitspapier aus dem Jahr 1952 und seinem grundlegenden Werk aus dem Jahr 1959 eine eigenständige Portfolio-Theo___________ 244 Zum Dilemma der SEC in dieser Frage, Schacht, Kapitalmarktaufsicht, S. 73. 245 Aus dem deutschen Schrifttum zur Informationseffizienz der Kapitalmärkte, der Portfolio-Theorie, dem Capital Asset Pricing Model und dem Separationstheorem von Tobin sei auf die zusammenfassende Darstellung von Benicke, ZGR 2004, 765 ff. m. w. N. verwiesen. 246 Bachelier, Théorie de la Spéculation, in englischer Übersetzung abgedruckt in: Cootner, The Random Character of Stock Market Prices (1964), S. 17 ff. 247 Schwaiger, Vermögensverwaltung, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, Sp. 1896 m. w. N.

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rie entwickelte248. Sie basiert auf dem Gedanken, dass sich durch eine systematische, zielentsprechende Diversifikation innerhalb eines Portfolios eine Erhöhung der Renditen bei gleichem Risiko bzw. eine bestimmte Rendite bei reduziertem Risiko erreichen lässt. Markowitz ersetzte damit die vorherrschende eindimensionale, am Ertrag ausgerichtete Betrachtung der AssetAnalyse durch eine zweidimensionale Betrachtung. Das Risiko wird in Form der so genannten Standardabweichung, d. h. der Abweichung des Ertrags einer Anlage249 im Beobachtungszeitraum vom längerfristigen Ertrag der Anlage, gemessen. Eine weitere wesentliche Erkenntnis von Markowitz stellte die Unterscheidung zwischen dem Risiko der einzelnen Assets und dem Gesamtrisiko des Portfolios dar. Das Gesamtrisiko hängt nicht vom durchschnittlichen Risiko der Einzelwerte ab, sondern von deren Kovarianz. So kann beispielsweise eine Kombination sehr risikoreicher Papiere zu einem risikoarmen Gesamtportfolio führen, wenn die Risiken der Einzelwerte sich ausgleichen, also entgegengesetzt sind. Solange also die Risiken von Assets in einem Portfolio nicht vollständig deckungsgleich sind, ist das Gesamtrisiko des Portfolios immer niedriger als die Summe der Risiken der Einzelanlagen. Dieser neue Ansatz verstieß gegen die bis dato herrschende Interpretation der „prudent man rule“, die vom InvestmentManager verlangte, dass das Risiko eines jeden einzelnen Werts im Depot für sich selbst zu beurteilen sei, denn ein Portfolio sei dann sicher, wenn die Einzelwerte sicher seien250. Die Theorie von Markowitz erlangte in der Praxis zunächst keine Bedeutung, da bei größeren Portfolios der Aufwand einer Berechnung der wechselseitigen Kovarianzen zu groß war und Computer noch nicht zur Verfügung standen251. Diese Schwäche überwand 1963 William F. Sharpe, ___________ 248 Markowitz, 7 Journal of Finance (1952), S. 77 ff.; ders., Portfolio Selection (1959). Einen guten Überblick in deutscher Sprache über die Theorie und ihre Fortentwicklung gibt Betge, Bankbetriebslehre, S. 476 ff. Zum persönlichen Hintergrund Markowitz’ und zu den Rahmenbedingungen, unter denen er seine Theorie entwickelte, Bernstein, Capital Ideas, S. 41 ff.; ders., Wider die Götter, S. 314 ff. 249 Als Anlage kommen einzelne Anlageobjekte (z. B. Aktien, Renten) oder Anlagegruppen in Betracht, die sich beispielsweise nach der Fristigkeit, dem zugrunde liegenden Index oder dem Anlageschwerpunkt (Region, Branche) bestimmen. Entsprechend kann man bei den Risiken diversifizieren: Während sich das allgemeine Marktrisiko nicht ausschalten lässt, können Branchenrisiken oder Firmenrisiken entsprechend abgesichert werden; vgl. die Beispiele bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 227 ff. 250 Fabozzi, Investment Management, S. 47. Siehe auch oben S. 188 f. 251 Die Risikoanalyse von 100 Aktien erfordert beispielsweise die Berechnung von 4.950 (100 * 99/2) Kovarianzen, Gabler-Bank-Lexikon12, Stichwort „Index-Modell“.

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Wandel des theoretischen Ansatzes

in dem er die Risiken nicht mehr durch einen wechselseitigen Vergleich aller Werte berechnete, sondern die Einzelwerte zu dem allen Werten zugrunde liegenden gemeinsamen Faktor in Beziehung setzte252. Dieser Faktor war der jeweilige Gesamtmarkt oder Index. Der Grad, mit dem ein Anlageobjekt stärker oder schwächer schwankt als der Index, wird als Beta-Faktor bezeichnet. Die Portfolio-Theorie begann sich in der US-amerikanischen Praxis ab Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts durchzusetzen253. Ihr Erfolg beruhte vor allem darauf, dass Computer die komplexen Berechnungen durchführen konnten und die Theorie dadurch für die Praxis zu handhaben war. Dies kam der wachsenden Zahl institutioneller Anleger entgegen, die ihre Anlageentscheidungen gegenüber dem Publikum zunehmend rechtfertigen mussten und deshalb einer in sich schlüssigen Portfolio-Theorie bedurften. Die heute eingesetzten Portfolio-Selection-Verfahren fußen zumeist auf dem Ansatz von Markowitz, auf dem einfachen Indexmodell von Sharpe oder dessen Fortentwicklungen254, insbesondere dem Capital Asset Pricing Model zur Erklärung der Preisbildung am Kapitalmarkt. Allerdings werden zunehmend auch alternative Ansätze diskutiert255. Der Wandel der theoretischen Grundlagen des Asset Managements brachte entscheidende Fortschritte mit sich, nämlich die weitgehende Ausschaltung unsystematischer, d. h. wertpapierspezifischer, Risiken durch Diversifizierung und die Beachtung des Beta-Faktors einzelner Wertpapiere256. In Kombination mit dem Einsatz von Analysesoftware und den verbesserten Informationsbeschaffungs- und -verarbeitungsmöglichkeiten wurde die Ver___________ 252 Sharpe, Management Science 1963, 277 ff. 253 Zu den Schlussfolgerungen und Auswirkungen der Theorie auf Treuhänder und Vermögensverwalter Elton/Gruber, The Lessons of Modern Portfolio Theory, in: Longstreth, Modern Investment Management, S. 161 ff. 254 Dazu der Überblick bei Fabozzi, Investment Management, S. 37 ff.; Hirt/Block, Fundamentals of Investment Management, S. 590 ff., 604 ff., 627 ff.; Betge, Bankbetriebslehre, S. 476 ff.; Gügi, Portfoliooptimierung, S. 7 ff.; Rehkugler, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 10 ff.; Brandenberger, Investment Engineering, S. 85 ff.; Schütte, in: International Bankers Forum e.V., Banken auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, S. 293 f.; Schepers, Sparkasse 1990, 497 ff.; Janssen, Ziel und Methoden der „Modernen Portfolio-Theorie“, S. 183 ff.; Benicke, ZGR 2004, 765 ff. m. w. N. 255 Berry-Stölzle, Die Bank 2003, 774 ff. (zum Modell der wertorientierten Portfoliosteuerung nach Hellwig); Müller, Finanzmarkt und Portfolio Management 1996, 245 ff. 256 Hierzu und zum Folgenden Schwaiger, Vermögensverwaltung, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, Sp. 1896 f.

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mögensverwaltung in den letzten beiden Jahrzehnten revolutioniert257. Markowitz’ Theorie hat eine rege Diskussion zwischen Wissenschaft und Praxis ausgelöst und hatte zahlreiche Auswirkungen auf den Markt für Vermögensverwaltungen258. So verdankt die Performance Messung ihre Verfeinerung nicht zuletzt dem Umstand, dass man ein Instrumentarium suchte, um die Portfolio-Theorie zu be- oder widerlegen. Heute wird die Theorie grundsätzlich akzeptiert. Die Forschung konzentriert sich auf die Analyse, Bewertung und Fortentwicklung von Finanzinstrumenten, die Praxis auf den Einsatz der theoretischen Erkenntnisse259. Die Portfolio-Theorie hat zahlreiche Weiterentwicklungen erfahren, die ihre praktische Anwendbarkeit fördern. Die Fortentwicklungen dienten außerdem dazu, den veränderten Finanzmärkten und Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Schließlich strebte man eine kapitalmarkttheoretische Fundierung und realitätsnähere Abbildung der Präferenzen und Verhaltensweisen der Finanzmarktakteure und der Renditegenerierungsprozesse an260. Die Diskussion um Markowitz’ Theorie hat zudem in der Wissenschaft die Einsicht gefördert, dass Wertpapiermärkte nicht immer effizient sind und alle relevanten Informationen widerspiegeln261. Zudem hat sie der Praxis vor Augen geführt, wie schwer es ist, einen Marktindex auf Dauer „zu schlagen“262. Dies wiederum bewirkte, dass heute 30 % der Gelder institutioneller Anleger passiv angelegt werden (über Index-Zertifikate oder Index-Fonds),

___________ 257 Der Einsatz von Software setzt sich im Bereich der Vermögensverwaltung zunehmend durch. Angeboten werden etwa intelligente Softwareroboter (Stockmanager) und ein so genannter SmartAnalyst (virtueller Software-Agent), der die Performance von Wertpapieren überwacht, analysiert und prognostiziert, vgl. Newsaktuell vom 31.5.2000, http://www3.newsaktuell.de/4d.acgi$getstory?167505. 258 Vgl. statt vieler die einzelnen Beiträge in Lorie/Brealey, Modern Developments in Investment Management, sowie Schepers, Sparkasse 1990, 497, 500. 259 Ausführlich Fabozzi, Investment Management, S. 171 ff. 260 Rehkugler, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 4. 261 Insoweit werden drei Hypothesen diskutiert, nämlich die weak, semistrong and strong form of the efficient market hypothesis, dazu Hirt/Block, Fundamentals of Investment Management, S. 270 ff., mit weiteren Einzelheiten. Lesenswert auch Arnott, in: Bernstein/Damodaran, Investment Management, S. 234 ff.; Kuehner/Renwick, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 70 ff. Seit etwa 20 Jahren wird zunehmend auch die These von rational handelnden Anlegern in Frage gestellt, vgl. Gerke/Schäffner, in: Heidel, Aktienrecht, Kapitel 16 Rdn. 1 ff. zur Behavioral Finance Diskussion. 262 Die Gründe hierfür analysiert Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 236 ff., auf den verwiesen werden kann.

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indem ein Index nachgebildet wird263. Eine derartige Vermögensverwaltung spart Research- sowie Transaktionskosten, da Umschichtungen nur bei einer Änderung des Index notwendig werden. Zudem trägt der Kunde nur das allgemeine Marktrisiko, nicht aber auch das Risiko, dass das Fondsmanagement deutlich schlechter als der Markt wirtschaftet. Dies wird um den Preis erkauft, dass eine längerfristige Outperformance nicht mehr möglich ist. Die Portfolio-Theorie hat nicht nur die ökonomische, sondern auch die juristische Diskussion nachhaltig beeinflusst. Das Restatement (Third) of Trusts fußt auf ihren Erkenntnissen und die angloamerikanische Rechtsprechung berücksichtigt die Theorie bei der Beurteilung der Sorgfalt von Trustees264. In der deutschen Rechtsprechung zeigt sich bislang keine parallele Entwicklung. Dies mag daran liegen, dass die Vermögensverwaltung hierzulande eine noch junge Dienstleistung ist und keineswegs die wirtschaftliche Bedeutung aufweist, die dem Trust im angloamerikanischen Rechtsraum zukommt.

V. Entwicklung des Anlegerschutzes 1. Aufsichtsrechtliche Entwicklung a) Internationale Entwicklungslinien Betrachtet man die jüngere Entwicklung des Aufsichtsrechts für Finanzdienstleistungen innerhalb der Industriestaaten, bietet sich unmittelbar vor bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg ein sehr uneinheitliches Bild. Die USA schufen mit dem Glass-Stegall Act 1933, dem Securities Act 1933, dem Securities Exchange Act 1934, dem Investment Company Act 1940 und dem Investment Advisers Act 1940 ein im internationalen Vergleich bis dahin einmaliges Regelungswerk für Finanzmärkte und -intermediäre265, das sie bis heute weiter verfeinerten. Das Aufsichtsrecht ergänzte die Regeln des Common Law. Trotz formaler Trennung beider Gebiete und unterschiedlicher Jurisdiktion wurden zahlreiche inhaltliche Anleihen beim Common Law (z. B. im law of agency) genommen, um kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten zu definieren oder zu präzisieren266. Man spricht deshalb sogar ___________ 263 Weitere Zahlenangaben bei Langbein, in: Hayton, Modern International Developments in Trust Law, S. 238 Fn. 97. 264 Dazu oben S. 189 ff. 265 Einzelheiten bei Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 98 ff. 266 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 63 ff. Zum Verhältnis von shingle theory und dem Common Law Haftungstatbestand des holding out und den fiduciary duties and liabilities ders., S. 65 f.

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von einer Tendenz zur inhaltlichen Abhängigkeit der aufsichtsrechtlichen Verhaltenspflichten vom Common Law267. Am anderen Ende der Regulierungsskala taucht Großbritannien auf. Das britische Recht der Finanzmärkte und -intermediäre zeichnete sich zunächst dadurch aus, dass es weitgehend auf informellen „guidelines“ oder „codes of conduct“ der London Stock Exchange und der Bank of England basierte268. Die im Wertpapierhandel geschaffenen gesetzlichen Regelungen beschränkten sich auf den Prevention of Fraud (Investments) Act 1939 (PFIA), der 1947 geändert und 1958 konsolidiert wurde, und die Control of Borrowing Order 1958. Der PFIA übertrug dem Board of Trade die Befugnis, Regelungen für Unit Trusts zu erlassen, und erklärte den gewerbsmäßigen Handel mit Wertpapieren ohne Zulassung für strafbar, nahm aber von der Zulassungspflicht u. a. Mitglieder der Börse, zahlreiche institutionelle Investoren und berufsständisch organisierte Effektenhändler aus. Die Zulassung und ihre jährliche Erneuerung beim Board of Trade waren jedoch ohne größere Schwierigkeiten zu erlangen. Zugelassene Händler waren verpflichtet, die Conduct of Business Rules einzuhalten269. In der Praxis wurden die Regeln aber von einem weitaus größeren Personenkreis befolgt, da das Board of Trade seine Zustimmung zu bestimmten Vorgängen von der Einhaltung der Rules abhängig machte und die London Stock Exchange die Rules in ihre eigenen Regelwerke inkorporierte270. Innerhalb der damals noch kleinen und kohärenten Gruppe der Banker und gegenüber den professionellen Marktteilnehmern der Börse erwiesen sich die „guidelines“ und „codes of conduct“ als ausreichend. Ihre hohe Flexibilität trug sicherlich dazu bei, dass der Eurobond-Markt sich in London ansiedelte. Mit der Internationalisierung der Märkte und der Ausweitung der Marktteilnehmer um die oft unerfahrenen, unwissenden (und aus Gier bisweilen zu risikofreudigen) Kleinanleger änderte sich die tatsächliche Ausgangslage allmählich. Zahlreiche Skandale bewirkten ein Umdenken und man beschloss eine Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen. 1980 erklärte der Gesetzgeber Insidergeschäfte zur Straftat271. Auch die Conduct of Business Rules wurden ver___________ 267 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 67. 268 Hayes/Hubbard, Investment Banking, S. 195 f. Generell zur Geschichte der financial services regulation Chin, in: Cartwright, Consumer Protection, S. 139 ff.; Gilligan, Financial Services Sector, S. 12 ff., 113 ff.; Graham, in: McKendrick, Commercial Aspects, S. 43 ff. 269 Licensed Dealers (Conduct of Business) Rules, vom Board of Trade im Jahr 1960, S. I. 1960 No. 1216. 270 Roßkopf, Selbstregulierung, S. 103. 271 Part V. des Companies Acts 1980, später in den Company Securities Insider Dealing Act 1985 überführt.

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schärft. In ihrer Fassung von 1983 enthielten sie Regeln über das Investment Management und die Anlageberatung sowie über die Behandlung von Kundengeldern und -vermögen, die Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, die Pflicht zur Errichtung von Chinese Walls und Vorschriften hinsichtlich der Angebotsunterlagen bei einer Übernahme. Diese Conduct of Business Rules stellten damit in Großbritannien einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer aufsichtsrechtlichen Regelung u. a. der individuellen Vermögensverwaltung dar. Eine umfassende gesetzliche Regelung der Aufsicht und Zulassung erfolgte im November 1986 mit dem Financial Services Act272. Bezeichnenderweise war er als Rahmengesetz konzipiert und delegierte die Aufsicht auf verschiedene Self-Regulatory-Organisations (SROs), die jeweils für die bei ihnen angeschlossenen Mitglieder Regeln festlegten273. Dieser Ansatz war dem Umstand geschuldet, dass der Wechsel von der zuvor gepflegten „informellen Normgebung“ hin zu einem staatlichen Aufsichtssystem nicht zu abrupt sein274, andererseits aber schon eine effektive Kontrolle erreicht werden sollte. Bei der Schaffung des FSA 1986 legte man wiederum Wert darauf, adäquate Regeln auch für den Eurobond-Markt zu schaffen. Wie wichtig dieser Markt den Briten bis heute ist, zeigt die Tatsache, dass sie sich auf dem EU-Gipfel in Helsinki im Dezember 1999 weigerten, einer europäischen Richtlinie über die Besteuerung von Zinseinkünften zuzustimmen, da sie befürchteten, der Eurobond-Markt könne in einen weniger streng regulierten Staat abwandern. Die Vermögensverwaltung war im FSA 1986 als genehmigungspflichtiges Investmentgeschäft erfasst (ss. 1, 3 FSA i. V. m. schedule 1 FSA). Erfasst war die Verwaltung von „investments“, worunter insbesondere Aktien, Schuldverschreibungen, öffentliche Anleihen, Investmentanteile, Futures und Optionen zu verstehen waren (s. 1 (1) FSA i. V. m. schedule 1 part I FSA). Als „investment management“ wurden alle Vorgänge eingeordnet, die die Verwaltung von investments und das Anbieten oder Annehmen einer solchen Verwaltung betrafen. Gleichgültig war, ob im Kundenvermögen schon „Investments“ vorhanden waren (erfasst nach schedule 1 paragraph 14 (a) FSA) oder dem Vermögensverwalter nur ___________ 272 1986 ch. 60. Einen Überblick geben die verschiedenen Beiträge in: Haynes, Financial Services Law Guide, S. 1 ff., sowie Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 75 ff.; Böttger, WM Beilage, 5/1998, S. 1 ff. Zum Gower-Report und den sonstigen Vorarbeiten zum FSA Graham, in: McKendrick, Commercial Aspects, S. 45 m. w. N.; Roßkopf, Selbstregulierung, S. 141 ff. 273 Dies stand im Gegensatz zur Position des Gutachters Gower, (1988) 51 MLR 1, 11 ff., der eine einheitliche staatliche Behörde nach dem Vorbild der SEC vorschlug. 274 Böttger, WM Beilage, 5/1998, S. 2; Chin, in: Cartwright, Consumer Protection, S. 142 f.

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die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Rahmen der Verwaltung solche Instrumente zu erwerben (erfasst nach schedule 1 paragraph 14 (b) FSA)275. Das System des Financial Services Acts 1986 erwies sich als zu kompliziert, seine Umsetzung als kostenträchtig, ineffektiv und für die Institute und Anleger gleichermaßen undurchsichtig276. Insbesondere im Bereich der institutionellen Vermögensverwaltung offenbarten sich die Schwächen im Anlegerschutz, als es der IMRO beim Zusammenbruch des MaxwellImperiums nicht gelang, rechtzeitig die notwendigen Schritte zum Schutze der pension funds zu ergreifen277. Auch der Skandal der London Futures and Options Exchange (FOX) im Jahre 1991 und der Zusammenbruch der BCCI belegten strukturelle Schwächen des Aufsichtssystems278. Zahlreiche Interessengruppen wussten Forderungen nach einer strengeren Regelung der Aufsicht über Jahre zu verhindern und konnten sich dabei auf die Unterstützung der konservativen Regierung verlassen, obwohl die Schwächen des Systems der Self-Regulation offen zutage traten. Die neue Labour-Regierung konzentrierte im Oktober 1997 in einem ersten Schritt die Aufsicht bei der Financial Services Authority (FSA) und beschloss eine umfangreiche Gesetzesreform279. Der mittlerweile in Kraft getretene Financial Services

___________ 275 Die Unbestimmtheit des verwendeten Tatbestandsmerkmals „managing investments“ löste Kontroversen über ihre Reichweite aus. Mit dem FSMA 2000 wurde diese nicht beseitigt; vielmehr übernahm man in s. 6 von schedule 2 den Wortlaut der alten Bestimmung nahezu wortgleich. Zur Kontroverse siehe Gleeson, Financial Services Regulation, Rdn. 4–35; Haynes, in: Haynes, Financial Services Law Guide, S. 10 m. w. N. Es bleibt abzuwarten, wie die Praxis hiermit umgeht. 276 Siehe HM Treasury, Financial Services and Markets Bill: A Consultation Document, Part 3: Draft Explanatory Notes On The Draft Bill, HMSO 1998, S. 96 (zit. nach Gilligan, Financial Services Sector, S. 27 Fn. 27). Die einzelnen Problembereiche und die aufgrund der unzureichend geregelten Aufsicht verursachten Skandale beschreiben Chin, in: Cartwright, Consumer Protection, S. 150 ff. und Gilligan, Financial Services Sector, S. 27 ff. 277 Dies musste auch der ehemalige IMRO-Chairman Nissen in: Essinger, Investment Manager’s Handbook, S. 106, 108, einräumen, der hierin aber keine strukturelle Schwäche des Systems der self regulatory organisations sieht; a. A. und detailliert begründet Gilligan, Financial Services Sector, S. 27 ff. 278 Einzelheiten bei Gilligan, Financial Services Sector, S. 29 ff. Aus dem deutschen Schrifttum etwa Köndgen, ZBB 1996, 361, 362 („notorisches under-enforcement, welches seinerseits auf die Ineffektivität eines privatrechtlichen Selbstregulierungssystems zurückzuführen ist“). 279 Details bei Roßkopf, Selbstregulierung, S. 148 ff.

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and Markets Act 2000280 vereinheitlich das bislang geltende Regelungsdickicht im Bereich der Finanzdienstleistungen. Wie effektiv seine Umsetzung sein wird, bleibt abzuwarten281. b) Entwicklung in Deutschland Die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland verabschiedeten kapitalmarktrechtlichen Regelungen folgten keinem einheitlichen Ansatz; vielmehr handelte es sich um ein Mischsystem, das nicht ohne Wildwuchs Elemente der verschiedensten Regelungsphilosophien282 miteinander verband. Die rechtliche Regelung konzentrierte sich bis in die 70er Jahre auf die zentralen Institutionen des Kapitalmarkts, die Aktiengesellschaft, die Börse sowie die Kreditinstitute. Daneben wurden einzelne Finanzdienstleistungen geregelt, wie etwa – als Reaktion auf den Zusammenbruch von IOS – das Investmentwesen283. Eine ganze Reihe von Reformen im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts beruhte auf der Notwendigkeit, einschlägige europarechtliche Richtlinien umzusetzen. Man kann spätestens seit der 3. KWGNovelle284 von einer Europäisierung des deutschen Bank- und Finanzdienstleistungsrechts sprechen. Da diese jüngste Entwicklung noch sehr präsent ist, bedarf sie keiner ausführlichen Beschreibung. Es reicht, sich die wesentlichen Stationen in Erinnerung zu rufen, in denen die Vermögensverwaltung rechtlich erfasst wurde. Dabei zeigt sich eine Parallele zu den Ergebnissen der historischen Betrachtung: Der Gesetzgeber regelte die Vermögensverwaltung in Form des ganz überwiegend genutzten Vertretermodells nur reflexartig, mittelbar oder zufällig. Erst in jüngster Zeit war auch das Vertretermodell gezielt Gegenstand gesetzlicher Regelung.

2. Uneinheitliche Regelung der Vermögensverwaltung in Deutschland Der uneinheitliche Regelungsansatz zeigt sich insbesondere bei der Vermögensverwaltung. Sie galt beim Erlass des Kreditwesengesetzes weder als

___________ 280 Ein Überblick über die Regelungsziele gibt Redicker, Die Bank 1999, 418 ff. Zur Neuregelung der Vermögensverwaltung soeben S. 400 Fn. 275. 281 Es gilt insbesondere zu klären, in welchem Verhältnis die aufsichtsrechtlichen Regeln zu den fiduciary duties stehen, zu Einzelheiten der jüngeren Entwicklung Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 81 ff. 282 So Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 431. 283 S. o. S. 387 Fn. 220 und 221. 284 Drittes Gesetz zur Änderung des Kreditwesengesetzes vom 20.12.1984, BGBl. I 1693.

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banktypische Leistung285 noch unterfiel sie § 1 Abs. 2 Nr. 4 HGB a. F.286. Nur in ihrer Ausprägung als Treuhandmodell wurde sie – wie schon nach dem KWG von 1934287 – als genehmigungspflichtiges Bankgeschäft betrachtet, da der Treuhänder nach herrschender Meinung mit der Entgegennahme der zu verwaltenden Vermögenswerte ein Einlagengeschäft gemäß §§ 32 Abs. 1, 1 Abs. Satz 2 Nr. 1 KWG a. F. tätigte288. Verwahrte er zudem die Wertpapiere in einem Depot, betrieb er zugleich in eigenem Namen das Depotgeschäft289. So sah das damalige BAKred im vergleichbaren Fall des Bauherrenmodells die Entgegennahme fremden Vermögens zur treuhänderischen Verwaltung und zur Anlage bei Kreditinstituten als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 KWG a. F. an290. Aufgrund der von der herrschenden Meinung vorgenommenen Einordnung des Treuhandmodells als Bankgeschäft boten Vermögensverwalter von vornherein nur das Vertretermodell an, da sie den mit einer Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz verbundenen Aufwand scheuten. Aber auch die Banken favorisieren dieses Modell291. Brunner führt die geringe Verbreitung des Treuhandmodells auf eine Rechtsunsicherheit bezüglich des deutschen Treuhandrechts sowie auf ein gewisses Misstrauen des Publikums gegenüber einer zu weitgehenden Rechtsmacht des Vermögensverwalters zurück292. Zudem weist es den ___________ 285 Deshalb führte der Firmenzusatz „Vermögensverwaltung“ auch nicht zu Beanstandungen (Schreiben des damaligen BAKred vom 31.7.1987, – I5 – 1653 – 5/87), vgl. Reischauer/Kleinhans, KWG, Vor §§ 39–43 Rdn. 3 (Lfg. 3/92). Auch eine Anzeigepflicht wegen der Aufnahme des Betreibens von Nichtbankgeschäften (§ 24 Abs. 1 Nr. 9 KWG) entfiel nach § 9 Abs. 2 Nr. 8 der Verordnung über die Befreiung von bestimmten Pflichten nach dem Gesetz über das Kreditwesen vom 20.8.1985, BGBl. I 1713, aufgehoben durch § 29 der Anzeigenverordnung vom 29.12.1997, BGBl. I 3372. 286 Schäfer, BuB Rdn. 11/8a; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 111 Rdn. 6 m. w. N. 287 S. o. S. 331 f. 288 Miebach, DB 1991, 2069, 2070 f.; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 111 Rdn. 6; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 23; Haug, in: Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 18; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 11 m. w. N.; Fiala/Behrendsen, Rpfleger 1997, 281, 282; a. A. aber Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 20 IV 1 = S. 291; Reischauer/ Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 14 (Lfg. 2/87); Roll, Vermögensverwaltung, S. 74. 289 Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288, 2289; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 6. 290 Zur Auslegung dieser Norm durch das damalige BAKred siehe BVerwGE 69, 120 = WM 1984, 1364 ff. Die Einordnung treuhänderischer Geschäfte unter den Einlagenbegriff bezweifelt mit guten Gründen aber OVG Berlin, WM 1984, 865, 867; a. A. auch VG Berlin, WM 1986, 879, 883. 291 Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 24. 292 Brunner, Vermögensverwaltung, S. 14 f.

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Nachteil auf, dass der Kunde nicht die Möglichkeit hat, einzelne Investitionsentscheidungen selbst vorzunehmen, da ihm die dazu nötige Verfügungsgewalt – anders als beim Vertretermodell – fehlt. Wie bereits aufgezeigt, war der Schutz des Treugebers im englischen Recht bereits frühzeitig standardisiert und dadurch verlässlich. Das deutsche Recht, das die Treuhand nicht ausdrücklich regelt, erlaubt – mit gewissen Abstrichen – zwar eine Nachbildung der englischen Treuhand im Wege der Vereinbarung293, doch fehlt in Deutschland eine solche Praxis, so dass es bis heute weder zu einer Vereinheitlichung entsprechender Treuhandbedingungen in der Branche294 noch zu einer Klärung bestimmter Zweifelsfragen durch die Rechtsprechung gekommen ist. Zudem vermag eine vertragliche Konstruktion nicht die eingangs bereits geschilderten Beschränkungen des Schutzes des Treugebers im Veruntreuungs- und Insolvenzfalle zu überwinden, an der Rechtsprechung und herrschende Meinung bis heute festhalten295. Vor diesem Hintergrund ist die Verwendung des Treuhandmodells natürlich wenig attraktiv. Dadurch, dass das Vertretermodell keiner spezialgewerbepolizeilichen Aufsicht unterfiel, war der Anlegerschutz in diesem Bereich allein dem Vertragsrecht überantwortet. Aufgrund der in den 70er und 80er Jahren nur langsam steigenden praktischen Bedeutung und der Tatsache, dass sich Vermögensverwalter zur Erhaltung ihres Rufs nur selten auf einen Prozess einließen, blieb die Zahl der Urteile in diesem Bereich zunächst sehr gering296. Die Vermögensverwaltung im engeren Sinne ist erst seit kurzem Gegenstand von Entscheidungen297. Als Richtschnur der Praxis diente daher über lange Zeit die umfangreiche Rechtsprechung zur Anlageberatung, die eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit der Vermögensverwaltung aufweist und bei der man deshalb Anleihen machen konnte. Insbesondere das BondUrteil298, das die Anlageberatung betraf, prägte auch den Pflichtenstandard der Vermögensverwalter. Das Interessenvertretungsrisiko, das Vermögensverwaltungskunden als Effektenbesitzer tragen, war gleich mehrfach Gegenstand juristischer Kontroversen. Der weiteren Präzisierung des Depotstimmrechts im Aktiengesetz ___________ 293 Ausführlich dazu Heymann, FS Brunner, S. 473 ff. 294 Dieser von Heymann, FS Brunner, S. 473, 536, schon im Jahre 1910 beklagte Zustand besteht bis heute unverändert fort. 295 S. o. S. 201 ff. 296 S.o. S. 3 Fn. 7. 297 S. o. S. 3 f. Fn. 9 m. w. N. 298 BGHZ 123, 126 ff. = WM 1993, 1455 ff.

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von 1965299 gingen umfangreiche Vorarbeiten und Diskussionen voraus300. Ausgelöst durch die Debatte über die Macht der Banken und die mangelnde Präsenz der Aktionäre auf Hauptversammlungen flammte die Diskussion über dieses Thema in regelmäßigen Abständen wieder auf und beschäftigte sogar den 61. Deutschen Juristentag301. Auch außerhalb des Aktienrechts ist die Diskussion über die Vertretung der Interessen der Anleger gegenüber Emittenten stets virulent. Die Publikumskommanditgesellschaft ist ebenso zu nennen wie die Interessenvertretung bei lediglich obligationsähnlichen Beteiligungen302. Eine erste, wenn auch wenig wirksame Regelung über die Zulassung von Finanzintermediären, die nicht ohnehin schon der Aufsicht des damaligen BAKred unterlagen, stellte der am 1.2.1973 in Kraft getretene § 34c GewO303 dar. Er machte die Tätigkeit der Immobilien-, Finanz- und Anlagemakler von einer Erlaubnis abhängig, die vom Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und geordneter Vermögensverhältnisse abhing (§ 34c Abs. 2 GewO). Die Vorschrift erfasste keineswegs nur Maklerverträge im Sinne des § 652 BGB, sondern auch Rechtsverhältnisse, bei denen ein „Vermittler“ fremde Vermögenswerte verwaltete (etwa Immobilienverwalter, Verwalter i. S. d. WEG) oder aufgrund einer Vollmacht Geschäfte für seinen Auftraggeber vornahm304. Erfasst wurden Immobilien- und Darlehensgeschäfte sowie die Vermittlung von Anteilen an Kapital- oder Kommanditgesellschaften und Investmentanteilscheinen. Sowohl die Immobilien- als auch die Effektenvermögensverwaltung unterfielen damit dieser Regelung. Die gesetzlich vorgesehene generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt stellte aber faktisch nur eine Hürde für Extremfälle dar, denn sie brachte keine laufende Aufsicht über die erfassten Finanzintermediäre mit sich. Ergänzt wurde § 34c GewO durch eine Verordnung über die Buchführung, Versicherung und getrennte Verwaltung fremder Vermögens-

___________ 299 Gesetz vom 6.9.1965, BGBl. I 1089. 300 Dazu Assmann, in: Großkomm. AktG4, Einl. Rdn. 183 ff. Zum Depotstimmrecht Rdn. 195, 202, 324, 334 jeweils m. w. N. 301 Mülbert, Gutachten E zum 61. DJT. 302 Hierzu Sethe, AG 1993, 351, 354 ff., am Beispiel der Genussscheine; Tietje, Argentinien-Krise, S. 20 f. 303 Eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der Gewerbeordnung vom 16.8.1972, BGBl. I 1465. 304 Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34c Rdn. 8; Kramer, Schutz des Kundenvermögens durch die Gewerbeordnung, S. 54 m. w. N.; Lach, Immobilienmakler, S. 19; ohne nähere Begründung a. A. aber Hopt, FS Fischer, 1979, S. 237, 256.

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werte305. Weder die Vermögensverwalter erfassende Regelung des § 34c GewO noch die allgemeine Regelung des § 35 GewO, der eine Gewerbeuntersagung im Falle der Unzuverlässigkeit erlaubt, erwiesen sich als geeignet, um die Missstände auf dem Grauen Kapitalmarkt dauerhaft zu unterbinden. Der Gesetzgeber konnte sich auch nicht entschließen, einen Vorschlag des Rings Deutscher Makler aufzugreifen und den Nachweis der Fachkunde vorzuschreiben306. Um den Gefahren307 des Grauen Kapitalmarkts vorzubeugen, brachte die Bundesregierung 1977 den Entwurf eines Vermögensanlagegesetzes ein308. Vorgesehen waren ein an den Vertrieb von Vermögensanlagen geknüpfter Prospektzwang und eine Pflicht zur laufenden Publizität. Durch Offenlegung aller für den Erwerb und die Beibehaltung einer Kapitalanlage maßgeblichen Umstände sollte der Anlegerschutz gestärkt werden. Erfasst werden sollten alle Personen, die Anteile an einem Unternehmen im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise vertrieben. Gleiches galt für den Vertrieb von Anteilen an einem Vermögen, das ein Unternehmen treuhänderisch für fremde Rechnung verwaltet. Das geplante Gesetz hätte Vermögensverwalter nicht unmittelbar betroffen. Sie können zwar – je nach Ausgestaltung des Vermögensverwaltungsvertrags – grundsätzlich auch Kommanditbeteiligungen und Anteile an geschlossenen Immobilienfonds für ihre Kunden erwerben. Ihre Tätigkeit stellte sich ___________ 305 Verordnung zur Durchführung des § 34c der Gewerbeordnung vom 20.6.1974, BGBl. I 1314, geändert durch die VO zur Änderung der VO zur Durchführung des § 34c GewO vom 15.3.1975, BGBl. I 1110, unter der Bezeichnung Makler- und BauträgerVO am 11.6.1975 neu bekannt gemacht, BGBl. I 1351. Sie wurde 1990 neu gefasst (BGBl. I 2479) und zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerblicher Vorschriften vom 16.6.1998, BGBl. I 1291. Einzelheiten bei Kramer, Schutz des Kundenvermögens durch die Gewerbeordnung, S. 66 ff.; Lach, Immobilienmakler, S. 47 ff.; Marcks, Makler- und Bauträgerverordnung7, Vorb. Rdn. 1 f. 306 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 540 Fn. 112. Eine entsprechende Regelung, die noch im Gesetzentwurf enthalten war, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens fallengelassen, Einzelheiten bei Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34c Rdn. 2. 307 Dazu etwa Schwark, ZRP 1973, 7 ff.; Bremer, ZGR 1973, 410 ff.; Kohl/Kübler/ Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974), 1 ff., sowie die Nachweise bei Assmann, Prospekthaftung, S. 77. 308 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 8/1405, inhaltsgleich mit BRDrucks. 407/77; dazu etwa Assmann, Prospekthaftung, S. 77 f.; Baur, Der langfristige Kredit, 1978, 309 ff.; Biener, WPg 1978, 257 ff.; Faßbender, DB 1978, 1869 ff.; Uwe H. Schneider, ZHR 142 (1978), 228 ff.; Steder, AG 1978, 173 ff.; Ulmer/ Dopfer, BB 1978, 461 ff.

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jedoch nicht als Vertrieb i. S. d. Gesetzentwurfs309 dar, sondern als Erwerb derartiger Beteiligungen. Nur falls es sich bei dem Vermögensverwalter um ein Unternehmen handelte, dessen Vermögen treuhänderisch für die Kunden verwaltet wird, wäre die Anwendung des Gesetzes in Frage gekommen. Denn in diesem Fall ließe sich der Vermögensverwalter gleichzeitig als Anbieter der Anlageform einordnen. Der Entwurf konnte sich politisch nicht durchsetzen und wurde daher nie verabschiedet. Die Herstatt-Krise von 1974 löste eine Diskussion um die Verschärfung des Kreditwesengesetzes aus, die in die 2. KWG-Novelle310 mündete. Nicht gesetzlich vorgeschrieben wurde allerdings die Einführung einer Einlagensicherung. Die Diskussion hierüber war seit dem Zweiten Weltkrieg in unregelmäßig wiederkehrenden Abständen aufgeflammt. So führte man in Bayern 1951 einen Bankenfonds ein311. 1959 schlug das Bundesverwaltungsgericht312 in seiner Entscheidung zur Unzulässigkeit einer Bedürfnisprüfung bei der Zulassung neuer Kreditinstitute vor, wirtschaftliche Krisen und „Runs“ aufgrund von Bankinsolvenzen durch eine straffe Bankaufsicht kombiniert mit einer Einlagenversicherung nach US-amerikanischem Vorbild zu verhüten. Im Zuge der Beratungen zum Kreditwesengesetz 1961 hatten der Bundesrat und der Wirtschaftsausschuss ebenfalls eine Regelung der Einlagensicherung vorgeschlagen313. Der Bundestag empfahl einstimmig die Annahme der Entschließung des Wirtschaftsausschusses314. Die Bundesbank hingegen beurteilte eine umfassende gesetzliche Regelung der Einlagensicherung skeptisch315. Der private Bankensektor führte zwar 1966 eine Einlagensicherung ein, diese deckte in ihren Anfängen jedoch nur Forderungen in Höhe von maximal 10.000 DM, später dann 20.000 DM ab316. Es waren daher nur Kleinanleger gesichert. Sobald das Guthaben einen die ___________ 309 310 311 312 313

Zu dessen Definition siehe die Begründung des RegE, BR-Drucks. 407/77, S. 11. Zweite KWG-Novelle vom 3.5.1976, BGBl. I 1121. Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 25. BVerwG, NJW 1959, 590, 592. BT-Drucks. 3/1114, S. 53 f.; BT-Drucks. 3/2563, S. 2, sowie Lauscher, in: 230. Sitzung des Bundesrats vom 29.3.1961, Sitzungsprotokolle 3. Wahlperiode, S. 69 D, der unter Hinweis auf die zunehmende Zahl von Spar-, Lohn- und Gehaltskonten von Kleinanlegern die Dringlichkeit einer Sicherung betonte. 314 Verhandlungen des Deutschen Bundestags, Stenograph. Berichte Bd. 48, 3. Wahlperiode 152. Sitzung vom 16.3.1961, S. 8678 C. Auch Gnam, ZfgK 1959, 311, bemängelte, dass der Gesetzentwurf keine Regelung der Einlagensicherung enthielt und empfahl, zu diesem Zweck die Gewinne der Bundesbank in einen Fonds einzubringen. 315 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht August 1961, S. 3, 9 f. 316 Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 25.

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Sicherungsgrenze von 20.000 DM übersteigenden Betrag aufwies, fiel der Kontoinhaber aus dem Schutz der Sicherung heraus („Fallbeilprinzip“)317. Auch der 1968 erstattete „Bericht der Bundesregierung über die Untersuchung der Wettbewerbsverschiebungen im Kreditgewerbe und über eine Einlagensicherung“ bemängelte das Fehlen einer ausreichenden Einlagensicherung318 und den strukturell bedingten Wettbewerbsvorsprung durch die staatliche Sicherung öffentlich-rechtlicher Institute. Daraufhin errichteten die Sparkassen- und Giroverbände die Stützungsfonds, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband eine Sicherungsreserve. Im Übrigen aber blieben diese Stellungnahmen für eine Einlagensicherung folgenlos und erst die Herstatt-Krise im Jahr 1974 führte zu einem Umdenken. Die betroffene Branche kam einer gesetzlichen Regelung durch die Schaffung bzw. den Ausbau von Einlagensicherungsfonds und einer Reihe institutssichernder Systeme zuvor, die – im Laufe der Zeit stetig verbessert – einen in Europa einmalig hohen Standard erreichten319. Die Kunden von vermögensverwaltenden Kreditinstituten waren geschützt, soweit es um Geldeinlagen ging320. Vom Schutz umfasst waren auch Verbindlichkeiten der Kreditinstitute gegenüber Kapitalanlagegesellschaften und deren Depotbanken, soweit es um Teile des Fondsvermögens ging. Ein Teil der Vermögensverwaltungskunden unterfiel damit der Einlagensicherung. Da bei Wertpapieren ein weitreichender Schutz durch das bis heute gültige Depotgesetz erreicht wurde, war das Substanzerhaltungsrisiko bei der Effektenvermögensverwaltung damit ebenfalls weitgehend abgedeckt. Das Konditionenrisiko der Kunden von Vermögensverwaltern wurde maßgeblich durch das zum 1.1.1977 in Kraft getretene AGB-Gesetz321 erfasst. Erstaunlicherweise setzte sich die Erkenntnis, dass dieses Gesetz auch Vermögensverwaltungsverträge erfasst, nur recht langsam durch. Bis in die 90er Jahre hinein fanden sich zahlreiche Vertragsmuster322, in denen weitreichende Haftungsfreizeichnungen verwendet wurden, deren Unzulässigkeit in Geschäftsbedingungen anderer Branchen längst erkannt war. ___________ 317 Wagner, Einlagensicherung, S. 9. 318 BT-Drucks. V/3500, S. 143. Die aufgrund des Berichts ergriffenen freiwilligen Maßnahmen des Kreditgewerbes beschreibt Günther, Bank-Betrieb 1970, 2 f. 319 Dazu Papenthin, Einlagensicherung, S. 18 ff., 24 ff.; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 21 ff.; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 28, 57 ff. 320 Einzelheiten unten ab S. 656. 321 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9.12.1976, BGBl. I 3317. 322 Dem Verfasser lagen derartige Muster zur Einsicht vor. Ein Abdruck wurde nicht erlaubt.

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3. Anlegerschutz durch berufsständische Organisationen und selbstständige Dienstleister Die Entstehung und Entwicklung berufsständischer Organisationen im Bereich der Vermögensverwaltung entspricht in etwa der Entwicklungsgeschichte der Dienstleistung selbst. Sie sind im Ausland (USA und England) früher anzutreffen als in Deutschland. Innerhalb der Anbieter von Vermögensverwaltungen wiederum hing der Organisationsgrad von der Institutsform ab: Banken organisierten sich recht frühzeitig in Verbänden (z. B. Bundesverband deutscher Banken e.V., Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V.), während unabhängige Vermögensverwalter erst 1997 den Verband unabhängiger Vermögensverwalter e.V. (VuV) gründeten. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Umstand hingewiesen, dass Fragen der Berufsethik im angloamerikanischen Schrifttum zur Vermögensverwaltung bereits einen wesentlich breiteren Raum einnehmen323 als im deutschen. Die Leistungen der Verbände sind unterschiedlich. Soweit ersichtlich, beschränkten sich die Aktivitäten des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter e.V. bislang auf eine Interessenvertretung seiner Mitglieder in einschlägigen Gremien und gegenüber der BaFin. Zudem formulierte er ethische Richtlinien für die Berufsausübung seiner Mitglieder, um innerhalb der Branche einen einheitlichen Standard zu etablieren. Die gleichen Ziele verfolgt der Verband der Financial Planners. Seine Mitglieder, die sich zu Einhaltung der Standards verpflichten, dürfen das vom Verband vergebene Gütesiegel führen324, das bislang jedoch keine große Bekanntheit genießt und mit dem auch keine Garantie für eine einwandfreie Geschäftsführung verbunden ist. Betrachtet man demgegenüber aus dem Kreis der Bankenverbände dessen prominentesten Vertreter, den Bundesverband deutscher Banken e.V., so nimmt dieser nicht nur die Interessenvertretung seiner Mitglieder wahr, sondern leistet Hilfestellung bei der Ausarbeitung von Vertragsmustern und Geschäftsbedingungen. Ganz wesentlich aber ist die von ihm angebotene Möglichkeit, dem bereits erwähnten, verbandseigenen Einlagensicherungsfonds anzugehören325. Angesichts des hohen Schutzniveaus, das der Fonds bietet, und angesichts der beachtlichen Hürden für eine Aufnahme326 gilt die Zugehörigkeit eines Instituts zu diesem Fonds als Gütesie___________ 323 Vgl. statt vieler etwa die ausführlichen Ausführungen zum Thema bei Frankel/ Kirsch, Investment Management Regulation, S. 471 ff., 495 ff. 324 Gburek, Vermögensberatung und Verwaltung, Die Telebörse 48/2000, S. 114, 115. 325 Zum Folgenden Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 21 ff. 326 Einzelheiten unten S. 665 ff.

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gel. Sie ist in Deutschland das einzige Beispiel für eine erfolgreiche Selbstregulierung durch die betroffene Branche327. Allen Verbänden gemeinsam ist die Tatsache, dass ihnen – anders als öffentlich-rechtlichen Kammern – keine umfassenden Sanktionsmöglichkeiten (z. B. Entzug der Erlaubnis zum Betreiben von Finanzdienstleistungen) zustehen. Als höchste Strafe sehen die Satzungen den Ausschluss aus dem Verband vor. Sofern die Zugehörigkeit des Instituts zu einem Verband bei Kunden keinen gesonderten Stellenwert genießt und auch die Leistungen des Verbands für seine Mitglieder nicht essentiell sind, entfaltet diese Sanktion wenig bis keine präventive Wirkung. Daher stellte ein Ausschluss aus dem Verband unabhängiger Vermögensverwalter e.V. bislang keinen einschneidenden Nachteil für einen Vermögensverwalter dar. Solange das Leistungsangebot des Verbands noch gering ist, wird der Anteil der angeschlossenen Vermögensverwalter und der Einfluss auf die Branche gering bleiben328. Anders ist dies beim Bundesverband deutscher Banken e.V. Vor allem die Zugehörigkeit zum Einlagensicherungsfonds ist begehrt, so dass ein Verbandsausschluss einschneidende Folgen hat und Signalwirkung am Markt entfaltet. So kann der Verband wesentlich mehr Einfluss auf die Institute ausüben. Deutlich erhöht wird der Anlegerschutz zudem noch durch den Umstand, dass alle dem Einlagensicherungsfonds angeschlossenen Institute jährlich vom Prüfungsverband deutscher Banken e.V. geprüft werden. Die Kontrolldichte ist damit höher als bei Instituten, die allein der staatlichen Aufsicht unterliegen. Der Einfluss des Bundesverbands auf seine Mitglieder und das von ihm vermittelte Maß an Anlegerschutz sind daher wesentlich höher als bei dem Verband unabhängiger Vermögensverwalter e.V. ___________ 327 Die beiden anderen Beispiele einer Selbstregulierung durch betroffene Berufskreise waren demgegenüber erfolglos. So schufen die Empfehlungen der Börsensachverständigenkommission zur „Lösung der sog. Insiderprobleme“ keinen effektiven Schutz vor Insiderverstößen und galten im internationalen Vergleich als Standortnachteil des Finanzplatzes Deutschland (Einzelheiten bei Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, Vor § 12 Rdn. 5 ff.). Auch die Empfehlungen der Börsensachverständigenkommission zu Übernahmeangeboten (dazu etwa Assmann AG 1995, 563 ff.) sind nicht von allen börsennotierten Unternehmen anerkannt worden und erwiesen sich daher als untaugliches Mittel. Der Gesetzgeber entschloss sich daher zur Schaffung des WpÜG. 328 Immerhin gelang es dem Verband unabhängiger Vermögensverwalter, seine Mitgliederzahl im Jahr 2000 von 40 auf 60 zu erhöhen, vgl. FAZ vom 12.6.2001, S. 35 („Akzeptanz der unabhängigen Vermögensverwalter nimmt zu“). Inzwischen zählt er 105 Mitglieder, http://www.vuv.de/ (abgerufen am 11.6.2005).

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Anders ist die Ausgangslage in der Schweiz. Das dortige im Bankengesetz und Bundesgesetz über Börsen und Effektenhandel geregelte Aufsichtsrecht, das nur Banken und Nichtbanken-Effektenhändler, nicht aber unabhängige Vermögensverwalter erfasst329, greift in hohem Maße auf Selbstregulierungsorganisationen zurück, was sich insbesondere daran zeigt, dass die Eidgenössische Bankenkommission Selbstregulierungsvorschriften der Schweizerischen Bankiervereinigung für allgemein verbindlich erklärt hat. Dem Geldwäschereigesetz vom 10.10.1997 unterliegen demgegenüber sämtliche Finanzintermediäre, also auch unabhängige Vermögensverwalter. Um eine Beaufsichtigung der Einhaltung dieses Gesetzes zu ermöglichen, müssen sie deshalb entweder dem Verband Schweizerischer Vermögensverwalter angeschlossen sein oder sich bei der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei der Eidgenössischen Finanzverwaltung registrieren lassen. Aufgrund der Einbindung der Verbände in die Beaufsichtigung sind sie von der Funktion her den berufsständischen Kammern vergleichbar und vermitteln ein sehr viel höheres Maß an Anlegerschutz als die funktional andersgearteten Verbände deutscher Finanzintermediäre. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass der von berufsständischen Organisationen ausgehende Anlegerschutz dann gering ist, wenn er im Wesentlichen auf freiwilligen Maßnahmen der Mitglieder beruht und der Verband keine anlegerschützenden Anforderungen aufstellt, die über die ohnehin bestehenden gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Deutlich höher kann der über Verbände vermittelte Anlegerschutz nur sein, wenn einerseits das Leistungsangebot des Verbands attraktiv ist (z. B. Einlagensicherung, Mitgliedschaft im Verband als Gütesiegel), so dass der Ausschluss aus dem Verband eine echte Sanktion darstellt, und der Verband andererseits eigenständige Maßnahmen ergreift, um innerhalb seiner Mitglieder gewisse Standards durchzusetzen. Berufsständische Organisationen ohne Pflichtmitgliedschaft und Sanktionsmöglichkeiten stellen daher nicht per se ein taugliches Mittel des Anlegerschutzes dar, sondern können einen anderweitig vermittelten Anlegerschutz nur ergänzen. Die Unübersichtlichkeit des Markts, die von einer Vielzahl von Vermögensverwaltern mit höchst unterschiedlichem Angebot herrührt, hat zum Entstehen neuer Dienstleistungen beigetragen, die dem Kunden einen Marktüberblick verschaffen und/oder eine Qualitätskontrolle seines Vermögensverwalters ermöglichen („Compliance Monitoring“ und „Konkurrenzmandate“330). ___________ 329 Zum Folgenden Den Otter, in: Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 120 ff. 330 S. o. S. 30 f.

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4. Jüngste Regelung der Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten Eine aufsichtsrechtliche Erfassung der Vermögensverwaltung in Form des in der Praxis dominierenden Vertretermodells erfolgte erst, als der deutsche Gesetzgeber einschlägige europarechtliche Richtlinien umsetzen musste. Wegen der großen Bedeutung dieser Richtlinien für die Vermögensverwaltung erscheint es geboten, sie in einem eigenständigen Kapitel zu behandeln331. Dies gilt umso mehr, als das von den Richtlinien geschaffene System der Aufsicht über Bank- und Finanzdienstleistungen nicht immer in sich schlüssig ist und deshalb einer kritischen Bestandsaufnahme bedarf 332. Um dennoch die Darstellung der jüngeren Entwicklung der Vermögensverwaltung an dieser Stelle abschließen zu können, sei kurz darauf eingegangen, welche Maßnahmen der Gesetzgeber ergriffen hat, um die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells aufsichtsrechtlich zu erfassen. Er regelte die Dienstleistung in mehreren Stufen. – Mit der 4. KWG-Novelle333 wurde die 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie umgesetzt. Diese Richtlinie garantiert Kreditinstituten und Finanzinstituten die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU. Als Finanzinstitut galten alle Unternehmen, die – ohne Kreditinstitut zu sein – als Haupttätigkeit eine der damals in § 1 Abs. 3 KWG aufgeführten Leistungen erbrachten. Zu diesen gehörte die Verwaltung von in Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten angelegten Vermögen. Das gesetzlich vorgesehene Stufenverhältnis von Kreditinstitut und Finanzinstitut erlangte insbesondere bei der Vermögensverwaltung Bedeutung, da diese in Form des Treuhandmodells bereits als Bankgeschäft galt. Die Neuregelung erfasste folglich nur die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells. Aufgrund der mit der Novelle umgesetzten Richtlinie war es allen Instituten, die der Aufsicht des damaligen BAKred unterlagen, künftig erlaubt, die Vermögensverwaltung in jedem anderen Mitgliedstaat der EU auszuüben; umgekehrt war es Vermögensverwaltern aus EU-Mitgliedstaaten erlaubt, ihre Geschäfte im Inland zu erbringen, sofern sie einer Heimatlandkontrolle unterlagen (vgl. § 53b Abs. 1 und 7 KWG a. F.). Da die 4. KWG-Novelle noch keine Zulassungspflicht für oder Aufsicht über die als Finanzinstitute geltenden ___________ 331 S. u. S. 427 ff. 332 Z. T. wird der deutsche Gesetzgeber auch deshalb kritisiert, weil er die Umsetzung der Richtlinien nicht zum Anlass genommen hat, den gesamten Grauen Kapitalmarkt einer Aufsicht zu unterwerfen, vgl. etwa Jung, BB 1998, 649, 651. 333 Gesetz vom 21.12.1992, BGBl. I 2211.

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Vermögensverwalter einführte (vgl. § 32 KWG a. F.), unterlagen bankenunabhängige Vermögensverwalter keiner Aufsicht. In den Genuss des Europäischen Passes für die Erbringung der Vermögensverwaltung in anderen EU-Staaten kamen faktisch also nur Kreditinstitute. Eine Einordnung als Finanzinstitut hatte weiterhin Bedeutung für die Kapitalunterlegung (§§ 10 Abs. 6a Nrn. 4 und 5 KWG a. F.) und die Beschränkung der Beteiligung von Banken an Nichtbanken (§ 12 Abs. 5 KWG a. F.). – Mit dem 2. Finanzmarktförderungsgesetz334, dessen zentraler Regelungsbestandteil in Art. 1 das Wertpapierhandelsgesetz war, wurden wesentliche Teile der WDRL umgesetzt, insbesondere die in ihr enthaltenen Verhaltens- und Organisationspflichten. Die Vermögensverwaltung fiel jedoch zunächst noch nicht in den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes335. Mit der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben entschloss sich der Gesetzgeber im Übrigen auch zur Schaffung eines Aufsichtsamts für den Wertpapierhandel (BAWe) und beendete damit eine beinahe 100 Jahre alte Diskussion über die Frage, ob ein solches notwendig sei336. – Die Aufsicht über die Vermögensverwaltung auch in Form des Vertretermodells wurde erst mit dem Umsetzungsgesetz337 zum 1.1.1998 eingeführt, mit dem der deutsche Gesetzgeber die für die Vermögensverwaltung bedeutende WDRL vollständig338 umsetzte. Nach §§ 1 Abs. 1a ___________ 334 S. o. S. 4 Fn. 10. 335 Diese Frage war streitig. Während Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG1, § 31 Rdn. 22, 76 ff.; Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 94, die Vermögensverwaltung als erfasst ansahen, wurde dies von Becker/Wicke, Vermögensverwaltung, S. 24; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 26 Fn. 116; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 110 Rdn. 42; Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547, 550; Schäfer, BuB Rdn. 11/15b; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 22; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 1, 13; Schödermeier, WM 1995, 2053, 2054, zu Recht verneint. Nach Balzer, Verhaltenspflichten, S. 21, 23 f.; ders., NWB 1996, 1841, 1843, unterfiel zwar die Verwaltung von Wertpapierportfolios nicht § 2 WpHG a. F. Dennoch wollte er die Verhaltenspflichten auf die von Kreditinstituten erbrachte Vermögensverwaltung anwenden. 336 Gegen die Schaffung etwa noch Mertens, Referat, in: Verhandlungen des 51. DJT, S. P 50. Zur Geschichte der Forderungen nach einem Aufsichtsamt Schacht, Kapitalmarktaufsicht, S. 1 ff. 337 Fundstelle s. S. 4 Fn. 10; zu den Neuerungen Baur, Die Bank 1997, 346 ff.; Jung, BB 1998, 649 ff.; Meixner, WM 1998, 431 ff.; ders., NJW 1998, 862 ff.; Mielk, WM 1997, 2200 ff. (I.), 2237 ff. (II.); Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288 ff.; Wiebke, DStR 1998, 491 ff. 338 Zur stufenweisen Umsetzung der WDRL Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Einl. Rdn. 13, 32 ff.

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Satz 2 Nr. 3, 32 KWG unterlagen erstmals auch die Vermögensverwalter, die die Finanzportfolioverwaltung in Form des Vertretermodells anboten, der Zulassungspflicht und der Beaufsichtigung durch das damals existierende Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred). Gemäß §§ 1, 2 Abs. 3 Nr. 6, Abs. 4, 31 ff. WpHG waren sie zudem der laufenden Aufsicht des damaligen Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel (BAWe) unterworfen. Bereits vor der Reform tätige Vermögensverwalter genossen aufgrund von § 64e KWG eine angemessene Übergangsregelung. Mit der Unterstellung der Vermögensverwalter unter die speziellen Regelungen des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes erübrigte sich die bis dahin gültige allgemeine gewerbepolizeiliche Erfassung dieser Tätigkeit. Die Vermögensverwaltung unterfiel daher nicht mehr der Vorschrift des § 34c GewO (vgl. § 34c Abs. 5 Nr. 2 und 3 GewO). Die (Rest-)Umsetzung der WDRL durch das Umsetzungsgesetz hat den Markt für Vermögensverwaltungen stark verändert. Die seitdem im Kreditwesengesetz und Wertpapierhandelsgesetz niedergelegten erhöhten Anforderungen, die an Gründung und Betrieb eines solchen Instituts gestellt werden, haben eine Reihe kleiner Vermögensverwalter vom Markt verdrängt. Denn die Vorlaufkosten und der Aufwand des laufenden Betriebs (Berichtspflichten nach dem KWG, Rechnungslegung und Prüfung des Jahresabschlusses, Anschlusszwang an die Anlegerentschädigungseinrichtung etc.339) haben sich entsprechend erhöht. Deshalb wurden die gesetzgeberischen Maßnahmen von Teilen der Branche340 und des wissenschaftlichen Schrifttums341 als Überregulierung kritisiert, ohne dass jedoch eine nähere Auseinandersetzung mit dem Anlass und den Regelungszielen der Novelle erfolgte. Die Zahl der in den Anwendungsbereich der Aufsicht fallenden Finanzdienstleister ist vom 1.1.1997 bis Mitte 1998 von rund 7.000 auf ___________ 339 Eindrucksvolle Zahlen über die Anzahl der meldepflichtigen Vorgänge finden sich bei Humm, in: Hahn, Das Währungswesen in der Europäischen Integration, S. 65, 69. 340 Kritisch zur Novelle äußerte sich etwa der damalige Vertreter der Vereinigung unabhängiger Vermögensverwalter e.V. (VuV) in Frankfurt, Das Wertpapier 26/1998, S. 15 f., sowie FAZ vom 8.12.1999, S. 33 („Vermögensverwalter wehren sich gegen hohe Zutrittsbarrieren“). Mittlerweile sieht der Verband die Entwicklung offenbar positiv und betrachtet die Aufsicht als Gewinn, da sie die Vermögensverwalter aus der Grauzone hebe, vgl. den Vorstandsvorsitzenden der VuV Gebser, in: Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 78. Generell zur Kritik an der „Regulierungswut“ des Gesetzgebers im Bereich der Kreditwirtschaft und zur Reaktion hierauf Bieg, ZfgK 1997, 59 ff. 341 Etwa Schlüter, Börsenhandelsrecht2, Rdn. B 85.

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2.226342 und bis September 1999 auf 1.813 gesunken343. Die Zahl der als Finanzdienstleistungsinstitute zugelassenen Vermögensverwalter betrug Ende 1998 gar nur noch 1.429344, Ende 1999 noch 750345. Ende 2002 betrug die Zahl der zugelassenen Finanzportfolioverwalter schließlich nur noch 443, um dann Ende 2003 wieder leicht auf 447 anzusteigen346. Soweit eine Umwandlung nicht schon vor der gesetzlichen Neuregelung erfolgte, förderte die Neuregelung den Entschluss zahlreicher Vermögensverwalter, ihre Tätigkeit künftig in die Form einer juristischen Person einzukleiden. Denn Vermögensverwalter können nur unter den engen Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 KWG ihr Unternehmen einzelkaufmännisch oder in Form einer Personenhandelsgesellschaft betreiben und die Vermögensverwalter scheuen den damit verbundenen Aufwand. Insgesamt brachte das Umsetzungsgesetz eine Professionalisierung der Branche mit sich, deren Kehrseite allerdings ein Konzentrationsprozess war347. Neben dem Umsetzungsgesetz spielen für die Vermögensverwaltung zwei weitere Gesetze jüngeren Datums eine wichtige Rolle. – Das 3. Finanzmarktförderungsgesetz348 hat, neben den bedeutenden inhaltlichen Änderungen des WpHG349, den Investmentfonds die Vermögensverwaltung ausdrücklich als Nebentätigkeit gestattet (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 KAGG a. F. = § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG), so dass die Kapitalanlagegesellschaften heute sowohl die individuelle als auch die standardisierte Vermögensverwaltung anbieten dürfen. – Durch das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz350 wurde eine gesetzliche Sicherung der Ein-/Anleger im Falle der Insol___________ 342 Bericht in der Sendung Plus-Minus vom 27.7.1999. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 163, geht von rund 7.500 Unternehmen aus, die am 1.1.1998 der neu eingeführten Aufsicht unterfielen. Von diesen nutzten nur rund 3.500 die Übergangsregelung des § 64e Abs. 2 KWG und zeigten ihre Tätigkeit an. 343 Stuttgarter Zeitung vom 21.9.1999, http://www.stuttgarter-zeitung.de/dc1/html/newsstz/19990921 wirt00059.htm. 344 Jahresbericht des BAWe, 1998, S. 10. 345 Jahresbericht des BAKred, 1999, S. 67. 346 Jahresbericht der BaFin, 2003, S. 100. 347 Diesen Prozess sagte bereits Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 140, voraus. 348 Gesetz zur weiteren Entwicklung des Finanzplatzes Deutschland (3. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl. I 529. 349 Dazu Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Einl. Rdn. 28 ff. m. w. N.; Pötzsch, AG 1997, 193 ff. 350 Das Gesetz wurde als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16.7.1998, BGBl. I 1842, verabschiedet. Ausführlich dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff.; Steuer, WM 1998, 2449 ff.

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venz eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts eingeführt, die auch Vermögensverwalter erfasst. Die gesetzliche Neuregelung schafft eine einheitliche Basissicherung für alle Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute und erlaubt den Verbänden, ihre bisher freiwillige Einlagensicherung fortzuführen und deren Schutz als Anschlussdeckung anzubieten. Durch die gesetzliche Neuregelung werden Anleger im Falle der Insolvenz des Finanzdienstleisters und im Falle von Veruntreuungen, bei denen sie aufgrund einer nachfolgenden Insolvenz keinen Schadensersatz vom Finanzdienstleister mehr erlangen können, in einem Umfang bis zu 20.000 Euro geschützt351. Durch diese Regelung wurden das Substanzerhaltungs- und das Verwaltungsrisiko bei der Vermögensverwaltung – soweit diese nicht ohnehin schon durch zuvor bestehende Sicherungssysteme erfasst waren – erheblich gesenkt. Seit langem disktutiert wird die Frage, ob eine weitere Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Regelung für den Grauen Kapitalmarkt352 notwendig ist353. Für das hier untersuchte Thema bedeutsam ist der Umstand, dass Finanzausschuss und Bundestag im Zuge der Beratungen zum Umsetzungsgesetz angeregt hatten, die Einbeziehung der Vermittlung von Anteilen an Treuhandvermögen in das Kreditwesengesetz zu prüfen354. Derartige Treuhandvermögen können eine Form der Vermögensverwaltung darstellen, die – sofern keine Finanzinstrumente gehalten werden – derzeit nur den Regelungen der Gewerbeordnung unterfällt. Bislang hat diese Anregung noch keinen Niederschlag in einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des Kreditwesengesetzes gefunden.

___________ 351 Einzelheiten unten ab S. 656 ff. 352 „Bericht der Bundesregierung zum Grauen Kapitalmarkt“, BT-Drucks. 14/1633 = Anhang, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 2. Ergänzungslieferung. 353 Die Publizitätspflichten wurden durch Einführung einer Prospektpflicht für Beteiligungen, Treuhandvermögen und geschlossene Fonds verschärft, vgl. Art 2 des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) vom 28.10.2004, BGBl. I 2630. 354 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 8; Beschluss des Deutschen Bundestags, Anhang zu BR-Drucks., 417/97.

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Kapitel 7 Ergebnisse des 2. Teils I. Die Entstehung eines Markts für Vermögensverwaltungen – Die Überlassung von Privatvermögen zur Verwaltung durch Dritte erfolgt erfahrungsgemäß nur, wenn ein entsprechendes Bedürfnis des Vermögensinhabers nach Fremdverwaltung besteht. Entwicklungsgeschichtlich stellt die Testamentsvollstreckung die erste Form der Vermögensverwaltung dar. Die Vermögensinhaber bedienten sich ihrer, um die gewillkürte Erbfolge sicherzustellen. Bisweilen diente die Testamentsvollstreckung dazu, der gewillkürten Erbfolge entgegenstehende Vorschriften zu umgehen oder erwies sich als notwendig, um der bestehenden gesamtgesellschaftlichen Vermögensordnung Rechnung zu tragen. – Ebenfalls sehr früh anzutreffen ist die Grundstücksverwaltung. Gleichwohl handelt es sich hierbei noch nicht um eine Vermögensverwaltung im heutigen Sinne. Soweit Grundstücke überhaupt fremdverwaltet wurden, dienten sie als Machtbasis innerhalb staatlicher Strukturen (Lehnswesen) und/oder als Produktionsmittel. Ihre Verwaltung stellte also keine Form der Kapitalanlage und damit keine Vermögensverwaltung dar. Erst nach den Bodenbefreiungen kommen Grundstücke als reines Kapitalanlageobjekt in Betracht. Erst ab diesem Zeitpunkt werden sie daher zum Objekt der Vermögensverwaltung. Vermögensverwaltungen von Grundstücken mit dem Ziel der Kapitalanlage durch Spekulation sind eher selten, da eine Umschichtung des Immobilienvermögens aufwendig ist. Häufig anzutreffen ist die Einmalanlage in Grundstücken, bei der die Verwaltung der Immobilie an eine Wohnungsverwaltungsgesellschaft abgegeben wird. Dieser Vorgang stellt keine Vermögensverwaltung im Sinne der hier verwendeten Definition dar. – Die Vermögensverwaltung von Stiftungsvermögen ist ebenfalls schon im Mittelalter anzutreffen. Die Stadtwechsel von Straßburg und Basel etwa bieten sie seit etwa 1430 bzw. 1574 an. – Die Vermögensverwaltung mit dem Ziel der Kapitalanlage in Geld oder Wertpapieren ist ein recht junges Phänomen. Drei Gründe waren für die späte Entstehung maßgeblich, nämlich die Vermögensordnung, die über lange Zeit überschaubare Zahl an Anlagemöglichkeiten und die späte Verbreitung der Wertpapiere als Kapitalanlage. Dazu im Einzelnen: Ein Bedürfnis nach dieser Form der Vermögensverwaltung besteht nur, wenn 416

Ergebnisse des 2. Teils

ausreichend große Vermögen zu verwalten und die Vermögensinhaber entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, ihre Vermögen selbstständig zu verwalten. Hauptursache für das Fehlen von Vermögensverwaltungen zum Zwecke der Kapitalanlage vor dem Beginn des 19. Jahrhunderts war die Vermögensordnung. Da in der agrarisch geprägten Gesellschaft Grund und Boden Hauptproduktionsmittel waren, konzentrierte sich der Reichtum auf den Adel, der sich zumeist angestellter Vermögensverwalter oder Hoffaktoren bediente. Da staatliches Vermögen und Privatvermögen des Adels bis in das 18. Jahrhundert als Einheit betrachtet wurden, entstand insoweit kein Bedarf nach einer Vermögensverwaltung von Privatvermögen. Erst mit der Trennung der beiden Vermögensmassen bedurften die Regenten einer Verwaltung ihrer Privatchatulle. Neben dem Adel waren es die vor allem in den Reichsstädten ansässigen Kaufleute, die Vermögen ansammelten. Diese setzten ihr Vermögen zur Produktion und nicht zur Kapitalanlage ein. Sofern ausnahmsweise eine reine Kapitalanlage gesucht wurde (z. B. Rentenkauf), entschied der Vermögensinhaber selbst über die Kapitalanlage und bediente sich nicht der Verwaltung durch Dritte. Mit der industriellen Revolution nimmt die Bedeutung des Grundbesitzes ab und andere Faktoren (Maschinen, Kapital) gewinnen an Bedeutung. Bodenreform und Industrialisierung führen zur Schaffung neuer Vermögenswerte und Vermögensstrukturen, die den Bedarf für Vermögensverwaltungen mit sich bringen. Infolgedessen hängt der Zeitpunkt der Herausbildung der Vermögensverwaltung in ihrer heutigen Form vom Grad der Industrialisierung in den einzelnen Staaten ab. So gewann der Trust in England bereits im 18. Jahrhundert stark an Bedeutung. In den USA setzte diese Entwicklung zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. In Deutschland waren Vermögensverwaltungen dagegen zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine Randerscheinung und gewinnen erst gegen Ende des Jahrhunderts eine wachsende Bedeutung, als sich die Zahl großer Vermögen, aber auch die Anlagemöglichkeiten vervielfachen. Zu Herausbildung eines Markts für Vermögensverwaltungen bedurfte es neben den geschilderten Veränderungen der Vermögensordnung und -verteilung noch der Entstehung der Effekten und ihres regelmäßigen Handels. Staatsanleihen und Aktien finden sich seit dem 15. bzw. 17. Jahrhundert. Die Herausbildung von Börsen in Europa erfolgte in unterschiedlichem Tempo. Die erste bekannt gewordene Effektenvermögensverwaltung wurde 1809 vom Bankhaus Rothschild erbracht. – Die Verwaltung von Gesellschafterrechten als Form der Vermögensverwaltung ist ebenfalls jüngeren Datums. In Deutschland erfolgte sie ab Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem im Kölner Bankiergewerbe. 417

Ergebnisse des 2. Teils

– Während die angloamerikanischen Staaten und die Schweiz keine kriegsbedingten Vermögensvernichtungen erlebt haben, bricht der deutsche Markt für Vermögensverwaltungen im Ersten Weltkrieg zusammen, erholt sich bis zum Zweiten Weltkrieg kaum, um dann ganz zum Erliegen zu kommen. Erst seit Mitte der 50er Jahre wird in Deutschland die kollektive Vermögensverwaltung und seit 1959 die individuelle Vermögensverwaltung wieder nachgefragt. Seitdem hat die Dienstleistung enorme Zuwachsraten erfahren und wird heute in Form der standardisierten Vermögensverwaltung auch schon für kleinere Vermögen angeboten. – Die Anlagestrategie der Vermögensverwalter hat sich im 20. Jahrhundert deutlich gewandelt. Der Anteil von Immobilienanlagen und festverzinslichen Wertpapieren ging zugunsten der Aktienanlage deutlich zurück. Dieser wirtschaftliche Wandel beruht vor allem auf der Erkenntnis, dass sich inflationsbereinigt mit Aktien im langfristigen Vergleich deutlich höhere Renditen erzielen lassen als mit jeder anderen Anlageform. Gesetzgeber und Rechtsprechung haben – in den jeweiligen Rechtsordnungen mit unterschiedlichem Tempo – auf diesen Wandel reagiert, indem sie die Aktienanlage nicht mehr von vornherein als „spekulativ“ oder „imprudent“ erklärten, sondern eine ausgewogene Diversifizierung und eine der Risikobereitschaft des Anlegers entsprechende Anlage verlangten. An die Stelle starrer gesetzlicher Vorgaben ist damit ein System flexibler Schranken getreten. Wesentlich zu diesem Wandel beigetragen haben die Portfolio-Theorie und die Entwicklung der EDV, mit der sich selbst komplizierte Berechungen im Rahmen des Risikomanagements unproblematisch durchführen lassen. – Vor dem Hintergrund der Abhängigkeit des Markts für Vermögensverwaltungen von der Vermögensordnung, Vermögensbildung und Vermögensverteilung lässt sich feststellen, dass die Vermögensverwaltung in ihrer heutigen Form ein Produkt der Wohlstandsgesellschaft ist. – Ein immer wiederkehrendes Phänomen, das im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung auftaucht und ihre Entstehung und Nachfrage bestimmt, ist die Gesetzesumgehung. So sind die Anfänge des Trusts und der Treuhand von Umgehungsmotiven geprägt. Die erste nachgewiesene Effekten-Vermögensverwaltung diente zur Umgehung der Kontinentalsperre. In der Gegenwart werden Vermögensverwaltungen häufig ausländischen Anbietern anvertraut, da die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen günstiger sind als im Inland.

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Ergebnisse des 2. Teils

II. Die Formen der Vermögensverwaltung – Die historische Betrachtung hat ergeben, dass die zwei Formen der Vermögensverwaltung, nämlich das Treuhandmodell einerseits und das Vertretermodell andererseits, schon sehr früh zur Bewältigung der anstehenden Ordnungsaufgabe verwendet wurden. Die Zweiteilung in „Treuhandlösung“ und „Vertreterlösung“ ist damit keineswegs allein ein Produkt der späteren deutschen Regelung des Kreditwesengesetzes von 1934, wie bisweilen im deutschen Schrifttum unterstellt. – Während in den angloamerikanischen Staaten die Vermögensverwaltung in Form eines Trusts oder einer agency erfolgt, hat sich in Deutschland das Treuhandmodell bei der individuellen Vermögensverwaltung nicht durchgesetzt. Dies wird vielfach darauf zurückgeführt, dass das Treuhandmodell im Gegensatz zum Vertretermodell als Bankgeschäft i. S. d. § 1 KWG galt und deshalb vor Erlass des Umsetzungsgesetzes wesentlich strenger reguliert war als die Verwaltung in Form des Vertretermodells. Die historische Betrachtung hat gezeigt, dass das über lange Zeit bestehende große Regelungsgefälle nicht die alleinige Ursache für die geringe Verbreitung des Treuhandmodells sein kann, denn das Treuhandmodell war schon weit vor der Einführung einer Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte unbeliebt. Ursache hierfür dürfte sicherlich die Rechtsprechung sein, die ab 1914 das Unmittelbarkeitsprinzip bei der Aussonderung postulierte und Surrogate des Treuguts nicht schützte. Das Treuhandmodell war deshalb für Vermögensinhaber ungünstiger als das Vertretermodell. – Als weiteres Hemmnis des Treuhandmodells erwies sich das psychologische Moment, dass Vermögensinhaber nur ungern Vermögen völlig aus der Hand geben. – Vergleicht man die deutsche Treuhand mit dem angloamerikanischen Trust unter dem Blickwinkel des Schutzes, den der aus der fiduziarischen Beziehung Begünstigte im Falle von Missbräuchen der Rechtsstellung des Treuhänders/Trustees erlangt, erweist sich der Trust als überlegen, ohne dass hierbei jedoch der Verkehrsschutz vernachlässigt würde. Da dem Trust im angloamerikanischen Recht auch die Aufgaben zukommen, die im deutschen Recht unmittelbare und mittelbare Stellvertretung übernehmen, wird – funktional betrachtet – trotz der Unterschiede zwischen beiden ein gleichwertiges Ergebnis erreicht. Mit dem Vertretermodell der Vermögensverwaltung lässt sich problemlos ein dem Trust vergleichbares Schutzniveau verwirklichen. Das Treuhandmodell stellt damit solange keine echte Alternative dar, wie die in Deutschland herr419

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schende Meinung an ihrem restriktiven Standpunkt hinsichtlich des Schutzes des Treugebers festhält. Eine Reform sollte schon deshalb erfolgen, weil das Fehlen einer funktionierenden Treuhand einen Standortnachteil für Deutschland bedeutet.

III. Die Anbieter der Vermögensverwaltung – Betrachtet man die Geschichte der Vermögensverwaltung, fällt auf, dass die damit betrauten Personen immer „selbstständiger“ und vom Geschäftsherrn unabhängiger werden. In der Bibel und im römischen Recht sind als Vermögensverwalter die Knechte bzw. Sklaven und Freigelassenen, also abhängig Beschäftigte, genannt, denen die Aufgabe eines Verwalters zukam, wobei es damals noch nicht um Investitionsentscheidungen, sondern um die Vertretung eines abwesenden Geschäftsherrn ging. Im Mittelalter ändern sich diese beiden Aspekte: Es erfolgt eine zunehmende Loslösung vom Geschäftsherrn. Der Adel bediente sich zur Verwaltung seines Vermögens der Hoffaktoren. Diese können als Vorläufer der heutigen Vermögensverwalter angesehen werden. Zwar nahmen sie ihre Aufgabe nicht als unabhängige Dritte wahr, sondern hatten zumeist eine Doppelrolle als Mitglied des Hofes und als Bankier inne, doch umfasste die von ihnen ausgeübte Tätigkeit auch die Vermögensverwaltung im heutigen Sinne. Die endgültige Verselbstständigung der Verwalter von den Vermögensinhabern erfolgte auf der nächsten Stufe. – Die Hoffaktoren werden von den Privatbankiers abgelöst, die eine unabhängige Stellung innehatten und damit als erste Anbieter der Vermögensverwaltung im heutigen Sinne gelten können. Soweit ersichtlich, sind Mayer Amschel Rothschild und Nathan Mayer Rothschild die ersten Vermögensverwalter, die sich der Wertpapieranlage bedienten. Während der Napoleonischen Herrschaft retteten sie das Vermögen des Kurfürsten von Hessen-Kassel vor einer Beschlagnahme. Ab 1809 investierten sie die in London eingehenden Subsidien in Wertpapiere und verwalteten unter Umgehung der Kontinentalsperre diesen Teil des Vermögens selbstständig. Neben den Privatbankiers waren es vor allem Rechtsanwälte, Notare und später Steuerberater, die aufgrund ihrer Vertrauensstellung Vermögensverwaltungen wahrnahmen und -nehmen. Vor allem im Vereinigten Königreich war und ist ihre Stellung traditionell stark. Die Vermögensverwaltung stellte zunächst eine „nebenberufliche“ Dienstleistung dar, erst im 19. Jahrhundert finden sich Anbieter, die diese Dienstleistung auch hauptberuflich anbieten.

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Ergebnisse des 2. Teils

– Eine weitere Verselbstständigung der Vermögensverwalter erfolgt auf einer dritten Stufe durch den Einsatz juristischer Personen, die es erlauben, die Vermögensverwaltung endgültig vom Schicksal individueller Personen abzukoppeln. Juristische Personen, die als Unternehmenszweck auch die Vermögensverwaltung verfolgen, finden sich zuerst in den Vereinigten Staaten ab 1818, in Kanada ab 1882, in Deutschland ab 1890 und in England ab 1899. Der seitdem anhaltende Siegeszug der juristischen Personen über Privatbankiers und private Vermögensverwalter beruht im Wesentlichen auf drei Ursachen. Juristische Personen sind nicht „sterblich“ und können deshalb eine Kontinuität bieten, die Einzelpersonen fehlt. Zudem fällt es ihnen schon aufgrund ihrer Größe leichter, zahlreiche Spezialisten für Vermögensverwaltungen zu beschäftigen. Juristische Personen werden zudem durch die jüngere Gesetzgebung zur Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien begünstigt. Kreditinstitute in der Rechtsform des Einzelkaufmanns sind unzulässig (§ 2a Abs. 1 KWG). Finanzdienstleistungsinstitute können in dieser Rechtsform nur unter den engen Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 KWG betrieben werden. Im Bereich der Vermögensverwaltung lässt sich der Einfluss dieser drei Faktoren, die die Dominanz juristischer Personen bedingen, gut nachvollziehen. Die im 19. Jahrhundert noch stark vertretenen Privatbanken wurden zunächst durch Aktienbanken, dann auch durch Treuhandgesellschaften aus dem Geschäftsbereich Vermögensverwaltung verdrängt. Seit 1997 ist schließlich festzustellen, dass viele freie Vermögensverwalter eine GmbH gründen und ihr Geschäft auf diese übertragen, um die aufwendigen, in § 2a Abs. 2 KWG vorgesehenen Sicherungen zu vermeiden. – Eine besondere Form der juristischen Person mit dem Unternehmenszweck der Vermögensverwaltung stellen die Investmentfonds dar, die erstmals in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in England und Schottland auftreten und die im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ihren Siegeszug um die Welt antraten. – Derzeit ist die Vermögensverwaltungsbranche durch einen Wachstumsund Konzentrationsprozess auf internationaler und nationaler Ebene gekennzeichnet. Institutionelle Anleger dominieren den Markt.

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Ergebnisse des 2. Teils

IV. Die Motive für die Beauftragung von Vermögensverwaltern – Die Anlässe für Vermögensverwaltungen sind vielfältig (Unerfahrenheit mit Vermögensanlagen, Krankheit, vorübergehende Abwesenheit, kein Zugang zu ausländischen Märkten etc.). Die Bereitschaft der Vermögensinhaber, von der Eigen- zur Fremdverwaltung zu wechseln, hängt nicht zuletzt auch von der Vielfalt und Komplexität der in Betracht kommenden Anlagemöglichkeiten ab. – Die Entstehung speziell der Finanzportfolioverwaltung wurde durch die zunehmende Komplexität und Unübersichtlichkeit der nationalen Kapitalmärkte sowie die Globalisierung der Märkte begünstigt. Diese Faktoren machen professionelle Hilfe bei der Kapitalanlage in Wertpapieren erforderlich. – Die Umgehung nationaler Normen (Steuerrecht, Beschlagnahme und sonstiger Zugriff staatlicher Organe) bildete in der Vergangenheit immer wieder ein Motiv für Vermögensverwaltungen, wobei Staaten mit striktem Bankgeheimnis als Anlageort bevorzugt wurden und werden.

V. Die Entwicklung des Anlegerschutzes – Die Entwicklung des Anlegerschutzes bei der Vermögensverwaltung verlief in drei Stufen. Der Schutz der Vermögensinhaber wurde zunächst allein über das Zivilrecht, insbesondere das Vertragsrecht sichergestellt. Die individuelle Rechtsbeziehung stand also im Vordergrund. Als der dadurch gewährleistete Schutz sich bei Effekten als nicht ausreichend erwies, begann der Gesetzgeber, die Märkte für Wertpapiere, die Bedingungen der Emissionen und das Gesellschaftsrecht zu regeln. Dabei war dem Ansatz, bestimmte Märkte ganz zu verbieten, kein Erfolg beschieden. Da auf dem Effektenmarkt zunächst Staatsanleihen dominierten, verfolgten die jeweiligen Regenten bzw. Gesetzgeber bei dessen Regelung immer auch Eigeninteressen (z. B. die französische Regelung, wonach nur die Baisse-Spekulation verboten war oder die Verfolgung staatlicher Interessen bei der Konzessionierung der Handelskompanien in England, Frankreich und Deutschland). Dies und das oftmals fehlende Regelungskonzept hatten zur Folge, dass die ersten Ansätze einer gesetzlichen Ordnung dieses Markts ineffektiv waren. Erst im 19. Jahrhundert, mit dem Aufkommen der Aktie, ändert sich dieser Befund und die gesetzlichen Vorgaben werden in mehreren Stufen ausgebaut. Diese aus Sicht der Vermögensverwaltung produkt- und später vertriebsbezogenen 422

Ergebnisse des 2. Teils

Maßnahmen verbesserten zwar die Situation der Aktionäre, der Gläubiger und der Kapitalanleger im Allgemeinen. Sie reichten jedoch bei weitem nicht aus, um die typischen Risiken der Vermögensverwaltung zu erfassen. Denn der Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung wurde fast ausschließlich über die Verbesserung des Anlegerschutzes bei den verwalteten Objekten, nicht aber bei der Dienstleistung selbst erreicht. Es war daher nur konsequent, in einer dritten Stufe die Tätigkeit der Vermögensverwalter, die Wertpapiere verwalteten, speziell zu erfassen und die Zulassung, Aufsicht und Verhaltenspflichten zu regeln. Der Ausbau der einzelnen Stufen hing – ebenso wie das Erreichen der jeweils nächst höheren Stufe – stark von den wirtschaftlichen Gegebenheiten ab. Mit dem Aufschwung der einer Kapitalanlage dienenden Vermögensverwaltung entwickelte sich etwa das US-amerikanische Law of Trusts im 20. Jahrhundert rasch weiter. Parallel dazu entstanden die ersten aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung. – In Deutschland lässt sich die Entwicklung der einzelnen Stufen folgendermaßen zusammenfassen: Die auf Stufe 1 und 2 entstandenen Schutzmechanismen erfassten die Vermögensverwaltung immer nur reflexartig. Die Vermögensverwaltung war also nicht gezielt Gegenstand anlegerschützender Normen, sondern wurde zufällig mitgeregelt. Am deutlichsten tritt dies bei der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells zutage. Diese Tätigkeit war in Deutschland seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zulassungspflichtig, da sie die Entgegennahme von Einlagen bzw. Wertpapieren betraf und deshalb von der Definition der Bankgeschäfte in § 1 KWG miterfasst wurde, obwohl diese Vorschrift nicht die Regelung der Vermögensverwaltung als solche intendierte. Da die Vermögensverwaltung zumeist in Form des Vertretermodells erfolgte, zeigte das Aufsichtsrecht insoweit keine Wirkung. Eine nicht gezielt auf die Vermögensverwaltung ausgerichtete Regelung auch des Vertretermodells findet sich in allgemeinen gewerbepolizeilichen Maßnahmen. Ein weiteres Beispiel für den über lange Zeit bloß reflexartigen Regelungsansatz stellen diejenigen Vorschriften dar, die Begleitgeschäfte der Vermögensverwaltung erfassen und über diesen Weg einen Anlegerschutz vermitteln. Dies sind bei der Immobilienverwaltung das WEG und bei der Effektenverwaltung das Depotgesetz und die Pflichten aus dem Depotvertrag. – Die dritte Stufe wurde in Deutschland erst relativ spät eingeleitet. Sie erfolgte mit der Regulierung des Investmentwesens ab 1955 und mit dem zum 1.1.1998 in Kraft getretenen Umsetzungsgesetz für die individuelle Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten. In den USA waren diese 423

Ergebnisse des 2. Teils

Bereiche bereits 1934 bzw. 1940 Gegenstand aufsichtsrechtlicher Regeln auf Bundesebene. – Der deutsche Gesetzgeber hat den Bereich der Finanzintermediäre nur zögerlich geregelt. Forderungen nach einer Regelung des Vertriebs von Kapitalanlagen und nach Vorschriften über die Ausbildung von Anlageberatern und -vermittlern hat er bislang ignoriert. Die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung der Vermögensverwaltung, die schon vor 85 Jahren aufgestellt wurde, erfüllte er nur deshalb, weil eine entsprechende EG-Richtlinie umzusetzen war. Der aus Brüssel kommende Impuls zur aufsichtsrechtlichen Erfassung dieser Dienstleistung war daher zu begrüßen. – Als die Finanzportfolioverwaltung 1998 der Aufsicht durch die damals bestehenden Aufsichtsbehörden BAKred und BAWe unterworfen wurde, äußerten Vermögensverwalter1 die Ansicht, man sei bislang in der Lage gewesen, ein ordnungsgemäßes Geschäftsgebaren sicherzustellen; die Aufsicht sei überflüssig. Der anfängliche Widerstand gegen jede Form von Aufsicht ist sicherlich verständlich, da der sich beklagende Rechtstreue für vorangegangenes unredliches Verhalten von Wettbewerbern „büßen“ muss. Der Widerstand scheint aber darüber hinaus auch auf einer einseitigen Wahrnehmung zu beruhen. Wenn sich die Zahl der Missbräuche über einen gewissen Zeitraum in engen Grenzen hält, lässt die Bereitschaft zur Vorsorge oder die Akzeptanz einer Aufsicht nach. Dabei wird verkannt, dass auch ein durchschnittliches Missbrauchspotential von nur wenigen Prozent das Vertrauen in den Markt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer schädigen kann. Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass es nach einer Periode der Ruhe zu drastischen Missbräuchen oder Skandalen kommt. Die Notwendigkeit eines Aufsichtsrechts muss daher am Verhältnis von Wahrscheinlichkeit und Ausmaß drohender Schäden einerseits und Aufwand und Wirksamkeit der Aufsicht andererseits bemessen werden. Bei einer derartigen Abwägung erschien – vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Skandale – die Aufsicht als dringend notwendig. – Wechselt man die Perspektive und betrachtet querschnittartig das Ausmaß des Anlegerschutzes bei den einzelnen Sparten der Vermögensverwaltung, finden sich die genannten drei unterschiedlichen Stufen des Anlegerschutzes bis heute. Die Testamentsvollstreckung unterliegt weder einer speziellen Zulassungspflicht oder dauernden Aufsicht noch allge___________ 1

Gespräche des Verf. mit bankenunabhängigen Vermögensverwaltern.

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Ergebnisse des 2. Teils

meiner gewerbepolizeilicher Maßnahmen. Der Schutz wird allein über die §§ 2219, 2227 BGB erreicht (Haftung und Entlassung des Testamentsvollstreckers). Die Immobilienverwaltung unterliegt bereits einer gewissen staatlichen Kontrolle, soweit § 34c GewO und die Makler- und BauträgerVO anwendbar sind. Zusätzlich kann eine Korrektur von Fehlverhalten über das vertragliche Haftungsrecht erreicht werden. Die Finanzportfolioverwaltung ist am strengsten reguliert. Sie unterliegt einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und der laufenden Aufsicht über Kapitalausstattung und Verhalten. Zusätzlich greifen die vertraglichen und deliktischen Haftungstatbestände, die eine Kontrolle zum Schutze des Kunden bewirken. – Bemerkenswert ist auch die Entwicklung von „soft law“ zu „hard law“ im Bereich der Finanzdienstleistungen. Freiwillige Leistungen einzelner Anbieter (z. B. die Einrichtung von Researchabteilungen in den USA) entwickelten sich rasch zu einem brancheneigenen Standard und später zu einer bindenden Rechtspflicht. Eine ähnliche Entwicklung ist derzeit hinsichtlich der Performance-Messung zu beobachten, die (noch) eine allein freiwillige bzw. lediglich durch freiwillige Berufsvereinigungen vorgeschriebene Leistung ist, sich aber langfristig zu einem rechtlich verbindlichen Standard entwickeln dürfte.

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Teil 3 Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten Kapitel 8 Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung I. Vorgehen Wie in der Einleitung herausgestellt, basiert der Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung von Vermögen, das in Finanzinstrumenten angelegt wird, auf dem Zusammenspiel von Aufsichtsrecht und Vertragsrecht. Die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten unterliegt seit dem 1.1.1998 umfangreichen Vorgaben nach dem Kreditwesengesetz und dem Wertpapierhandelsgesetz. Außerdem wird sie vom Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz erfasst. Diese Regelungen verpflichten den Vermögensverwalter zur Einhaltung bestimmter rechtlicher Standards bei der Erbringung seiner Dienstleistung. Diese Standards beziehen sich auf die Art und Weise der Erbringung der Dienstleistung, die Organisation seines Geschäftsbetriebs, aber auch auf das Verhalten und die Rechtsbeziehungen zum Kunden. Das Aufsichtsrecht entfaltet in beiden Bereichen damit – je nach Regelungsmaterie eine unmittelbare oder reflexartige – Anlegerschutzfunktion zugunsten des Kunden. Dieser Anlegerschutz durch Aufsichtsrecht ist in den einzelnen Vorschriften des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes unterschiedlich stark ausgeprägt, so dass die Reichweite des Anlegerschutzes im Einzelfall zu bestimmen ist. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen des deutschen Rechts basieren auf europarechtlichen Vorgaben. Es handelt sich bei den einschlägigen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes damit um „angeglichenes Recht“, dessen Schaffung und Änderung durch den Gesetzgeber ebenso europarechtskonform erfolgen musste bzw. muss wie seine Auslegung und Anwendung durch die Aufsichtsbehörden und nationalen Gerichte1. Das einschlägige EG-Primär- und Sekundärrecht erlangt damit ___________ 1

Zur richtlinienkonformen Auslegung im Bereich der Finanzdienstleistungen Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Einl. Rdn. 56 ff.; Sethe, ZIP 1999, 1461, 1464 f.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 16 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

eine zentrale Bedeutung. Bei seiner Darstellung (dazu sogleich ab II.) wird das Ziel verfolgt, die europarechtlichen Vorgaben kritisch auf Lücken im Anlegerschutz hin zu überprüfen. In den sich anschließenden Kapiteln 9 und 10 über das nationale Aufsichtsrecht der Vermögensverwaltung wird überprüft werden, ob die nationale Gesetzgebung und Praxis diesen europarechtlichen Vorgaben entspricht.

II. Entwicklungslinien der Rechtsangleichung Das deutsche Bank- und Kapitalmarktrecht verdankt seine rasche Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem den Impulsen, die die EG auf diesem Gebiet gesetzt hat. Auch die 1998 erfolgte Regelung der Vermögensverwaltung im KWG und WpHG erfolgte aufgrund der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Vor der Erörterung der nationalen Vorschriften, die unmittelbar die Vermögensverwaltung betreffen, erscheint es daher notwendig, die Entwicklung und die Rahmenbedingungen des europäischen Bank- und Kapitalmarktrechts2 kurz darzustellen, insbesondere die einschlägigen EG-Richtlinien. Die Entwicklung der Rechtsangleichung lässt sich in vier Phasen einteilen.

1. Der Segré-Bericht von 1966 und seine Folgen Über lange Zeit erschöpfte sich die rechtliche Regelung des Europäischen Kapitalmarktrechts in den Bestimmungen des EWG-Vertrags über die Niederlassungs-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit. Bis zum Ende der Übergangsfrist im Jahre 1970 sollte ein schrittweiser Abbau bestehender Hemmnisse erfolgen. Die Kommission erkannte sehr früh, dass nicht nur die in den damaligen Art. 67 ff. EGV geregelte Verwirklichung der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern die Integration der Kapitalmärkte insgesamt notwendige Voraussetzung für die Realisierung der Warenverkehrs-, Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit und damit für die Vollendung des Binnenmarkts ist. Sie veröffentlichte 1966 einen Bericht über die notwendi___________ 2

Zum Folgenden Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 61 ff.; ders., Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 4 ff., 29 ff.; Bader, in: Büschgen/ Schneider, Binnenmarkt, S. 20 ff.; Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 58 ff.; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rdn. 723 f., 736; Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 42 ff.; London, Rev. trimestrielle de droit européen 1987, 593 ff., sowie die Beiträge in: Ferrarini, European Securities Markets, The Investment Services Directive and Beyond; ders., Prudential Regulation of Banks and Securities Firms; Basedow/Baum/Hopt/Kanda/Kono, Economic Regulation and Competition, S. 25–163.

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Entwicklungslinien der Rechtsangleichung

gen Schritte zum Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts. Dieser so genannte Segré-Bericht3 ging von dem Leitbild aus, dass eine Markterweiterung durch Beseitigung rechtlicher Hindernisse erfolgen müsse und dies zu einer wechselseitigen Durchdringung der Kapitalmärkte („verbesserte Mobilität des Kapitals4“) führe. Dies wiederum schaffe einen besseren Ausgleich von Angebot und Nachfrage innerhalb des Binnenmarkts und führe zur Schaffung günstigerer Bedingungen und verbesserter Finanzierungsinstrumente. Sie untersuchte im Detail die Struktur der Renten- und Aktienmärkte sowie die Bedingungen für einen funktionsfähigen europäischen Wertpapiermarkt (Publizität und Wertpapierhandel), für die Beaufsichtigung der Finanzinstitute und für die Regelung ihrer Tätigkeit5. Die Schaffung eines einheitlichen Kapitalmarkts gehört weder zu den im EGV aufgeführten Zielen noch besitzt die EG eine ausdrückliche eigenständige Kompetenz zur Schaffung eines europäischen Kapitalmarktrechts oder zur Vereinheitlichung der nationalen Kapitalmarktrechte. Die Kompetenz zur Harmonisierung6 nationalen Rechts wurde aus dem allgemeinen Auftrag zur Schaffung eines gemeinsamen Markts (Art. 2, 3 lit. h EGV = Art. 2, 3 Abs. 1 lit. h EG) bzw. zur Vollendung des Binnenmarkts (Art. 7a EGV = Art. 14 EG) abgeleitet. Ausgangspunkt der Harmonisierung war also die Verwirklichung der im EGV garantierten Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Letztere wiederum war bei Finanzdienstleistungen abhängig vom Fortschritt bei der Kapitalverkehrsliberalisierung (Art. 61 Abs. 2 EGV = Art. 51 Abs. 2 EG)7. Als Ermächtigungsgrundlagen für ein Tätigwerden der Gemeinschaft kamen bzw. kommen dementsprechend vor allem die Art. 54 Abs. 3 lit. g, 57, 100 und 100a sowie die gestrichenen Art. 66, 69 EGV (Art. 44 Abs. 2 lit. g, 47, 55, 94, 95 EG) in Betracht. Während sich die einzelnen Hemmnisse des Kapitalverkehrs unschwer ausmachen ließen, war dies im Hinblick auf die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen nicht so leicht möglich. Die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit kam aufgrund der in den einzelnen Staaten unterschiedlichen Zulassungs- und Aufsichtssysteme nur zögerlich voran; so war etwa ___________ 3 4 5 6 7

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Der Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts, S. 15 ff., 39 ff. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Der Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts, S. 18. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Der Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts, S. 26 ff., 185 ff., 213 ff., 237 ff., 283 ff. Zum Begriff Streinz, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 17 f. Dazu sogleich S. 470 Text zu Fn. 198.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

in einigen Staaten die Zulassung eines neuen Kreditinstituts nur nach vorheriger Bedürfnisprüfung möglich. Auch die Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit litt unter einem Hemmnis. Art. 61 Abs. 2 EGV (= Art. 51 Abs. 2 EG) stellte die Dienstleistungsfreiheit der Banken und Versicherungen unter den Vorbehalt der Liberalisierung des Kapitalverkehrs. Diese kam jedoch, nach bescheidenen Anfängen in den 60er Jahren, für mehr als zwei Jahrzehnte völlig zum Erliegen8. Die im EGV vorgesehene Übergangszeit lief 1970 ab und zahlreiche Hemmnisse im Finanzsektor bestanden fort.

2. Die Phase umfassender Harmonisierungsbemühungen Infolge dessen wählte die Kommission als Mittel zur Beseitigung rechtlicher Schranken die (vollständige) Rechtsangleichung. Diese Vorgehensweise entpuppte sich als schwierig und langwierig, denn sowohl die Auswahl der zu harmonisierenden Bereiche als auch die bei der Harmonisierung anzulegenden Maßstäbe waren keineswegs eindeutig. Wenig überraschend wurde das Vorgehen der Kommission hauptsächlich deshalb kritisiert, weil es an einem eigenständigen, in sich geschlossenen Regelungskonzept mangelte und „Theorielosigkeit“ vorherrschte9. Man ging davon aus, dass eine Markterweiterung durch Beseitigung der rechtlichen Hindernisse, die einer wechselseitigen Marktdurchdringung entgegenstanden, ausreiche, ohne allerdings auch alternative Integrationsmodelle10 in Erwägung zu ziehen. Diese Theorielosigkeit zeigte sich vor allem im Gesellschaftsrecht. Demgegenüber war und ist im Kapitalmarktrecht die Grundannahme unstreitig, dass ein freier grenzüberschreitender Kapitalverkehr integrationspolitisch sehr sinnvoll und ___________ 8 Assmann/Buck, EWS 1990, 110, 117; Jentsch, WM 1993, 2189 (re. Sp.). 9 Im Einzelnen Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, S. 196 ff.; Buxbaum/Hopt, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Business Law, S. 397 ff.; Lee, in: Buxbaum/ Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 199; Meier-Schatz, WuR 1989, 84, 92 ff.; Assmann/Buck, EWS 1990, 110 ff.; Assmann, ORDO 44 (1993), 87, 91 f., 102 ff. m. w. N.; ders., Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 122 ff.; einschränkend dagegen Hellwig, Bankrechtstag 1993, S. 179; a. A. auch Fitchew, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Business Law, S. 1 ff. Auch der Gedanke einer umfassenden Harmonisierung stieß und stößt auf Kritik, da eine solche Vorgehensweise leicht zum Selbstzweck wird, vgl. U.H. Schneider, in: Hadding/ Welter, Binnenmarkt, S. 11 m. w. N. = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 6. 10 Vgl. etwa Berg, Strategien wirtschaftlicher Integration, S. 9; Berthold, Wirtschaftliche Integration in Europa, S. 33; Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, S. 7 ff., 280 ff.; dazu wiederum Fitchew, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Business Law, S. 1 ff. Anders die Einschätzung von Meier-Schatz, WuR 1989, 84, 93, wonach auch die Ökonomen keine verlässliche Antwort auf die Frage nach der optimalen Art der Harmonisierung kennen.

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Entwicklungslinien der Rechtsangleichung

für eine Produktivitätssteigerung äußerst wichtig ist11. Gleiches gilt für die Liberalisierung der Finanzdienstleistungen und die wechselseitige Öffnung der geregelten Märkte. Die Art der betriebenen Rechtsangleichung lässt sich, pointiert formuliert, dahingehend beschreiben, dass den EG-Richtlinien – je nach Regelungsbereich – jeweils das Recht eines Mitgliedstaates als Vorbild diente12, wobei die Auswahl nicht immer schlüssig war. Da sich die so entwickelten Regeln nicht immer nahtlos in die Regelungskonzepte anderer Staaten einfügten, kam die Harmonisierung in den 70er Jahren nur schleppend voran. Insbesondere das Vorhaben einer umfassenden Harmonisierung der Finanzaufsicht13 ließ sich nicht durchsetzen. Der entsprechende Entwurf gelangte nicht zuletzt aufgrund des Beitritts von Großbritannien, Irland und Dänemark nicht über das Beratungsstadium hinaus. Angesichts dieser Schwierigkeiten wählte die Kommission für die Harmonisierung Einzelbereiche aus, wobei ihr der Entwurf aus dem Jahr 1972 als Vorbild diente. So erließ sie 1973 eine Richtlinie zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbstständig tätige Kreditinstitute und anderer finanzieller Einrichtungen14. Es folgte ___________ 11 Meier-Schatz, WuR 1989, 84, 94, der u. a. auf das von Scitovsky, Economic Theory and Western European Integration, entwickelte Integrationsmodell verweist. S. a. Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, S. 280 f. m. w. N. 12 Hopt, ZGR 1992, 265, 273 (zum Gesellschaftsrecht); s. a. Abrams, in: Moore, Financial Services, S. 317 zur WDRL, deren Struktur auf dem Financial Services Act aufbaue. 13 Entwurf einer Richtlinie zur Koordinierung der Rechte und Verwaltungsvorschriften für die Aufnahme und Ausübung der selbständigen Tätigkeiten der Kreditinstitute, Dok. XIV/508/72; dazu Gaddum, in: Duwendag, Europa-Banking, S. 111, 112; Jentsch, WM 1993, 2189, 2190: „Europäisches KWG“; Troberg, WM 1991, 1745; Strub, Bankdienstleistungen, S. 3; Immenga/Schäfer, WM 1985, 2, 6; Bader, in: Büschgen/ Schneider, Binnenmarkt, S. 21. 14 Die Richtlinie des Rates vom 28.6.1973 zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbstständige Tätigkeiten der Kreditinstitute und anderer finanzieller Einrichtungen (73/183/EWG), ABl. EG Nr. L 194 vom 16.7.1973, S. 1, berichtigt in ABl. EG Nr. L 320 vom 21.11.1973, S. 26 und ABl. EG Nr. L 17 vom 22.1.1974, S. 22. Eine Umsetzung in deutsches Recht war nicht erforderlich. Dieser Richtlinie kommt aus zwei Gründen heute kaum noch eine Bedeutung zu. Zum einen wird sie durch nachfolgende Richtlinien inhaltlich überlagert, so dass allenfalls für die Aktivitäten, die nicht vom Europäischen Pass erfasst sind, der Zuverlässigkeitsnachweis noch von Bedeutung sein kann (Lutter, Unternehmensrecht4, S. 79 Fn. 19; Troberg, Europäische Aufsicht, S. 60 Fn. 36; Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 58). Zum anderen hat der EuGH, Slg. 1974, 631 Rdn. 24–27 (Reyners ./. Belgien); Slg. 1974, 1299 Rdn. 24–26 (van

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

1977 die erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie15 (im Folgenden 1. BKRL), die die Zulassungspflicht und die Voraussetzungen der erstmaligen Zulassung von Kreditinstituten sowie die Errichtung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten regelte16. Zugleich untersagte sie, die Gründung von Kreditinstituten von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen17. Die Richtlinie förderte auf diese Weise die Niederlassungsfreiheit und beseitigte entgegenstehende, unsachliche Hindernisse. Allerdings definierte sie den Begriff des Kreditinstituts eng, indem sie nur Unternehmen erfasste, die Einlagen entgegen nehmen und Kredite für eigene Rechnung ausgeben (Art. 1, 1. Spiegelstrich der 1. BKRL). Damit folgte die Richtlinie nicht einem am Universalbankensystem angelehnten Regelungsansatz. Vielmehr trug sie der Tatsache Rechnung, dass es Mitgliedstaaten mit Trennbankensystem gab und gibt (z. B. Großbritannien18). Auch wenn die Richtlinie die ___________

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Binsbergen), festgestellt, dass Art. 43 und Art. 49 EG (= Art. 52 und Art. 59 EGV) seit dem Ende der Übergangszeit direkt anwendbar sind. Einer Umsetzung dieser Freiheiten, wie sie die Richtlinie vorsah, bedarf es daher nicht mehr, vgl. Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 21; Knobl, Europabankrecht, S. 32 f.; Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 58. Erste Richtlinie des Rates vom 12.12.1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (77/780/EWG), ABl. EG Nr. L 322 vom 17.12.1977, S. 30; mit allen späteren Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 312 ff. Die Richtlinie wurde – antizipiert – durch die 2. (BGBl. 1976 I 1121) und durch die 3. KWG-Novelle (BGBl. 1984 I 1693) umgesetzt. Zur Richtlinie Troberg, Europäische Aufsicht; Knobl, Europabankrecht, S. 33 ff.; Assmann/Buck, EWS 1990, 190, 192. Zur Umsetzung der Richtlinie führte Großbritannien, das als einziges Mitglied der EG bis dahin keine Zulassungserfordernisse kannte, 1979 ein solches ein. Eine solche Bedürfnisprüfung kannte noch das italienische Bankaufsichtsrecht. In Deutschland ist sie bereits wesentlich früher infolge einer Entscheidung des BVerwG, NJW 1959, 590, 592, die eine solche Prüfung als verfassungswidrig einordnete, abgeschafft worden. In Großbritannien ist keine Trennung des Effektengeschäfts vom Einlagen-/Kreditgeschäft vorgeschrieben. Die dort anzutreffende Trennung in commercial banks und merchant banks ist vielmehr historisch gewachsen und wird zunehmend aufgegeben (Hein, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen39, S. 301; zur Struktur des Bankwesens Ellinger/Lomnicka, Banking Law, S. 3 ff.). Auch in den USA findet sich eine historisch gewachsene Trennung, die mit dem Glass-Steagall Act von 1933 verfestigt wurde (Möschel, Trennsystem, S. 33 ff.). Zunächst fanden sich zahlreiche Durchbrechungen des Trennbankensystems (Hein, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen39, S. 292 f.), und seine Abschaffung wurde diskutiert (Möschel, FS Steindorff, S. 428; Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 44 Fn. 126 m. w. N.), entsprechende Gesetzesvorlagen scheiterten aber mehrfach. Zum letztlich dann erfolgreichen Financial Services Modernization Act (sog. GrammLeach-Bliley Act), s. o. S. 334 Text bei Fn. 695 mit weiteren Einzelheiten und Nach-

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Entwicklungslinien der Rechtsangleichung

Voraussetzungen regelte, die bei der Zulassung als Kreditinstitut zu erfüllen waren, bedeutete sie nicht die Verwirklichung vollständiger Niederlassungsfreiheit. Drei Hindernisse bestanden unverändert fort19: Wollte eine Bank in einem anderen Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung errichten, musste sie hierfür eine Zulassung im Aufnahmestaat beantragen. Die Niederlassung unterlag zudem der Aufsicht des Aufnahmestaats, dem es frei stand, den Umfang der Tätigkeit der Niederlassung innerhalb seines Hoheitsgebiets zu beschränken. Schließlich musste die Niederlassung in den meisten Mitgliedstaaten20 ein Dotationskapital21 aufbringen; die Niederlassung wurde also wie eine Neugründung behandelt. Ebenfalls 1977 erließ die Kommission eine Empfehlung betreffend europäische Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen22. Diese für die Mitgliedstaaten nicht verbindliche Empfehlung (Art. 249 Satz 5 EG = Art. 189 Satz 5 EGV) griff einige der schon im Segré-Bericht enthaltenen Forderungen23 wieder auf, ergänzte sie und schuf so ein erläuterndes Regelwerk für Finanzintermediäre. Grund für die Wahl der Empfehlung anstelle einer an sich gebotenen Richtlinie war der starke Widerstand, auf den die Kommission bei ihrem Vorhaben zur Harmonisierung des Wertpapierhandels gestoßen war24.

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weisen. Kanada hat das Trennbankensystem 1988 abgeschafft (Möschel, FS Steindorff, S. 428). Zu den Bankensystemen innerhalb der EU s. a. Schlemmer-Schulte, Eigenkapital, S. 4 m. w. N. Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 60; Lutter, Unternehmensrecht4, S. 326; Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 6 f.; Zavvos, 25 CMLR (1988), 267. Mit Ausnahme Großbritanniens, vgl. Zavvos, 25 CMLR (1988), 267. Mit diesem Begriff grenzt man das zur Errichtung einer Zweigniederlassung notwendige Kapital vom Grund-, Stamm- oder Eigenkapital ab. Terminologisch wird also der Tatsache Rechnung getragen, dass Zweigniederlassungen rechtlich unselbstständige Betriebsteile des Kreditinstituts sind und deshalb nicht unter die Kapitalaufbringungsvorschriften des Gesellschaftsrechts fallen, vgl. Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 4. Empfehlung betreffend europäische Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen vom 15.7.1977 (77/345/EWG), ABl. EG Nr. L 212 vom 20.8.1977, S. 37; Textberichtigung ABl. EG Nr. L 294 vom 18.11.1977, S. 28, abgedruckt bei Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht2, S. 307 ff. Dazu etwa Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 1 f. Vgl. etwa Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Der Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts, S. 263 f. (Informationsasymmetrien, Insiderrecht). Jentsch, WM 1993, 2189, 2190, der als Beispiel den gescheiterten Versuch nennt, die Tätigkeit der Börsenmakler zu regeln.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Die Empfehlungen gliederten sich in zwei Hauptteile, nämlich die Allgemeinen Grundsätze und die Ergänzenden Grundsätze. Bei den Allgemeinen Grundsätzen handelte es sich um marktbezogene Verhaltensregeln für Finanzintermediäre, wie die Pflicht zur rechtzeitigen, zutreffenden und umfassenden Information des Publikums25, die Pflicht zur Gleichbehandlung der Wertpapierkunden26 sowie die Loyalitätspflicht27, die selbst dann galt, wenn dem Händler hierdurch finanzielle Vorteile entgingen. Schließlich statuierte die Empfehlung eine Interessenwahrungspflicht28, wonach die Finanzintermediäre sich bemühen müssen, interne Interessenkonflikte ebenso zu vermeiden wie derartige Konflikte mit Dritten. Für den Fall, dass sie dennoch auftraten, mussten Vorkehrungen dahingehend getroffen werden, dass dem Kunden kein Schaden entsteht und der Intermediär keine Vorteile aus der Situation zieht. Die Ergänzenden Grundsätze enthielten u. a. die Pflicht zur bestmöglichen Ausführung der Kundenaufträge29, vorzugsweise auf einem geregelten Markt, das Verbot der Gebührenreiterei (Churning) und der Kursmanipulation30, die Pflicht zur Geheimhaltung der Identität der Auftraggeber31 sowie Regelungen bezüglich der Insiderinformationen32 und der Gleichbehandlung aller Anleger bei der Informationsweitergabe33. Diese im englischen Sprachgebrauch anschaulich als „rules of conduct“ bezeichneten Wohlverhaltensregeln hatten – wohl aufgrund ihrer Eigenschaft als bloße Empfehlung ohne Rechtsverbindlichkeit – keinen nennenswerten Einfluss auf die Praxis. Ihre eigentliche Bedeutung liegt darin, dass sie als Programm der Kommission für die weitere Regelung des Kapitalmarktrechts gelten können. Die meisten der damals festgelegten rules of conduct sind inzwischen in speziellen Richtlinien niedergelegt, haben damit also verbindlichen Charakter erlangt. Auf diese Richtlinien wird noch im Detail einzugehen sein.

___________ 25 26 27 28 29 30 31 32 33

Allgemeine Grundsätze Nr. 2. Allgemeine Grundsätze Nr. 3. Allgemeine Grundsätze Nrn. 4 und 5. Allgemeine Grundsätze Nr. 6. Ergänzende Grundsätze Nr. 4. Ergänzende Grundsätze Nrn. 5 und 7. Ergänzende Grundsätze Nr. 6. Ergänzende Grundsätze Nrn. 8 bis 10. Ergänzende Grundsätze Nr. 15.

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Es folgten 1979 und 1980 drei weitere Richtlinien im Bereich des Börsenrechts (Börsenzulassungs-, Börsenzulassungsprospekt- und Halbjahresberichtsrichtlinie34), die ebenfalls noch nicht das Prinzip gegenseitiger Anerkennung (dazu sogleich) kannten. Erst 1983 erging wieder eine Richtlinie zu Kreditinstituten, die deren Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis regelte35. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Harmonisierung zunächst sehr schleppend vorankam.

3. Gegenseitige Anerkennung, Mindestharmonisierung und Herkunftslandkontrolle a) Der Methodenwechsel Um eine rasche Vollendung des Binnenmarkts bis 1992 zu ermöglichen, vollzog die Gemeinschaft einen grundlegenden Wechsel in der Wahl ihrer Mittel zur Rechtsangleichung. Das neue Konzept, das mit dem Weißbuch der Kommission36 aus dem Jahr 1985 seinen Anfang nahm und in der Ein-

___________ 34 Richtlinie des Rates vom 5.3.1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse (79/279/ EWG), ABl. EG Nr. L 66 vom 16.3.1979, S. 21; mit allen späteren Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 532 ff.; umgesetzt durch das BörsZulG vom 16.12.1986, BGBl. I 2478; Richtlinie des Rates vom 17.3.1980 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts, der für die Zulassung von Wertpapieren an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist (80/390/EWG), ABl. EG Nr. L 100 vom 17.4.1980, S. 1 ff.; mit allen späteren Änderungen abgedruckt bei Lutter, a. a. O., S. 552 ff.; umgesetzt durch das BörsZulG (a. a. O.) und die BörsZulVO vom 15.4.1987, BGBl. I 1234; Richtlinie des Rates vom 15.2.1982 über die regelmäßigen Informationen, die von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Aktien zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zugelassen sind (82/121/EWG), ABl. EG Nr. L 48 vom 20.2.1982, S. 26 ff., abgedruckt bei Lutter, a. a. O., S. 581 ff.; umgesetzt durch das BörsZulG und die BörsZulVO (beide a. a. O.). 35 Richtlinie des Rates vom 13.6.1983 über die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis (83/350/EWG), ABl. EG Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 18. Sie wurde mit der 3. KWG-Novelle vom 20.12.1984, BGBl. I 1693 umgesetzt. Die Richtlinie wurde inzwischen ersetzt durch die gleichnamige Richtlinie vom 6.4.1992 (92/30/EWG), ABl. EG Nr. L 110 vom 28.4.1992, S. 52 ff., umgesetzt durch die 5. KWG-Novelle, BGBl. 1994 I 1829. 36 EG-Kommission, Weißbuch an den Rat „Vollendung des Binnenmarkts“, KOM(85) 310 endg. vom 14.6.1985, S. 27 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

heitlichen Europäischen Akte im Jahr 1987 verankert wurde37, sieht folgende Grundprinzipien vor38: – Mindestharmonisierung der Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit, – gegenseitige Anerkennung der nicht harmonisierten Normen und – Prinzip der Herkunftslandkontrolle. – Im Bank-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht wurden diese Prinzipien um den „Europäischen Pass“ ergänzt, wonach die Aufnahme einer gemeinschaftsweiten Tätigkeit nur der Zulassung im Heimatstaat bedarf. Die Kommission39 stützte sich zur Begründung des Konzepts der gegenseitigen Anerkennung auf die Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung des EuGH40. Das in diesem Urteil erstmals ausgesprochene Konzept der gegenseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher Normen bietet im Vergleich zum Konzept einer reinen Inländergleichbehandlung einen entscheidenden Vorteil. Ein grenzüberschreitend tätiger Hersteller oder Dienstleistungsanbieter muss nicht Normen aus einer Vielzahl von Rechtsordnungen beachten. Er kann sich darauf verlassen, dass sein nach Heimatrecht zulässiges Produkt grundsätzlich auch in den anderen Staaten vertrieben werden kann, ohne dass die dort geltenden technischen oder qualitativen Standards beachtet werden müssen, es sei denn, diese sind aus zwingenden Gründen erlassen worden41. Die gegenseitige Anerkennung bewirkt den Abbau von Beschränkungen und damit eine echte Marktintegration. Zwar ist das pure Konzept der gegenseitigen Anerkennung durch die Keck-Rechtsprechung42 zwischenzeitlich etwas aufgeweicht worden. Der EuGH hat jedoch klargestellt, dass diese Änderung seiner Rechtsprechung sich auf den eng begrenzten Bereich der ___________ 37 Art. 8a (später Art. 7a) und Art. 100a EGV (heute Art. 14 und Art. 95 EG) eingeführt durch die Einheitliche Europäische Akte vom 17./28.2.1986, Bulletin EG 1986 Beilage 2 = ABl. EG Nr. L 169 vom 29.6.1987, S. 1 ff. = EuR 1986, 175 = BGBl. 1986 II 1102, in Kraft getreten am 1.7.1987. Zu den beiden Normen Everling, FS Steindorff, S. 1155 ff. 38 Weißbuch (Fn. 36), S. 27 f.; kritisch dazu Assmann/Buck, EWS 1990, 110, 113. 39 Weißbuch (Fn. 36), S. 22. 40 EuGH, Slg. 1979, 649 ff. (Rewe ./. Bundesmonopolverwaltung). 41 Ausführlich dazu und zur weiteren Rechtsprechung Müller-Graff, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Art. 28 Rdn. 186 ff. 42 EuGH, Slg. 1993, I-6097 (Keck und Mithouard); s. a. Slg. 1994, I-2365 Rdn. 12 (Punta Casa SpA); Slg. 1994, I-6816, I-6823 Rdn. 21 (Hünermund ./. Landesapothekerkammer Baden-Württemberg).

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Verkaufsmodalitäten beschränkt43. Dieser Frage braucht an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen zu werden, da die für die Vermögensverwaltung einschlägigen Richtlinien das Ausmaß der gegenseitigen Anerkennung nationaler Regeln sehr weitgehend festlegen. Bemerkenswert ist, dass nicht nur der EuGH, sondern auch einige der Richtlinien Durchbrechungen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung festlegen (z. B. bei den Wohlverhaltensregeln nach Art. 11 WDRL44 und in der Einlagensicherungs- und der Anlegerentschädigungsrichtlinie45). Hierauf wird im Detail zurückzukommen sein. Das von der Kommission vorgelegte Arbeitsprogramm identifizierte die zu harmonisierenden Bereiche46. Im Finanzsektor stand das Bankrecht im Mittelpunkt, während der Wertpapierhandel nur eine Nebenrolle spielte. Genannt wurden nur die Investment- und die Verkaufsprospektrichtlinie sowie die Richtlinie zur Offenlegung bedeutender Beteiligungen, während etwa die (dann im Jahre 1993 verabschiedete) WDRL überhaupt keine Erwähnung fand.

___________ 43 EuGH, Slg. 1995, I-1923 Rdn. 12 (Verein gegen Unwesen im Handel ./. Mars GmbH); dazu Streinz/Leible, ZIP 1995, 1236, 1239; Streinz, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 10; ferner EuGH, Slg. 1995, I-1621 Rdn. 13 (Kommission ./. Griechenland); Slg. 1995, I-2467 Rdn. 12 (Groupement National des Négociants en Pommes de Terre ./. ITM). S. a. unten S. 472 f. Fn. 209 zur inhaltlich entsprechenden Entscheidung Alpine Investment. 44 Art. 19 Abs. 10 MiFID sieht nun vor, dass auch die Wohlverhaltensregeln harmonisiert werden. Hierin liegt einer der großen Fortschritte, den diese Richtlinie mit sich bringt. 45 Dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff. 46 Die Kombination von Heimatlandkontrolle und gegenseitiger Anerkennung findet sich erstmals bei der Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) vom 20.12.1985 (85/611/EWG), ABl. EG Nr. L 375 vom 31.12.1985, S. 3 ff. (dazu Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 92 f.), während die nicht harmonisierten Bereiche dem Recht des Gastlands unterliegen, vgl. Art. 4 Abs. 1, 49 Abs. 3, 44 der Richtlinie. Ungenau ist die Behauptung von Schlemmer-Schulte, Eigenkapital, S. 8, wonach der Grundsatz der Heimatlandkontrolle erstmals bei der Konsolidierungsrichtlinie von 1983 (soeben Fn. 35) eingesetzt worden sei. Diese Richtlinie sieht die Konsolidierung vor, um eine zusätzliche Herkunftslandkontrolle zu ermöglichen. Die Kontrollbefugnis des Aufnahmestaats besteht aber gerade unverändert fort, vgl. Erwägungsgrund Nr. 4 der Richtlinie sowie Knobl, Europabankrecht, S. 43 f. Letzterer, a. a. O., S. 75, nennt weitere Vorläufer der Herkunftslandkontrolle.

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b) Beurteilung des Methodenwechsels (1) Tempo und Akzeptanz Das Konzept der Mindestharmonisierung weist Stärken und Schwächen auf. Einerseits ermöglicht es eine schnellere Gangart bei der Rechtsangleichung unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips47. Der grundlegende Methodenwechsel und die Möglichkeit der Mehrheitsentscheidung in Art. 47 Abs. 2 EG (= Art. 57 Abs. 2 EGV) erhöhte die Akzeptanz48 der Harmonisierung und ihr Tempo beträchtlich49; zwischen 1985 und 1996 verabschiedete die EG allein im Bereich des Kapitalmarktrechts 15 Richtlinien, davon elf zu Banken und Finanzdienstleistern sowie vier zum Börsen- und Investmentrecht50. Der Methodenwechsel beseitigte also ganz offensichtlich die Haupthindernisse einer zügigen Vorgehensweise. (2) Uneinheitlichkeit nationaler Rechte Die Mindestharmonisierung bietet zudem den Vorteil, dass sie jeweils den politisch erreichbaren Kompromiss festschreibt. Dies wird allerdings mit dem Nachteil erkauft, dass die Mindestharmonisierung uneinheitliche nationale Regelungen zur Folge hat. Denn im Gegensatz zur Vollharmonisierung regelt sie immer nur Teilbereiche nationalen Rechts und beeinträchtigt damit unter Umständen auch gewachsene Strukturen der einzelnen Rechtsordnungen, führt zu Wertungswidersprüchen und zerstört den Kodifikationsgedanken51. Der Rechtsanwender aus einem anderen Mitgliedstaat kann sich, anders als bei der Vollharmonisierung, nicht darauf verlassen, die im Anwendungsbereich einer Richtlinie erlassenen nationalen Regelungen anderer Mitgliedstaaten zu kennen, da die Staaten von zahlreichen Wahlrechten Ge___________ 47 So etwa Streinz, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 31. Ob diese Mindestharmonisierung ein Gebot oder eine Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips darstellt, ist fraglich, da das Prinzip gemäß Art. 5 Abs. 2 EG (= Art. 3b Abs. 2 EGV) keine Anwendung findet, soweit die Gemeinschaft ausschließlich zuständig ist. Dies reklamiert sie in vielen Bereichen der Harmonisierung aber gerade, vgl. dazu Schön und Troberg, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 62 m. w. N., 147. 48 Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 6 f., der aufzeigt, dass die Harmonisierung von den Banken zunächst als wenig dringlich eingeordnet wurde. Diese Einschätzung änderte sich erst, als man erkannte, dass die Harmonisierung nicht nur eine Vereinheitlichung der Zulassungsbedingungen, sondern eine größere Operationsfreiheit im Gastland gewährte und die Dienstleistungsfreiheit es ermöglicht, die typischen eigenen Finanzprodukte auf fremden Märkten anzubieten. 49 Zu den Grundsätzen, von denen sich die EG dabei leiten lässt, siehe Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 180. 50 Vgl. dazu im Einzelnen Lutter, Unternehmensrecht4, S. 75 ff., 308 ff. 51 Kritisch deshalb U.H. Schneider, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 144 f.

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brauch machen können und im Allgemeininteresse weiterhin Ausnahmevorschriften erlassen dürfen. Zudem kann sie zu einer Verfestigung eines Rechtszustands führen und damit die Chance auf eine weitere Harmonisierung (zeitweise) vereiteln. (3) Wettbewerb der Rechtsordnungen Gegen die Mindestharmonisierung wird eingewandt, sie behindere den Wettbewerb der Rechtsordnungen. Die Theorie eines Wettbewerbs der Institutionen bzw. der Gesetzgeber geht von der Grundannahme aus, dass in föderal organisierten Rechtsordnungen52 legislatorische Unterschiede bestünden und ein Rechtssubjekt diejenige Rechtsordnung wähle, die die günstigsten Rahmenbedingungen bereithalte. Der Wettbewerb erlaube eine flexible Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen und verhindere eine Versteinerung des Rechts. Eine Mindestharmonisierung stelle einen festen, zentral vorgegebenen Rechtsrahmen dar, der diesen Wettbewerb unterbinde und damit einer effizienten Regelung im Wege stehe53. Fraglich ist jedoch schon, ob die Grundannahme der Theorie zutrifft. Sie setzt Rechtssubjekte voraus, die in höchstem Maße rational handeln und auch gewillt sind, die Nachteile in Kauf zu nehmen, die der Wechsel von einer in eine andere Rechtsordnung mit sich bringt54. Sehr oft werden die Transaktionskosten der Umsiedlung eines Unternehmens zu hoch sein, als dass wegen anderer rechtlicher Rahmenbedingungen ein Umzug in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt55. Nur wenn man auf Neuinvestitionen abstellt und auch Branchen einbezieht, die ohnehin grenzüberschreitend tätig sind, ist die Bereitschaft zum Wechsel der Rechtsordnung vorhanden und damit die Grundannahme der Theorie realistisch. Dies trifft etwa für Wertpapierfirmen zu, denen die moderne Telekommunikation es ermöglicht, via Datenübertragung an jedem Standort in Europa zu handeln. Der physische Kontakt zum Kunden spielt ___________ 52 Zum Systemwettbewerb in Europa und der Frage, auf welcher Ebene eine Regulierung sinnvoll und geboten ist Streit, FS Mestmäcker, S. 521 ff.; Hertig, in: Buxbaum/ Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 219 f.; Reich, 29 CMLR (1992), 861 ff.; Oates/Schwab, 35 J. of Public Economics (1988), 333 ff.; Neumann et al., 9 Economic Policy (1989), 467 ff.; Siebert, Harmonization, S. 53 ff.; Tiebout, 64 J. Pol. Econ. (1956), 416 ff., sowie die Arbeit von M. Müller, Systemwettbewerb. 53 Grundlegend Oates, in: Oates, The Political Economy of Fiscal Federalism, S. 3 ff.; zusammenfassend etwa Schön, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 65 ff. 54 Ebenso Schön, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 68. 55 So Behrens, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 36 f. Dieses Argument überzeugte gerade in Rechtsordnungen, die der Sitztheorie folgten; dazu im Einzelnen Schön, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 66 ff.

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heutzutage eine immer geringere Rolle. Zahlreiche Vermögensverwalter haben die Vorzüge des Standorts Schweiz erkannt und dort Tochtergesellschaften gegründet56. Auch der elektronische Handel ist im Gegensatz zu Präsenzbörsen nicht standortgebunden. Bei der Angleichung der Bedingungen für derartige Märkte und Marktintermediäre muss ihre hohe Mobilität ebenso berücksichtigt werden wie regionale Unterschiede bei Finanzprodukten. Einen Einwand gegen die Theorie vom Wettbewerb der Rechtsordnungen stellt der Umstand dar, dass Unternehmen bei der Standortwahl eine Vielzahl von Bedingungen in ihr Kalkül einfließen lassen und der rechtliche Rahmen nur ein Teil davon ist. Ein monokausales Verständnis ist also unangebracht. Geht man noch einen Schritt weiter und blendet alle nichtjuristischen Faktoren aus, zeigt sich eine weitere Schwäche der Theorie. Bei der Beurteilung rechtlicher Regeln ist eine Vielzahl von Faktoren maßgeblich. So wird sich beispielsweise in einem Wettbewerb verschiedener Bankaufsichtsrechte solange nicht das „beste“ Aufsichtsrecht herauskristallisieren, als Steuerrecht und Bankgeheimnis in den betreffenden Staaten nicht ebenfalls angeglichen und als verzerrende Faktoren damit ausgeschaltet sind57. Manche Autoren befürchten, dass ein Wettbewerb der Rechtsordnungen ein „race to the bottom“58 auslösen könne, indem einzelne Rechtsordnungen durch unterdurchschnittliche rechtliche Anforderungen Wettbewerbsvorteile zu erlangen suchen59. Gegen diese Position werden zwei Einwände vorgebracht. (1) Manche Autoren bezweifeln, ob eine solche Befürchtung wahrscheinlich ist. Dies wird vielfach mit dem Argument verneint60, Verbraucher pflegten auf massive Qualitätsverluste zu reagieren, doch können diese Autoren nicht darlegen, auf welchem Niveau die Verbraucher reagieren und wie hoch die Kosten für diejenigen sind, die aufgrund von Informationsasymmetrien den Niveauverlust nicht rechtzeitig bemerken. Dieser negative ___________ 56 Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 124. 57 S. u. S. 455 und 533 f. 58 Dieser Ausdruck findet sich erstmals bei Cary, 83 Yale L J. 666 (1973/74), zur Beschreibung der negativen Wechselwirkungen, die die fortschreitende Liberalisierung des Gesellschaftsrechts von Delaware und anderen US-Staaten auslöste. 59 So Grottke, EuZW 1993, 440, 441; Nelson/Smith, in: Cranston, The Single Market2, S. 76. Zur Entwicklung in den USA, in dessen Gesellschaftsrecht zunächst ein race to the bottom befürchtet wurde, das sich aber im Nachhinein als market for corporate charters entpuppte und zu einem recht einheitlichen Mindeststandard des Aktionärsund Gläubigerschutzes entwickelte, Meier-Schatz, WuR 1989, 84, 99 f. m. w. N.; Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545 ff., die beide kritisch zur Theorie eines Wettbewerbs der Systeme Stellung nehmen. 60 Statt vieler Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 118.

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Effekt lässt sich im Wege der Mindestharmonisierung beseitigen oder mindern. (2) Andere wiederum befürworten die Deregulierung des Rechts und damit eine Flexibilisierung, so dass ihnen der Wettbewerb nicht als „race to the bottom“, sondern als „race to the top“ erscheint61. Auch diese Position überzeugt nicht, da ein Eingreifen des Gesetzgebers durchaus erforderlich sein kann, etwa in Fällen des Marktversagens, bei Vorliegen von zu großer Marktmacht einer Seite, beim Auftreten von Externalitäten und Informationsasymmetrien und im Hinblick auf Personen, denen die Fähigkeit zum Selbstschutz fehlt. Dieser letzte Aspekt findet sich schon bei der eingangs geschilderten Debatte um das angemessene Maß an Verbraucherschutz im nationalen Recht62. Eine Ausrichtung der EG-Rechtsetzung allein an den Maßstäben der Theorie vom Wettbewerb der Rechtsordnungen vermag daher ebenso wenig zu überzeugen wie eine vollständige Regulierung durch die Gemeinschaft. Die Theorie kann bei der Frage, welcher Bedarf an Harmonisierung besteht, zur Kontrolle der Gesetzgebung herangezogen werden63, etwa indem man die nach EG-Recht regulierten mit unregulierten Märkten vergleicht und auf diese Weise Standortnachteile aufdeckt. Umgekehrt sollte aber auch nicht auf eine Mindestharmonisierung verzichtet werden. Statt der zunächst propagierten Formel „Systemwettbewerb statt Harmonisierung“ wurde zunehmend vom „Systemwettbewerb durch Mindestharmonisierung“ gesprochen64. Beispiel hierfür ist die Kombination des Prinzips der Herkunftslandkontrolle mit dem der Mindestharmonisierung. Letztere begrenzt den Wettbewerb der Aufsichtsbehörden um die liberalste Regelung für seine Banken nach unten. Nach oben bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, wie streng er seine Banken reglementiert; dies sorgt innerhalb der Gemeinschaft für einen gewissen Wettbewerb der Systeme und kann auf diese Weise auch ein Versagen des nationalen Gesetzgebers verhindern bzw. durch einen Vergleich nationaler Rechte aufdecken. Ein solches Versagen65 kann dann auftreten, wenn der Gesetzgeber die mit einer Regelung verbundenen Ziele unklar de-

___________ 61 Die einschlägige Diskussion ist bei Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 319 ff., wiedergegeben. Hierauf kann verwiesen werden. 62 S. o. S. 114 ff. 63 So auch Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, S. 9. 64 Einzelheiten bei Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 115. 65 Dazu Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 319 ff.

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finiert, wenn Gesetze auf der Basis unzureichender Informationen geschaffen werden oder wenn Gesetze einseitig Brancheninteressen vertreten66. Für die 80er und 90er Jahre lässt sich zusammenfassend damit Folgendes feststellen: Gerade weil die Richtlinien keine Vollharmonisierung zum Ziel hatten67, sondern die gegenseitige Anerkennung nationaler Normen favorisierten, musste ein Mindeststandard gesetzt werden, da sonst die Gefahr bestand, dass sich langfristig das Recht mit dem niedrigsten Standard durchsetzt68. Mindestharmonisierung kann der Ordnungsrahmen für den Wettbewerb der Systeme sein. Mindestharmonisierung ist jedoch kein für alle Regelungsfelder passendes Instrument, wie zahlreiche Bereiche, die jüngst unter dem Financial Services Action Plan geregelt oder modernisiert wurden, belegen69. Festzustellen ist außerdem, dass ein gesetzgeberisches Eingreifen auf die soeben geschilderten Fälle des Marktversagens, der Externalitäten etc. zu beschränken ist, um eine Überregulierung des Kapitalmarkts zu verhindern. Dieses für den nationalen Gesetzgeber gültige Postulat lässt sich auf die Harmonisierung durch EG-Rechtsetzung übertragen. Im Zweifel gilt auch dort eine Vermutung gegen Regulierung und für Wettbewerb70. (4) Fortbestehendes Theoriedefizit Weiterhin war – trotz des forcierten Tempos der Harmonisierung – das zuvor beklagte Theoriedefizit nicht behoben, da der Wechsel zu Mindestharmonisierung und gegenseitiger Anerkennung nur die Vorgehensweise änderte und nicht ein grundlegendes inhaltliches Konzept darstellte71. Nach wie vor ungeklärt ist daher, ob die EG die zur Harmonisierung anstehenden Rechtsbereiche zutreffend und vollständig auswählt, ob die Harmonisierung zu der jeweils geeignetsten Regelung führt, ob die harmonisierten Regeln

___________ 66 Eine solche Vermutung äußerte etwa Dreher, ZIP 1998, 1777, im Hinblick auf die Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie; a. A. Herdegen, WM 1999, 1541 ff.; Sethe, ZIP 1999, 1461 ff. 67 Vereinzelt fanden sich allerdings auch Richtlinien, deren Umsetzungsspielraum praktisch gleich null war, vgl. etwa die Eigenmittelrichtlinie und die Solvabilitätsrichtlinie (heute in der BankenRL konsolidiert), dazu später auf S. 463 ff. 68 Seidel, FS Steindorff, S. 1472. 69 S. u. S. 447 ff. 70 Ebenso Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 322. 71 Zum Folgenden Assmann, ORDO 44 (1993), 87, 92 f., 113 f. S. a. Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, S. 167 ff.; Hopt, 4 BFLR, 309 ff. (1990).

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ein auch international wettbewerbsfähiges Kapitalmarktrecht schaffen72 und die neuen Regeln nicht ihrerseits wieder zu Wettbewerbsverzerrungen in anderen Bereichen führen. So wird bei der Auswahl der zu harmonisierenden Bereiche zu Recht kritisiert, dass das Aufsichtsrecht weitgehend geregelt ist, während die conduct of business rules nur rudimentär und das Bankgeheimnis gar nicht geregelt sind73. Die letztgenannten Bereiche sind jedoch von entscheidender Bedeutung für die Auswahl eines Standorts für die Vermögensverwaltung. Gerade Luxemburg und die Schweiz profitieren von ihrem strengen Bankgeheimnis74. Denn viele Kunden lassen ihr Vermögen gerade in diesen Staaten verwalten, um im Vertrauen auf das strikte Bankgeheimnis ihre Kapitalerträge bei den Steuerbehörden ihres Heimatstaats verschweigen zu können. Die Schweiz und Luxemburg nutzen daher das bislang bestehende Regelungsgefälle aus. Kritisiert wird zudem die den nationalen Gesetzgebern in vielen Richtlinien vorbehaltene Möglichkeit, sich auf die Generalklausel des Allgemeininteresses zu berufen75. Als Vorteil ist es dagegen anzusehen, dass die Finanzprodukte bislang weitgehend76 unge___________ 72 Diese Gefahr wird jedoch dadurch erheblich gemildert, dass sich die EU an internationalen Harmonisierungsbemühungen im Bankenrecht, die sogleich näher dargestellt werden, beteiligt. Aus Sicht der Kommission verneint Troberg, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 149, eine Willkür bei der Auswahl der Harmonisierungsbereiche. 73 Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 131. 74 In Luxemburg ist das Bankgeheimnis im Gegensatz zu Deutschland nicht nur zivilrechtlich ausgestaltet, sondern sogar strafbewehrt (Art. 458 Code pénal). Der EuGH, EuZW 2003, 280 (Paul der Weduwe), konnte offen lassen, ob dieser Norm eine exterritoriale Wirkung zukommt. Ein solch weiter Anwendungsbereich würde die wettbewerbsverzerrende Wirkung der Regelung sogar noch verstärken. 75 Kritisch deshalb Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 132; optimistisch dagegen Troberg, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 153 f. Troberg, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 447 ff., bezeichnet das Allgemeininteresse allerdings als offene Flanke des Systems. 76 Geregelt wurden bislang der Verbraucherkredit (Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. EG Nr. L 42 vom 12.2.1987, S. 48, zuletzt geändert durch Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.1998 zur Änderung der Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. EG Nr. L 101 vom 1.4.1998 S. 17) und die grenzüberschreitende Überweisung (Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, ABl. EG Nr. L 43 vom 14.2.1997, S. 25 sowie Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, ABl. EG Nr. L 344 vom

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regelt blieben, da dies einer Diversifizierung der Produkte nur im Wege stünde77. Der Anlegerschutz sollte in diesem Bereich über die Gewährleistung einer ausreichenden Transparenz erfolgen78. Der neben Aufsichtsrecht und Produktgestaltung wichtige Bereich der Vermarktung79 im Gastland ist auf nationaler Ebene sehr uneinheitlich geregelt (Vertriebsregeln, Öffnungszeiten, Rabatte, Werbung, Verbraucherschutzregeln, Verhaltensregeln von Vertretern, Fragen des Vertragsschlusses), in vielen Bereichen nicht harmonisiert und erweist sich – trotz des Europapasses – in der Praxis als Hemmschuh für Institute80. Gerade bei der Mindestharmonisierung stellt sich die Frage, auf welchem Niveau und nach welchen Kriterien sie erfolgen soll81. Hier lässt sich keine einheitliche Aussage treffen; vielmehr muss die Beantwortung vom jeweiligen Regelungsbereich abhängig gemacht werden82. Auffällig ist jedoch, dass die Diskussion darüber, was als Mindeststandard der Harmonisierung zu gelten hat, sich gerade dann verschärft, wenn die bisherige Ausgestaltung nationaler Rechte stark voneinander abweicht. Beispielhaft genannt sei die Richtlinie zur Einlagensicherung. In Deutschland deckte das vorhandene System 100 % der Einlagen ab. Andere Staaten wehrten sich gegen eine derartige Vorgabe. Sie wollten eine zwingende Höchstgrenze mit dem Argument einführen83, dass nur eine eingeschränkte Einlagensicherung die Markt___________

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28.12.2001, S. 13). Auch muss berücksichtigt werden, dass sich ohnehin eine indirekte Regelung der Produkte auch aus dem Aufsichtsrecht ergibt. Am augenfälligsten ist dies im Investmentrecht, das Vorgaben über die Zusammensetzung von Fonds enthält. Ebenso Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 136 ff. Ebenso Grundmann, Bankaufsichtsrecht, S. 43 ff.; Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 138. Schwintowski, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 461 ff., bezweifelt, dass unter europarechtlichen Gesichtspunkten eine Trennung von Produkt- und Verkaufsmodalitäten gerechtfertigt sei. Auf Einzelheiten kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Einzelheiten bei Troberg, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 444 f. S. a. unten S. 472 f. Fn. 209 m. w. N. Hierauf weisen beispielsweise U.H. Schneider, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 11 = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 7; Behrens, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 35 f., hin. So auch das recht kritische Fazit von Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 121 f. Im Konzept der Mindestharmonisierung sind zwingende Höchstgrenzen bei den nationalen Anforderungen an die Zulassung eine Ausnahme. Grundsätzlich bleibt das Recht der Mitgliedstaaten erhalten, strengere Regeln zu erlassen, EuGH, Slg. 2002, I-10797 Rdn. 36 (Antonio Testa und Lido Lazzeri ./. Consob) mit Anm. Balzer, EWiR

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disziplin fördere, andernfalls bestehe die Gefahr eines moral hazards84. Da jedoch der Normalverbraucher die Bonität von Kreditinstituten nicht einschätzen kann, geht eine solche Betrachtungsweise am Kern des Problems vorbei85. Zudem übersieht sie, dass selbst Bankaufsichtsbehörden den Zusammenbruch von Kreditinstituten bisweilen zu spät bemerken, wie die Beispiele Herstatt oder BCCI zeigen86. Die Argumentation berücksichtigt auch nicht ausreichend die historischen Erfahrungen einer Nation. Nachdem deutsche Sparer zweimal im 20. Jahrhundert alle Ersparnisse verloren haben, ist der Wunsch nach einer perfekten Sicherung verständlich87. (5) Kosten und Nutzen einer Harmonisierung Auch ist die Frage unbeantwortet, ob die Vorteile der Harmonisierung ihre Kosten überwiegen. Sicherlich sollte man die integrierende Funktion des Rechts auf dem Weg zu einem vereinten Europa nicht unterschätzen oder schlecht reden, doch darf die Harmonisierung nicht als Selbstzweck verstanden werden. Denn ihr Preis ist hoch. Um der Liberalisierung im Binnenmarkt willen wird die Regulierungsdichte und die Komplexität der Normen erhöht88. Soweit die EG zwingende Vorgaben macht, führt sie vielfach zu einer Versteinerung89 des nationalen Rechts. Jede Veränderung europarechtlich vorgegebener Vorschriften kann nur über eine vorgeschaltete, umständliche Richtlinienänderung herbeigeführt werden. Diese Verkrustung ist im Bereich des Bankrechts nicht so groß wie etwa im Gesellschaftsrecht, da ___________

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2003, 989 f. Aus Wettbewerbsgründen werden sie dies faktisch nicht tun. Wenn sie strengere Regeln erlassen, müssen sie diese kenntlich machen, EuGH, a. a. O., Rdn. 46. U. H. Schneider, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 11 = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 7 f.; Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 185. Ausführlich dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff. Die Hintergründe des 1990 erfolgten Zusammenbruchs der weltweit operierenden BCCI-Gruppe, bei dem Einlagen von rund 12 Mrd. Pfund „verschwanden“ (U. H. Schneider, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 12 = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 9 f.), sind in dem Bericht einer Kommission unter Vorsitz von Lord Justice Bingham dargestellt, vgl. HMSO, Inquiry into the Supervision of the Bank of Credit and Commerce International, London 1992. Ebenso U.H. Schneider, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 11 = ders., Harmonisierung des Bankrechts, S. 7 f. Die Komplexität vieler Richtlinien ist nicht so sehr in den Richtlinienvorschlägen der Kommission angelegt, sie beruht vielmehr auf den Verhandlungen der Mitgliedstaaten und den daraus entstehenden, notwendigen Kompromissen, vgl. Bader, in: Hadding/ Welter, Binnenmarkt, S. 184. Großfeld/Bilda, Europäische Rechtsangleichung, S. 102; Assmann/Buck, EWS 1990, 110, 111 f.; Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 87.

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„die Marktkräfte nach Identifizierung von Problembereichen die Wiederaufnahme der Bankrechtsharmonisierung erzwingen“90. Eine Versteinerung des Rechts wird schon durch die Konkurrenz auf den internationalen Märkten verhindert, die flexible Lösungen erzwingt. Hinzu kommt, dass die Kommission eine Arbeitsgruppe von Experten eingesetzt hat91, deren Aufgabe die Klärung von Interpretations- und Anwendungsfragen der Richtlinien ist. Diese Experten weisen ggf. die Kommission und den EG-Beratenden Bankenausschuss92 auf Lücken oder Defizite im Regelungsrahmen hin93.

4. Überprüfung und vereinheitlichende Kodifizierung des Sekundärrechts a) Vereinheitlichung des Sekundärrechts Eine weitere Phase der Harmonisierung wird gegenwärtig in Brüssel vorbereitet. Nachdem die Mindestharmonisierung in zahlreichen Rechtsgebieten weitgehend abgeschlossen ist, lässt sich eine starke Zersplitterung des Rechts feststellen. Denn die Gemeinschaft hat an sich zusammengehörige Rechtsgebiete in einer Vielzahl einzelner Richtlinien geregelt und ein überaus komplexes Regelungsgebäude geschaffen94, wie die nachfolgende Darstellung des europäischen Bank- und Wertpapierdienstleistungsrechts noch zeigen wird. Um die notwendige Übersichtlichkeit wieder herzustellen, bereitet die Kommission zusammenfassende Richtlinien vor mit dem Ziel, jeweils ein Rechtsgebiet möglichst in einer Richtlinie zu regeln. Im Zuge dieser „Vereinheitlichung der Rechtsvereinheitlichung“ ist auch eine Bankenrichtlinie (im Folgenden BankenRL) geschaffen worden95. Bei der vereinheitlichenden Kodifizierung musste sichergestellt werden, dass früher ge___________ 90 Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 174, der deshalb recht optimistisch ist, dass notwendige Richtlinienanpassungen schnell gelingen; tendenziell jetzt auch Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 117 f. 91 Troberg, Europäische Aufsicht, S. 45 ff. 92 Dieser Ausschuss wurde aufgrund von Art. 11 der 1. BKRL errichtet, dazu Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 139 Rdn. 2 f.; ders., Europäische Aufsicht, S. 44 ff.; Knobl, Europabankrecht, S. 40 f.; Cordewener, Sparkasse 1990, 510. Durch die Richtlinie 2005/1/EG, ABl. EG Nr. L 79 vom 24.3.2005, S. 9, wurde er in „Europäischer Bankenausschuss“ umbenannt. 93 Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 183. 94 Kritisch hierzu etwa Gratias, Staatshaftung, S. 27; Hoffmann, Banken- und Börsenrecht der EWG, S. 10 („Chaos“). 95 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. EG Nr. L 126 vom 26.5.2000, S. 1 ff.; dazu statt vieler etwa Troberg, in: BankrechtsHandbuch2, § 139 Rdn. 14.

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fundene Kompromisse nicht wieder in Frage gestellt werden, weshalb es im Wesentlichen nur um eine Zusammenfassung der Texte verschiedener Richtlinien ging. Dabei handelt es sich um die 1. und 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, die Eigenmittel-, Solvabilitäts- und Großkreditrichtlinien sowie die Änderungsrichtlinie 92/30/EG. Richtlinien zu speziellen Aspekten, wie Bankbilanzen, Geldwäsche, Einlagensicherung und Zahlungsverkehr, wurden nicht aufgenommen. Der folgende Abschnitt orientiert sich in seiner Darstellung an den bisherigen Einzelrichtlinien, da es in der Sache auch um die Entwicklung dieses Rechtsgebiets geht. Die Zählung der einzelnen Artikel in der vereinheitlichenden Kodifizierung der BankenRL wird jedoch kenntlich gemacht. b) Überprüfung der Regulierung bzw. der erreichten Integration des europäischen Finanzmarkts Neben der Vereinheitlichung des Sekundärrechts nimmt die Kommission auch eine Überprüfung der vorhandenen Richtlinien auf ihre Notwendigkeit vor. Begonnen wurde mit einer Arbeitsgruppe, die die Frage der Deregulierung im Bereich der 1. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie überprüft96. Im Bereich der Finanzdienstleistungen hat die Kommission mit ihrem Aktionsplan Finanzdienstleistungen (Financial Services Action Plan/FSAP) eine umfassende Initiative zur Überarbeitung der einschlägigen Richtlinien und der Schaffung eines schlankeren, effektiveren Ordnungsrahmens ergriffen97. Ziel des Aktionsplans ist es, die Funktionsweise der europäischen Finanz- und Kapitalmärkte zu verbessern und für eine höhere Integration zu sorgen, um damit ihre Konkurrenzfähigkeit im weltweiten Wettbewerb zu stärken. Die noch bestehenden rechtlichen Beschränkungen für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen in der Europäischen Union sollen abge-

___________ 96 Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 322 f. 97 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Abstecken eines Aktionsrahmens, KOM(1998), 625 endg. vom 28.10.1998 = Zusammenfassung in WM 1999, 757 f.; Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM(1999) 232 vom 11.5.1999, http://europa.eu.int/ comm/internal_market/finances/docs/actionplan/index/actionde.pdf (abgerufen am 18.2.2005), abgedruckt in: ZBB 1999, 254 ff. Siehe hierzu Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 326 m. w. N. Der Stand der Umsetzung des Aktionsplans ist abrufbar unter http:// europa.eu.int/comm/internal_market/finances/actionplan/index_de.htm#action%20plans (abgerufen am 18.2.2005).

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baut werden. Mit seiner umfassenden Zielsetzung dürfte der Aktionsplan eine der wichtigsten Regelungen seit dem Segré-Bericht von 1966 sein98. Der Aktionsplan verfolgt vier strategische Ziele: – Errichtung eines einheitlichen Firmenkundenmarkts für Finanzdienstleistungen, – Schaffung offener und sicherer Privatkundenmärkte, – Modernisierung der Aufsichtsvorschriften sowie – Schaffung der Voraussetzungen für einen optimalen Finanzbinnenmarkt (u. a. Beseitigung unterschiedlicher steuerlicher Regelungen und Schaffung eines effizienten und transparenten Rechtssystems der Unternehmensverfassung). Der Plan umfasst 42 Einzelmaßnahmen, die bis Ende 2005 umgesetzt sein sollen99. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Schaffung eines integrierten europäischen Wertpapiermarkts, für den seinerseits eine Modernisierung der aus dem Jahre 1993 stammenden WDRL notwendig ist. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Wege des so genannten Lamfalussy-Verfahrens100 (dazu sogleich). Betrachtet man die bislang erfolgte Umsetzung des Aktionsplans, so kann man feststellen, dass nahezu alle Maßnahmen rechtzeitig und vollständig erlassen wurden, was einen beträchtlichen Erfolg für ein Legislativprogramm dieser Größe und Komplexität darstellt. Von den anvisierten 42 Maßnahmen wurden 39 abgeschlossen; darunter befinden sich Richtlinien in so wichtigen Bereichen wie dem Marktmissbrauch, den Märkten für Finanzinstrumente, dem Fernabsatz für Finanzdienstleistungen sowie der Geldwäsche. Es stehen derzeit nur noch die 10. und 14. Gesellschaftsrechtsrichtlinie sowie die Überprüfung der Kapitalanforderungen an Finanzinstitute (Basel II) aus101. ___________ 98 Ebenso die Einschätzung von Zeitler, ZfgK 2003, 1222. 99 So eine Forderung des Europäischen Rates von Lissabon am 23./24.3.2000, Lissabon, Schlussfolgerungen des Vorsitzes Nrn. 19, 21, http://www.europarl.eu.int/sum mits/lis1_de.htm (abgerufen am 7.2.2005). 100 Siehe hierzu Europäischer Rat, 23./24.3.2000, Lissabon, Schlussfolgerungen des Vorsitzes Nrn. 20, 21, http://www.europarl.eu.int/summits/lis1_de.htm (abgerufen am 7.2.2005), sowie Entschließung des Europäischen Rates vom 23.3.2001 über eine wirksamere Regulierung der Wertpapiermärkte in der Europäischen Union, ABl. EG Nr. C 138 vom 11.5.2001, S. 1; = Europäischer Rat, 23./24.3.2001, Stockholm, Anlage I zu den Schlussfolgerungen des Vorsitzes, http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/ docs/pressData/de/ec/ACF191B.html (abgerufen am 8.2.2005). 101 10. Fortschrittsbericht der Kommission über den FSAP, http://europa.eu.int/comm/ internal_market/finances/docs/actionplan/index/progress10_de.pdf (abgerufen am 23.5.2005).

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Die mit dem FSAP angestrebte umfangreiche Regulierung wird teilweise kritisch gesehen102. Sicherlich ist eine Regulierung noch kein Garant für die angestrebte Integration bzw. wechselseitige Durchdringung der Kapitalmärkte der Europäischen Union. Wenn überhaupt, muss zumindest eine konsequente und rechtzeitige Umsetzung sowie entschlossene Durchsetzung der Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten erfolgen103. Für eine abschließende Bewertung des Erfolges des Aktionsplans ist es noch zu früh. Die Kommission hat zu diesem Zweck Expertengruppen104 eingesetzt. Diese sollen den Aktionsplan evaluieren, den Stand der Integration der europäischen Finanzmärkte bewerten sowie Erkenntnisse für zukünftige Gesetzgebungsvorhaben gewinnen. Einen Aktionsplan II, über den schon spekuliert wurde105, wird es nach Ansicht der Kommission nicht geben. Vielmehr will man sich auf absehbare Zeit auf die konsequente Anwendung und Durchsetzung bestehender Regeln konzentrieren106.

___________ 102 Mülbert, WM 2001, 2085, 2086, sieht das aus dem FSAP resultierende Programm für die Schaffung eines integrierten europäischen Kapitalmarkts als „marktgetrieben“ an und vermisst ein zugrunde liegendes, auf eine homogene Theorie gestütztes Integrationskonzept. Auch Horn, Europäisches Finanzmarktrecht, S. 60 f., begreift den FSAP eher als eine pragmatische Auflistung einer Fülle verschiedener Einzelmaßnahmen der Gesetzgebung und kann hierin kein umfassendes, durchstrukturiertes Gesamtkonzept erkennen. Vielfältig wurde auch eine drohende Überregulierung sowie das Verursachen erheblicher Mehrkosten für die Bankwirtschaft moniert, vgl. Einecke, Süddeutsche Zeitung vom 9.10.2004, S. 29; Larsen, Financial Times London vom 21.2.2005, S. 1. Siehe zu allem auch Yarrow, Financial Times London vom 2.8.2004, S. 7. 103 10. Fortschrittsbericht der Kommission über den FSAP, http://europa.eu.int/comm/ internal_market/finances/docs/actionplan/index/progress10_de.pdf (abgerufen am 23.5.2005), S. 1. 104 Financial Services Policy Group, Forumgruppe Wertpapierhandel, Financial Integration Monitor. Die Ergebnisse dieser Gremien sind abrufbar unter http://europa.eu.int/ comm/internal_market/finances/actionplan/index_de.htm#transposition (abgerufen am 25.5.2005). 105 Berndt, Kreditwesen 2004, 1214 ff. 106 Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005–2010), KOM(2005) 177 vom 3.5.2005; http://europa.eu.int/comm/internal_market/finances/docs/actionplan/index/ green_de.pdf (abgerufen am 23.5.2005).

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5. Erneuter Methodenwechsel im europäischen Bank- und Wertpapierrecht? a) Das Vier-Stufen-Modell des Lamfalussy-Ausschusses Im Verlaufe der Beratungen zu Inhalt und Umsetzung des Aktionsplans Finanzdienstleistungen erkannten die europäischen Gesetzgebungsorgane, dass das auf der Grundlage von Art. 251 EG praktizierte Mitentscheidungsverfahren viel zu langsam, zu starr und zu komplex war, um mit den rasanten Veränderungen der weltweiten Finanzmärkte mithalten zu können. Notwendig war daher eine effiziente Regulierungsstruktur, die zeitnahe und adäquate Kapitalmarktregelungen erlaubt, das Rechtsetzungsverfahren mithin beschleunigt und so vor allem eine termingerechte Umsetzung des Aktionsplans sicherstellt. Als Reaktion auf diese Forderungen entschloss sich der Rat der EU-Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN-Rat) am 17.7.2000, einen „Ausschuss der Weisen“ unter der Leitung des ehemaligen belgischen Notenbankpräsidenten Alexandre Lamfalussy (sog. Lamfalussy-Ausschuss) einzusetzen. Aufgabe des Ausschusses war es, Vorschläge für eine Reform des schwerfälligen Rechtsetzungsverfahrens für den Finanz- und Kapitalmarktbereich zu unterbreiten. Der Ausschuss erarbeitete zwei Berichte107, in welchen er die gegenwärtige Entwicklung des europäischen Finanzmarkts analysierte, die Grundstruktur eines Vier-Stufen-Modells für den beschleunigten Erlass und die effizientere Durchsetzung von Rechtsakten vorstellte sowie detaillierte Empfehlungen für dessen Implementierung abgab. Die vier Stufen dieses Modells lassen sich kurz wie folgt beschreiben108: Auf Stufe 1 werden die Rahmenprinzipien bzw. Grundsätze eines Rechtsetzungsvorschlages sowie Art und Umfang der auf Stufe 2 zu erlassenden „technischen“ Durchführungsbestimmungen festgelegt. Stufe 2 dient der Regelung der Einzelheiten dieser Rahmenprinzipien durch die Europäische

___________ 107 Der Zwischenbericht (9.11.2000) und der Schlussbericht (15.2.2001) des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte sind mit weiterführenden Materialien abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_ market/securities/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 8.2.2005). 108 Vgl. hierzu ausführlich den Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte, http://europa.eu.int/comm/internal_ market/securities/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 8.2.2005) sowie Röh, Sparkasse 2002, 152, 153 ff.; Claßen/Heegemann, ZfgK 2003, 1200 ff.

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Kommission im Wege des Komitologie-Verfahrens109, bei dem sie von zwei eigens zu diesem Zweck eingesetzten Ausschüssen, dem Europäischen Wertpapierausschuss (European Securities Committee/ESC) und dem Ausschuss der EU-Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of European Securities Regulators/CESR) unterstützt wird110. Auf Stufe 3 soll der häufig mangelnden Umsetzung der europäischen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten auf gesetzgeberischer wie auch aufsichtsrechtlicher Ebene entgegengewirkt werden. Dies geschieht zum einen durch die intensivere Zusammenarbeit und Vernetzung aller mitgliedstaatlichen Wertpapierregulierungsbehörden, um einheitliche Durchführungsstandards zu gewährleisten. Zum anderen werden durch den Ausschuss der EU-Wertpapierregulierungsbehörden einheitliche Leitlinien sowie gemeinsame Empfehlungen zu Auslegungsfragen aufgestellt. Stufe 4 zielt auf eine verstärkte Durchsetzung der auf den vorangegangenen drei Stufen erlassenen und umgesetzten Regelungen, womit ein energischeres Vorgehen der Europäischen Kommission im Falle von Umsetzungsdefiziten in den Mitgliedstaaten verbunden ist. Im Ergebnis wird das herkömmliche Rechtsetzungsverfahren gemäß Art. 251 EG insofern beschleunigt, als im Falle einer notwendig werdenden Änderung der europäischen Vorschriften nur noch selten das Mitentscheidungsverfahren durchlaufen werden muss. Da der Modernisierungsbedarf häufig nur technische Details und nicht die grundlegenden Prinzipien einer Regelung betreffen wird, reicht es künftig, allein die auf Stufe 2 erlassenen Durchführungsregelungen zu ändern. In diesem Bereich können die genannten Fachausschüsse zusammen mit der Kommission zügig tätig werden. Durch die Möglichkeit, auf tatsächliche Entwicklungen auf den Kapitalmärkten schneller reagieren zu können, wird das Lamfalussy-Verfahren im Sinne einer effizienteren Regulierungsstruktur auf EU-Ebene als Erfolg angesehen. Die Europäische Kommission hat daher vorgeschlagen, dieses ___________ 109 Vgl. hierzu Beschluss des Rates vom 13.7.1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (87/373/ EWG), ABl. EG Nr. L 197 vom 18.7.1987, S. 33; ersetzt durch den Beschluss des Rates vom 28.6.1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (1999/468/EG), ABl. EG Nr. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Siehe hierzu Mensching, EuZW 2000, 268 ff. 110 Die offizielle Einsetzung beider Ausschüsse durch die EU-Kommission fand im Juni 2001 statt, siehe den Beschluss der Kommission vom 6.6.2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, vgl. ABl. EG Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 43, und den Beschluss der Kommission vom 6.6.2001 zur Einsetzung des Europäischen Wertpapierausschusses, vgl. ABl. EG Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 45.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Konzept auf die Rechtsetzung im gesamten Bank-, Wertpapier- und Versicherungsbereich auszudehnen111. b) Auf dem Weg zu einer Vollharmonisierung? Seit dem Weißbuch der Kommission aus dem Jahre 1985112 waren die Bemühungen der Europäischen Union zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts durch die Prinzipien der Mindestharmonisierung sowie gegenseitigen Anerkennung der nicht harmonisierten Normen geprägt. Die in den 70er Jahren angestrebte Vollharmonisierung ließ sich politisch nicht durchsetzen113. Betrachtet man nun die nach dem Lamfalussy-Verfahren beschlossenen Regelungen, fällt deren hohe Dichte auf, die vor allem durch Richtlinien und Verordnungen auf Stufe 2 bewirkt wird. Durch die strikten Vorgaben, die europäische Gremien auf Stufe 2 des Verfahrens machen, besteht bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht so gut wie kein Spielraum mehr für die Mitgliedstaaten. Zwar handelt es sich formell nicht um eine Vollharmonisierung, welche Entscheidungen bei der Umsetzung der Richtlinien durch die Mitgliedstaaten gänzlich ausschließen würde; jedoch sind die im Lamfalussy-Verfahren ergangenen Regelungen derart umfassend und detailreich, dass das Rechtsangleichungsinstrument „Richtlinie“ gemäß Art. 249 Satz 3 EG in sein Gegenteil verkehrt zu sein scheint. Gerade weil „technische“ Durchführungsbestimmungen eine immer größere Bedeutung im Bereich des Finanz- und Kapitalmarktrechts erlangen, erweisen sich die Ausführungsrichtlinien und -verordnungen auf Stufe 2 in der Sache häufig als die eigentlich entscheidenden Regelungen, während die auf Stufe 1 verabschiedeten Maßnahmen zu bloßen Hülsen degradiert werden114. Vor diesem Hintergrund ist es sehr fraglich, ob die Kommission im Bereich des Finanz- und Kapitalmarktrechts überhaupt noch vom Konzept der Mindestharmonisierung ausgeht. Vielmehr scheint man mit der Einführung des Lamfalussy-Verfahrens unausgesprochen das Prinzip der Vollharmonisierung eingeführt zu haben, für das allerdings eine EGVerordnung und nicht eine EG-Richtlinie das zutreffende Regelungsinstrument wäre. ___________ 111 Vgl. Europäische Kommission, „Die Anwendung des Lamfalussy-Prozesses im Bereich Wertpapiere der EU-Gesetzgebung. Eine einleitende Evaluierung durch die Kommissionsdienststellen“ vom 15.11.2004 (Arbeitspapier), http://europa.eu.int/ comm/internal_market/securities/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 1.3.2005). 112 EG-Kommission, Weißbuch an den Rat „Vollendung des Binnenmarkts“, KOM(85) 310 endg. vom 14.6.1985, S. 27 f. 113 S. o. S. 430 ff. 114 Dazu auch Zimmer, BKR 2004, 421 f.

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Entwicklungslinien der Rechtsangleichung

Betrachtet man die verschiedenen Stadien der Harmonisierung des Bankund Kapitalmarktrechts, kann man feststellen, dass die EG-Kommission ihre Konzepte ganz pragmatisch den politischen Notwendigkeiten anpasst115. Nachdem man sich in den 80er und 90er Jahren über die Grundlagen der Regelung des Bank- und Kapitalmarktrechts verständigt hatte, kann man seitdem an die Ausfüllung dieses Rahmens mit einem deutlich höheren Tempo und höherer Regelungsdichte herangehen. Dies trifft insbesondere auf die in Angriff genommenen anleger- und verbraucherschützenden Regelungskomplexe zu, wie beispielsweise Vorschriften gegen Marktmanipulationen oder über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, bei denen ein einheitlicher Standard in Europa ohnehin wünschenswert ist. Denn gerade diese Bereiche eignen sich inhaltlich wenig für eine bloße Mindestharmonisierung116. Gleiches gilt für die Wohlverhaltensregeln, auf die sogleich im Zusammenhang mit der WDRL und der MiFID einzugehen ist117. Mit dem Konzept der Mindestharmonisierung verbindet man herkömmlich auch die Idee eines Wettbewerbs der Systeme118. Für einen solchen ist aber dann kein Platz, wenn Teile der Regulierungsunterworfenen, hier die Nachfrageseite in Gestalt der Kleinanleger, nicht oder nur wenig mobil sind. In diesem Fall fehlt eine elementare Bedingung für einen Wettbewerb der Systeme und damit kann sich gerade nicht die beste Regelung herauskristallisieren. Im Ergebnis ist die nun in vielen Bereichen vorgenommene „Vollharmonisierung“ zu begrüßen. Zudem wird sich langfristig die Frage stellen, ob man an dem vereinbarten Prinzip der Herkunftslandkontrolle festhalten oder dies durch eine zentrale europäische Aufsicht ersetzen will119. Das Lamfalussy-Verfahren bietet jedoch nicht nur Vorteile. Die Besetzung eines Fachausschusses mit Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden sichert zwar kompetente Beratung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es leicht zu einer Überregulierung kommen kann, wenn man den Personenkreisen, die für die Beaufsichtigung zuständig sind, auch die Kompetenz für die Schaffung neuer Eingriffsrechte zuweist120. Schließlich kann die Auslagerung von Gesetzgebungszuständigkeiten auf Fachausschüsse ein „Demokra___________ 115 So auch die Einschätzung von Köndgen, in: Basedow/Baum/Hopt/Kanda/Kono, Economic Regulation and Competition, S. 47. 116 Köndgen, in: Basedow/Baum/Hopt/Kanda/Kono, Economic Regulation and Competition, S. 50. 117 S. u. S. 468 ff., 477 ff. 118 S. o. S. 439 ff. 119 Entsprechenden Forderungen von Teilen der Kreditwirtschaft nach einer raschen Einführung einer zentralen Aufsicht in Europa hat die Kommission eine Absage erteilt, vgl. AG 2005, R 236. 120 Zimmer, Key Note Speech.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

tiedefizit“ erzeugen. Hierauf wurde im Zuge der Diskussion um das Komitologie-Verfahren bereits ausreichend hingewiesen121, weshalb an dieser Stelle eine weitere Erörterung unterbleiben kann.

6. Weiteres Vorgehen Wie oben geschildert, entfaltete die Kommission seit 1985 rege Aktivitäten im Bereich des Kapitalmarktrechts. Wegen der Vielzahl und der Komplexität der Richtlinien soll nachfolgend nur der für die Ziele der vorliegenden Arbeit interessante Bereich der Bank- und Finanzdienstleistungen betrachtet werden, während das Börsen- und Investmentrecht ausgeklammert bleibt. Innerhalb des Bankrechts bleiben solche Bereiche außer Betracht, die für die Vermögensverwaltung nicht unmittelbar relevant sind, wie etwa die Richtlinien zum Bankbilanzrecht122 oder zu einzelnen Bereichen des Bankvertragsrechts123. Nicht vertieft wird auch das Steuerrecht. Bedeutsam ist etwa ___________ 121 Wichard, in: Calliess/Ruffert, EGV2, Art. 202 Rdn. 11 m. w. N.; Jacqué, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Art. 202 Rdn. 38 ff., 41. Im Deutschen Bundestag war diese Frage Gegenstand einer Kleinen Anfrage, http://www.bundestag. de/bic/hib/2003/2003_092/07.html (abgerufen am 24.5.2005). S. a. den Bericht des Europäischen Parlaments über die Umsetzung der Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen (2001/2247(INI)) – Hughes-Verfahren – Ausschuss für konstitutionelle Fragen vom 23.1.2002, http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUB REF=-//EP//NONSGML+REPORT+A5-2002-0011+0+DOC+PDF+V0//DE&L=DE &LEVEL=3&NAV=S&LSTDOC=Y (abgerufen am 24.5.2005). 122 Hier sind zu nennen: Richtlinie des Rates vom 8.12.1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635/EWG), ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 1 und Richtlinie des Rates vom 13.2.1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen (89/117/EWG), ABl. EG Nr. L 44 vom 16.2.1989, S. 40. Die Richtlinien sind mit nachfolgenden Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 398 ff., 418 ff.; sie wurden durch das Bankbilanzrichtlinien-Gesetz vom 30.11.1990, BGBl. I 2570 umgesetzt. Die beiden Richtlinien betrafen also eher das Verbands-, als das Kapitalmarktrecht, denn sie wurden in Ergänzung zu den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien über den Jahresabschluss und die Konzernrechnungslegung (4. und 7. Gesellschaftsrechtliche Richtlinie) erlassen, die keine Spezialvorschriften für Kredit- und Finanzinstitute enthielten. 123 So etwa die Richtlinie des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (87/102/ EWG), ABl. EG Nr. L 42 vom 12.2.1987, S. 48 sowie der Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 11.9.2002, KOM(2002) 443 endg. Faktisch nicht erfasst werden sollte die Vermögensverwaltung von dem nicht weiter verfolg-

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

die geplante Vereinheitlichung der Zinsbesteuerung124, die zu einer Austrocknung zumindest der europäischen Steueroasen in diesem Bereich führen könnte. Da nicht nur die Staaten der EU und die EWR-Staaten, sondern auch wichtige andere Nachbarstaaten einbezogen werden, kann dies bei der Vermögensverwaltung zu einer Marktverschiebung zulasten von Luxemburg, Liechtenstein und der Schweiz führen. Da das Aufsichtsrecht bei Kreditinstituten Ausgangspunkt späterer europarechtlicher Regelungen auch der Vermögensverwaltung war, werden zunächst die 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie und die sie ergänzenden Richtlinien in ihrer durch die Bankenrichtlinie125 konsolidierten Fassung untersucht. Anschließend wird die für die Vermögensverwaltung bedeutende WDRL und deren Reform durch die 2004 verabschiedete Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) näher betrachtet.

III. Rahmenbedingungen für Kreditinstitute 1. Die Bankenrichtlinie a) Ziele und Grundlagen der Richtlinie Im Jahr 1989 verabschiedete die EG die 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie126 (im Folgenden 2. BKRL), die als „Magna Charta des Bankrechts“ ___________ ten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Haftung bei Dienstleistungen vom 9.11.1990, KOM(90) endg. – SYN 308, (91/C 12/11), ABl. EG Nr. C 12 vom 18.1.1991, S. 8; dazu etwa Frietsch, DB 1992, 929 ff.; Joerges/Brüggemeier, Europäisierung des Vertragsrechts und Haftungsrechts, S. 233, 267 ff. m. w. N. sowie die Beiträge in: Littbarski, Entwurf einer Richtlinie über die Haftung bei Dienstleistungen. Art. 4 des Richtlinienvorschlags begrenzte die Haftung auf Personen- und Sachschäden, so dass Bank- und Finanzdienstleistungen mit dem Risiko reiner Vermögensschäden faktisch ausgenommen werden sollten. 124 Zur Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU von 2003, die bis Sommer 2005 umzusetzen ist, s. u. S. 534 Fn. 364. Zum bis dahin geltenden Recht und möglichen Reformenansätzen Dinse, Die Besteuerung von Portfolio-Kapitalerträgen im Europäischen Kapitalmarkt. 125 S. o. S. 446 Text bei Fn. 95. 126 Zweite Richtlinie des Rates vom 15.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG (89/646/EWG), ABl. EG Nr. L 386 vom 30.12.1989, S. 1; mit nachfolgenden Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 332 ff., umgesetzt durch die 4. KWG-Novelle vom 21.12.1992, BGBl. I 2211; dazu Lehnhoff, WM 1993, 277 ff.; Wallach, DZWIR 1993, 39 ff.; Geiger, Sparkasse 1992, 562 f. Zur Richtlinie Emmerich, WM 1990, 1;

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

bezeichnet wird127 und der aus Sicht des europäischen Kapitalmarktrechts zentrale Bedeutung zukommt. Mit ihr wurde das neue Konzept der Mindestharmonisierung und gegenseitigen Anerkennung für den Bereich der Banken umgesetzt. Die von dem Mitgliedstaat, auf dessen Territorium das Kreditinstitut seinen Sitz hat, erteilte Marktzutrittserlaubnis wird unter bestimmten Voraussetzungen in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt („Europäischer Pass“128); die Überwachung des Instituts erfolgt durch das Herkunftsland129. Mit der Richtlinie beseitigte die Gemeinschaft also auch diejenigen Schranken der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, die nach der 1. BKRL noch bestanden hatten130. Die Richtlinie wurde durch die BCCI-Richtlinie131 geändert und im Jahre 2000 in der soeben bereits erwähnten Bankenrichtlinie konsolidiert.

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Horn, ZBB 1989, 107, 110 ff.; Lanzke, WM 1988, 397; Bader, Die Bank 1988, 242, 249; Zavvos, 25 CMLR (1988), 263 ff.; Ebeling, ELR 1990, 60 ff.; Clarlotti, Cahiers de Droit Européen 1989, 504 ff. Lutter, Unternehmensrecht4, S. 326. Die allgemein übliche Bezeichnung „Europäischer Pass“ ist missverständlich. Es handelt sich nicht um eine EU-Zulassung, sondern um eine Zulassung nach nationalem Recht mit extraterritorialer Wirkung. Eindeutig ist dagegen die englische Bezeichnung „single license“. Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 43 ff., kommt in seiner spieltheoretischen Betrachtung zu dem Ergebnis, dass dieser Ansatz langfristig dazu führen wird, dass das Prinzip der Herkunftslandkontrolle sich zugunsten der Staaten auswirke, die Banken die geringsten Regulierungskosten auferlegten. Dies veranlasse die anderen Mitgliedstaaten zur Deregulierung und fördere damit die Harmonisierung. Durch die gleichzeitig verankerte Mindestharmonisierung werde ein race to the bottom verhindert. Die Restzuständigkeit der Gastländer für die Liquiditätskontrolle sei systemfremd und könne missbraucht werden, um rechtliche Hemmnisse aufrechtzuerhalten. S. o. S. 433 Text zu Fn. 19; kritisch deshalb etwa Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 41 ff., der mit Hilfe der Spieltheorie nachweist, dass das Prinzip der Gastlandkontrolle die Chancen auf eine effektive Harmonisierung des Finanzdienstleistungssektors auf rund 18 % reduziert. Das Prinzip lasse sich zur Aufrechterhaltung nationaler Schranken nutzen. Richtlinie 95/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.1995 zur Änderung der Richtlinien 77/780/EWG und 89/646/EWG betreffend Kreditinstitute, der Richtlinien 73/239/EWG und 92/49/EWG betreffend Schadenversicherungen, der Richtlinien 79/267/EWG und 92/96/EWG betreffend Lebensversicherungen, der Richtlinie 93/22/EWG betreffend Wertpapierfirmen sowie der Richtlinie 85/611/ EWG betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zwecks verstärkter Beaufsichtigung dieser Finanzunternehmen (BCCIRichtlinie), ABl. EG Nr. L 168 vom 18.7.1995, S. 7.

Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

b) Anwendungsbereich Die Richtlinie geht von einem sehr engen Begriff des Kreditinstituts aus, der sich mit dem – auf das Universalbankensystem zugeschnittenen – Begriff des deutschen Rechts nicht deckt. Erfasst sind Institute, die Einlagen entgegennehmen (können132) und Kredite vergeben (Art. 1 Nr. 1 BankenRL). Der Einlagenbegriff erfasst dabei auch die Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums133. Neben den Kreditinstituten sind von der Richtlinie auch Finanzinstitute erfasst. Letztere definiert die Richtlinie als Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind und deren Haupttätigkeit darin besteht, Beteiligungen zu erwerben oder eine oder mehrere der in Nrn. 2 bis 12 des Anhangs I zur Richtlinie aufgeführten Dienstleistungen zu erbringen (Art. 1 Nr. 5 BankenRL)134. In Art. 2 Abs. 3 BankenRL finden sich zahlreiche Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie135, die jedoch im Zusammenhang mit dem Thema Vermögensverwaltung nicht von Interesse sind. c) Zulassungsvoraussetzungen Das Mindestkapital für die Zulassung136 eines Kreditinstituts beträgt 5 Mio. Euro (Art. 5 Abs. 1 BankenRL), wobei für besondere Kategorien von Kreditinstituten ein geringeres Mindestkapital von 1 Mio. Euro festgelegt werden kann (Art. 5 Abs. 2 BankenRL). Gemäß Art. 6 Abs. 1 BankenRL müssen mindestens zwei Geschäftsleiter vorhanden sein („Vier-Augen-Prinzip“), die zuverlässig und erfahren zu sein haben. Das Institut muss einen Geschäftsplan vorlegen, aus dem sich die Art der geplanten Geschäfte und der organisatorische Aufbau des Instituts ergibt (Art. 8 BankenRL). Die Zulassung setzt weiterhin voraus, dass das Kreditinstitut den Aufsichtsbe___________ 132 Ob sie von dieser Befugnis tatsächlich Gebrauch machen, ist unerheblich, Knobl, Europabankrecht, S. 80, 119; Troberg, Europäische Aufsicht, S. 14. 133 Damit erfasst der EG-Einlagenbegriff auch die Emission von Schuldverschreibungen (Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 136 Rdn. 2; Knobl, Europabankrecht, S. 80) und unterscheidet sich damit vom nationalen Recht, vgl. Haug, in: Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 18. Da die Definition kumulativ zu verstehen ist, fallen jedoch Unternehmen, die sich über Schuldverschreibungen finanzieren, nicht unter den Begriff des Kreditinstituts, da sie nicht gleichzeitig auch Kredite vergeben, Troberg, Europäische Aufsicht, S. 13. 134 Der Begriff des Finanzinstituts deckt sich nicht mit dem in § 1 Abs. 3 KWG a. F. verwendeten Begriff, da das KWG manche der Geschäftsarten des Anhangs I der BankenRL als Bankgeschäfte einordnet und solche Institute damit zu Kreditinstituten erklärt. 135 Dazu Knobl, Europabankrecht, S. 89 ff. 136 Für Altfälle sieht die Richtlinie einen Bestandsschutz vor, da sie ausdrücklich nur Fälle erfasst, in denen die Tätigkeit aufgenommen wird. Auch im Hinblick auf das Mindestkapital enthält die Richtlinie einen Bestandsschutz (Art. 5 Abs. 4 BankenRL).

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

hörden die Identität und den Beteiligungsbetrag der direkten oder indirekten Gesellschafter mitteilt und die Behörde keine Zweifel an der soliden und zuverlässigen Führung des Instituts durch die Gesellschafter hat (Art. 7 BankenRL)137. Die Zulassung muss im Sitzstaat des Kreditinstituts beantragt werden. Wie die Erwägungsgründe138 zeigen, ist hierunter der satzungsmäßige Sitz zu verstehen. Im Regelfall wird der Satzungssitz in dem Staat liegen, in dem das Institut seinen Tätigkeitsschwerpunkt hat. Legt eine Wertpapierfirma jedoch ihren Satzungssitz in einen anderen Staat, in dem nicht das Schwergewicht der geschäftlichen Aktivitäten angesiedelt ist, und erfolgte diese Sitzwahl mit der Absicht, sich den strengeren Zulassungs- und Aufsichtsregeln des an sich zuständigen Staates zu entziehen, kann die Zulassung abgelehnt bzw. entzogen werden139. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 43 und 49 EG, da die Grundfreiheiten nicht allein zu dem Zweck genutzt werden dürfen, ansonsten zwingend anwendbares nationales Recht zu umgehen140. d) Art und Umfang der erlaubten Tätigkeiten Art und Umfang der Tätigkeiten, die Kreditinstituten in anderen Mitgliedstaaten eröffnet sind, werden in Art. 18 BankenRL und in einer diesen ausfüllenden Liste im Anhang I niedergelegt. Die Kreditinstitute dürfen alle Geschäfte, die der Anhang I nennt, für die sie eine Zulassung in ihrem Herkunftsland besitzen und bezüglich derer sie der Aufsicht unterliegen, auch in anderen Mitgliedstaaten erbringen („Europäischer Pass“)141. Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Negativ formuliert bedeutet dies, dass der Europäische Pass nicht für solche Tätigkeiten gilt, die der Anhang I der BankenRL nicht ausdrücklich nennt, selbst wenn sie in die von der nati___________ 137 Die einzelnen Zulassungsvoraussetzungen werden von Dassesse/Isaacs/Penn, EC Banking Law, S. 113 ff., 129 ff., 161 ff., 185 ff., 199 ff.; Knobl, Europabankrecht, S. 123 ff.; Gruson/Feuring, in: Cranston, The Single Market2, S. 25 ff., erläutert, worauf verwiesen werden kann. Kritisch zur fehlenden Harmonisierung der Begriffe „solide und zuverlässige Führung“ Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 33. 138 Erwägungsgrund Nr. 9 BankenRL. 139 Vgl. auch Art. 6 Abs. 2 BankenRL. 140 Vgl. etwa EuGH, Slg. 1974, 1299 Rdn. 13 (van Binsbergen); Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 73. 141 Allerdings kann der nationale Gesetzgeber dieses Recht für „seine“ Kreditinstitute beschränken und z. B. das Tätigkeitsfeld der Sparkassen begrenzen, da der Europäische Pass kein „Marktaustrittsrecht für Kreditinstitute“ gewährt, vgl. Begründung der Bundesregierung, BR-Drucks. 504/92, S. 43; Wallach, DZWIR 1993, 39, 40; zweifelnd Knobl, Europabankrecht, S. 59 f.; Roth, ZBB 1997, 373, 380 f.

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

onalen Behörde erteilte Zulassung des Kreditinstituts aufgenommen sind und nach nationalem Recht der Aufsicht unterliegen. Kreditinstitute benötigen in diesem Fall eine Zulassung des Gastlands, wobei Letzteres die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrags zu beachten hat. Der Pass gilt auch dann nicht, wenn es sich zwar um eine Tätigkeit handelt, die im Anhang I genannt ist, das Institut als solches aber im Heimatland keiner Zulassung bedarf und deshalb nicht der nationalen Aufsicht untersteht (z. B. Schließfachverwaltungsdienste nach Anhang I Nr. 14 BankenRL, die in Deutschland genehmigungsfrei betrieben werden dürfen). Dies galt vor 1998 etwa für die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells, sofern sie durch Nichtbanken erbracht wurde. Denn freie Vermögensverwalter unterlagen bis zur Umsetzung der WDRL durch das Umsetzungsgesetz142 nicht der Aufsicht des damaligen BAKred143. Schließlich gilt der Europäische Pass nicht für solche Tätigkeiten i. S. d. Anhangs I, für die das konkrete Kreditinstitut keine Zulassung nach nationalem Recht erhalten hat144. Soweit der Europäische Pass eingreift, dürfen Kreditinstitute innerhalb der Gemeinschaft ihre Dienstleistungen in der gleichen Art und Weise anbieten, in der sie diese im Herkunftsland erbringen. Einschränkungen darf ihnen das Gastland nur insoweit auferlegen, als dies aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist145. Ziel des Art. 18 BankenRL ist die Förderung der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs. Um diese möglichst weitgehend zu verwirklichen, orientiert sich die Liste erlaubter Tätigkeiten am Modell der Universalbank und erfasst praktisch das gesamte Geschäftsfeld dieses Bankentyps. Zu den erlaubten Tätigkeiten gehört u. a. die Portfolioverwaltung und -beratung. De facto gleicht dieser weite Bereich der erfassten Tätigkeiten damit einen Teil der Nachteile146 wieder aus, der sich aus dem sehr engen, am Trennbankensystem orientierten147 Begriff des Kreditinstituts ergibt. Universalbanken dürfen damit alle Geschäfte, für die sie die Zulassung in ihrem Heimatstaat erhalten haben, auch in den übrigen Mitgliedstaaten erbringen. Mit diesem Kompro___________ 142 Fundstelle s. S. 4 Fn. 10; zu den Neuerungen Baur, Die Bank 1997, 346 ff.; Jung, BB 1998, 649 ff.; Meixner, WM 1998, 431 ff.; ders., NJW 1998, 862 ff.; Mielk, WM 1997, 2200 ff. (I.), 2237 ff. (II.); Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288 ff.; Wiebke, DStR 1998, 491 ff. 143 S. o. S. 412. 144 Ebeling, ELR 1990, 67. 145 Erwägungsgrund Nr. 17 BankenRL. 146 Dazu sogleich auf S. 468 f. 147 Böttger, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 266; s. dazu auch oben S. 432 Text bei Fn. 18.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

miss wurde der Widerstand Frankreichs und Deutschlands bei der Verabschiedung der Richtlinie überwunden148. Die europaweite Geschäftstätigkeit kann gemäß Art. 18 ff. BankenRL in Form von rechtlich unselbstständigen Zweigstellen149 oder im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistung aufgenommen werden150. Sie gilt in dem Umfang, in dem das Institut in seinem Heimatstaat zugelassen ist. Vor der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat muss das Kreditinstitut seine Absicht der Aufsichtsbehörde des Heimatstaats mitteilen, die ihrerseits die Aufsichtsbehörde des Gastlands unterrichtet. Da das insoweit anzuwendende Verfahren zur Errichtung einer Zweigniederlassung und zur Aufnahme grenzüberschreitender Dienstleistungen parallel zur WDRL bzw. jetzt zur MiFID geregelt ist, wird es im Zusammenhang mit dieser Richtlinie dargestellt, die für die Vermögensverwaltung von zentralerer Bedeutung ist als die BankenRL151. Schon an dieser Stelle zu betonen ist, dass Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten keiner besonderen Zulassung mehr bedürfen (Art. 20 BankenRL). Ein bankenaufsichtsrechtliches152 Dotationskapital für diese Niederlassungen darf nicht mehr gefordert werden. Der Europäische Pass gilt unter den in Art. 19 BankenRL genannten Voraussetzungen auch für Finanzinstitute. Sie dürfen also die den Kreditinstituten erlaubten Tätigkeiten in anderen Mitgliedstaaten erbringen (durch grenzüberschreitende Dienstleistungen und Zweigniederlassungen), sofern sie die in der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllen. So muss das als Kreditinstitut zugelassene Mutterunternehmen zu mindestens 90 % am ___________ 148 Knobl, Europabankrecht, S. 84 f. 149 Die Terminologie der Richtlinien ist uneinheitlich. Art. 1 Nr. 3 BankenRL verwendet den Begriff der Zweigstelle, während die später zu besprechende WDRL in Art. 1 Nr. 8 = Art. 4 Abs. 1 Nr. 26 MiFID den Begriff der Zweigniederlassung benutzt. Sachliche Unterschiede bestehen nicht, so dass im Folgenden beide Begriffe gleichwertig verwendet werden. 150 Zur Reichweite der Dienstleistungsfreiheit siehe den von der Kommission erstellten Leitfaden über die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu den Artikeln 49 ff. EG-Vertrag: Der freie Dienstleistungsverkehr, Europäische Kommission vom 1.1.2001, unter http://europa.eu.int/comm/internal_mar ket/services/docs/infringements/art49_en.pdf (abgerufen am 25.5.2005). 151 S. u. S. 507 ff. 152 Da die Richtlinie das Steuerrecht nicht vereinheitlicht, dieses aber in manchen Staaten ein fiktives Dotationskapital als Grundlage der Besteuerung der Betriebsstätte annimmt, können insoweit noch Nachteile für Zweigniederlassungen fortbestehen, vgl. Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 24 Fn. 3; Lutter, Unternehmensrecht4, S. 327.

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

Finanzinstitut beteiligt sein und beide müssen denselben Sitzstaat haben. Das Kreditinstitut muss die umsichtige Geschäftsführung des Finanzinstituts glaubhaft machen und für dessen Schulden haften153. Außerdem muss das Finanzinstitut der konsolidierten Aufsicht im Heimatland unterstehen (Art. 19 BankenRL)154. Die Regelung des Art. 19 BankenRL trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kreditinstitute in einigen Mitgliedstaaten die im Anhang I aufgeführten Geschäfte durch Tochtergesellschaften ausführen lassen. Dies gilt insbesondere für das Vermögensverwaltungsgeschäft in den angelsächsischen Staaten. Angesichts der restriktiven Bedingungen für die Anerkennung als Finanzinstitut haben viele Unternehmen hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht155. Die grenzüberschreitende Tätigkeit eines Kreditinstituts kann auch durch im Ausland angesiedelte Tochterunternehmen erfolgen, doch sind diese im Gegensatz zur Errichtung einer Zweigniederlassung nicht vom Europäischen Pass der BankenRL erfasst. Ihre Gründung bedarf nach Art. 4, 12 BankenRL der Zustimmung des Aufnahmestaates156. e) Aufsicht über die Ausübung von Tätigkeiten, Liquidität, Beteiligungen etc. Nach dem Prinzip der Herkunftslandkontrolle üben die Behörden des Sitzlands des Kreditinstituts die Aufsicht über das Institut und seine Zweigniederlassungen im Ausland aus (Art. 14, 18, 21, 26 ff. BankenRL)157. Sie überwachen insbesondere, dass die Eigenmittel des Instituts nicht unter den Betrag des Mindestanfangskapitals fallen. Das Institut muss die Vorgaben über Eigenmittel und Solvabilität sowie zu Großkrediten einhalten (Art. 34 ff., 40 ff., 48 ff. BankenRL)158. Zudem sind gemäß Art. 16 BankenRL Verände___________ 153 Der Wortlaut der Richtlinie spricht von „verbürgen“, doch ist hierunter keine Bürgschaft im technischen Sinne zu verstehen, vgl. im Einzelnen Knobl, Europabankrecht, S. 87. 154 Da Finanzinstitute (in der Terminologie des § 1 Abs. 3 KWG „Finanzunternehmen“) nicht der Aufsicht der BaFin unterstehen (Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 165), können sie vom Europäischen Pass keinen Gebrauch machen, so auch Wallach, DZWIR 1993, 39, 40. 155 Knobl, Europabankrecht, S. 89. 156 Diese Regelung verstößt nicht gegen die Grundfreiheiten des EGV, s. u. S. 512 f. 157 Zu den Schwierigkeiten und Rechtsproblemen der grenzüberschreitenden Aufsicht Groß, JZ 1994, 596 ff. 158 Dazu sogleich auf S. 463 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

rungen im Bestand der Gesellschafter des Instituts oder ihrer Beteiligungsund Stimmrechte, insbesondere der Erwerb qualifizierter Beteiligungen, mitteilungspflichtig. Die Beteiligungsstruktur muss transparent sein. Auch die Beteiligung eines Kreditinstituts an einem Nichtkreditinstitut darf 15 % der Eigenmittel nicht überschreiten (Art. 51 Abs. 1 BankenRL). Der Gesamtbetrag der Beteiligungen eines Kreditinstituts an Nichtkreditinstituten darf 60 % nicht übersteigen (Art. 51 Abs. 2 BankenRL), wobei Art. 51 Abs. 4 BankenRL bestimmte Ausnahmen zulässt (wie etwa zu Sanierungszwecken). Verstößt ein Institut gegen diese Vorgaben und schafft keine Abhilfe, kann ihm die Zulassung entzogen werden (Art. 14 Abs. 1 lit. c) BankenRL). Von dem Prinzip der Herkunftslandkontrolle lässt die Richtlinie nur in eng begrenzten Fällen eine Ausnahme zu. Nach Art. 27 BankenRL verbleibt dem Gastland die Aufsicht über die Liquidität der auf seinem Hoheitsgebiet tätigen Zweigniederlassungen; Aufnahme- und Herkunftsland arbeiten insoweit zusammen (Art. 28 BankenRL)159. Die Aufsicht über die offenen Positionen bei Wertpapiergeschäften oblag nach Art. 14 Abs. 3 der 2. BKRL Herkunftsland und Gastland gemeinsam. Diese Bestimmung war dem Umstand geschuldet, dass die Aufsicht über Wertpapierdienstleistungen zum Zeitpunkt der Verabschiedung der 2. BKRL noch nicht geregelt war. Seit Erlass der WDRL und der KARL ist die Aufsicht über Wertpapierdienstleistungen der Zweigstellen dem Herkunftsland zugewiesen (Art. 8 Abs. 3 WDRL = Art. 32 MiFID)160. Der Aufnahmestaat behält die Kompetenzen für Maßnahmen zur Durchführung der Währungspolitik (Art. 27 Satz 2 und 3 BankenRL) und für Maßnahmen aus Gründen des Allgemeininteresses161. Außerdem steht ihm eine subsidiäre Aufsichtskompetenz zu, sofern das Herkunftsland Gesetzesverstöße des Instituts nicht ausreichend unterbindet (Art. 22 Abs. 2 bis 4 BankenRL). Soweit dem Gastland Aufsichtskompetenzen zustehen, kann es den Kreditinstituten periodische Meldepflichten über deren Aktivitäten im Gastland auferlegen.

___________ 159 Aus ökonomischer Sicht kritisch Heremans, s. o. S. 456 Fn. 129. 160 S. u. S. 513 ff. und Cardon de Lichtbuer, in: Wymeersch, Perspectives, S. 97. 161 Erwägungsgrund Nr. 17 BankenRL.

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

f) Beziehungen zu Drittländern Art. 23 ff. BankenRL regeln die Beziehungen zu Drittstaaten162. Ziel der Vorschriften ist es, die Gleichstellung von EU-Kreditinstituten mit solchen des Drittstaates163 und damit Reziprozität zu erreichen164. Zu diesem Zweck schreiben die Normen u. a. vor, dass die Mitgliedstaaten der Kommission die Behandlung von EU-Wertpapierfirmen im betreffenden Drittstaat mitteilen. Der Kommission stehen bei fehlender Reziprozität bestimmte Reaktionsmöglichkeiten offen. Im Extremfall können die Behörden der Mitgliedstaaten Anträge auf Zulassung oder Erwerb einer Beteiligung, die von Instituten aus dem Drittstaat eingereicht wurden oder künftig eingereicht werden, beschränken oder zeitweise nicht bearbeiten, um auf diese Weise die Verhandlungsmacht gegenüber einem Drittstaat zu erhöhen, der seine Märkte abschottet165. Diese Sanktion betrifft bereits zugelassene Firmen also nicht.

2. Die Eigenkapitalanforderungen a) Eigenmittel und Solvabilität Um die gegenseitige Anerkennung der Kreditinstitute und die Herkunftslandkontrolle zu erreichen, konnte man sich nicht allein darauf beschränken, die Aufsichtssysteme selbst anzugleichen. Vielmehr bedurfte es auch der Angleichung der technischen Vorgaben166, wie des Eigenmittelbegriffs und ___________ 162 Zur Regelung, insbesondere ihren Vor- und Nachteilen, Troberg, in: BankrechtsHandbuch2, § 136 Rdn. 37 ff.; Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 129 ff. m. w. N.; Scott, in: Cranston, The Single Market2, S. 97 ff.; Bömke, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 95 ff.; Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 39 ff.; Buck, Drittländerbehandlung, S. 113 ff.; Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 18 ff., 36 f. 163 Beispiele für Diskriminierungen ausländischer Institute finden sich bei Möschel, FS Steindorff, S. 432 ff. 164 Auf das Verhältnis zum General Agreement on Trade in Services (GATS), (ABl. EG Nr. L 336 vom 23.12.1994, S. 191), das im Juli 1995 durch eine Vereinbarung über Finanzdienstleistungen ergänzt wurde, gehen Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 178 f.; Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 136 Rdn. 39; Troberg/Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Vorbem. zu Art. 43 bis 48 Rdn. 62 sowie Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, ein; grundlegend zum GATS Barth, EuZW 1994, 455 ff.; Weiss, 32 CMLR (1995), 1177 ff. 165 In solchen Extremfällen sind Reziprozitätsregeln sinnvoll, ansonsten behindern sie den freien Wettbewerb, ebenso Hopt, 4 BFLR, 313 (1990), der auf S. 317 f., auch zur (an Kontroversen reichen) Entstehungsgeschichte der Reziprozitätsregeln in der Richtlinie Stellung nimmt. 166 Einen Überblick über die vor der Harmonisierung höchst unterschiedlichen nationalen Regelungen gibt Schlemmer-Schulte, Eigenkapital, S. 4 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

der Festlegung des Verhältnisses von Eigenmitteln zum bilanzwirksamen und außerbilanziellen (Off-balance-sheet) Geschäft. Zu diesem Zwecke verabschiedete die EG – ebenfalls 1989 – die Eigenmittelrichtlinie167 und die Solvabilitätsrichtlinie168. Die einschlägigen Vorschriften stellen Mindestanforderungen auf, über die die Mitgliedstaaten hinausgehen dürfen169. Die Richtlinien wurden parallel und in gegenseitiger Abstimmung mit dem Cooke-Committee170 entwickelt171. Beide sind inzwischen in die BankenRL integriert172. Art. 34 ff. BankenRL legen fest, welche Kapitalien zum haftenden Eigenkapital eines Kreditinstituts gerechnet werden können. Sie unterscheiden insoweit zwischen Kernkapital (im Wesentlichen eingezahltes Gesellschaftskapital, Rücklagen, stille Beteiligungen, Sonderposten für allgemeine Bankrisiken) und Ergänzungskapital erster Klasse (Genussrechtskapital, Vorsorgereserven, Neubewertungsreserven, kumulative Vorzugsaktien) und zweiter Klasse (nachrangige Darlehen, Haftsummenzuschlag der Kreditgenossenschaften).

___________ 167 Richtlinie des Rates vom 17.4.1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299/EWG), ABl. EG Nr. L 124 vom 5.5.1989, S. 16; mit nachfolgenden Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 353 ff., umgesetzt durch die 4. KWG-Novelle vom 21.12.1992, BGBl. I 2211. Zur Umsetzung in deutsches Recht Prinz Reuss, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 47 ff. 168 Richtlinie des Rates vom 18.12.1989 über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute (89/647/EWG), ABl. EG Nr. L 386 vom 30.12.1989, S. 14; mit nachfolgenden Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 365 ff., umgesetzt durch die Grundsätze I und II des BAKred (= heute BaFin), zuletzt geändert am 20.7.2000, BAnz 2000, Nr. 160. 169 Schlemmer-Schulte, Eigenkapital, S. 90. 170 Zu dessen Empfehlung über die Eigenkapitalausstattung und Geschäftsvolumenbegrenzung von 1988 s. o. S. 359 Fn. 78; Horn, ZBB 1989, 107, 108; Prinz Reuss, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 47 ff. 171 Dazu und zu den Unterschieden zwischen den Richtlinien und der Empfehlung des Cooke-Committees Clarotti, in: Wymeersch, Perspectives, S. 48 f. 172 Die Kapitalanforderungen werden im Zuge der Umsetzung von Basel II geändert werden, vgl. den Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15.3.1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten vom 14.7.2004, KOM(2004) 486 endg., http://www.europa.eu.int/ comm/internal_market/bank/regcapital/index_de.htm#consultation (abgerufen am 18.5.2005).

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

Art. 40 ff. BankenRL legen fest, in welchem Umfang das Aktivgeschäft und abgeleitete bilanzunwirksame Geschäfte mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, um das Bonitätsrisiko173 abzudecken. Die Richtlinie schreibt vor, dass die anrechnungspflichtigen, risikogewichteten Aktiva einschließlich der nicht bilanzwirksamen Geschäfte das 12,5-fache des haftenden Eigenkapitals i. S. d. Eigenmittelbestimmungen nicht übersteigen dürfen. Bildlich gesprochen legen die Eigenmittelanforderungen also den Zähler fest, während die Solvabilitätsanforderungen den Nenner des Bruchs beschreiben, dessen Wert 10/125 (= 8 %) nicht überschreiten darf. Grund für die Aufspaltung des Berechnungsvorgangs in zwei unterschiedliche Regelungen ist die Tatsache, dass die Eigenmitteldefinition nicht nur als Anknüpfungspunkt für die Solvenz, sondern auch für die Beteiligung an Nicht-Kreditinstituten und für die sogleich noch anzusprechenden Großkredite dient. Die Eigenmittel- und Solvabilitätsanforderungen gelten für alle Kreditinstitute gleichermaßen und unterscheiden nicht nach Banktypen. Reine Hypothekenbanken unterliegen also den gleichen Vorgaben wie Universalbanken. Grund für diesen Ansatz ist die Tatsache, dass das Bankgeschäft sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr „despezialisiert“174 hat. Zu Recht wird daher zur Risikobemessung an die jeweils betriebenen Geschäftsarten angeknüpft, was eine genauere Einstufung ermöglicht als die Differenzierung nach Banktypen. Trotz dieser genauen Erfassung der Risiken schreibt die BankenRL zusätzlich ein absolutes Mindestkapital für die Zulassung der Kreditinstitute vor (Art. 5 BankenRL), um auch sonstige unternehmerische Risiken abzudecken, die nicht unmittelbar mit den Adressrisiken zusammenhängen175. Die Vorschriften dienen der Sicherung der kontinuierlichen Tätigkeit der Kreditinstitute und damit dem Schutz der Anleger. Sie liefern einen wesentlichen Maßstab für die Beaufsichtigung der Kreditinstitute, erfassen jedoch nicht alle damit verbundenen Risiken. Denn die Solvabilitätsbestimmungen stellen nur auf das bei Krediten typische Adressrisiko ab, also das langfristige Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners, nicht aber auf die kurzfristigen Marktrisiken der Wertpapiergeschäfte. Die sich aus der Verwaltung von Wertpapierportfolios ergebenden Risiken waren zunächst nicht berücksichtigt, obwohl die 2. BKRL den Kreditinstituten solche Geschäfte gestat-

___________ 173 Eine ausführliche Beschreibung der Risiken, denen Kreditinstitute ausgesetzt sind, findet sich bei Rittich, Anlegerschutz, S. 97 ff. 174 Clarotti, in: Wymeersch, Perspectives, S. 43; Möschel, FS Steindorff, S. 428. 175 Clarotti, in: Wymeersch, Perspectives, S. 46.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

tete. Erst seit der Verabschiedung der Kapitaladäquanzrichtlinie176 (KARL), die diese Risiken erfasst, unterliegen Kreditinstitute auch insoweit Vorgaben, sofern ihr Wertpapiergeschäft ein bestimmtes Volumen überschreitet177. b) Großkredit- und Konsolidierungsanforderungen Ergänzt werden die soeben genannten Eigenkapitalanforderungen durch die Regelung über Großkredite (Art. 48 ff. BankenRL) und die Richtlinie zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis178. Beide Regelungen dienen dazu, besondere Risiken bankaufsichtsrechtlich zu erfassen. Die Großkreditanforderungen, nach der ein Großkredit ab einer Kreditsumme von 10 % des haftenden Eigenkapitals vorliegt, schreiben vor, dass sämtliche Großkredite eines Kreditinstituts meldepflichtig sind (Art. 48 Abs. 2 BankenRL) und das Achtfache seines Eigenkapitals nicht übersteigen dürfen (Art. 49 Abs. 3 BankenRL). An einen einzigen Kreditnehmer darf kein Großkredit mit einem Umfang von mehr als 25 % der Eigenmittel vergeben werden (Art. 49 Abs. 1 BankenRL). Handelt es sich um ein Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen, liegt die Grenze bei 20 % (Art. 49 Abs. 2 BankenRL). Um die Einhaltung der Eigenkapitalausstattung auch dann noch überwachen zu können, wenn ein Kreditinstitut mit anderen Kreditinstituten und Finanzinstituten verbunden ist, schreibt die Konsolidierungsrichtlinie in diesen Fällen Konsolidierungspflichten vor179. Dies gilt etwa für Tochtergesellschaften von Kreditinstituten, die eine der im Anhang I der BankenRL genannten Dienstleistungen anbieten. Handelt es sich bei der Dienstleistung um die Vermögensverwaltung und ist das Unternehmen deshalb als Wertpapierfirma einzuordnen, findet dagegen Art. 7 der KARL Anwendung, auf den noch einzugehen sein wird180. Dieser regelt die Konsolidierung der Wertpapierfirmen, wobei zum Teil auf die Konsolidierungsrichtlinie zurückgegriffen wird.

___________ 176 Richtlinie des Rates vom 15.3.1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (93/6/EWG), ABl. EG Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 1 ff., umgesetzt durch das Umsetzungsgesetz, s. o. S. 4 Fn. 10. Zur Entstehungsgeschichte Jentsch, in: Büschgen/Welter, S. 285 ff. Die Richtlinie wurde zuletzt durch die MiFID geändert und wird im Zuge der Umsetzung von Basel II nochmals geändert werden, vgl. soeben S. 464 Fn. 172. 177 Einzelheiten unten auf S. 520 ff. 178 Vgl. S. 435 Fn. 35. 179 Details bei Gröschel, Sparkasse 1993, 225, 227. 180 S. u. S. 527.

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Rahmenbedingungen für Kreditinstitute

3. Die Einlagensicherungsrichtlinie Aus der Liberalisierung und Deregulierung des Dienstleistungs- und Niederlassungsrechts im Bankbereich resultiert eine Zunahme des Preiswettbewerbs und gleichzeitig eine Erhöhung des Insolvenzrisikos für Anleger181. Trotz einer entsprechenden Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 1986182 verfügten nicht alle Mitgliedstaaten über ein System zur Einlagensicherung und die bereits vorhandenen Systeme waren recht uneinheitlich183. Um die Anleger im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Kreditinstituts zu schützen und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, war es daher geboten, die Regelung zur Zulassung und Beaufsichtigung von Banken durch eine Richtlinie zur Einlagensicherung184 (ESRL) zu ergänzen. Gegen die Richtlinie erhob die Bundesregierung den Einwand, die Richtlinie beruhe auf einer fehlerhaften Grundlage, eine Begründung für ihre Notwendigkeit fehle und einzelne Artikel seien nichtig. Der deshalb vor dem EuGH erhobenen Klage lag die Auffassung zugrunde, das deutsche System der freiwilligen Einlagensicherung sei ausreichend und die Richtlinie führe zu einer Verschlechterung für die deutschen Anleger. Deutschland hat damit seine bereits im Vorfeld der Verabschiedung der Richtlinie erhobenen Bedenken, mit denen es in allen Abstimmungen unterlegen war185, weiterverfolgt. Die Klage wurde abgewiesen186 und die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt187. ___________ 181 Lutter, Unternehmensrecht4, S. 434. 182 Empfehlung der Kommission vom 22.12.1986 zur Einführung von Einlagensicherungssystemen in der Gemeinschaft (87/63/EWG), ABl. EG Nr. L 33 vom 4.2.1987, S. 16; dazu Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 184; D. Schmidt, ZfgK 1990, 278, 289; Lutter, Unternehmensrecht3, S. 115; Wintzen, Die Bank 1987, 266 ff. 183 Ein Überblick findet sich bei Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 1992, S. 30 ff.; W. Grundmann, ZfgK 1993, 72, 79; Pecchioli, Bankenaufsicht, S. 226 ff.; Gutzwiller-Dietler, Einlagensicherungssystem. 184 Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme (94/19/EWG), ABl. EG Nr. L 135 vom 31.5.1994, S. 5; abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 440 ff. Dazu Franke, ZfgK 1994, 732 ff.; Weber, Die Bank 1994, 476 ff.; Hoeren, EuZW 1994, 750 ff.; ders., EuZW 1993, 183 ff.; Sethe, ZBB 1998, 305 ff. Zum Richtlinienentwurf Zimmer, ZBB 1992, 286 ff.; Hottner, ZfgK 1992, 229 ff.; W. Grundmann, ZfgK 1993, 72 ff.; Niehoff, Sparkasse 1993, 25 ff.; Hoeren, EuZW 1993, 183 ff.; Brüker, Einlagensicherung, S. 32 ff.; zum geänderten Entwurf Dassesse/Isaacs/Penn, EC Banking Law, 1994, Rdn. 31.1 ff. 185 Zur Entstehungsgeschichte Bader, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 184 f. 186 EuGH, Slg. 1997, I-2405 ff. (Einlagensicherung) mit Anm. von Hafke, WuB I L 6 Sonstiges 1.98; Roth, ZBB 1997, 373 ff.; Dreher/Neumann, EWiR 1997, 549; Wernicke, EuZW 1997, 442 f.; Klinke, ZGR 1998, 212, 239 ff. 187 Ausführlich Sethe, ZBB 1998, 305 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Die Richtlinie erfasst rückzahlbare Guthaben und Salden auf Konten eines Kreditinstituts sowie in einer Urkunde verbriefte Forderungen (Art. 1 Nr. 1 ESRL). Ausgenommen sind Schuldverschreibungen eines Kreditinstituts, das unter besonderer staatlicher Aufsicht steht und dessen Schuldverschreibungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften besonders gedeckt sind. Weiterhin ausgenommen sind Interbankanlagen, Einlagen mit Eigenmittelcharakter (z. B. Genussscheine nach § 10 Abs. 5 KWG oder nachrangige Darlehen) sowie Gelder aus Geldwäschestraftaten (Art. 2 ESRL). Den Mitgliedstaaten steht es frei, darüber hinaus auch bestimmte andere Einlagen (z. B. Einlagen in Drittstaatenwährungen, Einlagen institutioneller Anleger) ganz oder teilweise auszunehmen (Art. 7 Abs. 2 i. V. m. Anhang I der ESRL). Die im Rahmen der Vermögensverwaltung geleisteten Einlagen des Vermögensinhabers unterfallen diesem Sicherungssystem dann, wenn sie in einer Form angelegt sind, die als Einlage i. S. der Richtlinie gilt, also etwa Festgeld oder Schuldverschreibungen. Weitere Voraussetzung ist, dass es sich bei dem Vermögensverwalter um ein Kreditinstitut i. S. d. ESRL handelt. Deren Definition in Art. 1 Nr. 4 entspricht dem engen Begriff der BankenRL. Die übrigen Vermögensverwalter sind also von der Richtlinie nicht erfasst.

IV. Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen 1. Ziele und Grundlagen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie a) Konsequenzen des engen Anwendungsbereichs der 2. BKRL bzw. der BankenRL Die 2. BKRL bzw. nunmehr die BankenRL gehen von einem sehr engen Begriff des Kreditinstituts aus. Erfasst sind nur Institute, die Einlagen entgegennehmen und Kredite vergeben. Dieser enge Anwendungsbereich führte dazu, dass die Vorteile des Europäischen Passes anderen Finanzdienstleistern nicht zustanden, diese andererseits aber auch nicht die erheblichen Anforderungen erfüllen mussten, die die oben beschriebenen Richtlinien aufstellten. Dies konnte in der Zeit nach 1989 zu Wettbewerbsverzerrungen führen188; sonstige Finanzdienstleister, wie etwa reine Wertpapierfirmen (Makler, Emissionshäuser, private Vermögensverwalter, Wertpapierhändler), die vor allem in Ländern mit historisch gewachsenem Trennbankensystem (z. B. ___________ 188 Vor solchen Verzerrungen war schon frühzeitig gewarnt worden, so etwa von Hopt, 4 BFLR, 318 (1990).

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

Großbritannien189) anzutreffen sind, unterlagen keinerlei europarechtlichen Vorgaben. Derartige Verzerrungen traten aber auch innerhalb von Mitgliedstaaten mit Universalbankensystem auf, da zugelassene Kreditinstitute selbst solche Aktivitäten mit Eigenkapital unterlegen mussten, für die sie keiner Zulassung bedurften190; demgegenüber unterlagen reine Wertpapierhäuser, private Vermögensverwalter, Emissionshäuser u. ä. keiner derartigen Vorgabe191. Wie stark diese Wettbewerbsverzerrungen tatsächlich waren, kann hier ebenso offen bleiben wie die Frage, ob nicht im Gegenteil die höheren Zulassungsanforderungen und die Aufsicht über Kreditinstitute für eine größere Solidität bürgten und damit für eine verbesserte Marktakzeptanz sorgten. In jedem Fall wurden durch die Verabschiedung der WDRL192 im Jahre 1993 die Rahmenbedingungen angeglichen. Im Folgenden soll deshalb auf die Vorgaben dieser Richtlinie sowie deren Weiterentwicklung zur Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID)193 aus dem Jahre 2004 eingegangen werden. b) Mindestharmonisierung und Herkunftslandkontrolle bei Wertpapierfirmen Sieht man von den unverbindlichen und in der Praxis bedeutungslos gebliebenen rules of conduct aus dem Jahr 1977194 ab, hatte sich die Aufmerksamkeit der Kommission zunächst auf den Bankensektor konzentriert und verlagerte sich erst mit der 1993 verabschiedeten WDRL auf Wertpapierfirmen. Deren institutionelle und operationale Rahmenbedingungen195 galt es ebenfalls zu harmonisieren. Für die Harmonisierung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen, die das Weißbuch der Kommission von 1985 nicht ein___________ 189 S. o. S. 432 Fn. 18 m. w. N. 190 Vgl. Art. 42 Abs. 3, 43 Abs. 3 BankenRL. 191 Zu den Verzerrungen bei den Eigenkapitalanforderungen unten S. 521 und Fn. 321 sowie Böttger, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 266 f. 192 Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. EG Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 27, mit allen späteren Änderungen abgedruckt bei Lutter, Unternehmensrecht4, S. 459 ff.; umgesetzt durch das 2. Finanzmarktförderungsgesetz und das Umsetzungsgesetz (Nachweise oben S. 4 Fn. 10). Zur Entstehung der WDRL Böttger, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 263 ff. 193 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. Dazu etwa Balzer, ZBB 2003, 177 ff. 194 S. o. S. 433 ff. 195 Dazu Assmann/Buck, EWS 1990, 190 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

mal als harmonisierungsbedürftig identifizierte196, waren drei zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen maßgeblich. An erster Stelle stand die geschilderte Möglichkeit von Wettbewerbsverzerrungen seit Verabschiedung der 2. BKRL. Die Ausdehnung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit auf Wertpapierfirmen war notwendig, um die Chancengleichheit zwischen Universalbanken und reinen Wertpapierhäusern herzustellen197. Denn Kreditinstitute genossen diese Vorteile bereits aufgrund der 2. BKRL (Art. 18 und Liste erlaubter Tätigkeiten im Anhang), so dass reine Wertpapierhäuser benachteiligt waren. Der zweite Grund war der Abbau der restlichen Kapitalverkehrsbeschränkungen198, so dass Art. 61 Abs. 2 EGV der Dienstleistungsfreiheit nicht mehr im Wege stand. Schließlich musste man die internationalen Bemühungen199 zur Harmonisierung der Eigenkapitalanforderungen beim Wertpapiergeschäft berücksichtigen. Die WDRL dehnte die vier Grundprinzipien des europäischen Kapitalmarktrechts (Europäischer Pass, Herkunftslandkontrolle, Prinzip der Mindestharmonisierung und die gegenseitige Anerkennung nicht harmonisierten Aufsichtsrechts) auf Wertpapierfirmen aus. Die Kommission bezeichnete deshalb die WDRL als wichtiges Instrument zur Verwirklichung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen200. Die Richtlinie stellte also eine Konkretisierung bzw. spezielle Ausprägung der im EGV niedergelegten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar201, weil die Zulassung in einem Mitgliedstaat die Aufnahme der Geschäftstätigkeit auch in anderen Mitgliedstaaten erlaubte. Eine Konkretisierung von Bestimmungen in Form einer Richtlinie bietet allgemein den Vorteil, dass es keiner Vielzahl von teuren und zeitraubenden Einzelklagen ___________ 196 S. o. S. 437. 197 Hierauf drängte vor allem Großbritannien. Von deutscher Seite bestand ein Interesse an der Verabschiedung der Richtlinie, weil auf diese Weise geklärt werden konnte, welche Aufsichts- und Eingriffsbefugnisse der Aufnahmestaat erhalten sollte, nachdem deutsche Finanzdienstleister einzelne Bestimmungen des Financial Services Acts mit Sorge betrachteten, vgl. Jentsch, WM 1993, 2189, 2191. 198 Richtlinie des Rates vom 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrags (88/361/EWG) – Dritte Liberalisierungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 178 vom 8.7.1988, S. 5 ff. Ab 1994 beruhte die Kapitalverkehrsliberalisierung auf Art. 73b EGV (heute Art. 56 EG). Vgl. zur Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit statt vieler Müller, Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit; Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte. 199 Dazu schon oben S. 358 f. 200 Erwägungsgrund Nr. 1 der WDRL. 201 Schäfer, AG 1993, 389; 390 re. Sp.; Grottke, EuZW 1993, 440; Lutter, Unternehmensrecht4, S. 450 f.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

bedarf, um die Freiheiten zu verwirklichen, sondern dass der politische Konsens geschaffen wird, bestimmte nationale Hindernisse abzuschaffen202. Zudem erweist sich dieser Weg als vorteilhaft, weil die Rahmenbedingungen eine Harmonisierung aus einem Guss erfahren, während Einzelklagen immer nur eine punktuelle Angleichung bewirken. Außerdem erfasst die Harmonisierung im Wege der Richtlinie auch solche Bereiche, in denen der EuGH den Mitgliedstaaten u. U. das Recht zugesteht, rechtmäßig einzelne bestehende Hemmnisse beizubehalten203. Die Richtlinie kann – je nach Einzelfall – damit ein Instrument sein, mit dem eine weitergehende Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit erreicht wird als durch unmittelbare Anwendung des EGV. Gleichzeitig wird durch die Mindestharmonisierung der Aufsichtsregeln ein level-playing-field geschaffen. Es verhindert, dass Wertpapierfirmen den Staat mit den geringsten Zulassungsanforderungen wählen und so ein race to the bottom ausgelöst wird204. Das Prinzip der Herkunftslandkontrolle bezieht sich, worauf noch zurückzukommen sein wird, allerdings allein auf die Überwachung der Bedingungen, die für eine Erstzulassung und eine Fortdauer der Zulassung als Wertpapierfirma zu erbringen sind. Diese Anforderungen an die Organisation und das Eigenkapital werden auch als prudential rules bezeichnet und sind von den Wohlverhaltensregeln (rules of conduct) zu unterscheiden205, die das Verhalten der Wertpapierfirma am Markt betreffen. Für Letztere galt das Prinzip der alleinigen Herkunftslandkontrolle nicht. Die WDRL aus dem Jahr 1993 stellte für die Regulierung von Wertpapierfirmen einen grundlegenden Wandel dar und kann somit als Eckpfeiler des europäischen Kapitalmarktrechts begriffen werden. Aus diesem Grunde sollen zunächst kurz die wichtigsten Regelungen der Richtlinie sowie ihre Auswirkungen auf die Tätigkeit von Vermögensverwaltern dargestellt werden. Sodann wird auf die Kritik an der Richtlinie und die Probleme bei der Anwendung und Umsetzung in den Mitgliedstaaten eingegangen, welche letztlich eine Überarbeitung der Bestimmungen der WDRL notwendig machten. Als Ergebnis dieses Prozesses wurde 2004 die MiFID erlassen, deren Regelungen anschließend im Detail erörtert werden.

___________ 202 203 204 205

O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 191; Schäfer, AG 1993, 389; 390. O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 191. S. o. S. 440 Text zu Fn. 59. Die Unterscheidung zwischen prudential rules und conduct of business rules entstammt dem britischen Recht. Die Grenzen zwischen beiden Bereichen verlaufen nicht starr, sondern sind fließend, dazu Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 88 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

c) Inhalte der WDRL Materiell betrachtet stellte die WDRL vor allem eine Mischung aus 1. und 2. BKRL dar, glich also das Aufsichtsrecht an. Inhaltlich ging sie jedoch über den Regelungsgehalt dieser Richtlinien hinaus. Sie verwirklichte zum einen den Börsenzugang für ausländische Institute und enthielt deshalb auch zusätzliche börsenaufsichtsrechtliche Bestimmungen. Zum anderen machte sie Vorgaben für die Harmonisierung des einschlägigen nationalen Rechts über die inhaltliche Ausgestaltung von Wertpapierdienstleistungen (Art. 11 WDRL), deren Aufnahme in die Richtlinie die Kommission ausdrücklich mit dem Anlegerschutz begründete206. Die Aufnahme einer vertriebsorientierten Regelung stellte einen grundlegenden Wandel im System der bislang vor allem am Aufsichtsrecht orientierten Harmonisierung der Finanzdienstleistungen dar207. Soweit die WDRL inhaltlich über die Vorgaben der 2. BKRL hinausging, galt sie – um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Kreditinstituten und Wertpapierfirmen herzustellen – auch für Kreditinstitute. Die als rules of conduct bezeichneten Regeln waren marktbezogen und wurden infolgedessen vom jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat überwacht (Art. 11 Abs. 2 WDRL). Dieser teilte dem grenzüberschreitend tätigen Institut seine insoweit einschlägigen Regeln vor Aufnahme der Tätigkeit bzw. Gründung einer Zweigniederlassung mit (Art. 17 Abs. 4, 18 Abs. 2 UAbs. 2 WDRL) und überwachte deren Einhaltung (Art. 19 Abs. 2 bis 6 WDRL). Mit Art. 11 WDRL wurden erstmals Regeln über die inhaltliche Ausgestaltung von Wertpapierdienstleistungen vorgegeben. Dass sich die Kommission insoweit auf Neuland begeben hat, mag erklären, warum Art. 11 WDRL noch keine Vereinheitlichung der rules of conduct enthielt. Es war abzusehen, dass dieses Manko einer weiteren Harmonisierung vertriebsrechtlicher Regelungen in Europa im Wege stehen würde208. Ein über Art. 11 WDRL hinausgehender Konsens hinsichtlich einer Harmonisierung des sonstigen Verhaltens am Markt und inhaltlicher Vorgaben in Bezug auf die Werbung für Finanzdienstleistungen209 ließ sich nicht erreichen210. Vor ___________ 206 207 208 209

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Erwägungsgründe Nrn. 29 und 32 der WDRL. Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 88, 99. Ebenso Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 99 f. Kritisch deshalb Böttger, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 278; Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 28. Mangels Konkretisierung durch eine Richtlinie gelten die aus der allgemeinen Dienstleistungsfreiheit entwickelten Vorgaben des EuGH. Dabei vertritt das Schrifttum zum Teil die Ansicht, man könne die zur Warenverkehrsfreiheit entwickelte Rechtsprechung des EuGH zu Maßnahmen gleicher Wirkung im Einzelfall heranziehen, um die Zulässigkeit von Beschränkungen der

Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

diesem Hintergrund ist es schon als Fortschritt zu bewerten, dass Art. 13 WDRL und die parallele Bestimmung des Art. 21 Abs. 11 der 2. BKRL (= Art. 22 Abs. 11 BankenRL) den Instituten erlaubten, für ihre Leistungen in allen verfügbaren Kommunikationskanälen der anderen Mitgliedstaaten zu werben, ohne hierfür eine Erlaubnis zu benötigen; Beschränkungen durften nur aus Gründen des Gemeinwohls erfolgen. d) Auswirkungen der WDRL auf Vermögensverwalter Da Kreditinstitute bereits seit der Umsetzung der 2. BKRL den europarechtlichen Vorgaben im Hinblick auf Zulassung, Eigenkapitalausstattung und Überwachung unterlagen, waren für sie allein die organisatorischen und inhaltlichen Vorgaben für das Wertpapiergeschäft aus den Art. 10 f. WDRL (Organisations- und Wohlverhaltenspflichten) und die börsenrechtlichen ___________ Dienstleistungsfreiheit zu prüfen, so Troberg/Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Vorbemerkung zu den Art. 49–55 Rdn. 15 ff. Ebenso wohl Knobl, Europabankrecht, S. 60 f., der deshalb das Urteil EuGH, Slg. 1990, I-667 (GBINNO-BM), zitiert. Der EuGH, Slg. 1995, I-1141 Rdn. 33 ff. (Alpine Investments B.V ./. Minister van Financiën), hat klargestellt, dass er eine solche Parallelität der Regelungen für nicht tragfähig hält und deshalb eine pauschale Übertragung seiner Rechtsprechung zu den Verkaufsmodalitäten (Slg. 1993, I-6097 [Keck und Mithouard]) auf Art. 49 EG (= Art. 59 EGV) ausschließt (anders die Interpretation des Urteils durch Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Art. 49 Rdn. 106 Fn. 202 und Köndgen, in: Everling/Roth, Mindestharmonisierung, S. 133 Fn. 113). Der EuGH hielt das Verbot des unangekündigten und ohne Aufforderung des Kunden erfolgten telefonischen Vertriebs („cold calling“) von Finanzprodukten für im Allgemeininteresse geboten und verhältnismäßig, um den Ruf eines Finanzplatzes zu wahren. Zur Werbung bei Dienstleistungen siehe auch EuGH, Slg. 1988, 2085 (Bond van Adverteeders) sowie Troberg, a. a. O., Art. 59 Rdn. 36. Mittlerweile regeln einige Richtlinien diese Frage, vgl. Brandl/Wolfbauer, ecolex 2004, 222 ff. Für den hier interessierenden Bereich gilt Art. 10 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG Nr. L 271 vom 9.10.2002, S. 16. Er sieht vor, dass die Mitgliedstaaten das cold calling entweder generell oder für den Fall untersagen, dass der Verbraucher deutlich erkennbare Einwände dagegen erhebt. S. a. Rdn. 18 ff. der aus dem Jahre 2002 stammenden Stellungnahme von CESR, die starke Beschränkungen für unaufgeforderte Anrufe vorsehen, http://www.fma.gv.at/de/pdf/cesrwoh1.pdf (abgerufen am 26.5.2005). 210 O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 195, vertrat die Ansicht, dass eine Harmonisierung dieser Bereiche noch länger auf sich warten lassen würde; ebenso meinte Dale, Risk and Regulation, S. 26 f., es handele sich bei der Regelung der WDRL nur um einen Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Vollharmonisierung dieses Bereichs. Letztere beurteilte er kritisch.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Regelungen (Zugang zu börslichen Märkten anderer Mitgliedstaaten) neu. Viel einschneidender wirkte sich die WDRL dagegen für Nichtkreditinstitute aus, die sich als Vermögensverwalter betätigten. Sie unterlagen erstmals Vorgaben hinsichtlich der Zulassung, Eigenkapitalausstattung und Überwachung und mussten darüber hinaus die inhaltlichen Vorgaben für das Wertpapiergeschäft beachten. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte des europäischen Aufsichtsrechts, waren Wertpapierfirmen zunächst nicht reguliert, während Kreditinstitute weitreichenden Vorgaben unterlagen. Dieses Regelungsgefälle hatte auch Auswirkungen im Bereich der Vermögensverwaltung. Freie Vermögensverwalter unterlagen weder Zulassungsbeschränkungen noch Eigenkapitalanforderungen oder einer Überwachung. Das Regelungsgefälle wurde in vielen Mitgliedstaaten auch nicht durch Vorschriften des nationalen Rechts kompensiert, da diese Staaten – auch schon vor der Umsetzung der 2. BKRL – zumeist nur die Tätigkeit der Kreditinstitute regelten und sonstige Finanzdienstleister keinen oder weniger strengen Vorgaben unterwarfen. Dieses unterschiedliche Schutzniveau wirkte sich dahingehend aus, dass Vermögensinhaber, die ihr Vermögen durch Kreditinstitute verwalten ließen, direkt oder indirekt von den strengeren Vorgaben für die Zulassung und Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute profitierten, während sie bei einer Vermögensverwaltung durch freie Verwalter zumindest ein höheres Insolvenzrisiko zu tragen hatten. Mit der WDRL wurden die Vorgaben für die Tätigkeit der freien Vermögensverwalter den Rahmenbedingungen der vermögensverwaltenden Kreditinstitute angeglichen. e) Bewertung der WDRL Insgesamt verdient die Verabschiedung der WDRL schon deshalb Zustimmung211, weil sie erstmals eine Aufsicht über bislang nicht regulierte Finanzdienstleistungen ermöglichte, dadurch ein (in der Vergangenheit zu beobachtendes teilweises) Marktversagen in diesen Bereichen zu verhindern suchte und die Wettbewerbsbedingungen zwischen Kreditinstituten und Wertpapierfirmen anglich. Da der Weg bis zur Verabschiedung der Richtlinie voll von Hindernissen war, sind viele Regelungen, die auf den ersten Blick unzureichend erscheinen (so etwa die Einordnung der Anlageberatung

___________ 211 Gleiches gilt für die Kapitaladäquanzrichtlinie (KARL), die die WDRL insoweit ergänzt, als sie die Eigenkapitalanforderungen festlegt, die ein mit Wertpapieren handelndes Institut erfüllen muss. Zur KARL siehe ausführlich unten S. 520 ff.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

als bloße Wertpapiernebendienstleistung), Kompromisse212 und müssen deshalb als Maximum dessen eingeordnet werden, was zu erreichen war213. Bereits bei Erlass der WDRL war daher abzusehen, dass ein weiterer Fortschritt in dem von ihr regulierten Bereich erst dann erzielt werden würde, wenn die Mitgliedstaaten und die Praxis mit den Neuregelungen eine gewisse Erfahrung gesammelt haben214. In den letzten Jahren zeigten sich einige Schwachstellen der WDRL. Diese waren sowohl auf rechtlicher wie auch auf tatsächlicher Ebene angesiedelt. Als problematisch erwies zum einen die Regelung des Art. 11 Abs. 2 WDRL. Danach erfolgte die Beaufsichtigung der Einhaltung von Wohlverhaltensregeln nicht durch die Behörden des Heimatlands des Instituts, sondern durch diejenigen des Mitgliedstaates, in welchem die Dienstleistung erbracht wurde. Es mangelte jedoch an einer einheitlichen Anwendung und Auslegung der genannten Bestimmungen durch die einzelnen Regulierungsbehörden. Dies führte dazu, dass Wertpapierfirmen, die grenzüberschreitend tätig wurden, eine Vielzahl von rules of conduct beachten mussten. Die so erzeugte Unübersichtlichkeit und Rechtsunsicherheit waren ebenso groß wie die dadurch entstandenen zusätzlichen Kosten. Die fehlende gemeinsame Interpretation der Vorschriften der WDRL war insgesamt ein Grund dafür, dass ihre Um- und Durchsetzung nicht zufrieden stellend erfolgte und die Entwicklung eines grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäfts weiter behindert wurde. Auf der anderen Seite waren besonders am Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts tiefgreifende Veränderungen auf den europäischen und globalen Kapitalmärkten zu beobachten. Es kam nicht nur zu einer enormen Zunahme des Wertpapierhandels in breiten Bevölkerungskreisen; auch wurden fast

___________ 212 Lee, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 197 f., kritisierte, dass das Verfahren zur Schaffung einer Richtlinie zu kompliziert sei. Es betreffe sowohl Grundsatz- wie Detailfragen, obwohl man Letztere durchaus an Experten delegieren könne. Folge sei, dass Detailfragen oft unzureichend gelöst würden. Ebenso Kanda, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 208, der die Einbeziehung der Marktteilnehmer in den Gesetzgebungsprozess forderte. Aufgrund dieser Kritik wurde später das Lamfalussy-Verfahren eingeführt, s. o. S. 450 ff. 213 Dies übersieht Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 54, bei seiner Kritik. 214 Der Weg zu Veränderungen war allerdings mühsam, da die Beharrungstendenzen bei EG-Richtlinien mitunter groß sind, s. dazu oben S. 445.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

täglich neue Finanzprodukte auf den Markt gebracht215, die einer optimalen Finanzierung der Unternehmen dienen sowie neue Anlagemöglichkeiten für Kapitalanbieter schaffen sollten. Die tatsächliche Entwicklung hatte damit die Regelungen der WDRL überholt. Zudem waren im Rahmen der Kommunikations- und Informationstechnologie große Fortschritte zu verzeichnen. Es kam zu einer grenzüberschreitenden Vernetzung von Marktteilnehmern. Durch die nunmehr mögliche elektronische Abwicklung von Geschäften entwickelten sich neue Handelstechniken, welche die Rolle der Finanzintermediäre sowie die von ihnen zu erfüllenden Anforderungen an das Wertpapiergeschäft gegenüber dem Kunden von Grund auf veränderten216. Eine weitere Folge des technologischen Fortschritts besteht darin, dass Börsen – ursprünglich als nationale Monopole organisiert – heute miteinander konkurrieren können. Neben den traditionellen Börsen bildeten sich neue Kategorien von Handelssystemen (alternative Handelssysteme217) heraus, die Kapitalangebot und Kapitalnachfrage auf elektronischem Wege zusammenführen und hierfür kein Börsenparkett mehr benötigen. Ihnen ist es möglich, geografisch große Gebiete abzudecken und durch die elektronische Bearbeitung und Abwicklung von Geschäften günstige Transaktionsbedingungen anzubieten. Soweit alternative Handelssysteme ihre Dienstleistungen für das breite Anlegerpublikum erbringen, könnten sich ähnliche aufsichtsrechtliche Fragen stellen wie bei den in der WDRL bereits geregelten Wertpapierfirmen218. Nachzudenken war also vor allem über einen Europäischen Pass für geregelte Märkte und die genannten Handelssysteme. Im Ergebnis führten die Probleme bei der Anwendung der WDRL wie auch die tatsächlichen Veränderungen auf den Kapitalmärkten zu der Erkenntnis, dass die Regelungen der WDRL überholt waren und die gesamte Richtlinie einer Überarbeitung bedurfte. Dieses Vorhaben wurde im Rahmen des FSAP als überragend wichtig eingestuft, um einen ungehinderten grenzüber___________ 215 Vgl. Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte, S. 3, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securi ties/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 9.2.2005). 216 Vgl. nur die über das Internet angebotenen Dienstleistungen von Online bzw. Discount Brokern. 217 Zu den alternativen Handelssystemen ausführlich Ludwig, Die Bank 2004, 421 ff.; Spindler/Hüther, RIW 2002, 649 ff.; Baumeister, Finanz Betrieb 2003, 473 ff. 218 Vgl. zu allem ausführlich Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte, S. 13 f., http://europa.eu.int/comm/ internal_market/securities/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 9.2.2005).

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

schreitenden Verkehr von Finanzdienstleistungen zu ermöglichen219. Es folgte sodann der Vorschlag der EG-Kommission für eine Änderung der WDRL220, bevor am 21.4.2004 die MiFID erging, welche die WDRL von 1993 komplett ersetzte221. f) Weiteres Vorgehen Um die Bedeutung der MiFID für die Vermögensverwaltung herausarbeiten zu können, wird im Folgenden ihr Inhalt näher untersucht. Dabei ist zu bedenken, dass es sich bei der MiFID um eine nach dem Lamfalussy-Verfahren222 erlassene Richtlinie handelt. Es werden vorliegend allein die auf Stufe 1 des Verfahrens ergangenen Rahmenbestimmungen erörtert. Die detaillierten technischen Durchführungsmaßnahmen der Stufe 2 stehen momentan noch aus und können daher hier noch keine Erwähnung finden.

2. Die MiFID im Detail a) Anwendungsbereich (1) Wertpapierfirmen Nach Art. 1 Abs. 1 MiFID gilt die Richtlinie für Wertpapierfirmen und geregelte Märkte. Unter einer Wertpapierfirma ist dabei jede juristische Person zu verstehen, die im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID). ___________ 219 Die Kommission bezeichnete die Überarbeitung der WDRL als „Eckpfeiler des FSAP“, vgl. http://europa.eu.int/comm/internal_market/finances/docs/actionplan/ index/action_de.pdf, S. 5. Zum FSAP siehe oben S. 447 ff. 220 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005). 221 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 1 MiFID. Statt einer bloßen Änderung der WDRL wurde dieser Weg gewählt, da die notwendigen Anpassungen zu umfangreich waren. Schließlich sollte die neue Richtlinie das gesamte Spektrum der angebotenen Dienstleistungen und Finanzinstrumente erfassen, den Anlegern ein gemeinschaftsweit hohes Schutzniveau bieten sowie sämtlichen Instituten einen Europäischen Pass ermöglichen. 222 Dazu siehe oben S. 450 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Den Mitgliedstaaten steht es nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID frei, neben juristischen Personen auch natürliche Personen (und Gesellschaften) zu erfassen, wenn ihre Rechtsform einen der juristischen Person vergleichbaren Schutz für Dritte gewährt und sie einer gleichwertigen und ihrer Rechtsform angemessenen Aufsicht unterliegen223. Sofern diese natürlichen Personen Wertpapiere und Gelder für Dritte halten, muss gewährleistet sein, dass die Rechte der Dritten im Falle der Insolvenz geschützt sind224, die natürliche Person (Wertpapierfirma) der Solvenzüberwachung unterworfen ist, ihr Jahresabschluss der Rechnungslegung und Prüfung unterliegt und – sofern die Firma nur aus einer natürlichen Person besteht – ausreichende Vorsorge für den Fall des Ablebens oder der Geschäftsunfähigkeit des Inhabers getroffen ist. Da diese Vorgaben bereits in der WDRL enthalten waren und daher bereits 1998 in deutsches Recht umgesetzt wurden, entsteht insoweit kein erneuter Umsetzungsbedarf. (2) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sind alle in Anhang I Abschnitt A der Richtlinie genannten Dienstleistungen und Tätigkeiten, die sich auf eines der Instrumente in Anhang I Abschnitt C beziehen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 MiFID). Abschnitt A des Anhangs I zur MiFID erfasst als Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten – die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (Nr. 1), – die Ausführung solcher Aufträge im Namen von Kunden (Nr. 2), – den Handel mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung (Nr. 3), – die Portfolioverwaltung (Nr. 4), – die Anlageberatung (Nr. 5), – die Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten und/oder Platzierung derselben mit fester Übernahmeverpflichtung (Nr. 6), – die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Nr. 7) sowie – den Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) (Nr. 8). ___________ 223 Diese Definition war bereits in der WDRL enthalten. Zu den Schwierigkeiten, die dadurch aufgeworfen werden O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 192. 224 Diese Voraussetzung dürfte bei Gesamthandsgemeinschaften und anderen Handelsgesellschaften, die keine juristischen Personen sind, nur schwer zu erfüllen sein, O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 192 f., zu der gleichlautenden Bestimmung in Art. 1 Nr. 2 Abs. 3 WDRL.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

Übersetzt man diese abstrakten Umschreibungen der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten in die Begrifflichkeiten des deutschen Bankrechts, unterfallen der MiFID der Fremd- und Eigenhandel, die Abschlussund die Anlagevermittlung, die Effektenkommission, das Market-Making, die Portfolioverwaltung, die Anlageberatung, das Emissions- und Loroemissionsgeschäft sowie der Betrieb multilateraler/elektronischer Handelssysteme. Im Rahmen der Portfolioverwaltung ist aufgrund des Merkmals „im Rahmen eines Mandats des Kunden“ (vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 9 MiFID) die Verwaltung des eigenen Vermögens von vornherein ausgenommen. Hierzu zählt etwa ein direkt abgewickeltes Wertpapiergeschäft zwischen zwei Parteien, die mit dem Geschäft nur eine Umschichtung des eigenen Vermögens bewirken. Dass die Richtlinie solche Geschäfte ausnimmt und für sie keinerlei inhaltliche Vorgaben enthält, bedeutet zugleich, dass sie keinen Zwang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften über Finanzintermediäre vorsieht. Nur falls zu deren Abwicklung eine Wertpapierfirma bzw. ein geregelter Markt eingeschaltet wird, sind die Vorgaben der Richtlinie zu beachten (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 8 MiFID). Diese auf den ersten Blick klare Regelung entpuppt sich bei näherer Betrachtung jedoch als unscharf 225. Denn auch wenn Art. 4 Abs. 1 Nr. 9 MiFID die Portfolioverwaltung definiert und damit wesentlich präziser ist als die bloße Nennung der Tätigkeit in der BankenRL (Anhang I Nr. 11), so erschließt sich die Bedeutung einiger der verwendeten Umschreibungen nicht ohne Weiteres. Die deutsche Fassung beschreibt die Portfolioverwaltung als „Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit Ermessensspielraum im Rahmen eines Mandats des Kunden“. Der englische Text lautet „managing portfolios in accordance with mandates given by clients on a discretionary, client-by-client basis“. Diese Formulierung könnte darauf hindeuten, dass die MiFID ausdrücklich nur der individuellen, nicht aber auch ___________ 225 Unglücklich war bereits die Wortwahl in Anhang C Nr. 1 WDRL. Die dort als Wertpapiernebendienstleistung erfasste Depotverwaltung wurde als „Verwahrung und Verwaltung eines oder mehrerer der in Abschnitt B genannten Instrumente“ beschrieben. Eindeutig war dagegen die englische Fassung, die das Depotgeschäft als „safekeeping and administration“ beschrieb und damit schon sprachlich einen Unterschied zur Vermögensverwaltung („managing portfolios“) machte. Um Missverständnisse zu vermeiden, wurde vorgeschlagen, den Begriff „Vermögensverwaltung“ für diese Nebendienstleistung nicht zu verwenden; so aber Becker, in: Hadding/ Welter, Binnenmarkt, S. 113. Da eine ähnliche Formulierung in Anhang I Abschnitt B Nr. 1 der MiFID wieder auftaucht, können die genannten Argumente hierauf übertragen werden.

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der standardisierten Vermögensverwaltung oder der Vermögensverwaltung mit Fondspicking die Vorteile des Europäischen Passes gewähren will. Eine solche Interpretation würde die Tatsache vernachlässigen, dass der Anhang I der BankenRL nur abstrakt von Portfolioverwaltung spricht und deshalb alle genannten Formen der Vermögensverwaltung umfasst. Da das Ziel der MiFID – wie schon der WDRL – aber gerade die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen Kreditinstituten und Wertpapierfirmen in diesem Bereich war, ist eine weite Auslegung geboten, die diesen Umstand berücksichtigt226. Der Zweck der detaillierten Definition der Portfolioverwaltung in Art. 4 Abs. 1 Nr. 9 MiFID besteht darin, die Portfolioverwaltung von der Verwaltung von Vermögen durch Investmentfonds auszugrenzen, da diese in eigenen Richtlinien geregelt ist. Außerdem dient die enge Formulierung der Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Asset-Management der Versicherungswirtschaft und anderer Großunternehmen, die die Anlagegelder ihrer Kunden und eigenes Vermögen oft von Dritten verwalten lassen, etwa in Spezialsondervermögen nach § 2 Abs. 3 InvG. Fraglich ist auch, welche Bedeutung dem Begriff „Handel für eigene Rechnung“ zukommt. Wie Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID zeigt, ist die Verwaltung des eigenen Vermögens von der Richtlinie nicht erfasst. Sie stellt keine Dienstleistung für Dritte dar227. Nur dann, wenn die Wertpapierfirma als Marktgegenseite auftritt, also bei der Kommission mit Selbsteintritt und dem Vertrieb von Wertpapierdienstleistungen gegenüber Investoren oder an geregelten Märkten, steht nicht die Verwaltung des eigenen Vermögens im Vordergrund, sondern das Bank- bzw. Wertpapiergeschäft228. Ein Grenzfall zwischen der Fallgruppe der Verwaltung eigenen Vermögens und der Dienstleistung an Dritte ist die Absicherung von Geschäften eines Industrieunternehmens durch Wertpapier- oder Devisenoptionsgeschäfte. Diese können aus Sicht der anderen Marktteilnehmer sehr wohl unter den Begriff der Dienstleistung subsumiert werden229. Diese Geschäfte nimmt Art. 2 Abs. 1 lit. l) deshalb vom Anwendungsbereich der MiFID aus, sofern sie durch eine Garantie seitens eines Clearingmitglieds des gleichen Markts abgedeckt sind. ___________ 226 Ebenso auch O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 214 (zur WDRL). 227 Böttger, in: Büschgen/Schneider, S. 271, unter Hinweis auf die Materialien der WDRL. Trotz der geringfügigen Änderung im Wortlaut der Richtlinie hat die MiFID an dieser Regelung nichts geändert. 228 Ebenso Schäfer, AG 1993, 389, 391 re. Sp.; Böttger, in: Büschgen/Schneider, S. 271; Hoffmann, Banken- und Börsenrecht der EWG, S. 103. 229 Der Financial Services Act (s. 17 Schedule I des FSA 1986) erfasste diese Geschäfte deshalb schon vor Erlass der WDRL als Finanzdienstleistung (vgl. Böttger, in: Büschgen/Schneider, S. 271 f.), eröffnete aber für die genannten Unternehmen eine Freistellungsmöglichkeit in s. 23 Schedule I des FSA 1986.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

Die Anlageberatung, die nach der WDRL eine bloße Wertpapiernebendienstleistung darstellte, ist nun als Wertpapier(haupt)dienstleistung erfasst. Unter einer Anlageberatung versteht man die Abgabe persönlicher Empfehlungen an einen Kunden (entweder auf dessen Aufforderung oder auf Initiative der Wertpapierfirma), die sich auf ein oder mehrere Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 4 MiFID). Während sie in der WDRL lediglich als Wertpapiernebendienstleistung qualifiziert wurde (Anhang der WDRL Abschnitt C Nr. 6), ist sie nun als Wertpapier(haupt)dienstleistung anzusehen (Anhang I Abschnitt A Nr. 5 der MiFID). Damit werden Dienstleister, deren einzigstes Betätigungsfeld die Anlageberatung ist, nunmehr als Wertpapierfirma gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID eingeordnet. Sie müssen die Vorgaben der Richtlinie erfüllen. Durch die Aufnahme der Anlageberatung in den Katalog der Wertpapier(haupt)dienstleistungen wurde verschiedentlich geäußerter Kritik an der Regelung der WDRL230 begegnet. Wie bereits oben geschildert, ist der Übergang von der Vermögensverwaltung und -beratung hin zur Anlageberatung oft fließend. Durch die aufsichtsrechtliche Einbeziehung auch der Anlageberatung werden die aufgetretenen praktischen Probleme bei der Abgrenzung beider Tätigkeiten im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Kreditwesengesetzes künftig vermieden. Die Abgrenzung behält ihre Bedeutung für aufsichtsrechtliche Folgefragen, wie z. B. die Kapitalausstattung. Der Schutz des Anlegers vor unsachgemäßer Anlageberatung durch die WDRL war lückenhaft. Denn die Richtlinie stellte die Ausdehnung der Wohlverhaltenspflichten auf Wertpapiernebenleistungen wie die Anlageberatung in das Belieben der Mitgliedstaaten (Art. 11 Abs. 1 Satz 3 WDRL). Diese konnten entweder ganz davon Abstand nehmen, Wertpapiernebendienstleistungen zu regeln, oder den Schutz bei Nebendienstleistungen davon abhängig machen, ob gleichzeitig auch eine Wertpapier(haupt)dienstleistung erbracht wurde. Deutschland hatte diesen letzten Weg gewählt und damit unnötige Abgrenzungsstreitigkeiten heraufbeschworen. Nunmehr unterfällt die Anlageberatung als Wertpapier(haupt)dienstleistung gänzlich den Vorgaben der MiFID. Es soll hierdurch ein rechtlicher Rahmen entstehen, der Anlageberatern, die ihre Tätigkeit ohne die erforderliche Sorgfalt, Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit zum Nachteil ihrer Kunden erbringen, den Boden entzieht und den damit verbundenen Risiken für Anleger in ange___________ 230 Die Einordnung der Anlageberatung als Wertpapiernebendienstleistung war bereits während der Beratungen zur WDRL umstritten, vgl. Schäfer, AG 1993, 389; 391 re. Sp.; Shea, in: Cranston, The Single Market1, S. 131 Fn. 66. Der Bundesrat sprach sich dafür aus, Anlageberater und Vermögensverwalter aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuklammern, BR-Drucks. 47/89, S. 2.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

messener Weise gerecht wird (zu den Wohlverhaltenspflichten vgl. Art. 19 Abs. 4 MiFID). Auch angesichts der wachsenden Abhängigkeit der Anleger von persönlichen Empfehlungen war es daher geboten, die Erbringung von Anlageberatungen als eine Wertpapierdienstleistung aufzunehmen, die der Aufsicht untersteht231. Zu bedenken ist allerdings, dass Anlageberater, die häufig als Einzelunternehmer tätig sind, künftig gesteigerten aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterworfen werden. Die dafür notwendigen Investitionen werden sicherlich eine Marktbereinigung zur Folge haben. Es ist daher überzeugend, dass die MiFID auch Erleichterungen für diese Berufsgruppe vorsieht232. Es wurden zum Beispiel spezielle Eigenkapitalvoraussetzungen für ausschließlich in der Anlageberatung tätige Unternehmen geschaffen; Art. 12 i. V. m. Art. 67 MiFID sehen vor, dass die Anfangskapitalanforderungen von 50.000 Euro ersetzt werden dürfen durch eine für den Schutz der Anleger gleichwertige Berufshaftpflichtversicherung oder eine Kombination aus beiden. Insoweit werden die strengen Vorgaben der Richtlinie angemessen abgemildert. Positiv zu bewerten ist der Umstand, dass Anlageberater durch die Qualifizierung ihrer Tätigkeit als Wertpapier(haupt)dienstleistung nunmehr in vollem Umfang die Vorzüge des Europäischen Passes nutzen und nach der Zulassung im Heimatland ihre Dienste europaweit anbieten können. Inwieweit sie hiervon Gebrauch machen, wird erst in einiger Zeit beurteilt werden können, wenn mit den Regelungen der MiFID ausreichend Erfahrung gesammelt wurde. (3) Erfasste Finanzinstrumente Als Finanzinstrumente (Art. 4 Abs. 1 Nr. 17, Anhang I C MiFID) nennt die Richtlinie – übertragbare Wertpapiere, – Geldmarktinstrumente, – Anteile an Investmentfonds, ___________ 231 Erwägungsgrund Nr. 3 MiFID. 232 Schon der Vorschlag der Kommission sah deshalb ausdrücklich vor, Anlageberater mit keinen ungerechtfertigten und allzu drückenden Zulassungs- und Tätigkeitsbedingungen zu belegen, Begründung des Vorschlags der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625, S. 34 f., http://europa.eu.int/comm/internal_market/ securities/isd/index_de.htm#isd (abgerufen am 9.6.2005).

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

– derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken, – finanzielle Differenzgeschäfte sowie – verschiedene Optionen, Terminkontrakte, Swaps und ähnliche Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen oder vergleichbare derivative Finanzinstrumente in Bezug auf Waren233 sowie in Bezug auf verschiedene offizielle Wirtschaftsstatistiken. Mit der umfassenden Definition der Finanzinstrumente wollte der Richtliniengeber einen optimalen Anlegerschutz verwirklichen, indem er das „volle Angebot der anlegerorientierten Tätigkeiten“ abgedeckt234. Als übertragbare Wertpapiere erfasst Art. 4 Abs. 1 Nr. 18 MiFID Aktien und aktiengleiche Papiere, Aktienzertifikate, Schuldverschreibungen und andere verbriefte Schuldtitel einschließlich Zertifikate für solche Wertpapiere sowie alle sonstigen Papiere, die zum Kauf oder Verkauf der genannten Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die an verschiedenen Messgrößen errechnet werden kann. Dieser Aufzählung der übertragbaren Wertpapiere wie auch der Finanzinstrumente kommt nur Beispielcharakter zu, sie ist nicht abschließend. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist vielmehr die Handelbarkeit am Kapitalmarkt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 18 MiFID). Die MiFID erfasst daher auch nicht ausdrücklich genannte Papiere, die handelbar sind und ähnliche Rechte wie Aktien gewähren (z. B. Genussscheine). Ist umgekehrt ein Anteilschein nicht handelbar, wie etwa die Beteiligung an einer „Building Society“ oder einer „Industrial and Provident Society“, wird er nicht erfasst, auch wenn er formal nach dem Recht mancher Mitgliedstaaten eine Aktie darstellt. Die MiFID erfasst deshalb auch keine Genossenschaftsanteile. Geldmarktinstrumente werden in Art. 4 Abs. 1 Nr. 19 MiFID als üblicherweise am Geldmarkt gehandelte Gattungen von Instrumenten definiert. Hierzu zählen zum Beispiel Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers. (4) Ausnahmen und Abstimmung mit anderen Richtlinien Von den meisten Bestimmungen der MiFID ausgenommen sind Kreditinstitute, für die die Banken-RL gilt (Art. 1 Abs. 2 MiFID), aus der sich vergleichbare aufsichts- und niederlassungsrechtliche Vorgaben ergeben. Nur soweit dies nicht der Fall ist, gilt die MiFID auch für Kreditinstitute. So ver___________ 233 Im Gegensatz zur MiFID sah die WDRL noch keine Regelung für Warentermingeschäfte vor. 234 Erwägungsgrund Nr. 2 MiFID.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

langt Art. 12 Abs. 1 MiFID, dass die Herkunftslandkontrolle von Kreditinstituten, die Wertpapierdienstleistungen oder andere Anlagetätigkeiten erbringen, sich auch auf die Einhaltung der KARL erstreckt. Auch gelten die in Art. 11, 13 und 19 ff. MiFID niedergelegten Organisations- und Verhaltenspflichten für Kreditinstitute. Gleiches gilt für die Vorschriften betreffend Markttransparenz und -integrität nach Art. 25 ff. MiFID sowie für einige Normen, die die Zuständigkeit der und die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden regeln (siehe im Einzelnen Art. 1 Abs. 2 MiFID). Die Tatsache, dass die BankenRL den Universalbanken den Europäischen Pass gewährt, führt dazu, dass sie nach der MiFID keine weitere Zulassung für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten benötigen (Erwägungsgrund Nr. 18 MiFID), andererseits aber auch keine beantragen können. Soweit also Divergenzen im Umfang der zugelassenen Tätigkeiten bestehen, sind Kreditinstitute an die Zulassung nach der BankenRL gebunden. Sie können nicht zwei Zulassungen erwerben, um sich auch noch die Vorteile der MiFID zu sichern, soweit sich diese aufgrund der anderen Regelungsstruktur in ihrem Anhang I als günstiger erweist. Über diese Auslegung und damit einzuhaltende Praxis besteht unter den Mitgliedstaaten Einigkeit235. Diese Regelung gilt allerdings nicht für Finanzinstitute im Sinne von Art. 1 Abs. 5 BankenRL. Erbringen diese Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten, unterliegen sie der MiFID und nicht der BankenRL, da Art. 1 Abs. 2 MiFID sie gerade nicht vom Anwendungsbereich ausnimmt. Finanzinstitute, denen an sich schon nach der BankenRL die Vorteile des Europäischen Passes zustünden, sofern sie zu 90 % von einem Kreditinstitut beherrscht sind und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen (Art. 19 BankenRL), müssen in diesem Fall also den Zulassungsvoraussetzungen der MiFID genügen. Sowohl Art. 30 WDRL als auch Art. 71 MiFID gewähren für bereits nach nationalem Recht zugelassene Institute, die ein den Art. 9 bis 14 MiFID vergleichbares Zulassungsverfahren vor Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durchlaufen haben, Bestandschutz236. Da in Deutschland die Anlageberatung derzeit nicht zulasssungspflichtig ist, können sich Anlageberater nicht auf die Übergangsvorschrift berufen. Aufgrund des weiten Begriffs der Dienstleistung und der Tatsache, dass eine Vielzahl von Instrumenten erfasst wird, musste der Richtliniengeber die er___________ 235 So O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 198, bereits für das Zusammenspiel von 2. BKRL und WDRL. 236 Dazu sogleich S. 486 Fn. 243.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

fassten Unternehmen und Berufsgruppen durch eine abschließende Aufzählung von Ausnahmen begrenzen (Art. 2 Abs. 1 MiFID). Ausgenommen sind etwa Investmentgesellschaften und Versicherungsunternehmen, für die eigenständige Richtlinien existieren, sowie Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen nur für bestimmte konzernverbundene Unternehmen erbringen. Ausgenommen sind auch Unternehmen, die Termingeschäfte (zu Hedgingzwecken) vornehmen und dabei durch eine Garantie von einem Clearingmitglied dieses Markts abgedeckt sind. Ausgenommen sind nach Art. 2 Abs. 1 lit. c) MiFID auch solche Berufsgruppen, die Wertpapierdienstleistungen nur gelegentlich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erbringen und dabei standesrechtlichen oder gesetzlichen Vorgaben unterliegen (Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.). Die Norm hat klarstellenden Charakter. Denn schon die Definition der Wertpapierfirma enthält als Tatbestandsmerkmal die Gewerbsmäßigkeit. Soweit die genannten Berufsgruppen die Wertpapierdienstleistungen nur gelegentlich erbringen, fehlt es hieran237. Dies zeigen auch die Erwägungsgründe238, bei denen die berufliche Zielsetzung und Üblichkeit die entscheidenden Abgrenzungsmerkmale zwischen professionellen Finanzdienstleistern und den freien Berufen darstellt. Trotz dieser an sich eindeutigen Regelung erwies sich die Klarstellung in Art. 2 MiFID als notwendig, weil diese Auslegung nicht allgemein geteilt wurde239. Ferner sind auch Wertpapierdienstleistungen ausgenommen, die zum Zwecke der Arbeitnehmerbeteiligung erbracht werden, da es insoweit zum einen an einem öffentlichen Markt fehlt und zum anderen die Arbeitnehmerinteressen üblicherweise durch eigenständige arbeitsrechtliche Schutzmechanismen (Betriebsrat etc.) geschützt sind, so dass der Anlegerschutz der MiFID entbehrlich erscheint. Soweit eine der genannten Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie vorliegt, erhält der betreffende Dienstleistungserbringer bzw. das Unternehmen keinen Europäischen Pass240. Es greifen allein die Grundfreiheiten des EGV, sofern eine grenzüberschreitende Leistung erbracht oder eine Niederlassung gegründet werden soll. ___________ 237 So auch Schäfer, AG 1993, 389, 391 li. Sp. zur Regelung in Art. 2 Abs. 2 lit. c WDRL. 238 Erwägungsgründe Nrn. 7 und 12 MiFID. 239 So gibt etwa Shea, in: Cranston, The Single Market1, S. 118, für die parallele Problematik in der WDRL die oben vorgenommene Auslegung nicht wieder, sondern spricht sich gleich für eine ausdrückliche Ausnahme der Berufsgruppen aus. 240 Es sei denn aufgrund einer anderen einschlägigen Richtlinie (z. B. für Versicherungen und für OGAW).

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Nach Art. 2 Abs. 2 MiFID sind zum Schutze der Geld-, Wechselkurs-, Staatsschuld- und Reservepolitik auch solche Finanzinstrumente ausgenommen, bei denen der Staat auf der Gegenseite steht (Staatsanleihen etc.). Diese Ausnahme241 erscheint insofern sinnvoll, als sie den Freiraum der nationalen Politik erhält. Andererseits bedeutet sie jedoch auch eine erhebliche Einschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, da viele Staaten nur heimische Institute zur Emission und zum Handel von Staatspapieren zulassen. Damit sind Wertpapierfirmen aus anderen Mitgliedstaaten gezwungen, Tochtergesellschaften am betreffenden Markt zu errichten, wenn sie am Handel mit derartigen Instrumenten teilnehmen wollen. Der mit der MiFID geschaffene Vorteil, statt Tochterunternehmen auch organisatorisch und finanziell günstigere Zweigniederlassungen errichten zu können, steht also nicht zur Verfügung. Der Markt für derartige Instrumente wird aufgrund der deshalb beschränkten Zahl der Marktteilnehmer häufig begrenzt bleiben, was wiederum die Akzeptanz der Instrumente selbst mindert und damit den Staaten zum Nachteil gereicht. Hinzu kommt, dass eine derartige Beschränkung angesichts der Zielsetzungen der Europäischen Währungsunion wenig Sinn macht und damit über kurz oder lang abgeschafft und durch eine einheitliche europaweite Regelung ersetzt werden sollte242. b) Zulassungs-, Organisations- und Aufsichtsregeln (prudential rules) (1) Erstzulassung Ein Unternehmen darf Wertpapierdienstleistungen nur erbringen, wenn es die nach Art. 5 Abs. 1 MiFID vorgeschriebene Zulassung von seinem Heimatstaat erhalten hat. Die Richtlinie statuiert also ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt243. Notwendige Voraussetzung der Zulassung ist nach Art. 12 MiFID das Vorhandensein bestimmter Eigenmittel, die sich nach der KARL244 richten. ___________ 241 Sie wird über Art. 1 Abs. 2 MiFID auch auf den Anwendungsbereich der BankenRL erstreckt, so dass Kreditinstitute beim Handel mit solchen Papieren ebenfalls nicht in den Genuss des Europäischen Passes kommen, vgl. O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 210, für die entsprechende Regelung in der WDRL. 242 Zu Recht kritisch deshalb auch O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 209 ff., in Bezug auf Art. 2 Abs. 4 WDRL. 243 Vor Umsetzung der WDRL galt für die Vermögensverwaltung in Deutschland eine generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt für den Fall der Unzuverlässigkeit (§ 35 GewO), s. o. S. 404 Text bei Fn. 303. Für Altfälle galt Bestandsschutz nach Art. 30 WDRL und jetzt Art. 71 MiFID. Der Bestandsschutz beim Mindestkapital ist ebenfalls großzügig, vgl. Art. 3 Abs. 5–8 KARL. 244 S. o. S. 466 Fn. 176.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

Weiterhin muss das Vier-Augen-Prinzip245 durch gut beleumundete und erfahrene Geschäftsleiter gewährleistet sein (Art. 9 MiFID). Schließlich muss die Wertpapierfirma einen Geschäftsplan246 vorlegen (Art. 7 Abs. 2 MiFID). Dieser bindet die Wertpapierfirma nicht für alle Zukunft, sondern kann immer nur die aktuellen Vorhaben beschreiben. Er ist dennoch von erheblichem Nutzen für die Aufsichtsbehörden, da sie im Zeitpunkt der Erstzulassung Rückschlüsse auf das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen ziehen können. Spätere Veränderungen sind im Rahmen der laufenden Aufsicht mitzuteilen. Weiterhin müssen die direkten und indirekten Beteiligungsverhältnisse an der Wertpapierfirma offengelegt werden (Art. 10 Abs. 1 MiFID). Die Zulassung kann von der zuständigen Aufsichtsbehörde verweigert werden, wenn die Behörde nicht davon überzeugt ist, dass die Gesellschafter eine solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirma gewährleisten. Bestehen zwischen der Wertpapierfirma und anderen Personen oder Unternehmen enge Verbindungen (z. B. Beherrschungsverträge), wird die Zulassung nur erteilt, wenn eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung möglich ist. Diese mit der BCCI-Richtlinie247 schon in die WDRL eingeführte Voraussetzung soll undurchsichtigen Konzernstrukturen, nicht überschaubaren Weisungsverhältnissen oder dem Einfluss des Rechtes eines Nichtmitgliedstaates Einhalt gebieten, sofern dies eine effektive Aufsicht behindert. Die Zulassung muss im Sitzstaat der Wertpapierfirma beantragt werden. Wie Art. 4 Abs. 1 Nr. 20 und Erwägungsgrund Nr. 22 MiFID zeigen, ist bei juristischen Personen hierunter der satzungsmäßige Sitz zu verstehen. Im Regelfall wird der Satzungssitz in dem Staat liegen, in dem das Institut seinen Tätigkeitsschwerpunkt hat. Verlegt eine Wertpapierfirma jedoch ihren Satzungssitz in einen anderen Staat, in dem nicht das Schwergewicht der geschäftlichen Aktivitäten angesiedelt ist, und erfolgte diese Sitzwahl mit der Absicht, sich den strengeren Zulassungs- und Aufsichtsregeln des an ___________ 245 Auf Betreiben Großbritanniens und Irlands wurde bereits in Art. 3 Abs. 3 WDRL hiervon eine Ausnahme zugelassen. Sofern ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist, kann auf das Vier-Augen-Prinzip verzichtet werden, kritisch hierzu Schäfer, AG 1993, 389, 392 Fn. 24; s. a. unten S. 614; anders O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 196, der diese Ausnahme als selbstverständlich ansieht. Die dem Art. 3 Abs. 3 WDRL entsprechende Regelung findet sich nun in Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 MiFID. 246 Ursprünglich – schon bei der WDRL – diente der Geschäftsplan als Grundlage für die in Italien damals noch übliche Bedürfnisprüfung bei der Zulassung von Kreditinstituten. Er wurde trotz Abschaffung der Bedürfnisprüfung in der 1. BKRL und allen folgenden Richtlinien beibehalten, vgl. Troberg, Europäische Aufsicht, S. 27 f. 247 S. o. S. 456 f. Fn. 131.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

sich zuständigen Staates zu entziehen, kann die Zulassung abgelehnt bzw. entzogen werden248. Wie bereits im Zusammenhang mit der BankenRL angesprochen, steht diese Regelung im Einklang mit Art. 43 und 49 EG249. Ist die Wertpapierfirma Tochter- oder Schwesterunternehmen eines Kreditinstituts oder einer Wertpapierfirma aus einem anderen Mitgliedstaat, sind vor der Zulassung dessen Aufsichtsbehörden zu konsultieren (Art. 60 MiFID). Da die Regelungen der MiFID nur Mindestvoraussetzungen aufstellen, ist es den nationalen Gesetzgebern überlassen, auch strengere Vorgaben zu erlassen250. Jedoch wird kein Mitgliedstaat die Heimatlandkontrolle zu streng ausgestalten, weil sonst international operierende Wertpapierfirmen in andere Mitgliedstaaten oder Drittstaaten abwandern251. Zudem können Institute aus anderen Mitgliedstaaten zu den Konditionen ihrer Heimatlandkontrolle tätig werden, so dass es im Inland zu Wettbewerbsverzerrungen kommen kann. Es wird sich nur das System durchsetzen, das einen angemessenen Anlegerschutz zu adäquaten Kosten verwirklicht252. Die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung ist innerhalb von sechs Monaten zu treffen (Art. 7 Abs. 3 MiFID). Soweit nicht im Hinblick auf einzelne oder alle beantragten Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten ein Versagungsgrund vorliegt, muss die Zulassung gewährt werden. Unter dem Reglement der WDRL war streitig, welche Voraussetzungen er-

___________ 248 Erwägungsgrund Nr. 22 und Art. 8 MiFID. 249 S. o. S. 458, Text zu Fn. 140. 250 Zur rechtlichen Zulässigkeit der Diskriminierung von Inländern (umgekehrte Diskriminierung) vgl. etwa EuGH, Slg. 1982, 3723 Rdn. 16 f. (Morson); Slg. 1980, 833 Rdn. 9 (Debauve), sowie Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EGVertrag6, Art. 43 Rdn. 109 ff.; Hammerl, Inländerdiskriminierung; Wesser, Grenzen; Burmester, Inländerdiskriminierung; Reitmaier, Inländerdiskriminierungen; Schöne, RIW 1989, 450 ff.; Kleier, RIW 1988, 623 ff.; Knobl, Europabankrecht, S. 109 ff. Zu den Grenzen der Inländerdiskriminierung EuGH, EuZW 2002, 635 Rdn. 27 ff. m. w. N. (D’Hoop ./. Office national de l’emploi) mit Anm. Bode; Merkt, RabelsZ 61 (1997), 647, 671 f. m. w. N. 251 O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 194 f. 252 Das von Böttger, in: Büschgen/Schneider, S. 269, angeführte Argument, die Kommission gehe davon aus, höher regulierte Aufsichtssysteme würden sich aufgrund des besseren Anlegerschutzes durchsetzen, greift also zu kurz, da ein übertriebener Anlegerschutz zu teuer ist und die Funktionstauglichkeit des Systems ebenso gefährdet wie seine Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich.

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füllt sein müssen, um eine Zulassung auch253 für die in Abschnitt C des Anhangs der WDRL genannten Wertpapiernebendienstleistungen (Anlageberatung, Wertpapierverwaltung und -verwahrung etc.) zu erhalten. Unproblematisch war der Fall, dass die Wertpapierfirma eine Zulassung für alle Wertpapierdienstleistungen und alle Wertpapiernebendienstleistungen beantragt und erhalten hatte. Umfasste der Antrag dagegen nur einzelne der in Abschnitt A genannten Wertpapierdienstleistungen, war fraglich, ob der Wertpapierfirma dennoch eine Zulassung für alle (beantragten) Nebendienstleistungen gewährt werden konnte oder nur für solche, die im Zusammenhang mit der zugelassenen Hauptdienstleistung standen254. Diese Kontroverse hat sich mit Erlass der MiFID erübrigt. Sie regelt in Art. 31 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 32 Abs. 1 Satz 2, dass Nebendienstleistungen nur in Verbindung mit einer Wertpapierdienstleistung und/oder Anlagetätigkeit erbracht werden dürfen. Damit ist nunmehr klargestellt, dass Wertpapierfirmen, die die Zulassung zur Erbringung einer Hauptdienstleistung und/oder Anlagetätigkeit erhalten (haben), nur für die beantragten (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 MiFID) Nebendienstleistungen zugelassen werden dürfen, die mit dieser Hauptdienstleistung in Zusammenhang stehen. Gestützt wird dies durch den in der englischen Fassung der MiFID verwendeten Ausdruck „ancillary services“. Ebenso kann hierfür die Begründung der EGKommission zum Vorschlag für die MiFID herangezogen werden. Der Aufnahme der Finanzanalyse als Wertpapiernebendienstleistung lagen danach folgende Erwägungen zugrunde255: „Durch die Aufnahme der Finanzanalyse in die Liste der Nebendienstleistungen wird verhindert, dass spezialisierte und unabhängige Forschungsarbeiten in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, und [erreicht, dass] die Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden auf solche Unternehmen gelenkt [wird], die Forschung/Analyse in einer ___________ 253 Eine Wertpapierfirma, die nur Wertpapiernebendienstleistungen erbringt, erhält keinen Europäischen Pass und kann deshalb nicht in anderen Mitgliedstaaten aktiv werden, vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 5 WDRL, jetzt Art. 6 Abs. 1 Satz 3 MiFID. 254 So Abrams, in: Moore, Financial Services, S. 318; Shea, in: Cranston, The Single Market1, S. 128 f., unter Berufung auf die damalige Formulierung „ancillary to“ des Diskussionspapiers vom 11.5.1990 (zitiert nach Shea, in: Cranston, The Single Market1, S. 116) sowie Lutter, Unternehmensrecht4, S. 454 (der allerdings die vorstehende Problematik bei Art. 14 WDRL erörtert). 255 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., S. 35, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005). Ergänzungen vom Verf.

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Weise mit anderen Anlagegeschäften kombinieren, die zu Interessenkonflikten Anlass geben könnte.“ Fraglich ist, ob diese Lösung nicht zu einer Benachteiligung der Wertpapierfirmen gegenüber den Kreditinstituten führt. Schließlich dürfen Letztere sämtliche im Anhang I der BankenRL genannten Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten ohne weiteres erbringen, sofern sie eine Zulassung in ihrem Heimatstaat erhalten haben. Dabei ist zu bedenken, dass durch Art. 68 MiFID alle in Anhang I Abschnitte A und B der MiFID enthaltenen Tätigkeiten (Wertpapierhaupt- und -nebendienstleistungen) in eben diese Liste des Anhangs I der BankenRL aufgenommen wurden; für ihre Ausübung durch Kreditinstitute gilt somit ohne weitere Anforderungen das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung. Eine inhaltliche Verknüpfung zwischen den einzelnen Dienstleistungsarten wird im Anhang I der BankenRL jedoch nicht verlangt. Die auf den ersten Blick bestehende Bevorzugung von Kreditinstituten relativiert sich jedoch durch Art. 31 Abs. 1 sowie Art. 32 Abs. 1 MiFID, die über Art. 1 Abs. 2 MiFID auch für Kreditinstitute bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gelten. Jeweils in Satz 2 der Vorschriften wird (eben auch für Kreditinstitute) bestimmt, dass Nebendienstleistungen nur in Verbindung mit einer Wertpapierdienstleistung und/ oder Anlagetätigkeit erbracht werden dürfen. Damit ergibt sich ein levelplaying-field für Wertpapierfirmen und Kreditinstitute. Eine Wettbewerbsbenachteiligung der Tätigkeit der Wertpapierfirmen gegenüber der der Kreditinstitute ist somit nicht zu befürchten. Die Regelung bedeutet für die Vermögensverwaltung, dass eine als Vermögensverwalter zugelassene Wertpapierfirma neben der Portfolioverwaltung nur die Wertpapernebendienstleistungen erbringen darf, die mit der Hauptdienstleistung in Zusammenhang stehen und für die sie auch eine Zulassung erhalten hat. Über Art. 31 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 32 Abs. 1 Satz 2 MiFID gilt diese Beschränkung auch für vermögensverwaltende Kreditinstitute, die eine Zulassung nach der BankenRL erhalten haben und damit alle in Anhang I der BankenRL genannten Tätigkeiten erbringen dürfen. Von dem soeben erörterten Problembereich ist die Frage zu trennen, ob eine Wertpapierfirma, die die Zulassung zu bestimmten Wertpapierhaupt- und -nebendienstleistungen erhalten hat, Letztere nur in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Hauptdienstleistung erbringen darf. Für die Zulässigkeit auch der isolierten Erbringung von Nebendienstleistungen spricht, dass diese oft die erste Stufe zur Anbahnung eines Geschäftskontakts sind. Dürften Wertpapierfirmen diese Tätigkeiten nicht isoliert aus490

Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

üben, würde man ihnen im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr Schranken auferlegen, die den effektiven Aufbau einer Geschäftstätigkeit behindern, während einheimische Wertpapierfirmen unter diesem mittelbaren Hindernis nicht zu leiden hätten, da sie schon etabliert sind. Zudem lässt sich den Regelungen der MiFID eine Beschränkung auf eine solche zeitgleiche Erbringung von Haupt- und Nebendienstleistungen nicht entnehmen. (2) Fortlaufende Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen Art. 16 MiFID bestimmt, dass die Wertpapierfirmen die für die Zulassung erforderlichen Bedingungen auch fortlaufend während ihrer Geschäftstätigkeit erfüllen müssen und dabei der Aufsicht der zuständigen Behörden unterliegen. Im Falle eines Verstoßes kann die Zulassung gemäß Art. 8 lit. c) MiFID entzogen werden. Art. 10 Abs. 3 bis 6 MiFID enthält eine Pflicht zur laufenden Transparenz über den Erwerb oder die Veräußerung qualifizierter Beteiligungen sowie Veränderungen in der Eignerstruktur, wenn der Einfluss die Schwellen von 20, 33 oder 50 % der Stimmrechte oder des Kapitals erreicht, unter- oder überschreitet oder die Wertpapierfirma künftig als Tochterunternehmen fortgeführt wird bzw. nicht mehr als Tochterunternehmen fungiert. Die Aufsichtsbehörden können einem geplanten Erwerb oder der Erhöhung einer Beteiligung widersprechen, wenn sie nicht überzeugt sind, dass der Erwerber den Ansprüchen genügt, die an eine solide und umsichtige Führung der Geschäfte der Wertpapierfirma zu stellen sind (Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 MiFID). Ferner hat die Wertpapierfirma der Aufsichtsbehörde mindestens einmal jährlich die Namen der Aktionäre und Mitglieder, die qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die jeweiligen Beteiligungsbeträge mitzuteilen (Art. 10 Abs. 5 UAbs. 2 MiFID). (3) Organisationspflichten Zur Gewährleistung eines effektiven Anlegerschutzes enthält die Richtlinie Aufsichtsregeln über die im Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung sowie fortlaufend zu erfüllenden Anforderungen an die Organisation der Wertpapierfirmen (Art. 13 MiFID) und der Kreditinstitute (Art. 1 Abs. 2 MiFID, jeweils i. V. m. Art. 16 MiFID). Die Einbeziehung der Kreditinstitute ist deshalb notwendig, weil Art. 13 MiFID Pflichten enthält, die in der BankenRL nicht vorgesehen sind. Wertpapierfirmen und Kreditinstitute sind verpflichtet sicherzustellen, dass ihre Verwaltung und ihre Buchhaltung ordnungsgemäß sind und dass sie über Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf ihre elektronische Datenverarbeitung verfügen. Außerdem müssen sie angemessene interne

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Kontrollverfahren errichten, die insbesondere eine Regelung der Mitarbeitergeschäfte enthalten (Art. 13 Abs. 5 UAbs. 2 und Abs. 2 MiFID). Weiterhin enthält Art. 13 Abs. 7 MiFID die Verpflichtung sicherzustellen, dass das Eigentum der Kunden an Wertpapieren – auch im Falle der Insolvenz des Instituts – geschützt wird (z. B. durch getrennte Verwahrung) und Wertpapiere der Kunden nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung für eigene Rechnung (z. B. im Rahmen der Wertpapierleihe) verwendet werden können. Wertpapierfirmen sind darüber hinaus verpflichtet, Kundengelder so anzulegen, dass die Rechte der Kunden geschützt sind, und zu verhindern, dass die Gelder der Kunden für eigene Rechnung verwendet werden. Von dieser Pflicht ausgenommen sind Kreditinstitute, deren Aufgabe es gerade ist, Kundengelder weiterzuverwenden (Art. 13 Abs. 8 MiFID). Die Institute müssen alle Transaktionen so aufzeichnen, dass den Behörden die Kontrolle über die Einhaltung der soeben genannten Verpflichtungen ermöglicht wird (Art. 13 Abs. 6 MiFID). Die Frist für die Dauer der Aufbewahrung der Aufzeichnungen legt die im Heimatland zuständige Aufsicht fest. Art. 13 Abs. 3 MiFID erlegt den Instituten die Pflicht auf, organisatorische Maßnahmen zu treffen, damit Interessenkonflikte i. S. des Art. 18 MiFID zwischen dem Institut und dem Kunden sowie Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden vermieden bzw. möglichst gering gehalten werden. Art. 18 Abs. 1 MiFID verpflichtet die Wertpapierfirmen deshalb, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen ihnen selbst (einschließlich ihrer Geschäftsleitung, ihren Beschäftigten, ihren vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen die Firma kontrollierenden Personen) und ihren Kunden bzw. zwischen mehreren Kunden untereinander bei der Erbringung einer Wertpapierdienstleistung erkennen zu können. Zudem haben die Wertpapierfirmen dafür zu sorgen, dass eventuell aufgetretene Interessenkonflikte keinesfalls zu Lasten der Kunden aufgelöst werden. Können Wertpapierfirmen Interessenkonflikte der genannten Arten nicht mit ausreichender Gewissheit ausschließen, so müssen sie den bzw. die betroffenen Kunden vor Ausführung des Auftrags hierüber informieren (Art. 18 Abs. 2 MiFID). Schließlich regelt Art. 13 Abs. 5 UAbs. 1 MiFID die an eine Auslagerung (Outsourcing) betriebswichtiger Bereiche zu stellenden organisatorischen Anforderungen, die insbesondere so beschaffen sein müssen, dass zusätzlich entstehende Geschäftsrisiken vermieden werden. Zudem darf das Outsourcing nicht zu einer Beeinträchtigung der Qualität der internen Kontrolle 492

Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

und der Fähigkeit führen, den Insourcer hinsichtlich der von ihm selbst zu erfüllenden Anforderungen zu beaufsichtigen. c) Wohlverhaltensregeln (rules of conduct) (1) Geschichte Die zunächst in Art. 11 WDRL niedergelegten Wohlverhaltensregeln entsprachen fast wörtlich den conduct of business principles der IOSCO vom November 1990256. Die Aufnahme der Wohlverhaltensregeln in die WDRL hatte eine wechselvolle Geschichte. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission257 enthielt keinen umfassenden Katalog von Wohlverhaltensregeln, sondern nur die Organisationspflichten (vgl. Art. 9, Trennung von Kundenund Eigenvermögen, Eindämmung von Interessenkonflikten), da gerade die Wohlverhaltenspflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich geregelt waren. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss empfahl eine verbindliche Regelung auch der Verhaltenspflichten258. Das Europäische Parlament nahm zu dieser Frage in der ersten Lesung 1989 keine Stellung259. Auch die Kommission berücksichtigte diese Forderung in ihrem geänderten Vorschlag260 aus dem Jahr 1990 nicht. Erst der Rat verlangte die Aufnahme solcher Regeln. Dieser der verabschiedeten Fassung zugrunde liegende Standpunkt261 des Rates wurde bei der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments 1993 unverändert und unkommentiert übernommen262. Mit der Aufnahme dieser Pflichten in Art. 11 WDRL schloss die Kommission eine Lücke im System des Anlegerschutzes. Bislang hatte die Gemeinschaft im Bereich des Kapitalmarktrechts vor allem Richtlinien mit Zulassungs-, Aufsichts- und Organisationsregeln erlassen, vertriebs- und verhal___________ 256 Resolution on International Conduct of Business Principles, Presidents Committee, November 1990, vgl. unten Anhang 2), vgl. dazu Lutter, Unternehmensrecht4, S. 453; Cardon de Lichtbuer, in: Wymeersch, Perspectives, S. 91. 257 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen, KOM(88) 778 endg. – SYN 176, vorgelegt am 3.1.1989, ABl. EG Nr. C 43 vom 22.2.1989, S. 7 ff. 258 Stellungnahme 89/C 298/03 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 27.9.1989, ABl. EG Nr. C 298 vom 27.11.1989, S. 6. 259 Sitzung vom 25.10.1989, ABl. EG Nr. C 304 vom 4.12.1989, S. 39 f. 260 Geänderter Vorschlag 90/C 42/06 für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 8.2.1990, ABl. EG Nr. C 42 vom 22.2.1990, S. 7. 261 Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 21.12.1992 im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen (AZ 10465/1/92, REV 1 ADD 1, EF 66). 262 Sitzung vom 8.3.1993, ABl. EG Nr. C 115 vom 26.4.1993, S. 18 sowie 78 ff.

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tensorientierte Maßnahmen dagegen ausgespart. Betrachtet man beispielsweise die Maßnahmen zur Beseitigung von Informationsasymmetrien, konzentrierte sich die Gemeinschaft auf den börslichen Markt263 bzw. auf die Aktionäre. Sie vernachlässigte die Tatsache, dass Anleger ihre Anlageentscheidung zumeist nach Konsultation von Informationsintermediären, wie Anlageberatern und -vermittlern und Anlageinformationsdiensten, treffen264, so dass erst die Regelung dieser Rechtsbeziehung einen effektiven Anlegerschutz ermöglicht. Auch wenn man Vermögensverwalter nicht ohne weiteres265 als Informationsintermediäre einordnen kann266, da sie – bezogen auf die Information – Endabnehmer sind und die Anlageentscheidung für den Kunden treffen, war ihre Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 11 WDRL gleichwohl zu begrüßen. Denn die einem Vermögensverwalter eingeräumte Rechtsmacht ist noch größer als die eines Anlagevermittlers, so dass der Anlegerschutz umso notwendiger ist. Die in Art. 11 WDRL enthaltene Regelung wurde nahezu vollständig in die Art. 19 ff. MiFID überführt und erheblich ausgeweitet. Maßgeblicher Grund hierfür war die Erkenntnis, dass die Wohlverhaltensregeln der WDRL zu unklar und allgemein formuliert waren, um als zentrale Normen des Anlegerschutzes dienen zu können. Die Art. 19 ff. MiFID stellen nunmehr wesentlich detailliertere Anforderungen auf. Die als „Wohlverhaltensregeln“ benannten Pflichten der Wertpapierfirmen finden sich in Art. 19 MiFID. Art. 21 MiFID enthält die Pflicht zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen und Art. 22 MiFID regelt die Bearbeitung von Kundenaufträgen. Zu beachten ist, dass die genannten Vorschriften über den Verweis in Art. 1 Abs. 2 MiFID auch für Kreditinstitute bei der Ausführung von Wertpapierdienstleistungen gelten. Die bisherige Doppelung der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten, die sich in Art. 10 und 11 WDRL fand, ist beseitigt. Die Pflicht zur Vermeidung der Konflikte findet in der MiFID nun allein bei den organisatorischen Pflichten (Art. 13 Abs. 3, 18 MiFID) ausdrückliche Erwähnung. Zwar wird in Art. 19 Abs. 1 MiFID die Wertpapierfirma verpflichtet, im besten Kundeninteresse zu handeln, wozu auch die Vermeidung von Interessenkonflikten zählt. Jedoch stellt Art. 19 MiFID allein auf das Ergebnis ___________ 263 Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 97 ff., 105 ff. 264 Kritisch deshalb Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 111. 265 Ausgenommen ist nur der Fall, in dem der Kunde eine Einzelweisung erteilen möchte und sich deshalb mit seinem Vermögensverwalter berät. In diesem Fall kommt dem Vermögensverwalter auch die Funktion zu, die der eines Anlageberaters gleicht. 266 Anders aber Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, S. 111.

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(bestmögliches Interesse) ab, ohne Vorgaben zu enthalten, wie die Wertpapierfirma dieses Ergebnis erreicht. Dies hat vor allem deshalb Bedeutung, weil die Art. 19 ff. MiFID dem Schutz des individuellen Anlegers dienen, während die Art. 13, 18 MiFID allein den Funktionenschutz vor Augen haben. Der einzelne Kunde hat damit keinen Anspruch auf bestimmte organisatorische Maßnahmen. (2) Wohlverhaltensregeln bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Kunden (Art. 19 MiFID) Art. 19 MiFID beinhaltet ausdrücklich „Wohlverhaltensregeln“ bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Kunden. In Abs. 1 wird der Grundsatz aufgestellt, dass Wertpapierfirmen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Haupt- und Nebendienstleistungen) ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln haben. Die Abs. 2 bis 8 konkretisieren sodann diese Pflicht. Art. 19 Abs. 2 und 3 MiFID betreffen Informationen, welche die Wertpapierfirma dem Kunden zur Verfügung zu stellen hat, um diesem eine Anlageentscheidung auf informierter Grundlage zu ermöglichen. Alle Informationen, standardisiert oder individuell, müssen dabei redlich, ehrlich und nicht irreführend sein sowie die folgenden Punkte beinhalten: – die Wertpapierfirma und ihre Dienstleistungen, – Finanzinstrumente und vorgeschlagene Anlagestrategien, einschließlich geeigneter Leitlinien und Warnhinweise, – Ausführungsplätze sowie – Kosten und Nebenkosten. Mitteilungen, welche das Marketing betreffen, sind eindeutig als solche zu kennzeichnen. In Art. 19 Abs. 4 und 5 MiFID finden sich Regelungen dazu, welche Informationen eine Wertpapierfirma von ihren Kunden oder potenziellen Kunden einzuholen hat. Es wird zwischen der Erbringung von Anlageberatung und Portfolio-Management auf der einen Seite und den sonstigen Wertpapierdienstleistungen auf der anderen unterschieden. Grundsätzlich (Abs. 5) haben Wertpapierfirmen Angaben über die Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Kunden im anvisierten Produkt- oder Dienstleistungsbereich einzuholen. Aufgrund dieser Informationen sollen sie in die Lage versetzt werden, die Geeignetheit dieser Produkte bzw. Dienstleistungen für den Kunden zu beurteilen und ihn ggf. zu warnen (Abs. 5 UAbs. 2). Eine Warnung hat ebenfalls zu erfolgen, wenn der Kunde die oben genannten Angaben verweigert

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und es der Wertpapierfirma deshalb nicht möglich ist, eine Entscheidung über die Geeignetheit des Anlageobjekts zu fällen (Abs. 5 UAbs. 3). Handelt es sich bei der Wertpapierfirma um Anlageberater oder Vermögensverwalter, so müssen sich diese zusätzlich über die finanziellen Verhältnisse sowie die Anlageziele ihrer Kunden erkundigen, um eine geeignete Empfehlung abzugeben (Abs. 4). Im Zusammenhang mit der Einholung von Informationen über den Kunden ist Art. 19 Abs. 6 MiFID zu beachten, der von den genannten Anforderungen in bestimmten Fällen Ausnahmen macht (zum Beispiel bei der Erbringung der Dienstleistung auf Veranlassung des Kunden und Aufklärung über die dann nicht bestehende Prüfungspflicht). Diese Regelung ist für Direktbanken und Discount Broker von Bedeutung. Art. 19 Abs. 7 und 8 MiFID enthalten schließlich Dokumentations- und Berichtspflichten der Wertpapierfirma. So muss eine Aufzeichnung erstellt werden, in welcher die Vereinbarungen mit dem Kunden, die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die sonstigen Bedingungen der Dienstleistungserbringung festgehalten werden (Abs. 7). Nach Abs. 8 muss die Wertpapierfirma dem Kunden einen Bericht über die erbrachten Dienstleistungen (ggf. mit den angefallenen Kosten) zukommen lassen. Bei der Vermögensverwaltung als Dauerschuldverhältnis bedeutet dies eine Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung. Eine Pflicht des Vermögensverwalters zur Kundenbenachrichtigung bei außergewöhnlichen Verlusten (Ad-hoc-Berichtspflicht) ist in der MiFID nicht ausdrücklich enthalten. Da Verluste nicht unbedingt das Ergebnis der erbrachten Dienstleistung selbst sein müssen, sondern auch vom Markt verursacht worden sein können, erfasst der Wortlaut der Vorschrift die Ad-hoc-Berichtspflicht des Vermögensverwalters nicht. Aus der allgemeinen Interessenwahrungspflicht des Art. 19 Abs. 1 MiFID folgt sie aber durchaus. Es bleibt abzuwarten, ob sie auf Stufe 2 des Lamfalussy-Verfahrens (vgl. Art. 19 Abs. 10 MiFID) noch ausdrücklich vorgesehen werden wird. (3) Erbringung von Dienstleistungen über eine andere Wertpapierfirma (Art. 20 MiFID) Erhält eine Wertpapierfirma von einer anderen Wertpapierfirma die Anweisung, Dienstleistungen für deren Kunden zu erbringen, darf sich das ausführende Unternehmen sowohl auf die von der auftraggebenden Wertpapierfirma übermittelten Informationen über ihren Kunden wie auch auf deren Empfehlungen bzgl. der Geeignetheit des Geschäftes verlassen. Verpflichtet bleibt insofern das unmittelbar mit dem Kunden in Kontakt stehende Unternehmen. Allein für die Erbringung der Dienstleistung bzw. den Abschluss 496

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des Geschäfts auf der Grundlage der übermittelten Informationen ist die angewiesene Wertpapierfirma verantwortlich (Art. 20 MiFID). Die Art. 21 und 22 MiFID regeln die an die Bearbeitung und Ausführung der Aufträge der Kunden zu stellenden Anforderungen. (4) Verpflichtung zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen (Art. 21 MiFID) Wertpapierfirmen sind zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen verpflichtet (Art. 21 MiFID). Kundengünstigste Auftragsausführung bedeutet im Falle einer ausdrücklich vorliegenden Kundenweisung natürlich die Einhaltung dieses speziellen Kundenwunschs. Wurde ein solcher jedoch nicht geäußert, so muss die Wertpapierfirma versuchen, unter Berücksichtigung des Kurses, der Kosten, der Schnelligkeit, der Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechnung, des Umfangs, der Art und aller sonstigen relevanten Aspekte das bestmögliche Ergebnis für den Kunden zu erreichen (Abs. 1). Entscheidend ist somit nicht allein der für den Kunden erzielbare beste Nettokurs; durch die Einbeziehung von Bearbeitungsdauer und Auftragsumfang kann sich vielmehr ergeben, dass unter Umständen ein etwas schlechterer Kurs zu insgesamt besseren Ergebnissen führt267. Im Ergebnis führt die Verpflichtung zur bestmöglichen Auftragsausführung dazu, dass Wertpapierhäuser eine Reihe verschiedener Handelsplätze prüfen und damit ein gut organisiertes Orderrouting bereitstellen müssen. Da sie die Ausführung von Aufträgen schließlich an den effizientesten und wettbewerbsfähigsten Handelsplätzen vornehmen (müssen), entsteht zudem ein Wettbewerbsdruck unter den Handelsplätzen selbst268. Um den Anforderungen des Abs. 1 zu genügen, wird den Wertpapierfirmen aufgegeben, so genannte Grundsätze der Auftragsausführung festzulegen, die für jede Gattung von Finanzinstrumenten die entscheidenden Angaben (insbesondere zu den verschiedenen Handelsplätzen) enthalten und den ___________ 267 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., S. 31, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005). 268 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., S. 31, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005).

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Kunden zugänglich zu machen sind. Besonderheiten gelten für den Fall der kundengünstigsten Ausführung durch Internalisierung von Geschäften sowie die Ausführung im Freiverkehr (Abs. 2 und Abs. 3). Natürlich können einmal erarbeitete Grundsätze der Auftragsausführung nicht starr für alle zukünftigen Aufträge angewandt werden; sie sind von der Wertpapierfirma stets auf ihre Effizienz hinsichtlich der bestmöglichen Ausführung zu überprüfen und ggf. zu ändern. Auch dies ist dem Kunden mitzuteilen (Abs. 4). Die Kunden haben zudem einen Anspruch auf Nachweis der Anwendung der Grundsätze der Auftragsausführung gegen die Wertpapierfirma (Abs. 5). (5) Vorschriften für die Bearbeitung von Kundenaufträgen (Art. 22 MiFID) Schließlich enthält Art. 22 MiFID Vorschriften für die Bearbeitung von Kundenaufträgen, die eine unparteiliche und qualitativ hochwertige Ausführung sichern sollen269. Wertpapierfirmen müssen nach Art. 22 Abs. 1 UAbs. 1 MiFID Verfahren und Systeme bereithalten, mit deren Hilfe Kundenaufträge unverzüglich, redlich und rasch abgewickelt werden können. Im Mittelpunkt stehen damit die Grundsätze der Fairness und Schnelligkeit. Im Gegensatz zur bestmöglichen Ausführung wird die Qualität hier nicht im Vergleich zu den Bedingungen an anderen Handelsplätzen gemessen, sondern im Verhältnis zu anderen Kundenaufträgen bzw. den (Eigen-)Handelsinteressen der Wertpapierfirma selbst. Als Grundsatz ist festgelegt, dass vergleichbare Kundenaufträge nach dem Zeitpunkt ihres Eingangs abgearbeitet werden müssen (Abs. 1 UAbs. 2). Zu beachten ist, dass Art. 22 Abs. 1 MiFID nur für das Verhältnis von Kundenaufträgen untereinander gilt, nicht aber für eventuell konkurrierende Eigenhandelspositionen der Wertpapierfirma. In einem solchen Fall ist auf Art. 18 MiFID zurückzugreifen und der Auftrag des Kunden so auszuführen, dass Interessenkonflikte vermieden werden. Entscheidend ist, was im bestmöglichen Interesse des Kunden liegt. Sofern der Kunde dem Wertpapierhaus einen Limitauftrag erteilt, ist Art. 22 Abs. 2 MiFID einschlägig. Die besondere Regelung dieser Fälle war deshalb notwendig, weil es vorkommen kann, dass die durch den Kunden in einem ___________ 269 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., S. 32, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005).

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Limitauftrag festgelegten Konditionen eine prompte Ausführung desselben gerade verhindern. Betrachtet man die Vorschriften der Art. 21 und 22 MiFID im Zusammenhang, so zeigt sich ein „2-Stufen-System“ für die Ausführung von Kundenaufträgen. Zunächst muss die Wertpapierfirma anhand der Grundsätze der Auftragsausführung bestimmen, an welchen Handelsplatz der Auftrag des Kunden zu übermitteln ist, um eine bestmögliche Ausführung sicherzustellen. Ist dieser Handelsplatz gefunden, hat sie die Order nach den Geboten der Schnelligkeit und Fairness weiterzuleiten. (6) Verpflichtungen von Wertpapierfirmen bei der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern (Art. 23 MiFID) Nach Art. 23 Abs. 1 MiFID können die Mitgliedstaaten einer Wertpapierfirma gestatten, für bestimmte, abschließend aufgezählte Dienstleistungen (vgl. Abs. 1 und Abs. 2 UAbs. 2) gegenüber dem Kunden Vermittler einzusetzen, die vertraglich an das Wertpapierhaus gebunden sind (zur Definition vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 25 MiFID). Die Mitgliedstaaten haben ein Wahlrecht, ob diese Vorschrift umgesetzt werden soll oder nicht. Entscheidet sich ein Staat gegen die Zulassung gebundener Vermittler, dürfen die bei ihm zugelassenen Institute keine solchen Personen einsetzen. Entscheidet sich ein Staat für die Zulassung, muss er die Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 bis 5 MiFID beachten; dabei ist auch eine im Vergleich zur Richtlinie strengere einzelstaatliche Ausgestaltung möglich (Abs. 6). Zweck der Vorschriften ist es, eine Art „Qualitätskontrolle“ für Vermittler („Vertreter“) zu etablieren und damit das Vertrauen des breiten Anlegerpublikums in diesen Berufsstand zu stärken. Es soll ein korrektes Handeln gegenüber dem Kunden im Sinne einer bestmöglichen Ausführung gesichert sein. Die an eine Wertpapierfirma gebundenen Vermittler bedürfen danach vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit der Eintragung in ein eigens hierfür eingerichtetes öffentliches Register (Art. 23 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 MiFID). Eine Eintragung wird nur dann vorgenommen, wenn feststeht, dass der Vermittler gut beleumdet ist sowie über die entsprechenden allgemeinen, kaufmännischen und beruflichen Kenntnisse verfügt, die zur Ausführung der ihm übertragenen Tätigkeiten notwendig sind. Grundsätzlich erfolgt die Registereintragung im Heimatstaat des Vermittlers; sollte sich dieser Staat gegen eine Umsetzung dieser Richtlinienvorschrift entschieden haben, ist auf die Register im Herkunftsland der Wertpapierfirma selber zurückzugreifen, die den Vermittler einsetzt. Ist die Registereintragung erfolgt und nimmt der Vermittler seine Tätigkeit auf, ist er verpflichtet, dem Kunden bei der ersten Kontaktaufnahme oder 499

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vor Abschluss eines Geschäftes seine Eigenschaft als Vermittler offen zu legen sowie das von ihm vertretene Institut zu nennen (Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 2 MiFID). Sodann hat der Vermittler das Geschäft des Kunden mit der nötigen Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt auszuführen, insbesondere müssen die Verpflichtungen der vorgenannten Artikel (Art. 18 ff. MiFID) beachtet werden. Es ist weiterhin möglich, dass Vermittler neben den Tätigkeiten, die unter die MiFID fallen, noch andere Dienstleistungen erbringen. In einem solchen Fall muss darauf geachtet werden, dass sich deren Ausführung nicht nachteilig auf die Erbringung der Finanzdienstleistung gegenüber dem Kunden auswirkt (Art. 23 Abs. 4 MiFID). Es soll also sichergestellt werden, dass auch Vermittler, die in mehreren Bereichen tätig sind (z. B. zusätzlich in der Versicherungsvermittlung), das für den Kunden der Finanzdienstleistung optimale Ergebnis erzielen. Sollte in einem der genannten Bereiche eine Pflichtverletzung seitens des Vermittlers auftreten, so sichert Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 1 MiFID, dass dem Kunden jedenfalls ein potenter Schuldner in Gestalt des Wertpapierhauses selber gegenübersteht. Die Wertpapierfirma haftet danach uneingeschränkt für jedes Handeln und Unterlassen des von ihr eingeschalteten Vermittlers. (7) Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien (Art. 24 MiFID) Das Geschäft der Wertpapierfirmen besteht indes nicht ausschließlich in der Ausführung von Kundenaufträgen. Vielmehr betätigen sie sich auch im Handel mit Finanzinstrumenten, bei dem ihnen eine professionelle Partei gegenübersteht, die des durch Wohlverhaltensregeln und Vermittlergeschäfte bedingten Schutzes nicht bedarf. Um diese Art des Wertpapierhandels flüssig und unkompliziert zu gestalten, bestimmt Art. 24 MiFID die Freistellung von den Pflichten der Art. 19, 21 sowie Art. 22 Abs. 1 MiFID. Die Richtlinie spricht insofern von Geschäften mit „geeigneten Gegenparteien“ und versteht hierunter u. a. andere Wertpapierfirmen, Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften, OGAW, Pensionsfonds sowie öffentliche Stellen, wie die staatliche Schuldenverwaltung, Zentralbanken und supranationale Organisationen (Abs. 2). Diese Aufzählung ist keinesfalls abschließend, vielmehr können die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der MiFID weitere Unternehmen als „geeignete Gegenparteien“ anerkennen (Art. 24 Abs. 3 UAbs. 1 Satz 1 MiFID). Kommt es demzufolge zu einer unterschiedlichen Umsetzung in einzelnen Mitgliedstaaten, wird für die Anerkennung der Eigenschaft als „geeignete Gegenpartei“ ausdrücklich die Geltung des Rechts des Heimatlands des Unternehmens (= Herkunftslandkontrolle) angeordnet (Art. 24 Abs. 3 UAbs. 1 Satz 2 MiFID).

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Zu beachten ist, dass eine Wertpapierfirma, die ein Geschäft mit einer geeigneten Gegenpartei tätigt, deren ausdrückliche Zustimmung einzuholen hat, als solche auch behandelt zu werden (Abs. 3 UAbs. 2). Dies muss im Vorfeld des Geschäfts oder spätestens bei dessen Abschluss erfolgen270. Damit korrespondiert das in Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 MiFID vorgesehene Recht eines einmal als „geeignete Gegenpartei“ eingestuften Unternehmens, eine Behandlung als „gewöhnlicher“ Kunde generell oder für einzelne Geschäfte zu beantragen und damit die Pflichten der Art. 19, 21 und 22 MiFID aufleben zu lassen. (8) Behandlung professioneller Kunden Von den Pflichten einer Wertpapierfirma gegenüber geeigneten Gegenparteien zu unterscheiden ist die Behandlung sog. professioneller Kunden. Wer professioneller Kunde ist, ergibt sich aus Anhang II der MiFID (vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 i. V. m. Anhang II MiFID). Hier wird unterschieden zwischen Kunden, die von vornherein als professionelle Kunden angesehen werden, und Kunden, die auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Bei beiden sind die entscheidenden Kriterien ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse sowie Sachverstand mit den dem Geschäft zugrunde liegenden Finanzinstrumenten. Es muss gewährleistet sein, dass der betreffende Kunde seine Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit verbundenen Risiken eigenständig und angemessen beurteilen kann. Während die Professionalität bei den Kunden der ersten Kategorie (Anhang II, I.) grundsätzlich vermutet wird, ist sie für die Kunden, die eine professionelle Behandlung beantragen, erst aufgrund bestimmter Kriterien und Verfahren nachzuweisen (Anhang II, II.). Fraglich ist nun, welche Rechtsfolgen sich aus der Eigenschaft „professioneller Kunde“ ergeben. Im Hinblick auf den Grad der Schutzbedürftigkeit bestimmte bereits Art. 11 Abs. 1 WDRL, dass bei der Anwendung der Wohlverhaltensregeln der Professionalität der Person, für die die Dienstleistung erbracht wird, Rechnung zu tragen ist. Eine klare Regelung, in welchem Grad und Umfang die Wohlverhaltenspflichten anzuwenden waren, enthielt Art. 11 Abs. 1 WDRL jedoch nicht und war deshalb starker Kritik ___________ 270 Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2002) 625 endg., S. 33, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/isd/index_de.htm (abgerufen am 26.5.2005).

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ausgesetzt271. Die MiFID selber begnügt sich ebenfalls mit der Feststellung, dass ein Ziel der Richtlinie der Anlegerschutz sei und deswegen die Vorkehrungen zum Schutze der Anleger den Eigenheiten der Kategorien Kleinanleger, professioneller Kunde und Gegenpartei angepasst werden sollten272. Sie überlässt die exakte Regelung der gegenüber professionellen Anlegern anzuwendenden Wohlverhaltenspflichten den Durchführungsmaßnahmen auf Stufe 2 des europäischen Rechtsetzungsprozesses (Art. 19 Abs. 10 Satz 2 lit. c und Art. 21 Abs. 6 lit. a MiFID). Zu beachten ist, dass allein die Art. 19 und 21 MiFID eine solche Regelung vorsehen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Vorschriften über Interessenkonflikte (Art. 18), über die Erbringung von Dienstleistungen über eine andere Wertpapierfirma (Art. 20), über die Bearbeitung von Kundenaufträgen (Art. 22) sowie über die Verpflichtungen bei der Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler (Art. 23) unabhängig davon anzuwenden sind, ob es sich um einen Kleinoder aber einen professionellen Anleger handelt. Anhang II der MiFID sieht zudem das Recht professioneller Kunden vor, ein dem Kleinanleger vergleichbares Schutzniveau zu beantragen, wenn sie glauben, die Risiken einer Anlage nicht mehr korrekt beurteilen zu können. Dann sind auch die Art. 19 und 21 MiFID von den Wertpapierhäusern in vollem Umfang zu beachten. (9) Ausblick Die offenen und weiten Formulierungen des Art. 11 WDRL brachten es mit sich, dass die Umsetzung der Wohlverhaltensregeln in die einzelnen nationalen Rechte zu beträchtlichen sachlichen Unterschieden geführt hatte. Gerade in Staaten, in denen der Verbraucherschutzgedanke stark ausgeprägt war, fiel der Schutz nichtprofessioneller Anleger anders aus als in den übrigen Staaten. Dieser unbefriedigende Rechtszustand wird sich unter dem Regime der MiFID und den noch zu erlassenden detaillierten Durchführungsbestimmungen auf Stufe 2 des Lamfalussy-Verfahrens mit Sicherheit ändern. Es wird damit europaweit weitestgehend einheitliche Vorschriften über Inhalt und Umfang der Pflichten aus Art. 19 ff. MiFID geben. Im Bereich der Wohlverhaltsregeln wird damit faktisch eine Vollharmonisierung erfolgen. ___________ 271 Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte, S. 16, http://europa.eu.int/comm/internal_market/securi ties/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 9.2.2005) sowie Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte, S. 17 f., http://europa.eu.int/comm/internal_market/securities/lamfalussy/index_de.htm (abgerufen am 8.2.2005). 272 Erwägungsgrund Nr. 31 MiFID.

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Damit begegnet die MiFID den erheblichen Bedenken, die für die WDRL im Hinblick auf die Beaufsichtigung der Befolgung der Wohlverhaltensregeln bestanden hatten. Nach Art. 11 Abs. 2 WDRL fielen nämlich sowohl die Durchführung als auch die Überwachung der Einhaltung der Wohlverhaltensvorschriften in die Zuständigkeit des Mitgliedstaates, in dem die entsprechende Dienstleistung erbracht wurde. Trotz Geltung des Prinzips der Herkunftslandkontrolle waren in diesem Punkt also die Behörden des jeweiligen Gastlands zuständig. Grundlage dieser Regelung war die Erwägung, dass alle auf einem lokalen Markt tätigen Institute den gleichen Ausgangsbedingungen für das konkrete Geschäft unterliegen sollten. Außerdem wurde argumentiert, dass ein Kunde mit einem Geschäftsabschluss die Erwartung verbindet, dass die ihm bekannten Regeln seines Heimatstaats Anwendung finden, wenn er dort eine Leistung in Anspruch nimmt273. In der Praxis bedeutete diese Regelung, dass grenzüberschreitend tätige Institute je nach Zahl der Aufnahmestaaten eine Vielzahl von Wohlverhaltensregeln zu beachten hatten (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 2 WDRL). Erbrachte eine Wertpapierfirma etwa in ihrer inländischen Niederlassung telefonisch Dienstleistungen an Kunden aus verschiedenen Mitgliedstaaten, musste sie – womöglich unterschiedliche – Wohlverhaltensregeln beachten. Noch komplexer war die Situation, wenn eine Wertpapierfirma aus Mitgliedstaat A von einem Kunden aus Mitgliedstaat B beauftragt wurde, Wertpapiere in Mitgliedstaat C zu kaufen. Entsprechend der WDRL galten für alle auf dem Gebiet des Staates B erbrachten Geschäfte dessen Wohlverhaltensregeln. Da in Staat C jedoch die konkrete Geschäftsabwicklung erfolgte, konnte es passieren, dass auch dessen rules of conduct Anwendung fanden. Die Richtlinie führte also zu einer für die Institute lästigen Vielfalt parallel anwendbarer Vorschriften274. Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Richtlinie und auf die Beratungen zur WDRL, bei denen den rules of conduct wenig Gewicht zukam, konnte man die genannte Zuständigkeitsregelung nur als Kompromiss einordnen. Die Mitgliedstaaten waren an einer schnellen Verabschiedung der prudential rules interessiert, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für Kre___________ 273 Ausführlich zu der bei den Beratungen zur Richtlinie streitigen Frage, ob Herkunftsoder Gastlandkontrolle anzuwenden sein sollten, Abrams, in: Moore, Financial Services, S. 313, 323, 332 ff. 274 Kritisch deshalb bereits O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 216; Cardon de Lichtbuer, in: Wymeersch, Perspectives, S. 91; Hirsch, in: Buxbaum/Hertig/ Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 233; Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 48. Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 136 Rdn. 10, hält dies sogar für einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit.

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ditinstitute und Wertpapierfirmen zu schaffen. Für die Ausarbeitung detaillierter Wohlverhaltensregeln blieb keine Zeit, so dass man konsequenterweise die Gastlandkontrolle vereinbarte275. Bereits unter Geltung der WDRL waren die Einschätzungen der Folgen dieses Vorgehens sehr uneinheitlich. Ein Teil des Schrifttums ordnete die Regelung als prinzipiell nachteilig ein276 oder befürchtete zumindest, dass der fehlende Mindeststandard einer weiteren Harmonisierung vertriebsrechtlicher Regelungen in Europa zunächst im Wege stehen dürfte277. Andere begrüßten den Kompromiss und meinten, die Folgen, die die Anwendung unterschiedlicher Wohlverhaltensregeln für die Institute mit sich brächte, seien längst nicht so gravierend, wie behauptet278. Die grenzüberschreitend tätigen Institute hätten ohnehin entsprechende rechtliche Expertise aufgebaut, so dass sie die Kenntnis der verschiedenen Wohlverhaltensregeln nicht zusätzlich belasten würde. Ebenso wurde die Meinung geäußert, dass die EU über keinen einheitlichen Markt verfüge, weshalb sich die Institute ohnehin auf die jeweiligen Besonderheiten der Märkte und Kunden einstellen müssten, so dass die Einbeziehung der jeweiligen nationalen Wohlverhaltensregeln nicht so dramatisch sei. Außerdem fördere die fehlende Mindestharmonisierung den Wettbewerb der Rechtsordnungen und erhalte die Flexibilität der nationalen Gesetzgeber, die auf Veränderungen schneller reagieren könnten, als wenn der rechtliche Rahmen durch EURecht starr vorgegeben sei. Die Regelung stellte nach dieser Ansicht einen Kompromiss dar, der im Ergebnis eine überzeugende „zweitbeste Lösung“ bildete279. Schon zu der Zeit, als noch die WDRL in Kraft war, überzeugte diese Argumentation nicht. Eine tatsächliche Verbesserung des grenzüberschreitenden Wertpapierdienstleistungsverkehrs kann nur dann erreicht werden, wenn die von den Aufsichtsbehörden erlassenen Wohlverhaltensregeln aufeinander abgestimmt werden. Ohne überschaubares Regelungswerk werden kleinere und mittlere Institute stets den Schritt über die Grenze scheuen oder sich auf den Erwerb von Tochtergesellschaften konzentrieren, die bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen vor Ort nur einer Rechtsordnung unter___________ 275 Hertig, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 221 f. 276 S. soeben S. 503 Fn. 274. 277 S. o. S. 472 Text zu Fn. 208. 278 Zum Folgenden Hertig, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 221 ff. 279 S. die vorige Fn. Allerdings macht Hertig selbst die Einschränkung, dass die EU eingreifen müsse, falls die Rechtsunsicherheit und die Kosten zu hoch würden.

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liegen. Damit war die mit der WDRL erstrebte Angleichung der Wettbewerbsbedingungen gefährdet, da die Richtlinie diejenigen Institute faktisch bevorzugte, die schon europaweit agierten. Dies waren in der Hauptsache die großen Universalbanken. Hinzu kam, dass die Umsetzung der Wohlverhaltensregeln weniger eine Frage der Rechtsbeziehung zwischen Unternehmen und Kunden als vielmehr eine der inneren Organisation des Instituts ist. Eine Kontrolle durch das Gastland verursacht zudem immer höhere Kosten für die Eroberung fremder Märkte280. Auch diese können große Institute eher verkraften. Nachdem man mit den Vorschriften der WDRL mehrere Jahre praktische Erfahrungen sammeln konnte, hat sich gezeigt, dass die beschriebene Gastlandkontrolle im Rahmen der Wohlverhaltensregelungen des Art. 11 WDRL tatsächlich eine wechselseitige Durchdringung der mitgliedstaatlichen Märkte verhinderte. Die in den einzelnen Ländern unterschiedlichen Standards erschwerten es Wertpapierfirmen erheblich, an einem jeweils fremden Markt zu agieren. Eine wirklich umfassende Integration auf den europäischen Finanzmärkten war somit nicht zu beobachten. Es war damit sinnvoll, im Rahmen der MiFID auf ein anderes Regelungssystem umzustellen. Zwar ist auch in der neuen Richtlinie für die Art. 19, 21 und 22 MiFID eine Kontrolle der Zweigniederlassungen einer Wertpapierfirma durch das Gastland vorgesehen (Art. 32 Abs. 7 MiFID), jedoch wird es mit den Durchführungsverordnungen und -richtlinien auf Stufe 2 des Lamfalussy-Verfahrens derart detaillierte Vorgaben geben, dass eine europaweit unterschiedliche Anwendung der Vorschriften praktisch ausgeschlossen ist. Hinzu kommt, dass es den Mitgliedstaaten – also auch den jeweiligen Gastländern – gemäß Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 und Art. 32 Abs. 1 UAbs. 2 MiFID verwehrt ist, den Wertpapierfirmen bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen Anforderungen aufzuerlegen, die über die in der MiFID niedergelegten Standards hinausgehen. Hierdurch wird nicht nur eine Vereinheitlichung der in den Mitgliedstaaten geltenden Wohlverhaltensregeln erreicht, sondern es werden auch die noch unter der WDRL gefürchteten Szenarien des „race to the bottom“ oder der Einführung protektionistischer Maßnahmen281 verhindert282. ___________ 280 Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 48. 281 Böttger, in: Büschgen/Schneider, S. 277; Lee, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 194 ff. Weitergehend Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 27 ff.; Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 31, die die Verwendung der Gemeinwohlklausel generell kritisieren. Zurückhaltend dagegen Cardon de Lichtbuer, in: Wymeersch, Perspectives, S. 96. 282 Zur Kritik an dieser „Vollharmonisierung“ siehe aber oben S. 452 ff.

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d) Markttransparenz und Marktintegrität (Art. 25 ff. MiFID) Unbeschadet der Regelung über Insidergeschäfte und Marktmanipulation in der Marktmissbrauchsrichtlinie283 haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 25 Abs. 1 MiFID durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass Wertpapierfirmen bei ihrer Tätigkeit ehrlich, redlich, professionell und in einer die Marktintegrität fördernden Weise handeln. Dies soll vornehmlich durch die Einführung detaillierter Meldepflichten verwirklicht werden. Diese Publizitätspflichten dienen dem Zweck, eine Aufsicht über die Tätigkeit der Wertpapierhäuser zu ermöglichen sowie die Anleger zu schützen. So müssen für alle Fremd- und Eigenhandelsgeschäfte in Finanzinstrumenten Aufzeichnungen angefertigt und fünf Jahre lang aufbewahrt werden (Art. 25 Abs. 2 MiFID). Zudem sind sämtliche Geschäfte, die ein zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenes Finanzinstrument betreffen284, der jeweils zuständigen Behörde so schnell wie möglich (spätestens am nächsten Werktag) zu melden (Art. 25 Abs. 3 MiFID, zu den zu meldenden Einzelheiten des Geschäfts vgl. Art. 25 Abs. 4 und 7 MiFID). Eine Meldung kann dabei von dem Wertpapierhaus selber, einem in seinem Namen handelnden Dritten, einem von der zuständigen Behörde anerkannten System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften, durch einen geregelten Markt oder ein beteiligtes multilaterales Handelssystem (MTF) erfolgen (Art. 25 Abs. 5 MiFID). Wird das Geschäft über die Finanzinstrumente nicht an einem geregelten Markt ausgeführt, sondern innerhalb der Wertpapierfirma mit anderen Kundenaufträgen oder Eigenhandelspositionen zusammengeführt („gematcht“), handelt die Wertpapierfirma als systematischer Internalisierer (Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 MiFID), für die besondere Pflichten in Art. 27 und 28 MiFID vorgesehen sind. Art. 27 MiFID betrifft dabei die Veröffentlichung verbindlicher Kursofferten, also eine Meldung vor Abschluss des Geschäftes, während in Art. 28 MiFID Veröffentlichungspflichten des Wertpapierhauses nach erfolgtem Handel festgelegt werden. Die zu veröffentlichenden Kursofferten betreffen allein Aktien, die an einem geregelten Markt gehandelt werden können, für die ein liquider Markt besteht und bei denen die einzelnen Aufträge eine bestimmte Marktgröße nicht überschreiten (Art. 27 Abs. 1 MiFID). Die Veröffentlichung hat dabei wäh___________ 283 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über Insidergeschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. EG Nr. L 96 vom 12.4.2003, S. 16. 284 Gleichgültig ist hingegen, ob das Geschäft auch an einem geregelten Markt ausgeführt wurde.

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rend der üblichen Handelszeiten regelmäßig und kontinuierlich zu erfolgen. Für die Ausführung eines Geschäfts gilt sodann der Kurs, der bei Eingang des Auftrags geboten war; Ausnahmen können hier für professionelle Kunden bestehen (Art. 27 Abs. 3 MiFID). Wem systematische Internalisierer Zugang zu ihren Kursofferten verschaffen, mit welchen Anlegern sie Geschäftsbeziehungen aufnehmen und wie häufig sie Geschäfte mit demselben Kunden ausführen, liegt gemäß Art. 27 Abs. 5 und 6 MiFID in ihrem freien (in nicht-diskriminierender Weise ausgeübten) Ermessen. Ist ein Auftrag ausgeführt worden, sind Wertpapierfirmen gemäß Art. 28 Abs. 1 MiFID verpflichtet, den Umfang des Geschäftes sowie den maßgeblichen Kurs und Zeitpunkt des Abschlusses zu veröffentlichen. Dies gilt immer dann, wenn zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Aktien betroffen sind, die vom Wertpapierhaus außerhalb dieses Markts oder eines MTF gehandelt wurden. Für Einzelheiten ist Art. 45 MiFID (NachhandelsTransparenzvorschriften für geregelte Märkte) maßgeblich (Art. 28 Abs. 2 MiFID). Allgemein finden sich in den Vorschriften der MiFID über geregelte Märkte (Art. 36 ff.) weitere diese Märkte betreffende Publizitätsregelungen. e) Grenzüberschreitende Tätigkeit Art. 31 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 MiFID gewährleisten die Niederlassungsund Dienstleistungsfreiheit für Wertpapierfirmen und konkretisieren damit Art. 43 und 49 EG. Die Wertpapierfirmen dürfen alle Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen i. S. der Abschnitte A und B des Anhangs I zur MiFID, für die sie eine Zulassung in ihrem Herkunftsland besitzen, auch in anderen Mitgliedstaaten erbringen („Europäischer Pass“). Der Umfang der Zulassung durch den Heimatstaat entscheidet also darüber, welche Tätigkeiten das Institut europaweit erbringen darf. Der Aufnahmestaat hat hierauf keinen Einfluss. Die gleichen Rechte erhalten Kreditinstitute bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, die im Einklang mit der BankenRL zugelassen und beaufsichtigt werden. Die Richtlinie erlaubt den Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, sich dabei zweier „Vertriebswege“ zu bedienen. Entweder wird die Leistung grenzüberschreitend (Art. 31 MiFID) oder aber durch Zweigniederlassungen (Art. 32 MiFID) in den anderen Mitgliedstaaten erbracht. Unter einer Zweigniederlassung versteht man dabei eine Betriebsstelle, die einen rechtlich unselbstständigen Teil einer Wertpapierfirma bildet und Wertpapierdienstleistungen/Nebendienstleistungen erbringt und/oder Anlagetätigkeiten ausübt, für die die Wertpapierfirma eine Zulassung erhalten hat (Art. 4 Abs. 1 Nr. 26 MiFID). 507

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Näher zu betrachten ist das Zusammenspiel von Art. 68 MiFID und der BankenRL sowie Art. 31 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 MiFID. Art. 68 MiFID sieht eine Änderung der BankenRL vor. Danach sind alle Wertpapierhauptund -nebendienstleistungen, die sich auf Finanzinstrumente beziehen (vgl. Anhang I Abschnitte A, B und C der MiFID), in den Anhang I der BankenRL zu integrieren. Das bedeutet, dass ein Kreditinstitut allein mit der Zulassung gemäß der BankenRL alle Wertpapierdienstleistungen europaweit erbringen kann, da nunmehr auch für diese die gegenseitige Anerkennung aus Anhang I BankenRL gilt. Insofern verwundert es auf den ersten Blick, dass Kreditinstitute zusätzlich in die Vorschriften der Art. 31 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 MiFID aufgenommen wurden, welche die Regelung des Europäischen Passes für Wertpapierfirmen festschreiben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die jeweiligen Sätze 1 der Vorschriften nur klarstellenden Charakter haben, da sich die gleiche Rechtsfolge für Kreditinstitute bereits aus der BankenRL ergibt. Etwas anderes gilt jedoch für Art. 31 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 32 Abs. 1 Satz 2 MiFID. Diese Normen dienen dazu, für Wertpapierfirmen und Kreditinstitute einheitlich festzulegen285, dass Wertpapiernebendienstleistungen nur im Zusammenhang mit Hauptdienstleistungen erbracht werden dürfen. Ohne eine solche Regelung wären Wertpapierfirmen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gegenüber Kreditinstituten benachteiligt gewesen. Ebenso haben die Unterabsätze 2 der beiden Vorschriften einen eigenen Regelungsgehalt. Sie sehen eine „Vollharmonisierung“ vor, da das Gastland den Wertpapierfirmen und Kreditinstituten bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen keine zusätzlichen Anforderungen auferlegen darf. Eine solche Vorschrift fehlt in der BankenRL. Die für eine erstmalige Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen und die Errichtung einer Zweigniederlassung zu erfüllenden Anforderungen sind in Art. 31 und 32 MiFID weitgehend parallel zu den Art. 18 ff. BankenRL geregelt. (1) Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen Die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen bedarf keines vorgeschalteten Zulassungsverfahrens durch den Aufnahmestaat. Vielmehr reicht die Anmeldung bei der Aufsichtsbehörde des Herkunftslands unter Übermittlung des Geschäftsplans, der Angabe des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Wertpapierfirma tätig werden will und ob sie beabsichtigt, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen (Art. 31 Abs. 2 MiFID). Diese Information leitet der Heimatstaat, dem insoweit kein Vetorecht zusteht, innerhalb eines Monats an den Aufnahmestaat weiter und die Wert___________ 285 Siehe oben S. 490.

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papierfirma kann dann mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit im Gastland beginnen (Art. 31 Abs. 3 MiFID)286. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst gemäß Art. 50 Satz 3 EG die Freiheit des Leistenden, seine entgeltlich angebotene Tätigkeit nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung in jedem anderen Mitgliedstaat zu erbringen (aktive Dienstleistungsfreiheit). Von der Grundfreiheit erfasst ist auch der umgekehrte Fall, bei dem der Leistende seine Dienstleistung im Inland an einen Gebietsansässigen eines anderen Mitgliedstaats erbringt, der ihn zum Zwecke der Entgegennahme der Leistung aufsucht (passive Dienstleistungsfreiheit, bisweilen auch als negative Dienstleistungsfreiheit bezeichnet287). Der EuGH hielt als grenzüberschreitenden Bezug die Tatsache für ausreichend, dass der Kunde den Leistenden in einem anderen Mitgliedstaat aufsuche288. Diese Auffassung wird in Bezug auf die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung nach Art. 31 MiFID offenbar nicht von allen Mitgliedstaaten geteilt289, weil dieser ausdrücklich nur auf das Tätigwerden auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats abstellt. Da die MiFID ihrem Zweck entsprechend die Dienstleistungsfreiheit des EGV konkretisiert, überzeugt dieser Vorbehalt nicht; die zu Art. 49 EG bestehende Rechtsprechung gilt auch im Rahmen der MiFID. Die einschränkende Formulierung des Art. 31 MiFID führt demnach zu keiner Einschränkung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheit, sondern kann allen___________ 286 In der BankenRL, deren Regelung weitgehend parallel ausgestaltet ist, fehlt in Art. 21 Abs. 2 eine ausdrückliche Regelung über den Zeitpunkt, ab dem das Institut seine Tätigkeit im Gastland erbringen darf. Diese Lücke lässt sich durch einen Rückgriff auf Art. 35 der Richtlinie 92/49/EWG und Art. 31 Abs. 3 MiFID schließen, deren Regelungsziel dem der BankenRL entspricht. Es gilt damit die Frist von einem Monat entsprechend, im Ergebnis ebenso Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 68, für die parallele Regelung in Art 18 Abs. 2 UAbs. 1 WDRL. 287 Oppermann, Europarecht2, Rdn. 1594. 288 EuGH, Slg. 1984, 377 Rdn. 24–25 (Luisi und Carbone ./. Ministero del Tesoro); Slg. 1989, 195 Rdn. 15 (Cowan ./. Le Trésor Public); zustimmend Schweitzer/Hummer, Europarecht5, Rdn. 1189; Nicolaysen, Europarecht II, S. 177; Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Art. 49 Rdn. 8 ff. Grundlegend zur passiven Dienstleistungsfreiheit Völker, Passive Dienstleistungsfreiheit. Siehe hierzu auch den von der Kommission erstellten Leitfaden über die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu den Artikeln 49 ff. EG-Vertrag: Der freie Dienstleistungsverkehr, Europäische Kommission vom 1.1.2001, http://europa.eu. int/comm/internal_market/services/docs/infringements/art49_en.pdf (abgerufen am 25.5.2005). 289 So die Feststellung von O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 215 f., zum parallelen Art. 14 WDRL.

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falls als Einschränkung der Anzeigepflicht aus Art. 31 Abs. 2 MiFID gewertet werden. Der EuGH erstreckt außerdem den Anwendungsbereich des Art. 49 EG auf personenunabhängige Dienstleistungen, die in der Weise erbracht werden, dass sowohl der Dienstleistungserbringer als auch der Dienstleistungsempfänger in ihrem Heimatstaat verbleiben und nur die Dienstleistung selber die Grenze überschreitet. Bedeutsam ist insofern die Entscheidung Alpine Investments, die sich auf eine Wertpapierfirma bezog, die u. a. die Vermögensverwaltung anbot290. Nicht mehr von der Dienstleistungsfreiheit gedeckt ist dagegen der Fall, dass eine Person sich auf Dauer in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt, um dort Dienstleistungen zu erbringen. Es handelt sich dann vielmehr um einen Fall der Niederlassungsfreiheit291. Gleiches gilt für den Fall, dass eine Wertpapierfirma im Aufnahmestaat einen vertraglich gebundenen Vermittler einsetzt, der ihren Weisungen untersteht und allein für sie tätig wird. Der Vermittler ist in diesem Fall nicht mehr als Selbstständiger zu qualifizieren, sondern handelt als Außenstelle der Wertpapierfirma292 und ist daher wie deren Zweigstelle zu behandeln. Dies stellt Art. 32 Abs. 2 UAbs. 2 MiFID nun ausdrücklich klar. Für derartige Konstellationen ist nicht die Dienstleistungs-, sondern die Niederlassungsfreiheit maßgebend (vgl. Art. 32 Abs. 2 UAbs. 2 MiFID)293. Fasst man den Dienstleistungsbegriff so weit, wie es der EuGH zu Recht tut, um den Art. 49 ff. EG eine größtmögliche Effektivität zukommen zu lassen, bedeutet dies für die Institute eine gewisse Rechtsunsicherheit. Denn eine größere Wertpapierfirma muss jederzeit damit rechnen, dass sie von Kunden aus anderen Mitgliedstaaten kontaktiert wird. Nimmt sie daraufhin auf dem Hoheitsgebiet des Gastlands ein Geschäftsabschluss vor, erbringt sie eine ___________ 290 EuGH, Slg. 1995, I-1141 Rdn. 17–22 (Alpine Investments B.V. ./. Minister van Financiën). 291 EuGH, Slg. 1974, 1299 Rdn. 13 (van Binsbergen); Slg. 1988, 6159 (Steymann); Nicolaysen, Europarecht II, S. 177. 292 EuGH, Slg. 1986, 3755 Rdn. 21 (Versicherungen); zustimmend Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 30; Knobl, Europabankrecht, S. 49, 54 f. 293 Die vom EuGH somit formulierte Alternativität von Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit wird unter dem Stichwort „Kumul-Verbot“ seitdem diskutiert. Zum Streitstand über die Reichweite des Verbots Knobl, Europabankrecht, S. 55 f. m. w. N. Das Kumul-Verbot bezieht sich nur auf die Frage, welche Grundfreiheit anzuwenden ist. Selbstverständlich können Banken sich beider Formen der grenzüberschreitenden Tätigkeit parallel bedienen, also Zweigniederlassungen errichten und zusätzlich grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen, vgl. Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 54.

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grenzüberschreitende Dienstleistung, die nur zulässig ist, soweit zuvor eine entsprechende Anzeige nach Art. 31 Abs. 2 MiFID erfolgte. Ein Institut wird daher, um Sanktionen zu vermeiden, vorsorglich eine entsprechende Anzeige an alle anderen Mitgliedstaaten senden, wonach es grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen will294. Eine entsprechende Vorsorge für den Fall, dass ein Kunde aus einem anderen Mitgliedstaat bei einer inländischen Filiale ein Geschäft tätigt, ist nicht erforderlich. Denn dieser Fall wird von Art. 31 MiFID nicht erfasst, da der Wortlaut der Norm ausdrücklich das Tätigwerden auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats verlangt (s. o.). (2) Errichtung einer Zweigniederlassung Will die Wertpapierfirma eine Zweigniederlassung errichten, macht sie eine entsprechende Mitteilung an die Aufsichtsbehörde ihres Herkunftslands. Dabei teilt sie mit, in welchem Mitgliedstaat und unter welcher Anschrift die Zweigstelle tätig werden soll und welche Geschäftsführer sie leiten werden. Sie legt einen Geschäftsplan vor, aus dem sich die Art der beabsichtigten Geschäfte, die Organisationsstruktur der Zweigstelle sowie ein eventuelles Tätigwerden vertraglich gebundener Vermittler ergeben (Art. 32 Abs. 2 MiFID). Diese Angaben werden von der Behörde des Herkunftslands innerhalb von drei Monaten an die zuständige Stelle im Aufnahmemitgliedstaat weitergeleitet, sofern in Anbetracht der geplanten Tätigkeiten keine Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen oder der Finanzlage der Wertpapierfirma bestehen (Art. 32 Abs. 3 MiFID). Die Zweigniederlassung kann errichtet werden und mit ihrer Tätigkeit beginnen, nachdem eine diesbezügliche Mitteilung der zuständigen Behörde des Aufnahmelands vorliegt oder diese sich nicht innerhalb von zwei Monaten nach Weiterleitung der Angaben durch die Herkunftslandbehörde äußert (Art. 32 Abs. 6 MiFID). Die Behörden des Gastlands haben damit zwei Monate Zeit, um die ihnen in den Grenzen des Art. 32 Abs. 7 sowie Art. 56 ff. MiFID gestattete Beaufsichtigung der Zweigniederlassung zu organisieren. Ist die Herkunftslandbehörde hingegen von der Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen und/oder der Finanzlage der Wertpapierfirma im Hinblick auf den ins Auge gefassten Geschäftsumfang nicht überzeugt, lehnt sie die Weiterleitung der Unterlagen an den Aufnahmestaat ab und begründet diese Entscheidung innerhalb von drei Monaten (Art. 32 Abs. 5 MiFID). Im Ergebnis gewährleistet die Zulassung im Heimatstaat damit die Niederlassungsfreiheit in anderen Mitgliedstaaten nicht automatisch. Der Euro___________ 294 Dies rät auch O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 215 f.

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päische Pass für die Errichtung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten ist vielmehr an ein vorgeschaltetes Prüfungsverfahren durch die Behörden des Heimatstaates geknüpft. Diese Einschränkung ist eine Folge des Grundsatzes der Heimatlandkontrolle und des damit einhergehenden Verzichts auf die Gastlandkontrolle. Gleichzeitig wird durch die Vorschriften der MiFID das Kumul-Verbot295 entschärft. Dadurch, dass eine Zweigstelle errichtet werden kann und alle ins Auge gefassten Tätigkeiten nach entsprechender Zulassung durch den Heimatstaat auch im Aufnahmeland erbracht werden dürfen, genießt ein Institut sowohl die Niederlassungs- als auch die Dienstleistungsfreiheit. (3) Gründung rechtlich selbstständiger Tochtergesellschaften Die neben Zweigniederlassung und grenzüberschreitender Dienstleistung bestehende dritte Möglichkeit, nämlich die Gründung rechtlich selbstständiger Tochtergesellschaften, ist von der MiFID nicht geregelt. Insoweit gilt das Recht des jeweiligen Gastlands. Die Richtlinie bevorzugt damit die Zweigniederlassung als Form der Sekundärniederlassung. Die Benachteiligung der Tochtergesellschaft wirft die Frage auf, ob die Richtlinie damit nicht gegen Primärrecht verstößt296. Der EuGH hatte eine ungleiche Besteuerung einer ausländischen Zweigstelle (Filiale eines deutschen Unternehmens) und einer französischen Tochtergesellschaft (eines deutschen Konzerns) für unzulässig erklärt, da alle Formen der Sekundärniederlassung gleichwertig seien297. Dieses Urteil bezieht sich jedoch nur auf die Besteuerung; ob es sich ohne weiteres auf das Aufsichtsrecht übertragen lässt, muss bezweifelt werden. Entscheidend ist, dass die Differenzierung der Richtlinie auf sachlichen Gründen beruht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Bei der rechtlich unselbstständigen Zweigniederlassung wird die Unternehmensleitung und die Haftungsmasse von der Hauptstelle „bezogen“, so dass eine einheitliche Aufsicht durch das Herkunftsland möglich ist. Bei der Tochtergesellschaft ist eine solche Zurechnung nicht möglich, da sie ein eigenständiges Grundkapital aufweisen muss und die Leitung nicht zwingend durch die Hauptstelle erfolgt. Diesen Unterschieden hat die Kommission Rechnung getragen. Tochtergesellschaften steht die Niederlassungsfreiheit zu; sie werden im Rahmen der konsolidierten Aufsicht298 berück___________ 295 Dazu oben S. 510 Fn. 293. 296 Bedenken (mit Blick auf die parallele (Nicht-)Regelung in der WDRL) äußern etwa Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 74; van Gerven, La deuxième directive, RB 1/1991, S. 39, 42; wohl auch Usher, Implications, S. 6. 297 EuGH, Slg. 1986, 273 Rdn. 14, 18, 22 (Kommission ./. Frankreich). 298 S. o. S. 435 Fn. 35.

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sichtigt. Zweigniederlassungen steht der Europäische Pass zu; sie unterliegen der Herkunftslandkontrolle. Betrachtet man also die Richtlinien im Zusammenhang, stellen sie ein in sich abgestuftes, an den Risikofaktoren orientiertes System dar, das die Herkunftslandkontrolle soweit als möglich verwirklicht299. Zudem verhindert das derzeitige System ein „license-shopping“. Ein Institut kann seine Geschäfte nicht ohne weiteres auf eine Tochtergesellschaft verlagern und damit eine faktische Sitzverlegung herbeiführen. Dies verhindert das bei der Gründung von Tochterunternehmen vorgesehene Konsultationsverfahren (Art. 60 Abs. 1 MiFID). (4) Repräsentanten Ebenfalls nicht erfasst wurden Repräsentanten, deren Aufgabe – im Unterschied zu den vertraglich gebundenen Vermittlern in Art. 23 MiFID – die reine Auskunftserteilung, Marktbeobachtung u. ä. ist, ohne dass sie Wertpapierdienstleistungen erbringen. Für sie gilt das Recht des Gastlands, wobei das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG zu beachten ist. Bei der Prüfung der Inländergleichbehandlung fehlt es allerdings an einem tertium comparationis, da inländische Banken keine Repräsentanzen unterhalten. Vergleichsmaßstab können dann nur vergleichbare freiberufliche Tätigkeiten des Gastlands sein, wie die von Vermittlern, Marketingunternehmen u. a.300. (5) Top Up Authorisation Wollen die Wertpapierfirmen Leistungen erbringen, die nicht von der MiFID erfasst und damit nicht durch den Europäischen Pass legitimiert sind, bedürfen sie einer gesonderten Zulassung für diese Tätigkeit im Aufnahmestaat („top up authorisation“). Der Aufnahmestaat hat die Grundfreiheiten des EGV zu beachten. In den meisten Fällen werden die Mitgliedstaaten für diese Konstellationen jedoch dieselben harmonisierten Zulassungsvorschriften anwenden, die auch für heimische Institute gelten. Beispiel für eine solche top up authorisation sind die in Art. 3 MiFID genannten Fälle, die die Mitgliedstaaten vom Europäischen Pass ausnehmen und allein ihrem nationalen Recht unterwerfen können. f) Aufsicht durch Heimatstaat und Aufnahmestaat Die Institute unterliegen der Aufsicht des Heimatlands. Art. 48 Abs. 2 MiFID legt fest, dass als Aufsichtsbehörden grundsätzlich nur staatliche Behörden ___________ 299 Ebenso Knobl, Europabankrecht, S. 69 f., zur 2. BKRL. 300 Ebenso Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 135 Rdn. 29.

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in Betracht kommen. Sofern andere Stellen mit der Aufsicht betraut werden sollen, dürfen diese weder Aufgaben der Staatsgewalt ausüben noch über einen Ermessenspielraum bei zu treffenden Entscheidungen verfügen. Zudem müssen diese Stellen die für eine wirksame Beaufsichtigung notwendigen Kapazitäten aufweisen und sich an einer Regelung mit klar definierten Aufgaben und Bedingungen für die Aufgabenwahrnehmung orientieren können. Sie sind so zu organisieren, dass Interessenkonflikte jeder Art vermieden werden. Die Aufsichtsbehörden eines Mitgliedstaates überwachen die heimischen Institute hinsichtlich Durchführung und Einhaltung der aus der MiFID folgenden Pflichten. Hierfür sind sie mit allen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Überwachungs- und Ermittlungsbefugnissen auszustatten (Art. 50 MiFID). Ebenso wie die BankenRL macht auch die MiFID weitreichende Vorgaben für die Zusammenarbeit der innerstaatlichen (Art. 49) und der innergemeinschaftlichen Aufsichtsbehörden (vor allem Informationsaustausch und Konsultationen, vgl. Art. 56 ff. MiFID). Trotz des grundlegenden Prinzips der Herkunftslandkontrolle behalten die Aufsichtsbehörden der Aufnahmestaaten aber weitreichende (Rest-)Befugnisse über grenzüberschreitend tätige Wertpapierfirmen. So können sie von diesen zu statistischen Zwecken Berichte über die Tätigkeit ihrer Zweigniederlassungen sowie alle Angaben verlangen, die zur Überwachung der Einhaltung der Wohlverhaltensregeln (vgl. Art. 32 Abs. 7 MiFID) nötig sind. Die an ausländische Institute gestellten Anforderungen dürfen dabei jedoch nicht strenger als diejenigen sein, die für inländische Firmen gelten (Art. 61 MiFID). Wie bereits oben erläutert, erhalten die Aufsichtsbehörden des Gastlands damit die Kompetenz, im Rahmen des Art. 32 Abs. 7 MiFID Verstöße der grenzüberschreitend tätigen Wertpapierhäuser gegen Wohlverhaltensregeln (rules of conduct301) zu ahnden. Eine Kompetenzzuweisung dieser Art, wonach der Aufnahmestaat das Verhalten und die berufsbezogenen Pflichten bei Erbringung von Dienstleistungen auf seinem Hoheitsgebiet regulieren darf, entspricht der zu Art. 49 EG entwickelten Rechtsprechung302. Im Falle von Verstößen darf der Aufnahmestaat die Wertpapierfirma zunächst auffordern, die Wohlverhaltensregeln einzuhalten; erweist sich dieses Vorgehen als wirkungslos, können von den Gastlandbehörden geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden. Hiervon ist die Herkunftslandaufsicht zu unterrichten. Die Maßnahmen des Gastlands können dabei so weit gehen, dass ___________ 301 Dazu oben S. 502. 302 So erstmals EuGH, Slg. 1974, 1299 Rdn. 12 (van Binsbergen).

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die Aufnahme neuer Geschäfte gänzlich untersagt wird (Art. 62 Abs. 2 MiFID). Erkennt die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates ein richtlinienwidriges Verhalten von Instituten in Fällen, in denen ihr selbst zunächst keine Aufsichtskompetenzen zustehen, muss sie vor der Einleitung konkreter Schritte jedenfalls die Herkunftslandbehörden informieren (Art. 62 Abs. 1 MiFID). Der Erfolg des Konzepts der Heimatlandkontrolle hängt maßgeblich von der Kompetenz der nationalen Aufsichtsbehörden ab. Im Gegensatz zur WDRL, die hierzu keinerlei Vorgaben machte, enthält Art. 50 MiFID detaillierte Befugnisse der zuständigen Herkunftslandbehörden. Das Schließen dieser Lücke im System der Heimatland-Gastland-Aufsicht war notwendig, da ein Versagen der Aufsicht bei grenzüberschreitend tätigen Instituten EU-weite Folgen nach sich ziehen kann303. Sollten die Mitgliedstaaten der Aufsicht eines Lands erst einmal misstrauen, können die mit dem Europäischen Pass verbundenen Vorteile für Institute aus diesem Staat schnell zur bloßen Theorie werden. Die Mitgliedstaaten werden in diesem Fall nicht zögern, die ihnen verbleibenden Aufsichtskompetenzen in vollem Umfang auszuschöpfen. Diese Kompetenzen greifen gerade dann ein, wenn die Herkunftslandkontrolle versagt oder Gefahren drohen, was sicherlich der Fall ist, wenn die Aufsicht eines Staates sich als zu schwach erweist. g) Entzug der Zulassung Die einmal erteilte Erlaubnis zum Betreiben von Wertpapierdienstleistungen kann nur unter sehr engen Voraussetzungen entzogen werden. Die Richtlinie nennt in Art. 8 folgende fünf Gründe: – wenn die Wertpapierfirma von ihrer Zulassung nicht binnen zwölf Monaten Gebrauch macht, ausdrücklich auf sie verzichtet oder mehr als sechs Monate lang keine Wertpapierdienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausübt, – wenn die Zulassung aufgrund falscher Erklärungen oder auf sonst rechtswidrige Weise erlangt wurde, – wenn die Voraussetzungen, auf denen die Zulassung beruhte, nicht mehr erfüllt sind, insbesondere wenn die Eigenkapitalausstattung nicht mehr der KARL entspricht, – wenn die Wertpapierfirma in schwer wiegender Weise systematisch gegen die Bestimmungen zur Durchführung der MiFID verstoßen hat, die ___________ 303 Vgl. auch Lee, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 196 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit einer Wertpapierfirma regeln, oder – wenn ein anderer (allein) im nationalen Recht vorgesehener Fall für den Entzug vorliegt. Der zuletzt genannte Entzugsgrund erscheint auf den ersten Blick die Möglichkeit zu eröffnen, die mit der Richtlinie erreichten Fortschritte bei der Beseitigung von Hemmnissen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zu konterkarieren. Hält man sich jedoch vor Augen, dass den jeweiligen Mitgliedstaaten nur die Aufsicht über die bei ihnen ansässigen Wertpapierfirmen zusteht, ist eine Gefährdung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, insbesondere eine Diskriminierung von Wertpapierfirmen anderer Mitgliedstaaten, nicht zu befürchten. Auch eine Benachteiligung der heimischen Wertpapierfirmen ist nicht zu erwarten. Zwar stellt die Regelung der MiFID nur Mindestvoraussetzungen auf, so dass die nationalen Gesetzgeber strengere Vorgaben erlassen können304. Jedoch wird der oben geschilderte Wettbewerb der Systeme dafür sorgen, dass die Heimatlandkontrolle rein faktisch nicht zu streng ausgestaltet ist, weil sich im innergemeinschaftlichen und internationalen Wettbewerb nur das System durchsetzen wird, das einen angemessenen Anlegerschutz zu adäquaten Kosten verwirklicht305. Der Wettbewerb nationaler Rechtssysteme und damit der Banksysteme306 verhindert also eine übermäßige Nutzung dieses den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums307. Im Ergebnis dürften die Mitgliedstaaten die ihnen eingeräumte Entzugsmöglichkeit daher nur für die allgemeinen Entzugsgründe nutzen, wie sie für jede juristische Person gelten (gesellschaftsrechtliche Auflösungsgründe, Insolvenz etc.). h) Börsenrechtliche Regelungen (1) Zugang zu geregelten Märkten (Art. 33 MiFID) Art. 33 MiFID enthält das Recht von Wertpapierfirmen auf Zugang zu geregelten Märkten. Die Aufnahme dieses Rechts in die MiFID war notwendig, um einen tatsächlich unbeschränkten grenzüberschreitenden Finanzdienst___________ 304 Grundsätzlich zum Verhältnis von verbleibender Rechtsetzungsmacht und allgemeinen europarechtlichen Grundsätzen Grundmann, Bankaufsichtsrecht, S. 10 ff. 305 S. o. S. 488. 306 Zu beidem Schlemmer-Schulte, Eigenkapital, S. 95 ff.; zum Wettbewerb der Rechtssysteme in Europa s. o. S. 439 ff. 307 Anders aber die Einschätzung von Knobl, Europabankrecht, S. 37, der im sachlich vergleichbaren Zusammenhang mit der 1. BKRL meint, dies entwerte den erreichten Fortschritt.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

leistungsverkehr zu gewährleisten. Denn die Verwirklichung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit wäre lückenhaft, wenn Kreditinstitute und Wertpapierfirmen keinen Zugang zu eben diesen Märkten anderer Mitgliedstaaten hätten. Dazu im Einzelnen: Art. 33 Abs. 1 MiFID gewährt allen Instituten, die zum Fremd- und Eigenhandel berechtigt sind, Mitglied eines geregelten Markts eines anderen Mitgliedstaates zu werden oder jedenfalls Zugang zu diesem zu haben. Unter einem geregelten Markt versteht die Richtlinie (vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID) ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln zusammenführt oder das Zusammenführen fördert sowie eine Zulassung erhalten hat und ordnungsgemäß308 und gemäß den Bestimmungen des Titels III der Richtlinie funktioniert. Das Zusammenführen muss dabei zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führen, die gemäß den Regeln und/oder den Systemen des Markts zum Handel zugelassen wurden. Der Zugang ist den Kreditinstituten und Wertpapierfirmen über Zweigniederlassungen im Gastland oder – sollte eine physische Anwesenheit bei der Vornahme des Geschäftes nicht notwendig sein – über eine Fernmitgliedschaft zu den geregelten Märkten dieses Staates zu gewähren, damit diese Institute ungehindert agieren können. Den Gastländern ist es verboten, an die Institute zusätzliche über die Vorgaben der MiFID hinausgehende Anforderungen zu stellen. So dürfen sie für den Zugang zu den Märkten kein zusätzliches Eigenkapital vorschreiben; ausreichend sind die vom Heimatstaat überwachten Vorgaben der KARL. Durch die genannte Regelung der MiFID und ihres Vorläufers (Art. 14 WDRL) wird den Mitgliedstaaten eine Praxis unmöglich, bei der zu ihren Börsen nur wenige Händler zugelassen und die ausländischen Institute damit gezwungen werden, sich eines solchen Händlers zur Ausführung von Aufträgen zu bedienen309. Aus der MiFID folgt keine Pflicht, bislang ungeregelte Wertpapiermärkte zu regeln. Geregelte Märkte genießen jedoch Wettbewerbsvorteile, da sie aufgrund der MiFID von allen innerhalb der Gemeinschaft zugelassenen Wert___________ 308 Die MiFID enthält keine Vorgaben hinsichtlich der Organisation des Markts und der Marktregeln. Solche können sich jedoch aus anderen einschlägigen Richtlinien ergeben. Auch Clearing- und Abwicklungssysteme regelt die MiFID nicht. 309 Die Vorschrift des Art. 14 WDRL zielte vor allem auf die südeuropäischen Mitgliedstaaten, die im EU-Vergleich die weitgehendsten Beschränkungen kannten, vgl. O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 205 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

papierhändlern genutzt werden können. Dies fördert einen Trend zur Umwandlung von ungeregelten zu geregelten Märkten. Insgesamt stellen die börsenrechtlichen Regelungen der MiFID ein levelplaying-field an den geregelten Märkten her, was sehr zu begrüßen ist. Sie bewirken Marktveränderungen, etwa dergestalt, dass starke Märkte wie London oder Frankfurt Marktanteile abgeben müssen, weil der direkte Zugang zu einem kleineren heimischen Markt für ein zugangsberechtigtes Institut günstiger ist als die Geschäftsabwicklung über Kreditinstitute im Ausland. Auch umgekehrt haben ausländische Kreditinstitute und Wertpapierhäuser einen direkten Zugang zu inländischen geregelten Märkten. Sie müssen deshalb keine heimischen Intermediäre in Anspruch nehmen, um Wertpapierdienstleistungen erbringen zu können. Dies bewirkt ebenfalls eine Verlagerung des Geschäfts. Verstärkt wird diese Entwicklung zudem durch den EG-weiten unmittelbaren Zugang zu elektronischen Handelssystemen. Es war zu beobachten, dass die bereits durch die WDRL eingeführte Liberalisierung des Börsenzugangs eine weitere Zunahme der Bedeutung der Kreditinstitute nach sich zog. In den Staaten, die bereits vor deren Umsetzung einen liberalen Zugang zu geregelten Märkten kannten, dominieren Kreditinstitute entweder selbst den Wertpapierhandel (Deutschland) oder aber besitzen die Mehrheit der Wertpapierfirmen (Großbritannien)310. (2) Zugang zu zentralen Gegenparteien, Clearing- und Abrechnungssystemen sowie Recht auf Wahl eines Abrechnungssystems (Art. 34 MiFID) Gemäß Art. 34 MiFID haben die Wertpapierhäuser dem Art. 33 ähnliche Rechte für den Zugang zu zentralen Gegenparteien sowie zu Clearing- und Abrechnungssystemen. Die Einbeziehung dieser Rechte in die MiFID ist deshalb sinnvoll, weil eine Liberalisierung der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ohne eine gleichzeitig geregelte Abwicklung funktioniert. Art. 34 MiFID sieht die Pflicht der Aufnahmestaaten vor, den auf ihrem Markt tätigen Instituten aus anderen Mitgliedstaaten beim Zugang zu den genannten Systemen dieselbe Behandlung zukommen zu lassen wie Inländern (= Inländergleichbehandlung).

___________ 310 Bond/Doran, in: Moore, Financial Services, S. 52. Die Übernahmen von Morgan Grenfell durch die Deutsche Bank und Kleinwort Benson durch die Dresdner Bank waren hierfür Beispiele.

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i) Beziehungen zu Drittländern Europäische Regelungsvorgaben für grenzüberschreitend tätige Wertpapierfirmen wirken sich in Bezug auf Drittländer in zweierlei Hinsicht aus. Zunächst kann es vorkommen, dass Zweigniederlassungen eines in einem Drittland ansässigen Instituts in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft tätig werden möchten. Insofern ist den Erwägungsgründen der MiFID (Nr. 28) zu entnehmen, dass diese Zweigniederlassungen allein in dem Mitgliedstaat, in dem sie errichtet werden, das Recht des freien Dienstleistungsverkehrs oder der Niederlassungsfreiheit in Anspruch nehmen können. In den übrigen Mitgliedstaaten ist demnach erneut eine Zweigniederlassung zu gründen. Umgekehrt können sich Wertpapierfirmen, die den europäischen Vorgaben unterliegen, dazu entschließen, auf den Märkten eines Drittlands tätig werden zu wollen. In einem solchen Fall muss sichergestellt werden, dass diese in den betreffenden Drittländern eine Behandlung nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit erfahren (ebenfalls Erwägungsgrund Nr. 28 MiFID). An dieser Stelle setzt die Regelung des Art. 15 MiFID an. Nach Art. 15 Abs. 1 MiFID haben die Mitgliedstaaten der Kommission alle Schwierigkeiten mitzuteilen, auf die ihre Wertpapierfirmen bei ihrer Niederlassung oder bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten in einem Drittland stoßen. Unter Schwierigkeiten versteht man dabei das Verwehren eines effektiven Marktzugangs, der demjenigen vergleichbar ist, den Wertpapierfirmen des Drittlands in der Gemeinschaft genießen. Die Kommission kann sodann dem Rat Vorschläge zur Abhilfe unterbreiten und auf ein Mandat für Verhandlungen mit dem Drittstaat hinwirken (Art. 15 Abs. 2 MiFID). Zusätzlich ist die Aufnahme von Verhandlungen seitens der Kommission vorgesehen, sofern Wertpapierfirmen der Gemeinschaft in einem Drittland keine Inländerbehandlung erfahren, nicht die gleichen Wettbewerbsmöglichkeiten erhalten wie inländische Wertpapierfirmen und die Bedingungen für einen effektiven Marktzugang nicht gegeben sind (Art. 15 Abs. 3 UAbs. 1 MiFID). Die Maßnahmen der Kommission können so weit gehen, dass den mitgliedstaatlichen Behörden aufgegeben wird, bereits eingereichte oder künftige Anträge auf Zulassung bzw. auf Erwerb von Beteiligungen an Mutterunternehmen des betreffenden Drittlands zu beschränken oder auszusetzen (Art. 15 Abs. 3 UAbs. 2 MiFID). Zu beachten sind bi- oder multilaterale Abkommen über die Aufnahme oder Ausübung der Tätigkeiten von Wertpapierfirmen, die zwischen der Gemeinschaft und Drittländern bestehen und mit denen die von der Kommission eingeleiteten Schritte vereinbar sein müssen (Art. 15 Abs. 5 MiFID). Die Vorschriften des Art. 15 MiFID haben heutzutage vor allem Bedeutung gegenüber Instituten aus der Schweiz. Gerade im Bereich der Vermögens519

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verwaltung sind die schweizerischen Institute weltweit führend und auch auf den Märkten der EU tätig. Das insoweit ebenfalls bedeutende Fürstentum Liechtenstein ist dagegen Mitglied des EWR und daher wie ein Mitgliedstaat zu behandeln311. Ziel der Vorschriften ist die grundlegende Gleichstellung von EU-Wertpapierfirmen mit solchen des Drittstaates und damit Reziprozität. Unzureichend geregelt bleiben jedoch die Beziehungen von EUInstituten zu Off-shore-Finanzplätzen. Um hier mehr Transparenz zu erlangen, ist eine verstärkte Kooperation der Aufsichtsbehörden nötig, die auch die Verabredung einer gemeinsamen Reaktion auf marktgefährdende Verhaltensweisen der Institute beinhalten sollte312.

3. Die Kapitaladäquanzrichtlinie a) Grundlagen und Ziele der Richtlinie Die KARL313 ergänzt die MiFID, indem sie die Eigenmittelanforderungen festlegt, die eine Wertpapierfirma oder ein mit Wertpapieren handelndes Kreditinstitut für die erstmalige Zulassung und fortlaufende Tätigkeit erfüllen muss. Die Anforderungen der KARL bilden also einen Teil der prudential rules, die vom Heimatstaat zu überwachen sind. Vergleicht man das oben geschilderte Regelungsgefüge der BankenRL (mit ihren Eigenmittel-, Solvabilitäts- und Großkreditbestimmungen) und der Konsolidierungsrichtlinie314, bildet die KARL gleichsam ein Pendant hierzu. Statt des Kreditrisikos bei Kreditinstituten erfasst sie jedoch die sich aus der Ausführung von Wertpapierdienstleistungen ergebenden Risiken315. Hierbei handelt es sich um spezielle, oft kurzfristig eintretende Marktrisiken (Abwicklungs- und Erfüllungsrisiken, Zins-, Aktienkurs- und Fremdwährungsrisiken sowie Großrisiken)316. ___________ 311 O’Neill, in: Cranston, The Single Market2, S. 189 f.; Schweitzer/Hummer, Europarecht5, Rdn. 715, 717; Nicolaysen, Europarecht II, S. 531 f. 312 So schon zur WDRL Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 35. Umfassend zu den steuerlichen Gründen für eine Abwanderung in Off-Shore-Zentren Ammelung, Bank Magazin 12/1998, S. 18 ff., der auch feststellt, dass der volkswirtschaftlich nachteilige Steuerwettbewerb auf internationaler Ebene beschränkt werden sollte. 313 S. o. S. 466 Fn. 176. Dazu Boos/Höfer, Bank 1995, 285 (I.), 359 (II.); Dale, Risk and Regulation, S. 27 ff. Die Richtlinie wird im Zuge der Umsetzung von Basel II geändert werden, vgl. S. 464 Fn. 172. 314 Dazu oben S. 463. 315 Zur Risikomessung etwa die Beiträge von v. Echelpoel, Johanning, Botsis/Lorenz, Die Bank 1998, 41 ff.; 46 ff.; 54 ff. 316 Eine ausführliche Beschreibung der Risiken, denen Kreditinstitute ausgesetzt sind, findet sich bei Rittich, Anlegerschutz, S. 97 ff.

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Ziel der Richtlinie ist es, die quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Wertpapierdienstleister festzulegen, um den Fortbestand der Institute zu sichern und damit den Schutz der Anleger zu gewährleisten317. Gleichzeitig dient die Richtlinie der Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Kreditinstitute einerseits und Wertpapierfirmen andererseits318. Gerade dieser Aspekt hatte die Verabschiedung der Richtlinie im Jahre 1993 zunächst verzögert319. Ursprünglich hatte die EG-Kommission eine Regelung320 vorgeschlagen, wonach die Kapitalanforderungen der Kreditinstitute generell an dem im Bankgeschäft vorherrschenden Adressrisiko und die Kapitalanforderungen der Wertpapierfirmen am Marktrisiko auszurichten seien. Für Wertpapierfirmen sollten zudem ein liberalerer Eigenkapitalmaßstab als für Kreditinstitute sowie die Befreiung von der Konsolidierungspflicht gelten. Eine solche Vorgehensweise hätte die Universalbanken erheblich benachteiligt. Sie wären faktisch gezwungen worden, das Wertpapiergeschäft in selbstständige Tochtergesellschaften auszugliedern und damit den Wechsel zum Trennbankensystem vorzunehmen321. Außerdem hätte die Gefahr einer Regulierungsarbitrage bestanden322. Vor allem die deutsche Seite drängte deshalb auf eine Regelung nach dem Prinzip „same business – same risk – same rule“323. Diese Auffassung setzte sich schließlich durch. Die KARL schreibt deshalb für Kreditinstitute, die Wertpapierdienstleistungen erbringen, ergänzende Regeln zur Abdeckung des Marktrisikos vor. Umgekehrt müssen Wertpapierfirmen nicht nur Vorsorge für Marktrisiken, sondern auch für Adressrisiken treffen. Die Richtlinie wählt damit einen funktionalen Ansatz, der sich an den konkret

___________ 317 318 319 320

Erwägungsgrund Nr. 8 KARL. Erwägungsgründe Nrn. 9 und 10 KARL. Zum Folgenden Jentsch, WM 1993, 2189, 2191. Vorschlag einer Richtlinie über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten vom 18.4.1990, ABl. EG Nr. C 152 vom 21.6.1990, S. 6. 321 Prinz Reuss und Böttger, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 59 bzw. 267. Kritisch zum Entwurf der Richtlinie von 1990 deshalb Assmann/Buck, EWS 1990, 220, 222 f.; Böttger, a. a. O., S. 273 f. 322 Hierunter versteht man die Konzentration der Geschäftstätigkeit auf weniger streng regulierte Regionen, Branchen, Institutionen etc., vgl. Rudolph, ZBB 1994, 117, 122; Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 72. 323 Jentsch, WM 1993, 2189, 2191; Maes, Sparkasse 1992, 527, 528; Gröschel, Sparkasse 1992, 292 f.; Rudolph, ZBB 1994, 117, 122; Prinz Reuss, in: Büschgen/Schneider, Binnenmarkt, S. 57 ff.

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angebotenen Finanzdienstleistungen und nicht an abstrakten Anbietertypen (institutioneller Ansatz) orientiert324. b) Anwendungsbereich der Richtlinie Art. 1 Abs. 1 KARL unterwirft Wertpapierfirmen und Kreditinstitute generell den Anforderungen der Richtlinie. Betrachtet man jedoch die Regelung im Detail, stellt man eine Zweiteilung fest. Wertpapierfirmen i. S. d. der Definition der MiFID sind immer erfasst. Dagegen unterliegen Kreditinstitute nur dann der KARL, wenn sie Wertpapierdienstleistungen erbringen. Zusätzlich sind sie – um eine Verdoppelung der Vorschriften zu vermeiden – von bestimmten Normenkomplexen ausgenommen (z. B. über das Mindestkapital), da Kreditinstitute ohnehin den Eigenmittel-, Solvabilitäts- sowie Großkreditvorgaben der BankenRL und der Konsolidierungsrichtlinie unterliegen. Außerdem teilt die Richtlinie das Geschäft der Kreditinstitute in Wertpapierdienstleistungen und sonstige Geschäfte auf. Vorgaben macht sie nur hinsichtlich der Wertpapierdienstleistungen, für die übrigen Geschäfte gelten wiederum die genannten Anforderungen der BankenRL. Schließlich enthält die KARL noch die Möglichkeit, Kreditinstitute ganz aus ihrem Anwendungsbereich auszunehmen, wenn ihr Wertpapiergeschäft nur untergeordnete Bedeutung hat. In diesem Fall steht es den Mitgliedstaaten frei, für diese Kreditinstitute statt der KARL die Eigenmittel- und Solvabilitätsbestimmungen der BankenRL anzuwenden; Art. 4 Abs. 6 KARL enthält insoweit vier kumulative Voraussetzungen: – der Anteil des Wertpapierhandels dieser Institute darf in der Regel 5 % ihres gesamten Geschäftsvolumens nicht überschreiten und – die Gesamtsumme der Positionen des Wertpapierhandels darf in der Regel 15 Mio. Euro nicht übersteigen und – der Anteil des Wertpapierhandels dieser Institute darf zu keiner Zeit 6 % ihres gesamten Geschäftsvolumens überschreiten und – die Gesamtsumme der Positionen ihres Wertpapierhandels darf zu keiner Zeit 20 Mio. Euro übersteigen.

___________ 324 Gleichwohl sieht Dale, Risk and Regulation, S. 50 f., noch einige Bereiche, in denen keine volle Gleichstellung von Banken und Wertpapierdienstleistern erfolgt sei, sondern die KARL im Gegenteil wettbewerbsverzerrend wirke. Hierauf kann nicht im Detail eingegangen werden, da diese Themenkomplexe keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung haben.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

c) Kapitalausstattung (1) Definition der Eigenmittel Die im Folgenden beschriebenen Anforderungen an die Kapitalausstattung setzen einen Eigenmittelbegriff voraus, der in Art. 2 Nr. 23 und Anhang V Nr. 1 KARL unter Rückgriff auf die Eigenmittelanforderungen der BankenRL definiert wird. Allerdings steht es den Staaten frei, die in Anhang V Nrn. 2 bis 9 genannten Optionen auszunutzen und eine andere Definition vorzunehmen. (2) Anfangskapital (absolutes Mindestkapital) Art. 3 KARL, der nur Wertpapierfirmen, nicht aber Kreditinstitute erfasst, schreibt ein absolutes Mindestkapital vor. Dieses ist nach Risikogruppen gestaffelt. Es beträgt 50.000 Euro für solche Firmen, die ausschließlich Kundenaufträge entgegennehmen und weiterleiten325, ohne dass sie Gelder oder Wertpapiere ihrer Kunden halten, und die deshalb nie zu Schuldnern ihrer Kunden werden können (Art. 3 Abs. 4 lit. a KARL)326. Ersetzt werden kann dieses Anfangskapital durch eine gemeinschaftsweit geltende Berufshaftpflichtversicherung oder eine vergleichbare Garantie für Haftungsfälle aus berufsmäßigem Verschulden, die eine Haftungssumme von mindestens 1 Mio. Euro für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Mio. Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahrs vorsieht. Ebenso ist eine Kombination aus Anfangskapital und Berufshaftpflichtversicherung möglich, sofern ihr Deckungsniveau den soeben genannten Summen gleichwertig ist (Art. 3 Abs. 4a lit. b, c KARL). Sofern die Firma Portfoliomanagement oder Handel327 für fremde Rechnung betreibt und zu diesem Zweck im Kundenauftrag Gelder und/oder Wertpapiere entgegennimmt (Art. 3 Abs. 1 KARL)328, muss sie ein Mindestkapital von 125.000 Euro aufbringen. Es steht den Mitgliedstaaten frei, ___________ 325 Vergleicht man diese Risikogruppe mit dem Abschnitt A des Anhangs I der MiFID, handelt es sich um Firmen, die die in Nrn. 1 und 5 genannten Dienstleistungen erbringen. 326 Art. 3 Abs. 4 KARL schreibt dieselben Anforderungen für so genannte lokale Firmen (vgl. Art. 1 Nrn. 2 lit b und 20 KARL) vor, die an dieser Stelle nicht näher behandelt werden. 327 Dies sind die Annahme, Weiterleitung und Ausführung von Aufträgen. 328 Vergleicht man diese Risikogruppe mit dem Abschnitt A des Anhangs I der MiFID, handelt es sich um Firmen, die (auch) die in Nrn. 1, 2 und 4 genannten Dienstleistungen erbringen.

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diesen Betrag auf 50.000 Euro abzusenken, sofern die Wertpapierfirma ausschließlich für fremde Rechnung handelt, keine Kundengelder und Wertpapiere hält und keine festen Übernahmeverpflichtungen eingehen darf (Art. 3 Abs. 2 KARL). Alle übrigen Wertpapierfirmen müssen ein Anfangskapital von 730.000 Euro haben (Art. 3 Abs. 3 KARL)329. Überträgt man diese Staffelung auf die Vermögensverwaltung, ergibt sich folgendes Bild: Ausschließlich als Vermögensverwalter tätige Wertpapierfirmen fallen in die zweite Gruppe, so dass ihr Mindestkapital 125.000 Euro betragen muss. Sollten sie keine Kundengelder entgegennehmen, also nur nach dem Vertretermodell Geschäfte tätigen, kommt für sie die genannte Absenkung auf 50.000 Euro in Betracht330. Betreibt die Wertpapierfirma neben der Vermögensverwaltung noch den Eigenhandel oder das underwriting, fällt sie in die dritte Gruppe. Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter hingegen um ein Kreditinstitut, greift nicht Art. 3 KARL ein; vielmehr unterfällt das Institut dann den Vorgaben der BankenRL (vgl. dort Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1), wonach das Anfangskapital 5,0 Mio. Euro beträgt. (3) Relatives Mindestkapital Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 KARL schreibt Wertpapierfirmen darüber hinaus ein relatives Mindestkapital vor. Dieses beträgt gemäß Anhang IV ein Viertel der fixen Gemeinkosten des vorangegangenen Geschäftsjahres. Wird die Tätigkeit gegenüber dem Vorjahr erheblich verändert, kann die Aufsichtsbehörde eine abweichende Berechnung zulassen. Besteht ein Unternehmen noch kein Jahr, werden als Grundlage die im Geschäftsplan kalkulierten Gemeinkosten genommen. (4) Laufende Anforderungen an die Kapitalausstattung Weder das absolute noch das relative Mindestkapital einer Wertpapierfirma darf während der Dauer der Geschäftstätigkeit unter das geforderte Minimum absinken. Geschieht dies doch, können die Aufsichtsbehörden der ___________ 329 Vergleicht man diese Risikogruppe mit dem Abschnitt A des Anhangs I der MiFID, handelt es sich um Firmen, die (auch) die in Nrn. 3 und 6 bis 8 genannten Dienstleistungen erbringen. 330 Unglücklich ist insoweit die Terminologie von Becker, in: Hadding/Welter, Binnenmarkt, S. 122, der diese Unterarten der Vermögensverwaltung auch begrifflich trennen will und sie als Vermögensverwaltung einerseits und Portfolio-Management andererseits bezeichnet, s. dazu schon oben S. 479 Fn. 225.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

Wertpapierfirma eine Frist zur Behebung des Mangels setzen (Art. 3 Abs. 8 KARL). Die Richtlinie stellt diese Möglichkeit unter den Vorbehalt „sofern die Umstände dies rechtfertigen“. Dieser Einschub begrenzt die Möglichkeit zur Fristsetzung in zwei Richtungen. Zum einen erlaubt er, minimale und kurzfristige Unterschreitungen der Mindestsummen zu vernachlässigen; zum anderen macht es wenig Sinn, eine Wertpapierfirma zur Auffüllung des Kapitals anzuhalten, wenn diese ohnehin konkursreif ist und deshalb ein mit der Fristsetzung verbundenes weiteres Abwarten eher schädlich wäre. (5) Eigenkapitalunterlegung (risikoabhängiges Mindestkapital) Kernstück der KARL ist Art. 4, der gleichermaßen für Wertpapierfirmen wie Kreditinstitute bei der Ausführung von Wertpapierdienstleistungen gilt. Er erfasst im so genannten trading book331 alle Wertpapiere332 und Finanzinstrumente, die das Institut übernimmt, um bestehende (Arbitrage) oder erwartete (Trading) Kurs- oder Renditedifferenzen auszunutzen oder um andere Wertpapierbestände abzusichern (Hedging). Auch noch nicht abgewickelte Geschäfte sowie Wertpapierpensions- und Wertpapierverleihgeschäfte gehören zum trading book (vgl. im Einzelnen Art. 2 Nr. 6 KARL). Die Marktrisiken des trading book sind gemäß Art. 4 Abs. 1 KARL mit Eigenmitteln zu unterlegen, deren Summe den nach den Anhängen I, II und VI errechneten Beträgen entspricht: – Anhang I erfasst das Positionsrisiko. Dieses untergliedert sich in das Risiko aus Übernahmegarantien, das Zinsrisiko bei Schuldtiteln und das Preisrisiko bei Aktien (Risiko von Kursänderungen). Das Zins- und Preisrisiko bei börsengehandelten Papieren unterteilt Anhang I in das allgemeine Marktrisiko und das spezifische (emittentenbezogene) Marktrisiko, für die jeweils eine entsprechende Eigenkapitalunterlegung erforderlich ist. – Anhang II trifft Vorsorge für das Abwicklungsrisiko und das Risiko des Ausfalls der Gegenpartei (Adressrisiko). Mit dieser Regelung erfolgt eine Gleichstellung der Wertpapierfirmen mit den Kreditinstituten, die

___________ 331 Dieser Begriff hat sich auch im deutschen Sprachgebrauch durchgesetzt. Dies ist sinnvoll, da er sich inhaltlich vom Wertpapierhandelsbestand im Sinne der Bilanzvorschriften unterscheidet. 332 Mit Ausnahme von Investmentanteilen, vgl. Anhang I Nr. 11 KARL.

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das Adressrisiko schon aufgrund der Solvabilitätsbestimmungen der BankenRL abdecken mussten333. – Art. 5 KARL i. V. m. Anhang VI regelt die Großrisiken. Der Anhang regelt zunächst die Berechnung der Großrisiken. Es werden die Risiken aus den Wertpapiergeschäften bestimmt. Addiert werden sodann alle Risiken i. S. d. der GroßkreditRL bzw. der Großkreditbestimmungen der BankenRL, wobei auf die Berechnungsmodi dieser Richtlinie Bezug genommen wird. Für den Fall, dass eine Wertpapierfirma 10 % ihrer Eigenmittel mit Risiken aus Geschäften mit einem Kunden/einer Kundengruppe belegt hat, schreibt der Anhang VI i. V. m. den Großkreditbestimmungen eine Meldepflicht an die Aufsichtsbehörde vor. Die Höchstgrenze für derartige Risiken ist 25 % der Eigenmittel. Eine kurzfristige Überschreitung dieser Grenze ist in eng definierten Ausnahmefällen möglich, etwa für den Fall der Platzierung einer Emission. Daneben muss die Wertpapierfirma ihre gesamte Geschäftstätigkeit, soweit sie Fremdwährungsrisiken aufweist, mit Eigenmitteln unterlegen, die den Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 ii) und des Anhangs III KARL entsprechen. Um Mehrfachbelegungen des Eigenkapitals zu verhindern, müssen die Risiken voneinander getrennt und täglich (Art. 6 Abs. 1 KARL) bewertet werden. Für Geschäfte außerhalb des trading books gelten die Solvabilitätsbestimmungen der BankenRL (Art. 4 Abs. 1 iii) KARL). Zudem müssen die Institute solche Geschäfte mit Eigenmitteln unterlegen, die außerhalb des Geltungsbereichs der KARL und der Solvabilitäts- bzw. BankenRL liegen (Art. 4 Abs. 2 KARL). Hierdurch soll verhindert werden, dass ein Institut durch nicht regulierte Geschäfte (etwa Grundstücksgeschäfte) so hohe Verluste erleidet, dass der von den Richtlinien geschützte Geschäftsbereich in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Institute müssen nachweisen, dass sie über geeignete Mittel verfügen, um die notwendige Eigenkapitalunterlegung jederzeit mit der erforderlichen Genauigkeit berechnen zu können (Art. 4 Abs. 5 KARL). Im Falle eines Absinkens der Mittel unter die vorgeschriebenen Beträge verlangen die Aufsichtsbehörden von dem Institut sofortige Abhilfe (Art. 4 Abs. 3 KARL).

___________ 333 Die KARL verdrängt in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen also die Solvabilitätsbestimmungen der BankenRL. Nur soweit die oben auf S. 522 erwähnte Ausnahme des Art. 4 Abs. 6 KARL eingreift, unterfallen die Kreditinstitute mit ihrem Wertpapiergeschäft weiterhin den Solvabilitätsbestimmungen der BankenRL.

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Rahmenbedingungen für Wertpapierfirmen

d) Konsolidierung Die KARL schreibt in Art. 7 die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis vor, um zu verhindern, dass über Tochterunternehmen das Eigenkapital mehrfach belegt wird und auf diese Weise Risikopyramiden entstehen oder Risiken im Konzern hin und her geschoben werden. Die Konsolidierungsvorschriften sind vor allem auf deutschen Druck hin in die Richtlinie aufgenommen worden, um gleiche Wettbewerbsverhältnisse zwischen den von der Richtlinie 92/30/EWG (KonsolidierungsRL)334 erfassten Universalbanken und Wertpapierfirmen herzustellen. Die Konsolidierungsvorschriften in der KARL wurden inzwischen um die Vorgaben durch die FinanzkonglomerateRL335 erweitert. e) Meldepflichten Gemäß Art. 8 KARL haben die Aufsichtsbehörden des Heimatstaats das Recht, die Institute zur Meldung aller erforderlichen Informationen zu verpflichten, um die Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen zu kontrollieren.

4. Anlegerentschädigungsrichtlinie Aus der Liberalisierung des Rechts der Wertpapierdienstleistungen resultiert eine Zunahme des Preiswettbewerbs und gleichzeitig eine Erhöhung des Insolvenzrisikos für Anleger. Um die Anleger im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Instituts zu schützen und in Europa gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Wertpapierfirmen zu schaffen, hat die Gemeinschaft parallel zur Einlagensicherungsrichtlinie auch im Bereich der Wertpapierdienstleistungen ein System zur Sicherung der Anleger vorgesehen336. Zudem sollte eine ausreichende Transparenz für die Anleger im Hinblick auf das Vorhandensein und den Umfang des Schutzes hergestellt werden337. Die Anle___________ 334 S. o. S. 435 Fn. 35. 335 Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 35 vom 11.2.2003, S. 1. 336 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.3.1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (97/9/EG), ABl. EG Nr. L 84 vom 26.3.1997, S. 22; dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff. 337 Cardon de Lichtbuer, in: Wymeersch, Perspectives, S. 92.

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gerentschädigungsrichtlinie338 wurde rechtzeitig zum 26.9.1998 in deutsches Recht umgesetzt.

5. Resümee und Kritik a) Die Harmonisierung und ihre Folgen Die Erörterung der Richtlinien, die die Vermögensverwaltung regeln oder mittelbar betreffen, hat zahlreiche kritikwürdige Aspekte offenbart. Sie betreffen die Harmonisierung im Allgemeinen und bestimmte Details der Richtlinien im Besonderen. Diese Kritik darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Harmonisierung des Bank- und Kapitalmarktrechts insgesamt positiv bewertet werden muss. Belegt wird dies durch den CecchiniReport339, wonach das von der Kommission mit dem Weißbuch eingeschlagene Vorgehen einen Zuwachs des Bruttosozialprodukts von 5 % erwarten lässt. Betrachtet man die einzelnen Bereiche, in denen das deutsche Recht durch Harmonisierungsvorhaben der EU reformiert wurde, fällt die Bilanz im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts sicherlich am positivsten aus340. Die Maßnahmen der EU haben einen Modernisierungsschub bezüglich des organisierten Kapitalmarkts ausgelöst. Die Liberalisierung des Kapital- und Zahlungsverkehrs und die Liberalisierung des Finanzdienstleistungssektors innerhalb der Gemeinschaft stellen wichtige Schritte für die Verwirklichung des Gemeinsamen Markts dar. Dies wird offensichtlich, wenn man sich die tatsächliche Bedeutung dieses Sektors vor Augen führt. Schon der Finanzdienstleistungssektor für sich betrachtet stellt einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Bereits 1992 schätzte man, dass 6,5 bis 7 % des Inlandsprodukts der Gemeinschaft in diesem Bereich erwirtschaftet wurden und etwa 3 Mio. Menschen in diesem Sektor beschäftigt waren341. Es wird zudem erwartet, dass es durch die mit dem FSAP verfolgte weitere Integration der europäischen Finanzmärkte zu einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts der Gemeinschaft von insgesamt 1,1 % sowie zu einem Beschäfti-

___________ 338 Zum Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz s. u. S. 656 ff. 339 Cecchini/Stabenow, Europa ’92: Der Vorteil des Binnenmarktes (Lenkungsausschuß für das Forschungsprogramm „Kosten der Nichtverwirklichung Europas); Commission of the European Communities, Research on the Cost of „non-Europe; zur Kritik an dem Report Clifford Chance, Banking and Investment Services, S. 15 f. 340 Eine umfassende Analyse bietet insoweit Möschel, Einflüsse, S. 5 ff., der dieses Ergebnis teilt. 341 Van Crombrugghe, in: Moore, Financial Services, S. 349.

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gungszuwachs von 0,5 % kommen wird342. Nicht zu unterschätzen sind aber auch die positiven Folgen, die die Liberalisierung des Finanzdienstleistungssektors auf andere Wirtschaftszweige hat343. Neben dieser recht positiven Bilanz dürfen aber auch die Nachteile der Harmonisierung nicht unbeachtet bleiben. Die Vorgaben der EU haben eine rechtliche Öffnung des deutschen Markts für ausländische Anbieter bewirkt. Die ökonomische Realität sieht vielfach anders aus als prognostiziert; der heimische Markt wird nach wie vor von rein deutschen Kreditinstituten dominiert; Möschel bezeichnet Deutschland „als hoffnungslos overbanked“344. Ausländische Banken oder Wertpapierfirmen tun sich schwer, in Deutschland Fuß zu fassen. Ihnen kommt hier bislang eine Nischenfunktion zu. Nachteilig ist auch, dass die Zweiteilung des deutschen Markts in den Organisierten und den Grauen Kapitalmarkt fortbesteht. Der Modernisierungsschub aus Brüssel hat zwar einzelne Berufsgruppen erfasst, die traditionell auch auf dem Grauen Kapitalmarkt tätig waren. Zu einer Austrocknung dieses Marktsegments hat dies jedoch nicht geführt. Im Gegenteil, die Bedeutung der Aktie als Anlageform der Privathaushalte war über lange Zeit sehr gering. Gleiches galt für die Börsenkapitalisierung im internationalen Vergleich345. Erst der Börsengang der Telekom hat das Interesse breiter Bevölkerungskreise an der Börse geweckt. Dieses ist jedoch aufgrund des Verfalls der Kurse im Jahre 2000 teilweise wieder erloschen. Folgen der Liberalisierung sind eine höhere Bandbreite an Finanzprodukten, eine Zunahme des grenzüberschreitenden Handels und eine größere Marktbreite und -tiefe zumindest bei den geregelten Märkten. Mit dieser Entwicklung einher geht eine größere Unübersichtlichkeit des Markts. Der Verbraucher bedient sich verstärkt der Finanzintermediäre. Im Bereich der Kapitalanlage decken Anlageberater und Vermögensverwalter diesen in den letzten Jahren stark gewachsenen Bedarf ab. Damit wächst das Bewusstsein, wie notwendig eine Regelung des Berufsstands der Finanzintermediäre ist, um die Verbraucher vor unprofessionellen Mittlern zu schützen. Im Bereich der Versicherungswirtschaft, dessen Liberalisierung etwas früher abgeschlossen war als der Bereich der Wertpapierdienstleistungen, wurde diese Notwendigkeit früh erkannt und eine Berufsregelung für Versicherungsvermittler ___________ 342 Vgl. London Economics, Study on the „quantification of the macro-economic impact of integration of EU financial markets“, http://europa.eu.int/comm/internal_market/ en/finances/mobil/overview.htm (abgerufen am 8.6.2005). 343 Dazu im Einzelnen Van Crombrugghe, in: Moore, Financial Services, S. 349 f. 344 Möschel, Einflüsse, S. 19. 345 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Januar 1997, S. 27 ff.; dies., Monatsbericht Mai 1997, S. 17, 27; Sethe, Kapitalgesellschaft, S. 178 ff.

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gefordert346. Vor Verabschiedung des FSAP existierte insoweit nur eine Richtlinie347, die lediglich bestimmte Qualifikationsbedingungen harmonisierte, sowie eine Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 1991348, die aber vor allem von deutscher Seite wenig Beachtung gefunden hat. Der FSAP nahm sich der dringend notwendigen Harmonisierung auf diesem Gebiet an. Im Jahr 2000 wurde ein Richtlinienvorschlag über die Versicherungsvermittlung veröffentlicht349, der schließlich Eingang in eine neue Richtlinie betreffend die Versicherungsvermittlung fand350. Diese regelt nunmehr auch berufliche Anforderungen an Versicherungsvermittler und will sowohl zur Vollendung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen als auch zur Verbesserung des Verbraucherschutzes in diesem Bereich beitragen. Eine entsprechende Problematik bestand im Bereich der Wertpapierdienstleistungen. Hier war deshalb zu begrüßen, dass bereits die WDRL bindende Wohlverhaltensregeln enthielt und man sich nicht damit begnügt hat, auf dem Stand der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 1977 stehen zu bleiben. Die Regelung der gebundenen Vermittler wird ebenfalls eine deutliche Verbesserung des Vertriebs zur Folge haben. Die Wohlverhaltensregeln der WDRL brachten aber auch zahlreiche praktische Probleme mit sich351, so dass die Kommission in ihrem Bericht über Art. 11 WDRL352 nur feststellen konnte, dass die grenzüberschreitende Erbringung von Wertpapierdienstleistungen mit einer großen Rechtsunsicherheit verbunden und durch die Vielzahl der nationalen Wohlverhaltensregeln unnötig kostspielig und kompliziert war. Die genannten Vorschriften wurden deshalb in der MiFID durch detaillierte Vorgaben ersetzt. Wie sich diese und das damit verbundene Regelungsgefüge in der Praxis durchsetzen und für die Verbraucher bewähren werden, bleibt noch abzuwarten. Die MiFID nahm sich weiteren Bereichen an, bei denen die Regelungen der WDRL un___________ 346 Vgl. etwa Hübner, EuZW 1997, 193. 347 Richtlinie 77/92/EWG des Rates vom 13.12.1976 über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für die Tätigkeiten des Versicherungsagenten und des Versicherungsmaklers, ABl. EG Nr. L 26 vom 31.1.1977, S. 14. 348 Empfehlung 92/48/EG vom 18.12.1991, ABl. EG Nr. L 19 vom 28.1.1992, S. 32. 349 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvermittlung vom 20.9.2000, KOM(2000) 511 endg. 350 Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002 über Versicherungsvermittlung, ABl. EG Nr. L 9 vom 15.1.2003, S. 3. 351 Siehe hierzu oben Seite S. 474 ff. 352 Mitteilung der Kommission: Anwendung der Wohlverhaltensregeln gemäß Artikel 11 der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie (93/22/EWG) vom 14.11.2000, KOM (2000) 722 endg.

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vollkommen waren. So wurden die bereits erwähnten Vorschriften über die notwendige Qualifikation von Finanzintermediären ebenso ausgeweitet wie die von der Richtlinie erfassten Finanzmarktinstrumente353. Offensichtlich ist eine grundlegende Änderung der Inhalte des harmonisierten europäischen Bank- und Kapitalmarktrechts. Noch die in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts verabschiedeten Richtlinien hatten vor allem den durch die prudential rules gewährleisteten Funktionenschutz (institutionelle Angleichung) im Auge. Seit Verabschiedung des FSAP wandte man sich jedoch mehr und mehr dem Individualschutz zu. Man beschloss, diesen nicht nur in Teilbereichen zu harmonisieren, sondern ihn in das Zentrum der Aufmerksamkeit des europäischen Gesetzgebers zu rücken. Ob es darüber hinaus eines eigenständigen Anleger- und Verbraucherschutzrechts im Bereich der Finanzprodukte (funktionelle Angleichung) bedarf 354 oder ob die bereits vorhandenen Regelungen355 ausreichend sind, ist streitig. Dies beruht weniger darauf, dass man sich über die zu vereinheitlichenden Inhalte nicht einigen kann, als vielmehr auf der Skepsis gegenüber dem Verbraucherschutz im Allgemeinen. Nach anfänglicher Begeisterung über die Vereinheitlichung des Verbraucherschutzes herrscht heute zumindest von deutscher Seite eher Zurückhaltung. Der EU wird vorgeworfen, sich bei ihren Richtlinien vom Leitbild des mündigen Verbrauchers verabschiedet zu haben356. Diese Kritik mag im Einzelfall berechtigt sein, darf aber nicht verallgemeinert werden, da zahlreiche Richtlinien gerade die Transparenz für den Verbraucher erhöhen und ihm dadurch eine mündige Entscheidung erst ermöglichen357. Hinzu kommt, dass sich Deutschland in einer denkbar ___________ 353 Ein entsprechender Handlungsbedarf wurde schnell erkannt, vgl. Grünbuch über Finanzdienstleistungen vom 22.5.1996, KOM(96) 209 endg. = ZBB 1996, 150 ff., sowie die Mitteilung der Kommission: Finanzdienstleistungen: Das Vertrauen der Verbraucher stärken; Maßnahmen im Anschluss an das Grünbuch der Kommission „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ KOM(97) 309 endg.. Vgl. auch den Aktionsplan Finanzdienstleistungen der Kommission vom 11.5.1999, KOM(1999) 232 endg., abgedruckt in: ZBB 1999, 254 ff. 354 Dazu tendiert wohl Van Crombrugghe, in: Moore, Financial Services, S. 350 f., 353 ff.; offen Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 32. 355 Wie etwa die Einlagensicherungs- und die Anlegerentschädigungsrichtlinie, die Verbraucherkreditrichtlinie, die Regelung der EU-weit sehr unterschiedlichen Kreditsicherheiten, die Richtlinie betreffend den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen etc. 356 Vgl. etwa die Kritik von Möschel, Einflüsse, S. 12; Zöllner, AcP 196 (1996), 1 ff.; Junker, DZWIR 1997, 271 ff.; Hommelhoff, Verbraucherschutz, S. 4 f.; H. Roth, JZ 1999, 529 ff. 357 Dies gilt etwa für die Richtlinie über grenzüberschreitende Zahlungen vom 27.1.1997 (97/5/EG), Abl. EG Nr. L 43 vom 14.2.1997, S. 25 ff.

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schlechten Position für Kritik befindet, da die deutsche Rechtsprechung selbst den Verbraucher bevormundet hat. Als Beispiel lässt sich die Rechtsprechung zum UWG anführen, die den Verbraucher bisweilen in die Rolle eines „betreuungsbedürftigen, pathologischen Schwachkopfs“358 drängte. Als Einwand gravierender ist die Tatsache, dass zahlreiche Richtlinien zum Verbraucherschutz in das Zivilrecht eingreifen, die dort enthaltenen, in sich schlüssigen Wertungen aufbrechen359 und über den faktischen Zwang zu zahlreichen Sonderregelungen ein unübersichtliches Wirrwarr an Normen schaffen. Zudem ist die Vorgehensweise in vielen Fällen mit dem Subsidiaritätsprinzip kaum noch in Einklang zu bringen. Die insoweit geführte und längst noch nicht abgeschlossene Diskussion kann hier nicht im Detail wiedergegeben werden. Auf sie wird im Folgenden nur soweit eingegangen, als die Frage des Anlegerschutzes der Vermögensinhaber zur Debatte steht360. b) Bewertung der Richtlinien Mit der 1. BKRL (jetzt BankenRL) erzielte die Gemeinschaft wichtige Fortschritte für die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Kreditinstitute und den Schutz der Anleger. Die Richtlinie schaffte einerseits die Bedürfnisprüfung für die Zulassung neuer Kreditinstitute ab und regelte andererseits die Zulassungspflicht und die Voraussetzungen einer erstmaligen Zulassung von Kreditinstituten und deren Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten. Der erreichte Konsens stellte jedoch nur einen Zwischenschritt dar, denn die Regelung über die Errichtung von Zweigniederlassungen ließ noch viele Hindernisse nationalen Rechts fortbestehen. Zudem knüpfte die Richtlinie an einen sehr engen, am Trennbankensystem orientierten Begriff des Kreditinstituts an und ließ deshalb weite Bereiche des Finanzdienstleistungssektors ungeregelt. Einen Meilenstein des europäischen Kapitalmarktrechts stellt die 2. BKRL (jetzt BankenRL) dar. Sie führte den Europäischen Pass für Kreditinstitute ___________ 358 So Doepner, FS Lieberknecht, S. 165 ff. m. w. N.; Möschel, Einflüsse, S. 7; umfassend dazu Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. In diesem Zusammenhang interessant ist auch die Untersuchung von Rohe, From Contract to Status? 359 Konsequent deshalb die weitergehende Forderung von Basedow, FS Mestmäcker, S. 347 ff., der in einem einheitlichen Privatrecht ein wirksames Mittel der Marktintegration sieht. Dies setzt aber voraus, dass die EU ein Gesamtkonzept verfolgt, das über bloße Einzelharmonisierungen hinausgeht. Hierzu auch Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 307 f. 360 Vgl. zum Verbraucherschutzrecht bei Finanzdienstleistungen etwa Nentwich, Verbraucherschutz, S. 593 ff.

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ein und beseitigte die Hindernisse, die die 1. BKRL noch nicht erfasst hatte. Zwar hielt auch die Richtlinie am engen Begriff des Kreditinstituts fest, doch kompensierte sie einen Teil der daraus entstehenden Nachteile durch eine am Universalbankensystem orientierte Liste der EG-weit erlaubten Tätigkeiten. Diese Liste erfasste auch die Vermögensverwaltung. Weiterhin ungeregelt blieben viele sonstige Finanzdienstleister. Das Konzept der gegenseitigen Anerkennung nicht harmonisierten Rechts bewirkt, dass Kreditinstitute innerhalb der Gemeinschaft ihre Dienstleistungen in der gleichen Art und Weise erbringen dürfen, in der sie diese im Herkunftsland erbringen. Einschränkungen darf ihnen das Gastland nur insoweit auferlegen, als dies aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist. Vergleicht man das Erreichte mit den einschlägigen Grundfreiheiten, kann man feststellen, dass die Richtlinie die Ziele der Art. 43 Satz 2 und Art. 49 EG verwirklicht, indem sie Diskriminierungen und Beschränkungen abbaut361. Die Richtlinie hält strikt am Konzept der Mindestharmonisierung fest und lässt die Aufsichtssysteme und die Zulassungsbedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten unberührt. Auch greift sie nicht in das anwendbare Recht ein, so dass für Geschäfte von Zweigstellen die allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln anzuwenden sind. Ebenfalls unberührt bleibt die Produktgestaltung, die nur in ganz wenigen Bereichen bislang europarechtlichen Vorgaben unterliegt362. Durch die deshalb zulässigen unterschiedlichen Ausgestaltungen der Aufsicht und der Produkte kann es langfristig zu einem gewissen Wettbewerb der Bankensysteme kommen, der eine weitere Deregulierung bewirken dürfte. Solange die Inländerdiskriminierung zulässig ist363, werden Kreditinstitute bei allzu nachteiligen Heimatlandbedingungen einen Standortwechsel oder die Verlagerung des Geschäfts erwägen. Eine solche Entwicklung wird immer wahrscheinlicher, wenn es nicht gelingt, eine Harmonisierung der

___________ 361 Teilweise abweichend in der Formulierung Roth, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 70, der Art. 43 EG (= Art. 52 EGV) aber noch als reines Diskriminierungsverbot einordnet; anders aber EuGH, Slg. 1984, 2971 Rdn. 12 ff., 20 (Klopp); Slg. 1995, I-4165 Rdn. 35 ff. (Gebhard); Geiger, EUV/EGV4, Art. 43 Rdn. 15 ff.; Immenga, Europäisches Bank- und Versicherungsaufsichtsrecht, S. 229 f.; Everling, ZHR 162 (1998), 403, 421 m. w. N., wonach die Norm auch ein allgemeines Beschränkungsverbot enthält. Differenzierend und m. w. N. zur Rechtsprechung Tiedje/ Troberg, in: von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag6, Art. 43 Rdn. 87 ff. 362 Bedenken meldet Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 27 ff., an, der hierin ein Integrationshindernis sieht, da die insoweit anwendbare Gemeinwohlklausel zu viel Rechtsunsicherheit verursache. Zudem seien strukturelle und operationelle Standards (z. B. der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr) nicht harmonisiert. 363 Dazu oben S. 488 Fn. 250 m. w. N.

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Besteuerung von Finanzprodukten und -dienstleistungen sowie des Bankgeheimnisses herbeizuführen364. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass nationale Aufsichtsbehörden allein die Interessen der heimischen Institute im Auge haben, deshalb die Kooperation mit den anderen Aufsichtsbehörden nur auf das unbedingt Notwendige beschränken und von der Gemeinwohlklausel reichlich Gebrauch machen. Dies kann zu einem Versagen des gesamten Systems führen, zumal wenn eine unzureichende Aufsicht über die eigenen Institute hinzutritt. Ob man wegen dieser potentiellen Gefahr gleich nach einer supranationalen Aufsicht rufen muss365, erscheint fraglich. Ausreichend könnte etwa auch die Zusammenführung von meldepflichtigen Daten sein, um zu gewährleisten, dass eine EG-weite Transparenz und Standardisierung der Aufsicht entsteht366. Die bislang vorgeschlagenen Wege zur Beseitigung dieser Gefahr offenbaren, wie stark die Antwort von der jeweiligen Grundeinstellung des Autors geprägt ist367. Die Europa-Optimisten erwarten, dass die nationalen Behörden dem Geist der Richtlinien entsprechend ihren Aufgaben nachkom___________ 364 Auf die Bedeutung dieses Faktors weisen auch Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 30; Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 38 f., hin. Als wichtiger Schritt anzusehen ist daher die Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU (Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, ABl. EG Nr. L 157 vom 26.6.2003, S. 38). Sie sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten ab Mitte 2005 Zinszahlungen an natürliche Personen mit Steuerwohnsitz in einem anderen EUMitgliedstaat den dortigen Behörden in einem automatisierten Informationsprozess melden. Die Erträge werden dann im Wohnsitzstaat besteuert. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, bestehende Verzerrungen im Binnenmarkt abzubauen, den „schädlichen“ Steuerwettbewerb innerhalb der Gemeinschaft zu bekämpfen und die dadurch entstehenden Steuerausfälle zu senken. Ein der Richtlinie entsprechendes Abkommen soll auch mit Drittstaaten (Schweiz, Fürstentum Liechtenstein, Republik San Marino, Fürstentum Monaco und Fürstentum Andorra) sowie mit abhängigen oder assoziierten Gebieten (Kanalinseln, Isle of Man und entsprechenden Gebieten in der Karibik) abgeschlossen werden, um über den Bereich der EU hinaus einen flächendeckenden Datentransfer mit dem Ziel einer effektiven Zinsbesteuerung zu ermöglichen. Drei EU-Staaten (Belgien, Luxemburg und Österreich) nehmen vorerst am Meldeverfahren nicht teil, sondern führen eine schrittweise von 15 % auf 35 % steigende Quellensteuer ein. Diese wird zu 75 % an den EU-Herkunftsstaat des Anlegers weitergeleitet. 365 In diesem Sinne etwa Osborne, in: Moore, Financial Services, S. 40 f.; zu den Schwächen des derzeitigen Systems auch Lee, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 187 ff. 366 So das Mitglied des Direktoriums der EZB Padoa-Schippa, FAZ vom 26.2.1999, S. 25 („Bessere Kooperation in der Bankenaufsicht“). 367 Ausführlich dazu Lee, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 201 ff., mit den insoweit vertretenen Standpunkten.

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men werden. Eher pessimistisch Eingestellte ergehen sich in Befürchtungen und fordern eine supranationale Aufsichtsbehörde. Zunächst einmal ist festzustellen, dass sich die Forderung nach einer solchen Aufsichtsbehörde nur schwerlich mit dem Konzept einer Mindestharmonisierung verträgt368. Hinzu kommt, dass jeder technische und wirtschaftliche Fortschritt seine Gefahren nur allmählich offenbart und dann Regelungen nach sich zieht. Deshalb sollte man zunächst die Praxis beobachten und sich vor schnellen Lösungen und einer präventiven Überregulierung hüten369. Der BCCI-Skandal hat gezeigt, dass die EU im Bereich des Bankrechts zu einer raschen Reaktion fähig ist. Ebenso wird das Lamfalussy-Verfahren dazu führen, dass eine schnelle Anpassung der Richtlinien an den jeweiligen technischen Fortschritt und den Erkenntnisstand über ihre Umsetzung und die Praxis der Aufsicht erfolgen kann. Es ist deshalb zu begrüßen, dass zu diesem Zweck zwei Securities-Committees, der Europäische Wertpapierausschuss (ESC) und der Ausschuss der EU-Wertpapierregulierungsbehörden (CESR), errichtet wurden370. Die Ausschüsse sollen zum einen die Kommission in der technischen Anpassung der Richtlinien unterstützen und sie im Hinblick auf alle mit Wertpapierdienstleistungen, geregelten Märkten und Finanzintermediären zusammenhängenden Fragen beraten. Zudem werden sie bei der Vorbereitung neuer Richtlinien beratend tätig. Schließlich dienen die Ausschüsse als Kooperations- und Schaltstellen zwischen den Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten und der Kommission. Mit Erlass der WDRL (später ersetzt durch die MiFID) wurden sodann gleiche Bedingungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen geschaffen. Insgesamt brachte das europäische Regelungskonzept und insbesondere der enge Kreditinstitutsbegriff der BankenRL jedoch einen Nachteil mit sich, der bis heute besteht. Die europäische Regelung der Aufsicht über Finanzdienstleistungen ist – je nach nationaler Umsetzung der Richtlinien – u. U. viergeteilt in Börsen, Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen. Dadurch wird sie uneinheitlich371, unübersichtlich und kann bei den beaufsichtigten Unternehmen zu einer Mehrfachbelastung hinsichtlich der Zulassungsanforderungen, Meldepflichten etc. führen. Angesichts der in weiten Bereichen gleichen Zielsetzung der Aufsicht, nämlich das Funktionieren der ___________ 368 Ebenso Kanda, in: Buxbaum/Hertig/Hirsch/Hopt, European Economic and Business Law, S. 205; Hopt, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 327; Hoppmann, EWS 1999, 204 ff. 369 Erst kürzlich hat die Kommission der Einrichtung einer gemeinsamen europäischen Aufsichtsbehörde eine Absage erteilt, vgl. AG 2005, R 326. 370 Siehe hierzu oben S. 451 Text bei Fn. 110. 371 Neumann, Finanzkonglomerate, S. 21 ff.

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Märkte zu sichern und Anleger zu schützen, scheint eine Vereinheitlichung der Aufsichtsstrukturen geboten372. Dies gilt umso mehr als zahlreiche Risiken gleichförmig in allen Sparten der Konglomerate auftreten und die Zahl der nationalen und internationalen Finanzkonglomerate und die mit ihnen verbundenen Risiken ständig steigen373. Im Besonderen gilt dies für den Bereich der Vermögensverwaltung, der zunehmend auch von Versicherungen angeboten wird. Es ist daher zu begrüßen, dass im Jahre 2002 eine Richtlinie betreffend die Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten erlassen wurde374. In dieser Richtlinie werden umfassende Vorgaben für die Tätigkeit von Finanzkonglomeraten gemacht, so zum Beispiel zur Solvenz, zur Eignung und Professionalität der Führungskräfte eines Konglomerats sowie zur Gewährleistung der Existenz angemessener Risikomanagement- und interner Kontrollsysteme innerhalb des Konglomerats. Zudem wird versucht, die Aufsicht über das Konglomerat zu vereinheitlichen. Es muss eine Aufsichtsbehörde benannt werden, die mit der Koordination der Gesamtaufsicht eines Konglomerats betraut wird. Das heißt zwar, dass die Beaufsichtigung verschiedener Tätigkeitsbereiche des Konglomerats weiterhin durch unterschiedliche Behörden wahrgenommen wird. Um die damit verbundenen Nachteile zu kompensieren, wird es aber neben der genannten Koordinierungsbehörde einen regen Informationsaustausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Aufsichtsbehörden (einschließlich der in Nicht-EU-Staaten) geben. Während sich die zunehmend grenzüberschreitende Tätigkeit von Instituten und Konglomeraten regeln lässt, sobald ein nationaler Anknüpfungspunkt vorhanden ist (z. B. Anbieten der Leistungen im Inland, Errichtung eines Instituts), bedrohen zunehmend auch solche Risiken den jeweiligen nationalen Markt, die einer solchen Anknüpfung nicht zugänglich sind. Eine derartige ___________ 372 Vgl. die entsprechenden Untersuchungen und Vorschläge bei Bock, Staatsaufsicht, S. 157 ff.; Neumann, Finanzkonglomerate, S. 233 ff.; Schieber, Aufsicht, S. 276 ff.; Uwe H. Schneider, WM 1990, 1649, 1655 ff.; Weinel, Finanzkonglomerate, S. 175 ff., sowie den Report on „The Supervision of Financial Conglomerates“ der Tripartite Group (Basle) von 1995, zusammengefasst bei Dale, Risk and Regulation, S. 220 ff.; siehe aber Knauth, ZVersWiss 1996, 232 ff. 373 Vgl. etwa Carton de Tournai, in: Wymeersch, Perspectives, S. 65 ff.; Gilligan, Financial Services Sector, S. 21 f. 374 Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 35 vom 11.2.2003, S. 1.

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Bedrohung resultiert etwa aus der schieren Größe mancher ausländischer Finanzintermediäre, deren Zusammenbruch die ganze Branche in den Strudel mitreißen würde. Extrembeispiel ist sicherlich die Krise des Long Termin Capital Managements (LTCM), eines Hedge Fonds375, dessen Kapitalbasis 1998 auf 1 Mrd. $ schrumpfte bei Außenständen in Höhe von 4 Mrd. $ und einem Marktrisiko aus Derivaten in Höhe von 90 Mrd. $. Die BIS errechnete aus der Bilanz 1998 einen Hebeleffekt von 25:1376. Investoren waren insbesondere die Firmen Bankers Trust, Chase Manhattan, Goldman Sachs, JP Morgan, Merrill Lynch und Morgan Stanley, so dass nach Ansicht der US Federal Reserve beim Kollaps des LTCM ein systemisches Risiko für die gesamte Branche bestanden hätte. Die Deregulierung bei gleichzeitiger Ausweitung der Aufsichtskompetenzen hat insgesamt zu mehr Berichtspflichten der Institute, insbesondere in Bezug auf Volumina und Risiken, geführt. Ohne technische Unterstützung kann ein Institut heute diese periodisch zu übermittelnden Datenmengen nicht mehr verarbeiten, geschweige denn in Markt-, Zins- und sonstige Risiken aufsplitten. Diese Schwierigkeit trifft vor allem kleine Institute und erschwert Neu- und Quereinsteigern die Aufnahme der Tätigkeit377. Dennoch überwiegen nach Einschätzung der Bankenvertreter die Vorteile des Aufsichtsrechts bei weitem die Nachteile aus dieser Bürokratisierung378. Trotz des erreichten Fortschritts hält vor allem die Diskussion um die KARL an. Der mit der Richtlinie verfolgte Ansatz wird im Grundsatz und im Detail kritisiert379. (1) So sei ein level-playing-field für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen verfehlt, denn man müsse davon ausgehen, dass der optimale Verschuldensgrad von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen unterschiedlich sei. Die Eigenkapitalanforderungen würden dadurch nicht optimal an den in beiden ___________ 375 Hedge Fonds treten vor allem in den USA und off-shore auf. Der erste Fond wurde 1949 in New York von Alfred W. Jones gegründet. Es existierten Mitte der 90er Jahre ca. 5.000 Fonds mit einem verwalteten Vermögen von 225 Mrd. $. Sie waren nach damaligem Recht zulassungsfrei, wenn sie weniger als 99 Investoren aufwiesen und 65 % hiervon über mehr als 1 Mio. $ Nettovermögen verfügten. Vgl. Gilligan, Financial Services Sector, S. 24. 376 Gilligan, Financial Services Sector, S. 25 m. w. N. 377 Gerold Brandt von der Bayer. Landesbank in einem Diskussionsbeitrag, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 45. 378 Beispielhaft Bernhard Walter von der Dresdner Bank in einem Diskussionsbeitrag, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 46. 379 Zum Folgenden Rudolph, ZBB 1994, 117, 128 f. m. w. N.; aus ökonomischer Sicht kritisch Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 51, 53.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

Institutsarten vorhandenen Risiken ausgerichtet, so dass die Kosten pro Risikoeinheit jeweils unterschiedlich seien380. (2) Ausweislich der Erwägungsgründe wollte die Kommission eine quantitative und qualitative Eigenkapitalkontrolle einführen381. Die Effektivität einer solchen Eigenkapitalregulierung wird jedoch bezweifelt, da die Richtlinie bei Marktrisiken gerade keine qualitative Messung der Risiken einführe, sondern nur die Risiken bestimmter Wertpapiergruppen erfasse und so nur eine rein quantitative Kontrolle erlaube. Offensichtlich verwendet Rudolph bei seiner Kritik eine andere Definition der qualitativen Kontrolle als die Kommission. Letztere sieht in der Differenzierung zwischen verschiedenen Risikogruppen die in den Erwägungsgründen genannte qualitative Kontrolle, während Rudolph diesen Begriff nutzt, um innerhalb der Papiere einer Risikogruppe noch zu differenzieren. Ein anderer Ansatz, der ebenfalls diskutiert wird, ist die Beaufsichtigung mit Hilfe von Modellen, die sich am institutsinternen risk management orientieren382. Erst mit Umsetzung von Basel II wird sich diese Kritik erübrigen. (3) Schließlich müsse für mehr Transparenz im Hinblick auf eingegangene Marktrisiken, insbesondere bei derivativen Instrumenten, gesorgt werden, da die verbesserte Publizität eine bessere Einschätzung durch den Kontraktpartner erlaube und die Selbstregulierung des Markts stärke. Die Forderung nach mehr Transparenz bei Derivaten383 wurde von zahlreichen Experten und Institutionen unterstützt384 und international bereits diskutiert. (4) Durch eine Diversifikationskomponente bei der Berechnung des notwendigen Eigenkapitals solle der Anreiz geschaffen werden, Risiken möglichst weitgehend zu streuen. Die Berücksichtigung des Diversifikationselements ist sehr sinnvoll; dieses kompliziert die Berechnung der Eigenkapitalausstattung zwar385, lässt sich aber in der Berechnungssoftware sicherlich so berücksichtigen, dass der Mehraufwand für die Praxis geringer ist als der zu ___________ 380 So etwa Bernd Rudolph und Bernhard Walter u. a. in Diskussionsbeiträgen, abgedruckt in: BA Beiheft 35 (1999), 57 ff. 381 S. o. S. 521 Fn. 317. 382 Lutter, Unternehmensrecht4, S. 486 m. w. N. 383 Die einzelnen Risiken sind bei Aschinger, Börsenkrach, S. 336 ff., beschrieben, so dass eine Darstellung an dieser Stelle unterbleiben kann. S. a. Gilligan, Financial Services Sector, S. 23 f., mit der Forderung nach stärkerer aufsichtsrechtlicher Erfassung der Derivate. 384 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 47, 58 ff.; Zavvos, in: Wymeersch, Perspectives, S. 38. 385 Dies ist der Haupteinwand von Lutter, Unternehmensrecht4, S. 485 Fn. 12, gegen die These von Rudolph, der er aber im Übrigen zustimmt.

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erwartende Nutzen in Form einer gesenkten Eigenkapitalunterlegung bzw. einer deshalb möglichen Erweiterung der Geschäftstätigkeit. (5) Lutter plädiert darüber hinaus dafür, die Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen auch im Hinblick auf NettingKlauseln zu vereinheitlichen.386 Die betriebswirtschaftlich untermauerten Kritikpunkte (1) und (2) werden vor dem Hintergrund von Praxiserfahrungen international geteilt. Der Baseler Ausschuss hatte daher im Januar 1996 eine Ergänzung des Konkordats über die Eigenkapitalausstattung von 1988 beschlossen387. Zu dessen Umsetzung änderte die EG die KARL388. Die Eigenkapitalausstattung ist nun nicht mehr global, sondern anhand bankinterner Erfahrungssätze auszurichten (internal models), wobei diese bankinterne Berechnung sich innerhalb bestimmter Zielkorridore halten muss. Die EG-Kommission hat jüngst einen Vorschlag für neue Eigenkapitalanforderungen für Banken und Wertpapierfirmen vorgelegt389. Hierdurch soll eine kohärente gemeinschaftsweite Anwendung des neuen internationalen Eigenkapitalrahmens gewährleistet werden, auf den sich der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht unlängst geeinigt hat („Basel II“). Das Eigenkapital der Finanzinstitute wird danach stärker den Risiken angepasst, denen es durch die tatsächliche Tätigkeit der Institute auch ausgesetzt ist. Der Vorschlag beinhaltet anstelle des derzeitigen einheitlichen Ansatzes drei unterschiedliche Methoden, die es den Finanzinstituten gestatten, die für sie geeignetsten Vorgaben zur Bemessung des Kreditrisikos auszuwählen. Zudem gibt es speziell konzipierte Eigenkapitalanforderungen für die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen. Damit sollen nicht nur der Sicherheit und Solidität der Finanzinstitute Rechnung getragen, sondern gleichzeitig die unterschiedlichen Situationen der Institute und ihrer Kunden berücksichtigt werden. Auch ist eine engere Zusammenarbeit der nationalen Behörden vorgesehen sowie eine Erweiterung der Rechnungslegung. Betrachtet man die Harmonisierung des Finanz- und Kapitalmarktbereichs insgesamt, hält Heremans390 den Funktionenschutz bei der Bankrechtsharmonisierung für zu gering ausgeprägt, während er bei den Wertpapier___________ 386 Lutter, Unternehmensrecht4, S. 486. 387 Troberg, in: Bankrechts-Handbuch2, § 136 Rdn. 13. 388 Richtlinie 98/31/EG vom 22.6.1998, ABl. EG Nr. L 204 vom 21.7.1998, S. 13. Dazu Rudolph, in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 331 ff. 389 Siehe hierzu bereits oben S. 464 Fn. 172. 390 Heremans, in: Stuyck, Financial and Monetary Integration, S. 53 f.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

dienstleistungen überreguliert sei. Denn das Systemrisiko sei bei Wertpapierfirmen nicht so groß. Er behauptet, bei „Investment-Managern“ entstehe hauptsächlich das Risiko von Informationsasymmetrien, weshalb vor allem ein Individualschutz der Anleger notwendig sei. Eine Beeinträchtigung des Kapitalmarkts sei nicht zu befürchten. Demgegenüber gebe es bei Wertpapierhändlern bis zu einem gewissen Grad auch das Risiko des Marktversagens, so dass die Notwendigkeit für einen Funktionenschutz zwar vorliege, aber nicht so groß sei wie bei Kreditinstituten. In Bezug auf Anlageberater mag die These Heremans überzeugend sein. Sie passt in ihrer Pauschalität jedoch nicht auf die sonstigen Finanzintermediäre, die von der MiFID ebenfalls erfasst sind. Dies macht das Beispiel des Wertpapierhauses Yamaichi Securities in Tokio deutlich, dessen Kollaps den gesamten japanischen Finanzmarkt ins Wanken brachte391. Zwar beruhte dieser Konkurs nicht allein auf Missmanagement, sondern auch auf der damaligen Überregulierung des japanischen Finanzmarkts. Er belegt aber dennoch, welche Beeinträchtigungen der Zusammenbruch wichtiger Marktteilnehmer auslösen kann. Dies gilt nicht nur für Wertpapierhändler, sondern auch für Vermögensverwalter. Je stärker die Bedeutung dieser Branche zunimmt, desto größer werden die Folgewirkungen, die der Run auf eine solche Wertpapierfirma in der Branche auslösen würde. Die Auflösung einer Vielzahl von Depots führt zu einem Überangebot an Wertpapieren und lässt die Kurse einbrechen. Dies wiederum beeinträchtigt nicht nur die Chancen anderer Vermögensinhaber, die ihre Depots später auflösen, sondern betrifft alle Marktteilnehmer. Ein Run auf einen großen Vermögensverwalter kann daher einen ähnlichen Vertrauensverlust in die Funktionsfähigkeit des Marktes auslösen wie der Run auf ein Kreditinstitut. Die These Heremans ist also nur insoweit überzeugend, als sie eine völlige Gleichstellung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen für ein falsches regulatorisches Signal erklärt; entgegen seiner Behauptung bergen die spezifischen Risiken der Wertpapiergeschäfte auch große Systemrisiken, so dass der Funktionenschutz angemessen berücksichtigt werden muss. Wie an späterer Stelle noch gezeigt werden wird, besteht jedoch Anlass zu Kritik im Hinblick auf die Regulierung der Vermögensverwaltung. Zumindest im deutschen Recht konzentrierte der Gesetzgeber seine Aufmerksamkeit auf das Substanzerhaltungsrisiko und vernachlässigte das Abwicklungsund Verwaltungsrisiko an zahlreichen Stellen der aufsichtsrechtlichen Gesetzgebung. ___________ 391 Yamaichi, das viertgrößte japanische Wertpapierhaus, meldete am 24.11.1997 Konkurs an. Zur Krise des japanischen Bankenmarkts Schöner, Einlagensicherung, S. 81 ff.

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Zusammenfassung

c) Weiterentwicklung der Richtlinien Aus Sicht der Rechtsanwender wünschenswert ist die weitere Konsolidierung der Vielzahl von Richtlinien392. Der Richtliniengeber sollte zudem der auf tatsächlicher Ebene zu beobachtenden Entwicklung weiterhin Rechnung tragen und die zunehmende funktionelle Integration im Bereich der Bank-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungen im Auge behalten. Die in vielen Rechtsordnungen über lange Zeiträume praktizierte Trennung von „Commercial Banking“ und „Investment Banking“ sowie „Insurance“ wird zunehmend aufgebrochen393. Dies zeigt sich zum einen an der immer häufigeren Entstehung von Finanzkonglomeraten und an dem Verzicht nationaler Gesetzgeber auf Beibehaltung des Trennbankensystems. Speziell im Bereich der Vermögensverwaltung hatte die rechtstatsächliche Bestandsaufnahme394 gezeigt, dass vor allem Versicherungskonzerne sich verstärkt im Bereich der Vermögensverwaltung engagieren. Bei einer Konsolidierung der Richtlinien wird der EU-Gesetzgeber auf diese Entwicklung eingehen müssen, um Ansteckungsgefahren innerhalb der Konglomerate ausreichend zu berücksichtigen. Die Maßnahmen, die im Rahmen des FSAP getroffen und zu einem großen Teil bereits abgeschlossen wurden, sind hierfür ein Schritt in die richtige Richtung. Man darf sich jedoch mit dem jetzt erreichten Stand der europäischen Regulierung nicht begnügen. Auch wenn die tatsächlichen Entwicklungen auf den weltweiten Finanzmärkten ein ständiges Tätigwerden des Gesetzgebers erfordern dürfte, so muss doch auch darauf geachtet werden, dass die betroffenen Branchen und Institute nicht mit aufsichtsrechtlichen Vorgaben „erstickt“ werden. Eine Überregulierung ist in jedem Fall zu vermeiden.

V. Zusammenfassung – Angesichts der fortschreitenden Entwicklung der Medien und Kommunikationsmittel sind Finanzdienstleister weniger ortsgebunden als früher. Daher reichen oft geringe Standortnachteile aus, um die räumliche Verlagerung eines Markts zu bewirken. Diese enorme Flexibilität ist Teil der zunehmenden Globalisierung, die nicht nur die Produkte betrifft, sondern auch die Standorte. Die Bank- und Kapitalmarktaufsicht steht damit vor dem Dilemma, einerseits für stabile Märkte sorgen und andererseits ähnlich günstige Rahmenbedingungen bieten zu müssen wie ausländische Märkte. Eine internationale Abstimmung und Mindestharmonisierung er___________ 392 Zum positiven Beispiel der konsolidierten BankenRL s. o. S. 446 Fn. 95. 393 Dale, Risk and Regulation, S. 3 ff. 394 S. o. S. 383 ff.

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Die europarechtlichen Vorgaben für die Vermögensverwaltung

weist sich vor diesem Hintergrund als unbedingt notwendig, um Standortnachteile zu vermeiden. – Der europäische „Regelungsdrang“ ist nicht nur Konsequenz, sondern gleichzeitig auch Motor der Internationalisierung, da die EU sich aktiv in dem Prozess der internationalen Angleichung der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen engagiert. – Die Regulierung der Wertpapierdienstleistungen erfolgte in Deutschland erst spät. Dies war durch den Umstand bedingt, dass hier das Universalbankensystem dominiert und deshalb kaum Unternehmen existierten, die nur Wertpapierdienstleistungen erbrachten. Auch auf europäischer Ebene wurde die Harmonisierung des Bank- und Kapitalmarktrechts zunächst im Hinblick auf Kreditinstitute vorangetrieben, und erst geraume Zeit später nahm man die Regulierung der Wertpapierdienstleister in Angriff. – Heute findet sich eine Zweiteilung der Richtlinien, die an den angebotenen Leistungen ausgerichtet ist (Bankgeschäfte einerseits und Wertpapierdienstleistungen andererseits). Dieser Ansatz ist an die angloamerikanische Unterscheidung zwischen „Commercial Banking“ und „Investment Banking“ angelehnt. Im Ergebnis fördern die Richtlinien aber gleichwohl das Universalbankensystem, da sie diesen Banken beide Arten von Geschäften nebeneinander erlauben und ihnen damit die tatsächlichen Vorteile dieses Systems sichern. – Der zweigeteilte Regulierungsansatz unterliegt aber auch Bedenken. Er bringt zahlreiche Brüche mit sich, die Rechtsunsicherheit verursachen und deshalb der Korrektur bedürfen. Dies zeigt sich insbesondere im Bereich der Vermögensverwaltung sowie im Bereich der Einlagensicherungs- und der Anlegerentschädigungsrichtlinien. – Die Brüche treten nicht nur innerhalb des Richtliniendickichts auf, sondern setzen sich in den nationalen Umsetzungsgesetzen fort. So zeichnet sich das deutsche Kreditwesengesetz seit der 6. KWG-Novelle durch eine „babylonische Begriffsverwirrung“395 aus, da der deutsche Gesetzgeber versucht hat, das zweigeteilte Regelungskonzept der Richtlinien in das ohnehin schon komplexe Kreditwesengesetz zu integrieren. Hierauf und auf die Frage nach der richtlinienkonformen Umsetzung ist im folgenden Kapitel einzugehen.

___________ 395 So Weber/Nägele, ZfgK 1998, 753 ff.

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Kapitel 9 Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG I. Einleitung Die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung erfordert es, der Frage nachzugehen, ob die Aufsicht über Vermögensverwalter so ausgestaltet ist, dass die Kunden vor den mit einer Vermögensverwaltung verbundenen Risiken angemessen geschützt werden. Dies betrifft die aufsichtsrechtlich vorgegebenen institutionellen Rahmenbedingungen, die in diesem Kapitel behandelt werden, sowie die Verhaltensaufsicht, die Gegenstand des nächsten Kapitels sein wird. Da die zahlreichen aufsichtsrechtlichen Regelungen sowohl das Risiko des Substanzverlusts als auch das Risiko aus Verwaltung und Abwicklung betreffen, würde eine Darstellung, die an einzelnen Risiken ausgerichtet ist, zu zahlreichen Wiederholungen führen. Daher orientieren sich die nachfolgenden Abschnitte an den aufsichtsrechtlichen Gesetzen und innerhalb dieser an den verschiedenen Regelungskomplexen. Im Rahmen der so vorgegebenen Arbeitsschritte wird jeweils auf die typischen Risiken eines Vermögensverwaltungskunden eingegangen. Das geltende deutsche Recht kannte und kennt kein einheitliches Aufsichtsrecht für Vermögensverwalter und Treuhänder. Es differenziert bei der Zulassung und Aufsicht vielmehr nach der Art des verwalteten Vermögens und der konkreten Ausgestaltung der angebotenen Leistungen. Die nicht nur gelegentliche Verwaltung oder treuhänderische Übernahme von fremden Immobilien, Kunstobjekten und Edelmetallen unterliegt keiner speziellen Zulassungspflicht oder laufenden Beaufsichtigung, sondern unterfällt den allgemeinen gewerberechtlichen Bestimmungen. Demgegenüber unterliegt die – im Folgenden näher zu untersuchende – gewerbsmäßige Verwaltung von Geldern, Geldmarktinstrumenten, Devisen und Wertpapieren mit Entscheidungsspielraum einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und einer engmaschigen Beaufsichtigung des laufenden Geschäftsbetriebs. Während das Kreditwesengesetz die Anforderungen an die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen des Marktzutritts eines Vermögensverwalters enthält, regelt das Wertpapierhandelsgesetz die Anforderungen an das Verhalten im laufenden Geschäftsbetrieb. Der deutsche Gesetzgeber hatte bei der Umsetzung der im letzten Kapitel dargestellten EG-Richtlinien in nationales Recht ein Nebeneinander von zwei Aufsichtsregimen geschaffen: Die erstmalige Zulassung sowie die 543

Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Aufsicht über Organisation und Solvenz der Institute wurde durch das damalige BAKred überwacht (organisatorische Aufsicht), während die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen durch das damalige BAWe beaufsichtigt wurde (Verhaltensaufsicht). Die insgesamt nicht allzu glückliche Hand des Gesetzgebers bei der Formulierung dieser Materie im Kreditwesen- und im Wertpapierhandelsgesetz sowie die Aufspaltung der Aufsicht auf zwei Bundesoberbehörden1, die in den Richtlinien nicht angelegt war, sondern eine nationale Entscheidung darstellte, verursachten eine zu Recht beklagte Unübersichtlichkeit2. Der Gesetzgeber hat die – im internationalen Vergleich wohl einmalige – Aufspaltung in vier verschiedene Aufsichtsregime für Banken, Börsen, Versicherungen und Wertpapierhandel zumindest teilweise korrigiert, indem er die damaligen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel zur BaFin zusammenfasste3. Nicht behoben hat der Gesetzgeber aber die Aufspaltung des materiellen Aufsichtsrechts in verschiedene Gesetze (Kreditwesengesetz, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz sowie Wertpapierhandelsgesetz). Diese lässt die folgende Darstellung etwas schwerfällig erscheinen, doch ist das Durchdringen des aufsichtsrechtlichen Nebeneinanders Voraussetzung für die Klärung einer Vielzahl von Folgefragen. Hinzuweisen ist außerdem auf den Umstand, dass die WDRL mittlerweile durch die MiFID ersetzt wurde. Die nach dem Lamfalussy-Verfahren zu erlassenden Ausführungsrichtlinien liegen noch nicht vor. Die nachfolgende Darstellung des bestehenden Rechts muss daher noch auf die eigentlich überholte WDRL Bezug nehmen und kann noch keine gesicherte Aussage ___________ 1 2

3

Vgl. §§ 5 Abs. 1 Satz 1 KWG a. F., 3 Abs. 1 WpHG a. F. Vgl. dazu auch schon den Schluss des vorangegangen Kapitels sowie Weber/Nägele, ZfgK 1998, 753 ff. („babylonische Begriffsverwirrung“); Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 81 („schwerlich zu überbietende Kompliziertheit“, „Beaufsichtigungsschisma“); Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 100 („Zweifelhaft ist grundsätzlich, ob diese funktionale Aufspaltung … zweckmäßig ist“) und S. 101 („wird insbesondere kleinere Institute und ausländische Unternehmen … belasten“). Zur Kritik an der Aufsplitterung des Aufsichtssystems auch Hopt/Baum, in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 333 ff., 367 ff., 449 ff.; a. A. aber Kurth, WM 1998, 1715 f. Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.4.2002, BGBl. I 1310, zuletzt geändert durch Art. 4a des Gesetzes vom 15.12.2004, BGBl. I 3416. Die Aufsicht über die Börsen fällt in die Zuständigkeit der Länder und ist daher weiterhin separat geregelt, vgl. die anschauliche Darstellung bei Dreyling, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 3 Rdn. 10 ff.

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Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG

darüber treffen, welchen Anpassungsbedarf die MiFID im deutschen Aufsichtsrecht auslösen wird.

II. Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG auf die Vermögensverwaltung 1. Überblick Erbringt ein Unternehmen Bankgeschäfte und/oder Finanzdienstleistungen, bedarf es nach § 32 Abs. 1 KWG einer Zulassung. Anknüpfungspunkt für die Zulassungspflicht ist damit der konkrete Tätigkeitsbereich. Maßgebend ist dabei nicht die Perspektive des Leistungserbringers, sondern wie sich die angebotene Leistung aus Sicht eines Kunden darstellt4. In Bezug auf die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ist daher zu prüfen, ob sie ein Bankgeschäft oder eine Finanzdienstleistung i. S. d. § 1 KWG darstellt. Die Unterscheidung zwischen Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 KWG) und Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a KWG) ist von grundlegender Bedeutung, weil an die Bankgeschäfte erbringenden Kreditinstitute wesentlich höhere aufsichtsrechtliche Anforderungen gestellt werden als an Institute, die lediglich Finanzdienstleistungen anbieten. Grund für diese Unterscheidung ist der Umstand, dass die Kunden den Kreditinstituten zumeist Einlagen und Wertpapiere anvertrauen und damit ein wesentlich höheres Substanzerhaltungsrisiko eingehen als Kunden von Finanzdienstleistungsinstituten, die sich überwiegend „nur“ beraten lassen und damit das von den Folgen her zumeist geringere Risiko einer Schlechtberatung tragen5. Das Gesetz geht deshalb von einem Stufenverhältnis aus, das sich auch in der aufsichtsrechtlichen Erfassung der Vermögensverwaltung widerspiegelt. Das KWG erfasst die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum als Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG). Diese Regelung ist jedoch nur dann einschlägig, wenn es sich bei dem Unternehmen nicht um ein Kreditinstitut handelt (so ausdrücklich § 1 Abs. 1a Satz 1 a. E. KWG). Anders formuliert bedeutet dies, dass die Tatbestände des Abs. 1a subsidiär zu denen des Abs. 1 sind6. Um die Vermögensverwaltung in diesen Regelungsrahmen einordnen zu können, ist deshalb zu prüfen, wann sie als Bankgeschäft (dazu unter 2.) und wann als Finanzdienstleistung (dazu unter 3.) zu qualifizieren ___________ 4 5 6

VG Berlin, WM 2005, 503 ff. Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288, 2289. Statt vieler Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 117.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

ist und welche Besonderheiten die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung aufwirft (dazu unter 4.).

2. Vermögensverwalter als Kreditinstitut (§ 1 Abs. 1 KWG) a) Allgemeine Merkmale eines Kreditinstituts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KWG) Das Kreditwesengesetz versteht unter einem Kreditinstitut ein Unternehmen, das einzelne der in Satz 2 der Vorschrift aufgeführten Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb erfordert7. Dabei kennt das deutsche Recht keinen einheitlichen Unternehmensbegriff, sondern misst ihm je nach Rechtsgebiet einen anderen Bedeutungsgehalt bei. Selbst innerhalb des Kreditwesengesetzes werden dem Begriff unterschiedliche Inhalte zugeordnet. Der hier maßgebliche § 1 Abs. 1 KWG stellt auf die Institution des Unternehmens ab, meint also einen auf Dauer angelegten, durch einen allgemeinen Plan organisierten Geschäftsbetrieb8. Die vorausgesetzte Gewerbsmäßigkeit liegt bei dauerhaften, selbstständigen, planmäßigen und außengerichteten (marktorientierten) Tätigkeiten vor, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt werden9. An der Dauerhaftigkeit fehlt es, wenn nur sporadisch einzelne Geschäfte getätigt werden. Eine Gewinnerzielungsabsicht lässt sich dann nicht feststellen, wenn die Geschäfte unentgeltlich vorgenommen werden. Hierauf wird im Zusammenhang mit Investmentclubs zurückzukommen sein10. Fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit, kann eine Vermögensverwaltung gleichwohl die allgemeinen Merkmale eines Bankgeschäfts verwirklichen, wenn die Geschäfte einen Umfang annehmen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlich macht. Dessen Vorliegen bemisst sich nach Art und Umfang der ausgeführten Geschäfte und ist für jeden Geschäftstyp von Bankgeschäften gesondert zu bestimmen. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist bei diesem Tatbestandsmerkmal nicht vorausgesetzt11. Als Schwellenwerte für das Einlagengeschäft hat die BaFin die Annahme von 25 Einlagen oder von (noch nicht zurückgezahlten) Einlagen im ___________ 7 Sofern das Unternehmen nicht einen der Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 1 KWG verwirklicht. 8 Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 25; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 13 f. 9 RGZ 66, 48, 51 f.; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 17 f.; da das Merkmal deckungsgleich mit dem in § 2 Abs. 4 WpHG verwendeten Begriff ist, s. a. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 87. 10 S. u. S. 582 ff. 11 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 19.

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Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG

Gesamtvolumen von 25.000 DM festgelegt12. Die Grenze von 25.000 DM darf überschritten werden, wenn weniger als sechs Einzeleinlagen angenomen würden. Ein gewerbsmäßiges Depotgeschäft liegt vor, wenn fünf Depots angenommen wurden oder mindestens 25 einzelne Wertpapiere verwahrt werden. Angesichts des mit der 6. KWG-Novelle neu aufgenommenen Tatbestandsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit13 dürfte es in der Praxis nur noch selten auf die Frage ankommen, ob die „Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs“ besteht, da im Zweifel immer die Gewerbsmäßigkeit vorliegt14. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Bankgeschäfts ist das Betreiben eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG genannten Geschäftsarten. Das Tatbestandsmerkmal des „Betreibens“ von Bankgeschäften kann neben den Tatbestandsmerkmalen des „Unternehmens“, der „Gewerbsmäßigkeit“ und der „Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs“ Bedeutung erlangen. Das „Betreiben“ setzt die Absicht voraus, Bankgeschäfte in gleicher Weise zu wiederholen. Um die Absicht zu belegen, bedarf es nicht einer ununterbrochenen Kette von Bankgeschäften, sondern auch bei bloß gelegentlicher Ausführung reicht ein – Dritten erkennbarer – Wille zur Wiederholung aus15. Betreibt ein Unternehmen Bankgeschäfte und Nichtbankgeschäfte, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 KWG allein auf die Bankgeschäfte abzustellen. Es kommt nicht darauf an, dass die Bankgeschäfte die Nichtbankgeschäfte überwiegen16. b) Vermögensverwaltung als Bankgeschäft § 1 Abs. 1 KWG enthält in seinem Satz 2 eine abschließende Aufzählung der Bankgeschäfte17, in der die Vermögensverwaltung nicht ausdrücklich er-

___________ 12 Vgl. die entsprechende Auflistung der Schwellenwerte bei Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 21, der zugleich davon ausgeht, dass die DM-Beträge heute „hälftig in Euro gelten“ dürften. 13 Die Neuregelung dient dem Ziel einer weiteren Austrocknung des Grauen Kapitalmarkts, vgl. Mielk, WM 1998, 2200, 2202. 14 Ebenso die Einschätzung von Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 17. 15 Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 32; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 24. 16 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 28. 17 Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 10, 16; Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 5; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 27; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 59; a. A. Brunner, Vermögensverwaltung, S. 80 Fn. 5.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

wähnt ist18. Dieser Umstand allein rechtfertigt noch nicht den Schluss, die Vermögensverwaltung stelle kein Bankgeschäft dar. Denn es kommt nicht auf die Bezeichnung der Geschäftsarten an, sondern auf die tatsächlich ausgeführten Geschäfte, d. h. die wirtschaftlichen Vorgänge, da dem Kreditwesengesetz eine funktionale Betrachtungsweise zugrunde liegt. Deshalb ist zu prüfen, ob die Verwaltung eines fremden Geld- und Wertpapiervermögens mit Entscheidungsspielraum die Kennzeichen eines der ausdrücklich genannten Geschäftsarten verwirklicht. Maßgebend sind dabei die jeweils konkret angebotenen Leistungen des Unternehmens. Da die Vermögensverwaltung sich auf die Verwaltung und ggf. Entgegennahme von Kundengeldern und -wertpapieren bezieht, kommen als Bankgeschäfte das Einlagengeschäft (Nr. 1), das Finanzkommissionsgeschäft (Nr. 4), das Depotgeschäft (Nr. 5) und das Investmentgeschäft (Nr. 6) in Betracht. c) Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) Unter Einlagengeschäft ist die Annahme fremder Gelder als Einlagen zu verstehen. Mit der 6. KWG-Novelle wurde zusätzlich die Annahme anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums als Auffangtatbestand eingeführt, um bestimmte Geschäfte des Grauen Kapitalmarkts einer Aufsicht zu unterstellen und das Publikum zu schützen. (1) Begriff der Einlage Das Kreditwesengesetz definiert den Begriff der Einlage nicht19. Die Abgrenzung der Einlagengeschäfte von anderen Dienstleistungen lässt sich daher nur funktional im Wege einer Gesamtbetrachtung aller für die Investition maßgeblichen Umstände unter Berücksichtigung der bankwirtschaft___________ 18 Die Vermögensverwaltung wurde historisch nicht als Bankgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 4 HGB a. F. und § 1 KWG a. F., sondern als bloße Banknebentätigkeit begriffen, vgl. Orth, Vermögensverwaltung, S. 287; Brüggemann, in: Großkomm. HGB4, § 1 Rdn. 89; Roll, Vermögensverwaltung, S. 75; Schönle, Bank- und Börsenrecht, Vor § 6 = S. 59, § 20 IV 1 = S. 291; Schwaiger, Vermögensverwaltung, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, Sp. 1893. Glogowski, Neue Finanzdienstleistungen, S. 193 ff., ordnet die Vermögensverwaltung als „Nebenleistung“ ein. Bezeichnend ist auch die Tatsache, dass Ehrenberg, in: Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. 2, S. 38, unter dem Begriff der Vermögensverwaltung noch das Depotgeschäft versteht. 19 Der im KWG verwendete Einlagenbegriff ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff des § 1 Abs. 2 EsAeG, der eine eigenständige, dem Zweck der Einlagensicherung dienende Definition der Einlage enthält, vgl. Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 59.

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lichen Verkehrsauffassung vornehmen20. Dabei greifen die BaFin und die Rechtsprechung auf eine Reihe typischer Kennzeichen zurück21, die eine Einlage ausmachen. Die BaFin geht von einer weiten Auslegung des Einlagenbegriffs aus, um einen möglichst großen Schutz des Publikums zu erreichen. So liegt eine Einlage vor, wenn ein Unternehmen laufend Bargelder oder Buchgelder von einer Vielzahl von Personen entgegennimmt, die selbst keine Kreditinstitute sind. Ziel dieser Annahme muss eine unregelmäßige Verwahrung, ein Darlehen u. ä. sein, also die jederzeitige Rückzahlbarkeit (nach Fälligkeit) voraussetzen. Um hierbei eine objektive, für die Aufsichtsbehörde nachvollziehbare Abgrenzung zum Kreditgeschäft (auf Seiten des Geldgebers) zu ermöglichen, ist weiterhin erforderlich, dass die Entgegennahme der Gelder ohne schriftlichen Kreditvertrag und ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten erfolgt. Vor dem Hintergrund dieser Kriterien wurde die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als Einlagengeschäft eingeordnet22, auch wenn die meisten Autoren ihre Ansicht nicht im Detail begründeten. Es kam ihnen allein darauf an, dass der Vermögensverwalter fremde Gelder entgegennahm und in eigenem Namen anlegte. Dabei ging man davon aus, dass eine Einlage ihren Charakter auch nicht dadurch ändert, dass das Unternehmen die eingenommenen Beträge zum Erwerb von Wertpapieren verwendet23. Für den Einlagenbegriff galt es als unmaßgeblich, welchen Zweck der Kunde mit seiner Einzahlung verfolgte. Eine grundlegende Neubestimmung des Einlagenbegriffs erfolgte im Zuge des Falls der BMW-Namensschuldverschreibungen. Die vorstehend genannte, vom damaligen BAKred entwickelte Definition hatte den Wortlaut der Norm unberücksichtigt gelassen, wonach die Annahme von Geldern „als Einlagen“ erfolgen und der Entgegennahme damit eine bestimmte Funktion ___________ 20 Zuletzt VG Berlin, DB 1999, 1377, 1378 mit zust. Anm. Zundel, EWiR 1999, 1071 f. sowie Demgensky/Erm, WM 2001, 1445, 1450. 21 Zum Folgenden BVerwGE 69, 120, 126 = WM 1984, 1364 ff.; BGHZ 90, 310, 313 ff.; 129, 90 ff. = WM 1995, 874 ff.; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 32 ff.; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 17 ff.; Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 7. 22 Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 18; Kienle, in: BankrechtsHandbuch1, § 111 Rdn. 6; Miebach, DB 1991, 2069, 2070 f.; Schäfer, in: Schwintowski/ Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 23; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 11 m. w. N.; Balzer, in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 45 Rdn. 8; a. A. aber Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 20 IV 1 = S. 291; Reischauer/ Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 14 (Lfg. 2/87); Roll, Vermögensverwaltung, S. 74 f.; offen Brunner, Vermögensverwaltung, S. 80 f. 23 Ausdrücklich Pröhl, KWG, § 1 S. 12.

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zukommen muss. Hierauf wies erstmals Canaris hin24. Seiner Auffassung schloss sich das Bundesverwaltungsgericht an und stellte fest, dass die Annahme fremder Gelder auf Seiten des Unternehmens „als Einlage“, d. h. mit der Absicht erfolgen müsse, die Mittel für eigene Zwecke – also zur Finanzierung seines Aktivgeschäfts – zu verwenden25. Betreibe das Unternehmen kein Aktivgeschäft, müsse sich der Ertrag für die eingenommenen Gelder aus den Erträgen der übrigen Tätigkeit des Unternehmens ergeben. Legt man dieses Kriterium zugrunde, fehlt bei der Wertpapiervermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells eine solche Zielsetzung, da die Gelder ausschließlich zugunsten des Kunden verwendet werden, indem der Vermögensverwalter sie im Interesse des Kunden möglichst ertragreich in Wertpapieren anlegt und vermehrt26. Es fehlt gerade an der funktionalen Verknüpfung von Einlagengeschäft und Aktivgeschäft27. Der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts schlossen sich der Bundesgerichtshof 28 und mehrere Instanzgerichte29 an. Der Bundesgerichtshof grenzte – über die vom Bundesverwaltungsgericht herausgearbeiteten Kriterien hinaus – den Einlagenbegriff noch weiter ein. Er stellte auf den mit dem Einlagenbegriff verfolgten Schutzzweck ab, wonach das breite Publikum vor Verlusten seiner Mittel zu bewahren sei. Die Einlagen annehmenden Institute genössen einen Vertrauensschutz, dessen Erhalt mit § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ebenfalls bezweckt sei. Dieser Schutzzweck greife jedoch von vornherein nicht bei Geschäften ein, die der Spekulation oder Gewinnerzielung durch risikobehaftete Kapitalanlagen dienten30. Ob der Bundesgerichtshof mit dieser Aussage allerdings den Schutzzweck der Norm zutreffend umschrieben hat, erscheint sehr fraglich, da der Kunde oft gar nicht erken___________ 24 Canaris, BB 1978, 227 ff. 25 BVerwGE 69, 120, 126 = WM 1984, 1364, 1367 f. („BMW-Namensschuldverschreibungen“). Kritisch dazu Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 7. 26 BGHZ 129, 90, 96 = WM 1995, 874, 875; a. A. Wallat, NJW 1995, 3236, 3237. 27 Einen vergleichbaren Standpunkt nimmt die Schweiz ein, vgl. den Beschluss der Eidgenössischen Bankenkommission vom 23.4.1979, Bulletin der Eidgenössischen Bankenkommission Heft 4 (1979), S. 15 ff., http://www.ebk.admin.ch/f/publik/bulletin/ bull4.pdf (abgerufen am 21.4.2001). 28 BGHZ 129, 90, 94 ff. = WM 1995, 874, 875, mit im Ergebnis zust. Anm. von Blaschzcok, WuB I L 1 § 3 KWG 1.95; sehr kritisch dagegen Wallat, NJW 1995, 3236 f. 29 Ausführlich etwa die Erwägungen des VG Berlin, WM 1986, 879, 882 mit zust. Anm. v. Heymann, WuB I L 1. § 1 KWG 1.86 und mit Anm. Wagner BB 1986, 967. S. a. OVG Berlin, WM 1984, 865, 867 (summarische Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz). Kritisch zur funktionalen Verknüpfung von Passiv- und Aktivgeschäft aber VG Berlin, DB 1999, 1377, 1379 mit Anm. Zundel, EWiR 1999, 1071 f. 30 BGHZ 129, 90, 96 f. = WM 1995, 874, 876.

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nen kann, wann seine Anlage ein höheres Substanzverlustrisiko mit sich bringt und wann nicht. Zudem würden dann auch alle kurz vor dem Scheitern stehenden Banken vom Einlagenbegriff ausgenommen werden müssen, die sich überhaupt nur noch über hochriskante und damit spekulative Geschäfte i. S. d. Definition des Bundesgerichtshofs finanzieren können. Damit unterlägen nur noch solide Institute der staatlichen Aufsicht31. Eine solche Betrachtung läuft erkennbar dem Zweck des § 1 KWG zuwider. Ein Teil des Schrifttums zur Vermögensverwaltung übernahm die von der Rechtsprechung entwickelte engere Definition der Einlage und ging davon aus, dass die treuhänderische Vermögensverwaltung deshalb nicht dem Einlagenbegriff unterfalle32. Die überwiegende Auffassung hielt dagegen an der vom damaligen BAKred entwickelten gegenteiligen Auffassung fest33; bisweilen wurde das Vorliegen eines Einlagengeschäfts selbst für Fälle behauptet, in denen nicht Buch- oder Bargeld, sondern sonstige Vermögenswerte, wie etwa Wertpapiere, treuhänderisch auf den Vermögensverwalter übertragen wurden34. Die Frage, wie treuhänderische Geschäfte einzuordnen seien, gewann erneut Brisanz, als die ersten Fälle treuhänderischer Bauherrenmodelle in das Regelungswerk des KWG eingeordnet werden mussten. Entgegen der anfänglichen Praxis des damaligen BAKred zu dieser Frage nahmen die Gerichte und später auch maßgebliche Kommentatoren an, dass eine Gestaltung, bei der ein Treuhänder fremde Gelder zwar entgegennahm, sie aber unmittelbar danach auf ein Treuhandkonto bei einem Kreditinstitut weiterleitete, nicht als „Annahme fremder Gelder“ gelten könne, soweit das Unternehmen selbst mit diesen Geldern nicht wirtschafte, sondern die Erträge dem Kunden zugute kämen35. Diese Einordnung traf auch auf die Vermögensver___________ 31 Zutreffend ist deshalb die Kritik von Wallat, NJW 1995, 3236, 3237; Blaschzcok, WuB I L 1 § 3 KWG 1.95 a. E. 32 So etwa noch Nirk, KWG11, S. 30. Im Ergebnis stimmt auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 3.14, dieser Rechtsprechung zu, äußert sich aber nicht speziell zur Vermögensverwaltung. 33 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 60 f.; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 18; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 6; Miebach, DB 1991, 2069, 2070 f.; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 23; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 11 m. w. N.; ders., ZBB 2000, 150, 151; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 39. 34 Etwa Balzer, Vermögensverwaltung, S. 60 f.; Claussen, Bank- und Börsenrecht3, § 6 Rdn. 43b; missverständlich auch Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 111 Rdn. 6. 35 BGHZ 125, 366, 380 f. = WM 1994, 896, 900; OVG Berlin, WM 1984, 865, 867 (summarische Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz); Reischauer/Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 14 (Lfg. 2/87); Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 5 (die allerdings darauf

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waltung im Treuhandmodell zu, da der Vermögensverwalter die Gelder für Rechnung der Kunden in Wertpapieren anlegt. Von dieser Entwicklung nahm das genannte Schrifttum zur Vermögensverwaltung jedoch keine Notiz. (2) Annahme anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums Der Gesetzgeber hat mit der 6. KWG-Novelle den Anlegerschutz im Bereich der Einlagengeschäfte um den Auffangtatbestand der Annahme anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums erweitert. Die angenommenen Gelder müssen jederzeit rückzahlbar sein, d. h. der Anspruch muss unbedingt sein36. Mit dem Tatbestandsmerkmal „des Publikums“ werden Gelder verbundener Unternehmen aus dem Einlagengeschäft ausgeschlossen. Ausdrücklich ausgenommen hat der Gesetzgeber nun auch Beträge, für die Order- oder Inhaberschuldverschreibungen gewährt werden37. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber – ausweislich der Materialien – klargestellt, dass der mit einem Geschäft einseitig verfolgte Zweck oder die übereinstimmende Zielsetzung der Parteien unmaßgeblich ist38. Das von der Rechtsprechung eingeführte Kriterium, wonach es beim Einlagenbegriff auf den vom Unternehmen mit dem angenommenen Geld verfolgten Zweck ankomme, ist damit faktisch überholt, da der neue Auffangtatbestand der „anderen rückzahlbaren Gelder“ in derartigen Fällen eingreift. Die Neuregelung lässt allerdings das zweite vom Bundesgerichtshof angewendete Kriterium zur Eingrenzung des Einlagengeschäfts, nämlich die Einbeziehung des Schutzzwecks der Norm, unberührt. Da dieses Kriterium jedoch ohnehin schon sehr vage formuliert war und zu dem oben beschriebenen kuriosen Ergebnis führte, dass besonders unsolide Institute aus der Beaufsichtigung fallen könnten, dürfte sich diese Rechtsprechung ohnehin nicht aufrecht erhalten lassen.

___________ hinweisen, dass in diesem Fall zu prüfen sei, ob der Vermögensverwalter Zweigstelle des Instituts ist). Die Vertreter dieser Ansicht sind heute durch § 34a WpHG bestätigt, der der Umsetzung des Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstriche 2 und 3 WDRL diente (jetzt Art. 13 Abs. 7 und 8 MiFID), dazu unten auf S. 558 f. 36 Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 74. 37 Diese Frage war lange Zeit streitig, vgl. BVerwGE 69, 120 ff. = WM 1984, 1364 ff. („BMW-Namensschuldverschreibungen“); Canaris, BB 1978, 227 ff. 38 BR-Drucks. 963/96, S. 62; ebenso Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 38.

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(3) Konsequenzen der Neuregelung Die sich aus der Erweiterung des Einlagengeschäfts ergebenden Konsequenzen für die Einordnung der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells in den Katalog der Bankgeschäfte sind allerdings unklar. Im neueren Schrifttum finden sich zahlreiche, unterschiedlich umfangreich begründete Ansichten, die sich in drei große Gruppen unterteilen lassen: Ein Teil des Schrifttums, das die von der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung des Einlagenbegriffs begrüßt hatte und deshalb die treuhänderische Vermögensverwaltung vom Einlagenbegriff als nicht erfasst ansah, betont nun, dass mit Einfügung des Auffangtatbestands diese Rechtsauffassung überholt sei39. Andere lassen offen, ob sie die von der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung des Einlagenbegriffs gut heißen, ordnen aber die Annahme von Treuhandgeldern – und damit auch die Vermögensverwaltung im Treuhandmodell – aufgrund der Neufassung der Norm als Einlagengeschäft ein40. Denn für sie ist selbst „die Hereinnahme fremder Gelder, die im Namen des Einlegers bei Dritten platziert werden, ein Einlagengeschäft“41. Nach dieser Ansicht liegt also selbst dann ein Einlagengeschäft vor, wenn der Vermögensverwalter die Gelder für fremde Rechnung anlegt. Eine dritte Ansicht gesteht zwar zu, dass seit der gesetzlichen Neuregelung der Einlagengeschäfte die von den Parteien mit einem Geschäft verfolgte Zwecksetzung unerheblich sei, nimmt aber eine genauere Prüfung der einzelnen Elemente des Auffangtatbestands vor42. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Treuhandgeschäfte dann kein Einlagengeschäft darstellen, wenn der Rückzahlungsanspruch bedingt sei43. Bei Treuhandgeschäften fehle es an der jederzeitigen Rückzahlbarkeit, wenn die „Annahme von Kapitalien mit der ___________ 39 Nirk, KWG11, S. 30 f., der dabei allerdings nicht ausdrücklich auf die Frage zurückkommt, wie er die Vermögensverwaltung nach neuer Rechtslage einordnet. Auch in der 12. Aufl. nimmt er nicht dazu Stellung, wie die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells zu qualifizieren ist, S. 14 ff., 25. 40 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 38; Schäfer, BuB Rdn. 11/13 und 11/14. 41 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 39, 42. Seine Aussage kann zu Missverständnissen Anlass geben, denn in der Sache geht es allein um die Frage, ob die Platzierung im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kunden erfolgt; eine bloße Stellvertretung unterfällt nicht dem Einlagenbegriff. Missverständlich auch Müller, in: Schäfer/ Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 206, der im Text davon ausgeht, die Vermögensverwaltung im Treuhandmodell sei eine Annahme von Kundengeldern im eigenen Namen und für eigene Rechnung, in der Fn. 11 jedoch eine Verwaltung für fremde Rechnung annimmt. 42 Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 71. 43 Hierzu und zum folgenden Zitat Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 94. Ebenso, aber ohne Begründung Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.8; im Ergebnis auch Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch. Q 1, U 1.

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Verpflichtung [erfolge], das Kapital im Interesse des Gebers möglichst ertragreich anzulegen. Auch der bei der Bestimmung des Einlagenbegriffs zu berücksichtigende Schutzzweck … erfordert es nicht, die Anlage als Einlage anzusehen“. Diese dritte Ansicht erweist sich im Ergebnis als überzeugend, bedarf aber einer Präzisierung. Maßgebend muss die konkrete vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung der vom Unternehmen angebotenen Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells sein. Denn eine pauschale Einordnung dieser Form der Vermögensverwaltung als Einlagengeschäft ist ebenso ungenau wie es die umgekehrte pauschale Behauptung wäre, sie stelle nie ein Einlagengeschäft dar. Für die Einordnung der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells sind folgende Erwägungen maßgebend: Vom Begriff der „Einlage“ oder „anderer rückzahlbarer Gelder“ erfasst sein kann die Vermögensverwaltung nur, wenn an den Vermögensverwalter Geld übereignet wird. Die bloße Übertragung sonstiger Vermögenswerte, wie Wertpapiere, erfüllt – auch nach der Neufassung der Nr. 1 – nicht die Merkmale des Einlagengeschäfts44. Sofern Geld übereignet wird, stellt sich die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des Einlagenbegriffs vorliegen. Dienen die Gelder allein dem Erwerb von Wertpapieren für Rechnung des Kunden, finanziert das Unternehmen gerade nicht sein Aktivgeschäft. Es fehlt also an einer Hereinnahme der Gelder „als Einlage“. Legt das Unternehmen dagegen die angenommenen Kapitalien im eigenen Hause ausschließlich in Form von Spareinlagen, Termingeldern u. ä. an, ähnelt die Anlage so stark einer banküblichen Festzinsvereinbarung, dass von einer Einlage auszugehen ist. Bei einer (zur Bestimmung des Einlagenbegriffs stets zugrunde zu legenden) funktionalen Betrachtungsweise kann es auch nicht darauf ankommen, ob dem Kunden bei Beendigung der Vermögensverwaltung ein Rückzahlungsanspruch in Geld zusteht oder ob er stattdessen die „Umschreibung“ der Konten auf seinen Namen verlangen kann, was einer Überweisung und damit dem Buchgeld gleichkommt. Es handelt sich in beiden Fällen um eine jederzeitige Rückzahlbarkeit der eingelegten Gelder und damit um eine Einlage. Während das Vorliegen einer „Einlage“ damit maßgeblich von der Zweckbestimmung der Gelder abhängt, kommt es für das Vorliegen „anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums“ hierauf nicht an. Bei diesem Tatbestand ist vielmehr entscheidend, ob der Vermögensverwaltungsvertrag einen unbedingten Rückzahlungsanspruch gewährt oder nicht. Die Abwicklung des be___________ 44 So ausdrücklich Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 18 oben.

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endeten Vermögensverwaltungsvertrags kann auf zwei Wegen erfolgen: Entweder verpflichtet sich der Vermögensverwalter zur Herausgabe des Erwirtschafteten in Natur oder zur Zahlung eines entsprechenden Betrags in Geld. – Ist bei Beendigung der Vermögensverwaltung kein Geldanspruch, sondern eine Herausgabe der Vermögenswerte vereinbart, die vom Geld des Kunden erworben wurden, fehlt es schon an einem Rückzahlungsanspruch. Denn der Kunde hat, um bei dem Beispiel der Wertpapiervermögensverwaltung zu bleiben, Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere45. – Ist bei Beendigung der Vermögensverwaltung eine Auszahlung in Form eines Geldanspruchs, berechnet nach dem Markt- oder Kurswert der verwalteten Vermögensobjekte, vereinbart, steht dem Kunden ein Rückzahlungsanspruch im Sinne des Gesetzes zu. Zu prüfen ist damit, ob dieser Anspruch bedingt ist oder nicht. Dabei drängt sich ein Vergleich zur stillen Gesellschaft, zu nachrangigen Genussrechten und zu partiarischen Darlehen auf. Denn auch bei ihnen handelt es sich um rückzahlbare Gelder. Ob der Rückzahlungsanspruch allerdings unbedingt ist, hängt von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ab. Nehmen die Inhaber der stillen Beteiligung, der Genussrechte und der partiarischen Darlehen nicht nur am Gewinn, sondern auch am laufenden Verlust des Unternehmens teil (atypisch stille Beteiligung bzw. nachrangiges Genussrecht und partiarisches Darlehen), ist der Rückzahlungsanspruch bedingt und stellt damit keine Einlage oder anderes rückzahlbares Geld dar. Liegt dagegen eine typisch stille Beteiligung vor, bei der ein Mindestgewinn vereinbart ist, handelt es sich wirtschaftlich betrachtet um eine Gestaltung, die einer banküblichen Festzinsvereinbarung entspricht. Die in der Gesetzesbegründung genannten Beispiele für bedingt rückzahlbare Gelder zeigen, dass der etwas unglücklich gewählte Begriff „bedingt“ sich nicht auf die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit oder der Fälligkeit bezieht46, sondern auf das Ausmaß des mit der Kapitalüberlassung verbundenen unternehmerischen Risikos. Wird in den Vertragsbedingungen dem Anleger zugesagt, dass er das überlassene Kapital plus Zinsen nach Ende der Laufzeit/nach Kündigung zurückerhält, ist eine stille Beteiligung einer festverzins___________ 45 Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall die Parallele zur atypisch stillen Gesellschaft besteht, wenn der Vermögensverwalter nach den Anlagerichtlinien auch solche Geschäfte vornehmen darf, bei denen Verluste eintreten können (dazu sogleich). 46 So aber offenbar Loritz, ZIP 2001, 309, 313 re. Sp. oben.

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lichen Einlage vergleichbar47 und unterfällt daher der Nr. 1. Ist dagegen der Rückzahlungsanspruch seiner Höhe nach abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg, den das Unternehmen mit dem überlassenen Kapital während der Überlassungszeit erzielt, und/oder ist das Kapital im Falle der Liquidation des Unternehmens nachrangig, handelt es sich um einen bedingten Rückzahlungsanspruch, der nicht unter die Nr. 1 fällt. Es kommt damit, wie auch bei den übrigen Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG, auf eine funktionale Betrachtung an. Gegen diese in der Gesetzesbegründung vorgenommene Unterscheidung wird eingewandt, als Unterscheidungskriterium sei das mit der Kapitalüberlassung verbundene wirtschaftliche Risiko untauglich, da alle einem Unternehmen überlassenen Gelder grundsätzlich einem wirtschaftlichen Risiko unterlägen, nämlich dem der Insolvenz48. Dieser Einwand überzeugt deshalb nicht, weil es verschiedene Arten von Risiken gibt und die Gesetzesbegründung zur 6. KWG-Novelle allein auf diejenigen Risiken abstellt, die einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich sind (Vereinbarung der Verlustteilnahme bei werbenden Unternehmen sowie Vereinbarung der Nachrangigkeit im Falle der Auflösung und Liquidation des Unternehmens); die Stellungnahme bezieht sich also gerade nicht auf das Insolvenzrisiko im Allgemeinen. Denn Letzteres kann in der Tat kein Unterscheidungsmerkmal sein, da dieses Risiko gleichermaßen Einlagen bei Banken und Kapitalüberlassungen an Unternehmen anhaftet und zwar unabhängig davon, ob eine Teilnahme am Verlust vereinbart war oder nicht49. Die vom Gesetzgeber eingeführte Unterscheidung erweist sich damit als tauglicher Maßstab, um bestimmte Anlageformen einer Aufsicht zu unterwerfen50. ___________ 47 BR-Drucks. 963/96, S. 63; VG Berlin, DB 1999, 1377 ff. mit Anm. Zundel, EWiR 1999, 1071 f.; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 42; Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 18 ff.; ebenso Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 67a. 48 Loritz, ZIP 2001, 309, 313 li. Sp. unten. 49 Letztlich muss auch Loritz, ZIP 2001, 309, 314 li. Sp. oben, zugeben, dass es Gestaltungen gibt, die einer festverzinslichen Einlage gleichen. Zudem räumt er ein (a. a. O., S. 313 re. Sp. unten), dass es dem Gesetzgeber offensichtlich nicht auf Kündigungsmöglichkeiten und Fälligkeiten ankam. 50 Zu einem anderen Ergebnis kommt Loritz, ZIP 2001, 309, 313 re. Sp., der meint, die Aufsichtsbehörde verhindere zu Unrecht unternehmerische Investitionen. Er übersieht, dass durch die 6. KWG-Novelle solche Investitionen nicht verboten wurden. Nur die der Einlage ähnliche typisch stille Gesellschaft ist dergestalt „reglementiert“, dass Unternehmen, die eine solche Beteiligung entgegennehmen, bestimmten aufsichtsrechtlichen Anforderungen (Eigenkapital, geeignete Geschäftsleiter etc.) unterliegen. Eine solche Maßnahme erscheint angesichts der Missstände auf dem Grauen Kapital-

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Die Unterscheidung zwischen Kapitalüberlassungen mit und ohne Verlustteilnahme ließe sich auch auf die Vermögensverwaltung übertragen, wobei maßgeblich wäre, ob der Vermögensverwalter nach den Anlagerichtlinien auf Rechnung des Kunden auch solche Geschäfte tätigen darf, bei denen ein Verlust eintreten kann. Gegen eine solche parallele Bewertung von stillen Beteiligungen und Vermögensverwaltungen könnte man einwenden, der Gesetzgeber habe bewusst unternehmerische Beteiligungen vom Einlagenbegriff ausnehmen wollen51 und nur deshalb die atypisch stille Beteiligung nicht als Annahme anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums eingeordnet. Eine Vermögensverwaltung stelle gerade keine vom Gesetz privilegierte unternehmerische Beteiligung dar, denn der Kunde überlasse das Geld nicht unmittelbar einem Unternehmen, sondern dem gleichsam zwischengeschalteten Vermögensverwalter. Eine solche Argumentation enthält jedoch einen verdeckten Perspektivenwechsel, denn der Vermögensverwalter selbst ist ebenfalls ein Unternehmen. Es kommt daher auf die Frage an, ob die Überlassung an ihn mit der Möglichkeit einer unternehmerischen Verlustteilnahme einhergeht. Wenn sein unternehmerisches Ziel die Investition des Kapitals in Finanzinstrumenten ist und eventuell erwirtschaftete Verluste bei der Berechnung des Auszahlungsanspruchs einbezogen werden, unterscheidet sich diese Gestaltung gerade nicht von einem anderen Unternehmen, das eingenommene Gelder ebenfalls reinvestiert. Die Frage, ob der Rückzahlungsanspruch des Kunden bedingt ist, hängt also von den vereinbarten Anlagerichtlinien ab. Darf der Vermögensverwalter nach den Anlagerichtlinien auf Rechnung des Kunden auch solche Geschäfte tätigen, bei denen auch ein Verlust eintreten kann, fehlt ein unbedingter Rückzahlungsanspruch. Dies wird bei der Anlage in Wertpapieren regelmäßig der Fall sein. Zu dem gleichen Ergebnis würde man gelangen, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung der Ansicht des Bundesgerichtshofs zur Bestimmung des Schutzzwecks der Norm folgt. Da das Geschäft der Gewinnerzielung durch risikobehaftete Kapitalanlagen dient52, weiß der Kunde ___________ markt, auf die Loritz nicht eingeht, angemessen. Zudem nimmt die Aufsicht gerade keine Inhaltskontrolle von Vereinbarungen zwischen Kapitalgebern und Unternehmen vor, wie Loritz (a. a. O., S. 313 li. Sp. oben) mit seinem Vergleich zur früher vorgenommenen Inhaltskontrolle der Versicherungsbedingungen andeutet. Der Kreativität der Branche sind also keineswegs Grenzen gesetzt. 51 So in anderem Zusammenhang Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 18. 52 BGHZ 129, 90, 96 f. = WM 1995, 874, 876.

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um ein im Vergleich zu Sicht-, Termin- oder Spareinlagen erhöhtes Risiko und bedarf nicht des Schutzes, den die Nr. 1 gewährleisten soll. – Ist in den Anlagerichtlinien eine Vermögensverwaltung vereinbart, bei der die angenommenen Kapitalien ausschließlich in Form von Spareinlagen, Termingeldern u. ä. angelegt werden, die für den Kunden faktisch kein Verlustrisiko mit sich bringen, ähnelt die Anlage so stark einer banküblichen Zinsvereinbarung, dass von einem unbedingten Rückzahlungsanspruch auszugehen ist. Wie oben schon festgestellt, kann es auch nicht darauf ankommen, ob dem Kunden bei Beendigung der Vermögensverwaltung ein Rückzahlungsanspruch in Geld oder stattdessen ein Anspruch auf „Umschreibung“ der Konten auf seinen Namen zusteht, was einer Überweisung und damit dem Buchgeld gleichkommt. Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine treuhänderische Vermögensverwaltung nur selten die Voraussetzungen des Einlagengeschäfts i. S. d. Nr. 1 erfüllen wird. Sie stellt nur dann ein Einlagengeschäft dar, wenn folgende vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Der Vermögensverwalter nimmt (1) fremde Gelder (und nicht ausschließlich andere Werte) entgegen und (2) legt diese im eigenen Namen an. (3) Das aus der Kapitalanlage folgende wirtschaftliche Risiko trifft nicht den Kunden, sondern das Unternehmen, so dass die Vermögensverwaltung einer banküblichen verzinslichen Anlage vergleichbar ist. (4) Schließlich muss dem Kunden mit Vertragsbeendigung ein Rückzahlungsanspruch in Bar- oder Buchgeld zustehen. (4) Einbeziehung der ratio des § 34a WpHG Die soeben aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Nr. 1 entwickelte Auslegung wird durch eine Bestimmung außerhalb des Kreditwesengesetzes bestätigt. Der – ebenfalls mit dem Umsetzungsgesetz53 eingefügte – § 34a Abs. 1 WpHG54 verpflichtet Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Vermögenstrennung. Voraussetzung ist, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen fremde Gelder entgegennimmt und im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung verwendet. Die Gesetzesmaterialien zu § 34a WpHG ergeben, dass der Gesetzgeber dem Tatbestandsmerkmal „auf Rechnung“ eine entscheidende Bedeutung zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Norm beimisst: Er sieht nur solche Geschäfte vom Einlagenbegriff als erfasst an, bei denen der Unternehmer fremde Gelder entgegen___________ 53 S. o. S. 4 Fn. 10. 54 Er diente der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstriche 2 und 3 WDRL (jetzt Art. 13 Abs. 7 und 8 MiFID).

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nimmt und sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anlegt55. Erfolge die Entgegennahme jedoch im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, sei kein Einlagengeschäft gegeben. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Gesetzgeber bei der Definition des Einlagengeschäfts ebenfalls die Frage berücksichtigt, wen das wirtschaftliche Risiko der Anlage der Gelder trifft. Verwendet das Unternehmen die angenommenen Gelder im eigenen Namen auf eigene Rechnung, ist dieses Geschäft aus Sicht des Einlegers einer banküblichen festverzinslichen Anlage vergleichbar und stellt damit ein Einlagengeschäft dar. Im umgekehrten Fall, also bei einer Anlage auf Rechnung des Kunden, trifft diesen das wirtschaftliche Risiko, so dass es sich aufgrund der Zweckbestimmung nicht um eine Einlage und wegen der Bedingtheit nicht um andere rückzahlbare Gelder handelt. (5) Zwischenergebnis Vor dem Hintergrund der unter (3) und (4) entwickelten Kriterien ergibt sich für die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells damit folgende Einordnung. Werden Wertpapiere zur Verwaltung übereignet, stellt diese Dienstleistung kein Einlagengeschäft dar, da vom Vermögensverwalter kein Geld hereingenommen wird. Aber selbst wenn er (auch) Geld annimmt, fehlt es am Tatbestandsmerkmal der Hereinnahme „auf eigene Rechnung“, sofern den Kunden das wirtschaftliche Risiko aus der Verwaltung trifft. Damit wäre nur eine Vermögensverwaltung, die festverzinsliche Anlagen im eigenen Institut umfasst, als Einlagengeschäft anzusehen. Eine solche Konstellation findet sich in der Praxis nicht, da Kunden für derartige Anlagen regelmäßig keinen spezialisierten Vermögensverwalter benötigen werden. Die in der Praxis vorkommenden Vermögensverwaltungen in Form des Treuhandmodells sind damit nicht als Einlagengeschäft anzusehen. Unstreitig ist dagegen, dass die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells den Tatbestand des Einlagengeschäfts nicht verwirklicht, denn der Vermögensverwalter wird aufgrund der ihm eingeräumten Vollmacht in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig56. Hiervon ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 34a WpHG aus. So stellen die Materialien fest, dass die Entgegennahme fremder Gelder nicht unter den Einlagen___________ 55 Begründung des RegE zu § 34a WpHG, BR-Drucks. 963/96, S. 110; zustimmend Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288, 2290; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 206 Fn. 10, Rdn. 219 Fn. 42. 56 BGHZ 125, 366, 380 f. = WM 1994, 896, 900 mit insoweit zust. Anm. Hafke, WuB II C. § 13 GmbHG 3.94; Schäfer, BuB Rdn. 11/13 a. E.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 60; Miebach, DB 1991, 2069, 2071. Missverständlich aber Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 42; siehe dazu oben S. 553 Fn. 41.

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begriff falle, wenn das Unternehmen diese lediglich als Bote oder offener Stellvertreter weiterleite, da in diesem Fall nicht die Gefahr der Verwendung für eigene Zwecke bestehe57. (6) Testamentsvollstreckung Auch die der Vermögensverwaltung ähnliche Dauertestamentsvollstreckung58 stellt kein Einlagengeschäft dar, denn der Testamentsvollstrecker nimmt keine fremden Gelder entgegen, um sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anzulegen. Die Testamentsvollstreckung zielt vielmehr auf die Umsetzung des Willens des Erblassers. d) Finanzkommissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) Das Kreditwesengesetz umschreibt das Finanzkommissionsgeschäft59 seit der 6. KWG-Novelle als die im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung erfolgte Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten i. S. d. § 1 Abs. 11 KWG. Die gesetzliche Definition des § 1 Abs. 11 KWG geht auf Art. 1 Nrn. 4, 5 WDRL und Abschnitt B des Anhangs zur WDRL60 zurück, wurde vom deutschen Gesetzgeber aber erweitert. Das KWG verwendet den Begriff Finanzinstrumente als Oberbegriff für Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten oder Derivate. Da die Definition dieser Finanzinstrumente nicht nur für das hier im Mittelpunkt stehende Finanzkommissionsgeschäft eine maßgebliche Rolle spielt, sondern auch für die später ausführlich zu erörternde Finanzportfolioverwaltung61 und den sachlichen Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes62, wird sie im Folgenden detailliert untersucht. (1) Erfasste Wertpapiere Der Begriff der Wertpapiere ist in § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG definiert. Da das Aufsichtsrecht die Rahmenbedingungen für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute festlegt, knüpft es nicht an die Begriffsbildung des Wertpapierrechts an, sondern definiert den Wertpapierbegriff eigenständig unter Berücksichtigung der speziellen Regelungsziele des Gesetzes. Auch wenn ___________ 57 Begründung des RegE zu § 34a WpHG, BR-Drucks. 963/96, S. 110. 58 S. o. S. 23. 59 Generell zum Finanzkommissionsgeschäft Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 57 ff., 120, sowie zur alten Fassung der Nr. 4 (Effektengeschäft) Haug, in: Szagunn/ Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 40 ff.; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 27 ff. (Lfg. 2/89); Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 10. 60 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nrn. 17 und 18, Anhang I Abschnitt C MiFID. 61 S. u. S. 587 f. 62 S. u. S. 722 ff.

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dies wegen des engen sachlichen Zusammenhangs nur schwer verständlich erscheint, hat sich der Gesetzgeber sogar dazu entschieden, in § 2 Abs. 1 WpHG eine eigenständige, aber mit § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG wortgleiche Definition des Wertpapiers festzuschreiben. Zum Teil will man aus der Schaffung zweier eigenständiger Tatbestände ableiten, dass beide unabhängig voneinander interpretiert werden müssten63. Diese Auffassung übersieht, dass die Normen auf einer einheitlichen Regelung in der WDRL64 basieren und damit richtlinienkonform auszulegen sind. Auch wenn der deutsche Gesetzgeber das Organisationsrecht und die kunden- und marktbezogenen Verhaltenspflichten auf zwei aufsichtsrechtliche Gesetze verteilt hat, bleibt Deutschland verpflichtet, den in den Richtlinien definierten einheitlichen Anwendungsbereich in allen Umsetzungsgesetzen zu beachten. Nur soweit das nationale Recht bei der Definition von Wertpapieren über den Regelungsbereich der Richtlinien hinausgeht, wären demnach voneinander abweichende Definitionen im Wertpapierhandelsgesetz und Kreditwesengesetz zulässig. Der Gesetzgeber jedenfalls ging von der Identität der beiden Wertpapierdefinitionen aus65, weshalb die Ansicht, man müsse die Definition des Wertpapierbegriffs im KWG von der des WpHG unterscheiden, abzulehnen ist66. Um die notwendige Flexibilität des Aufsichtsrechts sicherzustellen, verwendet das KWG keine abstrakte Umschreibung des Wertpapiers, sondern zählt die in Frage kommenden Papiere beispielhaft auf (§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG) und dehnt diese nicht abschließende Katalogisierung auf vergleichbare, aber nicht ausdrücklich genannte Wertpapiere oder Wertrechte aus (§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 KWG). Als Wertpapiere sind in- und ausländische Aktien in jeder Form, also Inhaber- und Namensaktien sowie vinkulierte Namensaktien67, erfasst. Ausdrücklich in der Vorschrift erwähnt sind auch Zertifikate, die Aktien vertreten. Unter den ebenfalls als Wertpapiere eingeordneten Schuldverschreibungen sind beispielsweise Bundesanleihen, Schatzanweisungen, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Optionsanleihen und Asset-Backed-Securities zu verstehen. Genussrechte/-scheine kommen in aktienähnlich und obligationsähnlich ausgestalteter Form vor. Die Frage, ___________ 63 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 218, der seine Ansicht auf den Anhang zum Rundschreiben Nr. 17/99 des damaligen BAKred über die „Zuordnung der Bestände und Geschäfte der Institute zum Handelsbuch und Anlagebuch (§ 1 Abs. 12 KWG, § 2 Abs. 11 KWG)“ vom 8.12.1999, I 3 – 1119 – 3/98, stützt (abgedruckt bei Consbruch/ Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.323). 64 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nrn. 17 und 18, Anhang I Abschnitt C MiFID. 65 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 69. 66 So im Ergebnis auch Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 7. 67 Vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 12.

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ob sie im Einzelfall den Aktien oder den Schuldverschreibungen zuzuordnen sind, stellt sich nicht, da das Gesetz sie ausdrücklich als eigene Gruppe von Wertpapieren erwähnt. Schließlich unterfallen Optionsscheine in ihren verschiedenen Formen68 dem Wertpapierbegriff. Betrachtet man die genannten Wertpapiere, zeigt sich, dass ihre Fungibilität maßgebliches Abgrenzungskriterium ist69; sie müssen also vertretbar (d. h. im Rechtsverkehr nach Zahl und Betrag bestimmt, vgl. § 91 BGB) und zirkulationsfähig sein. In einem Auffangtatbestand (§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 KWG) wird der Anwendungsbereich der Vorschrift darüber hinaus auf alle anderen Wertpapiere erstreckt, die Aktien und Schuldverschreibungen vergleichbar sind. Dieser Auffangtatbestand greift damit nur ein, wenn sowohl die Vergleichbarkeit der vermittelten Rechtsstellung als auch die Fungibilität vorliegt. Der Aktie vergleichbar sind alle Papiere, die eine mitgliedschaftliche Rechtsstellung zum Inhalt haben, also etwa Zwischenscheine i. S. d. § 8 Abs. 4 AktG70, American Depository Receipts und European Depository Receipts. Dagegen stellen bloße unselbstständige Nebenrechte, wie Erneuerungsscheine, keine Wertpapiere dar, da die vermittelte Rechtsstellung nicht mit der einer Aktie vergleichbar ist. Genossenschafts- und GmbH-Anteile sowie Beteiligungen an einer Personenhandelsgesellschaft sind zwar von der Art der vermittelten Rechtsstellung einer Aktie vergleichbar, doch fehlt ihnen die notwendige Fungibilität. Als den Schuldverschreibungen vergleichbare Rechte kommen alle Finanzinnovationen in Betracht, die eine Schuldverschreibung mit den Leistungsmerkmalen anderer Finanzinstrumente kombinieren. Nicht als vergleichbare Rechte werden dagegen Rektapapiere und Legitimationspapiere, wie bürgerlich-rechtliche Anweisungen, Namensschuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen, Sparbriefe und -bücher, Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldbriefe, eingeordnet, da ihnen die notwendige Fungibilität und/oder Vertretbarkeit fehlt71. Auch Schecks und Wechsel sind keine den Schuldverschreibungen vergleichbare Rechte, weil sie wegen ihrer individuellen Ausgestaltung keine vertretbaren Papiere darstellen72. ___________ 68 Dargestellt bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 15. 69 So der RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 69, unter Verweis auf S. 100. 70 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 13, 16; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 10. 71 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 10, 14, 17; Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 40. 72 Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 40. Im Ergebnis ebenso Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 220 a. E., der dies allerdings auf fehlende Vergleichbarkeit mit Aktien oder Schuldverschreibungen stützt. Da der Wechsel jedoch eine Forderung begründet, kann dies nicht das ausschlaggebende Moment sein.

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Alle zuvor genannten Titel werden jedoch nur dann als Wertpapiere eingeordnet, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können73. Dieser Markt muss nicht staatlich organisiert oder überwacht sein, so dass der Freiverkehr oder der Telefonhandel ausreichen. Da das Gesetz nur die Eignung zum Handel an einem Markt voraussetzt, muss sich ein solcher Markt noch nicht tatsächlich gebildet haben. Der Wortlaut in § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG legt nahe, dass die Marktgängigkeit nur bei den in Nr. 2 genannten Papieren vorausgesetzt wird. Bei der Parallelvorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG bezieht sich die Marktgängigkeit dagegen auf alle Wertpapiere (Nrn. 1 und 2). Diesem Unterschied zwischen beiden Vorschriften könnte man mit dem Argument die Bedeutung absprechen, dass alle der in § 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG ausdrücklich aufgeführten Wertpapiere in Deutschland ohnehin an einem Markt gehandelt werden können74 und die Tatbestandsvoraussetzung der Marktgängigkeit damit bei den Wertpapieren nach Nr. 1 stets gegeben sei. Diese Argumentation übersieht jedoch, dass die in Nr. 1 genannten Genussscheine beliebig ausgestaltet werden können75 und ihnen daher auch die Marktgängigkeit genommen werden kann. Eine solche Lösung bietet sich etwa an, um Verflechtungen innerhalb eines Konzerns zu festigen. Der unterschiedlichen Textfassung beider Vorschriften kann damit durchaus eine sachliche Bedeutung für inländische Wertpapiere zukommen. Zudem gilt das Tatbestandsmerkmal auch für ausländische Wertpapiere. Da die entsprechenden Bestimmungen der WDRL76 alle Formen des Handels mit Finanzinstrumenten erfassen sollten, kommt der Marktgängigkeit damit eine ausschlaggebende Bedeutung zu, weshalb der Erwägungsgrund Nr. 10 der Richtlinie sie ausdrücklich für alle Wertpapiere voraussetzt. Es lässt sich damit feststellen, dass nur die Fassung in § 2 Abs. 1 WpHG richtlinienkonform ist und die drucktechnische andere Gestaltung des § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG ein Redaktionsversehen darstellt. ___________ 73 Dass dieses Kriterium zwar mit der Fungibilität zusammenhängt, mit ihr aber nicht identisch ist (so aber Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 8 und offenbar auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 10), zeigt folgende Erwägung: GmbH-Anteile sind nicht fungibel, gleichwohl gibt es für Beteiligungen an solchen Gesellschaften einen Markt. Vgl. auch die Gesetzesbegründung im RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 100, die beide Kriterien strikt trennt („weiterhin“); ebenso Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht3, Rdn. 16.17 f. 74 Von dem Umstand, dass Aktien immer marktgängig sind, scheint auch der Richtliniengeber ausgegangen zu sein, da er in Art. 1 Nr. 4 WDRL die Marktgängigkeit allein im Zusammenhang mit Schuldtiteln und mit den Aktien und Schuldverschreibungen vergleichbaren Rechten erwähnt. Art. 4 Abs. 1 Nr. 18 MiFID spricht nun ganz allgemein von „übertragbaren Wertpapieren“. 75 Einzelheiten bei Sethe, AG 1993, 293, 297 ff. 76 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nrn. 17 und 18, Anhang I Abschnitt C MiFID.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Der Wertpapierbegriff umfasst zudem Investmentanteilscheine von inländischen Kapitalanlagegesellschaften und ausländischen Investmentgesellschaften (§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 HS 2 KWG). Mit der Aufnahme der Anteilscheine in die gesetzliche Definition der Wertpapiere hat sich die zuvor streitige Frage erledigt, ob sie die notwendige Fungibilität besaßen, um als Wertpapiere zu gelten77. Der Wertpapierbegriff ist unabhängig von der Verbriefung der eingeräumten Rechtsstellung in einer Urkunde. Die Verbriefung erleichtert zwar die Umlauffähigkeit, ist aber nicht deren Voraussetzung, wie das Beispiel der Schuldbuchforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland zeigt. Auch nicht verbriefte Rechte können damit fungibel sein. In der derzeitigen Praxis werden allerdings nur solche, nicht in einer Einzelurkunde verbrieften Rechte die notwendige Fungibilität und Marktgängigkeit aufweisen, die in einer Sammel- oder Globalurkunde oder als elektronische Wertrechte erfasst sind, da nur sie den für eine Umlauffähigkeit notwendigen Erwerberschutz78 aufweisen79. Mit dem völligen Verzicht auf die Verbriefung weicht das nationale Recht geringfügig von Art. 1 Nr. 4 WDRL ab, der die Verbriefung nur im Zusammenhang mit den Schuldverschreibungen vergleichbaren Rechten erwähnt. Da die Richtlinie jedoch nur Mindestvorschriften enthält80, stand es dem deutschen Gesetzgeber frei, auf die Verbriefung ganz zu verzichten und den Anwendungsbereich des Gesetzes damit auszuweiten. (2) Erfasste Geldmarktinstrumente Mit der durch die 6. KWG-Novelle erfolgten Erweiterung fallen erstmals auch Geldmarktinstrumente in den Anwendungsbereich der Vorschrift, die der Umsetzung von Art. 1 Nr. 5 WDRL und Abschnitt B Nr. 2 des Anhangs zur WDRL dient81. Unter Geldmarktinstrumenten versteht man Forderungen, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, soweit sie ___________ 77 Verneinend Baur, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 18 Rdn. 112a; ders., Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 58, § 10 Rdn. 25, § 19 Rdn. 2b; a. A. Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 40; RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 100 („Wertpapiere sui generis“). 78 Einzelheiten bei Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 55 ff. 79 Da der Tatbestand jedoch für künftige Entwicklungen und für ausländische Wertpapiere offen sein soll, ist es auch denkbar, andere Rechte als einem Wertpapier vergleichbar anzusehen, die weder in einer Sammel- oder Globalurkunde noch als elektronisches Wertrecht erfasst sind, vgl. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 14. Enger wohl Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 11, der als unverbriefte Rechte nur die in Registern verzeichneten Wertrechte ansieht. 80 Erwägungsgrund Nr. 26 der WDRL. 81 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 19, Anhang I Abschnitt C Nr. 2 MiFID.

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Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG

nicht schon unter den Begriff des Wertpapiers fallen (s. o.). Da der Wertpapierbegriff bereits die Schuldverschreibungen und damit die mittel- und langfristigen (kapitalmarktrechtlichen) Papiere erfasst, bezieht sich der Begriff der Geldmarktinstrumente folglich nur auf Forderungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren82, wie kurzfristige Schuldscheindarlehen, Unternehmensgeldmarktpapiere, Deposit Notes, Euronotes, Finanzierungs-Fazilitäten, Finanz-Swaps und Schatzwechsel83. Die WDRL84 nennt darüber hinaus noch Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers, die jedoch in der deutschen Praxis typischerweise als Schuldverschreibungen ausgestaltet sind85. Anders als bei Wertpapieren stellt die Vorschrift nicht auf die bloße Eignung zum Handel an einem Markt ab, sondern verlangt, dass das Instrument üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt wird. Damit entspricht die Norm Art. 1 Nr. 5 WDRL. Aufgrund dieser gesetzlichen Einschränkung stellen Tages- und Termingelder sowie Sparbriefe keine Geldmarktinstrumente dar, weil sie nicht fungibel sind und sich deshalb kein entsprechender Markt für diese Instrumente gebildet hat86. Für die Praxis bringt das Kriterium der „Üblichkeit“ einige Rechtsunsicherheit mit sich. So kann ein zunächst neues und damit unübliches Geldmarktinstrument noch nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, bei zunehmender Beliebtheit aber zu einem üblichen Instrument werden. Schutz können nur klare Verlautbarungen der BaFin bieten, in denen sie ihre Einschätzung rechtzeitig kund tut, so dass die Branche Zeit hat, hierauf zu reagieren87. (3) Erfasste Devisen oder Rechnungseinheiten Auch Devisen fallen unter den Begriff der Finanzinstrumente. Ihnen gleichgestellt sind Rechnungseinheiten, die kein gesetzliches Zahlungsmittel darstellen (z. B. ECU, Sonderziehungsrechte des IWF). Der deutsche Gesetz___________ 82 Zur Unterscheidung von Geld- und Kapitalmarkt Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 1 Rdn. 3 m. w. N.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 8.164 ff.; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 28 ff. 83 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 221; Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 38 f. Eine anschauliche Beschreibung der Finanzinstrumente findet sich bei Brand/Meinecke, BB Beilage 19/1987, S. 5 ff. 84 Erwägungsgrund Nr. 9 der WDRL. 85 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 69, der auf S. 100 verweist. 86 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 100; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 23. 87 So geschehen im Anhang zum Rundschreiben Nr. 17/99 des damaligen BAKred über die „Zuordnung der Bestände und Geschäfte der Institute zum Handelsbuch und Anlagebuch (§ 1 Abs. 12 KWG, § 2 Abs. 11 KWG)“ vom 8.12.1999, I 3 – 1119 -3/98 (abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.323).

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geber ging damit über die Vorgaben der umzusetzenden WDRL hinaus, die in ihrem Anhang Abschnitt B Nrn. 5 und 688 nur Währungsswaps89 und Devisen-Optionen erfasste, nicht aber auch Devisenkassageschäfte. Da die Aufsicht über Devisenkassageschäfte mittlerweile internationalem Standard entspricht, ist das Vorgehen des deutschen Gesetzgebers zu begrüßen. (4) Erfasste Derivate Als Finanzinstrumente eingeordnet werden schließlich auch die Derivate. Sie gliedern sich in drei Untergruppen, nämlich die Festgeschäfte (Futures), die Optionsgeschäfte und eine Kombination aus diesen beiden (Swaps). Kennzeichen aller drei Arten von Derivaten ist die unmittelbare oder mittelbare Abhängigkeit des Preises von einem Basiswert. Als Basiswerte nennt das Gesetz90 den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Devisen oder Rechnungseinheiten, Zinssätzen oder anderen Erträgen, Waren und Edelmetallen. Da auch die mittelbare Abhängigkeit von einem Basiswert erfasst ist, stellen solche Geschäfte ein Finanzinstrument dar, die sich anstelle eines Wertpapiers auf einen Index beziehen. Es ist gleichgültig, ob die Derivate an einem außerbörslichen (OTC-Geschäfte) oder börslichen Markt gehandelt werden und ob sie verbrieft sind oder nicht. Unter Festgeschäften (Futures) versteht man ein beiderseits noch nicht erfülltes Geschäft, aus dem für beide Seiten Rechte und Pflichten bestehen. Beispiele sind der Terminkauf und das Pensionsgeschäft. Beim Terminkauf ist die beiderseitige Erfüllung des Geschäfts auf einen späteren Termin aufgeschoben, an dem auch der maßgebliche Preis ermittelt wird. Beim Pensionsgeschäft handelt es sich um eine Kombination von Kassakauf und auf Termin vereinbartem Rückkauf. Bei der zweiten Gruppe von Derivaten, den Optionsgeschäften, handelt es sich um Verträge, die einer Partei das einseitig auszuübende Recht (aber nicht die Pflicht) einräumen, zu oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt von der anderen Seite (dem Stillhalter) die Erfüllung des Geschäfts zu im Voraus festgelegten Konditionen zu verlangen. Bei einer Call-Option kann der Berechtigte also die Lieferung und bei einer Put-Option die Abnahme ___________ 88 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 17, Anhang I Abschnitt C Nr. 4 MiFID. 89 Die deutsche Fassung der Richtlinie spricht ungenau von Devisenswaps. Aus der englischen Fassung ergibt sich, dass Währungsswaps („Currency Swaps“) gemeint waren, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166. 90 Durch Art. 1 Nr. 2 des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (oben S. 415 Fn. 353) wurde der Tatbestand des § 2 Abs. 2 WpHG dem des § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG angeglichen.

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der Leistung fordern. Die Gegenleistung für die Einräumung der Option ist eine Prämie, die mit Abschluss des Geschäfts entrichtet wird. Bei der dritten Gruppe, den Swaps, werden Festgeschäft und Optionsgeschäft kombiniert. So wird beim Devisenswap vereinbart, dass feste Beträge verschiedener Währungen zu Beginn (Devisenkassageschäft) und zum Ende der Laufzeit (Devisentermingeschäft) zu demselben Kurs getauscht werden91. Beim Währungsswap verpflichten sich die Parteien, zu Beginn und zum Ende der Laufzeit bestimmte Beträge unterschiedlicher Währung auszutauschen; zugleich übernehmen sie die Verpflichtung zu periodischen Ausgleichszahlungen, die nach einem vereinbarten festen oder variablen Zinssatz berechnet werden92. Wirtschaftlich betrachtet tauschen sie damit aus Krediten stammende Valuta unterschiedlicher Währungen nebst den zugehörigen Zins- und Tilgungszahlungen aus93. Beim Zinsswap verpflichten sich die Parteien, zu festen Terminen Zahlungen in derselben Währung an die andere Vertragspartei zu leisten, deren Höhe sich aus einem für jede Partei unterschiedlichen Zinssatz auf einen nominellen Kapitalbetrag errechnet. So können beispielsweise ein fester und ein variabler Zins kombiniert werden. Bei einem Indexswap errechnet sich die Höhe der geschuldeten Leistung(en) nicht nach dem Kurs eines Wertpapiers oder dem Preis einer Ware, sondern nach einem für maßgeblich erklärten Index. Angesichts der Kombinationsmöglichkeiten innerhalb und zwischen den drei Untergruppen sind der Kreativität der Branche bei der Erfindung neuer Derivate kaum Grenzen gesetzt. Es macht daher durchaus Sinn, wenn die gängige Kommentarliteratur94 sich nicht auf die abstrakte Beschreibung der Untergruppen beschränkt, sondern typologisch die häufigsten Beispiele für Derivate aufzählt: Genannt werden Aktienindex-Futures, Aktienoptionen, Aktienindexoptionen, Caps, Collars, Devisenfuture- und Devisenoptionsgeschäfte und Devisenfutureoptionsgeschäfte, Edelmetall-Futures, Edelmetall-Optionen, Floors, Forward-Rate-Agreements (Terminsatzgeschäfte), Swapgeschäfte (Währungs-, Devisen-, Zins- und Indexswaps sowie ___________ 91 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 36; Jahn, in: Bankrechts-Handbuch2, § 114 Rdn. 2. 92 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166; Jahn, in: Bankrechts-Handbuch2, § 114 Rdn. 76; s. a. Schefold, in: Bankrechts-Handbuch2, § 116 Rdn. 207, zum Währungsswap neueren Typs. 93 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 39. 94 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 24 ff.; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 227; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 18 ff., sowie Plück/ Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 39 f.; RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 69 f.

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Swaptionen95 = Swaptions), Warentermingeschäfte, Zinsoptionen, Zinstermingeschäfte (Forward Rate Deposits) sowie zinsbezogene Indexfutures. Auch Kreditderivate können Finanzinstrumente darstellen, wenn sie sich auf einen in § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG aufgezählten Basiswert beziehen. Die Einbeziehung der Derivate in den Kreis der Finanzinstrumente dient der Umsetzung von Abschnitt B Nr. 3 bis 6 des Anhangs zur WDRL96. Mit der Aufnahme von Edelmetallen und Waren als Basiswerte hat der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Aufsichtsrechts über den von der WDRL vorgegebenen Rahmen hinaus ausgeweitet, um Missstände im Bereich des Warenterminhandels zu beseitigen, das Vertrauen in dieses Marktsegment zu stärken und den Aufbau der Warenterminbörse Hannover zu unterstützen97. Angesichts der im historischen Teil geschilderten Missstände und des Ziels des Umsetzungsgesetzes, die Zahl der aufsichtsrechtlich nicht regulierten Bereiche zurückzudrängen, erscheint eine Ausdehnung der Aufsicht auf den für das breite Publikum undurchschaubaren Markt für Warentermingeschäfte sinnvoll, da nun insbesondere die Pflichten der §§ 31 ff. WpHG auf diese Geschäfte Anwendung finden. (5) Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als Finanzkommissionsgeschäft Ob die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells den Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) verwirklichen kann, ist streitig98. Gegen eine Erfassung der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells könnte der Umstand sprechen, dass der Gesetzgeber die in Nr. 4 geregelten Geschäfte ausdrücklich als Finanzkommis___________ 95 Dies sind Optionen, die dem Berechtigten die Möglichkeit einräumen, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer Frist in einen mit seinen Konditionen genau definierten Swap einzutreten. 96 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 17, Anhang I Abschnitt C Nrn. 4–10 MiFID. 97 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 100. Zu beachten ist allerdings, dass Art. 1 Nr. 3 der Marktmissbrauchsrichtlinie (s. o. S. 506 Fn. 283) nun auch die Warenderivate erfasst, weshalb im Beispiel des WpHG insoweit Deckungsgleichheit mit den europarechtlichen Vorgaben besteht. 98 Für eine Anwendung der Nr. 4 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 62; ders., in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 45 Rdn. 8; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 6; Schäfer, ZBB 2000, 150, 151; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2 § 19 Rdn. 23; a. A. Kümpel, in: Bankrechts-Handbuch2, § 104 Rdn. 10; ders., Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.8, 10.15; im Ergebnis auch Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch. Q 1, U 1 (jeweils pauschal bezogen auf jede Form der Vermögensverwaltung ohne Differenzierung zwischen Treuhand- und Vertretermodell).

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sionsgeschäfte bezeichnet. Bei enger Auslegung des Tatbestands wären andere Arten von Wertpapiergeschäften davon nicht erfasst. In der einschlägigen Kommentarliteratur werden als Rechtsgrundlage des Handels, der im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung erfolgt, gewöhnlich nur die §§ 383 ff. HGB genannt99. Weiterhin ließe sich als Argument anführen, der Gesetzgeber habe die Vermögensverwaltung über lange Zeit nicht als banktypische Leistung betrachtet und sie auch heute lediglich als Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG) geregelt100. Keines dieser Argumente vermag jedoch zu überzeugen. Die Tatsache, dass die Vermögensverwaltung in § 1 Abs. 1a KWG als Finanzdienstleistung geregelt ist, kann nicht zur Basis eines argumentum e contrario gemacht werden. Denn bei Absatz 1a handelt es sich ausdrücklich um einen Auffangtatbestand, der nur eingreift, wenn kein Bankgeschäft vorliegt. Die Tatbestände des Absatz 1 sind also immer vorrangig zu prüfen. Auch der Umstand, dass das in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG erfasste Bankgeschäft in der Klammer ausdrücklich als Finanzkommissionsgeschäft bezeichnet wird, darf nicht dazu verleiten, andere Geschäfte mit Wertpapieren im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung als grundsätzlich nicht erfasst anzusehen101. Denn das Aufsichtsrecht knüpft an eigenständige Tatbestände an und stellt nicht auf zivil- oder handelsrechtliche Kategorien ab102. Zudem wird bei gesetzlichen Definitionen der in der Klammer stehende Begriff definiert und ist seinerseits gerade nicht deren Bestandteil. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Nr. 4 auf reine Kommissionsgeschäfte beschränken wollte, sind nicht ersichtlich. Denn die Geset___________ 99 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 57; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 82 (Lfg. 2/04). Als von der Norm erfasst gilt auch die Kommission mit Selbsteintritt gemäß § 400 HGB (Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 46), die aber seit der Neufassung der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken vom Januar 1995 in der Praxis keine Rolle mehr spielt (dazu oben S. 92 Text bei 226). 100 So Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.15. 101 So im Ergebnis schon Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 43; Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 10 („Die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren … wird im allgemeinen in der Form der Kommission betrieben“); Fischer, in: Fischer/Klanten, Bankrecht3, Rdn. 2.33 („in der Regel in Form des Kommissionsgeschäfts“); a. A. wohl Hammen, WuB I G 4. 7.87 (auf S. 1233 li. Sp.), der feststellt, dass es nach Nr. 4 „erforderlich ist, dass das Unternehmen die Anschaffung in der Form des Kommissionsgeschäfts vornimmt“. Ebenso Hammen, WM 2005, 813, 815 ff. (Hervorhebungen vom Verf.). 102 Dies belegt auch die sogleich erfolgende Untersuchung zur Reichweite des Depotgeschäfts nach Nr. 5, bei der es nicht auf die zivilrechtliche, sondern auf eine eigenständige aufsichtrechtliche Einordnung ankommt.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

zesbegründung zur Neufassung der Nr. 4 konzentriert sich allein auf die Erweiterung des Katalogs der erfassten Wertpapiere103. Klarheit bringt die Gesetzesbegründung jedoch an anderer Stelle. Dort wird ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Finanzkommissionsgeschäft (im eigenen Namen für fremde Rechnung), der Abschlussvermittlung (im fremden Namen für fremde Rechnung) und dem Eigenhandel (in eigenem Namen für eigene Rechnung für andere104) alle Formen des Handels von Wertpapieren erfassen wollte105. Folglich erfasst das Finanzkommissionsgeschäft sämtliche Arten der Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung. Dass der Tatbestand keineswegs auf reine Kommissionsgeschäfte im handelsrechtlichen Sinne beschränkt ist, macht auch ein Vergleich mit der Parallelvorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG deutlich. Dort findet der Begriff des Kommissionsgeschäfts im Gesetz keine Erwähnung und man ist sich deshalb einig, dass die Vorschrift nicht auf Kommissionsgeschäfte beschränkt ist106. Beide Vorschriften erfassen etwa auch das Begebungskonsortium107. Schließlich ist der Umstand einzubeziehen, dass die Regelung des Finanzkommissionsgeschäfts auf die WDRL zurückgeht und damit richtlinienkonform auszulegen ist. Der Gesetzgeber wollte mit der Nr. 4 ausdrücklich den Abschnitt A Nr. 1 lit. b des Anhangs zur WDRL108 umsetzen109, der jede Art der Ausführung von Aufträgen über Finanzinstrumente für fremde Rechnung erfasst. Da die Richtlinie einen weiten Wertpapierdienstleistungsbegriff zugrunde legt und generell alle Formen der Annahme, Übermittlung und Ausführung von Aufträgen über Wertpapiere für fremde Rechnung erfasst, kann es auf die konkrete rechtliche Einkleidung des Geschäfts nach nationalem Recht nicht ankommen. Es ist daher gleichgültig, ob die Ausführungsgeschäfte über Wertpapiere auf der Grundlage einer punktuel___________ 103 BR-Drucks. 963/96 S. 63. 104 Demgegenüber ist der Handel im eigenen Namen für eigene Rechnung (Eigengeschäft), wenn er für das Unternehmen selbst durchgeführt wird, nur als Tätigkeit eines Finanzunternehmens erfasst (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 KWG), dazu Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 58 sowie unten S. 578 Fn. 135. 105 BR-Drucks. 963/96 S. 66. Dies bezieht Dreher, ZIP 2004, 2161, 2163, in seine Argumentation nicht mit ein. 106 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 26 f.; Beck, in: Schwark, Kapitalmarktrecht3, § 2 WpHG Rdn. 22; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 45. 107 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 105; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 45. 108 Mittlerweile ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 2, Anhang I Abschnitt A Nr. 1 MiFID. 109 So ausdrücklich BR-Drucks. 963/96 S. 63.

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Grundsätzliche Anwendbarkeit des KWG

len Geschäftsbeziehung, wie der Kommission, erfolgen oder auf einem umfassenderen Dauerschuldverhältnis, wie der Vermögensverwaltung, beruhen. Gegen eine derartige Auslegung könnte man einwenden, dass die Richtlinie gerade die Vermögensverwaltung aus dem Kreis des Wertpapierhandels im engeren Sinne ausgenommen und in einem eigenständigen Tatbestand geregelt habe (Abschnitt A Nr. 3 des Anhangs zur WDRL). Deshalb müssten sämtliche Formen der Vermögensverwaltung in Absatz 1a Satz 2 Nr. 3 KWG erfasst sein. Diese Argumentation übersieht, dass es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen bleibt, im Vergleich zur Richtlinie strengere Regelungen für eine Wertpapierdienstleistung vorzusehen110 und diese beispielsweise auch als Bankgeschäft einzuordnen111. Der Gesetzgeber hat gerade den Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen auf fremde Rechnung, den er nach der WDRL als Finanzdienstleistung hätte ausgestalten können, als Bankgeschäft geregelt. Grund hierfür war der Umstand, dass der Kunde in einer besonderen Gefährdungslage ist, wenn der Finanzintermediär als Eigentümer zwischengeschaltet wird112. Wenn der Gesetzgeber aber schon das punktuelle Geschäft, bei dem der zwischengeschaltete Finanzintermediär Eigentümer der Kundenwertpapiere ist, als Bankgeschäft einordnet, muss dies erst recht für die treuhänderische Übereigung der verwalteten Werte an den Finanzintermediär gelten. Bei der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells besteht aufgrund der anderen sachenrechtlichen Zuordnung eine größere Gefährdung des Anlegers, weshalb die im deutschen Recht strengere Regelung durchaus Sinn macht. (6) Zwischenfazit Zusammengefasst lässt sich damit feststellen, dass die Verwaltung von Finanzinstrumenten in Form des Treuhandmodells den Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts erfüllt, da der Vermögensverwalter im eigenen ___________ 110 S. o. S. 488 Text bei Fn. 250 und Erwägungsgrund Nr. 25 der WDRL. Anbieter aus anderen EU- oder EWR-Staaten genießen den Vorteil des Europäischen Passes und unterliegen damit den Vorschriften des Heimatlands, das die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells durchaus als bloße Finanzdienstleistung regeln kann, so dass diese Anbieter damit auch niedrigere Eigenkapitalanforderungen erfüllen müssen (125.000 Euro statt 5 Mio. Euro). 111 Allerdings muss der Gesetzgeber diese strengeren Regeln kenntlich machen, EuGH, Slg. 2002, I-10797 Rdn. 46 (Antonio Testa und Lido Lazzeri ./. Consob) mit Anm. Balzer, EWiR 2003, 989 f. 112 Dreher, ZIP 2004, 2161, 2165.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Namen, aber für Rechnung des Kunden Finanzinstrumente anschafft oder veräußert. Die gegenüber der WDRL erweiterte Definition der Finanzinstrumente erfasst zahlreiche Produkte der Finanzindustrie, was im Hinblick auf den Anlegerschutz in diesem Marktsegment sinnvoll und notwendig erscheint. Aufgrund der Ausdehnung des Tatbestands des Finanzkommissionsgeschäfts auf alle Finanzinstrumente beschränkt sich die Aufsicht über Treuhand-Vermögensverwalter nicht mehr allein auf den Bereich der reinen Effekten-Vermögensverwaltung, wie noch vor der 6. KWG-Novelle. Vom Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts nicht erfasst sind demgegenüber Geschäfte in fremdem Namen und auf fremde Rechnung113, weshalb die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells kein Finanzkommissionsgeschäft darstellt. e) Depotgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG) Die Vermögensverwaltung könnte den Tatbestand des Depotgeschäfts erfüllen, das die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere in offenen Depots erfasst114. Mit der Verwahrung von Wertpapieren sind die in §§ 2 ff. DepotG genannten Verwahrungsarten gemeint. Sie erfordern eine körperliche Entgegennahme und Aufbewahrung der Wertpapiere. Mit Verwaltung von Wertpapieren für andere ist die Einlösung und Erneuerung von Zins- und Dividendenscheinen, Ausübung von Bezugsrechten, Wahrnehmung des Stimmrechts der Aktionäre etc. umschrieben. Die Ausübung einer dieser beiden Tätigkeiten genügt für das Eingreifen des Tatbestands der Nr. 5. Mit Depotgeschäft ist also die physische Aufbewahrung und die technische Verwaltung der Wertpapiere gemeint, nicht aber die Entscheidung über die Zusammensetzung des Depots, d. h. die wirtschaftliche Verwaltung115. Vom Depotgeschäft grundsätzlich nicht erfasst ist also die dem Vermögensverwalter eingeräumte Dispositionsbefugnis über die Zusam-

___________ 113 Ebenso Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 10; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 61 f.; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 127 Rdn. 14; ders., in: Fischer/ Klanten, Bankrecht3, Rdn. 2.33; Hammen, WuB I G 4. 7.87; Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 22; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 1 Rdn. 83 (Lfg. 2/04); im Ergebnis auch BGHZ 125, 366, 381 f. = WM 1994, 896, 900; OLG Frankfurt, WM 1987, 899. 114 Zum Depotgeschäft Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 62 ff.; Gößmann, in: Bankrechts-Handbuch2, § 72 Rdn. 1 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.83 ff.; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 17 Rdn. 1 ff. 115 Vgl. im Übrigen auch die im Rahmen der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit herausgearbeiteten Abgrenzungsmerkmale, s. o. S. 25.

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mensetzung des Kundendepots. Technische und wirtschaftliche Verwaltung fallen auseinander116. Damit fällt die Vermögensverwaltung nach dem Vertretermodell nicht unter den Begriff des Depotgeschäfts, da der Vermögensverwalter nur die wirtschaftliche Verwaltung vornimmt, die weder die körperliche Entgegennahme noch die technische Verwaltung der Wertpapiere voraussetzt117. Die Vermögensverwaltung lässt sich vielmehr über eine entsprechende Vollmacht und Weisungen an ein depotführendes Kreditinstitut umsetzen. Die Feststellung, dass technische und wirtschaftliche Verwaltung von Wertpapieren zwei verschiedene Vorgänge darstellen, die rechtlich unterschiedlich einzuordnen sind, bedeutet umgekehrt nicht, dass Vermögensverwaltung und Depotführung immer bei getrennten Instituten vorgenommen werden müssten. Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter um ein Kreditinstitut mit der Erlaubnis zum Depotgeschäft, können beide Aufgaben durchaus von demselben Institut übernommen werden. Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells kann auf zwei Arten begründet werden. Entweder nimmt der Vermögensverwalter die Papiere tatsächlich physisch entgegen oder der Kunde überträgt Wertpapiere auf ein Depot des Vermögensverwalters. Der Vermögensverwalter verfügt über die Finanzinstrumente im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung. Dieser Vorgang erfüllt – wie bereits dargelegt – das Bankgeschäft der Finanzkommission. Ob er darüber hinaus auch den Tatbestand des Depotgeschäfts mit den daran geknüpften aufsichtsrechtlichen Folgen verwirklicht, ist streitig. Eine Ansicht betrachtet das Tatbestandsmerkmal „für andere“ rein sachenrechtlich. Bei einer solchen formalen Betrachtungsweise kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Vermögensverwalter – selbst wenn er die Papiere physisch entgegennimmt – die Wertpapiere nicht für andere, sondern für sich verwalte, da er aufgrund der treuhänderischen Übereignung Eigentümer der Papiere sei118. ___________ 116 Um den Unterschied von Depotgeschäft und Vermögensverwaltung auch terminologisch deutlich zu machen, sprechen die AGB für Wertpapiergeschäfte in Nrn. 13 ff. nicht von der „Verwaltung“, sondern von „Dienstleistungen im Rahmen der Verwahrung“, vgl. Baumbach/Hopt, HGB31, (8) AGB-WPGeschäfte Nr. 13 Rdn. 1. 117 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 62; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.12, 11.83; Miebach, DB 1991, 2069, 2071; Schäfer, BuB Rdn. 11/13 a. E.; im Ergebnis auch Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch. U 1. 118 So Miebach, DB 1991, 2069, 2071; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 62; ders., in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 45 Rdn. 8; im Ergebnis auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.12, 10.15.

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Die Gegenansicht legt zu Recht eine funktionale Betrachtungsweise zugrunde und begreift das Tatbestandsmerkmal „für andere“ als gleichbedeutend mit „für fremde Rechnung“119. Dass das Kreditwesengesetz mit diesem Begriff eine wirtschaftliche Betrachtungsweise verbindet, ergibt sich zum einen aus einer systematischen Auslegung. Das Gesetz verwendet auch beim Garantiegeschäft in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG den Terminus „für andere“. Beim Garantiegeschäft ist jedoch eine sachenrechtliche Betrachtung von vornherein nicht möglich120, da Bürgschaft und Garantie nur für fremde Rechnung abgegeben werden können. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass eine sachenrechtliche Betrachtungsweise den Anlegerschutz in diesem Bereich aushöhlen würde. Depotführende Institute könnten sich, um eine Aufsicht zu vermeiden, alle Wertpapiere treuhänderisch übertragen lassen. Um diese Schutzlücke zu schließen, ist etwa auch die unregelmäßige Verwahrung als Depotgeschäft aufsichtsrechtlich erfasst121, obwohl auf sie das Depotgesetz nicht anwendbar ist (§ 15 DepotG)122. Würde man also bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „für andere“ einer rein sachenrechtlichen Betrachtungsweise folgen, wäre ein Schutz der Anleger nicht mehr gewährleistet, da ihnen nur schuldrechtliche Ansprüche zustünden, die im Falle der Insolvenz des Unternehmens oftmals wertlos sind. Daher ging auch der Gesetzgeber davon aus, dass der Vermögensverwalter stets verpflichtet sei, die verwalteten Papiere auf Kundendepots verwahren zu lassen. Andernfalls betreibe er das Depotgeschäft123. Gestützt wird dieses Ergebnis durch den neu eingefügten § 34a Abs. 2 WpHG. Danach ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, alle im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen entgegengenommenen Wertpapiere unverzüglich an ein zur Depotführung zugelassenes Institut weiterzuleiten. Der Gesetzgeber ordnet das weiterleitende Wertpapierdienstleistungsunternehmen während der Zeit der Weiterleitung als Boten und nicht als eigenständigen Verwahrer ein124. Die Vorschrift125 soll gewähr___________ 119 Schreiben des damaligen BAKred vom 6.5.1977, I 5 – 173 – 212/76; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 62 und 66; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 51 a. E.; Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch. U 1; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 6, 10; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 206. 120 Ausdrücklich Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 14 (zu Nr. 8). 121 Bähre/Schneider, KWG3, § 1 Anm. 11; Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 179; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 66. 122 Dem Anleger steht nur ein schuldrechtlicher Anspruch nach § 700 BGB zu. 123 So ausdrücklich BR-Drucks. 963/96, S. 66. 124 BR-Drucks. 963/96, S. 110 f.

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leisten, dass Anleger nicht das Eigentum an ihren Wertpapieren einbüßen und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Wertpapiere nicht ohne Zustimmung der Anleger für eigene Rechnung verwenden kann. Der als Bote handelnde Vermögensverwalter muss die Wertpapiere also in ein Kundendepot oder in ein Treuhanddepot für den Kunden bei einem zur Depotführung berechtigten Kreditinstitut weiterleiten. Tut er dies nicht unverzüglich, erfüllt er den Tatbestand der Nr. 5 und betreibt unerlaubterweise das Depotgeschäft. § 34a Abs. 2 WpHG belegt damit ein funktionales Verständnis des Depotgeschäfts, dem eine rein sachenrechtliche Betrachtungsweise zuwiderliefe. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass das Depotgeschäft auch die Verwahrung von Wertpapieren für fremde Rechnung erfasst. Daher verwirklicht ein Vermögensverwalter (zusätzlich zu dem Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts) den Tatbestand des Depotgeschäfts, wenn er sich Wertpapiere seiner Kunden übereignen lässt oder nicht nur vorübergehend verwahrt. Gleiches gilt, wenn er die Wertpapiere unter seinem Namen bei einem anderen Institut verwahren lässt und dabei die wirtschaftliche Berechtigung des Kunden verdeckt126. f) Investmentgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG) Unter Investmentgeschäft sind die in § 7 Abs. 2 InvG bezeichneten Tätigkeiten zu verstehen. Zweck des Geschäfts ist es, durch Ausgabe von Anteilscheinen Gelder zu beschaffen und sie im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Einleger nach den Grundsätzen der Risikomischung in einem Sondervermögen anzulegen. Da als Anlageobjekte u. a. Geldmarktund Wertpapiere zugelassen sind, besteht eine große Nähe von Investmentgeschäft zur Finanzportfolioverwaltung127. Soweit das Schrifttum sich überhaupt der Frage zuwendet, ob die Finanzportfolioverwaltung den Tatbestand der Nr. 6 erfüllt, wird dies zu Recht verneint. Bei der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ist dies offensichtlich, da der Vermögensverwalter kein Sondervermögen bildet, sondern fremde Wertpapiere im fremden Namen verwaltet128. Auch die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells erfüllt die Voraussetzungen des Investmentgeschäfts nicht, da der Vermögensverwalter keine ___________ 125 Sie dient der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstriche 2 und 3 WDRL (jetzt Art. 13 Abs. 7 und 8 MiFID). 126 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 126. 127 Grundlegend dazu die Ausführungen auf S. 32 ff. 128 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 63; Miebach, DB 1991, 2069, 2071; Schäfer, BuB Rdn. 11/13 a. E.

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Anteilscheine ausgibt. Zudem werden die verwalteten Vermögenswerte nicht für eine Vielzahl von Kunden nach einheitlichen Anlagegrundsätzen verwaltet, sondern an den finanziellen Verhältnissen der einzelnen Kunden ausgerichtet. Es bleibt jedem Kunden unbenommen, individuelle Anlagerichtlinien mit dem Vermögensverwalter zu vereinbaren und ggf. Einzelweisungen hinsichtlich der Anlagepolitik zu erteilen. Weder die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells noch diejenige in Form des Vertretermodells stellen daher ein Investmentgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG dar129. g) Fazit Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells stellt ein Bankgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG dar. Es ist wie folgt zu differenzieren: – Sie stellt nur in den seltenen Fällen ein Einlagengeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG dar, in denen der Vermögensverwalter fremde Gelder (und nicht ausschließlich andere Werte) entgegennimmt, diese im eigenen Namen anlegt, dem Kunden das aus der Kapitalanlage folgende wirtschaftliche Risiko abnimmt und ihm bei Vertragsbeendigung einen Rückzahlungsanspruch in Bar- oder Buchgeld verspricht. Eine solche Gestaltung ist in der gegenwärtigen Praxis der Branche nicht anzutreffen. – Sie erfüllt die Voraussetzungen des Finanzkommissionsgeschäfts, da der Vermögensverwalter Wertpapiere im eigenen Namen und für fremde Rechnung anschafft und veräußert (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG). Der Vermögensverwalter unterliegt damit der Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz, wenn die Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere gewerbsmäßig erfolgt oder in einem Umfang erbracht wird, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. – Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells kann zudem den Tatbestand des Depotgeschäfts verwirklichen, wenn der Vermögensverwalter Wertpapiere des Kunden entgegennimmt und diese nicht unverzüglich auf ein Kundendepot oder in ein Treuhanddepot für den Kunden bei einem zur Depotführung berechtigten Kreditinstitut weiterleitet. – Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells stellt kein Investmentgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG dar. Die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells erfüllt keinen der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG genannten Tatbestände und stellt deshalb kein ___________ 129 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 63; Schäfer, ZBB 2000, 150, 151; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht3, Rdn. 12.21; unklar Miebach, DB 1991, 2069, 2071.

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Bankgeschäft dar. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells die Voraussetzungen einer Finanzdienstleistung erfüllt.

3. Vermögensverwalter als Finanzdienstleistungsinstitut (§ 1 Abs. 1a KWG) a) Allgemeine Merkmale eines Finanzdienstleistungsinstituts (§ 1 Abs. 1a Satz 1 KWG) Als Finanzdienstleistungsinstitut gilt ein Unternehmen, das – ohne Kreditinstitut zu sein – einzelne der in § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG aufgeführten Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb erfordert130. Die Tatbestandsmerkmale „Unternehmen“ und „Gewerbsmäßigkeit“ entsprechen inhaltlich den allgemeinen Anforderungen, die auch an Kreditinstitute gestellt werden. Wegen der Einzelheiten kann deshalb auf die bei der Definition des Kreditinstituts gemachten Ausführungen verwiesen werden131. Fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit, kommt es auf das Vorliegen der „Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs“ an. Sie bemisst sich nach Art und Umfang der ausgeführten Geschäfte und ist für jeden Geschäftstyp von Finanzdienstleistungen gesondert zu bestimmen. Für die im Folgenden interessierende Finanzportfolioverwaltung hat das damalige BAKred festgelegt, dass mehr als drei Portfolios oder ein Gesamtvolumen von 1 Mio. DM an Finanzinstrumenten verwaltet werden müssen, um die Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs zu begründen132. Unterhalb dieser Schwellenwerte handelt es sich um erlaubnisfreie Bagatellgeschäfte. b) Überblick über die relevanten Finanzdienstleistungen Seit der vollständigen Umsetzung der WDRL mit dem Umsetzungsgesetz erfasst das Kreditwesengesetz sämtliche Formen des Handels mit Finanzinstrumenten. War zuvor allein das Finanzkommissionsgeschäft in § 1 ___________ 130 Sofern das Unternehmen nicht einen der Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 6, 10 KWG verwirklicht. 131 S. o. S. 546 f. 132 Schreiben des damaligen BAKred (ohne Datum), AZ VII – 71.50.01, abgerufen am 2.2.2001 unter http://www.bakred.de/texte/sonstige/portfol2.htm; Schreiben des damaligen BAKred vom 1.7.1998, AZ VII 4 – 71.50.01, abgerufen am 27.4.2001 unter http://www.bakred.de/texte/sonstige/portfoli.htm; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 21. Es ist davon auszugehen, dass der Beitrag hälftig in Euro umgerechnet wird.

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Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG aufsichtsrechtlich erfasst (s. o.), gilt dies aufgrund des geschilderten weiten Wertpapierdienstleistungsbegriffs der WDRL133 nun auch für die an das Finanzkommissionsgeschäft angrenzenden Tatbestände134, wie die folgende Übersicht zeigt: – Die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für fremde Rechnung stellt, wie dargelegt, ein Finanzkommissionsgeschäft und damit ein Bankgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG dar. – Die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für eigene Rechnung (z. B. Festpreisgeschäft) ist als Eigenhandel i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG und damit als Finanzdienstleistung einzuordnen, wenn sie für andere erfolgt135. Letzteres liegt vor, wenn das Institut die Wertpapiere nicht für den eigenen Bestand erwirbt bzw. aus dem eigenen Bestand veräußert, sondern durch einen zuvor angenommenen136 Effektenauftrag eines Kunden hierzu veranlasst war. Das Institut muss also die Absicht verfolgen, die Wertpapiere als Käufer oder Verkäufer zur Erfüllung eines Geschäfts mit einem Kunden zu verwenden137. – Die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen und für fremde Rechnung (offene Stellvertretung) verwirklicht den Tatbestand der Abschlussvermittlung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG oder ist Teil einer Vermögensverwaltung und damit als Finanzportfolioverwaltung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG erfasst. Beide Arten des Handels mit Finanzinstrumenten stellen nun Finanzdienstleistungen dar. ___________ 133 Art. 1 Nr. 1, Anhang Abschnitt A der WDRL = Art. 4 Abs. 1 Nr. 2, Anhang I Abschnitt A der MiFID. 134 Zum Folgenden vgl. die Begründung des RegE zu § 1 Abs. 1a KWG, BR-Drucks. 963/96, S. 66; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 58, 121. 135 Damit unterscheidet sich der „Eigenhandel für andere“ von so genannten „Eigengeschäften“, die darauf abzielen, für das eigene Institut Handelserfolge zu erzielen, ohne dass sie jedoch eine Dienstleistung für Kunden darstellen, vgl. Weber-Rey/ Baltzer, WM 1997, 2288, 2289; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 49; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 134. S. a. oben S. 570 Fn. 104. 136 Die Absicht, Wertpapiere für andere zu erwerben, allein reicht nicht aus, vgl. Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 133. 137 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 10.9. Aufgrund des damit eingeführten subjektiven Tatbestandselements kann es in der Praxis zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 KWG kommen, ebenso Mielk, WM 1998, 2200, 2203.

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c) Die Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG) Der vom Gesetzgeber neu eingeführte Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung erfasst die mit Entscheidungsspielraum und im fremden Namen und für fremde Rechnung (offene Stellvertretung) durchgeführte Verwaltung von Vermögen, das (teilweise) in Finanzinstrumenten angelegt ist. Somit ist die über lange Zeit aufsichtsrechtlich ungeregelte Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells seit der 6. KWG-Novelle einer staatlichen Aufsicht unterstellt, wenn Finanzinstrumente verwaltet werden. Von Bedeutung ist die Vorschrift nur für die bankenunabhängigen Vermögensverwalter, da Kreditinstitute, die Vermögensverwaltungen anboten, ohnehin schon wegen der erbrachten Bankgeschäfte der Aufsicht unterlagen. Mit der Neuregelung unterwarf der Gesetzgeber die in der Praxis wichtigste Form der Vermögensverwaltung den aufsichtsrechtlichen Regimes des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes138 und trocknete auf diese Weise einen Teil des Grauen Kapitalmarkts aus. Da zahlreiche Anbieter des Grauen Kapitalmarkts eine Aufsicht scheuten, daher ihre Leistungspalette abwandelten und heute nur noch erlaubnisfreie Leistungen im Grenzbereich zur Finanzportfolioverwaltung anbieten, kommt ihrer Abgrenzung zu anderen Dienstleistungen daher eine zentrale Bedeutung zu. (1) Mandat der Anleger Allein mit Hilfe des Wortlauts des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG lässt sich die Finanzportfolioverwaltung nicht von gesetzlichen Vermögensverwaltungen abgrenzen139. Zwar wird ein Teil der gesetzlich geregelten Vermögensverwaltungen aufgrund der Bereichsausnahme für freie Berufe in § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG von der Aufsicht nach dem KWG ausgenommen (z. B. als Rechtsanwälte zugelassene Insolvenzverwalter), doch erfasst die Bereichsausnahme längst nicht alle Fälle gesetzlicher Vermögensverwaltungen. Das Gesetz knüpft abstrakt an die Tätigkeit an und lässt die Frage außer Betracht, ob der Verwalter aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften tätig wird (z. B. als Vormund oder Insolvenzverwalter) oder ob zwischen dem Verwalter und seinen „Kunden“ persönliche Bande bestehen. Nähme man allein den Wortlaut der Vorschrift als Richtschnur, würden damit beispielsweise auch Geschäfte innerhalb einer Familie erfasst. Verwaltet ein Elternteil unentgeltlich und mit großem zeitlichen Aufwand beträchtliche Vermögenswerte mehrerer seiner Kinder, nimmt diese Vermögensverwaltung rasch ___________ 138 Zu beiden Gesetzen später auf S. 596 ff. und S. 717 ff. 139 Auch die Kommentarliteratur vernachlässigt diesen Aspekt, vgl. Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 125 ff.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 65 ff.

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einen Umfang ein, der eine auf Dauer angelegte planmäßige Organisation erfordert. Zwar fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit, wenn die Verwaltung unentgeltlich erfolgt, doch wird sie einen Umfang aufweisen, der nach der genannten aufsichtsrechtlichen Definition einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Die Tätigkeit wäre damit erlaubnispflichtig, sobald Teile des Vermögens in Finanzinstrumenten angelegt würden. Dieses Ergebnis widerspricht §§ 1626 Abs. 1 Satz 2, 1642, 1643 BGB, wonach die elterliche Sorge auch die Vermögenssorge für das Kind umfasst und nur in seltenen Fällen eine staatliche Kontrolle oder Mitwirkung vorgesehen ist. Ein Entzug der Vermögenssorge kommt nur unter den in § 1667 BGB genannten Voraussetzungen in Betracht. In dieser Regelung kommt die Wertung zum Ausdruck, dass der Staat sich in die Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern nur in Gefährdungsfällen einmischen darf. Im Übrigen unterscheidet die vertragliche Basis der Vermögensverwaltung diese auch von der Wirtschaftsführung im Rahmen einer ehelichen Lebensgemeinschaft140. Familienrechtlich geordnete Beziehungen (Ehegatten untereinander, Eltern-Kind-Beziehungen, Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft) sind daher vom Tatbestand der Nr. 3 auszunehmen. Gleiches gilt für sonstige gesetzlich geregelte Formen der Verwaltung fremden Vermögens (Testamentsvollstreckung, Insolvenzverwaltung etc.)141. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen einer richtlinienkonformen Auslegung, da Abschnitt A des Anhangs zur WDRL ausdrücklich nur Verwaltungen erfasst, die auf einem Mandat der Anleger beruhen. Ausgenommen bleiben also solche Verwaltungen, die auf gesetzlicher Grundlage erbracht werden. Aus diesem Grund stellt auch die Dauertestamentsvollstreckung keine Finanzportfolioverwaltung dar142, selbst wenn sie der Finanzportfolioverwaltung vom äußeren Geschehensablauf stark ähnelt. Denn die Testamentsvollstreckung ist kein Vertragsverhältnis, das primär auf die Verwaltung einzelner, in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen abzielt, sondern der Umsetzung des Willens des Erblassers dient und auf letztwilliger Verfügung und gesetzlicher Regelung basiert. (2) „Individuelle“ Verwaltung Nach dem Wortlaut des Anhangs A der WDRL muss es sich um eine individuelle Verwaltung einzelner Portfolios im Rahmen eines Mandats der Anleger mit Ermessensspielraum handeln, wobei das Portfolio ein oder mehrere Finanzinstrument(e) enthalten muss. Mit dem Merkmal der „indivi___________ 140 Ausführlich dazu S. 23 f. 141 Ausführlich dazu oben S. 23. 142 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 36.

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duellen“ Verwaltung wird die Vermögensverwaltung vom Investmentgeschäft abgegrenzt, das als kollektive Vermögensverwaltung gilt. Auch wenn sich das Tatbestandsmerkmal der Richtlinie nicht im Text von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG niedergeschlagen hat, ergeben der Wortlaut („einzelner Vermögen“) und die systematische Auslegung das Bestehen einer aufsichtsrechtlichen Unterscheidung zwischen individueller Finanzportfolioverwaltung und Investmentgeschäft. Letzteres ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG als Bankgeschäft erfasst. Da Absatz 1a subsidiär zu Absatz 1 ist, kann eine Finanzportfolioverwaltung damit nur vorliegen, wenn die Verwaltung nicht auf kollektiver Basis erfolgt. In Bezug auf die weiteren Einzelheiten der Abgrenzung beider Leistungen kann auf die Erörterungen im Zusammenhang mit der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit verwiesen werden143. Nach der Gesetzesbegründung können in den Portfolios auch Vermögen verschiedener Kunden zusammengefasst sein („standardisierte Vermögensverwaltung“)144, d. h. nach gleichen Anlagerichtlinien verwaltet werden. Diese Zusammenfassung im Rahmen des Verwaltungsvorgangs145 begründet als solche noch kein Investmentgeschäft, wie die nachfolgenden drei Abgrenzungskriterien146 zeigen: (1) Der Vermögensverwalter richtet seine Tätigkeit – wenn auch nicht mehr individuell, sondern gruppenbezogen – an den Verhältnissen seiner Kunden aus. Ihnen steht – anders als bei Investmentfonds – jederzeit die Möglichkeit einer Änderung der vereinbarten Anlagestrategie offen. In diesem Fall kann der Vermögensverwalter das Vermögen dieses Kunden zum Zwecke der Verwaltung einem anderen Musterdepot zuordnen. Sind die Wünsche des Kunden so speziell, dass dies ausscheidet, hängt das Vorgehen des Vermögensverwalters von der vertraglichen Vereinbarung ab: Er kann eine individuelle Betreuung des Kunden unter Berechnung höherer Kosten vornehmen oder die Verwaltung kündigen. (2) Die standardisierte Vermögensverwaltung unterscheidet sich vom Investmentgeschäft auch durch eine von vornherein höhere Transparenz. (3) Zudem bleiben die Werte auch in der standardisierten Vermögensverwaltung einzelnen Kunden zugeordnet, so dass kein einheitliches Sondervermögen mit den Werten aller Kunden dieser Gruppe gebildet wird. Die Ab___________ 143 Zur Abgrenzung s. o. S. 32 ff. 144 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 66. 145 Von der Gesetzesbegründung (RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 66) nicht gemeint ist die Verwahrung im depotrechtlichen Sinne, die erst im Zusammenhang mit § 34a WpHG angesprochen wird (a. a. O., S. 111). Dies verkennt Jung, BB 1998, 649, 651; zutreffend Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 269. 146 Ausführlich dazu oben S. 32 ff.

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grenzung zum Investmentgeschäft ist daher auch bei dieser Form der Finanzportfolioverwaltung ohne weiteres möglich. Zu Recht ordnet die Aufsicht das Fondspicking als Finanzportfolioverwaltung ein147, da der Vermögensverwalter kein Sondervermögen mit einheitlichen Anlagegrundsätzen bildet, sondern das Kundenvermögen anhand individuell vereinbarter Anlageziele und -richtlinien nach seinem Ermessen in verschiedenen Fonds anlegt. Er unterscheidet sich damit nicht grundlegend von einem Vermögensverwalter, der die Kundenvermögen in anderen Wertpapieren anlegt. (3) Verwaltung „für andere“ Wie bereits bei der einleitend gegebenen Definition der Vermögensverwaltung festgestellt, muss es sich um die Verwaltung wirtschaftlich fremder Vermögenswerte handeln. Denn die Verwaltung des eigenen Vermögens – unabhängig von seiner Größe oder (risikoreichen) Zusammensetzung – ist erlaubnisfrei und unterliegt keiner Aufsicht148. Bei der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells ist die wirtschaftliche Fremdheit nach außen offenkundig, denn es besteht ein Gleichlauf von wirtschaftlicher und rechtlicher Zuordnung des Vermögens, da der Vermögensverwalter bei Anlageentscheidungen nur als Vertreter des Vermögensinhabers auftritt und in dessen Namen handelt. Dem Tatbestandsmerkmal der Verwaltung „für andere“ kommt entscheidende Bedeutung bei der Frage der Erlaubnispflichtigkeit von Investmentclubs zu. Die regelmäßig als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder als nichtrechtsfähige Vereine organisierten Investmentclubs verwalten Wertpapiervermögen ihrer Mitglieder. Dabei erreichen die Geschäfte zumeist einen Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Investmentclubs rücken damit in die Nähe der Vermögensverwaltung. Zur Abgrenzung beider Tätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, wer die Anlageentscheidungen hinsichtlich des Vermögens trifft. Ist hiermit allein ein Vorstand auf Dauer beauftragt, handelt es sich – trotz der Einkleidung in die Form einer Gesellschaft oder eines Vereins – materiell um einen Fall der Finanzportfolioverwaltung. Denn der nicht weisungsgebundene Vorstand trifft auf Dauer Anlageentscheidungen auch für wirt___________ 147 Informationsblatt 1/99 des damaligen BAKred (Stand 6/1999), abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 2.03b und abgerufen am 2.2.2001 unter http://www.bakred.de/ texte/sonstige/info1_99.htm. 148 Auf die speziellen Regelungen für Vermögensverwaltungen bei Pflegschaften, Vormundschaften etc. ist an dieser Stelle nicht näher einzugehen.

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schaftlich fremde Vermögen. Verwalten die Vermögensinhaber ihr Vermögen dagegen selbst, indem sie in der Mitgliederversammlung die Anlageentscheidungen treffen oder hiermit einen kraft Satzung bestellten oder von der Mitgliederversammlung gewählten Anlageausschuss beauftragen, dem jedes Mitglied der GbR während einer bestimmten Zeit einmal angehören muss, liegt ein Fall der (Mit-)Verwaltung des eigenen Vermögens und damit keine Vermögensverwaltung vor. Zu dem gleichen Ergebnis, aber gestützt auf eine andere Begründung, kommt das damalige BAKred149. Es stellt ebenfalls maßgeblich darauf ab, wer innerhalb des Investmentclubs das Vermögen verwaltet. Eine Vermögensverwaltung liegt nach Aussage der Aufsicht nur dann vor, wenn die Geschäfte gewerbsmäßig erfolgen. Nicht gewerbsmäßig handelt das Leitungsorgan des Clubs dann, wenn es ehrenamtlich tätig wird, d. h. keine Vergütung für seine Tätigkeit erhält. Unschädlich ist die Zahlung einer reinen Aufwandsentschädigung, mit der lediglich die tatsächlich entstandenen Kosten erstattet werden. Weiterhin darf die Tätigkeit keinen Umfang erreichen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Einen solchen Umfang nimmt die Aufsicht an, wenn das Leitungsorgan mehr als drei Portfolios oder ein Gesamtvolumen von mehr als 1 Mio. DM (berechnet nach dem Kurswert der Finanzinstrumente) verwaltet150. Ist diese Grenze überschritten, kommt es darauf an, ob das Leitungsorgan eines Investmentclubs als Vermögensverwalter „mit Entscheidungsspielraum“ anzusehen ist151. Einen Entscheidungsspielraum verneint die BaFin, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich der Anlageentscheidungen von den Weisungen oder der Zustimmung eines anderen Organs abhängig ist, das die Investitionen beschließt (z. B. Mitgliederversammlung). Als ausreichend gilt es auch, wenn die Entscheidungen einstimmig durch einen Anlageausschuss getrof___________ 149 Schreiben des damaligen BAKred „Hinweise für Investmentclubs in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Hinblick auf den Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 3 KWG“, vom 28.4.1998, AZ VII 4 – 71.51 – 142/98, aufgehoben durch Schreiben des BAKred vom 2.6.1998, AZ VII 4 – 71.51 – 142/98, mit dem die engeren, im Schreiben vom 28.4.1998 unter gleichem Aktenzeichen festgelegten Grenzen aufgegeben werden. Mittlerweile ist auch dieses Schreiben ersetzt durch das Rundschreiben vom 21.9.1998 (abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.307). 150 Schreiben des BAKred (Fn. 149); zustimmend Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 88a. Es ist davon auszugehen, dass der DM-Betrag hälftig in Euro umzurechnen ist. 151 Zu der Möglichkeit der Einordnung des Geschäftsführers als Abschlussvermittler nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WpHG Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 52a sowie S. 584 Fn. 152.

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fen werden, sofern dieser aus 10 % der Mitglieder, mindestens aber drei Personen besteht, die nicht der Geschäftsführung angehören. Zudem muss eine Rotationsregelung im Gesellschaftsvertrag oder in der Vereinssatzung verankert werden, die sicherstellt, dass alle Mitglieder des Clubs innerhalb von zwei Jahren einmal Mitglied des Anlageausschusses sind152. Das Schrifttum folgt diesem Ansatz des damaligen BAKred ganz überwiegend153. Bei näherer Betrachtung erweist sich zwar das gefundene Ergebnis, nicht jedoch der Begründungsansatz des damaligen BAKred als zutreffend. Das ausschlaggebende Kriterium kann nicht der „Entscheidungsspielraum“ der Geschäftsführung der GbR sein, denn einen Entscheidungsspielraum hat auch ein Vermögensinhaber bei der Verwaltung des eigenen Vermögens. Entscheidend ist nicht, dass Anlageentscheidungen mit Ermessensspielraum getroffen werden, sondern wer sie für wen trifft. Zur Finanzdienstleistung wird ein Vorgang nämlich erst, wenn Anlageentscheidungen über fremde Vermögenswerte getroffen werden. Es muss sich um eine Verwaltung „für andere“ handeln, also um eine Anlage in fremdem Namen und für fremde Rechnung. Die „Fremdheit des Vermögens“, über das der Investmentclub entscheidet, wird ihrerseits dadurch bestimmt, ob alle Mitglieder des Clubs in die Entscheidung eingebunden sind oder nicht. Sind sie über ein Rotationssystem an den maßgeblichen Beschlüssen beteiligt, handeln alle Mitglieder – wirtschaftlich betrachtet – immer auch für das eigene Vermögen und erfüllen deshalb nicht den Tatbestand der Nr. 3. Es kommt damit auf die Deckungsgleichheit von Entscheidungsträgerschaft und Vermögensinhaberschaft an und nicht auf die Frage, ob der Vorstand des Investmentclubs mit oder ohne Entscheidungsspielraum gehandelt hat. Zur Bestimmung der Deckungsgleichheit ist eine funktionale Betrachtungsweise geboten. Für diese sind die von der Aufsichtsbehörde aufgestellten Kriterien durchaus geeignet. Abweichend von der hier entwickelten Ansicht (und auch abweichend von der Ansicht des damaligen BAKred) stellt demgegenüber ein Teil des Schrifttums154 auf eine rein sachenrechtliche Betrachtung zur Bestimmung der De___________ 152 Einschlägig sein kann auch die Abschlussvermittlung, die ebenfalls keinen Umfang erreichen darf, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Einen solchen Umfang nimmt das Amt an, wenn das Leitungsorgan mehr als 25 Einzeltransaktionen pro Monat bezogen auf einen Zeitraum von sechs Monaten vornimmt. 153 Zustimmend etwa Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 67a; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 52; wohl auch Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 218; Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 269a (allerdings noch mit teilweise unzutreffender Wiedergabe der maßgeblichen Grenzen). Abweichend Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 127 ff. (dazu sogleich). 154 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 127 ff.

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ckungsgleichheit ab. Eine Vermögensverwaltung bei Investmentclubs in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts könne schon deshalb nicht vorliegen, weil die GbR die Wertpapiere nicht für andere, sondern für sich selbst verwalte. Da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Rechtssubjekt anerkannt sei, stelle das Handeln der Geschäftsführung eine Verwaltung des eigenen Vermögens der Gesamthand dar. Dabei wird übersehen, dass § 1 Abs. 1, 1a KWG auch bei den Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen nie eine rein sachenrechtliche Betrachtungsweise zugrunde liegt. Nimmt man als Beispiel etwa das Depotgeschäft, kommt es dort nicht darauf an, ob die Wertpapiere sachenrechtlich dem Verwahrer oder dem Kunden gehören, sondern nur darauf, dass sie für Rechnung eines anderen verwahrt werden155. Legt man eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung zugrunde, ist es durchaus zulässig, die innere Ausgestaltung der GbR einzubeziehen und nicht allein auf die sachenrechtliche Betrachtung abzustellen. Auf diese Weise lässt sich auch verhindern, dass über gesellschaftsrechtliche „Scheinkonstruktionen“ der Tatbestand des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG unterlaufen wird. Für die Zwecke der Auslegung des § 1 Abs. 1a KWG ist es daher gleichgültig, ob die GbR rechtsfähig ist oder nicht156. Unzutreffend ist es auch, aus § 96 InvG den Umkehrschluss ziehen zu wollen, wonach alle übrigen Gesellschaften mit dem Ziel der Vermögensverwaltung mangels vergleichbarer gesetzlicher Regelung erlaubnisfrei betrieben werden dürften157. Überzeugender ist es, den Schluss zu ziehen, dass ohne die klarstellende Vorschrift des § 96 Abs. 1 InvG zumindest § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG oder die subsidiäre Regelung des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG eingreifen würde. Im Ergebnis lässt sich also der Investmentclub eindeutig von der Finanzportfolioverwaltung abgrenzen. Auch wenn die dazu von der Aufsicht herausgegebene Verlautbarung Schwächen in der Begründung aufweist, lassen sich die genannten Kriterien nutzen, um festzustellen, ob eine Deckungsgleichheit von Entscheidungsträgerschaft und Vermögensinhaberschaft vorliegt. (4) Verwaltung mit „Entscheidungsspielraum“ Das Tatbestandselement der Verwaltung „mit Entscheidungsspielraum“ umschreibt das typische Kennzeichen der Vermögensverwaltung, nämlich die ___________ 155 Hiervon geht auch Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 62, 66 m. w. N., aus. 156 Das damalige BAKred betont in seinem Schreiben (s.o. S. 583 Fn. 149) ebenfalls den Umstand, dass die GbR keine juristische Person sei. Dies ist bei funktionaler Betrachtungsweise irrelevant, wie oben S. 40 ff. im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Gesellschaftsrecht und Vermögensverwaltung gezeigt wurde. 157 So aber Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 131 (zu § 51 KAGG a. F.).

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Tatsache, dass der Verwalter befugt ist, ohne vorherige Rücksprache mit dem Vermögensinhaber Entscheidungen über dessen Vermögen zu treffen. Die geringfügige Abweichung des Wortlauts des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG vom Wortlaut der Nr. 3 des Abschnitts A des Anhangs zur WDRL („mit Ermessensspielraum“) ist ohne inhaltliche Bedeutung, so dass beide Begriffe synonym verwendet werden. Das Tatbestandsmerkmal grenzt die Finanzportfolioverwaltung von der bloßen Anlageberatung einerseits und der Abschlussvermittlung anderseits ab158. Bei beiden Leistungen trifft der Vermögensinhaber selbst die eigentliche Anlageentscheidung und die Aufgabe des Finanzintermediärs beschränkt sich auf die Beratung bzw. die Vermittlung im Vorfeld des Wertpapiergeschäfts. Das Bestehen eines Entscheidungsspielraums ist offensichtlich, wenn der Vermögensverwaltungsvertrag dem Vermögensverwalter „freies Ermessen“ einräumt und auf die Festlegung von Anlagerichtlinien verzichtet wurde. Aber auch bei Vereinbarung solcher Anlagerichtlinien bleibt dem Vermögensverwalter im Regelfall ein so großer Entscheidungsspielraum, dass eine Finanzportfolioverwaltung vorliegt159. Denn das Ziel der Anlagerichtlinien ist die Ausrichtung der Anlagestrategie an den Zielen des Kunden, nicht aber eine Festlegung der Tätigkeit des Vermögensverwalters bis ins letzte Detail. Mit anderen Worten: Nur wenn die Anlagerichtlinien ausnahmsweise das Ermessen des Vermögensverwalters in allen Anlageentscheidungen auf Null reduzieren, fehlt das Tatbestandsmerkmal des „Ermessensspielraums“. Dies ist etwa der Fall, wenn das Portfolio einen bestimmten Index deckungsgleich nachbilden soll160. Gegen die Annahme eines Entscheidungsspielraums spricht auch nicht der Umstand, dass der Vermögensinhaber dem Vermögensverwalter verbindliche Weisungen hinsichtlich einzelner Anlageobjekte oder einzelner Kauf-/ Verkaufsentscheidungen erteilen kann. Eine solche Möglichkeit sehen die meisten Vermögensverwaltungsverträge ausdrücklich vor. Solange sich solche Weisungen auf Einzelfälle beschränken, liegt ein ausreichender Entscheidungsspielraum des Verwalters vor161. Anders ist die Sachlage, wenn der Vermögensverwalter um Genehmigung ersuchen muss, diese aber regel___________ 158 S. etwa RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 101; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 65; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 14 f.; Beck/Samm, KWG, § 1 Rdn. 268; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 125; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 34; ders, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 6; Schlüter, Börsenhandelsrecht2, Rdn. B 352. S. a. oben S. 17 f. 159 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 66. 160 Ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 34. 161 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 66.

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mäßig stillschweigend erteilt wird. In diesem Fall liegt die Dispositionsbefugnis noch beim Vermögensinhaber, auch wenn das äußere Erscheinungsbild den Anschein einer Finanzportfolioverwaltung erweckt. (5) Vermögen „in Finanzinstrumenten“ angelegt Eine Finanzportfolioverwaltung liegt erst vor, wenn das zu verwaltende Vermögen einzelne der in § 1 Abs. 11 KWG definierten Finanzinstrumente enthält. In der Praxis kommt der Definition der Finanzinstrumente eine herausragende Bedeutung zu, da – wie bereits festgestellt – zahlreiche Anbieter des Grauen Kapitalmarkts auf nicht aufsichtsrechtlich erfasste Produkte ausgewichen sind und sich bis an die Grenze des Zulässigen an die Finanzportfolioverwaltung „heranwagen“. Auch liegt bereits eine erste Entscheidung vor, bei der die genaue Definition der Finanzinstrumente im Streit war162. Weder die WDRL noch das Kreditwesengesetz verlangen ausdrücklich einen Mindestumfang an zu verwaltenden Finanzinstrumenten, so dass – die übrigen Voraussetzungen (insbesondere die Gewerbsmäßigkeit) als gegeben unterstellt – bereits die Anschaffung eines Wertpapiers ausreicht, um den Tatbestand der Nr. 3 zu begründen. Die bloße Absicht, das zu verwaltende Vermögen in Finanzinstrumenten anzulegen, reicht nach dem eindeutigen Wortlaut der WDRL und des Kreditwesengesetzes hingegen noch nicht aus. Die bloße Einräumung einer Vollmacht über ein reines Geldvermögen begründet daher noch nicht die Finanzportfolioverwaltung, sondern ist eine bloße Vorbereitungshandlung. Überlässt ein Kunde dagegen ein Vermögen zur Verwaltung, das bereits aus Finanzinstrumenten besteht, ist mit Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags und der darin liegenden Bevollmächtigung der Tatbestand der Nr. 3 erfüllt. Die soeben entwickelte zeitliche Differenzierung hat für ohnehin schon zugelassene Finanzportfolioverwalter keine Bedeutung (sieht man einmal von den Rechtsfolgen ab, die sich aus dem Wertpapierhandelsgesetz für das Verhalten gegenüber dem neuen Kunden ergeben und die später darzustellen sind). Sie ist jedoch vor allem für Vermögensverwalter von Bedeutung, die sich auf Immobilien und andere Sachwerte spezialisiert haben und an die ein Kunde mit der Bitte herantritt, künftig einen Teil des Vermögens in Finanzinstrumente umzuschichten und diese zu verwalten. Entscheidet sich der Vermögensverwalter in einer solchen Situation, der Bitte des Kunden nachzukommen, löst bereits der Erwerb des ersten Finanzinstruments die auf___________ 162 LG Bonn, ZIP 1999, 1592 mit zust. Anm. Böhm, EWiR 2000, 231; dazu ausführlich unten auf S. 942 ff.

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sichtsrechtlichen Folgen aus. Denn mit der Absicht des Vermögensverwalters, das Vermögen des Kunden auf Dauer und gegen Entgelt zu betreuen, verwirklicht er auch die für Finanzdienstleistungen geltenden allgemeinen Tatbestandsmerkmale des Betreibens und der Gewerbsmäßigkeit. (6) Vermögen in Finanzinstrumenten „angelegt“ Der Tatbestand der Nr. 3 verwendet die Formulierung, dass das Vermögen des Kunden in Finanzinstrumenten „angelegt“ sein muss. Das Schrifttum und auch die Gesetzesbegründung messen dieser Formulierung keine besondere Bedeutung zu. Wie jedoch bereits im Zusammenhang mit der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes ausgeführt, muss die Leistung des Verwalters zum Zwecke der Kapitalanlage erfolgen. Denn nur über eine Einbeziehung der Zielsetzung des Geschäfts lässt sich die Finanzportfolioverwaltung ausreichend von anderen Geschäftsbesorgungen abgrenzen, insbesondere wenn diese einen treuhänderischen Charakter oder gar eine „Verwaltungskomponente“ aufweisen. Mit der Regelung des § 1 Abs. 1a KWG sollte der Handel von Finanzinstrumenten in all seinen Facetten aufsichtsrechtlich erfasst werden, nicht aber auch andere Formen der Geschäftsbesorgung, bei denen zufällig auch Finanzinstrumente eine Rolle spielen, wie etwa eine im Rahmen einer Schuldenverwaltung erfolgende Veräußerung von Wertpapieren durch den dazu bevollmächtigten Gläubigerpool163. Die Einbeziehung des Zwecks der Verwaltung ist auch noch aus einem anderen Grund von besonderer Bedeutung. Nur mit Hilfe des von den Parteien verfolgten Zwecks lässt sich die Finanzportfolioverwaltung ausreichend von schuld- und gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen abgrenzen164. Wie im Kapitel zur Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ausgeführt, sind auch Vermögensverwaltungen, die in Form von stillen Gesellschaften, Genussrechten oder Beteiligungen an einer KG „gesellschaftsrechtlich einge___________ 163 Bei derartigen Geschäften ist im Übrigen auch fraglich, ob die „Verwaltung“ der Wertpapiere die nötige Dauerhaftigkeit aufweist, die eine gewerbsmäßige Vermögensverwaltung voraussetzt. Jedoch haben die Beispiele der Herstatt-Bank und der Metallgesellschaft gezeigt, dass Wertpapiergeschäfte, die zur Abwicklung oder Sanierung eines Unternehmens notwendig sind, umfangreich sein können und sich manchmal über Monate hinziehen. Wird ein externer Unternehmensberater mit einer solchen Sanierung beauftragt, rückt er daher leicht in die Nähe eines Finanzportfolioverwalters. 164 Das BVerwG hat den Geschäftsführer einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Gelder ihrer Gesellschafter in Finanzinstrumenten angelegt hatte, zu Recht als Vermögensverwalter eingeordnet, BVerwG, BKR 2005, 200 ff. Dabei hat das Gericht allerdings das Tatbestandsmerkmal „angelegt“ nicht näher geprüft.

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kleidet“ werden165, aufsichtsrechtlich als Finanzportfolioverwaltung zu erfassen. Voraussetzung ist, dass der Zweck dieser Genussscheine/Gesellschaften die Kapitalanlage in Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 KWG ist und kein darüber hinausgehender unternehmerischer Zweck verfolgt wird. In solchen Konstellationen liegt – trotz der schuld- oder gesellschaftsrechtlichen Fassade – funktional betrachtet eine Verwaltung fremden Vermögens mit Entscheidungsspielraum vor. Die Frage, ob es sich um eine Finanzportfolioverwaltung handelt oder nicht, drängt sich vor allem im Zusammenhang mit stillen Beteiligungen und Sparplänen auf, die mit dem Ziel vertrieben werden, die eingenommenen Gelder für den Aufbau einer Alterssicherung der Kunden zu verwenden. Diese vor allem von der Göttinger Gruppe unter dem Namen „Securente“ vertriebene Anlageform könnte als Finanzportfolioverwaltung einzuordnen sein, wenn man allein darauf abstellen wollte, dass die „Kunden“ mit der Anlage der Gelder für ihre Alterssicherung sorgen wollen. Der Kunde erwirbt zu diesem Zweck entweder eine typisch stille Beteiligung, also eine Forderung gegen das Unternehmen, oder gar eine mitunternehmerische Stellung in Form einer atypisch stillen Beteiligung166. Trotz dieser Einkleidung würde es sich um eine Finanzportfolioverwaltung handeln, wenn der von beiden Parteien verfolgte Zweck des Geschäfts die Anlage der Gelder für den Kunden in Finanzinstrumenten wäre. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist also der Umstand, dass das die Gelder verwaltende Unternehmen eine eigenständige Organisation mit einer unternehmerischen Zielsetzung aufweist, die über die reine Kapitalanlage für die Gesellschafter hinausgeht. Verfolgt das Unternehmen, das die stillen Beteiligungen ausgibt, eigene unternehmerische Ziele, investiert es das eingenommene Geld im ___________ 165 Wird die Vermögensverwaltung in die Form einer Aktiengesellschaft gekleidet, liegt eine Investmentaktiengesellschaft vor, die nach § 96 Abs. 1 InvG, §§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 32 KWG ohnehin der Aufsicht unterliegt, so dass auf sie an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden muss. 166 Während die typische stille Beteiligung seit der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG als Einlage gilt, sind atypische Beteiligungen nicht erfasst. Hierzu und zur Abgrenzung beider Geschäftsarten s. die Nachweise oben S. 556 Fn. 47. Zur Auseinandersetzung der Göttinger Gruppe mit dem damaligen BAKred über die Frage siehe auch o. V., ZfgK 2000, 112 f. Aufgrund der Berichterstattung in der Presse über diese Kontroverse brach der Absatz der Securente ein und sie wurde vom Markt genommen, o. V., AG 2001, R 16. Mittlerweile hat der BGH, AG 2005, 390–395, entschieden, dass die Securenta AG den Anlegern unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung haftet. Aufzuklären war darüber, dass die eingezahlten Gelder nicht im angegebenen Umfang zu Investitionszwecken verwendet werden sollten. Aufzuklären war weiterhin über das Risiko, das sich aus der 1998 erfolgten Änderung des § 1 Abs. 1 KWG für das Anlagemodell ergab.

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Rahmen dieser Zielsetzung und damit unabhängig von den Anlagezielen des individuellen Kunden und dessen Weisungen/Anlagerichtlinien, handelt es sich nicht um eine Finanzportfolioverwaltung. Die Grenzziehung wird damit nur bei Unternehmen problematisch, deren tatsächlich verfolgter Unternehmenszweck darin besteht, die eingenommenen Gelder in Finanzinstrumente zu investieren. Dies träfe etwa auf eine Holding zu, die mit den aus einer Kapitalerhöhung gewonnenen Mitteln Aktien anderer Unternehmen erwirbt. Wollte man ausschließlich auf das Kriterium des von beiden Parteien mit der Geldüberlassung verfolgten Zwecks abstellen, käme man zu dem Ergebnis, dass eine Finanzportfolioverwaltung vorliegt. Damit bestünde die Gefahr, dass sämtliche konzernrechtlichen Beziehungen der Aufsicht der BaFin unterstellt würden, was nicht der Intention des Gesetzgebers entspräche. Bei der Einordnung derartiger Konstellationen kommt es daher zum einen entscheidend auf die allgemeinen Tatbestandsmerkmale einer Finanzdienstleistung, insbesondere auf die Gewerbsmäßigkeit und das Betreiben der Geschäfte, an. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 6 Nr. 5 KWG alle Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes ausgenommen, die Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen ausschließlich für Mutter- oder Schwester- und Tochterunternehmen erbringen. Mit Hilfe dieser Kriterien und den gesetzlichen Ausnahmebestimmungen werden insgesamt nur solche Konstellationen als Finanzportfolioverwaltung erfasst, bei denen ein unmittelbarer Konnex zwischen der Geldüberlassung an ein Unternehmen und der Anlage der eingenommenen Mittel in Finanzinstrumenten zum Zwecke der Kapitalanlage für die Geldgeber besteht. Da sich die Vermögensverwaltung damit gut von gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen abgrenzen lässt, bedarf es keines Rückgriffs mehr auf § 97 Abs. 1 InvG, der im Übrigen auch inhaltlich nicht überzeugend wäre. Ein Teil des Schrifttums zieht aus dieser Norm den Schluss, dass nur Investmentaktiengesellschaften eine Erlaubnis benötigten und alle übrigen Gesellschaften mit dem ausschließlichen Ziel der Vermögensverwaltung mangels vergleichbarer gesetzlicher Regelung erlaubnisfrei betrieben werden dürften167. Dieser Umkehrschluss ist schon deshalb nicht überzeugend, weil § 97 Abs. 1 InvG nur klarstellender Charakter zukommt. Ohne § 97 Abs. 1 InvG würde daher zumindest § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG oder die subsidiäre Regelung des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG eingreifen, nach denen Nichtaktiengesellschaften mit dem Ziel der Kapitalanlage zu beurteilen wären. ___________ 167 So im Zusammenhang mit Investmentclubs Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 131 (zu § 51 KAGG a. F.).

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Damit lässt sich aus § 97 Abs. 1 InvG kein Argument für die Abgrenzung von Finanzportfolioverwaltung und gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen gewinnen. Diese Ausführungen mögen an dieser Stelle ausreichen, um die Unterschiede von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und Vermögensverwaltungen aufzuzeigen. Im Übrigen kann auf die funktionale Abgrenzung beider Geschäftsarten, die im Zusammenhang mit der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit entwickelt wurde, verwiesen werden168. (7) Ausnahmen § 2 Abs. 6 Satz 1 KWG nimmt zahlreiche Gestaltungen aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes aus. Für die Finanzportfolioverwaltung bedeutend ist die Nr. 10, wonach Angehörige freier Berufe, die einer Berufskammer in Form einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts angeschlossen sind (z. B. Rechtsanwälte und Steuerberater), nicht der Aufsicht unterfallen, wenn sie die Finanzdienstleistungen nur gelegentlich im Rahmen ihrer Berufstätigkeit erbringen. Eine nur „gelegentliche“ Erbringung von Finanzdienstleistungen liegt nach Meinung der Aufsicht nur vor, wenn diese nicht gewerbsmäßig i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 1, 1. Alt. KWG erfolgt169. Zur Abgrenzung der gewerblichen von der freiberuflichen Tätigkeit zieht die BaFin die zu § 18 Abs. 1 EStG entwickelten Kriterien heran. Danach liegt eine gewerbsmäßige Tätigkeit vor, wenn sie sich wesensmäßig von der berufstypischen Tätigkeit unterscheidet. Sie muss zudem auf Dauer und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit, wird bei § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG normalerweise geprüft, ob die Finanzdienstleistungen in einem Umfang erbracht werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Hierauf kommt es bei der Prüfung der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG jedoch nach Ansicht der BaFin nicht an. Die Gewerbsmäßigkeit ist damit das einzige Kriterium zur Bestimmung der „nur gelegentlichen Erbringung von Finanzdienstleistungen“. Ein „Erbringen im Rahmen der Berufstätigkeit“ setzt einen so engen Zusammenhang zwischen der berufstypischen Leistung und der Finanzdienstleistung voraus, dass die Finanzdienstleistung als Teil der berufstypischen ___________ 168 S. o. S. 40 ff. 169 Schreiben des damaligen BAKred vom 6.4.1999 – VII 4 – 71.99.10, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.301 und abgerufen am 22.2.2001 unter http://www.bakred.de/texte/sonstige/06099.htm.

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Tätigkeit erscheint. Es kommt entscheidend auf die Gesamtumstände des Einzelfalls und darauf an, welche Tätigkeiten das einschlägige Berufsrecht jeweils dem Kernbereich berufsständiger Aufgaben zuweist. Daneben ist nach Auffassung der Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, ob die im Zusammenhang mit den Finanzdienstleistungen erzielten Einkünfte noch als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 EStG gelten. Beispiel für eine nur gelegentliche, im Rahmen der Berufstätigkeit erbrachte Finanzdienstleistung ist die Verwaltung von Vermögen durch einen Notar, der ermächtigt wird, im Zusammenhang mit von ihm verwahrten Finanzinstrumenten Finanzdienstleistungen zu erbringen. Er handelt im Rahmen seiner Berufstätigkeit, wenn diese Tätigkeiten allein dem Sicherungsinteresse der am Verwahrgeschäft Beteiligten dienen. Nicht mehr unter die Ausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG fallen nach Ansicht der BaFin die von Dritten initiierten Vertragswerke oder Gesamtkonzepte, in deren Rahmen ein Rechtsanwalt erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen erbringe. Es komme in diesem Zusammenhang nicht isoliert auf die Tätigkeit des Freiberuflers an, sondern darauf, welche Tätigkeit er im Rahmen des Gesamtkonzepts fördere. d) Fazit Die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells stellt eine Finanzdienstleistung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG dar, wenn ein Kunde aufgrund vertraglicher Vereinbarung einen Vermögensverwalter beauftragt und dieser das Vermögen des Kunden oder Teile davon nach eigenem Ermessen in Finanzinstrumenten anlegt oder umschichtet. Der Finanzportfolioverwalter unterliegt der Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz, wenn er seine Leistung gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Die Erlaubnis zum Betreiben der Finanzportfolioverwaltung berechtigt den Vermögensverwalter nicht zur Verwahrung von Wertpapieren seiner Kunden170, da dies den Tatbestand des Depotgeschäfts verwirklichen und damit ein Bankgeschäft darstellen würde. Die verwalteten Wertpapiere müssen daher bei einem zum Depotgeschäft berechtigten Kreditinstitut verwahrt werden. Deshalb setzt eine Finanzportfolioverwaltung voraus, dass dem Finanzportfolioverwalter eine Vollmacht zur Umschichtung des bei dem Kreditinstitut bestehenden Depots eingeräumt wird. ___________ 170 Zur vorübergehenden Verwahrung zum Zwecke der Weiterleitung nach § 34a Abs. 2 WpHG s. u. S. 601 f.

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4. Transnational tätige Vermögensverwalter (§§ 32, 53 ff. KWG) Der soeben geschilderte Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes bezieht sich auf inländische Institute171. Komplex gestaltet sich die Gesetzeslage im Hinblick auf die grenzüberschreitende Erbringung der Vermögensverwaltung. Diese Komplexität beruht darauf, dass der im KWG verwendete Begriff des Kreditinstituts an die traditionellen Begrifflichkeiten des deutschen Bankaufsichtsrechts anknüpft und von dem entsprechenden Begriff des Kreditinstituts in der BankenRL abweicht. Der europarechtliche Begriff setzt kumulativ die Erbringung des Einlagen- und des Kreditgeschäfts voraus, während das KWG schon beim Vorliegen einer dieser beiden Geschäftsarten von einem Kreditinstitut ausgeht. Zudem setzt die Richtlinie keine Gewerbsmäßigkeit oder einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb voraus172. a) Inlandsinstitute mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit Diese Besonderheiten erlangen für die Betätigung eines Inlandsinstituts mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit keine Bedeutung, da das Kreditwesengesetz strengere Anforderungen als die Richtlinie aufstellt, die ohne Einschränkung auch für deren Auslandsgeschäft oder Zweigstellen gelten173. Auf die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells angewendet bedeutet dies, dass auch die grenzüberschreitende Erbringung dieses Bankgeschäfts durch ein inländisches Institut als Finanzkommissionsgeschäft (oder in den genannten seltenen Fällen als Einlagengeschäft) gilt, weshalb das Institut eine Vollbanklizenz der Heimataufsichtsbehörde, also der BaFin, benötigt. Wird die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells erbracht, benötigt das Institut die Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut. b) Auslandsinstitute mit Geschäftstätigkeit im Inland Das Auseinanderfallen von nationalem und europäischem Kreditinstitutsbegriff gewinnt dagegen im umgekehrten Fall an Bedeutung, nämlich bei der Erbringung von Vermögensverwaltungen durch ausländische Institute, ___________ 171 Nicht vertieft werden kann die Kontroverse, ob Institute aus Drittstaaten, die ohne Zweigniederlassung oder Repräsentanz im Inland Kontakt zu Inländern aufnehmen, damit bereits Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen betreiben, vgl. VG Frankfurt, WM 2004, 1917 ff. (bejahend); a. A. Hess. VGH, ZIP 2005, 610 ff. 172 Vgl. Art. 1 Nr. 1 BankenRL; ebenso Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 11. 173 Dies zeigt etwa ein Blick auf § 24a KWG, der – entsprechend der Konzeption des Europäischen Passes – nur die Formalien regelt, die vor Aufnahme der Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten zu erfüllen sind, aber keinerlei Abstriche am Umfang der Heimatlandaufsicht macht.

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deren Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen im Inland tätig sind. Hier differenziert das Gesetz nach dem Herkunftsstaat und der Art der Betätigung. – Grundsätzlich gelten inländische Tochtergesellschaften von Banken aus EU/EWR-Staaten und aus Drittstaaten als eigene Institute (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG) und müssen deshalb sämtliche aufsichtsrechtlichen Anforderungen des Kreditwesengesetzes erfüllen174, die an ein Inlandsinstitut gestellt werden. – Rechtlich unselbstständige inländische Zweigstellen von Instituten aus Drittstaaten (§ 53 Abs. 1 und 2 KWG) müssen die gleichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben beachten wie inländische Institute, wobei allerdings § 53 Abs. 2 KWG zahlreiche Sonderregelungen trifft. Ausgenommen hiervon sind bloße Repräsentanzen, also Unternehmen, die lediglich im Bereich der Kontaktpflege, Werbung, Anbahnung und Vermittlung von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen tätig werden. Für sie gilt die Sonderregelung des § 53a KWG. Diese allgemeinen aufsichtsrechtlichen Regeln für den Auslandsbezug werden durch besondere Bestimmungen für Institute aus Mitgliedstaaten der EU und des EWR überlagert. – Erbringt ein Institut aus einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR Leistungen im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistung oder errichtet es hierzu eine unselbstständige Zweigstelle, findet die Privilegierung der BankenRL Anwendung. Um dem Rechnung zu tragen, definiert das Kreditwesengesetz in § 1 Abs. 3d Satz 1 den Begriff des Einlagenkreditinstituts175, der deckungsgleich mit dem der BankenRL ist. Solchen Einlagenkreditinstituten kommt bei der Erbringung ihrer Leistungen der Europäische Pass zugute; sie können nach Einhaltung des in § 53b Abs. 2 und 2a KWG geregelten vereinfachten Anmeldeverfahrens eine Zweigstelle errichten bzw. ihre Leistungen im Inland erbringen. Dabei unterliegen sie gemäß § 53b Abs. 3 KWG bestimmten nationalen aufsichtsrechtlichen Vorgaben, die entweder auf der Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien beruhen oder aus Gründen des Allgemeininteresses angeordnet sind176. ___________ 174 Marwede, in: Boos u. a., KWG2, § 53 Rdn. 2. 175 Zu den an diesen Begriff geknüpften Folgen Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 192 ff. 176 Einzelheiten bei Marwede, in: Boos u. a., KWG2, § 53b Rdn. 44 ff.

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– Eine parallele Regelung trifft das Aufsichtsrecht für die Wertpapierhandelsunternehmen. Diese in § 1 Abs. 3d Satz 2 KWG definierten Institute sind keine Einlagenkreditinstitute und betreiben das Finanzkommissionsoder das Emissions- und Konsortialgeschäft oder sind als Anlage- oder Abschlussvermittler, Eigenhändler oder Finanzportfolioverwalter tätig. Ausgenommen hiervon sind Institute, deren Geschäfte sich auf Devisen, Rechnungseinheiten oder Derivate beschränken, deren Preis mittel- oder unmittelbar vom Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen abhängt. Die Wertpapierhandelsunternehmen genießen ebenfalls die Vorteile des Europäischen Passes für die grenzüberschreitende Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und die Errichtung von Zweigstellen nach § 53b KWG. Die Verschachtelung der beiden unterschiedlichen Aufsichtskonzepte für inländische Institute und solche aus den Staaten der EU und des EWR hat die vielfach beklagte Unübersichtlichkeit des Kreditwesengesetzes noch erhöht.

5. Fazit Für Vermögensverwalter enthält das deutsche Recht teilweise strengere Regelungen als die WDRL/MiFID, da es die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als Bankgeschäft einordnet und diese Vermögensverwalter damit den für Kreditinstitute geltenden aufsichtsrechtlichen Regelungen unterwirft. Zudem geht der Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes deshalb über die von der WDRL vorgegebenen Standards hinaus, weil der Begriff der Finanzinstrumente auf Devisenkassageschäfte sowie Edelmetall- und Warentermingeschäfte ausgedehnt wurde. Da die Zahl der Missstände beim Vertrieb solcher Produkte in den letzten Jahren stark zugenommen hat, ist diese Ausdehnung sinnvoll. Sie erscheint vor dem Hintergrund des Ziels einer möglichst weitgehenden Einbeziehung des Grauen Kapitalmarkts in die Aufsicht nur konsequent. Die Abweichung des nationalen Rechts von den Vorgaben der Richtlinie im Bereich der Vermögensverwaltung bringt eine Besonderheit mit sich. Der in der WDRL erwähnten Kategorie der „Finanzportfolioverwalter mit der Befugnis, sich Besitz oder Eigentum an den Wertpapieren ihrer Kunden zu verschaffen“, kommt im deutschen Recht nur eine geringe praktische Bedeutung zu. Denn solche Verwalter sind in den allermeisten Fällen177 automatisch Kreditinstitute, weil sie das Depotgeschäft betreiben. Hierauf wird bei der folgenden Erörte___________ 177 Zu den Ausnahmen der vorübergehenden Annahme von Kundenvermögen zur Weiterleitung an ein Kreditinstitut s. u. S. 601 f.

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rung der Zulassungsvoraussetzungen für die Institute nochmals zurückzukommen sein.

III. Die institutionelle Aufsicht nach dem KWG 1. Überblick Die Aufnahme der Tätigkeit eines Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituts, also einzelner oder aller Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen, bedarf der schriftlichen Zulassung durch die BaFin (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG). Werden die Geschäfte ohne Zulassung betrieben, kann die BaFin – unabhängig von den strafrechtlichen Konsequenzen nach § 54 KWG – die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die Abwicklung der Geschäfte verlangen (§ 37 KWG)178. Die gesetzliche Regelung ist als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet (§ 33 Abs. 1, 4 KWG). Dies bedeutet, dass die BaFin die Zulassung zu erteilen hat, wenn bei der antragstellenden natürlichen oder juristischen Person keiner der absoluten gesetzlichen Versagungsgründe nach § 33 Abs. 1 Satz 1 KWG vorliegt, das antragstellende Institut also die im Gesetz festgelegten finanziellen und organisatorischen Mindestanforderungen erfüllt. Daneben sieht das Gesetz relative Versagungsgründe in § 33 Abs. 3 KWG vor, deren Anwendung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht. Eine Einschränkung der Berufs- und Gewerbefreiheit durch das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist verfassungsrechtlich zulässig, sofern die objektiven und subjektiven Zulassungsvoraussetzungen aus Gründen des Gemeinwohls geboten sind. Diese Voraussetzung liegt in Bezug auf die Aufsicht über Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute unstreitig vor179. Demgegenüber wäre es verfassungswidrig, die Zulassung von der Feststellung eines Bedürfnisses für ein weiteres Institut abhängig zu machen. Die in den 50er Jahren noch vorgenommene Bedürfnisprüfung ist deshalb vom Bundesverwaltungsgericht für unzulässig erklärt worden und würde auch nicht mehr mit der später erlassenen 1. BKRL in Einklang stehen180. Um das Vorliegen der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen überprüfen zu können, obliegt es dem Antragsteller, die in § 32 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 ___________ 178 § 54 KWG ist nach Ansicht des OLG Celle, BKR 2005, 65, zudem Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Gleiches hat der BGH, WM 2005, 1217, in Bezug auf § 32 KWG entschieden. 179 Statt vieler Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 128 Rdn. 1 m. w. N.; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 5 m. w. N. 180 BVerwG, NJW 1959, 590, 592 sowie oben S. 432 Fn. 17 m. w. N.

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KWG genannten Unterlagen einzureichen. Er unterliegt im laufenden Geschäftsbetrieb den umfangreichen Meldepflichten nach § 24 KWG und der §§ 1 ff. AnzV. Die Einzelheiten der Antragstellung und der Genehmigung sind für die vorliegende Arbeit wenig aufschlussreich und werden daher nicht vertieft. Für die Untersuchung bedeutsam sind allein die einzelnen Versagungsgründe, aus denen sich die einzuhaltenden Mindestanforderungen ergeben. Diese Anforderungen sind nicht nur bei der Errichtung des Instituts, sondern auch für seinen laufenden Geschäftsbetrieb verbindlich181. Deshalb kann eine einmal erteilte Erlaubnis gemäß § 35 Abs. 2 KWG widerrufen werden, wenn die gesetzlichen Mindestanforderungen nachträglich entfallen oder das Institut nachhaltig gegen Aufsichtsrecht verstoßen hat. Die Überwachung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen ist im Hinblick auf den Individualschutz und Funktionenschutz von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus sieht § 35 Abs. 1 KWG ein Erlöschen der Erlaubnis kraft Gesetzes vor, wenn von einer einmal erteilten Erlaubnis nicht innerhalb eines Jahres Gebrauch gemacht wurde. Dies beruht auf der Erwägung, dass sich mit zunehmendem Zeitablauf die tatsächlichen Voraussetzungen, die der Erlaubniserteilung zugrunde lagen, ändern können. Eine „Erlaubniserteilung auf Vorrat“ würde deshalb eine Aushöhlung des mit der Zulassung verfolgten Anlegerschutzes bedeuten. Weiterhin erlischt die Erlaubnis, wenn das Institut aus der Einlagensicherungs- oder Anlegerentschädigungseinrichtung ausgeschlossen wurde (§§ 35 Abs. 1 Satz 2 KWG, 11 EsAeG) und deshalb der Schutz der Kunden im Insolvenzfalle nicht mehr besteht. Auf diesen Erlöschensgrund wird im Detail einzugehen sein (unter IV.), da der gesetzlich vorgesehene Schutzumfang der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung maßgeblichen Einfluss auf das Substanzerhaltungsrisiko der Anleger hat. Zunächst stehen aber die Zulassungsvoraussetzungen und die Anforderungen an den laufenden Betrieb des Instituts im Mittelpunkt. Sämtliche der im Folgenden untersuchten Vorgaben des Kreditwesengesetzes setzen eine in der Praxis auch wirksam ausgeübte Kontrolle durch die BaFin voraus. Diese wiederum hängt von ihrer Personalausstattung sowie der Ausstattung, Schulung und Motivation der Mitarbeiter ab. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Rahmen dieser Arbeit als gegeben unterstellt werden, da an dieser Stelle keine umfangreiche empirische Untersuchung geleistet werden kann. ___________ 181 Im Folgenden wird nicht auf die Übergangsregelungen für bestehende Institute eingegangen, die aus verfassungsrechtlichen Gründen hinsichtlich bestimmter Zulassungserfordernisse Bestandsschutz genießen (vgl. §§ 64a ff. KWG).

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2. Kapitalausstattung bei der Erstzulassung a) Überblick Die Untersuchung, welche Kapitalausstattung ein Vermögensverwalter benötigt, erfordert es, sich zunächst Klarheit darüber zu verschaffen, welche Funktionen Eigenkapital erfüllen kann und soll. Um beispielsweise ein als Kapitalgesellschaft verfasstes Institut errichten zu können, wird zunächst das gesellschaftsrechtlich vorgeschriebene Mindestkapital benötigt (Errichtungsfunktion des Eigenkapitals). Das eingezahlte Eigenkapital dient der Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs (Finanzierungsfunktion) sowie als Risikopolster, um Verluste aus dem Geschäftsbetrieb aufzufangen und Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung zu stehen (Haftungs- und Garantiefunktion). Eine solide Kapitalbasis schafft darüber hinaus für die Gläubiger eine Vertrauensbasis (Vertrauensfunktion). Weiterhin kommt dem von den einzelnen Gesellschaftern anteilig eingezahlten Eigenkapital die Funktion zu, Maßstab für die Verteilung der Gewinne und Verluste zu sein (Verteilungsfunktion). Angesichts der somit zentralen Rolle des Eigenkapitals verwundert es nicht, dass es bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten als Anknüpfungspunkt für eine Reihe von aufsichtsrechtlichen Beschränkungen dient (aufsichtsrechtliche Steuerungsfunktion). Sowohl die erstmalige Zulassung des Instituts als auch der nachfolgende Geschäftsbetrieb sind an eine ausreichende Kapitalausstattung geknüpft. b) Pflicht zur Aufbringung angemessener Mittel Die Erlaubnis zur Aufnahme der Tätigkeit des Instituts ist zu versagen, wenn es nicht über die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel verfügt (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG). Die herrschende Meinung182 versteht unter „Mitteln“ nur die banküblichen Finanzierungsmittel (Barmittel), nicht aber auch die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen organisatorischen Mittel (Personalausstattung, Räume etc.), deren Vorliegen die Aufsichtsbehörde vor Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle damit nicht prüfen konnte. Im Schrifttum war angeregt worden, der Aufsicht eine solche erweiterte Prüfungskompetenz durch eine weite Auslegung des Begriffs der „Mittel“ zu verschaffen183. Einer solchen Auslegung bedarf es nun nicht mehr, da der Gesetzgeber mittlerweile einen eigenständigen Tatbestand für eine solche Überprüfung geschaffen hat (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KWG), auf den später einzugehen sein wird. Die Nr. 1 erfasst aufgrund dieser gesetzlichen ___________ 182 Statt vieler Bähre/Schneider, KWG3, § 33 Anm. 3. 183 Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 33 Rdn. 4.

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Klarstellung damit nur die zum Geschäftsbetrieb notwendigen finanziellen Mittel. Mit Mitteln sind zudem nur Barmittel gemeint. Ausnahmsweise können jedoch auch Sachmittel berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen einer Sachgründung vorliegen und die Möglichkeit eines jederzeitigen Umtauschs der Sachmittel in Geld gewährleistet ist184. Wie der Wortlaut („insbesondere“) der Nr. 1 zeigt, sieht das Gesetz den Begriff der „zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel“ nicht als deckungsgleich mit dem für manche Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen gesetzlich festgelegten Mindestanfangskapital an. Auch verwendet die Vorschrift nicht den Begriff der angemessenen Eigenmittel i. S. d. § 10 KWG, mit dem die Kapitalausstattung für den laufenden Geschäftsbetrieb umschrieben wird. Die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel stellen vielmehr eine eigenständige Größe dar, die es im Folgenden zu bestimmen gilt. Ausgangspunkt einer Berechnung sind die in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG niedergelegten Summen des Mindestanfangskapitals, die einen gesetzlichen Mindeststandard für bestimmte Institutstypen aufstellen (dazu unter c und d). Sie sind jedoch nicht abschließend zu verstehen, so dass in die Berechnung einer angemessenen Kapitalausstattung weitere Kriterien einfließen (dazu unter e). c) Mindestanfangskapital für Kreditinstitute Für bestimmte Institutstypen schreibt § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG ein festes Mindestanfangskapital vor. Diese Bestimmungen dienen der Umsetzung von Art. 5 der BankenRL und von Art. 3 KARL. (1) Einlagenkreditinstitute Für die Errichtung eines Einlagenkreditinstituts verlangt § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d KWG ein Mindestanfangskapital in Höhe von 5 Mio. Euro185. Soll neben dem Kredit- und Einlagengeschäft noch die Vermögensverwaltung betrieben werden, bedarf es für dieses Geschäft keiner gesonderten Er___________ 184 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 25; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2485. 185 Durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 der VO EG Nr. 1103/97 vom 17.6.1997, ABl. EG Nr. L 162 vom 19.6.1997, S. 1, wurde die Rechnungseinheit ECU einem EURO gleichgesetzt. Im Bereich des deutschen Bank- und Kapitalmarktrechts wurde diese Umstellung durch Änderung des Wortlauts der entsprechenden Normen nachvollzogen und gleichzeitig auch die DM-Beträge durch in Euro umgerechnete Beträge ersetzt, vgl. Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 21.12.2000, BGBl. I 1857.

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laubnis, da sie kraft Gesetzes als erteilt gilt186. Auch bedarf es keines gesonderten Anfangskapitals für dieses Tätigkeitsfeld. Dieses ist in den 5 Mio. Euro enthalten. (2) Sonstige Kreditinstitute Bei sonstigen Kreditinstituten legt das Gesetz keine feste Mindestsumme fest, sondern macht die Festsetzung des angemessenen Anfangskapitals von den Umständen des Einzelfalles abhängig und überlässt damit der BaFin die Entwicklung einer entsprechenden Verwaltungspraxis. Erbringt ein sonstiges Kreditinstitut auch Finanzdienstleistungen, muss das Anfangskapital jedoch mindestens so hoch sein, wie es für die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a bis c KWG vorgeschrieben wäre187. Diese Mindestgrenze dürfte im Zusammenhang mit der Finanzportfolioverwaltung kaum je Bedeutung erlangen, da die BaFin für die hier interessierenden Fallgestaltungen der eingeschränkten Erlaubnis zum Betreiben bestimmter Bankgeschäfte ohnehin höhere Mindestsummen vorschreibt: Sie verlangt von Kreditinstituten ohne Einlagengeschäft ein Anfangskapital von 2,5 Mio. Euro188. Diese Summe würde also auch für einen Vermögensverwalter gelten, der die Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts beantragt. Für Kapitalanlagegesellschaften, die kraft Gesetzes Finanzportfolioverwaltungen erbringen dürfen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG), liegt das geforderte Mindestanfangskapital bei 730.000 Euro (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 HS 1 InvG). d) Mindestanfangskapital für Finanzdienstleistungsinstitute Bietet das Institut dagegen keine Bankgeschäfte an, sondern beschränkt es sich auf Finanzdienstleistungen, ist das benötigte Anfangskapital deutlich geringer. Die Beträge sind nach Risikokategorien gestaffelt. (1) Finanzportfolioverwaltung ohne Befugnis zu Eigenhandel, Eigengeschäften und Annahme von Kundenvermögen Das niedrigste Anfangskapital benötigt ein Finanzportfolioverwalter, der nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handelt und der nicht befugt ist, sich Besitz oder Eigentum an Wertpapieren seiner Kunden zu verschaffen. Er bedarf zur Errichtung seines Instituts eines Anfangskapitals von ___________ 186 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 89. 187 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 11. 188 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 30, unter Hinweis auf das Merkblatt der Bundesbank vom Sept. 1996 über die Errichtung von Kreditinstituten, ebd. unter A 32/1 sub. 2.1; unrichtig Fischer, in: Fischer/Klanten, Bankrecht3, Rdn. 2.69 (3 Mio. DM).

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50.000 Euro. Damit gewährt das Gesetz solchen Finanzportfolioverwaltern die Vergünstigung eines vergleichsweise geringen Anfangskapitals, die keinen Risiken aus eigenen Wertpapiergeschäften oder Transaktionen mit Kundenwertpapieren unterliegen. Der Gesetzgeber trägt dem Umstand Rechnung, dass das Substanzerhaltungsrisiko des Kunden durch eine Insolvenz des Finanzportfolioverwalters in diesem Fall gleich null ist, da der Konkurs des Vermögensverwalters die bei der Depotbank verwahrten Finanzinstrumente des Kunden unberührt lässt. Auch das Risiko von Veruntreuungen ist gering, da der Finanzportfolioverwalter keinen unmittelbaren Zugang zu den Finanzinstrumenten hat. Da sich der Tatbestand des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a KWG nicht ohne weiteres erschließt, sei kurz auf die beiden Tatbestandselemente eingegangen, die Voraussetzung für das niedrige Anfangskapital sind: – Der Vermögensverwalter darf nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln. Dieses Tatbestandsmerkmal meint den Eigenhandel (z. B. Festpreisgeschäft) und die Eigengeschäfte189 des Vermögensverwalters. – Die Tragweite des Tatbestandsmerkmals der fehlenden Befugnis, sich Besitz oder Eigentum an Geldern oder Wertpapieren der Kunden zu verschaffen, erschließt sich nicht auf den ersten Blick, da der Gesetzgeber der 6. KWG-Novelle auch in diesem Zusammenhang wieder eine recht verschachtelte Regelung schuf. (1) Bei der Entgegennahme von Wertpapieren der Kunden lassen sich folgende Gestaltungen unterscheiden: Nimmt der Vermögensverwalter die Kundenpapiere für eine gewisse Dauer entgegen, bedarf er einer Erlaubnis als Depotbank, da die dauerhafte Verwahrung von wirtschaftlich fremden Wertpapieren ein Depotgeschäft darstellt (s. o.). Damit handelt es sich bei dem Vermögensverwalter ohnehin um ein Kreditinstitut. Für dieses gilt jedoch gerade nicht das hier erörterte niedrige Anfangskapital, sondern das oben erwähnte höhere Anfangskapital von 5 Mio. Euro. Von dem Tatbestandsmerkmal erfasst sein können daher nur Vermögensverwalter, die Wertpapiere vorübergehend entgegennehmen, um sie in ein Kundendepot oder in ein Treuhanddepot für den Kunden bei einem zur Depotführung berechtigten Kreditinstitut weiterzuleiten. Dass eine solche vorübergehende Annahme dann kein Depotgeschäft darstellt, wenn der Annehmende die Wertpapiere unverzüglich an eine Depotbank weiterleitet, belegen die Materialien zu § 34a Abs. 2 WpHG. Der Gesetzgeber ordnet dort das weiterleitende Wertpapierdienstleistungsunternehmen ___________ 189 Dazu oben S. 578 Fn. 135.

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während der Zeit der Weiterleitung als Boten und nicht als eigenständigen Verwahrer ein190. Da allerdings auch eine nur vorübergehende Annahme von Wertpapieren das Substanzverlustrisiko des Kunden erhöht, ist es nur konsequent, wenn das Gesetz für diesen Fall ein erhöhtes Anfangskapital vorschreibt. Gleichzeitig ergibt der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a KWG, dass der Vermögensverwalter für eine vorübergehende Annahme von Kundenpapieren einer Erlaubnis der Aufsichtsbehörde bedarf. In der Praxis werden Vermögensverwalter eine solche Erlaubnis nur höchst selten beantragen, da deren Vorteile in keinem Verhältnis zu den gesteigerten aufsichtsrechtlichen Anforderungen stehen191. (2) Eine vergleichbare Ausgangslage besteht im Hinblick auf die Befugnis zur vorübergehenden Verschaffung von Besitz oder Eigentum an Kundengeldern. Solange ein Vermögensverwalter die angenommenen Gelder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung anlegt192, wird er nur im Wege der Ermächtigungstreuhand tätig. Diese Gestaltung stellt – wie die Materialien zu § 34a WpHG belegen193 – kein Einlagengeschäft dar, das eine Annahme der Gelder für eigene Rechnung erfordern würde (s. o.). In der Praxis der Vermögensverwaltung kommt allerdings der Erlaubnis zur Entgegennahme von Kundengeldern aus dem gleichen Grund wie bei Wertpapieren nur eine untergeordnete Bedeutung zu. (2) Finanzportfolioverwaltung mit Befugnis zur Annahme von Kundenvermögen Ein Finanzportfolioverwalter, der nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handelt, aber die Erlaubnis beantragt, sich Besitz oder Eigentum an Wertpapieren seiner Kunden zu verschaffen, benötigt zur Errichtung seines Instituts ein Anfangskapital von 125.000 Euro (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b KWG). (3) Finanzportfolioverwalter mit Befugnis zu Eigenhandel oder Eigengeschäften Ein Finanzportfolioverwalter, der auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handelt, muss wegen des gesteigerten wirtschaftlichen Risikos ein Mindestanfangskapital von 730.000 Euro aufbringen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c KWG). Angesichts der Höhe dieses Anfangskapitals bedarf eine eventuell mitbeantragte Erlaubnis, sich Besitz oder Eigentum an Wertpapie___________ 190 191 192 193

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RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 110 f. Ebenso Weber-Rey/Baltzer, WM 1997, 2288, 2290. Und zwar wegen § 34a Abs. 1 WpHG auf einem Treuhandkonto. RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 110.

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ren seiner Kunden verschaffen zu dürfen, keiner zusätzlichen Eigenkapitalunterlegung mehr. e) Ausreichendes Anfangskapital und seine Berechnung Das vom Gesetz verlangte ausreichende Anfangskapital muss nicht identisch mit den soeben erörterten festgeschriebenen Mindestbeträgen für die Aufnahme der genannten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sein, sondern kann je nach den Umständen des Einzelfalls deutlich höher liegen. Dies bringt schon der Wortlaut der Norm („insbesondere“, „mindestens“) und der Hinweis auf § 10 KWG zum Ausdruck. Da § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG zudem nicht für alle Geschäftsarten solche Mindestbeträge vorschreibt, wird bei einer Kombination von ausdrücklich in Nr. 1 erwähnten Geschäften mit anderen in Nr. 1 nicht erwähnten Tätigkeitsfeldern durchaus ein höherer Betrag notwendig sein. Die BaFin kann also die Beträge je nach aufgenommener Tätigkeit höher festsetzen, wenn die mit den aufgenommenen Geschäften verbundenen Risiken höhere Eigenmittel nach § 10 Abs. 1 KWG i. V. m. Grundsatz I194 erfordern. Ein über die ausdrücklich festgeschriebenen Werte hinausgehendes Anfangskapital kann auch dann erforderlich sein, wenn die Aufnahme der Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erhöhte Anlaufverluste mit sich bringen wird und diese das gesetzlich verlangte Anfangskapital zu einem erheblichen Teil oder gar vollständig aufzehren dürften195. Denn ein Absinken des Kapitals unter die gesetzlichen Mindestsummen wird einen Grund für den Widerruf der Erlaubnis darstellen (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG), so dass die BaFin dieses Absinken nicht erst abwarten muss, sondern bereits bei der Gründung erhöhte Mittel verlangen kann196. Die Angemessenheit der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel beurteilt sich damit nach dem Umfang und den Risiken der ins Auge gefassten Tätigkeiten, wobei ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren zugrunde zu legen ist. Zudem muss eine ausreichende Vertrauensbasis dahingehend vorhanden sein, dass das Institut auch nach Ablauf dieses Zeitraums zu einer Refinan___________ 194 Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute vom 29.10.1997, BAnz. Nr. 210, zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 20.7.2000 (BAnz. Nr. 160). 195 Gebser, in: Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 77, beziffert bei einem unabhängigen Vermögensverwalter die Anlaufkosten für EDV (Bürosoftware und Depotverwaltungsprogramme) und Börseninformationsdienste allein auf 25.000 Euro p. a. Hinzu komme noch einmal derselbe Betrag für den Wirtschaftsprüfer. 196 Aus diesem Grund fordert die Aufsicht in den ersten drei Jahren der Geschäftstätigkeit eines Kreditinstituts beispielsweise einen Eigenkapitalkoeffizienten von 12 % statt der in § 2 Abs. 1 Grds I geforderten 8 %, vgl. Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2484.

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zierung in der Lage ist197. Grundlage und Maßstab der Berechnung ist die Einhaltung des Grundsatzes I. Als Eigenmittel lässt das Gesetz nur die in § 10 Abs. 2a Satz 1 Nrn. 1 bis 7 KWG genannten Positionen des Kernkapitals zu, um das Anfangskapital aufzubringen. Sollen darüber hinaus auch Anlaufverluste ausgeglichen werden, können stille Beteiligungen, Ergänzungskapital oder Eigenkapitalsurrogate Berücksichtigung finden198. Das Kapital muss im Inland zur Verfügung stehen. Zum Nachweis genügt die Bescheinigung eines im Inland oder innerhalb der EU/des EWR ansässigen Einlagenkreditinstituts, dass die Mittel auf einem unbelasteten Konto ruhen (§ 23 Abs. 3 AnzV). f) Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 KWG können Abschluss- und Anlagevermittler, die keinen Eigenhandel und keine Eigengeschäfte betreiben und auch über keine Befugnis zur Besitz- oder Eigentumsverschaffung an Kundenvermögen verfügen, statt des benötigten Anfangskapitals den Abschluss einer ausreichenden Versicherung zum Schutze der Kunden nachweisen. Diese Vorschrift beruht auf dem Umstand, dass Abschluss- und Anlagevermittler nicht unter den Begriff der Wertpapierfirma nach der KARL fallen (Art. 2 Nr. 2 Spiegelstrich 3 KARL). Sie genießen in diesem Fall jedoch nicht die Vorteile des Europäischen Passes. Der Austausch des Anfangskapitals gegen eine Versicherung setzt voraus, dass diese alle Schäden abdeckt, die normalerweise aus dem Anfangskapital bestritten werden könnten. Nach der Gesetzesbegründung muss sie „insbesondere Schäden abdecken, die durch Falschberatung entstehen“, weshalb der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung als ausreichend angesehen wird199. Fraglich ist, ob die Versicherung auch das Risiko einer Insolvenz des Abschluss- und Anlagevermittlers abdecken muss. Der soeben zitierte Wortlaut der Gesetzesbegründung („insbesondere“) deutet dies an. Da diese Institute vom Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz erfasst sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 EsAeG), besteht ein Schutz der Anleger nur bis zu 20.000 Euro (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EsAeG), so dass zu dem an sich geforderten gesetzlichen Mindestanfangskapital von 50.000 Euro (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a KWG), das durch die Versicherung ersetzt werden muss, eine empfindliche Lücke klafft. Zu Recht wird daher angenommen, dass die Versicherung in diesem

___________ 197 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 6. 198 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 10. 199 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 89 f.

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Umfang auch Schäden abdecken muss, die von Veruntreuungen oder aus einer Insolvenz des Instituts herrühren200. Der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung ist für die Finanzportfolioverwaltung nicht vorgeschrieben, da der Gesetzgeber offenbar davon ausging, dass potentielle Schäden durch das Mindestkapital und ggf. die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssysteme gedeckt sind. Da das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz jedoch nur Ansprüche abdeckt, die sich unmittelbar auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Eigentum an Geldern oder Wertpapieren beziehen, sind Ansprüche auf Ersatz des entgangenen Gewinns oder auf Ausgleich von Verlusten, die aufgrund einer Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags entstanden sind, gerade nicht gedeckt und werden im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Instituts nicht geschützt201. Damit steht der Kunde eines Finanzportfolioverwalters bei dessen Insolvenz schlechter als der Kunde eines Abschluss- und Anlagevermittlers mit Haftpflichtversicherung. Diese ersetzt auch im Falle der Insolvenz Schäden aus einer Falschberatung. g) Zwischenfazit Die Kapitalanforderungen bei der Zulassung von Instituten sind an den konkreten Risiken der geplanten Tätigkeiten des Instituts ausgerichtet. Damit trägt der Gesetzgeber der oben erhobenen Forderung nach ausreichendem Individualschutz einerseits und angemessenem Funktionenschutz andererseits in vollem Umfang Rechnung. Zu Letzterem gehört nämlich gerade auch eine gesetzgeberische Zurückhaltung, um eine Überregulierung der betroffenen Branche zu vermeiden. Während das Substanzerhaltungsrisiko vom Gesetzgeber ausreichend berücksichtigt wird, gilt dies nicht für das Risiko einer Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags mit anschließender Insolvenz des Instituts.

3. Kapitalausstattung und Liquidität zugelassener Institute a) Angemessenes Eigenkapital Institute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere zur Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, ein angemessenes Eigenkapital haben (§ 10 Abs. 1 Satz 1 KWG). Während das Kreditwesengesetz schon vor der 6. KWG-Novelle ___________ 200 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 10; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 96. 201 Ausführlich dazu Sethe, ZBB 1998, 305, 325.

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differenzierte Eigenkapitalanforderungen zur Deckung der typischen Risiken von Kreditinstituten enthielt, bedurfte es nun aufgrund der Einbeziehung der Finanzdienstleistungsinstitute adäquater Regeln, um den unterschiedlichen Risiken beider Institutstypen Rechnung zu tragen. Insbesondere war sicherzustellen, dass Finanzdienstleistungsinstitute und mit Finanzinstrumenten handelnde Kreditinstitute hinsichtlich der Marktrisiken aus diesen Geschäften den gleichen Eigenkapitalanforderungen unterliegen. Aus diesem Grund differenziert das Gesetz nun zwischen Handelsbuch- und Nichthandelsbuchinstituten. Die Eigenkapitalanforderungen orientieren sich damit nach der Art der Risiken der jeweils betriebenen Geschäfte. Der in § 10 Abs. 1 Satz 1 KWG niedergelegte Grundsatz der angemessenen Eigenkapitalausstattung wird durch den von der BaFin aufgestellten Grundsatz I konkretisiert. Grundsatz I legt ein hochdifferenziertes System des Verhältnisses von gewichteten Eigenkapitalbestandteilen zu ebenfalls gewichteten Risikoaktiva, Währungsgesamtpositionen, Rohwarenpositionen, Handelsbuch-Risikopositionen und Optionspositionen fest. Er bestimmt, dass die Eigenmittel niemals unter 8 % der Risikoaktiva absinken dürfen (§ 2 Abs. 1 Grds I). Die in Grundsatz I niedergelegten Regeln zur Eigenkapitalausstattung entsprechen den einschlägigen EG-Richtlinien, deren Ziele und Inhalte bereits oben dargestellt wurden. Hält ein Institut die im Grundsatz I niedergelegten Grenzen nicht nur geringfügig oder wiederholt nicht ein, begründet dies die Vermutung, dass es über keine angemessene Kapitalausstattung verfügt, weshalb die BaFin die Erlaubnis widerrufen kann (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG). b) Ausreichende Liquidität § 11 KWG verlangt von den Instituten die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität, da die beste Eigenkapitalausstattung nichts nützt, wenn sämtliche Mittel langfristig gebunden sind, das Institut deshalb Gläubiger kurzfristig fälliger Forderungen nicht befriedigen kann und so einen Run auslöst. Die Einzelheiten der Liquiditätsberechnung sind in dem von der BaFin erlassenen Grundsatz II202 niedergelegt. c) Europarechtswidrigkeit der Regelung Die Grundsätze I und II, mit denen die §§ 10 ff. KWG konkretisiert werden, stellen weder Rechtsnormen noch Allgemeinverfügungen dar203. Sie dienen der Umsetzung der EG-Richtlinien über die angemessene Eigenkapitalaus___________ 202 Zur Fundstelle s. o. Fn. 603. 203 BGHZ 75, 120, 127; Kokemoor, in: Beck/Samm, KWG, § 10 Rdn. 27.

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stattung und Liquidität der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute204. Der EuGH hat in der Entscheidung TA-Luft205 zu Recht deutlich gemacht, dass der Erlass von Verwaltungsvorschriften nicht ausreicht, um eine Richtlinie umzusetzen. Der Betroffene könne seine Rechtsstellung nicht mit der notwendigen Klarheit ermitteln und dem nationalen Recht fehle deshalb die nötige Verbindlichkeit. Denn Verwaltungsvorschriften käme nur interne Bindungswirkung und keine unmittelbare Wirkung gegenüber Dritten zu. Zudem bleibe ein Ermessen der Verwaltung, von diesen Verwaltungsvorschriften in besonders gelagerten Fällen abzuweichen. Solange die Bundesrepublik nicht dartun könne, dass einer Generalermächtigung und den sie ergänzenden Verwaltungsvorschriften faktisch eine der Rechtsverordnung gleiche Verbindlichkeit zukomme, sei eine Richtlinienumsetzung durch bloße Verwaltungsvorschriften fehlerhaft. Da die §§ 10 ff. KWG die Unterlegung mit Eigenkapital und die ausreichende Liquidität nicht verbindlich regeln, sondern dies nur im Zusammenspiel mit den Grundsätzen I und II ermittelt werden kann und der BaFin zudem ein Ermessenspielraum verbleibt (vgl. etwa § 1 Satz 3 Grds I), fehlt diese Verbindlichkeit. Die eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG beantragenden oder die wegen zu geringer Mittel von einer Schließung bedrohten Institute können daher nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, ob eine Entscheidung der BaFin gesetzmäßig ist. Der von Deutschland zur Richtlinienumsetzung gewählte Weg ist daher europarechtswidrig206. Eine telefonische Anfrage des Verfassers beim damals zuständigen Referenten im Bundesfinanzministerium207 hat ergeben, dass man sich dort der Problematik des TA-Luft-Urteils nicht bewusst ist und dementsprechend auch andere EG-Richtlinien durch eine bloße Kombination von gesetzlicher Ermächtigung an die Verwaltung und „ausfüllender“ Verwaltungsvorschrift umsetzt208. d) Ergänzende Bestimmungen Das Kreditwesengesetz enthält eine Reihe ergänzender Vorschriften, um Gefährdungen der Eigenkapitalbasis abzuwenden. So trifft § 10a KWG eine Regelung über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen, um zu verhindern, dass die Insolvenz eines Unternehmens der Gruppe einen Dominoeffekt entfaltet und das Institut mit ___________ 204 205 206 207 208

S. im Einzelnen oben S. 463 ff., 520 ff. EuGH, Slg. 1991, I-2567 Rdn. 20 (Kommission ./. Deutschland). Ebenso Kokemoor, in: Beck/Samm, KWG, § 10 Rdn. 27. Telefonische Auskunft vom 4.8.1998. Vgl. Sethe, ZBB 1998, 305, 327 Text bei Fn. 162 (zu § 23 Abs. 1 KWG).

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in den Strudel reißt. Deshalb muss die Eigenkapitalausstattung der gesamten Gruppe und nicht nur die des einzelnen Instituts angemessen sein. Auch die in § 12 KWG niedergelegte Beschränkung bedeutender Beteiligungen eines Instituts an einem anderen Unternehmen verfolgt das Ziel, eine Konzentration von Risiken und damit eine Gefährdung der Eigenkapitalbasis zu verhindern. Diesem Ziel dienen schließlich auch die weiteren Beschränkungen der §§ 13 ff. KWG, die Großkredite, Millionenkredite und Organkredite betreffen. e) Bedeutung der Vorschriften für die Vermögensverwaltung Da die genannten Vorschriften ganz überwiegend der Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien dienen, deren Ziele und Inhalte bereits oben dargestellt und bewertet wurden, ist es an dieser Stelle ausreichend, der Frage nachzugehen, welche Bedeutung die Eigenkapitalvorschriften für vermögensverwaltend tätige Institute entfalten. Die gesetzliche Regelung basiert auf dem Grundgedanken, dass mit Eigenkapital nur solche Positionen zu unterlegen sind, deren Risiken die Solvenz des Instituts gefährden können. Erfolgt die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells, handelt es sich dabei um Finanzkommissionsgeschäfte mit der Folge, dass der Vermögensverwalter als Kreditinstitut einzuordnen ist. Da jedoch die im Rahmen der Vermögensverwaltung vorgenommenen Wertpapiergeschäfte auf fremde Rechnung erfolgen, sind diese (ein Überschreiten der Schwellenwerte in § 2 Abs. 11 KWG unterstellt) nicht dem Handelsbuch zuzurechnen209 und folglich auch nicht mit Eigenkapital nach §§ 18 ff. Grds I zu unterlegen. Wird die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells erbracht, erfolgen die Geschäfte ebenfalls auf fremde Rechnung. Zudem stehen die verwalteten Finanzinstrumente stets im Eigentum des Kunden. Deshalb belasten die aus den Finanzinstrumenten folgenden Positions-, Abwicklungs-, Adressenausfall-, Großkredit- und Fremdwährungsrisiken ebenfalls nicht das Institut, sondern deren Verwirklichung trifft den Kunden. Die in Form des Vertretermodells verwalteten Finanzinstrumente zählen deshalb nicht zu den gewichteten Risikoaktiva des Instituts und sind folglich auch nicht mit Eigenkapital zu unterlegen, gleichgültig, ob der Vermögensverwalter ein Universalkreditinstitut oder ein reines Finanzdienstleistungsinstitut ist. Die ___________ 209 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 240; Mielk, WM 1998, 2200, 2205 (jeweils für Kommissionsgeschäfte).

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genannten Grundsätze über Eigenkapital und Liquidität gelten folglich nur für die übrigen, außerhalb der Vermögensverwaltung betriebenen Geschäfte, wenn sie eines der genannten Risiken in sich bergen. Auf diese Weise wird der Kunde eines Vermögensverwalters davor geschützt, dass das Institut aufgrund sonstiger Geschäfte in eine Schieflage gerät. Verwirklicht ein Institut keines der genannten Risiken, wird es konsequenterweise gleich ganz aus dem Anwendungsbereich der Grundsätze ausgenommen. Dies ist der Fall bei Kapitalanlagegesellschaften und solchen Finanzdienstleistungsinstituten, die keinen Eigenhandel und keine Eigengeschäfte betreiben und nicht die Befugnis haben, sich Besitz oder Eigentum an Geld oder Wertpapieren ihrer Kunden zu verschaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Grds I; § 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 Grds II). Betreiben die Institute dagegen Eigenhandel und Eigengeschäfte, müssen sie diese Positionen und die sonstigen vom Grds I erfassten Risiken mit Eigenkapital unterlegen, nicht aber auch die von ihnen verwalteten Kundenvermögen. Finanzportfolioverwalter können jedoch unter die Großkreditbestimmungen fallen, denn offene Honorarforderungen stellen Kredite i. S. d. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG (Forderungen an Kunden) dar, die auf die Großkreditdefinitionsgrenze (§ 13 Abs. 1 KWG) und die Großkreditobergrenzen (§ 13 Abs. 3 KWG) anzurechnen sind. Diese Forderungen können im Einzelfall Beträge erreichen, die die Großkreditobergrenzen oder ggf. die gesamten Eigenmittel des Instituts übersteigen. Bei Vorliegen einer derartigen Situation ist die Zustimmung der BaFin einzuholen. Der Überschreitungsbetrag ist sodann mit Eigenmitteln zu unterlegen. Reichen die vorhandenen Eigenmittel dazu nicht aus, muss das Institut grundsätzlich seine Eigenmittel entsprechend erhöhen. Da die Honorarforderungen zumeist kurzfristig erfüllt werden, liegt ein Großkredit nur für eine ganz kurze Zeitspanne vor. Die mit der Unterlegungspflicht und der Pflicht zur Verstärkung der Eigenmittel einhergehende Belastung für die betroffenen Institute ist groß. Daher ist es zu begrüßen, dass die BaFin eine Sonderregelung für Finanzportfolioverwalter getroffen hat, die nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln und die nicht befugt sind, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen. Sie bedürfen für eine Überschreitung der Großkrediteinzel- und -gesamtobergrenze nicht der Zustimmung der BaFin, wenn die Honorarforderungen innerhalb von vier Wochen ab Fälligkeit beglichen werden. Maßgeblich für den Beginn der Vierwochenfrist ist der Zeitpunkt der Entstehung der Honorarforderung (§ 271 Abs. 1 BGB), nicht das Datum der Rechnungstellung. Wird die Forderung nicht rechtzeitig erfüllt, ist unverzüglich die Genehmigung der BaFin einzuholen und der Überschreitungsbetrag mit Eigenmitteln zu unterlegen. Die 609

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Anzeigepflichten gemäß § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 KWG bleiben in jedem Fall unberührt210. f) Gemeinkostenregelung (relatives Mindestkapital) Im Ergebnis sind Finanzportfolioverwalter, die keinen Eigenhandel und keine Eigengeschäfte betreiben und auch über keine Befugnis zur Annahme von Kundengeldern und -wertpapieren verfügen, damit nur zur Aufbringung des Mindestanfangskapitals von 50.000 Euro verpflichtet, ohne dass die Größe oder der Umsatz des Unternehmens eine Rolle spielt. Um jedoch zu verhindern, dass ein solches Institut aufgrund hoher Gemeinkosten unterkapitalisiert ist, schreiben Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 KARL und entsprechend § 10 Abs. 9 KWG deshalb ein relatives Mindestkapital vor. Das Institut muss ein Eigenkapital aufweisen, das mindestens 25 % der Kosten entspricht, die in der letzten Gewinn- und Verlustrechnung als allgemeine Verwaltungsaufwendungen, Abschreibungen und Wertberichtigungen auf immaterielle Anlagewerte und Sachanlagen ausgewiesen wurden211. Besteht ein Unternehmen noch kein Jahr, werden als Grundlage die im Geschäftsplan kalkulierten Gemeinkosten genommen. Wird die Tätigkeit gegenüber dem Vorjahr erheblich ausgeweitet, kann die Aufsichtsbehörde die Anforderungen erhöhen (§ 10 Abs. 9 Satz 3 KWG). Mit dieser Regelung wird nur an die laufenden Kosten, nicht aber an den Umfang des verwalteten Vermögens angeknüpft. Die Höhe der allgemeinen Verwaltungsaufwendungen, Abschreibungen und Wertberichtigungen steht jedoch nicht unbedingt in einem proportionalen Verhältnis zum Umfang des verwalteten Vermögens. Dies hat zur Folge, dass der Umfang des haftenden Eigenkapitals des Finanzportfolioverwalters nicht in Relation zu möglichen Schäden aus Fehlern im Rahmen der Vermögensverwaltung steht, obwohl dem Eigenkapital die Funktion zukommen soll, als Haftungsmasse für derartige Schäden zur Verfügung zu stehen. Da die Finanzportfolioverwalter auch keine Haftpflichtversicherung abschließen müssen, tragen ihre Kunden ein erhöhtes Risiko, ihre Ansprüche wegen fehlerhafter Vermögensverwaltung nicht durchsetzen zu können, weil der Verwalter im Verhältnis zum verwalteten Vermögen unterkapitalisiert ist. Bei der Bemessung des haftenden Eigenkapitals hat der Gesetzgeber also in erster Linie das Substanzverlustrisiko im Auge gehabt, nicht aber auch das davon zu unterscheidende ___________ 210 Sammelschreiben C/2000-WHB/FDI der BaFin (AZ: VII 1 – 70.00.05.02) vom 28.3.2001. 211 Vgl. auch das erläuternde Sammelschreiben des damaligen BAKred vom 14.2.2000, VII 7 – 70.00.19, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.326.

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Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko. Dieses lässt sich nur dann angemessen berücksichtigen, wenn die BaFin ihre Kompetenz nach § 10 Abs. 9 Satz 3 KWG umfassend versteht und bei der Festsetzung der Anforderungen an das relative Mindestkapital bei Ausweitung der Geschäftstätigkeit atypische Fälle entsprechend berücksichtigt. Ein atypischer Fall wird dann vorliegen, wenn sich die Ausweitung der Geschäftstätigkeit des Vermögensverwalters nicht mehr in den allgemeinen Verwaltungsaufwendungen, Abschreibungen und Wertberichtigungen der letzten Gewinn- und Verlustrechnung widerspiegelt, sondern diese Summen im Vergleich zum verwalteten Vermögen unangemessen niedrig sind. g) Zwischenfazit Das Substanzerhaltungsrisiko der Kunden eines Vermögensverwalters wird maßgeblich durch die Zugriffsmöglichkeiten auf das Kundenvermögen und die vom Vermögensverwalter betriebenen sonstigen Geschäfte beeinflusst. Steht dem Institut die Möglichkeit eines Zugriffs auf das Kundenvermögen offen, greift das oben beschriebene212 gestufte System von Schutzmechanismen ein. Trotz der Vielzahl von Regelungen ist dieser Schutz allerdings nicht lückenlos. Es besteht daher in gewissem Umfang stets ein Substanzerhaltungsrisiko für den Fall einer Insolvenz des Verwalters. Die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz des Vermögensverwalters wird erhöht, wenn der Verwalter nicht nur die Vermögensverwaltung, sondern auch andere Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen anbietet und deren spezifische Risiken (z. B. Marktrisiko beim Eigenhandel, Adressenausfallrisiko bei Krediten) übernimmt. Daher kommt der Eigenkapitalausstattung des Instituts eine zentrale Bedeutung zu. Die Pflicht zur Aufbringung eines angemessenen Kapitals bei Errichtung des Instituts und die Überwachung der angemessenen Eigenkapitalausstattung des werbenden Unternehmens gewährleisten diesen erhöhten Schutz der Kunden vor einer Insolvenz des Vermögensverwalters. Aufgrund der Gleichstellung von Handelsbuchinstituten spielt es bei der Eigenkapitalunterlegung keine entscheidende Rolle mehr, ob es sich bei dem Vermögensverwalter um ein Kreditinstitut oder ein Finanzdienstleistungsinstitut handelt. Diese positive Feststellung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass keine Aufsicht – gleichgültig ob staatlich oder nicht – vollkommen sein kann. Insbesondere bei Täuschungen und anderem kriminellen Verhalten werden Missstände oft zu spät bemerkt. Ein Schutz hiergegen lässt sich nicht im Wege einer immer stärkeren Ausweitung der Aufsichtskompetenzen erreichen, da dies im Ergebnis eine totale staatliche Kontrolle zur Folge hätte, die jede wirtschaftliche Entfal___________ 212 S. o. S. 128 ff.

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tung und Eigenverantwortung ersticken würde. Die Eigenkapitalüberwachung bedarf daher eines ergänzenden Schutzes für den Insolvenzfall. Diesem Zweck dient die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung, auf die an späterer Stelle zurückzukommen sein wird213. Während das Aufsichtsrecht das Substanzerhaltungsrisiko angemessen berücksichtigt, erweist sich der Schutz vor Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken als lückenhaft. Denn die den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse für Schadensersatzansprüche muss ausreichend bemessen sein, um zu verhindern, dass die Ansprüche gegen unsorgfältige Vermögensverwalter ins Leere laufen und der Kunde sein Vermögen oder Teile davon einbüßt. Zur Sicherung solcher Ansprüche bieten sich zwei Wege an. Entweder muss die Eigenkapitalausstattung von Vermögensverwaltern auch am Umfang des verwalteten Vermögens ausgerichtet werden, oder aber der Vermögensverwalter muss zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gezwungen sein, deren Bedingungen im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters eine direkte Auszahlung an den Kunden vorsehen. Eine unmittelbare Bemessung des Eigenkapitals am Umfang des verwalteten Vermögens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dies wiegt bei Kreditinstituten nicht so schwer, da deren Haftungsmasse aufgrund der für Bankgeschäfte geltenden Eigenkapitalanforderungen von vornherein größer ist. Die Eigenkapitalbasis für ausschließlich als Vermögensverwalter tätige Institute beträgt demgegenüber nur 50.000 Euro, auch wenn das verwaltete Vermögen ein Vielfaches davon beträgt. Mit der Gemeinkostenregelung des § 10 Abs. 9 KWG besteht nur eine mittelbare Koppelung des Eigenkapitals an die Höhe des verwalteten Vermögens und es wird von der Praxis der BaFin abhängen, wie effektiv dieser Schutz sein wird. Die deshalb bestehende Lücke hat der Gesetzgeber auch nicht durch den Zwang zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung geschlossen. Gerade im Zusammenhang mit der Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung für Abschluss- und Anlagevermittler ohne Anfangskapital hätte sich die Notwendigkeit einer solchen Regelung aufgedrängt. Hinzu kommt, dass auch die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungseinrichtungen Schäden aus unsorgfältiger Vermögensverwaltung nicht abdecken. Es klafft daher eine empfindliche Lücke im Individualschutz der Anleger. Eine Haftpflichtversicherung erweist sich ökonomisch als sinnvoll, weil der einzelne Anleger nur zu sehr hohen Kosten Vorsorge gegen Fehlverhalten seitens des Vermögensverwalters treffen kann. Der Vermögensverwalter ist damit „cheapest cost avoider“. Die Haftpflichtversicherung kann sich allerdings dann als kontraproduktiv entpuppen, wenn sie jeden Anreiz zur eigenen Sorgfalt und Eigen___________ 213 S. u. S. 656 ff.

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vorsorge nimmt. Sorglosigkeit der Kunden kann nicht sozialisiert werden, ohne dass auf Dauer die Kosten für alle Kunden immens steigen oder gar der Markt zusammenbricht. Dieser gängige Einwand gegen Haftpflichtversicherungen greift allerdings dann nicht, wenn der Kunde sich ohnehin schon eines Fachmanns bedient und die Haftpflichtversicherung sich nur auf ein eventuelles Fehlverhalten des Fachmanns bezieht214. In diesem Fall wird nicht die Sorglosigkeit des Kunden belohnt. Dadurch, dass dieser sich eines Fachmanns bedient, versucht er im Gegenteil gerade, besonders sorgfältig zu sein. Da der Fachmann die Fehler am besten vermeiden und die Kosten einer Haftpflichtversicherung auf viele Kunden verteilen kann, erweisen sich Berufshaftpflichtversicherungen damit – wie in anderen vermögenssorgenden Berufen auch – als ökonomisch sinnvoll und sind der Einzelvorsorge durch den Kunden ebenso überlegen wie einer Abwälzung von Schäden auf einen einzelnen Kunden, den die Schadenstragung zufällig trifft und vielleicht wirtschaftlich zerstört215.

4. Rechtsformenzwang und Vier-Augen-Prinzip a) Regel Ein Institut muss über mindestens zwei geeignete hauptamtliche Geschäftsleiter verfügen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG). Ist die Tätigkeit des Instituts sehr umfangreich und komplex, kann sich die Notwendigkeit der Bestellung zusätzlicher Geschäftsleiter ergeben. Das Vier-Augen-Prinzip dient der Verhinderung der Gefahren, die sich aus der Wahrnehmung der Institutsleitung durch eine einzige Person ergeben, da keine Aufgabenteilung mit gegenseitiger Kontrolle stattfindet und die Möglichkeit zur wechselseitigen Vertretung oder Entlastung im Krankheits- und Urlaubsfall entfällt216.

___________ 214 Statt vieler Hopt, FS Gernhuber, 1993, S. 169, 172. 215 Ebenso im Ergebnis Hopt, FS Gernhuber, 1993, S. 169, 172 (allerdings nicht speziell auf Vermögensverwalter bezogen). Nach Franks/Mayer, Risk, S. 162, bieten Versicherungen nur unvollkommenen Schutz, da nur aufgedecktes Fehlverhalten erfasst wird. Da jedoch mittlerweile eine Beaufsichtigung der Vermögensverwalter erfolgt, ist dieser Einwand innerhalb der EU nicht mehr überzeugend. Franks/Mayer, a. a. O, wenden weiterhin ein, eine Versicherung könne zu einer negativen Auslese führen, da die Versicherungsgesellschaft keine Möglichkeit habe, die individuelle Qualität des Vermögensverwalters festzustellen und daher die Prämien nach dem Branchenschnitt festsetzen muss. Dem ließe sich durch Schadensfreiheitsrabatte begegnen. 216 BVerwG, WM 1988, 695 Leitsatz 1.

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b) Ausnahme für bestimmte Finanzdienstleistungsinstitute Für Finanzportfolioverwalter bedeutend ist die in Nr. 5 vorgesehene Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip. Finanzdienstleistungsinstitute, denen keine Befugnis zusteht, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Besitz oder Eigentum an Kundenvermögen zu verschaffen, bedürfen nur eines Geschäftsleiters. Mit dieser Regelung wurde Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 WDRL umgesetzt. Ein Teil des Schrifttums meint, die Regelung beruhe auf dem Gedanken, dass diese Institute zu keiner Zeit Schuldner der Kunden werden könnten und hält die Ausnahme deshalb offenbar für sachgerecht217. Diese Begründung überzeugt jedoch nicht, denn ein Finanzportfolioverwalter kann sich aufgrund von schuldhaft falschen Anlageentscheidungen oder aufgrund sonstiger Vertragsverstöße durchaus schadensersatzpflichtig machen und wird so zum Schuldner seines Kunden. Da das Vier-Augen-Prinzip gerade auch der gegenseitigen Kontrolle von Anlageentscheidungen dient, ist es ein sehr geeignetes Mittel, um schuldhafte Vertragsverstöße zu vermeiden. Die Option, eine Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip im nationalen Recht vorzusehen, ist auf Betreiben Großbritanniens und Irlands in die WDRL aufgenommen worden und beruht keineswegs auf aufsichtsrechtlichen Erwägungen, sondern allein auf Kostengründen, da beide Länder bei kleineren Instituten hohe Personalkosten einsparen wollten218. Weiterhin wird bei der Argumentation nicht berücksichtigt, dass die Richtlinie die Ausübung der Option unter den Vorbehalt stellt, dass das nationale Recht einen dem Vier-Augen-Prinzip gleichwertigen Schutz gewährleistet. Das deutsche Recht sieht jedoch für Firmen mit nur einem Geschäftsleiter keine derartigen besonderen Vorkehrungen vor219, um einen gleichwertigen Schutz zu erreichen. Der Verzicht auf die Befugnis, sich Besitz oder Eigentum an Geldern oder Wertpapieren der Kunden zu verschaffen, stellt keine gleichwertige Anforderung dar, denn damit wird weder eine gegenseitige Kontrolle noch eine Vertretung im Verhinderungsfalle gewährleistet220. Hiergegen könnte man einwenden, durch den fehlenden Zugang des Finanzdienstleisters zum Kundenvermögen werde das Risiko von Veruntreuungen geringer, so dass eine gegenseitige Kontrolle entbehrlich sei. Dabei wird ___________ 217 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 89; Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 70. 218 S. o. S. 487 Fn. 245. 219 Nur in einem höchst seltenen Fall, nämlich bei Wertpapierhandelsunternehmen in Form des Einzelkaufmanns, verlangt das Gesetz Vorkehrungen für den Fall, dass aufgrund des Todes des einzigen Geschäftsleiters, seiner Geschäftsunfähigkeit oder aus sonstigen Gründen das Institut die Geschäfte einstellt (§ 2a Abs. 2 Satz 2 KWG). 220 Zu Recht kritisch deshalb Schäfer, AG 1993, 389, 392 Fn. 24.

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jedoch übersehen, dass die Risiken für den Kunden nicht so sehr in Veruntreuungen liegen als vielmehr in Fehlentscheidungen und Fehlberatungen des Finanzdienstleisters. Solche Fehler hilft das Vier-Augen-Prinzip aufgrund der gegenseitigen Kontrolle und Rücksprachemöglichkeit zu vermeiden. Ein weiteres großes Risiko für den Kunden liegt im Missbrauch von Vollmacht. Ein Finanzportfolioverwalter kann – auch ohne die Befugnis zur Verschaffung von Besitz oder Eigentum an Kundenvermögen – seine Vollmacht dazu nutzen, sich Kundengelder auf eigene Konten zu überweisen. Zwar obliegt dem Wirtschaftsprüfer nach § 44 PrüfbV221 die Beurteilung, ob dem Vermögensverwalter nach den mit den Kunden bestehenden Vereinbarungen sowie den erteilten Vollmachten nicht doch das Recht zusteht, sich Eigentum oder Besitz an Kundenvermögen zu verschaffen. Zudem muss der Prüfer feststellen, ob das Institut über eine ausreichende interne Kontrolle verfügt, um zu verhindern, dass es sich verbotenerweise doch Eigentum oder Besitz an Kundenvermögen verschafft. Ist nur ein Geschäftsleiter vorhanden, ist dieser jedoch auch oberstes Glied der internen Kontrolle. Somit wird der Wirtschaftsprüfer bei kleinen Finanzportfolioverwaltern nicht ausschließen können, dass es zu Vollmachtmissbrauch durch den Inhaber kommt, zumal der Prüfer nur das Vorhandensein des internen Kontrollsystems prüft und allenfalls Stichproben machen kann. Kriminelles Verhalten ist damit wesentlich leichter möglich als bei einer wechselseitigen Kontrolle durch zwei Geschäftsleiter. c) Rechtsformenzwang Nach § 2a KWG darf ein Kreditinstitut nicht in der Form des Einzelkaufmanns errichtet werden. Diese mit der 2. KWG-Novelle eingeführte Regelung wurde damit begründet, dass eine Beaufsichtigung von Kreditinstituten eine klare Vermögenstrennung zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen voraussetze. Selbst wenn es sich um eine objektive Berufszulassungsregelung handele, sei der mit dem Rechtsformenzwang verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) zumindest deshalb gerechtfertigt, weil der Rechtsformenzwang dem Schutz der Kreditgläubiger diene und dieser ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstelle222. Ob die Trennung der verschiedenen Vermögensmassen tatsächlich erforderlich ist, um eine Beaufsichtigung zu ermöglichen oder ob es gleichwertige, aber mildere ___________ 221 Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse und Zwischenabschlüsse der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute und über die Prüfung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften sowie darüber zu erstellende Berichte (Prüfungsberichtsverordnung) vom 17.12.1998, BGBl. I 3690. 222 BT-Drucks. 7/3657, S. 10.

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Mittel gibt, mag hier dahinstehen. Hieran waren Zweifel geäußert worden223. Zumindest seit der Einführung des § 2a Abs. 2 KWG, der die Form des Einzelkaufmanns für Wertpapierdienstleistungsunternehmen zulässt, kann die Trennung der Vermögensmassen nicht mehr als ausschlaggebender Grund für den Rechtsformenzwang angeführt werden. Denn auch bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird die Kapitalausstattung beaufsichtigt und somit wäre auch dort – die Stichhaltigkeit dieses Arguments unterstellt – eine strikte Vermögenstrennung nötig. Hieraus schließt ein Teil des Schrifttums, als Begründung des Rechtsformenzwangs verbleibe daher nur das Vier-Augen-Prinzip224. Da § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG jedoch für bestimmte Einpersoneninstitute auch eine Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip macht, kann man diesen Ansatz zur Rechtfertigung des Rechtsformenzwangs ebenfalls anzweifeln. Dennoch soll an dieser Stelle dahinstehen, ob der Rechtsformenzwang nach nationalem Verfassungsrecht gerechtfertigt werden kann, denn er und das Vier-Augen-Prinzip sind in der BankenRL und der WDRL verankert und europarechtliche Regelungen unterliegen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur einer sehr beschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle225. Im Einzelnen beruhen die für Vermögensverwalter geltenden Regelungen auf Art. 1 Nr. 2 UAbs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 WDRL. Sie legen im Grundsatz fest, dass Wertpapierfirmen als juristische Personen verfasst sein müssen und für sie das Vier-Augen-Prinzip gilt. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute können nur unter engen Voraussetzungen als Wertpapierfirma zugelassen werden, da Art. 1 Nr. 2 WDRL eine detaillierte Solvenzaufsicht und weitere Anforderungen vorschreibt. Einzelkaufleute sind unter diesen Voraussetzung auch vom Vier-Augen-Prinzip befreit (vgl. Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 WDRL), d. h., sie müssen keinen weiteren Geschäftsleiter i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 3 KWG bestellen. Der Rechtsformenzwang und das mit ihm inhaltlich verknüpfte Vier-Augen-Prinzip lassen sich damit europarechtlich herleiten. Unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes bedeutend ist allein das Vier-Augen-Prinzip. Der Rechtsformenzwang als solcher bietet keinen zusätzlichen Schutz, der nicht ebenso gut durch entsprechend ausgebaute Anlegerentschädigungssysteme und/oder den Abschluss einer Berufshaftpflicht___________ 223 Beck/Samm, KWG, § 2a Rdn. 11a; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 2a Rdn. 3 (Lfg. 3/03); a. A. Bähre/Schneider, KWG3, § 2a Anm. 2; Haug, in: Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG6, § 2a Rdn. 2. 224 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 2a Rdn. 7. 225 BVerfGE 73, 339, 387 (Solange II); BVerfG NJW 1993, 3047, 3049 (Maastricht); NJW 2000, 3124 ff. (Bananenmarktordnung).

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versicherung mit Direktanspruch für die Anleger zu erreichen wäre. Diese Versicherungen könnten Vermögenseinbußen und ggf. Schadensersatzansprüche im Falle einer Insolvenz des Vermögensverwalters abdecken226. d) Zwischenfazit Im Zusammenhang mit der Darstellung der europarechtlichen Vorgaben der Vermögensverwaltung227 wurde bereits festgestellt, dass die in der WDRL vorgesehene Option eines Verzichts auf das Vier-Augen-Prinzip fragwürdig erscheint. Die als Voraussetzung dieses Verzichts vorgesehene Gleichwertigkeit des Schutzes ließ die Option als gerade noch tragbar erscheinen. Die Umsetzung ins deutsche Recht und der damit erfolgte totale Verzicht auf das Vier-Augen-Prinzip bei kleineren Finanzdienstleistungsinstituten, insbesondere bei Finanzportfolioverwaltern, ist richtlinienwidrig. Denn eine gegenseitige Kontrolle und Vertretung ist unverzichtbar und die derzeitige Regelung im deutschen Recht enthält keine dem Vier-Augen-Prinzip gleichwertigen Vorgaben (etwa Pflicht zur Gegenzeichnung durch einen Prokuristen oder Abteilungsleiter). Gerade Kunden kleinerer Finanzportfolioverwalter tragen deshalb ein erhöhtes Abwicklungs-, Verwaltungs- und Substanzverlustrisiko, und der Schutz gegen kriminelles Verhalten innerhalb des Finanzdienstleistungsinstituts ist geringer. Aufgrund dieser Bedenken sollten die mit der 6. KWG-Novelle neu eingeführten Ausnahmen vom Rechtsformenzwang (§ 2a Abs. 2 KWG) und vom Vier-Augen-Prinzip (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG) wieder abgeschafft werden. Besser noch wäre es, die genannten Erleichterungen für kleinere Finanzportfolioverwalter einzuführen.

5. Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter a) Überblick Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, wonach die Antragsteller oder Geschäftsleiter oder deren Stellvertreter228 unzuverlässig sind. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG setzt die Erlaubniserteilung zudem die fachliche Eignung der Inhaber oder Geschäftsleiter des Instituts voraus. Über § 1 Abs. 2 Satz 2 KWG wird diese Voraussetzung auch auf Personen erstreckt, die nicht Geschäftsleiter ___________ 226 Eine solche Lösung böte sich im Übrigen auch an, um kleineren Finanzportfolioverwaltern nicht durch hohe Eigenkapitalanforderungen den Zugang zum Markt zu verwehren. Dazu müssten jedoch die in Art. 2 Nr. 2 KARL enthaltenen Ausnahmen auf kleine Vermögensverwalter erweitert werden. 227 S. o. S. 487 Fn. 245. 228 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 40.

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des Instituts sind, sondern im Wege der Vollmacht mit Leitungsaufgaben betraut werden (gekorene Geschäftsleiter). Die Zuverlässigkeit und Eignung muss nicht nur zu Beginn, sondern auch während des laufenden Geschäftsbetriebs vorhanden sein, weshalb ihr späterer Wegfall einen Grund für die Aufhebung der Erlaubnis (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG) bzw. die Abberufung des Geschäftsleiters (§ 36 Abs. 1 KWG) darstellt. Die Erfordernisse sind deshalb auch bei der Neubesetzung von Geschäftsleiterposten zu beachten. Flankierend besteht eine Meldepflicht des Instituts bei der Bestellung neuer Geschäftsleiter (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG) und der Geschäftsleiter über ihre geschäftlichen Aktivitäten außerhalb des Instituts (§ 24 Abs. 3 KWG). Wird die Erlaubnis wegen fehlender Eignung oder Zuverlässigkeit versagt oder entzogen, ist dies im Gewerbezentralregister einzutragen (§§ 149 ff. GewO). Die Bedeutung der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 reichte lange Zeit weit über den vom Gesetzgeber intendierten Anwendungsbereich hinaus. Denn bis zur 6. KWG-Novelle fehlte den Aufsichtsbehörden die ausdrückliche Befugnis zum Erlass von Anordnungen zur Beseitigung von Missständen gegen einzelne Institute und deren Geschäftsleiter. Die damaligen Aufsichtsämter bedienten sich deshalb des zu Recht beklagten229 Umwegs über eine Infragestellung der Eignung der Geschäftsleiter, um im Einzelfall gegen ein Institut vorgehen zu können. Seit Erlass der §§ 6 Abs. 3 KWG, 4 Abs. 1 Satz 3 WpHG ist dieser Umweg überflüssig und die streitige Frage, ob die Ämter nur allgemeine Maßnahmen gegen Missstände (wie Verlautbarungen) ergreifen dürfen oder ob sie auch durch Erlass von Verwaltungsakten gegen Missstände in einzelnen Instituten vorgehen können230, ist gesetzlich klargestellt. Das Auftreten allgemeiner Missstände in Instituten führt daher heute nicht mehr automatisch zur Infragestellung der Eignung der Geschäftsleiter. Gleichwohl ist die Bedeutung der Vorschrift für das Aufsichtsrecht im Allgemeinen und für die Vermögensverwaltung im Besonderen immer noch sehr groß. Denn der persönlichen Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung kommt gerade bei der Vermögensverwaltung als fiduziarischem Geschäft eine herausragende Bedeutung zu. Die Tatbestandsmerkmale der persönlichen Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung sind unbestimmte Rechtsbegriffe231, zu deren Auslegung gewerberechtliche Grundsätze, die handelsrechtliche Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters und die spezifischen ___________ 229 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 6 Rdn. 58. 230 Vgl. etwa Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 57; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 7 ff. 231 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 29; Süchting/Schneider/Link, ZBB 1991, 120, 122 f.; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2482.

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Schutzzwecke des Aufsichtsrechts herangezogen werden. Damit wird zugleich deutlich, dass die Anforderungen des Kreditwesengesetzes über die allgemeinen, in § 347 HGB aufgestellten Sorgfaltspflichten hinausgehen und die besonderen Fachkenntnisse sowie die Vertrauensempfindlichkeit beim Umgang mit fremden Geldern und Vermögenswerten einbezogen werden müssen. b) Persönliche Zuverlässigkeit Jeder der Antragsteller und Geschäftsleiter muss persönlich zuverlässig sein. Eine Unzuverlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Betreffende nach seiner gesamten Persönlichkeit nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die übernommenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen wird232. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es auf die besonderen Anforderungen des Kredit- und Finanzdienstleistungsbereichs an. Dies bedeutet auch, dass Tatsachen, aus denen die Unzuverlässigkeit abgeleitet wird, im Zusammenhang mit dem ausgeübten Gewerbe stehen müssen, denn es gibt keine Unzuverlässigkeit schlechthin. In die Beurteilung einzubeziehen sind auch die Anforderungen, die sich aus den übernommenen Geschäftsarten, der Größe des Instituts und aus der vom Betreffenden im Institut konkret ausgeübten Aufgaben ergeben. Als Tatsachen, die eine Unzuverlässigkeit begründen, gelten erhebliche Vorstrafen, insbesondere Vermögensdelikte und schwer wiegende oder wiederholte Ordnungsverstöße einschließlich Steuervergehen. Erfasst sind weiterhin erhebliche oder laufende Verletzungen aufsichtsrechtlicher Vorgaben, die Unzuverlässigkeit im Arbeitsleben sowie persönliche Schwächen (z. B. mangelnde Durchsetzungsfähigkeit gegen sachfremde Einflüsse, Neigung zu hochriskanten Geschäften, Spielsucht) und schwere Krankheiten, die eine zuverlässige Erfüllung der übernommenen Aufgabe gefährden (z. B. Alkoholismus). Auch die Unfähigkeit zu wirtschaftlicher Geschäftsführung kann nicht nur den Vorwurf einer fehlenden fachlichen Eignung, sondern auch einer Unzuverlässigkeit begründen. Dies gilt insbesondere bei einer schuldhaft herbeigeführten Insolvenz oder bei chaotischer Wirtschaftsführung. Um derartige Tatsachen zu belegen, kann die BaFin auch auf eigene Erfahrungen mit dem Betroffenen aus früheren Tätigkeiten zurückgreifen. Da das Gesetz die Unzuverlässigkeit als Versagungsgrund ausgestaltet hat, muss der Betreffende die Zuverlässigkeit nicht positiv nachweisen, sondern es dürfen keine Tatsachen vorliegen, die eine Unzuverlässigkeit begründen. Der Antragsteller, Geschäftsleiter oder Inhaber muss daher der BaFin eine Prüfung ermöglichen und zu diesem Zweck die erforderlichen Auskünfte ___________ 232 Hierzu und zum Folgenden Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 31 ff.

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über seine Person und seinen Werdegang erteilen. Die BaFin kann die Vorlage eines Lebenslaufs, eines polizeilichen Führungszeugnisses sowie eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister und dem Bundeszentralregister verlangen. c) Fachliche Eignung Die Geschäftsleiter müssen die notwendige fachliche Eignung zur Leitung des Instituts besitzen233. Die BaFin muss aus dem bisherigen beruflichen Werdegang, insbesondere der Ausbildung und Vorerfahrung, den ausgeübten Tätigkeiten und Verantwortungsbereichen positiv ableiten können, dass der Antragsteller über die notwendige fachliche Eignung in den betreffenden Geschäften verfügt und die institutsspezifischen und die persönlichen Anforderungen erfüllt234. Die institutsspezifischen Anforderungen richten sich nach der Größe des Instituts und den von ihm angebotenen Leistungen. Deshalb sind die Anforderungen an einen Finanzportfolioverwalter nicht so umfangreich wie diejenigen an den Geschäftsleiter eines Universalkreditinstituts235. Betrachtet man allein die Gruppe der Finanzdienstleister, werden bei der fachlichen Eignung insbesondere ausreichende Kenntnisse des Wertpapierhandels vorausgesetzt. Die persönlichen Anforderungen umfassen ausreichende theoretische und praktische Kenntnisse sowie Leitungserfahrung. – Bei den erforderlichen theoretischen Kenntnissen handelt es sich um volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche und allgemein rechtliche Kenntnisse, die durch eine Bankausbildung erworben und entsprechende Schulungen gefestigt oder vertieft worden sein können. Ob die Kenntnisse ausreichend sind, ist im Einzelfall und mit Blick auf das konkrete Institut festzustellen. – Die notwendige praktische Erfahrung setzt eine umfassende Tätigkeit in denjenigen Geschäftsfeldern voraus, mit denen der Betreffende als Geschäftsleiter voraussichtlich konfrontiert sein wird. Handelt es sich um ein Universalkreditinstitut, würde dies eine umfassende Erfahrung in ___________ 233 Zum Folgenden Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 39 ff. Die fehlende fachliche Eignung kann in Ausnahmefällen durch Bestellung eines gekorenen Geschäftsleiters nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 KWG ersetzt werden. 234 Dass es sich hierbei immer noch nicht um eine Selbstverständlichkeit handelt, zeigen die Ausführungen von Dürr, WM 1993, 1918. 235 Diesem Befund entspricht im Übrigen eine parallele Situation hinsichtlich der geschuldeten zivilrechtlichen Pflichten. Einzelheiten bei Köndgen, Bankhaftung, S. 133, 155.

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allen von § 1 Abs. 1, 1a KWG erfassten Geschäftsarten bedeuten. Eine derart große Erfahrung wird man von niemandem erwarten können. Ausreichend ist daher ein solides Fachwissen verbunden mit Spezialkenntnissen in mehreren Geschäftsfeldern236. Ist der vom Institut angebotene Kreis der Geschäfte dagegen gering, muss die praktische Erfahrung sich gerade auf diese Geschäfte erstrecken. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die fachliche Eignung – anders als die persönliche Zuverlässigkeit – ersetzt werden kann. Besteht die Geschäftsleitung aus mehreren Personen, muss nicht jeder Geschäftsleiter alle Sparten beherrschen, sondern die Geschäftsleiter können sich mit ihren Fähigkeiten gegenseitig ergänzen237. Die notwendige praktische Erfahrung kann bei einem Institut vergleichbarer Geschäftsart, aber auch außerhalb eines Kreditinstituts erworben worden sein238. – Leitungserfahrung liegt vor, wenn der Betreffende praktische Erfahrung mit der Übernahme von Verantwortung, Menschenführung und Konfliktlösung hat, über eine ausreichende Organisationsfähigkeit und Fähigkeit zur Delegation verfügt und die notwendige Entscheidungs- und Durchsetzungsfähigkeit mitbringt. Dies wird dadurch belegt, dass der Betreffende bereits früher eigenverantwortliche Leitungsaufgaben mit Entscheidungskompetenzen (z. B. als Prokurist, Zweigstellenleiter oder Abteilungsleiter) wahrgenommen hat. Ob diese Kenntnisse durch eine Tätigkeit in einer Bank oder auf andere Weise erworben wurden, ist unerheblich239. Da kleinere Finanzdienstleistungsinstitute häufig nur einen sehr geringen Personalbestand haben und daher keine umfangreiche Personalführung zu erwarten ist, müssen die betreffenden Geschäftsleiter nur eine für diesen Umfang ausreichende Leitungserfahrung mitbringen. Der Nachweis der Eignung wird jedoch durch § 33 Abs. 2 Satz 2 KWG erleichtert. Die Vorschrift stellt eine Regelvermutung240 dahingehend auf, dass die persönliche Eignung vorliegt, wenn eine dreijährige leitende Tätigkeit in einem Institut vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachgewiesen wird. ___________ 236 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 63; i. E. auch Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2483. 237 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 78. 238 BVerwG, Buchholz 451.61 KWG Nr. 11; Hafke, ZfgK 1980, 664 ff.; Süchting/ Schneider/Link, ZBB 1991, 120, 123 f.; Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 51; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2483; a. A. Bähre/Schneider, KWG3, § 33 Anm. 5. 239 BVerwG, Buchholz 451.61 KWG Nr. 11; Hafke, ZfgK 1980, 664 ff.; Süchting/ Schneider/Link, ZBB 1991, 120, 123 f.; Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 51; Bähre/Schneider, KWG3, § 33 Anm. 5. 240 Zur Einordnung dieser Vorschrift als widerlegliche Regelvermutung Süchting/ Schneider/Link, ZBB 1991, 120, 121.

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Die dreijährige Tätigkeit darf nicht zu lang zurückliegen, damit die erworbenen Kenntnisse nicht vergessen oder veraltet sind. Die Regelvermutung kann etwa dadurch widerlegt sein, dass der Betreffende als langjähriger Geschäftsleiter eines Instituts versagt hat, indem er dort eine Unternehmenskrise verschuldete oder häufig aufsichtsrechtliche Vorgaben missachtete. Die in § 1 Abs. 1a KWG geregelten Finanzdienstleistungen sind erst seit 1998 aufsichtsrechtlich erfasst. Zuvor waren daher in diesem Bereich tätige Unternehmen begrifflich noch keine Institute i. S. d. KWG. Daher musste die Regelvermutung dahingehend interpretiert werden, dass die Tätigkeit in einem Unternehmen ausreichte, das Geschäfte ausgeführt hat, die nach heutiger Rechtslage Finanzdienstleistungen darstellten241. Vermögensverwalter mit einer dreijährigen Berufserfahrung, welche die Übergangsregelung des § 64e KWG genutzt haben, konnten sich damit auf die Regelvermutung berufen. d) Zwischenfazit Die Regeln über die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung reduzieren die eingangs beschriebenen Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken für den Kunden eines Vermögensverwalters erheblich. Sie sollen und können jedoch keinen absoluten Schutz gewährleisten, da dies eine umfassende Lebensführungskontrolle der Geschäftsleiter bedeuten würde. Die Kontrolle der Zuverlässigkeit und Eignung schützt nicht vor erstmals auftretendem kriminellem Verhalten. Außerdem greift der Versagungsgrund nur, falls in der Vergangenheit aufgetretene erhebliche Fehler der Geschäftsleiter auch tatsächlich nach außen gedrungen sind und behördlich registriert wurden. Da viele Institute jedoch im Interesse ihres guten Rufs solche Fehler im Wege des „einvernehmlichen Ausscheidens“ des Schuldigen und der Abfindung der Ansprüche des Kunden bereinigen, werden der BaFin nicht alle erheblichen Fehler auch tatsächlich bekannt. Dem Verfasser ist im Rahmen seiner rechtstatsächlichen Untersuchung der Fall eines Instituts geschildert worden, das die Finanzportfolioverwaltung und Anlageberatung anbot und dessen Geschäftsleiter eigenmächtig Geschäfte für Anlageberatungskunden vorgenommen hat. Er behandelte sie damit als Vermögensverwaltungskunden, ohne eine entsprechende Vollmacht zu haben. Eine dagegen erhobene und vom Geschäftsleiter als berechtigt anerkannte Kundenbeschwerde wurde als Kulanzregelung eingeordnet und – aus Sicht des Geschäftsleiters erfolgreich – „in den Büchern versteckt“. ___________ 241 Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 33 Rdn. 100; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2488 f.

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Das Kreditwesengesetz verpflichtet die Institute nicht, alle von Mitarbeitern verübten Verstöße gegen Aufsichtsrecht und alle von Kunden geltend gemachten Beschwerden innerbetrieblich als solche auch zu dokumentieren oder besonders schwer wiegende Verstöße an die Aufsicht zu melden. Eine solche Meldepflicht ist nur in einzelnen Rundscheiben enthalten242. Nur wenn die BaFin aus den Unterlagen der Innenrevision eines Instituts243 oder durch den Bericht des Wirtschaftprüfers von einer eklatanten Häufung berechtigter, erheblicher Kundenbeschwerden Kenntnis erlangt, ist sie in der Lage, die Zuverlässigkeit und Eignung der Betreffenden tatsächlich wirksam zu kontrollieren. Es kann nicht Aufgabe der Aufsicht sein, jeder Kundenbeschwerde nachzugehen, da dies die BaFin überfordern und zur Schaffung einer totalen Beaufsichtigung führen würde, die das Risiko einer Einengung der wirtschaftlichen Freiheit der Branche bedeuten kann. Der betroffene Kunde bleibt zudem nicht schutzlos, da ihm der Zivilrechtsweg offen steht. Um jedoch einen effektiven Funktionenschutz im Wege der Aufsicht über die Zuverlässigkeit und Eignung zu gewährleisten, muss über eine Meldepflicht sichergestellt werden, dass zumindest die „schwarzen Schafe“ erkannt werden, bei denen es entweder zu einer Häufung von Missständen oder zu einzelnen besonders schwer wiegenden Verstößen gegen das Aufsichtsrecht kommt. Selbst wenn man unterstellt, dass sich die Ungeeignetheit innerhalb der Branche herumspricht und dies dazu führt, dass der Betreffende keine Anstellung mehr findet, kann er immer noch ein Finanzdienstleistungsinstitut gründen, da nicht auszuschließen ist, dass die BaFin von seinen Verfehlungen bislang nichts erfahren hat. Zwar ist die deshalb bestehende Schutzlücke kleiner geworden, da § 6 Abs. 1 Nr. 6 WpDPV den Wirtschaftsprüfer seit 1998 verpflichtet, bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Art und Weise der Behandlung von Kundenbeschwerden und die damit zusammenhängenden personellen und organisatorischen Konsequenzen im Prüfbericht im Einzelnen darzustellen. Solange die Institute jedoch nicht ausdrücklich und sanktionsbewehrt verpflichtet werden, Kundenbeschwerden innerbetrieblich als solche zu registrieren, bleibt auch ___________ 242 So in Punkt 2.4. a. E. des Schreibens des damaligen BAKred über die „Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute“ vom 23.10.1995, I 4 – 42 – 3/86, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.270 und abrufbar unter http://www.bakred.de/texte/verlautb/mianfhg. htm (abgerufen am 27.4.2001). Es wird ergänzt durch zwölf Rundschreiben, ebenfalls abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.270. 243 Punkte 6 f) und g) des Schreibens über die „Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision der Kreditinstitute“ vom 17.1.2000, I 4 – 42 – 5/97, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.325 und abrufbar unter http://www.bakred.de/texte/rundsch/rs01_00.htm (abgerufen am 27.4.2001).

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dieser Schutz lückenhaft. Die später darzustellenden Organisationspflichten aus § 25a Abs. 1 KWG (dazu unten 8.) enthalten eine solche ausdrückliche Verpflichtung der Registrierung nicht.

6. Unzuverlässigkeit der Inhaber bedeutender Beteiligungen und Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur a) Überblick Unter dem Gesichtspunkt des Funktionenschutzes haben (insbesondere durch den Zusammenbruch der BCCI) in den letzten Jahren bedeutende Beteiligungen an Instituten eine traurige Bedeutung erlangt. Zwei Gefahren sind bislang aufgetreten und wurden nun auch aufsichtsrechtlich erfasst: – Um zu verhindern, dass die Inhaber bedeutender Beteiligungen einen schädlichen Einfluss auf das Institut ausüben und so die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte beeinträchtigen, unterliegen sie einer Zuverlässigkeitskontrolle. – Zudem soll verhindert werden, dass durch eine unübersichtliche oder eine vom Nicht-EU-Ausland beherrschte Konzernstruktur die national angelegte Beaufsichtigung von Instituten beeinträchtigt oder vereitelt wird. Diese Regelungen gehen u. a. auf die BCCI-Folgerichtlinie zurück. Um der BaFin eine effektive Prüfung zu ermöglichen, sind das Institut, seine Inhaber und Gesellschafter sowie die am Erwerb der bedeutenden Beteiligung interessierten Personen (und ggf. deren Gesellschafter) auskunfts-, vorlage- und duldungspflichtig (§§ 2b Abs. 1, 24 Abs. 1 Nr. 11 und Abs. 1a Nr. 2, 44b KWG). Stellt sich bei der so möglichen Überprüfung die Unzuverlässigkeit eines der Beteiligten heraus, stehen der Aufsicht – je nach Ausgangslage – folgende drei Sanktionen zur Verfügung. b) Versagung der Erlaubnis Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KWG ist die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb des Instituts zu versagen, wenn einer der Gesellschafter mit einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung in Höhe von 10 % des Kapitals oder der Stimmrechte (vgl. im Einzelnen § 1 Abs. 9 KWG) unzuverlässig ist (zur Unzuverlässigkeit s. o.) oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Instituts zu stellenden Ansprüchen genügt (z. B. weil er an organisierter Kriminalität beteiligt ist oder der Geldwäsche überführt wurde). Dies gilt auch für die Geschäftsführer oder gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person, die eine bedeutende Beteiligung am Institut besitzt. 624

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Nach § 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KWG kann die Erlaubnis außerdem versagt werden, wenn das Institut so in einen Unternehmensverbund eingebunden ist, dass seine wirksame Beaufsichtigung beeinträchtigt wird. Gleiches gilt für den Fall, dass das Institut durch die Beteiligung zum Tochterunternehmen eines Instituts im Ausland würde und dort nicht beaufsichtigt wird oder zwar beaufsichtigt ist, aber die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der ausländischen Aufsichtsbehörde nicht befriedigend funktioniert (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KWG). c) Untersagung des Erwerbs einer bedeutenden Beteiligung Wird erst nach Zulassung des Instituts eine bedeutende Beteiligung erworben oder soll diese über die Grenze von 20 %, 33 % oder 50 % aufgestockt oder das Institut auf andere Weise kontrolliert werden, wäre ein Entzug der Erlaubnis für den Fall der Unzuverlässigkeit des Erwerbers oder anderer aus dem Erwerb resultierender Gefahren unverhältnismäßig. Deshalb sieht § 2b Abs. 1a Satz 1 KWG vor, dass die BaFin den Erwerb der bedeutenden Beteiligung untersagen darf, wenn Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Erwerbers vorliegen. Gleiches gilt für den Fall, dass durch die Beteiligung oder ihre Erhöhung das Institut dergestalt in einen Unternehmensverbund eingebunden würde, dass dies die wirksame Beaufsichtigung beeinträchtigte. Eine Untersagung kommt auch in Betracht, wenn das Institut durch die Beteiligung zum Tochterunternehmen eines Instituts im Ausland würde und dort nicht beaufsichtigt wird oder zwar beaufsichtigt ist, aber eine Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der ausländischen Aufsichtsbehörde nicht befriedigend funktioniert. d) Verbot der Stimmrechtsausübung Stellt sich die Unzuverlässigkeit eines der Gesellschafter oder die fehlende Möglichkeit einer effektiven Beaufsichtigung erst nach Zulassung des Instituts und nach Erwerb der bedeutenden Beteiligung heraus, kann die BaFin die Ausübung der Stimmrechte nach § 2b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 KWG untersagen und sie ggf. auf einen Treuhänder übertragen. Dieser kann auch mit der Veräußerung der Beteiligung betraut werden. Eine Stimmrechtsbeschränkung und Übertragung auf einen Treuhänder kann auch für den Fall angeordnet werden, dass der Gesellschafter entgegen einer Anordnung der BaFin nach § 2b Abs. 1a KWG die bedeutende Beteiligung erworben hat oder sich einer Zuverlässigkeitskontrolle durch Nichtbeachtung der Unterrichtungspflichten der Aufsicht entzieht (§ 2b Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 KWG).

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e) Zwischenfazit Die Bedeutung der Vorschriften über die Unzuverlässigkeit der Inhaber bedeutender Beteiligungen und die Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur ist für die Vermögensverwaltung groß, da die Branche derzeit national und international einen Konzentrationsprozess erlebt244. Um das Vertrauen in den Bank- und Finanzdienstleistungssektor nicht zu schwächen, muss etwa verhindert werden, dass Kriminelle ein Institut erwerben. Die Geldwäschebestimmungen ließen sich ohne weiteres umgehen, wenn organisierte Kriminelle Inhaber einer Vermögensverwaltungsgesellschaft werden. Deshalb kommt den geschilderten Regelungen eine große praktische Bedeutung für das hier behandelte Thema zu. Soweit ersichtlich, sind sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Beteiligungserwerbs erfasst, und das Kreditwesengesetz enthält angemessene Regeln der Beaufsichtigung, so dass der gesetzlich vermittelte Anlegerschutz in diesem Bereich als ausreichend erscheint. Nicht beurteilt werden kann, wie effektiv die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis ist. Dies würde eine separate empirische Untersuchung erfordern, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden kann.

7. Hauptverwaltung im Inland Das Institut muss der Zuständigkeit und damit dem Zugriff der deutschen Aufsicht unterworfen sein. Um dies gewährleisten zu können, verlangt § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KWG, dass sich die Hauptverwaltung des Instituts im Inland befindet. Tut sie dies nicht, ist die BaFin nicht zuständig, sondern die jeweilige ausländische Aufsichtsbehörde. Die Regelung stellt keinen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar, denn sie beschränkt nicht die Niederlassung, sondern grenzt nur die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden ab. Über den Widerrufsgrund des § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG wird zugleich verhindert, dass sich ein Institut nach der Zulassung einer effektiven Kontrolle durch Verlagerung des Sitzes ins Ausland entzieht. Die Regelung der Nr. 6 geht auf Art. 3 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der WDRL und Art. 3 Abs. 2 BCCIFolgerichtlinie zurück.

8. Organisatorische Vorkehrungen Die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb ist auch dann zu versagen, wenn das Institut nicht bereit oder in der Lage ist, die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen für einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb in dem bean___________ 244 Ausführlich dazu oben S. 375 ff.

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tragten Umfang zu schaffen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KWG). Mit dem durch die 6. KWG-Novelle geschaffenen eigenständigen Tatbestand ist die BaFin nun245 in der Lage, die nach Art. 10 Abs. 1 Spiegelstriche 1 und 4 WDRL und dem zu seiner Umsetzung ergangenen § 25a Abs. 1 KWG erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zu überprüfen. Die Voraussetzungen sind im Einzelnen in dem nach §§ 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG, 23 Abs. 7 AnzV vorzulegenden Geschäftsplan nachzuweisen. a) Inhalt des Geschäftsplans Der Umfang der erforderlichen Maßnahmen richtet sich nach der Größe des Instituts und dem Umfang der Geschäfte. Der Plan muss deshalb die Art der ins Auge gefassten Geschäfte unter Angabe der voraussehbaren künftigen Entwicklung anhand von Planbilanzen sowie Plangewinn- und -verlustrechnungen für die ersten drei Geschäftsjahre beinhalten246. Weiterhin ist ein Organigramm mit Angabe der Zuständigkeiten der Geschäftsleiter und der geplanten Personalausstattung vorzulegen. Aus dem Geschäftsplan muss damit klar ersichtlich sein, welche organisatorischen Vorkehrungen hinsichtlich der Steuerung, Überwachung und Kontrolle von Risiken (dazu unter b), der internen Kontrollverfahren (dazu unter c), der ausreichenden Datensicherheit (dazu unter d) sowie der ausreichenden Buchführung und Dokumentation (dazu unter e) bestehen247. b) Risikomanagement- und Risikocontrollingsystem Die Institute müssen nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG über geeignete Regelungen zur Steuerung, Überwachung und Kontrolle ihrer Risiken verfügen. Unter Risiko ist die Gefahr eines Verlusts oder Schadens für das Institut sowie die negative Abweichung oder das Nichteintreten von erwarteten Entwicklungen zu verstehen248. Das vom Gesetz geforderte umfassende Risikomanagement- und Risikocontrollingsystem dient dem Ziel, Vermögensverluste durch eine Schieflage oder eine Insolvenz des Instituts zu vermeiden. Denn notwendige Gegenmaßnahmen lassen sich nur ergreifen, wenn Risiken rechtzeitig erkannt, bewertet, überwacht und ggf. ausgeschaltet bzw. kompensiert werden. Dementsprechend müssen alle unternehmerischen Risiken in die Betrachtung einbezogen werden (Gesamtrisikosystem)249. Hierzu werden in der ___________ 245 246 247 248 249

Zur früheren Rechtslage s. o. S. 598, Text zu Fn. 182 und 183. Einzelheiten bei Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481, 2484. Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 33 Rdn. 23. Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 38. Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 38.

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Bankbetriebslehre250 herkömmlich die geschäftspolitischen Risiken (strategische Risiken) gezählt, die sich aus der Rechtsform, dem Standort, der Organisationsstruktur und den Geschäftsfeldern ergeben. Weiterhin sind finanzielle Risiken im Allgemeinen und Liquiditätsrisiken im Besonderen gemeint. Schließlich sind die Risiken des internen Leistungsbereichs einzubeziehen, die sich aus dem personellen Bereich, der Datenverarbeitung, den sonstigen Betriebsmitteln, der Ablaufstruktur und den Rechtsrisiken ergeben. Hieraus folgt insbesondere die Pflicht, ausreichend qualifiziertes und regelmäßig fortgebildetes Personal einzusetzen und dieses ausreichend zu überwachen. Über eine angemessene Bezahlung der Mitarbeiter ist sicherzustellen, dass keine Anreize zu Veruntreuungen geschaffen werden. Konflikte zwischen den Interessen der Mitarbeiter, des Instituts und der Kunden sind nach Möglichkeit zu vermeiden und – falls dies nicht möglich ist – nach vorher festgelegten Regeln zu lösen. Um eine Gefährdung der Kundeninteressen auszuschließen, haben die Mitarbeiter die Mitarbeiterleitsätze251 zu beachten. § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG enthält damit parallele Pflichten zu § 33 WpHG, auf die an späterer Stelle einzugehen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Risikomanagement- und Risikocontrollingsystems kann auf die Verlautbarungen der Aufsichtsbehörde sowie die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen werden252. § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KWG verpflichtet die Institute zudem, über Regelungen zu verfügen, anhand derer sich die finanzielle Lage des Instituts jederzeit mit hinreichender Genauigkeit bestimmen lässt. c) Interne Kontrollverfahren Als interne Kontrollverfahren (Internal Control Systems) müssen die Institute organisatorische Sicherungsmaßnahmen ergreifen, regelmäßige Kontrollen durchführen und eine Innenrevision einrichten (§ 25a Abs. 1 Satz 1

___________ 250 Büschgen, Bankbetriebslehre5, S. 864 ff.; s. a. Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 40. 251 Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen und des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel über Anforderungen an Verhaltensregeln für Mitarbeiter der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute in Bezug auf Mitarbeitergeschäfte vom 7.6.2000, BAnz Nr. 131 vom 15. Juli 2000, S. 13 790, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 4.327. 252 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 50 ff. m. w. N.

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Nr. 2 KWG)253. Im Zuge dessen sind angemessene Maßnahmen bei Kundenbeschwerden vorzusehen. (1) Organisatorische Sicherungsmaßnahmen Das Ausmaß und die Ausgestaltung der organisatorischen Sicherungsmaßnahmen hängen von der Größe des Unternehmens ab. Ihr Kern besteht in dem bereits angesprochenen Vier-Augen-Prinzip, mit dem gewährleistet wird, dass nicht eine Person allein alle Phasen eines Geschäfts abwickelt. Zur Funktionstrennung gehört nicht nur eine Zuständigkeitsregelung für einzelne Geschäftsabschlüsse, sondern eine grundsätzliche Trennung unvereinbarer Tätigkeiten. Zu diesem Zweck hat die Aufsichtsbehörde Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften aufgestellt254. Beim Betreiben solcher Geschäfte ist eine Trennung zwischen dem Handel, der Abwicklung und Kontrolle, dem Rechnungswesen und der Überwachung notwendig (funktionale Trennung). Zudem muss die Handelsabteilung von anderen Abteilungen des Instituts getrennt sein (organisatorische Trennung). Diese funktionale und organisatorische Trennung muss bis auf die Ebene der Geschäftsleitung reichen, so dass der für den Handel verantwortliche Geschäftsleiter nicht auch für andere Organisationseinheiten zuständig sein darf. Für kleinere Institute, die aufgrund ihrer Personalausstattung eine solche Trennung nicht gewährleisten können, sieht die BaFin Erleichterungen vor, wenn die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte durch eine unmittelbare Einschaltung der Geschäftsleiter sichergestellt wird. Die funktionale und organisatorische Trennung ist auch für andere Bereiche außerhalb des Handels (z. B. Kreditgeschäft und Dienstleistungen) ein wirksames Mittel, um ordnungsgemäße Geschäftsabläufe sicherzustellen und Risiken durch Einschaltung mehrerer Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess zu minimieren255. Gleichzeitig können sie einem zweiten Ziel dienen, nämlich der Vermeidung von Interessenkonflikten bei Universalkreditinstituten und Wertpapierhäusern, die neben der Vermögensverwaltung weitere Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen betreiben. In diesen Fällen ist es geboten, die Abteilung für Vermögensverwaltung von der Emissionsabteilung und den mit Eigengeschäften und Eigenhandel betrauten Abteilungen strikt zu trennen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass sich die Entscheidungsfindung der Mitarbeiter der Vermögensverwaltungsabteilung aus___________ 253 Ausführlich dazu die aus dem Jahr 1998 stammenden Grundsätze des Basel Committee on Banking Supervision, Framework for Internal Control Systems in Banking Organisations. 254 S. o. S. 623 Fn. 242. 255 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 121.

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schließlich an Marktgesichtspunkten und Kundeninteressen orientiert und nicht durch Eigeninteressen des Instituts beeinflusst wird. § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG enthält damit ebenfalls eine in Teilen parallele Regelung zu § 33 Abs. 1 WpHG, in dessen Zusammenhang die Errichtung von Chinese Walls diskutiert wird. Zu den organisatorischen Sicherungsmaßnahmen gehört des Weiteren die sofortige und vollständige Aufnahme aller Geschäftsvorfälle256. Denn ein Managementinformationssystem zur Planung und Überwachung der Geschäftstätigkeit ist nur auf der Grundlage vollständiger, aktueller und richtiger Informationen funktionstüchtig. (2) Regelmäßige Kontrollen Organisatorische Sicherungsmaßnahmen sind selbstverständlich nur dann wirksam, wenn ihre Einhaltung gewährleistet ist. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Zusammenbruch der Barings Bank im Jahre 1995 aufgrund riskanter Termingeschäfte. Der dafür verantwortliche Mitarbeiter Nick Leeson hatte faktisch die Alleinentscheidungsmacht über die Geschäftsabschlüsse in der Singapurer Zweigstelle der Bank, da die firmeninterne Kontrolle außer Kraft gesetzt war. Deshalb ist ein internes, in die Arbeitsprozesse integriertes Kontrollsystem (prozessabhängige Überwachung) notwendig, das die Arbeitsabläufe überwacht und mögliche Fehler aufdeckt. Dies geschieht zum einen durch fest in den Arbeitsprozess eingebaute Kontrollen und zum anderen durch Stichproben. Art und Umfang der Kontrollen richten sich nach der Größe des Instituts sowie der Anzahl und den Risiken der Geschäfte. (3) Innenrevision Den Schlussstein der internen Kontrolle bildet die Innenrevision. Deren Ausgestaltung und Funktionsweise legte die Aufsichtsbehörde in einem Rundschreiben bereits frühzeitig fest; das Rundschreiben wurde bislang einmal aktualisiert257. Es gilt nur für Kreditinstitute. Da die gesetzlichen Kontrollanforderungen nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG jedoch auch für Finanzdienstleistungsinstitute gelten, müssen sie ebenfalls über Verfahren zur inneren Kontrolle und damit über eine Innenrevision verfügen. Die BaFin ___________ 256 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 123 f. 257 Rundschreiben (I-4-3) des damaligen BAKred vom 28.5.1976, inzwischen ersetzt durch das Rundschreiben vom 17.1.2000, 1/2000 (I-4-42-5/97) (oben S. 623 Fn. 243).

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geht daher davon aus, dass größere Finanzdienstleistungsinstitute die für Kreditinstitute geltenden Anforderungen übernehmen. Die Einrichtung der Innenrevision obliegt der Geschäftsleitung. Sie ist dieser direkt zu unterstellen und ihre Unabhängigkeit ist sicherzustellen. Um die Funktionsfähigkeit der Innenrevision zu gewährleisten, muss diese über eine angemessene Personalausstattung verfügen und es muss sichergestellt sein, dass ihre Mitarbeiter nicht mit weiteren Aufgaben betraut sind, die sich nicht mit ihrer Kontrolltätigkeit vereinbaren lassen (strikte personelle, funktionale und organisatorische Aufgabentrennung). Bei kleineren Instituten kann die Aufgabe der Innenrevision einem der Geschäftsleiter überantwortet werden, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass dieser nicht auch die von ihm verantworteten Geschäfte kontrolliert. Die Aufgaben der Innenrevision können im Rahmen des § 25a Abs. 2 KWG ausnahmsweise auch ausgelagert werden (bspw. auf den Prüfer)258. Die Innenrevision muss sich auf alle Betriebsabläufe beziehen und die schriftlich niedergelegte Ordnung des Betriebs überwachen. Um die Funktionsfähigkeit der Innenrevision zu gewährleisten, ist diese von allen Anweisungen der Geschäftsleitung, Organisationsänderungen und Veränderungen der wesentlichen geschäftlichen Grundlagen laufend und umgehend zu informieren. Die Prüfungstätigkeit der Innenrevision, die sich auf wechselnde Schwerpunkte konzentrieren kann, hat Aufschluss darüber zu geben, ob die Betriebsabläufe ordnungsgemäß sind, Mängel auftreten oder Gefahren für das Unternehmen bestehen259. Die Ergebnisse der Prüfungen sind im Wege regelmäßiger schriftlicher Berichte zeitnah an die gesamte Geschäftsleitung zu übermitteln. Zu den Empfehlungen und Beanstandungen hat der für das Sachgebiet zuständige Geschäftsleiter Stellung zu nehmen. Bei drohenden Gefahren ist die Geschäftsleitung außerhalb des Turnus schriftlicher Berichte unverzüglich zu informieren. Werden schwer wiegende Beanstandungen bei einem Geschäftsleiter festgestellt, ist das gesamte Leitungsorgan umgehend schriftlich zu unterrichten. Das Leitungsorgan wiederum hat den Aufsichtsrat von dem Bericht in Kenntnis zu setzen. (4) Beschwerdewesen Teil der internen Kontrolle ist das Beschwerdewesen, das in der Praxis sehr oft bei der Innenrevision angesiedelt ist. Denn Reklamationen können ein wichtiger Hinweis auf Schwächen im Betriebsablauf sein. Nach derzeit wohl ___________ 258 Punkt 7 des Schreibens des damaligen BAKred vom 17.1.2000 (oben. S. 623 Fn. 243); Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 131. 259 Hierzu und zum Folgenden Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 133 ff.

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herrschender Ansicht ist aus aufsichtsrechtlicher Sicht keine zentrale Erfassung aller Kundenbeschwerden innerhalb des Instituts geboten260. Dieser Standpunkt überzeugt jedoch nicht. Will man verhindern, dass eine Häufung von Missständen in einzelnen Zweigstellen oder Abteilungen von der Geschäftsführung unbemerkt bleibt, erscheint es geboten, eine Verpflichtung zur zentralen Registrierung aller Beschwerden innerhalb des Instituts vorzunehmen. Eine solche Verpflichtung würde es Instituten auch erschweren, Missstände vor der BaFin zu verheimlichen, da der Prüfer zumindest nachträgliche Manipulationen im Registrierungsvorgang aufdecken könnte und das spätere Bekanntwerden nicht registrierter Beschwerden Konsequenzen nach sich ziehen würde. Dies würde helfen, die oben261 beschriebene Lücke bei der Prüfung der Zuverlässigkeit und Eignung von Geschäftsleitern zu schließen. d) Ausreichende Datensicherheit Die Tätigkeit der Institute ist heute ohne den Einsatz elektronischer Datenverarbeitung (wirtschaftlich) nicht mehr abzuwickeln. Aufgrund ihrer zentralen Stellung kommt der Sicherheit der EDV daher eine enorme Bedeutung zu, da ihr Ausfall den Zusammenbruch des Instituts zur Folge haben kann. Aufsichtsrechtlich geboten ist daher ein umfassender Schutz dieser Systeme262. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die erfassten Daten oder errechneten Ergebnisse materiell richtig sind (materielles Fehlerrisiko). Weiterhin darf es nicht zu formalen Fehlern kommen (formales Fehlerrisiko), etwa indem Datenschutz- und Aufbewahrungsfristen nicht beachtet werden. Das Institut ist gegen technische Ausfallrisiken zu sichern. Schließlich muss verhindert werden, dass sich Dritte unbefugt Zugang zur EDV des Instituts verschaffen (Fremdnutzungsrisiko). Das Institut hat daher entsprechende organisatorische, physisch-technische und systemtechnische Vorkehrungen zu treffen (§ 25a Abs. 1). e) Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Gemäß § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG ist das Institut verpflichtet, Aufzeichnungen über ausgeführte Geschäfte anzufertigen, die der BaFin innerhalb ihrer Zuständigkeit eine lückenlose Überwachung des Instituts erlauben. Die Aufzeichnungen sind sechs Jahre lang aufzubewahren. Die damit notwendige Buchführung und Dokumentation geht über die handelsrecht___________ 260 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 141. 261 S. o. S. 622 ff. 262 Hierzu und zum Folgenden Braun, in: Boos u. a., KWG, § 25a Rdn. 142 ff.

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lichen Pflichten hinaus, da die Aufzeichnung so zu erfolgen hat, dass der Aufsicht auch im Nachhinein noch eine Kontrolle darüber ermöglicht wird, ob die aufsichtsrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. f) Sicherungssysteme gegen Geldwäsche und Betrug § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KWG verpflichtet die Institute, angemessene geschäfts- und kundenbezogene Sicherungssysteme gegen Geldwäsche und betrügerische Handlungen vorzuhalten. Die Pflichten aus dem Geldwäschegesetz, auf die später eingegangen wird, werden also durch organisatorische Vorgaben ergänzt. g) Zwischenfazit Die beschriebenen Vorgaben im Hinblick auf die Organisation eines Instituts erscheinen ausreichend, um die Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken der Vermögensverwaltung angemessen zu erfassen. Die Institute sollten aber generell verpflichtet werden, besonders schwer wiegende Missstände, Verstöße gegen das Aufsichtsrecht und Manipulationen durch Mitarbeiter zentral zu erfassen und der BaFin direkt zu melden. In Betracht kommt auch eine Verpflichtung des Prüfers, entsprechende Feststellungen in den Prüfungsbericht aufzunehmen.

9. Outsourcing a) Interessenlage und Gefahren Aufgrund des Rationalisierungs- und Kostendrucks, unter dem der Finanzdienstleistungssektor seit einigen Jahren steht, werden zunehmend Tätigkeiten aus den Instituten an dritte Unternehmen (Insourcer) ausgelagert263. Neben der Kostenersparnis verbindet sich mit der Auslagerung regelmäßig auch die Erwartung einer Steigerung der Qualität der Leistung, wenn sich der Insourcer auf ein bestimmtes Tätigkeitsfeld spezialisiert hat. Gerade für kleinere Institute bedeutet die Auslagerung eine erhebliche organisatorische Erleichterung. Es verwundert daher nicht, dass vor allem das Thema der Auslagerung der Back-Office-Bereiche des Wertpapiergeschäfts264 und der ___________ 263 Einen Überblick über die verschiedenen Formen des Outsourcings und praktische Erfahrungen geben Herrmann/Vollmer, ZfgK 1999, 1255 ff. 264 Vgl. etwa o. V., ZfgK 1997, 352 f.; o. V., ZfgK 1997, 355 f.; Adam, ZfgK 1997, 868 ff.; v. Harbou, ZfgK 1997, 856 ff.; Bösch, ZfgK 1997, 860 ff.; ders., Die Bank 1998, 752 ff.; Käsbeck, ZfgK 1997, 859; Strohmayr/Wolf, ZfgK 1997, 882 f.; Caspritz, ZfgK 1997, 862 ff.; Gissel, ZfgK 1997, 884 ff.; Adams/Sixt, Die Bank 1998,

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Derivate265 in den letzten Jahren zu den intensiv diskutierten Themen gehörte. Auch bei den Vermögensverwaltern stieß die Frage der zulässigen Reichweite des Outsourcings von Teilen ihrer Dienstleistung auf reges Interesse266. Lagert ein Institut Teile seiner Tätigkeit auf ein anderes Unternehmen aus, entstehen zusätzliche Gefahren. Die Auslagerung selbst kann eine zusätzliche Fehlerquelle schaffen, weil Informationen zwischen beiden Unternehmen ausgetauscht und Tätigkeiten abgestimmt werden müssen. Das auslagernde Unternehmen begibt sich in eine Abhängigkeit vom Insourcer, da es Personalkapazitäten und damit Know-how abbaut und später die ausgelagerten Bereiche nicht ohne weiteres wieder selbst übernehmen kann267. Außerdem birgt eine Auslagerung die Gefahr einer Verletzung der Vertraulichkeit, da Dritte Einblick in die Interna des Instituts und in die Kundenbeziehungen erhalten268. Die Auslagerung kann zudem die Überwachung durch die BaFin behindern. Diesen Gefahren sollen die Vorschriften des § 25a Abs. 2 KWG und des weitgehend deckungsgleichen § 33 Abs. 2 WpHG vorbeugen. Bei den Vorschriften handelt es sich um Spezialregelungen, die Ausfluss der allgemeinen Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung sind und damit die Anforderungen ergänzen, die § 25a Abs. 1 KWG normiert. Die Inhalte und Grenzen der Auslagerung müssen sich demnach stets auch an diesen allgemeinen Organisationsregeln und den damit verfolgten Zielen orientieren269. Die §§ 25a Abs. 2 KWG, 33 Abs. 2 WpHG schreiben vor, dass die Auslagerung solcher Teile der Tätigkeit, die für das betreffende Bankgeschäft oder die Finanzdienstleistung wesentlich sind, weder (1) die Ordnungsmäßigkeit der Leistung noch (2) die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Geschäftsführung noch (3) die Überwachung durch die BaFin beeinträchtigen darf. Das Institut hat sich deshalb vertraglich Weisungs- und Kontrollrechte ___________

265 266 267 268 269

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164 ff.; dies., ZfgK 1997, 890 ff.; o. V., Die Bank 2000, 293; Pöhler, Die Bank 2000, 20 ff., sowie allgemein Brixner, ZfgK 2000, 1378 ff.; Heintzeler, ZfgK 2000, 1383 ff.; o. V., ZfgK 1997, 308. Schüller, ZfgK 1999, 1272 ff. Dazu unten S. 652 f. Eyles, WM 2000, 1217. Zu den arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit § 613a BGB v. Westphalen, WM 1999, 1810 ff. Zu datenschutzrechtlichen Aspekten des Outsourcings v. Westphalen, WM 1999, 1810, 1814 ff. So auch Rdn. 2 des Rundschreibens 11/2001 der BaFin zur Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen gemäß § 25a Abs. 2 KWG vom 6.12.2001, I – 3 – 272 A – 2/98, abgedruckt in: ZBB 2002, 66 ff.

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vorzubehalten und muss die ausgelagerten Bereiche in seine interne Kontrolle einbinden. Die Auslagerung berührt damit nicht den Grundsatz, dass die Geschäftsleitung des auslagernden Instituts gegenüber der BaFin in vollem Umfang die Verantwortung auch für den ausgelagerten Bereich trägt270. Es unterliegt den Meldepflichten nach §§ 25a Abs. 2 Satz 3 KWG, 20 AnzV. Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben können nach § 6 Abs. 3 KWG sowie § 36 Abs. 2 KWG geahndet werden271. Mit §§ 25a Abs. 2 KWG, 33 Abs. 2 WpHG ist die grundsätzliche Zulässigkeit des Outsourcings anerkannt272, das in einigen Bereichen auch schon vor Erlass der Vorschrift praktiziert wurde. Diese Praxis war Anlass für zahlreiche Rundschreiben des damaligen BAKred273, die es unter Berufung auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung erlassen hatte274. Die Auslegung der mit der 6. KWG-Novelle eingeführten Vorschriften war zunächst mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Das damalige BAKred legte einen unveröffentlichten und drei veröffentlichte Entwürfe eines Rundschreibens zum Outsourcing275 vor, die sich inhaltlich in Teilen sehr unterschieden und die auf Kritik aus Kreditwirtschaft und Wissenschaft stießen276. Das damals bestehende BAWe veröffentlichte am 18.8.1998 ein Rundschreiben zu § 33 Abs. 2 WpHG, das allerdings keine näheren Angaben zur Auslegung der Vorschrift enthielt, sondern nur allgemein zum Outsourcing Stellung nahm. Die deshalb bestehende Planungs- und damit Rechtsunsicherheit wurde zu ___________ 270 Rundschreiben 11/2001 (soeben Fn. 269), Rdn. 3. 271 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 87; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1117; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 25a Rdn. 7, 25a. 272 Zur Entwicklungsgeschichte der Frage der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit des Outsourcings Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 551 ff. 273 Vgl. die Aufstellung bei Eyles, WM 2000, 1217, 1219 Fn. 13; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110 f. Vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung wurde das Outsourcing z. T. nur in sehr engen Grenzen als zulässig angesehen, vgl. Haug, in: Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG6, § 1 Rdn. 93. 274 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 87. 275 Die vier Entwürfe des Rundschreibens stammten vom 13.7.1998, 9.11.1999 (unveröffentlicht), 14.7.2000 und Feb. 2001. Sie trugen das AZ I 3 – 272 A – 2/98. Die Entwürfe drei und vier wurden auf der Homepage des damaligen BAKred unter http://www.bakred.de (abgerufen am 3.5.2001) veröffentlicht, der dritte Entwurf ist auch abgedruckt in: ZBB 2000, 282 ff., und bei Hadding/Hopt/Schimansky, Funktionsauslagerung, S. 163 ff. 276 Zur Kritik an den Entwürfen vgl. Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441 ff. m. w. N. Eine umfangreiche Diskussion erfuhr das Thema auf dem Bankrechtstag 2000, vgl. den Abdruck der Beiträge in: Hadding/Hopt/Schimansky, Funktionsauslagerung, sowie die Tagungsberichte von Hennrichs, WM 2000, 1561 ff., und Zerwas/Hanten, ZBB 2000, 276 ff.

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Recht kritisiert277, zumal auch eine richtlinienkonforme Auslegung nicht weiterhalf 278. Im Jahre 2001 legte die Aufsicht die endgültige Fassung eines Rundschreibens zum Outsourcing vor279, das offenbar die Zustimmung der Praxis findet, denn die Diskussion hat sich seitdem merklich beruhigt. Vor der näheren Betrachtung der Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 KWG sei noch auf eine später zu erörternde Fragestellung hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung wird regelmäßig die Frage diskutiert, ob der Vermögensverwalter seine Leistung persönlich erbringen muss oder seine Verpflichtung auf Dritte übertragen kann. Diese in § 664 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 613 BGB geregelte Frage berührt allein das Vertragsrecht und ist von der hier diskutierten Problematik der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit einer Auslagerung strikt zu trennen. Bedingen nämlich die Parteien die zivilrechtliche Pflicht zur persönlichen Wahrnehmung ab280, kann eine vertraglich zulässige Übertragung auf Dritte gleichwohl gegen zwingendes Aufsichtsrecht verstoßen. Umgekehrt ist nicht alles aufsichtsrechtlich Erlaubte auch vertragsrechtlich zulässig. Hat der Kunde die persönliche Wahrnehmung sämtlicher Bereiche der Vermögensverwaltung durch einen bestimmten Geschäftsführer des Instituts vereinbart, ist ein Outsourcing kundenbezogener Tätigkeiten nicht möglich, selbst wenn die BaFin keine Einwände gegen die Auslagerung hätte. b) Definition der Auslagerung Eine Auslagerung im aufsichtsrechtlichen Sinne liegt vor, wenn eine dem Geschäftsbetrieb dienende Tätigkeit dauerhaft oder für längere Zeit ganz oder teilweise auf ein anderes Unternehmen übertragen und von diesem ausgeführt wird, die Leistung aber dem Kunden gegenüber weiterhin als Leis___________ 277 Eyles, WM 2000, 1217, 1219 f. 278 Ebenso Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 6; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 25a Rdn. 19; Eyles, WM 2000, 1217, 1218; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1112. Dabei scheint Einigkeit dahingehend zu bestehen, dass allein § 25a Abs. 1 KWG der Umsetzung des Art. 10 WDRL und des Art. 4 Abs. 4 KARL dient, während Abs. 2 entgegen der Regierungsbegründung (BR-Drucks. 963/96, S. 87) gerade nicht auf Vorgaben der Richtlinien beruht. In Art. 13 Abs. 5 UAbs. 1 MiFID ist nun das Outsourcing geregelt, s. o. S. 492 f. 279 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269). 280 In der Praxis spielt diese Pflicht keine große Rolle, da die Institute zumeist Kapitalgesellschaften sind. Vertragspartner ist damit die Gesellschaft, die ihre Leistungen durch ihre Organe und Angestellten erbringt, ohne dass § 664 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 613 BGB berührt wären. In den dem Verf. vorliegenden Vermögensverwaltungsverträgen finden sich keine Regelungen, wonach der Kunde Anspruch auf einen bestimmten Kundenbetreuer hat.

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tung des Instituts erscheint281. Dabei kommt es häufig zu Vermögensübertragungen vom auslagernden Institut zum Insourcer; dies stellt jedoch keine zwingende Voraussetzung des aufsichtsrechtlichen Auslagerungsbegriffs dar, so dass beispielsweise auch eine reine Auftragsdatenverarbeitung einen Fall des Outsourcings bildet. Eine Auslagerung setzt die Nachhaltigkeit der Tätigkeitsverlagerung auf ein anderes Unternehmen voraus282. Die gelegentliche Hinzuziehung eines Experten zur Lösung von Einzelfällen stellt keine Auslagerung dar. Nicht als Auslagerung gilt daher die Beiziehung eines Rechtsanwalts zur Prozessführung, wohl aber die Beauftragung eines externen Anwalts mit der dauernden Wahrnehmung des institutseigenen Beschwerdewesens, da diese Tätigkeit typischerweise institutsintern angesiedelt ist. Einen Grenzfall stellt die dauernde Beratung des Instituts durch eine Kanzlei dar, wenn sich das Institut keine eigene Rechtsabteilung leisten will. Solange die Entscheidungen im Institut getroffen werden und der Kanzlei nur eine beratende Funktion zukommt, handelt es sich noch nicht um ein Outsourcing283. Unter einem „anderen Unternehmen“ ist jede vom Institut verschiedene Stelle, Einheit, juristische Person, Personengesellschaft oder natürliche Person zu verstehen, die arbeits- oder dienstvertragsrechtlich nicht dem Institut zuzurechnen und die organisatorisch von diesem getrennt ist. Daher unterfällt auch die Auslagerung auf ein Konzern- oder Tochterunternehmen dem § 25a Abs. 2 KWG284. Unerheblich ist, ob der Insourcer einer Aufsicht unterliegt oder nicht und ob es sich bei ihm um ein Tochterunternehmen handelt, das nach den §§ 10a, 12 Abs. 2, 13b, 14 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 2 KWG zu konsolidieren ist285. Nicht unter § 25a Abs. 2 KWG fällt dagegen die Wahrnehmung von Aufgaben durch eine inländische oder mitgliedstaatliche Zweigstelle, da deren Tätigkeit dem Institut zugerechnet wird286. Da die Aufsichtsbehörden auf Zweigstellen inländischer Institute, die außerhalb der Gemeinschaft und außerhalb der nach §§ 24a Abs. 5, 53c KWG gleichgestellten Staaten betrieben werden, keinen unmittelbaren Zugriff haben, wurde zunächst diskutiert, ob man sie als ein „anderes Unternehmen“ ansehen

___________ 281 282 283 284 285 286

Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 566. Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 570; Eyles, WM 2000, 1217, 1220. Ebenso wohl auch Eyles, WM 2000, 1217, 1222. Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 6 und 9. Kritisch deshalb Eyles, WM 2000, 1217, 1223. Arg. aus §§ 53b Abs. 1 Satz 1 KWG, 2 Abs. 4 WpHG. Siehe weiterhin Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 6; Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 572; Eyles, WM 2000, 1217, 1223; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1113.

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müsse mit der Folge, dass ein Fall der Auslagerung gegeben wäre287. Die BaFin sieht in ihrem Rundschreiben nun die Auslagerung an eine im Ausland befindliche Zweigstelle nicht als Fall des Outsourcings an. Allerdings muss das Institut sicherstellen, dass der BaFin bei jeder Auslagerung ins Ausland ausreichende Eingriffs- und Kontrollbefugnisse verbleiben; andernfalls ist die Übertragung der Aufgabe auf die ausländische Zweigstelle rückgängig zu machen288. Beim Outsourcing kommt es nur auf die organisatorische und rechtliche Trennung von auslagerndem Institut und Insourcer an; eine räumliche Trennung beider wird von der Vorschrift dagegen nicht vorausgesetzt289. Aufsichtsrechtlich unerheblich ist auch, auf welcher rechtlichen Basis die Auslagerung beruht; sie kann daher ebenso im Wege dienst- oder werkvertraglicher Regelungen wie durch einen Beherrschungsvertrag oder eine Zusatzvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag erfolgen. Nicht als Auslagerung gilt hingegen eine Abspaltung oder Ausgliederung (§ 123 Abs. 2 und 3 UmwG) unter Beteiligung von Instituten, da es sich hierbei um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt und der übernehmende Rechtsträger automatisch in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers einrückt (arg. aus § 24 Abs. 1 Nr. 4 KWG). Um zu verhindern, dass Institute privilegiert werden, die bereits ab ihrer Gründung bestimmte Tätigkeiten außer Haus erledigen lassen, umfasst der Begriff der Auslagerung nicht nur das Outsourcing durch ein schon bestehendes Institut, sondern auch das Outsourcing bei Geschäftsaufnahme, wenn typische Tätigkeiten von vornherein bei Dritten „eingekauft“ werden290. Beauftragt beispielsweise ein Finanzportfolioverwalter bei Ge___________ 287 Dazu Hofmann, Outsourcing, S. 47; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1114; Braun, in: Boos u. a., KWG1, § 25a Rdn. 168; Eyles, WM 2000, 1217, 1223. Zum umgekehrten Fall eines Outsourcings durch ein ausländisches Institut an einen inländischen Insourcer Marwede, in: Boos u. a., KWG1, § 53 Rdn. 22 ff., der die Aufsichtspraxis des damaligen BAKred als überzogen streng kritisiert. 288 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 6 und 46; ebenso jetzt Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 573. 289 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 8; Eyles, WM 2000, 1217, 1220; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1113; Hofmann, Outsourcing, S. 47; a. A. (ohne Begründung) v. Westphalen, WM 1999, 1810, 1813. 290 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 8 sowie Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 7; Hofmann, Outsourcing, S. 47. Diese Auffassung entspricht auch derjenigen der Eidgenössischen Bankenkommission, vgl. Rdn. 3 des Rundschreibens der Eidgenössischen Bankenkommission: Auslagerung von Geschäftsbereichen (Outsourcing) vom 26.8.1999, abgedruckt in: Hadding/Hopt/Schimansky, Funktionsauslagerung, S. 173 ff.

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schäftsaufnahme ein externes Unternehmen mit der EDV, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter dieses Unternehmens Kenntnisse über Transaktionen des Verwalters ausnutzen. Ohne Einbeziehung dieses Unternehmens in den Tatbestand des § 33 Abs. 2 WpHG entstünde also eine empfindliche Schutzlücke291. c) Auslagerungsfähige Bereiche Die Vorschrift erfasst nur auszulagernde Tätigkeiten, die funktional zu den vom Institut betriebenen Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen gehören. An sich müssten auch Tätigkeiten, die typischerweise zusammen mit einem Bankgeschäft oder einer Finanzdienstleistungen erbracht werden (z. B. die Anlageberatung bei der Abschlussvermittlung), erfasst sein, doch hat die BaFin aufgrund der Kritik der Branche ihr Rundschreiben bewusst eng gefasst292. Bei der Frage der Zulässigkeit unterscheiden BaFin und Schrifttum zwischen dem Kernbereich, den wesentlichen und den unwesentlichen Bereichen293. Der Kernbereich darf nicht ausgelagert werden. Wesentliche Bereiche dürfen nur unter den in § 25a Abs. 2 Sätze 1, 2 KWG genannten Voraussetzungen ausgelagert werden. Bei unwesentlichen Bereichen ist eine Auslagerung jederzeit möglich, sofern die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 25a Abs. 1 KWG) beachtet werden. Im Einzelnen werden dabei folgende – auch für Vermögensverwalter zentrale – Abgrenzungsfragen diskutiert. (1) Auslagerung des Kernbereichs Ausgelagert werden dürfen nur für die Haupttätigkeit wesentliche Bereiche, nicht aber der Kernbereich des Geschäfts selbst294. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 25a Abs. 2 Satz 1 KWG, der ausdrücklich nur die Auslagerung wesentlicher Teile nennt. Als Kernbereich sind dabei alle Maßnahmen der Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation, Unternehmenssteuerung und Unternehmenskontrolle anzusehen, da sie originäre Leitungsaufgaben ___________ 291 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 40 ff. 292 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 569. 293 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 577 ff., 598 ff.; Eyles, WM 2000, 1217, 1224 ff.; Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441 ff. Im Schrifttum wird die Dreiteilung durch weitere Unterteilungen ziseliert (etwa bei Eyles, WM 2000, 1217, 1228 ff., in „nicht auslagerungsfähige wesentliche Hilfsfunktionen“, „auslagerungsfähige wesentliche Hilfsfunktionen“ und „unwesentliche Hilfsfunktionen“), ohne dass sich hieraus ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn ergäbe. 294 Hofmann, Outsourcing, S. 47 ff.; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 25a Rdn. 21a; kritisch dazu Eyles, Auslagerungsverbote, S. 88; ders, WM 2000, 1217, 1226 f., 1233 f.; zweifelnd auch Baums/Steck, WM 1998, 2261, 2264 f.

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darstellen295. Welche Gestaltungen jedoch als Auslagerung des Kernbereichs einzuordnen sind, ist bei der Vermögensverwaltung, sei sie Bankgeschäft, sei sie Finanzportfolioverwaltung, noch weitgehend ungeklärt. Folgende Gestaltungen gilt es zu unterscheiden: Unzulässig ist eine Auslagerung der gesamten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen (sog. Totalauslagerung aller betriebenen Geschäfte), da bei einem solchen Vorgehen das Institut nur noch einen funktionslosen Torso darstellt und §§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 KWG leer liefen296. Aufgrund der Ferne der Geschäftsführung zum operativen Geschäft in einer solchen Gestaltung wäre fraglich, ob die Entscheidungen faktisch noch von der Geschäftsführung des Instituts oder bereits vom Insourcer getroffen werden297. Von der Auslagerung der gesamten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen ist die Auslagerung einzelner Bankgeschäfte oder einzelner Finanzdienstleistungen eines Instituts, das eine Vielzahl solcher Geschäftsarten betreibt, zu unterscheiden (Totalauslagerung einzelner betriebener Geschäfte). In diesem Fall entsteht kein funktionsloser Torso, da die übrigen Geschäfte beim Institut verbleiben. Die BaFin geht davon aus, dass eine solche Auslagerung im Einzelfall möglich ist, wenn der ausgelagerte Bereich im Vergleich zu den übrigen Tätigkeiten eine untergeordnete Bedeutung aufweist298 (beispielsweise das Sortengeschäft bei einem Universalkreditinstitut). Dies bedeutet, dass ein Universalkreditinstitut einen etwas weiteren Spielraum bei der Auslagerung hat als kleinere, auf wenige Finanzdienstleistungsarten spezialisierte Institute, da bei diesen der Kernbereich des Geschäfts wesentlich schneller berührt ist. Das Rundschreiben der BaFin sieht vor, dass kleineren Instituten entsprechend den Verhältnissen des Einzelfalls Erleichterungen gewährt werden299. Dies erscheint dringend notwendig, da andernfalls diese Institute erheblich benachteiligt sind. Kommt es zu einer Auslagerung einzelner Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen, die eine ver___________ 295 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 13 ff. 296 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 17; Hofmann, Outsourcing, S. 48. Ebenso Eyles, Auslagerungsverbote, S. 77 ff.; ders., WM 2000, 1217, 1224 f., der die Totalauslagerung allerdings aufgrund anderer Terminologie (s. o. Fn. 293) nicht als Fall der Kernbereichsauslagerung, sondern als eigenständige Kategorie ansieht. 297 Vom Verbot der Totalauslagerung des Kerngeschäfts macht das Gesetz in § 2 Abs. 10 KWG eine Ausnahme für die Anlage- und Abschlussvermittlung, vgl. Eyles, WM 2000, 1217, 1224; Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 581. 298 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 17; Eyles, Auslagerungsverbote, S. 79 f.; ders., WM 2000, 1217, 1224. 299 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 17 a. E.

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gleichsweise untergeordnete Bedeutung im Spektrum der Tätigkeiten des Instituts haben, bedarf der Insourcer hierfür keiner Erlaubnis nach § 32 KWG, da nicht er die erlaubnispflichtigen Geschäfte „betreibt“, sondern das auslagernde Institut, das gegenüber dem Kunden weiterhin als Anbieter der Leistung auftritt300. Unabhängig von der Frage nach der verbandsrechtlichen Zulässigkeit301 dürfen aus aufsichtsrechtlichen Gründen originäre Geschäftsleiteraufgaben, also die zentralen Leitungsfunktionen302, nicht ausgelagert werden. Zu diesen zählen alle Maßnahmen der Unternehmensplanung, -organisation, -steuerung und -kontrolle. Eine Ausnahme wird nur für den Fall gemacht, dass das Institut einer konsolidierten Aufsicht unterliegt und Entscheidungen im Rahmen einer zentralen Risikosteuerung innerhalb der Gruppe i. S. d. § 10a KWG getroffen werden. Grund hierfür ist der Umstand, dass § 25a Abs. 2 Satz 2 KWG eine effektive Steuerung und Kontrolle der ausgelagerten Bereiche verlangt und deshalb gewisse Kernkompetenzen bei der Geschäftsführung verbleiben müssen303. Eine andere, hiervon zu unterscheidende Frage ist, welchen Umfang man dem nicht auslagerungsfähigen Kernbereich zumisst. In jedem Fall wird der Kontrollapparat hierzu gezählt. So lässt sich die laufende interne Kontrolle nicht vollständig auslagern, sondern nur in Teilen und nur im unmittelbaren Zusammenhang mit der Auslagerung der einzelnen zu überwachenden Aufgaben. Die interne Revision kann überhaupt nur bei kleinen Instituten Gegenstand des Outsourcings sein304. Als zulässig angesehen wird die Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben durch rechtsgeschäftliche Stellvertreter, sofern Gesetz und Satzung des Instituts dies gestatten und die Fähigkeit der Geschäftsführung zur angemessenen Risikosteuerung im Unternehmen hierdurch nicht unterlaufen ___________ 300 Den gegenteiligen Standpunkt des damaligen BAKred, Rundschreibenentwurf 2000 (oben S. 635 Fn. 275) Rdn. 9, hat das Amt aufgrund der Kritik auf dem Bankrechtstag 2000 (vgl. Eyles, Auslagerungsverbote, S. 85 f.) aufgegeben. Er findet im Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269) keine Erwähnung mehr. 301 Vgl. hierzu die Überlegungen von Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 11 ff. m. w. N. 302 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 13; Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 595; Hofmann, Outsourcing, S. 47; kritisch hierzu Eyles, WM 2000, 1217, 1226 f. 303 Diesen Aspekt berücksichtigt Eyles, WM 2000, 1217, 1226 f., in seiner Kritik am Standpunkt der Aufsichtsbehörde nicht ausreichend. 304 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 19 f.; Rundschreiben 1/2000 vom 17.1.2000, I 4 – 42 – 5/97, Rdn. 39 ff.; Hofmann, Outsourcing, S. 47 f.; kritisch zum nahezu vollständigen Auslagerungsverbot Eyles, Auslagerungsverbote, S. 87; gegenteilig auch RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 87 f.

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wird305. Daher wird zu Recht zwischen der Bevollmächtigung eigener Angestellter und Dritter unterschieden. Letztere unterliegt erheblich strengeren Anforderungen. Sie ist nur zulässig, wenn die Entscheidungsparameter von der Geschäftsführung festgelegt werden und dem Dritten kein Entscheidungsspielraum verbleibt306. Auch Entscheidungen über die Begründung neuer oder bestehender Risiken zählte die BaFin zunächst zum Kernbereich. Dies galt insbesondere für die Abgabe von Willenserklärungen gegenüber Kunden, aus denen geschäftsspezifische Risiken resultieren oder die bestehende Risiken beeinflussen307. Auch die Anlageentscheidungen bei der Vermögensverwaltung wurden zunächst zum Kernbereich gerechnet308. Darüber hinaus zählten nach damaliger Auffassung der Aufsicht alle Merkmale zum Kernbereich, die gerade die Spezialkreditinstitutseigenschaft begründen309. Das endgültige Rundschreiben gibt diese strenge Haltung auf und erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Auslagerung der genannten Bereiche. Es zählt damit weder die Abgabe von Willenserklärungen gegenüber den Kunden noch die Merkmale, die eine Spezialkreditinstitutseigenschaft begründen, zum Kernbereich310, sondern ordnet sie als Auslagerung wesentlicher Bereiche ein. (2) Auslagerung wesentlicher Bereiche Von den Fällen der Totalauslagerung und der Auslagerung der Geschäftsführung zu unterscheiden ist die Auslagerung wesentlicher Bereiche einzelner Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen. Diese Konstellation bildet den eigentlichen Regelungsgegenstand des § 25a Abs. 2 KWG. Unter einem wesentlichen Bereich versteht die BaFin311 alle Funktionen und Tätigkeiten, ___________ 305 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 14. 306 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 14; Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 585. Dass man in diesem Fall aber zivilrechtlich nicht mehr von einer Stellvertretung ausgehen kann, da gerade die Entscheidungsfreiheit den Vertreter vom Boten unterscheidet, berücksichtigt das aufsichtsrechtliche Schrifttum nicht. 307 Rundschreibenentwurf 2000 (oben S. 635 Fn. 275) Rdn. 16; zustimmend Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 595; Hofmann, Outsourcing, S. 48 f.; a. A. Eyles, Auslagerungsverbote, S. 82 ff. 308 Telefonische Auskunft des damaligen BAKred an den Verfasser vom März 2000, die das Amt auf den Entwurf des Rundschreibens vom 9.11.1999 (oben S. 635 Fn. 275) stützte. 309 Rundschreibenentwurf 2000 (oben S. 634 Fn. 275) Rdn. 18; Hofmann, Outsourcing, S. 48. 310 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 14, 16; a. A. Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 595. 311 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 10; ebenso Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1112 f.; Eyles, WM 2000, 1217, 1224.

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die unmittelbar für die Durchführung und Abwicklung der betriebenen Bankgeschäfte und erbrachten Finanzdienstleistungen notwendig sind und gleichzeitig bankaufsichtlich relevante Risiken, insbesondere Markt-, Kredit-, Ausfall-, Abwicklungs-, Liquiditäts- und Reputationsrisiken sowie operationelle und rechtliche Risiken für das Institut begründen oder sie nachhaltig beeinflussen können. Hinzu kommen die Bereiche, die der Erfassung, der Analyse, der Begrenzung, der Überwachung, der Steuerung und Kontrolle der Risiken aus Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen dienen (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG). Ebenso erfasst werden Bereiche, die ein Institut haben muss, um den organisatorischen Mindestanforderungen nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG zu genügen und eine lückenlose Aufsicht durch die BaFin zu gewährleisten (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG)312. Diese Definition umfasst also solche Tätigkeiten, die funktional unmittelbar zu einem Bankgeschäft oder einer Finanzdienstleistung gehören (wesentliche Teilakte313) sowie wesentliche Tätigkeiten, die nicht auf ein konkretes Bankgeschäft oder eine Finanzdienstleistung bezogen sind (wesentliche Hilfsfunktionen). Wendet man die im Rundschreiben genannten Kriterien auf die Vermögensverwaltung an314, ergibt sich folgendes Bild: – Die Kundenberatung und Vertragsanbahnung sowie der Vertragsschluss gehören zu den wesentlichen Teilakten, da es sich um die Abgabe von Willenserklärungen gegenüber Kunden handelt, aus denen geschäftsspezifische Risiken resultieren können. Ein Teil des Schrifttums will die Vertragsanbahnung nicht zu den von § 25a Abs. 2 KWG erfassten Bereichen rechnen, da überhaupt erst mit Vertragsschluss das Bankgeschäft oder die Finanzdienstleistung vorliege315. Da sich die Vorschrift jedoch – auch nach dieser Ansicht – an den Risiken der Teilbereiche orientiert und die Vertragsanbahnung von Bankgeschäften und Finanzdienst___________ 312 Wie unscharf die Grenzen zunächst waren, zeigte sich daran, dass die Definition des nicht auslagerungsfähigen Kernbereichs (= alle rechtlichen Handlungen, die bankund finanzdienstleistungsspezifische Risiken begründen oder bestehende Risiken verändern) im Rundschreibenentwurf 2000 (oben S. 635 Fn. 275) Rdn. 16, weitgehend deckungsgleich ist mit der Definition, die die BaFin im Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 10, nun für die auslagerungsfähigen Teilakte verwendet. Damit reagierte die Aufsicht auf eine Forderung des Schrifttums, vgl. Eyles, Auslagerungsverbote, S. 84, 88 ff. 313 So die Terminologie des RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 88. 314 Das Schrifttum zur Vermögensverwaltung beschränkt sich bislang auf die Wiederholung des Gesetzeswortlauts und der Begründung (stellvertretend Balzer, Vermögensverwaltung, S. 140 f.), so dass sich im Schrifttum noch kein Meinungsbild zum Outsourcing bei der Vermögensverwaltung entwickelt hat. 315 Eyles, WM 2000, 1217, 1225.

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leistungen erhebliche rechtliche Risiken bergen kann, muss sie in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen. – Fraglich ist, ob dies auch für die Vorbereitung und Durchführung der einzelnen Anlageentscheidungen sowie die laufende Überwachung der kundeninteressengerechten Zusammensetzung der Depots gilt. Die Aufsicht vertrat bei Kapitalanlagegesellschaften bislang die Ansicht, dass das Fondsmanagement zum Kernbereich zählt und daher nicht auf Anlageausschüsse oder Managementgesellschaften ausgelagert werden dürfe316. Ob die BaFin an dieser Auffassung festhält, nachdem sie im Rundschreiben zum Outsourcing die Ansicht vertreten hat, auch die Merkmale, die eine Spezialkreditinstitutseigenschaft begründen, dürften ausgelagert werden317, und nachdem das Outsourcing in § 16 InvG nun ausdrücklich geregelt wurde, bleibt abzuwarten. Aber selbst wenn man dies unterstellt, müssen sich aus dem Schreiben deshalb nicht zwingend Konsequenzen für andere Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen ergeben. Ein Teil des Schrifttums hält das Schreiben ohnehin nicht für verallgemeinerungsfähig, da die Aussage der Aufsichtsbehörde lediglich eine Wiederholung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 KAGG a. F. darstellte, die Kapitalanlagegesellschaften zur Verwaltung der Sondervermögen verpflichtet318. Ob, was diese Ansicht unterstellt, § 10 Abs. 1 KAGG a. F. als solcher schon ein gesetzliches Auslagerungsverbot darstellte319, mag hier dahinstehen. Es erscheint angesichts des Wortlauts der Norm zumindest fraglich320. Entscheidend ist, dass die Kapitalanlagegesellschaften Spezialkreditinstitute sind, so dass für sie durchaus andere Regeln gelten können als für „gewöhnliche“ Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute. Daher lässt sich aus dem Schreiben zu Kapitalanlagegesellschaften kein Rückschluss auf die Vermögensverwaltung durch Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute ziehen. Nimmt man daher allein das Rundschreiben 11/2001 als Basis, zählen die Anlageentscheidungen und die laufen___________ 316 Schreiben des damaligen BAKred über die „Auslagerung des Fondsmanagements bei Kapitalanlagegesellschaften und Anteilswertermittlung gemäß § 21 Abs. 2 KAGG“ vom 29.9.1997, V 1/02 – 17/97, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 10.73. Im Ergebnis ebenso Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 425, § 10 KAGG Rdn. 2a; Baur, Investmentgesetze2, § 10 KAGG Rdn. 9. 317 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 16. 318 Eyles, WM 2000, 1217, 1225. 319 Eyles, Auslagerungsverbote, S. 82; ders., WM 2000, 1217, 1225. 320 Durch die Neuregelung im Investmentgesetz wurde diese Frage nun geklärt. § 9 Abs. 1 InvG entspricht dem früheren § 10 Abs. 1 KAGG. In § 16 InvG findet sich nun eine sehr liberale Regelung des Outsourcings, was den hier vertretenen Standpunkt bestätigt.

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de Depotüberwachung nicht mehr zum Kernbereich, da sie keine originären Geschäftsleiteraufgaben darstellen. Da sich mit ihnen jedoch erhebliche Risiken verbinden, müssen sie als wesentliche Teilakte der Vermögensverwaltung eingeordnet werden. – Als wesentliche Teilakte im Rahmen der Vermögensverwaltung sind auch die periodische Berichtspflicht über den Stand der jeweiligen Kundenvermögen und die Ad-hoc-Berichtspflicht bei größeren Verlusten in Depots einzuordnen. Diese Berichtspflichten gehören schuldrechtlich zu den Kardinalpflichten des Vermögensverwalters, so dass ihre Verletzung rechtliche Risiken zur Folge hätte. – Die Abwicklung der Kundenbeziehung bei Beendigung des Vertrags ist nicht immer unproblematisch. Trennt man sich im Unfrieden, muss das Institut u. U. weitreichende Entscheidungen über Entschädigungen oder die Rechtmäßigkeit berechneter Honorare treffen. Die Abwicklung bestehender Kundenbeziehungen ist daher risikoträchtig und zählt deshalb – ebenso wie die Vertragsbegründung – zu den wesentlichen Teilakten. – Zu den allgemeinen, nicht auf die konkrete Finanzdienstleistung bezogenen Tätigkeiten (sog. wesentliche Hilfsfunktionen) zählen sicherlich das allgemeine Research321, die technische Abwicklung von Wertpapiergeschäften322, das Beschwerdewesen, die Funktion des Geldwäschebeauftragten sowie die EDV zu den Bereichen, die funktional wesentlich für die Vermögensverwaltung sind. Das Depotgeschäft ist hingegen ein eigenständiges Bankgeschäft und kann als solches nicht funktionaler Bestandteil eines anderen Bankgeschäfts oder einer Finanzdienstleistung sein323. Seine Auslagerung beurteilt sich deshalb nach den für die Totalauslagerung einzelner Geschäfte geltenden Grundsätzen324. – Die BaFin nimmt aus den genannten wesentlichen Bereichen diejenigen aus, die typischerweise die Einschaltung anderer Institute oder Dritter voraussetzen und die für die Durchführung des Geschäfts unumgänglich oder aufgrund eines Finanzverbunds erforderlich sind325. Hierzu zählen das Clearing, die Wertpapierabwicklung und das Research. ___________ 321 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 47, nimmt diese Tätigkeit aus dem Anwendungsbereich des Outsourcings wieder aus. 322 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 47, nimmt diese Tätigkeit aus dem Anwendungsbereich des Outsourcings wieder aus. 323 Ebenso wohl Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 568. 324 S. o. S. 640 Text bei Fn. 298. 325 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 47.

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Die wesentlichen Teilakte und Hilfsfunktionen dürfen dann ausgelagert werden, wenn dem Insourcer für die Wahrnehmung der Tätigkeiten exakt vorherbestimmte und nachprüfbare objektive Beurteilungs- und Entscheidungsfindungskriterien vorgegeben werden. Als gleichwertig sieht das Rundschreiben 11/2001 es an, wenn diese Vorgaben so ausgestaltet sind, dass sie einer hausinternen Handlungsanweisung an eigene Mitarbeiter entsprächen326. Legt man diese Maßstäbe zugrunde, beurteilt sich die Auslagerung der oben genannten wesentlichen Teilakte und wesentlichen Hilfsfunktionen wie folgt: – Ein Institut darf den Vertragsabschluss mit Vermögensverwaltungskunden auslagern, wenn das Ausmaß an Beratung und Aufklärung exakt festgelegt und der Rahmen zulässiger Vertragsgestaltungen zwingend vorgegeben ist. Nimmt man als Beispiel die standardisierte Vermögensverwaltung oder das Fondspicking, könnte ein Institut diesen Bereich auslagern, denn sowohl die angebotenen Produkte als auch die Vertragsbedingungen lassen sich im Vorhinein zwingend festlegen, so dass die Kriterien für den Vertragsabschluss feststehen. Anders ist die Ausgangslage dagegen bei der individuellen Vermögensverwaltung zu individuellen Bedingungen, bei der eine Vielzahl verschiedener Vertragsgestaltungen denkbar ist. – Ob bei Anlageentscheidungen und der Überwachung der Depotzusammensetzung zwingende Vorgaben möglich sind, hängt ebenfalls von der Art der Vermögensverwaltung ab. Da der Markt jedoch eine Vielzahl von Konstellationen kennt, machen solche Vorgaben in der Praxis nur Sinn, wenn der Kreis der als Investitionsobjekte vereinbarten Finanzinstrumente sehr überschaubar ist. Deshalb lässt sich auf jeden Fall das Fondspicking und die standardisierte Vermögensverwaltung auslagern, wenn der Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum durch genaue Vorgaben eingegrenzt ist. Bei der individuellen Vermögensverwaltung ist hingegen der Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum so groß, dass es schwierig erscheint, ihn ausreichend einzugrenzen. – Die periodische Berichtspflicht über den Stand der jeweiligen Kundenvermögen ist nicht mit Entscheidungen oder risikoträchtigen Willenserklärungen verbunden, sondern ein weitgehend mechanischer Prozess, der mit Hilfe von EDV auch außerhalb des vermögensverwaltenden Instituts erledigt werden kann. Sind die auslösenden Parameter der Ad-hocBerichtspflicht bei größeren Verlusten in einem Kundendepot genau festgelegt, lässt sich auch diese auslagern. ___________ 326 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 15.

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– Auch die Abwicklung einer gekündigten Kundenbeziehung kann durch einen Insourcer erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass der Insourcer nur unproblematische Fälle abwickelt und Entscheidungen über streitige Forderungen dem auslagernden Institut selbst vorbehalten bleiben. Denn solche Entscheidungen können hohe Risiken bergen, die sich im Vorhinein gerade nicht durch Entscheidungskriterien eingrenzen lassen. Zudem sind Streitigkeiten immer auch Anlass für eine verstärkte Überwachung durch die institutsinterne Kontrolle und ggf. die Geschäftsführung. Daher muss sichergestellt sein, dass derartige Fälle vom Institut entschieden werden. – Von den oben genannten wesentlichen Hilfsfunktionen lassen sich die Auftragsdatenverarbeitung und der Geldwäschebeauftragte ebenfalls auslagern, da bei ihnen zumeist kein Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum besteht, sondern es um eine reine technische Abwicklung geht, bei der sich exakte Vorgaben machen lassen. Auch die Complianceabteilung gehört zu den Hilfsfunktionen, die ausgelagert werden dürfen. Da das Beschwerdewesen sehr eng mit der jeweiligen Dienstleistung zusammenhängt, lässt es sich nur dann auslagern, wenn auch die Leistung selbst ausgelagert werden darf. Streitig ist, ob auch an Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen angrenzende, aber ihrerseits nicht erlaubnispflichtige Tätigkeiten (z. B. Eigengeschäfte, Immobilienverwaltungen etc.) von § 25a Abs. 2 Satz 1 KWG erfasst sind. Zwar spricht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift („… die für die Durchführung der Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen wesentlich sind, …“) für eine engere Auslegung, weshalb die BaFin zu Recht von ihrer noch im ersten Entwurf des Rundschreibens zu § 25a Abs. 2 KWG vertretenen weiten Auslegung abgerückt ist327. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass sich der Anwendungsbereich des § 25a Abs. 2 KWG nur auf auszulagernde Bereiche aus den in § 1 Abs. 1 und 1a KWG genannten Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen beschränkt328. Denn mit § 25a Abs. 2 KWG soll sichergestellt werden, dass die Beaufsichtigung der Institute nicht beeinträchtigt wird. Es müssen daher auch solche Tätigkeiten erfasst werden, die im Gesetz Anknüpfungspunkt eigenständiger aufsichtsrechtlicher Regelungen sind329. Einzubeziehen sind daher die in § 1 Abs. 3 Satz 1 KWG genannten Tätigkeiten, da sie gemäß §§ 10, 10a KWG mit Kapital zu unter___________ 327 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 7; Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441 f. 328 So aber offenbar Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441 f. 329 Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 596; Eyles, WM 2000, 1217, 1222.

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legen sind und sie von den §§ 13 ff. KWG erfasst werden. Nimmt man etwa als Beispiel den für die Solidität des Instituts wichtigen Eigenhandel, ist eine engmaschige Überwachung geboten. Gleiches gilt für Wertpapiernebendienstleistungen, wie insbesondere die Anlageberatung (§ 2 Abs. 3a WpHG), die ebenfalls Gegenstand aufsichtsrechtlicher Anknüpfungen sind, wenn sie zusammen mit einer Wertpapierdienstleistung erbracht werden (vgl. §§ 2 Abs. 3a, 31 ff. WpHG). Ohne ihre Einbeziehung in die Outsourcingvorschriften würde beispielsweise die Gefahr der Ausnutzung von Insiderwissen steigen, da der Insourcer keiner Aufsicht unterliegt330. Der Hinweis, § 25a Abs. 1 KWG biete einen ausreichenden Schutz331, überzeugt schon deshalb nicht, weil diese Vorschrift sich nur an das auslagernde Institut richtet und deshalb nicht sichergestellt wird, dass über vertragliche Bindungen auch der Insourcer bestimmten Standards unterworfen wird. Wenn das Rundschreiben zu § 25a Abs. 2 KWG sich nun auf Geschäfte nach § 1 Abs. 1 und 1a KWG beschränkt332, trägt es dem Risikopotential der genannten Vorschriften keine Rechnung und die BaFin beugt sich dem Druck der Kreditwirtschaft333. (3) Auslagerung unwesentlicher Bereiche Alle übrigen Tätigkeiten, die keine bankaufsichtlich relevanten Risiken begründen und die bei einer Auslagerung nicht zu einer Beeinträchtigung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte, der Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Geschäftsleitung sowie der Prüfungs- und Kontrollrechte der BaFin führen können, unterfallen dagegen nicht der Vorschrift (im Schrifttum auch als „unwesentliche Hilfsfunktionen“ bezeichnet)334. Dies gilt selbst dann, wenn ein sachlicher Bezug zu Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen besteht oder diese Tätigkeiten für die Funktionsfähigkeit des Unternehmens insgesamt wichtig sind. Beispiele sind etwa die Werbung und das Marketing, die Personalverwaltung, die Gebäudesicherung und -reinigung, die Vernichtung von Geschäftsunterlagen oder die Immobilienverwaltungen. Ebenfalls nicht wesentlich im Sinne des § 25a Abs. 2 Satz 1

___________ 330 Aus Punkt A. 2. der Mitarbeiterleitsätze (s. o. S. 628 Fn. 251) lässt sich kein Argument für die Reichweite zulässiger Auslagerung ableiten, da sich die Leitsätze von vornherein nur auf Bereiche erstrecken, die ausgelagert werden dürfen. 331 Hofmann, Outsourcing, S. 49; Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441. 332 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 7. 333 Die – m. E. nicht überzeugende – Kritik am ersten Entwurf des Rundschreibens ist wiedergegeben bei Herring/Steck, ZfgK 2000, 1441 f. 334 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 11.

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KWG sind reine Beratungsleistungen (etwa Rechts- und Steuerberatung), die das Institut in Anspruch nimmt335. Der Umstand, dass § 25a Abs. 2 Sätze 1, 2 KWG nicht eingreift, bedeutet jedoch für das Institut keine schrankenlose Freiheit. Vielmehr verlangt die BaFin unter Berufung auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung zu Recht, dass das Institut mit der Wahrnehmung unwesentlicher Bereiche nur sorgfältig ausgesuchte und solide Unternehmen beauftragt und die Qualität ihrer Leistungen laufend überwacht336. d) Formelle und materielle Zulässigkeitsvoraussetzungen der Auslagerung Die Auslagerung wesentlicher Bereiche setzt lediglich eine Anzeige der geplanten Auslagerung und des späteren Vollzugs an die BaFin und die Landeszentralbank voraus (§§ 25a Abs. 2 Satz 3 KWG, 20 Satz 1 AnzV); einen Erlaubnisvorbehalt statuiert das Gesetz also nicht. Bei Verstößen gegen § 25a Abs. 2 KWG gestattet es nur die allgemeinen Maßnahmen nach §§ 6 Abs. 3, 36 Abs. 2 KWG. Um den Aufsichtsbehörden die Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben einer Auslagerung zu ermöglichen, sind Kopien des Vertrags zwischen Outsourcer und Insourcer vorzulegen (§ 20 Satz 3 Nr. 1 AnzV). Aus den vorgelegten Unterlagen muss sich ergeben, ob und wie dem Outsourcer die notwendigen Weisungsbefugnisse gegenüber dem Insourcer eingeräumt werden und wie der Outsourcer die jeweils genau umschriebenen ausgelagerten Bereiche in seine interne Kontrolle einbezieht. Vorgelegt werden muss außerdem eine Erklärung des Insourcers, in der er sich verpflichtet, Prüfungen des ausgelagerten Bereichs im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen oder durch die BaFin zu dulden (§ 20 Satz 3 Nr. 2 AnzV). Materiell setzt die Auslagerung voraus, dass die Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen trotz der Auslagerung ordnungsgemäß erbracht werden, dass die Steuerungs- und Kontrollfunktion der Geschäftsführung des Instituts über die ausgelagerten Bereiche nicht beeinträchtigt wird und dass die Aufsichtsbehörden ihre Kontrolle effektiv ausüben können337.

___________ 335 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 11. 336 Zustimmend Braun, in: Boos u. a., KWG2, § 25a Rdn. 606; Fischer, in: Fischer/ Klanten, Bankrecht3, Rdn. 2.204; wohl auch Eyles, WM 2000, 1217, 1223 f. 337 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 12.

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Um diese Vorgaben zu erfüllen, sieht das Rundschreiben338 folgende Vorgaben vor: – Das Institut muss den Insourcer sorgfältig auswählen, einweisen und überwachen. Deshalb sind die Verantwortlichkeiten zwischen Institut und Insourcer genau festzulegen und abzugrenzen. Haftungsfragen sind vertraglich zu regeln, insbesondere, wenn die gesetzlichen Regelungen sich als unzureichend erweisen. – Der Insourcer muss alle relevanten Organisations- und Verhaltenspflichten des Instituts im Hinblick auf den ausgelagerten Bereich vertraglich übernehmen. Die Ordnungsmäßigkeit der Leistungserbringung ist vom Outsourcer laufend zu überwachen und so zu beurteilen, dass Korrekturmaßnahmen sofort ergriffen werden können. Zu diesem Zweck muss im auslagernden Institut eine verantwortliche Stelle für das Controlling des ausgelagerten Bereichs eingerichtet werden. Diese Kontrolle durch das auslagernde Institut sowie eine regelmäßige Berichtspflicht und die Pflicht zur unverzüglichen Abgabe von Fehlermeldungen des Insourcers über den ausgelagerten Bereich müssen vertraglich verankert werden. Damit untersteht der ausgelagerte Bereich weiterhin der internen Kontrolle (s. o.) des Instituts, das auf die Auslagerung und die damit verbundenen Risiken durch vermehrte Stichproben reagieren muss. – Das Institut hat sich vertraglich die zur Kontrolle der ausgelagerten Bereiche notwendigen Auskunfts-, Einsichts-, Zutritts- und Zugangsrechte zur EDV einschließlich der Entbindung von einer evtl. bestehenden Schweigepflicht vorzubehalten. Gleiches gilt für Weisungsrechte und Kontrollrechte gegenüber dem Insourcer, wobei diese Rechte nur gegenüber dem Unternehmen, nicht aber auch gegenüber einzelnen seiner Mitarbeiter bestehen müssen339, da dies zu einem unverhältnismäßigen Eingriff des Outsourcers in die Betriebsabläufe des Insourcers führen könnte und aufsichtsrechtlich auch nicht geboten ist. Denn wenn sich schon die Geschäftsführung des Insourcers weigert, Weisungen des Outsourcers auszuführen, wird eine unmittelbare Weisung gegenüber den Mitarbeitern des Insourcers wenig Sinn machen. Diese werden im Zweifel auf ihren Arbeitgeber hören, so dass das Weisungsrecht unmittelbar gegen-

___________ 338 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 22 ff. 339 Hofmann, Outsourcing, S. 50; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1114 f.; Eyles, WM 2000, 1217, 1231; weitergehend aber Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 25 f., für den Fall von mangelhaften Leistungen durch den Insourcer.

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über den Mitarbeitern nutzlos wäre340. Solange also die Mitarbeiter nicht arbeitsvertraglich das Recht erhalten, Weisungen ihres Arbeitgebers zu ignorieren und stattdessen unmittelbar vom Outsourcer entgegenzunehmen, verbietet ihnen ihr Arbeitsvertrag eine Befolgung der Weisungen des auslagernden Instituts. – Weiterhin muss gewährleistet sein, dass vom Institut beschlossene Änderungen der Leistungs- und Qualitätsstandards auch vom Insourcer umgesetzt werden. – Die interne Revision, die Abschlussprüfung und die BaFin müssen ihren Prüfungsaufgaben ungehindert nachkommen können. Der Insourcer hat daher eine Erklärung abzugeben (§ 20 Satz 3 Nr. 2 AnzV), wonach er solche Prüfungen duldet und alle bereits erwähnten notwendigen Hilfestellungen (Auskunfts-, Einsichts-, Zutritts- und Zugangsrechte zur EDV etc.) leistet. Diese Duldungspflicht muss über den Auslagerungszeitraum hinaus für weitere zwei Jahre fortbestehen. Eine solche vertragliche Unterwerfung ist deshalb notwendig, weil sich die aufsichtsrechtlichen Pflichten allein an die Institute und mit ihnen verbundene Unternehmen, nicht aber beispielsweise auch an unabhängige inländische Insourcer oder gar ausländische Unternehmen richten (vgl. im Einzelnen §§ 44 ff. KWG) und andernfalls eine Überwachungslücke entstehen würde341. – Der Insourcer hat die Anforderungen an die Sicherheit, den Datenschutz und das Geschäfts- und Bankgeheimnis, die für das Institut gelten, zu übernehmen und auch im Notfall sicherzustellen. Dies ist vom Outsourcer ebenfalls zu kontrollieren. Kunden sind darüber zu informieren, dass ihre Daten an den Insourcer gelangen, soweit gesetzliche Bestimmungen dies verlangen342. – Um die jederzeitige Erfüllung der notwendigen Standards sicherzustellen, müssen dem auslagernden Institut flexible Kündigungsmöglichkeiten zustehen. Umgekehrt müssen bei einer Kündigung durch den Insourcer die Kündigungsfristen so bemessen sein, dass dem Institut aus___________ 340 Diesen Interessenkonflikt berücksichtigt Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 25 f., bei seiner Argumentation für ein Weisungsrecht gegenüber den einzelnen Mitarbeitern nicht. 341 Zur Praxis der Unterwerfung bei grenzüberschreitenden Auslagerungen Eyles, WM 2000, 1217, 1232 m. w. N.; Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110, 1115 f.; Hofmann, Outsourcing, S. 54. 342 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 45; ablehnend Eyles, WM 2000, 1217, 1233.

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reichend Zeit bleibt, den ausgelagerten Bereich wieder in das Institut zu integrieren oder einen anderen Insourcer zu finden. – Der Prüfer des Instituts hat bei der Prüfung des Jahresabschlusses den ausgelagerten Bereich einzubeziehen. Er muss in seinem Prüfbericht zur Einhaltung der vorgenannten rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Vorgaben des Outsourcings Stellung nehmen. Zudem muss sichergestellt sein, dass die gesetzlichen und privaten Einrichtungen der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung ihre Prüfungen vornehmen können343. – Um der Praxis die Erfüllung der genannten Voraussetzungen zu erleichtern, sieht das Rundschreiben vor, dass Unternehmen, die Dienstleistungen für mehrere Institute erbringen (Mehrmandantendienstleister), jeweils einen Mustervertrag verwenden dürfen, der bei erstmaliger Verwendung von der Bundesanstalt zu prüfen ist344. Mehrmandantendienstleister haben sicherzustellen, dass ihre Leistungen für die verschiedenen Outsourcer unabhängig voneinander erbracht werden können345. – Eine Weiterverlagerung bereits ausgelagerter Bereiche auf ein Subunternehmen des Insourcers gilt als neue Auslagerung und muss sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, so dass die vertraglichen Bindungen, die zwischen Institut und dem Insourcer erster Ordnung vereinbart wurden, auf den Insourcer zweiter Ordnung erstreckt werden müssen346. e) Praxisrelevanz für die Finanzportfolioverwaltung Dass die Probleme des Outsourcings für die Vermögensverwaltung durchaus relevant sind, zeigte sich bereits kurz nach Verabschiedung des § 25a KWG. Damals wurde die Frage nach der Reichweite des nicht auslagerungsfähigen Kernbereichs bei der Finanzportfolioverwaltung virulent. Der Gesetzgeber ergriff Maßnahmen gegen die Scheinselbstständigkeit347 und zahlreiche Arbeitgeber waren gezwungen, bislang als freie Mitarbeiter Beschäftigte künftig fest anzustellen. Als ein wesentliches Merkmal der Scheinselbstständigkeit galt der Umstand, dass ein freier Mitarbeiter nur einen „Auftraggeber“ hatte. Um eine Anstellung der freien Mitarbeiter zu ___________ 343 So zu Recht Eyles, WM 2000, 1217, 1232 f. 344 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 54. 345 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 88; Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 25a Rdn. 22; Hofmann, Outsourcing, S. 52. 346 Rundschreiben 11/2001 (oben S. 634 Fn. 269), Rdn. 32. 347 Vgl. den durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl. 2000 I 2, eingeführten § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV in seiner damaligen Fassung.

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vermeiden, suchten daraufhin einige kleinere Vermögensverwalter nach Lösungen zur Vermeidung einer Festanstellung. Als unpassend erwies sich eine Konstruktion über § 2 Abs. 10 KWG, wonach die freien Mitarbeiter als Abschlussvermittler unter der Verantwortung und Haftung des Finanzportfolioverwalters tätig werden sollten348. Sie schied schon deshalb aus, weil auch bei dieser Lösung sozialversicherungsrechtlich nur ein Auftraggeber vorhanden war. Um eine Anstellung der freien Mitarbeiter zu vermeiden, erwog man deshalb Vereinbarungen, wonach jeder von den freien Mitarbeitern akquirierte Kunde als eigenständiger Auftraggeber des freien Mitarbeiters einzuordnen sei. Diese sozialversicherungs- und arbeitsrechtlich wohl zulässige Gestaltung wurde jedoch ohne Beachtung der aufsichtsrechtlichen Folgen vorgeschlagen. Eine solche vertragliche Konstruktion hätte dazu geführt, dass jeder freie Mitarbeiter als eigenständiges Finanzdienstleistungsinstitut gegolten hätte, da die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG nicht mehr einschlägig gewesen wäre, wonach die reine Zuführung von Kunden an ein Finanzdienstleistungsinstitut erlaubnisfrei ist. Um auch noch diese Rechtsfolge zu vermeiden, wurde in der Branche diskutiert, ob man nicht eine Gestaltung finden könne, bei der zwar der freie Mitarbeiter Auftragnehmer der Kunden sei, das Institut aber weiterhin die Anlageentscheidungen treffe. Eine solche Konstruktion hätte in der Sache eine Auslagerung der Anlageentscheidung vom Auftragnehmer der Finanzportfolioverwaltung auf einen Dritten bedeutet. Da gerade die Anlageentscheidung das wesentliche Kennzeichen der Vermögensverwaltung darstellt, wurde sie von dem damaligen BAKred bei einer entsprechenden Voranfrage als zum Kernbereich der Finanzdienstleistung gehörig angesehen und konnte daher nicht ausgelagert werden349. Damit blieb den Vermögensverwaltern nur die Wahl, die freien Mitarbeiter anzustellen oder sie als Mitgesellschafter in das Institut aufzunehmen. Der dritte Weg, die Vermögensverwaltungsverträge an die freien Mitarbeiter abzugeben, hätte zur Folge gehabt, dass die freien Mitarbeiter ihrerseits eine Zulassung nach § 32 KWG hätten beantragen müssen. Im Zusammenhang mit dem Outsourcing bedarf auch der von den Volksund Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg bei der Vermögensverwaltung eingeschlagene Weg der Erwähnung. Diese haben sich für eine Zentralisie___________ 348 Zu den Anforderungen an § 2 Abs. 10 KWG vgl. das Rundschreiben des damaligen BAKred vom 3.7.1998, VII 4 – 71.61. 349 Zur Änderung der Rechtsauffassung in diesem Punkt s. o. S. 642 Text bei und nach Fn. 308.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

rung der Vermögensverwaltung entschieden. Sie haben eine zentrale Gesellschaft (GVC GENO-Vermögens-Consult GmbH, Stuttgart) gegründet, mit der die Kunden Vermögensverwaltungsverträge abschließen können. Die einzelne Volks- oder Raiffeisenbank beschränkt sich auf die Rolle eines Vermittlers dieser Leistung und steht als Ansprechpartner zur Verfügung350. Rechtlich handelt es sich damit nicht mehr um eine Auslagerung i. S. d. § 25a Abs. 2 KWG. f) Zwischenfazit Mit den umfangreichen Vorgaben für das Outsourcing wird ein angemessener Funktionenschutz und individueller Anlegerschutz gewährleistet. Sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Outsourcings sind erfasst und werden beaufsichtigt.

10. Fazit – Seit der 6. KWG-Novelle unterliegen die professionellen Vermögensverwalter der Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz, sofern sich ihre Verwaltung auch auf Finanzinstrumente bezieht. Die konkrete Ausgestaltung der Vermögensverwaltung ist für das grundsätzliche Eingreifen des Aufsichtsrechts unerheblich, weshalb sowohl die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als auch diejenige in Form des Vertretermodells dem Kreditwesengesetz unterfallen. Die konkrete Ausgestaltung spielt nur bei der Frage, ob die Vermögensverwaltung als Bankgeschäft oder als Finanzdienstleistung einzuordnen ist, eine Rolle. Die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells ist als Finanzkommissionsgeschäft und damit als Bankgeschäft zu qualifizieren. Die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells unterliegt seit der 6. KWG-Novelle ebenfalls der Aufsicht. Sie wird als Finanzportfolioverwaltung und damit als Finanzdienstleistung erfasst. – Mit den an den konkreten Risiken ausgerichteten Kapitalanforderungen bei der erstmaligen Zulassung von Instituten trägt der Gesetzgeber der eingangs erhobenen Forderung nach ausreichendem Individualschutz einerseits und angemessenem Funktionenschutz andererseits ausreichend Rechnung. Zu Letzterem gehört nämlich gerade auch eine gesetzgeberische Zurückhaltung, um eine Überregulierung der betroffenen Branche zu vermeiden. Während das Substanzerhaltungsrisiko vom Gesetzgeber ___________ 350 Vgl. dazu die ausführliche Beschreibung des neuen Konzepts bei Kogge, ZfgK 1999, 1264 ff.

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Die institutionelle Aufsicht nach dem KWG

ausreichend berücksichtigt wird, gilt dies nicht für das Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko, das im Falle einer Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags mit anschließender Insolvenz des Instituts besteht. – Die aufsichtsrechtlichen Normen für den laufenden Geschäftsbetrieb eines Vermögensverwalters berücksichtigen das Substanzerhaltungsrisiko angemessen. Als lückenhaft erweist sich aber auch hier der Schutz vor Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken. Die den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse für Schadensersatzansprüche muss ausreichend bemessen sein, um zu verhindern, dass die Ansprüche gegen unsorgfältige Vermögensverwalter ins Leere laufen und der Kunde sein Vermögen oder Teile davon einbüßt. Zur Sicherung solcher Ansprüche bieten sich zwei Wege an. Entweder muss die Eigenkapitalausstattung von Vermögensverwaltern auch am Umfang des verwalteten Vermögens ausgerichtet werden oder aber der Vermögensverwalter muss zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gezwungen sein, deren Bedingungen im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters eine direkte Auszahlung an den Kunden vorsehen. Die Gemeinkostenregelung des § 10 Abs. 9 KWG erweist sich als nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass auch die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungseinrichtungen, auf die an späterer Stelle351 zurückzukommen sein wird, Schäden aus unsorgfältiger Vermögensverwaltung nicht abdecken. Es klafft daher eine empfindliche Lücke im Individualschutz der Anleger. – Die in der WDRL vorgesehene Option eines Verzichts auf das VierAugen-Prinzip bei bestimmten Wertpapierfirmen erscheint fragwürdig. Die als Voraussetzung dieses Verzichts vorgesehene Gleichwertigkeit des Schutzes ließ die Option als gerade noch tragbar erscheinen. Die Umsetzung in das deutsche Recht und der damit erfolgte totale Verzicht auf das Vier-Augen-Prinzip bei kleineren Finanzdienstleistungsinstituten, insbesondere bei Finanzportfolioverwaltern, erfolgte richtlinienwidrig. – Die Regeln über die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung reduzieren die eingangs beschriebenen Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken für den Kunden eines Vermögensverwalters erheblich. Sie können jedoch keinen absoluten Schutz gewährleisten. Sichergestellt werden sollte jedoch, dass die BaFin von einer eklatanten Häufung von Kundenbeschwerden Kenntnis erlangt, um ggf. eine Überprüfung der fachlichen Eignung der Geschäftsleiter einleiten zu können. ___________ 351 S. u. S. 656 ff.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

– Die Bedeutung der Vorschriften über die Unzuverlässigkeit der Inhaber bedeutender Beteiligungen und Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur ist für die Vermögensverwaltung groß, da die Branche derzeit national und international einen Konzentrationsprozess erlebt. Soweit ersichtlich, sind sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Beteiligungserwerbs erfasst, und das Kreditwesengesetz enthält angemessene Regeln der Beaufsichtigung, so dass der gesetzlich vermittelte Anlegerschutz in diesem Bereich als ausreichend erscheint. – Die organisatorischen Vorgaben, die das Kreditwesengesetz enthält und die die BaFin zu seiner Ausfüllung erlassen hat, erscheinen ausreichend, um die Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken der Vermögensverwaltung angemessen zu erfassen. Die Institute sollten aber generell verpflichtet werden, an die BaFin besonders schwer wiegende Missstände, Verstöße gegen das Aufsichtsrecht und Manipulationen durch Mitarbeiter zentral zu erfassen und der BaFin zu melden. – Mit den umfangreichen Vorgaben für das Outsourcing wird ein angemessener Funktionenschutz und individueller Anlegerschutz gewährleistet. Sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Outsourcings sind erfasst und werden beaufsichtigt.

IV. Die Vorgaben des EsAeG 1. Überblick Die Beaufsichtigung nach dem Kreditwesengesetz kann keinen vollständigen Schutz vor einer Krise oder einem Zusammenbruch eines Instituts bieten, so dass ein Restrisiko des Substanzverlusts verbleibt. Um diese Lücke zu schließen, sehen §§ 45 ff. KWG besondere Maßnahmen zur Bewältigung von Liquiditätskrisen bei Instituten vor. Kommt es dennoch zu einer Insolvenz des Instituts, stellt sich die Frage nach einer Sicherung eingelegter Vermögenswerte der Kunden. Ein Selbstschutz ist nichtprofessionellen Kunden in aller Regel unmöglich. Denn der einzelne Bankkunde hat zumeist keine Möglichkeit, die Bonität von Instituten umfassend zu prüfen. Außerdem sind Kleinanleger wegen ihres geringen Vermögens auch nicht in der Lage, ihre Mittel ausreichend zu diversifizieren. Die Einlagensicherheit eignet sich in diesem Kundensegment daher nicht als Wettbewerbsparameter352. Zudem sind auch nicht alle Einlagen oder Anlagen von Insolvenzvor___________ 352 Hönn, Vertragsparität, S. 239.

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Die Vorgaben des EsAeG

rechten (z. B. §§ 32 f. DepotG) geschützt. Die Inhaber von Geldforderungen aus Kontobeziehungen oder aus der Abwicklung von Wertpapiergeschäften genießen insbesondere kein Aussonderungsrecht353. Der Schutz der Bankkunden vor Verlust der Einlagen erweist sich deshalb als notwendig. Zudem ist eine sozialpolitische Komponente zu beachten. Wenn der Staat zunehmend Wert darauf legt, dass seine Bürger Eigenvorsorge für das Alter treffen, muss eine ausreichende Sicherung der dafür langfristig eingesetzten Mittel erfolgen354. Die Einlagensicherung ist zudem wesentlich, um das Vertrauen der Kunden in das System zu erhalten und dieses vor einem Run zu schützen355. Einlagensicherung dient daher nicht nur dem Individualschutz, sondern auch dem Funktionenschutz. Die hierfür aufgewendeten Kosten sind im Vergleich zu denen eines Runs auf ein oder alle Institut(e) gering. Der deshalb notwendige Schutz kann entweder durch Maßnahmen zur Krisenvermeidung (Unternehmenssicherung) oder durch solche zur Krisenbewältigung (direkte Einlagensicherung) erfolgen356. Die im Folgenden darzustellenden gesetzlichen und freiwilligen Systeme zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung regeln nur den Schutz der Ein-/Anleger im Falle der Insolvenz eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts. Diese gesetzgeberische Entscheidung gegen die Unternehmenssicherung und für die Einlagensicherung erweist sich als sinnvoll, da die Unternehmenssicherung aus ordnungspolitischen Gründen nur ausnahmsweise bei gesamtwirtschaftlichen Zwängen erfolgen sollte. Ansonsten würde eine Unternehmenssicherung den Ausleseprozess des Wettbewerbs teilweise unterbinden und dazu

___________ 353 Zuletzt LG Berlin, ZIP 2004, 2396 f., das im Falle der Insolvenz des Kreditinstituts ein Aussonderungsrecht an dem Kontoguthaben ablehnte und zwar auch für den Fall, dass es sich um ein Treuhandkonto handelte. 354 Ob das derzeitige deutsche System hierzu ausreichend in der Lage ist, muss an dieser Stelle offen bleiben. Während fondsgestützte Alterssicherungen durch das InvG ausreichend geschützt sind, ist dies bei langfristigen Sparplänen angesichts des Sicherungsumfangs von 20.000 Euro (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EsAeG) fraglich. 355 Das bislang größte und bekannteste Beispiel ist der Zusammenbruch von rund 5.000 US-amerikanischen Banken während der großen Depression in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, vgl. Eckert, Liberalisierung internationaler Finanzdienstleistungen, S. 34. 356 Zur Terminologie Schöner, Einlagensicherung, S. 26 m. w. N. Die Einlagensicherungsrichtlinie verwendet hierfür die Begriffe „Schutzsysteme“ einerseits (Erwägungsgrund Nr. 11 und Art. 3 Abs. 1) und „Einlagensicherung“ andererseits. Zu den verschiedenen Formen der Einlagensicherung Szagunn/Voigt, Einlagensicherung, S. 29 ff.

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führen, dass die Beiträge zu einer Sicherungseinrichtung der Existenzsicherung eines selbstverschuldet in Not geratenen Konkurrenten dienen357. Die öffentlich-rechtlichen Institute boten bis zum 19.7.2005358 durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung eine vollständige Absicherung der Institute im Insolvenzfall. Um den deshalb bei öffentlich-rechtlichen Instituten bestehenden Wettbewerbsvorteil auszugleichen359 und um die in der HerstattKrise offenkundig gewordene Lücke im Anlegerschutz zu schließen, hatte die private Kreditwirtschaft ein freiwilliges System der Einlagensicherung („Feuerwehrfonds“) geschaffen. Mit der Pflicht zur Umsetzung der ESRL und der AERL war die Bundesrepublik gezwungen, ein gesetzliches System der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung zu errichten. Um die von der Kreditwirtschaft geschaffenen und vom Schutzumfang her wesentlich umfangreicheren freiwilligen Einlagensicherungsfonds zu erhalten, sieht das neu geschaffene Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz eine zweispurige Lösung vor. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Basissicherung von jeweils maximal 20.000 Euro für Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften. Der Gesetzgeber überlässt es jedoch der Kreditwirtschaft, eine freiwillige Anschlussdeckung über diesen Betrag hinaus anzubieten360. Im Folgenden wird daher sowohl der Anlegerschutz, der durch die gesetzlichen Einrichtungen vermittelt wird, als auch der Anlegerschutz, den die freiwilligen Sicherungseinrichtungen bieten, betrachtet.

2. Die Entschädigungseinrichtungen a) Anschlusszwang an eine Entschädigungseinrichtung Mit der Erteilung der Erlaubnis nach § 32 KWG wird das Institut, das eines der im Gesetz genannten Geschäftsarten anbietet (Einlagen-, Kredit-, Finanzkommissions-, Emissions- und Konsortialgeschäft sowie Abschluss- und Anlagevermittlung, Finanzportfolioverwaltung und Eigenhandel), kraft Ge-

___________ 357 Ausführlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht Keller, Einlagensicherung, S. 170 ff., 206; ebenso OLG Köln, ZIP 1992, 1617, 1619; LG Bonn, DB 1992, 879, 880; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 303 f.; Schöner, Einlagensicherung, S. 62 ff.; Dreher, ZIP 1992, 1597, 1602, 1607. 358 Zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung und Umgestaltung der Anstaltslast s. u. S. 707 f. m. w. N. 359 Zum Einfluss der Einlagensicherung auf den Wettbewerb der Institute Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 8 ff. 360 BT-Drucks. 13/10188, S. 17, 19.

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setzes einer Einrichtung zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung zugeordnet361, da die Institute einem gesetzlichen Anschlusszwang unterliegen (§§ 2, 6 Abs. 1 EsAeG)362. Da die Finanzportfolioverwaltung im deutschen Recht auch von Investmentfonds erbracht werden darf (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG) und diese Fonds damit in den Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie fallen, unterliegen sie ebenfalls dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 EsAeG). Der Anschlusszwang zu Entschädigungseinrichtungen bedingt, dass die Zulassung neuer Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht nur einen begünstigenden Verwaltungsakt für das Institut darstellt, sondern zugleich die jeweils einschlägige Entschädigungseinrichtung belastet, der ein neues Mitglied zugewiesen wird. Daher hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Anhörung der Entschädigungseinrichtung im Verfahren über die Zulassung neuer Institute vorgesehen (§ 32 Abs. 3 KWG). Er räumt der Entschädigungseinrichtung sogar das Recht ein, das eine Zulassung beantragende Institut auf seine wirtschaftliche Solidität hin zu überprüfen (§ 9 Abs. 3 EsAeG). Im Schrifttum ist umstritten, ob der Gesetzgeber damit der Entschädigungseinrichtung nur ein subjektives Recht auf Anhörung363 oder aber eine echte Mitwirkungsbefugnis zugestehen wollte, aus der auch das Recht folgt, den belastenden Verwaltungsakt ggf. anzufechten364. Ein Anfechtungsrecht setzt die Betroffenheit in eigenen Rechten voraus (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Zuerkennung subjektiver Rechte an öffentlich-rechtliche Einrichtungen hängt davon ab, ob ihnen nach ihrem gesetzlichen Auftrag eigenständige Aufgaben zustehen

___________ 361 Eine solche Pflicht bedarf in Deutschland einer gesetzlichen Regelung. Die vom damaligen BAKred vor Einführung der gesetzlichen Einlagensicherung geübte Praxis, die Zulassung als Kreditinstitut von der Mitgliedschaft in der Einlagensicherung abhängig zu machen (Schreiben vom 22.7.1969, I 1 – 152 – 1/68), wurde vom VG Berlin, WM 1987, 370 ff., dazu Schwark, EWiR 1987, 707 f., für unzulässig erklärt; zustimmend Hahn, Gedächtnisschrift Geck, 1989, S. 301, 315; Breunig, Nichtablehnbarkeit von Giralgeld und Einlagensicherung, Diss. Würzburg 1986, S. 81 ff. 362 Anders Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 52 „formell zwar keine Pflicht zur Mitgliedschaft … Faktisch entsprechen die Mitwirkungspflichten aber einer Pflichtmitgliedschaft“. 363 R. Schmidt, ZHR 146 (1982), 48, 52; Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 32 Rdn. 22; mit anderer Begründung auch Wagner, Einlagensicherung, S. 36 ff.; im Ergebnis auch Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 37. 364 Weber, Die Bank 1998, 470, 474.

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und wem gegenüber diese geltend gemacht werden können365. Die Entschädigungseinrichtungen haben keine eigene Rechtsfähigkeit, können aber klagen und verklagt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 3 EsAeG). Betrachtet man die Rechtsstellung der Einrichtung insgesamt, fällt auf, dass ihr nicht nur bei der Zulassung eines Instituts ein Anhörungs- und Prüfungsrecht (§§ 32 Abs. 3 KWG, 9 Abs. 3 EsAeG) zusteht. Sie besitzt zudem das Recht, im Zusammenwirken mit der BaFin Institute wegen der Verletzung der Beitrags- und Mitwirkungspflichten von der Einlagensicherung auszuschließen (§ 11 Abs. 1 EsAeG). Dies hat das Erlöschen der Zulassung als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut zur Folge (§ 35 Abs. 1 Satz 2 KWG). Da der Ausschluss aus einer Entschädigungseinrichtung nur im Zusammenwirken von dieser mit der BaFin erfolgen kann, steht der Entschädigungseinrichtung ein im Verhältnis zur BaFin unabhängiger Entscheidungsspielraum zu. Fraglich ist jedoch, ob dieser auch bei dem actus contrarius, also der Aufnahme neuer Institute, bestehen soll. Billigt man der Entschädigungseinrichtung die Möglichkeit einer Anfechtung der Entscheidung der BaFin über die Zulassung neuer Institute zu, räumt man ihr damit gleichsam ein Vetorecht für den Fall ein, dass die Entschädigungseinrichtung bei der Prüfung des eine Zulassung beantragenden Instituts mangelnde wirtschaftlichen Voraussetzungen feststellt. Für ein solches Vetorecht könnte der Gedanke sprechen, dass die Folgen einer zulassenden Entscheidung der BaFin gerade die anderen angeschlossenen Beitragszahler der Entschädigungseinrichtung treffen. Will man aber verhindern, dass die Einlagensicherung eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Instituten bewirkt, muss man die Zulassung von vornherein unsolider Institute verhindern. Gegen ein Vetorecht spricht, dass es Aufgabe der BaFin ist, den Marktzutritt unsolider Institute zu verhindern. Zudem räumt der Gesetzgeber den Entschädigungseinrichtungen gerade kein Mandat ein, die Interessen der bereits angeschlossenen Institute gegenüber der BaFin wahrzunehmen. Der Auftrag der Entschädigungseinrichtungen ist vielmehr eng begrenzt (vgl. § 6 Abs. 3 EsAeG). Außerdem kann man aus dem Vergleich von § 32 Abs. 3 KWG und § 11 Abs. 1 EsAeG ableiten, dass im Verwaltungsverfahren über die Zulassung neuer Institute gerade nur ein Anhörungs- und kein Zustimmungsrecht der Entschädigungseinrichtung gewollt war. Der Entschädigungseinrichtung steht daher nur ein ___________ 365 Dies verkennt Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 32 Rdn. 22, der nicht die Aufgaben der Entschädigungseinrichtung untersucht, sondern die Zuordnung des beantragenden Instituts zu einer derartigen Einrichtung als eine solche kraft Gesetzes nach § 6 Abs. 1 EsAeG einordnet, weshalb die Einrichtung nur reflexartig betroffen sei. Ohne zulassenden Verwaltungsakt wird aber gerade diese Zuordnung zu einer Entschädigungseinrichtung nicht ausgelöst. Zu Recht kritisch daher Wagner, Einlagensicherung, S. 37.

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subjektives Recht auf Anhörung, nicht aber ein Vetorecht gegen die Entscheidung der BaFin nach § 32 KWG zu366. b) Ausnahmen vom Anschlusszwang Der Gesetzgeber hat in § 12 EsAeG von der Option der Richtlinien Gebrauch gemacht, solche Institute vom Anschlusszwang zu einer Entschädigungseinrichtung auszunehmen367, die einer institutssichernden Einrichtung angehören. Diese Vorschrift trifft auf die Sicherungseinrichtungen der Sparkassen- und Giroverbände sowie die des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken zu, deren Ziel die Sanierung von Instituten ist. Die Ausnahme gilt nur, solange diese Sicherungseinrichtungen aufgrund ihrer Zielsetzung und Finanzausstattung in der Lage sind, die Unternehmenssicherung zu gewährleisten. Um die Einhaltung dieser Voraussetzungen sicherzustellen, unterliegen die institutssichernden Einrichtungen der Aufsicht der BaFin (vgl. im Einzelnen § 12 Abs. 2 EsAeG). c) Gesetzliche Entschädigungseinrichtungen Das Gesetz sieht vor, dass bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau drei nicht rechtsfähige Sondervermögen errichtet werden, die die Aufgabe einer Entschädigungseinrichtung wahrnehmen und die gesetzliche Basissicherung anbieten (§ 6 Abs. 1 EsAeG). Jeder Entschädigungseinrichtung werden bestimmte Institutstypen zugeordnet. Die Zuordnung richtet sich nach der Rechtsform des Instituts und der Art der erlaubten Bankgeschäfte. Nr. 1 erfasst die privatrechtlichen, Nr. 2 die öffentlich-rechtlichen Einlagenkreditinstitute. Hierunter sind gemäß § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG alle Institute zu verstehen, die Einlagen entgegennehmen und Kredite vergeben. Da die Sondervermögen auch die von diesen Instituten erbrachten Wertpapierdienstleistungen abdecken368, sind damit also alle Universalbanken erfasst. Die übrigen Institute, die Wertpapiergeschäfte betreiben, ohne Einlagenkreditinstitute zu sein, sind dem dritten Sondervermögen angeschlossen. Gemeint sind also die in § 1 Nrn. 2 und 3 EsAeG genannten Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute, ohne Rücksicht darauf, ob die Institute die Befugnis haben, sich Besitz oder Eigentum an Kundengeldern zu verschaf___________ 366 Die in ZBB 1998, 305, 320, vertretene gegenteilige Ansicht wird aufgegeben. 367 Der RegE wollte sie nur von der Beitragspflicht ausnehmen, BT-Drucks. 13/10188, S. 8. Bundesrat und Finanzausschuss haben mit überzeugenden Gründen für die jetzt Gesetz gewordene Fassung plädiert, BR-Drucks. 257/1/98; BT-Drucks. 13/10736, S. 6; BT-Drucks. 13/10846, S. 13, 25. 368 BT-Drucks. 13/10188, S. 15.

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fen369. Denn das Gesetz wollte auch den Fall erfassen, dass ein Finanzdienstleistungsunternehmen sich unter Verstoß gegen die Bedingungen seiner Zulassung Eigentum an Kundenvermögen verschafft und es anschließend zu einer Veruntreuung kommt370. Dem Anschlusszwang unterliegen deshalb auch die Vermögensverwalter, die mittels eingeschränkter Außenvollmacht Kundendepots bei Banken verwalten. Sie haben zwar in aller Regel keine Möglichkeit der Veruntreuung von Kundengeldern oder -papieren, da das konto- und depotführende Kreditinstitut die Einhaltung der Vollmacht überwacht. Diese Überwachung gelingt jedoch nicht immer. Auch ist in der Praxis zu beobachten, dass Vermögensverwalter bisweilen von Kunden Bargeld annehmen, so dass das konto- und depotführende Kreditinstitut gar nicht eingeschaltet wird. Der Fall der Untreue mag zwar selten sein, er kann aber durchaus vorkommen. Es macht daher Sinn, auch die unabhängigen Vermögensverwalter der Anlegerentschädigung zu unterwerfen und sie deshalb der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) anzuschließen371. Die von einigen Finanzdienstleistern eingelegten Widersprüche gegen die Bescheide über den Anschlusszwang mit der Begründung, sie würden zu einer Sicherung gegen ein faktisch ausgeschlossenes Risiko gezwungen und die Heranziehung zu Beiträgen sei verfassungswidrig, hatten deshalb keinen Erfolg372. Die Rechtsprechung ordnete die entsprechende Passage des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes als richtlinienkonform ein. Weder der Einwand, es handele sich bei den Beiträgen zur Entschädigungseinrichtung um eine unzulässige Sonderabgabe, noch der Einwand, man wende sich nur an institutionelle Kunden, überzeugten. Offen sind jedoch noch Verfahren über die Beitragsbemessung. Die Trennung der Basissicherung in eine solche der Kreditinstitute einerseits und der Wertpapierhandelsbanken und Finanzdienstleister andererseits scheint dazu zu führen, dass die kleineren Institute im Vergleich zu Universalbanken überproportional stark zu Beiträgen herangezogen zu werden. ___________ 369 BT-Drucks. 13/10188, S. 15. 370 BT-Drucks. 13/10188, S. 16 und 17. 371 Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 30; a. A. der Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter Lutz Gebser, FAZ 12.6.2001, S. 35 („Akzeptanz der unabhängigen Vermögensverwalter nimmt zu“). 372 BVerwG, WM 2004, 2108 ff.; VG Berlin, BKR 2003, 722 ff.; OVG Berlin, Beschl. vom 31.10.2002 – 1 S 17.02 (Juris Dokument MWRE105870300); ebenso Berger, WM 2003, 949 ff.; a. A. Meißner, WM 2003, 1977 ff.; Gutsche, BKR 2003, 696 ff.; zur Verfassungsmäßigkeit der BeitragsVO Pöcker, ZBB 2002, 513 ff.

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Die Vorgaben des EsAeG

Da die Finanzportfolioverwaltung im deutschen Recht auch von Investmentfonds erbracht werden darf (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG) und diese Fonds damit in den Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie fallen, ordnet § 1 Abs. 1 Nr. 4 EsAeG sie ebenfalls dem dritten Sondervermögen zu. d) Beliehene Entschädigungseinrichtungen Die Einlagensicherungsrichtlinie gestattet den Mitgliedstaaten, vorhandene Sicherungssysteme an die neue Regelung anzupassen. Die Richtlinie überlässt den Mitgliedstaaten insbesondere die Vorgaben hinsichtlich der Organisation und der Art der Finanzierung von Entschädigungssystemen. Deshalb konnte der deutsche Gesetzgeber ein System schaffen, das die Bankwirtschaft in die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen einbindet. Der Gesetzgeber erlaubt daher die Übertragung der gesetzlichen Aufgaben einer Entschädigungseinrichtung im Wege der Beleihung auf eine juristische Person des Privatrechts (§ 7 EsAeG). Voraussetzung der Beleihung ist, dass die juristische Person sich bereit erklärt, die Aufgabe einer Entschädigungseinrichtung zu übernehmen, und sie die Gewähr für eine hinreichende Erfüllung der Ansprüche der Anleger bietet (vgl. im Einzelnen § 7 Abs. 1 Satz 2 EsAeG)373. Die Pflicht zur Übernahme der Aufgaben einer Entschädigungseinrichtung bedeutet, dass maximal drei Beleihungen, also eine pro Institutsgruppe i. S. d. § 6 Abs. 1 EsAeG, denkbar sind. Im Falle der Beleihung tritt die private Sicherungseinrichtung an die Stelle des Sondervermögens und übernimmt deren Rechte und Pflichten (§ 7 Abs. 2 EsAeG). Beliehene Entschädigungseinrichtungen sichern daher nur die nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz geforderte Basisdeckung. Zu den Pflichten, die übernommen werden, zählt auch der gesetzliche Aufnahmezwang für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, denn die Zugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung ist nach neuem Recht für diese Institute Pflicht. Die Bankwirtschaft hat die Möglichkeit der Beleihung in zwei Fällen genutzt. Die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Bundesverbands deutscher Banken e.V., hat die Sicherung privatrechtlicher Einlagenkreditinstitute und Bausparkassen übernommen374. Für die öffentlich-rechtlichen Einlagenkredit___________ 373 Zu den übrigen Voraussetzungen einer Beleihung Hoeren, Selbstregulierung, S. 94 ff. m. w. N. 374 Die Beleihung erfolgte durch die Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung an die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH vom 24.8.1998, BGBl. I 2391, abgedruckt bei Consbruch/ Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 17.02.

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institute hat der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., Bonn, den gleichen Weg eingeschlagen. Seine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH, übernimmt ebenfalls im Wege der Beleihung375 die gesetzliche Basisdeckung für die anschlusspflichtigen öffentlich-rechtlichen Einlagenkreditinstitute. Aufgrund der beiden Beleihungen war die Errichtung von Sondervermögen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau entbehrlich. Allein für die dritte Gruppe von Instituten musste ein Sondervermögen geschaffen werden. Es handelt sich um die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW). Diese Einrichtung hat zwischen 1998 und 2003 insgesamt 15 Entschädigungsfälle bearbeitet. Von den 2474 geschädigten Anlegern wurden bislang 627 Anleger mit 5,3 Mio. Euro entschädigt376. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kann ein Institut oder alle Institute einer Gruppe auf Antrag einer anderen Entschädigungseinrichtung zuordnen (§ 6 Abs. 2 EsAeG). Voraussetzung ist, dass für den Wechsel ein berechtigtes Interesse besteht, dass die Aufgabe der bisherigen Entschädigungseinrichtung nicht gefährdet wird und dass die neue Entschädigungseinrichtung zustimmt. Als berechtigtes Interesse ist etwa ein Rechtsformwechsel des Instituts anzusehen377. Beantragen alle Institute einer Gruppe den Wechsel zu dem Sondervermögen einer anderen Gruppe, geben sie damit zu erkennen, dass sie keine eigene Risikozuordnung mehr wünschen und auf den mit § 6 Abs. 1 EsAeG gewährten Schutz verzichten wollen. Im Falle des Wechsels der ganzen Institutsgruppe zu einer anderen Entschädigungseinrichtung wird die alte Entschädigungseinrichtung aufgelöst. Die Einzelheiten sind einer Rechtsverordnung des Bundesministers der Finanzen vorbehalten.

___________ 375 Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung an die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH vom 24.8.1998, BGBl. I 2390, abgedruckt bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 17.01. 376 EdW, Tätigkeitsbericht 2003, http://www.e-d-w.de/bibliothek/download/Taetigkeitsbericht_2003.pdf (abgerufen am 21.2.2005). 377 BT-Drucks. 13/10188, S. 20. Beispielweise wechselte die Deutsche Postbank AG mit Wirkung zum 1.1.2005 aus der Basissicherung und Anschlussdeckung des Bundesverbands Öffentlicher Banken in die des Bundesverbands deutscher Banken e.V.

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Die Vorgaben des EsAeG

e) Die Anschlussdeckung durch freiwillige Einlagensicherungsfonds Die Richtlinien schreiben im Hinblick auf den Sicherungsumfang nur einen Mindestschutz (Basissicherung378) vor, den die Mitgliedstaaten erhöhen dürfen. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Option nicht unmittelbar genutzt, da die Ansprüche aus dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz auf den nach der Richtlinie vorgesehenen Mindestumfang begrenzt sind. Er stellt den schon bestehenden freiwilligen Sicherungseinrichtungen jedoch frei, ihre umfangreiche Sicherung zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen anzubieten379. Will ein Kreditinstitut eine solche über den gesetzlichen Mindestschutz von 20.000 Euro hinausgehende Anschlussdeckung erlangen, muss es sowohl der gesetzlichen wie der freiwilligen Einlagensicherung angehören. Eine Zugehörigkeit allein zu einem freiwilligen Einlagensicherungsfonds ist nicht ausreichend, denn es handelt sich nicht um eine Entschädigungseinrichtung im Sinne der Richtlinien und des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes380. Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. nutzt die Möglichkeit der Schutzerhöhung und bietet eine Anschlussdeckung an die gesetzliche Einlagensicherung an. Voraussetzung der Mitwirkung am Einlagensicherungsfonds ist die Mitgliedschaft im Bundesverband deutscher Banken e.V. Aufgenommen werden auch Zweigstellen ausländischer Banken aus EU-Staaten381. Weiterhin hat das jeweilige Mitglied die Voraussetzungen des Statuts des Einlagensicherungsfonds382, insbesondere dessen § 3, zu erfüllen. Danach muss das Institut über ein haftendes Eigenkapital verfügen, das den Anforderungen des Kreditwesengesetzes entspricht, sowie zwei geeignete und zuverlässige Geschäftsleiter haben. Aus bedeutenden Beteiligungen am Institut darf keine Gefährdung einer soliden und umsichtigen Geschäftsführung folgen. Schließlich ist das Institut verpflichtet, ein ausgeglichenes Geschäftsergebnis im laufenden Geschäftsjahr und die notwendige Liquidität vorzuweisen und Bankgeschäfte entsprechend den Vorgaben des KWG ordnungsgemäß durchzuführen. Die genannten Voraussetzungen unterscheiden sich im Ergebnis damit nicht von denen, die ein Kreditinstitut ohnehin nach dem KWG zu erfüllen hat. Zusätzlich ist ___________ 378 379 380 381

Im Einzelnen unten S. 691 ff. BT-Drucks. 13/10188, S. 17, 19. BT-Drucks. 13/10188, S. 19. Für sie gilt neben dem Statut des Einlagensicherungsfonds (Stand 5/2004) noch die „Zusatzregelung für die Mitwirkung von Zweigstellen ausländischer Banken aus EUStaaten an der Einlagensicherung“. 382 Statut des Einlagensicherungsfonds (Stand 5/2004), http://www.bdb.de (abgerufen am 11.2.2005).

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

jedoch der Beitritt des Instituts zum Prüfungsverband deutscher Banken e.V. erforderlich, der die Institute bei der Aufnahme prüft (§ 8 des Statuts). Außerdem muss das Institut sich jährlich entsprechend den „Grundsätzen für das Klassifizierungsverfahren“ einer Risikoklasse zuordnen lassen (§ 4a des Statuts). Die Prüfung dient der Frühwarnung und der Eingruppierung der Institute für die Bemessung der Umlagen. Eine erstmalige Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds erfolgt nur, wenn die Bank in eine der drei Stufen der Klasse A eingruppiert wird (§ 3 Nr. 1 lit. f. des Statuts). Die Finanzierung erfolgt über eine Umlage, die 0,3 0/00 des Bilanzpostens „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ ausmacht (vgl. im Einzelnen § 5 Nr. 1 des Statuts). Institute, die in Klasse B oder C eingruppiert sind, werden zu höheren Umlagen herangezogen (§ 5 Nr. 1a des Statuts), um zu verhindern, dass Banken ihre erhöhten Risiken auf den Fonds abwälzen. Neu aufgenommene Institute müssen eine Einmalumlage von 0,9 0/00 entrichten (§ 5 Nr. 2 des Statuts). Institute, die bereits mehr als 20 Jahresumlagen eingezahlt haben und in eine der drei Stufen der Klasse A eingruppiert sind, können von weiteren Zahlungen befreit werden (§ 5 Nr. 3 Satz 2 des Statuts). Von dieser Befugnis hat der Bundesverband Gebrauch gemacht383. Der Einlagensicherungsfonds sichert nach § 6 Nr. 1 seines Statuts solche Verbindlichkeiten gegenüber Nichtkreditinstituten, die im Bilanzposten „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ auszuweisen sind, wie Sicht-, Termin- und Spareinlagen sowie auf den Namen lautende Sparbriefe. Anders als bei der Basissicherung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EsAeG) greift die Anschlussdeckung unabhängig von der Währung der Verbindlichkeiten ein. Gesichert sind weiterhin Verbindlichkeiten gegenüber Kapitalanlagegesellschaften und deren Depotbanken, soweit es um Teile des Fondsvermögens geht (§ 6 Nr. 1 des Statuts). Gesichert sind auch – im Gegensatz zur Basissicherung (vgl. § 3 Abs. 2 EsAeG) – Forderungen der öffentlichen Hand sowie der institutionellen Anleger (mit Ausnahme anderer Kreditinstitute). Nicht gesichert sind Verbindlichkeiten, über die das Institut Inhaberschuldverschreibungen ausgestellt hat (§ 6 Nr. 1a des Statuts). Nicht gesichert sind auch Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen, da nach Ansicht des Bundesverbands das Depotgesetz ausreichenden Schutz biete und der Fall einer Unterschlagung von Kundenpapieren nur selten vorkomme384. Auch Schadensersatzforderungen wegen einer Falschberatung werden nicht abgedeckt. Verbindlichkeiten aus Wertpapierpensions- und Repogeschäften sowie Rücklieferungsverpflichtungen aus Wertpapierleihgeschäften sind auch dann nicht gesichert, wenn sie im Bilanzposten „Verbindlichkeiten gegenüber ___________ 383 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 23. 384 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 59.

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Die Vorgaben des EsAeG

Kunden“ auszuweisen sind (§ 6 Nr. 1a des Statuts). In die Sicherung einbezogen sind dagegen Zinsen in marktüblicher Höhe (§ 6 Nr. 5 des Statuts). Die Sicherungsgrenze beträgt je Gläubiger 30 % des haftenden Eigenkapitals des jeweiligen Instituts i. S. v. § 10 Abs. 2 KWG, das zum Zeitpunkt des letzten Jahresabschlusses bestand. Nimmt man als Beispiel ein Kreditinstitut mit dem Mindestkapital von derzeit 5 Mio. Euro (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d KWG), bedeutet dies eine Sicherungsobergrenze von 1,5 Mio. Euro je Einleger. Die genaue Höhe der Einlagensicherung der einzelnen angeschlossenen Institute lässt sich auf der Homepage des Bundesverbands abfragen. Der Einlagensicherungsfonds leistet Zahlungen nur, soweit dem Einleger keine Ansprüche gegen andere Sicherungseinrichtungen zustehen oder er von diesen keine Zahlungen erlangen kann (§ 6 Nr. 11 des Statuts). Die Subsidiaritätsklausel bedingt, dass der Einlagensicherungsfonds Anleger nur insoweit entschädigt, als sie nicht schon von der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung, die Ansprüche bis 20.000 Euro sichert, Deckung erhalten. Soweit bestimmte Gläubiger von der gesetzlichen Sicherung ganz ausgeschlossen sind, das Statut des Fonds sie dagegen schützt (z. B. Einlagen in Nicht-EU- und in Nicht-EWR-Währungen385), übernimmt der Einlagensicherungsfonds die Deckung in vollem Umfang bis zur Sicherungsobergrenze386. Weder die dem Einlagensicherungsfonds angehörende Bank (§ 10 des Statuts) noch die Einleger (§ 6 Nr. 10 des Statuts) haben allerdings einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Einlagensicherungsfonds. Einen derartigen Ausschluss von Individualansprüchen hielt die Rechtsprechung schon vor Erlass des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes für zulässig387. Auch wenn dieser Standpunkt in der Lehre bisweilen auf ___________ 385 S. u. S. 697 Fn. 496. 386 Dies gilt nicht für bestimmte Inhaberpapiere, Verbindlichkeiten aus Wertpapierpensions- und Repogeschäften sowie Rücklieferungsverpflichtungen aus Wertpapierleihgeschäften, selbst wenn sie im Bilanzposten, „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ auszuweisen sind (§ 6 Nr. 1a des Statuts). 387 OLG Köln, ZIP 1992, 1617 mit Anm. Claussen, DZWIR 1993, 201, 203 und Hunecke, EWiR 1993, 343 f.; ebenso Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 1992, S. 30, 32; Baumbach/Hopt, HGB31, BankGesch Rdn. A/57; Hoeren, Selbstregulierung, S. 116 ff.; Schöner, Einlagensicherung, S. 61; Habscheid, BB 1988, 2328 ff.; wohl auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 2.587 f.; a. A. Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rdn. 2725; Dreher, ZIP 1992, 1597, 1610 f.; Vogelsang, Einlagensicherungsfonds, S. 133 ff., 148 f. (jeweils Vertrauenshaftung). Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG4, § 23 Rdn. 779, nimmt eine Anscheinsvollmacht der Bank für den BdB an; differenzierend Nicklisch, Einlagensicherung, S. 38 ff., jeweils m. w. N. S. a. Schwark, Anlegerschutz, S. 227; ders., NJW 1974,

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Kritik gestoßen ist, wird man auf jeden Fall nach der Einführung der gesetzlichen Sicherung feststellen müssen, dass die Anschlussdeckung eine freiwillige ist und deshalb nur zu den Konditionen erfolgen muss, die die Satzung des jeweiligen Fonds vorgibt388. Ein Ausschluss von Kreditinstituten ist unter den Voraussetzungen von § 4 des Statuts möglich. Ein Institut kann u. a. dann ausgeschlossen werden, wenn es zwei Jahre lang in die Klasse C 3 eingestuft worden ist und eine Besserung nicht erwartet werden kann (§ 4 Nr. 2 a. E. des Statuts). Allerdings ist bei der Entscheidung über den Ausschluss der Gleichbehandlungsgrundsatz389 und die Tatsache zu beachten, dass es sich um Einrichtungen mit Monopolcharakter oder überragender Machtstellung handelt. Daher unterliegt die Satzung der Einrichtung einer richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 242, 315 BGB390. Der Ausschluss unterliegt aufgrund des Monopolcharakters strengeren Anforderungen als bei gewöhnlichen Vereinen. Er muss durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Dem Fonds steht aufgrund seiner Vereinsautonomie zwar ein Beurteilungsspielraum zu. Da ein Ausschluss aber um so eher unbillig sein wird, je wichtiger für den Betroffenen die Mitgliedschaft ist, sind seinem Beurteilungs- oder Ermessensspielraum jedoch enge Grenzen gesetzt391. Die Gläubiger sind vom Ausscheiden des Instituts aus dem Fonds zu unterrichten (§ 23a Abs. 2 KWG). Gehört ein Institut dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds an, erhalten seine inländischen Einleger einen fast392 vollständigen Schutz. Der Bundesverband deutscher Banken e.V. gleicht durch den Einlagensicherungsfonds den Wettbewerbsnachteil gegenüber öffentlich-rechtlich organisierten Instituten und Genossenschaftsbanken aus, die über einen Institutsschutz verfügen393, der jegliches Insolvenzrisiko der Kunden faktisch ausschließt394. ___________

388 389 390 391 392

393 394

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1849, 1852 f., der einen Vertrag zugunsten Dritter prüft. Wollte man dem Aspekt einer Vertrauenshaftung folgen, ist dieser seit der Neufassung von Nr. 20 der AGBBanken im April 2002 hinfällig, ebenso Casper, in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 3 Rdn. 110. Zur Ausnahme des topping-up siehe S. 681 ff. D. Schmidt, ZfgK 1990, 278, 289. BGHZ 105, 306, 316 ff. BGHZ 102, 265, 276 f. Nur Gläubiger, deren Forderungen auch die Deckungsobergrenze des Einlagensicherungsfonds übersteigen oder die Wertpapierdienstleistungen in Anspruch nehmen, sind nicht bzw. nicht vollständig geschützt. Dazu oben S. 661 Text bei Fn. 367. Die von der Einlagensicherungsrichtlinie durch Zulassung der Institutssicherung verursachte Wettbewerbsverzerrung (dazu Sethe, ZBB 1998, 305, 310) wird auf diese Art kompensiert.

Die Vorgaben des EsAeG

Um sein hohes Schutzniveau aufrechterhalten zu können, hat der Einlagensicherungsfonds strenge Aufnahmekriterien, die er durch den Prüfungsverband deutscher Banken e.V. kontrollieren lässt. Es dürfte deshalb immer einige privatrechtliche Institute geben, die nur über die gesetzlich vorgesehene Basissicherung verfügen. Auch der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. bietet eine Anschlussdeckung an. Die Satzung seines Einlagensicherungsfonds395 bestimmt in § 4, dass öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, die Mitglied des Verbands sind, dem Fonds beitreten können. Voraussetzung ist, dass sie dessen Satzung anerkennen und den Nachweis geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse erbringen (§ 4 Nr. 2 der Satzung). Sie dürfen zudem nicht schon einer Sicherungseinrichtung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands angeschlossen sein (§ 4 Nr. 1 der Satzung). Die Mitglieder verpflichten sich, ihre Kunden in den AGB über die Art und Höhe der Sicherung zu informieren. Der Fonds wird über Beiträge der angeschlossenen Institute finanziert (§§ 8 ff. der Satzung). Ein Ausschluss von Instituten ist aus den in § 5 Nr. 3 der Satzung genannten Gründen möglich. Die Gläubiger sind vom Ausscheiden des Instituts aus dem Fonds zu unterrichten (§ 23a Abs. 2 KWG). Die Sicherungsleistung, auf die weder die angeschlossenen Institute noch deren Kunden einen Rechtsanspruch haben (§ 13 der Satzung), erfasst Einlagen von Nichtkreditinstituten, soweit der Kunde nicht bereits von der gesetzlichen Einlagensicherung entschädigt wurde (§ 14 Nr. 1 der Satzung). Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen (z. B. Schadensersatz wegen Falschberatung oder Veruntreuung der Wertpapiere) sind nicht gesichert. Ausgeschlossen sind Verbindlichkeiten, über die Inhaberschuldverschreibungen ausgestellt wurden, Rücklieferungsverpflichtungen aus Wertpapierleihgeschäften, Verbindlichkeiten aus Pfandbriefen, Kommunalobligationen und sonstige Schuldverschreibungen (§ 14 Nr. 3 Satz 1 und 2 der Satzung) sowie Forderungen des Bundes, der Länder und deren Sondervermögen sowie Forderungen der Geschäftsführung der Bank und ihr nahe stehender Personen (§ 14 Nr. 3 Satz 3 lit. a bis f der Satzung). Eine absolute Begrenzung der Höhe der Sicherungsleistung pro Sicherungsfall ist nicht vorgesehen, so dass die Leistungen nur durch die Höhe der Mittel des Fonds begrenzt werden. Dieser kennt begrenzte Nachschusspflichten (§ 10 Nr. 5 der Satzung). Soweit der Sicherungsfonds Mittel an das Institut oder dessen Einleger erbringt, sind diese nach einer eventuell erfolgreichen ___________ 395 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., Satzung für den Einlagensicherungsfonds, Stand 8.12.2003, http://www.voeb.de (abgerufen am 11.2.2005).

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Sanierung dem Fonds zu erstatten (§ 17 der Satzung). Soweit der Fonds Kunden des Instituts auszahlt, gehen deren Ansprüche gegen das Institut auf den Fonds über (§ 17 Nr. 2 der Satzung). Besteht für ein Kreditinstitut eine sonstige öffentlich-rechtliche Sicherungsform396 (außer Anstaltslast oder Gewährträgerhaftung) oder befindet sich das Institut in Mehrheitsbesitz oder wird es von einem Dritten beherrscht, werden Leistungen des Fonds nur ausgezahlt, wenn zuvor die genannten Körperschaften oder Personen die Rückzahlung der Leistungen garantieren (§ 16 Nr. 3 der Satzung).

3. Aufgaben, Pflichten und Finanzierung der gesetzlichen Sicherungseinrichtungen Die Entschädigungseinrichtungen sind verpflichtet, die Beiträge der ihnen zugeordneten Institute einzuziehen, die Mittel nach Maßgabe des § 8 EsAeG anzulegen und im Entschädigungsfall die Gläubiger zu entschädigen (§ 6 Abs. 3 EsAeG). Die Entschädigungseinrichtungen werden durch die Beiträge der an sie angeschlossenen Institute397 finanziert (§ 8 Abs. 1 EsAeG)398. Die Beiträge sind so zu bemessen, dass sie mögliche Entschädigungsansprüche, die Verwaltungskosten und sonstige Kosten der Entschädigungseinrichtung decken (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EsAeG). Die Höhe der Beiträge hat der Bundesfinanzminister im Wege der Rechtsverordnung399 nach den in § 8 Abs. 3 EsAeG genannten Kriterien festgelegt. Sofern die Mittel der Entschädigungseinrichtung ausreichen, kann diese die in den Verordnungen festgelegten Beiträge nach Zustimmung durch die Bundesanstalt für Finanz___________ 396 Denkbar sind beispielsweise Sicherungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Bürgschaften und Garantien. Zu diesen vgl. Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk, VwVfG6, § 1 Rdn. 87; Bonk in: Stelkens/Bonk, VwVfG6, § 62 Rdn. 42 m. w. N.; Dommach, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht (Stand 12/2004), § 39 Rdn. 1; LG Frankfurt, NVwZ 1984, 267 mit Anm. Zuleeg, JuS 1985, 107 ff. 397 Nach Ansicht des VG Berlin, BKR 2003, 722, 724 (li. Sp.), ist diese Art der Finanzierung europarechtlich geboten, da die Alternative, nämlich eine staatliche Finanzierung, im Hinblick auf Art. 87 Abs. 1 EG bedenklich sei. 398 Die gesetzliche Regelung über Beiträge und Beitragspflichtige ist nach Ansicht des BVerwG verfassungsgemäß und europarechtskonform, s. o. S. 662 Fn. 372. 399 VO über die Beiträge zur Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH vom 10.7.1999, BGBl. I 1540, geändert durch die VO vom 5.6.2003, BGBl. I 847; VO über die Beiträge zur Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH vom 10.7.1999, BGBl. I 1538, geändert durch die VO vom 5.6.2003, BGBl. I 846; VO über die Beiträge zur Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 19.8.1999, BGBl. I 1891, geändert durch die VO vom 7.9.2000, BGBl. I 1376 und die VO vom 5.6.2003, BGBl. I 849.

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Die Vorgaben des EsAeG

dienstleistungsaufsicht ermäßigen oder aussetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EsAeG) oder sie nach einer solchen Reduzierung wieder auf das in der Verordnung festgelegte Niveau anheben, falls der Finanzbedarf zwischenzeitlich gestiegen ist400. Sie kann auch für erstmals beitragspflichtige Institute eine Einmalzahlung („Aufnahmegebühr“) festsetzen, sofern die Bundesanstalt zustimmt. Die Entschädigungseinrichtung muss Sonderbeiträge erheben und notfalls Kredite aufnehmen, sofern ihre Mittel nicht ausreichen, um ein Entschädigungsverfahren abzuwickeln (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EsAeG). Die Beitragsbescheide der Entschädigungseinrichtung werden nach dem VwVG vollstreckt (§ 8 Abs. 4 EsAeG). Für Entschädigungszahlungen haftet die Entschädigungseinrichtung nur mit dem Vermögen, das auf Beitragszahlungen beruht und von dem Verwaltungs- und sonstige Kosten abgezogen wurden (§ 8 Abs. 5 Satz 1 EsAeG). Sieht man von den Sonderbeiträgen einmal ab, besteht keine Nachschusspflicht der angeschlossenen Institute. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau haftet ebenfalls nicht mit ihrem sonstigen Vermögen. Die von den Entschädigungseinrichtungen eingenommenen Beiträge sind, abzüglich der Verwaltungskosten (§ 6 Abs. 4 Satz 3 EsAeG), nach den Grundsätzen der Risikomischung so anzulegen, dass eine möglichst hohe Sicherheit, eine ausreichende Liquidität und angemessene Rentabilität gewährleistet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 4 EsAeG). Eine längerfristige Anlage der eingenommenen Gelder kommt sicherlich nur für einen kleinen Teil in Betracht, weil die Entschädigungseinrichtung so organisiert sein muss, dass sie innerhalb von drei Monaten Entschädigungszahlungen leisten kann (§ 5 Abs. 2 Satz 1 HS 2 EsAeG). Die Einzelheiten der Anlagepolitik können im Wege einer Rechtsverordnung festgelegt werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EsAeG). Beliehene Entschädigungseinrichtungen müssen das Sicherungsvermögen von ihrem übrigen Vermögen trennen (§ 8 Abs. 5 Satz 3 EsAeG). Das zur Entschädigung angesammelte Vermögen darf nicht gefährdet werden (§ 7 Abs. 3 Satz 2 EsAeG).

4. Aufsicht über die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen Handelt es sich bei der Entschädigungseinrichtung um ein Sondervermögen, untersteht dieses der Verwaltung der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die ihrerseits unter der Aufsicht der BaFin steht (§ 6 Abs. 4 EsAeG). Beliehene ___________ 400 So im Ergebnis auch Sethe, ZBB 1998, 305, 321 (wobei die Begründung aufgrund eines übersehenen Druckfehlers verkürzt ist).

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

Einrichtungen unterliegen der Fachaufsicht401 der BaFin, die Missständen entgegenzuwirken hat (§ 7 Abs. 3 EsAeG). Dazu kann die BaFin geeignete Anordnungen treffen. Ihr stehen die in § 44 KWG genannten Kompetenzen zu. Durch Rechtsverordnung kann sich das Bundesfinanzministerium die Genehmigung von Satzung und Satzungsänderungen vorbehalten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EsAeG). Auch die institutssichernden Einrichtungen unterliegen der Aufsicht der BaFin (§ 12 Abs. 2 EsAeG), um sicherzustellen, dass die Einrichtungen die Voraussetzungen erfüllen, unter denen die von ihnen geschützten Institute von der Pflichtzugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung befreit werden. Der BaFin stehen die in § 44 Abs. 1 KWG genannten Kompetenzen zu (§§ 12 Abs. 2 Satz 1 HS 2, 7 Abs. 3 Satz 4 EsAeG). Die BaFin unterrichtet das Bundesfinanzministerium, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine institutssichernde Einrichtung aufgrund ihrer Zielsetzung und Finanzausstattung nicht mehr in der Lage ist, die Unternehmenssicherung zu gewährleisten. Nach Anhörung der betroffenen institutssichernden Einrichtung kann der Bundesminister die Befreiung vom Anschlusszwang rückgängig machen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 und 4 EsAeG) mit der Folge, dass die Pflichtmitgliedschaft für die bislang befreiten Institute wieder auflebt. Sie müssen sich dann der für sie vorgesehenen Entschädigungseinrichtung anschließen. Um eine Aufsicht zu ermöglichen, haben alle gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen (Sondervermögen und beliehene Einrichtungen) und die institutssichernden Einrichtungen jährlich einen Geschäftsbericht aufzustellen (§§ 10 Abs. 1, 12 Abs. 2 Satz 1 EsAeG), wobei § 10 Abs. 1 Satz 4 EsAeG Vorgaben hinsichtlich seines zwingenden Mindestinhalts macht. Der Bericht ist der BaFin und der Bundesbank jeweils bis zum 31.5. einzureichen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EsAeG). Richtigkeit und Vollständigkeit des Berichts sind von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer oder einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu kontrollieren. Die BAFin kann die Bestellung eines anderen Prüfers verlangen, wenn dies zur Erreichung des Prüfungszwecks geboten ist (§ 10 Abs. 1 Satz 3 EsAeG). Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid haben keine aufschiebende Wirkung. Der Prüfer hat seinen Bericht unverzüglich nach Ende der Prüfung bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank einzureichen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 EsAeG). ___________ 401 BT-Drucks. 13/10188, S. 20; Wagner, Einlagensicherung, S. 125 f.; Sethe, ZBB 1998, 305, 318; a. A. Weber, Die Bank 1998, 470, 472, der eine reine Missbrauchsaufsicht annimmt.

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Die Vorgaben des EsAeG

Da die Entschädigungseinrichtungen der Aufsicht der BaFin unterstehen, stellt § 16 EsAeG klar, dass sie nicht zusätzlich noch dem Versicherungsaufsichtsgesetz unterfallen402. Diese Klarstellung erwies sich als nötig, weil der Versicherungsbegriff sehr streitig ist403.

5. Pflichten der angeschlossenen Institute a) Pflichten gegenüber den Kunden Die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute unterliegen bestimmten Informationspflichten gegenüber solchen Kunden, die selbst keine Institute sind (§ 23a Abs. 1 KWG). Diese Pflichten sind bußgeldbewehrt (§ 56 Abs. 3 Nr. 6 KWG)404. Sie beziehen sich auf Informationen über die Zugehörigkeit zu gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen und allen darüber hinaus bestehenden freiwilligen Einrichtungen405. Zweck der Regelung ist es, dem Kunden bei der Auswahl der Institute die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen und ihn während einer schon laufenden Vertragsbeziehung über den Umfang der Sicherung aufzuklären, damit er dies bei Vornahme bestimmter Geschäfte mit bedenkt. Aufgrund dieser Zielsetzung und unter Berücksichtigung der weiten Vorgaben der Art. 9 Abs. 1 ESRL und Art. 10 Abs. 1 AERL ist die Informationspflicht des § 23a Abs. 1 KWG weit zu verstehen und umfasst nicht nur die Aufklärung über die gesetzliche Basissicherung, sondern auch über die freiwillige Anschlussdeckung406. Auch Institute, die einer institutssichernden Einrichtung und damit keiner Entschädigungseinrichtung i. S. d. § 6 Abs. 1 ___________ 402 Die Sicherungseinrichtungen werden zudem von der Körperschaft- und Gewerbesteuer (§§ 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG, 3 Nr. 21 GewStG) sowie Versicherungssteuer (dazu Wagner, Einlagensicherung, S. 130) ausgenommen. 403 Dreher, ZIP 1992, 1597, 1599 Fn. 26; Habscheid, BB 1988, 2328, 2329; Reifner, JZ 1993, 273, 275, verneinen eine Einordnung der Einlagensicherung als Versicherung; a. A. Vogelsang, Einlagensicherungsfonds, S. 45 ff., 172 f. m. w. N., der jedoch für eine Befreiung der Einlagensicherung vom VAG plädiert (S. 222); ebenso Hoeren, Selbstregulierung, S. 191. S. a. Schöner, Einlagensicherung, S. 28 ff., zu den Kriterien des Versicherungsbegriffs. 404 Diese Pflichten sind über §§ 280, 823 Abs. 2 BGB auch schadensersatzbewehrt (ebenso Wagner, Einlagensicherung, S. 123 f.), doch erleidet der Anleger einen kausalen Schaden erst dann, wenn das Institut insolvent ist. In diesem Falle aber ist der Schadensersatzanspruch zumeist wertlos. 405 BT-Drucks. 13/10188, S. 25. 406 Unstreitig, vgl. Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 51, 58; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 131 Rdn. 21; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 23a Anm. 2 (Lfg. 3/04); Wagner, Einlagensicherung, S. 118 f.

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Die organisatorischen Anforderungen nach dem KWG und EsAeG

EsAeG angehören, müssen ihre Kunden über den Schutzumfang aufklären407. Da hier jedoch 100 % der Einlagen und Forderungen aus Wertpapiergeschäften gedeckt sind, reicht eine vereinfachte Information408. Die Regelung des § 23a Abs. 1 KWG differenziert zwischen Alt- und Neukunden. Die Richtlinien schreiben hingegen eine für Alt- und Neukunden gleiche Information vor (Art. 9 Abs. 1 ESRL, Art. 10 Abs. 1 AERL). Daher muss auch der nach nationalem Recht vorgeschriebene Informationsgehalt für beide Kundengruppen gleich sein. Altkunden sind im Preisaushang über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung zu unterrichten (§ 23a Abs. 1 Satz 1 KWG). Soweit Einlagen oder rückzahlbare Gelder nicht gesichert sind, müssen die Altkunden hierüber im Preisaushang und den AGB informiert werden (§ 23a Abs. 1 Satz 3 KWG)409. Diese Pflicht beinhaltet eine umfassende Information des Kunden. Er muss insbesondere darüber informiert werden, dass Fremdwährungen nicht unter die Einlagensicherung fallen. Weiterhin muss der Kunde darauf hingewiesen werden, dass Ansprüche auf Schadensersatz nicht gesichert sind410. Auf die Tatsache, dass der Kunde auf die Leistungen der Anschlussdeckung keinen Rechtsanspruch hat, ist ebenfalls hinzuweisen. Außerdem verfügt der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. über eine Sicherungsobergrenze, über die der Kunde zu informieren ist411. Die Einlagensicherungsfonds der Anschlussdeckung schreiben vor, dass die angeschlossenen Institute in ihren AGB auf die Mitgliedschaft in den Fonds hinweisen und dazu einen vorgeschriebenen Text zu verwenden haben (§ 5 Nr. 4 des Statuts des Einlagensicherungsfonds, § 7 Nr. 1 der Satzung des Fonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken). In diesem überarbeiteten Text, der im April 2002 in Nr. 20 der AGB-Banken eingegangen ist, fehlt jedoch eine ausdrückliche Information über den fehlenden Rechtsanspruch ___________ 407 BT-Drucks. 13/10188, S. 25; Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 48; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 131 Rdn. 20, § 133 Rdn. 56. Meine gegenteilige Position in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 44, wird aufgegeben. 408 Im Ergebnis ebenso Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 52 f.; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 131 Rdn. 22. 409 Von dieser Pflicht ausgenommen ist der Fall, dass es sich um besonders gesicherte Pfandbriefe oder Schuldverschreibungen handelt, die die Voraussetzungen von Art. 22 Abs. 4 Sätze 1 und 2 der Investmentrichtlinie erfüllen. 410 Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 54. 411 Zum fehlenden Rechtsanspruch und zur Sicherungsobergrenze s. o. S. 667 ff.

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Die Vorgaben des EsAeG

auf die Leistungen der Anschlussdeckung. Außerdem vermisst man jeden Hinweis darauf, dass Kunden in Bezug auf Wertpapiergeschäfte nicht gesichert sind412. Den gesetzlichen Anforderungen des § 23a Abs. 1 KWG genügt die Nr. 20 der AGB-Banken daher nicht. Der bloße Hinweis auf § 6 des Statuts des Einlagensicherungsfonds heilt den Mangel nicht, denn die Richtlinien verlangen gerade, dass die Informationen in leicht verständlicher Form zur Verfügung stehen müssen. Neukunden sind vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung schriftlich und in leicht verständlicher Form über die Art der Basissicherung und ggf. der Anschlussdeckung oder institutssichernden Einrichtung413, die Art der geschützten Vermögenswerte, die Höhe der Sicherung und des Selbstbehalts und ausgeschlossene Vermögenswerte zu informieren (§ 23a Abs. 1 Satz 2 KWG). Die Inhalte der Informationspflicht decken sich mit der für Altkunden. Soweit Einlagen oder rückzahlbare Gelder nach anderen Vorschriften nicht gesichert sind, muss das Institut den Kunden hierüber an hervorgehobener Stelle in den Vertragsunterlagen informieren (§ 23a Abs. 1 Satz 3 KWG). Dies gilt insbesondere für nicht gedeckte Inhaberschuldverschreibungen und Gelder in Währungen von Staaten außerhalb der EU (z. B. Anlagen in Dollar oder Schweizer Franken). Zusätzlich wird der Neukunde über die AGB und den Preisaushang von dem Umfang der Sicherung in Kenntnis gesetzt (§ 23a Abs. 1 Satz 3 KWG). Da sich die Information an Kunden richtet, die nicht Institute sind, muss der Empfängerhorizont eines Laien zugrunde gelegt werden. Da ein Laie nicht von den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 EsAeG betroffen ist, muss über diese Ausschlusstatbestände nicht aufgeklärt werden414. Der Kunde muss bestätigen, dass er diese Informationen erhalten hat (§ 23a Abs. 1 Satz 4 KWG). Die schriftliche Bestätigung muss so gestaltet sein, dass sie nicht mit anderen Inhalten vermischt wird oder im Text untergeht. Ihr kommt eine Warnfunktion zu415, um zu erreichen, dass Kunden bei der Wahl zwischen verschiedenen Instituten den Umfang und die Höhe der Sicherung in ihre Entscheidung einbeziehen.

___________ 412 Neukunden werden hierüber ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, vgl. Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 59; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 131 Rdn. 23. 413 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 58. 414 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 55, 57. 415 Eine Beweisfunktion kommt dem Unterschriftenerfordernis nicht zu. Zwar könnte das Institut mit Hilfe des Dokuments die Aufklärung des Kunden belegen, wodurch spätere Regressansprüche des Kunden wegen fehlender Aufklärung ausgeschlossen würden. Solche Regressansprüche werden aber nur dann aktuell, wenn das Institut zahlungsunfähig wird. Dann aber nützt der Regressanspruch faktisch nichts.

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Auf Anfrage müssen die Institute Informationen über die Bedingungen der Sicherung einschließlich der Formalitäten zur Geltendmachung der Ansprüche erteilen (§ 23a Abs. 1 Satz 5 KWG). Dieser Bestimmung kommt vor allem im Falle einer nachträglichen Veränderung der Bedingungen der Sicherung sowie im Entschädigungsfall Bedeutung zu. Vergleicht man die Formulierung des § 23a Abs. 1 KWG mit den Vorgaben der Richtlinien (Art. 9 Abs. 1 ESRL, Art. 10 Abs. 1 AERL), fällt eine gewisse Diskrepanz auf. Die Richtlinien verlangen, dass nicht nur die potentiellen, sondern auch die vorhandenen Kunden über die Bestimmungen der Sicherung einschließlich ihres Umfangs und ihrer Höhe zu unterrichten sind. Diese Formulierung macht deutlich, dass eine aktive Unterrichtung durch das Institut erfolgen muss; eine bloße Information auf Anfrage genügt nicht. Weiterhin muss die Aufklärung mehr umfassen als nur die Angabe der Sicherungsobergrenze und der Beschränkungen der Anspruchsberechtigung416. Der Wortlaut des § 23a Abs. 1 KWG genügt diesen Anforderungen nicht. Altkunden werden deutlich schlechter informiert, obwohl auch sie noch das Institut wechseln könnten und daher auf Informationen angewiesen sind. Man kann die Vorschrift jedoch im Wege richtlinienkonformer Auslegung dahingehend interpretieren, dass auch die Altkunden in den AGB und im Preisaushang umfassend über die Bestimmungen der Sicherung einschließlich ihres Umfangs und ihrer Höhe zu informieren sind417. Da der Gesetzgeber die Richtlinie korrekt umsetzen wollte, kommt man mit Hilfe der historischen Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Sätze 2 und 3 des § 23a Abs. 1 KWG weit zu verstehen sind418. Für diese Auslegung spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift. Seine Warnfunktion hat nicht nur bei der Aufnahme von Vertragsbeziehungen mit einem Institut Bedeutung, sondern auch bei der Frage der Beibehaltung bereits bestehender Vertragsbeziehungen. Das Ziel eines aufgeklärten Verbrauchers würde teilweise verfehlt, wenn die Masse der Altkunden ausgeklammert bliebe. Somit sind die Sätze 2 und 3 im Sinne der Richtlinien zu interpretieren. Der Gesetzgeber sollte sich jedoch zu einer Klarstellung und Neuformulierung der Norm entschließen, zumal der Weg der Aufklärung von Altkunden über den Preisaushang ___________ 416 So auch Brüker, Einlagensicherung, S. 36; Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 47. 417 Sethe, ZBB 1998, 305, 322 f. 418 Die Vorfrage, ob man der richtlinienkonformen Auslegung nur Bedeutung innerhalb des klassischen Auslegungskanons beimisst oder ob man ihr eine Funktion zubilligt, die die Grenzen nationaler Auslegungsmethoden überwindet (vgl. statt vieler Grundmann, JZ 1996, 274, 281 f. m. w. N.), kann hier dahingestellt bleiben, da auch mit Hilfe des nationalen Kanons ein richtlinienkonformes Ergebnis erreicht wird.

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unzureichend ist, da der Normalkunde im Preisaushang Entgeltregelungen, nicht aber sonstige Informationen vermutet. Er wird Änderungen des Preisaushangs daher nur dann zur Kenntnis nehmen, wenn ihn die Höhe außergewöhnlicher Gebühren interessiert, nicht aber im laufenden „Kontobetrieb“. Die Richtlinie wird insoweit also mit untauglichen Mitteln umgesetzt419. § 34a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 WpHG verpflichtet ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, seine Kunden darüber zu informieren, bei welchem Drittinstitut es Kundengelder und Kundenwertpapiere bucht und über welche Sicherung dieses Institut verfügt. Diese bei einzelnen Wertpapierdienstleistungen zu erfüllende Verpflichtung ergänzt die generelle aus § 23a Abs. 1 KWG folgende Pflicht zur Offenlegung der Sicherung bei Errichtung eines Kontos oder Depots. b) Pflichten gegenüber der Entschädigungseinrichtung Um der Entschädigungseinrichtung eine Einschätzung der Risiken und eine Festsetzung der Beiträge zu ermöglichen, verpflichtet § 9 Abs. 1 Satz 1 EsAeG die angeschlossenen Institute, der Entschädigungseinrichtung ihre festgestellten Jahresabschlüsse mit Prüfungsvermerk unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Auf Verlangen haben die Mitarbeiter des Instituts der Entschädigungseinrichtung alle notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die die Einrichtung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigt. Ein Mitarbeiter kann die Auskunft allerdings insoweit verweigern, als er sich oder seine Angehörigen belasten müsste; hierüber ist er zu belehren (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 EsAeG). Diese Auskunfts- und Vorlagepflichten sind gemäß § 17 EsAeG bußgeldbewehrt und können mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden (§ 17a EsAeG). Die Entschädigungseinrichtung darf bei den ihr zugeordneten Instituten Prüfungen zur Einschätzung der Risiken durchführen420 und zu diesem Zweck die Geschäftsräume des Instituts betreten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 EsAeG). § 15 EsAeG verpflichtet die Mitarbeiter der Entschädigungseinrichtungen und die für sie sonst tätigen Personen zur Verschwiegenheit im Hinblick auf alle fremden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Da die angeschlossenen ___________ 419 Ebenso jetzt auch Wagner, Einlagensicherung, S. 120 f. 420 Die Delegation der Prüfung nach § 9 Abs. 4 EsAeG auf den Prüfungsverband beleuchtet Dreher, FS Peltzer, 2001, S. 69 ff., kritisch. Auch Papenthin, Einlagensicherung, S. 163 f., kommt zu dem Ergebnis, dass der Bundesverband deutscher Banken e.V. es in der Hand habe, unliebsamer Konkurrenz durch eine strenge Prüfung die Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds zu verweigern oder die Aufnahme ungebührlich zu verzögern. Kritisch auch Möschel, FS Raisch, 1995, 469, 475.

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Institute der Entschädigungseinrichtung ihre Geschäftspolitik und ihre Risiken offen legen müssen, ist der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse elementar für die Institute und damit für ein Funktionieren der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung. Der vom Gesetz vorgegebene weite Kreis der Verpflichteten ist schon deshalb erforderlich, weil sich die Entschädigungseinrichtung zur Prüfung der Institute Dritter bedienen darf 421. Eigene strafrechtliche Sanktionen verbindet das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz mit dieser Regelung nicht. Insoweit sind die §§ 11 Abs. 1 Nr. 2, 203 Abs. 2 StGB sowie § 1 des Verpflichtungsgesetzes vom 2.3.1974422 einschlägig. c) Unzulässigkeit der Werbung mit Einlagensicherung und Anlegerentschädigung Die Richtlinien verpflichten die Mitgliedstaaten, die Werbung der Institute mit ihrer Zugehörigkeit zu Sicherungseinrichtungen zu reglementieren. Diese Vorgabe wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht in einer gesonderten Vorschrift umgesetzt, da er davon ausging, das schon vorhandene Recht reiche insoweit aus423. Das Bundesfinanzministerium teilt diese Auffassung und erklärte, § 23 Abs. 1 KWG enthalte eine sachlich ausreichende Blankoermächtigung an die BaFin, im Einzelfall Missstände in der Werbung der Institute zu unterbinden und bei vermehrtem424 Auftreten von Missständen in Ausführung des § 23 Abs. 1 KWG entsprechende Verwaltungsvorschriften zu erlassen425. Die Art. 9 Abs. 3 ESRL, Art. 10 Abs. 3 AERL verpflichten die Mitgliedstaaten jedoch ausdrücklich Regeln aufzustellen, um die Werbung mit der Einlagensicherung zu begrenzen. Eine bloße Änderung der Verwaltungspraxis reicht zur Umsetzung dieser Verpflichtung nicht aus, da sie weder publiziert ist noch das ausreichende Maß an Rechtssicherheit bietet426. Daher kann auch der Erlass von Verwaltungsvorschriften durch die BaFin keine korrekte Umsetzung der Richtlinienvorgaben bewirken. Zwar hat der Europäische Gerichtshof im Verfahren TA-Luft festgestellt, dass die Umsetzung ___________ 421 422 423 424

Kritisch hierzu Dreher, ZIP 1998, 1777, 1782 Fn. 54. BGBl. I 469, 547. BT-Drucks. 13/10188, S. 25 f. In Deutschland blieben solche Missstände bislang aus, da § 5 Nr. 13 des Statuts des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. und § 6 Nr. 1 der Satzung des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. entsprechende Werbeverbote enthalten. 425 Telefonische Auskunft des zuständigen Referenten an den Verfasser (4.8.1998). 426 Siehe die Nachweise auf S. 689 Fn. 465.

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einer Richtlinie in nationales Recht nicht wörtlich und förmlich in einem Gesetz erfolgen müsse. Je nach Inhalt der Richtlinie könne ein allgemeiner rechtlicher Rahmen genügen, sofern er tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie garantiere. Dies müsse in so klarer und bestimmter Weise geschehen, dass – soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen solle – die Begünstigten in der Lage seien, von all ihren Rechten Kenntnis zu erhalten und diese ggf. gerichtlich geltend zu machen427. Könne der Betroffene seine Rechtsstellung nicht mit der notwendigen Klarheit ermitteln, reiche der Erlass von Verwaltungsvorschriften nicht aus, da dies die Richtlinie nicht mit der nötigen Verbindlichkeit umsetze. Denn den Verwaltungsvorschriften käme nur interne Bindungswirkung und keine unmittelbare Wirkung gegenüber Dritten zu. Zudem verbleibe der Verwaltung ein Ermessen, von diesen Verwaltungsvorschriften in besonders gelagerten Fällen abzuweichen. Solange die Bundesrepublik nicht dartun könne, dass einer Generalermächtigung und den sie ergänzenden Verwaltungsvorschriften faktisch eine der Rechtsverordnung gleiche Verbindlichkeit zukomme, sei die Richtlinienumsetzung fehlerhaft. Der Betroffene müsse Gewissheit darüber haben, wie seine Rechtsstellung ausgestaltet sei428. Da in dem vom EuGH entschiedenen Fall diese Verbindlichkeit fehlte, erklärte er die Richtlinienumsetzung durch bloße Verwaltungsvorschrift für unzureichend. Wendet man diese Kriterien auf die Umsetzung der Einlagensicherungs- und der Anlegerentschädigungsrichtlinie an, zeigt sich, dass die erforderliche Klarheit und Verbindlichkeit ebenfalls fehlt. Die Richtlinienvorgaben bezweckten eine Unterbindung solcher Werbemaßnahmen, die einen Vertrauensverlust der Ein-/Anleger hervorrufen und damit zu einer Erschütterung der Stabilität des Bankensystems und Finanzsektors führen können429. Um es auch ausländischen Zweigstellen zu ermöglichen, den Rahmen zulässiger Werbung im Voraus zu bestimmen, sollte dieses Ziel nach Ansicht des Richtliniengebers durch eine generell-abstrakte Regelung erreicht werden. Die derzeitige Fassung von § 23 Abs. 1 KWG entspricht dem nicht, da die von der Regelung Betroffenen von den Einzelfallentscheidungen der BaFin immer erst im Nachhinein erfahren430. Der Erlass von Verwaltungsvor___________ 427 EuGH, Slg. 1986, 3645 Rdn. 7 (Kommission ./. Belgien); Slg. 1991 I-2567 Rdn. 15 (Kommission ./. Deutschland); Slg. 1995, I-499 Rdn. 9 (Hochschuldiplome). 428 EuGH, Slg. 1991, I-2567 Rdn. 20 (Kommission ./. Deutschland). 429 Die Vorschrift dient damit dem Funktionenschutz. Dies verkennt Reich, in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 59 Rdn. 161, der nur den Aspekt des Individualschutzes in Gestalt des Verbraucherschutzes vor Augen hat. 430 Die bislang erlassenen Anordnungen zur Werbung finden sich bei Consbruch/ Möller/Bähre/Schneider, KWG, unter 12.01 ff.

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schriften stellt ebenfalls keine geeignete Abhilfe dar. Er würde zwar das gerade beklagte Informationsdefizit beseitigen, jedoch fehlt es weiterhin an der Verbindlichkeit der Vorschriften, da es sich bei § 23 Abs. 1 KWG um eine reine Ermessensvorschrift handelt. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, das Ermessen sei wegen der Vorgabe der Richtlinien auf Null reduziert, ist dies nach der im Falle der TA-Luft vertretenen Ansicht des EuGH nicht ausreichend. Gestützt wird dieses Ergebnis durch eine weitere Überlegung. Das Ziel der Richtlinien war die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer und Transparenz für die Ein-/Anleger. Dieses Ziel wird durch eine richtlinienkonforme Praxis allein nicht erreicht. Denn § 23 Abs. 1 KWG regelt die Pflichtenstellung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sowie die komplementären Rechte der Mitbewerber nicht hinreichend verbindlich und klar. Dies unterscheidet die Vorschrift von der auf den ersten Blick gleichgelagerten Regelung des § 35 Abs. 4 WpHG, die den Erlass von Verwaltungsrichtlinien ohne Außenwirkung431 zur Ausführung der §§ 31 ff. WpHG erlaubt. Dort sind die wesentlichen Pflichten der Rechtsunterworfenen schon mit der notwendigen Bestimmtheit in den §§ 31 ff. WpHG niedergelegt. Auch die Erwägungsgründe der Richtlinien stützen das Ergebnis, wonach § 23 Abs. 1 KWG keine richtlinienkonforme Regelung der Werbung enthält. Sie bringen unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten bindende Mindestvorschriften hinsichtlich der Information der Anleger und hinsichtlich der Beschränkung der Werbung zu erlassen haben432. Den Mitgliedstaaten wird insoweit also gerade nicht die volle Wahl der Mittel zur Umsetzung in nationales Recht überlassen. Hinzu kommt, dass die beiden Richtlinien in ihren einzelnen Artikeln immer sehr deutlich differenzieren zwischen Kompetenzen, die der nationalen Aufsicht zur Verfügung gestellt werden dürfen, und der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Erlass generell-abstrakter Vorschriften. Dies macht die Notwendigkeit einer Regelung mit Außenwirkung sogar noch deutlicher als im Fall der TA-Luft. Es fehlt damit an einer für die Regelungsunterworfenen verbindlichen und klaren Umsetzung der Richtlinienvorgaben; die schon vorhandene Regelung des § 23 Abs. 1 KWG genügt nicht. Die deshalb bestehende Lücke im nationalen Recht wird auch nicht durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geschlossen433, da der territoriale Anwendungsbereich des UWG auf Wettbewerb im Inland beschränkt ist434. ___________ 431 432 433 434

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Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6. Erwägungsgründe Nr. 21 ESRL und Nr. 21 AERL. Einzelheiten bei Sethe, ZBB 1998, 305, 328. Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht23, Einl. UWG Rdn. 5.1, 5.5.

Die Vorgaben des EsAeG

Dass die Frage der Reichweite zulässiger Werbung die Vermögensverwaltungsbranche sehr beschäftigt, ist dem Verfasser aus zahlreichen Gesprächen mit Finanzportfolioverwaltern bekannt. Gerade im Zusammenhang mit der Neufassung des § 23 Abs. 1 KWG waren viele Vermögensverwalter gezwungen, ihre Altkunden über die Einführung der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen aufzuklären. Einige Kunden wurden durch die Information verunsichert und stellten die Frage, ob denn ihr Finanzportfolioverwalter „nicht mehr sicher sei“. Die Finanzportfolioverwalter führten diese Verunsicherung u. a. darauf zurück, dass sie die Information nicht in die passende Form hätten kleiden können, ohne dass die Grenze zur Werbung überschritten worden wäre. Dabei wurde immer wieder beklagt, dass der genaue Verlauf der Grenze zwischen Kundenaufklärung und Werbung unklar sei435. Sowohl die Fassung des § 23a Abs. 1 KWG als auch die vage Regelung der §§ 23 Abs. 1 KWG, 36b WpHG hatten diese Schwierigkeiten verursacht. Publizität als Mittel des Anlegerschutzes setzt die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen über die Art der Veröffentlichung und das Ausmaß der Informationen voraus. Dies ist dem deutschen Gesetzgeber bei der Umsetzung beider Richtlinien nicht gelungen.

6. Die Sicherung von Kunden ausländischer Zweigstellen im Inland a) Zweigstellen von Instituten aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat Die inländischen Kunden einer Zweigstelle eines Instituts aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat sind über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung des Instituts in dessen Herkunftsland gesichert. Sofern die Sicherung im Herkunftsland niedriger ist als in Deutschland, haben Zweigstellen solcher Institute die Möglichkeit, sich einer deutschen Entschädigungseinrichtung anzuschließen (§ 13 EsAeG) und die Differenz436 zwischen der im Herkunftsland und der in Deutschland vorgesehenen Sicherung bei der deutschen Entschädigungseinrichtung abzudecken (topping-up). Inländische Kunden einer Zweigstelle eines Instituts aus einem anderen EU___________ 435 Zur Reichweite des neu geschaffenen § 36b WpHG Möllers, ZBB 1999, 134 ff. 436 Dabei hat die Bundesrepublik in § 13 Abs. 2 Satz 1 EsAeG von einer Option der Richtlinien Gebrauch gemacht und schließt Devisen und Rechnungseinheiten von der Sicherung aus. Ausgeschlossen sind auch Termingeschäfte, deren Preis von Waren oder Edelmetallen abhängt, da diese Geschäfte nicht in den Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie fallen.

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Mitgliedstaat oder EWR-Staat sind damit zu den für Kunden deutscher Institute geltenden Bedingungen gesichert. Es ist streitig, ob das topping-up nur bei Entschädigungseinrichtungen möglich ist, die die gesetzliche Basissicherung anbieten, oder auch bei Einrichtungen der freiwilligen Anschlussdeckung. Ein Teil des Schrifttums437 vertritt die Ansicht, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz erfasse nur die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen. Weil die Bundesrepublik ohnehin nur den Mindeststandard der Richtlinien umgesetzt habe, sei damit kein Raum für eine Höherversicherung von Zweigstellen der Institute aus anderen Mitgliedstaaten und EWR-Staaten bei der deutschen Einlagensicherung438. Diese Ansicht erweist sich als zu eng, da sie den Aspekt der durch die Anschlussdeckung möglichen Wettbewerbsverzerrung vernachlässigt. Diese wollten die Richtlinien aber gerade beseitigen. So heißt es in der ESRL: „[12] Mehrere Mitgliedstaaten verfügen über Einlagensicherungssysteme, die Berufsverbänden unterstehen. Andere Mitgliedstaaten verfügen über solche Systeme, die gesetzlich vorgeschrieben sind und verwaltet werden, wieder andere über Systeme, die, obgleich im Wege der Vereinbarung entstanden, teilweise durch Gesetz geregelt werden. Die unterschiedliche Rechtsform dieser Systeme führt jedoch nur in Bezug auf die Pflichtmitgliedschaft der Institute und deren Ausschluss von der Einlagensicherung zu Problemen. Daher sind Bestimmungen vorzusehen, die die Befugnisse der Systeme in dieser Hinsicht beschränken. [13] Die Beibehaltung von Systemen, die den Einlegern eine über der harmonisierten Mindestdeckung liegende Sicherung anbieten, kann in ein und demselben Hoheitsgebiet zu unterschiedlich hohen Entschädigungen und zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen für inländische Institute einerseits und Zweigstellen von Instituten aus einem anderen Mitgliedstaat andererseits führen. Zur Abhilfe dieser unliebsamen Begleiterscheinungen ist es angebracht, den Anschluss von Zweigstellen an ein System des Aufnahmemitgliedstaats mit dem Zweck zu genehmigen, es diesen zu ermöglichen, ihren Einlegern die gleiche Sicherung anzubieten, wie sie durch das System des Niederlassungsstaats angeboten wird.“439. Auch die AERL enthält vergleichbare Ausführungen: „(14) Die Systeme ___________ 437 Fischer, in: Fischer/Klanten, Bankrecht3, Rdn. 1.99; Kleinert, Einlagensicherungssysteme, S. 223; Steuer, WM 1998, 2449, 2453 f.; Wagner, Einlagensicherung, S. 132 ff.; Weber, Die Bank 1998, 470, 473. 438 Dagegen hält Dreher, ZIP 1998, 1777 ff., § 13 EsAeG für eine europarechtswidrige Umsetzung der ESRL; a. A. Sethe, ZIP 1999, 1461 ff.; Fischer, in: BankrechtsHandbuch2, § 133 Rdn. 44. 439 Erwägungsgründe Nrn. 12 und 13 der ESRL.

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einiger Mitgliedstaaten bieten eine höhere Deckung als der harmonisierte Mindestschutzbetrag nach dieser Richtlinie. Es dürfte jedoch nicht zweckmäßig sein, eine diesbezügliche Änderung dieser Systeme vorzuschreiben. (15) Bei Beibehaltung von Systemen in der Gemeinschaft, die den Anlegern eine über der harmonisierten Mindestdeckung liegende Sicherheit anbieten, kann in ein und demselben Hoheitsgebiet zu unterschiedlich hohen Entschädigungen und zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen für inländische Wertpapierfirmen einerseits und Zweigstellen von Wertpapierfirmen aus einem anderen Mitgliedstaat andererseits führen. Zur Abhilfe dieser unliebsamen Begleiterscheinungen ist es angebracht, den Anschluss von Zweigstellen an ein System des Aufnahmemitgliedstaats mit dem Zweck zu genehmigen, es diesen zu ermöglichen, ihren Anlegern die gleiche Deckung anzubieten, wie sie durch das System des Niederlassungsstaats angeboten wird …“.440 Beseitigen lässt sich die Wettbewerbsverzerrung durch eine weite Auslegung des § 13 EsAeG, wonach Zweigstellen der Institute aus anderen Mitgliedstaaten und EWR-Staaten zu den gleichen441 Bedingungen, die auch deutsche Institute erfüllen müssen, ein Anspruch auf Aufnahme in die freiwillige Anschlussdeckung zusteht442. Gerade weil die Richtlinien die bestehenden Systeme der Einlagensicherung443 nicht abschaffen wollten, sondern stattdessen die Mitgliedstaaten dazu verpflichteten, solchen Zweigstellen den Zugang zum deutschen Markt unter gleichen Bedingungen wie einheimischen Instituten zu gewähren444, bedeutet dies, dass Zweigstellen von Instituten aus anderen EG-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten ein Aufnahmeanspruch auch bei der freiwilligen Anschlussdeckung zustehen muss. Ein solcher ist in Art. 4 Abs. 2 ESRL, 7 Abs. 2 UAbs. 2 AERL niedergelegt. Diese Bestimmungen verpflichten die Mitgliedstaaten, ein amtlich anerkanntes System zu errichten, dem die Zweigstellen zu den gleichen Konditionen, wie sie für einheimische Institute gelten, beitreten können. Gegen einen Aufnahmeanspruch lässt sich einwenden, dass die freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. und des ___________ 440 Erwägungsgründe Nrn. 14 und 15 der AERL. 441 So schon Sethe, ZBB 1998, 305, 323; ders., ZIP 1999, 1461, 1467; dies verkennt Wagner, Einlagensicherung, S. 134, 146, 148, bei seiner Kritik an dem hier vertretenen Standpunkt. 442 Sethe, ZBB 1998, 305, 323; ders., ZIP 1999, 1461 ff. Zur Gegenposition ausführlich Wagner, Einlagensicherung, S. 132 ff. 443 Genannt werden in den Erwägungsgründen gerade auch die von Berufsverbänden geschaffenen Systeme, die heute in Deutschland als freiwillige Anschlussdeckung fortbestehen. 444 Vgl. Anhang II der ESRL und der AERL.

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Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. keine amtlich anerkannten Systeme darstellen. Dies wäre jedoch nur ein Argument für eine richtlinienwidrige Umsetzung ins deutsche Recht445. Die Erwägungsgründe betonen, dass sich die bestehenden Systeme hinsichtlich ihrer Freiheit zu Aufnahme und Ausschluss nun Beschränkungen gefallen lassen müssen446. Die Richtlinien gebieten also die Schaffung eines Anspruchs für Zweigstellen von Instituten anderer Mitgliedstaaten und EWR-Staaten auf Höherversicherung bei Einrichtungen des Gastlands. Da der Richtliniengeber alle damals bestehenden Sicherungseinrichtungen im Auge hatte, mithin also auch die freiwilligen Einlagensicherungsfonds in Deutschland, sind diese ebenfalls von den Richtlinien erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass der Richtliniengeber beim toppingup nur staatliche, nicht aber auch private Sicherungssysteme erfassen wollte, sind gerade nicht ersichtlich. Man könnte argumentieren, der Richtliniengeber habe nur die öffentliche Aufgabe einer Mindestsicherung regeln wollen. Diese öffentliche Aufgabe habe Deutschland mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz umgesetzt. Für diese Sichtweise spricht sicherlich der Umstand, dass die Richtlinien gerade nur eine Mindestsicherung vorschreiben. Davon zu trennen ist aber die Frage der Wettbewerbsverzerrung, die die Richtlinien insgesamt regeln wollten. Diese Verzerrung entstand gerade dadurch, dass einzelne Mitgliedstaaten eine privatrechtliche, deutlich höhere Sicherung anboten als andere. Mit anderen Worten: Die Wettbewerbsverzerrung entstand gerade in dem über der Mindestsicherung liegenden nichtstaatlichen „Marktsegment“ der Sicherung. Wollte man nun argumentieren, dass die Mitgliedstaaten das topping-up nur für den Bereich der Mindestsicherung einführen müssen und ihren Instituten aber eine freiwillige Höherversicherung erlauben können, würde gerade die Wettbewerbsverzerrung zementiert, die man mit den Richtlinien beseitigen wollte. Die Regelung des topping-up in den Richtlinien wäre überflüssig. Zusammenfassend kann man daher feststellen, dass die Richtlinien jede durch unterschiedliche Sicherungshöhen verursachte Wettbewerbsverzerrung dadurch beseitigen wollen, dass sie den Instituten im Gastland den Zugang zur dort höheren Sicherung ermöglichen. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 13 EsAeG setzt voraus, dass die Norm des nationalen Rechts überhaupt auslegungsbedürftig ist. Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz wurde, um weitere Schadensersatzforderungen wegen verspäteter Richtlinienumsetzung zu vermei___________ 445 Wenn Wagner, Einlagensicherung, S. 132 ff., den hier vertretenen Standpunkt ablehnt, so hätte er der Frage nachgehen müssen, ob nicht der Standpunkt von Dreher, ZIP 1998, 1777 ff., zutreffend ist, der eine richtlinienwidrige Umsetzung annimmt. 446 Vgl. oben Erwägungsgrund Nr. 12 der ESRL.

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den, in großer Eile verabschiedet447. Es enthält deshalb einige Umsetzungsdefizite448. Wie an anderer Stelle dargelegt wurde449, spricht der Wortlaut „Entschädigungseinrichtung“ dafür, dass nur die gesetzliche Basissicherung gemeint ist. Allerdings ist die Begriffsbildung des Gesetzgebers bei dem Gesetzgebungsvorhaben insgesamt wenig überzeugend gewesen450. Auch die subjektive Auslegung ergibt ein uneinheitliches Bild. Einerseits spricht der Gesetzgeber in den Materialien zu § 13 EsAeG die Anschlussdeckung nicht ausdrücklich an451. An anderer Stelle des Regierungsentwurfs betonte der Gesetzgeber aber, dass die Umsetzung wettbewerbsneutral erfolgen sollte452. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den grundsätzlichen Willen hatte, die Richtlinien ordnungsgemäß umzusetzen. Gerade die beiden letzten Aspekte sprechen für eine weite Auslegung des § 13 EsAeG. Auch der Sinn und Zweck der Regelung, nämlich die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen453, erfordern eine Einbeziehung der Anschlussdeckung in den Anwendungsbereich des § 13 EsAeG. Man kann also durchaus bereits aufgrund des traditionellen Auslegungskanons zu dem Ergebnis kommen, dass die Anschlussdeckung unter die Norm fällt. Schließt man sich jedoch den Zweiflern an, die den Wortlaut der Vorschrift und den Willen des Gesetzgebers dahingehend verstehen, dass § 13 EsAeG nur die Basissicherung meine, muss man berücksichtigen, dass der Sinn und Zweck der Regelung des § 13 EsAeG gerade in der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Dieser Zweck lässt sich aber nur erreichen, wenn man die Norm weit versteht454. Damit sprächen die historische und die Wortlautauslegung gegen, die teleologische Auslegung für einen Aufnahmeanspruch. Kommen die herkömmlichen Auslegungsmethoden zu keinem ___________ 447 448 449 450 451

452 453

454

Sethe, ZIP 1999, 1461, 1463. Zu den Schadensersatzprozessen s. u. S. 939 ff. Einzelheiten bei Sethe, ZBB 1998, 305, 329. Sethe, ZIP 1999, 1461, 1466 f. Einzelheiten bei Sethe, ZIP 1999, 1461, 1466 f.; a. A. Wagner, Einlagensicherung, S. 135. Hieraus kann man ableiten, dass sie aus dem Anwendungsbereich des § 13 EsAeG nicht ausgenommen worden sei, Sethe, ZIP 1999, 1461, 1466 f.; es wird aber auch das Gegenteil vertreten, Wagner, Einlagensicherung, S. 136 f. RegE BR-Drucks. 257/98, S. 19. Dass die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist, gestehen die Vertreter der Gegenansicht faktisch dadurch zu, dass sie einen Aufnahmeanspruch über § 20 Abs. 6 GWB bejahen (dazu sogleich). Dies bezweifelt Wagner, Einlagensicherung, S. 137 ff. Er hält den sogleich beschriebenen Weg über § 20 Abs. 6 GWB für gleichwertig und meint daher, dass alle Auslegungsmethoden für eine enge Auslegung von § 13 EsAeG sprächen. Dabei übersieht er aber die Unterschiede, die zwischen dem Weg über die richtlinienkonforme Auslegung und dem Weg über § 20 Abs. 6 GWB bestehen.

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eindeutigen Ergebnis, ist im Zweifel die richtlinienkonforme Auslegung zu wählen455. Hiergegen könnte man einwenden, dass die freiwilligen Einlagensicherungsfonds gerade kein staatlich anerkanntes System i. S. d. der Richtlinien seien. Der Ausdruck „staatlich anerkannt“ ist nicht gleichzusetzen mit „staatlich betrieben“. Daher sind auch privatrechtliche Systeme unter staatlicher Aufsicht zugelassen. Den Bankenverbänden war gerade daran gelegen, ihren Einfluss auf die von ihnen betriebenen Systeme zu erhalten. Sie wollten daher die Aufspaltung in die Basissicherung und die Anschlussdeckung. Dieser Weg war – nach den Vorgaben der Richtlinien – nur um Preis eines Aufnahmezwangs für die Zweigstellen aus den anderen EUStaaten zu haben. In diesen Weg haben die Bankenverbände während des Gesetzgebungsverfahrens eingewilligt, indem sie sich für den Erhalt ihrer freiwilligen Systeme für die Anschlussdeckung und die neu geschaffene Beleihungsmöglichkeit für die Basissicherung eingesetzt haben. Im Übrigen zeigt gerade das Statut des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V., dass dieser sich seiner diesbezüglichen Verantwortung durchaus bewusst ist, denn die Satzung sieht die Aufnahmemöglichkeit von Zweigstellen der Institute aus anderen Mitgliedstaaten der EU ausdrücklich vor456. Ein Teil des Schrifttums lehnt zwar die richtlinienkonforme Auslegung ab, kommt aber zu einem Aufnahmeanspruch der Zweigstellen in die Anschlussdeckung über § 20 Abs. 6 GWB457 bzw. Art. 82 EG, denn die freiwilligen Entschädigungseinrichtungen genießen im Bereich der Anschlussdeckung eine marktbeherrschende Stellung. Zwar wird durch diese Ansicht faktisch das Ergebnis erzielt, das die Richtlinien erreichen wollen458. Jedoch stellt dieser Weg keine korrekte Art der Richtlinienumsetzung dar. Der Zweigstelle werden durch die Richtlinien subjektive Rechte eingeräumt. Ihr Aufnahmeanspruch ist an das Tatbestandsmerkmal der höheren Sicherung im Gastland gekoppelt. Eine marktbeherrschende Stellung der Sicherungs___________ 455 Zum Teil wird behauptet, die richtlinienkonforme Auslegung verdränge auch die klassischen Auslegungsmethoden, Einzelheiten bei Sethe, ZIP 1999, 1461, 1465 m. w. N. Dann bestünde das Ergebnis in jedem Fall in einer weiten Auslegung des § 13 EsAeG. 456 S.o. S. 665 Fn. 381. 457 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2000, S. 29, 43; Fischer, in: Fischer/ Klanten, Bankrecht3, Rdn. 1.100; Herdegen, WM 1999, 1541, 1544; D. Schmidt, ZfgK 1990, 278, 284; Steuer, WM 1998, 2449, 2454; Wagner, Einlagensicherung, S. 132 ff. Die Rechtsprechung hat einen Aufnahmezwang bei Monopolverbänden und Verbänden mit überragender Machtstellung bejaht, vgl. BGHZ 63, 282; 93, 151; 140, 74. 458 So auch Wagner, Einlagensicherung, S. 140 ff.

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einrichtung muss die Zweigstelle nach den Richtlinien gerade nicht dartun. Im Übrigen darf die Zweigstelle nur unter den engen, in § 13 Abs. 3 EsAeG niedergelegten Voraussetzungen ausgeschlossen werden. Die Anwendung des Kartellrechts allein garantiert keinen derartigen Schutz, da hier die Einlagensicherungseinrichtung allein über den Ausschluss entscheidet und nur das dabei ausgeübte Ermessen einer inhaltlichen Kontrolle unterzogen wird459. Schließlich sind auch die Kompetenzen unterschiedlich. Für den Ausschluss einer Zweigstelle aus einem anderen Mitgliedstaat oder EWRStaat aus der Entschädigungseinrichtung wäre nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz die BaFin zuständig. Wendet man dagegen Art. 82 EG an, wäre die EG-Kommission zuständig. Ein kartellrechtlich durchsetzbarer Aufnahmeanspruch verwirklicht also nur einen Teil der in beiden Richtlinien enthaltenen Vorgaben und Ziele. Diese Ansicht ist daher abzulehnen. Im Ergebnis enthält also § 13 EsAeG auch einen Aufnahmeanspruch für Zweigstellen bei den beiden in Deutschland existierenden, die Anschlussdeckung anbietenden freiwilligen Einlagensicherungsfonds, wobei die Zweigstelle den für inländische Institute vergleichbaren Bedingungen der inländischen Entschädigungseinrichtung unterliegt. b) Zweigstellen von Instituten aus Drittstaaten Zweigstellen von Instituten mit Sitz in einem Drittstaat gelten gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG als eigenständige Institute. Sie fallen damit unter § 1 EsAeG und müssen einer gesetzlichen Entschädigungseinrichtung angeschlossen sein. Der Schutzumfang (Basissicherung) für Kunden dieser Zweigstellen entspricht damit dem von Kunden inländischer Institute. Ein Aufnahmeanspruch der Zweigstellen ausländischer Institute in die Einrichtungen der freiwilligen Anschlussdeckung lässt sich nur über § 20 Abs. 6 GWB begründen. Dazu müssen die Zweigstellen die in der Satzung der Einrichtung der freiwilligen Einlagensicherung vorgesehenen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Die Aufnahmevoraussetzungen dürfen ihrerseits nicht diskriminierend sein und müssen – gemessen an der wirtschaftlichen Machtstellung des Verbands – auf sachlich nachvollziehbaren Erwägungen beruhen460. Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. sieht eine Aufnahmemöglichkeit für Zweigstellen von Instituten aus Drittstaaten vor, wenn die Zweigstelle aufgrund einer Verfügung der Aufsicht einer Zweigstelle aus einem EU-Staat bankaufsichtsrechtlich gleichgestellt ist461. ___________ 459 S. o. S. 668 Text bei Fn. 390 und 391. 460 Bechtold, GWB3, § 20 Rdn. 85. 461 S.o. S. 665 Fn. 381.

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7. Ausschluss aus einer gesetzlichen Sicherungseinrichtung a) Ausschluss eines inländischen Instituts Der Regelung, dass die in § 1 Abs. 1 EsAeG erfassten Institute einem Anschlusszwang zu einer Sicherungseinrichtung unterliegen, entspricht es umgekehrt, dass der Ausschluss aus der Sicherungseinrichtung das gesetzliche Erlöschen der Erlaubnis des Instituts bewirkt (§ 35 Abs. 1 Satz 2 KWG). Institute können bei Verstößen gegen die nach §§ 8, 9 EsAeG bestehenden Beitrags- oder Mitwirkungspflichten aus einer Sicherungseinrichtung ausgeschlossen werden (§ 11 EsAeG). Nicht als Ausschlussgrund gelten dagegen Verstöße gegen kundenbezogene Pflichten (wie etwa § 23a KWG). Diese Einschränkung ist richtlinienkonform. Zwar bestimmen die Art. 3 ESRL, Art. 5 AERL, dass ein Ausschluss generell bei Pflichtverstößen in Betracht kommt; die Verstöße werden aber nicht konkret benannt. Da die Richtlinien die Pflichten der Institute nicht im Detail regeln und deshalb einen Umsetzungsspielraum enthalten, konnte die Bundesrepublik den Ausschluss auf den Fall des Verstoßes gegen Beitrags- oder Mitwirkungspflichten beschränken und bei Verstößen gegen kundenbezogene Pflichten andere Sanktionen vorsehen462. Ein Ausschluss ist nur nach Einhaltung des folgenden dreistufigen Verfahrens zulässig: – Die Sicherungseinrichtung muss die BaFin und die Bundesbank von Verstößen gegen die Beitrags- und Mitwirkungspflichten innerhalb der Sicherungseinrichtung informieren. Die BaFin setzt dem Institut sodann eine Frist von einem Monat zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der Sicherungseinrichtung. – Kommt das Institut seinen Verpflichtungen immer noch nicht nach, kann die Entschädigungseinrichtung ankündigen, das Institut nach fruchtlosem Ablauf einer Frist von zwölf Monaten auszuschließen. Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz verlangt entgegen den Vorgaben der Richtlinien keine ausdrückliche Zustimmung der BaFin zu dieser Ankündigung (dazu sogleich). – Erfüllt das Institut auch innerhalb der 12-monatigen Frist seine Verpflichtungen nicht, kann die Sicherungseinrichtung das Institut mit Zustimmung der BaFin ausschließen. In diesem Fall erlischt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 KWG die Zulassung als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut. Investmentfonds, die Vermögensverwaltungen anbieten (§ 7 ___________ 462 Sethe, ZBB 1998, 305, 320.

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Abs. 2 Nr. 1 InvG), verlieren ihre Erlaubnis hierzu (§ 17 InvG i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 2 KWG). Die mit § 11 Abs. 1 EsAeG erfolgte Richtlinienumsetzung ist nicht vollständig, da das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz entgegen den Vorgaben der Richtlinien (Art. 3 Abs. 3 ESRL, Art. 5 Abs. 2 AERL) keine ausdrückliche Zustimmung der BaFin zur Ankündigung des Ausschlusses verlangt. Ein solches Zustimmungserfordernis lässt sich auch nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung in den Text hineininterpretieren; Wortlaut und Gesetzesmaterialien lassen hierfür keinen Raum. Zwar könnte die Entschädigungseinrichtung eine richtlinienkonforme Praxis herstellen, indem sie vor der Androhung des Ausschlusses die Zustimmung der Bundesanstalt einholt. Eine „Heilung“ des Mangels der Richtlinienumsetzung bewirkt dieses Vorgehen jedoch nicht. Es verhindert nur, dass sich das betroffene Institut bei einem Prozess über die Rechtmäßigkeit seines Ausschlusses auf die fehlerhafte Richtlinienumsetzung berufen kann, da die Kausalität im konkreten Fall fehlt. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die Richtlinienbestimmung unmittelbare Wirkung gegenüber dem durch sie geschützten Institut entfaltet463, entbindet dies den Mitgliedstaat nicht von seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinien in ein Gesetz oder eine Verordnung464. Eine reine Änderung der Verwaltungspraxis stellt keine vollständige Umsetzung dar, weil sie nicht die notwendige Rechtssicherheit und -klarheit bietet465. Die Praxis kann jederzeit geändert werden und ihr fehlt zudem die notwendige Publizität. Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht die Tatsache, dass es sich bei den Art. 3 Abs. 3 ESRL, Art. 5 Abs. 2 AERL um eine Option handelt. Das Erfordernis zweimaliger Zustimmung der Aufsichtsbehörde dient dem Schutz der Institute. Insoweit eröffnet die Richtlinie gerade keinen Umsetzungsspielraum. Die Mitgliedstaaten können die in den Richtlinien enthaltene Option nur im Ganzen ausüben. § 11 Abs. 1 EsAeG stellt also eine unzureichende Umsetzung der Richtlinien dar.

___________ 463 Dazu Bleckmann, in: Bleckmann, Europarecht6, Rdn. 433 m. w. N. 464 Dazu Bleckmann, in: Bleckmann, Europarecht6, Rdn. 450 m. w. N. 465 Vgl. etwa EuGH, Slg. 1980, 1473 Rdn. 10 f. (Kommission ./. Belgien); Slg. 1991, I-2567 Rdn. 24 (Kommission ./. Deutschland); Schmidt, in: von der Groeben/ Schwarze, EU/EG-Vertrag6, Art. 249 Rdn. 40; Geiger, EUV/EGV4, Art. 249 Rdn. 9; Bleckmann, in: Bleckmann, Europarecht6, Rdn. 442, 450; Schweitzer/Hummer, Europarecht5, Rdn. 361, jeweils m. w. N.

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b) Ausschluss einer Zweigstelle aus einem anderen EU-Mitgliedstaat und EWR-Staat Beim topping-up unterliegt die Zweigstelle den Bedingungen der inländischen Entschädigungseinrichtung. Erfüllt sie ihre Verpflichtungen gegenüber der Entschädigungseinrichtung nicht, unterrichtet diese die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Bundesbank. Die Bundesanstalt fordert die Zweigstelle zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen auf. Kommt die Zweigstelle dieser Aufforderung nicht nach, informiert die Bundesanstalt die Herkunftslandaufsicht und ergreift gemeinsam mit dieser alle notwendigen Maßnahmen (§ 13 Abs. 3 EsAeG). Reagiert die Herkunftslandaufsicht nicht oder erfüllt die Zweigstelle weiterhin ihre Pflichten nicht, kann die Entschädigungseinrichtung mit Zustimmung der Herkunftslandaufsichtsbehörde die Zweigstelle mit einer Frist von zwölf Monaten ausschließen (§ 13 Abs. 4 EsAeG). Der Wortlaut der Vorschrift lässt nicht klar erkennen, ob die Zustimmung der Herkunftslandaufsichtsbehörde schon zur Erklärung des Ausschlusses oder erst zu dessen Wirksamwerden erforderlich ist. Eine richtlinienkonforme Auslegung ergibt, dass die Zustimmung noch nicht zur Ausschlusserklärung, sondern erst zum Wirksamwerden des Ausschlusses notwendig ist. Denn Art. 4 Abs. 4 ESRL und Art. 7 Abs. 2 AERL enthalten insoweit eine klare zeitliche Reihenfolge. Auch entspricht eine solche Auslegung dem Zweck der Norm, die eine Schutzvorschrift zugunsten der Zweigstelle darstellt. Würde man nämlich die Zustimmung schon zum Zeitpunkt der Erklärung des Ausschlusses verlangen, wüsste die Herkunftslandaufsichtsbehörde nicht, ob die Zweigstelle innerhalb der einjährigen Frist nicht doch noch ihren Verpflichtungen nachkam. Deshalb ist es zum Schutz der Zweigstelle geboten, die Norm dahingehend auszulegen, dass die Zustimmung erst eingeholt werden muss, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Auf diese Weise kann die Herkunftslandaufsichtsbehörde die Sachlage prüfen. Kommt es zu einem Ausschluss, bleiben vor Ablauf der Kündigungsfrist begründete Einlagen und Forderungen geschützt (§ 13 Abs. 4 Satz 2 EsAeG). c) Ausschluss einer Zweigstelle aus einem Drittstaat Zweigstellen von Instituten mit Sitz in einem Drittstaat gelten gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG als eigenständige Institute. Für sie gilt daher das Ausschlussverfahren für inländische Institute entsprechend. d) Folgen des Ausschlusses Alle vor dem Wirksamwerden des Ausschlusses getätigten Einlagen und Forderungen bleiben geschützt. Dies gilt auch für den Fall, dass die Insti-

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tutszulassung nicht durch Ausschluss, sondern aus sonstigen Gründen entfällt (§ 11 Abs. 2 EsAeG). Die Gläubiger sind vom Ausscheiden des Instituts oder der Zweigstelle aus der Entschädigungseinrichtung gemäß § 23a Abs. 2 KWG zu unterrichten. Diese Pflicht ist bußgeldbewehrt (§ 56 Abs. 3 Nr. 7 KWG). Dem Individualschutz wird durch den Fortbestand der Sicherung Rechnung getragen. Zudem beugt die ausreichende Publizität der Gefahr vor, dass Kunden noch zu einem Zeitpunkt Gelder bei einem Institut einlegen, wenn dieses bereits seine Mitgliedschaft in der Sicherungseinrichtung und damit seine Institutszulassung eingebüßt hat. Die §§ 54, 44c KWG sehen entsprechende Sanktionen und Eingriffsbefugnisse der BaFin vor, falls das Institut seine Geschäfte fortsetzt.

8. Der Entschädigungsfall und -anspruch a) Entschädigungsfall Den Gläubigern eines Instituts steht im Entschädigungsfall ein Entschädigungsanspruch zu. Ein Entschädigungsfall liegt vor, wenn die BaFin466 feststellt, dass ein Institut aus finanziellen Gründen gegenwärtig und künftig nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen (vgl. im Einzelnen §§ 1 Abs. 5, 5 Abs. 1 EsAeG). Diese Feststellung muss die Bundesanstalt unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 21 Tagen ab dem Zeitpunkt treffen, ab dem sie Kenntnis von der Zahlungseinstellung des Instituts hat. Außerdem hat die BaFin den Entschädigungsfall festzustellen, wenn ein von ihr angeordnetes Moratorium nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–3 KWG länger als sechs Wochen andauert (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EsAeG)467. Das Gesetz ist auf alle nach dem 25.9.1998 eingetretenen Entschädigungsfälle anwendbar (§ 18 Abs. 1 EsAeG)468.

___________ 466 Das deutsche Recht kennt keine isolierte Feststellung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Instituts durch ein Gericht (vgl. § 46b Abs. 1 Satz 4 KWG), sondern setzt zwingend die Mitwirkung der BaFin voraus. Deshalb konnte der Gesetzgeber sich darauf beschränken, den Entschädigungsfall durch die BaFin feststellen zu lassen und musste den zweiten in den Richtlinien vorgesehenen Auslöser des Entschädigungsfalls (Feststellung durch ein Gericht) nicht regeln. 467 Die Regelung wurde eingefügt durch Art. 15 Nr. 3 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I 2010, 2316. 468 Zur Haftung für die verspätete Umsetzung der ESRL s. u. S. 939 ff. m. w. N.

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b) Anspruchsberechtigte und Anspruchsinhalt Mit Feststellung des Entschädigungsfalls kommt ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und der Entschädigungseinrichtung zustande469. Den Ein-/Anlegern steht nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EsAeG ein Anspruch auf Entschädigung zu. Der Gesetzgeber hat mit dieser eindeutigen Regelung die Kontroverse470, ob die Richtlinien ein subjektives Recht auf Entschädigung gewähren, für das deutsche Recht entschieden. Anspruchsberechtigt ist jeder Gläubiger, dessen Ansprüche auf Einlagen oder Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften vom Institut wegen seiner Zahlungsunfähigkeit nicht mehr beglichen werden können (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EsAeG). Das Gesetz erfasst mit dem Begriff des „Gläubigers“ den wirtschaftlich Berechtigten, nicht den formalen Inhaber eines Kontos (§§ 3 Abs. 2 Satz 2, 4 Abs. 6 EsAeG). Der Treuhandcharakter eines Kontos muss allerdings aus der Kontobezeichnung ersichtlich sein. Nicht notwendig ist es jedoch, dass dies schon bei Kontoeröffnung geschieht oder die Identität des Treugebers offenbart wird471. Vielmehr kann dem Institut auch nach der Kontoeröffnung (aber noch vor Eintritt des Entschädigungsfalls) der Treuhandcharakter des Kontos mitgeteilt werden472. Die Identität des Treugebers muss nicht offenbart werden473, jedoch ist dies ratsam, um Beweisschwierigkeiten im Entschädigungsverfahren zu vermeiden474. Das Erfordernis der ex-ante-Erkennbarkeit des Treuhandverhältnisses verhindert Manipulationen nach Eintritt des Entschädigungsfalls, mit denen ansonsten der Gesamtsaldo eines Einlegers wirtschaftlich auf mehrere Personen „umgeschichtet“ werden könnte, um die Entschädigungshöchstgrenzen pro Person zu umgehen. Im Entschädigungsfall bleibt der formale Kontoinhaber Anspruchsberechtigter. Er muss die geleisteten Zahlungen an den wirtschaftlich berechtigten Treugeber weiterleiten475. Der Regelung der Treuhandkonten kommt eine große praktische Bedeutung zu, da diese Kontoart vor allem bei Angehörigen freier Berufe, aber auch im Bereich der Vermögensverwaltung ___________ 469 470 471 472

BT-Drucks. 13/10188, S. 16. Dargestellt bei Sethe, ZBB 1998, 305, 313 f. BT-Drucks. 13/10188, S. 17. Dass hierin u. U. ein Verstoß gegen § 154 AO liegt, ist aus Sicht des EsAeG unbeachtlich. Erst wenn die Grenze zur Geldwäsche überschritten wurde, ist der Gläubiger ausgeschlossen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 EsAeG). 473 BT-Drucks. 13/10188, S. 17. 474 Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 77. 475 BT-Drucks. 13/10188, S. 17; Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 77.

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häufig anzutreffen ist. Der Kontoinhaber muss ohnehin aus Gründen der Geldwäschebekämpfung und ggf. aus standesrechtlichen Gründen die wirtschaftliche Berechtigung an derartigen Konten klarstellen476. Versäumt er dies, macht er sich schadensersatzpflichtig, falls der wirtschaftlich Berechtigte wegen dieses Versäumnisses nicht als eigenständiger Gläubiger i. S. d. § 4 EsAeG behandelt wird und deshalb Einlagen oder Forderungen aus Wertpapiergeschäften einbüßt. Das Gesetz sichert Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften. § 1 Abs. 2 EsAeG definiert Einlagen als Guthaben, die sich aus den auf einem Konto verbliebenen Beträgen und Zwischensalden ergeben und die aufgrund Gesetzes oder Vertrags rückzahlbar sind. Voraussetzung ist weiterhin, dass es sich bei dem Institut um ein Einlagenkreditinstitut handelt und der Anspruchsteller ein Konto bei diesem unterhält477. Als Einlage erfasst sind auch verbriefte Forderungen. Das Institut muss über die Forderung eine Urkunde ausgestellt haben, aus der sich die Verpflichtung zur Zahlung ergibt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EsAeG). Die bloße Quittung oder Mitteilung eines Instituts über geleistete Zahlungen an Dritte stellt keine derartige Urkunde dar478, denn sie verbrieft keinen Zahlungsanspruch, sondern nur das Erlöschen eines solchen. Aus dem Kreis der verbrieften Forderungen hat der Gesetzgeber die vom Institut ausgestellten Inhaber- und Orderschuldverschreibungen479, Schuldverschreibungen, welche die Voraussetzungen des Artikels 22 Abs. 4 der Richtlinie 85/611/EWG vom 20.12.1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren480 erfüllen481, und Solawechsel ausgenommen. Aus dem Einlagenbegriff ausgeklammert sind auch Gelder, die zu den Eigenmitteln des Instituts zu rechnen sind. Dies belegen die Gesetzesmaterialien, die als Einlagen nur unbedingt rückzahlbare ___________ 476 Dies gilt insbesondere für die so genannten Omnibuskonten bei Nichteinlagenkreditinstituten, s. o. S. 38 Fn. 82. 477 BGH, WM 2005, 325, 326. 478 BGH, WM 2005, 325, 326 f. 479 Kritisch hierzu Dreher ZIP 1992, 1597, 1602; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 1992, S. 30, 34, weil sich hierdurch eine empfindliche Lücke im Schutz von Kleinanlegern auftue. 480 ABl. EG Nr. L 375 vom 31.12.1985, S. 3. Die Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2001/107/EG (ABl. EG Nr. L 41 vom 13.2.2002, S. 20) und die Richtlinie 2001/108/EG (ABl. EG Nr. L 041 vom 13.2.2002, S. 35) geändert. 481 Diese waren in § 8a Abs. 1 Satz 3 KAGG a. F. geregelt (BT-Drucks. 13/10188, S. 16), der dem heutigen § 60 Abs. 2 Sätze 2 und 3 InvG entspricht (BR-Drucks. 609/03, S. 229). Gemeint sind damit Bankinhaberschuldverschreibungen sowie Schuldverschreibungen nach dem Hypothekenbankgesetz und dem Pfandbriefgesetz.

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Gelder bezeichnen482. Damit sind auch Genussscheine und stille Einlagen, die das Institut emittiert hat, vom Anwendungsbereich des § 1 EsAeG ausgenommen483. Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen genießen ebenfalls den Schutz einer Sicherung. Der Schutz ist allerdings auf folgende Wertpapiergeschäfte beschränkt: Finanzkommissionsgeschäft, Depotgeschäft, Emissionsgeschäft, Anlagevermittlung, Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung und Eigenhandel (§ 1 Abs. 3 EsAeG). Nimmt der Kunde andere Leistungen in Anspruch, wie etwa die Anlageberatung, genießt er von vornherein keinen Schutz nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz. Geschützt sind Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften, also Verpflichtungen eines Instituts auf Rückzahlung von Geldern, die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die das Institut im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften für Rechnung des Kunden hält (§ 1 Abs. 4 Satz 1 EsAeG484). Gesichert sind weiterhin Ansprüche von Anlegern auf Herausgabe von Finanzinstrumenten, die im Eigentum des Anlegers stehen und die das Institut für dessen Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften hält oder verwahrt (§ 1 Abs. 4 Satz 2 EsAeG). Der Begriff des Finanzinstruments entspricht demjenigen des § 1 Abs. 11 KWG. Der Schutzumfang, der Kunden eines Vermögensverwalters zur Verfügung steht, beurteilt sich danach, ob der Anleger sich eines Kreditinstituts oder aber eines Finanzdienstleistungsinstituts bedient: Handelt es sich bei dem beauftragten Institut um ein Einlagenkreditinstitut, darf dieses die Geschäfte, die zur Ausführung der Anlage- und Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung und zum Eigenhandel erforderlich sind, selbst vornehmen. Das Institut darf Kundengelder auf einem bei sich für den Kunden geführten Konto buchen. Diese sind als Einlage geschützt. Es ist zu beachten, dass im Entschädigungsfalle Kundengelder aus Wertpapiergeschäften nicht mehr als Verbindlichkeit, sondern als Einlage gelten und als solche geschützt sind (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EsAeG)485. ___________ 482 BT-Drucks. 13/10188, S. 16. 483 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 5. 484 Der heutige Wortlaut der Bestimmung beruht auf einer Klarstellung durch Art. 15 Nr. 1 lit. b des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I 2010, 2316. 485 Diese Einordnung hat Bedeutung für die Berechnung der Entschädigungshöchstgrenzen.

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Beauftragt der Anleger mit der Vermögensverwaltung ein Finanzdienstleistungsinstitut, muss dieses ein Einlagenkreditinstitut und ggf. eine Depotbank zur Führung des Kontos bzw. zur Ausführung der Order und Verwahrung der Wertpapiere einschalten. Denn Kundengelder und -wertpapiere sind nach § 34a Abs. 1 und 2 WpHG vom eigenen Vermögen zu trennen. Im Falle der Insolvenz des vermittelnden Finanzdienstleistungsinstituts erleidet der Anleger keinen Verlust, da seine Einlagen und seine Wertpapiere bei dem anderen Institut verwahrt werden. Ein Verlust kann daher nur unter besonderen Umständen entstehen: War das Finanzdienstleistungsinstitut aus Zeitmangel bei Eintritt des Entschädigungsfalls zur Vermögenstrennung nicht mehr in der Lage oder hat es gar systematisch gegen § 34a Abs. 1 und 2 WpHG verstoßen, befinden sich Kundengelder/-wertpapiere bei dem Vermögensverwalter. Bei diesen handelt es sich um Einlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 EsAeG bzw. Verbindlichkeiten i. S. d. § 1 Abs. 4 Satz 1 EsAeG486. Denn das Gesetz schützt auch Ansprüche gegen ein Institut, wenn dieses sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen weder Eigentum noch Besitz an Kundengeldern und Wertpapieren verschaffen durfte, dies aber unter Verstoß gegen seine Zulassung dennoch tat487. Bedient sich der Kunde als Vermögensverwalter eines Finanzdienstleistungsinstituts, das eine Erlaubnis zur Verschaffung von Besitz oder Eigentum an Kundengeldern oder Wertpapieren besitzt, besteht keine Pflicht zur Vermögenstrennung (§ 34a Abs. 2 WpHG). Einlagen und Verbindlichkeiten der Kunden aus Wertpapiergeschäften sind bei Insolvenz dieses Instituts ebenfalls nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz gesichert. Von der Entschädigung nicht erfasst werden Schadensersatzansprüche, die daraus erwachsen, dass die BaFin ein Moratorium erlässt und deshalb Aufträge des Kunden nicht mehr oder nicht mehr rechtzeitig ausgeführt werden488. Dies hat die Neufassung des § 1 Abs. 4 EsAeG im Jahre 2002489 klargestellt. Nicht geschützt sind weiterhin Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten (Beratungsfehler, absprachewidrige Anlage durch den Vermögensverwalter etc.). Angesichts der Zielsetzung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes, das einen ___________ 486 Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 69. 487 BT-Drucks. 13/10188, S. 16. 488 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 5 f.; Lindemann, in: Boos u. a., KWG2, § 46a Rdn. 63. 489 Art. 15 Nr. 1 lit. b des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I 2010, 2316.

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Schutz der Kapitalanlagen von Ein-/Anlegern für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Instituts erreichen will, erscheint diese Einschränkung des Schutzbereichs auf den ersten Blick konsequent490. Wie weit sie allerdings im Einzelfall reicht, ist vor allem im Hinblick auf Wertpapierdienstleistungen unklar. Nach der Gesetzesbegründung sollen nur solche Ansprüche in den Schutzbereich fallen, die zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten gehören491. Deshalb seien Schadensersatzansprüche aus Beratungsfehlern bei Wertpapiergeschäften nicht gedeckt. Diese Stellungnahme in den Materialien erweist sich als ungeeignet zur Eingrenzung des Schutzbereichs, da Beratungspflichten im Einzelfall durchaus auch Hauptleistungspflichten darstellen können. Ein Verstoß gegen die in einem Vermögensverwaltungsvertrag niedergelegten Anlagerichtlinien stellt ebenfalls die Verletzung einer Hauptleistungspflicht dar; die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche fallen aber nicht in den Schutzbereich des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes. Die Eingruppierung einer Pflicht als Hauptund Nebenleistungspflicht ist also kein taugliches Unterscheidungskriterium492. Entscheidend ist vielmehr das Ziel des vom Kunden geltend gemachten Anspruchs, das wiederum von der Art der Vertragsverletzung abhängt. Ist Ziel des Anspruchs der Ersatz entgangenen Gewinns oder der Ausgleich von Verlusten, die aufgrund von Vertragspflichtverletzungen entstanden sind, ist der Anspruch im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Instituts nicht vom Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz geschützt. Denn ein solcher Anspruch richtet sich nicht – wie es § 1 Abs. 4 EsAeG verlangt – unmittelbar auf die Herausgabe von Finanzinstrumenten, sondern auf die Kompensation eines Fehlverhaltens des Instituts und der ihm zurechenbaren Mitarbeiter. Anders ist die Ausgangslage, wenn die Verletzung vertraglicher Pflichten gerade darin besteht, dass ein Mitarbeiter Gelder oder Wertpapiere, die im Eigentum des Kunden standen, veruntreut hat und damit die Ansprüche des Kunden auf die Verschaffung der Gelder oder Herausgabe der Finanzinstrumente vereitelt. Derartige Missbrauchsfälle sollen nach den Gesetzesmaterialien gerade in den Schutzbereich des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes fallen493. Für eine solche Eingrenzung des Schutzbereichs spricht weiterhin, dass das Gesetz gerade nicht danach differenziert, ob der Verschaffungsanspruch des Kunden auf ___________ 490 Zur Kritik s. u. S. 711 f. 491 BT-Drucks. 13/10188, S. 16. 492 Zustimmend Wagner, Einlagensicherung, S. 84 f.; a. A. Dreymann/Schnatmeyer, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 67 f., die an dem Kriterium festhalten. 493 Dazu im Einzelnen Sethe, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 30, 61.

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§§ 985, 607, 812 BGB oder gar auf § 280 Abs. 1 BGB gestützt wird. Deshalb kann es keinen Unterschied machen, ob die Kundengelder aus dem Verkauf von Wertpapieren auf einem Konto gebucht sind und wegen Zahlungsunfähigkeit des Instituts nicht ausgezahlt werden können oder ob Wertpapiere veruntreut wurden und der Ersatzanspruch nicht mehr erfüllt werden kann. In beiden Fällen handelt es sich um einen Verschaffungsanspruch, der aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Instituts nicht beglichen werden wird494. Nicht geschützt sind schließlich solche Schadensersatzansprüche, die erst nach Eintritt des Entschädigungsfalls entstehen. Da die Anlegerentschädigung nur vor einer Insolvenz des Finanzintermediärs schützen soll, erfasst das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz schließlich auch keine Ansprüche, die sich aus der Insolvenz des Emittenten ergeben, dessen Finanzinstrumente der Finanzintermediär für den Anleger erworben hatte495. Ausgeschlossen sind schließlich Einlagen und Gelder, die nicht in Währungen der EU-Staaten oder Euro lauten496, z. B. Anlagen in Dollar oder Schweizer Franken (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EsAeG)497. Das Gesetz nimmt bestimmte Gläubiger (Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen, Investmentfonds etc.) von der Anspruchsberechtigung aus (§ 3 Abs. 2 EsAeG)498, da diese Kundenkreise sich entweder als professionelle Anleger selbst schützen können oder aber wesentlich zur Krise des Instituts beigetragen bzw. Straftaten begangen haben. Bei der Prüfung, ob ein Ein-/Anleger zu den von der Anspruchsberechtigung ___________ 494 Im Ergebnis auch BT-Drucks. 13/10188, S. 17 (rechte Spalte). 495 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2000, S. 30; im Ergebnis auch BGH, WM 2005, 325 ff. 496 § 4 Abs. 1 Satz 2 EsAeG erfasste bis zum 1.7.2002 auch die Währungen der EWRMitgliedstaaten (Liechtenstein, Island, Norwegen). Da in Liechtenstein Schweizer Franken gesetzliches Zahlungsmittel sind, die Schweiz aber nicht Mitglied des EWR ist, herrschte insoweit Rechtsunsicherheit. Der Gesetzgeber meinte, zur Herstellung von „absoluter Klarheit“ gleich alle EWR-Währungen aus dem Schutzbereich des Gesetzes streichen zu müssen, RegE des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes, BTDrucks. 14/8017, S. 140. 497 Die Bestimmung verfolgt den Zweck, eine Anlage in den Währungen der Mitgliedstaaten zu fördern und diese damit zu stärken. Dies ist nach Ansicht des VG Berlin, BKR 2003, 722, 730 (re. Sp.), zulässig. 498 Der Gesetzgeber hat fast alle ihm nach Art. 7 Abs. 2, Anhang I der ESRL, Art. 4 Abs. 2, Anhang I der AERL zustehenden Optionen ausgenutzt. Nicht umgesetzt ist Nr. 10 des Anhangs der ESRL, die nicht auf Namen lautende Einlagen ausschließt. Damit wurde erreicht, dass auch CpD-Konten geschützt sind, vgl. BT-Drucks. 13/10188, S. 16.

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ausgeschlossenen Gläubigern gehört, ist auf den wirtschaftlich Berechtigten und nicht auf den formalen Kontoinhaber abzustellen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 EsAeG). c) Umfang des Entschädigungsanspruchs (1) Inländische Institute Der Entschädigungsanspruch bemisst sich nach Höhe und Umfang der Einlagen oder Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EsAeG). Maßgebend ist der Betrag der Einlagen oder Gelder auf dem Konto bzw. der Marktwert der Wertpapiere zum Zeitpunkt des Eintritts des Entschädigungsfalls. Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts sind geltend zu machen. Vom Entschädigungsanspruch umfasst sind auch Zinsen auf Einlagen oder Verbindlichkeiten für die Zeitspanne vom Eintritt des Entschädigungsfalls bis zur Auszahlung der Entschädigung, längstens aber bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Institut (§ 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 EsAeG499). Maßstab für die Zinshöhe ist § 288 BGB. Bei der Anknüpfung an diese Vorschrift hat der Gesetzgeber übersehen, dass sie eine Regelung für Verzugszinsen darstellt, die ein Vertretenmüssen (§ 286 Abs. 4 BGB) des Schuldners voraussetzt. Die Zinshöhe ist entsprechend hoch bemessen. Zudem differenziert die Norm zwischen Verbrauchern, die niedrigere Zinsen zu bezahlen haben, und anderen Schuldnern. Im Entschädigungsverfahren geht es jedoch gerade um eine Pauschalisierung der Verzinsung, um der Entschädigungseinrichtung die Abwicklung des Verfahrens zu erleichtern. Die Anknüpfung an § 288 BGB erweist sich damit als sachlich völlig verfehlt500. Auch die Höhe der Verzinsung ist enorm und kann mitunter deutlich über den mit dem Institut vereinbarten Zinsen liegen. Sachlich überzeugend wäre ein Verweis auf § 246 BGB gewesen. Gleichwohl ist die Regelung momentan Gesetz und daher zu beachten; sie ist jedoch teleologisch zu reduzieren. Der Gesetzgeber hat die alte Regelung deshalb ersetzt, weil sie keine einheitliche Höhe der Zinsen für das Entschädigungsverfahren festsetzte und damit die Entschädigungseinrichtung vor die praktische Schwierigkeit stellte, bei jedem Gläubiger die vereinbarte ___________ 499 Die Regelung wurde durch Art. 15 Nr. 2 lit. b des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I 2010, 2316, grundlegend umgestaltet. Zu den Hintergründen Wagner, Einlagensicherung, S. 88 f.; wenig aussagekräftig dagegen die Gesetzesbegründung, RegE BR-Drucks. 936/01 (neu), S. 395 f. 500 Ebenso Wagner, Einlagensicherung, S. 87 ff.

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Zinshöhe ermitteln und die Zinsen individuell berechnen zu müssen. Gewollt war also eine einheitliche Verzinsung der Einlagen und Verbindlichkeiten. Diesem Ziel wird die Neuregelung nicht gerecht, denn nun müsste die Entschädigungseinrichtung, legte man den Wortlaut zugrunde, ermitteln, ob das Konto einem Verbraucher oder Unternehmer gehört. Zudem würden Verbraucher weniger Zinsen bekommen als Unternehmer, obwohl letztere weniger schutzwürdig sind. Daher muss der Verweis auf § 288 BGB dahingehend verstanden werden, dass nur auf dessen Absatz 1 Bezug genommen wird501. Der so berechnete gesetzliche Entschädigungsanspruch ist auf 90 % der Einlagen und 90 % der Verbindlichkeiten, maximal aber auf den Gegenwert von jeweils 20.000 Euro begrenzt (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EsAeG). Die Obergrenzen beziehen sich auf die Gesamtheit aller Ansprüche des Kunden gegen das Institut, unabhängig von der Zahl der Konten, der Währung und dem Ort, an dem die Konten geführt und die Wertpapiere verwahrt werden. Bei Gemeinschaftskonten ist der jeweilige Anteil der Inhaber bei der Berechnung der Obergrenze maßgebend. Gemäß § 4 Abs. 5 EsAeG sind gleiche Anteile zugrunde zu legen, sofern sich keine andere Aufteilung feststellen lässt. Die Mitglieder von nicht rechtsfähigen Vereinigungen, wie Investmentclubs, sind einzeln anspruchsberechtigt, da das Clubkonto als Gemeinschaftskonto gilt502. Ihnen stehen die Deckungsobergrenzen deshalb pro Person zur Verfügung, sofern die Mitglieder der Vereinigung individualisiert werden können. Von den Obergrenzen der Sicherung unberührt bleiben Aussonderungsrechte in der Insolvenz, so dass Wertpapiere im Eigentum des Kunden unabhängig von den Höchstgrenzen des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes ausgesondert werden können503. Die Entschädigungsobergrenzen gelten pro Person. Für die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells bedeutsam ist die Frage, ob bei der Berechnung der Obergrenzen im Falle von Treuhandkonten auf die Person des Treugebers oder des Treuhänders abzustellen ist. Maßgeblich ist nach der gesetzlichen Regelung die des Treugebers, nicht die des Treuhänders. Hat nun der Treugeber zusätzlich ein Konto unter eigenem Namen und wird der Höchstbetrag von 20.000 Euro überschritten, stellt sich die Frage, an wen die Entschädigung auszuzahlen ist und auf wen welcher ___________ 501 Wagner, Einlagensicherung, S. 91 f., will auch Absatz 3 der Vorschrift anwenden. Damit wird aber gerade das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel einer einheitlichen Zinsberechnung für alle Anspruchsberechtigten eines Entschädigungsfalls vereitelt und der Rechtszustand vor der Reform des § 4 Abs. 3 EsAeG wiederhergestellt. 502 BT-Drucks. 13/10846, S. 24. 503 BT-Drucks. 13/10188, S. 17; Weber, Die Bank 1998, 470, 471.

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Anteil entfällt. Denn bei Treuhandkonten wird die Entschädigung an den Treuhänder ausgezahlt, der es an den Treugeber nach Maßgabe des zwischen beiden bestehenden Rechtsverhältnisses weiterleiten muss; bei den übrigen Konten wird an den Inhaber selbst ausgezahlt. Solange der Treuhänder zahlungsfähig ist und seine Stellung nicht missbraucht, erscheint die Frage, an wen welcher Anteil zu zahlen ist, rein theoretischer Natur. Wird jedoch der Treuhänder zwischen Auszahlung der Entschädigung und Weiterreichung an den Treugeber insolvent oder veruntreut er das Geld, kommt es auf diese Frage durchaus an. Auch aus Sicht der Entschädigungseinrichtung ist die Frage bedeutend, denn die Einrichtung wird wissen wollen, an wen und in welchem Umfang sie befreiend leisten kann. In der geschilderten Konstellation kann die Entschädigung analog § 4 Abs. 5 EsAeG nach dem Verhältnis der Einlagen auf beiden Konten zueinander verteilt werden504. Falls ein Einlagenkreditinstitut ein Wertpapiergeschäft erbringt, das sich auf die Verschaffung von Besitz oder Eigentum an Geldern bezieht, kann es zu Überschneidungen zwischen dem Begriff der Einlage und der Verbindlichkeit kommen. Um eine eindeutige Zuordnung bei der Berechnung der Obergrenze zu ermöglichen, erklärt § 4 Abs. 2 Satz 2 EsAeG solche Gelder zu Einlagen. (2) Zweigstellen deutscher Institute in EU- und EWR-Staaten Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz sichert auch Ansprüche von Ein-/Anlegern gegen die Zweigstellen deutscher Institute in EU- und EWR-Staaten. Um zu verhindern, dass die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung zu einem Faktor des Wettbewerbs im dortigen Markt wurden, untersagten die Richtlinien (Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 ESRL und Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 AERL) bis zum 31.12.1999 den Export einer Sicherung, soweit sie das vor Ort vorgesehene Niveau überstieg505. Zur Umsetzung dieses Exportverbots bestimmte § 14 EsAeG, dass die Leistungen inländischer Entschädigungseinrichtungen an Gläubiger von Zweigstellen deutscher Institute in anderen Mitgliedstaaten und EWR-Staaten auf die im Gastland vorgesehene Entschädigungshöhe und den Entschädigungsumfang begrenzt waren. Die Reichweite des Exportverbots war umstritten. Ein Teil des Schrifttums vertrat die Ansicht, es gelte nur für gesetzlich anerkannte Entschädigungssysteme, nicht aber für die freiwilligen Fonds mit ihrer Anschlussde___________ 504 Ebenso Wagner, Einlagensicherung, S. 86 f. 505 Die deutschen Banken durften ihr Produkt also nur deshalb nicht exportieren, weil es den Produkten der anderen Mitgliedstaaten offensichtlich überlegen war, kritisch deshalb Rohe, RabelsZ 61 (1997), 1, 43; Sethe, ZBB 1998, 305, 311 m. w. N.

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ckung506. Die Gegenansicht leitete aus einer richtlinienkonformen Auslegung die Geltung des § 14 EsAeG auch für die freiwilligen Einlagensicherungsfonds ab507. Das in den Richtlinien enthaltene Exportverbot war bis Ende 1999 befristet. Die Kommission sah keine Notwendigkeit für eine Fortsetzung des Verbots508, weshalb der deutsche Gesetzgeber § 14 EsAeG inzwischen aufgehoben hat509. (3) Zweigstellen von Unternehmen aus EU- und EWR-Staaten Sofern die Sicherung in ihrem Herkunftsland niedriger ist als in Deutschland, haben Zweigstellen von Instituten aus EU- und EWR-Staaten die Möglichkeit, sich einer deutschen Entschädigungseinrichtung anzuschließen (§ 13 EsAeG) und die Differenz510 zwischen der im Herkunftsland und der in Deutschland vorgesehenen Sicherung bei der deutschen Entschädigungseinrichtung abzudecken (topping-up). Inländische Kunden einer Zweigstelle eines Instituts aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat sind damit zu den für Kunden deutscher Institute geltenden Bedingungen gesichert511. (4) Zweigstellen aus Drittstaaten Zweigstellen von Instituten mit Sitz in einem Drittstaat gelten gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG als eigenständige Institute. Der Umfang der Entschädi___________ 506 Weber, Die Bank 1998, 470, 475; ebenso Steuer, WM 1998, 2449, 2454; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch1, 1. Ergänzungslieferung, Nachtr. zu §§ 125–133 Rdn. 127 a. E., 133. 507 Sethe, ZBB 1998, 305, 323; ders., ZIP 1999, 1461 ff.; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 67 ff. 508 Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Anwendung von Artikel 4 Absatz 1 („Nichtausfuhrklausel“) der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (94/19/EG) vom 22.12.1999, KOM(1999) 722 endg.; Bericht der Kommission über die Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 („Nichtausfuhrklausel“) der Richtlinie über Anlegerentschädigungssysteme (97/9/EG) vom 16.2.2000, KOM(2000) 81 endg. Im Ergebnis auch schon Brüker, Einlagensicherung, S. 116, der feststellt, dass ein Export der Sicherung des Heimatstaats einer Zusatzsicherung im Aufnahmestaat überlegen ist. 509 Art. 15 Nr. 7a des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I 2010, 2316. 510 Dabei hat die Bundesrepublik von einer Option der Richtlinien Gebrauch gemacht und schließt Devisen und Rechnungseinheiten von der Sicherung aus. Ausgeschlossen sind auch Termingeschäfte, deren Preis von Waren oder Edelmetallen abhängt, da diese Geschäfte nicht in den Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie fallen. 511 Zur Frage des topping-up bei der freiwilligen Anschlussdeckung s. o. S. 681 ff.

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gung bestimmt sich damit nach den für inländische Institute geltenden Bestimmungen. d) Geltendmachung des Anspruchs, Verjährung, Ausschlussfrist und cessio legis Mit Feststellung des Entschädigungsfalls kommt ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und der Entschädigungseinrichtung zustande512. Aufgrund der sachlichen Nähe des Entschädigungsanspruchs zum Zivilrecht513 eröffnet § 3 Abs. 4 EsAeG bei Streitigkeiten des Ein-/Anlegers mit der Entschädigungseinrichtung den Zivilrechtsweg. Insoweit sind die Sondervermögen prozessfähig (§ 6 Abs. 1 Satz 3 EsAeG). Im Entschädigungsfall ist das Institut verpflichtet, der Entschädigungseinrichtung alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die diese benötigt, um die Gläubiger zu ermitteln (§ 5 Abs. 2 Satz 2 EsAeG). Die Entschädigungseinrichtung unterrichtet die Gläubiger von der Feststellung des Entschädigungsfalls und weist sie darauf hin, dass Ansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr ab der Mitteilung an die Gläubiger schriftlich anzumelden sind (§ 5 Abs. 2 Satz 1 HS 1 EsAeG). Nach Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist ist eine Entschädigung ausgeschlossen, es sei denn, der Gläubiger hat die Fristversäumung nicht zu vertreten. Die Beweislast hierfür trägt der Gläubiger. Die Entschädigungseinrichtung ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um im Entschädigungsfall die Ansprüche der Gläubiger binnen drei Monaten zu befriedigen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 HS 2 EsAeG). Hierbei handelt es sich um eine abstrakte organisatorische Pflicht, die eine schnelle Abwicklung von Entschädigungsfällen gewährleisten soll514. Von dieser Organisationspflicht zu trennen ist die Pflicht zur Prüfung, Berechnung und Auszahlung der einzelnen Entschädigungsansprüche. Diese sind binnen drei Monaten ab Feststellung der Anspruchsberechtigung auszuzahlen (§ 5 Abs. 4 Satz 1 EsAeG). Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz regelt die Frage, welchen Einfluss die Fälligkeit der Einlagen auf die Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs hat, nicht ausdrücklich. Die Definition der Einlage in § 1 Abs. 2 Satz 1 EsAeG zeigt jedoch, dass Einlagen nur innerhalb der ge___________ 512 BT-Drucks. 13/10188, S. 16; Sethe ZBB 1998, 305, 325. 513 BT-Drucks. 13/10188, S. 17. 514 BT-Drucks. 13/10188, S. 18. Dem Gesetzgeber ist es damit gelungen, die undurchsichtige Regelung des Art. 10 Abs. 1 ESRL (dazu Sethe, ZBB 1998, 305, 315) umzusetzen.

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setzlichen und vertraglichen Bedingungen geschützt sind. Der Anspruch auf Auszahlung der Entschädigung ist daher erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem auch die ursprüngliche Einlage zurückzuzahlen gewesen wäre. Diese für Einlagen getroffene Feststellung lässt sich nicht auf Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften übertragen. Da Wertpapiere im Normalfall unabhängig von der Fälligkeit der darin verbrieften Ansprüche auf Sekundärmärkten veräußert werden können, stellt das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz in § 1 Abs. 4 insoweit nicht auf die Fälligkeit ab. Die Entschädigung ist daher – innerhalb der Grenze des § 5 Abs. 4 EsAeG – sofort fällig. Der Entschädigungsanspruch verjährt in fünf Jahren (§ 3 Abs. 3 EsAeG)515. Im Zuge der Vereinheitlichung der Verjährungsvorschriften ist eine Streichung des § 3 Abs. 3 EsAeG geplant, so dass die regelmäßige Verjährung des § 195 BGB Anwendung finden wird516. Der Beginn der Verjährungsfrist ist nicht ausdrücklich festgelegt. Als Anknüpfungszeitpunkte kommen entweder die Feststellung des Entschädigungsfalls oder die Feststellung der Berechtigung des Ein-/Anlegers durch die Entschädigungseinrichtung in Betracht. Die Gesetzgebungsmaterialien517 und die systematische Stellung der Vorschrift belegen, dass maßgeblicher Zeitpunkt die Feststellung des Entschädigungsfalls nach § 3 Abs. 1 EsAeG und nicht erst die Anmeldung konkreter Entschädigungsansprüche nach § 5 Abs. 3 EsAeG sein soll. Theoretisch ist es also möglich, dass ein Ein-/Anleger wegen einer mehrjährigen Abwesenheit keine Kenntnis vom Entschädigungsfall erlangt, deshalb seine Ansprüche nicht anmelden kann und diese trotzdem verjähren. Da die Verjährung von den Richtlinien nicht vorgegeben war, konnte der Gesetzgeber eine solche Lösung wählen, zumal er die Verjährungsfrist so lang bemessen hat, dass auch extreme Fälle angemessen erfasst sind. Zudem ist es Aufgabe der Ein-/Anleger, bei längerer Abwesenheit für die Nachsendung der Post zu sorgen. Von der Verjährung zu trennen ist die bereits erwähnte Ausschlussfrist. Bei einer schuldhaften Versäumung kommt es auf die Verjährung nicht mehr an, da der Entschädigungsanspruch bereits nach § 5 Abs. 3 Satz 2 EsAeG erloschen ist518. ___________ 515 Kritisch zur Länge der Verjährungsfrist Sethe, ZBB 1998, 305, 326 Fn. 156. 516 Art. 3 des DiskE eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz), NZG 2004, 1042. Zwar ist dieser Entwurf am 10.11.2004 vom Bundesfinanzministerium aufgrund der Kritik der Praxis und des Schrifttums zurückgezogen worden, doch wird die Vereinheitlichung der Verjährungsvorschriften sicherlich weiterverfolgt werden. 517 BT-Drucks. 13/10188, S. 16 f.; BT-Drucks. 13/10846, S. 24. 518 Ebenso BT-Drucks. 13/10188, S. 17. Zur Ausschlussfrist s. o. S. 702.

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Die Entschädigungseinrichtung kann das Verfahren aussetzen, solange ein Ermittlungs- oder Strafverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den an sich entschädigungsberechtigten Gläubiger betrieben wird (§ 5 Abs. 6 EsAeG). Die Verjährungsfrist ist mit fünf Jahren lang bemessen. Erfährt jedoch der Berechtigte erst spät vom Entschädigungsfall und zieht sich das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren in die Länge, wird die Frage der Verjährung relevant. Die im früheren Schuldrecht für derartige Fallgestaltungen enthaltene Hemmungsregelung des § 202 Abs. 1, 2. Alt. BGB a. F. ist entfallen, da man der Ansicht war, dass eine Vielzahl tatbestandlich erfasster Konstellationen bereits aus anderen Gründen nicht verjährte519, z. B. aufgrund fehlender Fälligkeit. Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. § 5 Abs. 6 EsAeG erlaubt der Entschädigungseinrichtung, die Leistung der Entschädigung auszusetzen. Während dieser Zeitspanne ist die Leistung nicht fällig, so dass die Verjährung nach § 200 Satz 1 BGB n. F. nicht zu laufen beginnt. Soweit die Entschädigungseinrichtung den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Ansprüche gegen das Institut auf die Einrichtung über (§ 5 Abs. 5 EsAeG).

9. Bewertung a) Übersicht über die verschiedenen Sicherungen Der deutsche Gesetzgeber hat bei dem Versuch, die vorhandenen Einlagensicherungsfonds und Institutssicherungen beizubehalten und gleichsam in das gesetzliche System des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes zu integrieren, eine äußerst komplexe Regelung geschaffen. Verengt man den Blickwinkel auf die Vermögensverwaltung, ergibt sich folgende Zuordnung zu den gesetzlichen Einlagensicherungseinrichtungen: – Universalbanken, die die Vermögensverwaltung anbieten, sind dem ersten (privatrechtliche Einlagenkreditinstitute) oder dem zweiten Sondervermögen (öffentlich-rechtliche Einlagenkreditinstitute) zugeordnet, deren Aufgabe im Wege der Beleihung auf die jeweiligen Bankenverbände übertragen wurde. – Alle übrigen Institute, die die Vermögensverwaltung anbieten, sind dem dritten Sondervermögen (Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen, EdW) angeschlossen. Dies gilt auch für Kapital___________ 519 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 118; Peters/Zimmermann, Verjährungsfristen, in: Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 1, 1981, S. 77, 254; Grothe, in: Münch.Komm. BGB4, § 205 Rdn. 1.

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anlagegesellschaften, die die Finanzportfolioverwaltung anbieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 EsAeG). Da die gesetzlichen Einrichtungen jedoch nur einen Teil des komplexen Systems zur Sicherung der Ein-/Anleger für den Fall einer Insolvenz darstellen, erhält man nur dann einen vollständigen Überblick, wenn man neben den gesetzlichen Einrichtungen auch die zusätzlichen Sicherungen einbezieht. Dabei empfiehlt sich der größeren Übersichtlichkeit wegen eine nach Institutsgruppen geordnete Darstellung. (1) Private Banken Der Bundesverband deutscher Banken e.V. hat die Möglichkeit der Beleihung genutzt und bietet über seine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH, die gesetzliche Basissicherung für alle privaten Einlagenkreditinstitute samt deren Wertpapierhandel an. Erfasst sind damit alle privaten Banken (auch soweit sie Wertpapierdienstleistungen erbringen) sowie die privatrechtlich verfassten Bausparkassen. Daneben führt der Bundesverband seinen schon vor der gesetzlichen Neuregelung bestehenden Einlagensicherungsfonds fort. Alle angeschlossenen Mitglieder erlangen eine über die gesetzliche Basissicherung hinausgehende Anschlussdeckung für Einlagen. Nicht gesichert sind dagegen Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen, da das Depotgesetz nach Ansicht des Verbands einen ausreichenden Schutz biete. Die Sicherungsgrenze beträgt je Gläubiger 30 % des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank, also derzeit mindestens 1,5 Mio. Euro je Einleger. Bietet eine dem Einlagensicherungsfonds angeschlossene Bank die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten an, erhält ein Vermögensverwaltungskunde nur dann eine Anschlussdeckung, wenn im Rahmen der Vermögensverwaltung für ihn Vermögen als Termingelder oder Spareinlagen angelegt wurde oder er zufällig zum Zeitpunkt der Bankenkrise ein Giroguthaben aus Wertpapierverkäufen hat. In diesem Fall ist der gewährte Schutz wesentlich höher als in der gesetzlichen Basissicherung. Im Übrigen aber bietet der Einlagensicherungsfonds bei Wertpapierdienstleistungen keinen erweiterten Schutz gegenüber der gesetzlichen Basissicherung. Angesichts des hohen Schutzniveaus haben Einlagenkreditinstitute ein hohes Interesse daran, diesem Fonds angeschlossen zu sein, um ihre Wettbewerbsposition am Markt zu stärken. Deshalb ist der Kreis der privaten Banken, die dem Fonds nicht angehören, recht klein. Es handelt sich zumeist um Institute, die die strengen Aufnahmekriterien nicht erfüllen.

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(2) Öffentliche Banken In gleicher Weise verfährt der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. Auch er nutzte die Möglichkeit der Beleihung. Da die Sparkassen, Landesbanken/Girozentralen und die Landesbausparkassen jedoch vom Anschlusszwang ausgenommen sind (§ 12 Abs. 1 EsAeG), ist die Zahl seiner Mitglieder recht gering. Der Bundesverband bietet darüber hinaus eine Anschlussdeckung durch seinen Einlagensicherungsfonds. Die Sicherungsleistung erfasst nur Einlagen von Nichtkreditinstituten (§ 14 der Satzung). Für diese ist keine absolute Begrenzung der Höhe der Sicherungsleistung pro Sicherungsfall vorgesehen, so dass die Leistungen nur durch die Höhe der Mittel des Fonds begrenzt werden. Der Einlagensicherungsfonds bietet bei Wertpapierdienstleistungen keinen Schutz. (3) Kreditgenossenschaften Die Kreditgenossenschaften sind dem Garantiefonds und Garantieverbund des Bundesverbands deutscher Volks- und Raiffeisenbanken angeschlossen520. Deren Ziel ist die Institutssicherung, d. h. die Verhinderung einer Insolvenz des Instituts. Da bei den angeschlossenen Instituten deshalb keine Gefahr einer Insolvenz besteht, sind sie von der gesetzlichen Basissicherung befreit (§ 12 Abs. 1 EsAeG). Aufgrund des Ziels der Institutssicherung sind alle Arten von Verbindlichkeiten des Instituts geschützt521. Vermögensverwaltungskunden genießen damit einen wesentlich umfassenderen Schutz als bei den zuvor genannten Institutsgruppen, da auch Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen und Schadensersatzansprüche wegen Fehlberatungen oder Veruntreuungen abgedeckt werden. (4) Sparkassen Auch im Bereich der Sparkassen existieren mehrere Einrichtungen zur Institutssicherung. Die regionalen Sparkassen- und Giroverbände unterhalten Sparkassenstützungsfonds, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hält eine Sicherungsreserve für die Landesbanken/Girozentralen und einen Sicherungsfonds für die Landesbausparkassen vor522. Diese Einrichtungen stehen untereinander in einem Haftungsverbund. Die Insolvenz einer Sparkasse wird daher in der Praxis durch diese Sicherungen abgewendet, so dass Vermögensverwaltungskunden einen vollständigen Schutz genießen.

___________ 520 Einzelheiten bei Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 75 ff. 521 Fischer, in: Boos u. a., KWG2, § 23a Rdn. 40 ff. 522 Einzelheiten bei Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 133 Rdn. 66 ff.

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Bis zum 19.7.2005 waren nahezu alle Sparkassen523 zudem durch die Anstaltslast und Gewährträgerhaftung geschützt. Beschwerden aus der betroffenen Branche veranlassten die EG-Kommission zu einer Überprüfung der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung unter dem Gesichtspunkt des Beihilfeverbots (Art. 87 EG). Diese wurden in ihrer damaligen Form als unzulässige staatliche Beihilfe eingeordnet524. Nach langem politischem Ringen verpflichtete sich Deutschland durch die Verständigungen vom 17.7.2001 und 28.2.2002525 zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung für alle ab dem 19.7.2005 begründeten Verbindlichkeiten. Altverbindlichkeiten bleiben bis zum 31.12.2015 geschützt. Außerdem wurde die Anstaltslast ab dem 19.7.2005 durch eine Finanzierung ersetzt, die derjenigen des privaten Eigentümers einer Bank entspricht526. Kapitalzuführungen im Sanierungsfall sind nun am EU-Beihilferecht zu messen und müssen ggf. der Kommission angezeigt und von dieser genehmigt werden. Die Sparkassenorganisation stockte daraufhin die Mittel des Haftungsverbunds auf 4,2 Mrd. Euro pro Stützungsfall auf, führte ein Risikomonitoring sowie eine risikoorientierte Beitragsbemessung ein und legte fest, dass zunächst die Mittel der Sicherungsreserve der Landesbanken bzw. des regionalen Stützungsfonds einschließlich der Nachschusspflicht ausgeschöpft werden müssen, bevor der überregionale Haftungsverbund zur Leistung herangezogen werden kann527. Bei der Sanierung einer Landesbank besteht künftig keine Haftung der Regionalverbände außerhalb des Geschäftsgebietes der betroffenen Landes___________ 523 Ausgenommen waren die sieben privatrechtlich organisierten, so genannten freien Sparkassen. 524 Schreiben der EG-Kommission an den Bundesaußenminister vom 8.5.2001, SG (2001) D/288482, http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/state_aids/comp-2000/ e010-00-1.pdf (abgerufen am 20.2.2005). Zur Vorgeschichte und zur rechtswissenschaftlichen Diskussion Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht5, S. 150 ff. m. w. N.; Münstermann, ZKF 2001, 194 ff. 525 http://www.lrp.de/m2_kunden/download/pr_eu_28-02-02_dt.pdf (abgerufen am 6.2.2005). Statt vieler hierzu Kluth, S. 111 ff.; Möschel, WM 2001, 1895 ff.; Quardt, EuZW 2002, 424 ff.; Seubert, Die Brüsseler „Verständigung“; Wiesel, ZBB 2002, 288 ff. 526 Zu den entsprechenden Gesetzesänderungen Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht5, S. 153 Fn. 1 und 3 m. w. N. Das niedersächsische Sparkassengesetz bestimmt beispielsweise, dass die Anstaltslast mit dem 18.7.2005 ausläuft (§ 32 Abs. 2 Nds. SpkG). Ab diesem Zeitpunkt unterstützt der Träger die Sparkasse bei der Erfüllung ihrer Aufgaben; ein Anspruch der Sparkasse, wonach der Träger ihr Mittel zur Verfügung zu stellen hat, besteht nicht (§ 5 Abs. 1 Nds. SpkG). Die Sparkasse haftet für ihre Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen. Der Träger der Sparkasse haftet nicht für deren Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 2 Nds. SpkG). 527 Schöning/Nolte, BankA 2004, 421, 423 ff., 430 f.; dies., WiSt 2005, 37, 39; Matthiesen/Fest, Sparkasse 2004, 155 f.

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bank mehr528. Mit dieser grundlegenden Modernisierung der Institutssicherung will man u. a. erreichen, dass die Ratingagenturen der Sparkassenorganisation trotz des Wegfalls von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung weiterhin ein positives Rating erteilen. (5) Sonstige Institute Alle sonstigen Institute genießen allein den Schutz der gesetzlichen Basissicherung. Dies gilt zum einen für alle Finanzdienstleistungsinstitute und zum anderen für Kreditinstitute, die nicht einem der freiwilligen Einlagensicherungsfonds angeschlossen sind und deshalb keine Anschlussdeckung erhalten. Schadensersatzansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen aus dem Vermögensverwaltungsvertrag (mit Ausnahme von Unterschlagung und Untreue) sind durch die Basissicherung nicht abgedeckt. b) Die Berechtigung der Einlagensicherung Die Diskussion um die Berechtigung einer Einlagensicherung ist mit den Neuerungen der letzten Jahre keineswegs zur Ruhe gekommen529. Unter Hinweis auf die 1974 nahezu fehlende Einlagensicherung und die dennoch ausbleibende Panik nach der Herstatt-Insolvenz wird argumentiert, die Gefahr eines Runs bestehe nicht – wie häufig angenommen – bereits bei dem Zusammenbruch eines Instituts, sondern nur dann, wenn ein allgemeiner Vertrauensverlust in das gesamte Kreditgewerbe vorliege. Bei der auf ein Institut begrenzten Insolvenz würden Kundengelder lediglich zu anderen Bankensparten umgeschichtet. Dieser Einwand überzeugt deshalb nicht, weil er den Umstand nicht berücksichtigt, dass die Einlagensicherung gerade das frühzeitige Eintreten eines Vertrauensverlusts in alle Bankengruppen verhindert. Je sicherer die Einlagen der Kunden sind, desto weniger wahrscheinlich ist eine Panikreaktion der Öffentlichkeit. Diese kann gerade darauf vertrauen, dass die anderen Bankensparten sicher sind. c) Wettbewerb Weiterhin wird dargelegt, dass die mit der Einlagensicherung eingeführten Prüfungsmöglichkeiten überdurchschnittlich streng bei kleineren Banken eingesetzt worden seien, so dass die Einlagensicherung Konzentrationstendenzen im Bankgewerbe gefördert und den Marktzutritt neuer Banken behindert habe. Die hierzu vorgetragenen Fakten scheinen diesen Vorwurf zu___________ 528 Schöning/Nolte, WiSt 2005, 37, 39. 529 Zum Folgenden Wenger/Kaserer, Einlagensicherung, S. 20 ff., Kaserer, VSWG 87 (2000), 166, 176 ff.

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mindest für die 70er Jahre zu bestätigen, zumal auch das Bundeskartellamt eingeschritten ist530. Allerdings ist die Konzentration im Bankenbereich auch auf veränderte Marktbedingungen und die Verschärfung des Aufsichtsrechts zurückzuführen, das vor allem kleinere Institute belastete531. Daher kann ein monokausaler Zusammenhang nicht dargelegt werden. Gleichwohl müssen die Kartellbehörden die freiwilligen Einlagensicherungseinrichtungen genau beobachten, da sie aufgrund ihrer Machtstellung den Zugang neuer Institute zum Markt kontrollieren können. d) Zulässigkeit und Bewertung der Aufspaltung in verschiedene Sicherungseinrichtungen Da die Richtlinien die Anzahl der Entschädigungseinrichtungen in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht vorgeben, konnte der Gesetzgeber die Aufspaltung in drei Sondervermögen vornehmen. Die Aufspaltung erfolgte im Spannungsverhältnis zweier Regelungsziele. Um nur die jeweiligen Risiken einer Bankengruppe zu erfassen und Institute davor zu schützen, branchenfremde Risiken mittragen zu müssen532, hätte sich eine weitaus stärkere Ausdifferenzierung angeboten. Um andererseits möglichst finanzstarke Entschädigungseinrichtungen zu schaffen533, sollte die Anzahl der Sondervermögen gering und ihr Anteil am Gesamtbeitragsvolumen dadurch größer sein. Die Beschränkung auf nur drei Sondervermögen ist daher als Kompromiss zu verstehen. Dieser führt dazu, dass die weniger finanzkräftigen Wertpapierhandelsbanken und Finanzdienstleister einer Entschädigungseinrichtung angeschlossen sind, während die kapitalstärkeren Universalbanken eigenen Entschädigungseinrichtungen zugeordnet werden. Die dadurch verursachten Verzerrungen bei der Beitragsbemessung sind erheblich. Das Nebeneinander von gesetzlicher Basissicherung und freiwilliger Anschlussdeckung ist gelungen, zumindest wenn man dem hier vertretenen Ansatz folgt, wonach die Regelung des topping-up in § 13 EsAeG auch die Anschlussdeckung erfasst. Das Beispiel des Bundesverbands deutscher Banken e.V. zeigt, dass die gesetzliche Neuregelung sich erfreulich gut in das bisherige System der Einlagensicherung einpasst und der Schutz der Kunden im Ergebnis gleich geblieben ist. Die rechtlichen Rahmenbedingun___________ 530 O. V., Neue Prüfungsrichtlinien für den Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken, WuW 1977, 617. Kleinert, Einlagensicherungssysteme, S. 185 ff. m. w. N., führt eine Reihe weiterer Fälle auf, in denen ein Missbrauch der Einlagensicherung nahe liegt. 531 D. Schmidt, ZfgK 1990, 278. 532 Diesen Gesichtspunkt betont etwa D. Schmidt, ZfgK 1990, 278, 283. 533 BT-Drucks. 13/10188, S. 19.

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gen sind zwar durch das Nebeneinander zweier Systeme wesentlich komplexer geworden; da dies jedoch nur die Verwaltung der Systeme betrifft, schlägt sich dies bei Kunden und Instituten nicht spürbar nieder. Die Richtlinien und das deutsche Umsetzungsgesetz sehen eine Ausnahme von der Pflichtzugehörigkeit zu Sicherungseinrichtungen für Institute vor, die der Institutssicherung angehören. Dadurch werden in Staaten, die einen hohen Anteil solcher Institute aufweisen (insbesondere in Deutschland), Wettbewerbsverzerrungen verursacht. Dies gilt es zu korrigieren. e) Höhe des Substanzverlustrisikos Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz konzentriert sich auf den Schutz der Kleinanleger. Diesem Ziel entspricht es, dass institutionelle Anleger von der gesetzlichen Sicherung und der freiwilligen Anschlussdeckung ausgenommen sind, da sie sich aufgrund ihrer Professionalität selbst schützen können. Der auf Kleinanleger ausgerichtete Schutzumfang von 20.000 Euro erscheint auf den ersten Blick als sehr gering. Angesichts der Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung, ob der Anlegerschutz für die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ausreicht, bedarf es an dieser Stelle keiner umfassenden Erörterung dieser Frage für alle Anlagearten und Finanzgeschäfte. Vielmehr reicht es aus, die Untersuchung auf die typischen Produkte von Vermögensverwaltern zu beschränken. Bezieht man die Möglichkeit der Anschlussdeckung bei Einlagen ein und berücksichtigt, dass bei Wertpapieren der Schutz des Depotgesetzes greift, erscheint ein Betrag von jeweils 20.000 Euro für Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapierdienstleistungen angemessen, um das Substanzerhaltungsrisiko von Kleinanlegern ausreichend abzudecken. Beträge oberhalb dieser Größenordnung sind groß genug, um eine Diversifizierung zu erlauben. Vermögenswerte lassen sich daher auf verschiedene Institute und Anlagearten streuen, so dass der Anleger sich selbst schützen oder ggf. seinen Vermögensverwalter anweisen kann, die Werte auf verschiedene Institute zu verteilen. Eine solche Streuung bewahrt den Anleger nur dann nicht vor einem Totalverlust, wenn es zu einem Zusammenbruch ganzer Bankensparten kommt, wie bei der Krise der Savings & Loans Associations in den USA geschehen534. Hier hilft nur ein Haftungsverbund der verschiedenen Sicherungssysteme, um eine Überforderung eines einzelnen Sicherungssystems aufzufangen. ___________ 534 Ausführlich dazu Kane, The S & L Insurance Mess: How Did It Happen?, sowie Cottrell/Lawlor/Wood, The Causes and Costs of Depository Institution Failures.

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Die Feststellung, dass der Betrag von 20.000 Euro als solcher für die Vermögensverwaltung im Regelfall als ausreichende Sicherungsobergrenze anzusehen ist, da alternative Sicherungen zur Verfügung stehen und dem Kunden durch die Hinzuziehung des professionellen Vermögensverwalters eine angemessene Möglichkeit des Selbstschutzes offen steht, ist freilich noch nicht abschließend. Wie an späterer Stelle aufgezeigt werden wird535, ist aus anderen Gründen eine Erhöhung der Sicherung geboten. f) Schutz des Verwaltungs- und Abwicklungsrisikos Der von der gesetzlichen Basissicherung und der Anschlussdeckung gewährte Schutz umfasst keine Schadensersatzforderungen wegen unsorgfältiger Finanzdienstleistungen. Nur die Kunden von Kreditgenossenschaften und Sparkassen genießen einen solchen Schutz, da die Institute den institutssichernden Einrichtungen angeschlossen sind. Eine Begründung dafür, warum man das Substanzerhaltungsrisiko weitgehend schützt, das Verwaltungsund Abwicklungsrisiko dagegen bei der Schaffung der gesetzlichen und freiwilligen Sicherungssysteme gar nicht beachtet hat, ist weder in der Gesetzesbegründung noch sonst ersichtlich. Recht uneinheitlich geregelt ist auch der Schutz des Kunden dahin gehend, Forderungen im Zusammenhang mit der Veruntreuung seines Vermögens durchzusetzen. Das Depotgesetz gewährleistet einen weitreichenden Schutz vor Veruntreuungen. Dieser ist jedoch nicht vollkommen. Werden etwa einem Vermögensverwalter Gelder oder Wertpapiere anvertraut, damit er sie bei einem Kreditinstitut einzahlt (vgl. § 34a WpHG), besteht durchaus Gelegenheit zu Unterschlagungen. Dem Anleger steht in einem solchen Fall ein Schadensersatzanspruch gegen das veruntreuende Institut zu. Da der Anreiz zu Veruntreuungen gerade dann zunimmt, wenn das Institut sich in einer Schieflage befindet, trägt der Kunde ein erhebliches Risiko, seine Schadensersatzforderungen nicht mehr durchsetzen zu können. Die gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung umfasst derartige Schadensersatzforderungen. Die Anschlussdeckung nimmt Wertpapiergeschäfte und damit auch Veruntreuungen von Wertpapieren generell aus. Auch hier erscheint der unterschiedliche Schutzumfang problematisch. Wieder sind es nur die Kunden von Kreditgenossenschaften und Sparkassen, die einen umfassenden Schutz genießen, da die Institute den institutssichernden Einrichtungen angeschlossen sind. Will man die Höhe der Sicherung zu einem Fak___________ 535 Zum Zusammenhang von Einlagensicherung und dem Ausschluss der Amtshaftung nach § 4 Abs. 4 FinDAG s. u. S. 957 ff.

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tor im Wettbewerb machen536, was die EU mit ESRL und AERL zu Recht tut, muss sie auch über eine Angleichung der Sicherungsbedingungen für genossenschaftliche Kreditinstitute und Sparkassen einerseits und die übrigen Institute andererseits nachdenken. Nur die genossenschaftlichen Kreditinstitute und Sparkassen genießen eine Institutssicherung, was ihnen gerade im Bereich der Vermögensverwaltung einen starken Wettbewerbsvorteil verschafft, da auch Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags abgedeckt sind. Weiterhin muss die Kundeninformation (insbesondere für Altkunden) über den Umfang der Sicherung wesentlich verbessert werden, damit der Wettbewerb funktionieren kann. Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, ob zur besseren Information der Kunden die Werbung mit dem Umfang der Sicherung freigegeben werden sollte. Da die Branche sehr vertrauensanfällig ist und schon Gerüchte einen Run auslösen können, erscheint dieser Weg als zu gefährlich. Da das bisherige Werbeverbot von der Branche auch nicht als einengende Schranke empfunden wird, sollte es aufrechterhalten werden, bedarf aber einer richtlinienkonformen Grundlage und der Präzisierung seiner Anforderungen. g) Richtlinienkonformität und Gesetzgebungstechnik Der Gesetzgeber hat bei der Formulierung des Anwendungsbereichs und der Zuordnung (§§ 1 Abs. 1 und 6 Abs. 1 EsAeG) die „babylonische Begriffsverwirrung“537 der 6. KWG-Novelle durch einen Definitionsmarathon im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz fortgesetzt. Grund hierfür ist die Scheu, die Regelungstechnik des § 1 KWG zu vereinfachen oder an die Richtlinien der EG anzupassen, was in der Sache keineswegs eine Aufgabe des Universalbankensystems bedeuten muss, wie die einfache Formulierung des Anhangs zur Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie gezeigt hat. Der jetzt eingeschlagene Weg führt zu immer größeren Überschneidungen der Begrifflichkeiten und vermehrt die Zahl notwendiger Definitionen. Diese Vielfalt strahlt in andere Gesetze, wie das Wertpapierhandelsgesetz oder das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, aus. Da die Finanzierung der Sicherungssysteme in den Richtlinien offen gelassen wurde, fehlen einheitliche Vorgaben für die Beitragshöhe, so dass es von der Umsetzung abhängt, wie finanzkräftig die Sicherungssysteme in den Mitgliedstaaten ausgestaltet werden. Bricht in einem Land mit schwachem ___________ 536 Dies kann nur oberhalb der Kleinanlegerschwelle funktionieren, vgl. oben S. 655 Text bei Fn. 352. 537 So Weber/Nägele, ZfgK 1998, 753 ff.

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Sicherungssystem eine ganze Bankensparte oder ein sehr großes Institut zusammen, ist der mit den Richtlinien erreichte Anlegerschutz faktisch wertlos. Solange nicht aufsichtsrechtlich sichergestellt wird, dass die Finanzierung der Sicherungssysteme in einem angemessenen Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit von Schäden und zu deren Höhe steht und Mitgliedstaaten nicht über künstlich niedrig gehaltene Beiträge zu den Entschädigungseinrichtungen günstige Wettbewerbsbedingungen für ihre Institute schaffen, klafft also eine empfindliche Lücke im System des Anlegerschutzes und der von den EG-Richtlinien angestrebten Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU. Im Schrifttum wurde538 und wird bezweifelt539, ob die bestehenden Einlagensicherungseinrichtungen in der Lage waren und sind, größere Krisen zu bewältigen. Die Deutsche Bundesbank540 teilte diese Auffassung nicht und wies das Problem der Krise eines ganzen Bankenzweigs dem Gesetzgeber zu. Angesichts der Festlegung der Beitragshöhe in §§ 8, 19 EsAeG flammte diese Diskussion 1998 wieder auf. Der Bundesverband deutscher Banken e.V. erklärte, die bisherige Sicherung habe sich als ausreichend erwiesen541. Die in den letzten 21 Jahren aufgetretenen 26 Entschädigungsfälle mit Verlusten von insgesamt 843 Mio. DM seien unproblematisch bewältigt worden. Allerdings handelte es sich bei diesen Bankzusammenbrüchen immer nur um Einzelfälle und nie um den Zusammenbruch einer ganzen Bankensparte. Der Forderung der Bundesbank nach gesetzgeberischer Vorsorge für den Fall der Krise eines ganzen Bankenzweigs ist der Gesetzgeber nicht nachgekommen. Im Gesetz findet sich gerade keine Nachschusspflicht der Institute. Ebenfalls nicht vorgeschrieben ist ein Haftungsverbund zwischen den Entschädigungseinrichtungen. Ein solcher ist nur innerhalb des Sparkassensektors und innerhalb des Genossenschaftssektors bekannt. Mit einer solchen Vorsorgeregelung könnten die Ein-/Anleger im Falle des Zusammenbruchs einer Entschädigungseinrichtung ihre noch offenen Ansprüche gegenüber den anderen Einrichtungen geltend machen542. Auf diese Weise ___________ 538 Kritisch zur bisherigen Praxis der Bemessung der Beitragshöhe Reifner, JZ 1993, 273, 276. Auch Hottner, ZfgK 1992, 229, 233, geht davon aus, dass das deutsche System mit seiner bisherigen Beitragshöhe bei der Krise eines ganzen Bankenzweigs überfordert wäre. 539 Holtorf/Rudolf, Finanzmarkt und Portfolio Management 13 (1999), 249, 253. 540 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 1992, S. 30, 33. 541 Stellungnahme des Bundesverbands deutscher Banken e.V., ZBB 1998, 212. 542 Ein solche Regelung halten Keller, Einlagensicherung, S. 193 ff., 207; Zimmer, Bankenregulierung, 1993, S. 265; ders., ZBB 1992, 286; 289; Sethe, ZBB 1998, 305, 309, 321 f.; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 40, für sinnvoll.

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hätte man die Nachteile ausgleichen können, die daraus entstehen, dass der deutsche Gesetzgeber nicht nur eine einzige Entschädigungseinrichtung für alle Institute errichtet hat, sondern die Ausdifferenzierung nach Branchen und Institutstypen erlaubt. Die Umsetzung der beiden EG-Richtlinien in das deutsche Recht erfolgte an zwei Stellen fehlerhaft, da § 11 Abs. 1 EsAeG und § 23 Abs. 1 KWG nicht den Vorgaben der Richtlinien genügen543. Der systematisch und sprachlich wenig geglückte § 23a Abs. 1 KWG lässt sich hingegen richtlinienkonform auslegen. Der größeren Rechtssicherheit wegen sollte er aber bei der ohnehin nötigen Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes neu gefasst werden. h) Internationale Entwicklungen Die rechtswissenschaftliche Diskussion konzentriert sich hauptsächlich auf die Vermeidung von Bankenkrisen im nationalen Kontext. Die Ansteckungsgefahr für das Inland besteht jedoch auch bei Krisen ausländischer Institute und dem Zusammenbruch der Staatsfinanzen ausländischer Staaten. Diese systemischen Risiken können das weltweite Finanzsystem gefährden. Seit den 70er Jahren wurden 112 derartige Krisen in 93 Staaten gezählt, die den Steuerzahler sehr große Summen gekostet und die Wirtschaft geschädigt haben (im Falle Indonesiens betrug der Schaden 50 % des Bruttoinlandsprodukts)544. Zwar hat sich die Zahl der Staaten, die eine Einlagensicherung kennen, seit ihrer erstmaligen gesetzlichen Einführung in den USA im Jahre 1934 auf rund 80 Staaten erhöht545. Häufig wird die Einlagensicherung jedoch nicht mit einem funktionierenden Bankaufsichtsrecht kombiniert546 und die Prämien werden nicht risikoadäquat bemessen. Die Einführung einer solchen Einlagensicherung beruhigt zwar die Öffentlichkeit in den jeweiligen Staaten, bewirkt aber langfristig die Gefahr eines moral hazards. Die Banken können das Insolvenzrisiko auf andere abwälzen und sind daher geneigt, eine riskantere Geschäftspolitik einzugehen547. In diesem Fall wirkt sich die Einlagensicherung destabilisierend aus548. Gerade die Tatsache, dass ___________ 543 Einzelheiten bei Sethe, ZBB 1998, 305, 321, 327 f., 329. 544 Claessens, Systemic Bank and Corporate Restructuring; Demirgüç-Kunt/Kane, Deposit Insurance, S. 3. 545 Demirgüç-Kunt/Kane, Deposit Insurance, S. 33 ff. 546 Einen Überblick über das Bankaufsichtsrecht in 107 Staaten geben Barth/Caprio/ Levine, The Regulation and Supervision of Banks, S. 3 ff. 547 Zu Recht kritisch daher Demirgüç-Kunt/Kane, Deposit Insurance, S. 3 ff. 548 Dies belegen die Untersuchungen von Cull/Senbet/Sorge, Deposit Insurance; Demirgüç-Kunt/Detragiache, Does Deposit Insurance Increase Banking System Stability?

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sich in Staaten mit schwach ausgeprägtem Aufsichtsrecht und wenig finanzstarken Banken die höchsten Sicherungen finden549, dürfte ein Beleg für diese Wirkung sein. Um die internationale Ansteckungsgefahr zu verringern, reicht die bloße Einführung von Einlagensicherungen in möglichst vielen Staaten also nicht aus550. Vielmehr muss mit der Einlagensicherung ein funktionierendes Bankaufsichtsrecht einhergehen. Die Risikoverursacher müssen die Kosten der Einlagensicherung entsprechend ihrem Risikoanteil tragen und die Sicherung muss professionelle Anleger ausschließen, um eine Externalisierung von Insolvenzrisiken zu verhindern551. Um eine unnötige Bürokratisierung zu vermeiden und um die Identifikation der angeschlossenen Institute mit der Einlagensicherung zu erreichen, sollte die betroffene Branche die Entschädigungssysteme selbst verwalten552. Betrachtet man die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktivitäten von Banken, erweist sich auch die Tatsache als problematisch, dass außerhalb der EU die Einlagensicherung über Zweigstellen vielfach dem Gastlandprinzip, die Bankenaufsicht über die Bankzentrale und ihre Zweigstellen dagegen dem Heimatlandprinzip folgt553. Aufgrund dessen belasten die Kosten einer schlechten Bankenaufsicht nicht nur den Staat, der das Institut beaufsichtigt hat, sondern auch das Gastland. Eine internationale Regulierung der Einlagensicherung sollte daher eine Sicherung aller Zweigstellen durch das Heimatland vorsehen554.

10. Fazit und weiteres Vorgehen Die Untersuchung der Aufsicht über die institutionellen Rahmenbedingungen, also die Zulassung der Institute und ihre finanzielle und organisatorische Ausstattung für einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb, hat zahlreiche Defizite offenbart, die an dieser Stelle nicht nochmals zusammengefasst ___________ 549 Laeven, The Political Economy of Deposit Insurance, S. 27 f. 550 In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob der Regelungsansatz des deutschen Rechts nachahmenswert ist. Dabei ist man sich einig, dass eine Übertragung des gesamten Systems der Einlagensicherung auf andere Staaten ausscheidet, dass aber der geringe Staatseinfluss auf die Einlagensicherung und die Systeme mit risikoabhängiger Prämie vorbildlich sind, vgl. Beck, Deposit Insurance, S. 24 f. 551 So im Ergebnis auch Tigert-Helfer, Finance and Development 36 (1999), S. 22 ff. 552 D. Schmidt, ZfgK 1990, 278, 283 f. 553 Zwar werden Zweigstellen in Drittstaaten als eigenständige Institute behandelt, doch zieht die Insolvenz des Mutterinstituts immer auch die Zweigstellen mit in die Insolvenz. 554 Im Ergebnis auch Schoenmaker, JIBL 1993, 8 (3), 106 ff.; Adkins, JIBL 1992, 7 (5), 175, 181.

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werden müssen555. Der folgende Abschnitt wendet sich der Frage zu, ob das im Wertpapierhandelsgesetz geregelte Aufsichtsrecht für das Verhalten der Institute am Markt unter Anlegerschutzgesichtspunkten ausreichend ist.

___________ 555 Vgl. stattdessen die Zusammenfassungen auf S. 654 ff., 704 ff.

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Kapitel 10 Die aufsichtsrechtlichen und die damit verzahnten zivilrechtlichen Verhaltenspflichten I. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des WpHG auf die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten 1. Sachlicher Anwendungsbereich Nach § 1 Abs. 1 WpHG ist das Gesetz u. a. auf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen im börslichen und außerbörslichen Handel mit Finanzinstrumenten anzuwenden. Die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten erfüllt diese einzelnen, in § 2 WpHG näher umschriebenen Tatbestandsmerkmale. a) Vermögensverwaltung als Wertpapierdienstleistung Der in § 2 Abs. 3 definierte Begriff der Wertpapierdienstleistung ist an zahlreichen Stellen des WpHG Anknüpfungspunkt für rechtliche Regeln (so insbesondere bei den Verhaltens- und Organisationspflichten der §§ 31 ff. WpHG), so dass ihm eine zentrale Bedeutung zukommt. Der in § 2 Abs. 3 WpHG niedergelegte, abschließende Katalog der Wertpapierdienstleistungen entspricht den in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 4 und 10 sowie Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1 bis 4 KWG genannten Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen. Der einzige sachliche Unterschied liegt darin, dass nicht alle der vom Kreditwesengesetz erfassten Finanzinstrumente auch Gegenstand einer Wertpapierdienstleistung sein können, denn § 2 Abs. 2b WpHG bezieht keine Devisen oder Rechnungseinheiten ein (dazu sogleich). Die Parallelität der Vorschriften beruht auf dem Umstand, dass sie der Umsetzung des Anhangs der WDRL dienen. Dementsprechend kann bei der Einordnung der Vermögensverwaltung in den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes auf die oben zu § 1 KWG entwickelten Abgrenzungsmerkmale1 zurückgegriffen werden. Die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten in Form des Treuhandmodells unterfällt daher dem Tatbestand der Anschaffung und Veräußerung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG). Die Vermögensverwaltung solcher Instrumente in Form des Vertretermodells wird in § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG als Wertpapierdienstleistung erfasst. ___________ 1

S. o. S. 545 ff., 560 ff.

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Ein Teil des Schrifttums ordnet pauschal jede Form der individuellen Vermögensverwaltung von Instrumenten als Finanzportfolioverwaltung nach § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG ein. Die sachenrechtliche Unterscheidung von Treuhandmodell und Vertretermodell sei für das Aufsichtsrecht unbeachtlich2. In der Tat ergibt sich aus der WDRL kein Anhaltspunkt dafür, dass die nationale sachenrechtliche Anknüpfung für die aufsichtsrechtliche Einordnung der Vermögensverwaltung relevant wäre. Die WDRL ist in dieser Frage gleichsam neutral. Dem Gesetzgeber blieb es jedoch bei der Umsetzung unbenommen, die Vermögensverwaltung im nationalen Aufsichtsrecht strenger zu regeln3. Dies hat er im Kreditwesengesetz getan, indem er die Geschäfte im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung nicht als Finanzdienstleistungen, sondern in die aufsichtsrechtlich strengere Kategorie der Bankgeschäfte eingeordnet hat. Grundlage dieser Entscheidung war der Umstand, dass das Institut unmittelbaren Zugriff auf die fremden Vermögenswerte hat und die Gefährdung des Kundenvermögens deshalb höher ist als bei Geschäften in fremdem Namen und für fremde Rechnung. Da sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 2 Abs. 3 WpHG kein Anhaltspunkt ergibt, dass der Gesetzgeber die Vermögensverwaltung im Wertpapierhandelsgesetz anders als im Kreditwesengesetz regeln wollte, spricht die systematische Auslegung dafür, die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells unter § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG zu subsumieren. Denn der treuhänderisch tätige Vermögensverwalter erwirbt und veräußert die Instrumente im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung. Für die weitere Anwendung des Wertpapierhandelsgesetzes4 ist es im Übrigen gleichgültig, unter welchen der Tatbestände des § 2 Abs. 3 WpHG man die Vermögensverwaltung einordnet, da sie in jedem Fall Wertpapierdienstleistung ist. Der Frage kommt damit nur unter systematischen Gesichtspunkten eine Bedeutung zu. Während im Kreditwesengesetz die kollektive Vermögensverwaltung, also das Investmentgeschäft, Gegenstand einer eigenständigen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG ist und als Bankgeschäft eingeordnet wird, findet sie in § 2 Abs. 3 WpHG keine Erwähnung. Es drängt sich daher die Frage auf, ob die für das Sondervermögen vorgenommenen Anlagegeschäfte einer ___________ 2 3 4

So wohl Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 67; nicht angesprochen bei Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 34 ff. S. o. 488 Text bei Fn. 250 und Erwägungsgrund Nr. 25 der WDRL. Anders mag dies im Hinblick auf einzelne von der BaFin erlassene Richtlinien zur Interpretation der §§ 31 ff. WpHG sein, die sich jeweils auf konkrete Geschäftsarten beziehen.

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Die grundsätzliche Anwendbarkeit des WpHG

Kapitalanlagegesellschaft eine Wertpapierdienstleistung – sei es nach Nrn. 1 oder 2, sei es nach Nr. 6 – darstellen5. Die Auffassungen zu dieser Frage sind geteilt. Ein Teil des Schrifttums6 beruft sich auf die Äußerung des Gesetzgebers, die Finanzportfolioverwaltung könne auch durch eine Zusammenfassung verschiedener Portfolios erfolgen7, um Investmentgeschäfte als Finanzportfolioverwaltung einzuordnen. Diese Äußerung des Gesetzgebers bezog sich – wie bereits oben nachgewiesen wurde8 – auf die individuelle, aber standardisierte Vermögensverwaltung, nicht aber auf kollektive Formen der Vermögensverwaltung. Dass sich diese Passage aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht auf das Investmentgeschäft beziehen kann, belegt auch ihr Wortlaut. Denn beim Investmentgeschäft werden gerade keine einzelnen Portfolios „zusammengefasst“, sondern die Gelder verschiedener Kunden zu einem Sondervermögen gebündelt. Die Gesetzesmaterialien sprechen damit nicht für diese Ansicht. Gegen sie sprechen zahlreiche Argumente. Eine richtlinienkonforme Auslegung des deutschen Gesetzestextes muss berücksichtigen, dass Abschnitt A Nr. 3 des Anhangs zur WDRL ausdrücklich nur die „individuelle“ Vermögensverwaltung meint. Zudem nehmen Erwägungsgrund Nr. 20 und Art. 2 Abs. 2 lit. h der WDRL die Organismen für gemeinsame Anlagen gerade aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie insgesamt aus. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz als erstem Schritt zur Umsetzung der WDRL die kollektive Vermögensverwaltung durch Kapitalanlagegesellschaften ebenfalls ausgenommen9. Wenn die Gegenansicht meint, dieser Wille habe sich gerade nicht im Wortlaut von § 2 WpHG niedergeschlagen10, verkennt sie, dass der Gesetzgeber die Tatbestände des § 2 Abs. 3 WpHG parallel zu denen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 4 und 10, Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1–4 KWG geregelt hat. Das Investmentgeschäft ist in einem eigenständigen Tatbestand des Kreditwesengesetzes (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG) geregelt, den der Gesetzgeber gerade nicht in § 2 Abs. 3 WpHG wiederholt hat, so dass der gesetzgeberi-

___________ 5 So Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 35, 49; Köndgen, in: Bankrechts-Handbuch2, § 113 Rdn. 44 f. 6 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 35. 7 RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 66. 8 S. o. S. 580 ff. 9 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/7918, S. 100. 10 Köndgen, in: Bankrechts-Handbuch2, § 113 Rdn. 44 Fn. 2.

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sche Wille sich sehr wohl im Wortlaut der Norm niederschlug11. Der gesetzgeberische Wille kann nicht nur über ausdrückliche Ausschlussklauseln, sondern auch über ein Unterlassen der Ausweitung eines Tatbestands zum Ausdruck gebracht werden12. Dies ergibt im Zusammenspiel mit der systematischen Auslegung ein eindeutiges Bild: Anlagen einer Kapitalanlagegesellschaft sind von § 2 Abs. 3 WpHG nicht erfasst. Dies entspricht auch dem Zweck der Regelung, da der Richtliniengeber die Kapitalanlagegesellschaften durch eigenständige Richtlinien speziell geregelt hat und die für individuelle Wertpapiergeschäfte entwickelten Regeln nicht pauschal auf die Verwaltung eines Sondervermögens übertragen wollte. Das von der Gegenansicht festgestellte Bedürfnis, der höhere Detaillierungsgrad der §§ 31 ff. WpHG mache eine Anwendung dieser Regeln zumindest als Auffangtatbestände notwendig13, mag in der Sache zutreffen, was an dieser Stelle aber offen bleiben kann. Es stand jedoch angesichts der eindeutigen Vorgaben der WDRL im Belieben des deutschen Gesetzgebers, von der Übertragung der §§ 31 ff. WpHG auf die Vermögensverwaltung von Sondervermögen abzusehen. Dies bedeutet im Übrigen keine Schutzlücke. Die BaFin verfügt im Rahmen der Beaufsichtigung der Kapitalanlagegesellschaften durchaus über die Möglichkeit, im Wege eines Rundschreibens „Regeln“ für deren ordnungemäße Geschäftstätigkeit aufzustellen, die inhaltlich den §§ 31 ff. WpHG entsprechen, sollte die Bundesanstalt dafür ein entsprechendes Bedürfnis feststellen. Weiterhin fehlt auch jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber im zweiten Schritt der Umsetzung der WDRL durch das Umsetzungsgesetz14 seine Meinung noch geändert haben sollte. Er verfolgte vielmehr auch hier das Ziel, die WDRL mit ihrem auf individuelle Wertpapiergeschäfte kon___________ 11 Dies verkennt Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 34 f., der einerseits feststellt, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG sei identisch mit § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG, andererseits aber meint, die Anlage von Vermögen durch Kapitalanlagegesellschaften unterfalle § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG. Falls Letzteres zuträfe, wären beide Vorschriften gerade nicht identisch. 12 Hiergegen könnte man einwenden, ein solches Unterlassen sei nur schwer zu belegen. Da sich eine ausdrückliche Stellungnahme in den Materialien findet (s. o. S. 719 Fn. 9), überzeugt der Einwand an dieser Stelle nicht. Im Übrigen scheint der Gesetzgeber die Investmentgesellschaften bei der Formulierung des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes stets im Auge gehabt zu haben, da sie auch an anderer Stelle noch Aufmerksamkeit erfahren, vgl. die Begründung zu Art. 3 Nr. 10 (Änderung des § 10 KAGG a. F.), BT-Drucks. 12/6679, S. 81. Die genannte Fundstelle in den Materialien lässt sich damit auch nicht als Versehen einordnen. 13 Köndgen, in: Bankrechts-Handbuch2, § 113 Rdn. 45. 14 S.o. S. 4 Fn. 10.

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zentrierten Anwendungsbereich in das Wertpapierhandelsgesetz umzusetzen. Zwar wäre eine gegenüber der Richtlinie strengere nationale Regelung zulässig, doch fehlt auch hier jeder Anhaltspunkt für eine Absicht, von der Richtlinie abzuweichen und die kollektive Vermögensverwaltung regeln zu wollen. Da der Streit um die Einordnung der Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaften als Wertpapierdienstleistung unmittelbar nach Verabschiedung des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes einsetzte und die herrschende Meinung sich klar gegen eine Einbeziehung der Anlagegeschäfte von Kapitalanlagegesellschaften aussprach15, wären solche gegenteiligen Anhaltspunkte nötig, um einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers beim späteren Erlass des Umsetzungsgesetzes zu belegen. Die bloße Aufnahme der Anteilscheine in den Katalog der Wertpapiere in § 2 Abs. 1 Satz 2 WpHG ist kein Indiz dafür, dass der Vorgang der Verwaltung des Sondervermögens durch die Kapitalanlagegesellschaft nun als Wertpapierdienstleistung zu qualifizieren wäre16. Denn aus § 2 Abs. 1 WpHG lassen sich keine Schlüsse für die Auslegung des Abs. 3 der Vorschrift ableiten17. Die kollektive Anlage von Vermögen durch eine Kapitalanlagegesellschaft erfüllt damit nicht den Tatbestand einer Wertpapierdienstleistung18. Anders ist dies, wenn eine Kapitalanlagegesellschaft neben ihrem Kerngeschäft auch noch die Finanzportfolioverwaltung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG erbringt, da es sich hierbei um eine individuelle Vermögensverwaltung und nicht mehr um eine kollektive Anlage handelt19. Erbringt ein Finanzdienstleistungsinstitut die Vermögensverwaltung, muss es sich zur Depotführung eines Kreditinstituts mit Zulassung zum Depotgeschäft bedienen. Der Kunde unterhält damit zu zwei Instituten Vertragsbeziehungen. Das Rechtsverhältnis der depotführenden Bank zum Kunden stellt jedoch keine Wertpapierdienstleistung dar20, denn sie ist in dem abschließenden Katalog des § 2 Abs. 3 WpHG nicht als solche erwähnt. Da es sich bei der Depotführung durch das Kreditinstitut zudem um eine solche nach dem Depotgesetz handelt, stellt diese Leistung auch keine Wertpapier___________ 15 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG1, § 2 Rdn. 17, 21; Baur, Investmentgesetze2, Vor § 1 Rdn. 58, § 10 Rdn. 25, § 19 Rdn. 2b; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 18 Rdn. 112a; a. A. damals allein Köndgen, in: Bankrechts-Handbuch2, § 113 Rdn. 44 f. 16 So aber Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 49. 17 Ansonsten müsste auch jede Aktiengesellschaft ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein, da die Aktie als Wertpapier i. S. d. Abs. 1 gilt. 18 So mit ähnlicher Begründung auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 47 f., 51. 19 Köndgen, in: Bankrechts-Handbuch2, § 113 Rdn. 45. 20 Missverständlich Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 7.

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nebendienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 3a Nr. 1 WpHG dar, so dass die reine Depotführung nicht der Aufsicht nach dem Wertpapierhandelsgesetz, sondern nur nach dem Kreditwesengesetz unterliegt. b) Erfasste Instrumente Die für den Anwendungsbereich des WpHG zentrale Begriffsbestimmung erfasster Instrumente ist gegenüber der ursprünglichen Fassung des § 2 WpHG durch das Umsetzungsgesetz erheblich erweitert21 und weitgehend an § 1 Abs. 11 KWG angeglichen worden. Es ist daher ausreichend, auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden gesetzlichen Definitionen einzugehen, ohne im Detail nochmals eine Abgrenzung der einzelnen Finanzinstrumente vorzunehmen. Der Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes22 erstreckt sich auf Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Derivate. – Die Definition des Wertpapiers in § 2 Abs. 1 WpHG ist – von der erwähnten drucktechnischen Abweichung abgesehen – deckungsgleich mit der Definition in § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG, so dass auf die oben gemachten Erörterungen verwiesen werden kann23. – Gleiches gilt für die in § 2 Abs. 1a WpHG definierten Geldmarktinstrumente24. – Im Gegensatz zu § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG bezieht § 2 WpHG keine Devisen oder Rechnungseinheiten ein, so dass Devisenkassageschäfte nicht erfasst sind. – Die Definition der Derivate (§ 2 Abs. 2 WpHG) entspricht seit der Änderung durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz25 der des § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG.

___________ 21 Das WpHG 1994 erfasste nur Papiere, die am organisierten Markt gehandelt werden können, vgl. Assmann in: Assmann/Schneider, WpHG1, § 2 Rdn. 4. Demgegenüber genügt seit der Neufassung der Bestimmung die Eignung zum Handel an einem Markt. Zudem sind nun auch Geldmarktinstrumente erfasst (§ 2 Abs. 1a WpHG) und der Tatbestand der Derivate wurde erheblich erweitert. Einzelheiten bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 1, 24. 22 Eigenständig bestimmt wird der Anwendungsbereich des Insiderrechts, für den § 12 WpHG maßgeblich ist, der seinerseits aber an § 2 WpHG anknüpft. 23 S. o. S. 560 ff. 24 S. o. S. 564 f. 25 S. o. S. 415 Fn. 353.

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c) Wertpapiernebendienstleistungen Seit dem Umsetzungsgesetz erfasst das Wertpapierhandelsgesetz auch Wertpapiernebendienstleistungen (§ 2 Abs. 3a WpHG). Die Bestimmung dient der Umsetzung von Abschnitt C des Anhangs zur WDRL, dessen Unterwerfung unter das nationale Aufsichtsrecht als Option ausgestaltet war26. Der deutsche Gesetzgeber hat zu Recht nicht alle der dort aufgeführten Geschäfte in das WpHG übernommen (ausgespart blieben z. B. die Schließfachvermietung und die Unternehmensberatung), da ihre Unterwerfung unter die Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes zum Schutze des Publikums nicht erforderlich war. Da die Wertpapiernebendienstleistungen auch im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung erbracht werden können, sei kurz auf sie eingegangen. (1) Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Nr. 1) Als Wertpapiernebendienstleistung erfasst ist zunächst die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere, sofern nicht das Depotgesetz anzuwenden ist27. Bliesener28 versteht die Vorschrift dahingehend, dass das Depotgeschäft stets eine Wertpapiernebendienstleistung darstelle, „es sei denn, das Depotgesetz enthält spezielle Vorschriften“. Diese Ansicht widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der auf die generelle Anwendbarkeit des Depotgesetzes abstellt und nicht darauf, ob einzelne depotgesetzliche Vorschriften spezieller als das Wertpapierhandelsgesetz sind. Zudem würde diese Ansicht zu einem komplizierten Vorgehen nötigen: Um das Vorliegen einer Wertpapiernebendienstleistung feststellen zu können, müsste im Einzelfall zunächst geprüft werden, ob das Wertpapierhandelsgesetz oder das Depotgesetz die speziellere Regelung enthalten. Die Begriffe der Verwahrung und Verwaltung decken sich mit den oben29 erläuterten Begriffen bei § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG. Da der Umfang der vom Depotgesetz erfassten Arten der Verwahrung von Wertpapieren sehr weit ist, verbleibt für die Wertpapiernebendienstleistung nur ein enger Anwendungsbereich, der sich – soweit ersichtlich – auf zwei Konstellationen beschränkt: ___________ 26 Zur Kritik an der Aufteilung der Dienstleistungen in Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen oben S. 481 Fn. 230. 27 Ziel dieser Einschränkung war die Verhinderung einer Doppelzuständigkeit der beiden damals bestehenden Aufsichtsbehörden BAKred und BAWe, vgl. BR-Drucks. 963/96, S. 101; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.475. 28 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 28. 29 S. o. S. 572 f.

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– Das Depotgesetz ist nicht anwendbar auf die unregelmäßige Verwahrung von Wertpapieren30 und auf Wertpapierdarlehen (§ 15 DepotG). – Das Depotgesetz ist weiterhin nicht anwendbar, wenn ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapiere annimmt mit der Verpflichtung, diese unverzüglich an ein depotführendes Institut weiterzuleiten (vgl. § 34a Abs. 2 WpHG). Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird in diesem Fall als Bote für den Kunden tätig31. Eine derartige Gestaltung wird in der Praxis der Vermögensverwaltung nur selten vorkommen, da eine entsprechende Befugnis zur vorübergehenden Annahme von Kundenvermögen die aufsichtsrechtlichen Anforderungen so deutlich erhöht, dass die Vorteile der Befugnis oft in keinem Verhältnis zu dem damit verursachten Aufwand stehen32. (2) Kreditgewährung (Nr. 2) Gewährt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden einen Kredit oder ein Darlehen, damit dieser die vom Unternehmen angebotene Wertpapierdienstleistung finanzieren kann, liegt in der Kreditgewährung eine Wertpapiernebendienstleistung. Dabei gelten nach dem Willen des Gesetzgebers nur Gelddarlehen, nicht aber auch die darlehensweise Gewährung von Sachmitteln als Kredit i. S. d. der Vorschrift33. Der Anwendungsbereich der Vorschrift entspricht damit demjenigen von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG34. Die Vorschrift, die im Interesse des Anlegerschutzes weit ausgelegt wird, verlangt nur eine Kreditgewährung für die Durchführung der Wertpapierdienstleistungen. Deshalb erstreckt sie sich auch auf den Fall, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die auf Kredit finanzierte Wertpapierdienstleistung nicht allein, sondern mit anderen Instituten gemeinsam durchführt35. Dieses aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Norm abgeleitete Ergebnis wird durch eine richtlinienkonforme Auslegung gestützt, da Abschnitt C Nr. 3 des Anhangs zur WDRL nur verlangt, dass das kreditgewährende Unternehmen an der Wertpapierdienstleistung „beteiligt“ ist. ___________ 30 Diese ist aber aufsichtsrechtlich erfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG, s. o. S. 574 Text bei Fn. 121. 31 Ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 39. Ausführlich zu § 34a WpHG s. o. S. 574 Text bei Fn. 124. 32 S. o. S. 602 Text bei Fn. 191. 33 RegE, BT-Drucks. 963/96, S. 102; zustimmend Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 72. 34 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 44. 35 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 73.

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Nicht nur auf Anbieterseite kann eine Personenmehrheit vorliegen, sondern auch auf Abnehmerseite. So unterfällt auch eine Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung der Nr. 2, wenn der Kredit an Person A, die Wertpapierdienstleistung aber an Person B geleistet wird, solange nach dem Willen der Parteien nur ein Konnex zwischen beiden Geschäften vorliegt36. Denn Abschnitt C Nr. 3 des Anhangs zur WDRL verlangt gerade nicht, dass der dort erwähnte Anleger identisch ist mit der Person, an die der Kredit gewährt wird. Folge der Einordnung einer Kreditgewährung zur Durchführung einer Wertpapierdienstleistung als Nebendienstleistung ist die Anwendung der §§ 31 ff. WpHG. Damit muss das kreditgewährende Unternehmen nicht nur hinsichtlich der eigentlichen Wertpapierdienstleistung die Verhaltenspflichten beachten, sondern auch bei der Kreditgewährung selbst. In den allermeisten Fällen wird die Vorschrift nur für Kreditinstitute Bedeutung entfalten, da die Kreditgewährung nicht zu den von Finanzdienstleistungsinstituten angebotenen Geschäften zählt. Ausgeschlossen ist der gegenteilige Fall jedoch nicht37. Zum einen kann die Wertpapierdienstleistung gemeinsam von einem Kredit- und einem Finanzdienstleistungsinstitut angeboten werden mit der Folge, dass beide Institute hinsichtlich dieser Leistungen gemeinschaftlich den Verhaltenspflichten der §§ 31 ff. WpHG unterliegen. Zum anderen führt nicht jede Kreditgewährung automatisch dazu, dass aus einem Finanzdienstleistungsinstitut ein Kreditinstitut wird. Denn die Kreditgewährung durch ein Finanzdienstleistungsinstitut kann ein einmaliger, auf einen guten Kunden beschränkter Vorgang sein, so dass es am „Betreiben“ des Kreditgeschäfts fehlt. Erfolgt die Darlehensgewährung dagegen mehrfach, aber zinslos, um den Kunden an das Unternehmen zu binden, fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit. Es käme dann auf die Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs an. Diese Notwendigkeit liegt nach Auffassung der BaFin nur vor, wenn die Darlehenssumme mindestens 1 Mio. DM beträgt oder mindestens 100 Darlehen gewährt wurden38. Die Vorschrift kann damit durchaus für alle Institutstypen Bedeutung entfalten. (3) Anlageberatung (Nr. 3) Die in der Praxis sehr bedeutende Anlageberatung hat der Richtliniengeber nur als Wertpapiernebendienstleistung eingeordnet (Abschnitt C Nr. 6 des ___________ 36 Im Ergebnis auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 73, der dies allerdings allein mit dem Wortlaut begründet. 37 Enger dagegen Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 40 („nur schwer vorstellbar“). 38 Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 21, der zugleich davon ausgeht, dass die DMBeträge heute „hälftig in Euro gelten“ dürften.

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Anhangs zur WDRL) und der deutsche Gesetzgeber hat diese Einordnung übernommen, obwohl es ihm frei stand, die Anlageberatung strenger zu regeln. Aufgrund der Systematik des § 2 WpHG müssen damit nur Institute, die auch Wertpapierdienstleistungen erbringen, die §§ 31 ff. WpHG bei der Anlageberatung beachten. Anders formuliert: Unternehmen, die ausschließlich anlageberatend tätig werden39, sind keine Wertpapierdienstleistungsunternehmen und unterfallen nicht den Verhaltenspflichten der §§ 31 ff. WpHG, was eine Lücke im Schutz der Anleger bedeutet40. Denn mit Aufnahme der Anlageberatung in den Kanon der Wertpapierdienstleistungen wären auch reine Börseninformationsdienste erfasst worden41. Da die Grenzen von Anlageberatung und Vermögensverwaltung in der Praxis fließend sind42, hätten zudem Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden werden können. (4) Devisengeschäfte und OTC-Devisentermingeschäfte (Nr. 4) Gemäß Nr. 4, der Abschnitt C Nr. 7 des Anhangs zur WDRL umsetzt, stellen alle Finanzkommissionsgeschäfte, Anlage- und Abschlussvermittlungen sowie Eigengeschäfte, die sich auf Devisengeschäfte beziehen und die im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen, Wertpapiernebendienstleistungen dar. Damit verlangt die Vorschrift – anders als etwa die Nr. 3 – ausdrücklich, dass die Devisengeschäfte zusammen mit einer Wertpapierdienstleistung erbracht werden. Hintergrund dieses Tatbestandsmerkmals ist der Erwägungsgrund Nr. 7 der WDRL, der die Reichweite des Europäischen Passes ausdrücklich auf Institute beschränkt, die solche Geschäfte im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen und damit nicht isoliert erbringen.

2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Institutionelle und funktionale Merkmale Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes wird in § 2 Abs. 4 WpHG näher umschrieben. Die Vorschrift definiert den Begriff des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Ihre Bedeutung liegt darin, dass nur Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Pflichten aus §§ 31 ff. WpHG unterliegen. Die Norm hat in ihrer heutigen Fassung einen Mischcharakter, da sie ___________ 39 Derartige Unternehmen sind auch keine Finanzdienstleistungsinstitute i. S. von § 1 Abs. 1a KWG, sondern zulassungsfreie Finanzinstitute (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 6 KWG). 40 Zur Kritik an dieser Vorgehensweise bereits oben S. 481 Text bei Fn. 230. 41 Auch Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 42, qualifiziert solche Dienste als Anlageberatung. 42 Dazu oben S. 26 f.

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bestimmte institutionelle und funktionale Aspekte kumulativ voraussetzt. Sie unterscheidet sich damit grundlegend vom WpHG i. d. F. von 1995, das nur bestimmte inländische Kreditinstitute, ausländische Zweigstellen im Inland (§§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1, 53c KWG) und Unternehmen, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen waren, erfasste. Sie knüpfte also an einen bestimmten Status (Zulassung nach §§ 32, 53 ff. KWG bzw. § 7 BörsG) an. Seit der Neufassung des § 2 Abs. 4 WpHG ist ein Unternehmen als Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuordnen, wenn es sich – um ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Unternehmen i. S. d. § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG handelt – und dieses Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen erbringt und dies – gewerbsmäßig oder in einem Umfang geschieht, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Die Definition macht also institutionelle Vorgaben, indem sie nur bestimmte Unternehmen erfasst, und gleichzeitig funktionale Vorgaben, da nur bestimmte, von den Unternehmen erbrachte Geschäfte als Wertpapierdienstleistungen einbezogen werden. In ihrem ersten Teil (Institutsbegriff) knüpft die Definition des Wertpapierdienstleistungsunternehmens an Tatbestände des § 1 KWG an, der wiederum eigenständige, mit dem WpHG aber oft inhaltsgleiche Definitionen einzelner Tatbestandsmerkmale vornimmt. Diese mehrstufige, sehr umständliche Verweisungstechnik erschließt sich nicht ohne weiteres und wird zu Recht als umständlich beklagt43. b) Erfasste Unternehmen Diese Umständlichkeit zeigt sich besonders deutlich am Beispiel von Kreditinstituten. Als solches gilt ein Unternehmen, das eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG genannten Bankgeschäfte betreibt, sofern dies gewerbsmäßig oder in einem Umfang erfolgt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Nicht jedes als Kreditinstitut erfasste Unternehmen gilt jedoch automatisch auch als Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Dies setzt zusätzlich voraus, dass das Institut die von ihm angebotenen Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfor___________ 43 Vgl. oben S. 544 Fn. 2.

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dert44. Konzentriert sich also ein Kreditinstitut ganz auf das Einlagen- und Kreditgeschäft und erbringt es daneben nur selten und in ganz geringem Umfang Wertpapiergeschäfte, stellt dieses Institut kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen dar. Die zweite erfasste Kategorie von Unternehmen sind die Finanzdienstleistungsinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG. Um den Tatbestand des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu verwirklichen, müssen diese Institute ebenfalls zumindest eine der in § 2 Abs. 3 WpHG aufgeführten Tätigkeiten gewerbsmäßig oder in einem Umfang anbieten, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Da die allermeisten Finanzdienstleistungsinstitute sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie Tätigkeiten erbringen, die eine Wertpapierdienstleistung darstellen, kommt der Fall, bei dem ein Finanzdienstleistungsinstitut nicht zugleich auch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist, nur höchst selten vor. Ein Beispiel wäre etwa ein Finanzdienstleistungsinstitut, das nur die Drittstaateneinlagenvermittlung oder das Finanztransfergeschäft anbietet. Die dritte Kategorie von Wertpapierdienstleistungsunternehmen umfasst schließlich inländische Zweigstellen ausländischer Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 KWG) und zugleich Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang anbieten, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Aus dem Gesagten folgt, dass ein Institut nicht vom Wertpapierhandelsgesetz erfasst wird, wenn es ausschließlich Wertpapiernebendienstleistungen erbringt45. Der persönliche Anwendungsbereich setzt voraus, dass mindestens eine Wertpapierdienstleistung angeboten wird. Ist dies der Fall, unterliegt das Institut auch hinsichtlich aller erbrachten Wertpapiernebendienstleistungen den §§ 31 ff. WpHG, gleichgültig, ob diese Wertpapiernebendienstleistungen gegenüber einzelnen Kunden isoliert oder zusammen mit Wertpapierdienstleistungen erbracht werden. c) Ausnahmen vom persönlichen Anwendungsbereich Parallel zur Regelungstechnik im Kreditwesengesetz nimmt auch das Wertpapierhandelsgesetz bestimmte Unternehmen, Personen und Tätigkeiten aus ___________ 44 Zur Definition dieser Tatbestandsmerkmale kann auf die im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 und 1a KWG gemachten Ausführungen verwiesen werden, vgl. oben S. 546 f., 577. 45 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 85.

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dem Anwendungsbereich aus (§ 2a WpHG). Für die Vermögensverwaltung bedeutend ist die Ausnahme des § 2a Abs. 1 Nr. 6 WpHG. Nach dieser Vorschrift gelten Angehörige freier Berufe, die Wertpapiergeschäfte nur gelegentlich im Rahmen ihrer Berufstätigkeit erbringen, nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Um jedoch überhaupt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein zu können, müssten die Angehörigen zuvor den Status eines Finanzdienstleistungsinstituts besitzen. Da dieser Personenkreis jedoch bereits aufgrund der parallelen Vorschrift des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG nicht als Finanzdienstleistungsinstitut gilt, könnte die Ausnahmebestimmung überhaupt nur Bedeutung für Angehörige freier Berufe erlangen, die zugleich Kreditinstitute sind und als solche das Finanzkommissionsgeschäft oder das Emissions- und Konsortialgeschäft anbieten. Treten sie aber als Kreditinstitut auf, erbringen sie diese Leistungen gerade im Rahmen ihrer Institutseigenschaft und keineswegs bloß „im Rahmen ihrer Berufstätigkeit als Angehörige eines freien Berufs“. Es ist somit keine Gestaltung denkbar, in der die Ausnahmebestimmung überhaupt einschlägig wäre. Zudem würden auch die Voraussetzungen des zusätzlich erforderlichen Tatbestandsmerkmals „gelegentlich“ fehlen. Um überhaupt in den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift fallen zu können, müsste der Angehörige des freien Berufs die Kreditinstitutseigenschaft besitzen. Er muss damit die Bankgeschäfte gewerbsmäßig betreiben oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb erfordert. Da das gewerbsmäßige Betreiben eine gewisse Dauerhaftigkeit derartiger Geschäfte erfordert, handelt es sich nach Auffassung der Aufsichtsbehörde gerade nicht mehr um eine „gelegentliche“ Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Rahmen der typischen Berufstätigkeit der Angehörigen freier Berufe46. Theoretisch verbleibt damit als Anwendungsbereich für das Tatbestandsmerkmal „gelegentlich“ nur das gewerbsmäßige Betreiben von anderen Bankgeschäften kombiniert mit dem nicht gewerbsmäßigen Betreiben der Finanzkommission oder des Emissions- und Konsortialgeschäfts in einem Umfang, der (für den Begriff Wertpapierdienstleistung) wiederum so groß sein muss, dass ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb erforderlich ist47. Auch ein solcher Fall ist nur schwer vorstellbar. Hinzu kommt, dass die Erbringung der Finanzkommission oder des Emissions___________ 46 Zur seiner Definition und der speziellen Auslegung der Ausnahmebestimmung für freie Berufe durch die Aufsichtsbehörde s. o. S. 591 f. 47 Die Aufsicht hält es bei der Ausnahmebestimmung für unschädlich, wenn ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb erforderlich ist, s. o. S. 591.

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geschäfts gerade im Rahmen der freien Berufstätigkeit erfolgen muss. Sie wird daher typischerweise nicht unentgeltlich erbracht und ist damit doch gewerbsmäßig.

3. Bedeutung der Regelung für Vermögensverwalter Die mit dem Umsetzungsgesetz erweiterte Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz entfaltete nur für solche Vermögensverwalter eine praktische Bedeutung, die unter die neu geschaffene Kategorie der Finanzdienstleistungsinstitute fielen. Denn Kreditinstitute, die auch als Vermögensverwalter tätig waren, mussten ohnehin schon die für Bankgeschäfte geltenden, wesentlich strengeren aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz betraf damit faktisch nur die freien Vermögensverwalter. Demgegenüber brachte die Erstreckung des Anwendungsbereichs des Wertpapierhandelsgesetzes auch auf die Vermögensverwaltung für alle Arten von Vermögensverwaltern einschneidende Veränderungen mit sich. Sowohl Kredit- als auch Finanzdienstleistungsinstitute müssen nun die Vorgaben der §§ 31 ff. WpHG bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen beachten. Aus Sicht des Anlegers bedeutet dies, dass er auf ein rechtliches level-playing-field vertrauen kann, das gleichermaßen für Kredit- wie für Finanzdienstleistungsinstitute gilt. Aus Sicht der Kreditinstitute bewirkt die Erstreckung der rechtlichen Anforderungen auch auf die bislang „freien“ Vermögensverwalter nun mehr Wettbewerbsgleichheit, da die Erbringung gleicher Leistungen auch gleichen Bedingungen unterliegt. Nur die freien Vermögensverwalter trauern – wie oben gezeigt48 – der Zeit ohne Aufsicht nach.

II. Das System der Organisations- und Verhaltensaufsicht 1. Aufgaben der staatlichen Marktaufsicht Der BaFin obliegt die Aufgabe einer Beaufsichtigung der Marktteilnehmer (Emittenten, Insider, Aktionäre und Finanzintermediäre). Die Aufsicht dient der Wahrung der Funktionsfähigkeit und Steigerung der Attraktivität der deutschen Kapitalmärkte49. Im Folgenden steht die Aufsicht über die Orga___________ 48 S. o. S. 413 f. 49 Begründung des RegE zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/7918, S. 95.

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nisation der Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihres Verhaltens gegenüber Kunden im Vordergrund (§§ 31 ff. WpHG). Die BaFin übt gemäß § 4 Abs. 1 WpHG die Aufsicht nach den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes aus und hat Missständen50 entgegenzuwirken, die eine ordnungsgemäße Durchführung des Wertpapierhandels oder von Wertpapierdienstleistungen/Wertpapiernebendienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt haben können. Diese Generalermächtigung wird ergänzt51 durch die der BaFin nach §§ 35 bis 36c WpHG zustehenden speziellen Auskunfts-, Vorlage-, Prüfungs- und Inspektionsrechte. Sie kann daher bei Verstößen gegen die Pflichten der §§ 31 ff. WpHG die geeigneten und erforderlichen Anordnungen treffen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Bei schweren Verletzungen des Gesetzes sind ergänzende Eingriffsbefugnisse nach dem KWG vorgesehen. Bei einer nachhaltigen Verletzung der Pflichten aus dem Wertpapierhandelsgesetz kann die BaFin die Erlaubnis zum Betrieb des Instituts entziehen (§ 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG) oder dessen Geschäftsleiter abberufen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 KWG). Eine Abberufung von Geschäftsleitern ist auch möglich, wenn diese vorsätzlich oder leichtfertig gegen die §§ 31 ff. WpHG oder die zu deren Umsetzung ergangenen Verordnungen oder Anordnungen verstoßen und dieses Verhalten trotz Verwarnung durch die BaFin fortsetzen (§§ 36 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG). Diese Kompetenzen und Sanktionen ermöglichen die effektive Beaufsichtigung und insbesondere die Durchsetzung der im Wertpapierhandelsgesetz geregelten Verhaltenspflichten, auf die im Folgenden einzugehen ist. Auf das Thema der zur Verfügung stehenden Sanktionen wird jedoch später nochmals zurückzukommen sein, wenn es um die Frage geht, ob der vermittelte Anlegerschutz ausreichend ist52.

2. Die verschiedenen Pflichtenkategorien Das Wertpapierhandelsgesetz erlegt den Wertpapierdienstleistungsunternehmen in den §§ 31 ff. WpHG zahlreiche aufsichtsrechtliche Pflichten auf 53. Ordnet man die Pflichten entsprechend den Arbeitsschritten, die ein ___________ 50 Ausführlich zum Begriff des Missstandes Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 115 ff. m. w. N.; Dreyling, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 4 Rdn. 7 ff.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 4 Rdn. 12 ff. 51 Dass die §§ 35 bis 36c WpHG die Generalermächtigung des § 4 Abs. 1 WpHG nicht als speziellere Regelung verdrängen, sondern diese ergänzen, ist allgemein anerkannt, vgl. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 117; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 4 Rdn. 4, 8, 18. 52 S. u. S. 769 ff. 53 Sofern nicht die Ausnahmebestimmung des § 37 WpHG einschlägig ist.

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Vermögensverwalter bei der Erbringung seiner Leistungen wählen wird, ergibt sich folgende Übersicht: Bereits im Vorfeld, aber auch während der Durchführung von Wertpapierdienstleistungen bestehen Organisationspflichten (§§ 33, 34a WpHG). Sie sollen gewährleisten, dass die Wertpapierdienstleistungen im bestmöglichen Interesse und unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis gegenüber den Kunden erbracht werden können. Bei der eigentlichen Erbringung der Wertpapierdienstleistungen unterliegt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen umfangreichen Verhaltenspflichten zum Schutze seiner Kunden (§§ 31, 32 WpHG), wobei bestimmte, Kundeninteressen verletzende Verhaltensweisen ausdrücklich untersagt werden (§ 32 WpHG). Nach Erbringung der Wertpapierdienstleistung unterliegt das Unternehmen Mitwirkungs- und Duldungspflichten, um der BaFin die Aufsicht über die Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu ermöglichen. Ordnet man diese Pflichten nicht in der zeitlichen Reihenfolge, sondern nach ihrem Regelungsziel, lassen sich drei Pflichtenkategorien54 unterscheiden. – Die Verhaltensregeln des Wertpapierhandelsgesetzes enthalten transaktionsbezogene Pflichten, die den Kundenkontakt des Intermediärs bei Erbringung der Wertpapierdienstleistung regeln (kundenbezogene Pflichten). – Weiterhin enthält das Gesetz unternehmensbezogene Pflichten (§§ 33, 34, 34a WpHG), die Anforderungen an die interne Organisation und Infrastruktur sowie an die Dokumentation der aufsichtsrelevanten Vorgänge und Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen festlegen (unternehmensbezogene Pflichten). Die kundenbezogenen und unternehmensbezogenen Pflichtenkreise überschneiden sich. So ist beispielsweise die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als kundenbezogene Pflicht und in § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als unternehmensbezogene Organisationspflicht ausgestaltet. Der Pflicht zur sorgfältigen Erbringung der Wertpapierdienstleistung in § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG entspricht in § 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG die organisatorische Pflicht zur Bereithaltung der notwendigen Mittel und Verfahren. – Um der BaFin eine ausreichende Kontrolle der Einhaltung dieser Pflichten zu ermöglichen, enthält der 6. Abschnitt des Wertpapierhandelsgesetzes Eingriffs- und Kontrollbefugnisse und diese ergänzende Mitwir___________ 54 Abweichend Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 165, der nur zwei Pflichtengruppen unterscheidet und die aufsichtsbezogenen Pflichten ausblendet.

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Das System der Organisations- und Verhaltensaufsicht

kungs- und Duldungspflichten der Wertpapierdienstleistungsunternehmen (aufsichtsbezogene Pflichten). Um eine nachträgliche Kontrolle zu ermöglichen, kann die BaFin auf die gemäß § 34 Abs. 1 WpHG erforderliche Dokumentation aller wesentlichen, mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zusammenhängenden Vorgänge zurückgreifen. Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass die verschiedenen Pflichtenkategorien sich überschneiden, da die Dokumentationspflicht sowohl eine unternehmensbezogene als auch eine aufsichtsbezogene Pflicht darstellt. Der BaFin steht nach § 35 WpHG die Befugnis zu, vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen und den mit ihm verbundenen Unternehmen sowie von den Inhabern, Geschäftsleitern und mit Wertpapierdienstleistungen betrauten Angestellten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens alle zur Beaufsichtigung notwendigen Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen. Außerdem darf die BaFin – auch ohne Vorliegen besonderer Anlässe – Prüfungen beim Wertpapierdienstleistungsunternehmen und den mit ihm verbundenen Unternehmen vornehmen. Während diese Befugnis aus § 35 WpHG das Instrument zur punktuellen Kontrolle darstellt, erfolgt die flächendeckende und laufende Kontrolle nur mittelbar durch die BaFin. Denn gemäß § 36 WpHG sind die Wertpapierdienstleistungsunternehmen jährlich von einem Wirtschaftsprüfer/einer WP-Gesellschaft zu prüfen, wobei die Prüfer die Einhaltung der Verhaltenspflichten festzustellen haben55. Die BaFin kann sich in der Hauptsache also auf die Auswertung dieser Berichte stützen und wird daher nur im Verdachtsfall ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 35 WpHG prüfen56.

3. Richtlinien nach § 35 Abs. 4 WpHG a) Rechtsnatur der Richtlinien Die gesetzlichen Anforderungen an das Verhalten und die Organisation der Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind abstrakt formuliert und enthalten damit keine konkreten Vorgaben für die zu ergreifenden Maßnahmen im ___________ 55 Einzelheiten finden sich in der gemäß § 36 Abs. 5 WpHG erlassenen Verordnung über die Prüfung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes (Wertpapierdienstleistungs-Prüfungsverordnung – WpDPV) vom 16.12.2004, BGBl. I 3515. 56 Nicht vertieft werden vorliegend die Kompetenzen der BaFin gegenüber grenzüberschreitend tätigen Instituten (§§ 35 Abs. 2, 36a WpHG), die Zusammenarbeit mit ausländischen Aufsichtsbehörden (§ 36c WpHG) und die Kompetenzen im Hinblick auf die Werbung für Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen (§ 36b WpHG).

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Unternehmen. Um die dadurch verursachte Rechtsunsicherheit zu beseitigen und eine einheitliche Anwendung und Auslegung der Verhaltens- und Organisationsregeln zu gewährleisten57, hat der Gesetzgeber in § 35 Abs. 4 WpHG die Möglichkeit vorgesehen, dass die BaFin diese Pflichten durch Richtlinien inhaltlich konkretisiert. Bei diesen Richtlinien handelt es sich nicht um Gesetze im materiellen Sinne, sondern um Verwaltungsrichtlinien, die keine unmittelbare Außenwirkung entfalten58. Die Regelung des § 35 Abs. 4 WpHG hat klarstellenden Charakter, da der Erlass behördeninterner Verwaltungsrichtlinien ohne unmittelbare Außenwirkung keiner gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Die eigentliche Bedeutung der Vorschrift liegt in den genauen Vorgaben, die an das Verfahren zur Abfassung solcher Richtlinien gestellt werden59, und in dem Umstand, dass sie zu veröffentlichen sind. Auch wenn die Richtlinien keine Gesetze im materiellen Sinne sind, entfalten sie für die Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine große praktische Bedeutung, weil sie eine mittelbare Außenwirkung entfalten können. Denn den Richtlinien kommt entsprechend § 35 Abs. 4 Satz 1 WpHG norminterpretierende Wirkung zu und sie antizipieren damit die Verwaltungspraxis der BaFin. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpHG der BaFin zudem die Kompetenz verleiht, Missständen entgegenzuwirken, können und werden die Richtlinien zugleich die Praxis der Behörde bei der Auslegung des § 4 i. V. m. den §§ 31 ff. WpHG bestimmen und im Wege der Selbstbindung ihren Ermessensspielraum begrenzen60. ___________ 57 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 106. 58 BGH, WM 2001, 1758, 1760; Möllers/Ganten, ZGR 1998, 773, 800 f.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 127 m. w. N.; anders Junker, Gewährleistungsaufsicht, S. 154 ff.; Schön, Verhaltensregeln, S. 129 ff. (jeweils normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften). Damit unterscheiden sie sich von den Vorschriften, die im Rahmen des delegated rulemaking von der SEC erlassen werden, vgl. dazu Bliesener, a. a. O., S. 128. 59 Interessant ist in diesem Zusammenhang die Schilderung der Entstehungsgeschichte der damaligen Fassung der Wohlverhaltensrichtlinie (Richtlinie zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute, BAnz Nr. 98 vom 3.6.1997, S. 6586 ff.) bei Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 131 ff., in der die unterschiedlichen Interessen und Reaktionen der angehörten Behörden und Verbände wiedergegeben werden. 60 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 106 („einheitliche Auslegung“); Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.468, 18.93. Im Ergebnis kann die Ansicht von Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 128 ff., der zwischen Verwaltungsvorschriften, die das Ermessen auf der Rechtsfolgenseite bestimmen (mittelbare Außenwirkung möglich), und solchen, die lediglich eine norminterpretierende Funktion

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b) Mittelbare Außenwirkung der Richtlinien Bei der Schaffung der Kompetenznorm des § 35 Abs. 4 WpHG formulierte der Finanzausschuss, dass ein Verstoß gegen die Richtlinien der Aufsicht die Vermutung begründe, dass ein Verstoß gegen die Pflichten der §§ 31 ff. WpHG und damit zugleich ein Missstand i. S. d. § 4 Abs. 1 WpHG vorliege61. Auffällig ist, dass in der Diskussion um die Frage, welche Bedeutung diesem Satz in den Gesetzesmaterialien zukommt, nicht klar unterschieden wird, ob mit dem Begriff der Vermutung nur ein Indiz oder eine Vermutung im gesetzestechnischen Sinne gemeint ist62. Diejenigen, die dem verwendeten Begriff nicht die Bedeutung einer gesetzlichen Vermutung beimessen, sondern ihn nur als Teil der Beweiswürdigung begreifen wollen (zur Unterscheidung wird im Folgenden dafür der Begriff des Indizes verwendet), legen nicht immer klar offen, ob ein solches Indiz zu einer Umkehrung der Beweislast führen soll oder nicht63. Dies wird zum Teil deshalb bejaht, weil die Richtlinien Erfahrungssätze der Aufsicht verkörperten bzw. einen Mindeststandard ordnungsgemäßer Wertpapierdienstleistungen darstellten64. Im Dunkeln bleibt mitunter aber die Frage, ob sich die behauptete Beweislastumkehr auf das Verwaltungsverfahren der BaFin im Hinblick auf die Feststellung eines Missstandes nach § 4 Abs. 1 WpHG bezieht65 oder ob sie für einen Zivilprozess geschädigter Anleger gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten soll66. Andere lehnen jede Form der Beweislast-

___________

61 62

63 64 65 66

haben (mittelbare Außenwirkung nicht möglich, da Gesetz Vorrang hat), hier dahingestellt bleiben. Denn den Richtlinien nach § 35 Abs. 4 WpHG kommt eine Doppelfunktion zu. Im Hinblick auf die §§ 31 ff. WpHG haben sie norminterpretierende Funktion, bei § 4 Abs. 1 Satz 3 WpHG kommt ihnen dagegen auch eine Funktion auf der Rechtsfolgenseite zu, da das Amt das ihm bei § 4 Abs. 1 Satz 3 WpHG auf der Rechtsfolgenseite zustehende Ermessen nur im Einklang mit den Richtlinien nach § 35 Abs. 4 WpHG ausüben wird. Hiervon geht auch Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 126 und S. 129 Fn. 436, aus. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 106. Diese Bedeutung misst Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6, der Gesetzesbegründung bei. Er lehnt eine solche Vermutungswirkung sodann ab, da sie keine gesetzliche Grundlage habe. Sehr vage etwa Balzer, Vermögensverwaltung, S. 181. So wohl Balzer, Vermögensverwaltung, S. 181; ders., ZBB 1997, 260, 268. Ausdrücklich offen gelassen wurde diese Frage von BGH, WM 2001, 1758, 1760. Offen gelassen etwa von Birnbaum in: Kümpel/Ott, Kapitalmarktrecht (Stand 2001), Rdn. 631/1, S. 15. So Balzer, Vermögensverwaltung, S. 181; Köndgen, ZBB 1996, 361, 362.

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umkehr ab67. Daher verwundert es nicht, dass sich die juristische Diskussion über die Außenwirkung der Richtlinien seit geraumer Zeit im Kreise dreht. (1) Vermutungswirkung der Richtlinien im Hinblick auf § 4 WpHG Die in den Gesetzgebungsmaterialien verwendete Formulierung „Vermutung“ kann missverstanden werden, weil mit dem Begriff der „Vermutung“ herkömmlich eine gesetzlich angeordnete Verkürzung der Behauptungs- und Beweislast gemeint ist, die dem Prozessgegner die Last aufbürdet, die Vermutung zu widerlegen. Im Schrifttum wird eine derartige Vermutungswirkung der Richtlinien der BaFin mit dem Argument abgelehnt, sie könne nur durch ein Gesetz im materiellen Sinne geschaffen werden68. Dieses Argument überzeugt sicherlich dann, wenn man Vermutungen wie § 1006 Abs. 1 BGB im Auge hat, dessen weitreichende Wirkungen auf einer gesetzlichen Anordnung beruhen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob man dem Wortlaut der Gesetzesbegründung diese weitreichende Bedeutung zumessen kann. Für eine „echte“ Vermutungswirkung könnte der Wortlaut des § 35 Abs. 4 Satz 1 WpHG sprechen. Aus diesem ergibt sich, dass die Richtlinien der BaFin eine Beurteilung ermöglichen sollen, ob die Anforderungen der §§ 31–33 WpHG eingehalten sind und ob die Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen die notwendigen Vorkehrungen treffen, um den gesetzlichen Verhaltens- und Organisationspflichten nachkommen zu können. Allerdings schränkt das Gesetz selbst den Zweck der Richtlinien dahingehend ein, dass die BaFin die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten mit Hilfe der Richtlinien „im Regelfall“ beurteilen soll. Hinzu kommt, dass den Verwaltungsrichtlinien keine norminterpretierende Kraft für das materielle Recht zukommen kann. Den Richtlinien fehlt also die notwendige Verbindlichkeit, um eine Aussage über den Inhalt der §§ 31 ff. WpHG und die daraus resultierenden Pflichten im Einzelfall zu ermöglichen. Eine Vermutungswirkung i. S. eines zwingenden Konnexes zwischen einem Verstoß gegen die Richtlinien und dem Bestehen eines Missstandes nach § 4 Abs. 1 WpHG besteht damit nicht. Ein Verstoß ist bloßes Indiz. Versteht man den Begriff der Vermutung also nicht im materiell-rechtlichen Sinne, sondern als ein tatsächliches Indiz, kann ein Verstoß gegen die Richt___________ 67 Für den Zivilprozess Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 127 Fn. 430; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6. Für das Verwaltungsverfahren Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 128 f.; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.469, 16.648. 68 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 16.648.

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linien durchaus als Beleg für einen Missstand i. S. d. § 4 Abs. 1 WpHG dienen. Dies zeigt ein Blick auf das Verfahrens- und Prozessrecht. So ist etwa im Zivilprozessrecht anerkannt, dass beim Kausalitätsbeweis Beweiserleichterungen auch aus Verstößen gegen verhaltenssteuernde Pflichten abgeleitet werden können. Derartige Beweiserleichterungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung beruhen keineswegs immer auf gesetzlichen Regelungen, sondern auf Erfahrungssätzen und Wahrscheinlichkeitsaussagen69. Entscheidend für die beweisrechtliche Relevanz ist dabei allerdings nicht die Einordnung einer Pflicht als gesetzliche oder die Benennung der Pflicht als Berufspflicht, Schutzpflicht u. ä., sondern das konkrete Steuerungsziel hinter der jeweiligen Pflicht. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine vertragliche, verwaltungsrechtliche oder andere Pflicht handelt70. Maßgeblich für die Beweiswürdigung ist der hinter der Pflicht stehende Erfahrungsschatz. Angesichts der Tatsache, dass der Finanzausschuss in der genannten Äußerung gerade betont, die Richtlinien seien als Niederlegung der Erfahrungen der Aufsichtsbehörde anzusehen, wird man davon ausgehen können, dass der Ausschuss einen Verstoß gegen die Richtlinie als Indiz für einen Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG verstanden haben dürfte. Auf keinen Fall aber begründet ein Richtlinienverstoß eine Automatik, wonach zwingend ein Missstand im Sinne des § 4 Abs. 1 WpHG vorliegt. Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, welchen Zweck die jeweilige Richtlinie verfolgt und welche Erfahrungen der BaFin hinter der Richtlinienregelung stehen. Vor diesem Hintergrund kann man zusammenfassend feststellen, dass die Verletzung der Vorgaben einer Richtlinie ein Indiz dafür sein kann, dass eine Verletzung der §§ 31 ff. WpHG vorliegt. Die Institute, die BaFin und die Gerichte werden sich in der Mehrzahl der Fälle an den Richtlinien orientieren können, um Maßstäbe für die Beurteilung eines Verhaltens/einer Organisation als „WpHG-konform“ zu erlangen. Angesichts des mit den Richtlinien verfolgten Ziels, Rechtssicherheit zu schaffen, ist eine solche Vorgehensweise auch für die betroffenen Institute wünschenswert. Aus dieser Tatsache kann aber nicht umgekehrt abgeleitet werden, dass jeder Verstoß gegen die Richtlinie im Rahmen der Beweiswürdigung automatisch einen Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG bedeute71. Enthält beispielsweise eine Richtlinie der BaFin Vorgaben, die für ein kleines Institut unverhältnismäßig sind, wird ein Verstoß gegen die ___________ 69 Umfassend dazu H. Weber, Kausalitätsbeweis, S. 223 ff., am Beispiel des Kausalitätsbeweises. Im Ergebnis ebenso Möllers/Ganten, ZGR 1998, 773, 807 Fn. 202. 70 So ausdrücklich H. Weber, Kausalitätsbeweis, S. 226. 71 So aber offenbar Balzer, Vermögensverwaltung, S. 181 (im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Haftung); zu Recht a. A. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 127.

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Richtlinie gerade kein Indiz für einen Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG darstellen können. Deshalb wird auch nicht jeder geringfügige Verstoß gegen die Richtlinien zugleich einen Missstand i. S. d. § 4 Abs. 1 WpHG belegen, sondern kann durchaus noch im Rahmen des nach §§ 31 ff. WpHG Zulässigen liegen72. Die Richtlinien bieten daher nur eine Richtschnur, an der sich die Praxis orientieren kann, und es bleibt den Gerichten unbenommen, die §§ 31 ff. WpHG selbstständig zu interpretieren und im Einzelfall abweichend von den Richtlinien zu konkretisieren73. Keinesfalls kann man also mit den Richtlinien eine Beweislastumkehr verbinden74, wonach die BaFin bei einem Verstoß gegen die Richtlinien automatisch einen Missstand i. S. d. § 4 Abs. 1 WpHG unterstellen könne und das betroffene Institut seinerseits den Entlastungsbeweis anzutreten habe. Auch ein prima-facie-Beweis scheidet aus. Denn bezieht man den Umstand ein, dass viele Verpflichtungen in den Richtlinien sehr vage formuliert sind, da es mitunter eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, um die Einhaltung einzelner nach §§ 31–33 WpHG bestehender Pflichten im Institut zu gewährleisten, leuchtet die Beschränkung der Richtlinienwirkung ein. Die Annahme einer Beweislastumkehr oder eines prima-facie-Beweises würde den Richtlinien faktisch eine unmittelbare Außenwirkung zumessen, die Verwaltungsrichtlinien gerade nicht zukommt. Ein Richtlinienverstoß entbindet die BaFin nicht von der Verpflichtung, die Eingriffsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 WpHG im Einzelfall festzustellen. Man kann also die „Vermutungswirkung“ der Richtlinien wie folgt beschreiben: Je konkreter die Vorgaben der Richtlinien sind, desto wahrscheinlicher liegt bei einem Verstoß gegen die Richtlinien auch ein Verstoß gegen die §§ 31–33 WpHG vor. Von dessen Darlegung ist die BaFin aber nicht entbunden. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen auch der Stellungnahme des Finanzausschusses, wonach an die Nichtbeachtung der Richtlinien keine unmittelbaren Rechtsfolgen geknüpft werden können75. (2) Vermutungswirkung der Richtlinien in Zivilprozessen Verneint man schon die Vermutungswirkung im Hinblick auf § 4 WpHG und misst der Gesetzesbegründung auch nicht die Bedeutung einer Beweislastumkehr im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess zu, fehlt den ___________ 72 Ebenso Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.649, 16.648; Baur, Die Bank 1997, 485, 487. 73 Köndgen, ZBB 1996, 361; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.469. 74 Im Ergebnis auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.469, 16.648. 75 BT-Drucks. 12/7918, S. 106.

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Richtlinien der BaFin damit auch die notwendige Qualität, um eine Beweiserleichterung im Zivilprozess darzustellen. Zu weit geht daher die Ansicht76, ein Verstoß gegen die Richtlinie der BaFin zu §§ 31, 32 WpHG begründe die Vermutung, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen habe die betreffende gesetzliche Verhaltenspflicht verletzt. Verwaltungsinternen Regelungen wird man eine solch weitreichende Außenwirkung auf das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Institut und Kunden nicht zusprechen können. Nicht gefolgt werden kann daher auch der These, die Richtlinien der BaFin stellten unabdingbare Mindeststandards der Branche dar, so dass dem Vermögensverwalter in einem Prozess die Darlegungs- und Beweislast zufalle, warum kein Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG vorliege77. Zahlreiche Richtlinien der BaFin enthalten lediglich Rahmenvorgaben oder belassen den Instituten die Möglichkeit, selbst Lösungen für die Einhaltung der §§ 31 ff. WpHG zu finden. Ziff. 2.1 der Compliance-RL bestimmt etwa78, dass sich die Angemessenheit der Umsetzung der sich aus der Richtlinie ergebenden Organisationspflichten aus einer Gesamtbetrachtung der getroffenen Maßnahmen unter Berücksichtigung von Größe, Geschäftstätigkeit und Struktur des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ergibt. Derartige Bestimmungen kann man schwerlich als Mindeststandard einordnen79, aus dem sich Rechtsfolgen ableiten ließen. Dazu fehlt ihnen die notwendige Bestimmtheit. Die Außenwirkung der Richtlinien ist damit nur eine mittelbare. Auch hier gilt: Je konkreter die Vorgaben der Richtlinien sind, desto wahrscheinlicher liegt bei einem Verstoß gegen die Richtlinien auch ein Verstoß gegen die §§ 31–33 WpHG vor. Von dessen Darlegung ist ein Kläger aber nicht entbunden. Eine Beweiserleichterung hinsichtlich der Kausalität und des Verschuldens kann man daher nur annehmen, wenn der Kunde einen Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht gemäß §§ 31 ff. WpHG nachweist und – wie oben dargelegt – der Erfahrungssatz besteht, dass der eingetretene Schaden typi___________ 76 Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 81, der sich zu Unrecht auf den Finanzausschuss beruft. Dieser hatte – wie dargestellt – die Vermutungswirkung aber ausdrücklich nur auf § 4 WpHG bezogen. 77 So wohl Balzer, Vermögensverwaltung, S. 181; ders, ZBB 1997, 260, 268 („Vermutung“); in diese Richtung zielt auch der Ansatz von Köndgen, ZBB 1996, 361, 362, der von „Argumentationslast“ spricht. 78 Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 WpHG vom 25.10.1999 (BAnz Nr. 210 vom 6.11.1999, S. 18 453). Die Richtlinie ersetzt die vorangegangene Richtlinie vom 12.12.1998, deren Anwendungsbereich enger war. 79 Nicht die Richtlinien stellen im Übrigen den Standard dar, sondern die §§ 31 ff. WpHG, s. u. S. 747, Text bei Fn. 100.

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scherweise entsteht, wenn diese Pflicht missachtet wird. Ein bloßer Verstoß gegen Richtlinien der BaFin ist als solcher nicht ausreichend, da nicht jeder Richtlinienverstoß eine Gesetzesverletzung und eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt. Die Richtlinien sind damit allein eine Erkenntnisquelle im Rahmen der Beweiswürdigung, mit der keine Vermutungswirkung für einen Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG und auch keine Beweislastumkehr einhergeht80. Auch die Erwartung von Köndgen, der Anleger könne die BaFin einschalten, um deren Nachforschungspotential für die Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche zu nutzen81, dürfte sich nicht erfüllen. Dies zeigt die Erfahrung in den ebenfalls aufsichtsrechtlich erfassten Bereichen der Arzneimittelüberwachung oder des Umweltschutzes82. Es bleibt daher bei der allgemeinen Beweislastverteilung83, wonach der Geschädigte die Tatbestandsvoraussetzungen der ihm günstigen Anspruchsgrundlage beweisen muss. (3) Richtlinien als Handelsbräuche oder als Verkehrssitte Mit diesen Ausführungen ist im Grunde auch schon die Frage vorentschieden, ob den Richtlinien die Qualität eines Handelsbrauchs zuzusprechen sein könnte84. Die Richtlinien werden diese Qualität nicht erlangen können. Vielmehr dienen sie der Auslegung der gesetzlichen Regelung der §§ 31 ff. WpHG und diese wiederum verändert die Handelsgewohnheiten der Branche. ___________ 80 Ebenso, aber teilweise mit anderer Begründung, Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 127 Fn. 430; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 35 Rdn. 6; Reich, WM 1997, 1601, 1608. 81 Köndgen, ZBB 1996, 361, 362. Auch die Vorstellung mancher Anlegerschutzanwälte, die Mitarbeiter der BaFin als Zeugen oder sachverständige Zeugen vorzuladen, um auf diese Weise das Wissen der BaFin in den Anlegerschutzprozess einzubringen, dürfte kein geeigneter Weg sein. Zwar wird die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Vorgehens in der Kommentarliteratur bejaht, Dreyling, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 8 Rdn. 23, doch bedarf der vorgeladene Mitarbeiter einer Aussagegenehmigung (vgl. § 376 Abs. 1–3 ZPO). Würde die BaFin regelmäßig die Aussage genehmigen, hätte dies zur Folge, dass die beaufsichtigten Institute das Wissen der BaFin über ihre internen Abläufe möglichst gering halten. Indirekt würde so die Effektivität der Aufsicht beeinträchtigt. 82 So zu Recht Möllers/Ganten, ZGR 1998, 773, 806. Auch der Vizepräsident des BAWe und jetzige erste Direktor der BaFin ist der Ansicht, dass es nicht Aufgabe der Aufsicht sei, individuelle Ansprüche durchzusetzen, Dreyling, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 4 Rdn. 23. 83 Zu deren Herleitung statt vieler Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, S. 283 ff. 84 Dies nehmen Möllers/Ganten, ZGR 1998, 773, 807 f., an. Ebenso Reich, WM 1997, 1601, 1608.

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Aufgrund der fehlenden Außenwirkung der Richtlinien könnten Handelsbräuche also überhaupt nur begründet werden, wenn sie an die §§ 31 ff. WpHG anknüpfen. Die reine Befolgung zwingender gesetzlicher Regelungen ist jedoch kein Handelsbrauch, denn Handelsbräuche sind verpflichtende Regeln, die auf einer gleichbleibenden, einheitlichen und freiwilligen Übung über einen angemessenen Zeitraum beruhen und denen eine einheitliche Auffassung der Beteiligten zugrunde liegt85. Selbst wenn also aufgrund einer Richtlinie eine unter die §§ 31 ff. WpHG fallende Sachfrage von der BaFin über einen längeren Zeitraum in einer bestimmten Art und Weise entschieden und das Wertpapierhandelsgesetz entsprechend ausgelegt wird, führt die Befolgung dieser Auslegung durch die Branche nicht zu einem Handelsbrauch. Korrigiert ein Verwaltungsgericht die von der BaFin mittels Richtlinie vorgenommene Auslegung der §§ 31 ff. WpHG, ist diese neue Auslegung für die Bundesanstalt maßgeblich. Die beteiligten Verkehrskreise wiederum sind an diese neue Auslegung gebunden, da ihnen andernfalls aufsichtsrechtliche Sanktionen drohen. Für die Entstehung von verbindlichen Handelsbräuchen oder einer selbstständigen Verkehrssitte ist in diesem eng abgesteckten Rahmen kein Platz. Es kann sich daher nur außerhalb des Bereichs der reinen Befolgung zwingenden Aufsichtsrechts eine Übung der beteiligten Wertpapierdienstleistungsunternehmen herausbilden86. Diese beruht dann aber gerade nicht mehr auf den §§ 31 ff. WpHG oder gar den Verwaltungsrichtlinien. Die These, die Verwaltungsrichtlinien selbst könnten sich zu Handelsbräuchen verdichten, überzeugt daher nicht.

4. Adressat der aufsichtsrechtlichen und der zivilrechtlichen Pflichten Die §§ 31 ff. WpHG verpflichten das Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Da dieses zugleich aus dem Vertrag mit seinem Kunden verpflichtet ist, treffen das Institut sowohl aufsichtsrechtliche als auch zivilrechtliche Pflichten. Die Geschäftsleiter, Mitarbeiter und Angestellten werden weder von §§ 31, 32 Abs. 1, 33 ff. WpHG noch vom Vertragsrecht als unmittelbar Verpflichtete angesehen. Da das Wertpapierdienstleistungsunternehmen jedoch für seine Organe und Angestellte oder eingeschaltete Subunternehmer (z. B. beim Outsourcing) zivilrechtlich haftet (§§ 31, 278 BGB), wird der ___________ 85 Baumbach/Hopt, HGB31, § 346 Rdn. 1. 86 Wiederum ist jedoch Voraussetzung, dass die fragliche Übung gerade eine freiwillige ist und auf einer entsprechenden Überzeugung der Parteien beruht. Es muss mithin das Rechtsbewusstsein vorliegen, man wolle freiwillig eine neue Regelung schaffen. Geht die Überzeugung aber dahin, dass man glaubt, zwingendes Recht befolgen zu müssen, fehlen auch in einem solchen Fall die Voraussetzungen eines Handelsbrauchs.

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Kunde auch vor einem Fehlverhalten dieser Personen geschützt. Ebenso wird im Aufsichtsrecht ein Fehlverhalten der Mitarbeiter dem verantwortlichen Geschäftsleiter in dem Sinne „zugerechnet“, dass dieser die ihm nachgeordneten Personen zu überwachen hat und bei nicht ausreichender Personalführung und -kontrolle seine fachliche Eignung in Frage steht87. Damit besteht auch aufsichtsrechtlich eine Verantwortlichkeitskette. Trotz dieser Ausgangslage untersagt § 32 WpHG nicht nur dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Abs. 1), sondern auch den Inhabern von Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Form des Einzelkaufmanns, den Geschäftsleitern von Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Form einer juristischen Person und den mit Wertpapierdienstleistungen befassten Angestellten (Abs. 2) bestimmte, Kundeninteressen schädigende Verhaltensweisen. Die Bedeutung dieser Vorschrift erschließt sich nur nach längeren Überlegungen. Der Inhaber eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens in Form des Einzelkaufmanns wird durch den Vermögensverwaltungsvertrag persönlich berechtigt und verpflichtet. Sein Unternehmen besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit88. Die Verhaltenspflichten treffen daher den Inhaber persönlich, so dass die in § 32 Abs. 2 WpHG angeordnete Ausdehnung der Ge- und Verbote auf ihn verwundert. Ein Teil des Schrifttums meint, diese Ausdehnung sei erforderlich, da Ge- und Verbote nur auf diese Weise auch auf Privatgeschäfte des Inhabers erstreckt würden89. Begreift man jedoch die Interessenwahrungspflicht als umfassend, darf der Inhaber weder in seiner Eigenschaft als Kaufmann noch in seiner Eigenschaft als Privatmann die Interessen seines Kunden verletzen. Diese Pflicht ist gerade unteilbar, weshalb der Vermögensverwalter nicht nur im Rahmen seiner geschäftlichen Aktivitäten die Interessen seiner Kundschaft zu wahren hat, sondern auch durch Geschäfte als Privatperson seine Kunden nicht schädigen darf. Damit kommt der Norm klarstellender Charakter zu. Sie wiederholt eine ohnehin schon kraft vertraglicher Vereinbarung bestehende Pflicht. Gleiches gilt im Hinblick auf die Erstreckung der Ge- und Verbote auf Organmitglieder und Angestellte eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, die mit der konkreten Wertpapierdienstleistung befasst sind. Dieser Personenkreis ist kraft Organstellung bzw. aufgrund arbeitsvertraglicher

___________ 87 Ausführlich dazu oben S. 620 ff. 88 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 16. 89 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 16 a. E.

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Pflichten gehalten, das Unternehmen nicht zu schädigen. Da das Unternehmen eine Vermögensbetreuungspflicht übernommen hat, bedeutet dies, dass eine Schädigung der Kundeninteressen zugleich eine Schädigung des – dann schadensersatzpflichtigen – Unternehmens bedeutet. Die Organmitglieder und Angestellten haben daher ihre privaten Vermögensinteressen insoweit zurückzustellen, als die Wahrnehmung dieser Privatinteressen zu einer Verletzung der Kundeninteressen und damit deckungsgleich zu einer Verletzung der übernommenen organschaftlichen bzw. arbeitsvertraglichen Pflichten führen würde. Kurz gefasst: Die organschaftlichen bzw. arbeitsvertraglichen Pflichten gebieten daher Organmitgliedern und Angestellten, eine Schädigung des Kunden durch Privatgeschäfte zu unterlassen. § 32 Abs. 2 WpHG ist damit ebenfalls eine aufsichtsrechtliche Wiederholung bestehender zivilrechtlicher Pflichten. Streitig ist, ob die Ge- und Verbote des § 32 Abs. 2 WpHG auch Personen erfassen, die außerhalb eines Arbeitsverhältnisses oder organschaftlichen Verhältnisses mit den Wertpapierdienstleistungen in Kontakt kommen. Als Beispiele werden die unentgeltlich mitarbeitende Ehefrau, der Kommanditist oder der Volontär genannt. Zur Lösung dieser Frage bieten sich drei Auslegungen der Vorschrift an. Man könnte den Begriff des Angestellten rein arbeitsrechtlich und damit formal betrachten90. Ein Teil des Schrifttums befürwortet demgegenüber eine weite Auslegung des Angestelltenbegriffs und dehnt daher den Anwendungsbereich der Vorschrift auch auf Personen aus, die nicht Angestellte im arbeitsrechtlichen Sinne sind, aber in die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen wie ein Angestellter eingeschaltet werden91. Schließlich könnte man jede Person, die mit Wertpapierdienstleistungen betraut wurde, als erfasst ansehen und zwar unabhängig davon, ob sie in die Organisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmens eingebunden und weisungsgebunden ist oder nicht. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich keine der drei Ansichten überzeugend begründen. Sie stützen den Erlass des § 32 Abs. 2 WpHG lediglich auf die allgemeine Erwägung, dass den im Gesetz erwähnten Personen von den Kunden ein großes Vertrauen entgegen gebracht werde, dessen Enttäuschung die Integrität des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erschüttere92. Dies solle durch die Ge- und Verbote des Absatzes 2 verhindert wer___________ 90 So wohl Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 13. 91 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 18. 92 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 104 f.

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den. Legt man diese gesetzgeberische Intention zugrunde, müsste man den Geltungsbereich der Vorschrift sehr weit verstehen und sämtliche Personen als erfasst ansehen, die tatsächlich in die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen eingeschaltet sind, gleichgültig welche Stellung sie einnehmen oder welchen vertraglichen Bindungen sie im Innenverhältnis zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen unterliegen. Gegen eine derart weite Auslegung spricht jedoch der eindeutige Wortlaut der Bestimmung. Er erfasst nicht jede Person, die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Erbringung der Leistung eingesetzt wird, sondern beschränkt den erfassten Personenkreis auf Personen, die aufgrund Gesetzes oder Gesellschaftsvertrags mit der Führung der Geschäfte des Unternehmens betraut und zu seiner Vertretung ermächtigt sind. Auch im Hinblick auf die übrigen Personen unterhalb der Organebene ist der Wortlaut eindeutig. Nicht jede mit Wertpapierdienstleistungen befasste Person, sondern nur Angestellte sind im Gesetz erwähnt. Darunter sind alle weisungsabhängigen Mitarbeiter des Instituts zu verstehen. Damit lässt sich als erstes Zwischenergebnis festhalten, dass es nicht allein darauf ankommen kann, ob jemand mit Wertpapierdienstleistungen „betraut“ ist oder nicht, sondern auch auf eine Einbindung dieser Person in das Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Für diese Auslegung sprechen zwei Gründe: (1) Das Aufsichtsrecht richtet sich nur an die beaufsichtigten Institute bzw. Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Wie bereits im Zusammenhang mit dem Outsourcing nach dem Kreditwesengesetz erörtert, werden außenstehende Dritte nur kraft ausdrücklicher Anordnung den Maßnahmen der Aufsicht unterworfen (vgl. etwa § 35 Abs. 1 WpHG). Vergleicht man die ausdrücklichen Anordnungen des Kreditwesen- und Wertpapierhandelsgesetzes (z. B. §§ 2b, 44 ff. KWG, 35 Abs. 2 WpHG) mit § 32 Abs. 2 WpHG, fehlen angesichts des engen Wortlauts ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass mit § 32 Abs. 2 WpHG auch außerhalb des Wertpapierdienstleistungsunternehmens stehende Personen erfasst sein sollten. (2) Durch diese Auslegung entsteht keine aufsichtsrechtliche Schutzlücke. Denn das Aufsichtsrecht verpflichtet die Institute, die Leistung im eigenen Hause durch weisungsgebundene Personen verrichten zu lassen und betrachtet die Wahrnehmung durch Dritte als Auslagerung (Outsourcing), die nur unter den in §§ 25a Abs. 2 KWG, 33 Abs. 2 WpHG genannten Voraussetzungen zulässig ist. Da die Institute den Insourcer vertraglich verpflichten müssen, ihre aufsichtsrechtlichen Pflichten zu übernehmen, ist dieser Personenkreis an die Ge- und Verbote zivilrechtlich ge-

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Das System der Organisations- und Verhaltensaufsicht

bunden93. Die Einschaltung dritter Personen ohne Beachtung dieser Grundsätze widerspricht daher per se den Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung und wäre aufsichtsrechtlich zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte sich deshalb darauf beschränken, § 32 Abs. 2 WpHG nur auf die nach dem Aufsichtsrecht zu Wertpapierdienstleistungen zugelassenen Personen zu erstrecken. Allen übrigen Personen ist nicht nur die kundeninteressenschädigende Wahrnehmung von Wertpapierdienstleistungen i. S. d. § 32 Abs. 2 WpHG, sondern jede Erbringung von Wertpapierdienstleistungen verboten. Sie dürfen daher auch nicht mit solchen betraut werden. Innerhalb des so gesteckten Rahmens ist der Personenkreis, der unter den Begriff des Angestellten fällt, jedoch nicht formal nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen, sondern entsprechend dem Zweck der Regelung auf alle Personen zu erstrecken, die eine dem Geschäftsleiter bzw. Angestellten vergleichbare Stellung innehaben. Dass auch die BaFin von einer derartigen Auslegung ausgeht, belegen die Mitarbeiterleitsätze94. Sie regeln die von Mitarbeitern außerhalb ihrer dienstlichen Aufgabenstellung vorgenommenen Wertpapiergeschäfte für eigene Rechnung oder Rechnung naher Angehöriger. Als Mitarbeiter gelten alle Personen, die das Institut in einem aktiven Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis beschäftigt oder die in vergleichbarer Stellung tätig sind (Leiharbeitnehmer, freie Mitarbeiter). Ebenfalls erfasst sind der Geschäftsinhaber eines einzelkaufmännisch betriebenen Instituts oder die Geschäftsleiter eines in Gestalt einer juristischen Person betriebenen Instituts. Außenstehende Personen erfassen die Leitsätze also nicht. Vielmehr ordnen sie an, dass die Einhaltung der Leitsätze auch bei einer Auslagerung gewährleistet sein muss. Im Ergebnis sind somit die mitarbeitende Ehefrau, der mitarbeitende Kommanditist und der Volontär unter den Begriff des Angestellten i. S. d. § 32 Abs. 2 WpHG einzuordnen95. Die notwendige Einbindung in die Organisation sowie die Weisungsgebundenheit liegen vor. Es kommt nicht darauf an, dass dieser Personenkreis keine unmittelbare Entlohnung für seine Tätigkeiten erhält. ___________ 93 Es kann daher dahinstehen, ob auch aus anderen Gründen eine derartige Bindung abgeleitet werden kann. So sind der in faktischer Organstellung tätige Kommanditist zivilrechtlich aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht und die mitarbeitende Ehefrau aufgrund der Pflicht aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. der Treuepflicht aus einer Ehegatteninnengesellschaft verpflichtet, die Interessen der Kunden zu wahren, da andernfalls das Wertpapierdienstleistungsunternehmen geschädigt würde. 94 S. o. S. 628 Fn. 251. 95 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 18.

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Im Hinblick auf den mitarbeitenden Kommanditisten ist im Übrigen – unabhängig von § 32 Abs. 2 WpHG – zu prüfen, ob er als faktischer Geschäftsleiter tätig ist. In diesem Fall läge eine Führungsstruktur vor, bei der es neben den bestellten Geschäftsleitern auch faktische Organe gibt. Eine solche Organisation des Unternehmens widerspräche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG, da die Verantwortlichkeiten unklar sind. Sie würde von der Aufsicht untersagt. Es bedarf daher keiner Prüfung der Frage, ob bei der Auslegung des § 32 Abs. 2 WpHG auch der Begriff „nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag mit der Führung der Geschäfte des Unternehmens betraut und zu seiner Vertretung ermächtigt“ weit auszulegen ist. Während das Aufsichtsrecht damit Organe und Angestellte des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erfasst, ist zivilrechtlicher Adressat der Pflichten grundsätzlich der Vertragspartner des Kunden, also das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das sich das Verhalten seiner Organe und Angestellten zurechnen lassen muss. Über § 823 Abs. 2 BGB haften jedoch die in § 32 Abs. 2 WpHG genannten Personen für Verstöße gegen die in dieser Norm genannten Pflichten96. Hierin dürfte die eigentliche Bedeutung der Vorschrift für die Praxis liegen. Zudem knüpft § 39 Abs. 1 Nr. 3 WpHG an die Verletzung der Vorgaben des § 32 WpHG ein Bußgeld.

5. Weiteres Vorgehen Im Folgenden wird untersucht, ob die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen obliegenden aufsichtsrechtlichen Pflichten ausreichen, um die Kunden vor den mit einer Vermögensverwaltung verbundenen Risiken angemessen zu schützen. Dabei werden zunächst die kundenbezogenen (nachfolgend IV.) und anschließend die unternehmensbezogenen Verhaltenspflichten (nachfolgend V.) erörtert. Abschließend werden die aufsichtsbezogenen Pflichten daraufhin untersucht, ob sie bei der Vermögensverwaltung einen angemessenen Anlegerschutz gewährleisten (unter VI. und VII.). Zunächst steht aber das Verhältnis von Verhaltenspflichten und Zivilrecht im Mittelpunkt, da diese Pflichten an der Nahtstelle beider Rechtsgebiete ansetzen und sich ihre Bedeutung für den Anlegerschutz nur erschließt, wenn man sich über dieses Verhältnis Klarheit verschafft.

___________ 96 S. u. S. 761 m. w. N.

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III. Die Verzahnung von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten Aufsichtsrechtliche und zivilrechtliche Verhaltenspflichten

1. Verhältnis von Aufsichtsrecht und Vertragsrecht Aufgrund des Geschäftsbesorgungsverhältnisses mit dem Kunden trifft den Vermögensverwalter eine Pflicht zur Wahrung der Kundeninteressen. Aus dem vertraglichen Verhältnis folgt zudem die Pflicht zur sorgfältigen Ausführung der Geschäfte sowie zur anlage- und anlegergerechten Information. Die Informations-, Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten im Bereich der Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen hat die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen als vertragliche oder vorvertragliche Pflichten anerkannt und inhaltlich konkretisiert97. Als Haftungsgrundlage kam dabei entweder eine Verletzung des Einzelvertrags oder eine Verletzung des allgemeinen Bankvertrags98 oder eines gesetzlichen Schuldverhältnisses in Betracht. Der Inhalt und die Reichweite der Verhaltenspflichten wurden durch Auslegung des Vertrags oder unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, eines Handelsbrauchs oder des Grundsatzes von Treu und Glauben gewonnen. Dabei legte die Rechtsprechung einheitliche berufsrechtliche Standards zugrunde99. Dies geschah teilweise unter Rückgriff auf Standards, die im Zusammenhang mit der im Streit befindlichen Leistung vom Gesetzgeber oder von berufsständischen Organisationen erlassen wurden. Gleichwohl sind die ordentlichen Gerichte bei der Beurteilung zivilrechtlicher Fragen autonom und daher nicht an öffentlich-rechtliche Mindeststandards gebunden. Da die Entscheidungen einzelfallabhängig sind, war und ist es der Rechtsprechung deshalb nicht verwehrt, von diesen Standards abzuweichen und im Einzelfall erhöhte oder herabgesetzte Haftungsvoraussetzungen festzulegen. Der zivilrechtlichen Interessenwahrungs-, Sorgfalts- und Informationspflicht entsprechen parallele aufsichtsrechtliche Pflichten, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen zu beachten haben. Die §§ 31 ff. WpHG enthalten damit Mindeststandards100 für den Bereich der Wertpapierdienstleistungsunternehmen, so dass sie ge___________ 97 Prominentestes Urteil ist die Bond-Entscheidung, BGHZ 123, 126 ff. = WM 1993, 1455 ff. 98 Zur Diskussion siehe S. 106 f. 99 Vgl. die ausführliche Analyse von K. Huber, FS v. Caemmerer, S. 359 ff. Auf die Berufshaftung wird unten S. 768 eingegangen. 100 So ausdrücklich Art. 11 Abs. 1 Satz 2 WDRL („zumindest“). Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 158 f.

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eignet sind, bei der Beurteilung zivilrechtlicher Haftungsfragen herangezogen zu werden. Das Verhältnis dieser beiden gleichgerichteten Pflichtenkataloge zueinander wird in der Literatur uneinheitlich umschrieben. Ein Teil des Schrifttums ordnet die §§ 31, 32 WpHG als aufsichtsrechtliche Konkretisierung der ohnehin aus dem Vertragsverhältnis bestehenden Pflichten ein101. Am Beispiel des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG wird ausgeführt, dass die Sorgfalts- und die Interessenwahrungspflicht neben der vertragsrechtlichen eine weitere gesetzliche Grundlage erhalten habe, ohne dass sich aus ihrer Einführung inhaltliche Veränderungen im Pflichtenumfang ergäben102. Aufgrund dessen ließen sich die zum zivilrechtlichen Pflichtenstandard bei der Vermögensverwaltung entwickelten Grundsätze für die Auslegung des § 31 Abs. 1 WpHG heranziehen. Diese Formulierung könnte einen zwingenden Gleichlauf von Zivilrecht und Aufsichtsrecht andeuten103. Legt man einen solchen zugrunde, wäre die BaFin an eine Fortentwicklung der Interessenwahrungspflicht durch den Bundesgerichtshof inhaltlich gebunden. Einen solchen Gleichlauf unterstellt, könnte man sogar noch einen Schritt weitergehen und auch umgekehrt eine Bindung des Bundesgerichtshofs an die von der BaFin entwickelte aufsichtsrechtliche Praxis annehmen. Der Bundesgerichtshof müsste stets und unabhängig vom Einzelfall die von der Bundesanstalt erlassenen Richtlinien zur Auslegung der §§ 31 ff. WpHG beachten. Eine solche gegenseitige oder auch nur einseitige Bindungswirkung ist dem deutschen Recht fremd und wird auch nicht vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung gefordert. Von wenigen Ausnahmen (z. B. § 31 Abs. 1 BVerfGG, vgl. auch § 16 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes) abgesehen, sind die Zivilgerichte bei der Entscheidung zivilrechtlicher Fragen unabhängig von Entscheidungen anderer Gerichtszweige (vgl. § 1 GVG) oder gar öffentlicher Behörden. Umgekehrt unterliegt die BaFin nicht einer gerichtlichen Kontrolle durch Zivilgerichte, sondern nur durch Verwaltungsgerichte. Im Ergebnis ist ein zwingender und gleichsam absoluter Gleichlauf der Pflichten aus §§ 31 ff. WpHG und der Pflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag abzulehnen. Daher sind die §§ 31, 32 WpHG nicht als ___________ 101 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 100, der sich zu Unrecht auf Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG2, Vor § 31 Rdn. 19, beruft. Dieser verwendet zwar den Begriff der „Konkretisierung“, leitet daraus aber andere Folgen als Balzer ab. Kümpel, WM 1993, 2025, 2026 f.; Knobl, ÖBA 1997, 783 f. (für das österreichische Recht). 102 Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 100. 103 Präziser dagegen an anderer Stelle Balzer, Vermögensverwaltung, S. 152 f.

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Konkretisierung vertraglicher Pflichten zu begreifen, zumal dies ihre europarechtliche Komponente verdecken würde104. Zutreffend ist daher die Ansicht, die von einer grundsätzlichen Selbstständigkeit der aufsichtsrechtlichen und der vertragsrechtlichen Pflichten ausgeht, aber betont, dass es durchaus über weite Strecken zu einem Gleichlauf der Pflichten kommen könne und dies im Hinblick auf die Förderung des Vertrauens der Kapitalanleger auch wünschenswert sei105. Das Aufsichtsrecht kann in das vertragsrechtliche Gefüge ausstrahlen, muss es aber nicht. Umgekehrt kann sich die BaFin bei der Auslegung der §§ 31 WpHG an zivilrechtlichen Kategorien orientieren, ohne an sie gebunden zu sein106. Für eine solche nicht zwingende Bindung spricht ein weiterer Aspekt. Während die Aufsichtspflichten das Ziel einer präventiven und damit generell-abstrakten Verhaltenssteuerung verfolgen, werden die vertragsrechtlichen Regelungen im Zuge von Schadensersatzklagen einzelfallbezogen und im Wege einer ex-post-Betrachtung ausgelegt107. Sehr oft spielen Beweislastfragen eine tragende Rolle. So könnten beispielsweise materielle Regelungen des Zivilrechts durchaus deshalb hinter den Verhaltensregeln zurückbleiben, weil dies durch eine Beweislastumkehr im Zivilprozess kompensiert wird. Vergleicht man in einem solchen Fall allein das materielle Zivilrecht und das Aufsichtsrecht, zeigen sich Diskrepanzen, die bei einer Gesamtschau unter Einbeziehung des Prozessrechts nicht aufträten. Schon aus diesem Grund erscheint es richtig, den Wohlverhaltensregeln und dem Zivilrecht nur eine gegenseitige Ausstrahlungswirkung zuzuerkennen und eine Bindung abzulehnen108. Für einen solchermaßen definierten Gleichlauf ohne ein- oder wechselseitige Bindung spricht auch die richtlinienkonforme Auslegung. Der Wirtschaft___________ 104 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 19. 105 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 157 ff.; Horn, ZBB 1997, 139, 149 f.; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 19 ff.; Köndgen, ZBB 1996, 361 f.; Klanten, in: Fischer/Klanten, Bankrecht3, Rdn. 7.45, 7.47; Schäfer, FS Schimansky, 1999, 699, 705; ders., in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 8. In Bezug auf das Verhältnis von KWG und Zivilrecht zurückhaltender, da andere Pflichten betreffend, aber im Ergebnis ebenso Hönn, Vertragsparität, S. 240 f. 106 Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 139, der auf die Entscheidung BGH, NJW 1981, 2685 f., verweist, in der das Gericht die sachlich vergleichbare Frage des Verhältnisses vom Zivilrecht zur MaBV dahingehend entschied, dass sich aus der MaBV „nicht in jedem Fall etwas Entscheidendes ableiten lasse“. 107 Dies betont auch Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 160 f. 108 A. A. Lange, Informationspflichten, S. 302 ff., der recht kategorisch jede Relevanz der aufsichtsrechtlichen Pflichten für das Zivilrecht verneint und eine Ausstrahlung nicht prüft.

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und Sozialausschuss betonte ausdrücklich, dass die aufsichtsrechtlichen Pflichten der WDRL das dem Anleger günstige Privatrecht unberührt lassen109. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 WDRL regelt die aufsichtsrechtlichen Pflichten als Mindeststandard („zumindest“). Art. 19 Abs. 6 Satz 1 WDRL überlässt den Mitgliedstaaten die Festsetzung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Verhaltenspflichten, die deshalb auch zivilrechtlicher Natur sein dürfen. Die Richtlinie selbst gibt damit keinen Gleichlauf beider Rechtsgebiete vor. Allerdings wird die Bandbreite der Abweichungen beider Rechtsgebiete voneinander in der Praxis nicht allzu groß werden. Weit hinter den §§ 31 ff. WpHG wird kein Zivilgericht zurückbleiben, da es sich hierbei um international anerkannte Standards handelt und die §§ 31 ff. WpHG ohnehin weitgehend den von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben entsprechen, die die Gerichte nicht ohne Not wieder aufgeben werden. Schraubt ein Zivilgericht die Anforderungen zu hoch, stellt sich – bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – rasch die Frage, ob die Anforderungen noch vom Allgemeininteresse (vgl. Art. 19 Abs. 6 Satz 1 WDRL) gerechtfertigt sind. Hinzu kommt, dass die herrschende Meinung die §§ 31 f. WpHG als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB einordnet, so dass auf diesem Wege objektive Mindeststandards in das Zivilrecht transportiert werden. Hinter der Kontroverse um das Verhältnis der §§ 31 ff. WpHG zur Geschäftsbesorgung verbirgt sich eine zweite Fragestellung, nämlich diejenige nach der dogmatischen Einordnung der §§ 31–37 WpHG. Dabei steht die Diskussion um die Einordnung der §§ 31 und 32 WpHG im Mittelpunkt, während die Organisations-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der §§ 33 ff. WpHG mittlerweile einhellig als öffentlich-rechtliche Aufsichtsnormen begriffen werden. Die herrschende Meinung begreift auch die §§ 31, 32 WpHG als rein öffentlich-rechtliche Normen110. Würde man den Normen

___________ 109 Stellungnahme 89/C 298/03 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 27.9.1989, ABl. EG Nr. C 298 vom 27.11.1989, S. 6 ff., unter Punkt 1.7 und 1.8.2.1. Zustimmend Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 20. 110 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 102 ff.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 8 m. w. N.; ders., in: Bankrecht 1998, S. 27, 33; Horn, ZBB 1997, 139, 149; Köndgen, ZBB 1996, 361; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 119 f.; unklar Balzer, Vermögensverwaltung, S. 152 f.; ders., Verhaltenspflichten, S. 42 f.; ders., ZBB 1997, 260, 262, der die Auswirkungen der Verhaltenspflichten auf Haftungsansprüche untersucht, sie zwar nicht als zwingendes Privatrecht begreifen will, aber nie zu ihrer Rechtsnatur Stellung bezieht; vage auch Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 18.

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dagegen eine rein zivilrechtliche Natur111 oder eine Doppelnatur zumessen112, entfalteten sie damit eine unmittelbare Geltung für das vertragliche Verhältnis. Ohne dass es einer ausführlichen theoretischen Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht bedürfte113, lässt sich feststellen, dass das deutsche Aufsichtsrecht für Versicherungen, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute insgesamt öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit den §§ 31, 32 WpHG Normen mit Doppelnatur oder privatrechtlicher Natur habe erlassen wollen114. Die Normen zielen von ihrer Formulierung her gerade nicht auf das Vertragsverhältnis zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden, sondern setzen ein solches nur voraus und stellen für dieses objektive Verhaltensstandards auf, die die BaFin über Richtlinien näher konkretisieren und auch durchsetzen kann115. Dass nicht allein Vertragsbeziehungen Gegenstand der Regelung sind, belegen insbesondere die §§ 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 WpHG. Diese Vorschriften beziehen gerade Personen in die Aufsicht ein, die keine Vertragspartner des Kunden sind. Die §§ 31, 32 WpHG kön___________ 111 Waldeck, in: Cramer/Rudolph, Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 647, 651 f., der die §§ 31 ff. WpHG als zwingendes Vertragsrecht einordnet; wohl auch Claussen, Bank- und Börsenrecht1, § 9 Rdn. 108. Für das österreichische Recht: Knobl, ÖBA 1995, 741 und 752; nach einzelnen Pflichten differenzierend ders., ÖBA 1997, 3, 9 f. („Konglomerat aus privat- und öffentlichrechtlichen Normen“). 112 Junker, Gewährleistungsaufsicht, S. 267 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 8.457; Reich, WM 1997, 1601, 1604; unklar Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998, 235, 249 („in erster Linie aufsichtsrechtlicher Natur, hat aber auch verbraucherschützende Funktionen“). 113 Stattdessen kann auf die ausführliche Prüfung der einschlägigen Theorien bei Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 103 ff., verwiesen werden, der überzeugend zu dem Ergebnis kommt, dass die §§ 31–37 WpHG dem öffentlich-rechtlichen Aufsichtsrecht zuzuordnen sind. 114 Vgl. die ausführliche Analyse der Gesetzgebungsmaterialien bei Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 110 ff., die hier nicht wiederholt zu werden braucht. 115 Ebenso Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 120. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 109 f., meint, für eine öffentlich-rechtliche Qualifizierung der Verhaltensregeln spräche die richtlinienkonforme Auslegung. Er verweist auf die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (soeben S. 750 Fn. 109), die von einer hoheitlichen Überwachung ausgeht, die das Zivilrecht unberührt lasse, sowie auf Art. 11 WDRL („fortwährend einzuhalten“, „Durchführung und Überwachung unter mitgliedschaftlicher Regie“). Diese Argumente sprächen jedoch nicht gegen eine Doppelnatur der Verhaltenspflichten. Zudem bleibt es den nationalen Staaten überlassen, wie sie die Richtlinie umsetzen, so dass eine Umsetzung als gemischte Norm durchaus möglich wäre. Die richtlinienkonforme Auslegung kann daher allein nicht ausschlaggebend sein, sondern stützt nur das aus systematischen Erwägungen ohnehin schon gewonnene Ergebnis.

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nen daher auf das Vertragsrecht ausstrahlen. Die Organisations-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der §§ 33, 34 WpHG beziehen sich gerade nicht auf die Rechtsbeziehung zwischen Institut und Kunden, sondern auf die interne Organisation und das Verhältnis des Instituts zur BaFin. Ihnen wird deshalb eine Ausstrahlungswirkung abgesprochen116. Für eine Doppelnatur der Bestimmungen könnte allein die neu aufgenommene Verjährungsbestimmung des § 37a WpHG sprechen, die für Schadensersatzansprüche wegen mangelnder Information oder fehlender Beratung eine dreijährige Verjährungsfrist vorsieht117. Diese Norm stellt sicherlich Vertragsrecht und kein Aufsichtsrecht dar, denn Fragen der Verjährung zivilrechtlicher Ansprüche fallen nicht in die Kompetenz der BaFin. Allein aus dem Umstand, dass die Verjährungsregelung in das Wertpapierhandelsgesetz und nicht in das Allgemeine Schuldrecht aufgenommen wurde, lässt sich jedoch weder eine Aussage für noch gegen eine zivilrechtliche Einordnung der §§ 31, 32 WpHG ableiten. Denn diese Normen enthalten ihrerseits gerade keine eigenständigen, von § 37a WpHG erfassten Ansprüche. Es kann daher festgestellt werden, dass die §§ 31–37 WpHG öffentlich-rechtliche Aufsichtsnormen darstellen, welche die BaFin zu Aufsichtsmaßnahmen berechtigten und verpflichten. Aber selbst wenn man aufgrund der Bestimmung des § 37a WpHG eine Doppelnatur der §§ 31–37 WpHG annehmen wollte, würde dies aus den genannten Gründen nicht die Annahme rechtfertigen, dass ein zwingender Gleichlauf von Vertragsrecht und Aufsichtsrecht besteht. Vielmehr bliebe es bei der oben beschriebenen bloßen Ausstrahlungswirkung der Verhaltenregeln. Teilt man das hier gefundene Ergebnis, wonach die §§ 31 ff. WpHG rein aufsichtsrechtlichen Charakter haben, ist auch die Frage, ob die Normen durch individuelle Vereinbarung oder AGB abbedungen werden können, rasch beantwortet. Zwingendes Aufsichtsrecht unterliegt nicht der Parteidisposition118. Das WpHG differenziert jedoch nach der Schutzbedürftigkeit der Anleger, so dass bei bestimmten Geschäften durchaus eine Absenkung des Schutzniveaus möglich ist. Diese Frage wird im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Discount Brokern kontrovers diskutiert. Wie bereits im Zusammenhang mit der Darstellung der europäischen Grundlagen des Auf___________ 116 Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 121. 117 Zu Entstehungsgeschichte und Reichweite der Norm umfassend Schäfer, FS Schimansky, 1999, 699 ff. 118 Statt vieler Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 34; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 81a.

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sichtsrechts dargelegt, wollen die WDRL bzw. die MiFID nicht die Entstehung neuer Produkte verhindern119. Solange gewährleistet ist, dass der Kunde eine informierte Wahl trifft, darf er daher auch auf Dienstleistungen zugreifen, deren Schutzniveau deutlich abgesenkt ist, die deshalb aber auch wesentlich günstigere Konditionen bieten. Auf die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit des Kunden wird später zurückzukommen sein120. Nachdem nun das grundsätzliche Verhältnis von Aufsichtsrecht und Zivilrecht geklärt ist, wendet sich die folgende Darstellung der Frage zu, welche zivilrechtlichen Sanktionen eine Verletzung der Verhaltenspflichten nach sich zieht. Das Wertpapierhandelsgesetz enthält hierüber keine Aussage. Dies ist vor dem Hintergrund des aufsichtsrechtlichen Charakters der Vorschriften konsequent und entspricht der Regelungstradition auch anderer Gesetze des Wirtschaftsaufsichtsrechts. Daher ist ein Rückgriff auf die allgemeinen, im Bürgerlichen Recht vorgesehenen „Einfallstore“ notwendig. Im Folgenden wird daher untersucht, ob die Verletzung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten eine Nichtigkeit des Vertrags mit dem Kunden nach § 134 BGB bewirkt und ob der Kunde vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Die Prüfung der deliktischen Ansprüche erweist sich vor allem deshalb als notwendig, weil der Kunde ggf. auch unmittelbar gegen den handelnden Geschäftsleiter121 und nicht nur gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorgehen kann, was insbesondere im Fall von dessen Insolvenz Bedeutung erlangt.

2. Verhaltenspflichten als Verbotsgesetze Anders als etwa das US-amerikanische Recht122 enthalten die §§ 31 ff. WpHG keine ausdrückliche Bestimmung, aus der sich die Nichtigkeit von Verträgen für den Fall ergibt, dass das Wertpapierdienstleistungsunterneh___________ 119 Ebenso Köndgen, ZBB 1996, 361, 365. 120 S. u. S. 836 ff. 121 An dieser Stelle kann nicht auf die rege Diskussion eingegangen werden, die die Urteile des BGH zur strafrechtlichen und zur zivilrechtlichen Eigenhaftung der Geschäftsführung ausgelöst hat, vgl. BGHSt 37, 106 – „Erdal Lederspray“; BGH, WM 1992, 735; BGHZ 109, 297 ff. – „Baustoff-Fall“; vgl. aus dem sehr umfangreichen Schrifttum etwa Kleindiek, Deliktshaftung; A. Sandberger, Außenhaftung; Reuter, in: Münch. Komm. BGB4, § 31 Rz. 43 f. m. w. N.; Mertens/Mertens, JZ 1990, 488 ff.; Ransiek, ZGR 1992, 203 ff.; Dreher, ZGR 1992, 22 ff.; Medicus, GmbHR 1993, 533; Grunewald, ZHR 157 (1993), 451; Lutter, ZHR 157 (1993), 464; ders., DB 1994, 129; Wellkamp, DB 1994, 869 jeweils m. w. N.; s. a die Nachweise zur Rechtsprechung bei Thamm, DB 1994, 1021 ff. 122 Vgl. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 8 ff., 143.

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men bei der Leistungserbringung an einen Kunden gegen Verhaltenspflichten verstößt. Eine solche Rechtsfolge kann sich daher nur über die Anwendung allgemeiner Bestimmungen, d. h. aus § 134 BGB, ergeben. Da die §§ 31 ff. WpHG Gesetze im materiellen Sinne sind, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet (vgl. Art. 2 EGBGB)123. Nach herrschender Meinung führt nicht jeder Verstoß gegen ein Verbot zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Maßgebend ist, ob Wortlaut, Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift die Nichtigkeit fordern124. Es wird danach unterschieden, ob ein Verbot nur die äußeren Umstände des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts (keine Nichtigkeit) oder dessen Regelungsgehalt (dann Nichtigkeit) betrifft. Entscheidend ist also, ob das Verbotsgesetz sich nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Selbst der Umstand, dass eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit Buße bedroht ist, bewirkt nicht zwingend die Nichtigkeit des Vertrags. Das gilt vor allem dann, wenn das Verbot nur eine der vertragschließenden Parteien betrifft; in der Regel ist ein solcher Vertrag wirksam. Richtet sich das Verbot dagegen gegen beide Vertragspartner, so ist das Geschäft in der Regel nichtig. Eine für alle Beteiligten geltende Strafoder Bußgeldandrohung gibt dabei einen gewichtigen Hinweis darauf, dass die Rechtsordnung einem Vertrag, der das Verbot missachtet, die Wirksamkeit versagen will125. Entscheidend ist damit die Auslegung des Verbotsgesetzes. Diese ergibt, dass ein Verstoß gegen die §§ 31 ff. WpHG nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt. Die Vorschriften sollen das Verhalten nur einer der beiden Vertragsparteien regeln. Die in den Vorschriften enthaltenen Verbote richten sich gerade nicht an die Kunden, sondern ausschließlich an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, seine Geschäftsleiter und Mitarbeiter. Das Ziel der Verhaltenspflichten ist es, das Verhalten der Institute am Markt zu beeinflussen und einen bestimmten Standard beruflichen Verhaltens durchzusetzen. Die Pflichten wenden sich damit nicht gegen den Vertragsabschluss als solchen, sondern nur gegen bestimmte Verhaltensweisen des Instituts bei Vertragsschluss oder bei der Ausführung des Vertrags. Schon diese Zielsetzung spricht gegen die Annahme einer Nichtigkeit. Die Nichtigkeitssanktion hätte im Übrigen zur Folge, dass das Wertpapier___________ 123 Bei einem Verstoß gegen eine nach § 35 Abs. 4 WpHG erlassene Richtlinie kommt § 134 BGB deshalb nicht in Betracht. 124 BGH, WM 1996, 387, 389; Jauernig, in: Jauernig, BGB11, § 134 Rdn. 8. 125 So ausdrücklich BGH, NJW 1986, 1104; s. a. BGH, WM 1991, 1724, 1725 f.; WM 1992, 1148, 1149; WM 1992, 1780, 1782; a. A. Canaris, Gesetzliches Verbot, S. 54.

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dienstleistungsunternehmen durch einen Verstoß gegen die Verhaltenspflichten die vertragliche Grundlage beseitigen könnte und der Kunde auf bereicherungsrechtliche Ansprüche verwiesen würde. Die Bejahung der Nichtigkeitssanktion wäre kontraproduktiv, da die Verhaltenspflichten gerade den Schutz des Kunden bezwecken und dieser durch die Nichtigkeit alle vertraglichen Ansprüche einbüßen würde. Während die herrschende Meinung § 134 BGB von vornherein eng auslegt, versteht eine im Schrifttum vertretene Ansicht die Vorschrift als Auslegungsregel, nach der die Nichtigkeit gesetzlich vermutet wird und nur im Einzelfall durch Bewertung der Ziele der Verbotsnorm und der Interessen der Parteien ein anderes Ergebnis gerechtfertigt sein kann126. Auch nach dieser Ansicht kommt man jedoch zweifellos zu dem Ergebnis, dass vorliegend nicht der Abschluss des Geschäfts verboten ist, sondern nur bestimmte Arten des Verhaltens einer Vertragspartei bei der Ausführung127. Gerade vor dem Hintergrund des Kundenschutzes wäre auch nach dieser Ansicht die Nichtigkeit kontraproduktiv. Gleichgültig, welcher Ansicht man folgt, ergibt sich bei einem Verstoß gegen die Verhaltenspflichten durch das Institut damit keine Nichtigkeit der vertraglichen Rechtsbeziehung zum Kunden128. Dieses Ergebnis deckt sich im Übrigen mit der Auslegung des § 134 BGB, die Rechtsprechung und herrschende Meinung bei einer Verletzung der Pflichten nach dem Kreditwesengesetz oder § 34c GewO vornehmen129. ___________ 126 Canaris, Gesetzliches Verbot, S. 15, 20 ff.; Heinrichs, in: Palandt, BGB64¸ § 134 Rdn. 7; Mayer-Maly/Armbrüster, in: Münch. Komm. BGB4, § 134 Rdn. 1 („mehr als eine Auslegungsregel“). 127 Ausführlich Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 146 f.; in anderem Zusammenhang auch schon Canaris, Gesetzliches Verbot, S. 55. 128 Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 143 ff.; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch2, § 128 Rdn. 8. 129 BGHZ 76, 119, 126 f.; BGH, WM 1996, 387, 389; Bähre/Schneider, KWG3, § 32 Anm. 8; Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch Rdn. A/5; Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 6 Rdn. 31; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 32 Rdn. 21; Hönn, Vertragsparität, S. 240; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 229 ff., jeweils zum KWG sowie Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 146, zur GewO. Dieser weist auch darauf hin, dass das britische Recht zu dem gleichen Ergebnis gelangt, a. a. O., S. 148. Abweichend dagegen Canaris, Gesetzliches Verbot, S. 42 ff., der meint, es sei ein Wertungswiderspruch, wenn Verträge zwischen Banken und Kunden für wirksam erachtet würden, weil die Banken die Verträge dann mit staatlicher Hilfe durchsetzen könnten, obwohl der Staat ihnen die Tätigkeit untersage. An dieser Stelle dahinstehen muss die Frage einer Anfechtung des Vermögensverwaltungsvertrags durch den Kunden nach § 119 Abs. 2 BGB, da das Vorhandensein einer Zulassung eine persönliche Eigenschaft des Vermögensverwalters sein kann. In diesem Fall wäre die Vertragsbeziehung rückabzuwickeln. Fraglich ist,

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3. Vertraglicher Schutz bei Verletzung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten Wie soeben festgestellt, sind vertragliche und aufsichtsrechtliche Pflichten grundsätzlich zu trennen. Das Aufsichtsrecht strahlt zwar ins Zivilrecht aus, genauso wie umgekehrt der Standard der aufsichtsrechtlichen Verhaltenspflichten nicht unbeeinflusst von Einflüssen des Zivilrechts bleibt. Bei einzelnen Verhaltenspflichten kann es sogar einen Gleichlauf beider Pflichtenkreise geben, doch sind die aufsichtsrechtlichen Pflichten damit nicht automatisch Teil des Rechtsverhältnisses zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Kunden. Einem geschädigten Anleger stehen daher vertragliche Schadensersatzansprüche nur wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten zu, nicht aber auch wegen Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten. Der Zivilrichter muss daher in jedem Einzelfall prüfen, ob der vom Kunden eingeklagte Schadensersatz auf einer Verletzung vertraglicher Pflichten beruht. Da in weiten Teilen jedoch ein Gleichlauf von Aufsichtsrecht und Vertragsrecht besteht (s. o.), setzt der einzelne Kläger in diesen Bereichen mit einer Klage, die auf eine positive Forderungsverletzung des Vermögensverwaltungsvertrags (§ 280 Abs. 1 BGB) gestützt ist, faktisch immer auch Aufsichtsrecht durch. Fallen das Aufsichtsrecht und das Vertragsrecht auseinander, steht dem Kunden diese Möglichkeit nicht zur Verfügung. Denn der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann dieses nicht zur Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten zwingen oder Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten geltend machen. Die genaue Grenzziehung mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Organisationspflicht, wonach es die notwendigen Mittel und Verfahren bereit zu halten hat, um ordnungsgemäße Wertpapierdienstleistungen erbringen zu können, steht einem Kunden kein vertraglicher Anspruch auf Einhaltung der Pflichten zu. Erst wenn er belegt, dass die fehlerhafte Organisation auch eine ihm gegenüber bestehende zivilrechtliche Pflicht verletzt und ihm durch diese Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist, kann er gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen erfolgreich vorgehen. Da er in dieser Fallgestaltung aber gerade eine vertragliche Pflichtverletzung geltend macht, handelt es sich wiederum um die oben schon erwähnte Konstellation, dass der Kunde ___________ ob die Anfechtung des Vertrags mit dem Vermögensverwalter auf die ihm erteilte Vollmacht durchschlägt. In diesem Fall hätte die depotführende Bank ohne wirksame Kundenweisung gehandelt. Hier wird man die Depotbank durch Anwendung der Rechtscheingrundsätze nach § 172 BGB schützen können.

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bei einem Gleichlauf von Aufsichtsrecht und Vertragsrecht faktisch Aufsichtsrecht mit durchsetzt. Besteht kein Gleichlauf, kann er die Einhaltung der Organisationspflichten nur erreichen, indem er die BaFin von den Verstößen in Kenntnis setzt und darauf hofft, dass diese einschreitet. Einen eigenständigen zivilrechtlichen Anspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten hat er nicht. Auch gesteht ihm das Wertpapierhandelsgesetz kein eigenständiges subjektives Recht auf Erzwingung des Aufsichtsrechts zu. Die fehlende Einräumung individueller „Durchsetzungsrechte“ entspricht der Konzeption des Aufsichtsrechts, das die jeweiligen Pflichten der Institute nicht als durchsetzbare Rechte seiner Kunden ausgestaltet130, sondern entsprechend der gewerbeaufsichtsrechtlichen Tradition eine öffentlich-rechtliche Überwachung vorsieht131. Als ultima ratio verbleibt dem Kunden jedoch die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis fristlos zu kündigen, da er nicht erst abwarten muss, bis ein Schaden entsteht. Dieser Weg erweist sich insbesondere bei einem Dauerschuldverhältnis, wie der Vermögensverwaltung, als eminent wichtig. Ein außerordentliches Kündigungsrecht setzt Tatsachen voraus, die unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Parteien die Fortsetzung des Rechtsverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin unzumutbar machen. Eine solche Unzumutbarkeit liegt nicht nur vor, wenn dem Kunden ein nicht unerheblicher Schaden entstanden ist, sondern bereits dann, wenn der Schadenseintritt aufgrund von Verletzungen aufsichtsrechtlicher Pflichten wahrscheinlich ist. Der Kunde eines Vermögensverwalters wendet sich an diesen, weil er die Hilfe eines Fachmanns bei der Anlage seines Vermögens sucht. Er erwartet daher eine professionelle Leistung. Ordnet man die aufsichtsrechtlichen Pflichten der §§ 31 ff. WpHG nun als beruflichen Mindeststandard ein, was inzwi___________ 130 Zum Teil wird hieraus abgeleitet, das Wertpapierhandelsgesetz verfolge keinen Individualschutz, sondern nur Funktionenschutz, so etwa Lange, Informationspflichten, S. 273 f. Diese Gleichsetzung ist unzutreffend, da der aufsichtsrechtliche Schutz individueller Anleger auch ohne Gewährung subjektiver Rechte an den Einzelnen erfolgen kann. Dass das WpHG den Schutz der Kunden zum Gegenstand hat, belegt der Wortlaut der §§ 31, 32 WpHG. Nicht umsonst werden diese Normen als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anerkannt. Lange, Informationspflichten, S. 275 f., wendet ein, einen aufsichtsrechtlichen Schutz individueller Anleger könne es schon wegen § 4 Abs. 2 WpHG nicht geben, da das Amt allein im öffentlichen Interesse tätig sei. Dabei verkennt er, dass die Norm ausschließlich den Zweck hatte, Amtshaftungsansprüche auszuschließen, vgl. unten S. 760 Text bei Fn. 143. 131 Im Ergebnis ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 51; Lange, Informationspflichten, S. 273. Für das KWG ebenso Hönn, Vertragsparität, S. 240 f.

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schen unstreitig sein dürfte132, bedeutet gerade die Kenntnis des Kunden von einer erheblichen Verletzung oder nachhaltigen Nichteinhaltung der Verhaltenspflichten einen Vertrauensverlust, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Bei einer derartigen Sachlage ist der Kunde auch nicht gezwungen, erst eine Abmahnung auszusprechen und abzuwarten, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein Verhalten ändert133. Angesichts der Tatsache, dass er als Außenstehender nicht wirksam kontrollieren kann, ob das Institut sein Verhalten tatsächlich ändert, würde die Notwendigkeit einer Abmahnung dem Kunden die Überprüfungslast aufbürden, die Interna des Unternehmens zu überwachen. Dies ist nicht seine Aufgabe und dies kann er auch nicht leisten. Zudem macht auch eine Abmahnung den eingetretenen Vertrauensverlust nicht rückgängig. Bei einer Leistung, wie der Vermögensverwaltung, die ein hohes Maß an Vertrauen in die Fähigkeiten und Redlichkeit der anderen Vertragsseite voraussetzt, ist der durch den Vermögensverwalter ausgelöste Vertrauensverlust daher stets ein Grund zur fristlosen Kündigung. Der Verstoß des Vermögensverwalters gegen das Aufsichtsrecht stellt also einen wichtigen Grund nach §§ 675 Abs. 1, 626 Abs. 1 BGB dar. Es kommt mithin nicht auf die Frage an, ob auch ein außerordentliches Kündigungsrecht nach §§ 675 Abs. 1, 627 Abs. 1 BGB gegeben wäre134, das keinen solchen Grund erfordert.

4. Deliktischer Schutz bei Verletzung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten a) Der Schutzgesetzcharakter von aufsichtsrechtlichen Normen Eine Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Pflichten könnte auch im Wege eines auf § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB gestützten Schadensersatzprozesses erfolgen, sofern die jeweilige aufsichtsrechtliche Vorschrift als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB einzuordnen ist, der Geschädigte zum geschützten Personenkreis gehört und der geltend gemachte Schaden im Schutzbereich dieser Vorschrift liegt. Die Bedeutung des § 823 Abs. 2 BGB liegt in der Ausweitung des Deliktsrechts auf den Ersatz von allgemeinen und primären Vermögensschäden. ___________ 132 S. o. S. 747, Text bei Fn. 100. 133 So aber wohl Balzer, Vermögensverwaltung, S. 209. 134 Die Frage, ob § 627 BGB überhaupt auf die Vermögensverwaltung Anwendung findet, ist streitig. Balzer, Vermögensverwaltung, S. 213 ff., verneint dies, da der Verwalter in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen stehe; a. A. Hammen, Gattungshandlungsschulden, S. 388 Fn. 161.

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Als Schutzgesetze kommen gemäß Art. 2 EGBGB nur Gesetze im materiellen Sinne in Betracht. Die gemäß § 35 Abs. 4 WpHG erlassenen Verwaltungsrichtlinien können schon aus diesem Grunde keine Schutzgesetze darstellen135, wohl aber die §§ 31 ff. WpHG. Das Gesetz darf sich nicht in allgemeinen Programmsätzen erschöpfen, sondern muss hinreichend konkret sein. Die §§ 31 bis 33 WpHG erfüllen diese Voraussetzung, da die in ihnen geregelten Verhaltenspflichten eindeutig Anordnungen an die Wertpapierdienstleistungsunternehmen enthalten. Der Umstand, dass in den Vorschriften zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, ändert an dieser Feststellung nichts, da solche Rechtsbegriffe der Auslegung zugänglich sind, so dass den Vorschriften ein konkreter Regelungsauftrag entnommen werden kann136. Um festzustellen, ob eine bestimmte Vorschrift als Schutzgesetz einzuordnen ist, muss ihre Schutzrichtung bestimmt werden. Die Schutzgesetzeigenschaft ist nur dann anzunehmen, wenn die jeweilige Vorschrift zumindest als Nebenzweck auch den Schutz individueller Interessen bezweckt. Dabei kann nicht einem Gesetz als Ganzem Schutzgesetzcharakter zukommen, sondern immer nur einzelnen seiner Vorschriften137. Bevor jedoch die einzelnen Vorschriften daraufhin untersucht werden, gilt es zunächst einige Vorüberlegungen über die im Wertpapierhandelsgesetz niedergelegte Aufsicht anzustellen, um deren Zielrichtung und Reichweite bestimmen zu können. Die dabei gewonnenen Ergebnisse sind für alle Verhaltenspflichten von Bedeutung, werden also an dieser Stelle gleichsam „vor die Klammer gezogen“. Der Gesetzgeber hat die Aufsicht öffentlich-rechtlich ausgestaltet und im Wertpapierhandelsgesetz keine Primäransprüche einzelner Anleger auf Einhaltung der Aufsichtspflichten vorgesehen138. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber damit auch Sekundäransprüche aus § 823 Abs. 2 BGB ausschließen wollte. Ziel des Wertpapierhandelsgesetzes war gleichermaßen der Ausbau des Funktionenschutzes wie des Individualschut___________ 135 Bezogen auf die Richtlinien nach § 35 Abs. 4 WpHG Schäfer, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 34; Balzer, ZBB 1997, 260, 268 Fn. 107. 136 Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 149. 137 Unstreitig, vgl. etwa Wagner, in: Münch. Komm. BGB4, § 823 Rdn. 340, 344. 138 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die zu bestimmten aufsichtsrechtlichen Pflichten parallel laufenden zivilrechtlichen Nebenpflichten einklagbar sind. Dies wird im Bereich des bankrechtlichen Schrifttums etwa dann bejaht, wenn Aufklärungspflichten wesentliche Kundeninteressen betreffen. So soll die Aufklärungspflicht als vertragliche Nebenpflicht einklagbar sein, wenn das Institut verpflichtet gewesen wäre, von sich aus einen Interessenkonflikt offenzulegen, Hopt, FS Gernhuber, 1993, S. 169, 179. Dieser Frage kann an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden.

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zes, wie die Regierungsbegründung zum Gesetz ergibt139. Sie anerkennt damit, dass beide Regelungsziele Kehrseite derselben Medaille sind. Wie § 15 Abs. 6 WpHG a. F. zeigt, war dem Gesetzgeber die Problematik der Schutzgesetzverletzung durchaus bewusst. Aus dieser Vorschrift wird daher zu Recht im Umkehrschluss abgeleitet, dass trotz der in erster Linie auf den Funktionenschutz ausgerichteten Aufsicht den §§ 31 ff. WpHG grundsätzlich Schutzgesetzcharakter zukommen kann140. Gegen dieses Ergebnis lässt sich auch nicht § 4 Abs. 2 WpHG a. F. (jetzt § 4 Abs. 4 FinDAG) ins Feld führen, der feststellt, dass die Aufsicht nur im öffentlichen Interesse ausgeübt wird. Ziel dieser Vorschrift, deren Verfassungs- und Europarechtskonformität fraglich ist141, war es, eine Amtshaftung des Staates wegen Fehlern der Aufsicht auszuschließen. Damit wollte der Gesetzgeber die Haftungsfrage an § 6 Abs. 3 KWG a. F. angleichen, um Wertungswidersprüche zu verhindern142. Keinesfalls aber wollte er damit auch sonstige Ansprüche, wie zwischen der BaFin und den Wertpapierdienstleistungsunternehmen einerseits und zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Dritten andererseits, regeln143, geschweige denn damit die Frage der Schutzgesetzeigenschaft der §§ 31 ff. WpHG präjudizieren144. Hinzu kommt, dass die WDRL145 einen individuellen Anlegerschutz bezweckt und eine Auslegung, wonach § 4 Abs. 2 WpHG a. F. jeden Individualschutz ausschließen solle, damit richtlinienwidrig wäre146. ___________ 139 RegE, BT-Drucks, 12/6679, S. 1 („Verbesserung der Attraktivität … des Finanzplatzes Deutschland durch Erweiterung des Anlegerschutzes“); Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT Drucks. 12/7918, S. 95 („… Erhöhung der Attraktivität des deutschen Finanzplatzes. Insbesondere die Intensivierung des Anlegerschutzes … geeignet, das Vertrauen in- und ausländischer Investoren in den Finanzplatz Deutschland zu stärken“). Zustimmend Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 159. 140 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 152; Jerusalem, Mitarbeitergeschäfte, S. 78. 141 Dazu unten S. 956 ff. 142 Dies geschah auf Hinweis von Hopt, WM-Festgabe Hellner, 1994, 29, der betonte, dass eine einheitliche Regelung im KWG, WpHG und BörsG notwendig sei, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Hopt ließ offen, ob die Bestimmung rechtspolitisch sinnvoll sei. Ebenso ders., ZHR 159 (1995) 135, 158. 143 S. die Nachweise auf S. 955 Fn. 101 (zu § 6 Abs. 4 KWG) sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT Drucks. 12/7918, S. 100 (zu § 4 Abs. 2 WpHG), S. 109 (zu § 1 Abs. 4 BörsG). 144 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 151 f.; Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 158 f.; allerdings widerspricht dieser Standpunkt einer Äußerung von Hopt an anderer Stelle (Baumbach/Hopt, HGB31, (7) BankGesch Rdn. A/5), an der – ohne Begründung – festgestellt wird, dass § 4 Abs. 4 FinDAG auch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB ausschließe. 145 S. u. S. 942 ff. 146 Ebenso Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 159 f.

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Aus der Tatsache, dass dem Kunden eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens auch vertragliche Schadensersatzansprüche gegen dieses zustehen können (s. o.), lässt sich ebenfalls kein Gegenargument gegen den Schutzgesetzcharakter gewinnen. Das zivilrechtliche Anspruchssystem des deutschen Rechts kennt gerade kein Verbot, vertragliche und deliktische Ansprüche zu kumulieren, sondern sieht dies im Gegenteil als Selbstverständlichkeit an. Die Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Regelungen mittels individueller Ansprüche erscheint auch deshalb als notwendig, weil die Aufsicht nicht flächendeckend tätig werden kann und sich auf Stichproben beschränken muss. Die Effektivität der Aufsicht wird durch die individuellen Klagen erheblich gesteigert. Dies belegen auch rechtsvergleichende Betrachtungen147. Hinzu kommt, dass die strafrechtlichen Sanktionen, die das Wertpapierhandelsgesetz für den Fall von Verstößen gegen Verhaltenspflichten nach den §§ 31 ff. WpHG vorsieht, erheblich hinter denen des 3. Abschnitts des WpHG zurück bleiben. Das verfolgte Regelungskonzept spricht damit für die Eröffnung von Ansprüchen nach § 823 Abs. 2 BGB, zumal dies auch der Regelungstradition im Bankaufsichtsrecht entspricht148. Ein Teil des Schrifttums legt das Tatbestandsmerkmal „den Schutz eines anderen bezwecken“ einschränkend dahingehend aus, dass nur solche Gesetze Schutzgesetze sein könnten, deren primäres Ziel der Vermögensschutz sei149. Da die Verhaltenspflichten gerade darauf zielen, Vermögenseinbußen der Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu verhindern, indem ein Mindeststandard an beruflichem Verhalten vorgeschrieben wird, können die §§ 31 ff. WpHG auch nach dieser Ansicht ein Schutzgesetz darstellen. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Verhaltenspflichten nicht nur im öffentlichen Interesse erlassen wurden, sondern auch dem Individualschutz dienen. Im Folgenden ist nun zu prüfen, ob die einzelnen Vorschriften Schutzgesetzcharakter haben. b) §§ 31, 32 WpHG als Schutzgesetze Sowohl von ihrem Wortlaut als auch ihrer Entstehungsgeschichte150 und ihrem Zweck her zielen die §§ 31, 32 WpHG auf den Schutz des Kunden ___________ 147 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 153. 148 Vgl. etwa BGHZ 74, 144, 149 („Wetterstein-Wertbrief-Fonds“); BGHZ 75, 120, 122 („Herstatt“). 149 Dazu Wagner, in: Münch. Komm. BGB4, § 823 Rdn. 345 m. w. N. 150 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 103 f.

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von Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Die Informations-, Sorgfaltsund Interessenwahrungspflichten dienen nicht etwa der Erleichterung der Beaufsichtigung durch die BaFin, sondern bezwecken die Gewährleistung einheitlicher Mindeststandards zum Schutze der Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Es ist daher inzwischen allgemein anerkannt, dass den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter zukommt151. c) § 33 WpHG als Schutzgesetz Den Organisationspflichten des § 33 WpHG wird allgemein der Schutzgesetzcharakter abgesprochen152. Im Ergebnis erweist sich dieser Standpunkt als zutreffend. § 33 WpHG macht Vorgaben hinsichtlich der Organisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Aus den Materialien zu § 33 WpHG ergibt sich nicht, dass zum Schutze des Kunden eine bestimmte Organisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmens vorgeschrieben sein soll153. Auch das Vertragsrecht kennt keinen derartigen Anspruch des Kunden auf eine bestimmte Organisation des Geschäftsbetriebs seines Vertragspartners, es sei denn, bestimmte Vorgaben (z. B. Einhaltung der ISO 9000) sind vereinbart. Entscheidend ist, dass die Leistung ordnungsgemäß erbracht wird, nicht wie dies bewerkstelligt wurde. Das Zivilrecht erfasst Organisationsfehler nur bei Sekundäransprüchen und zwar dann, wenn ein Schaden eingetreten ist, der auf einem Organisationsmangel beruhte. Hieraus erwächst jedoch kein Primäranspruch des Kunden auf eine bestimmte ___________ 151 Vgl. etwa Balzer, Vermögensverwaltung, S. 156 f.; ders., ZBB 1997, 260, 263; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 148 ff.; Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 18; Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 94; Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 160 (zu § 32 Abs. 1 Nr. 1 WpHG); Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 8.450, 8.453 ff.; Reich, WM 1997, 1601, 1604; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 9; ders., in: Schäfer/ Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 33; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 123; a. A. noch Waldeck, in: Cramer/Rudolph, Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 647, 651 f., der die §§ 31 ff. WpHG allerdings als zwingendes Vertragsrecht einordnet, weshalb sie – konsequenterweise – keine Schutzgesetze sein können. A. A. auch Lange, Informationspflichten, S. 307 f.; Schwennicke, WM 1998, 1101, 1102; offen gelassen bei Horn, ZBB 1997, 139, 150. 152 Vgl. etwa BGH, WM 2001, 1758, 1761 mit Anm. Balzer, WuB I L 2 § 31 WpHG 1.02; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 157; ders., ZBB 1997, 260, 263 f.; Gaßner/ Escher, WM 1997, 93, 94; Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 160; Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 1; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 8.459; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 9; ders., in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 33; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 123. 153 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 105.

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Organisation auf Seiten des Vertragspartners. Das Zivilrecht wählt also eine ex-post-Betrachtung und knüpft Rechtsfolgen nur an einen Schadenseintritt. Eine sachgerechte Organisation des Geschäftsbetriebs wird damit als Obliegenheit als Geschäftsinhabers eingeordnet, nicht als Anspruch des Kunden. Sieht man einmal von dieser Wertung des Zivilrechts ab, die für das Aufsichtsrecht nicht bindend ist und daher auch allein keine tragfähige Begründung gegen den Schutzgesetzcharakter darstellen kann, ergibt sich das Fehlen des individuellen Kundenschutzes noch aus einem weiteren Gesichtspunkt. Die Frage, welche Organisation sachgerecht ist, lässt sich nicht abstrakt-generell beantworten154, sondern hängt von der Größe des Unternehmens, der Art der betriebenen Geschäfte, der Mitarbeiterzahl, der Zahl der Standorte und vielen weiteren Faktoren ab. Wollte das Aufsichtsrecht dem Kunden Anspruch auf eine bestimmte Organisation einräumen, würde die Gestaltungsfreiheit der Unternehmen und damit auch ihre Anpassungsfähigkeit an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen stark beschnitten. Das Aufsichtsrecht würde zum Hemmschuh der Unternehmensorganisation. Dass dies nicht gewollt sein kann, liegt auf der Hand. Bestätigt wird dieses Ergebnis im Übrigen durch Ziff. 2.1 der Compliance-RL155. Sie bestimmt, dass sich die Angemessenheit der Umsetzung der sich aus der Richtlinie ergebenden Organisationspflichten aus einer Gesamtbetrachtung der getroffenen Maßnahmen unter Berücksichtigung von Größe, Geschäftstätigkeit und Struktur des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ergibt. Sie enthält also keine festen Vorgaben. Die in § 33 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 WpHG niedergelegten Pflichten sind damit nicht individualschützend. Die in § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG geregelte Pflicht zur Vermeidung oder Minderung von Interessenkonflikten entspricht der Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, die individualschützend ist. Diese doppelte Regelung derselben Pflicht verdeutlicht, dass sie in § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG – ebenso wie die Nrn. 1 und 3 – nur aufsichtsrechtlichen und nicht auch individualschützenden Charakter haben kann. Ansonsten würde die Verdoppelung keinen Sinn machen. Betrachtet man schließlich das in § 33 Abs. 2 WpHG geregelte Outsourcing, muss ebenfalls der soeben entwickelte Gedanke ausschlaggebend sein, dass dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen – im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Grenzen – die notwendige Gestaltungsfreiheit verbleibt. Wollte man der Norm einen individualschützenden Charakter zubilligen, würde diese Freiheit durch Schadensersatzprozesse rasch eingeschränkt. Durch die ___________ 154 Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 10. 155 Fundstelle s. o. S. 739 Fn. 78.

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Verneinung der Schutzgesetzeigenschaft des § 33 Abs. 2 WpHG entsteht im Übrigen keine Schutzlücke. Wie im Zusammenhang mit § 25a Abs. 2 KWG festgestellt, hat der Kunde eines Vermögensverwalters Anspruch auf persönliche Erbringung der Vermögensverwaltung (§ 664 Abs. 1 Satz 1 BGB)156. Soweit der Vermögensverwalter Aufgaben zulässigerweise delegiert, hat er ein Auswahlverschulden zu vertreten. Diese Ansprüche schützen den Kunden ausreichend. d) § 34 WpHG als Schutzgesetz Die in § 34 WpHG niedergelegten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten dienen ausweislich der Gesetzesmaterialien allein dem Zweck, der Aufsichtsbehörde die nachträgliche Kontrolle der Einhaltung der Verhaltenspflichten zu ermöglichen157. Das Schrifttum158 begnügt sich – ohne weitere Auslegungsmethoden heranzuziehen – mit dieser Begründung und verneint den Schutzgesetzcharakter. Dabei geht es nicht der Frage nach, ob und wie der Kunde geschützt wird. Man könnte nun argumentieren, dass der Sinn und Zweck der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten es erfordern, § 34 WpHG als Schutzgesetz einzuordnen. So muss beispielsweise einem Vermögensverwaltungskunden die Kontrolle ermöglicht werden, ob der Vermögensverwalter die Anlagerichtlinien eingehalten hat und falls er dies nicht getan hat, wie der Kunde seine Schäden ersetzt erhält. Um keine Schutzlücke entstehen zu lassen, müsste das Bestehen einer solchen Kontrollmöglichkeit für den Kunden auch aufsichtsrechtlich überwacht werden. Diese Argumentation entpuppt sich im Ergebnis aber als ebenso wenig überzeugend, wie es umgekehrt der bloße Verweis des Schrifttums auf die Gesetzesmaterialien ist. Dies zeigt das Beispiel der Vermögensverwaltung. Der Kunde eines Vermögensverwalters hat gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB Anspruch auf Benachrichtigung, Auskunft und Rechenschaft. Der Verwalter nimmt die Anlageentscheidungen im Interesse des Kunden vor, so dass dieser zur sachgerechten Wahrnehmung seiner eigenen Interessen auf eine vollständige und ___________ 156 S. o. S. 636 f. 157 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 105. 158 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 157; ders., ZBB 1997, 260, 263 f.; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34 Rdn. 1; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 8.459; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 9; ders., in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 33; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 123; a. A. wohl Waldeck, in: Cramer/Rudolph, Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 647, 654.

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nachvollziehbare Information durch den Vermögensverwalter angewiesen ist. Nur wenn der Kunde ausreichend informiert ist, kann er selbst jederzeit eingreifen und bestimmte Anlageentscheidungen korrigieren, Weisungen erteilen oder gar die Vertragsbeziehung beenden. Dieser zivilrechtlichen Pflicht entspricht eine aufsichtsrechtliche Informationspflicht in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Dem Kunden sind alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen. Dies sind bei der Vermögensverwaltung nicht in erster Linie produktbezogene Informationen, da die Anlageentscheidungen ohnehin vom Vermögensverwalter getroffen werden, sondern Informationen über die Durchführung des Verwaltungsprozesses. Der Kunde muss vollständig, richtig, verständlich und nachprüfbar informiert werden, ob der Vermögensverwalter die Anlagerichtlinien eingehalten hat und ob sich die festgelegten Anlageziele bewährt haben. Nur auf diese Weise wird er in die Lage versetzt, eigenverantwortliche Festlegungen seiner weiteren Anlageziele zu treffen, ggf. Weisungen hinsichtlich der Kapitalanlage zu erteilen und eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu treffen, ob er auch künftig die Dienste des konkreten Vermögensverwalters in Anspruch nehmen oder lieber den Verwalter wechseln will. Ohne derartige Informationen wäre der Kunde dem Vermögensverwalter schutzlos ausgeliefert, da dieser das Depot manipulieren könnte, ohne in guten Börsenjahren befürchten zu müssen, dass der Kunde den Vermögensverwalter wechselt. Um die genannten Entscheidungen auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen zu können, muss dem Kunden also die Möglichkeit offen stehen, den gesamten Vermögensverwaltungsprozess hinsichtlich seines Depots nachzuvollziehen. Dies erfordert eine Aufzeichnung (und auf Wunsch des Kunden Übermittlung) aller zweckdienlichen Informationen bezüglich jeder Anlageentscheidung des Vermögensverwalters. Da der Vermögensverwalter eine Vielzahl von Entscheidungen hinsichtlich verschiedener Depots trifft, wird dem einzelnen Kunden die Möglichkeit einer Kontrolle nur eröffnet, wenn der Vermögensverwalter für jedes Depot individuelle Aufzeichnungen erstellt, die im Ergebnis alle Angaben enthalten müssen, die auch in § 34 Abs. 1 WpHG verlangt werden. Zudem muss er sie ausreichend lange aufbewahren für den Fall, dass ein Kunde später Rechenschaft begehrt. Mithin ergeben sich die kundenschützenden Aufzeichnungsund Aufbewahrungspflichten bereits aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG. Es entsteht damit keine Schutzlücke im individuellen Anlegerschutz. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die herrschende Meinung den in § 34 WpHG niedergelegten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu Recht keine Schutzgesetzeigenschaft zuspricht. Die dafür gegebene Be765

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gründung erweist sich jedoch – zumindest im Hinblick auf das Beispiel der Vermögensverwaltung – als zu knapp. Entscheidend ist neben den Gesetzesmaterialien der Umstand, dass die kundenbezogenen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sich bereits aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ergeben, der seinerseits Schutzgesetz ist. e) § 34a WpHG als Schutzgesetz Das Schrifttum ordnet § 34a WpHG als Schutzgesetz ein159. Diese Qualifikation ist zutreffend, denn die Norm soll verhindern, dass der Kunde sein Vermögen im Insolvenzfalle einbüßt, weil das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kundengelder untereinander oder mit dem eigenen Vermögen vermischt hat. Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Norm160 belegen das Ziel einer Minimierung des Substanzerhaltungsrisikos der Kunden. f) Verhaltenspflichten als deliktische Verkehrspflichten Ein Teil des Schrifttums begreift die Verhaltenspflichten der §§ 31, 32 WpHG als deliktische Verkehrspflichten161. Unter einer solchen ist die Pflicht zu verstehen, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die aus der Eröffnung einer Gefahrenquelle entstehenden Risiken für Dritte einzudämmen162. Angesichts der Vielzahl denkbarer Gefahrenquellen und -konstellationen ist eine allgemein gültige Definition der Verkehrspflicht oder eine abstrakte Umschreibung der inhaltlichen Ausgestaltung der „Gefahrenabwendungspflicht“ nicht möglich. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Die freiwillige Übernahme einer Aufgabe wird als Schaffung einer Gefahrenquelle angesehen163, die den Übernehmenden verpflichte, die aus der Aufgabe resultierenden Gefahren abzuwenden. Verkehrspflichten werden herkömmlich innerhalb des Tatbestands des § 823 Abs. 1 BGB geprüft und nach umstrittener Ansicht auch als Schutzgesetze ___________ 159 Schäfer, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 36; ders., in: Schäfer, WpHG, Vor § 31 Rdn. 12; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34a Rdn. 1 m. w. N. 160 Die Gesetzesmaterialien schweigen zur Frage der Schutzgesetzeigenschaft, vgl. RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 110 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166 f. 161 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 158 f.; Horn, ZBB 1997, 139, 150; a. A. Lange, Informationspflichten, S. 307 f. 162 Zum generellen Wandel des Sorgfaltsbegriffs von der Gefahrvermeidung hin zum sachgerechten Umgang mit Gefahren zuletzt Rohe, AcP 201 (2001), 117, 127 m. w. N. 163 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 III 3 b = S. 408.

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nach § 823 Abs. 2 BGB eingeordnet164. Da bei einem Verstoß des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegen die §§ 31, 32. WpHG im Regelfall keines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter beeinträchtigt sein wird, sondern der Verstoß reine Vermögensschäden verursacht, scheidet § 823 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage aus. In Betracht käme damit nur eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB. Allerdings kommt der Frage, ob die Verhaltenspflichten als deliktische Verkehrspflichten einzuordnen sind, keine eigenständige Bedeutung zu, da die ganz herrschende Meinung die §§ 31, 32 WpHG ohnehin bereits als Schutzgesetze begreift, so dass es eines zusätzlichen Rückgriffs auf ungeschriebene Verkehrspflichten nicht bedarf. Ein Teil des Schrifttums will – allerdings ohne Begründung – die Verhaltenspflichten der §§ 31, 32 WpHG als Verkehrspflichten im Rahmen des § 826 BGB einordnen165, ohne allerdings darzutun, warum innerhalb des Tatbestands des § 826 BGB Raum oder gar Notwendigkeit für die Prüfung von Verkehrspflichten ist. Andere gehen – wiederum ohne Begründung – sogar noch weiter und ordnen gar § 33 WpHG als eine Verkehrspflicht i. S. d. § 826 BGB ein166. § 826 BGB erfasst insbesondere Fälle primärer Vermögensschädigung. Aufgrund der hohen Schwelle des Tatbestands, der Sittenwidrigkeit und Vorsatz voraussetzt, unterscheiden sich die Anforderungen an das haftungsbegründende Verhalten deutlich von denen des § 823 BGB. Die Verkehrspflichten spielen daher als Zurechnungskriterium keine eigenständige Rolle167, sondern fließen in die generelle Prüfung der Sittenwidrigkeit ein und können im Rahmen der Frage, ob eine leichtfertige Schädigung fremden Vermögens vorliegt, Bedeutung erlangen168. Soweit das Schrifttum zur Vermögensverwaltung die Verhaltenspflichten im Rahmen des § 826 BGB berücksichtigen will, wird die Annahme des Mandats der Anleger als das auslösende Moment für die Bejahung einer Verkehrspflicht angesehen169. Allerdings seien nur die §§ 31, 32 WpHG präzise genug, um als Verkehrspflichten zu gelten, während die §§ 33, 34 WpHG aufgrund ihrer anderen Zielrichtung und inhaltlichen Unbestimmtheit keine ___________ 164 Bejahend etwa v. Bar, Verkehrspflichten, S. 157 ff., 319; K. Huber, FS v. Caemmerer, S. 359 ff.; a. A. Rohe, AcP 201 (2001), 117, 129; Teichmann, in: Jauernig, BGB11, § 823 Rdn. 35 ff., 43 jeweils m. w. N. 165 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 158 f.; Horn, ZBB 1997, 139, 150. 166 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 1; a. A. aber Balzer, Vermögensverwaltung, S. 159. 167 So ordnet v. Bar, Verkehrspflichten, S. 211 ff., die Verkehrspflichten aus systematischen Gründen bei § 823 BGB ein. 168 Statt vieler dazu Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 78 II 2 d = S. 453. 169 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 158 ff.; ders., ZBB 1997, 260, 264.

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inhaltlichen Vorgaben für Verkehrspflichten darstellten könnten170. Dieses Ergebnis entspricht den Schlussfolgerungen, die bei der Prüfung des § 823 Abs. 2 BGB gezogen wurden. Bedenkenswert sind dabei allerdings zusätzliche Argumente: Gegen die Einordnung der §§ 33, 34 WpHG als Verkehrspflichten spricht der Umstand, dass die meisten der in §§ 33, 34 WpHG enthaltenen Pflichten sich spiegelbildlich als individualschützende Pflichten bereits in den §§ 31, 32 WpHG wiederfinden (s. o.). Es ist zudem Sache der BaFin und nicht der Zivilgerichte, die generellen Anforderungen an die Organisation festzulegen, um zu gewährleisten, dass den Wertpapierdienstleistungsunternehmen die notwendige Gestaltungsfreiheit der inneren Organisation verbleibt. Außerdem ist denkbar, dass die BaFin bestimmte Organisationspflichten gerade auch zum Zwecke der leichteren Beaufsichtigung aufstellt, so dass ein unmittelbarer Kundenschutz gar nicht intendiert ist. In diesem Fall lässt sich eine leichtfertige Kundenschädigung i. S. d. § 826 BGB nicht bejahen. Denn die Zivilgerichte sind nur zum Eingreifen berufen, wenn eine Organisationspflicht zugunsten des Verletzten bestand und dieser dadurch eine Schädigung erlitt171. Dann aber sind – wie festgestellt – im Zweifel immer auch Pflichten der §§ 31, 32 WpHG verletzt. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Berücksichtigung des § 33 WpHG im Rahmen des § 826 BGB ausgeschlossen172.

5. Verhaltenspflichten und Berufshaftung Wer die Berufshaftung als eigenständigen Haftungstatbestand begreift173, kann die §§ 31 ff. WpHG in diese Haftungskategorie einordnen und bei einem Verstoß gegen die Verhaltenspflichten Ansprüche bejahen. Als Argument für die Anerkennung eines eigenständigen Tatbestands der Berufshaftung wird die Professionalität der Anbieter von Dienstleistungen angeführt174. Die Berufshaftung hat sich jedoch zu Recht nicht als eigenständige ___________ 170 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 159 f. 171 Zu Organisationspflichten im Rahmen deliktischer Haftung etwa Teichmann, in: Jauernig, BGB11, § 823 Rdn. 32 m. w. N. Grundlegend zu Organisationspflichten Spindler, Unternehmensorganisationspflichten. 172 Im Ergebnis ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 159. 173 Etwa Baumbach/Hopt, HGB31, § 347 Rdn. 22 m. w. N.; ders., AcP 183 (1983), 608, 634 ff., 705 ff.; ders., FS Gernhuber, 1993, S. 169, 176 f.; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 233 ff. In eine neue Richtung gelenkt wurde die Diskussion durch die Arbeit von Hirte, Berufshaftung, S. 135 ff., 413 ff., 491, der eine haftungsmäßige Gleichstellung aller Umsatzgeschäfte und damit die Aufgabe der Unterscheidung von freiberuflich erbrachten Dienstleistungen und gewöhnlichen Dienstleistungen vertritt. 174 Vgl. etwa Hopt, AcP 183 (1983), 608, 634 ff., 645 ff.; zu Recht a. A. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 III 3 b = S. 409.

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Haftungskategorie durchzusetzen vermocht175. Vielmehr wird die Professionalität im Rahmen der allgemeinen vertraglichen, quasivertraglichen und deliktischen Haftung bei der Bemessung der Pflichtenstandards und des Verschuldens berücksichtigt, da diese gesetzlich niedergelegten Haftungstatbestände ausreichend sind, um berufliche Standards durchzusetzen, und es deshalb keiner Anerkennung einer eigenständigen Haftungskategorie bedarf. In der Sache handelt es sich vielmehr um Verkehrspflichten, die auch außerhalb beruflicher Stellungen anerkannt sind. Nicht die berufliche Stellung ist das ausschlaggebende Moment, sondern die Übernahme einer Aufgabe. Denn Garantenstellungen können nicht nur beruflicher Natur sein, sondern etwa auch gefälligkeitshalber bestehen176.

6. Verhaltenspflichten und Sanktionen Um die mit der Einführung von Verhaltenspflichten verfolgten Ziele und den genauen Umfang des vermittelten Anlegerschutzes feststellen zu können, bedarf es eines Eingehens auf die zur Verfügung stehenden Sanktionen für den Fall, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen die ihm obliegenden Pflichten aus den §§ 31 ff. WpHG verletzt. Es stehen folgende Sanktionen zur Verfügung: – Ist die Verletzung nachhaltig, kann die BaFin dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Erlaubnis zum Betrieb entziehen (§ 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG) oder die Geschäftsleiter abberufen (§§ 36 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG). – Eine Abberufung des Geschäftsleiters ist auch möglich, wenn dieser vorsätzlich oder leichtfertig gegen die §§ 31 ff. WpHG oder die zu deren Umsetzung ergangenen Verordnungen oder Anordnungen der BaFin verstößt und dieses Verhalten trotz Verwarnung durch die BaFin fortsetzt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 KWG). – Die Verletzung des Empfehlungsverbots nach § 32 Abs. 1 und 2 WpHG, der Aufbewahrungspflicht nach § 34 Abs. 3 WpHG, der Pflicht zur getrennten Vermögensverwahrung nach § 34a WpHG und der Pflicht zur Prüferbestellung und deren Anzeige nach § 36 WpHG stellen Ordnungswidrigkeiten dar (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nrn. 12, 13, 15 WpHG). ___________ 175 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 155 f.; Köndgen, Bankhaftung, S. 133, 136; Lang, AcP 201 (2001), 451, 578; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 III 3 b = S. 409; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 122. 176 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 III 3 b = S. 409.

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Gleiches gilt für die Nichtbeachtung vollziehbarer Anordnungen der BaFin nach § 4 Abs. 3 Satz 1 WpHG (vgl. § 39 Abs. 3 Nr. 1 lit. a WpHG). – Im Übrigen stehen geschädigten Anlegern die genannten zivilrechtlichen Ansprüche gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu. Das Wertpapierhandelsgesetz sieht damit ein Nebeneinander von strafrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Sanktionen vor, das durch die nach allgemeinen Grundsätzen anwendbaren zivilrechtlichen Ansprüche ergänzt wird. Das Aufsichtsrecht erfasst und sanktioniert nicht jede Vertragsverletzung in der Rechtsbeziehung zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden. Erfasst sind nur die Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Pflichten. Diese können sich im Einzelfall mit den vertraglichen Pflichten überschneiden oder gar mit ihnen deckungsgleich sein, müssen es aber nicht. Wie bereits angeklungen ist, besteht etwa bei der Pflicht aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG keine Deckungsgleichheit: Die abstrakte Pflicht, alle für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen notwendigen Mittel und Verfahren vorzuhalten, kann – sofern hierüber nicht ausnahmsweise Absprachen getroffen wurden – vom einzelnen Anleger nicht eingefordert werden. Ihm steht nur ein Anspruch auf die ordnungsgemäße Erfüllung der konkret von ihm in Auftrag gegebenen Wertpapierdienstleistung zu. Solange die ihm geschuldete Wertpapierdienstleistung nicht beeinträchtigt wird, steht es dem Vertragspartner zivilrechtlich frei, auch eine chaotische Betriebsorganisation vorzuhalten. Erst nach Entstehen eines Schadens steht dem Anleger ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung und Delikt gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu. Während das öffentlich-rechtliche Aufsichtsrecht damit eine präventive Funktion übernimmt, kommt dem zivilrechtlichen Anspruch die Funktion einer ex-post-Kontrolle zu, die auf den Ausgleich von Schäden beschränkt ist177. Zwar hat allein das Bestehen von Schadensersatzansprüchen seinerseits eine verhaltenssteuernde Wirkung, weil das Wertpapierdienstleistungsunternehmen versuchen wird, Schadensersatzprozesse mit Kunden zu vermeiden. Da der einzelne Anleger als Laie jedoch eine Vielzahl von Fachfragen nicht ausreichend beurteilen kann, ist die so ausgeübte Verhaltenssteuerung lückenhaft und verleitet das Unternehmen dazu, auf die Nichtentdeckung von Fehlern zu vertrauen. Dieser Lücke lässt sich am besten im Wege einer „anlegerübergreifenden“, d. h. aufsichtsrechtlichen, Kontrolle begegnen. Sie schützt zum einen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit des Kapi___________ 177 Daneben steht dem Kunden das Recht zur außerordentlichen Kündigung zu (s. o. S. 757 f.), durch das der Eintritt weiterer Schäden verhindert werden kann.

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talmarkts178. Zum anderen kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei unerfahrenen Kunden nicht mehr uneingeschränkt darauf vertrauen, dass Manipulationen oder Fehler unentdeckt bleiben. Durch die unterschiedliche Blickrichtung (ex-post-Kontrolle einerseits und präventive Kontrolle andererseits) ist auch das abgedeckte Kontrollspektrum größer. Der privaten Rechtsdurchsetzung kommt daher aus der Sicht des Aufsichtsrechts eine ergänzende Funktion zu179. Vor diesem Hintergrund könnte man anzweifeln, ob eine solche doppelte Kontrolle auch dann notwendig ist, wenn sich aufsichtsrechtliche und vertragliche Pflichten überschneiden oder deckungsgleich sind. In einem solchen Fall stehen der Aufsichtsbehörde die Sanktionen des Wertpapierhandelsgesetzes zu und der Anleger kann die Verletzung vertraglicher Pflichten im Wege eines Schadensersatzprozesses geltend machen. § 823 Abs. 2 BGB erlaubt dem einzelnen Kläger gleichsam eine Erzwingung aufsichtsrechtlicher Verhaltenspflichten. Berufliche Standards können öffentlich-rechtlich und privatrechtlich durchgesetzt werden, obwohl ihre Erfüllung nur einmal möglich ist. Die Verdoppelung der Rechtszuständigkeit erweist sich jedoch schon deshalb als notwendig, weil die BaFin nicht die Schäden einzelner Anleger einfordert oder ihre Rechte wahrnimmt. Selbst wenn die Bundesanstalt aufgrund von Beschwerden einzelner Kunden eine Sonderprüfung vornimmt, überprüft sie nur die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben, nicht aber auch die Berechtigung individueller Ansprüche180. Vertragliche Risiken verbleiben grundsätzlich bei den Vertragsparteien. Sie werden vom Aufsichtsrecht nur mittelbar durch die präventive Kontrolle verringert. Trotz der Deckungsgleichheit der Pflichten besteht also keine Deckungsgleichheit der Ziele, die jeweils mit der Rechtsdurchsetzung erzwungen werden. Damit ist eine zweigleisige Rechtsdurchsetzung auch in den Fällen, in denen aufsichtsrechtliche und vertragliche Pflichten sich überschneiden oder deckungsgleich sind, erforderlich. Die Zweigleisigkeit gewährleistet zudem eine größere Kontrolldichte, da sie die Zahl der „Kontrolleure“ erhöht und der Betroffene Verstöße mitunter eher bemerkt als eine bloß auf Stichproben angewiesene Aufsicht. Der private Kläger wird damit gleichsam zum „priva___________ 178 Dieses Ziel ist im Übrigen auch die Grundlage dafür, nicht allein auf die Mittel eines zivilrechtlichen Ausgleichs zu vertrauen, der sich in der Vergangenheit nicht sonderlich bewährt hat (vgl. oben S. 208 ff., 342 ff.). Ginge es nur um den Ausgleich kompensationsfähiger Schäden und nicht auch um Prävention, wäre das Zivilrecht ausreichend, zu diesem Gesichtspunkt etwa Rohe, AcP 201 (2001), 117, 158 f. 179 Ebenso ist die Ausgangslage im US-amerikanischen Recht, während im britischen Recht die Klagen von Privatanlegern keine nennenswerte Rolle spielen, vgl. zu beidem Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 70, 88. 180 Dreyling, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 4 Rdn. 23.

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te attorney general“181. Diese Rolle kann ihm im deutschen Recht ohne weiteres zugestanden werden, da es lediglich um Schadensausgleich geht und nicht auch um punitive damages, deren exorbitante Höhe zu einer willkürlich erscheinenden Bereicherung Einzelner führt182. Um allerdings eine verlässliche Rückkoppelung zwischen beiden Kontrollinstrumentarien zu schaffen, müsste das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zukünftig verpflichtet werden, die Erhebung einer Schadensersatzklage und den Verfahrensausgang an die BaFin zu melden. Eine Häufung von Schadensersatzklagen kann Anlass für eine genauere Überprüfung des Instituts durch die BaFin sein. Zwar verpflichtet § 6 Abs. 1 Nr. 6 WpDPV den Prüfer, die Art und Weise der Behandlung von Kundenbeschwerden und die damit zusammenhängenden personellen und organisatorischen Konsequenzen in seinem Bericht darzustellen. Solange das Wertpapierdienstleistungsunternehmen seinerseits jedoch nicht verpflichtet ist, über Kundenbeschwerden und Schadensersatzklagen genau Buch zu führen, kann es dem Unternehmen gelingen, besonders gravierende Vorfälle zu kaschieren183. Gegen eine solche Meldepflicht könnte man einwenden, dass das Institut damit erpressbar werde. Um eine Meldung an die BaFin zu verhindern, könne sich das Institut gezwungen sehen, einer außergerichtlichen Einigung zuzustimmen, obwohl man in der Sache glaubt, der Anspruch des Kunden sei unberechtigt. Da jedes Unternehmen sich im Laufe des Geschäftsbetriebs einem bestimmten Prozentsatz von Kundenbeschwerden und ggf. -klagen ausgesetzt sieht, wird für die BaFin nur eine überdurchschnittliche Häufung von Klagen oder besonders eklatantes Fehlverhalten Anlass zu einer Überprüfung des Unternehmens sein. Da die ganze Branche meldepflichtig würde, könnte die BaFin recht schnell erkennen, wie hoch die durchschnittliche Anzahl an Kundenbeschwerden in Relation zur Unternehmensgröße und -art ist. Vor dem Hintergrund dieses Zahlenmaterials wird kein gesteigertes Risiko einer Überreaktion der Aufsicht bestehen, da die Datenbasis gegenüber dem jetzigen Recht gerade verlässlicher wird. Mit dem Argument der Erpressbarkeit ließe sich im Übrigen auch jetzt schon argumentieren, da es den Kunden auch ohne Meldepflicht jederzeit frei steht, der BaFin ihre Beob___________ 181 Ebenso Köndgen, ZBB 1996, 361. 182 Kritisch zu dieser im US-amerikanischen Recht zu beobachtenden Entwicklung, die letztlich auf einer unsauber durchgeführten Trennung von Straf-, Delikts- und Sozialrecht beruht und durch prozessuale Regelungen und die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren bei Anwälten begünstigt wird, zuletzt Rohe, AcP 201 (2001), 117, 131 f. m. w. N. 183 Hierauf wurde bereits oben im Zusammenhang mit der Geschäftsleitereignung hingewiesen, vgl. S. 622.

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achtungen mitzuteilen. Eine Meldepflicht schafft also kein zusätzliches Gefahrenpotential. Im Gegenteil: Durch das verlässliche Zahlenmaterial wird die Bundesanstalt genauer einschätzen können, wie zuverlässig ein Institut ist, so dass ein generell zuverlässiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht befürchten muss, durch einzelne, der BaFin vorgetragene Kundenbeschwerden gleich in Misskredit gebracht zu werden. Nur ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das ohnehin schon am oberen Limit der Kundenbeschwerden rangiert, hat damit ein zusätzliches Risiko der Überprüfung zu tragen. Da es keinen Anspruch darauf gibt, nicht überprüft und bei Verletzungen von Aufsichtspflichten nicht ertappt zu werden, ist ein solches Unternehmen mit seinem dementsprechenden Wunsch nicht schützenswert. Eine erhöhte Zahl von Kundenbeschwerden kann Indikator für eine Nichteinhaltung von Verhaltenspflichten sein und eine entsprechende Meldepflicht würde im Rahmen der Beaufsichtigung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen damit ein wichtiges Hilfsmittel darstellen.

IV. Die kundenbezogenen Verhaltenspflichten 1. Von den Verhaltenspflichten geschützter Personenkreis a) Fragestellung Die §§ 31, 32 WpHG stellen ausdrücklich darauf ab, dass die Wertpapierdienstleistungen gegenüber den Kunden interessengerecht und mit der notwendigen Sachkenntnis, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt zu erbringen sind. Um die Reichweite der Pflichten ermitteln zu können, bedarf es deshalb einer Bestimmung des von den einzelnen Verhaltenspflichten geschützten Personenkreises. Im Anschluss an einen Beitrag von Koller wird diese Thematik auch unter der Fragestellung „Wer ist Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens?“184 diskutiert. Der Kundenbegriff ist weder in der WDRL noch im Wertpapierhandelsgesetz definiert. Zweifelsohne ist jeder ein Kunde, der unmittelbar mit dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen geschlossen hat185. Kundenbegriff und zivilrechtlicher Vertragspartner sind nach Ansicht Kollers jedoch nicht notwendig deckungsgleich. Legt man diesen Ansatz zugrunde, muss man einen zivilrechtlichen und einen aufsichtsrechtlichen Kundenbegriff unterscheiden. Um bei der Bestimmung des geschützten Personenkreises und des Schutzumfangs Missverständnisse zu ___________ 184 So der Titel des Beitrags von Koller, ZBB 1996, 97 ff. 185 Koller, ZBB 1996, 97; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 6.

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vermeiden, ist jeweils offenzulegen, mit welchem Kundenbegriff man argumentiert. Im Einzelnen lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden: b) Vertragsschluss und Vertragsanbahnung Nicht nur der Vertragspartner ist Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Als Kunden erfasst sind zweifellos auch alle potentiellen Auftraggeber, die im Hinblick auf Wertpapierdienstleistungen Kontakt mit dem Institut aufgenommen haben186. Grundlage dieser weiten Auslegung ist der Umstand, dass bereits im Rahmen der Vertragsanbahnung eine sorgfältige und interessengerechte Aufklärung über die Wertpapierdienstleistungen erforderlich ist und der von §§ 31, 32 WpHG verfolgte Schutzzweck eine Einbeziehung der Vertragsanbahnung erfordert. In dieser Fallgruppe sind damit der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff noch deckungsgleich. c) Dreipersonenverhältnisse in Form der Personenverdoppelung auf Kundenseite Die §§ 31, 32, 34a WpHG unterstellen jeweils ein Zweipersonenverhältnis von Wertpapierdienstleistungsunternehmen einerseits und dem Kunden andererseits. Dass in die Erbringung einer Wertpapierdienstleistung mehr als zwei Personen eingeschaltet sein können, berücksichtigt der Wortlaut des Gesetzes nicht. Zur Lösung der Frage sind zwei Gestaltungen zu unterscheiden: Die eingeschaltete dritte Person kann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein oder eine Person, die kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist. Im ersten Fall liegt die Personenverdoppelung auf der Institutsseite (dazu sogleich unter d), im anderen Fall auf Kundenseite vor. Bei einer Personenverdoppelung auf Kundenseite lassen sich folgende Gestaltungen unterscheiden: (1) Bote Da der Bote eines Anlegers erkennbar als Mittelsperson auftritt, ist der Anleger selbst Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Dieses hat daher die Interessen des Geschäftsherrn zu wahren. Da der Bote keine Entscheidungen für den Geschäftsherrn tätigt, sind die Vorerfahrungen und Anlageziele des Anlegers maßgebend. Diese muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen direkt bei dem Anleger erfragen, es sei denn, die Umstände ergeben, dass der Bote ermächtigt ist, die erforderlichen Angaben zu ___________ 186 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 2 Rdn. 6; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 2a, 8.

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übermitteln187. Hieran wird es fehlen, wenn der Bote nur unzureichend informiert ist. In derartigen Fällen ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, beim Anleger zurückzufragen188. Die notwendigen Informationen muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ebenfalls dem Anleger übermitteln. Im Regelfall wird der zwischengeschaltete Bote auch ermächtigt sein, als Empfangsbote zu fungieren, so dass er die Informationen weiterleiten kann. Im Ergebnis sind auch in dieser Fallgruppe der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff deckungsgleich. (2) Unmittelbare Stellvertretung Der kraft Rechtsgeschäfts oder kraft Gesetzes bevollmächtigte Vertreter verpflichtet den Vertretenen, der damit Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens wird. Das Unternehmen hat daher die Interessen des Vertretenen zu wahren und sich an dessen Anlagezielen und finanziellen Verhältnissen zu orientieren. Im Unterschied zum Boten trifft der Stellvertreter Entscheidungen für den Vertretenen. Die Vollmacht wird im Regelfall daher auch die Befugnis umfassen, die Anlageziele des Vertretenen festzulegen189, es sei denn, der Vertretene hat bei der Bevollmächtigung bereits entsprechende Weisungen erteilt, die der Vertreter übermitteln soll. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss beim Vertretenen nur in Fällen nachfragen, in denen der Verdacht eines Missbrauchs der Vertretungsmacht besteht. Verfügt der Vertreter nicht über ausreichende Kenntnisse der Anlageziele und finanziellen Verhältnisse des Vertretenen, drängt sich ein solcher Verdacht auf. Ein Teil des Schrifttums ist der Auffassung, eine auf die Vornahme eines Geschäfts beschränkte Vollmacht sei ein Indiz dafür, dass eine Festlegung der Anlageziele durch den Bevollmächtigten ausscheide190. Eine Bevollmächtigung auch zur Festlegung der Anlageziele sei nur dann anzunehmen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine solche Ermächtigung vorhanden seien, insbesondere wenn der Vertreter gut über die Hintergründe des Geschäfts informiert zu sein scheine und eine Verzögerung des Geschäfts für den Vertretenen mit erheblichen Nachteilen verbunden sei. Allerdings werden keine Argumente dafür geliefert, warum die Bevollmächtigung zur Vor___________ 187 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86. 188 Koller, ZBB 1996, 97, 102 f. 189 Koller, ZBB 1996, 97, 102; enger erscheint die Formulierung von Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86. 190 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86; a. A. Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 18 Rdn. 15, der zu Recht auf die Professionalität des Dritten abstellt.

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nahme eines Geschäfts keine Befugnis zur Angabe der Anlageziele beinhaltet, die Befugnis zur Vornahme mehrerer Geschäfte dagegen wohl. Auch erscheint es sehr fraglich, mit der Eilbedürftigkeit des Geschäfts die Differenzierung zu begründen. Überzeugender ist es, sich an der allgemeinen Regel zu orientieren, wonach der Vertreter alle zur Vornahme des Geschäfts nötigen Erklärungen abgibt und ihm damit auch die Befugnis zusteht, die Anlageziele des Vertretenen festzulegen. In diesem Fall ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur bei Anhaltspunkten für einen Missbrauch der Vollmacht zur Nachfrage verpflichtet. Da der Vertreter die Entscheidungen für den Vertretenen trifft, hat sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen an den Erfahrungen und Vorkenntnissen des Vertreters zu orientieren (§ 166 Abs. 1 BGB)191. Die zweckdienlichen Informationen sind daher ebenfalls dem Vertreter mitzuteilen, wobei ihr Inhalt seinen Vorkenntnissen anzupassen ist. Weigert sich der Bevollmächtigte, die Informationen entgegen zu nehmen, kann es das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dabei belassen, es sei denn, es drängt sich ein darin liegender Missbrauch der Vertretungsmacht auf 192. Die genannten Grundsätze gelten auch für gesetzliche Vertreter juristischer Personen. Da die Leitungsorgane die Anlageziele definieren, stellt sich bei ihnen nur dann die Problematik des Missbrauchs der Vertretungsmacht, wenn die Gesellschafter – sofern weisungsbefugt – abweichende Anlageziele definiert haben und dies dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen bekannt ist. Die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen zugrunde zu legenden Vorerfahrungen richten sich nach den aktuell handelnden Organmitgliedern und nicht nach dem Kenntnisstand früherer Organmitglieder, da deren Wissen im Unternehmen nicht gespeichert ist193. Grundlage dieser Ansicht ist der Umstand, dass sich die Marktbedingungen rasch ändern und frühere Kenntnisse, selbst wenn sie im Unternehmen gespeichert sind, daher veralten. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss sich bei einem Wechsel im Leitungsorgan demnach vergewissern, dass auch die neuen Or___________ 191 BGH, WM 1996, 664 ff. mit zust. Anm. Schäfer, WuB I G 1 Anlageberatung 7.96; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86; ders., ZBB 1996, 97, 102; a. A. OLG Oldenburg, BB 1997, 1275 (allerdings handelte der Vertreter gerade nach Weisung des Vertretenen). In Bezug auf die Börsentermingeschäftsfähigkeit nach § 53 Abs. 2 BörsG a. F. entschied der BGH, WM 1996, 1260 ff., dass es sich bei dieser um eine persönliche Eigenschaft handele, die nicht im Wege der Stellvertretung „erworben“ werden könne. Mithin kam es nach Ansicht des BGH bei § 53 Abs. 2 BörsG a. F. auf die Person des Vertretenen an. 192 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 98a. 193 Koller, ZBB 1996, 97, 102.

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ganmitglieder die erforderlichen Kenntnisse mitbringen, und sie ggf. über die Anforderungen und Risiken der geplanten Geschäfte aufklären. Da sich bei der Einschaltung eines Vertreters manche Verhaltenspflichten an der Person des Vertreters, andere jedoch an der Person des Vertretenen ausrichten, sind in dieser Fallgruppe der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff nicht immer deckungsgleich. (3) Mittelbare Stellvertretung Handelt es sich um einen Fall der mittelbaren Stellvertretung, ist die Situation nicht so eindeutig. Man könnte argumentieren, dass es – entsprechend der funktionalen Konzeption des Aufsichtsrechts – bei der Lösung der Dreipersonenverhältnisse nicht allein darauf ankommen könne, wer formal Vertragspartner des Instituts geworden sei. Maßgeblich müsse vielmehr die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen erkennbare wirtschaftliche Berechtigung und Verpflichtung sein. Deshalb sei der mittelbare Stellvertreter als Kunde zu betrachten, solange aus Sicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht erkennbar ist, dass die Wertpapierdienstleistungen wirtschaftlich für den verdeckten Geschäftsherrn getätigt werden. Da der mittelbare Stellvertreter seinerseits aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis verpflichtet ist, die Interessen seines Geschäftsherrn zu wahren, entstehe damit eine Kette von Interessenwahrungspflichten zugunsten des Geschäftsherrn. Mit Kenntnis der wahren wirtschaftlichen Interessenlage sei das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dagegen verpflichtet, die erkennbaren Interessen des Hintermanns zu berücksichtigen194. Der mittelbare Stellvertreter bleibe als Vertragspartner stets Kunde, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen müsse aber die Anlageziele des Hintermanns und dessen finanzielle Verhältnisse erfragen195. Zur Begründung dieser Ansicht wird auf die Parallele zur Drittschadensliquidation verwiesen. Diese Ansicht erscheint zunächst überzeugend, wenn man allein punktuelle Geschäfte vor Augen hat. Bei diesen kommt es hinsichtlich der Erkennbarkeit der Interessen eines Hintermanns auf den einmaligen Vorgang der Auftragserteilung an, den das Institut ohne weiteres überblicken kann. Es werden deshalb keine überspannten Anforderungen an das Institut gestellt. Anders ist die Ausgangslage bei Dauerschuldverhältnissen, wie der Ver___________ 194 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 2a, 86, 98a; ders., ZBB 1996, 97, 103 (enger formuliert Koller auf S. 100 re. Sp. a. E., da dort der Zusatz fehlt, wonach erkennbare Interessen des Hintermanns zu berücksichtigen seien). 195 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86; a. A. aber ders., ZBB 1996, 97, 103.

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mögensverwaltung. Diese Ansicht bringt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in eine rechtlich sehr schwierige Situation, da es dauerhaft zu einem Auseinanderfallen von aufsichtsrechtlichen und vertragsrechtlichen Pflichten kommen kann. Mit Erkennbarkeit der mittelbaren Stellvertretung sieht sich das Institut plötzlich einer „Verdoppelung“ des Kunden gegenüber, ist aber vertraglich nur mit einem von ihnen verbunden. Dessen Weisungen hat es aufgrund des Vertrags zu beachten. Laufen nun die Interessen des Hintermanns und die des mittelbaren Stellvertreters erkennbar auseinander, müsste dies nach der im Schrifttum vertretenen Ansicht dazu führen, dass nicht mehr der mittelbare Stellvertreter die Weisungen erteilen darf, sondern Geschäfte ausschließlich an den Interessen des Hintermanns ausgerichtet werden müssen. Vertragsrechtliche Weisungsbefugnisse stehen dem Hintermann aber nicht zu. Die Ansicht im Schrifttum äußert sich nicht dazu, wie dieser Konflikt zu lösen ist. Ignoriert das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Weisungen des mittelbaren Stellvertreters, verletzt es damit seine bestehenden Vertragspflichten ihm gegenüber. In einer solchen Situation muss das Institut zwar keinen Schadensersatzanspruch des Stellvertreters fürchten. Diesem entsteht nämlich deshalb kein Schaden, weil gerade die Berücksichtigung der Interessen des Hintermanns dazu führt, dass der Vertreter seinerseits dem Hintermann gegenüber nicht schadensersatzpflichtig wird. Um einen Gleichlauf von vertragsrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Pflichten herstellen zu können, müsste das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nun dem Hintermann das Recht einräumen, Anlageziele festzulegen und Weisungen zu erteilen. Dies wird nur im Wege der Kündigung der bestehenden Vertragsbeziehung und des Abschlusses eines neuen Vertrags direkt mit dem Hintermann ermöglicht. Die im Schrifttum vertretene Ansicht, bei einer erkennbaren mittelbaren Stellvertretung müsse das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Interessen des Hintermanns berücksichtigen, zwingt es faktisch zur Kündigung einer bestehenden Vertragsbeziehung. Auch das Haftungsrisiko des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erhöht sich erheblich, da das Institut bei erkannter mittelbarer Stellvertretung dauerhaft beobachten muss, ob die Interessen von mittelbarem Stellvertreter und Hintermann auseinander laufen. Auf das Beispiel der Vermögensverwaltung bezogen, hätte diese Ansicht eine weitere kuriose Folge. Der Hintermann könnte in Verlustphasen versuchen, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit dem Argument in Anspruch zu nehmen, die Anlagestrategie habe nur den Interessen des mittelbaren Stellvertreters, nicht aber auch seinen erkennbaren Interessen entsprochen. In Gewinnphasen dagegen wird er die Gewinne gerne mitnehmen, selbst wenn sich seine Interessen und die des mittelbaren Stellvertreters erkennbar auseinander entwickelt hatten. 778

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Würde man also der im Schrifttum vertretenen Ansicht folgen, bei einer erkennbaren mittelbaren Stellvertretung müsse das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Interessen des Hintermanns berücksichtigen, könnte diese Konstellation vom Hintermann dazu genutzt werden, sich auf Kosten des Instituts gegen Verlustphasen an der Börse zu „versichern“. Zwar müsste der Hintermann für die Erkennbarkeit des Auseinanderfallens der Interessen die Beweislast tragen; gleichwohl bliebe ein hohes Prozessrisiko für das Institut. Es sprechen also erhebliche Bedenken gegen eine aufsichtsrechtliche Berücksichtigung der Interessen des Hintermanns. Da sich der Hintermann des mittelbaren Stellvertreters bedient hat und damit bewusst nicht Vertragspartner des Wertpapierdienstleistungsunternehmens wird, kann es nicht Aufgabe des Aufsichtsrechts sein, ihn vor sich selbst zu schützen196 und diese Entscheidung rückgängig zu machen. Gerade dies würde jedoch passieren, wenn man das Institut als verpflichtet ansieht, in der laufenden Geschäftsverbindung die Weisungen des Vertragspartners einerseits und die Interessen des Hintermanns andererseits zu berücksichtigen. Das Institut würde dem Hintermann das Risiko abnehmen, dass der mittelbare Stellvertreter unzulässigerweise Eigeninteressen verfolgt. Nicht überzeugen kann auch der Hinweis auf die Parallele zur Drittschadensliquidation. Die Drittschadensliquidation dient dazu, ein zufälliges Auseinanderfallen von Schaden und Anspruch auszugleichen. In der vorliegenden Konstellation geht es dagegen um ein Auseinanderfallen der Interessen des mittelbaren Stellvertreters und des Hintermanns, weshalb das Institut vor dem Konflikt steht, „welchem Herrn es dienen soll“. Wenn überhaupt, müsste man überlegen, ob nicht der Hintermann in den Schutzbereich des Vertrags zwischen mittelbarem Stellvertreter und Wertpapierdienstleistungsunternehmen einbezogen ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die Leistungsnähe des Hintermanns dem Schuldner bei Vertragsschluss erkennbar war197, was bei der mittelbaren Stellvertretung nicht der Fall zu sein pflegt. Weiteres Erfordernis ist die Schutzbedürftigkeit des Dritten, die im Zweifel entfällt, wenn der Dritte durch eigene unmittelbare vertragliche Ansprüche Schutz erlangt198. Wie bereits festgestellt, gehört das Risiko des Auseinanderfallens der Interessen des mittelbaren Stellvertreters und des Hintermanns in die Risikosphäre der beteiligten Vertragsparteien und darf nicht dem an ___________ 196 Dass dem Aufsichtsrecht eine solche Funktion nicht zukommen soll und kann, ist inzwischen auch höchstrichterlich anerkannt, vgl. BGH, WM 2001, 1758, 1760 m. w. N. und mit zust. Anm. Assmann, LM H 5/2002, § 31 WpHG Nr. 3; BGH, WM 2004, 24 (Leitsatz 2). 197 Gottwald, in: Münch. Komm. BGB4, § 328 Rdn. 117. 198 Gottwald, in: Münch. Komm. BGB4, § 328 Rdn. 118 m. w. N.

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dieser Beziehung unbeteiligten Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufgebürdet werden. Wenn sich der Hintermann dazu entschließt, einen mittelbaren Stellvertreter einzuschalten, muss er das daraus resultierende Risiko, dass der Stellvertreter Eigeninteressen und nicht die Interessen des Geschäftsherrn verfolgt, selbst tragen. Will man diese vertragliche Risikoverteilung innerhalb dieses Dreipersonenverhältnisses nicht durch einen zu weiten aufsichtsrechtlichen Kundenbegriff auf den Kopf stellen, kann dies nur bedeuten, dass im Falle der mittelbaren Stellvertretung aufsichtsrechtlich allein die Interessen des Vertragpartners maßgebend sind und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine Interessenwahrung gegenüber dem Hintermann schuldet. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass die Pflichten der §§ 31, 32 WpHG allein an der Person des mittelbaren Stellvertreters auszurichten und die Interessen des Endanlegers nicht zu wahren sind, ist der Hintermann nicht Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. In dieser Fallgruppe sind damit der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff deckungsgleich. d) Dreipersonenverhältnisse in Form der Personenverdoppelung auf Institutsseite (1) Fragestellung Wird ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Mittler zwischengeschaltet, ändert sich die Ausgangslage, da nun zwei Institute Wertpapierdienstleistungen erbringen. Nimmt man als Beispiel die Finanzportfolioverwaltung, ist die Rechtsbeziehung zwischen dem Finanzportfolioverwalter und dem Kunden die erste dem Aufsichtsrecht unterfallende Beziehung. Gibt der Finanzportfolioverwalter im Namen des Kunden eine Wertpapierorder ab, die ein börsenzugelassenes Kreditinstitut als Eigengeschäft abwickelt, erbringt auch dieses eine Wertpapierdienstleistung an den Kunden, da dieser rechtlich und wirtschaftlich aus dem Geschäft Berechtigter und Verpflichteter ist. Es handelt sich um einen wirtschaftlichen Vorgang, der gleichzeitig den Tatbestand zweier Wertpapierdienstleistungen verwirklicht. Grundsätzlich unterliegen beide Institute den Verhaltenspflichten gegenüber dem Kunden. Art. 11 Abs. 3 WDRL bestimmt für die Anlagevermittlung, bei der zwei Wertpapierfirmen eingeschaltet sind, dass sich das Kriterium der Professionalität des Kunden nach der Person desjenigen richtet, auf dessen Rechnung die zwischengeschaltete Wertpapierfirma tätig wird. Die Richtlinie betrachtet bei der Anlagevermittlung daher den „Endanleger“199 ___________ 199 Begriff nach Koller, ZBB 1996, 97, 101.

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als Kunden. Dies ist deshalb konsequent, weil der Vermittler auch nicht Stellvertreter des Endanlegers ist. Die sich anschließende Frage, welchen Pflichtenstandard die beteiligten Institute in einem solchen Fall gegenüber dem Endanleger zu erbringen haben, spricht die Richtlinie nicht an. Dies erweist sich auch nicht als notwendig, da bereits die allgemeinen Regeln zum Ziel führen: Der einzuhaltende Standard bei den Verhaltenspflichten richtet sich nach dem Ausmaß der Professionalität des Kunden. Da der „Endverbraucher“ Kunde ist, kommt es auf dessen Anlageziele und Vorerfahrungen an, nicht auf die des als Vermittler zwischengeschalteten Wertpapierdienstleistungsunternehmens. (2) Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells Nicht in der WDRL200 angesprochen ist dagegen der Fall, dass ein Finanzportfolioverwalter Aufträge im Namen des Kunden erteilt. Im Unterschied zum Anlagevermittler ist der Finanzportfolioverwalter rechtsgeschäftlicher Vertreter des Endanlegers. Es ist wie folgt zu unterscheiden: – Hinsichtlich der Anlageziele kommt es auf die Person des Endanlegers an. Schäfer will hiervon eine Ausnahme machen, wenn die Vollmacht auch die Befugnis umfasst, die Anlageziele des Kunden zu definieren201. Ein solcher Fall wird bei der Vermögensverwaltung jedoch nicht auftreten. Sobald ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig wird, ist dieses aufgrund von § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG verpflichtet, die Anlageziele bei dem Kunden zu erfragen, was deren eigenmächtige Festlegung gerade ausschließt. Der zwischengeschaltete Vermögensverwalter darf daher die Anlageziele des Kunden nicht eigenmächtig definieren, sondern muss die ihm vom Kunden mitgeteilten Anlageziele auch bei dem Geschäft mit dem ausführenden Institut berücksichtigen. Hierfür spricht auch folgende Erwägung: Die Kompetenz des Finanzportfolioverwalters umfasst nur die Festlegung der Anlagestrategie, keinesfalls aber die dieser zugrunde liegenden Anlageziele202, denn welche Anlageziele ein Kunde mit der Vermögensverwaltung verfolgt, kann er nur persönlich entscheiden. Wenn man dem Vermögensverwalter auch die Entscheidung über die Anlageziele überließe, hätte er eine völlig schrankenlose Macht, da er diese Ziele jederzeit neu definieren könnte. ___________ 200 Die MiFID regelt diese Frage nun in Art. 20. 201 Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 18 Rdn. 15; a. A. Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86. 202 Anders offenbar Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86, wonach der Vermögensverwalter bei größeren Ermessensspielräumen die Anlageziele des Kunden gar selbst festlegen dürfe.

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Auf diese Weise wäre es ihm möglich, von einem konservativen Anlageziel (Kapitalerhaltung) zu einem hochspekulativen Ziel (Mindestrendite von 30 % p. a.) zu wechseln, um eigene Fehler (Nichtbeachtung der Kundeninteressen) zu kaschieren. Anders formuliert: Überlässt man dem Vermögensverwalter die Festlegung der Anlageziele, läuft die Interessenwahrungspflicht weitgehend leer, da die zu wahrenden Interessen einseitig vom Beauftragten festgelegt werden könnten. Eine weitere Frage ist, ob der Vermögensverwalter die Anlageziele dem ausführenden Institut übermitteln darf. Ein Teil des Schrifttums vertritt die Auffassung, ein Finanzportfolioverwalter dürfe dem ausführenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen über die Anlageziele des Kunden Auskunft geben203. Die reine Weitergabe der Anlageziele des Kunden ist als Botentätigkeit sicherlich aufsichtsrechtlich204 zulässig. Sie ist jedoch unnötig, da das ausführende Wertpapierdienstleistungsunternehmen angesichts der Professionalität des zwischengeschalteten Finanzportfolioverwalters auf einer execution-only-Basis tätig werden wird und daher keine Angaben über den Endanleger benötigt205. Denn das ausführende Institut darf darauf vertrauen, dass der Finanzportfolioverwalter seinen Pflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz selbst nachkommt, und darf sich auf die reine Ausführung des Auftrags beschränken, da der Kunde durch die Einschaltung des Finanzportfolioverwalters zu erkennen gegeben hat, dass er keine Information benötigt und seine Anlageziele gewahrt werden. – Da der Anleger seine Anlageentscheidungen von dem bevollmächtigten Finanzportfolioverwalter und damit von einem „Profi“ fällen lässt, sind die Vorerfahrungen mit Wertpapiergeschäften an dessen Kenntnisstand zu messen, nicht an denen des „Endanlegers“206, es sei denn, ein Miss___________ 203 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG2, § 31 Rdn. 86, der sich auf Kienle, in: Bankrechts-Handbuch1, § 110 Rdn. 44, bezieht. Dessen Äußerung bezog sich auf die Zeit, bevor die Vermögensverwaltung als Wertpapierdienstleistung erfasst und der Vermögensverwalter deshalb selbst kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen war. Heute gilt er selbst als Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit der Folge, dass das ausführende Institut auf der execution-only-Basis tätig werden darf (dazu sogleich im Text). 204 Hiervon zu unterscheiden ist die vertragliche Pflicht zur Verschwiegenheit. 205 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36. 206 BGH, WM 2001, 1758, 1761; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 86 a. E.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36. Ebenso Teil B Ziff. 2.3 WohlVerhRL. (Richtlinie zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom 23.8.2001, BAnz Nr. 165 vom 4.9.2001, S. 19217.

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brauch der Vertretungsmacht ist dem ausführenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen erkennbar. Dieses Ergebnis entspricht § 166 BGB. – Die notwendigen Informationen darf das ausführende Institut ebenfalls an den zwischengeschalteten Finanzportfolioverwalter weitergeben, da der Verwalter kraft ausdrücklicher oder konkludenter Regelung im Vermögensverwaltungsvertrag zur Entgegennahme aller Informationen ermächtigt ist207. Folglich ist auch der Inhalt der Information nicht an der Professionalität des Endanlegers, sondern an der des Finanzportfolioverwalters auszurichten, da es dessen Aufgabe ist, den Endanleger zu informieren208. Nur in Extremfällen, in denen eine schnelle Information des Endanlegers unumgänglich ist und die Einschaltung des Finanzportfolioverwalters zu einer unangemessenen Zeitverzögerung führen würde, muss sich das ausführende Institut direkt an den Endanleger wenden209. Gleiches gilt, wenn es die Unzuverlässigkeit des zwischengeschalteten Wertpapierdienstleistungsunternehmens erkennt210. Im Ergebnis gilt damit für die Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells der Grundsatz, dass das Institut, das in direktem Kontakt zum Endanleger steht, die Verhaltenspflichten gegenüber dem Kunden zu erfüllen hat, während das vom Finanzportfolioverwalter zur Ausführung einer Wertpapierorder eingeschaltete Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf einer execution-only-Basis tätig wird211. Das ausführende Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann seinen Pflichtenstandard bei den Verhaltenspflichten daher an der Person eines professionellen Mittlers orientieren, während der Mittler seinerseits gegenüber dem Endanleger einen einzelfallabhängigen Pflichtenstandard zu befolgen hat. Diese Differenzierung bei der Einschaltung zweier Wertpapierdienstleistungsunternehmen lässt sich nicht mehr durch die einfache Frage „Wer ist Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens?“ erfassen. Denn aufsichtsrechtlich sind zwei Kundenbeziehungen (ausführendes Institut zu Endanleger und Mittler zu End___________

207 208

209 210 211

Die Richtlinie ersetzt die gleichnamige Richtlinie vom 9.5.2000, BAnz Nr. 131 vom 15.7.2000, S. 13792, die wiederum die Richtlinie für das Kommissions-, Festpreisund Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute, BAnz Nr. 98 vom 3.6.1997, S. 6586 ff. ersetzte.) So auch Teil B. Ziff. 2.3 WohlVerh-RL. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36; wohl auch Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 98a; a. A. Koller, ZBB 1996, 97, 101 (allerdings vor Erlass des Umsetzungsgesetzes). Koller, ZBB 1996, 97, 101. Koller, ZBB 1996, 97, 101. BGH, WM 2001, 1758, 1761; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36.

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anleger) vorhanden, deren Pflichtenstandard jedoch ungleich ist212. Zivilrechtlich liegt hingegen nur eine Kundenbeziehung vor, da der Mittler als rechtsgeschäftlicher Stellvertreter tätig wird213. (3) Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells Handelt es sich um eine Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells und gibt deshalb der Vermögensverwalter eine Wertpapierorder im eigenen Namen ab, erbringt das ausführende Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Leistung nur gegenüber dem Vermögensverwalter. Eine Rechtsbeziehung zu dem Kunden des Vermögensverwalters, auf dessen Rechnung die Geschäfte vorgenommen werden, kommt nicht zustande214. Legt der Vermögensverwalter bei Auftragserteilung offen, dass er treuhänderisch auftritt, bleibt aus den oben im Zusammenhang mit der mittelbaren Stellvertretung genannten Gründen trotzdem der Vermögensverwalter und nicht der „Endanleger“ Kunde des ausführenden Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Das die Wertpapierdienstleistung erbringende Institut hat sich daher an den Anlagezielen215 und Vorerfahrungen des treuhänderisch tätigen Vermögensverwalters zu orientieren. Die zu übermittelnden Informationen richten sich nach dessen beruflichen Kenntnissen. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass die Pflichten der §§ 31, 32 WpHG allein an der Person des mittelbaren Stellvertreters auszurichten und die Interessen des Endanlegers nicht zu wahren sind, ist der Hintermann nicht Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. In dieser Fallgruppe sind damit der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff deckungsgleich. ___________ 212 Wenn Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36, der dieses Ergebnis teilt, vom „kundennäheren“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen spricht, gibt dies Anlass zu Missverständnissen. Im vorliegenden Fall gibt es aufsichtsrechtlich zwei Kundenbeziehungen und zusätzlich fallen der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff auseinander. 213 Zivilrechtlich können sich daher im Einzelfall auch Aufklärungs- und Warnpflichten der Depotbank an den Vermögensinhaber ergeben, wenn diese erkennt, dass der zwischengeschaltete Vermögensverwalter seine Rechtsstellung missbraucht. Die Frage, ob die Zwischenschaltung eines professionellen Vermögensverwalters die Depotbank von allen Pflichten entbindet, ist in der Schweiz sehr umstritten, vgl. Ditzi, SZW 1997, 193 ff.; de Beer, SZW 1998, 125 ff. m. w. N.; Bretton-Chevallier, SZW 2003, 254 ff. 214 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 8; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 2a; ders., ZBB 1996, 97, 101. 215 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 8 f.; a. A. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 2a; ders., ZBB 1996, 97, 101.

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e) Zwischenfazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes darauf abzielen, den jeweiligen Vertragspartner zu schützen, an den das Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Wertpapierdienstleistung erbringt. Im Falle der Einschaltung von Vertretern bemessen sich die Verhaltenspflichten größtenteils nach den Vorkenntnissen und Erfahrungen des Vertreters und nicht des Vertragspartners. Der Versuch, den von den Verhaltenspflichten geschützten Personenkreis und zugleich den jeweils einzuhaltenden Pflichtenstandard mit Hilfe eines flexiblen Kundenbegriffs zu bestimmen, muss deshalb scheitern, weil zwei unterschiedliche Fragestellungen vermischt werden216. Überzeugender ist es, den jeweiligen Vertragspartner als Kunden des Wertpapierdienstleistungsunternehmens anzusehen217 und zwischengeschaltete Personen nur bei der Frage der Bemessung des Pflichtenstandards zu berücksichtigen. Der zivilrechtliche und der aufsichtsrechtliche Kundenbegriff wären bei einem solchen Vorgehen stets deckungsgleich. Dem Kunden werden aber bei der Bestimmung des notwendigen Maßes an Aufklärung oder Beratung und bei der Frage nach Vorerfahrungen entsprechende Kenntnisse eines von ihm hinzugezogenen Vertreters als eigene zugerechnet (§ 166 BGB).

2. Pflicht zur Erbringung der Wertpapierdienstleistung mit Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) a) Einordnung der Pflicht § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verpflichtet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Wertpapierdienstleistungen mit der notwendigen Sachkenntnis, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt im Interesse des Kunden zu erbringen. Ein Teil des Schrifttums leitet aus dem Zusatz „im Interesse des Kunden“ ab, dass es sich bei dieser Pflicht um eine Konkretisierung der Interessenwahrungspflicht handele218. Dieser Blickwinkel erscheint jedoch zu eng. Denn man kann auch Leistungen mit der notwendigen Sachkenntnis, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt erbringen, die nicht im Interesse des Kunden liegen. ___________ 216 Dies zeigt sich etwa bei Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 38, der erst einmal beide Kundenbegriffe trennen muss, um dann den Pflichtenstandard zu erläutern. 217 Diesen Weg kann Koller, ZBB 1996, 97, 103, deshalb nicht gehen, weil er in Fällen mittelbarer Stellvertretung gerade nicht nur den Vertragspartner, sondern (hinsichtlich der Interessenwahrung) auch den Hintermann einbeziehen will. 218 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 4.

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Sachkenntnis und Interessenwahrung sind genau so wenig deckungsgleich wie Sorgfalt und Interessenwahrung es sind. Nur bei dem Merkmal der Gewissenhaftigkeit könnte man argumentieren, dass es auch die Interessenwahrung umfasse. Ein solches Vorgehen unterstellt aber, dass Gewissenhaftigkeit nicht als eine andere Formulierung für die Sorgfaltspflicht begriffen wird, sondern als ein moralischer Appell. Die Betonung läge damit auf „Gewissen“. Eine solche Interpretation widerspräche den ebenfalls authentischen Textfassungen in englischer und französischer Sprache, die jeweils die Begriffe „diligence“ bzw. „diligence“ verwenden, die mit Eifer und Sorgfalt übersetzt werden. Zudem belegt ein Blick auf Art. 11 Abs. 1 Spiegelstrich 2 WDRL, dass die Pflicht zu Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis nicht mit der Pflicht zur Wahrung der Kundeninteressen deckungsgleich sein kann. Die Vorschrift verpflichtet die Wertpapierfirmen „ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden und der Integrität des Markts auszuüben“. Bei der Umsetzung dieses Artikels in § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG wurde das Merkmal der Integrität des Markts nicht mit übernommen. Interpretiert man § 31 Abs. 1 WpHG richtlinienkonform, muss die Wertpapierfirma die Integrität des Markts bei der Erbringung ihrer Wertpapierdienstleistungen gleichwohl berücksichtigen. Die Kundeninteressen sind damit nicht die ausschließliche Richtschnur des Handelns eines Wertpapierdienstleisters. Die Pflicht zur Erbringung der Wertpapierdienstleistung mit Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis ist damit keine besondere Ausprägung der Interessenwahrungspflicht, sondern eine eigenständige Pflicht, die die Interessenwahrungspflicht ergänzt. Denn nur durch eine sorgfältige Erbringung der Wertpapierdienstleistungen wahrt das Institut die Interessen des Anlegers. b) Maß der aufzuwendenden Sorgfalt Das im Zivilrecht zu erbringende Maß der aufzuwendenden Sorgfalt richtet sich nach § 276 BGB. Bei Kaufleuten wird es überlagert durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB). Das Maß der erforderlichen Sorgfalt bestimmt sich danach, wie ein durchschnittlicher Berufsangehöriger bei objektiver Betrachtungsweise an Stelle des Schuldners gehandelt hätte. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Sorgfalt kann keine ex-post-Betrachtung, sondern nur eine ex-ante-Betrachtung sein219. Besitzt der Schuldner ___________ 219 Ebenso das englische Trustrecht, Nestlé v. National Westminster Bank [1994] 1 All ER 118, 134 per Staughton LJ: „the trustees’ performance must not be judged with hindsight“; Underhill/Hayton, Trusts15, S. 545, 559.

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überdurchschnittliche Kenntnisse, werden diese als Maßstab zugrunde gelegt. Handelt es sich bei dem Schuldner um den Angehörigen einer Berufsgruppe, hat er sich seine berufliche Stellung und das damit verbundene Wissen und die Sorgfaltspflichten innerhalb der Berufsgruppe zurechnen zu lassen. Vermögensverwalter schulden daher die Sorgfalt eines professionellen Vermögensverwalters220. Diesem zivilrechtlichen Standard entspricht auch die aufsichtsrechtliche Sorgfaltspflicht221. Da das Aufsichtsrecht sich – wie dargestellt – an Vermögensverwalter richtet, die diese Leistung gewerbsmäßig erbringen, muss an dieser Stelle nicht der Frage nachgegangen werden, ob ein anderer Maßstab anzuwenden ist, wenn die Vermögensverwaltung eine bloße Gefälligkeit im Bekanntenkreis darstellt222. Die Sachkenntnis bezieht sich zum einen auf die Dienstleistung, die der Finanzdienstleister anbietet, zum anderen auf die Anlageobjekte, die er für die Kundendepots auswählt. Die im angloamerikanischen Recht unter der Formel „know your merchandise“ bekannte Regel hat über das BondUrteil223 Eingang in den zivilrechtlichen Pflichtenstandard gefunden und ist unstreitig auch im Aufsichtsrecht maßgebend224. Der Vermögensverwalter ist daher verpflichtet, sich umfassende Kenntnisse über den technischen Prozess der Vermögensverwaltung, die von ihm ausgewählten Anlagewerte und Märkte sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschaffen. Ggf. muss er Fortbildungen besuchen, Informationen bei Dritten einkaufen oder qualifizierte Mitarbeiter anstellen. ___________ 220 Im Ergebnis ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 4; Balzer, ZBB 1997, 260, 264, die beide die Formulierung „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ verwenden, die im Übrigen auch in § 9 Abs. 1 Satz 1 InvG erwähnt wird. Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab bei der Vermögensverwaltung entspricht dem des englischen Trustrechts, Nestlé v. National Westminster Bank [1994] 1 All ER 118, 140 per Leggatt LJ, der Punkt 2.15 des Law Reform Committee’s 23rd Report „Powers and Duties of Trustees“ zitiert: „Professional trustees, such as banks, are under a special duty to display expertise in every aspect of their administration of the trust“; s. a. Underhill/Hayton, Trusts15, S. 545, 558 f. 221 Statt vieler Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 4. 222 Im Auftragsrecht wird eine allgemeine Haftungsmilderung abgelehnt, gleiches gilt nach herrschender, aber umstrittener Meinung auch bei Gefälligkeitsverhältnissen (arg. §§ 662, 680 BGB), Mansel, in: Jauernig, BGB11, § 241 Rdn. 26 m. w. N. und § 662 Rdn. 14 m. w. N.; im englischen Trustrecht gilt bei professionellen Trustees ein schärferer Haftungsmaßstab als bei unbezahlten Trustees, Underhill/Hayton, Trusts15, S. 545, 558. 223 BGHZ 123, 126 ff. = WM 1993, 1455 ff. 224 Statt vieler Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 4; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 217.

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Das Wertpapierhandelsgesetz verwendet im Zusammenhang mit der Sorgfalt und Sachkenntnis die Formulierung „erforderlich“. Dies erinnert an eine Verhältnismäßigkeitsprüfung (Erforderlichkeit und Geeignetheit), mit der festgestellt wird, ob ein Eingriff möglichst schonend erfolgte. Der Begriff suggeriert damit, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die gerade noch erforderlichen Kenntnisse haben müsse. Eine solche Auslegung entspricht weder Art. 11 Abs. 1 Satz 4 WDRL noch entspräche sie dem Zweck der Vorschrift. Der Vermögensverwalter ist vielmehr verpflichtet, sich die im Einzelfall „gebotenen“ Kenntnisse zu verschaffen und mit der im Einzelfall „gebotenen“ Sorgfalt zu handeln225. Sowohl die WDRL als auch das Wertpapierhandelsgesetz definieren die Sorgfaltspflicht nicht im Detail und für jede Art der Wertpapierdienstleistung. Eine solche Definition wäre auch kontraproduktiv, da der Gesetzgeber nicht jeden Einzelfall bedenken kann. Angesichts der rasch fortschreitenden Entwicklung der Branche wäre eine gesetzliche Festschreibung auch nicht der richtige Weg. Vielmehr sind flexible Maßstäbe gefragt. Es ist daher nur konsequent, dass die Aufsicht bei der Formulierung der WohlVerh-RL nicht den Versuch unternommen hat, Sorgfaltsanforderungen festzuschreiben. Um die Sorgfalt der Branche sicherzustellen, bietet sich ein anderer Weg an. Der Gesetzgeber könnte ein Berufsbild des Finanzdienstleisters schaffen und eine Ausbildung zwingend vorschreiben. Derzeit müssen nur die Geschäftsleiter die erforderliche Qualifikation mitbringen226, während bei den übrigen Mitarbeitern keinerlei Kontrolle ihrer Eignung oder des Fortbildungsbedarfs erfolgt. Die Kontrolle durch die BaFin ist damit nur eine mittelbare, die über die Verantwortlichkeitskette der Geschäftsleitung läuft. Da eine gute Ausbildung der Mitarbeiter im Eigeninteresse des Wertpapierdienstleistungsunternehmens liegt, erscheint eine Missstandsaufsicht ausreichend. Weil in unabhängigen Untersuchungen die Beratungsleistungen der Branche jedoch häufig als schlecht bis sehr schlecht bewertet werden, ist ein Umdenken notwendig227. Dieses Thema kann vorliegend jedoch nicht vertieft werden.

___________ 225 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 5. 226 S. o. S. 617 ff. 227 Im Ansatz ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 219.

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3. Die Interessenwahrungspflicht (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) a) Grundsatz der Interessenwahrung Die §§ 31, 32 WpHG schreiben bestimmte Verhaltenspflichten für die Durchführung der Wertpapierdienstleistungen und im Umgang mit dem Kunden vor und setzen damit einen Standard fest. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, seine Leistungen im bestmöglichen Interesse der Kunden zu erbringen. Dabei hat es Interessenkonflikte zu vermeiden oder unvermeidbare Konflikte im Kundeninteresse zu lösen (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Die Pflicht, Interessenkonflikte zu vermeiden, ist damit Teil der umfassenderen Interessenwahrungspflicht. Auch die Informations- und Erkundigungspflichten des Abs. 2 der Vorschrift dienen der Interessenwahrung, da das Institut nur insoweit zur Erkundigung und Information verpflichtet ist, als dies zur Wahrung der Kundeninteressen und im Hinblick auf Art und Umfang der Geschäfte erforderlich ist. Auch die speziellen Verbote des § 32 WpHG erfassen Situationen, die eine Verletzung des Grundsatzes der Interessenwahrung darstellen. Ergänzt werden diese kundenbezogenen Verhaltenspflichten durch eine Organisationspflicht, Interessenkonflikte zu minimieren (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Der 5. Abschnitt des Wertpapierhandelsgesetzes stellt damit die Wahrung des Kundeninteresses in den Vordergrund. Dies entspricht den Vorgaben des Art. 11 Abs. 1 Satz 4 WDRL. Der Grundsatz der Interessenwahrung stellt auch im internationalen Kontext das Leitprinzip bei der Ausführung von Kundenaufträgen auf Kapitalmärkten dar228. Der Grundsatz entspricht der ökonomischen Funktion der Finanzintermediäre, deren Aufgabe es ist, Sachwalter der Kapitalgeber zu sein, die Transaktionskosten der Kapitalgeber und -nehmer zu senken sowie Anreize für eine effiziente Kapitalallokation zu schaffen229. Das Wertpapierhandelsgesetz verfolgt das Ziel einer präventiven aufsichtsrechtlichen Kontrolle230. Gerade im Zusammenhang mit der Interessenwahrung wird deshalb zu Recht betont, dass § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht das Ziel einer ex-post-Kontrolle verfolgt, ob eine Manipulation zu Lasten des Kunden stattgefunden hat oder nicht, sondern die Vermeidung von Interessenkonflikten im Vorfeld der Wertpapierdienstleistung bzw. noch während der Ausführung derselben bezweckt. Es geht damit um Gefahrvermeidung. Selbst wenn sich nach Abwicklung eines Geschäfts herausstellt, dass keine Kundenbenachteiligung vorlag, kann dennoch ein Verstoß gegen aufsichts___________ 228 Vgl. die Nachweise bei Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 209. 229 Vgl. oben S. 119 ff. Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 209 f. 230 Ausführlich dazu oben S. 769 ff.

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rechtliche Pflichten vorliegen, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen vermeidbaren Interessenkonflikt nicht im Vorfeld schon entschärft hat. Auch ohne Kundenbenachteiligung kann damit also ein Interessenkonflikt vorliegen. Beide Begriffe dürfen nicht gleichgesetzt werden231. Die Interessenwahrungspflicht ist in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität bei allen Wertpapierdienstleistungen zu beachten232. Dabei ist man sich einig233, dass das Aufsichtsrecht sich nicht mit solchen Manipulationen oder Interessenkonflikten zu befassen hat, die rein theoretischer Natur sind. Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf die Betrachtung der Interessenwahrungspflicht bei der Vermögensverwaltung gelegt. Die Aufsichtsbehörde hat zur Konkretisierung der §§ 31, 32 WpHG eine Richtlinie herausgegeben, die sich allerdings nur auf das Kommissions- und Vermittlungsgeschäft sowie den Eigenhandel für andere bezieht234. Eine entsprechende Richtlinie zur Vermögensverwaltung ist seit längerem geplant; ihre Verabschiedung wurde jedoch schon mehrfach zurückgestellt, da erst die Umsetzung der MiFID und ihrer Ausführungsrichtlinien235 abgewartet werden soll. Es wird daher im Folgenden auch untersucht, ob sich die Regelungen der schon vorliegenden Wohlverhaltensrichtlinie mutatis mutandis auf die Vermögensverwaltung übertragen lassen. b) Bestimmung des Kundeninteresses Der Vermögensverwalter hat bei der Verwaltung des Kundenvermögens die Interessen des Kunden zu wahren. Um die Reichweite dieser aufsichtsrecht___________ 231 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 34, der sich damit gegen die Ansicht von Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 487, wendet. Dieser vertrete zum Recht der Geschäftsbesorgung die Ansicht, dass ein Interessenkonflikt unerheblich sei, wenn sich bei einer ex-post-Kontrolle herausstelle, der Kunde sei nicht benachteiligt worden. Hopt stellt jedoch ausdrücklich klar, dass seine Ansicht sich auf den damaligen Rechtszustand ohne Insiderrecht und ohne Verpflichtung zur präventiven Unterbindung abstrakter Interessenkonflikte bezieht. Spätestens seit In-Kraft-Treten des WpHG kann man Hopt daher nicht mehr als Vertreter der Gegenansicht zitieren. 232 So wird sie aufsichtsrechtlich auf das Festpreisgeschäft erstreckt, obwohl dieses zivilrechtlich als Kaufvertrag einzuordnen und damit eigentlich vom Grundsatz caveat emptor beherrscht ist. Den Prozess der Ausdehnung der aufsichtsrechtlichen Interessenwahrungspflichten in den Bereich der Festpreisgeschäfte beschreibt Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 210 f. Hierauf ist an dieser Stelle nicht näher einzugehen. 233 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 35; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 16 a. E. 234 S. o. S. 782 Fn. 206 a. E. 235 Zum gegenwärtig stattfindenden Konsulationsprozess siehe Committee of European Securities Regulators (CESR), http://www.cesr-eu.org/ (abgerufen am 11.5.2005).

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lichen Pflicht ermitteln zu können, ist zunächst festzustellen, was das Gesetz in seiner abstrakten Formulierung unter Kundeninteressen versteht und wie die Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese Interessen im konkreten Einzelfall festzustellen haben. (1) Der geschützte Personenkreis Die erste Frage wurde bereits im Zusammenhang mit der Klärung des Kundenbegriffs erörtert. Die Interessenwahrungspflicht besteht gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an den es Wertpapierdienstleistungen erbringt. Im Falle der Vermögensverwaltung ist dies der Kapitalanleger. Schaltet dieser beim Vertragsschluss einen Boten oder unmittelbaren Stellvertreter ein, sind stets die Interessen des Anlegers zu beachten, da die zwischengeschalteten Personen für ihn handeln. Schaltet der wirtschaftlich Berechtigte einen mittelbaren Stellvertreter ein, ist dieser aus Sicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens der Vertragspartner, so dass sich das Unternehmen an seinen Interessen zu orientieren hat. Selbst wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen später erfährt, dass der Vertragspartner nur vorgeschoben war und nicht der wirtschaftlich Berechtigte ist, besteht die Interessenwahrungspflicht aus genannten Gründen nur gegenüber dem mittelbaren Stellvertreter als Vertragspartner und nicht gegenüber dem Hintermann (s. o.). (2) Differenzierung nach Kundengruppen Die Verpflichtung zur Wahrung der Kundeninteressen wirft die Frage auf, ob auf die Interessen des einzelnen Kunden oder auf typische Kundeninteressen abzustellen ist. § 31 Abs. 1 WpHG verwendet die Formulierung „seiner Kunden“ und damit den Plural. Hieraus könnte man den Schluss ziehen, es käme auf die Interessen von Kunden im Allgemeinen an236. Da die §§ 31 ff. WpHG die jeweiligen Vertragspartner schützen wollen, deren Interessen mitunter gegenläufig sind, kann es per se kein Kundeninteresse im Allgemeinen geben, das sich abstrakt definieren ließe237. Denkbar wäre aber eine Typisierung der Kundeninteressen, so dass beispielsweise ein Vermögensverwalter den Kunden in ein vorgefertigtes Raster einordnen und dessen Interessen entsprechend den Vorgaben für die jeweilige Kundengruppe im Raster wahrnehmen darf. Für eine typisierende Betrachtung spricht die richtlinienkonforme Auslegung. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 WDRL stellt auf die Professionalität des jeweiligen Kunden ab und gibt damit zu er___________ 236 So offenbar Kümpel, WM 1993, 2025, 2027; ders., WM 1995, 689, 690, der nie auf den einzelnen Kunden abstellt. 237 Im Ergebnis auch Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 27 ff.

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kennen, dass es durchaus verschiedene Kundengruppen geben kann. Gestützt wird dieses Ergebnis durch den Umstand, dass die Richtlinie sich im Wesentlichen am Regelungsansatz des damals gültigen FSA orientierte und dieser in der Tat eine Differenzierung anhand von Kundengruppen vornahm238. Schließlich hat die Kommission in ihrem Bericht über Art. 11 WDRL239 festgestellt, dass aus aufsichtsrechtlicher Sicht viel für die Einführung von Kundengruppen spricht, um für die Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Vereinfachung zu erreichen. Diese würden durch die derzeitige Regelung über Gebühr belastet, die bei grenzüberschreitender Tätigkeit eine Vielzahl verschiedener Wohlverhaltenspflichten zur Anwendung bringe. Eine Standardisierung sei daher wünschenswert. Auch die Kommission legt die WDRL also dahingehend aus, dass der britische Ansatz der Einführung von Kundengruppen Art. 11 WDRL entspricht240. Das Argument der Rationalisierung der Einhaltung von Verhaltenspflichten spricht nicht nur bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit für die Typisierung, sondern gilt auch bei einer rein nationalen Tätigkeit. Gerade wenn der Kunde standardisierte Leistungen oder Produkte auswählt, kann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Massengeschäft nur bewältigen, wenn es bei der Beachtung der Wohlverhaltensregeln Rationalisierungen vornehmen darf. Diese Gesichtspunkte sprechen sicherlich dafür, in einer laufenden Vertragsbeziehung eine Typisierung hinsichtlich der Interessenwahrungs-, Erkundigungs- und Informationspflichten zuzulassen. Anknüpfungspunkte können dabei etwa das Maß der Professionalität des Kunden oder die verfolgten Anlageziele und die Risikobereitschaft sein. Anders ist die Ausgangslage bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung. Einem neuen Kunden sieht man nicht an, welche Interessen er verfolgt. Außerdem lassen auch die nachgefragten Wertpapierdienstleistungen keine zwingenden Rückschlüsse darauf zu, welche Interessen der Kunde verfolgt und welche Vorerfahrungen er mitbringt. Bevor also überhaupt eine Einordnung der Kundeninteressen und Vorerfahrungen in ein Raster erfolgen kann, müssen diese festgestellt werden. Ergibt sich aus diesen Informationen, dass der Kunde einem bestimmten Typus zugeordnet werden kann, spricht nichts gegen eine dadurch mög___________ 238 Vgl. schedule 8 paragraph 12 zum FSA. Dazu Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 194 ff. 239 Mitteilung der Kommission: Anwendung der Wohlverhaltensregeln gemäß Artikel 11 der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie (93/22/EWG) vom 14.11.2000, KOM (2000) 722 endg. 240 Die MiFID differenziert nun zwischen Kleinanlegern und professionellen Kunden sowie geeigneten Gegenparteien.

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liche Rationalisierung. Lassen die Kundeninteressen dagegen keine Zuordnung in eine Kundengruppe zu, muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sofern es den Auftrag nicht ablehnt, künftig die individuellen Kundeninteressen verfolgen. Entsprechendes gilt, falls sich später während der laufenden Geschäftsbeziehung Anhaltspunkte für eine Veränderung der Kundeninteressen ergeben. In diesem Fall haben sie ebenfalls Vorrang vor der Typisierung. Damit lässt sich folgender Grundsatz formulieren: Bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung sind die individuellen Interessen des jeweiligen Vertragspartners zu ermitteln241. Ergibt sich dabei, dass die Interessen dieses Kunden einem bestimmten Kundentypus mit gleichgerichteten Interessen zugeordnet werden können, darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese Kunden bei der Ausführung von Wertpapierdienstleistungen „zusammenfassen“, sofern sich hierdurch keine Interessenkonflikte innerhalb dieser Kundengruppe ergeben242. Eine solche Zuordnung zu einem Kundentypus wird insbesondere im Massengeschäft erfolgen dürfen. Ändern sich später die Interessen des Kunden, muss eine neue Einordnung erfolgen, die entweder dazu führen kann, dass das Depot des Kunden nun einem anderen Typus angehört oder aber individuell zu betreuen ist. Ist Letzteres der Fall, könnte man auch vom Auffangkundentypus der „Individualisten“ sprechen. Auf die drei Formen der (nichtkollektiven) Vermögensverwaltung bezogen, bedeutet dies folgende Vorgehensweise: Bei der individuellen Vermögensverwaltung muss sich der Vermögensverwalter der Anlageziele und Interessen des Kunden vergewissern. Stellt sich dabei heraus, dass weitere seiner Kunden vergleichbare Interessen verfolgen, kann er die Depots nach einheitlichen Grundsätzen verwalten. Bietet der Vermögensverwalter von vornherein nur eine standardisierte Vermögensverwaltung und daher keine individuellen Anlagestrategien an, befreit ihn dies nicht von der vorgelagerten Pflicht, sich zu vergewissern, ob die ins Auge gefasste Strategie überhaupt mit den Interessen des Kunden übereinstimmt. Nur falls dies der Fall ist, entspricht die standardisierte Vermögensverwaltung dem Kundeninteresse. Andernfalls muss der Vermögensverwalter die Verwaltung als individuelle beginnen bzw. fortführen oder den Vermögensverwaltungsvertrag nicht schließen bzw. kündigen. Gleiches gilt für das Fondspicking.

___________ 241 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 11. Ebenso Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 27 f. 242 Ohne Begründung, aber im Ergebnis ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 11. Ebenso Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 27 f.

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(3) Anlageziele als Teil der Kundeninteressen Gerade bei der Vermögensverwaltung erfolgt häufig eine Gleichsetzung der Anlageziele der Vermögensverwaltung mit den Kundeninteressen. Die Anlageziele sind jedoch nicht deckungsgleich mit den Kundeninteressen, sondern nur ein Teil dieser Interessen. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Der Kunde legt seine Anlageziele fest, die der Vermögensverwalter in der Folgezeit auch buchstabengetreu umsetzt. Dabei schichtet er jedoch zum Zwecke der Gebührenreiterei das Depot des Kunden sehr häufig um und betreibt Frontrunning, was zwar die Anlageziele unbeeinträchtigt lässt, aber einen klaren Verstoß gegen die Kundeninteressen darstellt. Festzuhalten ist damit, dass das Kundeninteresse der übergeordnete Begriff ist, der neben der Einhaltung der Anlageziele auch ein faires und fremdnütziges Verhalten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistung umfasst. (4) Ermittlung der Kundeninteressen Eine interessenwahrende Anlage kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur tätigen, wenn es über genaue Angaben über die Ziele und Interessen des Kunden verfügt. An dieser Stelle berührt die Interessenwahrungspflicht die Pflicht zur Erkundung der Vermögensverhältnisse, Anlageziele und Vorerfahrungen des Kunden, der das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG unterliegt. Die Erkundigungspflicht vervollständigt die Interessenwahrungspflicht, denn ohne Erkundigungspflicht hinge der Umfang der Interessenwahrungspflicht allein davon ab, ob der Kunde zufällig seine Interessen bei der Vertragsanbahnung offen legt oder nicht. Beide Pflichten sind daher komplementär. Gleiches gilt hinsichtlich der Pflicht zur Information (Aufklärung und Beratung) nach § 31 Abs. 2 WpHG. Ein in Wertpapierdienstleistungen unerfahrener Kunde wird eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Festlegung seiner Anlageziele nur treffen können, wenn er zuvor über die Chancen und Risiken der Anlage aufgeklärt wurde. Auf die besondere Situation, dass ein Kunde sich weigert, die notwendigen Angaben zu machen oder Informationen entgegenzunehmen, wird an späterer Stelle eingegangen. (5) Kundeninteressen und Marktschutz Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass der Finanzintermediär die Kundeninteressen wahren muss. Fraglich ist, inwieweit er auch der Funktionsfähigkeit des Markts verpflichtet ist, denn Art. 11 Abs. 1 Satz 4 Spiegelstriche 1, 2, 7 WDRL verpflichtet eine Wertpapierfirma zur Aus-

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übung ihrer Tätigkeit auch im Interesse der Integrität des Marktes als Ganzem. Für einen Vermögensverwalter stellt sich daher in der Praxis die Frage, ob er bei rasanten Kursstürzen die Werte in den Depots seiner Kunden verkaufen darf, selbst wenn er dadurch den Niedergang des Markts noch beschleunigt. Dies wird man bejahen müssen. Die WDRL verpflichtet die Wertpapierdienstleistungsunternehmen zum Schutz des Markts, um sicherzustellen, dass sich die Wertpapierdienstleistungsunternehmen fair und regelgerecht verhalten. Die Richtlinie formuliert bewusst, indem sie den Begriff der Integrität verwendet und nicht den der Stabilität des Markts. Solange sich ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen innerhalb der gültigen Vorschriften bewegt, wird der Marktschutz also von vornherein nicht tangiert, denn die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind nach der WDRL nicht verpflichtet, für stabile Kurse zu sorgen. Marktschutz bedeutet regelgerechtes und faires Verhalten sowie Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Märkte und des Vertrauens in diese243. Selbst wenn man die Pflicht zum Schutz des Markts anders verstehen wollte244, genösse dieses Ziel nach dem Wortlaut der Richtlinie keine Priorität. Es wird jeweils nur im Anschluss an das Ziel der Wahrung der Kundeninteressen genannt. Hieraus lässt sich ableiten, dass die Wertpapierfirma bei einer Kollision beider Ziele immer dem Kundeninteresse den Vorrang einzuräumen hat245. Der Finanzintermediär ist also nicht zum Schutze gesamtgesellschaftlicher Interessen, wie der Stabilität des Markts, verpflichtet246. c) Bestehen von Interessenkonflikten Ein Vermögensverwalter ist den eingangs beschriebenen vielfältigen Interessenkonflikten zwischen den eigenen Interessen und den Interessen eines ___________ 243 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 8 f. 244 Hiervon scheinen Balzer, Vermögensverwaltung, S. 115 und Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 13, auszugehen, wenn sie direkt auf die Abwägung kollidierender Interessen von Kunde und Markt eingehen. Nach der hier vertretenen Ansicht liegt im Ausgangsbeispiel gar kein Fall der Kollision zweier rechtlich bindender Interessenlagen vor. Der Vermögensverwalter ist nicht der Kursstabilität des Markts verpflichtet, sondern nur der generellen Funktionsfähigkeit durch Einhaltung der relevanten Regeln. 245 So die Begründung von Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 13. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 27 ff., spricht diese Frage nicht an, sondern nimmt nur zum individuellen Kundeninteresse im Allgemeinen Stellung. Auch an anderer Stelle (Vor § 31 Rdn. 8 ff., § 31 Rdn. 25a) spricht er kollidierende Interessen von Kunden und Markt nicht an. 246 Zu der umgekehrten Frage, ob er eigene wirtschaftliche Vorstellungen oder eigene Gewissensentscheidungen in den Vermögensverwaltungsprozess einfließen lassen darf, s. u. S. 901 f.

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Kunden ausgesetzt. Die bei Vermögensverwaltungen typischen Interessenkonflikte wurden ausführlich beschrieben247, so dass an dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung ausreicht, um sich die Fallgestaltungen in Erinnerung zu rufen. Ist ein Vermögensverwalter für mehrere Kunden tätig, kann ein Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Kundeninteressen entstehen, wenn die Bevorzugung eines der Kunden eine größere Entlohung oder sonstige Vorteile für den Vermögensverwalter erwarten lässt. Wird der Vermögensverwalter nicht nur auf einer Marktseite tätig, vervielfältigt sich die Zahl möglicher Interessenkonflikte. Als typisches Beispiel derartiger Konfliktsituationen wird die Universalbank angesehen248, doch sind solche Konflikte nicht auf diese in vielen Geschäftsfeldern tätigen Institute beschränkt. Auch bei einem nur als Finanzportfolioverwalter tätigen Institut, das Eigenhandel und Eigengeschäfte betreibt, sind Gegensätze zwischen Kundeninteressen und Eigeninteressen denkbar. Interessenkonflikte für den Vermögensverwalter können sich damit sowohl innerhalb eines Geschäftsfelds aufgrund der unterschiedlichen Interessen mehrerer Kunden als auch aus Aktivitäten des Instituts in verschiedenen Geschäftsfeldern ergeben. Die vielfältigen Interessenkonflikte lassen sich – aus Sicht des Vermögensverwalters – nach folgenden, typischerweise auftretenden Eigeninteressen systematisieren249: – Vermögensverwalter haben ein Interesse daran, bei Eigengeschäften und Eigenhandel für sich möglichst günstige Kurse zu erzielen (Preisinteresse) und könnten zu diesem Zweck versuchen, den Preis durch die Ausführung von Aufträgen für Kundendepots zu beeinflussen oder können schlechte Papiere aus dem eigenen Bestand in Kundendepots abladen. – Vermögensverwalter, die im Emissionsgeschäft tätig sind oder die Bestandspflegeprovisionen von Kapitalanlagegesellschaften erhalten, haben ein Interesse am Absatz solcher Wertpapiere, an deren Emission sie beteiligt sind oder für die sie eine solche Provision erhalten (Absatzinteresse). – Schließlich hat der Vermögensverwalter ein Interesse an einer möglichst hohen Vergütung (Vergütungsinteresse). Ein Interessenkonflikt entsteht allerdings nur, wenn dieses Interesse des Wertpapierdienstleistungsunternehmens über das gewöhnliche oder das mit dem Vertragspartner ___________ 247 Vgl. oben S. 141 ff., sowie allgemein Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 167. 248 Statt vieler Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 167 m. w. N. 249 Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 168 f. (allgemein in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen). Eine Systematisierung der Interessenkonflikte findet sich auch bei Hopt, FS Heinsius, 1991, S. 289, 314 ff.

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vereinbarte Maß hinausgeht. Denn dass die Wertpapierdienstleistungen nicht gratis erbracht werden, ist jedem Kunden klar und verursacht als solches keine Interessenkonflikte, sondern ist Teil jeder entgeltlichen Vertragsbeziehung. Konfliktträchtig können aber Sondersituationen sein, wie etwa die Vereinbarung einer Erfolgsbeteiligung. Sie kann in mageren Börsenjahren einen Vermögensverwalter dazu verleiten, risikoreiche Transaktionen vorzunehmen, die nicht in Einklang mit dem Kundeninteresse stehen, aber eine hohe Erfolgsbeteiligung versprechen. Erhält der Vermögensverwalter von einzelnen Kunden eine höhere Erfolgsbeteiligung als von seinen übrigen Kunden, stellt dies einen Anreiz dar, gute Wertpapiere gezielt in Depots mit erhöhter Erfolgsbeteiligung zu leiten. Ein „gesteigertes“ Vergütungsinteresse kann daher im Einzelfall durchaus Interessenkonflikte mit sich bringen250. Neben diese im gängigen Schrifttum genannten drei Kategorien können weitere treten: – Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann ein Interesse daran haben, bestimmte Wertpapiere zu kaufen, etwa im Rahmen einer Übernahme oder weil es aus anderen Gründen an einem Erwerb der Papiere interessiert ist (Erwerbsinteresse). Es besteht daher die Versuchung, Kundenwertpapiere aus den verwalteten Depots zu veräußern und für den eigenen Bestand zu erwerben. – Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seine Mitarbeiter können außerhalb der konkreten geschäftlichen Beziehung über Wertpapierdienstleistungen aus anderen Rechtsbeziehungen außerhalb des Effektenmarkts oder aus tatsächlichen Gründen Interessenkonflikte mit dem Kunden haben (außergeschäftliche Interessen), die ihrerseits eine Gefährdung der Wertpapierdienstleistung selbst mit sich bringen. Es ist fraglich, ob auch solche Konflikte der aufsichtsrechtlichen Interessenwahrungspflicht unterfallen. d) Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen (dazu nachfolgend) und – soweit der Konflikt unvermeidbar ist – dafür zu sorgen, dass der Kundenauftrag dennoch unter Wahrung des Kundeninteresses ausgeführt wird (dazu unter e). Das Gesetz unterscheidet damit vermeidbare und unvermeidbare Interessenkonflikte. Unter vermeid___________ 250 Dies verkennt Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 29; zu Recht a. A. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 61.

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baren Interessenkonflikten sind solche zu verstehen, deren Entstehung das Wertpapierdienstleistungsunternehmen durch organisatorische oder sonstige Maßnahmen von vornherein verhindern kann, während die unvermeidbaren selbst dann entstehen, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Die zweistufige Vorgehensweise entspricht der präventiven Funktion des Aufsichtsrechts, möglichst schon im Vorfeld eines Konflikts adäquate Lösungen zur Vermeidung einer Situation zu finden, in der Kundeninteressen gefährdet werden könnten. Der Wortlaut der Vorschrift verdeutlicht weiterhin, dass selbst bei unvermeidbaren Interessenkonflikten kein absolutes Verbot des Geschäfts besteht, sondern das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sich gleichwohl um die bestmögliche Ausführung im Kundeninteresse bemühen muss. Das Aufsichtsrecht anerkennt damit die Grenzen der Prävention und schränkt die wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht über Gebühr ein251. Diese Entscheidung des Gesetzgebers entspricht Art. 11 Abs. 1 Satz 4 Spiegelstrich 6 WDRL, der nur verlangt, dass sich die Wertpapierfirmen um die Vermeidung der Interessenkonflikte bemühen („… tries to avoid“ bzw. „… obligent à s’efforcer d’écarter les conflits“). An dieser Stelle zeigt sich damit besonders deutlich der unterschiedliche Charakter von Zivilrecht und aufsichtsrechtlicher Prävention. Das Aufsichtsrecht kann nicht die erfolgreiche Konfliktvermeidung in jedem Einzelfall oder die Überprüfung jeder Transaktion gewährleisten, sondern nur allgemeine Grundsätze aufstellen, deren Beachtung ein größtmögliches Maß an Kundenschutz gewährleistet. Jenseits dieser Grenze überlässt das Wertpapierhandelsgesetz dem einzelnen Anleger die Durchsetzung seiner Interessen. Ziel der Beaufsichtigung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist es, die Integrität des Markts und den individuellen Kundenschutz zu gewährleisten. Daraus folgt, dass jede Form einer unfairen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zu vermeiden ist, da ihr Bekanntwerden das Vertrauen in die Integrität des Markts beeinträchtigen und eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht mit sich bringen kann. Aus diesem Grund ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht nur verpflichtet, alle unmittelbar im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehenden Interessenkonflikte zu minimieren, sondern muss auch dafür Sorge tragen, dass außergeschäftliche Interessenkonflikte die Erbringung einer interessengerechten Wertpapierdienstleistung an den Kunden nicht beeinträchtigen. Ist etwa dem vermögensverwaltenden Institut bekannt, dass der für die Ver___________ 251 Ebenso die Bewertung von Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 30 ff. m. w. N.

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mögensverwaltung zuständige Mitarbeiter einen umfangreichen privaten Rechtsstreit mit einem der Vermögensverwaltungskunden führt, wird dessen Unbefangenheit bei der Verwaltung dieses Kundendepots in Frage gestellt. Die Verpflichtung zur Interessenwahrung erfordert daher, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch in Fällen von Interessenkonflikten aus außergeschäftlichen Interessen angemessene Maßnahmen ergreift, um eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen zu vermeiden. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, stehen verschiedene Lösungswege zur Verfügung: (1) Organisationspflichten Innerhalb der Interessenkonflikte lassen sich strukturelle und einzelfallbedingte Konflikte unterscheiden. Sind die Interessenkonflikte in der Struktur des Wertpapierdienstleistungsunternehmens angelegt, ist dieses gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verpflichtet, seine Organisation so umzugestalten, dass solche Konflikte soweit als möglich ausgeschlossen werden252. Dies ist allerdings dann nicht möglich, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu klein ist, um eine andere, sachgerechte Organisation einführen zu können. Gleiches gilt für den Fall, dass die Konflikte gar nicht struktureller Art sind, sondern einzelfallbedingt. In diesem Fall muss sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einer der folgenden Lösungen bedienen: (2) Aufklärung Als Möglichkeit zur Lösung von Interessenkonflikten wird regelmäßig die Aufklärung des Kunden über die Konfliktlage genannt. Ein Teil des Schrifttums meint, die Aufklärung beseitige den Interessenkonflikt. Denn der Kunde könne seine Interessen selbst festlegen. Wenn er dem Geschäft in Kenntnis der Interessenlage zustimme, entfalle der Interessenkonflikt253. Diese Aussage überzeugt nicht. Vergleicht man die Situation mit der eines medizinischen Heileingriffs, beseitigt auch dort die Aufklärung nicht das mit einer Operation verbundene Risiko eines Fehlschlags, sondern erlaubt dem Patienten nur die eigenverantwortliche Entscheidung darüber, ob er bereit ___________ 252 Dazu später auf S. 851 ff. Die Unabhängigkeit der Abteilung für Vermögensverwaltung forderte schon frühzeitig Schlembach, Bank-Betrieb 1972, 201, 203. 253 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 37 („Interessenkonflikt entfällt“), Rdn. 78 („Aufklärung [kann] … Interessenkonflikt nicht eliminieren, aber abschwächen“); ders., FS Piper, S. 899, 909 f.

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ist, das Risiko auf sich zu nehmen. Trotz der Aufklärung über die Risiken muss sich der Arzt um die bestmögliche Ausführung der Operation bemühen. Vergleichbar ist die Ausgangslage bei Interessenkonflikten im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen. Die Aufklärung beseitigt den Interessenkonflikt nicht254. Vielmehr steht der Kunde nun vor der Wahl, die Transaktion nicht oder bei einem anderen Institut durchführen zu lassen oder aber den Interessenkonflikt in Kauf zu nehmen. Hält er an dem Geschäft fest, befreit dies das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht von der Interessenwahrungspflicht. Die Aufklärung des Kunden ist damit kein Freibrief für dessen Benachteiligung. Gerade weil die Aufklärung den Interessenkonflikt nicht beseitigt, ist sie nachrangig gegenüber Mitteln, die von vornherein zur Vermeidung des Interessenkonflikts zur Verfügung stehen (insbesondere organisatorische Maßnahmen). Denn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss bei mehreren Möglichkeiten zur Wahrung des Kundeninteresses den jeweils geeignetsten Weg wählen255. Streitig ist, in welchem Umfang die Aufklärung zu erfolgen hat. Da der Kunde eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen muss, benötigt er alle Informationen, um das Ausmaß der Gefährdung seiner Interessen einschätzen zu können. Der allgemeine Hinweis, es bestehe ein Interessenkonflikt, ist daher in keinem Fall ausreichend256. Auf der anderen Seite muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nicht jedes Detail des anderen Geschäfts offenbaren, da dies die eigenen Geschäftschancen reduzieren bzw. bei Konflikten zwischen zwei Kunden die Schweigepflicht gegenüber dem jeweils anderen Kunden verletzen würde. Ausreichend ist daher eine Aufklärung, die das Ausmaß der Gefährdung hinreichend deutlich macht257. Dies ist nur der Fall, wenn der Kunde erkennen kann, dass seine Geschäftschancen gemindert sein können. Die Erkennbarkeit wiederum hängt vom Grad der Professionalität des Kunden258 einerseits und der Natur des Kon___________ 254 Zutreffend Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 17; OLG Köln, NZG 1999, 1177, 1178. 255 Wohl aus diesem Grund wird in der Schweiz die Aufklärung nur als letztes Mittel bei unvermeidbaren Interessenkonflikten angesehen, nicht aber bei vermeidbaren, vgl. Art. 8 Abs. 2 der Verhaltensregeln für Effektenhändler bei der Durchführung des Effektenhandelsgeschäftes, Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 22.1.1997. 256 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 18; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 38; a. A. Vortmann, ÖBA 1994, 579, 585. 257 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 38; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 446 f.; offen Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 18. 258 Vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 WDRL; dazu Köndgen, ZBB 1996, 361, 362 f.

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flikts259 andererseits ab. In Wertpapiergeschäften sehr erfahrene Kunden können aus dem allgemeinen Hinweis, der Vermögensverwalter betreibe auch Eigengeschäfte und Eigenhandel für andere, ausreichende Schlüsse ziehen und die potentiellen Interessenkonflikte erkennen. Wenig erfahrene Kunden können aus derartigen Hinweisen keine Rückschlüsse ziehen und auch das Ausmaß der Gefährdung eigener Interessen nicht erkennen. Ihnen ist die Gefährdung daher deutlich vor Augen zu führen. Dies gilt auch im Alltagsgeschäft. Da sich die Zahl der Fälle, in denen eine Aufklärung notwendig wird, durch Organisationspflichten bereits drastisch reduzieren lässt, kann man nicht argumentieren, der Aufwand der Aufklärung sei für das Institut zu groß. Der Hinweis auf die Organisationspflichten verdeutlicht, dass die Pflicht zur Aufklärung nicht der einzige Weg sein kann, Interessenkonflikte zu lösen und damit der Interessenwahrungspflicht zu genügen. Sowohl die Organisationspflicht als auch die nachfolgend geschilderten Möglichkeiten stellen Alternativen zur Aufklärung dar und das Institut ist verpflichtet, im Einzelfall jeweils diejenige Möglichkeit oder Kombination von Möglichkeiten zu wählen, die den Interessen des Kunden am besten gerecht wird. Die Aufklärung muss dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zumutbar sein. In die Abwägung der Zumutbarkeit müssen das Ausmaß der Gefährdung der Kundeninteressen, die aus der Aufklärung resultierenden Nachteile für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und der Nutzen für den Kunden eingestellt werden. Kann das Institut die Interessen des Kunden zwangsläufig oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht wahren, ist eine Aufklärung stets zumutbar260. Ist die Aufklärung dagegen von geringem Nutzen für den Kunden und stellt sie gleichzeitig einen erheblichen Eingriff in die Sphäre des Wertpapierdienstleistungsunternehmens dar, kann sie unterbleiben. Einen solchen Fall nimmt das Schrifttum an, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapiere im Eigenbestand hält und Eigengeschäfte plant261. Eine massive Beeinträchtigung der Kundeninteres___________ 259 Dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Eigeninteresse an Gebühren hat, ist auch für Laien offensichtlich (ebenso Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 446). Über die Art und den Umfang der Gegenleistung ist der Kunde daher nur aufzuklären, wenn sie ungewöhnlich oder für Laien nicht durchschaubar ist, Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 354. So ist aufgrund der shingle theory im US-amerikanischen Recht anerkannt, dass ein Effektenhändler über ungewöhnlich hohe Gebühren aufklären muss, wobei dies schon dann bejaht wird, wenn die Gebühren 5 % über dem Marktpreis liegen (Hopt, a. a. O. m. w. N.). 260 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 19. 261 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 43; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 446 f.

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sen liege erst vor, wenn sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Wertpapieren eindecke, bevor sie diese empfehle (Scalping262). Die Aufklärung muss unterbleiben, wenn mit ihr Insiderinformationen weitergegeben werden und damit gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 WpHG verstoßen würde. Denn das Ziel des Insiderhandelsverbots ist es, die informationelle Chancengleichheit der Anleger zu gewährleisten und zu verhindern, dass einzelne Anleger Sondervorteile ziehen, weil sie mit einem Insider in vertraglichen Beziehungen stehen263. Vertragliche Ansprüche auf oder aufsichtsrechtliche Pflichten zur Aufklärung müssen hinter dem Insiderhandelsverbot zurückstehen. Eine Aufklärung muss zudem dann unterbleiben, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen damit gegen die berufliche Schweigepflicht hinsichtlich anderer Wertpapierkunden verstieße. In den Fällen, in denen eine Aufklärung zu unterbleiben hat, muss das Unternehmen auf die nachfolgend geschilderten anderen Instrumentarien zur Interessenwahrung zurückgreifen. (3) Grundsatz der Gleichbehandlung Zur Lösung von Interessenkonflikten wird weiterhin auf die Gleichbehandlung verwiesen. Gerade zum Ausgleich von Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Kunden biete sich dieser Weg an. Fasse ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verschiedene Eigenhandelspositionen und Transaktionen für Kundendepots zusammen, um Kostenvorteile zu erzielen, und werde diese Blockorder nur teilweise erfüllt, könne das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den nun bestehenden Interessenkonflikt dadurch lösen, dass es die erworbenen Wertpapiere und die Transaktionskosten entsprechend dem Anteil an der Blockorder auf die Kunden verteile. Sei das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit seinem Eigenbestand an der Blockorder beteiligt, müsse es zunächst alle Kundenaufträge bedienen, bevor es sich selbst mit Papieren eindecken dürfe264. Habe dagegen erst die Beteiligung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens an der Blockorder dazu geführt, dass sich diese Order überhaupt lohne, seien die Papiere entsprechend den Anteilen der Kunden und des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu verteilen265.

___________ 262 Zur Frage, ob das Scalping gegen das Insiderhandelsverbot oder das Verbot der Kursmanipulation verstößt, siehe unten S. 817 Fn. 307. 263 Statt vieler Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 62 m. w. N. 264 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 47, 60. 265 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 47, 60.

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Zu einem solchen Vorgehen sei das Institut allerdings nicht verpflichtet266, da das Recht keine allgemeine Pflicht zur Gleichbehandlung kenne. Habe das Institut seine Kunden bereits vor dem Geschäft darauf hingewiesen, dass es andere Mittel zur Lösung möglicher Interessenkonflikte anwende, sei das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zur Gleichbehandlung verpflichtet267. Von diesem Standpunkt geht auch Teil B Ziff. 3.4 WohlVerh-RL aus, der lediglich festlegt, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Privatkunden den Erwerb von Wertpapieren durch Zeichnung anbietet, die Kunden nur über das Zuteilungsverfahren, insbesondere über die Zuteilung bei Überzeichnung, zu informieren hat. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung statuiert die BaFin nicht. Zutreffender Hintergrund dieser Ansicht ist der Umstand, dass das Zivilrecht keine allgemeine Pflicht zur Gleichbehandlung kennt268, da es jedem Vertragspartner selbst überlassen bleiben müsse, mit wem er welche Geschäfte tätige. Dabei wird stillschweigend unterstellt, dass mit der Pflicht zur Gleichbehandlung eine Pflicht zur Gleichbehandlung durch positives Tun gemeint ist und nicht nur ein Verbot der Willkür. Eine solche Pflicht zur Gleichbehandlung bestehe vielmehr nur in Ausnahmefällen, in denen sie ausdrücklich angeordnet würde (§§ 53a AktG, 44 BörsG, 12 des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen) oder anerkannt sei (z. B. die arbeitsvertragliche Gleichbehandlungspflicht)269. Aus diesem Grund sei jedes Institut im Grundsatz frei, seine Anleger ungleich zu behandeln270. Grenze einer Ungleichhandlung sei das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot des § 20 GWB. Diese im Schrifttum zur Vermögensverwaltung häufig vertretene Ansicht übersieht, dass sich grundsätzlich jeder Vertragspartner im Einzelfall auch freiwillig zu einer Gleichbehandlung bestimmter Kundengruppen verpflich___________ 266 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 21; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 329. Unklar Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 47 f. 267 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 21; a. A. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 78. 268 Grundlegend L. Raiser, ZHR 111 (1944), 75 ff.; G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, S. 22 sowie Canaris, Bankvertragsrecht4, Rdn. 121 f.; Hopt, Investment Management Law, S. 187, 197; Eisele, in: BankrechtsHandbuch2, § 109 Rdn. 23; Kübler, ZHR 145 (1981), 204, 210 f.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 22; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 485 a. E. (anders aber auf S. 471 ff.). 269 Richardi, in: Münch. HdB Arbeitsrecht2, § 14 Rdn. 1 ff. m. w. N. 270 Vgl. statt vieler Bechtold, GWB3, § 20 Rdn. 4 („Gleichbehandlung ist kein Wettbewerbsprinzip“).

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ten kann271. Gerade mit einer standardisierten Vermögensverwaltung bietet der Vermögensverwalter eine Leistung an, die darauf ausgerichtet ist, dass alle Depots eines Kundentyps nach einheitlichen Anlagerichtlinien verwaltet werden. Mit einer solchen vertraglichen Vereinbarung unterwirft sich der Vermögensverwalter einer Gleichbehandlungspflicht innerhalb der jeweiligen Kundengruppe272. Wenn aussichtsreiche Aktien einer bestimmten Kategorie nicht in ausreichendem Maß vorhanden sind, muss der Vermögensverwalter den Mangel gleichmäßig verteilen und darf nicht einzelne Depots bevorzugen. Seinen Eigenbestand darf er erst bedienen, wenn die Kundendepots versorgt sind, da er das Kundeninteresse vorrangig zu wahren hat. Weniger intensiv fällt die vertragliche Bindung aus, wenn es sich um eine Vermögensverwaltung handelt, deren Anlagepolitik nicht standardisiert, sondern frei mit den Kunden vereinbart wurde. In einer solchen Konstellation kann sich eine Pflicht zur Gleichbehandlung nur aus einer Gleichrichtung der Interessenwahrungspflichten, denen der Vermögensverwalter hinsichtlich seiner Kunden unterliegt, ergeben273. Wenn ein solches Unternehmen jedem Kunden gegenüber zur Ausführung des Auftrags im besten Interesse verpflichtet ist, kann es diesen verschiedenen Pflichten nur dann optimal gerecht werden, wenn es alle Kunden gleich bedient. Eine solche Parallelität der Interessenwahrungspflichten setzt jedoch voraus, dass aus ___________ 271 Allerdings lässt sich der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht schon aus der Rechtsfigur des allgemeinen Bankvertrags ableiten. Aus den auf S. 106 f. genannten Gründen erscheint bereits die Existenz eines solchen Vertragstyps zweifelhaft. Sieht man hierüber einmal hinweg und unterstellt seine Berechtigung, bedeutet dies noch nicht die automatische Bejahung einer Gleichbehandlungspflicht aller Kunden, mit denen das Institut einen solchen Vertrag abgeschlossen hat. Denn welchem seiner vielen Kunden ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapiere verkaufen will, muss letztlich dem Unternehmen überlassen bleiben. Andernfalls würde der allgemeine Bankvertrag zu einer Lähmung des Instituts führen. An eine pflichtenbegründende Funktion sind hohe Anforderungen zu stellen. Hiervon scheint auch Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 473 Fn. 203, auszugehen, der – obwohl Anhänger des allgemeinen Bankvertrags – eine Gleichbehandlung nicht grenzenlos innerhalb aller Kunden anerkennen will. 272 Diese Fallgruppe, in der eine vertragliche Gleichbehandlungspflicht besteht, wurde im deutschen Schrifttum zur Vermögensverwaltung bislang nicht zur Kenntnis genommen (im Ansatz erwähnt ist sie aber bei Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 473, der Kundengruppen innerhalb der Vermögensverwaltung im Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz erwähnt). Betrachtet man den soeben erwähnten Fall der Zuteilung neuer Aktien, überlässt es Teil B Ziff. 3.4 WohlVerh-RL ebenfalls den Vertragsparteien, ob sie eine Pflicht zur Gleichbehandlung vereinbaren oder nicht. Die Regelung der WohlVerh-RL ist damit ein Beleg für die hier vertretene Position. 273 Diese Fallgruppe anerkennen auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 116 f. und Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 22.

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tatsächlichen Gründen im konkreten Fall eine Gleichrichtung der Interessenwahrungspflichten vorlag. Dies ist – soweit ersichtlich – nur in einer Konstellation der Fall. Veranlasst der Vermögensverwalter für mehrere Depots eine Blockorder274, um günstige Kurse zu erhalten und Transaktionskosten zu sparen, und reichen die Aktien nicht aus, um alle an der Order beteiligten Depots zu bedienen, muss der Vermögensverwalter die gelieferten Wertpapiere anteilig auf die Kundendepots buchen. Denn jede Besserstellung des einen Kunden hätte automatisch die Schlechterstellung eines anderen Kunden zur Folge. Auch wenn er sich selbst an der Blockorder beteiligt hat, muss er trotzdem erst die Kundendepots versorgen, da das Kundeninteresse Vorrang vor Eigeninteressen genießt275. Nur wenn dann noch Wertpapiere übrig bleiben, darf er sie in den eigenen Bestand nehmen. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Vermögensverwalter die Blockorder mit seiner Beteiligung überhaupt erst lukrativ gemacht oder durch seine Beteiligung noch günstigere Konditionen als bei einer reinen Kundenblockorder erzielt hat. Wird eine solche Order nicht in vollem Umfang erfüllt, sind die gelieferten Wertpapiere in jedem Fall anteilig auf die Kunden und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu buchen276. Reichen die Wertpapiere nicht einmal aus, um alle an der Order beteiligten Depots anteilig mit einem Wertpapier zu bedenken, bieten sich zwei Wege an. Der Vermögensverwalter kann weitere Wertpapiere zu anderen Preisen nachkaufen und im Wege der Mischkalkulation alle Depots anteilig eindecken277. In diesem Fall muss er die Mischkalkulation im Rahmen seiner Berichtspflicht nachträglich allen beteiligten Kunden offen legen, um Manipulationen zu verhindern278. Der Vermögensverwalter kann auch die georderten Papiere sofort verkaufen und einen erlösten Gewinn/Verlust anteilig auf die Depots verteilen. Welchen Weg er wählt, hängt von der Marktsituation zum Zeitpunkt der Entscheidung ab.

___________ 274 Die Blockorder ist nach deutschem Recht zulässig, sofern die Interessen der Kunden gewahrt bleiben, vgl. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 232 f. sowie Teil B Ziff. 3.5 WohlVerh-RL. 275 So auch Teil B Ziff. 3.5 WohlVerh-RL; zustimmend Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 233, unter Hinweis auf das parallele britische Recht; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 60. 276 Ebenso Teil B Ziff. 3.5 WohlVerh-RL. 277 Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 24; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 114. 278 Zutreffend Schäfer, ZBB 2000, 150, 152, gegen Balzer, Vermögensverwaltung, S. 114 f.

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Fraglich ist, ob eine Pflicht zur Gleichbehandlung auch besteht, wenn der Vermögensverwalter für mehrere Depots Aktien einer Neuemission bei einem anderen Institut zeichnet. Hier liegt keine vom Vermögensverwalter veranlasste Gleichrichtung der Depots vor. Denn der Vermögensverwalter darf nicht pauschal und ohne konkrete Zuordnung zu einem bestimmten Kundendepot Aktien zeichnen und diese nach Zuteilung auf die Depots verteilen. Um Manipulationen zu verhindern, muss jeder Auftrag von vornherein einem Depot zugeordnet sein. Ansonsten wäre dem Abladen schlechter Papiere am Ende des Börsentags Tür und Tor geöffnet. Die Zuteilung erfolgt ohnehin durch Dritte, also durch das die Neuemission begleitende Kreditinstitut, so dass der Vermögensverwalter keinem Interessenkonflikt unterliegt. In diesem Fall kommt es auf die Pflicht zur Gleichbehandlung gar nicht an. Nur falls der Vermögensverwalter mehrere Zeichnungswünsche für verschiedene Depots zu einer Zeichnung zusammenfasst279, nimmt er eine Gleichrichtung vor und es gelten die genannten Grundsätze der Blockorder, so dass eine Pflicht zur Gleichbehandlung besteht. Handelt es sich bei dem Vermögensverwalter um eines der die Neuemission begleitenden Institute, liegt bei einer geringeren Zuteilung von Aktien ein Interessenkonflikt vor, da das Institut zur bestmöglichen Ausführung der Vermögensverwaltung verpflichtet ist. Diesen Interessenkonflikt kann das Institut durch Organisationspflichten lösen, indem die Abteilungen Vermögensverwaltung und Neuemission durch Chinese Walls getrennt werden und Zeichnungen für Vermögensverwaltungskunden ohne äußerlich erkennbare Unterschiede zu anderen Zeichnungen in den allgemeinen Geschäftsgang der Abteilung für Neuemissionen gegeben werden. In diesem Fall wird jeder Vermögensverwaltungskunde wie ein externer Kunde behandelt, so dass die Abteilung Vermögensverwaltung keinen Einfluss auf die Zuteilung nehmen kann. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung durch die Abteilung für Vermögensverwaltung besteht nicht. Fraglich ist damit nur, ob die Abteilung für Neuemissionen einer Gleichbehandlungspflicht unterliegt. Dies wird man unter Hinweis auf die oben genannten Grundsätze verneinen müssen, denn ohne gesetzliche oder vertragliche Bindung unterliegt kein Institut bei Neuemissionen einer Gleichbehandlungspflicht. Zwar statuiert Teil B Ziff. 3 WohlVerh-RL die Pflicht, wonach ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzelne Kunden bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistung nicht ohne sachlichen Grund zu Lasten anderer Kunden bevorzugen darf, lässt aber bei ausreichender Transparenz auch eine andere Verteilung der Neuemission zu (Teil B Ziff. 3.4 WohlVerh-RL). Bei Neuemissionen sind Gleichbehandlungspflichten damit abzulehnen, es sei denn, das Institut ___________ 279 Dies muss nachvollziehbar dokumentiert sein (s. o.).

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hat sich hierzu verpflichtet280. Zeichnungen von Neuemissionen bilden damit keine eigenständige Fallgruppe, sondern lassen sich ohne weiteres in die oben entwickelten beiden Fallgruppen (Gleichbehandlung aufgrund vertraglich vorgesehener Gleichrichtung der Depots oder Gleichbehandlung aufgrund im Einzelfall vom Vermögensverwalter vorgenommener Gleichrichtung der Interessenwahrungspflichten gegenüber verschiedenen Kunden) einordnen. Jenseits dieser beiden Fallgruppen ist keine Pflicht zur Gleichbehandlung anzuerkennen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine von außen als Ungleichbehandlung erscheinende Vorgehensweise sanktionslos bliebe. Eine solche Handlungsweise kann im Einzelfall eine Verletzung der „gewöhnlichen“ Interessenwahrungspflicht darstellen, sollte der Vermögensverwalter etwa über längere Zeit alle aussichtsreichen Wertpapiere im Depot A und alle übrigen im Depot B buchen. Mangels Verknüpfung oder Gleichrichtung beider Depots fehlt eine „rechtliche oder tatsächliche Sonderbeziehung“ zwischen ihnen, so dass der Inhaber von Depot B nur eine Verletzung der ihm gegenüber bestehenden Pflicht zur bestmöglichen Anlage seines Vermögens, nicht aber auch eine Verletzung der Pflicht zur Gleichbehandlung rügen kann. Die Verletzung der gewöhnlichen Interessenwahrungspflicht ist wesentlich schwieriger zu belegen als eine Verletzung der Gleichbehandlungspflicht, bei der lediglich ein Abweichen von schematischen Prozessen (gleiche Depottypen müssen gleich behandelt werden) bewiesen werden muss, worauf der Vermögensverwalter seinerseits sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung darzulegen hat281. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung ergibt sich im Recht der Vermögensverwaltung also nur in den zwei genannten Konstellationen. Im Übrigen gilt die allgemeine Interessenwahrungspflicht. Soweit der Vermögensverwalter ausnahmsweise zur Gleichbehandlung verpflichtet ist, muss er die zwischen Vermögensverwaltungskunden bestehenden Interessenkonflikte auf die beschriebene Weise lösen, da die Gleichbehandlung – was das Schrifttum bis___________ 280 Entscheidend ist die Transparenz, so dass Teil B Ziff. 3.4 WohlVerh-RL der richtige Ansatzpunkt ist, wonach ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Privatkunden den Erwerb von Wertpapieren durch Zeichnung anbietet, die Kunden nur über das Zuteilungsverfahren, insbesondere über die Zuteilung bei Überzeichnung, zu informieren hat. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung statuiert die BaFin nicht. Allerdings sollte sie auch Sanktionen verhängen, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen das publizierte Zuteilungsverfahren nicht einhält. 281 Dass eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt sein kann, anerkennt auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 116.

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lang übersieht282 – in diesen Fällen gerade nicht mehr in seinem Belieben steht. In den übrigen Fällen, in denen keine Pflicht zur Gleichbehandlung besteht, kann er die zwischen Vermögensverwaltungskunden entstehenden Interessenkonflikte durch Gleichbehandlung lösen, muss es aber nicht. Vielmehr stehen ihm auch die übrigen erwähnten Wege zur Beseitigung von Interessenkonflikten offen. (4) Grundsatz der Priorität Ein Mittel zur Lösung von Interessenkonflikten zwischen Kunden kann der Grundsatz der Priorität darstellen. Werden Kundenaufträge nach Auftragseingang und – falls sie aufgrund des Inhalts der Order (z. B. eines Limits) oder der Marktsituation nicht sofort ausgeführt werden können283 – nach Ausführbarkeit geordnet, wird ein Interessenkonflikt zwischen Kunden bereits im Ansatz vermieden284. Dieser Ansatz erweist sich jedoch bei der Vermögensverwaltung als ungeeignet, da die Kaufentscheidungen vom Vermögensverwalter getroffen werden285, der damit auch ihre Reihenfolge festlegt. Der Prioritätsgrundsatz könnte hier nur dergestalt angepasst werden, dass der Vermögensverwalter die Anlageentscheidungen nach Datum des Vertragsschlusses fällt, doch erscheint dies ungeeignet, da damit für alle Zeiten der Kunde begünstigt wird, dessen Vertrag zuerst geschlossen wurde286. Man könnte den Grundsatz der Priorität daher nur in abgeänderter Form anwenden, etwa durch vorherige wöchentliche Festlegung einer Reihenfolge der Depots. Der Vermögensverwalter müsste in dieser Reihenfolge die Depots daraufhin untersuchen, ob Umschichtungen erforderlich sind, und diese Umschichtungen dann unmittelbar veranlassen, bevor er sich dem nächsten Depot zuwendet. Eine solche Vorgehensweise wird nur bei kleineren Vermögensverwaltern praktikabel sein, die einen überschaubaren Kreis von Depots verwalten. Die übrigen Vermögensverwalter operieren mit Hilfe der EDV, die querschnittartig Einzelwerte analysiert. Es kommt damit nicht mehr zu einer Betrachtung einzelner Depots, sondern zu gleichzeitigen Anlageentscheidungen in Bezug auf verschiedene Depots. Für diese Art der Verwaltung erweist sich der Prioritätsgrundsatz als ungeeignet. Zur Ver___________ 282 Etwa Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 23. 283 Diesen Gerichtspunkt, der das Prioritätsprinzip nach Auftragseingang durchbricht, betont Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 49, 58, zu Recht. 284 Siehe Teil B Ziff. 3.2 WohlVerh-RL sowie Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 484 f.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 23. S. a. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 226 f.; Koller, FS Piper, S. 899, 913 f., die auch die zulässigen Ausnahmen vom Prioritätsgrundsatz beschreiben. 285 Ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 23. 286 Ebenso Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 78.

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hütung von Interessenkonflikten kann jedoch auf den bereits dargestellten Gleichheitsgrundsatz zurückgegriffen werden. Der Grundsatz der Priorität wird als geeignet zur Verhütung von Interessenkonflikten angesehen, die zwischen Kundenaufträgen und Eigenhandelsaktivitäten des Instituts entstehen. Ein Teil des Schrifttums sieht das Wertpapierdienstleistungsunternehmen als verpflichtet an, den Eigenhandel solange zurückzustellen, bis die Kundenaufträge abgewickelt sind287. Durch diese Beschränkung könnte ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen jedoch nicht mehr angemessen auf Marktveränderungen reagieren. Wie oben bereits aufgezeigt, verbietet das Aufsichtsrecht dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eigene Aktivitäten grundsätzlich nicht. Es ist nur verpflichtet, alles zu tun, um im Falle konkreter Interessenkonflikte die Kundeninteressen bestmöglichst zu wahren. Dies bedeutet folglich nicht, dass es dem Unternehmen verboten ist, auch eigene Interessen zu verfolgen. Würde man nun das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichten, immer erst nach Abwicklung der Kundenaufträge im Eigenhandel aktiv zu werden, würde dies faktisch einem im Gesetz gerade nicht angelegten Verbot der Verfolgung eigener Interessen gleichkommen288. Eine solche Lösung wäre kontraproduktiv, da der Markt oft erst durch die Eigengeschäfte der Institute die nötige Liquidität aufweist, dadurch unerwünschte Volatilitäten vermieden und Kundengeschäfte zu angemessenen Kursen begünstigt werden289. Es gilt daher, überspannte rechtliche Anforderungen zu vermeiden, da Anlegerschutz nicht dazu führen darf, dass den Finanzintermediären die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Ziele verwehrt wird290. Man wird das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Interessenwahrung daher als verpflichtet ansehen müssen, die Abteilungen Vermögensverwaltung und Eigenhandel zu trennen. Dies stellt eine adäquate Lösungsmöglichkeit dar, um Interessenkonflikte zwischen Eigengeschäften und Kundengeschäften zu vermeiden. Ist das Institut zu klein, um eine organisatorische Trennung sachgerecht durchführen zu können, stehen die Aufklärung der Kunden und der Grundsatz der Priorität zur Verfügung.

___________ 287 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 50; a. A. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 24; Kümpel, WM 1993, 2025, 2027. 288 Dass auch die BaFin nicht von einem solchen Verbot ausgeht, zeigt Teil B Ziff. 3.5 WohlVerh-RL, der gerade eine Blockorder unter Beteiligung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erlaubt. 289 Kümpel, WM 1993, 2025, 2027. 290 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 344 f.

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(5) Zurückweisung des Auftrags Im Rahmen der Lösung vermeidbarer Interessenkonflikte wird diskutiert, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Zurückweisung des Auftrags verpflichtet ist, wenn es mit keinem der genannten Mittel den Interessenkonflikt beseitigen und auch nicht die Ausführung im besten Interesse des Kunden gewährleisten kann. Dieser Weg wird im Schrifttum zwar als Lösung rein „theoretischer Natur“291 angesehen, aber immerhin diskutiert. Bei dieser Diskussion wird übersehen, dass es in der Sache gerade nicht um vermeidbare Interessenkonflikte gehen kann, sondern um unvermeidbare. Denn wenn zur Vermeidung eines Interessenkonflikts als letztes Mittel stets die Ablehnung des Auftrags zur Verfügung steht, gäbe es faktisch keine unvermeidbaren Interessenkonflikte292, denn spätestens mit der Zurückweisung des Auftrags wäre der Interessenkonflikt beseitigt. Aus der Tatsache, dass § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aber die Kategorie der unvermeidbaren Interessenkonflikte erwähnt, kann man folglich ableiten, dass es zumindest für die Kategorie der vermeidbaren Interessenkonflikte keine Pflicht zur Zurückweisung des Auftrags geben kann. Es stehen für diese Kategorie daher nur die organisatorischen Vorkehrungen, die Aufklärung des Kunden, die Gleichbehandlung oder die Ausführung nach Priorität als Mittel zur Verhütung bzw. Lösung von Interessenkonflikten zur Verfügung. Im Ergebnis sollte man aus systematischen Gründen die Fragestellung der Zurückweisung allenfalls im Zusammenhang mit unvermeidbaren Interessenkonflikten diskutieren, so dass die in der bisherigen Kommentarliteratur vorgenommene Einordnung der Fragestellung ungenau ist. Die Zurückweisung des Auftrags ist im Übrigen nur dann ein taugliches Mittel zur Verhütung von Interessenkonflikten, wenn der Konflikt schon bei Auftragsannahme erkennbar war. Dies wird nur bei punktuellen Geschäften der Fall sein, die in derselben Filiale des Unternehmens angenommen werden. Folgt man der These, dass bei juristischen Personen das in allen Filialen vorhandene Wissen der Mitarbeiter sekundengenau zugerechnet wird, kann es passieren, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in seiner Hamburger Filiale einen Auftrag annimmt, der unweigerlich mit den Interessen eines in Stuttgart kurz zuvor oder zeitgleich angenommenen Auftrags kollidiert, ohne dass die Mitarbeiter eine realistische Chance hatten, einen der beiden Aufträge abzulehnen. ___________ 291 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 51; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 25. 292 Dies setzt voraus, dass dem Unternehmen das Wissen seiner Mitarbeiter stets sekundengenau zugerechnet und deshalb fingiert wird, dass sie alle bereits angenommenen und ggf. mit dem neuen Auftrag kollidierenden Aufträge kennen.

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Auch bei Dauerschuldverhältnissen ist die Zurückweisung des Auftrags kein taugliches Mittel, da der Interessenkonflikt sich erst während der Laufzeit des Vertrags ergeben kann293. Hier stünde nur die Kündigung zur Verfügung. Eine außerordentliche Kündigung wiederum kann unverhältnismäßig sein, wenn wegen eines punktuellen Interessenkonflikts gleich das ganze Vertragsverhältnis beendet wird. Dies wird nur in Betracht kommen, wenn ein dauerhafter Interessenkonflikt vorliegt, der sich nicht anders lösen lässt. Da die Kündigung immer erst zur Handlungsalternative wird, wenn der Interessenkonflikt bereits eingetreten ist, bietet sie daher nur in den wenigsten Fällen eine Lösung. (6) Das Untätigbleiben Keine Lösung von Interessenkonflikten stellt auch die Untätigkeit des Vermögensverwalters bei gegensätzlichen Interessen einzelner Vermögensverwaltungskunden dar. Denn wenn der Vermögensverwalter untätig bzw. neutral bleibt und den an sich gebotenen Verkauf eines Aktienpakets des Kunden B nicht durchführt, um die Kurse stabil zu halten und damit die Interessen des Kunden A zu wahren, verstößt er gleichzeitig gegen die Interessen des Kunden B. Im umgekehrten Fall verletzt er die Interessen des A. Die Neutralität des Vermögensverwalters und sein Untätigbleiben bevorzugen immer einen der beiden Kunden294. Denn der Vermögensverwalter unterliegt auch hinsichtlich des einen Kunden einer Pflicht zum aktiven Tun, hinsichtlich des anderen einer Pflicht zum Unterlassen des Wertpapiergeschäfts. Eine solche Konfliktsituation kommt nur selten vor, nämlich dann, wenn das Aktienpaket so groß ist, dass eine Transaktion erheblichen Einfluss auf die Kursentwicklung hat. Ist das Institut groß genug, sollte der Sachbearbeiter der Abteilung für Vermögensverwaltung die Verwaltung an zwei unabhängige und durch eine Chinese Wall getrennte Kollegen abgeben können, so dass jeweils ein Mitarbeiter für jedes Depot die bestmögliche Interessenwahrung sicherstellen kann („Ad-hoc-Delegation“). Kommt es zu einem Verkauf bei B, kann der Verwalter von A durch Nachkauf seine Position versuchen zu sichern oder ebenfalls sofort verkaufen, um den Schaden gering zu halten. Scheidet dieser Weg einer Verlagerung der Entscheidung auf unabhängige Mitarbeiter aus und lässt sich auch auf anderem Weg der Interessenkonflikt nicht entschärfen, liegt der Fall eines unvermeidbaren Interessenkonflikts vor und das Institut muss diejenige Entscheidung treffen, ___________ 293 Diesen Umstand berücksichtigt Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 445, nicht ausreichend. 294 Dies übersehen Balzer, Vermögensverwaltung, S. 114 und Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 53.

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deren Auswirkungen auf beide Parteien in der Summe die geringste Interessenbeeinträchtigung mit sich bringt. (7) Das Abstandnehmen von bestimmten Arten von Wertpapiergeschäften Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung taucht regelmäßig die Frage auf, ob der Vermögensverwalter auch Aktien des eigenen Instituts für die Kundendepots kaufen darf. Ein absolutes Verbot enthält das Wertpapierhandelsgesetz nicht, denn von § 32 Abs. 1 WpHG würde eine solche Transaktion nur erfasst, wenn sie den Kundeninteressen zuwiderliefe. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, da Bankaktien häufig sehr ertragreich sind. § 32 WpHG löst damit den vorliegenden Fall nicht, da er auf eine konkrete Bewertung im Einzelfall abstellt und kein generelles Verbot enthält. Fraglich ist nun, ob man aus der Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 WpHG ein solches abstrakt-generelles Verbot ableiten kann bzw. eine Pflicht, von derartigen Geschäften stets Abstand zu nehmen. Dies wird jedoch zu Recht abgelehnt, da es unverhältnismäßig wäre und den Kunden selbst dann noch schützen würde, wenn ihm kein Nachteil mehr droht, weil die Bankaktie gerade zu den ertragreichsten Anlagen gehört. Von diesem Vorteil wäre der Kunde gleichsam abgeschnitten. Er wäre gezwungen, einen zweiten Vermögensverwalter zu engagieren, um an den Wertsteigerungen der Bankaktien der ersten Bank teilhaben zu können. Da das Kundendepot aber nicht immer groß genug ist, um es auf verschiedene Vermögensverwalter zu verteilen, würde ein Verbot solcher Geschäfte Kunden mit kleineren und mittleren Vermögen häufig benachteiligen. Ein generelles Verbot solcher Geschäfte ist daher abzulehnen. Zu Recht wird diese Fallgruppe durch eine Interessenbewertung im Einzelfall gelöst. Wertpapiere des eigenen Hauses oder von direkt und indirekt kontrollierten Gesellschaften darf der Vermögensverwalter also nur in Depots aufnehmen, wenn sie börsennotiert sind und keine sonstigen Gründe gegen ihre Aufnahme in das Depot sprechen295, sie mithin also den Kundeninteressen entsprechen. (8) Zwischenfazit Diejenigen Wege zur Vermeidung eines Interessenkonflikts, die im Zusammenhang mit Effektengeschäften diskutiert werden, lassen sich nicht ausnahmslos auf die Vermögensverwaltung übertragen, da sie sich aufgrund ihres Charakters als Dauerschuldverhältnis und aufgrund der Entschei___________ 295 So auch Nr. 10 der Richtlinien für Vermögensverwaltungsaufträge der Schweizerischen Bankiervereinigung (Stand 9/2003) und schon Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 481.

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dungsmacht des Vermögensverwalters erheblich vom punktuellen und kundengesteuerten Effektengeschäft unterscheidet. Dennoch bieten die vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten eine Vielzahl von Ansatzpunkten, aus denen sich die gezeigten Wege zur Vermeidung von Interessenkonflikten bei der Vermögensverwaltung entwickeln ließen. Es kann daher festgestellt werden, dass insbesondere die organisatorischen Maßnahmen und in bestimmten Konstellationen der Grundsatz der Gleichbehandlung geeignet sind, Konflikte zwischen Eigeninteressen des Instituts und Kundeninteressen zu vermeiden. Konflikte zwischen den Interessen verschiedener Kunden lassen sich durch organisatorische Maßnahmen nicht verhindern. Für sie kommt die Ad-hoc-Delegation innerhalb des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in Betracht, die Festlegung einer per Zufallsgenerator erstellten und regelmäßig erneuerten Liste, in der ex ante die zeitliche Reihenfolge für die Ausführung von Anlageentscheidungen festgelegt wird, sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Mittel der Aufklärung beseitigt den Interessenkonflikt nicht, erlaubt dem Kunden aber zumindest eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber, ob er das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wechseln will oder den Interessenkonflikt in Kauf nimmt. Als abstrakte Regel lässt sich festhalten, dass die vorstehend erörterten Wege zur Vermeidung von Interessenkonflikten Wahlmöglichkeiten darstellen und jedes Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet ist, den jeweils geeignetsten Weg zu beschreiten. e) Pflicht zur Wahrung des Kundeninteresses bei unvermeidbaren Interessenkonflikten Unvermeidbare Interessenkonflikte liegen vor, wenn keine der genannten Maßnahmen (organisatorische Vorkehrungen, Aufklärung des Kunden, Gleichbehandlung oder Ausführung nach Priorität) den Interessenkonflikt vermeiden kann. Auch in diesem Fall ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Ausführung der Wertpapierdienstleistung unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses verpflichtet. Wiederum sind die Fallgruppen der widerstreitenden Kundeninteressen und des Konflikts zwischen Interessen des Kunden und Eigeninteressen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu unterscheiden. Bei widerstreitenden Kundeninteressen muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sich bemühen, die Interessen beider Parteien zu wahren. Kann es dies nicht vollständig gewährleisten, muss es zumindest diejenige Lösung wählen, die die Interessen beider Parteien insgesamt am wenigsten beeinträchtigt. Dabei kann auch die Kündigung des Vertragsverhältnisses eine Option sein, sofern sie nicht zur Unzeit erfolgt und dem Wertpapierdienst-

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leistungsunternehmen zumutbar ist. Bei der Frage der Zumutbarkeit spielt insbesondere eine Rolle, ob der Interessenkonflikt nur punktuell ein Geschäft betrifft oder ob er auf Dauer angelegt ist. Besteht der Interessenkonflikt zwischen dem Kunden und dem Unternehmen, muss dieses grundsätzlich seine Interessen zurückstellen, um die Kundeninteressen zu wahren. Ist der Vermögensverwalter hieran aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert und kann er deshalb keine Interessenwahrung gewährleisten, ist er zur außerordentlichen Kündigung verpflichtet, da eine absehbare Schädigung des Kunden auf jeden Fall zu vermeiden ist. Dieser Weg stellt jedoch die ultima ratio dar296 und setzt voraus, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zuvor alle Maßnahmen unternommen hat, um diesen Schritt zu vermeiden. f) Die besonderen Verhaltenspflichten nach § 32 WpHG (1) Anwendung der Norm auf die Vermögensverwaltung § 32 Abs. 1 WpHG enthält besondere Verhaltenspflichten, die in Form eines Verbots bestimmten kundenschädigenden Verhaltens gefasst wurden. Die Norm ist damit eine besondere Ausprägung der allgemeinen Interessenwahrungspflicht. Die Besonderheit der Vorschrift liegt darin, dass die Verbote sich auch an verbundene Unternehmen sowie an Geschäftsleiter, Inhaber und Mitarbeiter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens richten. § 32 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WpHG untersagt die Empfehlung von Geschäften, die gegen Kundeninteressen verstoßen, oder die zum Zwecke der Kursmanipulation im Zusammenhang mit Eigengeschäften erfolgen. Dabei meint das Tatbestandsmerkmal „Empfehlung“ den Ratschlag, wie er beispielsweise bei einer Anlageberatung oder einer Vermögensberatung erteilt wird. Nicht mehr vom Wortlaut des Tatbestands umfasst zu sein scheint die Vermögensverwaltung, da hier der Vermögensverwalter keine Ratschläge erteilt, sondern die Anlageentscheidungen selbst vornimmt297. Da der Vermögensverwalter jedoch bei der Absprache von Anlagerichtlinien mit dem Vermögensverwaltungskunden regelmäßig beratend tätig wird und bestimmte Wertpapiergattungen empfiehlt, wird man diesen Vorgang sicher___________ 296 Da die Kommentarliteratur die Zurückweisung des Auftrags – systematisch nicht korrekt (s. soeben S. 810 Text bei Fn. 291) – bei vermeidbaren Interessenkonflikten diskutiert, wird diese Frage im Zusammenhang mit unvermeidbaren Interessenkonflikten gar nicht mehr angesprochen. Wie hier aber Balzer, Vermögensverwaltung, S. 112. 297 Aus diesem Grund lehnt Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 3, eine Anwendung von § 32 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 auf die Vermögensverwaltung ab.

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lich auch noch als Empfehlung einordnen können298. Sinn und Zweck der Regelung299 erfordern ihre Ausdehnung auf die Vermögensverwaltung300. Denn wenn schon die interessenschädigende Empfehlung verboten ist, die immerhin noch eine Anlageentscheidung des Vermögensinhabers erfordert, muss erst recht die Anlageentscheidung im Rahmen der Vermögensverwaltung untersagt sein, die nicht einmal mehr eine Mitwirkung des Kunden vorsieht. Der Vermögensverwalter kann vielmehr aus eigener Machtvollkommenheit interessenschädigende Anlageentscheidungen umsetzen. Gegen diese, über den reinen Wortlaut der Norm hinausgehende Interpretation spricht das strafrechtliche Analogieverbot, da die Verbote des § 32 WpHG nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 WpHG bußgeldbewährt sind. Hier wird man mit der Rechtsfigur einer gespaltenen Auslegung operieren müssen301, da die Ziele und Methoden des Strafrechts von denen des Aufsichtsrechts abweichen, das eine funktionale Betrachtungsweise kennt. Auch die BaFin scheint davon auszugehen, dass die Verbote des § 32 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WpHG auch die Vermögensverwaltung betreffen. Denn in Teil E Ziff. 2 WohlVerhRL statuiert die Bundesanstalt ein Verbot, Eigengeschäfte zu tätigen, bevor die Bereichsöffentlichkeit über die Researchberichte informiert wurde. Hiervon ausgenommen wird der Fall, dass es sich um ein Geschäft zur Erfüllung einer Kundenorder handelt, bei der das Wertpapierdienstleistungsunternehmen weder beratend noch als Vermögensverwalter tätig geworden ist. ___________ 298 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 3. 299 Die Gesetzesmaterialien schweigen zu der Frage, wie der Begriff der Empfehlung auszulegen ist, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/7918, S. 104 f. 300 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 132 f.; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 222; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 341; Schäfer, in: Cramer/Rudolph, Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 668, 678. 301 Für die strafrechtliche Beurteilung der Sachverhalte gelten die strafrechtlichen Auslegungsgrundsätze, nicht diejenigen des Aufsichtsrechts. Diese Art der Auslegung befürwortet Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 9 f.; Ch. Schröder, Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, S. 390 ff. m. w. N. (zumindest im Bereich des angeglichenen Rechts unvermeidbar); a. A. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Einl. Rdn. 54, der damit aber seiner Kommentierung in § 13 Rdn. 8 widerspricht. Die Problematik der gespaltenen Auslegung besteht gleichermaßen im Kartellordnungswidrigkeitenrecht, BGHSt 24, 54, 61. Gegen Normenspaltung und für eine einheitlich enge Auslegung BGH, NJW 1978, 1856 f.; Achenbach, in: Frankfurter Komm. GWB (Stand 9/2004), Vor § 81 Rdn. 46; Bartsch, Die kartellrechtlichen Empfehlungsverbote als Bußgeldtatbestände, S. 168. Das BVerwG, BKR 2005, 200 ff., hat diese Frage offen gelassen.

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(2) Empfehlungen gegen die Interessen des Kunden (Nr. 1) Das Gesetz verbietet Empfehlungen, die gegen die Interessen des Kunden gerichtet sind. Sind dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Kundeninteressen bekannt, weil es die notwendigen Angaben nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG eingeholt hat, ist aus Sicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens der Pflichtenrahmen ohne weiteres erkennbar. Hat der Kunde keine Angaben gemacht oder war er nicht zu erreichen, bedeutet dies allerdings keinen Freibrief. Zu Recht stellt Teil E Ziff. 1 WohlVerh-RL fest, dass es dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch verboten ist, dem Kunden ein Geschäft zu empfehlen, von dem es annimmt oder begründet annehmen muss, dass dieses Geschäft für den Kunden nachteilig ist302. Als Beispiel für eine interessenschädigende Regelung wird die Gebührenreiterei (Churning) genannt, da hier Umschichtungen des Kundenvermögens vor allem dem Ziel dienen, das Gebührenaufkommen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu steigern303. Umstritten ist demgegenüber, ob auch das Scalping unter das Verbot der Nr. 1 fällt304. Beim Scalping deckt sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Wertpapieren ein, um anschließend Kursempfehlungen abzugeben oder Analysen und Researchberichte zu veröffentlichen, die sich günstig auf den Kurs der zuvor als Eigengeschäfte getätigten Wertpapierdienstleistungen auswirken. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann sie nach erfolgter Kursbewegung dann gewinnbringend veräußern. Da das Verbot des § 32 Abs. 1 Nr. 1 WpHG Empfehlungen an konkrete Kunden voraussetzt, unterfällt das Scalping nur dann dem Tatbestand, wenn das Institut einzelnen Kunden die Wertpapiere empfiehlt, nicht aber auch dann, wenn es lediglich Researchberichte der Öffentlichkeit präsentiert oder allgemeine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen abgibt305. Wird die Empfehlung an einen einzelnen Kunden abgegeben, unterfällt sie nur dann der Nr. 1, wenn sie den Interessen des Kunden zuwiderläuft. Ist jedoch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von der Ertragskraft des empfohlenen Unternehmens überzeugt, fehlt es an diesem Tatbestandsmerkmal306. Das ___________ 302 Zustimmend Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 5. 303 Siehe dazu ausführlich unten auf S. 894 ff. 304 Eine Ansicht bejaht dies pauschal, vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 104, wobei die dort gegebene Beschreibung des Scalpings schon falsch ist; differenzierend dagegen Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 46; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 6. 305 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 222 f. 306 Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 46.

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Scalping unterfällt damit nicht automatisch der Nr. 1307, sondern nur in der besonderen Konstellation, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht von dem empfohlenen Wertpapier überzeugt ist und es trotzdem einzelnen Kunden empfiehlt. Ein Verstoß gegen Nr. 1 liegt dagegen vor, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wenig aussichtsreiche Wertpapiere aus dem Eigenbestand oder aus einer Emission308 zum Kauf empfiehlt bzw. bei der Vermögensverwaltung im Kundendepot „ablädt“ oder umgekehrt aussichtsreiche Wertpapiere zum Verkauf empfiehlt bzw. aus den Kundendepots „auskauft“, um damit befreundete Dritte zu bedienen oder sie in den Eigenbestand zu nehmen. (3) Empfehlungen zum Zwecke der Kurslenkung (Nr. 2) Den Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist es weiterhin verboten, Empfehlungen zu dem Zweck auszusprechen, die Kurse in eine bestimmte Richtung zu lenken, die den Eigengeschäften des Instituts nützt. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Empfehlung die Interessen des jeweiligen Kunden wahrt oder nicht. Für den Tatbestand des Verbots kommt es allein darauf an, dass das Institut die Kurse manipulieren will. Das Verbot schützt nicht nur das individuelle Kundeninteresse, sondern auch die Integrität des Markts309 und ergänzt das Verbot des § 20a WpHG. In jüngster Zeit wurde vor allem die Frage diskutiert, ob Scalping unter den Tatbestand fällt. Denn ein Teil des Schrifttums fasst das Scalping nicht unter Nr. 1, sondern ordnet es unter Nr. 2 ein310. Diese Ansicht ist nur dann zutreffend, wenn man die Researchberichte als Empfehlung betrachtet. Da Nr. 2

___________ 307 Es ist streitig, ob Scalping auch einen Fall des Insiderhandels darstellt, so LG Frankfurt, AG 2000, 187, 188 f. – „Prior“; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 34; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 20 f.; Schneider/Burgard, ZIP 1999, 381 ff.; a. A. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 14 Rdn. 76; Volk, BB 1999, 66 ff.; ders., ZIP 1999, 787 ff.; Weber, NJW 2000, 562 ff.; ders., NZG 2000, 113, 124 ff.; wohl auch Kümpel, WM 1993, 2025, 2028. Das Institut wird in einer Doppelrolle tätig. Es gibt einerseits die Empfehlung ab und tätigt andererseits Eigengeschäfte. Bei den Eigengeschäften macht sich das Institut eine Insiderinformation zunutze, da es weiß, dass die Veröffentlichung eines kursbeeinflussenden Berichts unmittelbar bevorsteht. Der BGH hat das Scalping nicht als Insiderhandel, sondern als Kursmanipulation eingeordnet, BGH, WM 2004, 69 ff. – „Sascha Opel“. 308 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 133. 309 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 8. 310 So Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 47.

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Empfehlungen an konkrete Kunden voraussetzt, reicht eine allgemeine Bekanntgabe von Researchberichten oder Empfehlungen (etwa in Form der Weitergabe an einen Börseninformationsdienst oder durch allgemeine Veröffentlichung im Internet) gerade nicht aus. Vielmehr bedarf es einer Bezugnahme auf die Berichte/Empfehlungen im konkreten Kundengespräch bzw. einer auf die Berichte gestützten Anlageentscheidung durch den hauseigenen Vermögensverwalter. Der Tatbestand erfordert zudem, dass die Veröffentlichung der Berichte kurserheblich ist. Außerdem setzt die Nr. 2 voraus, dass die Empfehlung zum Zwecke der Kurslenkung abgegeben wird. Fraglich ist, ob eine Kurslenkung auch dann vorliegt, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von seinem Researchbericht inhaltlich überzeugt ist. Er dient in diesem Fall nur der Herstellung marktgerechter Kurse durch Veröffentlichung der relevanten Informationen. Der in Nr. 2 vorausgesetzte Vorsatz erfordert aber gerade die Zielsetzung einer Kurslenkung, d. h. die mit der Veröffentlichung verbundene Absicht, Kursbewegungen in die vom Institut erwartete Richtung herbeizuführen. Researchberichte/Empfehlungen können zu (für das Institut positiven) Kursbewegungen führen, sind also damit geeignetes „Tatwerkzeug“. In einer Entscheidung zu § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass man auch mit einer inhaltlich zutreffenden Empfehlung eine Kursmanipulation begehen könne. Finanzintermediäre gäben durch die Kaufempfehlungen zugleich die stillschweigende Erklärung ab, dass sie nicht auch andere, sachfremde Ziele verfolgten, also Kursbewegungen zu eigennützigen Zwecken ausnutzten. Damit liege eine Kursmanipulation durch eine sonstige Täuschung auch dann vor, wenn die Kursbewegung einen Nebeneffekt der Empfehlung bilde und das Institut inhaltlich von der Empfehlung überzeugt sei311. Nur wenn der Finanzintermediär den Umstand aufdecke, dass er selbst Interesse an dem positiven Kurs habe, weil er Finanzinstrumente besitze, und der Kunde damit den Interessenkonflikt erkennen könne, entfalle der Verstoß gegen § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG (jetzt § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG). Diese Erwägungen lassen sich ohne weiteres auf § 32 Abs. 1 Nr. 2 WpHG übertragen. Man kann auch mit inhaltlich zutreffenden Empfehlungen für eigene Zwecke tätig werden312. Im Übrigen ist an dieser Stelle anzumerken, dass das Scalping eine Straftat (ein Insidervergehen bzw. eine Marktmanipulation313) darstellt und es daher ___________ 311 BGH, WM 2004, 69, 72. 312 So wohl auch Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 9. 313 Zum Streitstand s. o. S. 817 Fn. 307.

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auch nach anderen Vorschriften verboten ist. Führt das Eigengeschäft mit anschließender Veröffentlichung der Berichte zu Kursen, die einzelnen Anlegern nachteilig sind, kann außerdem die allgemeine Interessenwahrungspflicht verletzt sein, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Veröffentlichung der Berichte in Kauf nahm, dass bestimmte an diesem Börsentag geplante Kundengeschäfte nun nur noch zu höheren Kursen getätigt werden können. Es ist daher zutreffend, wenn die BaFin die organisatorische Trennung von Researchabteilung und Abteilung für Eigengeschäfte empfiehlt314, um solche Interessenkonflikte zu vermeiden. Trifft das Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine derartigen Vorkehrungen, statuiert Teil E Ziff. 2 WohlVerh-RL ein Verbot, Eigengeschäfte zu tätigen, bevor die Bereichsöffentlichkeit über die Researchberichte informiert wurde315. (4) Eigengeschäfte aufgrund der Kenntnis von Kundenaufträgen (Nr. 3) Dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind alle Eigengeschäfte verboten, die es in Kenntnis von einem Kundenauftrag abschließt und die Nachteile für den Auftraggeber haben können. Der Tatbestand setzt nicht voraus, dass der „Kundenauftrag“ vom Kunden im Einzelfall autorisiert wurde, sondern es reicht eine generelle Autorisierung. Als Kundenauftrag gilt daher auch die von einem Vermögensverwalter für einen Kunden vorgenommene Anlageentscheidung. Mit Kundenauftrag ist also die Durchführung einer Wertpapierdienstleistung für einen Kunden gemeint. Vom Tatbestand des Verbots erfasst ist das so genannte Frontrunning, bei dem das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Eigengeschäft tätig, bevor es den Kundenauftrag ausführt, um von der Kursentwicklung, die der Kundenauftrag auslöst, zu profitieren. Gerade bei marktengen Wertpapieren reicht oft eine Order aus, um den Kurs nachhaltig ausschlagen zu lassen. Verboten ist weiterhin das Parallelrunning, bei dem Kundenauftrag und Eigengeschäft zeitgleich ausgeführt werden, da es denselben Effekt hat wie das Frontrunning. Weiterhin ist auch das Gegenlaufen verboten, bei dem das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gezielt durch Gegengeschäfte die

___________ 314 Teil E Ziff. 2 a. E. WohlVerh-RL. 315 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 7, sieht dieses Verbot als von § 32 WpHG nicht gedeckt an. Wenn jedoch Scalping gegen das Verbot des Insiderhandels bzw. der Marktmanipulation verstößt (s. o. S. 817 Fn. 307), kann die BaFin klarstellend dieses Verbot wiederholen. Indirekt statuiert sie damit eine Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung von Researchergebnissen.

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Limits seiner Kunden abschöpft316. Unerheblich ist, ob sich das Frontrunning, Parallelrunning oder Gegenlaufen auf ein und dasselbe Wertpapier bezieht oder lediglich auf ein Derivat, das mit diesem Wertpapier verknüpft ist317. Der Tatbestand erfordert Kausalität zwischen dem Kundenauftrag und dem Eigengeschäft, die nur sehr schwer nachzuweisen sein wird. Der Tatbestand setzt weiterhin voraus, dass die Eigengeschäfte „Nachteile für den Auftraggeber zur Folge haben können“. Aus dem Wortlaut „können“ wird zu Recht abgeleitet, dass es nicht um die Zufügung konkreter Schäden geht, sondern die generelle Möglichkeit der Entstehung eines Nachteils ausreicht318. Nicht erforderlich ist, dass die Kundenorder eine erhebliche Kursbeeinflussung erwarten lässt. Ist dies allerdings der Fall, liegt im Frontrunning zugleich ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot319. (5) Erstreckung auf Inhaber, Geschäftsleiter und Angestellte In Absatz 2 werden die Verbote des Absatzes 1 auf Inhaber, Geschäftsleiter und Angestellte erstreckt. Die Reichweite dieser Bestimmung wurde bereits angesprochen320.

___________ 316 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 11; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 10; Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 48. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 12/7918, S. 104, erwähnen das Gegenlaufen nicht, doch gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die dort genannten Beispiele des Vor- und Parallellaufens abschließend sein sollten. 317 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 11. 318 Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 48; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 11; unklar Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 32 Rdn. 14, der meint, die Gefahr müsse konkret nachgewiesen sein, dann aber feststellt, dass die Gefahr mit der Begründung bejaht werden könne, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Vor-, Mit- oder Gegenlaufen betreibe, sich Kurschancen seines Kunden zueigen machen wolle und deshalb mit Schäden des Kunden rechne. Im Ergebnis folgt Koller damit doch der hier vertretenen Position, da ihm das Rechnen mit Schäden, also der Möglichkeit ihres Eintritts, ausreicht. 319 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/7918, S. 104; Assmann, WM 1996, 1337, 1345; Kümpel, WM 1993, 2025, 2027 f. 320 S. o. S. 741 ff.

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4. Die Informations- und Erkundigungspflichten (§ 31 Abs. 2 WpHG) a) Bedeutung der Pflichten § 31 Abs. 2 WpHG enthält zwei Verpflichtungen für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Es muss von seinen Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse mit Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen sowie über ihre Anlageziele und ihre finanziellen Verhältnisse verlangen. Weiterhin hat es dem Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen. Die Norm regelt damit die Kommunikation zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seinen Kunden. Noch genauer formuliert: Sie regelt den für die Geschäftsbeziehung notwendigen Informationsstrom vom und zum Kunden. Normalerweise ist Kommunikation ein von beiden Seiten gesteuerter Prozess. Jeder Gesprächsteilnehmer teilt der anderen Seite die von ihm für notwendig gehaltenen Informationen mit. Indem das Wertpapierhandelsgesetz dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen Erkundigungspflichten auferlegt, verdeutlicht es, dass das Unternehmen in diesem Kommunikationsprozess die Initiative ergreifen und behalten muss und damit für beide Informationsströme verantwortlich ist. Wie Satz 2 der Vorschrift verdeutlicht, ist der Kunde nicht zur Mithilfe verpflichtet, so dass Adressat der Vorschrift mithin allein das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist. Dies entspricht der aufsichtsrechtlichen Natur der Vorschrift. Die einseitige Zuweisung der Verantwortung für den Kommunikationsprozess an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen entspricht der ökonomischen Funktion der Finanzintermediäre, deren Aufgabe es ist, Sachwalter der Kapitalgeber zu sein, Informationsasymmetrien zu beseitigen und die Transaktionskosten der Kapitalgeber und -nehmer zu senken sowie Anreize für eine effiziente Kapitalallokation zu schaffen321. Wie bereits im Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht verdeutlicht wurde, ergänzen die Informations- und Erkundigungspflichten die Interessenwahrungspflicht. Ohne ausreichende Informationen über Erfahrungen oder Kenntnisse mit Wertpapierdienstleistungen sowie über Anlageziele und finanzielle Verhältnisse des Kunden weiß das Institut nicht, welche Interessen der Kunde verfolgt und kann sie dementsprechend auch nicht wahren. Auch die Pflicht, dem Kunden die zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, dient letztlich der Interessenwahrungspflicht, da der Kunde nur dann eine eigenverantwortliche und damit auch seinen Interessen entsprechende Entscheidung treffen kann, wenn er ausreichend informiert wird, wobei das Ausmaß an Informationen wiederum von seinen Erfahrungen oder Kennt___________ 321 Vgl. oben S. 119 ff.

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nissen abhängt. Die selbstständig formulierten Verhaltenspflichten bilden damit ein Geflecht. Ihr Zusammenspiel dient letztlich dem Ziel, eine den Interessen des Kunden entsprechende Erbringung der Wertpapierdienstleistung sicherzustellen. b) Ziel der Informations- und Erkundigungspflichten Die Erkundigungspflicht vervollständigt die Interessenwahrungspflicht, denn – wie bereits erwähnt – hinge ohne Erkundigungspflicht der Umfang der Interessenwahrungspflicht allein davon ab, ob der Kunde zufällig seine Interessen bei der Vertragsanbahnung offen legt oder nicht. Beide Pflichten sind daher komplementär. Gleiches gilt hinsichtlich der Pflicht zur Information nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Ein in Wertpapierdienstleistungen unerfahrener Kunde wird eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Festlegung seiner Anlageziele nur treffen können, wenn er zuvor über die Chancen und Risiken der Anlage aufgeklärt wurde. Die Pflicht zur Information dient also zum einen dazu, den Kunden ggf. bei der Festlegung seiner Interessen zu unterstützen („know your customer“) und ihm zum anderen produktbezogene Aufklärung und ggf. Beratung („know your merchandise“) zukommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund wird die einschränkende Fassung des Tatbestands des § 31 Abs. 2 WpHG verständlich. Beide Pflichten stehen unter dem Vorbehalt „soweit dies zur Wahrung der Interessen des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist“. Die Informations- und Erkundigungspflichten sind nicht Selbstzweck, sondern dienen gerade der Verwirklichung der genannten Ziele und damit letztlich der Interessenwahrung322. Damit ist auch klargestellt, dass es dem Gesetz nicht um eine vollständige Ausforschung des Kunden geht (Stichwort „gläserner Kunde“), sondern nur um die zur Durchführung der Wertpapierdienstleistungen notwendigen Informationen323.

___________ 322 Im Ergebnis wohl auch Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 323, der allerdings missverständlich formuliert, die in der WDRL besonders hervorgehobene Interessenwahrungspflicht sei auch auf die Erkundigungs- und Informationspflicht anzuwenden (Hervorhebung vom Verf.). 323 Aus diesem Grund schreibt Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL fest, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden darüber aufzuklären hat, wenn es einzelne Angaben erfragt, die im Hinblick auf die beabsichtigten Geschäftsarten nicht erforderlich sind, die aber aus Vereinfachungsgründen gleich mit erfragt werden. Auch hier zeigt sich, dass die Richtlinie den mündigen und selbstbestimmten Kunden voraussetzt.

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Das Merkmal der Erforderlichkeit impliziert, dass die Pflichten keinen absoluten, abstrakt festgelegten Inhalt haben, sondern sich nach den Verhältnissen im Einzelfall richten. Ein in Effektengeschäften sehr versierter Kunde wird deshalb keine oder nur wenige Informationen benötigen, während der unerfahrene Kunde mitunter ohne Beratung nicht einmal in der Lage ist, seine Anlageziele zu definieren. Ein Teil des Schrifttums will diese Differenzierung unmittelbar aus Art. 11 Abs. 1 Satz 2 WDRL ableiten, der auf die Professionalität der Personen abstellt, für die die Wertpapierdienstleistung erbracht wird324. Diese Auslegung verkennt, dass sich die Sätze 1 bis 3 von Art. 11 Abs. 1 WDRL an die Mitgliedstaaten richten und ihre Verpflichtung betreffen, bei der Umsetzung entsprechend abgestufte nationale Vorschriften zu erlassen325. Nur Satz 4 der Vorschrift enthält Pflichten, die Wertpapierfirmen zu beachten haben. Indem der deutsche Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ eingeführt hat, ist er diesem Gesetzgebungsauftrag nachgekommen. Innerhalb dieses Tatbestandsmerkmals kann die Professionalität berücksichtigt werden, aber auch andere Umstände des Einzelfalls (wie etwa die gewünschte Geschäftsart)326. Zu diesen Umständen des Einzelfalls gehört insbesondere auch die Art der nachgefragten Dienstleistung, was in der Diskussion um die Zulässigkeit von Discount Brokern mitunter vergessen wird. c) Verhältnis von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Informations- und Erkundigungspflichten Spätestens mit der Bond-Entscheidung327 ist deutlich geworden, dass zivilrechtlich die Pflicht besteht, eine anleger- und objektgerechte Beratung durchzuführen. Die Grundsätze „know your customer“ und „know your merchandise“ gehören damit auch im deutschen Recht zum zivilrechtlichen Pflichtenstandard der Anlageberatung. Die Rechtsprechung hat eine Fülle von Urteilen gefällt, in denen sie Auskunfts-, Aufklärungs-, Warn-, Informa___________ 324 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 88. 325 Zutreffend Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 321; Horn, ZBB 1997, 139, 149. 326 Ganz h. M., vgl. statt vieler Köndgen, ZBB 1996, 361, 363 m. w. N.; Horn, ZBB 1997, 139, 149; a. A. allein Schwintowski, EWiR 1996, 791, 792. Im Ergebnis wie hier auch Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 87 f., der allerdings die Erforderlichkeit und die Professionalität als separate Tatbestandsmerkmale begreift. Aus diesem Grunde missversteht Koller, a. a. O., Rdn. 87, auch die Gesetzesmaterialien (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 103 f.), wonach das Institut bei der Prüfung der Erforderlichkeit abwägen müsse, welche Informationen es vom Kunden für die konkret beabsichtige Wertpapierdienstleistung benötigt. 327 BGHZ 123, 126 ff. = WM 1993, 1455 ff.

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tions- und Beratungspflichten aufgestellt hat. In den allermeisten Fällen ging es um dabei um Schadensersatzklagen im Zuge einer vermeintlich unzureichenden Anlageberatung. Während die Aufklärung der Vertragsgegenseite zumeist eine bloße Nebenpflicht bildet, rückt sie bei der Anlageberatung zur Hauptleistung auf. Auch wenn die Banken diese Leistung unentgeltlich anbieten, müssen sie gleichwohl korrekt beraten. In der freiwilligen Erbringung der Beratungsleistung sieht die Rechtsprechung einen konkludent geschlossenen Vertrag, aus dem die Sekundäransprüche folgen328. Diese Rechtsprechung wird von Teilen des Schrifttums stark kritisiert, da ein Vertrag fingiert werde329. Hierauf ist nicht näher einzugehen, denn bei der Vermögensverwaltung gehören die Informations- und Erkundigungspflichten in jedem Fall zu den bei Vertragsschluss bestehenden Nebenpflichten aus dem Vermögensverwaltungsvertrag. Es bedarf dort keiner Annahme eines vorgeschalteten Beratungsvertrags330. Entscheidend ist jedoch eine Folgewirkung dieser Rechtsprechung. Bei der Systematisierung der Verhaltenspflichten des § 31 WpHG wird mitunter versucht, auf die Rechtsprechung zur Anlageberatung zurückzugreifen331. Dieser Ansatz ist nicht ganz unproblematisch. Zum einen erfasst § 31 WpHG nicht nur die Anlageberatung, sondern verschiedene andere Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen, bei denen ebenfalls Informationsleistungen des Finanzintermediärs notwendig sind. Die Pflicht zur Übermittlung aller zweckdienlichen Informationen an den Kunden i. S. d. § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG kann deshalb nicht deckungsgleich mit der Anlageberatung sein, sondern sie stellt eine wertpapierdienstleistungsübergreifende Informationspflicht dar332. Vor einer Übertragung zivilrechtlicher Standards ist daher immer zu prüfen, ob sich die von der Rechtsprechung entwickelten Pflichten nur auf die Anlageberatung beziehen oder ob sie sich auch auf andere Wertpapierdienstleistungen übertragen lassen. Zum anderen herrscht in Rechtsprechung und Schrifttum größere terminologische Verwirrung und die Begriffe „Auskunfts-, Aufklärungs-, Warn-, Informations- und Beratungspflichten“ werden nicht immer ___________ 328 Etwa BGHZ 100, 117, 118 f.; 123, 126, 128; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 110 Rdn. 11; Horn, ZBB 1997, 139, 143 f. 329 Siehe die Nachweise bei Sprau, in: Palandt, BGB64, § 675 Rdn. 30. Grundlegend zur Diskussion über eine Haftung aus culpa in contrahendo oder aus Vertrauenshaftung in diesen Fällen etwa Breidenbach, Informationspflichten, S. 1 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 416 ff. 330 Anders aber Balzer, Vermögensverwaltung, S. 74; ders., WM 2000, 441, 442 f., 444; ders., in: Derleder, Handbuch Bankrecht, § 45 Rdn. 11. 331 So etwa Kümpel, WM 1995, 689, 691. 332 Ebenso Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 303 ff.

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ausreichend definiert und überschneiden sich vielfach333. Die Terminologie ist derart uneinheitlich, dass es wenig Sinn macht, an dieser Stelle die verschiedenen Versuche einer Systematisierung auszubreiten334 und eine Klärung zu versuchen. Ansatzpunkt muss eine autonome Auslegung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen vor dem Hintergrund der WDRL und der Materialien zum WpHG sein. Sofern diese Auslegung Berührungspunkte zum allgemeinen zivilrechtlichen Standard der Informationsleistung aufweist, was häufig der Fall sein dürfte, sind Rückgriffe möglich335. Ausgeschlossen ist jedoch ein Ansatz, der versucht, ausgehend von der deutschen Rechtsprechung zur Anlageberatung (samt ihrer uneinheitlichen Terminologie) das europarechtlich geprägte Aufsichtsrecht interpretieren zu wollen. Einem solchen Ansatz würde auch der Umstand entgegenstehen, dass die WDRL maßgeblich an die britischen Erfahrungen anknüpft. Daher darf auch der Umstand, dass der Finanzausschuss sich bei der Formulierung des § 31 Abs. 2 WpHG an das Bond-Urteil anlehnte336, nicht dazu verleiten, das Aufsichtsrecht allein aus der Perspektive der Anlageberatung interpretieren zu wollen337 und damit den Umstand zu vernachlässigen, dass dieses eine Vielzahl von Wertpapierdienstleistungen erfasst338. Genauso verkehrt wäre im Übrigen das umgekehrte Extrem, nämlich die §§ 31 f. WpHG zum Maßstab für alle Bankgeschäfte zu nehmen und beispielweise eine Bank nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG für verpflichtet zu erachten, die Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers zu überprüfen und ihn vor der eigenen Überschuldung zu warnen339. Die Informations- und Erkundigungspflichten betreffen die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. ___________ 333 Vgl. nur Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 299 ff., der eine Abschichtung der Begriffe versucht. 334 Vgl. etwa den sehr klaren Ansatz von Horn, WM 1999, 1 ff. 335 Zur gegenseitigen Ausstrahlungswirkung s. o. S. 747 ff. 336 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 103 f.; dazu Kümpel, WM 1995, 689, 692 li. Sp. oben; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 74 Fn. 9. 337 Verwirrend etwa Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 25, der zunächst die Anforderungen an eine sachgerechte Beratung, wie sie das WpHG niederlege, mit der Rechtsprechung zur Anlageberatung gleichsetzt, um später dann festzustellen, dass § 31 WpHG keine allgemeine Beratungspflicht aufstelle. 338 Zutreffend daher Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 31 a. E. 339 Zutreffend daher Schäfer, in: Bankrecht 1998, S. 27, 34 ff., wonach die Informationsund Erkundigungspflichten keine Basis für eine Analogie der §§ 31, 32 WpHG auf Fallgruppen außerhalb von Wertpapierdienstleistungen bieten. Diese Vorschriften stellen gerade Sonderregelungen dar, deren Wertung sich nicht übertragen lässt.

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d) Die Pflicht zur Einholung von Kundenangaben § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG verpflichtet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sich nach den Anlagezielen des Kunden, seinen Vorerfahrungen mit Wertpapierdienstleistungen und seinen finanziellen Verhältnissen zu erkundigen. (1) Erforderlichkeit der Erkundigung Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL verpflichtet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen deutlich zu machen, dass die Erteilung der Angaben auf freiwilliger Grundlage erfolgt, sie aber im Interesse des Kunden liegt. Diese allgemeine Feststellung sollte auch in die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung aufgenommen werden, denn es muss sichergestellt werden, dass dem Kunden die Bedeutung der Erkundigungspflicht bewusst wird. Ohne einen solchen Hinweis an den Kunden besteht die Gefahr, dass sich dieser vorschnell weigert, Angaben zu machen, weil er das Verlangen des Instituts als indiskret empfindet. Solchen Missverständnissen gilt es vorzubeugen und dies ist Aufgabe des Instituts. Die Erkundigung ist entbehrlich, soweit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bereits hinreichend über die Verhältnisse des Kunden unterrichtet ist340. Eine solche hinreichende Information kann aus früheren Kundenkontakten stammen. Dann ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zumindest zur Nachfrage verpflichtet, ob die Angaben noch aktuell sind. Dies leitet über zum nächsten Punkt, der Erforderlichkeit: Gerade bei Dauerschuldverhältnissen, wie der Vermögensverwaltung, muss das Institut sich in regelmäßigen Abständen vergewissern, dass die ihm vorliegenden Kundenangaben noch zutreffend sind. Dazu reicht eine im Jahresabstand durchgeführte kurze Rückfrage, ob es Änderungen in den Verhältnissen gegeben

___________ 340 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 89. Balzer, Vermögensverwaltung, S. 77, will die Erkundigungspflicht auch dann entfallen lassen, wenn eine Schutzbedürftigkeit des Anlegers nicht gegeben sei. Dies sei der Fall, wenn der Kunde bereits professionell bestimmte Formen des Wertpapiergeschäfts getätigt habe und den dabei kennen gelernten Risikobereich nicht verlasse. Wie aber das Institut erfahren soll, dass der Kunde bereits professionell gehandelt hat, erklärt Balzer nicht. In der Sache dürfte es sich daher um die hier erwähnte Gestaltung handeln, dass das Institut aus früheren Geschäften bereits hinreichend über die Verhältnisse des Kunden im Bilde ist. Ist der Kunde dagegen neu, muss ihn das Institut befragen, selbst wenn er Profi ist, da dies das Institut nicht ahnen kann. Stellt sich heraus, dass er Profi ist, sind die Erkundigungspflichten (ggf. bis auf null) reduziert.

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habe341, sowie die Bitte, zwischenzeitliche Änderungen von sich aus mitzuteilen. Ein Teil des Schrifttums hält regelmäßige Rückfragen für überflüssig und begnügt sich mit dem Hinweis an den Kunden, Änderungen von sich aus mitzuteilen342. Dies mag bei bloß punktuellen Geschäften zutreffend sein. Bei der Vermögensverwaltung ist der finanzielle Hintergrund des Kunden jedoch sehr wesentlich und deshalb wird man zumindest bei dieser Dienstleistung eine regelmäßige Rückfrage, ob es Änderungen gegeben habe, befürworten müssen. Die BaFin sollte eine solche Pflicht in der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung festschreiben. Erkennt das Institut von sich aus eine wesentliche Änderung, muss es den Kunden erneut befragen und ihm konsequenterweise die ggf. notwendige Änderung der schriftlich niedergelegten Anlagerichtlinien vorschlagen. Endgültige Sicherheit über die weitere Anlagepolitik erlangt das Institut erst durch die durchzuführende erneute Befragung des Kunden. Bis dahin darf es die alte Anlagestrategie jedoch nicht blind weiterbefolgen, sondern muss in dieser Schwebezeit besondere Vorsicht walten lassen. Gravierende Entscheidungen dürfen daher nur nach Rücksprache mit dem Kunden erfolgen. Unterhält der Vermögensverwaltungskunde zu zwei Instituten Kontakt, stellt sich die Frage, ob jedes Institut die Kundenangaben erheben muss. Die Fragestellung taucht insbesondere im Fall des unabhängigen Vermögensverwalters auf, denn er trifft die Anlageentscheidungen, die er an ein Kreditinstitut zur Ausführung weiterleitet. Heranziehen lässt sich Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL, die bestimmt, dass die Kundenangaben grundsätzlich von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuholen sind, das den unmittelbaren Kontakt zum Kunden hat. Dieser Grundsatz findet auch bei der Vermögensverwaltung Anwendung. Wie bereits bei der Bestimmung des „Kundenbegriffs“ festgestellt wurde, hat der Vermögensverwalter die Kundenangaben zu erheben. Das ausführende Kreditinstitut hat keinen unmittelbaren Kontakt zum Endanleger, sondern nur zum zwischengeschalteten Vermögensverwalter. Bedient sich ein Endanleger eines professionellen Finanzintermediärs, sind aus Sicht des ausführenden Kreditinstituts allein die Vorerfahrungen und das Wissen des Intermediärs maßgebend343. Nach ___________ 341 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 77; Jütten, BuB Rdn. 7/9; Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 94 m. w. N.; Schödermeier, WM 1995, 2053, 2058. Für regelmäßige Nachfragen, aber gegen die Jahresfrist Kienle, in: BankrechtsHandbuch2, § 110 Rdn. 27; ebenso Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 249 (Zeitintervall abhängig vom Risikograd der Anlagen); ohne Nennung einer konkreten Frist noch Jütten, Die Bank 1995, 221, 222. 342 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 53; Scharrenberg, Sparkasse 1995, 108, 112. 343 S. o. S. 780 ff.

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Teil B. Ziff. 2.1. der WohlVerh-RL kann berücksichtigt werden, ob der Kunde einem anderen eingeschalteten Wertpapierdienstleistungsunternehmen, beispielsweise einem Finanzportfolioverwalter, die erforderlichen Angaben bereits erteilt hat. Das Kreditinstitut kann daher darauf vertrauen, dass der Kunde angemessen vertreten ist. Aus Sicht des ausführenden Kreditinstituts besteht daher keine Notwendigkeit, selbst nochmals die Kundenangaben zu erheben. Gegen dieses Ergebnis scheint der Wortlaut der WohlVerh-RL zu sprechen, denn Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL formuliert, dass das zweite Wertpapierdienstleistungsunternehmen „vom Kunden jedoch ggf. gesondert Angaben einzuholen [hat], die für die ihm gegenüber zu erbringende Wertpapierdienstleistung erforderlich sind.“ Diese Verdoppelung, die damit erklärt werden kann, dass die WohlVerh-RL für eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäfte formuliert wurde (z. B. die einmalige Einschaltung eines Abschlussvermittlers), ist bei der Vermögensverwaltung überflüssig. Bei Einschaltung eines Vermögensverwalters kann das ausführende Institut den Endanleger wie einen professionellen Kunden behandeln344, es sei denn, ein Missbrauch der Vertretungsmacht wird offensichtlich. Bei der anstehenden Verabschiedung einer Richtlinie für die Vermögensverwaltung durch die BaFin sollte dies klargestellt werden. (2) Dokumentation der Erkundigung Eine bestimmte Form für die Erkundigung345 ist im Wertpapierhandelsgesetz nicht vorgeschrieben. Allerdings bestimmt Teil D WohlVerh-RL, dass die Wertpapierdienstleistungsunternehmen die in Teil B der Richtlinie geregelten Pflichten so zu erfüllen haben, dass deren Einhaltung im Rahmen einer Prüfung nach § 35 Abs. 1 oder § 36 Abs. 1 WpHG nachvollzogen werden kann. Bei einer Aufzeichnung der Kundenangaben können standardisierte Fragebögen verwendet werden. Die BaFin verlangt damit, dass die Tatsache der Durchführung der Erkundigung und die ermittelten Ergebnisse dokumentiert werden346. Gegen diese Formvorschrift wird eingewandt, dass die BaFin außerhalb von § 34 Abs. 2 WpHG keine Kompetenz habe, eine Dokumentation vorzuschreiben347. Zwar hat das Bundesministerium der Finanzen von der in § 34 Abs. 2 WpHG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kompetenz zum Erlass der Rechtsverordnung auf das frühere ___________ 344 Ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 36. 345 Zur davon zu unterscheidenden Frage, ob bei der Vermögensverwaltung die Anlagerichtlinien schriftlich niederzulegen sind, s. u. S. 870 ff. 346 Zustimmend Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 52; Schwennicke, WM 1998, 1101, 1107; wohl auch Scharrenberg, Sparkasse 1995, 108, 109. 347 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 94a; Möllers/Ganten, ZGR 1998, 773, 801 ff.

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BAWe und damit auf dessen Nachfolgerin BaFin delegiert348. Da jedoch die WohlVerh-RL keine Rechtsverordnung darstellt, kann die in ihr enthaltene Dokumentationspflicht gerade nicht auf diese delegierte Kompetenz gestützt werden. Wenn das Gesetz ausdrücklich vorschreibt, dass alle über § 34 Abs. 1 WpHG hinausgehenden Dokumentationspflichten einer Ermächtigung im Wege der Rechtsverordnung bedürfen, kann man solche Pflichten schwerlich auf eine Annexkompetenz der BaFin zu § 4 Abs. 1 WpHG oder gar auf § 35 Abs. 4 WpHG stützen. Die BaFin sollte daher rasch eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen. (3) Inhalte der Erkundigung Die BaFin erläutert den Umfang der Erkundigungspflichten in Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL. Diese Vorgaben lassen sich auch für die Vermögensverwaltung fruchtbar machen. Der Umfang der vom Kunden einzuholenden Angaben ist am Interesse des Kunden und an Art und Umfang der beabsichtigten Geschäftsarten auszurichten. – Der Vermögensverwalter muss seinen Kunden darüber befragen, welche Vorerfahrungen oder Kenntnisse er mit der Anlage in Finanzinstrumenten hat. Der Gesetzeswortlaut verwendet die Formulierung „Erfahrungen oder Kenntnisse“, während die Richtlinie nur von Erfahrungen spricht. Die englische und französische Fassung von Art. 11 Abs. 1 Satz 4 WDRL belegen jedoch ein eher weites Normverständnis, da die Begriffe „expertise“ und „experience“ bzw. „expérience“ Kenntnisse und Erfahrungen meinen349. Sinn und Zweck der Vorschrift unterstützen eine solche Auslegung, da das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sich umfassend vergewissern muss, ob der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortliche Entscheidungen in Bezug auf die Wertpapierdienstleistungen zu treffen und – falls er dies nicht ist – ihn mittels Information in diese Lage zu versetzen. Da der Vermögensverwalter den Kunden über die Risiken der Wertpapieranlage im Allgemeinen und über die Risiken der Vermögensverwaltung im Besonderen aufklären muss, sind diese Angaben wichtig, um den Kenntnisstand und damit das notwendige Maß an Aufklärung abschätzen zu können. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss daher erfragen, welche Erfahrungen und Kenntnisse der ___________ 348 Verordnung zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel vom 16.3.1995, BGBl. I 390. 349 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 83. Zu Recht weist Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 58, darauf hin, dass diese Frage eher theoretischer Natur sein dürfte, da die Institute ihre Befragung in der Praxis immer auf beide Bereiche erstrecken.

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Kunde in Bezug auf die gewünschte Wertpapierdienstleistung hat. Dies bedeutet, es muss erfragen, in welchen Anlageformen (z. B. Schuldverschreibungen, Aktien, Investmentanteilscheine, Derivate) er über Wissen verfügt oder welche Anlageformen er in der Vergangenheit bereits selbst genutzt hat (Umfang und Häufigkeit der Geschäfte, Zeitraum u. a.). Anhaltspunkte über die Vorerfahrungen können sich auch aus der beruflichen Stellung des Kunden ergeben. – Der Vermögensverwalter hat den Kunden weiterhin zu seinen finanziellen Verhältnissen zu befragen. Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL stellt diese Pflicht unter den Vorbehalt, dass die Befragung nur erfolgen muss, soweit es im Hinblick auf die beabsichtigten Geschäftsarten und unter Berücksichtigung seiner Anlageziele sowie seiner Kenntnisse oder Erfahrungen erforderlich ist350. Die Vermögensverwaltung ist eine Geschäftsart, bei der die Anlage des Vermögens sehr stark davon abhängt, über welche finanziellen Mittel der Kunde insgesamt verfügt und ob das zu verwaltende Vermögen die gesamten Ersparnisse des Kunden darstellt. Die Befragung des Kunden nach Vermögensstand, Einkommensarten und -höhe ist daher bei der Vermögensverwaltung erforderlich, während sie bei anderen Geschäftsarten, wie etwa dem Kauf eines Bundesschatzbriefs aus liquiden Mitteln des Kunden, nicht notwendig erscheint351. Die WohlVerh-RL verlangt weiterhin, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Angaben zu berücksichtigen hat, die ein Kunde über Depotbestände und Derivatepositionen bei anderen Instituten macht. Dies gilt für den Vermögensverwalter gleichermaßen und ist auf andere bedeutende Vermögenswerte zu erweitern352. Der Vermögensverwalter hat sich deshalb insbesondere auch danach zu erkundigen, ob ___________ 350 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 85, meint, die Angaben über die finanziellen Verhältnisse dienten auch dem Schutz des Wertpapierdienstleistungsunternehmens vor insolventen Kunden. Dies wird man schwerlich behaupten können, da der Gesetzgeber die Pflicht zur Erkundigung gerade unter den Vorbehalt stellte, dass die Angaben für die beabsichtigte Wertpapierdienstleistung erforderlich sein müssen. Die Verhaltenspflichten dienen nur dem Anlegerschutz und nicht dem Schutz der Institute vor allgemeinen vertraglichen Risiken. Deshalb bedürfte es einer besonderen Begründung, warum dies ausgerechnet im Fall der Erkundigungspflicht anders sein sollte, die Koller jedoch nicht liefert. Der Schutz des Instituts vor insolventen Kunden kann daher immer nur ein zufälliges Nebenprodukt der Kundenbefragung sein, nicht aber ein mit der Verhaltenspflicht verbundenes Regelungsziel. 351 Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 90a. 352 Die viel zu enge Fassung von Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL, die nur Depotbestände und Derivatepositionen erwähnt, wird zu Recht vom Schrifttum gerügt, vgl. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 59.

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sein Kunde noch bei anderen Instituten Vermögen verwalten lässt. Eine solche Pflicht ist notwendig, damit die Institute (im Einverständnis mit dem Kunden) ggf. die Anlagestrategien aufeinander abstimmen, um sicherzustellen, dass nicht alle Vermögensverwalter das Vermögen in dieselben Werte investieren und dadurch die Risiken des Kunden über Gebühr erhöhen. An dieser Stelle berühren sich also die Pflicht zur Diversifizierung des Kundenvermögens und die Erkundigungspflicht. Beim gewöhnlichen Effektengeschäft hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Teil B Ziff. 2.1 WohlVerh-RL zu berücksichtigen, ob die beabsichtigten Geschäfte aus eigenen Mitteln bezahlt oder durch Kredite finanziert werden sollen und welche Verlust-, Nachschuss- oder anderen Risiken bei diesen Geschäften bestehen. Während die BaFin beim Effektengeschäft auf die Berücksichtigung dieser Umstände gesondert hinweisen muss, versteht sich dies bei der Vermögensverwaltung von selbst, da der Vermögensverwalter eine für den Kunden sinnvolle Anlagestrategie nur entwerfen kann, wenn er auch die Schuldenbelastung und sonstige Risiken kennt. – Die Anlageziele umfassen eine Vielzahl von Faktoren, die die Art und Weise der Erbringung einer Wertpapierdienstleistung bestimmen. Zu nennen sind etwa die angestrebte Rendite, Liquidität und das Risiko, die Auswahl der Märkte, ethische Gesichtspunkte (z. B. Anlage nur in Umweltfonds, Ausschluss von Aktien der Kriegswaffenproduzenten) sowie das Fernziel der Wertpapierdienstleistung (z. B. Vermögensverwaltung zum Zweck von Vermögenserhaltung und -aufbau, von Alterssicherung oder von kurzfristiger Spekulation). Auch die Zugehörigkeit des Vermögens zum Betriebsvermögen spielt für die Anlage ein wichtige Rolle und ist daher zu erfragen. Bei der Erfragung der Anlageziele hat der Vermögensverwalter den ihm erkennbaren Erfahrungsschatz des Kunden zu berücksichtigen und den Kunden über den Hintergrund seiner Fragen aufzuklären. Denn ein unerfahrener Kunde wird mit der abstrakten Frage nach seiner Risikobereitschaft wenig anfangen können. Die Fragen sind daher anlegergerecht zu formulieren und zu erläutern. Dies zeigt etwa die Erfahrung mit den Kundenangaben zur eigenen Risikobereitschaft und zu den langfristigen Anlagezielen (Fernziele). Sie weisen oft Widersprüche auf, da Kunden gern ohne Risiko schnell reich werden wollen. In diesem Fall muss der Vermögensverwalter die Zusammenhänge von Risiko, Liquidität und Rendite erläutern. Ein schematisches Abfragen von Risikoklassen oder die bloße Vorlage eines Fragebogens hilft hier nicht weiter. Die bei der Beschreibung der typischen Vermögensverwaltungsvertragsmuster erwähnten Fragebögen über die Anlageziele enthalten eine 831

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Einteilung in „Depottypen“, wie etwa die Dreiteilung „konservativ/ ertragsorientiert“, „ausgewogen/wachstumsorientiert“ und „chancenorientiert/risikoorientiert“. Diese Art der Ermittlung der Anlageziele setzt zwingend eine Erläuterung der Hintergründe für unerfahrene Kunden voraus353. Keinesfalls darf der Vermögensverwalter sich bei widersprüchlichen Kundenangaben die für ihn passende Angabe heraussuchen. Wenn der risikoaverse Kunde eine Rendite von 30 % möchte, muss ihm der Vermögensverwalter erläutern, dass sich diese Vorstellungen widersprechen und muss ihn entsprechend warnen. (4) Selbstdarstellung des Kunden Ein Kunde, der bei der Erkundigung seiner Vorerfahrungen, Anlageziele und finanziellen Verhältnisse falsche Angaben macht, muss sich hieran festhalten lassen354. Es ist nicht Aufgabe des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, die vom Kunden gemachten Angaben aktiv nachzuprüfen355. Der Kunde muss nicht vor sich selbst geschützt werden. Nur falls die Angaben für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen erkennbar falsch oder widersprüchlich sind, muss das Institut den Kunden auf die verdächtigen Umstände hinweisen und nachfragen, welche Sachlage zutreffend ist356. (5) Verweigerung der Kundenangaben Macht der Kunde – auch auf wiederholte Nachfrage – keine Angaben zu seinen mit der Wertpapierdienstleistung verfolgten Zielen, ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zur eigenen aktiven Erforschung der Kundeninteressen angehalten. Wie § 31 Abs. 2 Satz 2 WpHG zeigt, ist der Kunde gerade nicht zur Auskunft verpflichtet. Dies bestätigt den bereits mehrfach erwähnten Grundsatz, dass ein Anleger nicht gegen seinen Willen und auch nicht vor sich selbst geschützt werden muss. Das Gesetz statuiert in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG nur eine Erkundigungs- und keine Nachforschungspflicht. An das Vorliegen einer Weigerung des Kunden sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass einfache Passivität bereits als Weigerung interpretiert wird und der Vermögensverwalter sich damit von ___________ 353 S. a. Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 97. 354 BGH, ZIP 1996, 1161, 1163 f.; ZIP 1996, 2064, 2066. 355 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 78; Horn, ZBB 1997, 139, 150; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 133. 356 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 43; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 90; Schödermeier, WM 1995, 2053, 2058 („Kohärenz von Anlagestrategie und Angaben über Vermögensverhältnisse“); Horn, ZBB 1997, 139, 150.

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seinen Pflichten entlastet357. Die BaFin schreibt im Zusammenhang mit § 31 Abs. 2 Satz 2 WpHG vor, dass die Weigerung des Kunden, Angaben über seine Anlageziele und seine Vermögensverhältnisse zu machen, in einem separaten Schriftstück dokumentiert werden muss (Teil B Ziff. 2.4 WohlVerh-RL). Diese Dokumentationspflicht358 erfüllt eine doppelte Funktion. Zum einen wird dem Kunden durch Vorlage eines Schriftstücks die Bedeutung der Weigerung vor Augen geführt und ein leichtfertiges Vorgehen verhindert. Zum anderen aber erlaubt die Dokumentation der BaFin, auch nachträglich noch festzustellen, ob die Aufklärungspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes eingehalten wurden. Ohne Dokumentation der Weigerung wäre ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen immer in der Lage, nachträglich zu behaupten, der Kunde habe keine Angaben gemacht und ggf. eine Warnung gar nicht hören wollen. Das Gesetz und Teil B Ziff. 2 WohlVerh-RL schweigen zu der Frage, ob das zur Dokumentation der Weigerung angefertigte Schriftstück vom Kunden zu unterschreiben ist. Die WohlVerh-RL stellt nur fest, dass die Dokumentation der Weigerung nicht Bestandteil eines Fragebogens sein darf, um dem Kunden nicht von vornherein einen Anreiz zu geben, jede Auskunft zu verweigern. Ein Unterschriftenerfordernis enthält sie nicht. Deshalb reicht es aus, wenn der Mitarbeiter des Instituts die Weigerung protokolliert. Die WohlVerh-RL lässt damit ein Schlupfloch offen, da der Mitarbeiter des Instituts die Dokumentation einer tatsächlich nicht erfolgten Kundenweigerung auch noch nachträglich erstellen kann, etwa nach Eintritt eines erheblichen Schadens. Deshalb sollten die WohlVerh-RL und die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung vorschreiben, dass dem Kunden eine Kopie des Protokolls auszuhändigen ist oder der Kunde die Dokumentation der Weigerung zu unterschreiben hat. Im Übrigen aber kann die Regelung der WohlVerh-RL unverändert in die anstehende Richtlinie zur Vermögensverwaltung übernommen werden. Zwar regelt das Gesetz die Frage der Rechtsfolgen einer Verweigerung von Kundenangaben nicht, doch ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht gezwungen, den Auftrag zurückzugeben359. Nach einem Teil des Schrifttums soll das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf die typische Interessenlage eines objektiven Durchschnittsanlegers zurückgreifen dür___________ 357 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 423 (in Bezug auf die Anlageberatung). 358 Allerdings wird die Kompetenz des Amtes, außerhalb von § 34 Abs. 2 WpHG Dokumentationen vorzuschreiben, vom Schrifttum bezweifelt, vgl. oben S. 828 f. 359 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 79; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 110 Rdn. 29.

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fen360. Bei der Vermögensverwaltung ist ein solcher Durchschnittsanleger nur schwer auszumachen, da diese Dienstleistung kein punktuelles Geschäft mit typischer Interessenlage darstellt, sondern eine Vielzahl von Faktoren sie beeinflussen und deshalb eine Vielzahl verschiedener Anlagestrategien zur Verfügung stehen. Man wird differenzieren müssen361. Macht der Kunde keinerlei Angaben zu Vorerfahrungen, Anlagezielen und finanziellen Verhältnissen und hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aus früheren Geschäften keine immer noch aktuellen Informationen über sein Anlegerprofil, bleibt dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen nichts anderes übrig, als eine konservative Anlagestrategie zu wählen362. Denn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss dann – auch zur eigenen Sicherheit – unterstellen, dass der Kunde über keine Vorerfahrungen verfügt. Diese Lösung ist jedoch nur dann zutreffend, wenn der Kunde sämtliche Angaben verweigert, also auch seine Anlageziele verschweigt, was in der Praxis nicht vorkommen wird. Weist er dagegen den Vermögensverwalter an, eine bestimmte Anlagestrategie zu verfolgen und verweigert lediglich die Angaben zu Vorerfahrungen und finanziellen Verhältnissen, muss der Vermögensverwalter den Kunden nicht vor sich selbst schützen. Allerdings ist die Weigerung des Kunden, Angaben zu machen, auch kein Freibrief für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Es ist verpflichtet, die erkennbaren Interessen des Kunden zu wahren363 und ihm die notwendigen Informationen über die Produkte und Risiken anzubieten364. Lehnt der Kunde die Annahme dieser Information ab, muss der Vermögensverwalter diese Entscheidung akzeptieren und die gewünschte Anlagestrategie verfolgen365.

___________ 360 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 12. 361 Anders Balzer, Vermögensverwaltung, S. 79; Schäfer, BuB Rdn. 11/32b, die aus haftungsrechtlichen Gründen immer zu einer konservativen Anlagestrategie raten, ohne danach zu differenzieren, welche Angaben der Kunde genau verweigert. 362 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 15; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 92; Schödermeier, WM 1995, 2053, 2059 (aus Haftungsgründen) sowie die soeben in Fn. 361 Genannten. Bei einer konservativen Anlagestrategie darf der Aktienanteil nach der Rechtsprechung höchstens 20 % betragen, OLG Frankfurt, WM 1996, 665, 668; OLG Hamm, WM 1996, 669 mit Anm. Horn/Balzer, EWiR 1996, 499 f.; kritisch zum Urteil Horn, ZBB 1997, 139, 147. 363 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 92a. 364 So auch Teil B Ziff. 2 WohlVerh-RL; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 124. 365 Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 36 f. m. w. N.

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(6) Unvernünftige Kundenangaben Aus den vorangegangenen Ausführungen folgt, dass nicht das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sondern der einzelne Kunde über die Festlegung seiner Interessen und damit über seine Anlageziele entscheidet. In diesem Zusammenhang wird regelmäßig die Frage aufgeworfen, ob das Institut verpflichtet ist, den Kunden an objektiv nicht für ihn geeigneten Anlagen zu hindern366. Wenn schon das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet sei, sich über die Verhältnisse des Kunden zu informieren, müsse es auch verhindern, dass der Kunde für ihn ungeeignete Anlagen tätige367. Das Aufsichtsrecht gewänne damit eine zwingende verbraucherschützende Dimension. Zunächst ist festzustellen, dass diese Problematik im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung nur in abgeschwächter Form relevant wird, da ohnehin der Vermögensverwalter die Anlagen für den Kunden tätigt und dabei die aus seiner Sicht geeigneten Anlagen auswählt. Nur wenn der Kunde dem Vermögensverwalter den Anlagezielen widersprechende Anlagerichtlinien vorgibt oder eine ungeeignete Weisung für eine bestimmte Anlage erteilt, stellt sich überhaupt die aufgeworfene Frage. Wie § 31 Abs. 2 Satz 2 WpHG zeigt, will das Gesetz den Kunden nicht um jeden Preis schützen, sondern geht vom Bild des eigenverantwortlichen Anlegers aus, der entsprechend dem Ausmaß seiner Vorerfahrungen zu behandeln ist. Ist der Kunde unerfahren und erkennt der Vermögensverwalter aufgrund seines Fachwissens, dass die gewünschten Anlagerichtlinien oder die Einzelweisung des Kunden zu einer Depotzusammensetzung führen wird, die nicht mit den vom Kunden angestrebten Anlagezielen in Einklang steht oder zu Schäden führen wird, muss er den Kunden hierauf hinweisen. Den Vermögensverwalter trifft eine Warnpflicht, mit der gewährleistet werden soll, dass der Kunde eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen und seine Interessen bestimmen kann. Wie wichtig diese Warnpflicht ist, zeigen Forschungen zum Anlegerverhalten368, die eindrücklich belegen, dass ___________ 366 Vgl. zum Diskussionsstand Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 80 m. w. N.; s. a. Assmann, Prospekthaftung, S. 195 ff.; ders., Broker-Dealer’s Liability, S. 75 ff.; Kübler, FS Coing, 1982, Bd. II, S. 193, 205 ff., zur Frage, ob die suitabilitydoctrine sich an den Wünschen des Anlegers oder an objektiven anlegergerechten Vorgaben orientieren solle. 367 Etwa Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 127; a. A. aber Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 212 ff.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 74; Schäfer, in: Schwintowski/ Schäfer, BankR2, § 18 Rdn. 15; wohl auch Köndgen, ZBB 1996, 361, 365. 368 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 12 m. w. N.; Gerke/Schäffer, in: Heidel, Aktienrecht, Kapitel 16 Rdn. 1 ff. zur Behavioral Finance Diskussion.

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ein ökonomisch rationales Verhalten bei Anlegern nicht selbstverständlich ist und man bei Auslegung der Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes nicht vom Leitbild eines homo oeconomicus ausgehen dürfe. Hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden über die Gefahren ausreichend deutlich aufgeklärt und besteht der Kunde dennoch auf der Weisung, muss der Vermögensverwalter sie umsetzen oder das Mandat niederlegen. Keinesfalls kommt ihm die Aufgabe zu, den Kunden vor sich selbst zu schützen, wenn er ihn zuvor eindringlich gewarnt hat369. Gleiches gilt, falls sich der Kunde weigert, die Warnhinweise anzuhören. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen schuldet also keinen Aufklärungserfolg ohne Rücksicht auf das Kundenverhalten370. Der Vermögensverwalter muss die Weisungen des Kunden also selbst dann umsetzen, wenn diese unvernünftig erscheinen. Bringt der Kunde erkennbar das notwendige Fachwissen mit oder erklärt er, über dieses Wissen zu verfügen, oder wird er von einem Profi beraten und übernimmt die volle Verantwortung für die Entscheidung, muss der Vermögensverwalter nicht vor besonderen Risiken einer vom Kunden ausgehenden Weisung warnen, selbst wenn sich später herausstellen sollte, dass der Kunde das behauptete Wissen nicht hatte371. (7) Bereichsausnahmen von der Erkundigungspflicht für bestimmte Geschäftsbereiche Aufgrund der Tatsache, dass sowohl die Erkundigungs- als auch die Informationspflicht unter dem Vorbehalt stehen, dass sie zur Erbringung der Wertpapierdienstleistung erforderlich sind, hat sich eine Diskussion darüber entzündet, ob es bestimmte Geschäftsarten gibt, bei denen per se keine Erkundigung erfolgen muss372. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass

___________ 369 So schon Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 342 ff., 423 m. w. N. in Bezug auf das Effektengeschäft; ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 12; ders., in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 18 Rdn. 15 f.; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor § 31 Rdn. 15 sowie BGH, WM 2001, 1758, 1760; WM 2004, 24 (Leitsatz 2). 370 Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 35. 371 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 43; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 110 Rdn. 11 m. w. N. Dies entspricht auch der Rechtslage im angloamerikanischen Rechtskreis, vgl. Finn, in: McKendrick, Commercial Aspects of Trusts and Fiduciary Obligations, S. 11 m. w. N. 372 Köndgen, ZBB 1996, 361, 363, spricht von einer Gruppenfreistellung.

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bei dem Erwerb von Bundesschatzbriefen aus liquiden Mitteln keine Erkundigung zu erfolgen braucht. Dies ist jedoch keine „Bereichsausnahme“ von der Erkundigungspflicht, sondern eine einzelfallabhängige Frage, da die Erkundigungspflicht nur deshalb nicht besteht, weil der Erwerb aus liquiden Mitteln erfolgt. Bei einem beabsichtigten Erwerb auf Kredit besteht dagegen eine Pflicht des Instituts zur Erkundigung. Denn der Kunde ist ggf. vor dem Erwerb zu warnen, wenn er eine Großfamilie zu ernähren hat und finanziell am Limit angelangt ist. Umstritten ist, ob die Erfragung der Kundenverhältnisse erforderlich ist, wenn der Kunde sich an einen Discount Broker wendet, um Effektengeschäfte zu tätigen. Soweit das einschlägige Schrifttum überhaupt zu der Frage Stellung nimmt373, lassen sich bei Nuancen im Detail drei Ansichten zu dieser Frage ausmachen. (1.) Ein Teil des Schrifttums sieht jede Absenkung des Pflichtenstandards des § 31 Abs. 2 WpHG als richtlinienwidrig an374. (2.a.) Die Gegenansicht meint, der Kunde gebe mit der Auswahl des Instituts bereits zu erkennen, dass er keine personenbezogene Information wolle, weshalb auch eine Erkundigung über seine Verhältnisse entbehrlich sei375. (2.b.) Zu dem gleichen Ergebnis kommt der Bundesgerichtshof 376 mit einer leicht abweichenden Begründung. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen könne von sich aus erklären, dass es keine Erkundigungs- und Beratungspflichten übernehmen wolle, so dass Kunden, die ein solches Institut auswählen, dies auf eigenes Risiko tun. Eine standardisierte Aufklärung zu Beginn der Geschäftsbeziehung sei ausreichend. Während nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Initiative zum Verzicht auf Erkundigungs- und Informationspflichten vom Institut ausgeht, unterstellt das Schrifttum (Ansicht 2.a.) dem Kunden eine entsprechende Verzichtserklärung. (3.) Eine vermittelnde Ansicht hält das Discount Broking auch für zulässig, will aber zumindest eine Grundaufklärung sicherstellen, die den Kunden auf die Gefahren einer seinen Vorerfahrungen und Verhältnissen u. U. zuwider laufenden Anlage aufmerksam macht. Dabei sei eine Aufklärung in Form von standardisierten Informationen zulässig. Erkenne der Discount Broker, dass der Kunde ent-

___________ 373 Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 110 Rdn. 30 ff., gibt keine eigene Stellungnahme ab, sondern referiert einige der Ansichten. 374 Köndgen, ZBB 1996, 361, 365; Reich, WM 1997, 1601, 1606. 375 Balzer, DB 1997, 2311, 2314; Drygala, ZHR 159 (1995), 686, 722; Horn, ZBB 1997, 139, 150 ff.; Weber-Rey/Baltzer, WiB 1997, 1283, 1287; ebenso wohl Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 324 f. 376 BGH, WM 1999, 2300, 2302 f.; WM 2004, 24.

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gegen seinen Angaben unerfahren sei, bestünden weitergehende Warnpflichten377. Sicherlich ist der Kunde nicht vor sich selbst zu schützen378. Wenn er der Auffassung ist, auch über Discount Broker mit Wertpapieren handeln zu können, darf er dies tun. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass er diese Entscheidung eigenverantwortlich treffen kann, weshalb ihm zu Beginn der Geschäftsbeziehung eine Grundaufklärung über die Gefahren anzubieten ist, die mit einer Wertpapieranlage unter Verzicht auf fachliche Beratung verbunden sind. Ohne dass das Institut die Vorkenntnisse des Anlegers379 erfragt, kann es nicht das Ausmaß der benötigten Grundaufklärung bestimmen. Zwar ist es richtig, dass das Institut den Anleger nicht zur Entgegennahme der Grundaufklärung zwingen kann; das bedeutet jedoch nicht, dass es die Information nicht zumindest anbieten müsste. Ein Teil des Schrifttums hält Teil B Ziff. 2.6 WohlVerh-RL für inkonsequent, da die vom Kunden erhobenen Daten nicht verwertet würden, indem eine Pflicht für den Discount Broker statuiert werde, völlig unerfahrene Anleger nicht als Kunden anzunehmen380. Dieser Einwand überzeugt nicht, da er zwei unterschiedliche Fragen vermischt: Der Kunde muss nach dem Informationsmodell, das dem Wertpapierhandelsgesetz zugrunde liegt, nicht vor sich selbst geschützt werden, indem das Institut ihn zu einem bestimmten Verhalten (Abstandnehmen vom Discount Broking) zwingt. Das Gesetz will aber sicherstellen, dass er die Tragweite seiner Entscheidungen erkennt. Bei der Beauftragung eines Discount Brokers muss ihm daher vor Augen geführt werden, dass dies nicht nur niedrige Gebühren bedeutet, sondern einen Verzicht auf Beratung darstellt. Wie stark ihm dies vor Augen geführt werden muss,

___________ 377 Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 40 f.; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 135 ff.; Kümpel, WM 1995, 689, 693; Lange, Informationspflichten, S. 319 ff. (der dieses Ergebnis aber als unerfreuliche Überregulierung einordnet, a. a. O., S. 324); Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 48. So wohl auch die Gesetzesmaterialien, die allerdings sehr vage sind, aber maßgeblich auf die Professionalität des Kunden abstellen, vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 104. 378 BGH, WM 2004, 24 ff. (zum Discount Broker). 379 Die Erfragung der finanziellen Verhältnisse ist ebenso wenig erforderlich wie die der Anlageziele, da beide Bereiche im Regelfall (zur Ausnahme der Geschäfte auf Kredit sogleich) für die von Discount Brokern nicht angebotene Anlageberatung benötigt werden und daher bei der Warnung vor den generellen Gefahren des Discount Broking keine Rolle spielen. 380 Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 325.

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hängt wiederum von seinen Vorerfahrungen ab381. Der Discount Broker ist also, um seiner Warnpflicht nachzukommen, auf Informationen über die Vorerfahrungen und Kenntnisse des Kunden angewiesen, so dass die in der WohlVerh-RL angeordnete Erkundigung keineswegs überflüssig ist. Will der Kunde Leistungen auf Kredit in Anspruch nehmen oder muss er Sicherheiten stellen, erhöht sich das Risiko aus den Geschäften. Damit sind auch erhöhte Anforderungen an die Warnpflicht zu stellen, die das Institut zu erfüllen hat. Um diese Warnpflicht angemessen erfüllen zu können, benötigt das Institut folglich Angaben zu den finanziellen Verhältnissen des Kunden und seinen Anlagezielen. Die BaFin hat in dieser Fallgruppe konsequenterweise eine erhöhte Erkundigungspflicht in die WohlVerh-RL (Teil B Ziff. 2.6 Satz 5) aufgenommen382. Das Wertpapierhandelsgesetz bezweckt also auch in einem solchen Fall nicht, dem Kunden die Geschäfte zu verbieten, sondern will ihn nur vor Begründung der Vertragsbeziehung ausreichend warnen. Nach alledem ist die Ansicht, die das Schutzniveau der Verhaltenpflichten rein objektiv bestimmt und keine Absenkung aufgrund der Art der gewünschten Geschäfte erlaubt, abzulehnen. Aber auch die beiden anderen Gegenansichten (2.a. und 2.b.) überzeugen nicht. Die eine Ansicht sieht in der Beauftragung des Discount Brokers eine Verzichtserklärung des Kunden auf Beratung. Sie versäumt es allerdings, den genauen Umfang dieser Verzichtserklärung herauszuarbeiten383. Dem unerfahrenen Kunden kommt es vor allem auf die günstigen Gebühren des Discount Brokers an384. Bei der Geschäftsaufnahme mit einem Discount

___________ 381 Zu Recht verlangt Teil B Ziff. 2.6 Satz 2 WohlVerh-RL daher, dass die Aufklärung unter Zugrundelegung der Kenntnisse oder Erfahrungen und der vom Kunden beabsichtigten Geschäftsarten erfolgen muss. 382 Dies verkennt Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 326 f., Text bei Fn. 491 und 494, der meint, die Aufsicht wolle nach amerikanischem Vorbild ein account approval einführen. Auch Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 40 Fn. 163, und Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 48, übersehen, dass zwischen gewöhnlichen und auf Kredit finanzierten Geschäften erhebliche Unterschiede bestehen, die sich in einer unterschiedlich umfangreichen Erkundigungspflicht niederschlagen können. Ihre Kritik an der entsprechend abgestuften WohlVerh-RL überzeugt daher nicht. 383 So etwa Horn, ZBB 1997, 139, 150 ff.; zutreffend dagegen Koller, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 135 f.; Lange, Informationspflichten, S. 321. 384 Für die rechtliche Bewertung der Frage, welchen Pflichten das Wertpapierdienstleistungsunternehmen unterliegt, kann es allerdings nicht darauf ankommen, wie hoch der Gebührenvorteil ist, den der Kunde durch die Beauftragung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erlangt, so aber Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 40, der bei Nicht-Discount-Brokern keine Herabsetzung des Pflichtenstandards zulassen

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Broker wird er sich im Zweifel keine Gedanken über die Gefahren dieser Art der Geschäftsabwicklung machen. Vielleicht hat er das Bewusstsein, auf die Beratung des Instituts verzichten zu wollen. In der Begründung einer Geschäftsbeziehung zu einem Discount Broker einen Verzicht auch auf die vorgelagerten Warnpflichten vor den generellen Gefahren des Discount Brokings sehen zu wollen, ist jedoch reine Fiktion, denn der unerfahrene Kunde verbindet mit der Aufnahme der Geschäftsbeziehung keinen Verzicht auf etwas, von dessen Existenz und Bedeutung er nichts weiß. Nur erfahrenen Kunden, die den Wert der Beratungsleistungen für eigene Anlagen einschätzen können, kann daher ein solcher konkludenter Verzicht unterstellt werden. Nicht überzeugen kann auch der auf der umgekehrten Perspektive beruhende Begründungsansatz des Bundesgerichtshofs: Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen könne von vornherein Leistungen ohne Beratung anbieten und wer diese Leistung annehme, nehme dies in Kauf. Auch dieser Ansatz geht an der eigentlichen Problematik, ob unerfahrene Kunden überhaupt wissen, worauf sie sich einlassen, vorbei385. Zudem stellt sich ja gerade die Frage, ob sich ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen von den gesetzlichen Pflichten der §§ 31, 32 WpHG freizeichnen kann. Ziel des § 31 Abs. 2 WpHG ist es, Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen in die Lage zu versetzen, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Man muss der Kundengruppe der Unerfahrenen ebenfalls die Chance einräumen, sich über die Tragweite ihrer Entscheidung Klarheit zu verschaffen. Im laufenden Geschäftsbetrieb ist der Kunde dann sich selbst überlassen, da er durch die Auswahl des Discount Brokers zu erkennen gibt, keine weitere individuelle Beratung zu wünschen. Der Discount Broker ist nicht zur Beratung darüber verpflichtet, ob die vom Kunden ins Auge gefassten Anlagen auch kundengerecht sind. Im Ergebnis wird der Grundsatz caveat emptor wiederhergestellt, den das Wertpapierhandelsgesetz im Bereich der Verhaltenspflichten durchbrochen hat. Dies bedeutet auch, dass sich der Kunde selbst um die Bewertung produktbezogener Informationen bemühen und die Geeignetheit der Anlage zur Erreichung seiner Anlageziele selbst beurteilen muss. ___________ will; zu Recht a. A. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 135; WeberRey/Baltzer, WiB 1997, 1283, 1287. Cahn bleibt die Antwort darauf schuldig, was „normale“ Gebühren sind und ab welcher Reduktion der Gebühren auch eine Reduktion des Pflichtenstandards erlaubt sein soll. 385 Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass der BGH jeweils Fallgestaltungen zu entscheiden hatte, bei denen sich der Kunde als „in Wertpapieranlagen erfahren“ bezeichnet hatte, vgl. BGH, WM 1999, 2300 ff.; WM 2004, 24 ff.

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Fraglich ist, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch in einer laufenden Discount Broking Beziehung besonderen Warnpflichten unterliegt. Dies wird im Schrifttum in zwei Fällen bejaht. Wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen über besondere Informationen verfüge, die nicht allgemein zugänglich seien, müsse es seine Kunden warnen386. Dem wird man zustimmen müssen, denn es geht gerade nicht um eine individuelle Beratung, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter den genannten Bedingungen aus ihrem Leistungsspektrum ausschließen können, sondern um eine ad hoc notwendige Warnpflicht. Weil diese Pflichten sehr stark einzelfallabhängig sind, kann auf sie nicht antizipiert verzichtet werden, da die Tragweite des Verzichts einem unerfahrenen Kunden ebenfalls verborgen bleibt. Die zweite diskutierte Fallgruppe, in der Warnpflichten notwendig sein sollen, betrifft den Fall, dass ein Kunde die von ihm bei der Selbsteinstufung angegebene Risikoklasse verlasse (etwa ein in Schuldverschreibungen und Investmentanteilen erfahrener Anleger tätigt erstmals Aktiengeschäfte mit ausländischen Werten). Hier müsse das Wertpapierdienstleistungsunternehmen vor den für ihn neuen Gefahren warnen387. Diese Ansicht erscheint übervorsichtig, denn wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden bei der Begründung der Geschäftsbeziehung ausreichend aufgeklärt hat, muss es dies später nicht wiederholen. Hinzu kommt, dass die vom Schrifttum verlangte weitere Warnung des Kunden vor der Ausführung der Geschäfte aus einer höheren Risikoklasse Zeit kostet. Die Wertpapiergeschäfte des Kunden werden nicht ausgeführt und ihm kann hierdurch ein Schaden entstehen, den er dann von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ersetzt haben möchte mit der Begründung, eine zusätzliche Warnung sei gar nicht notwendig gewesen. Um solche für beide Seiten schadensträchtigen Situationen zu vermeiden388, muss man das Wertpapierdienstleistungsunternehmen entweder als verpflichtet ansehen, nicht nur über die typischen Risiken der vom Kunden angegebenen Risikostufe aufzuklären, sondern auch über die anderer Risikostufen389. Oder aber man muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen für verpflichtet halten, den ___________ 386 Horn, ZBB 1997, 139, 152; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 137 m. w. N. 387 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 137 m. w. N. Der BGH bejaht eine solche Warnpflicht auch dann, wenn der Kunde ein unvernünftiges Maß an Krediten aufnimmt, um seine Wertpapiergeschäfte zu finanzieren, BGH, WM 2004, 24. 388 Aufsichtsrechtlich folgt die Pflicht zur Schadensvermeidung aus der Interessenwahrungspflicht. 389 Für Finanztermingeschäfte gelten die besonderen Anforderungen der §§ 37d ff. WpHG, auf die hier nicht eingegangen wird.

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Kunden auf die Gefahr einer Verzögerung bei der Ausführung von Geschäften, die außerhalb der angegebenen Risikostufe liegen, hinzuweisen. Die BaFin hat sich für den zweiten Weg entschieden, wie Teil B Ziff. 2.2 WohlVerh-RL zeigt. Auch beim Discount Broking ist daher keine Bereichsausnahme390 von den Erkundigungs- oder Informationspflichten anzuerkennen. Die Erkundigungsund Informationspflichten werden nur auf das für die gewünschte Geschäftsart391 erforderliche Schutzniveau reduziert. Es bestehen daher Erkundigungs- und Warnpflichten zu Beginn der Geschäftsbeziehung392, deren Umfang von den Vorerfahrungen – und bei Geschäften auf Kredit auch von den finanziellen Verhältnissen und Anlagezielen – abhängig ist. Das im Gesetz verankerte Prinzip der Erforderlichkeit gilt im Grundsatz also auch bei dieser Geschäftsart. Eine Absenkung der Verhaltenspflichten auf Null ist nicht anzuerkennen393. Auch in der laufenden Vertragsbeziehung bleiben bestimmte Warnpflichten bestehen. Im Grundsatz aber ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht verpflichtet, den Kunden vor sich selbst zu schützen394. Die genannten Grundsätze gelten entsprechend für die Vermögensverwaltung durch einen Discount Vermögensverwalter, der auf jede individuelle Komponente bei der Vermögensverwaltung verzichtet, dafür aber sehr viel niedrigere Gebühren verlangt. Während bei den bislang angebotenen standardisierten Verwaltungen, deren individuelle Betreuung schon reduziert ist, zu Beginn der Vertragsbeziehung zumindest noch geprüft wird, ob die jeweilige Anlagestrategie zum Anlagehorizont des Kunden passt, verzichtet ___________ 390 Köndgen, ZBB 1996, 361, 363, bezeichnet Teil B Ziff. 2.6 WohlVerh-RL als Bereichsausnahme. Da das Discount Broking von den Verhaltenspflichten nicht völlig ausgenommen ist, sollte man besser von der Absenkung des Schutzniveaus sprechen. 391 Dieses von § 31 Abs. 2 Satz 1 a. E. WpHG verwendete Tatbestandsmerkmal erlangt also beim Discount Broking besondere Bedeutung. 392 Zu Recht betont Köndgen, ZBB 1996, 361, 364, dass die Erkundigungs- und Informationspflicht bereits bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung besteht und nicht erst mit dem ersten konkreten Auftrag zu einem Wertpapiergeschäft. Teil B Ziff. 2.6 WohlVerh-RL, der dies „spätestens vor Auftragsannahme“ verlangt, sollte daher neu gefasst werden. 393 Köndgen, ZBB 1996, 361, 365. 394 Dies scheint Köndgen, ZBB 1996, 361, 365, zu bedauern, der meint, wenn sich ein Kunde als ungeeignet geoutet habe, dürfe ihn der Discount Broker trotzdem als Kunden akzeptieren. Dies liege wohl kaum im bestmöglichen Kundeninteresse. Damit aber wünscht sich Köndgen ein objektiv zu bestimmendes Kundeninteresse, das Vorrang vor der Kundenentscheidung hat. Anhaltspunkte dafür, dass die WDRL einen so weitgehenden Schutz verwirklichen wollte, sind nicht ersichtlich.

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der Kunde bei einem Discount Vermögensverwalter auf diese Prüfung. Er ordnet sein Vermögen aufgrund eigener Entscheidung und ohne Beratung einem bestimmten Depottyp aus der Angebotspalette des Discount Vermögensverwalters zu und muss im weiteren Verlauf der Vertragsbeziehung selbst feststellen, ob die Anlagestrategie noch zu seinen persönlichen Verhältnissen passt. Damit weicht die rechtliche Behandlung der Discount Vermögensverwaltungen nicht von der des Discount Broking ab. Sie ist stark dem Investmentmanagement durch Kapitalanlagegesellschaften angenähert, die bei der Vermögensanlage ebenfalls nicht die individuellen Anlageziele ihrer Kunden im Auge haben, sondern das Vermögen anhand abstrakt festgelegter Strategien anlegen. (8) Zwischenfazit Im Ergebnis geht das Wertpapierhandelsgesetz und die ihm insoweit zugrunde liegende WDRL von einem Informationsmodell aus, das gewährleisten soll, dass ein Kunde über alle Informationen verfügt, um eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen395. Das Gesetz wählt damit einen Mittelweg. Im Regelfall muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Initiative ergreifen und sicherstellen, dass es über ausreichende Informationen über den Kunden verfügt („know your customer“), um ihn bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen interessengerecht betreuen zu können. Macht der Kunde falsche Angaben, weigert er sich, Angaben zu machen oder gibt er objektiv unvernünftige Anlageziele vor, trägt er hierfür selbst die Verantwortung. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss sich nur um eine interessengerechte Erbringung der Wertpapierdienstleistungen „bemühen“, diese nach dem Wortlaut der Norm aber nicht erzwingen. Das Wertpapierhandelsgesetz schützt den Kunden nicht vor sich selbst. e) Die Pflicht zur Information (1) Bedeutung und Inhalt des Informationsbegriffs Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist verpflichtet, dem Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG)396. Die Informationspflicht ist abhängig von der Erkundigungspflicht, da das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur dann abzuschätzen vermag, welche Informationen für den Kunden zweckdienlich sind, wenn es dessen Vorerfahrungen, finanzielle Verhältnisse und Anlageziele ___________ 395 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 80 ff. 396 Grundlegend zur Informationspflicht Leisch, Informationspflichten nach § 31 WpHG, der allerdings nicht auf die Vermögensverwaltung eingeht (a. a. O., S. 3, 106).

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kennt. Die Erkundigungs- und die Informationspflicht sind also aufeinander bezogen und dienen ihrerseits der Interessenwahrungspflicht. Der Kunde wird nur dann eine eigenverantwortliche und seine Interessen wahrende Entscheidung treffen können, wenn er über alle notwendigen Informationen verfügt. Im Schrifttum herrscht Uneinigkeit über die Frage, ob mit der Pflicht zur Information nur die Mitteilung produktbezogener Fakten oder auch die Beratung gemeint ist, also eine Leistung, bei der das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die mitgeteilten Fakten bewertet und dem Kunden mitteilt, ob es die ins Auge gefassten Effektengeschäfte für geeignet hält397. Die diesbezügliche Debatte entzündete sich an der Frage der Zulässigkeit des Discount Brokings, ist mit dieser aber nicht untrennbar verbunden398. Selbst wenn man also annimmt, dass die Informationspflicht im Einzelfall auch die Beratung umfassen kann, bedeutet dies nicht, dass jedes Wertpapierdienstleistungsunternehmen automatisch zur Beratung verpflichtet sein muss. Vielmehr kann es einen abgesenkten Pflichtenstandard geben (s. o.). Entlastet man die Definition des Informationsbegriffs von der Debatte um die Zulässigkeit des Discount Brokings, ergibt sich folgendes Bild: Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Frage, was unter zweckdienlichen Informationen zu verstehen ist. Die Begriffe der Information, Aufklärung, Warnung und Beratung werden nicht immer sauber voneinander getrennt399, so dass sich im Schrifttum auch kein Meinungsbild geformt hat, an das der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 31 Abs. 2 WpHG hätte anknüpfen können. Die Grenzen zwischen bloßer Informationsübermittlung (Aufklärung) und Bewertung der Information für den Kunden (Beratung) sind fließend. Ansatzpunkt einer Lösung muss der Umstand sein, dass das Gesetz das Ausmaß der erforderlichen Information von Art und Umfang des gewünschten Geschäfts und den Vorerfahrungen des Anlegers abhängig macht. Das Ausmaß der Information ist damit einzelfall___________ 397 Nach Balzer, Vermögensverwaltung, S. 88 f.; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 110 Rdn. 3; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 96; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 64; Siol, FS Schimansky, 1999, S. 781, 783 f., umfasst der Informationsbegriff keine Beratung; a. A. aber Schäfer, in: Cramer/Rudolph, Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 668, 676; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 303 ff., 310; Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 120; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 33 ff., sowie Verbraucherzentrale NRW, unveröffentlichte Stellungnahme, S. 9 (zit. nach Balzer, Vermögensverwaltung, S. 89). 398 Anders aber offenbar Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 48. 399 Einen Überblick über das vertragsrechtliche Begriffsrepertoire gibt etwa Horn, ZBB 1997, 139, 140 ff.

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abhängig. Da es bestimmte Geschäfte gibt, mit denen sich typischerweise eine Beratung verbindet, kann § 31 Abs. 2 WpHG also durchaus eine Pflicht auch zur Beratung enthalten. Zu diesen Geschäften gehört die Vermögensverwaltung. Ein völlig unerfahrener Vermögensverwaltungskunde wird allein anhand der abstrakten Umschreibung der Risiken der Wertpapieranlage keine Anlagerichtlinien festlegen können, sondern bedarf einer Beratung durch den Vermögensverwalter, um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können400. Maßgeblichen Einfluss auf die Diskussion hatte auch die zivilrechtliche Ausgangslage. Diejenigen, die behaupten, die Beratung falle nie unter die Informationspflicht, legen die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Effektengeschäften mit und ohne Anlageberatung zugrunde und hegen die Befürchtung, durch ein weites Verständnis der Informationspflicht werde nun jedes Wertpapierdienstleistungsunternehmen gezwungen, auch Beratungen zu erbringen, selbst wenn es dies nicht wolle. Gegen die hier vertretene Ansicht wird daher eingewendet, der Gesetzgeber habe die Anlageberatung als Wertpapiernebendienstleistung eingeordnet. Sie sei eine eigenständige Leistung, weshalb die Beratung nicht gleichzeitig Teil der Informationspflicht und damit Teil einer Wertpapierdienstleistung sein könne. Eine Anlageberatung sei also nur geschuldet, wenn sie gesondert vereinbart sei. Dieses Argument ist nicht zwingend. Genauso gut kann die Anlageberatung nur dann als selbstständige Wertpapiernebendienstleistung gelten, wenn sie als eigenständige Leistung geordert wird. Wird dagegen eine andere Wertpapierdienstleistung vereinbart, mit der typischerweise eine Beratung einhergeht, gehört die Beratungspflicht gerade zu Art und Umfang dieser Wertpapierdienstleistung. Die Anlageberatung ist dann gleichsam integraler Bestandteil der Wertpapierdienstleistung401. Schon diese Argumente erscheinen ausreichend, um die Ansicht zu widerlegen, der Informationsbegriff umfasse nie eine Beratung. Will man dennoch die Anlageberatung als stets selbstständige Leistung und nicht auch bisweilen als Bestandteil einer anderen Wertpapierdienstleistung begreifen, muss man zumindest anerkennen, dass bestimmte Wertpapierdienstleistungen in der Praxis typischerweise mit einer Beratung einhergehen, was das Wertpapierhandelsgesetz nicht einfach ignorieren kann. Folgt man also der Gegenansicht, die unter Information nur die Mitteilung von Fakten ohne Beratung versteht, muss man stets prüfen, ob die Anlageberatung nicht im Ein___________ 400 Sehr anschaulich dazu Balzer, WM 2000, 441, 446 f. 401 Dies bejaht auch Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 97, der Vertreter der Ansicht ist, die Beratung gehöre nie zur aufsichtsrechtlichen Informationspflicht, a. a. O., Rdn. 64.

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zelfall konkludent mitvereinbart war. Diese Vorgehensweise erscheint allerdings sehr künstlich. Deshalb und aufgrund der Tatsache, dass Informationsleistungen stark einzelfallabhängig sind und sich Aufklärung und Beratung nicht immer scharf voneinander trennen lassen, erscheint es überzeugender, auch die Beratung als Teil der Informationsleistung i. S. d. § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG anzusehen402. Zivilrechtlich betrachtet ist die Beratung bloße Nebenpflicht der Geschäftsbesorgung. Wird dagegen die Anlageberatung als Wertpapiernebendienstleistung geordert, wird sie zur Hauptpflicht. Aufsichtsrechtlich spielt diese Einordnung der Pflichten insofern eine Rolle, als bei der Vereinbarung einer Anlageberatung stets die volle Informationsleistung geschuldet ist, während der Umfang der Beratung bei anderen Wertpapierdienstleistungen im Einzelfall auch reduziert sein kann403. Dort ist eine Beratung nur geschuldet, wenn sie Teil der vereinbarten Wertpapierdienstleistung war. Im Ergebnis gibt es damit auch aus Sicht des Aufsichtsrechts Wertpapierdienstleistungen mit und ohne Beratungspflicht. Eine pauschale Aussonderung der Beratung aus dem Informationsbegriff überzeugt nicht, wie insbesondere die später noch aufzuzeigende Frage des Bestehens der Beratungspflicht bei der Vermögensverwaltung404 belegt. (2) Art der Informationsleistung Die dem Kunden übermittelten Informationen müssen wahr, vollständig und klar verständlich sein. Eine Information ist wahr, wenn sie dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Erteilung entspricht, wobei aus der komplementären Sorgfaltspflicht folgt, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen alles ihm Zumutbare getan haben muss, um die Information zu verifizieren. Ist sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dagegen nicht sicher, ob die Information wahr oder vollständig ist, muss der Kunde darauf hingewiesen werden. Die Informationsübermittlung muss verständlich sein, d. h. der informierende Mitarbeiter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens muss die Informationen ordnen und in geeigneter Form präsentieren. Dabei muss er sich auf das Niveau des Kunden einstellen und berücksichtigen, ob dieser Vorkenntnisse hat oder nicht. Denn ein Laie würde durch einen mit Fachbegriffen überfrachteten Vortrag nicht informiert, sondern abgeschreckt. Eine solche Informationsleistung widerspräche der aufsichtsrechtlichen Informationspflicht. ___________ 402 Dies wird umso leichter fallen, wenn man anerkennt, dass die Informationsleistung des Discount Brokers reduziert sein kann. 403 Im Ergebnis auch Balzer, Vermögensverwaltung, S. 90, der aber meint, die Beratungspflicht ergebe sich nur aus dem Vertragsrecht. 404 S.u. S. 877 ff.

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Die kundenbezogenen Verhaltenspflichten

(3) Zeitpunkt der Informationsleistung Das Gesetz will eine eigenverantwortliche Entscheidung der Kunden sicherstellen. Die Informationen müssen deshalb zu dem Zeitpunkt vorliegen, in dem der Anleger seine Entscheidung über die Wertpapierdienstleistung trifft. Die aufsichtsrechtliche und die zivilrechtliche Pflicht entsprechen sich in diesem Punkt405. Auf die Vermögensverwaltung bezogen bedeutet dies eine Information vor der Festlegung der Anlagerichtlinien. Handelt es sich um eine Weisung des Kunden, muss der Vermögensverwalter Bedenken, die er gegen die Weisung des Kunden hat, vor deren Umsetzung äußern, um dem Kunden Gelegenheit zur Rücknahme der Weisung zu geben406. Da – wie festgestellt – die Informationspflicht bei der Vermögensverwaltung auch eine Beratung umfassen kann, ist der Vermögensverwalter nicht nur zur Warnung407, sondern ggf. auch zur Beratung unerfahrener Kunden verpflichtet, denn sie können oftmals nicht selbst einschätzen, ob eine Anlage für sie passend ist und in die derzeitige Depotzusammensetzung passt. (4) Inhalt der Informationspflicht Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist zu zweckdienlichen Informationen entsprechend der Art und dem Umfang der beabsichtigten Geschäfte verpflichtet, wobei der Kenntnisstand, die finanziellen Verhältnisse und die Anlageziele des Kunden für die Zweckdienlichkeit und den Umfang der geschuldeten Informationen ausschlaggebend sind. Streitig ist, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden warnen muss, dass die beabsichtigten Geschäfte für ihn ungeeignet sind. Ein Teil des Schrifttums sieht eine solche Warnung als Beratung an, da das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die beabsichtigten Geschäfte anhand der persönlichen Verhältnisse des Kunden bewerten müsse. Da § 31 Abs. 2 WpHG jedoch keine Pflicht zur Beratung enthalte, sei diese Warnung nur geschuldet, wenn der Kunde auch eine Anlageberatung in Auftrag gegeben habe408. Diese Ansicht zeigt, zu welch ungereimten Konsequenzen die künstliche Trennung des Informationsbegriffs in geschuldete Aufklärung und nicht geschuldete Beratung führen kann. Bezieht man die Interessenwahrungspflicht ein, ist die Warnung des Kunden vor einer erkennbaren Ungeeignetheit der geplanten ___________ 405 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 63 m. w. N. 406 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 110. 407 Eine Warnpflicht bejaht Roth, FS Kleiner, 1993, S. 1, 29. Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 110 f., der zwar eine Beratung ablehnt, aber eine sehr weitgehende Warnpflicht statuiert, die im Ergebnis der hier vertretenen Beratungspflicht gleichkommt. 408 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 65.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Anlage absolut unverzichtbar (wenn man einmal vom Fall des Discount Brokings absieht). Denn der Verkauf einer ungeeigneten Anlage widerspricht der Interessenwahrung. Die Gegenansicht kommt mit der Ausklammerung der Beratung aus dem Informationsbegriff zu dem kuriosen Ergebnis, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden völlig ungeeignete Anlagen verkaufen darf, solange der Kunde nicht zusätzlich zum Kommissionsgeschäft auch eine Anlageberatung in Anspruch nimmt. Wann eine solche zusätzliche Inanspruchnahme der Anlageberatung vorliegen soll, wird nicht erörtert409. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine anlage- und anlegergerechte Aufklärung schuldet410, muss die Bewertung der Geeignetheit der Wertpapierdienstleistung für den Kunden zu den Pflichten des Instituts gehören. Da die Informationspflicht gegenüber der Interessenwahrungspflicht eine dienende Funktion hat, sprechen damit nicht nur die bereits oben genannten Argumente, sondern auch die untragbaren Ergebnisse der Gegenansicht für eine weite Auslegung des Informationsbegriffs in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. (5) Form und Dokumentation der Aufklärung Die Aufklärung als solche bedarf weder aus zivilrechtlichen noch aus aufsichtsrechtlichen Gründen einer besonderen Form411. Bisweilen wird als Argument für die Notwendigkeit einer schriftlichen Aufklärung angeführt, nur so könne sich der Anleger in Ruhe mit den zur Verfügung gestellten Informationen vertraut machen412. Da das Gesetz vom Grundsatz der Formfreiheit ausgeht, lassen sich weitere, gesetzlich nicht geregelte Formerfordernisse nicht im Wege bloßer Zweckmäßigkeitserwägungen aufstellen. Sicherlich ist es aus Beweisgründen empfehlenswert, die Durchführung und den Umfang der Aufklärung zu dokumentieren. Dies bedeutet aber nicht, dass die Aufklärung selbst auch schriftlich zu erfolgen hat413. Oftmals kann eine mündliche Erläuterung für den Kunden wesentlich verständlicher und auf die Vorerfahrungen des Kunden abgestimmter ausfallen als eine schematisierte schriftliche Erklärung. Ein Formzwang ist daher abzulehnen. Um sicherzustellen, dass der Kunde die notwendigen Informationen in verständlicher Form nachlesen kann, behilft sich die Praxis mit der Broschüre ___________ 409 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 65. Anders aber Balzer, Vermögensverwaltung, S. 110 f., der den Umfang der Warnpflicht stark ausweitet, vgl. soeben Fn. 407. 410 So ausdrücklich Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 30, 66. 411 Vgl. aber § 37d Abs. 1 WpHG. 412 Esters, Haftung, S. 48. 413 So aber offenbar Esters, Haftung, S. 48. Allerdings wird ausnahmsweise bei besonders komplexen Geschäften eine Pflicht zur schriftlichen Aufklärung angenommen, vgl. Schäfer, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 43 ff. m. w. N.

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Unternehmensbezogene Pflichten

„Basisinformationen über die Vermögensanlagen in Wertpapieren“. Diese Broschüre umfasst sämtliche derzeit verwendeten Formen der Anlage von Vermögen in Finanzinstrumenten, so dass sie eine umfassende Aufklärung über die Finanzinstrumente bietet. Sie entbindet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen allerdings nicht von der Beantwortung von Rückfragen. Auch wenn ein Formzwang für die Aufklärung des Kunden nicht anzuerkennen ist, verlangt die BaFin gleichwohl eine Dokumentation der Aufklärung durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Teil D WohlVerh-RL), um nachträglich kontrollieren zu können, ob die aufsichtsrechtlichen Pflichten eingehalten wurden414. (6) Verweigerung der Entgegennahme von Informationen In Bezug auf die Verweigerung der Annahme von Informationen gilt das oben im Zusammenhang mit der Erkundigungspflicht Ausgeführte. Der Kunde muss nicht vor sich selbst geschützt werden. Allerdings gilt auch hier, dass an das Vorliegen einer Weigerung strenge Anforderungen zu stellen sind415.

V. Unternehmensbezogene Pflichten 1. Organisationspflichten a) Vorbemerkung § 33 Abs. 1 WpHG enthält die organisatorischen Pflichten, nämlich die Pflicht, Mittel und Verfahren zur ordnungsgemäßen Erbringung der Wertpapierdienstleistungen vorzuhalten (Nr. 1), die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten (Nr. 2) und die Pflicht zur Errichtung und Durchführung einer angemessenen internen Kontrolle (Nr. 3). b) Mittel und Verfahren zur ordnungsgemäßen Erbringung der Wertpapierdienstleistungen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist verpflichtet, alle für die ordnungsgemäße Erbringung der Wertpapierdienstleistungen notwendigen Mittel und Verfahren vorzuhalten und einzusetzen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG). Diese Organisationspflicht überschneidet sich mit der aus § 25a Abs. 1 ___________ 414 Allerdings wird die Kompetenz der BaFin, außerhalb von § 34 Abs. 2 WpHG Dokumentationen vorzuschreiben, vom Schrifttum bezweifelt, vgl. oben S. 828 f. 415 S. o. S. 832 ff.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Satz 1 Nr. 1 KWG folgenden Pflicht, über geeignete Regelungen zur Steuerung, Überwachung und Kontrolle der Risiken zu verfügen. In Bezug auf diese schon aufgrund des Kreditwesengesetzes bestehenden Anforderungen kann auf die oben gemachten Ausführungen zu § 25a KWG416 und zu den Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften417 verwiesen werden. Ergänzt werden diese Anforderungen durch spezielle Organisationspflichten im Hinblick auf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen. Zur Erläuterung des § 33 WpHG hat die Aufsicht gemäß ihrer Befugnis nach § 35 Abs. 4 WpHG die Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten (Compliance-RL) erlassen418. Die Richtlinie bestimmt in ihrem allgemeinen Teil, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine seiner Struktur und Geschäftstätigkeit entsprechende Aufbau- und Ablauforganisation sowie laufende Überwachung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen (Compliance) zu gewährleisten hat (Ziff. 2.1. Compliance-RL). Zu Recht schreibt die Richtlinie dabei keine zwingende Ausgestaltung der Struktur des Wertpapierdienstleistungsunternehmens vor. Die Beurteilung, ob die Organisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmens sachgerecht ist, macht die BaFin von der Beurteilung im Einzelfall abhängig. Die Frage der Angemessenheit der Umsetzung der Organisationspflichten wird im Wege einer Gesamtbetrachtung der getroffenen Maßnahmen unter Berücksichtigung von Größe, Geschäftstätigkeit und Struktur des Wertpapierdienstleistungsunternehmens festgestellt, also nicht abstrakt-generell beantwortet419. Auch die einzusetzenden Mittel und Verfahren werden nicht abschließend vorgeschrieben. In Ziff. 2.1. Compliance-RL finden nur drei Pflichten besondere Erwähnung. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist verpflichtet, bei Systemausfällen und -störungen Verzögerungen bei der Auftragsausführung oder -weiterleitung möglichst gering zu halten. Es unterliegt der Pflicht, seine Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, die angebotenen Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Kunden zu erbringen. Gemeint ist damit insbesondere die zuverlässige ___________ 416 S. o. S. 626 ff. 417 S. o. S. 623 Fn. 242. 418 Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 WpHG vom 25.10.1999 (BAnz Nr. 210 vom 6.11.1999, S. 18 453). Die Richtlinie ersetzt die vorangegangene Richtlinie vom 12.12.1998, deren Anwendungsbereich enger war. Bereits vor Erlass der Richtlinie hatten einige Banken eine Compliance-Organisation, vgl. zur Deutschen Bank Grimberg, in: Hahn, Das Währungswesen in der Europäischen Integration, S. 33 ff. 419 S. o. S. 763 Text bei Fn. 154.

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Unternehmensbezogene Pflichten

und regelmäßige Versorgung der Mitarbeiter mit Marktdaten durch Zugang zu entsprechenden elektronischen Informationsdiensten und Printmedien sowie eine Schulung der Mitarbeiter in den von ihnen betreuten Geschäftsfeldern420. Schließlich ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gehalten, ein Beschwerdewesen einzurichten421. c) Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) (1) Ziel der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten Der Vermögensverwalter ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verpflichtet, sein Unternehmen so zu organisieren, dass Interessenkonflikte zwischen ihm und dem Kunden bzw. Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden minimiert werden. Mit der Schaffung dieser Verpflichtung hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass sich Interessenkonflikte nie ganz ausschließen lassen. Die Verpflichtung, organisatorische Maßnahmen gegen Interessenkonflikte einzuführen, betrifft sowohl die Ablauf- wie die Aufbauorganisation422, also die Betriebsabläufe und die Struktur des Unternehmens423. Der Organisationspflicht aus § 33 Abs. 1 WpHG entspricht inhaltlich eine Verhaltenspflicht zur Vermeidung oder zumindest Minimierung von Interessenkollisionen (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Diese in der WDRL angelegte Verdoppelung der Pflichtenstellung beruht darauf, dass in die Richtlinie die Vorstellungen des englischen Rechts eingeflossen sind. Dieses unterscheidet zwischen „strukturellen“ und „geschäftsbedingten Interessenkonflikten“424. Eine Beibehaltung dieser doppelten Verpflichtung auch außerhalb von Staaten mit Trennbankensystem macht dabei durchaus Sinn. Aufgrund der vermehrten Gründung von Finanzdienstleistungsunternehmen, die nur eine bestimmte Finanzdienstleistung erbringen (z. B. die Finanzportfolioverwaltung), besitzen sie unter Umständen einen Aufbau, der strukturelle Interessenkonflikte von vornherein ausschließt. Gleichwohl kann es bei der Geschäftsabwicklung zu geschäftsbedingten Interessenkonflikten kommen (z. B. durch eine unangemessene Verfolgung von Provisionsinteressen), zu ___________ 420 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 33 Rdn. 4 ff. 421 Diese Vorgabe wurde bereits bei § 25a KWG erörtert, s. o. S. 631 f. 422 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 105. 423 Zur Ablauf- und Aufbauorganisation Büschgen, Bankbetriebslehre5, S. 498 f. 424 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 44; ders., AG 1993, 389, 393 m. w. N.

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deren Vermeidung der Vermögensverwalter dann aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verpflichtet ist. § 33 WpHG ergänzt also die in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG angeordnete Verhaltenspflicht durch präventive Organisationspflichten, mit denen Interessenkonflikte vermieden werden sollen. Hierzu zählt die BaFin zwei Regelungsbereiche, nämlich die organisatorischen Maßnahmen im Hinblick auf Mitarbeitergeschäfte und im Hinblick auf die Regelung von Informationsflüssen im Wertpapierdienstleistungsunternehmen. (2) Die Mitarbeitergeschäfte Vorgaben über die organisatorischen Mittel und Verfahren zur Verhinderung von Interessenkonflikten finden sich in den Mitarbeiterleitsätzen425. Die Leitsätze wiederholen in weiten Bereichen schon gesetzlich niedergelegte Verhaltenspflichten und erstrecken sie auf Mitarbeiter. Notwendigerweise muss die Einhaltung dieser Verhaltenspflichten durch organisatorische Mittel und Verfahren gewährleistet werden. Die BaFin verpflichtet daher die Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu einer internen Kontrolle der Einhaltung dieser Verhaltenspflichten bei Mitarbeitergeschäften und macht die Institute damit zu einem Teil des aufsichtsrechtlichen Kontrollsystems. Die von den Instituten geforderten organisatorischen Mittel und Verfahren lassen sich aber nur dann verstehen, wenn auch die zu kontrollierenden Pflichten, also die jeweilige Verhaltenspflicht, mit dargestellt werden. Deshalb müssen in der nachfolgenden Darstellung der Mitarbeiterleitsätze die Verhaltenspflichten bei Mitarbeitergeschäften zusammen mit den sie flankierenden, von § 33 WpHG geforderten organisatorischen Pflichten erörtert werden. Als Mitarbeitergeschäfte gelten alle Geschäfte, die der Mitarbeiter außerhalb seiner dienstlichen Aufgabenstellung für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, insbesondere seines Ehegatten, seiner Eltern oder seiner volloder minderjährigen Kinder in Wertpapieren oder Derivaten tätigt. Mitarbeitergeschäfte sind auch solche Geschäfte, die von Dritten für Rechnung oder im Interesse eines Mitarbeiters vorgenommen werden, wenn das Geschäft nicht ausschließlich im Rahmen des eingeräumten Entscheidungsspielraums bei einer Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG oder § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG getätigt wird (A II. der Mitarbeiterleitsätze). Bei der Durchführung von Mitarbeitergeschäften darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Mitarbeiter nicht besser stellen als seine Kunden. Die Mitarbeitergeschäfte dürfen nicht gegen Kundeninte___________ 425 Zur Fundstelle s. o. S. 628 Fn. 251.

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Unternehmensbezogene Pflichten

ressen oder gegen eigene Interessen des Instituts gerichtet sein. Bei Interessenkollisionen haben die Kundeninteressen und die Eigeninteressen des Instituts Vorrang (B I. 1. der Mitarbeiterleitsätze). Geschäfte, die den Anschein der Unlauterkeit erwecken oder geeignet sind, die Glaubwürdigkeit des Instituts oder seiner Mitarbeiter in Frage zu stellen, sind zu unterlassen. Insbesondere dürfen Mitarbeiter im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit Zuwendungen oder sonstige Vorteile weder für sich noch für Dritte fordern oder annehmen, soweit dadurch Interessen des Instituts oder der Kunden beeinträchtigt werden können. Die Mitarbeiterleitsätze knüpfen damit zugleich an § 299 StGB an. Da die Korruption auch im Bankwesen anzutreffen ist426, erscheint eine Wiederholung des gesetzlichen Verbots in den Mitarbeiterleitsätzen sinnvoll. Das Verbot dient der Verhinderung einer unlauteren Beeinflussung der Mitarbeiter, die etwa aus Sonderkonditionen für Privatgeschäfte bei Drittinstituten oder Provisionen von Fondsgesellschaften resultieren kann. Ebenfalls der Neutralität der Mitarbeiter dient der Grundsatz, dass Mitarbeitergeschäfte grundsätzlich der Vermögensanlage dienen und nur im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Mitarbeiters erfolgen sollen. Dabei dürfen Mitarbeitergeschäfte nur auf Guthabenbasis oder im Rahmen vorher eingeräumter Kreditlinien getätigt werden (B I. 2. der Mitarbeiterleitsätze). Mitarbeitergeschäfte gegen den von dem Mitarbeiter selbst disponierbaren Bestand des Instituts oder gegen von ihm auszuführende Kundenaufträge sind nicht zulässig427. Den Mitarbeitern ist es verboten, eigene Geschäfte aufgrund der Kenntnis oder Erwartung einer Kunden- oder Eigengeschäftsorder abzuschließen, die Nachteile für den Kunden oder das Institut zur Folge haben können (Verbot des Vor-, Mit- oder Gegenlaufens). Die BaFin wiederholt damit die in § 32 Abs. 2 WpHG niedergelegten verbotenen Verhaltensweisen. Um die Einhaltung dieser Verhaltenspflichten sicherzustellen, sind aufgrund von § 33 Abs. 1 WpHG bestimmte organisatorische Maßnahmen gefordert. Aufträge zu Mitarbeitergeschäften, inklusive Zeichnungen von Neuemissionen, sind uhrzeitgerecht zu erfassen und vor der Ausführung über die zuständige konto-/depotführende Stelle zu leiten oder auf einem vergleichbaren, neutralen Wege zu erteilen. Ein vergleichbarer, neutraler Weg ist dann gegeben, wenn der Mitarbeiter keinen Einfluss auf die Disposition und Preisgestaltung nehmen kann (wie z. B. in der Regel bei einer Ordererteilung über das Internet). Insbesondere sind direkte Ordererteilungen, etwa unmittelbar beim Händler, nicht zulässig. Soweit die Auftragserfassung elektro___________ 426 Dazu ausführlich Sethe, WM 1998, 2309 ff. 427 Dies gilt nicht beim Kauf aus dem Bestand des Instituts zu den von dem Institut festgelegten Konditionen.

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nisch erfolgen kann, sind Mitarbeitergeschäfte vor Ausführung sofort mit allen relevanten Daten in das für die Auftragserfassung bestimmte EDVSystem einzugeben (B I. 2. der Mitarbeiterleitsätze). Bei Repartierungen von Wertpapieremissionen entscheidet die Geschäftsleitung oder die von ihr benannte Stelle über die Art und Weise der Zuteilung an Mitarbeiter oder Dritte, für deren Rechnung der Mitarbeiter handelt. Das Institut hat Vorkehrungen zu treffen, dass seine Mitarbeiter nicht günstiger gestellt werden als die Kunden des Instituts. Nach Teil B I. 6 der Leitsätze dürfen Mitarbeiter unter keinen Umständen Geschäfte abschließen, deren Bedingungen sich nicht am Marktpreis orientieren. Kurs- und Preisabsprachen zwischen dem Mitarbeiter und anderen Mitarbeitern des eigenen Instituts oder anderer Institute sind verboten. Gleiches gilt hinsichtlich von Absprachen mit Angestellten anderer Institute über Geschäfte, die nicht zu am Marktpreis orientierten Bedingungen erfolgen. Zudem dürfen sie nicht an Geschäften mitwirken, bei denen das Abwicklungssystem des Instituts dazu benutzt wird, einem anderen Marktteilnehmer einen für den Mitarbeiter erkennbaren rechtswidrigen Vermögensnachteil zuzufügen. Mitarbeiter dürfen sich auch nicht an Geschäften Dritter, vor allem von Kunden des Instituts, beteiligen. Geschäfte für Rechnung Dritter dürfen nicht in eigenem Namen oder über eigene Konten oder Depots von Mitarbeitern, deren Ehegatten, Eltern oder Kindern abgewickelt werden (Teil B I. 7 der Mitarbeiterleitsätze). Um zu verhindern, dass die Mitarbeiterleitsätze durch Einrichtung von Konten bei Drittinstituten unterlaufen werden, müssen Mitarbeiter, soweit möglich, eigene Konten und Depots bei dem Institut oder dessen Konzerngesellschaften unterhalten und ihre Mitarbeitergeschäfte hierüber abwickeln (Teil B I. 8 der Mitarbeiterleitsätze). Zusätzlich sind sie verpflichtet, auf Verlangen des Instituts vollständige Auskunft über Konto- und Depotverbindungen bei dem arbeitgebenden Institut sowie Drittinstituten zu geben. Auch übernommene Vollmachten sind anzugeben. Da dieses Auskunftsrecht einen starken Eingriff in die Rechte der Mitarbeiter bedeutet, darf das Institut hiervon nur bei berechtigtem Interesse Gebrauch machen. Ein solches liegt insbesondere dann vor, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass der Mitarbeiter gegen gesetzliche oder sonstige aufsichtsrechtliche Regelungen verstoßen haben könnte. Während die soeben geschilderten Vorgaben für alle Mitarbeiter eines Instituts gelten, enthält Teil B II. der Mitarbeiterleitsätze eine Reihe verschärfter Vorgaben für „Mitarbeiter mit besonderen Funktionen“, die der besonderen beruflichen Stellung dieser Mitarbeiter Rechnung tragen. Als 854

Unternehmensbezogene Pflichten

Mitarbeiter mit besonderen Funktionen gelten nach A IV. der Mitarbeiterleitsätze alle Personen, die im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben regelmäßig Informationen erhalten, die geeignet sind, die Marktverhältnisse im Wertpapierhandel sowie im Handel in Derivaten erheblich zu beeinflussen. Dazu zählen die Leitsätze insbesondere die Mitarbeiter folgender Geschäftsund Funktionsbereiche: Compliance, Wertpapierkonsortialgeschäft, Wertpapierhandel, Abwicklungsabteilung, Firmenkundenabteilung, Mandatsbetreuungen, Anlageabteilung für Privatkunden, M & A-Abteilung, Research sowie im Einzelfall solche Mitarbeiter, die diesen Bereichen zuarbeiten. Die Vermögensverwaltung unterfällt der Kategorie „Mandatsbetreuungen“. Die Einbeziehung der Mitarbeiter der Abteilung für Vermögensverwaltung in den Kreis der „Mitarbeiter mit besonderen Funktionen“ ist konsequent, da sie mit ihren Anlageentscheidungen für Kundendepots erheblichen Einfluss auf die Marktlage ausüben können. Die Geschäftsleitung oder eine von ihr betraute Stelle hat die Mitarbeiter mit besonderen Funktionen aufzulisten und diese Liste stets zu aktualisieren. Mitarbeiter mit besonderen Funktionen haben die vorherige Zustimmung einzuholen, wenn sie ein Konto, über das Geschäfte in Derivaten abgewickelt werden, oder ein Depot bei einem Drittinstitut oder einer Konzerngesellschaft eröffnen wollen. Vollmachten für Konten oder Depots Dritter, die bei dem Institut, bei Konzerngesellschaften oder Drittinstituten geführt werden, dürfen nur mit vorheriger Zustimmung der Geschäftsleitung oder der von ihr benannten Stelle übernommen werden. Sofern Mitarbeiter bereits ein Konto oder Depot bei einem Drittinstitut unterhalten, haben sie dies der Geschäftsleitung oder der von ihr benannten Stelle anzuzeigen. Weiterhin hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Vorkehrungen zu treffen, um sich einen Überblick über die von Mitarbeitern mit besonderen Funktionen getätigten Geschäfte verschaffen zu können. Als Weg hierzu schreiben die Leitsätze vor, dass der Mitarbeiter sein depotführendes Institut anweist, Zweitschriften der Aufträge an das arbeitgebende Institut zu senden. Unterbleibt in begründeten Ausnahmefällen eine solche Regelung, muss der Mitarbeiter alle getätigten Mitarbeitergeschäfte unaufgefordert anzeigen und eine Vollständigkeitserklärung übersenden. Nach Teil B II. 2. der Leitsätze bedarf auch die Beteiligung an Investmentclubs oder vergleichbaren Vereinigungen sowie der Erwerb von Ertragsrechten aus Stiftungen, Treuhandvermögen und ähnlichen Instituten der vorherigen Zustimmung der Geschäftsleitung oder der von ihr benannten Stelle. Schließlich sehen die Leitsätze verschärfte Eingriffsbefugnisse vor, um Interessenkonflikte bzw. Insiderverstöße zu vermeiden. Das Institut darf den Mitarbeitern mit besonderen Funktionen je nach Erforderlichkeit Handels855

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verbote bzw. Haltefristen oder Zustimmungserfordernisse für Mitarbeitergeschäfte auferlegen, z. B. wenn die Mitarbeiter bei Emissionen von Wertpapieren Informationen zu compliance-relevanten Tatsachen erhalten können. Die Mitarbeiter mit besonderen Funktionen werden im Einzelfall daher in ihrer Teilnahme am Wertpapierhandel schlechter gestellt als andere Kunden, die etwa den Intraday-Handel für sich nutzen können, während das dem Mitarbeiter gerade untersagt sein kann. Diese Einschränkung muss der Mitarbeiter aufgrund seiner besonderen beruflichen Verantwortung hinnehmen428. Als organisatorische Vorgabe enthalten die Mitarbeiterleitsätze die Pflicht, im Unternehmen eine von den Geschäfts-, Handels- und Abwicklungsabteilungen unabhängige Stelle einzurichten, welche die Einhaltung der Verhaltenspflichten durch die Mitarbeiter laufend kontrolliert. Die Kontrolle der Einhaltung der Leitsätze ist in die interne Revision einzubeziehen. Die Institute haben die Mitarbeiterleitsätze so zu erfüllen, dass die Aufsicht die Einhaltung im Rahmen einer Prüfung nach § 36 WpHG oder in der Prüfung des Jahresabschlusses nachvollziehen kann. Als geeignetes Kontrollmittel der unabhängigen Stelle werden Stichproben vorgeben. Wie bereits erwähnt, dürfen dabei allerdings Geschäfte der Mitarbeiter ohne besondere Funktionen nur bei berechtigtem Interesse kontrolliert werden, diejenigen der Mitarbeiter mit besonderen Funktionen dagegen stets. Die Mitarbeiterleitsätze stellen ein bewährtes Mittel dar, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Sehr zu begrüßen ist es, dass die Neufassung der Leitsätze aus dem Jahr 2000 nun auch zu der Frage der Einhaltung der Leitsätze durch Geschäftsleiter Stellung nimmt, da insbesondere kleinere Institute keine Compliance-Organisation aufbauen können, um die Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen. Ganz ausgeschlossen ist dies gar bei Einpersonenunternehmen. Teil A VI. bestimmt deshalb, dass auch Institute, die aufgrund ihrer Größe die Leitsätze nicht in vollem Umfang organisatorisch umsetzen können, geeignete Vorkehrungen für die Kontrolle der Geschäfte der Mitarbeiter zu treffen haben. Dies betrifft insbesondere Institute, die neben dem Geschäftsinhaber/Geschäftsleiter nur Mitarbeiter haben, die (abgesehen von administrativen Tätigkeiten nach dem Abschluss von Geschäften in Wertpapieren und Derivaten) nicht in die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen oder Finanzdienstleistungen eingebunden sind. Auch bei diesen Unternehmen ist eine laufende Kontrolle der Mitarbeitergeschäfte (z. B. im Wege der Auslagerung) erforderlich, soweit Interessenkonflikte nicht durch geeignete Vorkehrungen ausgeschlossen werden (z. B. durch Handelsver___________ 428 Ebenso Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 77.

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bote oder Handelsbeschränkungen). Ausnahmsweise kann eine Kontrolle der Mitarbeitergeschäfte im Rahmen der Prüfung nach § 36 WpHG oder der Jahresabschlussprüfung erfolgen, wenn das Institut darlegen kann, dass aufgrund der getroffenen Vorkehrungen ein Interessenkonflikt nicht vorliegen konnte. Dem Prüfer sind die getätigten Mitarbeitergeschäfte offen zu legen. Die Mitarbeiterleitsätze stellen damit geeignete organisatorische Vorkehrungen auf, um Interessenkonflikte zwischen Mitarbeitergeschäften und Kundengeschäften angemessen zu verhindern. (3) Regelung der Informationsflüsse Zahlreiche Interessenkonflikte entstehen dadurch, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen über Kenntnisse verfügt, die es sowohl für Kunden als auch für sich nutzen könnte. Diese Kenntnisse können nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch seine Mitarbeiter in Konfliktlagen bringen, wenn die Kenntnisse von sensiblen Informationen für Privatgeschäfte des Mitarbeiters wertvoll sind oder wenn der Mitarbeiter aufgrund dieser Kenntnisse gezielt bestimmte Kunden bevorzugen kann und auf diese Weise sein berufliches Fortkommen fördert. Die Compliance-RL, deren Schwerpunkt gerade die Regelung der Informationsflüsse ist, unterscheidet zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügen, und solchen, bei denen dies nur in Einzelfällen vorkommt. Diese Unterscheidung erfordert zum einen eine Definition der compliance-relevanten Tatsachen und zum anderen eine Definition des Merkmals, wann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügt. aa) Als compliance-relevante Tatsachen nennt Ziff. 3.2.1 Compliance-RL insbesondere Insiderinformationen429 gemäß §§ 13, 15 WpHG. Auch hier verbietet sich aufgrund der Unbestimmtheit dieser Rechtsbegriffe eine abschließende Aufzählung. Die Compliance-RL enthält in Ziff. 3.2.1.3 aber einen umfangreichen Katalog von Beispielen. ___________ 429 Mit der Neufassung des § 13 WpHG durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) vom 28.10.2004, BGBl. I 2630, wurde der Begriff der „Insidertatsache“ durch den der „Insiderinformation“ ersetzt, so dass die Compliance-RL insoweit überholt ist. Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz diente u. a. der Umsetzung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. EG Nr. L 96 vom 12.4.2003, S. 16.

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bb) Die Richtlinie enthält keine abschließende Aufzählung, welche Unternehmen regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügen, sondern beschreibt typisierend die Wertpapierdienstleistungsunternehmen, bei denen solche Informationen regelmäßig anfallen: – Als ein solches gilt ein Institut, dessen Organmitglieder und/oder Mitarbeiter Mandatsträger in einem anderen Unternehmen sind und dort Informationen im Zusammenhang mit einer Emission von Wertpapieren dieses Unternehmens erlangen. – Erfasst sind weiterhin Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die selbst an der Börse handeln. – Gleiches gilt für Institute, die wiederkehrend selbst oder als Mitglied eines Emissionskonsortiums Insiderpapiere am Kapitalmarkt platzieren. – Weiterhin sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen erfasst, die ihre Geschäftstätigkeit in den Bereichen Kommissionsgeschäfte, Eigenhandelsgeschäfte, Vermögensverwaltungsgeschäfte oder in sonstigen Geschäftsfeldern (z. B. Kreditgeschäfte, Investmentbanking, M & A-Geschäfte) so ausgestaltet haben, dass hieraus wiederkehrend compliancerelevante Tatsachen resultieren können. – Compliance-relevante Tatsachen fallen regelmäßig auch dann an, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen eigenen oder von ihm ausgelagerten Analyse- oder Researchbereich unterhält. – Gleiches gilt für den Fall, dass das Institut eine eigene Produktentwicklung von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder Derivaten im Sinne des § 2 WpHG nebst den dazugehörigen Vertriebsaktivitäten betreibt. – Schließlich kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen stehen, die Wertpapiere im Sinne des WpHG emittieren, und deshalb nicht nur im Einzelfall über Informationen verfügen, die sich auf compliance-relevante Tatsachen i. S. d. Nr. 3.2 beziehen. Vermögensverwalter sind in jedem Fall dann als Unternehmen einzuordnen, die regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügen, wenn sie Vermögen in einer Größenordnung verwalten, dass Anlageentscheidungen erhebliche Kursveränderungen auslösen können. Handelt es sich um ein kleineres Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dürfte dies kaum der Fall sein. Investiert ein Vermögensverwalter dagegen nicht nur gelegentlich in marktenge Papiere, ist er in jedem Fall als Unternehmen einzuordnen, das regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügt.

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Unternehmensbezogene Pflichten

Nicht nur der Umfang und die Art des verwalteten Vermögens können einen Vermögensverwalter zu einem Unternehmen machen, das regelmäßig über compliance-relevante Tatsachen verfügt. Eine solche Einordnung kann sich auch daraus ergeben, dass das Institut weitere der genannten Geschäftsfelder betreibt. cc) Wie bereits erwähnt, enthält die Compliance-RL für die beiden Institutstypen unterschiedlich strenge Anforderungen hinsichtlich der Steuerung des Informationsflusses. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die nur im Einzelfall über compliance-relevante Informationen verfügen, müssen für diesen Einzelfall im Rahmen ihrer allgemeinen Organisationspflichten geeignete Maßnahmen treffen, so dass der Informationsfluss den gesetzlichen Vorgaben (insbesondere dem Insiderhandelsverbot) genügt. Beispielsweise sieht die Richtlinie als eine geeignete Maßnahme eine zeitnahe ex-post-Kontrolle an. Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die regelmäßig über compliance-relevante Informationen verfügen, müssen den Informationsfluss in ihrem Unternehmen aktiv steuern. Als ein geeignetes Mittel430 zur Steuerung des Informationsflusses sieht die Compliance-RL die Errichtung so genannter Chinese Walls an, die Informationsflüsse von vornherein auf bestimmte Bereiche begrenzen und vorsehen, dass Informationen diese nur unter eng umgrenzten Bedingungen verlassen dürfen. Solche voneinander getrennte Bereiche können über eine funktionale oder räumliche Trennung (z. B. zwischen Kundenhandel und Eigenhandel), über Zutrittsbeschränkungen und über die Regelung von Zugriffsberechtigungen auf Daten geschaffen werden. Zumeist bietet sich eine Kombination all dieser Verfahrensweisen an. Mitarbeiter einer Abteilung verfügen dann nur über das in dieser Abteilung vorhandene oder gerade entstandene Wissen und können dies uneingeschränkt für die Zwecke dieser Abteilung nutzen, ohne Interessenkonflikte mit den aus anderen Abteilungen einfließenden Interessen (insbesondere Kundeninteressen) befürchten zu müssen431. Jede Abteilung genießt daher eine geschäftspolitische Unabhängigkeit („independence principle“)432. Die Einführung von Chinese Walls darf jedoch nur dann erfolgen, wenn die ein___________ 430 Ziff. 3.3 Compliance-RL zählt die Maßnahmen und Instrumente beispielhaft auf. 431 Noch weitgehend ungeklärt ist, welche Folgen die Errichtung von Chinese Walls auf andere Bereiche des Rechts hat, z. B. auf die Frage der Beweislast im Zivilprozess. Angesichts der Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit kann hierauf nicht eingegangen werden. 432 Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 80.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

zelnen Abteilungen handlungsfähig bleiben, da das Institut andernfalls seine Organisationspflicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verletzen würde433. Ein bereichsüberschreitender Informationsfluss ist nach der Compliance-RL zulässig, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben des Wertpapierdienstleistungsunternehmens erforderlich ist und die Compliance-Stelle dem zustimmt434. Denn in einem auf vielen Geschäftsfeldern tätigen, aber arbeitsteilig organisierten Wertpapierdienstleistungsunternehmen fallen mitunter Geschäfte an, die das Zusammenwirken mehrerer Abteilungen erfordern. Die Errichtung von Chinese Walls darf jedoch nicht dazu führen, dass das Institut solche Transaktionen nicht mehr vornehmen kann. Dies würde eine Einführung des Trennbankensystems durch die Hintertür bedeuten. Ziff. 3.3.2 der Compliance-RL gestattet daher die bereichsüberschreitende Weitergabe von Informationen und die Einschaltung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen, wenn sich die Informationsweitergabe auf das erforderliche Maß beschränkt (Need-to-know-Prinzip)435. Die Erlaubnis zum Wall Crossing bedeutet allerdings nicht, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nun die Kundeninteressen benachteiligen dürfte. Vielmehr gilt auch in diesem Ausnahmefall der grundsätzliche Vorrang des Kundeninteresses436. Um dies kontrollieren zu können und um der BaFin die Kontrolle der Erfüllung der in der Compliance-RL festgelegten Pflichten zu ermöglichen, muss jedes Wall Crossing dokumentiert werden437. Ist das Institut aufgrund seiner Größe oder seiner Struktur nicht in der Lage, Chinese Walls zu errichten, muss es andere vergleichbare organisatorische Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte möglichst gering zu halten (Ziff. 3.3.1 a. E. Compliance-RL). dd) Als weiteres geeignetes Mittel zur Gewährleistung einer gesetzeskonformen Nutzung von Informationen sieht die Richtlinie die laufende Überwachung von Geschäften in Wertpapieren und Derivaten durch Einführung einer Beobachtungsliste (watch-list) und einer Stoppliste (restricted-list) vor. Diese Maßnahmen ergänzen die Errichtung von Chinese Walls, da sie die Kontrolle von Informationsflüssen erlauben. Bei der Beobachtungsliste handelt es sich um eine nicht öffentliche, laufend aktualisierte Liste von Wertpapieren oder Derivaten, zu denen im Wert___________ 433 434 435 436 437

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Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 81. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 26. Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 80. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 26. Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 85 a. E.

Unternehmensbezogene Pflichten

papierdienstleistungsunternehmen Informationen über compliance-relevante Tatsachen vorliegen. Mitarbeiter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, bei denen in Ausübung ihrer Tätigkeit compliance-relevante Informationen anfallen, müssen unverzüglich eine entsprechende Meldung an die Compliance-Stelle vornehmen, damit die watch-list ergänzt werden kann. Die watch-list wird von der Compliance-Stelle streng vertraulich geführt. Die auf der Liste vermerkten Werte unterliegen grundsätzlich keinen Handelsund/oder Beratungsbeschränkungen. Die Liste dient vielmehr dazu, der Compliance-Stelle die Überwachung der Eigenhandels- bzw. Mitarbeitergeschäfte in den betreffenden Werten zu ermöglichen, um Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot oder gegen die Interessenwahrungspflicht aufdecken zu können438. Ferner dient die watch-list zur Beobachtung, ob Chinese Walls zwischen den verschiedenen compliance-relevanten Bereichen des Unternehmens eingehalten werden. Die Wirksamkeit der watch-list basiert damit auf generalpräventiven Überlegungen. Die Compliance-Stelle erfährt von bereichsübergreifenden Informationsflüssen und kann kontrollieren, ob die Bereichsüberschreitung zulässig war. Außerdem kann sie den von Mitarbeitern veranlassten Handel in solchen Wertpapieren überprüfen. Bei der Stoppliste (restricted-list) handelt es sich ebenfalls um eine stets aktualisierte Liste meldepflichtiger Werte. Im Gegensatz zur watch-list ist die Stoppliste unternehmensintern nicht geheim zu halten. Sie dient dazu, den betroffenen Mitarbeitern und Bereichen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens etwaige Beschränkungen für Mitarbeiter- und Eigenhandelsgeschäfte sowie Kunden- und Beratungsgeschäfte mitzuteilen. Bei der Aufnahme von Werten auf die restricted-list kann die Nennung eines Grundes für die Aufnahme nur insoweit erfolgen, als die entsprechenden Tatsachen bereits öffentlich bekannt sind. Andernfalls würde eine Insiderinformation innerhalb des Wertpapierdienstleistungsunternehmens verbreitet und es bestünde die Gefahr, dass die Mitarbeiter dies ausnutzen. Der Nutzen der Stoppliste würde in sein Gegenteil verkehrt. Mit der restricted-list unterwirft das Unternehmen sich selbst und seine Mitarbeiter einer Selbstbeschränkung, um zu verhindern, dass im Unternehmen vorhandene Insiderinformationen ausgenutzt werden können. Die Mitarbeiter dürfen Kunden daher solche Papiere nicht empfehlen. Kundengeschäfte bleiben aber möglich, wenn sie auf ausdrücklichen Wunsch erfolgen439. Erteilt der Kunde seinem Vermögensverwalter eine Einzelweisung, muss der Vermögensverwalter diese ausführen, auch wenn das entsprechende Wertpapier auf der Stoppliste steht. Geht es dagegen um Anlageentscheidungen, die allein der Vermögensver___________ 438 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 29. 439 Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 87.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

walter trifft, darf er keine Entscheidungen hinsichtlich der auf der Stoppliste aufgeführten Wertpapiere tätigen440. Die Stoppliste ist nicht nur bei Insiderinformationen ein geeignetes Mittel der Steuerung von Informationsflüssen, sondern kann auch in anderen Bereichen eingesetzt werden, in denen eine Informationssteuerung notwendig ist. Sie ist etwa geeignet, um Interessenkonflikte zwischen Kundeninteressen und Eigeninteressen des Instituts zu vermeiden441. Auch kann sie eingesetzt werden, um zu verhindern, dass einem Institut der Vorwurf unredlicher Kursbeeinflussung gemacht wird, wenn es an einem Papier Eigeninteressen hat. Deshalb darf ein Mitarbeiter der Abteilung für Vermögensverwaltung in Bezug auf diese Werte keine Anlageentscheidung treffen, da er nicht weiß, ob er durch eine solche Entscheidung nicht gerade einen Interessenkonflikt auslöst oder gar gegen Kundeninteressen verstößt442. ee) Die Etablierung eines Systems von Chinese Walls, Beobachtungs- und Stoppliste erfordert die Einrichtung einer Compliance-Stelle, die unabhängig von Geschäfts-, Handels- und Abwicklungsabteilungen ihre Aufgaben wahrnimmt. Die Compliance-Stelle ist unmittelbar der Geschäftsleitung verantwortlich und im Übrigen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung weisungsunabhängig. Die Compliance-Stelle muss nach Ziff. 4.2 Compliance-RL der Geschäftsleitung regelmäßig, mindestens aber einmal pro Jahr Bericht erstatten. Um der Compliance-Stelle die Überwachung zu ermöglichen, hat sie ein uneingeschränktes Auskunfts-, Zugangs- und Einsichtsrecht hinsichtlich aller einschlägigen Unterlagen, Bücher und Aufzeichnungen einschließlich etwaiger vorliegender Tonbandaufzeichnungen. Auf Anforderung sind diese der Compliance-Stelle jederzeit zur Verfügung zu stellen. Die Compliance-Stelle kann gemäß Ziff. 4.1 und 4.2 der Compliance-RL auch weitere Aufgaben wahrnehmen, die eine betriebsinterne Unabhängigkeit erfordern (so die Kontrolle der Mitarbeitergeschäfte443).

___________ 440 Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 87; ders., WM 1993, 1021, 1024; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 30. 441 Zur Verpflichtung, Interessenkonflikte zu vermeiden, s. o. S. 797 ff. Beispielsfälle bei Eisele, in: Bankrechts-Handbuch2, § 109 Rdn. 89. 442 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 33 Rdn. 30; a. A. Eisele, in: BankrechtsHandbuch2, § 109 Rdn. 87; ders., WM 1993, 1021, 1024, der ein solches, an den Vermögensverwalter gerichtetes Verbot nur im Falle von Insidergeschäften annehmen will. 443 Dazu oben S. 852 ff.

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Unternehmensbezogene Pflichten

d) Interne Kontrollverfahren (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 WpHG) Interne Kontrollverfahren (Internal Control Systems) werden auch von § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG gefordert. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist danach verpflichtet, organisatorische Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und eine Innenrevision vorzusehen444. § 33 Abs. 1 Nr. 3 WpHG erstreckt diese internen Kontrollverfahren auf die Einhaltung der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss daher regelmäßig kontrollieren, ob im Unternehmen und von den Mitarbeitern die Pflichten des Wertpapierhandelsgesetzes einhalten werden. Zu Recht wird daher beispielsweise im Zusammenhang mit der Verhinderung des Churnings darauf hingewiesen, dass das Institut eine Organisationspflicht zur regelmäßigen Überwachung der Mitarbeiter daraufhin trifft, ob diese Gebührenreiterei betreiben445. Die interne Kontrolle ist bei größeren Instituten mit einer Hierarchie sicherlich ein geeignetes Instrument zur Sicherstellung eines angemessenen Verhaltens. Bei kleineren Instituten, in denen die Geschäftsleiter die Wertpapierdienstleistungen erbringen, ist eine solche interne Kontrolle fast unmöglich. Hier kommt der Kontrolle durch den Prüfer eine besondere Bedeutung zu, der nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nrn. 3, 5, 9 WpDPV prüfen muss, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die §§ 31–34 WpHG eingehalten hat. Festgestellte Mängel sind im Prüfungsbericht im Einzelnen darzustellen. Der Jahresabschlussprüfer ist nach § 6 Abs. 1 Nrn. 4, 5 WpDPV verpflichtet darzulegen, welche Maßnahmen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Mitarbeiterauswahl und Mitarbeiterschulung im Zusammenhang mit der Einhaltung der Meldepflichten und Verhaltensregeln ergriffen und welche Aufbau- und Ablauforganisation das Unternehmen hat. e) Outsourcing § 33 Abs. 2 WpHG enthält eine zu § 25a KWG parallele Vorschrift über die Auslagerung von Bereichen, die für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen wesentlich sind. Über die dazu gemachten Ausführungen446 hinaus ist zu ergänzen, dass der Prüfer die Art und Weise der Auslagerung von Unternehmensbereichen sowie die Art und Weise der Sicherstellung der Anforderungen nach § 33 Abs. 2 WpHG zu kontrollieren hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 8 WpDPV). ___________ 444 S. o. S. 628 ff. 445 Rössner/Arendts, WM 1996, 1517, 1524. 446 S. o. S. 633 ff.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

f) Zwischenfazit Das Wertpapierhandelsgesetz unterwirft die Vermögensverwalter der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zwar sowohl in § 31 Abs. 1 Nr. 2 als auch in § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Diese Verdoppelung erweist sich deshalb als sinnvoll, weil es strukturelle und geschäftsbedingte Interessenkonflikte gibt. Damit ein Vermögensverwalter im Falle von geschäftsbedingten Interessenkonflikten einer Interessenwahrungspflicht unterliegt, bedurfte es deren Niederlegung bei den Verhaltenspflichten. Bei strukturellen Konflikten ist dagegen eine präventive Organisationspflicht geboten. Die „Verdoppelung“ ist zudem notwendig, weil kleinere Vermögensverwalter nicht in der Lage sind, umfangreiche organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu treffen. Für sie ist damit vor allem die Pflicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG maßgebend, während größere Institute sich nach den Vorgaben der Mitarbeiterleitsätze und der Compliance-RL zu richten haben. Gerade weil sich die Mitarbeiterleitsätze und die ComplianceRL in ihrer Neufassung auch an Finanzdienstleistungsinstitute wenden, bieten sie für die Kunden eines Vermögensverwalters einen ausreichenden Schutz. Hinzuweisen ist allerdings auf den Umstand, dass die aufsichtsrechtlichen Aufgaben zur Organisation in sich teilweise überschneidenden Vorschriften (§§ 25a KWG, 33 WpHG) geregelt sind. Glücklicherweise ist wenigstens die damit früher verbundene und zu Recht kritisierte447 Aufspaltung der Aufsicht auf zwei Aufsichtsämter durch die Zusammenlegung der Behörden inzwischen überholt.

2. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht Nach § 34 Abs. 1 WpHG haben die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Aufzeichnungspflichten. So müssen der Auftrag und dazu erteilte Weisungen, die Ausführung des Auftrags, der Name des Mitarbeiters, der den Auftrag annahm, die Uhrzeit von Erteilung und Ausführung des Auftrags, die dem Kunden in Rechnung gestellten Provisionen und Spesen sowie die Aufträge für eigene Rechnung an andere Wertpapierdienstleistungsunternehmen448 dokumentiert werden. Die Dokumentation ist nach § 34 Abs. 3 WpHG sechs Jahre aufzubewahren. Diese Aufzeichnungspflichten dienen ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien allein der Ermöglichung einer nachträglichen Kontrolle der Geschäfts___________ 447 So etwa Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 98 ff. 448 Soweit nicht eine Meldepflicht nach § 9 WpHG eingreift.

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Unternehmensbezogene Pflichten

vorgänge durch die Aufsichtsbehörden und den Jahresabschlussprüfer449. Sie vermitteln kein subjektives Recht, das vom einzelnen Anleger eingefordert werden könnte450. Ein Verstoß gegen § 34 WpHG begründet daher keine Verletzung vertraglicher Pflichten. Auch lehnt die herrschende Meinung eine Einordnung der Norm als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB ab451. Ein Teil des Schrifttums zieht hieraus die Schlussfolgerung, dass aus § 34 WpHG auch keine Beweisnachteile zu Lasten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens abgeleitet werden könnten452. Aus dem Umstand allein, dass jemand keinen Anspruch auf Dokumentation hat, kann man jedoch nicht ohne weiteres ableiten, dass vorhandene Dokumentationen nicht in einem Prozess verwertet werden können. Das Fehlen eines Anspruchs auf Dokumentation darf nicht mit einem prozessualen Verwertungsverbot gleichgesetzt werden. Entscheidend ist jedoch ein anderer Aspekt. Dem Kunden steht gegen den Vermögensverwalter ein zivilrechtlicher Anspruch auf Benachrichtigung, Auskunft und Rechenschaft zu (§ 666 BGB), aus dem sich auch die Pflicht zu einer nachvollziehbaren Erläuterung der Anlageentscheidungen ergibt. Der Kunde hat Anspruch auf die Vorlage von Urkunden und Belegen, soweit üblich und vorhanden453. Sind diese kundenbezogenen Aufzeichnungen ohnehin aufgrund der aufsichtsrechtlichen Dokumentationspflicht vorhanden, spricht nichts dagegen, sie dem Kunden auch zugänglich zu machen. Im Ergebnis hat damit der Kunde Anspruch auf Zugang zu den nach § 34 WpHG gemachten Aufzeichnungen, auch wenn dieser Anspruch aus § 666 BGB folgt. Der zivilrechtlichen Pflicht entspricht im Übrigen auch eine aufsichtsrechtliche Informationspflicht aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Wie dargelegt454 soll sie bei der Vermögensverwaltung dem Kunden eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber ermöglichen, wie künftig die Anlagerichtlinien festgelegt werden sollen. Dies kann der Kunde nur beurteilen, wenn er die bereits erfolgten Vermögensverwaltungsprozesse nachvollziehen kann. Dies wiederum setzt eine Dokumentation voraus. Auch aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG lässt sich daher eine Pflicht ableiten, dem ___________ 449 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 105; zustimmend Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34 Rdn. 1 m. w. N. 450 Schwennicke, WM 1998, 1101, 1108. 451 Allerdings begründet sie dieses Ergebnis nur unzureichend. Ausführlich dazu oben S. 764 ff. 452 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 1 a. E.; im Ergebnis a. A. Schwennicke, WM 1998, 1101, 1109. 453 Seiler, in: Münch. Komm. BGB4, § 666 Rdn. 9 m. w. N. 454 S. o. S. 765 f.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Kunden auf Wunsch die Dokumentation zugänglich zu machen. Versäumt der Vermögensverwalter die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle, kann ihm hieraus sehr wohl ein prozessualer Nachteil erwachsen455. § 34 Abs. 1 Nr. 4 WpHG verpflichtet den Vermögensverwalter zur Aufzeichnung der Weisungen des Kunden. Hieraus und aus der Interessenwahrungspflicht lässt sich eine Pflicht zur schriftlichen Niederlegung der Anlagerichtlinien ableiten456.

3. Pflicht zur Vermögenstrennung a) Die Pflicht zur Vermögenstrennung im Allgemeinen Bereits aufgrund der Interessenwahrungspflicht ist der Vermögensverwalter verpflichtet, das Kundenvermögen vom eigenen Vermögen und dem Vermögen Dritter zu trennen457, um dem Kunden im Falle der eigenen Insolvenz den größtmöglichen Schutz zu bieten. Neben dem Kundenschutz im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters sprechen zwei weitere Gründe für eine strikte Vermögenstrennung. Sie erschwert es dem Vermögensverwalter, Kundengelder während des laufenden Betriebs zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten zu nutzen458. Ein Missbrauch von Kundengeldern lässt sich zudem leichter beweisen. Da der Gesetzgeber durch die aufsichtsrechtliche Erfassung des Depotgeschäfts459 dafür gesorgt hat, dass die Verwaltung und Verwahrung von Wertpapieren sehr sicher ist und die depotführenden Kreditinstitute strengen Anforderungen unterliegen, ist die Pflicht zur Vermögenstrennung in Deutschland ausreichend gewährleistet. Der Gesetzgeber hat, um eine letzte Lücke in diesem System zu schließen, mit § 34a WpHG einen Tatbestand geschaffen, der eine Pflicht zur Vermögenstrennung auch im Vorfeld des Depotgeschäfts anordnet. b) Reichweite des § 34a WpHG § 34a Abs. 1 Satz 2 WpHG verpflichtet Finanzdienstleister, eingenommene Gelder auf ein Treuhandkonto einzuzahlen460. Fraglich ist, ob mit dieser ge___________ 455 456 457 458 459

Im Ergebnis auch Schwennicke, WM 1998, 1101, 1109. Dazu sogleich auf S. 870 ff. Ausführlich dazu Hammen, Gattungshandlungsschulden, S. 361 ff. Ebenso Franks/Mayer, Risk, S. 150. Zu den Maßnahmen der Reduzierung des Substanzverlustrisikos generell oben S. 128 ff. 460 Verboten sind damit insbesondere so genannte Omnibuskonten, s. o. S. 38 Fn. 82.

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Unternehmensbezogene Pflichten

setzlichen Formulierung Vollrechtstreuhandkonten oder Ermächtigungstreuhandkonten gemeint sind. Bei einem Vollrechtstreuhandkonto ist der Vermögensverwalter als Kontoinhaber vermerkt, bei einem Ermächtigungstreuhandkonto der Kunde. Aufgrund einer Formulierung im Regierungsentwurf interpretiert ein Teil des Schrifttums § 34a WpHG dahingehend, dass die Pflicht zur Eröffnung eines Treuhandkontos nur ein solches in Form der Ermächtigungstreuhand meinen könne. Fraglich ist jedoch, ob die Regierungsbegründung eine solche Aussage wirklich stützt461, denn die Auffassung des Verfassers des Regierungsentwurfs scheint auf einem Missverständnis zu beruhen. Wörtlich heißt es: „Es wird nur die Entgegennahme und Verwendung von Kundengeldern im eigenen Namen und für fremde Rechnung erfasst. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Form der Ermächtigungstreuhand in der Ausgestaltung der Verwaltungstreuhand“462. Diese begriffliche Zuordnung ist verwirrend, da jede fremdnützige Treuhand sich dadurch auszeichnet, dass der Treuhänder auf Rechnung des Treugebers tätig wird. Während er dies bei der Vollrechtstreuhand im eigenen Namen als dinglich Vollberechtigter tut, ist er bei der Ermächtigungstreuhand gemäß § 185 BGB ermächtigt, im eigenen Namen zu verfügen, ohne jedoch Eigentümer des Treuguts zu sein. Bei der Ermächtigungstreuhand ist damit eine sachenrechtliche Doppelzuständigkeit von Eigentümer und ermächtigtem Treuhänder gegeben463. Gleichgültig, welche der beiden (sachenrechtlich unterschiedlichen) Treuhandformen vorliegt, ist der Treuhänder also schuldrechtlich immer verpflichtet, allein auf Rechnung und im Interesse des Treugebers zu handeln. Mit anderen Worten: Aus der Tatsache, dass jemand im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung handelt, kann man nicht zwingend schließen, es könne nur eine Ermächtigungstreuhand vorliegen. Denn auch im Falle der Vollrechtstreuhand handelt der Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung. Die wiedergegebene Formulierung der Begründung des Regierungsentwurfs stellt daher keine ausreichende Basis für eine Auslegung dar, wonach nur ein Ermächtigungstreuhandkonto zulässig sei. Die Begründung des Regierungsentwurfs fährt mit der Feststellung fort, es bedürfe einer namentlichen Nennung des Kunden bei der Eröffnung des Treuhandkontos. Auch diese Formulierung spricht nicht zwingend für die ___________ 461 In der Wortwahl sehr vorsichtig deshalb auch Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34a Rdn. 3. 462 Begründung des RegE zu § 34a WpHG, BR-Drucks. 963/96, S. 110. 463 Zutreffend Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 206 Fn. 10; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 11.261; Bassenge, in: Palandt, BGB64, § 903 Rdn. 34.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Auslegung, nur ein Ermächtigungstreuhandkonto sei zulässig. Denn bei allen offenen Treuhandkonten ist die ausdrückliche Bezeichnung des Kontos als treuhänderisch ausreichend; es bedarf keiner Namensnennung des Treugebers464. Die konkrete Namensnennung spielt für die Bejahung des Treuhandcharakters eines Kontos daher keine Rolle465. Aber selbst wenn man das Gegenteil unterstellt, hat diese Stelle der Gesetzesbegründung ihren Wert für die Auslegung der später Gesetz gewordenen Fassung des § 34a WpHG verloren. Denn die im Regierungsentwurf enthaltene Pflicht zur namentlichen Nennung des Kunden wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses gestrichen466. Die Gesetzesbegründung enthält damit keine für die Auslegung der Norm verwertbare Aussage. Sowohl die richtlinienkonforme Auslegung als auch Sinn und Zweck der Norm sprechen jedoch dafür, dass eine Ermächtigungstreuhand gemeint sein muss. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 WDRL will einen optimalen Schutz der Kunden bei der Verwahrung ihrer Werte sicherstellen. Wenn das Konto nicht auf den Namen des Vermögensverwalters lautet, sondern ausdrücklich als treuhänderisch verwaltetes Kundenkonto gekennzeichnet ist, fallen Manipulationen eher auf und sind leichter zu beweisen, als wenn es sich um ein allgemeines Treuhandkonto auf den Namen des Vermögensverwalters handelt467. Es ist es nicht notwendig, dass der Vermögensverwalter bei der Kontoeröffnung den Kunden namentlich benennt. Ausreichend ist allein die Kennzeichnung des Kontos als Treuhandkonto. Dies ergibt sich aus der soeben beschriebenen Entstehungsgeschichte des § 34a Abs. 1 Satz 2 WpHG. Begründet wurde dies mit Wettbewerbsargumenten. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sei andernfalls gezwungen, dem konto- oder depotführenden Institut seine Kundenbeziehung zu offenbaren, was die Wettbewerbschancen kleinerer Wertpapierdienstleistungsunternehmen schmälere. Hat der Kunde eine entsprechende Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB erteilt, ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Eröffnung des Treuhandkontos ermächtigt. Rechtstechnisch handelt es sich bei der Kontoeröffnung um einen Vertrag zugunsten des Kunden, bei dem sich der Vermögensverwalter eine vertragskonforme Verfügungsmacht über die eingelegten Werte vorbehält468. ___________ 464 Canaris, Bankvertragsrecht4, Rdn. 264, 267. 465 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 3.142 ff. 466 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166 f.; ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 34a; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34a Rdn. 4. 467 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34a Rdn. 3 ff. 468 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34a Rdn. 4.

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Verhaltenspflichten vor und bei Vertragsabschluss

c) Zwischenfazit § 34a WpHG sichert den Kunden in Fällen der Ermächtigungstreuhand469 vor einer Insolvenz seines Vermögensverwalters. Nicht ausreichend geschützt ist er dagegen vor Manipulationen des Vermögensverwalters. Da dieser bei Treuhandkonten, die ohne Nennung des Kundennamens eröffnet wurden, die Konto- und Depotauszüge erhält, ist die Gefahr, dass Manipulationen über längere Zeit verschleiert werden können, groß470. Die ursprünglich vorgeschlagene Fassung der Norm im Regierungsentwurf wies diesen Nachteil nicht auf. Es erscheint daher sinnvoll, in der Norm vorzusehen, dass die Eröffnung von Treuhandkonten unter namentlicher Nennung des Kunden zu erfolgen hat und das konto- und depotführende Kreditinstitut zur regelmäßigen Übermittlung von Kontoinformationen an den Kunden zu verpflichten. Der vom Finanzausschuss angeführte Wettbewerbsnachteil für kleinere Wertpapierdienstleistungsunternehmen erscheint als Einwand nicht überzeugend. Die Position des kleinen Wertpapierdienstleistungsunternehmens erscheint nur dann gefährdet, wenn das konto- und depotführende Kreditinstitut aufgrund seiner Kenntnis der Kundennamen systematisch Kunden abwirbt. Diese Vorstellung des Finanzausschusses überzeugt nicht, da ein solches Szenario unwahrscheinlich ist: In der heutigen Zeit spielt die traditionelle Hausbank eine immer geringere Rolle. Kunden unterhalten daher sehr oft bei mehreren Instituten Konten, was wiederum der Hausbank aufgrund von Daueraufträgen zwischen diesen Konten regelmäßig bekannt ist. Trotzdem kommt es nicht zu gezielten Abwerbungen. Im Übrigen setzt ein Wechsel des Instituts voraus, dass der Kunde mit seinem bisherigen Vermögensverwalter unzufrieden ist. Dieser hat es daher zum größten Teil selbst in der Hand, seine Position im Wettbewerb zu steuern.

VI. Verhaltenspflichten vor und bei Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags Verhaltenspflichten vor und bei Vertragsabschluss Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung sind zahlreiche Fragen der Anwendung der Verhaltenspflichten ungeklärt oder streitig. Ein Teil dieser Fragen konnte bereits bei der Einordnung der Verhaltenspflichten in den aufsichtsrechtlichen Rahmen geklärt werden (soeben unter IV. und V.). ___________ 469 Kritisch zu dieser Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die Ermächtigungstreuhand Süss, Vermögensverwaltung durch Wertpapierdienstleistungen, S. 359. 470 Süss, Vermögensverwaltung durch Wertpapierdienstleistungen, S. 360, fordert zu Recht die gesetzliche Klarstellung, dass der Kunde Inhaber des Kontos wird.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Soweit eine Frage jedoch mehr als eine Verhaltenspflicht berührt oder ihre Beantwortung längere Ausführungen erfordert, wäre die vorangegangene Darstellung überfrachtet worden. Derart komplexe Fragestellungen sollen daher im Folgenden behandelt werden, wobei die Darstellung sich am typischen Ablauf einer Vermögensverwaltung orientiert.

1. Verwaltung nur im Rahmen bestehender Vertragsverhältnisse Teil B Ziff. 3 WohlVerh-RL bestimmt für Kundengeschäfte, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese grundsätzlich nur im Rahmen eines entsprechenden Vertragsverhältnisses oder im Rahmen anderer vertraglich vereinbarter Befugnisse abschließen darf 471. Diese aus dem allgemeinen Vertragsrecht stammende und ins Aufsichtsrecht aufgenommene Regelung lässt sich ohne weiteres auf die Vermögensverwaltung übertragen, bei der es ebenfalls selbstverständlich ist, dass der Vermögensverwalter nur auf der Grundlage eines gültigen Vermögensverwaltungsvertrags und entsprechender Vollmacht Wertpapierdienstleistungen für Kundendepots erbringen darf 472. Eine Auftragsausführung ohne ausreichendes Mandat ist nur in den seltenen Ausnahmefällen einer Geschäftsführung ohne Auftrag zulässig und verletzt ansonsten stets die ausschließliche Befugnis des Depotinhabers zu Umschichtungen. Es bedarf daher keiner näheren Ausführungen, dass eine von einem Anlageberater eigenmächtig vorgenommene Anlageentscheidung nicht als Maßnahme der Vermögensverwaltung einzuordnen ist, sondern eine fehlerhaft erbrachte Wertpapiernebendienstleistung darstellt, die entsprechende aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

2. Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien Diese Feststellung leitet unmittelbar über zu der Frage, ob der Vermögensverwalter auch verpflichtet ist, eventuelle Anlagerichtlinien und Weisungen des Kunden zu beachten. Dies wiederum setzt die Klärung der Vorfrage voraus, ob die Vereinbarung solcher Anlagerichtlinien selbst schon aus aufsichtsrechtlichen Gründen geboten ist. Die Festlegung von Anlagerichtlinien gehört heute zum Standard der Vermögensverwaltung. Gleichwohl verneint ___________ 471 Dem entspricht im US-amerikanischen Recht das Verbot des unauthorized trading, vgl. Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 220. 472 Auch wenn dieser Grundsatz selbstverständlich sein müsste, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Vorfällen dieser Art, vgl. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 479 m. w. N. sowie OLG Karlsruhe, WM 2001, 805 ff. („graue Vermögensverwaltung“).

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Verhaltenspflichten vor und bei Vertragsabschluss

die ganz herrschende Meinung473 eine Pflicht des Vermögensverwalters, mit dem Kunden solche Richtlinien zu vereinbaren. Solche Richtlinien seien vielmehr nur aus Zweckmäßigkeitsgründen angeraten, da sie Streitigkeiten verhüten und als Beweismittel dienen könnten. Diese Ansicht kann sich sicherlich auf den Grundsatz der Privatautonomie berufen, wonach die Parteien selbst über die inhaltliche Ausgestaltung des Vertragsinhalts bestimmen. Diese Autonomie reicht bis zur Grenze der Übervorteilung einer Partei (§ 138 BGB). Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, ob sich diese für das Zivilrecht sicherlich zutreffende Feststellung ohne weiteres auch auf das später eingeführte Aufsichtsrecht übertragen lässt474. Die Kommentierungen zu § 31 WpHG unterstellen ohne nähere Begründung, dass die zum Geschäftsbesorgungsvertrag entwickelte Position auch im Aufsichtsrecht Geltung besitze475. Dem kann nicht gefolgt werden, wie das Zusammenspiel von Aufklärungs-, Interessenwahrungs- und Dokumentationspflicht zeigt. Die Aufklärungspflicht erfordert es, dass der Kunde über atypische Gestaltungen des Vertrags, die Gefahren für ihn mit sich bringen, aufgeklärt wird. Der Kunde wird bei der Beauftragung eines Vermögensverwalters erwarten, dass die Leistung entsprechend den Standards der Branche erfolgt. Er muss deshalb darüber aufgeklärt werden, wenn der Vermögensverwalter hiervon abweichen will. Aus dieser Aufklärungspflicht lässt sich zwar keine unmittelbare Verpflichtung zur Aufstellung von Anlagerichtlinien ableiten, wohl aber eine Pflicht, den Kunden darauf hinzuweisen, dass ohne Anlagericht___________ 473 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 82 f.; ders., NWB 1996, 1841, 1845; ders., Finanz Betrieb 2000, 499, 500; ders., WM 2000, 441, 447 f.; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 19; Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547, 551; Müller, in: Schäfer/ Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 283; Schödermeier, WM 1995, 2053, 2056; Schäfer, Haftung, S. 108; wohl auch Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 99; a. A. Schwennicke, WuB I G 9.-1.97 (unter 1). Der BGH ließ eine Klausel in einem Vermögensverwaltungsvertrag unbeanstandet, die dem Vermögensverwalter ein freies Ermessen einräumte, BGH, WM 1994, 834; dazu Schäfer, WuB I G 5. 5.94; Tilp, EWiR 1994, 563 f.; Koller, LM BörsG Nr. 35/36; Meinhold-Heerlein, WiB 1994, 488 f. 474 Diesen Schluss zieht aber Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 283, mit dem Argument, § 31 WpHG sei lediglich eine spezialgesetzliche Konkretisierung des allgemeinen vertraglichen Pflichtenrahmens. Anders dagegen Schäfer, BuB Rdn. 11/30 Fn. 6, der sehr vorsichtig formuliert, eine solche Pflicht bestehe zumindest zivilrechtlich nicht. Er lässt die Frage nach der aufsichtsrechtlichen Rechtslage damit offen. 475 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 22; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 96.

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linien von den Standards der Branche abgewichen wird, da die Vereinbarung von detaillierten Anlagerichtlinien heute allgemein üblich ist. Angesichts der dem Vermögensverwalter eingeräumten umfassenden Rechtsmacht über das zu verwaltende Kundenvermögen muss dem Kunden zudem vor Augen geführt werden, welche Folgen die Einräumung einer so weitreichenden Vollmacht hat und welche Geschäfte der Vermögensverwalter mit ihr tätigen darf. Eine weiter gehende Verpflichtung lässt sich jedoch aus der Interessenwahrungspflicht ableiten. Den Vermögensverwalter trifft nach dem Gesetzeswortlaut des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG die Pflicht zur Interessenwahrung. Diese bezieht sich nicht nur auf die technische Durchführung der Wertpapiergeschäfte, sondern auf die Wertpapierdienstleistung insgesamt. Angesichts der ihm eingeräumten umfassenden Rechtsmacht über das zu verwaltende Kundenvermögen und des deshalb bestehenden hohen Streitpotentials muss der Vermögensverwalter sicherstellen, dass die rechtliche Beziehung zwischen den Parteien möglichst eindeutig ist. Bei Kunden, die keine Erfahrungen mit Wertpapierdienstleistungen haben, trifft ihn daher eine gesteigerte Pflicht, für klare Absprachen zu sorgen, denn der Kunde wird aufgrund seiner fehlenden Vorerfahrung hierauf nicht selbst achten (können). Die Interessenwahrungspflicht in Kombination mit der Aufklärungspflicht umfasst damit bei unerfahrenen Kunden auch die Pflicht, über die Anlagemöglichkeiten zu informieren, eine eigenständige Entscheidung des Kunden zu ermöglichen und Streitigkeiten durch klare Absprachen zu verhüten. Da die Vereinbarung von schriftlichen Anlagerichtlinien der Streitverhütung und ggf. dem Beweis dient, lässt sich damit zumindest gegenüber dieser Kundengruppe eine Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien herleiten. Während sich aus der Interessenwahrungspflicht damit nur in Teilbereichen eine Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien herleiten lässt, ergibt sich eine umfassende Pflicht aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Nach dieser Norm ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, alle Mittel und Verfahren, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wertpapierdienstleistungen notwendig sind, vorzuhalten. Diese Norm beinhaltet damit auch eine – zu § 25a Abs. 1 KWG parallele – Pflicht, die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftstätigkeit zu beachten. Bewährte branchenübliche Verfahren sind daher anzuwenden, um die Risiken des Geschäftsbetriebs zu begrenzen. Zu Letzteren gehören die Risiken des internen Leistungsbereichs und damit insbesondere die Rechtsrisiken476. Das Wertpapierdienstleistungs___________ 476 Zu § 25a Abs. 1 KWG s. o. S. 627 ff.

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unternehmen ist verpflichtet, solche Risiken zu minimieren, um zu gewährleisten, dass es nicht aufgrund von vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten in eine Schieflage gerät. Somit sprechen gleich mehrere zwingende Argumente für die Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien: (1) Angesichts der geschilderten tatsächlichen Ausgangslage, wonach Vermögensverwaltungsverträge fast ausnahmslos Anlagerichtlinien enthalten und sich nicht auf die Einräumung eines freien Ermessens beschränken, gehört die Vereinbarung von Anlagerichtlinien heute zu den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung477. Von diesen darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht ohne sachlichen Grund abweichen, will es nicht eine aufsichtsrechtliche Beanstandung wegen eines Verstoßes gegen §§ 25a KWG, 33 WpHG riskieren. (2) Wenn man das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht schon unter dem Gesichtspunkt der Wahrung von Kundeninteressen für verpflichtet hält, solche Richtlinien zu vereinbaren, obliegt es ihm zumindest im Eigeninteresse, Anlagerichtlinien festzulegen, da dies das Prozessrisiko erheblich mindert und Beweisschwierigkeiten vermeidet. Da die Wertpapierdienstleistungsunternehmen aus § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG verpflichtet sind, rechtliche Risiken zu kontrollieren und vermeidbare Risiken zu minimieren, muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen daher aufgrund seiner Organisationspflichten Anlagerichtlinien mit Kunden vereinbaren. Denn angesichts des Umstands, dass Prozesse über die Frage der Rechtmäßigkeit von Anlageentscheidungen des Vermögensverwalters einen hohen Anteil478 innerhalb der Prozesse um Vermögensverwaltungen ausmachen, besteht ein nicht unerhebliches Prozessrisiko. Der einzig sachgerechte Weg, dieses Risiko zu mindern, ist die Vereinbarung von Anlagerichtlinien, da diese wesentlich konkreter gefasst sind als die Formulierung, der Verwalter genieße freies Ermessen. Aufgrund der höheren Bestimmtheit bringen sie eine erhöhte Rechtssicherheit für beide Parteien mit sich. (3) Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind verpflichtet, für einen geordneten Informationsfluss innerhalb des Unternehmens zu sorgen. Mitarbeiter des Unternehmens müssen daher jederzeit klar erkennen können, welche Anlagen sie für einzelne Kunden tätigen dürfen. Gerade bei größeren, auf mehreren Geschäftsfeldern tätigen Instituten ist dies wichtig, um bei einem Mitarbeiterwechsel in der Abteilung für Vermögensverwaltung für eine ra___________ 477 Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 99. 478 Einen Überblick über die bisher publizierten Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der Vermögensverwaltung gibt Balzer, Die Bank 1998, 584 ff. Dort machen die Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Anlageentscheidungen einen sehr hohen Anteil aus. Dem Verfasser sind in den schlechten Börsenjahren 2000/2001 ebenfalls Auseinandersetzungen mit Vermögensverwaltungskunden über die Rechtmäßigkeit von Anlageentscheidungen bekannt geworden, die aber gütlich beigelegt wurden.

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sche Einarbeitung zu sorgen und das Risiko von Fehlentscheidungen gering zu halten. Zwar würde für diese Zwecke auch eine betriebsinterne Anweisung über die Anlagestrategie im jeweiligen Kundendepot ausreichen. Wenn aber schon aus betriebsinternen Gründen eine solche Anweisung erstellt werden sollte, spricht viel dafür, sie gleich mit dem Kunden abzustimmen. § 34 Abs. 1 WpHG soll der BaFin die Überwachung der Einhaltung der Verhaltenspflichten ermöglichen. Ohne Anlagerichtlinien kann die BaFin nicht feststellen, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im besten Interesse des Kunden gehandelt hat. Aus diesem Grund schreibt § 34 Abs. 1 Nr. 1 WpHG vor, dass der Auftrag des Kunden, hierzu erteilte Anweisungen sowie die Ausführung des Auftrags zu dokumentieren sind. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Vermögensverwaltung unter „Auftrag“ i. S. d. Nr. 1 der Vermögensverwaltungsvertrag selbst zu verstehen479. Ist in diesem schon eine Festlegung der Anlagerichtlinien enthalten, erübrigt sich die Festlegung separater Anlagerichtlinien. Zusätzlich sind nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 WpHG alle Anweisungen eines Vermögensverwaltungskunden zu dokumentieren. Dabei beschränkt sich der Begriff der Anweisung nicht auf Weisungen des Kunden im konkreten Einzelfall, sondern umfasst auch die abstrakten Anlagerichtlinien, die den Rahmen abstecken, in dem der Vermögensverwalter tätig werden darf 480. Soweit also Anlagerichtlinien außerhalb des Vermögensverwaltungsvertrags festgelegt wurden, ist dies ebenfalls zu dokumentieren481. Nun könnte man argumentieren, dass die Parteien auf die Festlegung konkreter Richtlinien verzichten und nur ein freies Ermessen vereinbaren können. In diesem Fall sei gemäß § 34 Abs. 1 WpHG lediglich diese Vereinbarung zu dokumentieren. Auf diese Weise wäre der Vermögensverwalter jedoch in der Lage, sich der Kontrolle der Verhaltenspflichten weitgehend zu entziehen. Die BaFin könnte nicht feststellen, ob die Anlageziele des Kunden berücksichtigt wurden oder ob der Vermögensverwalter eigene Ziele verfolgte. Nur aus dem dokumentierten Zusammenspiel von Anlagezielen, Anlagerichtlinien und ausgeführten Geschäften lässt sich – angesichts der weiten Rechtsmacht des Vermögensverwalters – im Wege einer nachträglichen Kontrolle entnehmen, ob der Vermögensverwalter im Interesse des Kunden tätig war. Gerade darin unterscheidet sich die Vermögens___________ 479 Begründung des RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 109. 480 Die Begründung des RegE, BR-Drucks. 963/96, S. 109, wiederholt nur den Gesetzeswortlaut. Ohne Erkenntniswert für die hier erörterte Frage bleiben auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/7627, S. 166. 481 Im Ergebnis ebenso Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 34 Rdn. 2.

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verwaltung von punktuellen Geschäften, bei denen der Vergleich der Unterlagen über die Ausführung des Geschäfts mit dem einzelnen Auftrag und den dazu erteilten Anweisungen ausreicht, um eine effektive Kontrolle zu gewährleisten und Missstände aufzudecken. Bei der Vermögensverwaltung ist eine solche Kontrolle nur möglich, wenn die vereinbarten Anlagerichtlinien transparent gemacht werden. Will man also die Beaufsichtigung der Vermögensverwalter nicht weitgehend leer laufen lassen, muss man diese als verpflichtet ansehen, mit den Kunden Anlagerichtlinien zu vereinbaren. Ein weiteres Argument spricht für eine Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien: In der Sache stellt auch die Vereinbarung eines freien Ermessens nur eine Umschreibung der Anlagepolitik dar, die der Vermögensverwalter mit dem Kunden bei Vertragsschluss ausdrücklich oder konkludent vereinbart hat. Denn die Vereinbarung eines freien Ermessens bedeutet keine schrankenlose Freiheit, sondern der Vermögensverwalter ist bei der Ausübung seines Ermessens an die Anlageziele und sonstigen Parteiabsprachen gebunden482. Mit der vertraglichen Formulierung, dem Vermögensverwalter stehe ein freies Ermessen zu, verzichten die Parteien daher nur darauf, diese Absprache im Detail zu dokumentieren. Hat der Vermögensverwaltungskunde beispielsweise festgelegt, dass die Vermögensverwaltung der Erzielung kurzfristiger Gewinne unter Inkaufnahme sehr hoher Risiken dienen soll, und wird dem Verwalter ein freies Ermessen eingeräumt, hat der Vermögensverwaltungskunde damit in eine Anlagepolitik eingewilligt, die einen sehr hohen Anteil an Aktien vorsieht und Termingeschäfte zulässt. Dient die Vermögensverwaltung dagegen dem Vermögenserhalt und einer stetigen Rendite, ist der Vermögensverwalter selbst bei Vereinbarung eines freien Ermessens nicht berechtigt, das Vermögen ganz überwiegend in Aktien und Termingeschäften anzulegen, sondern muss eine konservative Anlagepolitik betreiben. Es spricht nichts dagegen, das Ausmaß der jeweiligen Bevollmächtigung auch zu dokumentieren. Die Vereinbarung von Anlagerichtlinien schränkt also die inhaltlichen Befugnisse des Vermögensverwalters nicht ein, sondern macht sie nur ausreichend transparent. Die Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien stellt damit materiell gesehen nur eine Pflicht zur schriftlichen Niederlegung von zuvor ausdrücklich oder konkludent vereinbarten Anlagerichtlinien dar483. Dies ist dem Vermögensverwalter zumutbar, da seine Kompetenzen unangetastet bleiben, aber für den Vermögensverwaltungskunden und die BaFin transparent gemacht werden. ___________ 482 Balzer, Die Bank 1998, 584 f. m. w. N. zur Rechtsprechung. 483 Damit werden auch die Anlageziele des Kunden niedergelegt. Soweit Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 94, behauptet, diese müsse man nicht schriftlich niederlegen, verkennt er die besondere Situation bei der Vermögensverwaltung.

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Die vorangegangenen Argumente bezogen sich alle auf die von der herrschenden Meinung formulierte Frage, ob es eine Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien gäbe. Schon diese Fragestellung ist jedoch ungenau. Anlagerichtlinien stellen keine vertragliche Vereinbarung dar, sondern sind – auch wenn sie im Gespräch zwischen Kunden und Vermögensverwalter entwickelt werden – einseitige Weisungen des Kunden. Dies ist für das deutsche Recht im Ergebnis unstreitig484. Wären die Anlagerichtlinien Vereinbarungen zwischen den Parteien, müsste das Recht, einseitig abweichende Weisungen zu erteilen, ausgeschlossen sein. Der Kunde bleibt jedoch unstreitig stets Herr der Geschäftsbesorgung und kann jederzeit von den Anlagerichtlinien abweichende Weisungen erteilen485. Handelt es sich um eine standardisierte Vermögensverwaltung, bei welcher der Vermögensverwalter nur bestimmte Depottypen anbietet, und passt eine Einzelweisung oder eine generelle Änderung der Anlagerichtlinien nicht in das vom Vermögensverwalter verwendete Schema von Depottypen, muss der Vermögensverwalter die Weisung befolgen oder das Depot einem anderen Depottyp zuordnen. Findet sich kein passender Depottyp und will der Vermögensverwalter den Vertrag nicht auf eine individuelle Basis umstellen, muss er zwar die Weisung befolgen, kann aber den Vermögensverwaltungsvertrag kündigen. Auch die in manchen Vermögensverwaltungsverträgen anzutreffende Klausel, wonach der Kunde Verfügungen über zu verwaltende Vermögen nur nach vorheriger Ankündigung beim Vermögensverwalter treffen soll, ändert an der Einordnung der Anlagerichtlinien nichts. Der Kunde bleibt als Geschäftsherr und Vermögensinhaber letztentscheidungsbefugt. Die Pflicht zur vorherigen Information des Vermögensverwalters dient nur dazu, dass dieser Gelegenheit erhält, zu der Einzelweisung oder dem Abzug von Vermögen Stellung zu nehmen. So kann er den Kunden ggf. warnen, falls eine ___________ 484 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 81; Roll, Vermögensverwaltung, S. 126 f.; unklar aber Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 284, der zwischen Anlagerichtlinien als Weisungen und Anlagerichtlinien als Vereinbarung unterscheidet, ohne diese näher zu erläutern (vgl. sogleich Fn. 485). Im schweizerischen Recht unterscheidet Spälti, Bank als Vermögensverwalterin, S. 55 ff., zwischen Anlagerichtlinien als Ausführungsabrede und davon abzugrenzenden einseitigen Weisungen. 485 Schäfer, BuB Rdn. 11/34; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 81 f. Hiervon geht auch Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 288, 295, aus, obwohl er behauptet, es gebe auch Anlagerichtlinien, die nicht nur Weisungen, sondern Vereinbarungen darstellen. Er lässt aber in Fn. 188 gerade offen, was gelten soll, wenn man die Anlagerichtlinien als Vereinbarung qualifiziert. Dies hätte zur Konsequenz, dass der Kunde gerade keine Weisung erteilen dürfte, was nicht einmal Müller annimmt (a. a. O., Rdn. 295). Im Ergebnis liefert Müller keinerlei Argumente für eine Qualifizierung der Anlagerichtlinien als Vereinbarung.

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Einzelweisung nicht in die Anlagestrategie passt oder der Abzug des Vermögens aufgrund der aktuellen Kursentwicklung unklug wäre486. Ordnet man die Anlagerichtlinien also als Weisungen des Kunden ein, fallen sie eindeutig unter die Dokumentationspflicht des § 34 Abs. 1 Nrn. 1, 4 WpHG. Sie sind daher schriftlich niederzulegen. Dies kann im Gespräch mit dem Kunden, aber auch danach erfolgen. Die Dokumentationspflicht beinhaltet nur eine Pflicht zur Niederlegung, nicht aber auch eine Pflicht, den Kunden diese Angaben unterschreiben zu lassen. Bezieht man aber die oben erwähnte Interessenwahrungspflicht mit ein, wonach das Wertpapierdienstleistungsunternehmen für rechtlich klare Verhältnisse zu sorgen hat, wird man aus beiden Verhaltenspflichten eine solche Verpflichtung ableiten müssen. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss daher den Kunden bitten, die abgesprochenen Richtlinien gegenzuzeichnen. Im Ergebnis kann man daher festhalten, dass der Vermögensverwalter bei unerfahrenen Kunden schon aufgrund der Interessenwahrungspflicht zur Niederlegung von detaillierten und gegengezeichneten Anlagerichtlinien verpflichtet ist, in den übrigen Fällen dagegen aus §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 34 Abs. 1 Nrn. 1, 4 WpHG.

3. Informationspflichten des Vermögensverwalters bei Geschäftsaufnahme a) Reichweite der Informationspflicht bei der Festlegung der Anlagerichtlinien Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen trifft eine zivilrechtliche487 und eine parallele aufsichtsrechtliche488 Pflicht zur anlage- und anlegergerechten ___________ 486 S. o. S. 847 Text bei und nach Fn. 406. 487 BGHZ 123, 126 ff. = WM 1993, 1455 ff. (zur Anlageberatung). Die Pflicht ist eine Nebenpflicht des Vermögensverwaltungsvertrags, gleichgültig, ob es sich um eine bloße Aufklärung oder auch um eine Beratung handelt. A. A. aber Balzer, Vermögensverwaltung, S. 79 f., der Aufklärung und Beratung trennt. Aufklärung sei eine vorvertraglich geschuldete Leistung, während die Beratung auf der Grundlage eines eigenständigen, vorgeschalteten Beratungsvertrags erfolge. Offenbar geht auch das LG Frankfurt, BKR 2004, 242 (nur Leitsatz) mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 787 f., von dieser Ansicht aus. Ebenso Balzer, WM 2000, 441, 442 f., 444. Diese Trennung eines in der Praxis einheitlichen Vorgangs erscheint sehr künstlich und ist daher abzulehnen (s. o. S. 824 m. w. N.). Aufklärung ist Tatsachenvermittlung, Beratung die Bewertung dieser Tatsachen. Die Grenze zwischen beiden ist fließend (Horn, ZBB 1997, 139, 141). Beide Leistungen sind daher vorvertragliche Pflichten aus dem Vermögensverwaltungsvertrag. 488 S. o. S. 843 ff.

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Information des Kunden. Bei der Vermögensverwaltung bezieht sich diese Pflicht nicht – wie bei der Anlageberatung – auf einzelne Anlageobjekte, sondern auf die Festlegung der Anlagerichtlinien. Dazu muss der Vermögensverwalter sich über die Vermögensverhältnisse des Kunden einen Überblick verschaffen, um zu klären, ob die ins Auge gefasste Anlagestrategie den Interessen des Kunden entspricht489. Der Umfang der Pflicht zur Übermittlung der zweckdienlichen Informationen, also die Aufklärung und ggf. Beratung des Kunden, richtet sich nach den Vorerfahrungen, finanziellen Verhältnissen und Anlagezielen des Kunden. Die Pflicht zu anlage- und anlegergerechter Information ist damit stark einzelfallabhängig, wie nachfolgende Beispiele zeigen: – Ist der Kunde ein in Wertpapiergeschäften sehr erfahrener Anleger, der einen Vermögensverwalter nur benötigt, weil ihm die Zeit zur Anlage des eigenen Vermögens oder der Zugang zu speziellen Märkten fehlt, ist er nicht mehr über die Chancen und Risiken der Anlage von Vermögen in Finanzinstrumenten aufzuklären. Ein völlig unerfahrener Kunde ist dagegen hierüber aufzuklären. – Der Umfang der Aufklärung wiederum ist weiterhin abhängig von den verfolgten Anlagezielen. Will der Kunde von vornherein eine sehr konservative Anlage und kommen deshalb nur Schuldverschreibungen und festverzinsliche Anlagen in Betracht, muss der Vermögensverwalter nicht über die Chancen und Risiken der Aktienanlage oder der Derivate aufklären. Ist der Kunde dagegen hinsichtlich der Fernziele, die er mit der Vermögensverwaltung verfolgt, noch unentschlossen, muss der Vermögensverwalter ihn über die Chancen und Risiken der in Betracht kommenden Anlageformen aufklären. – Schließlich sind die finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen. Für einen Kunden, der sehr vermögend ist, kommt eine sehr risikoreiche Anlagestrategie eher in Betracht als für einen Pensionär, der ein kleines Vermögen als Alterssicherung verwalten lassen will und größere Verluste daher nicht verkraften kann. Auch über diesen Zusammenhang ist der Kunde ggf. aufzuklären. Daneben muss der Vermögensverwalter den Kunden über mögliche Auswirkungen der Anlagestrategie auf sein Vermögen aufklären490. ___________ 489 A. A. (allerdings vor Erlass des WpHG) noch Esters, Haftung, S. 44 f., für den bankenunabhängigen Vermögensverwalter. Bei Banken, die eine Anlage- und Vermögensplanung anbieten, statuiert er dagegen weitergehende Pflichten. 490 Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 98 f.; Balzer, EWR 1999, 201.

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Die Pflicht des Vermögensverwalters zur Information bezieht sich nur auf die Gattung der Finanzinstrumente, nicht aber auf bestimmte Papiere. Denn es ist gerade Aufgabe des Vermögensverwalters, die geeigneten Finanzinstrumente auszusuchen, so dass der Kunde keine Entscheidung über Einzelwerte treffen muss und über diese daher auch nicht zu informieren ist. Anders ist die Ausgangslage, wenn ein unerfahrener Kunde gezielte Vorgaben an den Vermögensverwalter macht und – etwa aufgrund von Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis – bestimmte Finanzinstrumente unbedingt in seinem Portfolio haben möchte. Hier ist eine detaillierte Aufklärung und Beratung über die Chancen und Risiken der Papiere und Märkte geboten. Gleiches gilt, falls der Kunde später Einzelweisungen erteilt, die der Vermögensverwalter als mit den Anlagerichtlinien unvereinbar einstuft. Dabei ist der Kunde über die Risiken aufzuklären, die mit dem angewiesenen Geschäft einhergehen, und er ist ggf. zu warnen491. Zu den außergewöhnlichen Risiken, über die der Kunde bei Festlegung der Anlagestrategie in jedem Fall aufzuklären ist, gehören etwa492: – extreme Marktenge von Wertpapieren und das damit erhöhte Risiko der (vorübergehenden) Unveräußerlichkeit, – extremes Substanzerhaltungsrisiko (etwa bei penny stocks), – erhöhte Risiken bei Optionsscheinen, – hohe Transaktionskosten und dadurch geringere Chance auf eine Rendite, – Steigerung des Wertpapiergeschäften innewohnenden Risikos durch Kreditfinanzierung der Geschäfte sowie – typische steuerliche Auswirkungen bestimmter Geschäfte (z. B. Zerobonds). Zu den außergewöhnlichen Risiken gehören somit auch die Finanztermingeschäfte. Es ist Aufgabe des Instituts, bei der Aufnahme solcher Geschäfte in die Anlagerichtlinien die Vorgaben der §§ 37d ff. WpHG einzuhalten. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist die Pflicht zur umfassenden Information über die damit verbundenen Risiken zu betonen. Ist der Anleger unerfahren, reicht es daher unter Umständen nicht aus, ihm die Informationsschrift „Wichtige Informationen über die Verlustrisiken bei Finanztermingeschäften“ zu über-

___________ 491 S. o. S. 847 Text zu Fn. 406. 492 Ebenso aus zivilrechtlicher Sicht Esters, Haftung, S. 46 ff.

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reichen493, sondern es kann im Einzelfall notwendig sein, eine darüber hinausgehende gezielte Aufklärung und Beratung des Kunden vorzunehmen494. Hat der Vermögensverwalter dem Kunden die notwendigen Informationen über die in Betracht kommenden Finanzinstrumente erteilt, ist es Aufgabe des Kunden, die Anlagerichtlinien festzulegen. Dies wird er in Absprache mit dem Vermögensverwalter tun, der beratend tätig wird. Ist der Vermögensverwalter der Ansicht, dass die vom Kunden ins Auge gefassten Anlagerichtlinien ungeeignet für ihn sind, trifft den Vermögensverwalter eine Warnpflicht. Er muss dem Kunden erläutern, warum seiner Ansicht nach diese Richtlinien nicht zu dessen Anlagezielen und/oder finanziellen Verhältnissen passen und welche Folgen sein Beharren auf den ungeeigneten Anlagewünschen haben kann. Da die Informationspflicht nur hinsichtlich solcher Wertpapiergattungen und -märkte besteht, die nach den Anlagerichtlinien für das Kundendepot in Betracht kommen, muss der Vermögensverwalter auch nicht über Werte aufklären, die er in Überschreitung der Anlagerichtlinien für den Kunden ordert495. Hier liegt die Verletzung zivil- und aufsichtsrechtlicher Pflichten bereits in der Nichtbeachtung der Anlagerichtlinien, so dass es zum Schutze des Kunden keiner künstlich anmutenden Konstruktion von Aufklärungspflichten bedarf. b) Aufklärung über Interessenkonflikte beim Wertpapierdienstleistungsunternehmen Im Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Aufklärung über bestehende Interessenkonflikte ein Weg für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein kann, um seiner Interessenwahrungspflicht nachzukommen und eine eigenverantwortliche Entscheidung des Kunden über die Frage, ob er den Interessenkonflikt in Kauf nimmt oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wechselt, herbeizuführen496. Der Vermögensverwalter unterliegt bereits im Stadium der Vertragsanbahnung der Pflicht, bestehende Interessenkonflikte aufzude___________ 493 Die Übergabe dieser Broschüre reichte aus, um die Börsentermingeschäftsfähigkeit nach § 53 Abs. 2 BörsG a. F. herzustellen, vgl. BGH, WM 1995, 658 f.; WM 1997, 811, 812; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 92. 494 Zum Informationsmodell Mülbert, in: Assmann/Schneider, WpHG3, Vor 37d Rdn. 15 ff. 495 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 85. 496 S. o. S. 799 ff.

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cken497. Denn wenn der Vermögensverwalter schon während einer laufenden Vertragsbeziehung verpflichtet ist, derartige Konflikte offen zu legen, gilt dies erst recht zu Beginn der vertraglichen Beziehung498. Zu diesem Zeitpunkt kann das Wissen um Interessenkonflikte noch in die Entscheidung des Kunden einfließen, welchen Vermögensverwalter er betraut bzw. ob er den konfliktbehafteten Geschäften zustimmt. c) Aufklärung über Interessenkonflikte bei Mitarbeitern Ein Interessenkonflikt kann sich auch aus persönlichen Beziehungen ergeben. Ist der Vermögensverwalter oder einer der zur Verwaltung eingesetzten Mitarbeiter dem Kunden gegenüber voreingenommen und deshalb bei der Durchführung der Verwaltung befangen, muss der Vermögensverwalter dies offenbaren. Eine solche Situation kann etwa vorliegen, wenn der für die Verwaltung zuständige Mitarbeiter des Instituts einen Privatprozess gegen den Kunden führt. Die Offenbarungspflicht besteht in dem Moment, indem der private Interessenkonflikt bekannt wird. Hat der mit der Vertragsanbahnung betraute Mitarbeiter hiervon Kenntnis, ist er zur Offenlegung des Konflikts seinem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet, der unverzüglich einen Personalwechsel vornehmen oder aber dem Kunden die Sachlage erklären muss. Ein Interessenkonflikt kann sich aber auch aus früheren Anstellungsverhältnissen ergeben. Hat der Vermögensverwalter einen Mitarbeiter eingestellt, der früher bei einem anderen Institut tätig war und dort einen Konflikt mit dem jetzigen Kunden hatte, muss dem Kunden offenbart werden, dass diese Person nun für den Vermögensverwalter tätig ist. Ein derartiger Fall ist nicht selten anzutreffen, da die Banken im Zuge des Ausbaus des Vermögensverwaltungsgeschäfts ganze Investmentabteilungen von der Konkurrenz abgeworben haben und es daher durchaus vorkommen kann, dass Kunde und Mitarbeiter schon im Rahmen früherer Vermögensverwaltungen miteinander zu tun hatten. d) Interessenkonflikte aus geschäftlichen Beziehungen Interessenkonflikte können sich auch aus anderen geschäftlichen Beziehungen ergeben. So wird ein Institut, das eine feindliche Übernahme der Firma ___________ 497 Eine entsprechende Pflicht findet sich im deutschen Recht der Geschäftsbesorgung, vgl. Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 36 m. w. N., und im englischen Trustrecht, Underhill/Hayton, Trusts15, S. 465. 498 OLG Köln, NZG 1999, 1177, 1178 mit insoweit zust. Anm. Balzer, EWiR 2000, 169, 170.

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des Kunden plant, nicht unbefangen dessen Privatvermögen verwalten können. Sofern keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden, kann die Aufklärung als Mittel zur Wahrung der Kundeninteressen in Betracht kommen. Ist das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einem anderen Kunden gegenüber zu Stillschweigen verpflichtet, liegt ein unvermeidbarer Interessenkonflikt vor und das Unternehmen muss den Auftrag zur Vermögensverwaltung ablehnen. e) Aufklärung über die Methoden der Wertpapieranalyse Fraglich ist, ob der Vermögensverwalter den Kunden über die von ihm angewandten Methoden der Wertpapieranalyse und deren Risiken aufklären muss499. Der Vermögensverwalter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine bestimmte Methode der Anlage oder Kursprognose500 anzuwenden. Sofern es sich um in der Branche anerkannte Methoden (z. B. Fundamentalanalyse) handelt, bleibt ihre Auswahl dem Vermögensverwalter überlassen501. Da der Kunde sich eines Fachmanns bedient, muss er nur die generellen Risiken der Vermögensverwaltung und die Risiken der ausgewählten Anlageformen kennen, nicht aber jedes technische Detail des Vermögensverwaltungsprozesses. Eine Aufklärung hierüber ist daher solange entbehrlich, wie der Vermögensverwalter nicht von den üblichen Methoden abweicht und der Kunde nicht ausdrücklich auf einer Aufklärung über die verwendete Methode besteht. Ist die verwendete Methode dagegen ausnahmsweise von beiden Parteien zur Grundlage der Vertragsbeziehung gemacht worden, muss der Vermögensverwalter auf erkennbare Schwächen der Methode hinweisen, da er im Einzelfall nicht mehr einseitig von ihr abweichen kann und sich hieraus ein erhöhtes Risiko für den Kunden ergibt.

4. Auswirkungen der Verhaltenspflichten auf die Gestaltung der Vergütung des Vermögensverwalters Die verschiedenen Gestaltungen, die Vermögensverwaltungsverträge hinsichtlich der Honorarhöhe enthalten, sind bereits dargelegt worden502, so ___________ 499 Dies fordert Esters, Haftung, S. 49 ff., für die technische Analyse, da diese so unzuverlässig sei, dass der Kunde ein erheblich höheres Risiko trage als bei der Fundamentalanalyse. 500 Zu diesen Methoden Schäfer, Anlegerschutz, S. 58 ff.; Lerbinger, AG 1988, 7 ff.; Schanze, AG 1977, 102 ff. S. a. unten S. 905. 501 Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 47 a. E. Anders Esters, Haftung, S. 56, der jeden Vermögensverwalter für verpflichtet hält, das Substanzrisiko durch Nutzung der Fundamentalanalyse zu begrenzen. 502 S. o. S. 80 ff., sowie Konrad, in: Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 47 ff.

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dass im Folgenden unmittelbar auf die Frage der Zulässigkeit bestimmter Gestaltungen eingegangen werden kann. a) Inhaltskontrolle hinsichtlich der Honorarhöhe Das Wertpapierhandelsgesetz enthält keine konkreten Vorgaben über die Honorarhöhe, sondern überlässt sie der Vereinbarung der Parteien. Koller leitet aus der Interessenwahrungspflicht des Vermögensverwalters (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) ab, ein übermäßig hohes Honorar sei unzulässig, da es gegen die Interessen des Kunden verstoße503. Ein Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht liege nicht erst vor, wenn die Honorarhöhe gegen die guten Sitten verstoße, sondern bereits dann, wenn sie nicht mehr der Billigkeit i. S. d. § 315 BGB entspräche. Diese Argumentation setzt zunächst voraus, dass die Interessenwahrungspflicht nicht nur für die Erbringung der Wertpapierdienstleistung gilt, sondern auch für die Vereinbarung der Gegenleistung. Ihrem Wortlaut nach erfasst die Norm nur die Erbringung der Wertpapierdienstleistung selbst504. Ein solch rein formales Verständnis würde dem Zweck der Norm nicht gerecht, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen, in denen die Gegenleistung auch unmittelbaren Einfluss auf die Wertpapierdienstleistung hat. So ist unzweifelhaft, dass Gebührenreiterei mit dem Ziel möglichst hoher Umsatzgebühren nicht im Interesse des Kunden liegt505. Denn die Wertpapierdienstleistungen werden nicht oder nicht überwiegend mit dem Ziel erbracht, das Vermögen des Kunden zu mehren. Vielmehr verfolgt der Vermögensverwalter Eigeninteressen und kauft oder verkauft Wertpapiere nicht allein deshalb, weil es (unter Einbeziehung der Gebühren) sachlich für das Kundendepot geboten wäre. Als unzulässig wird auch der Fall eingeordnet, dass ein Anlageberater durch eine unzulässige Kostenstruktur (versteckte Gebühren) die Anlageentscheidung eines Kunden manipuliert506. Es liegt nahe, aus diesen beiden Fallgruppen die generelle Regel abzuleiten, die Honorarregelung dürfe nur innerhalb der Grenzen der Billigkeit getroffen werden. Nur dann entspräche sie der Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Ein solcher Ansatz übersieht zunächst, dass die Grenzen der Billigkeit ihrerseits schon sehr unbestimmt sind. Weiterhin spricht gegen eine Verallgemeinerung, dass in beiden genannten Fällen nicht nur ___________ 503 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 16. 504 Auch die Gesetzesmaterialien erwähnen die Gegenleistung nicht, vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918, S. 103. 505 Ausführlich dazu unten S. 894 ff. 506 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 16.

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das Honorar, sondern immer auch die Wertpapierdienstleistung mitbetroffen war. Deren Interessengerechtigkeit wurde durch die Honorarreglung beeinträchtigt und allein deshalb waren Kundeninteressen verletzt. Demgegenüber unterliegt die reine Honorarhöhe, insbesondere beim Fixhonorar (zum Erfolgshonorar sogleich), nicht der Interessenwahrungspflicht. Ziel des § 31 WpHG ist es, die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen zu regeln und ein bestimmtes Niveau an Anlegerschutz sicherzustellen. Dies bedeutet nicht, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Gegenleistung altruistisch zu sein hat. In Bezug auf die Gegenleistung unterliegen die Parteien der Vertragsfreiheit. Erst wenn die Ausgestaltung der Gegenleistung konkrete Auswirkungen auf die Erbringung der Wertpapierdienstleistung hat, kann als Schranke die Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG eingreifen. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass das Honorar der Vermögensverwalter frei vereinbart werden kann und nur ausnahmsweise der Grenze des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG unterliegt. Eine generelle aufsichtsrechtliche Billigkeitskontrolle ist abzulehnen. Grenzen hinsichtlich der Höhe der Honorarvereinbarung ergeben sich daher nur aus § 138 BGB. Darüber hinaus507 kann §§ 305c, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB einschlägig sein, sofern die Honorarabrechnung intransparent ist. Die Höhe des Honorars selbst ist kontrollfrei (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Nur wenn das Gesetz ausnahmsweise den Preis reguliert, kommt dieser Regelung Richtlinienfunktion zu und sie wird sich an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB messen lassen müssen508. Eine solche ausdrückliche gesetzliche Regel im Hinblick auf die Honorierung eines Vermögensverwalters fehlt. b) Die Zulässigkeit des Anfangshonorars Anfangshonorare zur Abdeckung von Vorlaufkosten sind bei vielen Dienstleistungen üblich und anerkannt. Bei Wertpapierdienstleistungen bestehen die Vorlaufkosten in der technischen Ausstattung, dem Erwerb des Knowhows und dem Aufwand der Erstanlage des Vermögens. Grundsätzlich ist es eine Frage der Zweckmäßigkeit und kaufmännischer Überlegungen, ob man diese Kosten auf den Kunden unmittelbar überwälzt oder ob man sie über die laufenden Einnahmen deckt. Konkrete rechtliche Vorgaben, wie sie etwa für Rechtsanwälte im Hinblick auf die Honorare bestehen, finden sich für Effekten-Vermögensverwalter nicht. ___________ 507 Zum Verhältnis von § 138 BGB und dem früheren AGBG Berger, in: Bankrecht 1998, S. 191, 208 ff. m. w. N. 508 Basedow, in: Münch. Komm BGB4, § 307 Rdn. 14; Heinrichs, in: Palandt, BGB64, § 307 Rdn. 59 m. w. N. zur Rechtsprechung.

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Grenzen der Honorarstruktur können sich daher nur aus allgemeinen Prinzipien ergeben, wobei vorliegend die Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG in Betracht kommt. Erbringt der Vermögensverwalter seine Dienstleistung ausschließlich auf der Basis von Anfangshonoraren, hat er keinerlei Anreiz mehr, die laufende Vermögensverwaltung sorgfältig zu betreuen. Sein Bestreben wird vielmehr die Akquisition möglichst vieler Neukunden sein. Ziel des § 31 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. WpHG ist nicht allein die Vermeidung konkreter Interessenkollisionen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden. Die Norm verpflichtet vielmehr schon im Vorfeld dazu, Situationen zu vermeiden, in denen die Gefahr solcher Kollisionen besteht509. Deshalb sind Anfangshonorare dann unzulässig, wenn sie in Kombination mit der Ausgestaltung der übrigen Honorarstruktur eine Beeinträchtigung der Kundeninteressen begünstigen (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG). Dies ist der Fall, wenn sich der Vermögensverwalter ausschließlich oder überwiegend durch Anfangshonorare finanziert. Mit anderen Worten: Die Honorarstruktur des Vermögensverwalters muss so ausgestaltet sein, dass seine Einnahmen überwiegend aus der laufenden Verwaltung erfolgen. c) Die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren Die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars bei der Vermögensverwaltung ist im Schrifttum bislang nicht ernstlich bezweifelt worden. Von der Branche wird es favorisiert, weil es Anreize biete, das Kundenvermögen besonders gut zu verwalten, doch ist in der Praxis bislang nicht nachgewiesen worden, dass eine Erfolgsbeteiligung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens die Performance nennenswert steigert510. Gegen eine Erfolgsbeteiligung bestehen jedoch nicht nur tatsächliche, sondern auch rechtliche Bedenken. Der Vermögensverwalter wird sich bei einer Erfolgsbeteiligung zur Steigerung seiner Entlohnung unter Umständen auf riskantere, nicht mehr im Anlegerinteresse liegende Geschäfte einlassen511. ___________ 509 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 35 ff. 510 Konrad, in: Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 64. Die von der Branche für eine Erfolgsbeteiligung angeführten Argumente widerlegt Bines, The Law of Investment Management, 5.03[2][a], im Detail. Hierauf kann verwiesen werden. 511 Hierauf wird schon sehr früh in der Diskussion um den Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung hingewiesen, s. o. S. 313 f. und Orth, Vermögensverwaltung, S. 292; Schlembach, Bank-Betrieb 1972, 201, 204, sowie zum US-amerikanischen Recht Bines, The Law of Investment Management, 5.03[2]. Die betriebswirtschaftliche Untersuchung von Raulin, Leistungsorientierte Entlohnung, spricht das Thema nicht an, da es der Autorin nur um die Entlohnung der angestellten Portfoliomanager von Kapitalanlagegesellschaften geht, so dass sie nur Interessenkonflikte zwischen

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Erfolgshonorare könnten damit gegen die Interessenwahrungspflicht verstoßen. Fraglich ist, ob man aus der Tatsache, dass Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern die Vereinbarung eines Erfolgshonorars verboten ist (§§ 49b BRAO, 9 StBerG, 55a Abs. 1 und 2 WPO), Wertungen für die vorliegende Fragestellung ableiten kann. Denn diese Berufsgruppen weisen eine entscheidende Gemeinsamkeit mit Vermögensverwaltern auf. Wesentliches Ziel ihrer Tätigkeit ist ebenfalls die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. (1) Ratio legis des Verbots von Erfolgshonoraren am Beispiel des Anwaltshonorars Das vom Reichsgericht512 entwickelte und vom Bundesgerichtshof 513 übernommene Verbot des Erfolgshonorars (palmarium und quota litis) bei Rechtsanwälten beruht auf der Erwägung, dass die Unabhängigkeit des Anwalts gefährdet würde, wenn kaufmännische Überlegungen seine Sachentscheidungen dominierten514. Zudem bestehe die Gefahr, dass unlautere Mittel eingesetzt würden515. Der Anwalt solle über und nicht in der Sache stehen516; er sei Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO)517. Diese Rechtsprechung ist auf viel Kritik gestoßen518. Denn die Erwägung, ein Verbot der Erfolgshonorare sei nötig, um die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte zu sichern, stößt in der Praxis an die Grenze, dass Kanzleien sehr oft deshalb Abhängigkeiten unterliegen, weil sie auf weitere Aufträge

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512 513 514 515 516 517

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den Managern und der Kapitalanlagegesellschaft untersucht (S. 114 ff.), nicht aber auch Interessenkonflikte zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und den Anlegern. Dies entspricht der unterschiedlichen Konzeption von Investmentfonds und Vermögensverwaltung, da das Management von Investmentfonds keine Rücksicht auf individuelle Anlageziele der Anteilsinhaber nehmen muss. RGZ 115, 141 ff. BGHZ 34, 64 ff.; seitdem ständige Rechtsprechung. BGHZ 34, 64, 73; 39, 142, 146 f.; 51, 290, 293 f.; BGH, NJW 1987, 3203, 3204; BGH, NJW-RR 1990, 948, 949; BGH, NJW 1992, 681, 682. BGHZ 39, 142, 147; BGH, NJW-RR 1990, 948, 949. Hummel, in: Lingenberg u. a., Standesrecht, § 52 Rdn. 13. Dazu BVerfGE 38, 105, 119; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO6, § 1 Rdn. 5 ff.; Hartstang, Anwaltsrecht, S. 276 ff.; kritisch Undritz, Anwaltsgebühren, S. 38 ff. Grundlegend zur Geschichte und zur Einordnung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege Großfeld/Edelkötter, FS Henckel, 1995, S. 311 ff. Zum Meinungsstand Weyland, in: Feuerich/Weyland, BRAO6, § 49b Rdn. 24 ff.; Undritz, Anwaltsgebühren, S. 132 ff.; Schepke, Erfolgshonorar, S. 4 ff., 102 ff.; Grunsky, Gutachten, S. A 80; Hanna, Standesrecht, S. 59 ff.

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von einzelnen großen Klienten hoffen. Gegen einen zwingenden Gegensatz von anwaltlicher Unabhängigkeit und Erfolgshonorar lässt sich weiterhin ins Feld führen, dass das Gesetz durchaus Fälle kennt, in denen der Erfolg des Anwalts belohnt wird, so in § 23 BRAGO (Vergleichsgebühr)519, § 24 BRAGO (Erledigungsgebühr)520, § 36 Abs. 2 BRAGO (Aussöhnung in Ehesachen)521, § 65 Abs. 2 BRAGO (Vergleich im Güteverfahren), § 94 Abs. 3 BRAGO (Vergleich im Privatklageverfahren), § 94 Abs. 5 BRAGO (Einigung beim Sühneversuch), § 124 Abs. 1 BRAGO (Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren nach erfolgreichem Abschluss eines Prozesskostenhilfeverfahrens) sowie § 132 Abs. 3 BRAGO (Vergleich in der Beratungshilfe). Als Erfolgshonorar kann sich auch der Fall darstellen, dass der Rechtsanwalt ein Verfahren, für das seinem Mandanten Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, gewinnt. Bei einem hohem Gegenstandswert steht dem Anwalt statt der geringeren gesetzlichen Vergütung nach §§ 11, 123 BRAGO die volle Kostenerstattung gegen die unterlegene Partei nach §§ 91 Abs. 2 ZPO, 11 BRAGO zu522. Schließlich ist auf § 52 Abs. 2 der von der Bundesrechtsanwaltskammer gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO a. F. verabschiedeten Richtlinien des anwaltlichen Standesrechts hinzuweisen, der Erfolgshonorare zuließ523. Die betroffene Berufsgruppe ging also über lange Zeit von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Erfolgshonorare aus. Deren Sichtweise kann jedoch nur einer von mehreren Faktoren sein, die es zu berücksichtigen gilt. Der Schutz des rechtssuchenden Publikums ist ebenso entscheidend524.

___________ 519 v. Eicken, in: Gerold u. a., BRAGO15, § 23 Rdn. 34 („Als Mitwirkung genügt nicht ein erfolgloses Bemühen des Anwalts, … das auf den später zustande gekommenen Vergleich ohne Einfluß war“). 520 v. Eicken, in: Gerold u. a., BRAGO15, § 24 Rdn. 1 („Es ist deshalb gerechtfertigt, dem RA für den erzielten Erfolg eine besondere Gebühr zuzubilligen“). 521 v. Eicken, in: Gerold u. a., BRAGO15, § 36 Rdn. 13 („Die Aussöhnungsgebühr vergütet … den Erfolg …“). 522 Kritisch dazu Meyer, LZ 1931, Sp. 1058 f.; Schütze, JZ 1979, 239; ders., JZ 1995, 238. 523 Hummel, in: Lingenberg u. a., Standesrecht, § 52 Rdn. 15 ff. Gleiches galt für Steuerberater, vgl. Nr. 23 der Richtlinien für die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 24./25.1.1977, abgedruckt in: Deutsches Wissenschaftliches Steuerinstitut der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, Handbuch des Berufs-, Gebühren- und Kostenrechts 1992, S. 92. 524 Undritz, Anwaltsgebühren, S. 147.

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Das im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelte Verbot des Erfolgshonorars wurde 1994 in § 49b Abs. 2 BRAO gesetzlich verankert525. Die Diskussion um Sinn und Nutzen des ausnahmslosen Verbots eines Erfolgshonorars ist trotzdem nicht zur Ruhe gekommen526. Insbesondere Schepke wendet gegen die Regelung des § 49b Abs. 2 BRAO ein, der Gesetzgeber habe bei der Schaffung des gesetzlichen Verbots von Erfolgshonoraren die Begründung, solche Honorare widersprächen der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts, ungeprüft übernommen. Die befürchteten Nachteile des Erfolgshonorars würden nicht gegen die Vorteile solcher Honorare abgewogen, die gerade armen Klägern die Durchsetzung von Ansprüchen ermöglichen, die sie ansonsten wegen des Kostenrisikos nicht führen würden527. Diese Behauptung trifft jedoch so nicht zu, da der Gesetzgeber diesen Gesichtspunkt durchaus bedacht hat, wie die Neuregelung des § 49b Abs. 1 Satz 2 BRAO, 3 Abs. 5 BRAGO und die Gesetzesbegründung dazu528 zeigen. Zudem kennt das Gesetz die schon genannten Ausnahmetatbestände, so dass von einem vollständigen Verbot des Erfolgshonorars keine Rede mehr sein kann529. An diesem Befund hat die Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes im Jahre 2004530 nichts geändert; das Gesetz geht vom grundsätzlichen Verbot des Erfolgshonorars aus531, lässt aber wei___________ 525 Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2.9.1994, BGBl. I 2278. Parallel dazu wurde das Verbot des § 9 StBerG durch das 6. Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24.6.1994, BGBl. I 1387, neugefasst, und durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung vom 15.7.1994, BGBl. I 1569, ein vergleichbares Verbot für Wirtschaftsprüfer eingeführt (§ 55a Abs. 1 und 2 WPO). 526 Hartmann, Kostengesetze26, § 3 BRAGO Rdn. 36 ff.; Schepke, Erfolgshonorar, S. 102 ff.; Henssler, NJW 2005, 1537, 1539 f. 527 Schepke, Erfolgshonorar, S. 146 („Zugang zum Recht“). 528 Begründung des RegE zu § 49b Abs. 1 BRAO, BT-Drucks. 12/4993, S. 31. Anders die Begründung zum RegE des § 55a WPO, den die Bundesregierung nur mit der Gefährdung der Unabhängigkeit des WP begründet, vgl. BR-Drucks. 361/93, S. 95. Bei der Änderung des § 9 StBerG fehlen vergleichbare Erwägungen der Bundesregierung, vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 794/93, S. 30 f. Dort wird allein auf die Sittenwidrigkeit des Erfolgshonorars angestellt. 529 Als nicht standes- und damit sittenwidrig wurde und wird auch ein Erfolgshonorar angesehen, das ein inländischer Anwalt aufgrund eines – ausländischem Recht unterliegenden – Anwaltsvertrags erhielt, vgl. Bendref, AnwBl. 1998, 309 ff. 530 Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 5.5.2004, BGBl. I 718. 531 Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, § 1 Rdn. 251 f.; Römermann, in: Hartung/Römermann, RVG, § 4 Rdn. 80; Podlech-Trappmann, in: Bischof/Jungbauer/PodlechTrappmann, RVG, § 4 Rdn. 20, 32.

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terhin Ausnahmen zu532. Das deutsche Recht nähert sich funktional damit allmählich der Regelung Englands und Wales an. Dort sind Erfolgshonorare ebenfalls verboten. Der Gesetzgeber lässt seit 1995 in bestimmten Fällen aber Ausnahmen zu533, in denen öffentliche Interessen und Interessen Dritter nicht betroffen sind (z. B. Klagen wegen Körperverletzung). In einem zweiten Schritt erfolgte eine generelle Zulassung des Erfolgshonorars in Kombination mit bestimmten Verbotstatbeständen534. Gleichgültig wie man sich zu der Frage der Zulassung von Erfolgshonoraren stellt, zeigt sich, dass gegen eine Übertragung der genannten Wertung aus dem Anwaltsrecht auf die Vermögensverwaltung entscheidende Gesichtspunkte sprechen. Wenn schon die Frage, ob Erfolgshonorare die Unabhängigkeit des Anwalts gefährden, derart streitig ist, kann nicht von einem allgemein gültigen Erfahrungssatz ausgegangen werden, der sich auf andere Berufszweige übertragen ließe. Hinzu kommt, dass das gesetzliche Verbot zahlreiche Ausnahmen für gütliche Einigungen und nichtforensische Tätigkeiten kennt. Gegen eine Übertragung auf die Vermögensverwalter spricht aber vor allem die Tatsache, dass der Vermögensverwalter im Gegensatz zum Anwalt kein Organ der Rechtspflege ist, das auch im Interesse der Aufrechterhaltung der staatlichen Rechtsordnung tätig wird. Damit rückt ein anderer Aspekt in den Mittelpunkt, nämlich der Schutz der Mandanten vor Übervorteilung und Übereilung535 bei der Beauftragung eines Anwalts bei Rechtsstreitigkeiten. Dieser Gesichtspunkt, der im österreichischen und US-amerikanischen Recht536 die Diskussion über die Grenzen von Erfolgshonoraren dominiert, wird zur Begründung des deutschen Verbots nur selten genannt537. Der Rechtssuchende wird im Fall einer Erfolgshonorarvereinbarung den zu erwartenden Arbeitsaufwand, die Verfahrensdauer und die Erfolgsaussichten nur höchst selten selbst einschätzen können, so dass im Ergebnis der Anwalt einen Informationsvorsprung ge___________ 532 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks. 15/1971, S. 232; s. a. Henssler, NJW 2005, 1537, 1539 f. 533 Conditional Fee Agreements Order 1995 (S.I. 1995, No. 1674) und Conditional Fee Agreements Regulations 1995 (S.I. 1995 N0. 1675). 534 Siehe s. 27 Access to Justice Act 1999; Schepke, Erfolgshonorar, S. 101 m. w. N. 535 Dieser Aspekt stand auch bei dem römisch-rechtlichen Verbot des pactum de quota litis im Vordergrund, ausführlich Schepke, Erfolgshonorar, S. 147 f. m. w. N.; s. a. Gattiker, Erfolgshonorar, S. 49 ff. 536 Nachweise bei Schepke, Erfolgshonorar, S. 147 Fn. 1 und 148 ff. 537 BGHZ 39, 142, 147 f. Da der BGH (NJW 1987, 3203, 3204) nur auf die abstrakte Gefährdung der Unabhängigkeit abstellte, kam es ihm nicht auf eine konkrete Gefährdung oder eine Übervorteilung des Mandanten an; ebenso BGH, NJW 1992, 681, 682.

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nießt. Um diesen auszugleichen, müsste der Mandant sich selbst in den Fall einarbeiten. Dies stellt einen unzumutbaren und prohibitiv hohen Aufwand dar. Die Möglichkeit, einen zweiten Juristen zur Kontrolle des ersten einzuschalten, ist ebenfalls unzumutbar. Normalerweise ist der Markt in der Lage, für ein angemessenes Preis-/Leistungsverhältnis zu sorgen. Im Falle einer Informationsasymmetrie kann dieser Marktmechanismus außer Kraft gesetzt sein. Dann aber besteht die Gefahr, dass sich die schlechtere Leistung am Markt durchsetzt (market for lemons538). Sofern unerfahrene Mandanten allein nach dem Preis urteilen, kann ein Anwalt ohne Gefahr der Auftragseinbuße die Qualität seiner Leistung reduzieren, zumal auch eine nachträgliche Kontrolle der Anwaltstätigkeit nur höchst selten in Form von Regressen erfolgt. Gute Anwälte können sich, um konkurrenzfähig zu bleiben, ebenfalls gezwungen sehen, ihre Preise und langfristig auch ihre Leistungen zu reduzieren. Einen gewissen Schutz vor negativen Folgen der Informationsasymmetrie bieten Markennamen und der Ruf einer Firma539. Firmen, die einen Ruf zu verlieren haben, können sich keine Qualitätseinbuße leisten. Da kleine und mittlere Anwaltskanzleien aufgrund ihres oft begrenzten Wirkungskreises seltener einen in weiten Bevölkerungskreisen bekannten guten Ruf zu verteidigen haben, der dem eines Markennamens vergleichbar ist, kann sich dieser an sich vorhandene Kontrollfaktor bei der Anwaltswahl nicht immer auswirken. Zudem treten viele Mandanten zum ersten Mal mit dem Berufstand in Kontakt. Die in der BRAGO festgelegten Mindestgebühren stellen also einen Schutz vor der Ausnutzung von Informationsasymmetrien dar540. Parallel dazu verhindert das Verbot von Erfolgshonoraren, dass der Anwalt seinen Wissensvorsprung in Bezug auf die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits missbraucht541. Überträgt man diese Überlegungen auf die Vermögensverwaltung, zeigen sich beträchtliche Unterschiede. Der Vermögensverwalter hat ebenfalls ein überlegenes Fachwissen im Hinblick auf die Vermögensanlage. Im Unterschied zum Rechtsstreit handelt es sich bei der Vermögensverwaltung aber nicht um einen einmaligen Auftrag, der spätestens mit der Entscheidung der letzten Instanz beendet ist, sondern um eine auf Dauer angelegte Leistung, ___________ 538 Akerlof, 84 Quarterly Journal of Economics (1970), 488 ff. 539 Akerlof, 84 Quarterly Journal of Economics (1970), 488, 500. 540 So im Ergebnis auch die Begründung der Bundesregierung im RegE zu § 49b Abs. 1 BRAGO, BT-Drucks. 12/4393, S. 31: „Der Verlockung, sich einen „besonders preisgünstigen“ Anwalt zu suchen, ist das rechtssuchende Publikum nicht ausgesetzt, es kann sich frei von solchen Erwägungen für den Anwalt des Vertrauens entscheiden“. Bei der Änderung des § 9 StBerG fehlen vergleichbare Erwägungen der Bundesregierung, vgl. Begründung zum RegE BR-Drucks. 794/93, S. 30 f. 541 Schepke, Erfolgshonorar, S. 155.

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so dass der Vermögensverwalter einer langfristigen Kontrolle durch seine Klientel unterliegt. Demgegenüber beschränkt sich der Kontakt zum Anwalt in vielen Fällen auf einen einzigen Rechtsstreit mit der Folge, dass es dem Mandanten kaum gelingen kann, die Qualität der gebotenen Leistung zu kontrollieren. Hinzu kommt, dass für die Vermögensverwaltung ein Markt existiert, auf dem gut vergleichbare Leistungen angeboten werden. Die Performance des Vermögensverwalters lässt sich gerade messen542 und seriöse Vermögensverwalter bieten ihrer Klientel eine jährliche Erfolgsbilanz543. Anders als bei einem Rechtsstreit ist der Mandant auch nicht gezwungen, einen Vermögensverwalter zu engagieren; er kann mit Hilfe einer guten Anlageberatung vergleichbare Ergebnisse erzielen. Die Wertungen, die dem Verbot von Erfolgshonoraren bei Rechtsanwälten zugrunde liegen, lassen sich damit nicht auf die Vermögensverwaltung übertragen. Aufgrund der Unterschiede beider Berufsgruppen und der höheren Transparenz am Markt für Vermögensverwaltung sprechen keine Argumente für ein prinzipielles Verbot des Erfolgshonorars bei Vermögensverwaltern. Es können sich jedoch aus dem Gebot der Interessenwahrung Argumente gegen einzelne Formen des Erfolgshonorars ergeben. (2) Wertungen des Wertpapierhandelsgesetzes § 31 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. WpHG verfolgt nicht nur das Ziel, konkrete Interessenkollisionen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden zu verhindern. Die Norm verpflichtet die Wertpapierdienstleistungsunternehmen vielmehr schon im Vorfeld, nach Möglichkeit alle Situationen zu vermeiden, in denen die Gefahr solcher Interessenkollisionen besteht544. Erfolgshonorare können im Einzelfall unzulässig sein, wenn sie in Kombination mit der Ausgestaltung der übrigen Honorarstruktur eine Beeinträchtigung der Kundeninteressen begünstigen. Verschiedene Fallgruppen sind zu unterscheiden: – Wenn sich Vermögensverwalter ausschließlich oder überwiegend durch Erfolgshonorare finanzieren, sind sie während einer Baisse einkom___________ 542 Aus diesem Grund plädieren auch Franks/Mayer, Risk, S. 141 f., in ihrer wirtschaftswissenschaftlichen Analyse der Problematik für mehr Transparenz am Markt statt für eine gesetzliche Festschreibung von Gebühren oder gar Berufseingangsvoraussetzungen. Letzteres würde den Marktzutritt und das Auftreten von Billiganbietern erschweren. Zu der in Deutschland streitigen Frage, ob Performancemessungen oder ein Benchmarking vorgeschrieben werden sollten, s. u. S. 913 f. 543 Vgl. die Angaben des Anbieterverzeichnisses Deutschland von Konrad/Brockes, Vermögensverwaltung 1997, S. 245 ff. 544 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 27.

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menslos545 und müssen zu riskanteren Geschäften Zuflucht nehmen, um überhaupt ein Einkommen zu erzielen546. Das Honorar auf einer „all-ornothing-Basis“ setzt starke negative Anreize, da der Vermögensverwalter keine Verluste im Kundenvermögen tragen muss, aber alles tun wird, um die Gewinnschwelle für das Honorar zu überschreiten. In einem solchen Verhalten kann eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht liegen, wenn die risikoreiche Anlagestrategie nicht mit den Zielen des Vermögensverwaltungskunden übereinstimmt. Eine solche Honorarregelung wirkt sich dann unmittelbar auf die Erbringung der Wertpapierdienstleistung aus, so dass die in § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG niedergelegte Interessenwahrungspflicht entsprechend den oben beschriebenen Grundsätzen als Grenze der Honorarvereinbarung anzusehen ist. Das Risiko einer Benachteiligung der Kunden steigt, je kleiner das Institut ist. Ein Universalkreditinstitut kann aufgrund der Einnahmen in anderen Geschäftssparten einen Totalausfall der Abteilung für Vermögensverwaltung eher verkraften als ein Finanzportfolioverwalter ohne sonstige Geschäftsfelder. Da die Vermögensverwaltung jedoch auch bei den Universalkreditinstituten für einen immer größeren Anteil am Jahresgewinn verantwortlich ist, lassen sich auch hier negative Anreize nicht gänzlich ausschließen. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter sehr häufig erfolgsabhängig bezahlt werden. Daher kann auch bei einem Universalkreditinstitut der Anreiz zu riskanten und kundenbenachteiligenden Geschäften bestehen, wenn die Mitarbeiter der Abteilung für Vermögensverwaltung um ihre arbeitsvertraglich vereinbarte Erfolgsbeteiligung fürchten müssen. Die Größe des Instituts allein ist damit nicht ausschlaggebend. – Um zu erreichen, dass der Vermögensverwalter an seinem eigenen Erfolg gemessen wird und nicht an Marktentwicklungen, die er nicht beeinflussen kann, könnte man die Erfolgskomponente an das Überschreiten eines Marktindex der jeweiligen Anlageobjekte binden (vertraglich vereinbarte Benchmark)547. Das Erfolgshonorar wird nur dann bezahlt, wenn die Performance des Vermögensverwalters besser als der Marktdurchschnitt war. Zum einen ist die Berechnung jedoch kompliziert, da der je___________ 545 Dies übersieht Demuth, in: Brunner/Vollath, Handbuch Finanzdienstleistungen, S. 317 f., der meint, dass der Vermögensverwalter seinen langfristigen Erfolg nicht dadurch gefährden werde, dass er kurzfristig risikoreich handele. 546 Für bedenklich halten dies auch Andres/Heuft, Fondspicking, S. 24; Reichling, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 1059. 547 Hierzu und zum Folgenden detailliert Reichling, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement2, S. 1071 f. Eine genaue Benchmark-Berechnung findet sich – unter dem Gesichtspunkt der Entlohnung von Portfoliomanagern einer Kapitalanlagegesellschaft – bei Raulin, Leistungsorientierte Entlohnung, S. 135 ff.

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weilige Betakoeffizient der im Portfolio enthaltenen Einzeltitel einzubeziehen ist, um eine zutreffende Berechnung zu erhalten. Zum anderen erscheint es als sehr fraglich, ob sich eine solche Regelung am Markt durchsetzen wird, da sie für den Kunden zu intransparent ist. Unterstellt man ihre Praxistauglichkeit, kann sie sich gleichwohl auch als interessenschädigend erweisen. Hat der Vermögensverwalter in einem Jahr schlecht gewirtschaftet, bleibt er völlig ohne Entgelt und muss trotzdem seine Gemeinkosten aufbringen. Der Anreiz, kurz vor Jahresende das Steuer noch herumreißen zu wollen, kann in einer solchen Situation übergroß werden. Eine Verletzung von Kundeninteressen ist auch bei dieser Art der Entlohnung vorprogrammiert. – Als unzulässig anzusehen sind auch Erfolgshonorare oder Erfolgskomponenten, die als Gewinnschwelle eine so hohe Mindestrendite festlegen, dass sie faktisch nur durch hochspekulative Geschäfte zu erreichen ist548. Wie die Darstellung der Praxis549 gezeigt hat, werden auch nach Inkrafttreten des Wertpapierhandelsgesetzes weiterhin derartige Vereinbarungen getroffen, wonach ein Erfolgshonorar erst ab einer absoluten Rendite von 15–25 % zu zahlen ist. Dies stellt einen Verstoß gegen § 31 WpHG dar. – Die Honorarstruktur des Vermögensverwalters muss daher so ausgestaltet sein, dass seine Einnahmen ganz überwiegend aus der laufenden Verwaltung erfolgen. Es ist daher nur eine Kombination von Verwaltungsund Erfolgshonorar zulässig550. Möglich ist auch die Ausgestaltung einzelner Mandate auf Erfolgsbasis, wenn gewährleistet ist, dass der Vermögensverwalter durch die übrigen Mandate feste Gebühren erhält und so sein Einkommen sichert. – Die Erfolgskomponente darf nicht so ausgestaltet sein, dass sie Anreize zu einem die Kundeninteressen verletzenden Verhalten gibt551. Die Be___________ 548 Dies halten Andres/Heuft, Fondspicking, S. 26, offenbar für unproblematisch. 549 Oben S. 80 ff. Auch in neuesten Anbieterverzeichnissen finden sich noch Vermögensverwalter, deren Erfolgshonorar vom Überschreiten einer Gewinnschwelle zwischen 2 % und 15 % abhängt, vgl. Konrad, Vermögensverwaltung 2001, S. 189, 201, 202, 217. 550 Diesen Standpunkt nimmt auch das US-amerikanische Recht ein. Nachdem bis 1985 nur Verwaltungsgebühren (Management Fees) zulässig waren, sind seitdem auch Performance Fees erlaubt, sofern das zu verwaltende Vermögen 500.000 US $ übersteigt und der Investor über ein Nettovermögen von mindestens 1 Mio. US $ verfügt, vgl. Gustafson, Investment Management in an Investment Banking Firm, in: Williamson, The Investment Banking Handbook, S. 249 f. 551 Zurückhaltender Hopt, Investment Management Law, S. 187, 192 f., der derzeit noch keine Notwendigkeit für aufsichtsrechtliche Vorgaben bei der Preisgestaltung sieht.

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rechnung des Erfolgs darf daher nicht vom Überschreiten einer ungewöhnlich hohen Erfolgskomponente (Zuwachs des Depots) abhängig gemacht werden. Die Höhe der Komponente muss sich insbesondere nach der vereinbarten Anlagestrategie richten. So würde eine Erfolgkomponente „Wertzuwachs von 15 %“ bei einem konservativ angelegten Vermögen falsche Anreize setzen, da sie mit Renten kaum zu erzielen ist. d) Entlohnung der Mitarbeiter des Vermögensverwalters Nicht nur die Honorarvereinbarung des Kunden mit dem Vermögensverwalter, sondern auch eine unzureichend ausgestaltete, leistungsabhängige Entlohung der Mitarbeiter des Vermögensverwalters kann Anreize zur Manipulation schaffen oder unerwünschte Nebeneffekte in Bezug auf das Mitarbeiterverhalten und die Unternehmenskultur mit sich bringen552. Allerdings ist nicht jede Form der leistungsabhängigen Vergütung unzulässig, sondern nur eine solche, die Anreize setzt, die Kundeninteressen außer Acht zu lassen553. Angestellte Portfoliomanager dürfen daher nicht allein nach dem individuell-quantitativen Ergebnis entlohnt werden. Vielmehr ist auch die Qualität einzubeziehen; längere Beurteilungszeiträume sind zugrunde zu legen, um Anreize für kurzfristige Manipulationen zu beseitigen554. e) Churning Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat ein Interesse an einer möglichst hohen Vergütung, der Kunde dagegen an einer möglichst niedrigen. Dieser Interessengegensatz ist in jedem entgeltlichen Vertrag angelegt. Bei der Vermögensverwaltung gewinnt er in den Fällen an Schärfe, in denen eine Vergütungsregelung vereinbart ist, die direkt oder indirekt von der Zahl der Transaktionen abhängt. Denn in diesem Fall kann der Vermögensverwalter über vermehrte Depotumschichtungen sein Einkommen steigern. Er gewinnt damit Einfluss auf die Höhe der ihm zustehenden Gegenleistung555 und steht damit in einem Interessenkonflikt. Er hat ein Interesse an hohen Gebühren und damit zahlreichen Transaktionen. Demgegenüber entsprechen ___________ 552 Hierzu und zum Folgenden Raulin, in: Kleeberg/Rehkugler, Handbuch Portfoliomanagement1, S. 1014. 553 Ebenso Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 31 Rdn. 84; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 17. 554 Grundlegend (allerdings bezogen auf die Portfoliomanager der Kapitalanlagegesellschaften) Raulin, Leistungsorientierte Entlohnung, S. 171 ff., auf deren Untersuchung zu einer angemessenen Anreizstruktur verwiesen werden kann. 555 Dass das Recht solche Gestaltungen nicht als generell verboten ansieht, belegt § 315 BGB.

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häufige Depotumschichtungen dem Interesse des Kunden nur dann, wenn die Umschichtung des Depots der Verwirklichung seiner Anlageziele dient und der durch die häufigen Umschichtungen zu erwartende Vermögenszuwachs größer ist als die Transaktionskosten. Ein Verhalten, bei dem der Vermögensverwalter aus Eigeninteressen zu häufig das Depot umschichtet, wird als Gebührenreiterei (Churning oder Excessive Trading) bezeichnet und verstößt unstreitig gegen die Interessenwahrungspflicht556. Indiz für das Vorliegen eines solchen interessewidrigen Verhaltens ist das Verhältnis von Umschichtungen zum gesamten Anlagekapital557. Fälle von extrem häufigen Depotumschichtungen werden in unregelmäßigen Abständen immer wieder bekannt558. Der deshalb bestehende Interessenkonflikt lässt sich durch Aufklärung des Kunden nicht beseitigen559. Da der Interessenkonflikt per se bei allen Anlageberatungen und Vermögensverwaltungen besteht, bewirkt eine Aufklärung nur, dass der Kunde misstrauisch wird, ohne dass ihm eine alternative Anlageform ohne derartige Konfliktlagen eröffnet würde oder zur Verfügung stünde. Zwei Wege der Abhilfe bieten sich an: Der bestehende Interessenkonflikt lässt sich dadurch vermeiden, dass die Vergütung des Vermögensverwalters auf Pauschalgebühren (All-In-One-Fee) umgestellt wird560 und der Anreiz für häufiges Umschichten entfällt. Will das Unternehmen keinen derartigen Schritt wagen, bleibt als entscheidender Ansatzpunkt zur Wahrung der Kun___________ 556 BGH, WM 1995, 100, 101 f.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 133; Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 221 f. sowie 223; Holl/Kessler, RIW 1995, 983 f.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 480; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 61; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 335; Rössner/Arendts, WM 1996, 1517 ff.; Schäfer, BuB Rdn. 11/39. Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 32 Rdn. 5, stellt zu Recht fest, dass bei der Anlageberatung auch das Verbot des § 32 Abs. Nr. 1 WpHG einschlägig ist. 557 Einzelheiten zur Berechnung bei Rössner/Arendts, WM 1996, 1517, 1519 ff.; Holl/Kessler, RIW 1995, 983 f., die insbesondere abstellen auf die Anzahl der Transaktionen im Verhältnis zur Anlagestrategie, auf die Umsatzhäufigkeit, auf die Breakeven-Betrachtung, auf die Untersuchung, ob ein In-And-Out-Trading in demselben Wert stattfand, und auf die Commission-to-Equity-Relation. 558 Vgl. die Beschreibung einschlägiger Fälle bei Hemker, in: Cramer/Rudolph, Anlageberatung, S. 727, 729; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 480 sowie BGH WM 2004, 1768. 559 Ebenso Drygala, ZHR 159 (1995), 686, 728; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 61; a. A. wohl OLG Düsseldorf, ZIP 1994, 1765. 560 In der Schweiz geht deshalb die Branche zu einer All-In-One-Fee des Vermögensverwalters über, vgl. Schäfer, BuB Rdn. 11/47 Fn. 2.

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deninteressen nur ein entsprechendes Verhalten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Es unterliegt der Pflicht, nur solche Transaktionen vorzunehmen, die unter Einbeziehung aller Kosten im besten Interesse des Kunden liegen561. f) Kick-Back-Vereinbarungen Vereinbarungen, wonach der Vermögensverwalter von der depotführenden Bank anteilig an den vom Kunden zu zahlenden Provisionen beteiligt wird („Kick-Back-Vereinbarungen“) oder von Investmentgesellschaften Bestandspflegeprovisionen erhält, bergen die Gefahr einer Verletzung der Anlegerinteressen. Erhält der Vermögensverwalter von bestimmten Instituten erhöhte Rückvergütungen, Provisionen oder kostenlose Researchergebnisse, wird er tendenziell Geschäfte mit diesen Instituten bevorzugen, selbst wenn dies für den Kunden nicht die beste Wahl darstellt562. Teil B Ziff. 1.2 WohlVerh-RL bestimmt daher, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden hierüber in allgemeiner Form aufzuklären hat und auf Nachfrage Einzelheiten offen legen muss. Die Aufklärung erlaubt dem Kunden eine Entscheidung darüber, ob er nicht zu einem anderen Vermögensverwalter wechseln will. Ein Teil des Schrifttums hält solche Kick-Back-Vereinbarungen für unzulässig bzw. fordert deren Verbot563. Bei der Klärung dieser Frage ist zunächst die zivilrechtliche Seite einzubeziehen. Nach §§ 675 Abs. 1, 667 BGB hat der Vermögensverwalter alles, was er im Rahmen der Geschäftsbesorgung erlangt hat, an den Kunden herauszugeben. Hierzu zählen unstreitig Rückvergütungen und Bestandspflegeprovisionen564. Grundsätzlich müssen der Vermögensverwalter und auch die depotführende Bank den Kunden darüber aufklären, dass Rückvergütungsvereinbarungen bestehen. Ungeklärt ist bislang die Frage, ob auch die genaue Höhe der Kick-Back-Zahlungen anzugeben ist. Der Kunde kann auf den Anspruch auf Auszahlung der Rückvergütungen verzichten. Um die Reichweite seines Verzichts und evtl. durch die Kick-Backs verursachter Interessenkollisionen erkennen zu können, muss man ihn daher über den Umfang der Zahlungen aufklären.

___________ 561 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 61. 562 BGH, WM 2001, 297, 298 mit zust. Anm. Tilp, EWiR 2001, 255 f.; kritisch dagegen Balzer, ZIP 2001, 232 ff. 563 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 74 m. w. N. 564 Statt vieler Balzer, Vermögensverwaltung, S. 131 m. w. N.

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Verhaltenspflichten vor und bei Vertragsabschluss

Hat der Vermögensverwalter keine abweichende Vereinbarung getroffen, die als solche zulässig ist565, muss er die eingenommenen Gelder dem Kunden herausgeben. Im Ergebnis würde damit kein Interessenkonflikt bestehen, wenn der Vermögensverwalter von vornherein weiß, dass er die Gelder ohnehin nicht behalten darf. Diese Sichtweise entpuppt sich jedoch als theoretisch. In der Praxis wird die Pflicht zur Auskehrung teilweise abbedungen, sehr oft aber werden diese Vergütungen ganz verschwiegen566 oder im „Kleingedruckten“ versteckt567. Dem Verfasser sind im Rahmen der rechtstatsächlichen Untersuchung Fälle bekannt geworden, in denen der Vermögensverwalter nach In-Kraft-Treten des Wertpapierhandelsgesetzes lieber auf solche Provisionen verzichtete als diese den Kunden zu offenbaren. Die Vermögensverwalter befürchten, dass der Kunde ihre Neutralität anzweifelt, so dass der Schaden für den Vermögensverwalter höher ist als der Nutzen aus den Provisionen. Eine Aufklärung vermeiden die Vermögensverwalter daher möglichst. Die von der BaFin favorisierte Aufklärung zur Entschärfung des Interessenkonflikts568 erweist sich damit als wenig praxistauglich und sollte im Zuge der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung durch ein generelles Verbot der Rückvergütungen ersetzt werden. Hierfür spricht auch ein ökonomisches Argument. Wenn der Vermögensverwalter Provisionen von der depotführenden Bank erhält, kann er seine Leistung günstiger anbieten. Viele Vermögensverwalter argumentieren daher, dass sie ohne Rückvergütungen ihre Honorare erhöhen müssten, so dass dem Kunden nicht gedient sei. Diese Sichtweise verkennt, dass die depotführende Bank ohne die Zahlung von Rückvergütungen die Depotgebühren senken kann und der Vermögensverwalter – frei von Eigeninteressen – dann für den Kunden diejenige Bank auswählt, welche die niedrigsten Depot- und Transaktionsgebühren verlangt. Im Ergebnis würde der Kunde also finanziell nicht benachteiligt, könnte aber sicher sein, dass die Auswahl der Depotbank und die Anlageentscheidungen allein aufgrund sachlicher Erwägun___________ 565 Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 359, der auch auf die Schwierigkeiten bei der Frage, ob eine solche Vereinbarung einer AGB-Kontrolle standhält, eingeht. 566 Vgl. nur die zahlreichen Urteile bei Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 358 sowie BGH, WM 2001, 297 = ZIP 2001, 230 mit abl. Anm. Balzer und Schwennicke, EWiR 2002, 893 f.; LG Stuttgart, BKR 2003, 842 mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 169 f. 567 LG Düsseldorf, ZIP 2004, 2089 mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 1073 f. 568 Ebenso für die Vermögensverwaltung Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 48.

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gen und nicht auch aufgrund finanzieller Eigeninteressen des Vermögensverwalters erfolgen. Jedes beteiligte Institut würde nur für die Leistung entlohnt, die es tatsächlich auch erbringt. Das derzeitige, durch Rückvergütungen etablierte Mischsystem verhindert dagegen eine an der individuellen Leistung des Vermögensverwalters ausgerichtete Preisbildung, da der Vermögensverwalter bei Rückvergütungen für die Treue zu einer depotführenden Bank entlohnt wird, ohne dass dem Kunden hierdurch unbedingt erkennbare Vorteile erwachsen. Im Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht wurde bereits betont, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich gehalten ist, den jeweils geeignetsten Weg zu wählen. Der Interessenkonflikt aus Rückvergütungen lässt sich durch Aufklärung nicht verhindern, wohl aber durch einen vollständigen Verzicht auf Rückvergütungen. Deshalb folgt aus § 31 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. WpHG die Pflicht, auf solche Vergütungen ganz zu verzichten569.

VII. Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung 1. Pflicht zur Verwaltung im Rahmen der Anlagerichtlinien und Weisungen a) Grundsatz Es ist unstreitig, dass der Vermögensverwalter verpflichtet ist, mit dem Kunden vereinbarte Anlagerichtlinien auch zu beachten570. Dieser Standpunkt wird auch von denjenigen geteilt, die den Vermögensverwalter nicht ___________ 569 Dabei ist eine Geringfügigkeitsschwelle anzuerkennen. Allgemein übliche Werbe- und Weihnachtsgeschenke werden den Vermögensverwalter nicht in seinen Entscheidungen beeinflussen, ebenso Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 73. 570 BGHZ 137, 69 = WM 1998, 21 („Iraner-Fall“) mit zust. Anm. Emmerich, JuS 1998, 367, 368; BGH, WM 2002, 1177 mit Anm. Balzer, EWiR 2002, 861 f. und Gramlich/Mai, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 1.02; OLG Düsseldorf, WM 1991, 94 mit zust. Anm. Eike Schmidt, EWiR 1991, 143; OLG Karlsruhe, WM 2001, 805 mit Anm. Balzer, EWiR 2001, 57 f. und Schwennicke, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 2.01; LG München I, WM 1999, 179 mit Anm. Balzer, EWiR 1999, 249 f. und Eichhorn, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 1.99; Horn/Balzer, EWiR 1998, 109, 110; Müller, in: Schäfer/Müller, Wertpapierdienstleistungen, Rdn. 284; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 17 f. Eine entsprechende Pflicht findet sich im englischen Trustrecht, Underhill/Hayton, Trusts15, S. 468 ff.

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Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung

für verpflichtet halten, überhaupt Anlagerichtlinien zu vereinbaren571. Die Anlagerichtlinien sind als abstrakte Weisungen zur Ausführung der Geschäftsbesorgung zu qualifizieren und ihre Beachtung ist zentraler Bestandteil der Interessenwahrung. Neben der Beachtung der abstrakten Weisungen ist der Vermögensverwalter verpflichtet, zusätzlich im Einzelfall erteilte konkrete Weisungen des Kunden umzusetzen. Denn der Vermögensinhaber ist als Geschäftsherr nach §§ 675 Abs. 1, 611 BGB stets zu Weisungen berechtigt. Passen die Einzelweisungen nicht zur bislang vereinbarten Anlagestrategie, muss der Vermögensverwalter den Kunden hierüber aufklären und ggf. auf eine Änderung der Anlagerichtlinien hinwirken. Ist der Vermögensverwalter von dem Wert, dessen Anschaffung der Kunde im Wege der Einzelweisung wünscht, nicht überzeugt, sollte er den Wert in ein separates Depot legen und dies dem Kunden mitteilen. Zum einen unterliegt dieser Wert dann nicht mehr seiner fortlaufenden Beobachtungspflicht, zum anderen kann der Wert dann nicht die Performance bzw. die erfolgsabhängige Komponente der Vergütung beeinträchtigen. Sind die Anlagerichtlinien vage gehalten und damit auslegungsbedürftig, hat der Vermögensverwalter diejenige Auslegung zu wählen, die den Anlagezielen und den finanziellen Verhältnissen des Kunden am besten gerecht wird. Aus der Interessenwahrungspflicht folgt somit der Grundsatz der interessenwahrenden Auslegung der Richtlinien. b) Grenzen Grenze der Anlagerichtlinien und der Einzelfallweisungen des Kunden ist die Verpflichtung des Vermögensverwalters zur Einhaltung des zwingenden Rechts. Weiß der Vermögensverwalter, dass die Weisung des Kunden strafrechtlich relevant ist (etwa bei Ausnutzung von Insiderwissen oder der Weisung des Kunden zur Vornahme von Kursmanipulationen), darf und muss er ihre Umsetzung verweigern572. Denn seine vertragliche Verpflichtung besteht nur in den allgemeinen Grenzen der Rechtsordnung. Zudem muss er sich nicht dem Risiko eines Ermittlungsverfahrens wegen Beihilfe zu einer Straftat aussetzen.

___________ 571 Dazu oben S. 870 ff. 572 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 31 Rdn. 56 a. E.; Hopt, in: BankrechtsHandbuch2, § 107 Rdn. 63. Ebenso für das englische Trustrecht Underhill/Hayton, Trusts15, S. 470.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Die Interessenwahrungspflicht könnte gebieten, dass der Vermögensverwalter Insiderwissen zugunsten seiner Kunden nutzt573. Wie bereits im Zusammenhang mit der Informationspflicht erörtert, ist der Vermögensverwalter jedoch nur im Rahmen der geltenden Gesetze interessenwahrungspflichtig und muss keine Straftaten zugunsten seiner Kunden begehen. Soweit der Vermögensverwalter daher über Insiderinformationen verfügt, ist es ihm untersagt, aufgrund dieser Tatsachen Insiderpapiere für sich oder Dritte zu erwerben oder zu veräußern oder solche Papiere zum Erwerb oder zur Veräußerung zu empfehlen. Von § 14 Abs. 1 WpHG nicht erfasst ist dagegen das bloße Unterlassen des Erwerbs oder der Veräußerung aufgrund des Insiderwissens574. Erfährt der Vermögensverwalter also, dass ein Wertpapier drastisch überbewertet ist, kann er den geplanten Erwerb für Kundendepots straflos unterlassen. Auch darf er bei einem unterbewerteten Wertpapier, das er eigentlich aus den Kundendepots hatte verkaufen wollen, von einem Verkauf Abstand nehmen, wenn er Insiderinformationen erhält, wonach eine erhebliche Kurssteigerung bevorsteht. In den beiden genannten Fällen muss der Vermögensverwalter also das Insiderwissen für seine Kunden nutzen; eine bloße Untätigkeit stellt in diesen Fällen keine Straftat dar. Der früher einmal gefasste Kauf-/Verkaufsentschluss begründet für den Vermögensverwalter keine Garantenpflicht, diesen Entschluss auch umzusetzen. Fraglich ist, ob auch Anlageentscheidungen des Vermögensverwalters selbst eine Insiderinformation darstellen können. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG erfasst nicht nur Insiderinformationen, die sich auf den Emittenten beziehen, sondern lässt auch Insiderinformationen über die Insiderpapiere selbst genügen. Die Insiderinformation kann auch außerhalb des betroffenen Unternehmens ___________ 573 Diese Frage wurde bereits vor Erlass des Wertpapierhandelsgesetzes lebhaft diskutiert, vgl. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 448 ff.; Roll, Vermögensverwaltung, S. 158 ff. Hierauf ist nicht näher einzugehen, da die diesbezüglichen Fragen mit dem Erlass der §§ 12 ff. WpHG ihre Grundlage verloren haben. Immer noch kontrovers diskutiert wird die Frage, ob es aufgrund einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Anlegers und dem Interesse an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts eine Rechtfertigung der Weitergabe von Insiderwissen durch ein Kreditinstitut geben darf. Diese Frage wird heute unter dem Stichwort der Nothilfe diskutiert. Bejahend Hopt, in: Bankrechts-Handbuch2, § 107 Rdn. 92; zu Recht a. A. Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 60 ff., 64; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 119 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 42, da andernfalls wieder bestimmte Kunden, die vertraglich mit dem Kreditinstitut verbunden sind, Informationsvorsprünge erhielten, die man gerade unterbinden wollte. 574 Assmann, AG 1994, 237, 246 f.; Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 72; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 119; Hopt, in: Bankrechts-Handbuch2, § 107 Rdn. 33.

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begründet werden575. Deshalb kann ein Vermögensverwalter, der bei der Schaffung der Insiderinformation mitwirkt, Insider sein. Wie bereits im Zusammenhang mit dem Frontrunning erörtert, kann auch der Kauf oder Verkauf von Wertpapieren in Kenntnis von Art und Umfang einer Order, die geeignet ist, im Falle ihres Bekanntwerdens die Kursentwicklung erheblich zu beeinflussen, das Verwenden einer Insiderinformation darstellen576. Verkauft etwa ein Vermögensverwalter Wertpapiere aus dem Kundendepot A, weil er sicher weiß, dass sein Kunde B demnächst die Einzelweisung erteilen wird, sein umfangreiches Paket dieses Wertpapiers zu veräußern, verwendet er zugunsten des Kunden A eine Insiderinformation und verstößt damit gegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Anders ist die Ausgangslage dagegen, wenn der Vermögensverwalter aufgrund eines einheitlichen Kaufentschlusses Wertpapiere eines Typs aus mehreren Depots gleichzeitig verkauft, also nach einem vorher gefassten Gesamtplan handelt577. Kein Verstoß gegen das Verbot von Insidergeschäften liegt auch in folgendem Fall vor: Erlangt ein Vermögensverwalter, der einen zeitlich gestreckten Gesamtplan von Anlageentscheidungen (z. B. einen kursschonenden Verkauf von Wertpapieren aus mehreren Kundendepots) ausführt, später Insiderinformationen, darf er sein Vorhaben zu Ende führen. Der Vermögensverwalter nutzt gerade kein Insiderwissen aus, sondern bringt nur den vorher gefassten Plan zum Abschluss578. Mit der Frage nach den Grenzen von Anlagerichtlinien und Weisungen ist die Problematik verknüpft, ob der Investmentmanager neben den Kundeninteressen auch allgemein gesellschaftliche Interessen (Umweltschutz, Boykottaufrufe etc.) verfolgen darf und deshalb Weisungen des Kunden nicht beachten muss579. Diese Frage wird im angloamerikanischen Raum unter dem Stichwort „social investing“ diskutiert580. Der Vermögensverwalter unterliegt einer Loyalitätspflicht gegenüber dem Kunden. Solange die Berücksichtigung derartiger Interessen nicht gesetzlich (z. B. Verbot des Insiderdealings im Interesse des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit des Ka___________ 575 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 13 Rdn. 27 (zu § 13 WpHG a. F.). 576 Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 26 (zu § 14 WpHG a. F.). 577 Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 27a; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 41; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 118 (jeweils zu § 14 WpHG a. F.). 578 Hopt, in: Bankrechts-Handbuch2, § 107 Rdn. 65; Assmann/Cramer, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 27a (jeweils zu § 14 WpHG a. F.). 579 Zur Frage, ob der Vermögensverwalter auch der Funktionsfähigkeit und/oder der Stabilität des Kapitalmarkts verpflichtet ist, s. o. S. 794 f. 580 Frankel/Kirsch, Investment Management Regulation, S. 496 f.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

pitalmarkts) vorgegeben ist, hat der Vermögensverwalter sein Verhalten allein am Kundeninteresse auszurichten581. Kann er dies nicht mit seinem Gewissen vereinbaren (z. B. Weisung des Kunden zum Kauf von Aktien eines Rüstungskonzerns), muss er die Vertragsbeziehung beenden. c) Abweichen von den Anlagerichtlinien Der Vermögensverwalter kann von den Anlagerichtlinien durch aktives Tun, aber auch durch Unterlassen abweichen. Verpflichten ihn die Anlagerichtlinien zu einer konservativen Anlagepolitik mit einem Aktienanteil von höchstens 20 %, können Kurssteigerungen diesen Anteil erhöhen. Nicht jede kurzfristige kleinere Überschreitung der 20 %-Grenze wird schon als Missachtung der Anlagerichtlinien gelten können582, zumal Depotumschichtungen ihrerseits Transaktionskosten verursachen. Ist die Überschreitung der festgelegten Grenzwerte jedoch erheblich oder bleibt der Vermögensverwalter über längere Zeit untätig, liegt ein Fall des Abweichens von den Anlagerichtlinien vor. Konkrete Grenzwerte werden im Schrifttum derzeit nicht diskutiert. Die Erheblichkeitsschwelle wird man bei einer Überschreitung der vereinbarten Grenzwerte um mehr als 10 % des Höchstwerts583 und einer Dauer der Überschreitung von mehr als 14 Tagen als erreicht ansehen müssen. Da es die Aufgabe der BaFin ist, im Wege der nach § 35 Abs. 4 WpHG möglichen Richtlinien Rechtssicherheit zu schaffen, wäre es sinnvoll, diese Frage in der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung anzusprechen, da sie – wie der Verfasser aus Gesprächen mit verschiedenen Vermögensverwaltern weiß – die Praxis sehr beschäftigt. Sofern der Vermögensverwaltungsvertrag hierzu keine spezielle Regelung enthält, ist eine Abweichung von den Anlagerichtlinien nur zulässig, wenn der Vermögensverwalter die Zustimmung des Vermögensinhabers einholt584 oder wenn ein begründeter Einzelfall vorliegt585, in dem der Vermögensverwalter annehmen kann, dass die Abweichung dem mutmaßlichen Willen des Vermögensverwaltungskunden entspricht. In diesem Fall hat der Vermögensverwalter § 665 Satz 2 BGB zu beachten, wonach er das Abweichen von Weisungen anzuzeigen hat und die Zustimmung des Vermögensinhabers ___________ 581 So auch die Lösung des Trustrechts in den USA, vgl. Walters, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 579 f., und in Großbritannien, vgl. Cowan v. Scargill (1985) Ch. 270, 287 f.; zustimmend Parker/Mellows, Modern Law of Trusts7, S. 542 f. 582 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 101 f. 583 In dem genannten Beispiel bedeutet dies einen Aktienanteil von 22 %. 584 BGHZ 137, 69, 75 = WM 1998, 21, 23. 585 BGHZ 137, 69, 74 = WM 1998, 21, 23.

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Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung

abwarten muss, es sei denn, es ist Gefahr im Verzug. In jedem Fall darf ein Abweichen von den Anlagerichtlinien nur erfolgen, wenn die Interessenwahrungspflicht beachtet wird. Auch in den Fällen, in denen Gefahr im Verzug besteht, ist das Verhalten des Vermögensverwalters daher stets an den Interessen des Vermögensverwaltungskunden auszurichten. Stellt sich während der Vermögensverwaltung heraus, dass die in den Anlagerichtlinien festgelegten Grenzwerte unpraktikabel sind, darf der Vermögensverwalter nicht bei jeder Anlageentscheidung gemäß § 665 Satz 2 BGB verfahren, sondern muss auf eine Änderung der Anlagerichtlinien hinwirken586. Aufsichtsrechtlich ist eine Abweichung von den Anlagerichtlinien zu dokumentieren. Das Einverständnis des Kunden stellt aufsichtsrechtlich eine Einzelweisung dar, so dass sich die Dokumentationspflicht ohne weiteres aus § 34 Abs. 1 Nr. 4 WpHG ergibt. Aber auch die Umstände, die eine Gefahr im Verzug begründen, sind aufzuzeichnen. Die Dokumentationspflicht der Anlagerichtlinien und der Weisungen nach § 34 Abs. 1 WpHG dient dem Ziel, der BaFin die Kontrolle der Einhaltung der Interessenwahrungspflicht zu ermöglichen. Weicht der Vermögensverwalter grundlos von den Anlagerichtlinien ab, liegt hierin ein Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht. Der sachliche Grund, der eine Nichtanwendung der Anlagerichtlinien im Einzelfall rechtfertigt, erfüllt damit die Funktion, die sonst einer Weisung des Kunden zukommt. Funktional betrachtet unterfällt der sachliche Grund damit ebenfalls dem Weisungsbegriff des § 34 Abs. 1 Nr. 4 WpHG. Streit über diese weite Auslegung des Weisungsbegriffs dürfte es kaum geben, da der Vermögensverwalter schon im Eigeninteresse alle Gründe, von den Anlagerichtlinien abzuweichen, aufzeichnen wird.

2. Pflicht zur Anlage und Umschichtung des Vermögens a) Pflicht zur produktiven Anlage des Vermögens Der Vermögensverwalter ist verpflichtet, das Vermögen so anzulegen, dass die Anlageziele des Kunden nach Möglichkeit erreicht und die Vorgaben der Anlagerichtlinien dabei beachtet werden587. Bei der Erstanlage des Vermögens bezieht der Vermögensverwalter die Anlageziele des Kunden ein, berücksichtigt das allgemeine Investitionsumfeld und wählt die abstrakt in Betracht kommenden Anlagegattungen (Immobilien, unternehmerische Be___________ 586 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 103. 587 Ebenso Benicke, ZGR 2004, 761, 765 m. w. N.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

teiligungen, Wertpapiere, Geldanlagen etc.) aus588. Aus diesen wählt er anschließend auf der Basis gründlicher Marktanalysen die konkreten Anlageobjekte aus. Dabei bezieht er die Risikobereitschaft des Kunden und die Rentabilität und Liquidität der Anlagen ein und diversifiziert die Vermögenswerte entsprechend. Übernimmt der Vermögensverwalter dagegen ein bereits in Wertpapieren, Immobilien etc. angelegtes Vermögen, verändert sich seine Aufgabe. Er muss überprüfen, ob das Vermögen in seiner aktuellen Zusammensetzung den Anlagezielen entspricht und es ggf. umschichten. Dies beinhaltet die Verpflichtung, sich umfassend über den Stand des Vermögens zu unterrichten589, indem er Fälligkeiten von Anlagen und Kursentwicklungen von Wertpapieren überprüft. Da eine Analyse des Wertpapierdepots und eine Umschichtung der Wertpapiere mit den Mitteln eines Finanzportfolioverwalters relativ einfach möglich sind, kann die Entscheidung über eine Umschichtung ohne weitere Erkundigungen bei Dritten gefällt werden. Besteht das Vermögen dagegen auch aus nicht so liquiden Objekten (wie etwa Immobilien), ist der Entscheidungsprozess und damit die Pflichtenstellung des Vermögensverwalters komplexer. Der Vermögensverwalter muss bei solchen Anlagen alle im Kundenbesitz vorhandenen Unterlagen beiziehen, um sich über die Anlageobjekte, ihre Ertragslage und die Gründe für die Anlageentscheidungen früherer Vermögensverwalter zu unterrichten590. Dabei kann den ehemaligen Vermögensverwalter die nachvertragliche Pflicht treffen, dem Kunden, und damit faktisch dem jetzigen Vermögensverwalter, Auskunft darüber zu erteilen, auf welchen Erwägungen eine frühere Anlageentscheidung beruhte. Erst auf dieser breiten Faktenbasis kann der neue Vermögensverwalter entscheiden, ob eine Umschichtung erforderlich ist. b) Pflicht zur sorgfältigen Auswahl der Anlageobjekte Die soeben geschilderte Pflicht zur produktiven Anlage des Vermögens erfordert, dass der Vermögensverwalter die Anlageobjekte sorgfältig auswählt („know your merchandise“). Die zivilrechtliche und die aufsichtsrechtliche ___________ 588 Grundlegend hierzu Bauman, in: Levine, The Investment Manager’s Handbook, S. 3 ff. 589 Eine gleichgelagerte Pflicht trifft den Trustee, Underhill/Hayton, Trusts15, S. 466 ff. 590 Entdeckt er bei dieser Überprüfung ein Fehlverhalten des früheren Vermögensverwalters, hat er den Kunden hierauf hinzuweisen, damit dieser rechtliche Schritte einleiten kann. Versäumt er dies, macht er sich selbst haftbar, sofern durch sein Fehlverhalten die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs gegen den ersten Vermögensverwalter erschwert oder vereitelt wurde. Eine entsprechende Pflicht kennt auch das englische Trustrecht, Underhill/Hayton, Trusts15, S. 467.

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Sorgfaltspflicht entsprechen sich. Den Vermögensverwalter trifft die Verpflichtung, sich über die Märkte im Allgemeinen einen zuverlässigen Überblick zu verschaffen. Er muss die ins Auge gefassten einzelnen Finanzinstrumente auf ihre Geeignetheit für das Portfolio hin untersuchen und sich daher über die Renditechancen und die Kredit-, Produkt- und Marktrisiken der einzelnen Anlageobjekte informieren591. Sodann muss er überprüfen, ob sich diese Anlageobjekte von ihrem Ertrag und Risiko her in das Gesamtportfolio einfügen592. Dazu hat er insbesondere auch das Rating von Wertpapieren einzubeziehen593, da Ratingagenturen sämtliche bekannten Informationen über einen Emittenten bei der Bewertung heranziehen594. Solange der Vermögensverwalter die vereinbarten Anlagerichtlinien einhält, unterliegt er keiner Pflicht, eine bestimmte Anlagestrategie oder Methode der Anlage (z. B. Chart-Technik) zu verfolgen oder Stop-Loss-Marken zu setzen595. Die Sorgfaltspflicht kann es auch gebieten, sich im Hinblick auf neue Produkte am Kapitalmarkt fortzubilden, um sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen. Gleiches gilt hinsichtlich der Anforderungen an eine sorgfältige Back-Office-Tätigkeit und an eine sachgerechte Organisation. An dieser Stelle berühren sich die Pflicht aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 WpHG und die Sorgfaltspflicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Fraglich ist, ob der Vermögensverwalter bei der Anlage des Vermögens steuerliche Aspekte einbeziehen muss. Aufgrund der Tatsache, dass Vermögensverwalter im Regelfall keine Ausbildung in einem steuerberatenden Beruf haben und das Steuerrecht eine sehr komplexe Sondermaterie darstellt, ist man zunächst geneigt, den Vermögensverwalter von jedweder Berücksichtigung steuerlicher Fragen zu entlasten596. Die Interessenwahrungs___________ 591 LG Nürnberg-Fürth, WM 1996, 1579 mit Anm. v. Randow, EWiR 1996, 1021; Eichhorn, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 1.96. 592 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 105; Hammen, Gattungshandlungsschulden, S. 361; Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 49. 593 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 105; van Look, in: Büschgen/Everling, Handbuch Rating, S. 521, 529 ff. 594 Im Bond-Urteil hatte der BGH keine Pflicht der Bank statuiert, das Rating zwingend heranzuziehen, sondern dieses als einen von mehreren Faktoren eingeordnet, die ein Institut zur Prüfung der Bonität eines Wertpapiers berücksichtigen könne, BGH, WM 1993, 1455, 1457 (insoweit in BGHZ 123, 126 ff. nicht abgedruckt). 595 LG Freiburg, WM 2004, 124 ff. mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 215 f.; Benicke, ZGR 2004, 761, 783 ff. m. w. N.; Hopt, Investment Management Law, S. 187, 200 f. S. a. oben S. 881. 596 So offenbar Balzer, Vermögensverwaltung, S. 106, allerdings ohne nähere Begründung.

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pflicht erfordert jedoch eine umfassende Wahrung der Kundeninteressen. Dies spricht dafür, auch steuerliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, sofern die Rendite einer Anlage oder deren Wiederverkaufswert hiervon (mit)bestimmt werden. Es ist sicherlich nicht Aufgabe des Vermögensverwalters, sämtliche individuellen steuerlichen Belange des Kunden einzubeziehen, da ihm für eine solche Pflicht die Ausbildung fehlt. Wohl aber wird man aus der Interessenwahrungspflicht ableiten müssen, dass der Vermögensverwalter auf Wunsch des Kunden mit dessen Steuerberater zusammenarbeitet, soweit es um die Festlegung von Anlagerichtlinien geht. Unabhängig davon ist der Vermögensverwalter in jedem Fall verpflichtet, von sich aus die produktbezogenen steuerlichen Gesichtspunkte einzubeziehen (z. B. bei ausländischen Börsenplätzen den Anfall einer Börsenumsatzsteuer), da die Sachkunde des Vermögensverwalters auch die Kenntnis steuerlicher Aspekte des Wertpapiergeschäfts umfasst. Zu Recht verlangt deshalb Nr. 2 der Grundsätze des Deutschen Verbands Financial Planners597, dass bei Anlageentscheidungen auch steuerliche Faktoren zu berücksichtigen sind. Auch im englischen Recht geht man davon aus, dass das Steuerrecht selbst dann noch in die Überlegungen des Vermögensverwalters einzubeziehen ist, wenn der Vermögensinhaber im Inland gar nicht steuerpflichtig ist. Denn der Marktpreis der verschiedenen Anlageobjekte ist abhängig von steuerlichen Gesichtspunkten, so dass diese spätestens bei Wiederverkauf des Anlageobjekts doch noch zu Buche schlagen können598. Die Berücksichtigung steuerlicher Aspekte der Wertpapiere ist daher aufgrund der Interessenwahrungspflicht geboten, sofern sie Auswirkungen auf die Anlagen des Kunden haben können599. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht spricht allerdings nichts gegen eine Vereinbarung des Vermögensverwalters mit dem Kunden, dass steuerliche Aspekte nicht berücksichtigt zu werden brauchen. Aufgrund der mitunter wesentlichen Auswirkungen auf die Rendite einer Anlage ist der Kunde allerdings zuvor über die Folgen eines solchen Verzichts aufzuklären600, damit er eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann.

___________ 597 Vgl. http://www.devfp.de (abgerufen am 31.5.2005) und Spremann, Vermögensverwaltung, S. 295 f. 598 Ebenso Hager, Investors, S. 795. 599 Ebenso Schödermeier, WM 1995, 2053, 2057. 600 Die Wirksamkeit einer solchen Ausschlussklausel wird nicht nach den §§ 305 ff. BGB zu prüfen sein. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen Warnpflicht muss der Kunde vorab informiert werden, so dass der Ausschluss steuerlicher Aspekte in jedem Fall individuell vereinbart sein dürfte.

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c) Pflicht zur sorgfältigen Informationsbeschaffung (1) Risikozuweisung und Sorgfaltsmaßstab Trotz sorgfältiger Wertpapieranalysen sind bei entsprechender Marktlage auch Verluste im Kundendepot möglich. Der Vermögensverwalter kann und wird deshalb keine Erfolgsgarantie abgeben. Würde man nun bei der Marktund Wertpapieranalyse die Sorgfaltspflichten überspannen, müsste der Vermögensverwalter das Risiko solcher Marktlagen tragen und damit faktisch doch eine Einstandspflicht für einen bestimmten Erfolg übernehmen. Ein solches Ergebnis würde erkennbar der dem Vertrag von beiden Parteien zugrunde gelegten Risikoverteilung zuwiderlaufen. Bislang ist die Frage, welche Sorgfaltspflichten der Vermögensverwalter bei der Wertpapieranalyse zu beachten hat, noch nicht höchstrichterlich entschieden. Der Bundesgerichtshof hat jedoch im Fall der Börseninformationsdienste zu Recht festgestellt, dass die Einschätzung der künftigen Entwicklung von Risiko und Rendite der Wertpapiere einen „stark spekulativen Charakter“ aufweist601, da selbst erfahrene Börsenprofis keine hundertprozentig sichere Voraussage über die künftige Entwicklung der Märkte oder konkreter Papiere treffen können und sehr viele Anlageempfehlungen auf dem Gespür des Finanzdienstleisters beruhen. Der Bundesgerichtshof hat daher den Grundsatz aufgestellt, dass nicht jede schuldhafte Fehleinschätzung der Entwicklung von Wertpapieren sorgfaltswidrig sei, sondern nur eine gewichtige Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht602.Wann eine grobe Pflichtverletzung vorliege, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn das im konkreten Fall gefundene Ergebnis überzeugt, ist seine Herleitung ungenau. Nimmt man die Entscheidung wörtlich, scheinen nur grob fahrlässig entstandene Fehleinschätzungen eine Haftung zu begründen. Statt eine Veränderung des Sorgfaltsmaßstabs vorzunehmen, sollte vielmehr danach unterschieden werden, ob sich bei dem Schaden des Kunden ein allgemeines Marktrisiko verwirklicht hat oder eine unsorgfältige Anlageentscheidung des Vermögensverwalters. Es bietet sich an dieser Stelle ein Vergleich mit der Arzthaftung an. Der Arzt schuldet ebenfalls eine sorgfältige Behandlung, ohne jedoch eine Erfolgsgarantie zu übernehmen. Solange er lege artis behandelt, haftet er nicht, selbst wenn sich der Behandlungserfolg nicht einstellt oder sich die Krankheit gar verschlimmert. Im Rahmen der Arzthaftung bejaht der Bundesgerichtshof eine Haftung gerade nicht nur in Fällen von grob fahrlässigem Handeln des Arztes. Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Vermögensverwaltung, muss man in Haftungsfällen ___________ 601 So ausdrücklich BGHZ 70, 356, 361 – Börseninformationsdienste. 602 BGHZ 70, 356, 362 – Börseninformationsdienste.

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danach unterscheiden, ob der Schaden noch im Rahmen der vertraglich vereinbarten Risikoverteilung liegt oder ob sich eine nicht lege artis durchgeführte Anlageentscheidung ausgewirkt hat. Welche Anlageentscheidungen lege artis sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Dies hängt insbesondere davon ab, welche Vereinbarungen der Vermögensverwalter hinsichtlich der Anlageentscheidungen mit dem Kunden getroffen hat. (2) Research Erklärt der Vermögensverwalter dem Kunden, alle Anlageentscheidungen auf der Basis eigener Erkundigungen und Wertpapieranalysen zu treffen, macht er diesen Vorgang damit zur Basis seiner Vermögensverwaltungsverträge. Da eine eigene Researchabteilung in der Branche keine Selbstverständlichkeit ist, stellt eine entsprechende Werbung nicht nur eine Anpreisung dar, sondern bestimmt die angebotene Leistung inhaltlich. Ist eine Verpflichtung zur eigenen Wertpapieranalyse damit ausnahmsweise einmal Vertragsbestandteil, müssen solche Analysen auch tatsächlich im eigenen Hause durchgeführt werden. Hat der Vermögensverwalter dagegen keine verbindlichen Zusagen hinsichtlich der Basis seiner Anlageentscheidungen gemacht, ist dies nicht gleichbedeutend mit grenzenloser Freiheit. Vielmehr ist der Vermögensverwalter auch in diesem Fall verpflichtet, seine Anlageentscheidungen sorgfältig vorzubereiten. Er muss sich die notwendigen Informationen über die relevanten Märkte und Wertpapiere entweder selbst beschaffen oder sie von einem Fachverlag oder von einer auf die Wertpapieranalyse spezialisierten Researchabteilung eines Dritten beziehen. Analysiert er ein Wertpapier selbst, muss er Wertpapierverkaufs- und Börsenzulassungsprospekte, Bilanzen und Geschäftsberichte sowie solche Informationen über das Unternehmen beiziehen, die öffentlich verfügbar sind (z. B. aus dem Handelsblatt, dem Internet etc.). Zur Bestimmung der Renditechancen ist der Vermögensverwalter nicht verpflichtet, eine bestimmte wirtschaftswissenschaftliche Methode der Kursprognose anzuwenden603. Auch bestehen keine inhaltlichen Vorgaben, in welcher Weise der Vermögensverwalter die ermittelten Informationen auszuwerten oder zu gewichten habe, solange er sich nur einer oder mehrerer der in der Branche anerkannten Methoden bedient604.

___________ 603 S. o. S. 882, 905 sowie Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 12 Rdn. 47 a. E. Anders Esters, Haftung, S. 56, der jeden Vermögensverwalter für verpflichtet hält, das Substanzrisiko durch Nutzung der Fundamentalanalyse zu begrenzen. 604 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 107.

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Bezieht er Informationen von dritter Seite, ist er zur sorgfältigen Auswahl des Fachverlags oder der Dritten verpflichtet und muss sicherstellen, dass deren Angaben nicht von zweifelhafter Herkunft sind. Insbesondere darf er nicht die Angaben von Emittenten oder Brokern ungeprüft übernehmen, da diese ein Eigeninteresse an Geschäften mit den betroffenen Wertpapieren haben. Den Angaben von Dritten, die bei ihren Auskünften keinem Interessenkonflikt unterliegen (z. B. Wirtschaftsprüfer und Analysten), kann er dagegen ein höheres Maß an Vertrauen schenken. Hat der Vermögensverwalter Zweifel an der Richtigkeit einer Information, hat dies zwei Konsequenzen: Er muss zum einen andere Informationsquellen zu Rate ziehen. Gegenüber seinen Kunden kann er sich nie darauf berufen, er habe eine zweifelhafte Information nicht überprüfen können. In einem solchen Fall ist er nämlich verpflichtet, ganz von dem Geschäft Abstand zu nehmen605. Stellt sich bei der Überprüfung die Unrichtigkeit der Information heraus, muss der Vermögensverwalter zum anderen künftige von diesem Dritten bezogene Informationen genauer überprüfen. Denn in diesem Fall darf der Vermögensverwalter sich nicht mehr auf die bisherige Zuverlässigkeit des Dritten verlassen. Sollte sich herausstellen, dass auch diese Informationen auf einer groben Fehleinschätzung oder einer unzuverlässigen Ermittlung der relevanten Tatsachen beruhen, muss der Vermögensverwalter die Zusammenarbeit mit dem Dritten einstellen. Denn seinem Kunden gegenüber kann er sich nicht mehr darauf berufen, er habe sich auf die Angaben einer ansonsten immer zuverlässigen Informationsquelle gestützt und damit seiner Sorgfaltspflicht genügt. Erteilt der Kunde Weisungen, stellt sich die Frage, ob der Vermögensverwalter sich über die gewünschten Anlageobjekte informieren muss. Dies wird man grundsätzlich bejahen müssen. Oben wurde festgestellt, dass den Vermögensverwalter in einem solchen Fall eine Warn- und ggf. eine Beratungspflicht trifft606, wenn er der Ansicht ist, dass ein vom Kunden gewünschter Wert nicht zur Anlagestrategie oder Depotzusammensetzung passt. Dies setzt zunächst voraus, dass sich der Vermögensverwalter selbst informiert. Es gilt jedoch, das Ausmaß der dazu nötigen Bemühungen zu bestimmen. Bei Werten, die der Vermögensverwalter selbst heraussucht, kann er sich nicht darauf berufen, keine ausreichenden Informationen über den Wert erlangt zu haben; vielmehr muss der Vermögensverwalter vom Kauf eines solchen Wertpapiers Abstand nehmen. Fraglich ist nun, ob dieser Grundsatz auch für Werte gilt, deren Erwerb der Kunde anweist. Hier wird ___________ 605 Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR2, § 19 Rdn. 48 Fn. 105, Rdn. 49; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 106. 606 S. o. S. 847 Text bei und nach Fn. 406.

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man dem Vermögensverwalter zugestehen müssen, dass er nur die ihm bei anderen Anlageentscheidungen zur Verfügung stehenden sowie die üblichen öffentlich zugänglichen Kanäle zu Rate ziehen muss, um sich Informationen über Einzelwerte zu verschaffen. Bleibt die Zuziehung dieser Quellen fruchtlos, ist der Vermögensverwalter nicht verpflichtet, weitere Anstrengungen zu unternehmen, sondern kann sich auf zwei Hinweise beschränken: Er muss dem Kunden mitteilen, dass er über den Wert nichts Näheres in Erfahrung bringen konnte und dass der Kunde, wenn er denn auf der Weisung bestehe, dies auf eigenes Risiko tue607. Denn der Kunde hat keinen vertraglichen Anspruch auf eine über den üblichen Rahmen hinausgehende umfassende Researchleistung. Auch aufsichtsrechtlich wird ein solcher Anspruch nicht begründet. Bei der Vermögensverwaltung gilt die Interessenwahrungspflicht nur in dem Umfang, der vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Art der Wertpapierdienstleistung geschuldet und zumutbar ist. Würde man von dem Vermögensverwalter verlangen, dass er alle nur erdenklichen Quellen befragen muss, würde der Charakter der vom Kunden bestellten Leistung verändert. Es wäre plötzlich nicht mehr eine Vermögensverwaltung geschuldet, sondern die Leistung einer Ratingagentur. Zudem würde man dem Vermögensverwalter ein hohes Haftungsrisiko aufbürden, obwohl der Kunde und nicht der Vermögensverwalter das Wertpapier ausgesucht hat. Den Vermögensverwalter treffen damit bei Einzelweisungen des Kunden keine gesteigerten, sondern nur die normalen Nachforschungspflichten über die Qualität des Wertpapiers. (3) Zwischenfazit Dieser rechtliche Rahmen gesteht den Vermögensverwaltern ein weites Ermessen hinsichtlich der Methoden zu, mit denen sie die Grundlage für ihre Anlageentscheidungen legen. Die rechtlichen Vorgaben anerkennen damit auch die unterschiedliche Leistungsfähigkeit von kleinen, bankenunabhängigen Vermögensverwaltern einerseits und hochspezialisierten Abteilungen für Vermögensverwaltungen in Großbanken andererseits, die auf eigene Researchabteilungen zurückgreifen können. d) Gebot der Diversifikation Spätestens die Erkenntnisse der Modernen Portfoliotheorie608 haben deutlich gemacht, dass zu einer sorgfältigen Anlage auch die Vermeidung von Klumpenrisiken gehört. Der Vermögensverwalter genügt daher nur dann der Interessenwahrungspflicht, wenn er das Kundenvermögen ausreichend ___________ 607 Ebenso Balzer, Vermögensverwaltung, S. 111. 608 Dazu oben S. 393 ff.

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diversifiziert609. Eine Diversifizierung kann nach Wertpapierarten, Branchen und Regionen erfolgen. Der Grad der Risikostreuung und die dazu eingesetzten Mittel hängen sowohl von den Anlagezielen des Kunden als auch vom Umfang des verwalteten Vermögens ab. Ist das Vermögen ausreichend groß, kann eine Anlage in verschiedenen Gattungen von Finanzinstrumenten aus unterschiedlichen Märkten und Regionen erfolgen. Ist das Vermögen dagegen sehr klein, würde die Diversifizierung in zahlreiche verschiedene Finanzinstrumente dazu führen, dass jeweils nur kleine Mengen an Wertpapieren geordert werden könnten, was mit vergleichsweise hohen Transaktionskosten einhergeht und die Rendite daher überproportional schmälert. In diesem Fall bietet sich der Erwerb von Investmentanteilscheinen oder Dachfonds an, um eine ausreichende Diversifizierung zu erreichen. Die Anlageziele und Risikobereitschaft des Kunden beeinflussen den Grad der Diversifikation ebenfalls. Ist der Kunde etwa nur an Anlagen in europäischen Titeln interessiert, ist eine weltweite Diversifikation damit ausgeschlossen. Die aus dem Gebot der Diversifikation abzuleitenden Folgen sind damit stark einzelfallabhängig. e) Pflicht zur sorgfältigen Überwachung der Anlageobjekte Das oben beschriebene Gebot zur produktiven Anlage des Vermögens erfordert vom Vermögensverwalter bei der Erstanlage die Investition der Geldmittel in geeignete Finanzinstrumente bzw. eine Kontrolle, ob zur Verwaltung übernommene Finanzinstrumente den Anlagerichtlinien entsprechen. Die laufende Vermögensverwaltung erfordert eine andere Art der Tätigkeit. Der Vermögensverwalter ist verpflichtet, durch eine fortlaufende Überwachung der Märkte und der Finanzinstrumente im Kundendepot sicherzustellen, dass die Anlageziele des Kunden nach Möglichkeit verwirklicht werden und dabei die Anlagerichtlinien eingehalten sind. Es kann deshalb passieren, dass der Vermögensverwalter über Monate keine einzige Umschichtung im Kundendepot vornimmt, falls die Werte sich erwartungsgemäß entwickeln. Eine Pflicht zu aktiver Umschichtung besteht also nur, wenn die Depotzusammensetzung aufgrund der Entwicklung der Märkte oder einzelner Werte nicht mehr den Anlagerichtlinien entspricht oder wenn der Vermögensverwalter andere Wertpapiere entdeckt, die noch aussichts___________ 609 BGH, WM 1994, 834, 836; LG Stuttgart, WM 1997, 163, 164 mit Anm. Balzer, EWiR 1997, 295 f.; Schwennicke, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 1.97.; Benicke, ZGR 2004, 761, 764 f. Ebenso Nr. 9 der Richtlinien für Vermögensverwaltungsaufträge der Schweizerischen Bankiervereinigung (Stand 9/2003). Diesen Gesichtspunkt verkannte der BGH, WM 2002, 913 mit ablehender Anm. Balzer, EWiR 2002, 425 f. und Sethe, WuB I G 9 Vermögensverwaltung 2.03.

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reicher erscheinen als diejenigen, die derzeit im Kundendepot liegen. Die Grenze solcher Umschichtungen bildet das bereits erwähnte Verbot des Churnings610. f) Verbot der Spekulation Als Grenze des Verwalterhandelns bei der Vermögensverwaltung wird regelmäßig das Verbot der Spekulation genannt611. Der Begriff ist im juristischen Schrifttum ungeklärt612. Was unter Spekulation zu verstehen ist, hängt von der wirtschaftlichen Situation und Risikobereitschaft des Anlegers ab613. Bei dem Verbot der Spekulation handelt es sich in der Sache also um nichts anderes als das Verbot der Missachtung der Anlagerichtlinien614.

3. Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten Die Interessenwahrungspflicht gebietet es, dass der Vermögensverwalter alles ihm Zumutbare unternimmt, um Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden sowie Interessenkonflikte zwischen Kunden und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. seinen Mitarbeitern zu vermeiden. Die Details wurden bereits im Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht dargestellt615.

4. Pflicht zur Information a) Überblick Die Pflicht, dem Kunden alle zweckdienlichen Informationen zu übermitteln, konzentriert sich bei der Vermögensverwaltung zunächst auf das An___________ 610 S. o. S. 894 ff. 611 OLG Frankfurt, WM 1996, 665 (Leitsatz 2 und 668) mit Anm. Horn/Balzer, EWiR 1996, 589 f.; OLG Hamm, WM 1996, 669, 670 mit Anm. Horn/Balzer, EWiR 1996, 499 f.; Balzer, Vermögensverwaltung, S. 108; Kienle, in: Bankrechts-Handbuch2, § 111 Rdn. 19; Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547, 551. Die genannten Gerichtsentscheidungen stellen jeweils auf eine angemessene Mischung der Anlagen ab, fassen also das Verbot der Spekulation und das Gebot der Diversifikation zusammen, ohne dies ausdrücklich kenntlich zu machen. 612 Benicke, ZGR 2004, 761, 763 f. m. w. N. 613 Erinnert sei an das bereits erwähnte Zitat von André Kostolany, wonach schon eine Anlage von 5.000 Euro in blue chips für einen Familienvater mit fünf Kindern höchst spekulativ sein kann, während die gleiche Anlage für einen Millionär konservativ wäre, Kostolany, Die Kunst über Geld nachzudenken, S. 33 f. 614 Im Ergebnis auch Schäfer, BuB Rdn. 11/36. 615 S. o. S. 795 ff.

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fangsstadium der Vertragsbeziehung. Wie beschrieben, ist der Kunde über die generellen Risiken der Vermögensverwaltung, über die Risiken der ausgewählten Anlagerichtlinien und der ins Auge gefassten Kategorien von Finanzinstrumenten zu informieren. Da der Vermögensverwalter dem Kunden die einzelnen Anlageentscheidungen abnimmt, ist der Kunde über deren Details nicht jeweils zu informieren616. b) Regelmäßige Benachrichtigungs-, Rechnungslegungs- und Unterrichtungspflichten Die aufsichtsrechtliche Informationspflicht dient aber auch dazu, dass der Kunde jederzeit Herr des Geschäfts, also der Wertpapierdienstleistung, bleibt. Denn nur der voll informierte Kunde kann eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber treffen, ob er die Vermögensverwaltung fortsetzen will. Mit den zivilrechtlichen Benachrichtigungs-, Rechnungslegungs- und Unterrichtungspflichten des § 666 BGB korrespondieren daher aufsichtsrechtliche Pflichten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Der Vermögensverwalter ist aufgrund von § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG verpflichtet, den Kunden regelmäßig über den Stand des Vermögens zu unterrichten und ihm ggf. Auskunft über alle Transaktionen und deren Details zu geben. Nur wenn der Kunde über diese Angaben verfügt, kann er auch seine Rechte gegen den Vermögensverwalter geltend machen oder diesen ggf. wechseln. Nach Aussage von Mitarbeitern der BaFin wird dort die Frage diskutiert, ob der Vermögensverwalter künftig verpflichtet werden soll, mit dem Kunden zu Beginn eines Berichtszeitraums eine Benchmark zu vereinbaren und am Ende des Berichtszeitraums darzulegen, wie sich das Depot im Vergleich dazu entwickelt hat. Diese Pläne stoßen auf Seiten der betroffenen Branche auf heftigen Widerstand. Es wird eingewandt, dass Kunden häufig nur die populären Benchmarks wollen (wie beispielsweise den DAX), da ihnen diese aus der Tagesschau vertraut seien. Wenn die Zusammensetzung des Portfolios nicht der eines bekannten Index entspreche, müsse man dem Kunden aufwendig auseinandersetzen, warum der Index als Benchmark von vornherein ungeeignet oder die Entwicklung des Depots im Nachhinein anders verlaufen sei. Zudem berücksichtige eine Benchmark nie die Honorare und Spesen des Vermögensverwalters, weshalb dieser immer schlechter abschneide als die Benchmark. Viele Kunden sähen in der Vereinbarung ___________ 616 Ebenso Balzer, WM 2000, 441, 448 f. Eine Ausnahme wird man nur für den Fall annehmen müssen, dass ein Interessenkonflikt besteht, bei dem der Vermögensverwalter zu einer Aufklärung im Einzelfall verpflichtet ist, vgl. oben S. 799 f. sowie OLG Köln, NZG 1999, 1177, 1178.

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einer Benchmark auch das Versprechen einer Erfolgsgarantie, so dass falsche Erwartungen geweckt würden. Schließlich sei die Zusammensetzung eines Depots immer von den Anlagezielen und der Risikobereitschaft des Kunden abhängig, während eine Benchmark sich an starren Kriterien orientiere. Entscheidend sei daher die Entwicklung des Depots vor dem Hintergrund der individuellen Risikotragfähigkeit und des allgemeinen Markts. Das Benchmarking berge die Gefahr, dass Vermögensverwalter die Depotzusammensetzung nur noch an Indices ausrichteten und damit letztlich der Kunde gleich Indexfonds kaufen könne. Mit anderen Worten: Das Benchmarking gefährde den Fortbestand der individuellen Vermögensverwaltung. Schließlich werde die Benchmark faktisch von der Bank ausgesucht, so dass kein echter Kundenschutz bewirkt werde. Aus Sicht der Angestellten kommt hinzu, dass sie häufig hausinterne Vorgaben über die Rendite zu befolgen haben und damit gleichsam zwischen zwei Benchmarks gefangen sind. Es bleibt abzuwarten, ob die BaFin diese Einwände berücksichtigt. Im Schrifttum finden sich bereits Vorschläge, wie man Benchmarks sinnvoll gestalten kann617. c) Ad-hoc-Benachrichtigungspflicht Der Bundesgerichtshof hat über die regelmäßigen Berichtspflichten hinaus eine Ad-hoc-Benachrichtigungspflicht bejaht, wenn sich aufgrund von Wertveränderungen im verwalteten Vermögen ein erheblicher Verlust (Buchverlust oder realisierter Verlust) ergibt618. In diesem Fall ist der Verwalter verpflichtet, den Auftraggeber hierüber unverzüglich zu unterrichten, damit dieser überprüfen kann, ob er an der Auswahl des Vermögensverwalters und der eingeschlagenen Anlagestrategie festhalten will. Wann ein erheblicher Verlust vorliegt, ist nicht abschließend geklärt, doch wird man diese Frage von der verfolgten Anlagestrategie abhängig machen müssen. Ist in den Anlagerichtlinien beispielsweise eine konservative Anlage vorgesehen, ist ein Verlust von 5 % des Gesamtportfolios619 gegen-

___________ 617 Stucki, Finanzmarkt und Portfolio Management 1996, 181 ff. 618 BGH, WM 1994, 834, 835 f.; dazu Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, § 28 Rdn. 34; ders., WM 1995, 1009 ff. 619 Es kann nicht auf erhebliche Verluste bei einem Einzelwert ankommen, da diese nicht zwangsläufig zu einer Gefährdung der Vermögensinteressen des Kunden führen. Denn Rückgänge einzelner, im Depot schwach gewichteter Wertpapiere können sich auf das Kundenvermögen insgesamt nur geringfügig oder gar nicht auswirken, LG Freiburg, WM 2004, 124, 126 mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 215 f.

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über dem Stand des Depots am Ende des Vorjahres620 erheblich. Bei einer chancenorientierten Anlagestrategie gilt dies dagegen erst ab 15 %. Wichtig ist auch, dass nicht jedes kurzfristige Erreichen des Grenzwerts die Benachrichtigungspflicht auslöst, sondern nur ein solches, das länger als einen Börsentag andauert. Daher geht die Praxis dazu über, die eine Berichtspflicht auslösenden Momente vertraglich festzulegen, um Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien zu schaffen621. Der zivilrechtlichen Ad-hoc-Berichtspflicht entspricht ebenfalls eine aufsichtsrechtliche Pflicht aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG622. Die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung sollte die Frage, wann genau diese Pflicht ausgelöst wird, regeln. d) Sonstige Unterrichtungspflichten Organmitglieder und ihnen nahe stehende Personen sowie sonstige Personen mit Führungsaufgaben eines börsenzugelassenen Emittenten müssen Geschäfte, die sie in Aktien des Emittenten oder in sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten tätigen, nach § 15a WpHG melden. Lassen diese Personen ihr Portfolio von einem Vermögensverwalter betreuen, ist zu klären, wie sich die Einschaltung eines Finanzintermediärs auf die Mitteilungs- und Meldepflicht auswirkt. Denkbar ist, dass die Meldepflicht nun den Vermögensverwalter anstelle des Vermögensinhabers trifft. Möglich wäre auch die Lösung, dass die Meldepflicht zwar bei dem Vermögensinhaber verbleibt, dieser aber vom Vermögensverwalter durch entsprechende Informationen unterstützt werden muss. Schließlich könnte man überlegen, ob die Meldepflicht gar gänzlich entfällt. Die Bundesanstalt geht in ihrem Rundschreiben zu Directors’ Dealings623 davon aus, dass die Mitteilungspflicht auch dann besteht, wenn der Meldepflichtige seine Wertpapiere von einem Vermögensverwalter verwalten lässt, der als Stellvertreter des Vermögensinhabers auftritt (Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells). Nicht erfasst sein soll nach Ansicht der Bun___________ 620 Eine Anknüpfung an den Beginn der Vermögensverwaltung wäre wenig interessengerecht, da bei einer langjährigen Vermögensverwaltung die Gewinne mehrerer Jahre aufgezehrt werden könnten, bevor die Benachrichtigungspflicht ausgelöst würde, ebenso Schäfer, WM 1995, 1009, 1012. 621 Vgl. etwa den vom LG Freiburg, WM 2004, 124 ff. mit Anm. Balzer, EWiR 2004, 215 f., entschiedenen Sachverhalt. 622 Ebenso für das österreichische Recht Kalss, Anleger, S. 257 f. 623 Rundschreiben der BaFin v. 5.9.2002 zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gemäß § 15a WpHG, WA 22 – W 2320 – 1/2002.

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desanstalt aber die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells, da hier der Vermögensverwalter Vollrechtsinhaber des verwalteten Vermögens werde und dieses lediglich auf Rechnung des Treugebers verwalte. Die Bundesanstalt nimmt damit eine sehr formale Sichtweise ein. Der Wechsel der Eigentümerposition lässt nach Ansicht der BaFin die Mitteilungspflicht entfallen. Ausgangspunkt der Überlegungen muss der Sinn und Zweck des § 15a WpHG sein. Die Mitteilungs- und Meldepflicht des § 15a WpHG soll die Kapitalmarktpublizität verbessern und verfolgt dabei vier Teilziele: – – – –

Erhöhung der allgemeinen Markttransparenz Indikatorwirkung für das breite Publikum Anlegergleichbehandlung Prävention des Insiderhandels und damit Erhalt der Marktintegrität

Die Anleger sollen darüber informiert werden, wenn die Verwaltungsmitglieder sich von Aktien „ihres“ Unternehmens trennen oder wenn sie dessen Aktien erwerben. Diese Personen haben im Regelfall einen Wissensvorsprung über die Verhältnisse des Emittenten. Ihre Geschäfte in Wertpapieren des Emittenten erlauben Rückschlüsse auf die gegenwärtige oder künftige Unternehmensentwicklung und entfalten daher eine Indikatorwirkung624 für das breite Publikum (informierte Transaktionsentscheidung). Empirische Untersuchungen in den USA belegen den überdurchschnittlichen Erfolg einer Anlagestrategie, die dem Kauf- und Verkaufsverhalten der Organmitglieder von Emittenten folgt625. Zu bedenken ist zunächst, dass der Katalog der mitteilungspflichtigen Personen in § 15a Abs. 1 bis 3 WpHG abschließend ist. Sonstige Personen unterliegen gerade keiner eigenständigen Meldepflicht, selbst wenn sie wirtschaftlich auf Rechnung des Organmitglieds oder seiner Angehörigen handeln (z. B. Treuhänder, Vermögensverwalter)626. Die Mitteilungspflicht trifft allein die in § 15a WpHG genannten Personen, denn nur von deren Entscheidung geht eine Indikatorwirkung aus. Als Zwischenfazit lässt sich da___________ 624 Begründung zum DiskE, ZBB 2001, 398, 425, und zum RegE des 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 14/8017, S. 87; zustimmend Uwe H. Schneider, BB 2002, 1817, 1818. 625 Vgl. die Angaben bei Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, 2002, S. F 123 m. w. N. sowie bei Weiler/Tollkühn, DB 2002, 1923, 1925 Fn. 22. 626 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 15a Rdn. 43; Rundschreiben der BaFin v. 5.9.2002 zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gemäß § 15a WpHG, WA 22 – W 2320 – 1/2002.

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Verhaltenspflichten bei Durchführung der Vermögensverwaltung

mit festhalten, dass der Vermögensverwalter keiner eigenständigen Mitteilungs- und Meldepficht nach § 15a WpHG unterliegt. Bei der Beantwortung der Frage, welche Auswirkung die Einschaltung eines Vermögensverwalters auf die Mitteilungs- und Meldepflicht der in § 15a Abs. 2, 3 WpHG genannten Personen hat, muss der von § 15a WpHG verfolgte Zweck im Vordergrund stehen. Die Vermögensverwaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Vermögensverwalter vom Kunden auf Dauer beauftragt wird, die Anlageentscheidungen nach freiem Ermessen oder nach vorher vereinbarten Anlagezielen und ohne vorherige Rückfrage im Einzelfall selbstständig zu treffen627. Der Vermögensverwalter erwirbt damit regelmäßig ohne Wissen des Organmitglieds Wertpapiere. Sollten zufällig auch solche des Emittenten darunter sein, kommt dieser Entscheidung des Vermögensverwalters keinerlei Indikatorwirkung zu, denn der Erwerb erfolgte aufgrund seiner eigenständigen Entscheidung ohne unmittelbare Einschaltung des Organmitglieds. In dieser Konstellation wurde auch kein Insiderwissen genutzt. Aus diesen Gründen könnte man sich auf den Standpunkt zurückziehen, dass die Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters das Bedürfnis für eine Mitteilungspflicht des Organmitglieds nach § 15a WpHG gänzlich entfallen lasse. Damit würde man aber übersehen, dass der Vermögensinhaber die Verwaltung seines Vermögens gerade nicht völlig aus der Hand gibt, sondern zahlreiche Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Verwaltung seines Vermögens behält. So kann die mitteilungspflichtige Person auch bei einer Vermögensverwaltung ihren Wissensvorsprung dadurch ausnutzen, dass sie dem Vermögensverwalter gezielte Informationen zukommen lässt. Nach außen erwecken die Vorgänge den Eindruck, als habe der Vermögensverwalter eigenständig entschieden; in der Sache jedoch wurde die Transaktion durch den Vermögensinhaber gesteuert. Der Beweis derartiger Vorgänge ist nur schwer möglich, weshalb einer Umgehung des § 15a WpHG Tür und Tor geöffnet wären. In § 15a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 WpHG sind Angehörige des Organmitglieds erfasst, um alle leicht zu bewerkstelligenden Umgehungen zu vermeiden, bei denen die wirtschaftlichen Vorteile der Geschäfte der Führungsperson – zumindest mittelbar über die Familienkasse – zugute kommen. Diese Erwägung gilt erst recht für Transaktionen, die der Vermögensverwalter eines Organmitglieds vornimmt, denn die Vorteile dieser Geschäfte fließen hier dem Organmitglied sogar unmittelbar zu. Der Anreiz zu solchen Umgehungen ist daher ebenso groß wie bei der Zwischenschaltung naher Angehöriger. ___________ 627 S. o. S. 17 f.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

Nicht nur die gezielte Weitergabe von Insiderwissen an den Vermögensverwalter (auch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle des Insidertatbestands) erlaubt Umgehungen. Die Führungsperson, die Kunde eines Vermögensverwalters ist, kann diesen als argloses Werkzeug einsetzen: Sie kann eine Änderung der Anlagerichtlinien zu einem Zeitpunkt vornehmen, zu dem sie über Insiderwissen verfügt. Zwar sind Anlagerichtlinien zumeist in abstrakten Kategorien ohne Nennung von Einzelwerten gefasst. Dennoch lässt sich auch über die Änderung einer abstrakten Formulierung eine „Feinsteuerung“ erreichen. So kann ein Vermögensinhaber, der Organmitglied eines Versicherungskonzerns ist und Werte dieses Emittenten in seinem Depot hat, gezielte Verkäufe dieser Wertpapiere auslösen; er braucht lediglich in die Anlagerichtlinien die Vorgabe aufzunehmen, dass generell keine Anlage in Versicherungswerten erfolgen soll. Durch diese Änderung veranlasst das Organmitglied den arglosen Vermögensverwalter zum Verkauf dieser Werte. Schließlich spricht eine weitere Erwägung dafür, die vom Vermögensverwalter durchgeführten Transaktionen in § 15a WpHG zu erfassen. Dem Kunden eines Vermögensverwalters steht sowohl bei der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells als auch bei der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells das Recht zu, dem Vermögensverwalter im Einzelfall bindende Weisungen hinsichtlich des Erwerbs oder der Veräußerung einzelner Finanzinstrumente zu erteilen. In solchen Fällen kann der Kunde seinen Wissensvorsprung als Führungsperson ebenfalls so ausnutzen, als hätte er die Transaktion höchstpersönlich veranlasst. Die Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters bewirkt also kein generelles Entfallen der Indikatorfunktion von Directors’ Dealings und der mit § 15a WpHG bezweckten Vorbeugefunktion. Denn die dem Vermögensinhaber zustehenden unmittelbaren und mittelbaren Möglichkeiten, auf die Verwaltung des Vermögens einzuwirken, sind zahlreich und gelten gleichermaßen für das Vertreter- wie für das Treuhandmodell. Es lässt sich damit festhalten, dass § 15a Abs. 1 WpHG alle unmittelbar von einer Führungsperson oder ihr nahe stehenden Person veranlassten oder für Rechnung dieser Personen vorgenommenen Transaktionen durch Finanzintermediäre erfasst. Die Meldepflicht der Führungsperson oder der ihr nahe stehenden Person entfällt also weder bei der Vermögensverwaltung in Form des Vertretermodells noch bei der Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells. Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch dem Umstand gerecht, dass das Aufsichtsrecht von einer funktionalen Betrachtung ausgeht. Maßgeblich ist nicht eine formale Einordnung, sondern der dahinter stehende wirtschaftliche 918

Fazit und Ausblick

Vorgang. Hiervon geht auch die Marktmissbrauchsrichtlinie628 aus, die in ihrem Art. 6 Abs. 3 bei der Regelung der Ad-hoc-Publizität ausdrücklich auch Personen einbezieht, die im Auftrag oder auf Rechnung des Emittenten handeln. Diese Bestimmung ist aufgrund ihrer Sachnähe ein gewichtiges Indiz bei der Auslegung der Reichweite der Vorschriften zu den Directors’ Dealings. Damit ist der Vermögensverwalter verpflichtet, den Vermögensinhaber über Wertpapiergeschäfte zu informieren, die er in Aktien des Emittenten oder in sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten tätigt, damit der Vermögensinhaber seinerseits seinen Pflichten aus § 15a WpHG nachkommen kann. Diese Informationspflicht muss der Vermögensverwalter so rechtzeitig erfüllen, dass der Vermögensinhaber noch innerhalb der 5-TagesFrist des § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG seinen Pflichten nachkommen kann. Allerdings kann der Vermögensverwalter die ihn treffende Informationspflicht nur erfüllen, wenn er überhaupt weiß, dass sein Kunde zum Kreis der Meldepflichtigen nach § 15a WpHG gehört. Diese Information muss ihm der Vermögensinhaber unaufgefordert mitteilen. Teilt der Vermögensinhaber seine Berufstätigkeit nicht mit, trägt er die sich daraus ergebenden Folgen. Angesichts des Umstands, dass sich der Vermögensverwalter zu Vertragsbeginn und in regelmäßigen Abständen nach den finanziellen Verhältnissen des Kunden erkundigen muss, wird die Information über dessen Berufstätigkeit und Einkommen zwangsläufig erfragt werden629. Da Organmitglieder und sonstige Führungskräfte in der Praxis von ihrem Arbeitgeber über die kapitalmarktrechtlichen Pflichten informiert werden dürften, werden sie ihre Eigenschaft als Führungskraft gegenüber dem Vermögensverwalter auch nicht verschweigen. Bei Angehörigen von Organmitgliedern gestaltet sich die Ausgangslage schon etwas schwieriger. Sie werden zum einen nicht vom Emittenten beraten und wissen zum anderen häufig auch nicht, dass sie einer eigenständigen Mitteilungs- und Meldepflicht unterliegen630. Sie sind also faktisch darauf angewiesen, von der Führungsperson informiert zu werden.

VIII. Fazit und Ausblick – Da Finanzdienstleistungen und Wertpapierdienstleistungen nahezu deckungsgleich sind, hätte eine einheitliche aufsichtsrechtliche Definition im Kreditwesengesetz Sinn gemacht, an die das Wertpapierhandelsgesetz anknüpft. ___________ 628 S. o. S. 506 Fn. 283. 629 S. o. S. 826 ff. 630 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 15a Rdn. 41.

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Die aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verhaltenspflichten

– Unter den Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes stellt die Interessenwahrungspflicht die Kardinalpflicht dar, deren Verwirklichung die Sorgfalts-, die Erkundigungs- und die Informationspflicht dienen. Auch bestimmte organisatorische Pflichten haben flankierende Funktion für die Interessenwahrung. – Die Regelung der kundenbezogenen Verhaltenspflichten erfasst alle typischen Risiken, denen ein Vermögensverwaltungskunde bei dieser Dienstleistung ausgesetzt ist. Der Umfang der aufsichtsrechtlichen Kontrolle wird angesichts der zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in den §§ 31 ff. WpHG maßgeblich von der Praxis der BaFin und damit auch von der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung abhängen. – Die Einhaltung der Interessenwahrungspflicht kann im Einzelfall aufgrund der derzeit noch üblichen Ausgestaltung von Honorarregelungen gefährdet sein. Die BaFin sollte daher in ihrer Richtlinie zur Vermögensverwaltung Grenzen für die Ausgestaltung der Honorarregelung vorgeben. – Entgegen der bislang herrschenden Ansicht ist der Vermögensverwalter verpflichtet, mit dem Kunden Anlagerichtlinien abzusprechen und diese niederzulegen. – Die BaFin sollte im Zuge der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung ein generelles Verbot der Rückvergütungen und Bestandspflegeprovisionen an Vermögensverwalter erlassen. – Die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung sollte die Frage, wann genau eine Ad-hoc-Berichtspflicht des Vermögensverwalters ausgelöst wird, regeln. – Auch wenn die Dokumentationspflicht des § 34 WpHG allein aufsichtsrechtlichen Zielen dient, verbessert sie doch die beweisrechtliche Ausgangslage für den Kunden. – § 34a WpHG sollte reformiert werden, da er den Kunden des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nur unzureichend schützt.

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Kapitel 11 Strafrechtliche Vorgaben I. Die Ausstrahlungswirkung strafrechtlicher Tatbestände Die Ausführungen zum Wertpapierhandelsgesetz haben gezeigt, dass das Aufsichtsrecht eng mit dem Zivilrecht verzahnt ist. Die zivilrechtlichen Anforderungen an die Tätigkeit des Vermögensverwalters werden durch die aufsichtsrechtlichen Vorgaben geprägt, da das Aufsichtsrecht einen Mindeststandard setzt. Umgekehrt orientieren sich aufsichtsrechtliche Normen an zivilrechtlichen Pflichtenkategorien. Dieser Befund einer gegenseitigen Ausstrahlung trifft in ähnlicher Form auch auf das Strafrecht zu. Die §§ 31 ff. WpHG dienen der Konkretisierung der Pflichtenstellung der Finanzintermediäre und stellen damit eine Auslegungshilfe bei strafrechtlichen Tatbeständen dar. Strafrechtliche Tatbestände sind Teil der öffentlich-rechtlichen Vorgaben für den Finanzsektor und entfalten daher anlegerschützende Funktion1 und damit eine zumindest mittelbare Steuerungsfunktion für die Vermögensverwaltung. Hinzuweisen ist dabei insbesondere auf § 266 StGB. Im Bereich des Wertpapierhandelsrechts ist das bereits angesprochene2 Insiderrecht hierfür ein wichtiger Beleg3. Der Insiderhandel ist nicht nur als Straftat ausgestaltet, sondern das Verbot prägt zugleich aufsichtsrechtliche Verhaltenspflichten und löst mitunter zivilrechtliche Folgen aus (z. B. das Recht des Vermögensverwalters zur Nichtausführung von Einzelweisungen des Kunden, die erkennbar auf Insiderwissen beruhen). Die früher in der Vermögensverwaltung anzutreffende Praxis, mit dem regelmäßigen Zugang zu Insiderwissen zu werben oder Frontrunnig zugunsten wichtiger Kunden zu betreiben4, ist durch die Einführung des Straftatbestands unterbunden worden. Strafdrohungen dienen dem Funktionenschutz, da ein wirksames Strafrecht das Vertrauen der Allgemeinheit in die Gesetzmäßigkeit und damit Funktionsfähigkeit des Finanzsektors stärkt. Dieses Vertrauen wird gerade bei der Vermögensverwaltung zunehmend deshalb gefährdet, weil diese Leis___________ 1 2 3

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Grundlegend dazu Worms, Anlegerschutz durch Strafrecht. S. o. S. 899 ff. Eine umfassende Darstellung der kapitalmarktrechtlichen Straftatbestände findet sich bei Joecks und Ch. Schröder, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, S. 689 ff., 712 ff., 765 ff. sowie im Kommentar von Park, Kapitalmarkt-Strafrecht. S. o. S. 145.

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Strafrechtliche Vorgaben

tung immer wieder im Zusammenhang mit Steuerhinterziehungen genannt wird. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende Fallgestaltungen, in denen die Vermögensinhaber auf das Bankgeheimnis eines ausländischen Staates vertrauen, um Steuern zu hinterziehen. Dieser durch ein regulatorisches Gefälle entstandene Wettbewerbsvorteil wird von manchen ausländischen Banken (u. U. mit Duldung des betreffenden Staates) dazu genutzt, ihren Marktanteil im Bereich der Vermögensverwaltung auszubauen5. Es ist nicht Aufgabe der vorliegenden Untersuchung, die relevanten strafrechtlichen Tatbestände im Detail zu untersuchen. Ausreichend ist vielmehr die allgemeine Feststellung, dass ein Vermögensverwalter sich nicht der Mittäterschaft oder Beihilfe zu Straftaten des Kunden schuldig machen darf. Daher bedarf es an dieser Stelle auch keiner Erörterung der kontroversen Frage, wann die Grenze zur Mittäterschaft oder zur Beihilfe überschritten ist. Stattdessen sei auf die einschlägige Kommentarliteratur6, das Schrifttum7 und die mittlerweile erste vorliegende höchstrichterliche Entscheidung über eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Bankangestellte8 verwiesen. Hinzuweisen ist schließlich auf den Umstand, dass die Verwicklung von Geschäftsleitern in Straftaten ein Indiz für eine Schieflage des Instituts sein kann. Gleiches gilt für Straftaten von Mitarbeitern bei Ausübung ihrer Tätigkeit als Bedienstete des Instituts. Es ist daher aufsichtsrechtlich nur konsequent, dass §§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2, 60a KWG in derartigen Fällen die Zusammenarbeit der BaFin mit den Strafverfolgungsbehörden erleichtert. ___________ 5

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Auch die unterschiedliche Zinsbesteuerung entfaltet im Zusammenwirken mit unterschiedlich strengen Regelungen des Bankgeheimnisses und der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen eine wettbewerbsverzerrende Wirkung. Diese versucht man nun durch die Zinsbesteuerungsrichtlinie zu mildern oder zu beseitigen, dazu S. 534 Fn. 364. Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG3, § 14 Rdn. 92 ff., insbesondere 97d ff., sowie Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB26, § 27 Rdn. 10a, zur Problematik der sog. neutralen Handlungen. Vgl. etwa Assmann, WM 1996, 1337, 1346 ff.; Hopt, FS Heinsius, 1991 S. 289, 298 f. (jeweils zur Beihilfe bei Insiderdelikten); Behr, wistra 1999, 245 ff.; Hassemer, wistra 1995, 41, 42; Löwe-Krahl, wistra 1995, 201 ff.; Otto, ZfgK 1994, 775 ff.; MeyerArndt, wistra 1989, 281 ff.; Roxin, FS Stree/Wessels, 1993, S. 365 ff.; Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 54 ff. BGHSt 46, 107 = WM 2000, 1745; dazu die Besprechungen von Kudlich, JZ 2000, 1178 f. m. w. N. in Fn. 4; Jahn, EWiR 2000, 895 f.; Jäger, wistra 2000, 344 ff.; Behr, BB 2000, 2240 f.; Rolletschke, DStZ 2000, 787 ff.; Marx, DStR 2001, 96 f.; Steiner, ZfgK 2001, 65; Samson/Schillhorn, wistra 2001, 1 ff. Erwähnenswert aus der Rechtsprechung sind zudem RGSt 39, 44 (Beihilfe zur Kuppelei) sowie OLG Bremen, ZIP 2002, 1942 (Beihilfe zum Anlagebetrug).

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Geldwäschegesetz

Nachdem die Berührungspunkte des Insiderrechts zur Vermögensverwaltung bereits angesprochen wurden, wird im Folgenden der zweite, für die Praxis der Vermögensverwaltung wichtige Bereich, nämlich die Geldwäsche, erörtert.

II. Geldwäschegesetz 1. Überblick und Anwendungsbereich des GwG Das Geldwäschegesetz (GwG)9 verfolgt das Ziel zu verhindern, dass Vermögen aus Straftaten in den normalen Wirtschaftskreislauf gelangt, dadurch reingewaschen werden kann und dies den Straftätern erlaubt, Einfluss im Wirtschaftsleben zu erlangen10. Das Gesetz dient damit in erster Linie dem Funktionenschutz, da es das Vertrauen der Allgemeinheit in die Gesetzmäßigkeit des Finanzsektors schützt. In Verbindung mit den geschilderten organisatorischen Pflichten11 kommt ihm mittelbar auch eine individualschützende Komponente zu, da verhindert wird, dass Institute von Kriminellen unterwandert werden, die das Institut für ihre Zwecke nutzen und dabei unter Umständen auch nichtsahnende Anleger schädigen. Da gerade die Portfolioverwaltung als Dienstleistung für vermögende Kunden ein Einfallstor für die Geldwäsche sein kann, kommt dem Geldwäschegesetz in der Praxis der Vermögensverwaltung eine wichtige Rolle zu. Das Gesetz, das auf EG-Richtlinien zurückgeht12, erfasst in seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Kreditinstitute und Finanzdienstleistungs___________ 9 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) vom 25.10.1993, BGBl. I 1770, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15.12.2003, BGBl. I 2676. 10 Nachdem man über lange Zeit den Eindruck hatte, das Gesetz laufe in der Praxis weitgehend leer, finden sich seit dem Jahr 2000 Berichte über Anklagen und Verurteilungen von Bankmitarbeitern wegen leichtfertiger Geldwäsche, vgl. etwa Süddeutsche Zeitung vom 18.3.2000, Bayern S. 58 = http://szonnet.oba.de/REGIS_A10164460; internal&action=body.action (abgerufen am 18.3.2000). 11 S. o. S. 624 ff. zur Kontrolle bedeutender Beteiligungen und S. 632 zu den organisatorischen Vorgaben des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KWG. 12 Richtlinie des Rates vom 10.6.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (91/308/EWG), ABl. EG Nr. L 166 vom 28.6.1991, S. 77; geändert durch die Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. EG Nr. L 344 vom 28.12.2001, S. 76. S. a. den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum

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Strafrechtliche Vorgaben

institute i. S. d. § 1 KWG13. Damit unterfallen sowohl Banken als auch sonstige Vermögensverwalter, die die Finanzportfolioverwaltung anbieten, dem Geldwäschegesetz14. Da dieses Gesetz einen umfassenden Schutz gegen Investitionen kriminell erlangter Werte in den Wirtschaftskreislauf gewährleisten will, wird sein Anwendungsbereich über den des Kreditwesengesetzes hinaus auch auf sonstige Personen ausgedehnt, die Vermögen verwalten (§ 3 GwG). Die wenig übersichtliche Regelung lässt sich folgendermaßen aufgliedern:

2. Identifizierungspflichten a) Identifizierungspflicht bei Begründung einer Geschäftsbeziehung § 2 Abs. 1 GwG enthält eine Pflicht zur Identifizierung des Kunden bei der Begründung einer dauerhaften Kundenbeziehung. Eine solche Pflicht folgt auch aus § 154 Abs. 2 AO für die Kontoführung. Danach ist derjenige, der ein Konto führt, Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) verwahrt oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt, verpflichtet, sich zuvor Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form festzuhalten. Er hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, über welche Konten oder Schließfächer eine Person verfügungsberechtigt ist. Diese Identifizierungspflicht wird sowohl im Anwendungserlass zur AO15 als auch von der Aufsichtsbehörde weit interpretiert16 und erfasst alle Fälle, in denen ein Institut eine Geschäftsverbindung mit einem Kunden aufnimmt. Eine solche Interpretation entspricht den Vorgaben der Geldwäsche___________

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Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus vom 30.6.2004, KOM(2004) 448, abgedruckt in: ZBB 2004, 342 oder abrufbar unter http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2004/com2004_0448de01.pdf (abgerufen am 31.5.2005). Erfasst sind auch Zweigstellen ausländischer Institute (§ 1 Abs. 3 GwG) und Zweigstellen inländischer Institute im Ausland (§ 15 GwG), zu Einzelheiten dieser umstrittenen Regelung vgl. Fülbier, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 15 Rdn. 1 ff.; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 54 ff. Die Richtlinie (s. soeben Fn. 12) erfasst die Vermögensverwaltung in jeder Form. Nrn. 3 und 4 des Anwendungserlasses zur AO vom 15.7.1998, BStBl. I 630. Dies ergibt sich aus Ziff. 7 ff. der Verlautbarung des damaligen BAKred über Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 24.4.1998, Rundschreiben Nr. 5/98, Z5 – E 100, sowie aus Ziff. 7 des Rundschreibens des BAKred über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30.12.1997, Rundschreiben 1/98 vom 15.1.1998 (I-5 – E 102). Siehe auch das Rundschreiben der BaFin 25/2002 vom 6.11.2002, Q 31 – B 590 und das Rundschreiben der BaFin 8/2005 vom 24.3.2005, GW 1 – E 100.

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Geldwäschegesetz

richtlinie. Ihr Art. 3 Abs. 1 verlangt, dass Kredit- und Finanzinstitute bereits bei der Begründung der Geschäftsbeziehung eine Identifizierung vornehmen und nicht erst, wenn tatsächlich Geldtransaktionen getätigt werden. Für Vermögensverwalter bedeutet dies, dass sie bei Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags der Pflicht unterliegen, die Identität und Adresse ihres Kunden festzustellen17. b) Identifizierungspflicht bei der Vornahme von Transaktionen Institute unterliegen der Pflicht, im Falle der Annahme oder Abgabe18 von Geld, Wertpapieren oder Edelmetallen im Wert von 15.000 Euro oder mehr den Kunden zu identifizieren (§ 2 Abs. 2 GwG), d. h. Name, Anschrift, Geburtsdatum sowie Nummer des Ausweises und die ausstellende Behörde festzustellen (vgl. § 1 Abs. 5 GwG)19. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn mehrere Transaktionen ausgeführt werden, die inhaltlich zusammenhängen und hierfür tatsächliche Anhaltspunkte bestehen (§ 2 Abs. 3 GwG). Auf diese Weise soll eine Umgehung durch Aufsplitterung (smurfing) verhindert werden20. Anhaltspunkte für ein smurfing liegen dann vor, wenn es sich dem Angestellten des Instituts nach den äußeren Umständen aufdrängen muss, dass eine Verbindung der Einzelgeschäfte besteht21. Das Institut unterliegt jedoch keiner Pflicht zu aktiven Nachforschungen22. Eine Annahme oder Abgabe der genannten Vermögenswerte liegt nur vor, wenn eine körperliche Übergabe erfolgt, also die Werte in den Gewahrsam des Instituts gelangen bzw. von diesem der Gewahrsam aufgegeben wird23. ___________ 17 Dies übersieht Balzer, Vermögensverwaltung, S. 68 ff. 18 Ausgenommen sind Transaktionen zwischen zwei Instituten (§ 2 Abs. 4 GwG), da hier der Weg des Geldes nachzuvollziehen ist. 19 Bei der Auffassung von Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 102, wonach externe Vermögensverwalter immer dem § 3 GwG unterfielen, muss es sich um einen Druckfehler handeln. Denn § 3 GwG ist nur einschlägig, wenn die allgemeinen Vorschriften (§§ 1, 2 Abs. 1 und 2 GwG) nicht greifen. Deren Anwendbarkeit bejahen Gaßner/ Escher aber gerade. 20 Begründung des RegE, BT-Drucks. 12/2704, S. 12. Ausführlich dazu Werner, Geldwäsche, S. 118 f., 122 ff. 21 Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 2 Rdn. 106. Es ist streitig, ob bei § 2 Abs. 3 GwG auch die subjektive Erkennbarkeit verlangt wird (so wohl Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 71) oder ob diese erst bei der strafrechtlichen Sanktion des § 17 Abs. 1 Nr. 1a GwG eine Rolle spielt (Werner, Geldwäsche, S. 119). 22 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 71; Aepfelbach, in: Fülbier/ Aepfelbach, GwG4, § 2 Rdn. 106. 23 Werner, Geldwäsche, S. 117; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 66; Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 2 Rdn. 55.

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Aufgrund dieses Tatbestandserfordernisses fällt nicht jede Transaktion im Rahmen der Vermögensverwaltung in den Anwendungsbereich der Norm. Vielmehr beschränkt er sich auf Transaktionen, bei denen der Vermögensverwalter Kundengelder und Wertpapiere annimmt oder auszahlt/aushändigt. Dies wird nur der Fall sein, wenn es sich um ein Kreditinstitut mit Zulassung zum Einlagen- und/oder Depotgeschäft handelt. Wird dagegen die Vermögensverwaltung allein im Wege der reinen Buchtransaktionen vorgenommen, scheidet eine Anwendung des § 2 Abs. 2 GwG aus24. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass es sich um einen Vermögensverwalter handelt, der keine derartige Befugnis zur Annahme von Kundengeldern und -wertpapieren besitzt und deshalb lediglich eine Vollmacht über Konten des Vermögensinhabers erhält. Der reine Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags und/oder die Einräumung einer Vollmacht25 erfüllen also den Tatbestand des § 2 Abs. 2 GwG nicht, so dass insbesondere freie Vermögensverwalter keiner Identifizierungspflicht nach dieser Norm unterliegen. Angehörige freier Berufe, die keine gewerbsmäßige Verwaltung von Finanzinstrumenten anbieten, unterliegen nicht der Identifizierungspflicht nach § 2 Abs. 1 und 2 GwG, da ihre Tätigkeit nicht den Tatbestand des Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts erfüllt (vgl. §§ 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG, 1 Abs. 1 und 2 GwG). Um keine Schutzlücken entstehen zu lassen, hat der Gesetzgeber diesen Personenkreis deshalb einer gesonderten Identifizierungspflicht unterworfen (§ 3 Abs. 1 GwG). Dies trifft etwa auf Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Notare, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer26 zu, die nur gelegentlich Geldoder Wertpapiervermögen verwalten oder Anderkonten führen. Bezieht sich die Vermögensverwaltung ausschließlich auf solche Vermögenswerte, die nicht in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes (vgl. § 1 Abs. 11 KWG) fallen, handelt es sich bei diesen Vermögensverwaltern nicht um Institute, so dass die Identifizierungspflicht nach § 2 GwG nicht einschlägig ist. Um diese Lücke zu schließen und zu verhindern, dass Vermögen über Treuhänder, Immobilienverwalter und ähnliche Berufsgruppen gewaschen werden, unterfallen derartige Transaktionen § 3 Abs. 1 GwG27. ___________ 24 So im Ergebnis auch Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 2 Rdn. 60. 25 Balzer, Vermögensverwaltung, S. 69 m. w. N. 26 Begründung des RegE, BT-Drucks. 12/2704, S. 14; Fülbier und Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 1 Rdn. 44 f., bzw. § 3 Rdn. 5; Bruchner, in: BankrechtsHandbuch2, § 42 Rdn. 75; Lang, in: Lang/Schwarz/Kipp, Geldwäsche3, S. 300. 27 Lang, in: Lang/Schwarz/Kipp, Geldwäsche3, S. 300 f.; Fülbier und Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 1 Rdn. 44 f. bzw. § 3 Rdn. 5.

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Geldwäschegesetz

c) Identifizierungspflicht bei Verdacht der Geldwäsche Institute unterliegen einer Identifizierungspflicht, wenn sie Tatsachen feststellen, die den Verdacht einer Straftat nach § 261 StGB und nach §§ 129a, 129b StGB begründen (§ 6 GwG). Sie haben nach § 11 Abs. 1 GwG Anzeige zu erstatten. Im Verdachtsfall darf eine Transaktion erst ausgeführt werden, wenn die Zustimmung der Staatsanwaltschaft vorliegt oder zwei Werktage28 verstrichen sind, ohne dass sie untersagt wurde. Diese Stillhaltepflicht kann dazu führen, dass der Kunde eines Vermögensverwalters Gelder oder Wertpapiere nicht rechtzeitig zurückerhält und ihm deshalb Vermögensschäden entstehen, etwa weil eine zuvor bestehende Möglichkeit zu einer gewinnträchtigen Alternativanlage nach Ablauf der Frist nicht mehr besteht. Das Risiko eines solchen Schadens weist der Gesetzgeber in § 12 GwG dem Kunden zu29, ohne dabei einen Entschädigungsanspruch vorzusehen30. Die Regelung ist umstritten31, da die Geldwäscherichtlinie eine Stillhaltefrist nicht vorsieht und die Strafverfolgungsbehörden oft nicht in der Lage sind, innerhalb von zwei Werktagen fundierte Ermittlungen durchzuführen, die eine Beschlagnahme der Werte rechtfertigen würden. Ob diese Bedenken wirklich stichhaltig sind, mag hier dahinstehen. Denn § 11 Abs. 1 Satz 4 GwG erlaubt in eilbedürftigen Fällen ausdrücklich die Ausführung der Transaktion. Als eilbedürftiger Fall gilt aber auch der Fall, dass der Kunde auf der sofortigen Ausführung des Auftrags besteht32. Durch einen solchen Kundenwunsch dürften sich die allermeisten Problemfälle erledigen, denn schon der Hinweis des Kunden auf die günstige, aber zeitlich befristete Alternativanlage oder auf Kursrisiken bei der Verzögerung der Ausführung der Kundenorder stellt damit einen Eilfall dar. Diese Ausnahme findet nach Auffassung der Aufsicht allerdings keine Anwendung, wenn sich der Verdacht der Geldwäsche geradezu aufdränge33. d) Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten Die genannten Institute und Personengruppen, die einer der soeben genannten Identifizierungspflichten unterliegen, müssen von ihren Kunden auch ___________ 28 Dabei wird ein Samstag nicht mitgezählt. Wird die Anzeige am Donnerstag erstattet, endet die Stillhaltefrist damit am darauf folgenden Montag. 29 Ausgenommen sind nur grob fahrlässige oder vorsätzliche Anzeigen. 30 Fülbier, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 11 Rdn. 143 f., § 12 Rdn. 7 ff. 31 Einzelheiten bei Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 114. 32 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 115; Fülbier, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 11 Rdn. 146. 33 Ziff. 29 der genannten Verlautbarung des damaligen BAKred vom 24.4.1998 (s. o. S. 924 Fn. 16).

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Strafrechtliche Vorgaben

Auskunft darüber verlangen, wer wirtschaftlich Berechtigter der Vermögenswerte ist. Verneint der Kunde eine eigene Berechtigung, hat der zur Identifizierung Verpflichtete die Daten des wirtschaftlich Berechtigten aufzunehmen (§ 8 Abs. 1 GwG). Ausreichend zur Erfüllung der aus § 8 GwG folgenden Pflicht ist die bloße Nachfrage. Beantwortet der Kunde die Frage, trifft das Institut keine Pflicht zu aktiven Nachforschungen oder einer Überprüfung der Kundenangaben34. Verweigert der Kunde dagegen auf die Frage nach der wirtschaftlichen Berechtigung eine Antwort, ist die Bank nach Ansicht des OLG Hamburg berechtigt35 und nach Ansicht der Aufsichtsbehörde auch verpflichtet36, die vom Kunden in Auftrag gegebene Transaktion zu verweigern. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Transaktions- und Auszahlungssperre dagegen zu Recht abgelehnt, da § 8 GwG keine entsprechende Ermächtigung37 des Instituts enthalte. Die fehlende gesetzliche Kompetenz zur Verweigerung von Transaktionen und Auszahlungen lässt sich auch nicht aus der Verlautbarung der Aufsichtsbehörde herleiten, die nur norminterpretierenden Charakter hat, die Gerichte aber nicht bindet. Da der Gesetzgeber diese Kontroverse kannte und bei der jüngsten Reform des Geldwäschegesetzes38 § 8 GwG unverändert gelassen hat, wird man davon ausgehen können, dass die Vorschrift keine Ermächtigung der Institute zu einer Kontosperre enthält39. Besondere Probleme wirft die Pool-Vermögensverwaltung auf, bei der ein Vermögensverwalter in offener Treuhand das Vermögen zahlreicher Anleger verwaltet. Sofern das Konto auf die Namen aller Pool-Teilnehmer lautet, ist die Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten unproblematisch. Wird dagegen nur der Treuhänder genannt, verlangt die Aufsicht zu Recht, dass der Treuhänder in regelmäßigen Abständen die wirtschaftlich Berechtigten feststellt40. ___________ 34 Begründung des RegE, BT-Drucks. 12/2704, S. 16; Aepfelbach, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 8 Rdn. 7; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch2, § 42 Rdn. 83. 35 OLG Hamburg, ZIP 1995, 1578 f.; ebenso Reiß, BuB Rdn. 16/70; Lang, in: Lang/ Schwarz/Kipp, Geldwäsche3, S. 446 f. 36 Jeweils Ziff. 20 der beiden Rundschreiben des damaligen BAKred vom 15.1. und 24.4.1998 (s. o. S. 924 Fn. 16); zustimmend Hoyer/Klos, Geldwäsche, S. 269. 37 BGH, WM 1994, 2270, 2272 f.; zustimmend Fülbier, Einflussnahme, S. 59 f.; Hasse, WM 1995, 1941, 1946 f. 38 Siehe oben S. 923 Fn. 9. 39 A. A. Höche, Die Bank 1998, 618, 622, der meint, die Kontroverse bestehe fort. 40 Schwarz, in: Lang/Schwarz/Kipp, Geldwäsche3, S. 469 f.

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Geldwäschegesetz

e) Ausnahmen Das Gesetz enthält eine Reihe von Ausnahmen von der Identifizierungspflicht. Die für die Praxis bedeutendste besteht darin, dass Kunden, die persönlich bekannt und deren Daten bereits erhoben sind, nicht jedes Mal von neuem identifiziert werden müssen (§ 7 GwG).

3. Interne Sicherungsmaßnahmen Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sind nach § 14 Abs. 1 Nrn. 1, 4 GwG verpflichtet, Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass sie zur Geldwäsche missbraucht werden können. Das Gesetz nennt als geeignete Maßnahmen die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, die Entwicklung interner Grundsätze, Verfahren und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche, die Sicherstellung der Zuverlässigkeit von Angestellten und deren regelmäßige Fortbildung über Methoden der Geldwäsche (§ 14 Abs. 2 GwG)41. Dabei helfen die von der Aufsicht herausgegebenen Typologiepapiere42, die die geldwäscheverdächtigen Konstellationen bei Anlageberatung und Vermögensverwaltung beschreiben. Verdächtig ist widersprüchliches Verhalten bezüglich der Geschäftstätigkeit und der persönlichen Verhältnisse, geringes Interesse an der Rendite von Anlagen, regelmäßiger Vermögenszuwachs ohne plausible Erklärung, plötzlicher grundloser Abzug großer Vermögenswerte, Widerspruch von Fristigkeit der Gelder mit den Angaben über ihre Herkunft sowie Benutzung von Anlagekonten für den Zahlungsverkehr. Die Funktion des Geldwäschebeauftragten und andere wesentliche Pflichten aus dem Geldwäschegesetz können auf ein anderes Unternehmen ausgelagert werden43. Die grundsätzliche Verantwortlichkeit des delegierenden Instituts bleibt bestehen, so dass sich dieses Weisungsbefugnisse vorbehalten muss. Das Outsourcing kann zu einer Effektivitätssteigerung der Überwachung führen, da sich mittlerweile hochspezialisierte Compliance-Gesellschaften am Markt etabliert haben, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Mittel eine kleineren Instituten überlegene Überwachung anbieten. ___________ 41 Ausführlich dazu Ziff. 34 ff. bzw. Ziff. 35 ff. der genannten Verlautbarungen des damaligen BAKred vom 15.1. und 24.4.1998 (s. o. S. 924 Fn. 16) sowie Werner, Geldwäsche, S. 174 ff.; Fülbier, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG4, § 14 Rdn. 8 ff. 42 Geldwäsche-Typologiepapier des damaligen BAKred vom 1.10.1998, Sonderrundschreiben vom 2.11.1998, Z 5 – B 214, abgedruckt als Anhang III 3. in: Fülbier/ Aepfelbach, GwG4.; Rundschreiben 3/2003 der BaFin vom 10.3.2003 mit Anlage (Typologiebericht der FATF). 43 Zu den Voraussetzungen ausführlich Findeisen, WM 2000, 1234, 1237 f.; s. a. Eyles, WM 2000, 1217, 1229.

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Strafrechtliche Vorgaben

4. Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung der Unterlagen Die Feststellungen nach §§ 2, 3, 4, 6, 8 GwG sind aufzuzeichnen und sechs Jahre lang aufzubewahren, wobei eine Speicherung auf Daten- oder Bildträgern zulässig ist (§ 9 GwG). Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GwG sind die zur Identifizierung der Kunden getroffenen Feststellungen zu dokumentieren und das dabei vorgelegte Ausweispapier zu kopieren.

5. Fazit Die Regelungen zur Verhütung von Geldwäsche erlauben eine ausreichende Überwachung, um sicherzustellen, dass Vermögensverwalter ihre Zulassung nicht dazu missbrauchen, Gelder zu waschen. Da die Institute ihrerseits einer aufsichtsrechtlichen Kontrolle unterliegen und die Jahresabschlussprüfer auch die Einhaltung des Geldwäschegesetzes überwachen (§ 29 Abs. 2 Satz 1 KWG), lässt sich die Vermögensverwaltung nicht mehr so leicht zur Verschiebung kriminell erlangter Vermögenswerte einsetzen. Sicherlich kann die beste Kontrolle keinen hundertprozentigen Schutz bieten und auch das derzeitige Recht ist wohl an manchen Stellen ausbaufähig, doch ist der erreichte Stand insgesamt positiv zu bewerten.

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Kapitel 12 Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht Bei der Aufsicht der BaFin handelt es sich um eine materielle Staatsaufsicht1. Die Bundesanstalt nimmt spezialpolizeiliche Aufgaben wahr. Ihre Aufsicht bezieht sich vor allem auf die Einhaltung derjenigen Anforderungen des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes, die an die Zulassung und den laufenden Betrieb von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten gestellt werden. Diese Überwachung dient dem Ziel, die Funktionstüchtigkeit der Bank- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Wertpapiermärkte sicherzustellen und das Risiko einer Insolvenz von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten zu verringern. Hiervon wiederum profitiert der einzelne Anleger, da sein Substanzverlustrisiko dadurch gemindert wird. Vor dem Hintergrund der hier untersuchten Frage, ob der Anlegerschutz bei der Vermögensverwaltung ausreicht, muss deshalb der Frage nachgegangen werden, wie ein Versagen oder Fehlverhalten der Aufsichtsbehörden korrigiert werden kann, um schädliche Auswirkungen auf die beaufsichtigten Unternehmen und die übrigen Marktteilnehmer, insbesondere die Anleger, zu vermeiden oder zumindest zu kompensieren. Zur Gewährleistung eines ausreichenden Funktionenschutzes gilt es zwei Extreme zu verhindern: Unterwirft der Gesetzgeber oder die Exekutive die Institute zu weitreichenden Aufsichtsmaßnahmen, werden diese damit faktisch gelähmt und im Vergleich zu ausländischen Instituten im Wettbewerb behindert. Am anderen Ende des Spektrums steht eine zu milde und damit wirkungslose Aufsicht. Gegen eine solche werden sich die beaufsichtigten Institute wohl kaum zur Wehr setzen; betroffen sind vielmehr die Anleger, die ihre Interessen über Schutzvereinigungen, Verbraucherverbände und Individualklagen geltend machen werden. Ist die Aufsicht vom Gesetzgeber zwar angemessen ausgestaltet, aber wird sie in Bezug auf einzelne Institute zu lax gehandhabt, stellt sich die Frage, ob Konkurrenten eine schärfere und damit gesetzeskonforme Beaufsichtigung durchsetzen können, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. ___________ 1

Dabei kommt dem Begriff der Staatsaufsicht kein bestimmter Inhalt zu. Vielmehr fasst er als Sammelbegriff zahlreiche Tätigkeiten der öffentlichen Hand zusammen, die sich nach den jeweils einschlägigen Gesetzen richten, vgl. Samm, in: Beck/Samm, KWG, § 32 Rdn. 8 m. w. N.

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Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht

Unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes ist der Frage nachzugehen, wie der einzelne Anleger vor Schäden aus einem Fehlverhalten der Aufsicht, sei es durch zu weitreichende Eingriffe in den Markt, sei es durch Unterlassen der gebotenen Maßnahmen, geschützt werden kann. Um Antworten auf diese recht abstrakten Fragestellungen zu gewinnen, erscheint es notwendig, die aufgezeigten Problemkreise getrennt zu untersuchen.

I. Gewährleistung einer ausreichenden Aufsichtsgesetzgebung Gewährleistung der Aufsichtsgesetzgebung

1. Anspruch auf gesetzgeberisches Einschreiten und Amtshaftung für legislatives Unrecht Die Frage nach Sicherstellung einer ausreichenden Aufsichtsgesetzgebung hat eine lange Tradition. Wie im rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Teil der Untersuchung aufgezeigt wurde, hat der Gesetzgeber die Finanzportfolioverwaltung über lange Zeit völlig ungeregelt gelassen und dabei die beschriebenen Missstände auf dem Grauen Kapitalmarkt über Jahrzehnte in Kauf genommen. Erst im Zuge der Umsetzung einschlägiger EG-Richtlinien ergriff er die notwendigen Maßnahmen, um die Finanzportfolioverwaltung aufsichtsrechtlich zu erfassen. Weiterhin keiner Aufsicht unterliegen dagegen die Vermögensverwaltung sonstiger Werte (wie Immobilien, Beteiligungen in Form von Anteilen an einer Publikums-KG oder von atypisch stillen Gesellschaften) sowie der Vertrieb solcher Produkte. Da diese Bereiche in absehbarer Zeit auch nicht durch EG-Richtlinien harmonisiert werden, so dass dadurch ein Handlungsbedarf auf nationaler Ebene entstünde, stellt sich aus Sicht betroffener Anleger oder Verbände die Frage, ob der Gesetzgeber kraft nationalen Rechts verpflichtet ist, ein Aufsichtsregime einzuführen oder andere notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Daran schließt sich die Frage an, ob der Einzelne eine solche Pflicht ggf. auch durchsetzen kann, ihm also ein subjektives Recht gegen den Gesetzgeber zusteht. Ein Anspruch auf gesetzgeberisches Einschreiten besteht nur, wenn sich aus der Verfassung eine konkrete Pflicht zum Erlass eines bestimmten Gesetzes ergibt. Eine ausdrückliche Anordnung zur Schaffung angemessener wirtschaftsaufsichtsrechtlicher Strukturen oder anderer kapitalmarktrechtlicher Maßnahmen findet sich im Grundgesetz nicht. Eine solche Pflicht kann sich jedoch indirekt aus grundrechtlich geschützten Positionen, etwa aus dem Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 GG, ergeben. Mit Rücksicht auf den weitreichenden Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber zusteht, sind an die Prüfung des Vorliegens einer solchen, aus Grundrechten abgeleiteten 932

Gewährleistung der Aufsichtsgesetzgebung

Handlungsanordnung allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Die Verpflichtung zum Erlass eines Gesetzes besteht nur dann, wenn der Gesetzgeber eine ihm aus Grundrechten obliegende Pflicht evident verletzt hat2. Eine solche evidente Pflichtverletzung wird man im Bereich des Anlegerschutzes nur schwerlich annehmen können. Der Gesetzgeber sieht nicht tatenlos einer Vernichtung von Eigentum durch die Akteure des Kapitalmarkts zu, sondern hat ein gestuftes System von aufsichtsrechtlichen Normen einerseits und straf- sowie zivilrechtlichen Sanktionen andererseits zur Verfügung gestellt. Er hat damit die Verantwortung für die Gewährleistung eines angemessenen Anlegerschutzes in weiten Teilen übernommen und weist diese Zuständigkeit im Bereich des aufsichtsrechtlich ungeregelten, „Grauen“ Kapitalmarkts dem Einzelnen zu, der seine Ansprüche als Geschädigter selbst durchsetzen muss. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur PublikumsKG3 belegen, dass dieser Weg mit Erfolg beschritten werden kann. Diese Zweiteilung des Kapitalmarkts in ein aufsichtsrechtlich geregeltes und ein ungeregeltes Segment wirft zahlreiche Folgeprobleme auf. Sie erscheint daher unter Anlegerschutzgesichtspunkten als sehr fragwürdig, bewegt sich aber wohl noch innerhalb des Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber zusteht. Die Grenze zu einer evidenten Pflichtverletzung dürfte deshalb noch nicht überschritten sein, da der Anleger auf dem „Grauen“ Kapitalmarkt nicht schutzlos bleibt, sondern seine Interessen selbst durchsetzen kann. Im Ergebnis scheitert auch ein Anspruch einzelner Anleger unter dem Gesichtspunkt einer Amtshaftung für legislatives Unrecht durch Unterlassen, wobei die Begründung dieses Ergebnisses bis heute streitig ist. Das Reichsgericht4 lehnte einen solchen Anspruch von vornherein ab, da Amtshaftungsgrundsätze auf legislative Akte nicht anwendbar seien. Zu dem gleichen Resultat kommt ein Teil des Schrifttums, indem es externe Amtspflichten der Abgeordneten ablehnt, denn diese seien Vertreter des ganzen Volkes (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und genössen Indemnität (Art. 46 Abs. 1 GG)5. Die herrschende Meinung im Schrifttum ist diesem Ansatz zu Recht entgegengetreten, da der Gesetzgeber an die Grundrechte gebunden sei, aus denen sich im Einzelfall durchaus Pflichten zu verfassungskonformem Verhalten gegenüber den Grundrechtsträgern ergeben könnten6. Deshalb sei ein ___________ 2 3 4 5 6

BVerfGE 56, 54, 80 f.; 77, 381, 405; 79, 174, 202; 85, 191, 212; 92, 26, 46; BVerfG NuR 1998, 195, 196. Ausführlich dazu Wagner, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, §§ 23–25. RGZ 118, 325, 326; 128, 134, 140; 130, 319, 321; RG, JW 1928, 1036, 1038. So noch Bender, Staatshaftungsrecht2, Rdn. 654 ff.. Statt vieler Fetzer, Haftung, S. 213; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 104 f. m. w. N. und jetzt auch Bender, Staatshaftungsrecht3, Rdn. 772.

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Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht

Amtshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hat die Vorfrage des grundsätzlichen Bestehens externer Amtspflichten bei Abgeordneten offen gelassen7. Er stellt – im Ergebnis wie die herrschende Meinung – entscheidend darauf ab, ob die Amtspflichten die für einen Amtshaftungsanspruch notwendige Drittbezogenheit aufweisen8. Jedoch wird eine solche Drittbezogenheit allenfalls in Einzelfällen bestehen, da Gesetze als abstrakt-generelle Normen nur selten zugunsten von individualisierbaren Personen oder Personengruppen erlassen werden. Bei dieser Begründung übersieht der Bundesgerichtshof jedoch, dass sich drittbezogene Amtspflichten u. U. aus der Verfassung selbst ergeben, wenn etwa ein Grundrecht dem Gesetzgeber aktive Schutzpflichten auferlegt9. Noch höher sind die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Hürden eines Amtshaftungsanspruchs wegen gesetzgeberischen Unterlassens. Dazu müsste eine Pflicht zum Erlass eines bestimmten Gesetzes bestehen. Außerdem müsste der Gesetzgeber die ihm obliegende Pflicht zum Handeln evident verletzt haben10. Hierfür sind – wie oben dargelegt – derzeit keine Anhaltspunkte ersichtlich11. Da sich die Haftung für normatives Unrecht in Gestalt von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften nach vergleichbaren Grundsätzen richtet12, sind auch insoweit Ansprüche individueller Anleger derzeit nicht ersichtlich.

2. Gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch Erleiden Anleger im Zuge eines Bankzusammenbruchs13 oder der Undurchsetzbarkeit von Ansprüchen gegen im Ausland ansässige oder zwischenzeit___________ 7 BGHZ 56, 40, 44. 8 BGHZ 56, 40, 45 f.; 84, 292, 299 f.; 87, 321, 335; BGH, WM 1973, 491, 497; BGH, VersR 1975, 737, 738. 9 S. u. S. 962 ff., sowie Fetzer, Haftung, S. 214 f. 10 BGHZ 102, 350, 364 ff. (Waldsterben). 11 Aus diesem Grund wird im Folgenden auch darauf verzichtet, weitere Haftungsinstitute zu untersuchen, vgl. stattdessen Fetzer, Haftung, S. 122 ff., 157 ff. 12 Einzelheiten bei Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 107 f. m. w. N. 13 So im Falle der BVH Bank, Düsseldorf, dazu die vier Urteile des LG Bonn, Urt. vom 31.3.2000 (unveröffentlicht) sowie LG Bonn, ZIP 1999, 959 mit überwiegend zust. Anm. von Hafke, WuB I L 6. Sonstiges (RL 94/19/EG) 1.00 und krit. Anm. Gratias, NJW 2000, 786 und Sethe, EWiR 1999, 883; LG Bonn, ZIP 1999, 2051 mit überwiegend zust. Anm. von Hafke, WuB I L 6. Sonstiges (RL 94/19/EG) 2.00 und krit. Anm. Sethe, EWiR 2000, 233 sowie LG Bonn, VA 2000, 19 (Zusammenfassung von Mann). Auch die Berufungsinstanz lehnte die Ansprüche ab, vgl. OLG Köln, ZIP 2001, 645 ff.; ebenso der BGH, WM 2005, 369 ff.

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Gewährleistung der Aufsichtsgesetzgebung

lich insolvente Finanzdienstleister14 Verluste, stellt sich rasch die Frage nach einem solventen, inländischen Schuldner, den der Anleger in die Haftung nehmen kann. Es verwundert daher nicht, dass die Erhebung von Staatsbzw. Amtshaftungsansprüchen in solchen Fallgestaltungen Konjunktur hat. Während die Hürden eines Amtshaftungsanspruchs wegen legislativen Unterlassens auf nationaler Ebene sehr hoch sind15, sind die Voraussetzungen des europarechtlich verankerten Staatshaftungsanspruchs wegen verspäteter Richtlinienumsetzung wesentlich konkreter gefasst und damit eher gegeben. Dies liegt in dem Umstand begründet, dass das Europarecht den Mitgliedstaat zur fristgerechten Umsetzung der Richtlinie und damit zu aktivem Tun verpflichtet, während das nationale Recht dem Staat im Regelfall keine solch konkreten Vorgaben zu aktivem Handeln macht16. Der EuGH hat derartige Haftungsansprüche erstmals in der Rechtssache „Francovich“17 bejaht, in der es um die Nichtumsetzung einer Richtlinie ging. Das Gericht sprach dem Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen Italien zu, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts (effet utile)18 und einen wirksamen Schutz der Rechte des Einzelnen19, der Rechtssubjekt des Gemeinschaftsrechts sei, zu gewährleisten. Daneben stützt es den Anspruch auf die Pflicht zur Gemeinschaftsloyalität (Art. 10 EG = Art. 5 EGV), die es gebiete, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen Ge-

___________ 14 So die Fallgestaltungen bei LG Bonn, ZIP 1999, 1592 („irischer Vermögensverwalter“) mit Anm. Böhm, EWiR 2000, 231; LG Bonn, ZIP 1999, 1595 („Schwabenpool“). 15 Dazu im Detail soeben S. 933 f. 16 Weitere Unterschiede bei Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 509 f. m. w. N. 17 EuGH, Slg. 1991, I-5357 (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien). Zu vorangegangenen Entscheidungen, in denen sich die Entwicklung eines gemeinschaftsrechtlich begründeten Staatshaftungsanspruchs anbahnte, vgl. Zenner, Die Haftung der EG-Mitgliedstaaten, S. 3 ff. Die Kritik am Urteil fasst ders, a. a. O., S. 21 ff., zusammen. 18 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 32 f. (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien); im Ergebnis zustimmend Nettesheim, WuB IV. A. § 839 BGB 1.97; kritisch zu dieser Begründung dagegen Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 46 ff. und Hidien, Staatshaftung, S. 14, da ein Auslegungsgrundsatz nicht Grundlage neuer, sondern nur Mittel der Interpretation bestehender Rechtsgrundlagen sein könne. 19 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 32 (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien). Dazu ausführlich auch Hidien, Staatshaftung, S. 14 ff., der die Staatshaftung zutreffend aus rechtsstaatlichen Grundsätzen ableitet. Nicht gefolgt werden kann Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 215 f., wonach sich derzeit noch kein „Ableitungszusammenhang zwischen Rechtsverletzung und Entstehung sekundärer Ansprüche“ zu deren Durchsetzung ausmachen lasse.

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Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht

meinschaftsrecht zu beheben20. In einer späteren Entscheidung begründete der Gerichtshof den Anspruch noch mit Art. 288 EG (= Art. 215 EGV)21, der Ausdruck eines allgemeinen Haftungsgrundsatzes sei. In mehreren nachfolgenden Entscheidungen hat der EuGH die Voraussetzungen des Anspruchs substantiiert22 und ihn auf Fälle des legislativen und administrativen Rechtsverstoßes gegen Primär- und Sekundärrecht23, insbesondere auf die fehlerhafte24 und verspätete Richtlinienumsetzung25 ausgedehnt. Da die Literatur zum gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch mittlerweile unübersehbar geworden ist26, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur ein kurzer Überblick gegeben werden, der sich auf Haftungsfragen im Zusammenhang mit anlegerschützenden Richtlinien aus dem Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts bezieht. Insbesondere kann nicht der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit staatliches Handeln ___________ 20 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 36 (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien); kritisch zu dieser Begründung Hidien, Staatshaftung, S. 13; Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 42 ff., da die Gemeinschaftstreue sich nur auf die Erfüllung schon bestehender Verpflichtungen beziehen und deshalb nicht neue Verpflichtungen begründen könne. Diese Kritik bedarf der Präzisierung. Art. 10 EG begründet keine Primärpflicht, sondern kann nur bestehende Pflichten verstärken. Den Mitgliedstaat trifft eine aus der Richtlinie folgende Umsetzungspflicht, so dass eine solche „Verstärkung“ durchaus aus Art. 10 EG folgen kann. Wenn er sie missachtet, verhält er sich nicht gemeinschaftstreu. Um die Gemeinschaftstreue herzustellen, bedarf es wirksamer Sanktionen. Fragen kann man daher nur, wie der EuGH aus Art. 10 EG ableiten will, dass es gerade eines Staatshaftungsanspruchs bedarf, um die Gemeinschaftstreue durchzusetzen. 21 EuGH, Slg. 1996, I-1029 Rdn. 28 ff., I-1146 f. Rdn. 41 (Brasserie du pêcheur); kritisch zu dieser Begründung Hidien, Staatshaftung, S. 13 f. 22 Ausführlich zu Herleitung und Entwicklung des Staatshaftungsanspruchs Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 494 ff. m. w. N. 23 EuGH, Slg. 1996, I-2553 Rdn. 23 ff. (Hedley Lomas); Slg. 1996, I-1029 Rdn. 32 ff. (Brasserie du pêcheur). Zu Recht stellt Nettesheim, WuB IV. A. § 839 BGB 1.97 fest, dass im Falle Brasserie du pêcheur nicht das BierStG die Rechtsbeeinträchtigung verursachte, da das entgegenstehende Primärrecht vorrangig war, sondern erst der Vollzug dieses Gesetzes. Es handelte sich also um administratives Unrecht. 24 EuGH, Slg. 1993, I-6911 Rdn. 22 f. (Wagner Miret); Slg. 1996, I-1631 Rdn. 40 (British Telecom); Slg. 1996, I-5063 Rdn. 48 (Denkavit); Slg. 1999, I-3499 Rdn. 40 ff. (Rechberger). 25 EuGH, Slg. 1996, I-4845 Rdn. 15 ff., 29 (Dillenkofer); dazu Papier/Dengler EWiR 1996, 1027 f. Dem Staatshaftungsanspruch kann der Mitgliedstaat dadurch entgehen, dass er die Richtlinie rückwirkend umsetzt und damit den bei den Anspruchstellern eingetretenen Schaden vollständig „wieder gutmacht“, vgl. EuGH, Slg. 1997, I-3969 Rdn. 45 ff. (Bonifaci); Slg. 1997, I-4025 Rdn. 35 (Palmisani); Slg. 1997, I-4051 Rdn. 33 ff. (Maso). 26 Vgl. nur die Nachweise bei Hidien, Staatshaftung, S. 9 f. Fn. 2 und 3.

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generell einer gerichtlichen Nachprüfung unterworfen werden sollte (funktionellrechtliche Kontrolldichte)27. Der EuGH hat drei Voraussetzungen für eine Haftung der Mitgliedstaaten aufgestellt28: – Die gemeinschaftsrechtliche Norm, gegen die verstoßen wurde, muss dem Einzelnen Rechte verleihen. Bei der Nichtumsetzung einer Richtlinienvorschrift kann dies nur dann der Fall sein, wenn deren Inhalt hinreichend bestimmt ist oder bestimmt werden kann. – Es muss ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Mitgliedstaats gegen Gemeinschaftsrecht vorliegen. Der Verstoß kann durch ein Tun oder Unterlassen der Verfassungsorgane oder Amtsträger erfolgen. Der Mitgliedstaat muss die Grenzen eines ihm ggf. eingeräumten Ermessens offenkundig und erheblich überschritten haben. Dies ist etwa der Fall, wenn der Ermessensspielraum des Mitgliedstaats auf Null reduziert ist29. Die Offenkundigkeits- und Erheblichkeitsschwelle soll verhindern, dass eine Rechtsetzungszuständigkeit durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert wird30. Das Vorliegen einer an den Mitgliedstaat gerichteten Pflicht und eines Verstoßes dagegen wird von dem nationalen Gericht, das über den Staatshaftungsanspruch entscheidet, inzident festgestellt werden. Eine ausführliche Prüfung dieses Tatbestandselements durch den nationalen Richter wird regelmäßig entbehrlich, wenn der EuGH aufgrund eigener Zuständigkeiten das relevante Verhalten des Mitgliedstaats bereits als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht eingeordnet hat31. – Zudem bedarf es der Kausalität zwischen dem Verstoß des Mitgliedstaats und dem vom Anspruchsteller behaupteten Schaden. ___________ 27 Hidien, Staatshaftung, S. 40 f. m. w. N. Zum Normvollziehungsanspruch s. a. Ruffert, DVBl. 1998, 69, 73. 28 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 39 ff. (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien); Slg. 1996, I-1029 Rdn. 22 f., 37 ff. (Brasserie du pêcheur); zustimmend Hidien, Staatshaftung, S. 39. 29 EuGH, Slg. 1996, I-4845 Rdn. 25 (Dillenkofer); Slg. 1998, I-1531 Rdn. 109 (Norbrook). 30 EuGH, Slg. 1996, I-1631 Rdn. 40, 42 ff. (British Telecom); Slg. 1996, I-5063 Rdn. 50 ff. (Denkavit). Der EuGH lehnte in diesen Verfahren einen hinreichend qualifizierten Verstoß und damit einen Staatshaftungsanspruch ab, da die Mitgliedstaaten die jeweilige Richtlinie zwar fehlerhaft umgesetzt hätten, dies aber auf der Grundlage einer vertretbaren Auslegung der Richtlinien taten. 31 S. im Einzelnen Hidien, Staatshaftung, S. 40, 45; Beljin, Staatshaftung, S. 168 f.

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Diese drei offen formulierten Tatbestandsvoraussetzungen sieht der EuGH – vorbehaltlich seiner eigenen Kompetenz zur deren Weiterentwicklung – als abschließend an, so dass es insbesondere keines Verschuldens auf Seiten des Mitgliedstaats bedarf 32. Jedoch gestattet die flexible Formel vom „hinreichend qualifizierten Verstoß des Mitgliedstaats gegen Gemeinschaftsrecht“ eine Einzelfallbeurteilung und erlaubt es, das weite Konzept der Zuerkennung von Rechten an Einzelne (dazu unten ausführlich) und das Fehlen des Verschuldenserfordernisses auszugleichen33. Der Anspruchsteller muss sich seinerseits ausreichend um eine Begrenzung des Schadensumfangs bemüht haben34. Die Durchsetzung des Staatshaftungsanspruchs und die Berechnung des Schadens sowie die Verjährung35 überantwortet der EuGH dem nationalen Haftungsrecht, behält sich aber die Kontrolle über diese nationalen Regeln vor, insbesondere über deren Gleichwertigkeit und Effektivität36. Dieser Passus des Urteils löste eine rege Diskussion über die Frage aus, ob der Staatshaftungsanspruch als gemeinschaftsrechtliche Vorgabe für den nationalen Gesetzgeber37 oder als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht38 einzuordnen sei und ob damit eine eigenständige Anspruchsgrundlage geschaffen wurde39 oder er in das nationale Amtshaftungsrecht integriert werden müsse. Dass der EuGH nur die Rechtsfolgen (gerichtliche Durchsetzung und Schadensberechnung) den Mitgliedstaaten überantwortet, die wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Haftung aber als zwingende Vorgaben aus dem Gemeinschaftsrecht entwickelt, spricht für eine gemeinschafts___________ 32 EuGH, Slg. 1996, I-1029 Rdn. 75 ff. (Brasserie du pêcheur). 33 Diese an vage Kriterien anknüpfende Vorgehensweise trug dem EuGH Kritik ein, vgl. Hidien, Staatshaftung, S. 53 f. 34 EuGH, Slg. 1996, I-1029 Rdn. 84 f. (Brasserie du pêcheur); Slg. 1996, I-4845 Rdn. 72 (Dillenkofer). Ob dieses Kriterium europarechtlich geboten oder lediglich nationalrechtlich gestattet ist und ob es mit dem Mitverschulden des deutschen Rechts deckungsgleich ist oder darüber hinaus geht, wird kontrovers diskutiert, vgl. Hidien, Staatshaftung, S. 59 ff. m. w. N. 35 Damit gilt § 195 BGB. Im Falle der Nichtumsetzung einer Richtlinie soll der Beginn der Verjährungsfrist allerdings der Zeitpunkt der endgültigen Umsetzung der Richtlinie sein, da der Mitgliedstaat sich solange nicht auf nationale Verfahrensfristen berufen dürfe, solange er selbst nicht ordnungsgemäß handele, vgl. Hidien, Staatshaftung, S. 72 unter Hinweis auf EuGH, Slg. 1991, I-4269 Leitsatz 1 (Emmott ./. Minister for Social Welfare). 36 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 43 (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien); Slg. 1997, I-2163 Rdn. 33 (Sutton). 37 So etwa Nettesheim, DÖV 1992, 999, 1000; Henrichs, Haftung, S. 140. 38 Etwa Hidien, Staatshaftung, S. 16 f. 39 Hidien, Staatshaftung, S. 74 ff. m. w. N.

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rechtliche Haftungsgrundlage, zumal die Haftung so ausgestaltet ist, dass sie sich nicht unbedingt in jedes nationale Haftungsrecht einpassen lässt. Er ist deshalb als eigenständige Anspruchsgrundlage einzuordnen40, die in Anspruchskonkurrenz zu anderen Amtshaftungsansprüchen stehen kann41. Soweit der EuGH den Mitgliedstaaten die Durchsetzung und Schadensberechnung zuweist, wird der Anspruch durch nationale Vorschriften ergänzt42. Dabei ist es auch zulässig, dass in einem föderalen Staat nicht nur der Gesamtstaat, sondern auch die Gliedstaaten für Ersatzansprüche zuständig sind43. Da die Bundesrepublik Deutschland in den 90er Jahren mehrfach Richtlinien aus dem Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts nicht rechtzeitig umgesetzt hatte, haben geschädigte Anleger bereits im Hinblick auf drei verspätet umgesetzte Richtlinien derartige Ansprüche erhoben. Es bietet sich damit an, die genannten Tatbestandsvoraussetzungen des Staatshaftungsanspruchs nicht abstrakt, sondern anhand der jeweiligen Fallgestaltung zu erörtern. a) Verspätete Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie Die Kläger der vom LG Bonn entschiedenen Fälle44 hatten Gelder bei der später insolvent gewordenen BVH-Bank, Düsseldorf, eingelegt, die keiner Einlagensicherungseinrichtung angehörte. Sie verloren durch die Insolvenz ihre Einlagen und verlangten von der Bundesrepublik Schadensersatz wegen verspäteter Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie, da andernfalls ihre Ansprüche gesichert gewesen wären. Weiterhin machten einzelne Kläger geltend, das damalige BAKred sei seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Das Gericht bejahte den Staatshaftungsanspruch wegen verspäteter Richtlinienumsetzung und sprach den Klägern Schadensersatz in Höhe von 20.000 Euro zu, was der in der Richtlinie vorgesehenen Entschädigungs___________ 40 So auch der BGH, EuZW 1993, 226 f., in seinem Vorlagebeschluss zum Fall Brasserie du pêcheur, der erst die Anspruchsgrundlagen des „nationalen deutschen Rechts“ prüfte, um anschließend auf den Anspruch aus dem Gemeinschaftsrecht einzugehen; ebenso Cremer, JuS 2001, 643, 646; a. A. etwa Henrichs, Haftung, S. 140. 41 Ebenso Hidien, Staatshaftung, S. 76 f.; a. A. Henrichs, Haftung, S. 192. 42 Dass ein solcher Normenmix nicht ausgeschlossen ist, belegt das Beispiel der Verordnung über die EWiV, die im Kern gemeinschaftsrechtliche Vorgaben enthält und im Übrigen durch nationales Recht ergänzt wird, so dass einzelne Ansprüche sich aus Tatbestandsmerkmalen verschiedener Rechtsordnungen zusammensetzen können, vgl. die Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV). 43 EuGH, Slg. 1999, I- 3099 Rdn. 64 (Konle). 44 Vgl. S. 934 Fn. 13.

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summe abzüglich des Selbstbehalts von 10 % entspricht, dessen Einführung in einer der Optionen der Richtlinie vorgesehen war. Im Schrifttum45 wird bezweifelt, ob man bei der Berechnung des Anspruchs unterstellen dürfe, dass solche Optionen ausgeübt werden. Das LG Bonn46 hatte sich auf die später erlassene Regelung des § 4 Abs. 2 EsAeG gestützt, mit der die Bundesrepublik von der Option Gebrauch machte. Dem LG Bonn kann vom Ergebnis, nicht aber von der Begründung zugestimmt werden. Da die Bundesrepublik zum Zeitpunkt des Schadenseintritts von ihrer Option noch keinen Gebrauch gemacht hatte, kann diese Regelung nicht rückwirkend zur Bestimmung des aus der Richtlinie folgenden Anspruchs herangezogen werden. Zudem stützt das Gericht sich bei der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift auf eine nationale Norm, was unter methodischen Gesichtspunkten fraglich ist. Zutreffend ist das Ergebnis jedoch deshalb, weil der EuGH in der Rechtssache Francovich festgestellt hat, dass zur Bestimmung der dem Einzelnen gewährten Rechte nur der Minimalinhalt der Richtlinie maßgebend sein könne47. Diese Auffassung, die jeweils die für den Bürger ungünstigste Option einer Richtlinie zugrunde legt, überzeugt, da die weiter gehenden Rechte gerade nicht in der Richtlinie hinreichend bestimmt sind, sondern sich erst aus dem nachfolgenden Verhalten der Mitgliedstaaten ergeben48. Zu Recht stellte das Gericht weiter fest, dass die Richtlinie49 die Schaffung eines Einlagensicherungssystems mit einem dem einzelnen Anleger zustehenden, konkret bestimmbaren Anspruch vorsieht. Auch ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht ließ sich feststellen. Denn die Richtlinie, die bis zum 1.7.1995 umzusetzen war, wurde von der Bundesrepublik erst 1998 nach dem Scheitern der vor dem EuGH erhobenen Nichtigkeitsklage50 umgesetzt. Da eine solche Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet (Art. 185 EG) und die Bundesrepublik es offenbar versäumt hatte, auf Gemeinschaftsebene eine Fristverlängerung zu erwirken, entband allein die Klageerhebung nicht von der Pflicht zur rechtzeitigen Richtlinienumsetzung. Das Gericht bejahte auch die Kausalität des Versto___________ 45 Gratias, NJW 2000, 786, 787. 46 LG Bonn, ZIP 1999, 959, 963; ZIP 1999, 2051, 2052. 47 EuGH, Slg. 1991, I-5357 Rdn. 14 (Francovich, Bonifaci u. a. ./. Italien); zur Kritik an dieser Aussage vgl. die Nachweise bei Henrichs, Haftung, S. 19 Fn. 11. 48 Ebenso Cremer, JuS 2001, 643, 647 f. 49 Dazu Sethe, ZBB 1998, 305 ff. 50 EuGH, Slg. 1997, I-2405 ff. (Einlagensicherung); dazu Hafke, WuB I L 6 Sonstiges 1.98; Dreher/Neumann, EWiR 1997, 549; Roth, ZBB 1997, 373 ff.; Wernicke, EuZW 1997, 442 f.; Reher/Schöner, EWS 1997, 366 ff.; Klinke, ZGR 1998, 212, 239 ff.; Everling, ZHR 162 (1998), 403 ff.; Volmer, EWS 1998, 54 ff.

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ßes für den Schaden. Zutreffend erstreckte es den Staatshaftungsanspruch auf Gelder, die vor dem 1.7.1995 angelegt wurden, da die Richtlinie pauschal alle zum Zeitpunkt eines Entschädigungsfalls bestehenden Guthaben erfasst. Während diese Urteilsausführungen zutreffend erscheinen, gilt dies nicht für die weiteren Aussagen des Gerichts zur Frage des Mitverschuldens. Das Gericht bejaht zwar die grundsätzliche Möglichkeit eines Mitverschuldens bei Staatshaftungsansprüchen, lehnt im konkreten Fall diesen Einwand aber ab. Dabei ließ es offen, ob die der Klägerin erteilte Aufklärung durch die Hinweise in den Kontoeröffnungsunterlagen den gesetzlichen Anforderungen des § 23a KWG a. F. genügte, wonach ein Kunde umfassend über den Umfang aufzuklären war, in dem seine Einlagen im Insolvenzfalle geschützt sind. Die Klägerin habe jedenfalls darauf vertrauen dürfen, dass die Bank eine Zulassung zu Bankgeschäften habe. Dieses Argument unterstellt, dass allein die Zulassung zum Betreiben von Bankgeschäften schon ein Vertrauen in die Solidität eines Instituts begründe; die Beaufsichtigung wird damit gleichsam zu einer staatlichen Garantie. Das Gericht verkennt damit, dass die Aufsicht nach dem KWG keinen vollständigen Schutz vor einer Bankeninsolvenz bieten und daher keinen Vertrauensschutz begründen kann51. Ansonsten wäre die vom Gericht angemahnte Einlagensicherung gerade überflüssig. Das Gericht übersah zudem, dass die Bankwirtschaft schon vor der Umsetzung der Richtlinie ein freiwilliges Einlagensicherungssystem geschaffen hatte, dem nahezu alle privaten Banken angehörten. Der Gesetzgeber hatte außerdem die Pficht zur Information der Anleger über das Bestehen und den Umfang der Einlagensicherung vorgeschrieben (§ 23a KWG a. F.), so dass ein Kunde sich bei vollständiger Information sehr wohl zwischen einer Bank mit und einer solchen ohne Einlagensicherung entscheiden konnte. Wenn der Kunde eine der wenigen Banken wählte, die diesen umfassenden Schutz nicht genossen, kann dies durchaus haftungsmindernde Bedeutung haben. Legte ein Kunde bei einer solchen Bank auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie (1.7.1995) Geld an, nahm er einen Ausfall bei der Insolvenz der Bank bewusst in Kauf. Verfolgt man den Gedanken des Gerichts weiter, ergibt sich ein kurioses Ergebnis: Ein Anleger konnte sich bewusst für eine weniger solide Bank entscheiden, die ihm wegen des erhöhten Risikos hohe Zinsen versprach, und darauf vertrauen, dass im Ernstfall der Staat den Ausfall deckt. Die Staatshaftung würde gleichsam zur Versicherung für Spekulationen, was ihrem ___________ 51 Sethe, EWiR 1999, 883, 884.

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Schutzbereich nicht entspricht. Für alle nach dem 1.7.1995 eingezahlten oder trotz Kündigungsmöglichkeit stehen gelassenen Gelder ist daher der Einwand des Mitverschuldens berechtigt, wenn der Anleger über die Nichtzugehörigkeit der Bank zur Einlagensicherung in der Form des § 23a Abs. 1 KWG a. F. aufgeklärt wurde52. Auch der vom Gericht betonte Schutzzweck der Richtlinie rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Ziel der Richtlinie ist es, in Europa einen einheitlichen Standard der Einlagensicherung zu schaffen und sicherzustellen, dass alle Banken einem solchen System angehören. Da die Richtlinie bei der Umsetzung gerade die Integration der vorhandenen nationalen Schutzsysteme in das neue Recht erlaubt, gibt sie damit zu erkennen, dass das frühere deutsche System im Grundsatz zur Richtlinienumsetzung geeignet war. Entgegen der Ansicht des LG Bonn hätte der Kunde also den Schadenseintritt vermeiden können, da eine der Richtlinie vergleichbare Einlagensicherung existierte. Gestützt wird dieses Ergebnis durch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie, wonach potentielle Kunden über die Höhe der Sicherung zu informieren sind. Die Richtlinie betont also die Eigenverantwortung der Kunden, was das Gericht übersieht. Bei der Frage des Mitverschuldens kommt es deshalb entscheidend auf die Kenntnis der Kläger von der Nichtzugehörigkeit der Bank zu einem Einlagensicherungsfonds an. Sofern die betroffene Bank bei der Kontoeröffnung keine § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG a. F. entsprechende Information erteilt hatte53, fehlt es damit an einem Mitverschulden. Alle über 20.000 Euro hinausgehenden Ansprüche wies das Gericht ab. Einen Amtshaftungsanspruch lehnte es unter Hinweis auf § 6 Abs. 4 KWG a. F. (= § 4 Abs. 4 FinDAG) ab, auf die Frage nach der gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftung für administratives Unrecht ging es nicht ein54. b) Verspätete Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie Die zweite Richtlinie aus den Bereichen Bank- und Kapitalmarktrecht, deren verspätete Umsetzung Anlass für ein Staatshaftungsverfahren gab, ist die WDRL. Die Richtlinie war bis zum 1.7.1995 umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber vollzog die Umsetzung mit dem 2. Finanzmarktförderungsgesetz ___________ 52 Everling, ZHR 162 (1998), 414, 425; Sethe, ZBB 1998, 305, 308 Fn. 34; ders., in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts2, 1. Ergänzungslieferung, § 30 Rdn. 57; ders., EWiR Art. 249 EG 2/2000, 233, 234; a. A. Dreher, ZIP 1998, 1778 Fn. 15; offen gelassen bei Cremer, JuS 2001, 643, 648, der sich auf die Wiedergabe des Standpunkts des LG Bonn beschränkt. 53 Was in der Praxis offenbar häufig vorkam, wie die Sachverhalte der Entscheidungen des LG Bonn (s. o. S. 934 Fn. 13) zeigen. 54 Zu beidem siehe unten S. 956 ff., 978 ff.

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vom 26.7.1994 und dem Umsetzungsgesetz vom 22.10.1997 in zwei Schritten und damit in wesentlichen Teilen deutlich verspätet. In dem beim LG Bonn entschiedenen Fall55 überließ die Klägerin im Mai, September und November 1995 einem ausländischen Treuhänder Geld zum Zwecke der Kapitalanlage. Später wurden die Kundengelder veruntreut. Das damalige BAKred ging seit August 1995 aufsichtsrechtlich gegen die deutsche Vertriebsbeauftragte des irischen Finanzdienstleisters vor. Die Klägerin warf der Bundesrepublik vor, durch die verspätete Umsetzung habe die staatliche Aufsicht keine Maßnahmen gegen den ausländischen Treuhänder ergreifen können, der als Vermögensverwalter einzuordnen sei. Bei rechtzeitiger Umsetzung der WDRL hätte die deutsche Aufsicht in Kooperation mit der irischen Aufsichtsbehörde Maßnahmen gegen die irische Wertpapierfirma einleiten können (Art. 19 Abs. 6 WDRL, umgesetzt durch die Einbeziehung der Wertpapierfirmen in § 53b Abs. 4 und 5 KWG). Das LG Bonn lehnte eine Haftung der Bundesrepublik ab, da die Richtlinie keine dem einzelnen Anleger konkret zustehenden Ansprüche enthalte. Den Umstand, dass die Erwägungsgründe der Richtlinie nicht nur den Funktionenschutz, sondern auch den Anlegerschutz als wesentliches Regelungsziel der Richtlinie betonen, sah das Gericht nicht als ausreichend an, um daraus einen konkreten Anspruch der Klägerin ableiten zu können. Denn die Richtlinie regele lediglich staatliche Aufsichtsmaßnahmen gegen Wertpapierfirmen. Die in Art. 10 WDRL enthaltenen Organisationspflichten kämen zwar dem Kunden zugute; die individuellen Rechte des Kunden würden sich jedoch erst aus der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Wertpapierfirma und dem Kunden ergeben. Anders als bei der Reiserichtlinie und der Einlagensicherungsrichtlinie werde dem Einzelnen in der WDRL also kein individueller Anspruch eingeräumt. Das Urteil ist über weite Passagen nur unzureichend begründet. Das Gericht versäumt es, auf die Wohlverhaltensregeln in Art. 11 WDRL einzugehen, in denen den Wertpapierfirmen bestimmte Pflichten zugunsten der einzelnen Anleger auferlegt werden. Art. 11 Abs. 1 Satz 4 Spiegelstrich 7 WDRL schreibt dabei fest, dass Wertpapierfirmen allen für die Ausübung der Tätigkeit geltenden Vorschriften im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden und der Integrität des Markts nachzukommen haben. Zu diesen Vorschriften gehört selbstverständlich auch die den Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Art. 10 WDRL auferlegte Pflicht, den Kunden vor einer Veruntreuung seiner Wertpapiere zu schützen. Die Erwägungsgründe Nrn. 2, 5, 29, ___________ 55 LG Bonn, ZIP 1999, 1592 mit zust. Anm. Böhm, EWiR 2000, 231.

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41, 42 der Richtlinie betonen ausdrücklich den individuellen Anlegerschutz als Ziel der Richtlinie, worauf das Gericht mit keinem Wort eingeht. Auch die Argumentation, die Richtlinie enthalte nur Aufsichtsrecht und individuelle Ansprüche kämen erst bei Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit der Wertpapierfirma zustande, überzeugt nicht. Das Gericht übersieht, dass sich die WDRL von der Einlagensicherungsrichtlinie und der Reiserichtlinie unterscheidet. Dort wird dem Einzelnen erst dann ein konkreter Anspruch auf Sicherung im Insolvenzfalle eingeräumt, wenn er zuvor eine vertragliche Rechtsbeziehung zu dem später insolvent gewordenen Reiseunternehmen bzw. Institut eingegangen ist. Die WDRL betrifft jedoch bereits die Vertragsanbahnung. Allein der Umstand, dass die durch Art. 10 und 11 WDRL inhaltlich geregelte Rechtsposition des Einzelnen ebenfalls die Aufnahme vertraglicher Bindungen voraussetzt, kann daher nicht ausschlaggebend sein. Die erste Tatbestandsvoraussetzung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, die Zuerkennung von Rechten an Einzelne, bezieht sich gerade nicht nur auf subjektiv-öffentliche, sondern auch auf subjektiv-private Rechte56, so dass rechtsgestaltende Richtlinien sehr wohl auch Rechte an Einzelne verleihen können. Die Francovich-Rechtsprechung schließt – was das LG Bonn nicht berücksichtigt – damit eine Lücke im gemeinschaftsrechtlichen „Sanktionssystem“, da der EuGH bislang eine horizontale Direktwirkung von nicht umgesetzten Richtlinien zwischen Privaten abgelehnt hatte und den aus einer Richtlinie Begünstigten auf einen Staatshaftungsanspruch wegen Nichtumsetzung verwiesen hat57. Viel grundlegender ist jedoch der Umstand, dass sich das LG Bonn nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, wie der EuGH das Tatbestandselement „Verleihung von Rechten an Einzelne“ interpretiert. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Richtlinien durch die Mitgliedstaaten umzusetzen sind, so dass die Rechtsverleihung an Individuen immer der Mitwirkung der Mitgliedstaaten bedarf 58. Wie die Rechtsprechung des Gerichts zur unmittelbaren Wirkung zeigt, steht dieser Umstand jedoch der Annahme der Verleihung von Rechten an Einzelne nicht entgegen. Ob eine Richtlinie dies tatsächlich beabsichtigt, hängt also von der Interpretation ihres Inhalts ab. Manche Richtlinien formulieren solche Rechte ausdrücklich („darf“, „hat ___________ 56 Beljin, Staatshaftung, S. 123; Zenner, Die Haftung der EG-Mitgliedstaaten, S. 27. 57 S. etwa EuGH, Slg. 1994, I-3325 Rdn. 27 (Faccini Dori); Slg. 1996, I-1281 Rdn. 22 (El Corte Inglés). 58 Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 68 f., spricht von einer Rechtsverleihung über den Umweg der nationalen Gesetzgeber (wenn man von Fällen der unmittelbaren Wirkung absieht); Hidien, Staatshaftung, S. 48, bezeichnet dies als „unterlassene Umsetzung zuerkannter Rechte“.

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das Recht“, „ist berechtigt“), wie das vom LG Bonn ebenfalls entschiedene Beispiel der Einlagensicherungsrichtlinie zeigt. Der EuGH hat jedoch eine Verleihung von Rechten an Einzelne auch in Fällen bejaht, in denen die Richtlinie die Ansprüche Einzelner nicht derart deutlich zum Ausdruck brachte. Dies ist schon deshalb konsequent, weil die meisten Richtlinien aufgrund ihrer Zielrichtung, die Mitgliedstaaten zum Handeln zu verpflichten, so formuliert sind, dass sich eine Individualbegünstigung nur indirekt ergibt und deshalb regelmäßig ein ausdrücklicher Hinweis auf Rechte des Einzelnen fehlt59. Allerdings blieb der EuGH in seinen Formulierungen, wann eine Verleihung von Rechten an Einzelne vorliegt, recht vage und uneinheitlich60, weshalb die Frage, welche Kriterien an das Vorliegen eines subjektiven Gemeinschaftsrechts zu stellen sind und wie dieses dogmatisch verankert ist, derzeit sehr umstritten ist61. Die inzwischen wohl überwiegende Auffassung62 geht davon aus, dass das Gemeinschaftsrecht bei der Zuerkennung von Rechten an Einzelne deutlich niedrigere Hürden aufstellt als die deutsche Schutznormtheorie63. Diese stellt auf das Individualinteresse ab und verlangt damit einen individualisierbaren Anspruchsteller. Ein bloßer Reflex oder Gruppenschutzzweck reicht daher dem deutschen Recht nicht aus. Anders ist die Rechtsprechung des EuGH bei Klagen gegen die Mitgliedstaaten64 angelegt, die in den Verbraucher- und Umweltschutzfällen den Gruppenschutzzweck und die Zugehörigkeit des Anspruchstellers zu einer von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften konkret begünstigten Grup___________ 59 Dazu Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 79 ff.; Hidien, Staatshaftung, S. 47; Beljin, Staatshaftung, S. 137. 60 Einzelheiten bei Gratias, Staatshaftung, S. 98. 61 Zum Diskussionsstand Ruffert, DVBl. 1998, 69 ff. m. w. N. Während das subjektive Gemeinschaftsrecht zunächst mit dem Institut der unmittelbaren Wirkung verknüpft schien (siehe etwa Henrichs, Haftung, S. 30 f.), hat der EuGH später verdeutlicht, dass beide Konzepte zu trennen sind (EuGH, Slg. 1995, I-2189 Rdn. 26 [Kommission ./. Deutschland]) und damit unterschiedliche Voraussetzungen haben können; s. dazu auch Beljin, Staatshaftung, S. 144 f. 62 Vgl. etwa Jarass, NJW 1994, 881, 883; v. Danwitz, Verwaltungsrechtliches System, S. 230 ff.; v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Art. 5 Rdn. 29; Henrichs, Haftung, S. 28 ff.; Ruffert, DVBl. 1998, 69, 72 sowie Beljin, Staatshaftung, S. 139 ff.; Gratias, Staatshaftung, S. 99 (beide mit umfassenden Nachweisen); a. A. Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 73 f.; 200 ff.; Zenner, Die Haftung der EG-Mitgliedstaaten, S. 26 ff.; wohl nicht a. A. aber wesentlich restriktiver Triantafyllou, DÖV 1997, 192, 196 f.; offen Hidien, Staatshaftung, S. 49 f. 63 Zu dieser statt vieler ebenfalls Beljin, Staatshaftung, S. 139 ff.; Ruffert, DVBl. 1998, 69. 64 Ausführlich zu den – bei Klagen gegen die Mitgliedstaaten und Klagen gegen die Gemeinschaft unterschiedlichen – Konzepten der Verleihung von Rechten an Einzelne v. Danwitz, Verwaltungsrechtliches System, S. 237 ff.

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pe genügen ließ65. Es ist damit keine gezielte Individualbegünstigung in der Richtlinie notwendig, sondern rechtlich geschützte Interessen sind ausreichend66. Auch muss die Begünstigung der Gruppe/des Einzelnen nicht unbedingt in einer konkreten Vorschrift erfolgen, sondern kann sich auch aus der Zielsetzung des Rechtsakts als Ganzem ergeben, so dass auch die Erwägungsgründe herangezogen werden können, um die Individualinteressen schützende Zielsetzung zu ermitteln67. Damit liegt eine Verleihung von Rechten an Einzelne vor, wenn die Richtlinienbestimmung inhaltlich bestimmt und unbedingt ist, den Schutz eines bestimmten Personenkreises bezweckt und der Anspruchsteller dieser Gruppe angehört68. Das gemeinschaftsrechtliche Verständnis der geschützten Rechtsposition deckt sich also nicht mit der Schutznormtheorie des deutschen öffentlichen Rechts, wovon das LG Bonn implizit auszugehen scheint69. Da Art. 11 WDRL konkrete Vorgaben zum Schutze der einzelnen Anleger enthält, welche Wertpapierfirmen im Interesse des Kunden zu beachten haben und die die nationale Aufsichtsbehörde zu dessen Gunsten durchsetzen muss, steht außer Frage, dass die Richtlinie – wie ihre Zielsetzung und ihre konkrete Ausgestaltung zeigen – auch Individualrechte enthält70. Vor diesem Hintergrund überzeugt auch die Aussage des Gerichts nicht, die in der Richtlinie ___________ 65 EuGH, Slg. 1991, I-825 Rdn. 6 f. (Grundwasser); Slg. 1991, I-2567 Rdn. 15 f. (Schwefeldioxid); Slg. 1991, I-2607 Rdn. 18 f. (Blei); Slg. 1991, I-4983 Rdn. 13 f. (Trinkwasser). Vgl. zur Rechtsverleihung an Einzelne durch umweltschützende Richtlinien Zenner, Die Haftung der EG-Mitgliedstaaten, S. 29 f. Eilmansberger, Rechtsfolgen, S. 76, ist allerdings zuzugeben, dass in diesen Fällen die Kausalitätsprüfung komplexer ausfällt, als wenn man von der Schutznormtheorie ausgeht. Diese Komplexität allein ist jedoch noch kein Grund, deshalb für die Schutznormtheorie zu plädieren, denn Kausalitätserwägungen sind auch in anderen Zusammenhängen mitunter komplex. 66 Beljin, Staatshaftung, S. 142 f.; Jarass, NJW 1994, 881, 885; Geddes, Protection of Individual Rights under EC Law, S. 78. 67 EuGH, Slg. 1996, I-4845 Rdn. 37 (Dillenkofer); Beljin, Staatshaftung, S. 142 f.; so auch LG Bonn, ZIP 1999, 959, 961. 68 Gratias, Staatshaftung, S. 103; im Ergebnis auch Beljin, Staatshaftung, S. 142 ff. 69 Ebenso offenbar Bliesener, Verhaltenspflichten, S. 51, ohne nähere Begründung. 70 Ebenso Schwark, Bankrechtstag 1995, 109, 118 m. w. N. Auch der deutsche Gesetzgeber betont die doppelte Zielsetzung der WDRL und damit auch den anlegerschützenden Charakter, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks. 12/7918, S. 97 li. Sp., S. 95 re. Sp., S. 101 f.; s. a. den Bericht des Haushaltsausschusses, BT-Drucks. 12/7919, S. 1. Der Finanzausschuss ist hinsichtlich des nationalen Rechts allerdings der Auffassung, dass der Anleger lediglich im Wege des Rechtsreflexes geschützt werde, vgl. BT-Drucks. 12/7918, S. 97 li. Sp. („Wegen der großen Bedeutung funktionierender Wertpapiermärkte für die gesamte Volkswirtschaft besteht ein öffentliches Interesse …“).

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enthaltenen Aufsichtsregeln richteten sich allein gegen die Wertpapierfirmen. Denn damit beantwortet das Gericht gerade nicht die Frage, ob mit diesen Regeln nicht gleichzeitig auch die Anleger geschützt werden sollten. Die Argumentation des Gerichts wäre also nur dann überzeugend, wenn sich trotz der in der Richtlinie enthaltenen zahlreichen Anhaltspunkte für einen Individualschutz nachweisen ließe, die Richtlinie habe allein dem Ziel gedient, die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der Institute zu verwirklichen71 und der auf diese Weise verbesserte Anlegerschutz stelle einen reinen Rechtsreflex dar. Auf diesen Aspekt und auf die individualschützenden Aspekte der Richtlinie (Art. 11 und die genannten Erwägungsgründe der WDRL) ist das Gericht in den Urteilsgründen nicht eingegangen. Diesem Vorgehen entspricht es denn auch, dass das Gericht sich einer Vorlage an der EuGH mit dem Hinweis darauf entzieht, es sei offenkundig, dass die WDRL keine Verleihung konkreter Rechte bezwecke. Nicht eingegangen ist das LG Bonn auch auf die Materialien zur WDRL72, aus denen sich eindeutig die individualschützende Funktion der WDRL ergibt. Die Erwägungsgründe des ursprünglichen Richtlinienvorschlags enthielten keinerlei Hinweis auf den Anlegerschutz. Zwar enthielt Art. 9 des Vorschlags bereits Bestimmungen zum Schutze der einzelnen Anleger, doch waren diese bei weitem nicht so umfangreich wie die der späteren Richtlinie (Art. 10 und 11 WDRL). Der Wirtschafts- und Sozialausschuss betonte demgegenüber den Anleger- und Verbraucherschutz in seiner Stellungnahme zum Entwurf gleich mehrfach. Er empfahl eine verbindliche Regelung auch der Wohlverhaltenspflichten. Unter der Überschrift „1.7 Redlichkeit des Geschäftsverkehrs und Verbraucherschutz – Wohlverhaltensregeln“ stellte er fest, „die den hier behandelten Wertpapierdienstleistungen eigenen Wohlverhaltensregeln zielen ebenfalls darauf ab, die Redlichkeit des Geschäftsverkehrs und den Verbraucherschutz sicherzustellen“. Auch den späteren Art. 10 der WDRL, den das LG Bonn als nicht anlegerschützend einstufte73, betrachtete der Wirtschafts- und Sozialausschuss als anlegerschützend. Gerade im Hinblick auf die entschiedene Fallgestaltung der Veruntreuung von Kundenvermögen ergibt sich dies sehr deutlich aus seiner Stellungnahme unter Punkten 2.19.2.1 bis 2.19.2.3: „Es liegt auf der Hand, dass jede Verwirrung zwischen den Wertpapieren und den Mitteln im Besitz der Anleger und den Wertpapieren und den Mitteln im Besitz der Wertpapierfirmen vermieden werden muss. … Was die Wertpapiere im Besitz der Anleger betrifft, so müsste an dieser Stelle deutlich gesagt werden, dass ___________ 71 Dies behauptet etwa Böhm, EWiR 2000, 231, 232. 72 S. dazu ausführlich S. 493 Fn. 256 ff. m. w. N. 73 LG Bonn, ZIP 1999, 1592, 1594 li. Sp. unten.

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die Wertpapierfirma sie unter keinen Umständen – aus welchen Gründen auch immer – für eigene Rechnung verwenden kann. Demzufolge müsste dafür Sorge getragen werden, dass alle Mitgliedstaaten ihre Rechtsordnungen derart anpassen, dass die Anleger in Bezug auf die den Wertpapierfirmen anvertrauten Wertpapiere ein Eigentums- und nicht nur ein Forderungsrecht geltend machen können. … Wertpapierfirmen können folglich, sofern sie nicht eine Zulassung als Kreditinstitute erwirken, keine Gelder von ihren Kunden entgegennehmen und für eigene Rechnung verwenden“. Zwar ging das Europäische Parlament auf die Forderung nach Wohlverhaltensregeln in der ersten Lesung 1989 nicht ein und auch die Kommission berücksichtigte sie in ihrem geänderten Vorschlag aus dem Jahr 1990 nicht. Erst der Rat verlangte die Aufnahme entsprechender Regeln, die dann in die 1993 verabschiedete Fassung der Richtlinie übernommen wurden. Aus den Materialien ergibt sich somit eindeutig, dass die WDRL auch den individuellen Anleger schützen soll74, und zwar gerade im Hinblick auf die Fallgestaltung, die das LG Bonn zu entscheiden hatte. Der EuGH hat die ihm vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der verspäteten Umsetzung der ESRL vorgelegte Frage75, ob auch der WDRL eine individualschützende Funktion zukomme, leider nicht angesprochen76. Die vorangegangenen Überlegungen bezogen sich auf die vom LG Bonn angestellten Erwägungen. Aufgrund seines von vornherein eingeengten Blickwinkels musste das Gericht auf die im Folgenden erörterten Fragen nicht mehr eingehen: Der Verstoß der Bundesrepublik war hinreichend qualifiziert, da die WDRL einen ausreichenden Zeitrahmen für die Umsetzung vorsah und Gründe, die die erhebliche Verspätung bei der Umsetzung rechtfertigen, nicht ersichtlich sind77. Für die Frage, ob ein Staatshaftungsanspruch begründet ist, kam es demnach entscheidend auf die Kausalität zwischen der Nichtumsetzung und dem entstandenen Schaden an. Nach dem Sachverhalt überwies die Klägerin ihr Geld an das irische Institut. Da die deutschen Aufsichtsbehörden nach dem Herkunftslandprinzip für die Überwachung von dessen Tätigkeit in Irland nicht zuständig waren, fehlt es an der erforderlichen Kausalität, soweit die Klägerin der Bundesrepublik vorwirft, sie hätte unmittelbar gegen die E. Ltd. vorgehen müssen. Der von der Klägerin angeführte Art. 19 WDRL erlaubt in seinen Absätzen 3 bis 6 gera___________ 74 Ebenso Gratias, Staatshaftung, S. 103, 106. 75 EuGH, WM 2005, 365, 367 Rdn. 23 (unter lit. b, 3. Spiegelstrich) (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 76 EuGH, WM 2005, 365, 369 Rdn. 47 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 77 Zu den einzelnen Faktoren, die bei der Prüfung des Kriteriums „hinreichend qualifizierter Verstoß“ zu prüfen sind, vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 506 ff. m. w. N.

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de nur Maßnahmen auf dem eigenen Hoheitsgebiet. Nur wenn der Klägerin der Nachweis gelungen wäre, dass die deutsche Aufsicht ihr bekannte Anhaltspunkte für ein unseriöses Geschäftsgebaren des irischen Instituts nicht rechtzeitig an die irische Aufsicht weitergeleitet und sie dies allein deshalb unterlassen hat, weil sie nach dem damals gültigen Kreditwesengesetz hierfür noch keine Zuständigkeit besaß (wie sie Art. 23 Abs. 3 WDRL vorsah), wäre die verspätete Umsetzung für den Schaden kausal. Dies wiederum setzt voraus, dass zwischen dem Bekanntwerden der Missstände bei der E. Ltd. und einem – aufgrund einer unterstellten Benachrichtigung durch das damalige BAKred gebotenen – Eingreifen der ausländischen Aufsichtsbehörden ausreichend Zeit verblieben wäre, um gerade auch die Veruntreuungen der Gelder der Klägerin noch zu verhindern. Die veröffentlichten Sachverhaltsangaben sind nicht ausreichend, um diese Fragen beurteilen zu können. Ungeklärt blieb auch die zwischen den Parteien streitige Frage, ob das von der Klägerin getätigte Geschäft überhaupt in den Anwendungsbereich der WDRL fällt. Selbst wenn man mit der Klägerin unterstellt, dass die irische Wertpapierfirma als Vermögensverwalterin tätig wurde, erfasst die Richtlinie nur solche Finanzdienstleistungen, die sich auf die in ihrem Anhang B genannten Finanzinstrumente beziehen, nämlich Wertpapiere, Anteile an Investmentfonds, Geldmarktinstrumente, Finanzterminkontrakte, Zinsterminkontrakte, Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Aktienbasis oder Aktienindexbasis sowie Kauf- und Verkaufsoptionen für alle zuvor genannten Instrumente. Die WDRL erfasst auch nicht ausdrücklich genannte Papiere, die handelbar sind und ähnliche Rechte wie Aktien gewähren (z. B. Genussscheine). Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist die Handelbarkeit. Ist ein Anteilschein nicht handelbar, wie etwa die Beteiligung an einer „building society“ oder einer „Industrial and Provident Society“, wird er nicht erfasst, obwohl er formal nach dem Recht mancher Mitgliedstaaten eine Aktie darstellt. Die Klägerin scheint, soweit man das nach den knappen Angaben im Sachverhalt beurteilen kann, keine Wertpapiere gekauft, sondern einer Bank Eigenkapital zur Verfügung gestellt und für das eingesetzte Kapital Bankgarantien erhalten zu haben. Diese stellen keine Wertpapiere im Sinne der WDRL und der §§ 1 Abs. 11 Satz 2 KWG, 2 Abs. 1 WpHG dar, weil sie weder mit Aktien noch mit Schuldverschreibungen vergleichbar sind. Fraglich ist, ob es sich um ein Geldmarktpapier i. S. d. §§ 1 Abs. 11 Satz 3 KWG, 2 Abs. 1a WpHG handelt. Unter diesen Auffangtatbestand fallen Forderungen, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden78. Ob es sich ___________ 78 Dazu etwa Fülbier, in: Boos u. a., KWG2, § 1 Rdn. 221; Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG3, § 2 Rdn. 21 f.

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bei der Bankgarantie um handelbare Papiere handelte, für die üblicherweise ein Markt besteht, ist zwischen den Parteien streitig. Dabei ist entsprechend dem Ziel der Richtlinie, einen einheitlichen Aufsichtsrahmen für die Mitgliedstaaten zu schaffen, auf die Verhältnisse innerhalb der Gemeinschaft und nicht allein auf die Verhältnisse innerhalb eines Mitgliedstaats abzustellen, denn die vom Heimatstaat gewährte Zulassung gilt gemeinschaftsweit. Es bestand damit durchaus die Möglichkeit, dass keine Wertpapierdienstleistung vorgelegen hat. In diesem Falle wäre die Entscheidung des LG Bonn zumindest vom Ergebnis her zutreffend. c) Verspätete Umsetzung der Kapitaladäquanzrichtlinie Die dritte bank- und kapitalmarktrechtliche Richtlinie, deren verspätete Umsetzung Anlass für ein Staatshaftungsverfahren gab, ist die KARL79. Die Richtlinie war ebenfalls bis zum 1.7.1995 umzusetzen. Der Kläger legte Anfang 1996 Geld bei einem Devisenhandelsunternehmen ein, dessen Eigenkapitalausstattung sich als unzureichend entpuppte und das im Sommer 1996 insolvent wurde. Das Gericht ließ die streitige Frage offen, ob dieses Unternehmen überhaupt dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfalle. Es konzentrierte sich, wie im Parallelverfahren zur verspäteten Umsetzung der WDRL, auf die Frage, ob der Richtlinie ein individualschützender Charakter zukomme. Dies verneinte es, da die Eigenkapitalanforderungen nur dem Ziel dienten, gleiche Wettbewerbsbedingungen der Institute zu schaffen. Der einzelne Anleger hätte keinen individuellen, aus der Richtlinie heraus bestimmbaren Anspruch darauf, dass ein Institut ein bestimmtes Eigenkapital aufweise. Auch in diesem Verfahren vergleicht das Gericht die Rechtsposition des Anlegers mit der Rechtsposition des nach der Einlagensicherungsrichtlinie geschützten Personenkreises und kommt zu dem Ergebnis, aus der KARL ergebe sich kein individueller Entschädigungsanspruch. Schon die diesem Vergleich zugrunde liegende Fragestellung überzeugt jedoch nicht, da die Begründung des Klägers eine ganz andere war. Es ging gerade nicht darum, ob die KARL einen Entschädigungsanspruch gewährt, sondern darum, ob dem Einzelnen ein Anspruch auf eine bestimmte Mindestkapitalausstattung der Wertpapierfirma zusteht, der durch die verspätete Umsetzung vereitelt worden war. Das Gericht stellte sodann fest, dass sich auch aus anderen Vorschriften der Richtlinie kein individueller Anspruch ableiten lasse. Allein der Umstand, dass in den Erwägungsgründen der Richtlinie der Anlegerschutz erwähnt sei, begründe noch keine individuelle Rechtsposition des Einzelnen. ___________ 79 LG Bonn, ZIP 1999, 1595 mit Anm. Gramlich, EWiR 2000, 23.

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Das Gericht machte es sich zu einfach, wenn es die Richtlinie als rein aufsichtsrechtlich einstuft. Allein der Umstand, dass sich die Vorschriften der KARL überwiegend mit technischen Details beschäftigen, kann nicht ausschlaggebend dafür sein, den Schutz des Anlegers zu verneinen. Ansonsten müsste man auch der StVO den Schutzgesetzcharakter i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB absprechen80, da diese Vorschriften überwiegend den Ablauf des Straßenverkehrs regeln und in diesen technischen Vorschriften den Schutz der Verkehrsteilnehmer nicht erwähnen. Dieses fast schon absurd anmutende Ergebnis macht deutlich, dass es nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Zielrichtung der Vorschriften ankommen muss, um die Frage nach dem geschützten Personenkreis zu beantworten. Entgegen der Ansicht des LG Bonn kann also der Umstand, dass die Richtlinie nur technische Vorschriften enthält und einen Anspruch der Anleger nicht explizit erwähnt, keineswegs allein maßgebend sein. Eine Verleihung von Rechten an Einzelne kann sich – wie am Beispiel der WDRL gezeigt wurde – auch aus dem Gesamtkonzept der Regelung ergeben. Um die Zielrichtung der KARL zu bestimmen, sind ihre Erwägungsgründe heranzuziehen. Ziel der Richtlinie ist es, die quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Wertpapierdienstleister festzulegen. Damit dient die Richtlinie – wie das LG Bonn betont – der Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Kreditinstitute einerseits und Wertpapierfirmen andererseits81. Gleichzeitig betonen die Erwägungsgründe aber auch, dass die Vorschriften den Fortbestand der Institute sichern und damit den Schutz der Anleger gewährleisten sollen82. Bereits hieraus ergibt sich eine anlegerschützende Zielrichtung der Richtlinie83. Zudem ist die KARL als Ergänzung der WDRL gedacht und mit dieser eng verwoben. Dies belegen bereits die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zur WDRL84, die Erwägungsgründe Nrn. 1 und 2 der KARL und der Umstand, dass die meisten der Bestimmungen an den Inhalt der WDRL anknüpfen. Die KARL ist also Teil eines aufsichtsrechtlichen Gesamtkonzepts, so dass die Vorgehensweise des LG Bonn, die KARL isoliert zu betrachten, methodisch fragwürdig erscheint. Da die aufsichtsrechtlichen Richtlinien – wie dargelegt – an einer Vielzahl von Stellen ___________ 80 Zur Schutzgesetzeigenschaft der Vorschriften der StVO Sprau, in: Palandt, BGB64, § 823 Rdn. 70 m. w. N. 81 Erwägungsgründe Nrn. 9, 10. 82 Erwägungsgrund Nr. 8. 83 Im Ergebnis auch Gratias, Staatshaftung, S. 103, 105. 84 Punkt 1.5. und 1.6. der Stellungnahme 89/C 298/03 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 27.9.1989, ABl. EG Nr. C 298 vom 27.11.1989, S. 6 ff.

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den Schutz der einzelnen Anleger als Ziel betonen, kann grundsätzlich auch der KARL eine solche Funktion zukommen. Das LG Bonn hätte nach der Konzeption der Richtlinie daher der Frage nachgehen müssen, ob der Einzelne Anspruch auf ein bestimmtes Mindestkapital hat. Die Festschreibung eines Mindestkapitals dient sicherlich der Schaffung gleicher Startbedingungen für die am Markt auftretenden Wertpapierfirmen. Darüber hinaus gewährleistet eine bestimmte Kapitalausstattung aber auch, dass die Wertpapierfirmen solide genug sind, um die angebotenen Geschäfte abwickeln zu können, und dass damit das Insolvenzrisiko des Anlegers begrenzt wird. Nun könnte man gegen eine anlegerschützende Einordnung der Mindestkapitalvorschriften einwenden, das Insolvenzrisiko des Einzelnen werde durch die AERL erfasst, so dass der KARL keine eigenständige anlegerschützende Funktion zukomme. Damit wird jedoch verkannt, dass die AERL nur Beträge bis 20.000 Euro sichert und damit gerade keinen umfassenden Schutz bietet. Den Mindestkapitalvorschriften der KARL kommt damit durchaus ein eigenständiger, über die AERL hinausgehender Schutzbereich zu. Ob dieser individualschützend ist oder nicht, hätte das Gericht klären müssen. Der EuGH hat die ihm vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der verspäteten Umsetzung der ESRL vorgelegte Frage85, ob auch der KARL eine individualschützende Funktion zukomme, offen lassen können86. In Bezug auf die parallele Eigenmittelrichtlinie87 hat der EuGH entschieden, dass diese dem Funktionenschutz und der Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen dient88. Selbst wenn sie einen Schutz der Einleger festschreiben sollte, sei dies nicht gleichbedeutend mit einem Anspruch des Einzelnen auf Ersatz erlittener Schäden89. Der EuGH unterteilt den Anlegerschutz damit in einen Schutz der Einleger in ihrer Gesamtheit und dem Schutz individueller Anleger. Der Gerichtshof billigte der KARL allenfalls die Funktion eines Schutzes der Einleger in ihrer Gesamtheit zu. Diese Sichtweise ist zutreffend, denn ein einzelner Anleger hat keinen Anspruch auf ein bestimmtes Mindestkapital des Instituts. Zudem kann ein Anleger selbst dann Schäden erleiden, wenn ein Institut trotz Einhaltung der gesetzlichen Kapitalvorgaben aufgrund kriminellen Verhaltens einzelner Ange___________ 85 EuGH, WM 2005, 365 Rdn. 23 (unter lit. b, 2. Spiegelstrich) (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 86 EuGH, WM 2005, 365 Rdn. 47 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 87 S. o. S. 464 Fn. 167. 88 EuGH, WM 2005, 365 Rdn. 34 ff. (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 89 EuGH, WM 2005, 365 Rdn. 40 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland).

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stellter plötzlich insolvent wird. Das Urteil des LG Bonn ist damit von seinem Ergebnis, nicht aber von seiner Begründung her zutreffend. d) Zwischenfazit Es lässt sich damit feststellen, dass die Urteile des LG Bonn nur unzureichend begründet sind. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass die verspätete Umsetzung kapitalmarktrechtlicher Richtlinien je nach Ausgestaltung der Richtlinien durchaus einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch begründen kann. Dieser Anspruch kann, wie das Beispiel der verspäteten Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie gezeigt hat, ein wirksames Instrument sein, um den Anleger zu schützen. Dabei unterscheidet sich der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch von einem eventuellen Anspruch auf gesetzgeberisches Einschreiten nach nationalem Recht dadurch, dass die Gemeinschaft dem Mitgliedstaat einen konkreten Handlungsauftrag erteilt, während ein solcher sich aus dem nationalen Verfassungsrecht nur im Einzelfall und mit großem Begründungsaufwand herleiten lässt90. Schließlich trägt die Haftungsdrohung dazu bei, dass die Mitgliedstaaten Richtlinien rechtzeitig umsetzen.

3. Maßnahmen gegen verfassungs- oder europarechtswidrige Gesetze Aus der Perspektive der beaufsichtigten Institute kann sich die Frage stellen, ob eine gesetzgeberische Maßnahme als unverhältnismäßig streng einzuordnen ist, so dass das Institut in seinen Grundrechten (etwa Art. 12 GG) beeinträchtigt (und zugleich im Wettbewerb behindert) wird. Solche Eingriffe kann das Institut auf nationaler Ebene mit den bekannten und daher hier nicht näher zu beschreibenden Mitteln auf dem Klagewege und ggf. mit einer Verfassungsbeschwerde angreifen. Europarechtliche Argumente kann das Institut gegen eine zu strenge Inlandsaufsicht nicht ins Feld führen91, solange es sich um eine reine Inländerdiskriminierung handelt, die als solche europarechtlich zulässig ist92. Gleiches gilt in Fällen, in denen eine Richtlinie nur den Mindeststandard festlegt und dem Herkunftsstaat damit die Möglichkeit einräumt, für die bei ihm zugelassenen Institute strengere Bedingungen festzusetzen93. Da sich das gegenwärtige nationale Aufsichtsrecht ___________ 90 Zur Herleitung von Schutzpflichten aus Grundrechten unten S. 962 ff. 91 Dies gilt selbstverständlich nicht hinsichtlich der Frage der gemeinschaftsrechtskonformen und der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts. 92 Dazu oben S. 488 Fn. 250 m. w. N. 93 So etwa der Erwägungsgrund Nr. 26 der WDRL.

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für Vermögensverwalter in Form des in der Praxis dominierenden Vertretermodells streng an den einschlägigen EG-Richtlinien orientiert, deren Angemessenheit oben94 festgestellt wurde, und das Aufsichtsrecht inländische Vermögensverwalter und solche aus anderen Mitgliedstaaten dabei gleich behandelt, bedarf diese Problematik keiner Vertiefung. Auch eine Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen scheidet regelmäßig aus, da europarechtliche Regelungen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur einer sehr beschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen95.

II. Gewährleistung eines gesetzeskonformen Verhaltens der Aufsichtsbehörden Gesetzeskonformes Verhalten der Aufsichtsbehörden

1. Verletzung der Rechte der beaufsichtigten Institute Das Kreditwesen- und das Wertpapierhandelsgesetz erlegen den beaufsichtigten Instituten zahlreiche Pflichten auf und gestatten der BaFin die Kontrolle ihrer Einhaltung (§§ 6 Abs. 1 KWG, 4 Abs. 1 Satz 1 WpHG) sowie die Beseitigung von Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen (§§ 6 Abs. 2 KWG, 4 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Darüber hinaus stehen der Aufsicht seit dem Umsetzungsgesetz auch Befugnisse zum Erlass von Anordnungen zur Beseitigung von Missständen gegen einzelne Institute und deren Geschäftsleiter zu (§§ 6 Abs. 3 KWG, 4 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Damit ist die streitige Frage, ob die BaFin nur allgemeine Maßnahmen gegen Missstände (wie Verlautbarungen) ergreifen darf oder ob sie auch durch Erlass von Verwaltungsakten gegen Missstände in einzelnen Instituten vorgehen kann96, gesetzlich klargestellt97. Da die Institute unmittelbare Adressaten der Maßnahmen der Ämter sind, steht ihnen gegen (vermeintlich) gesetzwidrige Eingriffe der Aufsichtsbehörden der Verwaltungsrechtsweg offen98. Mit diesen Mitteln können die Betroffenen auf eine gesetzmäßige Verwaltung und damit auf einen wirksamen Funktionenschutz hinwirken. Gleiches gilt für sonstige unmittelbare Adressaten von Maßnahmen der Aufsicht (wie etwa Maßnahmen gegen In___________ 94 S. o. S. 468 ff. 95 BVerfGE 73, 339, 387 (Solange II); BVerfG NJW 1993, 3047, 3049 (Maastricht); NJW 2000, 3124 ff. (Bananenmarktordnung). 96 Vgl. etwa Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 57; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 7 ff. 97 Zur früheren Rechtslage s. o. S. 618 Text bei Fn. 229. 98 Einzelheiten bei Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 16 ff.

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haber bedeutender Beteiligungen am Institut nach § 2b Abs. 1a, 2 und 5 KWG oder gegen Nichtbanken wegen des Verdachts des Betreibens unerlaubter Bankgeschäfte gemäß § 44c KWG99).

2. Amtshaftung und Konkurrentenklage Verursacht eine widerrechtliche Maßnahme der BaFin bei den unmittelbar Betroffenen (dem Institut oder seinen Geschäftsleitern) einen Schaden, haftet der Bund nach allgemeinen Grundsätzen (§ 839 BGB, Art. 34 GG)100. Denn die eine Amtshaftung ausschließende Norm des § 4 Abs. 4 FinDAG gilt trotz ihres sehr weiten Wortlauts für diese Fälle nicht, da der Gesetzgeber mit dieser Norm nur Amtshaftungsansprüche der mittelbar von Maßnahmen der Aufsicht Betroffenen ausschließen wollte101. Bei der Prüfung von Amtshaftungsansprüchen der Institute gegen den Staat ist stets der Schutzzweck der Aufsicht zu bedenken. So liegt in der gesetzmäßigen Zulassung eines neuen Instituts keine Beeinträchtigung der Rechte schon bestehender Institute und erst recht keine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung, selbst wenn die Zulassung das schon bestehende Institut in seiner Existenz bedroht102. Denn eine Bedürfnisprüfung nimmt die Aufsicht gerade nicht mehr vor; eine solche hatte das Bundesverwaltungsgericht zu Recht als Verstoß gegen Art. 12 GG eingeordnet103. Zudem ist der Katalog der Versagungsgründe in § 33 KWG abschließend (§ 33 Abs. 4 KWG). Auch in einer weiteren Konstellation ist der Schutzzweck der Aufsicht entscheidend: Sie dient nicht dem Ziel, die Institute vor den eigenen Geschäftsleitern zu schützen. Versäumt es etwa die Aufsichtsbehörde, den unzuverlässigen Geschäftsleiter eines Instituts rechtzeitig abzuberufen,

___________ 99 Zu § 44c KWG umfassend Schröder/Hansen, ZBB 2003, 113. 100 Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 15. 101 BT-Drucks. 10/1441, S. 20, sowie Fülbier, in: Boos u. a., KWG1, § 6 Rdn. 74; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 15; Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 64; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 19.257 ff. Setzt die BaFin Sachverständige zur Überprüfung der Finanzlage eines Instituts ein, können diese wegen eines fehlerhaften Gutachtens nicht vom Institut in Anspruch genommen werden, da sie allein im Auftrag der Behörde tätig sind und das geprüfte Institut nicht in den Schutzbereich des Vertrags zwischen BaFin und Sachverständigem über die Prüfung fällt, BGH, WM 2001, 1428 ff. 102 BVerwG, DVBl. 1965, 364, 365; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 15; Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 34 Rdn. 190 a. E. 103 BVerwG, NJW 1959, 590 ff.

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und entsteht dem Institut in der Folgezeit durch das Verhalten dieses Geschäftsleiters ein Schaden, besteht kein Amtshaftungsanspruch104.

3. Schadensersatzansprüche der Anleger wegen rechtswidriger Wirtschaftsaufsicht Im Zuge spektakulärer Bankzusammenbrüche stellte sich für die betroffenen Anleger die naheliegende Frage, ob sie ihre verlorenen Einlagen im Wege eines Amtshaftungsanspruchs nach § 839 BGB, Art. 34 GG von der Bundesrepublik ersetzt verlangen können. Vermögensschäden von Anlegern eines Instituts beruhen typischerweise auf einer der drei folgenden Fehler der Wirtschaftsaufsicht: Die Aufsicht lässt ein Institut zu, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind105. Infolge dessen bricht das Institut alsbald zusammen. Ein Schaden kann weiterhin dadurch verursacht werden, dass die Aufsichtsbehörde eine an sich gebotene Maßnahme gegen das Institut unterlässt. Schließlich kann der Zusammenbruch eines Instituts auch darauf beruhen, dass die staatliche Aufsicht nicht gebotene oder unverhältnismäßige Maßnahmen gegen ein Institut ergreift und dieses dadurch in den Ruin treibt106. Ein einmal insolvent gewordenes Institut wird kaum „wiederbelebt“ werden können, da es seine Stellung am Markt verloren haben dürfte. Es kommt aus Sicht der Anleger nur ein Amtshaftungs- oder gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Frage. Derartige Ansprüche können Fehler der Aufsichtsbehörde nicht rückgängig oder ungeschehen machen, sondern sind allein auf den Ausgleich der eingetretenen Schäden gerichtet. Jedoch wird – allein durch das Bestehen der Ansprüche – die Behörde künftig zur ordnungsgemäßen Arbeit angehalten. Der Amtshaftungs___________ 104 LG Bremen, Sparkasse 1956, 278, 279 mit Anm. von Hammer, der zu den allgemeinen Ausführungen im Urteil kritisch Stellung nimmt, dabei allerdings nicht auf die hier angesprochene spezielle Frage eingeht; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 15. 105 In diesem Fall kann der einzelne Anleger, sofern er Kenntnis vom Fehlen der Voraussetzungen hat, gegen die Zulassung keine Anfechtungsklage erheben, da er nicht gezwungen ist, sich eines solchen Instituts zu bedienen. Es fehlt daher eine subjektive Betroffenheit des Anlegers durch den Verwaltungsakt, mit dem das Institut zugelassen wird. 106 Dass eine solche Fallgestaltung nicht ganz abwegig ist, zeigt der Rechtsstreit um das Bankhaus Partin GmbH & Co. KGaA, Bad Mergentheim, bei dem die Bank dem damaligen BAKred entsprechende Vorwürfe machte, vgl. http://www.goettingergruppe.de/html/pressemitteilungen.html (abgerufen am 26.6.01). Im einstweiligen Rechtsschutz unterlag die Antragstellerin, VG Köln, WM 2001, 1612 ff.; OVG Münster, WM 2002, 847 ff.

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anspruch und der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch sind damit mittelbar Wege zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufsicht über die Institute. Im Folgenden wird zunächst das grundsätzliche Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs untersucht, ohne dass dabei allerdings auf jede nur denkbare Fallgestaltung mit drittschützenden Amtspflichten eingegangen werden kann, da dies über den Rahmen der vorliegenden Arbeit hinausginge. Anschließend (unter 4.) wird der Frage nach dem Bestehen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für administratives Unrecht nachgegangen. a) Die wechselvolle Geschichte der Amtshaftung für Wirtschaftsaufsicht Der Amtshaftungsanspruch setzt eine drittschützende, d. h. in den hier interessierenden Konstellationen anlegerschützende Amtspflicht voraus. Die BaFin ist gehalten, die Einhaltung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen und die Einhaltung der Voraussetzungen des laufenden Betriebs zu kontrollieren und auf diese Weise eine Insolvenz des Instituts mit den Mitteln des Aufsichtsrechts nach Möglichkeit zu verhindern oder einen drohenden Schaden zu begrenzen. Die Frage, ob die BaFin die ihr insoweit obliegenden Aufgaben auch im Interesse des einzelnen Anlegers wahrnimmt oder nur im öffentlichen Interesse tätig wird, war lange Zeit umstritten107. Die Rechtsprechung108 und die überwiegende Lehre109 vertraten die Position, der staatlichen Wirtschaftsaufsicht komme prinzipiell keine individualschützende Funktion zu. Im Jahre 1979 änderte der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung und stellte in den Entscheidungen „Wetterstein“ sowie „Herstatt“ fest, bei der Beurteilung der drittschützenden Funktion einer Aufsicht sei auf ___________ 107 Zum sehr uneinheitlichen Streitstand bis zum Wetterstein-Urteil des BGH im Jahr 1979 siehe Kopf/Bäumler, NJW 1979, 1871 f.; Hönn, Vertragsparität, S. 234 ff.; Gratias, Staatshaftung, S. 65 f. 108 BGHZ 35, 44, 46 (Notar-Aufsicht); 39, 358, 362 f. (Bauaufsicht); 56, 40, 45 (Wohnraumbewirtschaftung); 58, 96, 97 ff. (Versicherungsaufsicht); BGH, VersR 1960, 979, 980 (Aufsicht über Kreditinstitute). 109 Statt vieler Kleinewefers/Boujong, FS Klingmüller, 1974, 219, 222 ff. m. w. N. Allerdings war diese Position in einer Fallgestaltung schon „aufgeweicht“. Kleinewefers/Boujong wiesen zu Recht darauf hin, dass der Einzelne einen Anspruch auf polizeiliches Einschreiten habe, wenn das Ermessen der Polizei auf Null reduziert sei. Unterbleibe das Einschreiten, bestehe ein Amtshaftungsanspruch (BGH, LM § 839 (Fg) BGB Nr. 3 und Nr. 5; BGH, NJW 1962, 1245 f.). Diese für das allgemeine Polizeirecht entwickelten Regeln übertrugen sie auf die spezialpolizeiliche Wirtschaftsaufsicht (a. a. O., S. 228).

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die konkreten Vorschriften der gesetzlichen Regelung abzustellen und nicht auf das Kreditwesengesetz als Ganzes. Auf dieser Grundlage und unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien bejahte der Bundesgerichtshof eine Drittbezogenheit namentlich des § 6 Abs. 1 KWG110. Diese Vorschrift diene zumindest auch dem Schutz der Gläubiger eines Kreditinstituts. Die Aufsicht habe zudem die Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 KWG Prüfungen vorzunehmen. Soweit die einzelnen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes Amtspflichten zugunsten der Gläubiger einer Bank enthielten, seien sie zugleich Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB111. Das Schrifttum wies auf die Gefahr einer Überwälzung individueller Risiken auf den Staat hin. Eine derartige Sanktionsdrohung führe zu einer übervorsichtigen Aufsicht, die die Kreditinstitute unverhältnismäßig stark einenge und so deren Position im internationalen Wettbewerb schwäche112. Selbst von denjenigen, die als Zweck der Aufsicht nicht nur das Funktionieren des Kreditgewerbes bzw. -markts, sondern auch den Schutz der einzelnen Anleger bejahten (Doppelzwecktheorie), wurde überwiegend ein Schadensersatzanspruch abgelehnt. Die Aufsicht schütze den Anleger nur reflexartig. Denn bei der Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten sei nie der Anleger allein verletzt, sondern es komme immer auch zu einer Verletzung öffentlicher Interessen. Der dem Einzelnen entstehende Schaden unterscheide sich nicht vom Schaden der Allgemeinheit, weshalb bei teleologischer Auslegung des § 823 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch ausscheide. Dass der Bundesgerichtshof nicht die Absicht hatte, allen Eingriffsnormen des Kreditwesengesetzes pauschal drittschützende Wirkung zuzusprechen, zeigte sich alsbald in einer weiteren, vielbeachteten Entscheidung. Das Gericht betonte, dass ein Amtshaftungsanspruch geschädigter Anleger nur in Betracht komme, wenn die verletzte Amtspflicht zumindest auch den Zweck habe, den Geschädigten zu schützen. Dieser müsse also zu dem Personenkreis gehören, dessen Belange nach dem Zweck und nach den rechtlichen Bestimmungen des Amtsgeschäfts geschützt werden sollen113. Hierzu gehöre aber nicht jeder Gläubiger der Bank. Vielmehr sei zwischen Eigenkapitalgebern und außenstehenden Kunden zu unterscheiden. Stille Gesellschafter ___________ 110 BGHZ 74, 144 ff. (Wetterstein-Wertbrief-Fonds); BGHZ 75, 120 ff. (Herstatt); zustimmend Bender, NJW 1978, 622 f.; Kopf/Bäumler, NJW 1979, 1871 ff.; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 476 ff.; kritisch Schwark, JZ 1979, 670 ff.; Starke, WM 1979, 1402 ff.; Püttner, JZ 1982, 47 ff.; differenzierend Papier, JuS 1980, 265 ff. 111 BGHZ 74, 144, 149 (Wetterstein-Wertbrief-Fonds). 112 Hierzu und zum Folgenden Hönn, Vertragsparität, S. 235 f. 113 BGHZ 74, 144, 146 f. (Wetterstein-Wertbrief-Fonds); 90, 310, 311.

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einer Bank seien Eigenkapitalgeber, die ein unternehmerisches Risiko trügen, das dem stillen Gesellschafter vom Kreditwesengesetz nicht abgenommen werde114. Demgegenüber fielen Kunden des Instituts in den Schutzbereich, da sie als Außenstehende dem Institut Vermögenswerte anvertraut hätten115. Angesichts der Höhe potentieller Ansprüche wartete der Gesetzgeber das Ergebnis der wissenschaftlichen Diskussion nicht ab, sondern schloss mit der 3. KWG-Novelle Amtshaftungsansprüche aus, indem er festlegte, dass die Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnehmen (§ 6 Abs. 3, später Abs. 4 KWG, § 1 Abs. 4, später Abs. 6 BörsG116, § 81 Abs. 1 Satz 3 VAG, § 4 Abs. 2 WpHG). Im Jahre 2002 wurden die Regelungen aus dem KWG, WpHG und VAG in § 4 Abs. 4 FinDAG überführt. Die Regierungsbegründung zum ehemaligen § 6 Abs. 3 KWG betonte das Ziel einer Korrektur der beiden BGH-Entscheidungen. Sie stellte fest, bei einer Staatshaftung für die Bankenaufsicht bestehe die Gefahr, dass die Verantwortlichen übervorsichtig würden und dies die bisherige Aufsichtskonzeption gefährde, die den Kreditinstituten einen großen Entscheidungsspielraum für eine eigenverantwortliche wirtschaftliche Betätigung beließe. Deshalb sollten derartige Schadensersatzansprüche Einzelner gegen den Staat ausgeschlossen werden117. Durch diese Vorgehensweise kam die Diskussion um die Frage der Staatshaftung für die Bankenaufsicht jedoch nicht zur Ruhe, denn schon im Gesetzgebungsverfahren äußerte der Bundesrat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Regelung118. Dem schlossen sich gewichtige Stimmen im Schrifttum an. Die Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit und später die Europarechtswidrigkeit der Rege-

___________ 114 BGHZ 90, 310, 313 ff. 115 BGHZ 90, 310, 313; Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 77. 116 Nach Ansicht des OLG Frankfurt, ZIP 2001, 730, 732, bezieht sich die Norm nur auf die Haftung der Börsenaufsicht, nicht aber auch auf das Handeln der Geschäftsführung der Börse, a. A. Peterhoff, in: Schäfer, WpHG, § 1 BörsG Rdn. 17. 117 BT-Drucks. 10/1441, S. 20; zustimmend etwa Bähre/Schneider, KWG3, § 6 Anm. 4 a. E.; Haug, in: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 14a. 118 Antrag des Landes Berlin im Bundesrat, BR-Drucks. 60/2/84; sowie Beschluss des Bundesrats vom 6.4.1984, BR-Drucks. 60/84 (Beschluß) = BT-Drucks. 10/1441, S. 58 (Anlage 2); ebenso Scholz, ZVersWiss 1984, 15 Fn. 44. Der Finanzausschuss war – allerdings ohne Begründung – der Ansicht, die Norm lasse die „Mindestgarantie des Art. 34 GG unberührt“, BT-Drucks. 10/2510, S. 2, weshalb der Gesetzgeber sie trotz der geäußerten Bedenken verabschiedete.

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lung ist bis heute – nicht zuletzt durch die von Zeit zu Zeit auftauchenden Bankenzusammenbrüche119 – nicht zur Ruhe gekommen120. b) Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip Ein Teil des Schrifttums gesteht dem Gesetzgeber zwar die Möglichkeit zu, Inhalt, Umfang und Zweckrichtung der Amtspflichten zu regeln. Die Regelung des § 6 Abs. 4 KWG diene diesem Ziel jedoch nicht, da die Vorschrift die Amtspflichten unangetastet lasse und nur die an die Pflichten geknüpfte ___________ 119 Die Frage einer Amtshaftung stellte sich zuletzt im Falle der BVH Bank, Düsseldorf, dazu die vier Urteile des LG Bonn, Urt. vom 31.3.2000 (unveröffentlicht) sowie LG Bonn, ZIP 1999, 959 mit Anm. Sethe, EWiR 1999, 883; ZIP 1999, 2051 mit Anm. Sethe, EWiR 2000, 233 sowie VA 2000, 19 (Zusammenfassung von Mann). Das Gericht lehnte Amtshaftungsansprüche aufgrund der Ausschlussnorm des § 6 Abs. 4 KWG a. F. ab. Auch die Berufungsinstanz lehnte die Ansprüche ab, vgl. OLG Köln, ZIP 2001, 645 ff. Der BGH, WM 2005, 369, bestätigte das Urteil, nachdem er zuvor dem EuGH die Frage vorgelegt hatte, ob der Ausschluss der Amtshaftung in § 4 Abs. 4 FinDAG europarechtswidrig sei, was der EuGH verneinte, WM 2005, 365 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 120 Den Haftungsausschluss für verfassungs- bzw. europarechtswidrig halten Beck/ Samm, KWG, § 6 Rdn. 61 ff.; Habscheid, Staatshaftung, S. 119 ff.; ders. BB 1988, 2333 Fn. 57; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 63 f.; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663 ff.; Papier, in: Münch. Komm. BGB4, § 839 Rdn. 251 f.; ders., in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 34, Rdn. 190; Plück/Schmutzler/ Kühn, Kapitalmarktrecht2, S. 74 ff.; Schäfer, in: Schäfer, WpHG, § 4 Rdn. 26 f.; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473 ff. (zu § 81 Abs. 1 VAG); Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324 ff.; Tönnies, Staatshaftung, S. 55 ff.; a. A. LG Bonn, ZIP 1999, 959 ff.; ZIP 1999, 2051 ff.; VA 2000, 19; Fülbier, in: Boos u. a., KWG1, § 6 Rdn. 71 ff.; Fischer, in: Boos u. a., KWG1, Einf Rdn. 63; ders., in: Bankrechts-Handbuch2, § 125 Rdn. 13; Lange, Informationspflichten, S. 276 Fn. 21; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 1189 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdn. 16.225, 18.85, 19.258 ff.; wohl auch Haug, in: Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG6, § 6 Rdn. 14a (wobei die letzten fünf Autoren eine Begründung schuldig bleiben). Einen Mittelweg geht Habscheid, Staatshaftung, S. 85 ff., der § 6 Abs. 3 KWG a. F. (= § 4 Abs. 4 FinDAG) nicht auf ein Unterlassen behördlicher Maßnahmen anwenden will; zu Recht a. A. Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 482 f., Fn. 40. Offen Hopt, WM-Festgabe Hellner, 1994, 29; ders., ZHR 159 (1995) 135, 158. S. a. Rohlfing, WM 2005, 311 ff. Im englischen Recht ist diese Frage ebenfalls virulent; vgl. die Entscheidung des House of Lords, [2000] 3 ALL.E.R. 1 ff. (Three Rivers DC v. Bank of England). Das House of Lords stellte sehr hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Schadensersatzpflicht nach den Grundsätzen eines tort of misfeasance in public office, indem es die subjektive Vorhersehbarkeit der Schädigung der Anleger durch den Amtsträger verlangte. Eine anlegerschützende Wirkung der 1. BKRL lehnte das Gericht ab und verneinte infolge dessen eine darauf gestützte Haftung.

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Haftung ausschließen wolle. Damit habe der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage aufgehoben und greife unzulässigerweise in die Kompetenz der Judikative ein121. Dieses Argument überzeugt nicht, da die generelle Kompetenz der Judikative zur Auslegung der Gesetze unberührt blieb122 und nur eine von ihr vorgenommene Gesetzesauslegung korrigiert wurde. Da die Judikative mit Ausnahme des Bundesverfassungsgerichts nicht für sich in Anspruch nehmen kann, dass eine von ihr ermittelte Gesetzesauslegung allgemein verbindlich (oder gar für alle Zeiten gültig) ist, steht es dem Gesetzgeber frei, eine von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung durch eine Änderung der betroffenen Vorschrift oder durch Einfügung einer korrigierenden Norm zu ändern und der Vorschrift auf diesem Weg einen anderen Sinn beizumessen. Anders formuliert: Wenn man die Zulässigkeit der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung grundsätzlich akzeptiert, muss man als Korrelat auch die Möglichkeit anerkennen, dass der Gesetzgeber eine durch die Rechtsprechung entwickelte Auslegung später korrigiert. Hierin liegt kein Eingriff in den Kernbereich der Kompetenzen, die der Judikative zugewiesen sind123. c) Verstoß gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip Auch wenn die soeben geschilderte Argumentation im Ergebnis nicht überzeugt, lenkt sie das Augenmerk jedoch auf einen wichtigen Umstand. Es macht für die von Fehlern der Bankaufsicht Betroffenen keinen Unterschied, ob der Gesetzgeber Amtspflichten als nur im öffentlichen Interesse bestehend definiert und auf diese Weise ein Tatbestandsmerkmal der Amtshaftung „beseitigt“ oder ob er die Amtshaftung ausdrücklich und unmittelbar ausschließt. Der vom Gesetzgeber gewählte Weg einer „Definition“ der Aufgaben der Staatsaufsicht zielte – wie die Materialien zeigen – einzig darauf, jede Staatshaftung geschädigter Bankkunden zu beseitigen. Um dieses Ergebnis zu erreichen, hätte er sich auch eines § 839 Abs. 2 BGB vergleichbaren unmittelbaren Ausschlusstatbestands bedienen können. Hierin liegt jedoch kein Formenmissbrauch oder gar ein Verstoß gegen das Gebot ___________ 121 Papier, in: Münch. Komm. BGB4, § 839 Rdn. 251; ders. in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 34 Rdn. 190; Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 65. 122 Generell zur Frage, wann der änderungsfeste Kernbereich der Gewaltenteilung betroffen ist, vgl. Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 20 Rdn. 204 ff. 123 Ebenso BGH, WM 2005, 369, 373; OLG Köln, ZIP 2001, 645, 647; LG Bonn, ZIP 1999, 959, 964 f.; Habscheid, Staatshaftung, S. 123; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 666; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326 Fn. 20; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 487 (zu § 81 Abs. 1 VAG).

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der Rechtsklarheit124. Die Art der gesetzlichen Einkleidung des völligen Ausschlusses einer Amtshaftung kann bei der Frage ihrer Zulässigkeit daher außer Betracht bleiben, solange ihr Inhalt nicht verschleiert werden soll. Dies ist vorliegend nicht der Fall125. Ein Teil des Schrifttums sieht in dem Haftungsausschluss auch einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, da Kleinanleger bei einer von der BaFin durch unverhältnismäßige Eingriffe verursachten Insolvenz schutzlos blieben126. Seit der gesetzlichen Festschreibung der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung127 wird dieses Argument damit zurückgewiesen, dass Kleinanleger geschützt seien und sich ein weitergehender Anspruch aus dem Sozialstaatsprinzip nicht ableiten lasse128. d) Verstoß gegen Art. 14 GG Ob der Ausschluss der Haftung als solcher einen Verstoß gegen Art. 14 GG darstellt, ist sehr umstritten. Das OLG Köln argumentiert, das Grundrecht begründe – anders als das Grundrecht auf Leben – keine Schutzpflicht des Staates gegenüber Eingriffen Dritter129. Die Bankenaufsicht sei damit eine vom Staat freiwillig übernommene Aufgabe, weshalb er einen weiten Gestaltungsspielraum bei ihrer Ausgestaltung genieße. Gerade weil der Verlust des Eigentums durch das Verhalten Dritter herbeigeführt werde, sei deshalb ___________ 124 So aber Papier, in: Münch. Komm. BGB4, § 839 Rdn. 251; ders. in: Maunz/Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 34, Rdn. 190; Habscheid, Staatshaftung, S. 124 f.; Tönnies, Staatshaftung, S. 62; wohl auch v. Danwitz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 34 Rdn. 79 Fn. 303. 125 OLG Köln, ZIP 2001, 645, 647 f.; Cremer, JuS 2001, 643, 649; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2325 f.; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 484 f. (zu § 81 Abs. 1 VAG). 126 Habscheid, Staatshaftung, S. 125 f. 127 S. o. S. 656 ff. 128 BGH, WM 2005, 369, 375; OLG Köln, ZIP 2001, 645, 649; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 676 f. Zu den – hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen, unter denen der Gesetzgeber zum Einschreiten verpflichtet wird, Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 20 Rdn. 109 ff. 129 OLG Köln, ZIP 2001, 645, 648 re. Sp. oben. Im Ergebnis verneinen auch Steinberg/Lubberger, Aufopferung, Enteignung und Staatshaftung, S. 299, eine Verletzung von Schutzpflichten des Staates im Falle des § 4 Abs. 4 FinDAG. Das grundsätzliche Bestehen einer Schutzpflicht auch bei Art. 14 GG bejahen mit detaillierter Begründung Wieland, in: Dreier, GG2, Art. 14 Rdn. 176; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 677 f.; Cremer, JuS 2001, 643, 649. Eine Schutzpflicht für die Exekutive und die Judikative, nicht aber für die Legislative bejaht auch Erichsen, Jura 1997, 85, 86 f. Generell zu Schutzpflichten des Staates Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG7, Vor Art. 1 Rdn. 6 ff., 10; Klein, NJW 1989, 1633 ff.

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ein Haftungsausschluss zulässig. Im Übrigen könne der Einzelne Eigenvorsorge betreiben und genieße die Vorteile der Einlagensicherung, so dass er nicht schutzlos dastehe. Der Gesetzgeber habe mit der Bankenaufsicht ein Kontrollorgan geschaffen, das seinen Aufgaben offensichtlich im Allgemeinen gerecht geworden sei. Bei dem letzten Argument unterliegt das Gericht einem Zirkelschluss, denn die Kläger begehren gerade Schadensersatz mit der Behauptung, das damalige BAKred habe seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt. Mit dem Abstellen auf die Freiwilligkeit der übernommenen Aufgabe geht das Gericht offenbar von der Prämisse aus, dass der Staat nicht zum aktiven Schutz des Eigentums verpflichtet sei. Entgegen der Ansicht des OLG Köln sind aber auch im Bereich von Art. 14 GG grundrechtliche Schutzpflichten anerkannt130. Solche Schutzpflichten können sich nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts entweder aus einem ausdrücklichen Auftrag des Grundgesetzes oder im Wege der Verfassungsinterpretation aus der in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltenen Grundentscheidung ergeben131. So ist beispielsweise anerkannt, dass der Staat aus Art. 14 GG verpflichtet wird, eine Privatrechtsordnung zur Verfügung zu stellen, für den strafrechtlichen Schutz des Eigentums sowie für angemessene Verfahren der Rechtsdurchsetzung zu sorgen132. Gerade der Erlass des Kreditwesengesetzes und die europäische Bankrechtsharmonisierung werden – wie im historischen Teil nachgewiesen wurde – mit der Erwägung einer unbedingten Notwendigkeit der Beaufsichtigung des Bankwesens auch zum Schutze der Anleger begründet. Unser hochkomplexes Wirtschaftsgeschehen ist zwingend auf die Mitwirkung von Banken angewiesen, so dass der Einzelne ohne Bankverbindung in der heutigen Zeit nicht mehr auskommt133. Ein Großteil des Eigentums besteht heute in Kontoguthaben. Die zunehmende Privatisierung der Alterversorgung führt dazu, dass weite Bevölkerungskreise auf Finanzintermediäre angewiesen sind, um ___________ 130 BVerfG, NJW 1998, 3264 ff. (Waldsterben). Dazu Murswiek, JuS 1999, 406 ff. sowie die abl. Anm. v. Hippel, NJW 1998, 3254 f. 131 BVerfG, NJW 1998, 3264, 3265 (Waldsterben). 132 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 14 Rdn. 96 m. w. N. 133 Dies wird in der nicht immer sachlich geführten Diskussion um einen Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos bisweilen bestritten. Da es jedoch viele Leistungen (Gewährung von Arbeitslosengeld, Steuerrückerstattungen etc.) gibt, die nur noch unbar abgewickelt werden, ist faktisch jedermann zur Errichtung einer Kontoverbindung gezwungen. Auf diese Diskussion kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, vgl. stattdessen Grünklee, Kontrahierungszwang für Girokonten, sowie die zustimmende Besprechung von Rohe, WM 2001, 1311 f.

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Vorsorge für ihr Alter treffen zu können und ein langfristiges Sparverhalten zu ermöglichen. Nur der Staat ist durch die Beschränkung der Zulassung von Banken auf solide Institute in der Lage, das System insgesamt zu schützen und ein Marktversagen zu verhindern. Der einzelne Bürger kann die Bonität der Institute nicht ausreichend prüfen. Kleinanleger sind zudem nicht der Lage, ihre Mittel ausreichend zu diversifizieren, um sich selbst zu schützen. Bei langfristigen vertraglichen Bindungen (etwa zur Altersvorsorge) ist es zudem schwierig, die künftige Entwicklung der Bonität des Instituts vorauszusehen. Der Zusammenbruch des Bankensystems hätte massive Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftssystem und damit auch auf die grundrechtlich geschützte Eigentumsordnung. Indirekt betroffen wäre auch das Eigentum einer Vielzahl von Kunden, also individuelle Rechtspositionen. Daher besteht in jedem Fall die objektive Notwendigkeit, zum Schutze des Eigentums der Bevölkerung das Bankwesen zu beaufsichtigen und vor einem Zusammenbruch zu schützen. Die grundrechtliche Schutzpflicht ist in erster Linie eine objektivrechtliche Staatsaufgabe. Wie der Gesetzgeber seiner Pflicht durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen nachkommt, hängt von vielen wirtschaftlichen, politischen und haushaltsrechtlichen Gegebenheiten sowie voBestehen möglicher Gefahren und deren Ausmaß ab, so dass sich staatliche Maßnahmen einer richterlicher Überprüfung im Allgemeinen entziehen134. Der Bürger hat daher nur ein Recht auf sachgerechte Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens. Die grundrechtliche Schutzpflicht ist in erster Linie eine objektivrechtliche Staatsaufgabe. Nicht jeder Schutzpflicht entspricht ein subjektives Recht des Bürgers auf Durchsetzung individueller Rechtspositionen135. Allein aus der Betroffenheit Einzelner lässt sich noch keine aktive Schutzpflicht des Staates ableiten. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ___________ 134 So jetzt auch BGH, WM 2005, 369, 374. 135 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, § 111 Rdn. 184 f.; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 14 Rdn. 97 m. w. N. Ob aus einer objektiven Schutzpflicht auch ein subjektives Recht des Einzelnen auf Schutz folgt, ist streitig, wird aber von einigen Autoren prinzipiell bejaht, da nur dann der grundrechtliche Schutz auch eingefordert und damit durchgesetzt werden könne, vgl. die ausführliche Begründung bei Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2327; Klein, NJW 1989, 1633, 1636 f.; Erichsen, Jura 1997, 85, 88 f., jeweils m. w. N. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Einzelne den Erlass eines bestimmten Gesetzes einfordert, was auf Seiten des Gesetzgebers eine Ermessensreduzierung auf Null voraussetzt, oder nur den grundrechtskonformen Vollzug eines bereits vorhandenen grundrechtskonkretisierenden Gesetzes. Bei Letzterem besteht ein subjektives Recht auf behördliche Erfüllung der gesetzlich niedergelegten, grundrechtskonkretisierenden Schutzpflichten, vgl. Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 496 f.

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werde sich nur unter ganz besonderen Umständen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers so verengen, dass er allein durch eine bestimmte Maßnahme seiner objektiven Schutzpflicht Genüge tun könne136. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Verpflichtung, Grundrechte in privatrechtlichen Beziehungen zu schützen137. Anhaltspunkte dafür, dass in der vorliegenden Konstellation die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf eine bestimmte Maßnahme reduziert ist, sind nicht ersichtlich. Er kann eine Versicherungslösung oder eine Aufsichtslösung oder eine Kombination aus beidem wählen. Die Beaufsichtigung einerseits und die Anlegerentschädigung und Einlagensicherung andererseits sind Teil dieses staatlichen Schutzes138. Im Grundsatz kommt der Gesetzgeber damit seiner Schutzpflicht aus Art. 14 GG nach. In diesem Schutz klafft jedoch eine sehr große und damit empfindliche Lücke. Solange der Staat die eigene Haftung selbst für grobe Fehler der Exekutive bei der Beaufsichtigung ausschließt und gleichzeitig die gesetzliche Einlagensicherung nur auf einen kleinen Teil des Vermögens der Bürger erstreckt (20.000 Euro), genügt er seiner Schutzpflicht nicht ausreichend. Ein Unterlassen der Aufsicht kann existenzvernichtende Folgen für breite Bevölkerungskreise haben, etwa wenn eine Bankensparte zusammenbricht, wie in Falle der US-amerikanischen Savings & Loans Associations. Dies anerkennt auch der Gesetzgeber, wie §§ 6 Abs. 2, 47 Abs. 1 KWG zeigen, wonach die Aufsicht Missständen auch deshalb entgegenzuwirken hat, um erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft abzuwenden. Wenn man dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zugesteht, muss der Gestaltungsspielraum jedoch so ausgenutzt werden, dass das gefundene Ergebnis der objektiven Schutzpflicht genügt. Dies wiederum setzt voraus, dass die gesetzgeberische Entscheidung in sich schlüssig ist. Im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG wird der Aspekt der Systemgerechtigkeit bzw. Folgerichtigkeit diskutiert139. Als schwierig erweist sich dabei die Klärung der Frage, wann die Grenze von einem bloßen Kodifikationsmangel hin zur Verfassungswidrigkeit überschritten ist140. Denn nicht jede schlechte Kodifizierung wird die Vorausset___________ 136 BVerfG, NJW 1998, 3264, 3265 (Waldsterben). 137 Klein, NJW 1989, 1633, 1640. 138 BGH, WM 2005, 369, 375. Im Ergebnis wohl auch Habscheid, BB 1988, 2328, 2333 f. 139 Dieser Aspekt spielt im Übrigen auch bei der Rechtfertigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag durch Gründe des zwingenden Allgemeininteresses eine Rolle, vgl. Kieninger, Mobiliarsicherheiten, S. 179 m. w. N. 140 Paul Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, § 124 Rdn. 231 ff.

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zungen erfüllen, bei denen ein Verstoß gegen die grundrechtlich gebotene Schutzpflicht vorliegt. Ob man diesen im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Gedanken auf andere grundrechtliche Schutzpflichten übertragen kann, soll hier dahinstehen. Denn die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Folgerichtigkeit kann nur darin bestehen, dem Gesetzgeber eine Pflicht zum Handeln aufzuerlegen, um den vorhandenen Gestaltungsspielraum in verfassungsgemäßer Weise auszufüllen. Keinesfalls kann man aber feststellen, dass der Ausschluss der Haftung in § 4 Abs. 4 FinDAG deshalb schon verfassungswidrig ist, denn erst die Kombination aus Haftungsauschluss und zu niedriger Einlagensicherung führt zu einer Verletzung der Schutzpflicht. Greift man isoliert den Haftungsausschluss heraus und hält ihn für verfassungswidrig, trifft man mit einer solchen Feststellung im Kern eine Entscheidung, die eigentlich dem Gesetzgeber zusteht. Dieser muss entscheiden, ob er dem Bürger einen Anspruch aus Amtshaftung zubilligt oder die Entschädigungshöchstsummen bei der Einlagensicherung erhöht. Im Ergebnis kann man daher nur festhalten, dass der Staat seine Haftung für Fehler der Aufsicht nur ausschließen darf, wenn er der Branche einen ausreichenden Versicherungsschutz vorschreibt und so verhindert, dass eigene Fehler mittelbar zu einer Vernichtung des Eigentums breiter Bevölkerungskreise führen. Der Bundesgerichtshof hat jüngst das an dieser Stelle auch relevante Sozialstaatspinzip lediglich mit einem Nebensatz als nicht tangiert eingeordnet141. Die Einlagensicherung basiert auf der Idee, dass der Anleger über den Umfang der Einlagensicherung aufgeklärt wird (vgl. § 23a KWG)142. Er ist nur bis zu einer Höchstsumme von 20.000 Euro geschützt, da er bei einem größeren Vermögen ausreichend diversifizieren kann. Zudem ist er in der Lage, seine Einlagen ggf. zu einem anderen Institut zu transferieren. Diese der Einlagensicherung zugrunde liegenden Vorstellungen passen jedoch nicht auf Altervorsorgesparpläne, deren Laufzeit zumeist sehr lang ist und die deshalb weder eine Umschichtung noch eine Diversifizierung erlauben143. Weil die Altersversorgung zunehmend in private Hände gelegt wird und weil sie gerade für Kleinsparer von existentieller Bedeutung ist, müsste der Gesetzgeber die insoweit bestehende Schutzlücke schließen. Der jetzige Zustand einer zu niedrigen Einlagensicherung für Kleinsparer und eines Haftungsausschlusses für Fehler der Aufsicht stellt daher einen Verstoß gegen die Schutzpflicht des Staates aus Art. 14 GG dar. ___________ 141 BGH, WM 2005, 369, 375. 142 Dies betont der BGH, WM 2005, 369, 375, der deshalb keine Schutzlücke sieht. 143 Sie sind zudem nicht durch den Sicherungsfonds nach den §§ 124 ff. VAG gesichert.

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Der Bundesgerichtshof144 und das OLG Köln als Vorinstanz blenden zudem den Umstand aus, dass die der Aufsichtsbehörde zugewiesene Aufgabe auch Teil der Eingriffsverwaltung ist145 und deshalb auch die Abwehrfunktion der Grundrechte betroffen sein kann. Maßnahmen der Aufsicht können sich dahingehend auswirken, dass eine an sich überlebensfähige Bank durch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Insolvenz getrieben wird und Einleger dadurch Teile ihres Vermögens einbüßen. Das maßgebliche Verhalten besteht in diesem Fall nicht im Unterlassen der Aufsicht, sondern in einem Eingriff durch aktives Tun. Dieser staatliche Eingriff in das Unternehmen wiederum setzt sich als mittelbar-faktischer Eingriff in die Grundrechte der Einleger fort146. In diesem Fall wäre die Abwehrfunktion des Grundrechts betroffen147, auf die weder der Bundesgerichtshof noch das OLG Köln eingehen. Wann mittelbar-faktische Beeinträchtigungen die Grenze einer bloß reflexartigen Betroffenheit überschreiten und zu einem echten Grundrechtseingriff werden, ist immer eine Frage des Einzelfalls und die hierüber geführte Diskussion muss an dieser Stelle offen bleiben. Unterstellt man, dass aufgrund der Schwere einer Maßnahme ein solcher Eingriff beim Einleger vorliegt, steht diesem das jeweilige Grundrecht – hier Art. 14 GG – in seiner Abwehrfunktion grundsätzlich zur Verfügung148. Ist die Maßnahme der BaFin unter Würdigung aller Gesichtspunkte rechtswidrig und hat die Bundesanstalt den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten, kann sich eine Maßnahme der Aufsicht durchaus als Eingriff in Grundrechte des Einlegers darstellen. Eine Korrektur von Fehlern der Aufsicht ist aus tatsächlichen Gründen zumeist nicht möglich, da die betroffene Bank spätestens mit Publikwerden eines „Skandals“ irreparabel ge___________ 144 BGH, WM 2005, 369, 374 f. 145 Dass diese Erkenntnis nicht neu ist, belegt die Arbeit von Habscheid, Staatshaftung, S. 131, die vom OLG Köln zwar zitiert, aber offenbar nicht gelesen wurde. 146 Zu den faktischen Grundrechtseingriffen etwa BVerwGE 87, 37, 43 f.; Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen; Roth, Faktische Eingriffe; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 490 f.; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Krebs, in: v. Münch, GG5, Art. 19 Rdn. 60. 147 Byrde, in: v. Münch, GG5, Art. 14 Rdn. 40 m. w. N.; Wendt, in: Sachs, GG3, Art. 14 Rdn. 52, 121; Wieland, in: Dreier, GG2, Art. 14 Rdn. 85. 148 Zur Diskussion, wann eine drittschützende Regelung des einfachen Rechts, zu der sicherlich auch das Aufsichtsrecht des KWG zu zählen ist, zugleich als zulässige Eigentumsbindung eingestuft werden kann, Wendt, in: Sachs, GG3, Art. 14 Rdn. 53 m. w. N. Das Aufsichtsrecht richtet sich jedoch nur an die Ausübung der Tätigkeit der Institute und konkretisiert daher allenfalls das Eigentum der Bank(-aktionäre), keinesfalls aber die Einlagen der Kunden. Bei diesen liegt keine Inhaltsbestimmung des Eigentums vor.

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schädigt sein dürfte149. Folglich sind die Werte des Einlegers verloren, soweit sie nicht von der staatlichen oder freiwilligen Einlagensicherung gedeckt sind. Eine rechtswidrige Maßnahme staatlichen Handelns kann in einem solchen Fall nur über einen Amtshaftungsanspruch kompensiert werden. Ein völliger Ausschluss der staatlichen Haftung für solche Schäden führt zu einem Leerlauf des Grundrechts aus Art. 14 GG. Der Wortlaut von § 4 Abs. 4 FinDAG differenziert gerade nicht danach, welcher Art die Eingriffe oder Schäden sind und ob dem Betroffenen eine anderweitige Regressmöglichkeit eröffnet ist. Zumindest wenn man seinem weiten Wortlaut folgt, stellt sich dieser Haftungsausschluss als unverhältnismäßig dar. Denn der Ausschluss würde selbst in einem Fall gelten, in dem sich ein unseriöses Institut die Zulassung im Wege der Bestechung verschafft und später massenhaft Ein-/Anleger schädigt. Der vom Gesetzgeber intendierte Schutz des Ermessensspielraums der Aufsichtsbehörden wäre in einem solchen Beispiel nicht im Entferntesten berührt und dennoch scheint dieser Fall von § 4 Abs. 4 FinDAG erfasst. Wenn die Abwehrfunktion des Grundrechts betroffen ist, muss der einzelne Anleger die Möglichkeit erhalten, sich gegen ein ihn beeinträchtigendes, rechtswidriges staatliches Handeln zu wehren und ggf. Ersatz zu fordern. Ein Verweis auf die Einlagensicherung ist nicht ausreichend, da diese die Rechtsposition des Anlegers nur teilweise schützt. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass der in § 4 Abs. 4 FinDAG angeordnete Haftungsausschluss eng auszulegen ist und keineswegs Fälle erfasst, in denen die Aufsicht durch rechtswidriges Tun unmittelbar oder mittelbar-faktisch Einleger schädigt. Genausowenig, wie § 4 Abs. 4 FinDAG die Rechte der beaufsichtigten Institute gegen Eingriffe der BaFin schmälern soll, kann die Norm Rechte der Einleger ausschließen, soweit die BaFin in deren Rechtsstellung eingreift. Die Wirkung des Haftungsausschlusses beschränkt sich damit auf den Fall des Unterlassens einer ordnungsgemäßen Aufsicht. e) Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG Der Ausschluss einer Haftung des Staates für Schäden, die die BaFin in Ausübung ihrer Aufsicht über Institute verursacht, wird zum Teil als Ver___________ 149 Als Beispiel für die Wirkung der Veröffentlichung von (vermeintlich) skandalträchtigen Tatsachen sei die Mody Bank genannt, die aufgrund der von Focus ausgelösten Spekulationen über die Solvenz des Instituts schließen musste, da der so ausgelöste Run die zuvor solvente Bank ruinierte, vgl. LG Hamburg, WM 1998, 497 ff.; OLGR Hamburg 2003, 170 ff.

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stoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG eingeordnet150. Diese Norm setzt aber das Bestehen subjektiver Rechte voraus und begründet keine solchen. § 4 Abs. 4 FinDAG wirkt sich rein materiell-rechtlich aus und beschneidet nicht den Rechtsweg. Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG kann in dieser Regelung daher nicht gesehen werden151. f) Verstoß gegen Art. 34 GG (1) Drittbezogenheit Die gesetzlich angeordnete Definition der Amtspflichten der BaFin als „nichtdrittschützend“ könnte gegen Art. 34 GG verstoßen. Die Vorschrift leitet die Haftung einzelner Beamter auf den Staat über, knüpft also an § 839 BGB an. Aus diesem Grund hält ein Teil des Schrifttums es für zulässig, dass der einfache Gesetzgeber die Amtspflichten der Beamten als nicht drittbezogen definiert. Dies habe zur Folge, dass § 839 BGB und damit Art. 34 GG keine Anwendung finden152. Ob dieser Weg generell zulässig ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn Art. 34 GG garantiert keinesfalls, dass jede Amtspflicht drittbezogen ist. Wenn eine Amtspflicht ihrem Inhalte nach eindeutig drittschützend ist, kann der Gesetzgeber nicht über eine „Umdefinition“ dafür sorgen, dass die Amtshaftung diesbezüglich abgeschafft wird. Dies würde im Extremfall zu einem Leerlauf von Art. 34 GG führen. Einen drittschützenden Charakter von Amtspflichten wird man insbesondere annehmen müssen, wenn dem Einzelnen Rechtspositionen verliehen und Antragsrechte eingeräumt werden. Derartige subjektive Rechte sieht das Bankaufsichtsrecht für Bankkunden gerade nicht vor. Der Bundesgerichtshof hatte in den beiden Urteilen „Wetterstein“ und „Herstatt“ begründet, warum er die Vorschriften zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute ihrem Inhalte nach für drittschützend hielt. Zu bedenken ist allerdings, dass das Kreditwesengesetz in seiner damaligen Fassung keine Aussage zum Schutzbereich enthielt. Der Bundesgerichtshof hat daher in einem neueren Urteil festgestellt, dass er die damalige Recht___________ 150 Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 67. 151 Ebenso OLG Köln, ZIP 2001, 645, 647; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 487 f. (zu § 81 Abs. 1 VAG); Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Habscheid, Staatshaftung, S. 148 ff. 152 Cremer, JuS 2001, 643, 649; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG7, Art. 34 Rdn. 13; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 486 (zu § 81 Abs. 1 VAG); Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Tönnies, Staatshaftung, S. 60; Steinberg/Lubberger, Aufopferung, Enteignung und Staatshaftung, S. 299 (die aber auf die sich aus Grundrechten ergebenden Grenzen hinweisen); wohl auch Wieland, in: Dreier, GG2, Art. 34 Rdn. 34.

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sprechung nicht aufrechterhalte, da der Gesetzgeber inzwischen die Schutzrichtung des Kreditwesengesetzes festgelegt habe153. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Grundsätzlich ist der Gesetzgeber, wie auch die Ausführungen zu Art. 14 GG gezeigt haben, in der Ausgestaltung des Wirtschaftsaufsichtsrechts frei. Wenn der Anleger sich selbst schützen und seine Rechte gegen Institute auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen kann, ist der Gesetzgeber nicht gehalten, dem Einzelnen eine Behörde zur Seite stellen, die seine Rechte wahrnimmt und durchsetzt. Zu Recht weist der Bundesgerichtshof 154 darauf hin, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, angesichts der Komplexität der Bankenaufsicht und der Vielzahl der Geschäftsvorfälle eine behördliche Durchsetzung individueller Ansprüche nicht vorzusehen, nachvollziehbar sei. Lehnt man die Drittbezogenenheit der Amtspflichten ab, ist der Tatbestand des Art. 34 GG von vornherein nicht einschlägig. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung scheidet demnach aus. (2) Formenmissbrauch Ein Teil des Schrifttums sieht in dem Vorgehen des Gesetzgebers einen Formenmissbrauch und ordnet § 4 Abs. 4 FinDAG deshalb als Verstoß gegen Art. 34 GG ein155. Ziel der Einführung des damaligen § 6 Abs. 3 KWG und heutigen § 4 Abs. 4 FinDAG sei nicht die Definition der Amtspflichten selbst gewesen, sondern ein vollständiger Haftungsausschluss für Ansprüche der durch eine fehlerhafte Aufsicht geschädigten Anleger156. Beleg hierfür ist die Gesetzesbegründung: „In erster Linie soll durch die gesetzübergreifende Neuregelung ausgeschlossen werden, dass einzelne Personen … Schadensersatzansprüche gegen den Staat erheben können“157. Die gesetzlich vorgesehene Tätigkeit der Aufsichtsbehörde und der materielle Inhalt der Amtspflichten veränderten sich durch die Maßnahme des Gesetzgebers in keiner Weise; der vorgeschriebene Umfang der Prüfungen und die aufzuwendende Sorgfalt waren vor und nach der Gesetzesänderung gleich. Der Gesetzgeber wollte im Weg des Sondergesetzes allein die Rechtsprechung ___________ 153 BGH, WM 2005, 369, 373. 154 BGH, WM 2005, 369, 374. 155 Habscheid, Staatshaftung, S. 127 ff.; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 669 ff.; Nüßgens, FS Gelzer, S. 293, 300; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 63 f.; Papier, in: Münch. Komm. BGB4, § 839 Rdn. 251; wohl auch v. Danwitz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 34 Rdn. 79 Fn. 303. 156 Nüßgens, FS Gelzer, S. 293, 299 f.; Nicolaysen, Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 669 f.; Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 34 Rdn. 190; Tönnies, Staatshaftung, S. 52 f. 157 Begründung zu § 6 Abs. 3 KWG a. F. im RegE. BT-Drucks. 10/1441, S. 20.

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in Sachen „Wetterstein“ und „Herstatt“ umkehren und die eigene Haftung, also die an Amtspflichten geknüpften Folgen, ausschließen. Ein derartiger Ausschluss der Haftung bei fehlerhafter Aufsicht müsse sich an Art. 34 GG messen lassen. Die herrschende Meinung leitet aus dem Wortlaut („grundsätzlich“) ab, dass die Vorschrift unter einem Gesetzesvorbehalt steht. Der einfache Gesetzgeber kann die in Art. 34 GG angeordnete Haftung des Staates für Fehlverhalten seiner Beamten, die das Bundesverfassungsgericht als Mindestgarantie versteht158, danach nur in Ausnahmefällen ausschließen, wenn überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls bestehen, die einen solchen Haftungsausschluss rechtfertigen, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wird159. Solche Gründe glaubt das Schrifttum durchaus zu erkennen, indem es auf das Funktionieren der Wirtschaftsaufsicht als gleichwertiges Gut verweist160. Durch die drohende Amtshaftung würde die Wirtschaftsaufsicht zu einer so intensiven Kontrolle gezwungen, dass die Kreditwirtschaft gelähmt werde. Diese Argumentation erweist sich jedoch als wenig überzeugend. Mit ihr könnte man jede Staatshaftung ablehnen, da auch andere Behörden durch die Sanktionsdrohung zu einer kontraproduktiven Überreaktion veranlasst werden können. Will man das Funktionieren der Marktkräfte der Branche einerseits und die Arbeit der Aufsichtsbehörden andererseits nicht durch übermäßige Haftungsdrohungen beeinflussen, würde es ausreichen, der BaFin bei der Bewältigung ihrer Aufgaben einen weiten Ermessensspielraum zuzugestehen161. Insoweit drängt sich die Parallele zur Haftung der Leitungsorgane von Aktiengesellschaften auf. Auch hier räumt man den Vorständen und Aufsichtsräten einen weiten Beurteilungsspielraum bei wirtschaftlichen Entscheidungen ein und bejaht damit eine Haftung nur in Fällen von grobem Fehlverhalten. Der Aufsicht muss daher zugestanden werden, dass sie einen weiten Spielraum bei der Beurteilung der Frage hat, ob es zur Rettung der Einlagen von Kunden sinnvoller ist, ein angeschlagenes Institut sofort zu schließen und so potentielle Kunden zu schützen, oder ob man im Interesse der schon vorhandenen Kunden dem Institut Gelegenheit zu einer Sanierung ___________ 158 BVerfGE 61, 149, 199. 159 BGHZ 25, 231, 237; 62, 372, 376 ff.; 99, 62, 64; Byrde, in: v. Münch, GG5, Art. 34 Rdn. 33; Papier, in: Münch. Komm. BGB4, § 839 Rdn. 251; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 96 f.; Richter, Ausschluß der Staatshaftung, S. 141 ff.; Bonk, in: Sachs, GG3, Art. 34 Rdn. 88 jeweils m. w. N. Das BVerfG (E 61, 149, 199) hat die Frage, wann ein Haftungsausschluss zulässig ist, nicht angesprochen, sondern nur festgestellt, dass die Mindestgarantie nicht unterschritten werden dürfe. 160 Statt vieler etwa Fülbier, in: Boos u. a., KWG1, § 6 Rdn. 73; a. A. Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 66. 161 Im Ansatz ebenso Püttner, JZ 1982, 47, 48.

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gibt mit dem Risiko, dass diese scheitern kann und dann auch Neukunden Verluste erleiden. Haftungsrechtliche Sanktionsdrohungen dürfen nicht zum alleinigen Instrument der Steuerung der Wirtschaft werden. Dass die Kreditwirtschaft dem Standpunkt des Gesetzgebers so bedenkenlos folgt, ist nur allzu verständlich, da man eine härtere Gangart der Aufsicht befürchtet. Die Aufsichtsbehörde jedoch muss nach Gesetz und Recht handeln. Würde die Befürchtung der Kreditwirtschaft nach einer Verschärfung der Aufsicht zutreffen, wäre dies zugleich ein Beleg dafür, dass die Aufsichtsbehörden ihre gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse derzeit nicht ordnungsgemäß ausüben. Ein solcher Zustand aber verdient keinen Bestandsschutz. Ein weiterer Umstand stimmt in diesem Zusammenhang nachdenklich: Die Mitglieder des freiwilligen Einlagensicherungsfonds werden nach den Richtlinien des verbandseigenen Prüferverbands geprüft, der wesentlich strengere Maßstäbe anzulegen scheint als die staatliche Aufsicht, da es immer wieder Kreditinstitute gibt, die zwar eine Zulassung von der BaFin erhalten, denen aber die Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds versagt wird. Über diese strengen Kriterien und Prüfungen beklagt sich – soweit ersichtlich – kein Vertreter der Kreditwirtschaft, da die durch den Einlagensicherungsfonds gebotenen Vorteile überwiegen. Die Strenge einer Prüfung allein scheint also nicht das ausschlaggebende Moment zu sein. Im Übrigen ist bei dem Einwand, dem Staat werde ein unkalkulierbares Risiko zugewiesen, zu bedenken, dass der Staat dem Einzelnen nicht sämtliche Risiken aus der Rechtsbeziehung zum Institut abnehmen, sondern nur für eigene Fehler einstehen soll. Auch die beste Aufsicht kann selbstverständlich einen Zusammenbruch eines Instituts nicht verhindern. Dies kann daher auch nicht ihre Aufgabe sein. Vielmehr soll sie lediglich die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs verringern, indem sie die Einhaltung der gesetzlichen Zulassungsbedingungen in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger wird von ihr verlangt. Dass der Aufsicht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum zugestanden werden muss, wurde im Übrigen auch vom Bundesgerichtshof in seinen beiden Urteilen zur Amtshaftung der Bankaufsicht anerkannt. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die staatliche Aufsicht den grundsätzlichen Vorrang der unternehmerischen Entscheidung zu beachten habe und ihre Aufgabe im Wesentlichen in der Aufdeckung und Bekämpfung von Missständen bei einzelnen Kreditinstituten, aus denen sich Gefahren für die anvertrauten Werte ergeben, bestehe162. Zudem stellte er fest, dass der Aufsicht vom Gesetz nur eine begrenzte Kontrolldichte eingeräumt sei, so dass ein umfassender ___________ 162 BGHZ 75, 120, 123 (Herstatt).

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Schutz und eine Garantie der Sicherheit aller Einlagen nicht vorgesehen seien163. Eine Haftung komme daher nur in Betracht, wenn ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliege164. Um dies beurteilen zu können, legte der Bundesgerichtshof eine ex-ante-Betrachtung zugrunde und stellte darauf ab, was aus der Sicht eines mit den Verhältnissen vertrauten und sachverständigen Dritten geboten gewesen wäre165. Vor diesem Hintergrund überzeugt der pauschale Hinweis, eine Haftung für Fehler der Wirtschaftsaufsicht schränke indirekt die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Institute ein, nicht. Als Ansatz zur Rechtfertigung des § 4 Abs. 4 FinDAG wird vom Gesetzgeber, der Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums auch die Einlagensicherung bemüht166. Gerade weil der einzelne Anleger von der gesetzlichen Einlagensicherung und dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds der Kreditwirtschaft alle Schäden ersetzt erhalte, sei § 4 Abs. 4 FinDAG gerechtfertigt. Dieses Argument ist nicht überzeugend. Es trifft nur auf solche Ein___________ 163 BGHZ 74, 144, 151 (Wetterstein). 164 BGHZ 75, 120, 124 (Herstatt). Hier setzt die Kritik von Püttner, JZ 1982, 47, 48, an, der dem BGH leichtfertigen Umgang mit der Ermessensreduzierung auf Null vorwirft. Das damalige BAKred nahm im Verfahren Herstatt trotz erwiesener Widersprüche zwischen den Angaben der Geschäftsleitung, dem letzten Jahresabschluss und den Daten für das Geschäftsjahr 1974 keine eigene Prüfung des Instituts vor, sondern beschränkte sich darauf, Weisungen hinsichtlich der Prüfung des letzten Jahresabschlusses zu geben. Es ging damit nicht um die Frage einer Ermessensreduzierung auf Null, sondern darum, dass die Behörde trotz umfassender Kenntnisse neuer Risiken untätig blieb und sich auf die Klärung vergangener Sachverhalte beschränkte. Im Übrigen kann eine unterstellte fehlerhafte Prüfung der Ermessensreduzierung auf Null durch den BGH kein Argument für einen völligen Haftungsausschluss durch den Gesetzgeber sein, sondern nur für eine Änderung der Rechtsprechung oder eine Präzisierung der gesetzlichen Vorschriften. 165 Beck/Samm, KWG, § 6 Rdn. 87, weisen darauf hin, dass eine solche Betrachtung oft schwierig ist, weil sich während eines Rechtsstreits unbewusst auch Argumente aus der Ex-post-Betrachtung in die Beurteilung einschleichen. 166 BT-Drucks. 10/1441, S. 20, und OLG Köln, ZIP 2001, 645, 649; Fülbier, in: Boos u. a., KWG1, § 6 Rdn. 73. Geradezu kurios ist in diesem Zusammenhang die Begründung des LG Bonn, ZIP 1999, 959 ff. Es hatte die Frage zu entscheiden, ob einem Einleger ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik wegen verspäteter Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie und wegen Amtshaftung zustehe. Das Gericht bejahte den ersten Anspruch und verneinte den weitergehenden zweiten Anspruch unter Hinweis auf § 6 Abs. 4 KWG a. F., den es für verfassungskonform hielt. Seine Ansicht stützte es vor allem auf die Gesetzesmaterialien, ohne diese offensichtlich gelesen zu haben. Denn die Materialien verweisen den einzelnen Anleger auf die Einlagensicherung. Deren Fehlen hatte das Gericht aber gerade bemängelt.

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leger zu, deren Institut durch die Institutssicherung geschützt oder einem freiwilligen Einlagensicherungsfonds mit hoher Deckung angeschlossen ist. Nicht überzeugen kann es aber, wenn der Einleger nur auf den geringen Schutz der gesetzlichen Einlagensicherung angewiesen ist. Da die gesetzliche Einlagensicherung auf 20.000 Euro begrenzt und zudem ein Selbstbehalt von 10 % vorgesehen ist (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EsAeG), können selbst Kleinanleger Verluste erleiden. Gerade sie sind auch zu einer angemessenen Eigenvorsorge nicht in der Lage, da sie über keine ausreichenden Mittel verfügen, um diese zu diversifizieren. Der Hinweis auf die Einlagensicherung versagt zudem in all denjenigen Fällen, in denen bestimmte Typen von Einlagen (vgl. § 3 Abs. 2 EsAeG) nicht erfasst werden. So sind insbesondere Schuldverschreibungen und die Einlagen anderer Kreditinstitute nicht geschützt. Ein staatliches Fehlverhalten bei einem Kreditinstitut kann damit eine Kettenreaktion auslösen und andere Kreditinstitute und deren Einleger schädigen, wenn die Mittel der Einlagensicherungseinrichtungen nicht ausreichen, um alle Insolvenzen abzudecken. Solange also die gesetzliche Einlagensicherung derartige Lücken aufweist, stellt sie auch keine Rechtfertigung für den gesetzlich angeordneten Haftungsausschluss dar. Im Zusammenhang mit Art. 14 GG war im Gegenteil gerade festgestellt worden, dass der Staat seiner Schutzpflicht hier nicht ausreichend nachkommt. Lässt man sich entgegen der hier vertretenen Ansicht auf den Argumentationsgang vom Formenmissbrauch ein, kann man als Fazit festhalten, dass die Argumente zur Rechtfertigung des Haftungsausschlusses nicht überzeugend sind und die Kritik an § 4 Abs. 4 FinDAG daher insoweit berechtigt ist. g) Zwischenfazit Die im Schrifttum vertretene Ansicht, dass der Haftungsausschluss für Fehler der Aufsichtsbehörden verfassungswidrig sei, ist zu undifferenziert. Die Regelung in § 4 Abs. 4 FinDAG verstößt nur in Kombination mit einer zu niedrig bemessenen Einlagensicherung gegen Art. 14 GG, da die aus diesem Grundrecht folgende Schutzpflicht verletzt wird. Den übrigen Bedenken im Schrifttum kann durch eine enge Auslegung des § 4 Abs. 4 FinDAG Rechnung getragen werden. – Die der Aufsicht unterstehenden Institute können sich gegen unrechtmäßige Maßnahmen der BaFin zur Wehr setzen167; sie sind unstreitig von § 4 Abs. 4 FinDAG nicht erfasst.

___________ 167 S. o. S. 955 Fn. 101.

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– Gleiches muss dann aber auch für sonstige Personen gelten, die durch rechtswidrige Eingriffe der BaFin in ihren Rechten verletzt werden. Schädigt die BaFin Anleger durch eine gesetzlich nicht gebotene, unverhältnismäßig strenge Aufsicht, greift § 4 Abs. 4 FinDAG nicht ein und der Anleger kann einen Amtshaftungsanspruch geltend machen. Andernfalls wäre er mittelbar-faktischen Eingriffen schutzlos ausgeliefert. – Letztlich behält § 4 Abs. 4 FinDAG damit nur Bedeutung für den Fall einer Anlegerschädigung durch eine unzureichende, zu lasche Aufsicht. Die eigentlich mit der Norm verfolgte Zielsetzung, den Staat von allen Ansprüchen geschädigter Anleger freizustellen, lässt sich also nicht erreichen. Dieses Ziel kann der Staat nur dadurch erreichen, dass er die Bedingungen der gesetzlichen Einlagensicherung so deutlich verbessert, dass typische Schäden abgedeckt und auch die zur Altersvorsorge getätigten langfristigen Anlagen wirksam geschützt sind. Geschädigte Anleger kann er dann auf die Ersatzleistungen der Entschädigungseinrichtungen verweisen und muss keine Amtshaftung befürchten, da die Einlagensicherung auch den Fall erfasst, dass der Staat die Insolvenz verursacht hat. Der jetzige Rechtszustand verursacht dagegen unbefriedigende Ergebnisse. Zum einen bringt er die Notwendigkeit mit sich, die Fallgruppe der unverhältnismäßig strengen Aufsicht durch aktives Tun von der zu laschen Aufsicht in Form des Unterlassens abzugrenzen. Die Erfahrung lehrt, dass häufig eine Kumulation von Fehlern Schäden verursacht, so dass es durchaus sein kann, dass bei einer Bankinsolvenz eine zunächst zu lasche Aufsicht durch ein Übermaß an Aufsicht kompensiert wird. Nicht nur bei der Kumulation von Fehlern treten Schwierigkeiten auf; Tun und Unterlassen sind an sich schon nicht leicht abzugrenzen. Zum anderen werden falsche Anreize gesetzt. Eine Aufsicht, die nur dann nicht haftet, wenn sie nachlässig ist, dagegen eine Haftung befürchten muss, wenn sie an der oberen Grenze zulässigen Handelns operiert, wird tendeziell eher weniger genau arbeiten. Jenseits der dogmatischen Argumente für und gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 4 FinDAG stellt sich die stets virulente rechtspolitische Frage, inwieweit kollektive Schäden mit den Mitteln des Deliktsrechts bewältigt werden können oder ob sie über eine Versicherung sozialisiert werden müssen. Der Gesetzgeber hätte gut daran getan, diese Frage im Zusammenhang mit der Schaffung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes neu zu überdenken und in die Regelung einzubeziehen. Die jetzige Regelung, die (m. E. vergeblich) versucht, mittelbar-faktische Grundrechtsbeeinträchtigungen „wegzudefinieren“ und damit Art. 14 GG in seiner Abwehrfunktion berührt, stellt eine unangemessene und insbesondere eine 975

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verfassungswidrige Lösung dar. Stattdessen bietet sich eine Regelung an, in der geschädigte Anleger vorrangig auf die gesetzliche Einlagensicherung verwiesen werden, die dann jedoch auf einen Umfang erweitert werden muss, der nicht nur – wie derzeit – einen Mindestschaden abdeckt, sondern der die typischerweise entstehenden Schäden der Einleger deckt. h) Europarechtswidrigkeit des Haftungsausschlusses Hält man den § 4 Abs. 4 FinDAG nicht schon von Verfassungs wegen für nichtig, stellt sich die Frage der Europarechtskonformität dieses Haftungsausschlusses168. Wenn die mit dem Bank- und Wertpapieraufsichtsrecht umgesetzten Richtlinien das Ziel des Schutzes auch der Anleger verfolgen und damit einen Drittschutz vorsehen, würde ein Ausschluss der Drittbegünstigung im nationalen Recht gerade keine richtlinienkonforme Umsetzung darstellen. Aufgrund der deshalb von den Klägern geäußerten Bedenken befasste sich auch das OLG Köln mit der Frage der Europarechtswidrigkeit des Ausschlusses der Amtshaftung. Seine Ausführungen zur Gemeinschaftskonformität sind allerdings lückenhaft. Das OLG anerkennt, dass der nationale Gesetzgeber seine Befugnisse überschreitet, wenn er drittschützende gemeinschaftsrechtliche Regelungen umsetzt, diese aber für nicht drittschützend erklärt169. Das Gericht prüfte jedoch nicht, ob die dem KWG mittlerweile zugrunde liegende Bankenrichtlinie 2000/12/EG vom 20.3.2000, die frühere Richtlinien klarstellend zusammenfasst, individualschützend ist. Ihre Erwägungsgründe170 Nrn. 5, 8, 30 und 65 enthalten die Aussage, dass mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie auch der Schutz der Anleger bezweckt werde. Auch die WDRL enthält Passagen, die den Schutz der Anleger regeln171. Dieser Befund ist gerade vor dem Hintergrund bedeutend, dass das Europarecht nicht von der strengen deutschen Schutznormtheorie ausgeht, sondern an das Vorliegen subjektiver Rechte deutlich niedrigere

___________ 168 Bejaht von EuGH, WM 2005, 365, 369 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland); OLG Köln, ZIP 2001, 645, 649 f.; Cremer, JuS 2001, 643, 649; a. A. Geibel, in: Schäfer, WpHG, § 4 Rdn. 27; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2328 f.; Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 505 ff. (zu § 81 Abs. 1 VAG). 169 OLG Köln, ZIP 2001, 645, 649. 170 Zur Bedeutung der Erwägungsgründe für die Auslegung der Richtlinie Schenke, FS Lorenz, 1994, S. 473, 508 m. w. N. 171 Einzelheiten bei Geibel, in: Schäfer, WpHG, § 4 Rdn. 27. S. a. Sethe, EWiR 2001, 961, 962.

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Anforderungen stellt172, die nach den Formulierungen der genannten Erwägungsgründe erfüllt sind. Der Bundesgerichtshof hat deshalb dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die ESRL und die übrigen bankaufsichtsrechtlichen Richtlinien anlegerschützende Wirkung entfalten173. Der EuGH hat betont, dass die Richtlinien den Schutz des Einzelnen erwähnen. Ihr Ziel sei jedoch in erster Linie die Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Aus der ESRL und den Richtlinien zur Harmonisierung des Bankaufsichtsrechts (1. BKRL, 2. BKRL, EigenmittelRL) ergebe sich kein Auftrag an die Gesetzgeber der Mitgliedstaaten, eine Haftung für Fehler der Aufsichtsbehörden vorzusehen. Auch sei eine Koordinierung der Haftung für Fehler der Aufsicht europarechtlich nicht geboten174. Im Ergebnis unterteilt der EuGH den Anlegerschutz damit in den Schutz der Anleger als Gesamtheit und den Schutz des individuellen Anlegers. Letzterer sei durch die Richtlinien nicht vorgeschrieben. Außerdem betonte der EuGH, dass der Erwägungsgrund Nr. 24 der ESRL vorsehe, dass ein Staat nicht haftbar gemacht werden könne, wenn er eine nach der ESRL ausreichende Einlagensicherung vorsehe175. Damit verstößt die Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG nicht gegen diejenigen EG-Richtlinien, die reines Bankaufsichtsrecht regeln. Unbeantwortet ließ der EuGH die nicht entscheidungserhebliche Frage, ob Deutschland mit dieser Vorschrift gegen die anlegerschützenden Bestimmungen der WDRL verstößt176. Diese sind durchaus so formuliert, dass sie dem Schutz indivuidueller Anleger dienen. Aus diesem Grunde dürfte die Frage der Europarechtskonformität des § 4 Abs. 4 FinDAG noch nicht abschließend geklärt sein. In Großbritannien stellte sich nach dem Zusammenbruch der BCCI177 die vergleichbare Problematik, ob sec. 1 (4) des Banking Act 1987 europarechtskonform sei. Der Court of Appeal (Civil Division) urteilte, dass dem einzelnen Kunden keine individuellen Rechte aus der 1. BKRL zustünden und sich daher die Frage der Wirksamkeit des Ausschlusses einer Haftung ___________ 172 S. o. S. 945 Text bei Fn. 63. 173 BGH, WM 2002, 1266. 174 EuGH, WM 2005, 365, 369 Rdn. 38 ff. (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 175 EuGH, WM 2005, 365, 369 Rdn. 3, 45 (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 176 EuGH, WM 2005, 365, 367 Rdn. 23 (unter lit. b, 3. Spiegelstrich) (Peter Paul u. a. ./. Bundesrepublik Deutschland). 177 Long (ed.), Banking scandals – The S & LS and BCCI, 1993; Truell/Gurwin, BCCI – The Inside Story of the World’s Most Corrupt Financial Empire, 1992.

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der Aufsichtsbehörde gar nicht stelle178. Auch das House of Lords179 lehnte eine Haftung wegen einer Verletzung von EG-Recht ab180; eine Vorlage an den EuGH wurde unter Hinweis auf die acte-clair-doctrine verneint. Die übrigen haftungsrechtlichen Fragen sind noch nicht abschließend geklärt.

4. Gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch für administratives und judikatives Unrecht Ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch ist nicht nur für Fälle legislativen Unrechts, sondern auch für solche des administrativen Unrechts anerkannt, bei denen der Verwaltungsvollzug zu Verstößen gegen das Europarecht führt181. Die Schadensersatz auslösende Handlung wird in der Verletzung einer Kollisionsregel gesehen, wonach die nationale Verwaltung verpflichtet sei, unmittelbar wirkende Normen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden und zwar auch dann, wenn diese dem nationalen Recht entgegenstehen182. In der Rechtssache „Brasserie du pêcheur“ hat der Europäische Gerichtshof seine Ausführungen gleichermaßen auf Ansprüche wegen normativen wie administrativen Unrechts bezogen183 und dabei festgestellt, dass das im deutschen Recht bekannte Kriterium der Drittbezogenheit der Amtspflicht nicht anzuwenden sei184. Die Voraussetzungen des Staatshaftungs___________ 178 Three Rivers District Council and others v. Governor and Company of the Bank of England (No 3), The Times 10.12.1998. 179 Three Rivers District Council and others v. Governor and Company of the Bank of England (No 3), [2000] 2 WLR 1220 (House of Lords) = [2000] 3 CMLR 205; [2001] UKHL 16 (House of Lords); dazu Andenas, Liability for Supervisors and Depositors’ Rights: The BCCI and the Bank of England, Comp. Law 2001, 22(8), 226 ff.; Andenas/Fairgrieve, Misfeasance In Public Office, Governmental Liability, and European Influences, ICLQ 2002, 51.3., 757 ff.; Blyth/Cavalli, The Liability of the Financial Services Authority after Three Rivers, JIFM 2001, 3(5), 199 ff.; Brent, Civil Liability for Regulatory Failure: the case of the Bank of England and the collapse of BCCI, Bus. L.I. 2002, 269 ff.; Dharmananda/Dzakpasu, Central Bank Liability to Depositors: Three Rivers may not open Floodgates, JIBL 2002, 41 ff. 180 Kritisch zu der Art und Weise, in der dies geschah, Andenas/Fairgrieve, Misfeasance In Public Office, Governmental Liability, And European Influences, ICLQ 2002, 51.3., 757 ff. 181 EuGH, Slg. 1996, I-2553 Rdn. 23 ff. (Hedley Lomas); Slg. 1998, I-1531 Rdn. 109 (Norbrook); ZIP 2000, 1215 Rdn. 25 ff., 37 (Haim II). Einzelheiten bei Beljin, Staatshaftung, S. 15 ff.; Böhm, JZ 1997, 53, 55 ff.; Jarass, NJW 1994, 881, 884 ff.; Hidien, Staatshaftung, S. 34; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 511 f. m. w. N.; Zenner, Die Haftung der EG-Mitgliedstaaten, S. 140 ff. 182 Nettesheim, DÖV 1992, 999, 1003; Böhm, JZ 1997, 53, 55. 183 EuGH, Slg. 1996, I-1029 Rdn. 32, 37 ff. (Brasserie du pêcheur). 184 Ebenso Hidien, Staatshaftung, S. 69.

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Gesetzeskonformes Verhalten der Aufsichtsbehörden

anspruchs für administratives Unrecht entsprechen daher den oben185 genannten für normatives Unrecht186. Insbesondere ist auch hier kein Verschulden erforderlich187. Es genügt ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß, der dann vorliegt, wenn die Verwaltung des Mitgliedstaats die Grenzen eines ihr ggf. eingeräumten Ermessens offenkundig und erheblich überschritten hat188. Dies ist etwa der Fall, wenn der Ermessensspielraum des Mitgliedstaats auf Null reduziert ist189. Auch wenn die allgemeinen Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Fällen von legislativem und administrativem Unrecht im Allgemeinen gleich zu sein scheinen und der EuGH damit von einem einheitlichen Haftungstatbestand ausgeht, wirken sich die Tatbestandsvoraussetzungen in beiden Haftungskonstellationen doch unterschiedlich aus. Das Schrifttum geht davon aus, dass die Verwaltung für die fehlerhafte Anwendung einer EG-Verordnung bereits nach nationalem Haftungsrecht einstehen müsse190. Der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch für administratives Unrecht kommt daher vor allem dann in Betracht, wenn eine nationale Behörde ein deutsches Gesetz anwendet, das in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht. Denn das Gemeinschaftsrecht verdrängt widersprechendes nationales Recht, das deshalb nicht mehr angewandt werden darf. Da eine Behörde nicht jede Kollision von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht erkennen kann, dürfte ein hinreichend qualifizierter Verstoß nur dann vorliegen, wenn die Kollision evident war191. Die Frage, ob einer Behörde nach nationalem Recht eine Prüfungs- und Verwerfungskompetenz zusteht, dürfte allein verfassungsrechtlich relevant sein, würde aber sicherlich vom EuGH nicht als Einwand gegen einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch akzeptiert werden192. ___________ 185 S. o. S. 934 ff. 186 Zur Problematik einer Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der Exekutive und ggf. einer Pflicht zur Verwerfung von nationalem Recht, das gegen Europarecht verstößt, vgl. Böhm, JZ 1997, 53, 55 f.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 512 f. m. w. N. 187 Nettesheim, DÖV 1992, 999, 1003; Henrichs, Haftung, S. 112 ff. Das Verschulden kann aber im Rahmen der Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, berücksichtigt werden, EuGH, ZIP 2000, 1215 Rdn. 43 (Haim II). 188 EuGH, ZIP 2000, 1215 Rdn. 38 (Haim II). Die Offenkundigkeits- und Erheblichkeitsschwelle soll verhindern, dass eine Kompetenzausübung durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden kann, vgl. EuGH, Slg. 1996, I-1631 Rdn. 40 (British Telecom). 189 EuGH, Slg. 1996, I-4845 Rdn. 25 (Dillenkofer); Slg. 1998, I-1531 Rdn. 109 (Norbrook); ZIP 2000, 1215 Rdn. 38 (Haim II). 190 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 511 f. 191 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 513. 192 Ebenso Hidien, Staatshaftung, S. 34; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht5, S. 513.

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Sicherstellung einer angemessenen Wirtschaftsaufsicht

Schränkt das nationale Haftungsrecht den gemeinschaftsrechtlichen Anspruch unverhältnismäßig bzw. diskriminierend ein, so sind diese Bestimmungen unanwendbar193. Abschließend sei erwähnt, dass der EuGH auch einen Staatshaftungsanspruch für durch letztinstanzliche Gerichte begangenes Unrecht bejaht. Der Anspruch gelte für jeden Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht unabhängig davon, welches mitgliedstaatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß begangen hat194.

III. Fazit Die Frage, ob die Anleger eine angemessene Wirtschaftsaufsicht erzwingen können, ist derzeit sehr virulent. Ansprüche auf weiteres gesetzgeberisches Einschreiten wird man aus nationalem Verfassungsrecht schwerlich ableiten können. Denn der Gesetzgeber ist nicht untätig geblieben, sondern hat ein System der Beaufsichtigung der wichtigsten Finanzintermediäre geschaffen. Ansprüche auf eine darüber hinausgehende Verfeinerung dieses Systems oder Ausweitung auf den Grauen Kapitalmarkt kann man wegen des weiten gesetzgeberischen Ermessens derzeit nicht begründen. Wesentlich besser gestellt ist der Anleger bei der nicht rechtzeitigen oder fehlerhaften Umsetzung von EG-Richtlinien. Dies beruht auf dem Umstand, dass das EG-Recht bei der Umsetzung von Richtlinien einen konkreten Handlungsauftrag an den Mitgliedstaat vorsieht und sich damit vom nationalen Verfassungsrecht unterscheidet, das grundrechtliche Schutzpflichten, aus denen sich ein Anspruch auf ein bestimmtes gesetzgeberisches Einschreiten ergibt, nur in Ausnahmefällen annimmt. Der Anlegerschutz durch Haftungsrecht ist ebenfalls Gegenstand juristischer Kontroversen. Die derzeitige Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG erweist sich als zu weitreichend, da sie auch Fälle erfasst, in denen individuelle Anleger durch staatliche Eingriffe geschädigt werden. Außerdem führt die Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG zu den geschilderten Verwerfungen bei der Beaufsichtigung von Instituten. Ein völliger Haftungsausschluss ist daher nur verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn die gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung auf ein angemessenes Maß ausgebaut wird. ___________ 193 EuGH, ZIP 2000, 1215 Rdn. 33 (Haim II); Nettesheim, DÖV 1992, 999, 1004; Henrichs, Haftung, S. 192. 194 EuGH, NJW 2003, 3539 ff. (Köbler).

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Kapitel 13 Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils I. Ziel der Aufsicht über Institute – Dem Aufsichtsrecht über Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute kommt die Aufgabe zu, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts zu fördern und zu erhalten sowie den Schutz individueller Anleger sicherzustellen. Dies geschieht, indem Organisation, Eigenkapital und Liquidität der Institute ebenso überwacht werden wie ihr Verhalten am Markt und gegenüber ihren Kunden. Dieser Schutz kann nicht lückenlos sein, da ein Übermaß an Kontrolle zu einer Lähmung der Institute führen würde. Es ist daher konsequent, eine Einlagensicherung und Anlegerentschädigung für den Fall der Insolvenz eines Instituts vorzuschreiben. – In seiner individualschützenden Komponente hat das Aufsichtsrecht zugleich die Aufgabe, eine gestörte Vertragsparität zu kompensieren. Dies zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes. Aufgrund von Informationsvorsprüngen und überlegenem Fachwissen sind Institute in der Lage, bei Kundengeschäften eigene Interessen zu verfolgen, ohne dass dem Kunden die Möglichkeit zum Selbstschutz oder zu einer effektiven Kontrolle zur Verfügung stünde. Zu Recht werden deshalb bestimmte Verhaltensweisen aufsichtsrechtlich untersagt, nachdem Missstände weder durch den Wettbewerb am Markt noch durch individuelle Vereinbarungen behoben wurden bzw. überhaupt behoben werden können. In diesen individualschützenden Bereichen sind die aufsichtsrechtlichen Regelungen zugleich Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. – Dem Aufsichtsrecht kommt die Funktion zu, Mindeststandards zu setzen. Es lässt zwar die Parteiautonomie unberührt, wird sich aber faktisch stets durchsetzen, da die Institute nicht Gefahr laufen wollen, ihre Zulassung zu verlieren, weil sie mit Kunden Vereinbarungen treffen, die aufsichtsrechtlich beanstandet würden. Auch wenn das Aufsichtsrecht keine Kontrolle über die Vertragsinhalte von Vermögensverwaltungsverträgen vorschreibt, kommt ihm damit eine indirekte Kontrollwirkung zu; es trägt daher zu einer Senkung des Konditionenrisikos der Vermögensverwaltungskunden bei. Da die Vermögensverwalter nahezu ausschließlich allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, ist deren Angemessenheit nach den §§ 305 ff. BGB zu kontrollieren. Das Konditionenrisiko des Kunden wird damit zu einem kleinen Teil aufsichtsrechtlich erfasst, im 981

Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

Übrigen aber den Kontrollmechanismen des Vertragsrechts überantwortet. Diese Aufteilung gewährleistet interessengerechte Ergebnisse und hat sich bewährt.

II. Die einschlägigen EG-Richtlinien und ihre Umsetzung – Angesichts der fortschreitenden Entwicklung der Medien und Kommunikationsmittel sind Finanzdienstleister weniger ortsgebunden als früher. Daher reichen oft geringe Standortnachteile aus, um die räumliche Verlagerung eines Markts zu bewirken. Diese enorme Flexibilität ist Teil der zunehmenden Globalisierung, die nicht nur die Produkte betrifft, sondern auch die Standorte. Die Bank- und Kapitalmarktaufsicht steht damit vor dem Dilemma, einerseits für stabile Märkte sorgen und andererseits ähnlich günstige Rahmenbedingungen bieten zu müssen wie ausländische Märkte. Eine internationale Abstimmung und Mindestharmonisierung erweist sich vor diesem Hintergrund als unbedingt notwendig, um Standortnachteile zu vermeiden. – Der europäische „Regelungsdrang“ ist nicht nur Konsequenz, sondern gleichzeitig auch Motor der Internationalisierung, da die EU sich aktiv in dem Prozess der internationalen Angleichung der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen engagiert. – Die Regulierung der Wertpapierdienstleistungen erfolgte in Deutschland erst spät. Dies war durch den Umstand bedingt, dass hier das Universalbankensystem dominierte und deshalb kaum Unternehmen existierten, die nur Wertpapierdienstleistungen erbrachten. Auch auf europäischer Ebene wurde die Harmonisierung des Bank- und Kapitalmarktrechts zunächst im Hinblick auf Kreditinstitute vorangetrieben, und erst geraume Zeit später nahm man die Regulierung der Wertpapierdienstleister in Angriff. – Heute findet sich eine Zweiteilung der Richtlinien, die nicht an den angebotenen Leistungen ausgerichtet ist (Bankgeschäfte einerseits und Wertpapierdienstleistungen andererseits). Dieser Ansatz ist an die angloamerikanische Unterscheidung zwischen „Commercial Banking“ und „Investment Banking“ angelehnt. Im Ergebnis fördern die Richtlinien aber gleichwohl das Universalbankensystem, da sie diesen Banken beide Arten von Geschäften nebeneinander erlauben und ihnen damit die tatsächlichen Vorteile dieses Systems sichern. – Der zweigeteilte Regulierungsansatz unterliegt aber auch Bedenken. Er bringt zahlreiche Brüche mit sich, die Rechtsunsicherheit verursachen 982

Die aufsichtsrechtliche Erfassung

und deshalb der Korrektur bedürfen. Dies zeigt sich insbesondere im Bereich der Vermögensverwaltung sowie im Bereich der Einlagensicherungs- und der Anlegerentschädigungsrichtlinie. – Die Vielzahl und Komplexität der EG-Richtlinien, die die von Kreditund Finanzdienstleistungsinstituten erbrachte Finanzportfolioverwaltung regeln, verursachen eine große Unübersichtlichkeit. Diese hat auf die nationalen Aufsichtsgesetze „durchgeschlagen“ und wird von der betroffenen Branche zu Recht kritisiert. Um eine reibungslose Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorschriften sicherzustellen und zugleich die mit komplexen Regelungen einhergehenden hohen Kosten für die Informationsbeschaffung zu senken, bedarf es einer Konsolidierung der Vorschriften. – Der aufsichtsrechtliche Anlegerschutz im Bereich der Finanzportfolioverwaltung wurde durch die Pflicht zur Umsetzung der WDRL befördert. Es ist wahrscheinlich, dass ohne die dem deutschen Gesetzgeber auferlegte Pflicht zur Richtlinienumsetzung der Anlegerschutz weiterhin allein durch die Rechtsprechung der Zivilgerichte vermittelt worden wäre, die nur eine punktuelle und zudem lediglich ex post wirkende Kontrolle vornehmen können. Die Einführung einer flächendeckenden und präventiven Beaufsichtigung erweist sich demgegenüber als wirksamer. – Mit der Umsetzung der WDRL ging auch ein Wechsel im Regelungskonzept des deutschen Aufsichtsrechts einher. Indem der Gesetzgeber einerseits Finanzdienstleistungsinstitute in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes aufnahm und andererseits die Erbringung bestimmter Tätigkeiten durch Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einer Aufsicht im Wertpapierhandelsgesetz unterstellte, verfolgt er nunmehr einen funktionalen Regelungsansatz. Er nimmt damit vom rein institutionellen Regelungskonzept des Kreditwesengesetzes Abschied, das bis 1998 die Beaufsichtigung allein an die Kreditinstitutseigenschaft angeknüpft hatte. Das neue Aufsichtskonzept ist allerdings noch nicht durchgängig verwirklicht, da nur die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen einer zweigleisigen Aufsicht unterliegt, während die Erbringung der meisten Bankgeschäfte keinen aufsichtsrechtlichen Verhaltenspflichten unterworfen wird.

III. Die aufsichtsrechtliche Erfassung der Vermögensverwaltung – Die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten unterfällt in ihrer Ausprägung als Treuhandverwaltung dem Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts und ist damit ein Bankgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 983

Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

Nr. 4 KWG). Darüber hinaus kann der Tatbestand des Depotgeschäfts verwirklicht werden, wenn der Vermögensverwalter die Finanzinstrumente seiner Kunden selbst verwahrt. Die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten in Form des Vertretermodels ist demgegenüber als Finanzportfolioverwaltung und damit als Finanzdienstleistung erfasst (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG). Der Finanzportfolioverwalter darf Wertpapiere nur zur unverzüglichen Weiterleitung an ein depotführendes Kreditinstitut entgegennehmen (§ 34a Abs. 2 WpHG), da er ansonsten den Tatbestand des Depotgeschäfts verwirklicht, für die er eine Zulassung als Kreditinstitut benötigt. – Der Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung (§§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG) ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass er nur Vermögensverwaltungen erfasst, die auf vertraglicher und nicht auf gesetzlicher Grundlage beruhen. – Die richtlinienkonforme Auslegung ergibt weiterhin, dass die Finanzportfolioverwaltung eine „individuelle“ sein muss. Dieses Tatbestandsmerkmal dient der Abgrenzung zum Investmentgeschäft. Als Finanzportfolioverwaltung gelten daher folgende drei Formen der Vermögensverwaltung: die individuelle Vermögensverwaltung, die standardisierte Vermögensverwaltung und das Fondspicking. – Die Verwaltung muss „für andere“ erfolgen, also ein wirtschaftlich fremdes Vermögen betreffen. Diesem Tatbestandsmerkmal kommt eine entscheidende Funktion bei der Abgrenzung der Investmentclubs von der Finanzportfolioverwaltung zu, was bislang von der Aufsichtsbehörde und dem Schrifttum übersehen wurde. – Der Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung liegt nur vor, wenn das Ziel der Verwaltung die Kapitalanlage ist. – Für Vermögensverwalter enthält das deutsche Recht teilweise strengere Regelungen als die WDRL, da es die Vermögensverwaltung in Form des Treuhandmodells als Bankgeschäft einordnet und diese Vermögensverwalter damit den für Kreditinstitute geltenden aufsichtsrechtlichen Regelungen unterwirft. Zudem geht der Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes deshalb über die von der WDRL geforderten Standards hinaus, weil der Begriff der Finanzinstrumente auf Devisenkassageschäfte sowie Edelmetall- und Warentermingeschäfte ausgedehnt wurde. Da die Zahl der Missstände beim Vertrieb solcher Produkte in den letzten Jahren stark zugenommen hat, ist diese Ausdehnung sinnvoll. Sie erscheint vor dem Hintergrund des Ziels einer möglichst weitgehenden Einbeziehung des Grauen Kapitalmarkts in die Aufsicht nur konsequent. 984

Angemessenheit des Anlegerschutzes

– Die Abweichung des nationalen Rechts von den Vorgaben der Richtlinie im Bereich der Vermögensverwaltung bringt eine weitere Besonderheit mit sich. Der in der WDRL erwähnten Kategorie der Finanzportfolioverwalter, denen die Befugnis zusteht, sich Besitz oder Eigentum an den Wertpapieren ihrer Kunden zu verschaffen, kommt im deutschen Recht nur eine geringe praktische Bedeutung zu. Denn solche Verwalter sind in den allermeisten Fällen automatisch Kreditinstitute, weil sie das Depotgeschäft betreiben. – Die Einführung der Aufsicht hat zu einer Professionalisierung in der Branche der Vermögensverwalter geführt. Die stärkere Regulierung und der erhöhte Aufwand zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten ist ein Faktor, der den derzeit zu beobachtenden Konzentrationsprozess unter den Vermögensverwaltern noch verstärkt hat, da es kleineren Instituten schwer fällt, die neuen Anforderungen zu erfüllen. – Die Regelungen zur Verhütung von Geldwäsche erlauben eine ausreichende Überwachung, um sicherzustellen, dass Vermögensverwalter ihre Zulassung nicht dazu missbrauchen, Gelder zu waschen. Da die Institute ihrerseits einer aufsichtsrechtlichen Kontrolle unterliegen und die Jahresabschlussprüfer auch die Einhaltung des Geldwäschegesetzes überwachen (§ 29 Abs. 2 Satz 1 KWG), lässt sich die Vermögensverwaltung nicht mehr so leicht zur Verschiebung kriminell erlangter Vermögenswerte einsetzen. Sicherlich kann die beste Kontrolle keinen hundertprozentigen Schutz bieten, doch ist der erreichte Stand insgesamt positiv zu bewerten.

IV. Angemessenheit des Anlegerschutzes im Recht der Vermögensverwaltung 1. Institutionelle Aufsicht – Mit den an den konkreten Risiken ausgerichteten Kapitalanforderungen bei der erstmaligen Zulassung von Instituten trägt der Gesetzgeber der eingangs erhobenen Forderung nach ausreichendem Individualschutz einerseits und angemessenem Funktionenschutz andererseits ausreichend Rechnung. Zu Letzterem gehört nämlich gerade auch eine gesetzgeberische Zurückhaltung, um eine Überregulierung der betroffenen Branche zu vermeiden. Während das Substanzerhaltungsrisiko vom Gesetzgeber ausreichend berücksichtigt wird, gilt dies nicht für das Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko, das im Falle einer Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags mit anschließender Insolvenz des Instituts besteht. 985

Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

– Die aufsichtsrechtlichen Normen für den laufenden Geschäftsbetrieb eines Vermögensverwalters berücksichtigen das Substanzerhaltungsrisiko angemessen. Als lückenhaft erweist sich aber auch hier der Schutz vor Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken. Die Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse für Schadensersatzansprüche muss ausreichend bemessen sein, um zu verhindern, dass die Ansprüche gegen unsorgfältige Vermögensverwalter ins Leere laufen und der Kunde sein Vermögen oder Teile davon einbüßt. Zur Sicherung solcher Ansprüche bieten sich zwei Wege an. Entweder muss die Eigenkapitalausstattung von Vermögensverwaltern auch am Umfang des verwalteten Vermögens ausgerichtet werden oder aber der Vermögensverwalter muss zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gezwungen sein, deren Bedingungen im Falle der Insolvenz des Vermögensverwalters eine direkte Auszahlung an den Kunden vorsehen. Die Gemeinkostenregelung des § 10 Abs. 9 KWG erweist sich bei Finanzportfolioverwaltern als nicht ausreichend, um die Schutzlücke zu schließen. Hinzu kommt, dass auch die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungseinrichtungen Schäden aus unsorgfältiger Vermögensverwaltung nicht abdecken. – Die in der WDRL vorgesehene Option eines Verzichts auf das VierAugen-Prinzip bei bestimmten Wertpapierfirmen erscheint fragwürdig. Die als Voraussetzung dieses Verzichts vorgesehene Gleichwertigkeit des Schutzes ließ die Option als gerade noch tragbar erscheinen. Die Umsetzung in das deutsche Recht und der damit erfolgte totale Verzicht auf das Vier-Augen-Prinzip bei kleineren Finanzdienstleistungsinstituten, insbesondere bei Finanzportfolioverwaltern, erfolgte richtlinienwidrig. – Die Regeln über die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung reduzieren die Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken für den Kunden eines Vermögensverwalters erheblich. Sie können indes keinen absoluten Schutz gewährleisten. Sichergestellt werden sollte jedoch, dass die BaFin von einer eklatanten Häufung von Kundenbeschwerden Kenntnis erlangt, um ggf. eine Überprüfung der fachlichen Eignung der Geschäftsleiter einleiten zu können. Derzeit sind Vermögensverwalter in der Lage, Kundenbeschwerden „in den Büchern zu verstecken“. – Die Bedeutung der Vorschriften über die Unzuverlässigkeit der Inhaber bedeutender Beteiligungen und über die Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur ist für vermögensverwaltende Institute groß, da die Branche derzeit national und international einen Konzentrationsprozess erlebt. Soweit ersichtlich, sind sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Beteiligungserwerbs erfasst, und das Kreditwesengesetz enthält angemesse-

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Angemessenheit des Anlegerschutzes

ne Regeln der Beaufsichtigung, so dass der gesetzlich vermittelte Anlegerschutz in diesem Bereich als ausreichend erscheint. – Die organisatorischen Vorgaben, die das Kreditwesengesetz enthält und die die Aufsicht zu seiner Ausfüllung erlassen hat, erscheinen ausreichend, um die Abwicklungs- und Verwaltungsrisiken der Vermögensverwaltung angemessen zu erfassen. Die Institute sollten aber generell verpflichtet werden, an die BaFin besonders schwer wiegende Missstände, Verstöße gegen Aufsichtsrecht und Manipulationen durch Mitarbeiter zentral zu erfassen und der BaFin zu melden. – Mit den gesetzlichen Vorgaben für das Outsourcing und dem umfangreichen Rundschreiben der BaFin zu diesem Thema wird ein angemessener Funktionenschutz und individueller Anlegerschutz gewährleistet. Sämtliche der bislang bekannten Gefahren des Outsourcings sind erfasst und werden beaufsichtigt. – Die Regelung der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung ist überwiegend gelungen. Da die Richtlinien die Anzahl der Entschädigungseinrichtungen in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht vorgeben, konnte der Gesetzgeber die Aufspaltung in drei Sondervermögen vornehmen. Diese Aufspaltung erfolgte im Spannungsverhältnis zweier Regelungsziele. Um nur die jeweiligen Risiken einer Bankengruppe zu erfassen und Institute davor zu schützen, branchenfremde Risiken mittragen zu müssen, hätte sich eine weitaus stärkere Ausdifferenzierung angeboten. Um andererseits möglichst finanzstarke Entschädigungseinrichtungen zu schaffen, sollte die Anzahl der Sondervermögen gering und ihr Anteil am Gesamtbeitragsvolumen dadurch größer sein. Die Beschränkung auf nur drei Sondervermögen ist daher als Kompromiss zu verstehen. Dieser führt dazu, dass die weniger finanzkräftigen Wertpapierhandelsbanken und Finanzdienstleister einer Entschädigungseinrichtung angeschlossen sind, während die kapitalstärkeren Universalbanken eigenen Entschädigungseinrichtungen zugeordnet werden. Die dadurch verursachten Verzerrungen bei der Beitragsbemessung sind erheblich. – Das Nebeneinander von gesetzlicher Basissicherung und freiwilliger Anschlussdeckung ist gelungen, zumindest wenn man dem hier vertretenen Ansatz folgt, wonach die Regelung des topping-up in § 13 EsAeG auch die Anschlussdeckung erfasst. Das Beispiel des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. zeigt, dass die gesetzliche Neuregelung sich erfreulich gut in das bisherige System der Einlagensicherung einpasst und der Schutz der Kunden im Ergebnis gleich geblieben ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind zwar durch das 987

Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

Nebeneinander zweier Systeme wesentlich komplexer geworden; da es jedoch nur die Verwaltung der Systeme betrifft, schlägt sich dies bei Kunden und Instituten nicht spürbar nieder. – Da die freiwilligen Einlagensicherungseinrichtungen aufgrund ihrer Machtstellung den Zugang neuer Institute zum Markt kontrollieren können, ist eine kartellrechtliche Überwachung dieser Einrichtungen wichtig. – Die Richtlinien und das deutsche Umsetzungsgesetz sehen eine Ausnahme von der Pflichtzugehörigkeit zu Sicherungseinrichtungen für Institute vor, die der Institutssicherung angehören. Dadurch werden in Staaten, die einen hohen Anteil solcher Institute aufweisen (insbesondere in Deutschland), Wettbewerbsverzerrungen verursacht. Dies gilt es zu korrigieren. – Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz konzentriert sich auf den Schutz der Kleinanleger. Diesem Ziel entspricht es, dass institutionelle Anleger von der gesetzlichen Sicherung und der freiwilligen Anschlussdeckung ausgenommen sind, da sie sich aufgrund ihrer Professionalität selbst schützen können. Der auf Kleinanleger ausgerichtete Schutzumfang von 20.000 Euro erscheint auf den ersten Blick als sehr gering. Angesichts der Fragestellung der vorliegenden Untersuchung, ob der Anlegerschutz für die Vermögensverwaltung von Finanzinstrumenten ausreicht, bedarf es an dieser Stelle keiner umfassenden Erörterung dieser Problematik für alle Anlagearten und Finanzgeschäfte. Vielmehr reicht es aus, die Untersuchung auf die typischen Produkte von Vermögensverwaltern zu beschränken. Bezieht man die Möglichkeit der Anschlussdeckung bei Einlagen ein und berücksichtigt, dass bei Wertpapieren der Schutz des Depotgesetzes greift, erscheint ein Betrag von jeweils 20.000 Euro für Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapierdienstleistungen angemessen, um das Substanzerhaltungsrisiko von Kleinanlegern ausreichend abzudecken. Beträge oberhalb dieser Größenordnung sind groß genug, um eine Diversifizierung zu erlauben. Vermögenswerte lassen sich daher auf verschiedene Institute und Anlagearten streuen, so dass der Anleger sich selbst schützen oder ggf. seinen Vermögensverwalter anweisen kann, die Werte auf verschiedene Institute zu verteilen. Eine solche Streuung bewahrt den Anleger nur dann nicht vor einem Totalverlust, wenn es zu einem Zusammenbruch ganzer Bankensparten kommt, wie bei der Krise der Savings & Loans Associations in den USA geschehen. Hier hilft nur ein Haftungsverbund der verschiedenen Sicherungssysteme, um eine Überforderung eines einzelnen Sicherungssystems aufzufangen. Ein solcher Verbund fehlt in Deutschland. 988

Angemessenheit des Anlegerschutzes

– Die Feststellung, dass der Betrag von 20.000 Euro als solcher für die Vermögensverwaltung im Regelfall als ausreichende Sicherungsobergrenze anzusehen ist, da alternative Sicherungen zur Verfügung stehen und dem Kunden durch die Hinzuziehung des professionellen Vermögensverwalters eine angemessene Möglichkeit des Selbstschutzes offen steht, ist freilich noch nicht abschließend. Die Regelung in § 4 Abs. 4 FinDAG in Kombination mit einer zu niedrigen Einlagensicherung verstößt gegen Art. 14 GG, da die aus diesem Grundrecht folgende objektive Schutzpflicht verletzt wird. Grundsätzlich kann der Gesetzgeber die Anleger auf die Einlagensicherung verweisen, um eine Inanspruchnahme des Staates zu vermeiden und dennoch einen ausreichenden grundrechtlichen Schutz zu gewährleisten. Dann aber müsste er die gesetzlichen Sicherungsgrenzen deutlich anheben, um einen effektiven Schutz des Vermögens breiter Bevölkerungskreise und langfristiger Anlagen für die Altersversorgung sicherzustellen. Im Übrigen ist § 4 Abs. 4 FinDAG eng auszulegen. Die der Aufsicht unterstehenden Institute können sich gegen unrechtmäßige Maßnahmen der BaFin zur Wehr setzen. Die Norm schließt weiterhin keine Ansprüche wegen rechtswidriger Eingriffe der BaFin in Rechte der Anleger aus. – Der in § 4 Abs. 4 FinDAG enthaltene Haftungsausschluss für Fehler der Aufsicht bei der Überwachung von Instituten verstößt nicht gegen diejenigen EG-Richtlinien, die reines Aufsichtsrecht regeln. Unbeantwortet ließ der EuGH die nicht entscheidungserhebliche Frage, ob Deutschland mit dieser Vorschrift gegen die anlegerschützenden Bestimmungen der WDRL verstößt. Diese sind durchaus so formuliert, dass sie dem Schutz indivuidueller Anleger dienen. Aus diesem Grunde dürfte die Frage der Europarechtskonformität des § 4 Abs. 4 FinDAG noch nicht abschließend geklärt sein. – Der von der Basissicherung und der Anschlussdeckung gewährte Schutz umfasst keine Schadensersatzforderungen wegen unsorgfältiger Finanzdienstleistungen. Nur die Kunden von Kreditgenossenschaften und Sparkassen genießen einen solchen Schutz, da die Institute den institutssichernden Einrichtungen angeschlossen sind. Eine Begründung dafür, warum man das Substanzerhaltungsrisiko weitgehend schützt, das Verwaltungs- und Abwicklungsrisiko dagegen bei der Schaffung der gesetzlichen und freiwilligen Sicherungssysteme gar nicht beachtet hat, ist weder in der Gesetzesbegründung noch sonst ersichtlich. – Recht uneinheitlich geregelt ist auch der Schutz des Kunden dahin gehend, Forderungen im Zusammenhang mit der Veruntreuung seines Ver989

Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

mögens durchzusetzen. Das Depotgesetz gewährleistet einen weitreichenden Schutz vor Veruntreuungen. Dieser ist jedoch nicht vollkommen. Werden etwa einem Vermögensverwalter Gelder oder Wertpapiere anvertraut, damit er sie bei einem Kreditinstitut einzahlt (vgl. § 34a WpHG), besteht durchaus Gelegenheit zu Unterschlagungen. Dem Anleger steht in einem solchen Fall ein Schadensersatzanspruch gegen das veruntreuende Institut zu. Da der Anreiz zu Veruntreuungen gerade dann zunimmt, wenn das Institut sich in einer Schieflage befindet, trägt der Kunde ein erhebliches Risiko, seine Schadensersatzforderungen faktisch nicht mehr durchsetzen zu können. Die gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung umfasst derartige Schadensersatzforderungen. Die Anschlussdeckung nimmt Wertpapiergeschäfte dagegen generell aus. Auch hier erscheint der unterschiedliche Schutzumfang problematisch. Wieder sind es nur die Kunden von Kreditgenossenschaften und Sparkassen, die einen umfassenden Schutz genießen, da die Institute den institutssichernden Einrichtungen angeschlossen sind. – Will die EU die Höhe der Sicherung zu einem Faktor im Wettbewerb machen, was sie mit ESRL und AERL zu Recht tut, muss sie auch über eine Angleichung der Sicherungsbedingungen für genossenschaftliche Kreditinstitute und Sparkassen einerseits und die übrigen Institute andererseits nachdenken. Nur die genossenschaftlichen Kreditinstitute und Sparkassen genießen eine Institutssicherung, was ihnen gerade im Bereich der Vermögensverwaltung einen starken Wettbewerbsvorteil verschafft, da auch Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags abgedeckt sind. Weiterhin muss die Kundeninformation (insbesondere für Altkunden) über den Umfang der Sicherung wesentlich verbessert werden, damit der Wettbewerb funktionieren kann. Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, ob zur besseren Information der Kunden die Werbung mit dem Umfang der Sicherung freigegeben werden sollte. Da die Branche sehr vertrauensanfällig ist und schon Gerüchte einen Run auslösen können, erscheint dieser Weg als zu gefährlich. Da das bisherige Werbeverbot von der Branche auch nicht als einengende Schranke empfunden wird, sollte es aufrechterhalten werden, bedarf aber einer richtlinienkonformen Grundlage und der Präzisierung seiner Anforderungen. – Da die Finanzierung der Einlagensicherungssysteme in den Richtlinien offen gelassen wurde, fehlen einheitliche Vorgaben für die Beitragshöhe, so dass es von der Umsetzung abhängt, wie finanzkräftig die Sicherungssysteme in den Mitgliedstaaten ausgestaltet werden. Bricht in einem Land mit schwachem Sicherungssystem eine ganze Bankensparte oder 990

Angemessenheit des Anlegerschutzes

ein sehr großes Institut zusammen, ist der mit den Richtlinien erreichte Anlegerschutz faktisch wertlos. Solange nicht aufsichtsrechtlich sichergestellt wird, dass die Finanzierung der Sicherungssysteme in einem angemessenen Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit von Schäden und zu deren Höhe steht und Mitgliedstaaten nicht über künstlich niedrig gehaltene Beiträge zu den Entschädigungseinrichtungen günstige Wettbewerbsbedingungen für ihre Institute schaffen, klafft also eine empfindliche Lücke im System des Anlegerschutzes und der von den EG-Richtlinien angestrebten Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU. Die Lücke im Anlegerschutz hat der deutsche Gesetzgeber auch nicht durch einen Haftungsverbund zwischen den verschiedenen Sicherungssystemen geschlossen. – Die Umsetzung der beiden EG-Richtlinien zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung in das deutsche Recht erfolgte an zwei Stellen fehlerhaft, da § 11 Abs. 1 EsAeG und § 23 Abs. 1 KWG nicht den Vorgaben der Richtlinien genügen. Der systematisch und sprachlich wenig geglückte § 23a Abs. 1 KWG lässt sich hingegen richtlinienkonform auslegen. Der größeren Rechtssicherheit wegen sollte er aber bei der ohnehin nötigen Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes neu gefasst werden. – Die Ansteckungsgefahr bei Bankenkrisen besteht für das Inland auch im Falle des Zusammenbruchs ausländischer Banken oder der Finanzen ausländischer Staaten. Diese systemischen Risiken können das weltweite Finanzsystem gefährden. In zahlreichen Staaten wird die Einlagensicherung nicht mit einem funktionierenden Bankaufsichtsrecht kombiniert und die Prämien werden nicht risikoadäquat bemessen. Die Einführung einer solchen Einlagensicherung beruhigt zwar die Öffentlichkeit in den jeweiligen Staaten, bewirkt aber langfristig die Gefahr eines moral harzard. Die Banken können das Insolvenzrisiko auf andere abwälzen und sind daher geneigt, eine riskantere Geschäftspolitik einzugehen. In diesem Fall wirkt sich die Einlagensicherung destabilisierend aus. Um dies zu vermeiden, muss mit der Einlagensicherung ein funktionierendes Bankenaufsichtsrecht einhergehen. Die Risikoverursacher müssen die Kosten der Einlagensicherung entsprechend ihrem Risikoanteil tragen und die Sicherung muss professionelle Anleger ausschließen, um eine Externalisierung von Insolvenzrisiken zu verhindern. Um eine unnötige Bürokratisierung zu vermeiden und um die Identifikation der angeschlossenen Institute mit der Einlagensicherung zu erreichen, sollte die betroffene Branche die Entschädigungssysteme selbst verwalten.

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Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Teils

– Betrachtet man die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktivitäten von Banken, erweist sich auch die Tatsache als problematisch, dass außerhalb der EU die Einlagensicherung über Zweigstellen vielfach dem Gastlandprinzip, die Bankenaufsicht über die Bankzentrale und ihre Zweigstellen dagegen dem Heimatlandprinzip folgt. Aufgrund dessen belasten die Kosten einer schlechten Bankenaufsicht nicht nur den Staat, der das Institut beaufsichtigt hat, sondern auch das Gastland. Eine internationale Regulierung der Einlagensicherung sollte daher eine Sicherung aller Zweigstellen durch das Heimatland vorsehen.

2. Markt- und verhaltensbezogene Aufsicht – Da Finanzdienstleistungen und Wertpapierdienstleistungen nahezu deckungsgleich sind, hätte eine einheitliche aufsichtsrechtliche Definition im Kreditwesengesetz Sinn gemacht, an die das Wertpapierhandelsgesetz anknüpft. – Unter den Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes stellt die Interessenwahrungspflicht die Kardinalpflicht dar, deren Verwirklichung die Sorgfalts-, die Erkundigungs- und die Informationspflicht dienen. Auch bestimmte organisatorische Pflichten haben eine die Interessenwahrung flankierende Funktion. – Die Regelung der kundenbezogenen Verhaltenspflichten und der Organisationspflichten erfasst alle typischen Risiken, denen ein Vermögensverwaltungskunde bei dieser Dienstleistung ausgesetzt ist. Der Umfang der aufsichtsrechtlichen Kontrolle wird angesichts der zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in den §§ 31 ff. WpHG maßgeblich von der Praxis der BaFin und damit auch von der geplanten Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung abhängen. – Die Verzahnung von Aufsichtsrecht und Zivilrecht ist gelungen. – Die Einhaltung der Interessenwahrungspflicht kann im Einzelfall aufgrund der derzeit noch üblichen Ausgestaltung von Honorarregelungen gefährdet sein. Die BaFin sollte daher in ihrer Richtlinie zur Vermögensverwaltung Grenzen für die Ausgestaltung der Honorarregelung vorgeben. – Entgegen der bislang herrschenden Ansicht ist der Vermögensverwalter verpflichtet, mit dem Kunden Anlagerichtlinien abzusprechen und diese niederzulegen. 992

Lückenschließung durch Ansprüche gegen den Staat

– Die BaFin sollte im Zuge der geplanten Richtlinie zur Vermögensverwaltung ein generelles Verbot der Rückvergütungen und Bestandspflegeprovisionen an Vermögensverwalter erlassen. – Die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung sollte die Frage, wann genau eine Ad-hoc-Berichtspflicht des Vermögensverwalters ausgelöst wird, regeln. – Auch wenn die Dokumentationspflicht des § 34 WpHG allein aufsichtsrechtlichen Zielen dient, verbessert sie doch die beweisrechtliche Ausgangslage für den Kunden. – § 34a WpHG sollte reformiert werden, da er den Kunden des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nur unzureichend schützt.

V. Schließung von Lücken im Anlegerschutz durch Ansprüche gegen den Staat Lückenschließung durch Ansprüche gegen den Staat – Die Frage, ob die Anleger eine angemessene Wirtschaftsaufsicht erzwingen können, ist derzeit sehr virulent. Ansprüche auf weiteres gesetzgeberisches Einschreiten wird man aus nationalem Verfassungsrecht schwerlich ableiten können. Denn der Gesetzgeber ist nicht untätig geblieben, sondern hat ein System der Beaufsichtigung der wichtigsten Finanzintermediäre geschaffen. Einen Anspruch auf eine darüber hinausgehende Verfeinerung dieses Systems oder auf eine Ausweitung auf den Grauen Kapitalmarkt kann man wegen des weiten gesetzgeberischen Ermessens derzeit nicht begründen. – Wesentlich besser gestellt ist der Anleger bei der nicht rechtzeitigen oder fehlerhaften Umsetzung von EG-Richtlinien. Dies beruht auf dem Umstand, dass das EG-Recht bei der Umsetzung von Richtlinien einen konkreten Handlungsauftrag an den Mitgliedstaat vorsieht und sich damit vom nationalen Verfassungsrecht unterscheidet, das grundrechtliche Schutzpflichten, aus denen sich ein Anspruch auf ein bestimmtes gesetzgeberisches Einschreiten ergibt, nur in Ausnahmefällen annimmt. – Der Anlegerschutz durch Haftungsrecht ist ebenfalls wieder Gegenstand juristischer Kontroversen. Die derzeitige Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG erweist sich als zu weitreichend, da sie auch Fälle erfasst, in denen individuelle Anleger durch staatliche Eingriffe geschädigt werden. Ein völliger Haftungsausschluss ist verfassungsrechtlich aber nur dann gerechtfertigt, wenn die gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung auf ein angemessenes Maß ausgebaut wird. 993

Schluss Kapitel 14 Gesamtergebnis und Ausblick I. Das Bestehen eines ausreichenden Anlegerschutzes Die rechtsgeschichtliche und rechtstatsächliche Betrachtung1 sowie die Untersuchung des Aufsichts- und des Vertragsrechts der Vermögensverwaltung2 ergibt folgenden generellen Befund: – Die Notwendigkeit eines Schutzes der Kunden von Vermögensverwaltern im Hinblick auf Substanzerhaltungsrisiken wurde schon frühzeitig erkannt. Die ergriffenen Maßnahmen zur Bewältigung dieses Risikos haben sich bewährt. – Der Gesetzgeber hat das Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko erst durch das Umsetzungsgesetz von 1997 deutlich verringert; gleichwohl bestehen gerade in diesem Bereich noch erhebliche Schutzlücken. – Das Informationsrisiko ist durch die Rechtsprechung zu den Berichtspflichten des Vermögensverwalters reduziert worden. Die geplante Richtlinie der BaFin zur Vermögensverwaltung sollte die Pflichten des Vermögensverwalters in diesem Bereich klarstellend regeln. – Das Konditionenrisiko wird durch die zivilrechtliche Inhaltskontrolle der AGB ausreichend abgedeckt. Auch hier sollte die BaFin aber klarstellende Hinweise in die Richtlinie zur Vermögensverwaltung aufnehmen. – Das Interessenvertretungsrisiko bei der Vermögensverwaltung unterscheidet sich nicht von dem bei Kapitalanlagen generell bestehenden Interessenvertretungsrisiko und bedarf daher derzeit keiner gesonderten Regelung. Da der Kunde eines Vermögensverwalters sich zumeist gerade deshalb eines Experten bedient, weil er in der Materie unerfahren ist, bleiben Missstände in der Vermögensverwaltung oft unentdeckt oder können vom Vermögensverwalter aufgrund überlegener Sachkenntnis verschleiert werden. Das zivilrechtliche Instrumentarium, insbesondere ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, ist daher allein nicht ausreichend, um die Kunden ange___________ 1 2

Vgl. die Zusammenfassung auf S. 416 ff. Vgl. die Zusammenfassung auf S. 981 ff.

995

Gesamtergebnis und Ausblick

messen zu schützen. Die Notwendigkeit eines komplementären Aufsichtsrechts, das präventiv wirkt und Missstände konsequent bereits im Vorfeld zu verhindern sucht, ist daher offensichtlich. Um die erkannten Schutzlücken zu schließen, reicht es deshalb nicht aus, allein darauf zu vertrauen, dass die Kunden bei Missständen zivilrechtlich gegen ihren Vermögensverwalter vorgehen. Ein Teil der festgestellten Schutzlücken lässt sich ohne weiteres durch eine entsprechend geänderte Verwaltungspraxis der BaFin schließen, da ausreichende gesetzliche Grundlagen im Wertpapierhandelsgesetz bestehen. Ein Teil der diagnostizierten Lücken und Wettbewerbsverzerrungen aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen innerhalb der Mitgliedstaaten der EU bedarf jedoch veränderter gesetzlicher Grundlagen. Die anstehende Umsetzung der MiFID in das deutsche Recht bietet die Chance, die notwendigen Verbesserungen des Anlegerschutzes auch im Bereich der Vermögensverwaltung zu verwirklichen. Die BaFin sollte zudem die angekündigte Richtlinie zur Vermögensverwaltung rasch verabschieden, damit die betroffene Branche Rechtssicherheit erhält.

II. Die Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung Die rechtliche Einordnung der Vermögensverwaltung3 in den aufsichtsrechtlichen Rahmen von Kreditwesengesetz, Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz sowie Wertpapierhandelsgesetz erlaubt – neben den zahlreichen angesprochenen Detailfragen4 – zusammenfassend drei generelle Feststellungen: – Das deutsche Aufsichtsrecht ist sehr komplex und unübersichtlich geworden. Dies beruht zum Teil auf europarechtlichen Vorgaben, zum Teil auf nationalen Eigenheiten. Eine Konsolidierung der gesetzlichen Grundlagen erscheint angebracht. Die mit dem FinDAG im Jahre 2002 vorgenommene Zusammenfassung der Aufsichtsbehörden kann nur ein erster Schritt sein. – Das Treuhandmodell war und ist aufsichtsrechtlich strenger geregelt als das Vertretermodell. – Die Verzahnung von Aufsichtsrecht und Zivilrecht erweist sich als gelungen5. ___________ 3 4 5

Vgl. die Zusammenfassung auf S. 983 ff. Vgl. die Ausführungen auf S. 545 ff., 656 ff., 717 ff. Vgl. die Ausführungen auf S. 747 ff.

996

Modelle der Vermögensverwaltung

III. Die verschiedenen Modelle der Vermögensverwaltung Die rechtsgeschichtliche Untersuchung hat ergeben, dass die verschiedenen Rechtsordnungen zu verschiedenen Zeiten für die Ordnungsaufgabe der Verwaltung fremden Vermögens zumeist zwei Lösungen anboten, nämlich eine treuhänderische Verwaltung und eine Verwaltung in Form der Vertretung6. Die Aufspaltung der Vermögensverwaltung in zwei Modelle lässt sich damit nicht – wie bisweilen unterstellt – monokausal auf das Aufsichtsrecht zurückführen, sondern hat auch andere Ursachen. Das Treuhandmodell ist vom Gesetzgeber im Investmentrecht vorgegeben worden, wobei die Reichweite des Anlegerschutzes gesetzlich festgeschrieben ist. Demgegenüber findet das Treuhandmodell bei der individuellen Vermögensverwaltung in Deutschland kaum Verwendung. Dies beruht auf drei Gründen: – Das Recht der Treuhand bot im Vergleich zum angloamerikanischen Recht keinen gleichwertigen Schutz, da die Rechtsprechung das Aussonderungsrecht nur auf Vermögenswerte bezog, die unmittelbar vom Treugeber an den Treuhänder übereignet wurden. Die Vermögensverwaltung ist jedoch auf Umschichtung der Vermögenswerte angelegt, so dass das Unmittelbarkeitsprinzip eine Verwendung des Treuhandmodells ausschließt. Das Treuhandmodell setzte sich deshalb im Bereich der individuellen Vermögensverwaltung nicht durch. Zwar hat die Rechtsprechung später bei Anderkonten oder Anderdepots auf das Unmittelbarkeitsprinzip verzichtet, doch hat dies die Praxis nicht nachhaltig beeindruckt; das Vertretermodell erweist sich demgegenüber immer noch als wesentlich unkomplizierter. Zudem bietet das Treuhandmodell bei treuwidrigen Verfügungen des Treuhänders immer noch einen wesentlich geringeren Schutz als es Trust und Vertretermodell tun, da die Rechtsprechung die Wirksamkeit treuwidriger Verfügungen an der hohen Meßlatte der §§ 826 BGB, 266 StGB misst. – Das deutsche Aufsichtsrecht unterwirft das Treuhandmodell bis heute strengeren Anforderungen als das Vertretermodell, da es das Treuhandmodell als Bankgeschäft und nicht als Finanzdienstleistung einordnet. – Die Vermögensinhaber scheuen sich, Eigentum aus der Hand zu geben. Diese psychologische Komponente wird von der Praxis als erhebliches Hemmnis einer Verbreitung des Treuhandmodells angesehen. ___________ 6

Vgl. die Zusammenfassung auf S. 419 f.

997

Gesamtergebnis und Ausblick

Für eine weite Verbreitung des Treuhandmodells bei der individuellen Vermögensverwaltung besteht aus Sicht der deutschen Praxis derzeit kein Bedürfnis. Allerdings sind schon heute steuerliche Gestaltungen anzutreffen, in denen sich das Treuhandmodell anbietet, um bei grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungen den Regelungsspielraum auszunutzen, den manche Doppelbesteuerungsabkommen bieten. Mit der gerade stark zunehmenden Internationalisierung des Markts für Vermögensverwaltungen wird das Treuhandmodell auch in Deutschland gelegentlich genutzt werden. In jedem Fall sollte der deutsche Gesetzgeber überlegen, ob es sinnvoll ist, die Einordnung des Treuhandmodells als Bankgeschäft beizubehalten. Denn diese gegenüber den Vorgaben der WDRL verschärfte aufsichtsrechtliche Regelung behindert deutsche Wertpapierfirmen, die grenzüberschreitende Vermögensverwaltungen anbieten wollen, im Vergleich zu ausländischen Anbietern.

998

Urteilsverzeichnis EU (nach Datum geordnet) Gericht Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

EuGH

Urt. vom 21.6.1974

Rs. 2/74

Slg. 1974, 631 (Reyners ./. Belgien)

431

EuGH

Urt. vom 3.12.1974

Rs. 33/74

Slg. 1974, 1299 (Johannes Henricus 431, 458, Maria van Binsbergen ./. Bestuur van 510, 514 de Bedrijfsvereniging voor de Metaalnijverheid)

EuGH

Urt. vom 20.2.1979

Rs. 120/78

Slg. 1979, 649 (Cassis de Dijon bzw. 436 Rewe ./. Bundesmonopolverwaltung)

EuGH

Urt. vom 18.3.1980

Rs. 52/79

Slg. 1980, 833 (Marc J.V.C. Debauve 488 ./. Belgien)

EuGH

Urt. vom 6.5.1980

Rs. 102/79

Slg. 1980, 1473 (Kommission ./. Belgien)

689

EuGH

Urt. vom Rs. 35 und 27.10.1982 36/82

Slg. 1982, 3723 (Morson ./. Niederlande)

488

EuGH

Urt. vom 31.1.1984

Rs. 286/82 und Slg. 1984, 377 (Luisi und Carbone ./. 509 26/83 Ministero del Tesoro)

EuGH

Urt. vom 12.7.1984

Rs. 107/83

Slg. 1984, 2971 (Klopp)

533

EuGH

Urt. vom 28.1.1986

Rs. 270/83

Slg. 1986, 273 (Kommission ./. Frankreich bzw. Körperschaftsteuer)

512

EuGH

Urt. vom 2.12.1986

Rs. 239/85

Slg. 1986, 3645 (Giftmüll bzw. Kommission ./. Belgien)

679

EuGH

Urt. vom 4.12.1986

Rs. 205/84

Slg. 1986, 3755 (Versicherungen bzw. 510 Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland)

EuGH

Urt. vom 26.4.1988

Rs. 352/85

Slg. 1988, 2085 (Bond van Adverteeders ./. Niederländischer Staat)

473

EuGH

Urt. vom 5.10.1988

Rs. 196/87

Slg. 1988, 6159 (Steymann)

510

EuGH

Urt. vom 2.2.1989

Rs. 186/87

Slg. 1989, 195 (Cowan ./. Le Trésor Public)

509

EuGH

Urt. vom 7.3.1990

Rs. C-362/88

Slg. 1990, I-667 (GB-INNO-BM ./. Confédération du commerce Luxembourgeois)

473

999

Urteilsverzeichnis Gericht Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

EuGH

Urt. vom 28.2.1991

Rs. C-131/88

Slg. 1991, I-825 (Kommission ./. Deutschland bzw. Grundwasser)

946

EuGH

Urt. vom 30.5.1991

Rs. C-361/88

Slg. 1991, I-2567 (Kommission ./. Deutschland bzw. TA-Luft oder Schwefeldioxid)

607, 679, 689, 946

EuGH

Urt. vom 30.5.1991

Rs. C-59/89

Slg. 1991, I-2607 (Kommission ./. Deutschland bzw. Blei)

946

EuGH

Urt. vom 25.7.1991

Rs. C-208/90

Slg. 1991, I-4269 (Theresa Emmott ./. 938 Minister for Social Welfare and Attorney General)

EuGH

Urt. vom Rs. C-58/89 17.10.1991

EuGH

Urt. vom verb. Rs C-6/90 Slg. 1991, I-5357 (Francovich, 19.11.1991 und C-9/90 Bonifaci u.a. ./. Italien)

935, 936, 937, 938, 940

EuGH

Urt. vom Rs. C-267/91 24.11.1993 und 268/91

Slg. 1993, I-6097 (Keck und Mithouard)

436, 473

EuGH

Urt. vom Rs. C-292/92 15.12.1993

Slg. 1994, I-6816 (Hünermund ./. Landesapothekerkammer BadenWürttemberg)

436

EuGH

Urt. vom Rs. C-334/92 16.12.1993

Slg. 1993, I-6911 (Wagner Miret)

936

EuGH

Urt. vom 2.6.1994

Rs. C-69/93 und Rs. C-258/93

Slg. 1994, I-2365 (Punta Casa SpA ./. 436 Sindaco del Comune di Capena und Comune di Capena und Promozioni Polivalenti Venete Soc. coop. arl. [PPV])

EuGH

Urt. vom 14.7.1994

Rs. C-91/92

Slg. 1994, I-3325 (Paola Faccini Dori 944 ./. Recreb Srl)

EuGH

Urt. vom 23.3.1995

Rs. C-365/93

Slg. 1995, I-499 (Hochschuldiplome bzw. Kommission ./. Griechenland)

EuGH

Urt. vom 10.5.1995

Rs. C-384/93

Slg. 1995, I-1141 (Alpine Investments 437, 473, B.V. ./. Minister van Financiën) 510

EuGH

Urt. vom 29.6.1995

Rs. C-391/92

Slg. 1995, I-1621 (Kommission ./. Griechenland)

437

EuGH

Urt. vom 6.7.1995

Rs. C-470/93

Slg. 1995, I-1923 (Verein gegen das Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V ./. Mars)

437

EuGH

Urt. vom 11.8.1995

Rs. C-431/92

Slg. 1995, I-2189 (Kommission ./. Deutschland)

945

1000

Slg. 1991, I-4983 (Kommission ./. Deutschland bzw. Trinkwasser)

946

679

Urteilsverzeichnis Gericht Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

EuGH

Urt. vom 11.8.1995

Rs. C-63/94

437 Slg. 1995, I-2467 (Groupement National des Négociants en Pomme de Terre de Belgique ./. ITM Belgium S.A. und Vocarex SA

Seite

EuGH

Urt. vom Rs. C-55/94 30.11.1995

Slg. 1995, I-4165 (Reinhard Gebhard 533 ./. Consiglio dell’ ordine degli avvocati e procuratori di Milano)

EuGH

Urt. vom 5.3.1996

verb. Rs. C-46 und 48/93

Slg. 1996, I-1029 (Brasserie du pêcheur ./. Bundesrepublik Deutschland und The Queen ./. Secretary of Transport, ex parte: Factortame Ltd. u. a.)

EuGH

Urt. vom 7.3.1996

Rs. C-192/94

Slg. 1996, I-1281 (El Corte Inglés SA 944 ./. Christina Blázquez Rivero)

EuGH

Urt. vom 26.3.1996

Rs. C-392/93

Slg. 1996, I-1631 (The Queen ./. H.M. 936, 937, 979 Treasury ex parte: British Telecommunications plc)

EuGH

Urt. vom 23.5.1996

Rs. C-5/94

936, 978 Slg. 1996, I-2553 (The Queen ./. Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, ex parte: Hedley Lomas [Ireland Ltd.])

EuGH

Urt. vom 8.10.1996

verb. Rs. C-178, C-179, C-188, C-189, C-190/94

Slg. 1996, I-4845 (Dillenkofer u.a. ./. 936, 937, Bundesrepublik Deutschland) 938, 946, 979

EuGH

Urt. vom verb. Rs. 17.10.1996 C-283, C-291, C-292/94

936, 937 Slg. 1996, I-5063 (Denkavit Internationaal B.V. u.a. . /. Bundesamt für Finanzen)

EuGH

Urt. vom 22.4.1997

Rs. C-66/95

938 Slg. 1997, I-2163 (The Queen ./. Secretary of State for Social Security, ex parte: Eunice Sutton)

EuGH

Urt. vom 13.5.1997

Rs C-233/94

Slg. 1997, I-2405 (Deutschland ./. Rat 467, 940 und Parlament bzw. Einlagensicherung)

EuGH

Urt. vom 10.7.1997

verb. Rs. C-94 und C-95/95

Slg. 1997, I-3969 (Bonifaci u.a. und Berto u.a. ./. INPS)

EuGH

Urt. vom 10.7.1997

Rs. C-261/95

Slg. 1997, I-4025 (Palmisani ./. INPS) 936

EuGH

Urt. vom 10.7.1997

Rs. C-373/95

Slg. 1997, I-4051 (Maso, Gazzetta u.a. ./.INPS)

936, 937, 938, 939, 978

936

936

1001

Urteilsverzeichnis Gericht Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

EuGH

Urt. vom 2.4.1998

Rs. C-127/95

Slg. 1998, I-1531 (Norbrook Laboratories ./. Ministry of Agriculture, Fisheries and Food)

937, 978, 979

EuGH

Urt. vom 1.6.1999

Rs. C-302/97

Slg. 1999, I-3099 (Klaus Konle ./. Republik Österreich)

939

EuGH

Urt. vom 15.6.1999

Rs. C-140/97

Slg. 1999, I-3499 (Walter Rechberger 936 u.a. ./. Republik Österreich)

EuGH

Urt. vom 4.7.2000

Rs. C-424/97

ZIP 2000, 1215 (Salomone Haim ./. Kassenärztliche Vereinigung NRW)

978, 979

EuGH

Urt. vom 11.7.2002

Rs. C-224/98

EuZW 2002, 635 (D’Hoop ./. Office national de l’emploi).

488

EuGH

Urt. vom Rs. C-356/00 21.11.2002

Slg. 2002, I-10797 (Antonio Testa und Lido Lazzeri ./. Consob)

444, 571

EuGH

Urt. vom Rs. C-153/00 10.12.2002

EuZW 2003, 280 (Paul der Weduwe) 443

EuGH

Urt. vom 30.9.2003

NJW 2003, 3539 (Köbler)

980

EuGH

Urt. vom Rs. C-222/02 12.10.2004

WM 2005, 365 (Peter Paul u.a. ./. Bundesrepublik Deutschland)

948, 952, 960, 976, 977

Rs. C-224/01

Deutschland (nach Gerichtsbarkeiten, Instanzen und Datum geordnet) Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BVerfG

Urt. vom 24.7.1962

2 BvF 4, 5/61; 1, 2/62

BVerfGE 14, 197

331

BVerfG

Beschl. vom 8.10.1974

2 BvR 747/73 u. a.

BVerfGE 38, 105

886

BVerfG

Beschl. vom 14.1.1981

1 BvR 612/72

BVerfGE 56, 54

933

BVerfG

Urt. vom 19.10.1982

2 BvF 1/81

BVerfGE 61, 149 (Staatshaftungsgesetz)

971

BVerfG

Beschl. vom 22.10.1986 2 BvR 197/83

BVerfGE 73, 339 (Solange II)

616, 954

BVerfG

Beschl. vom 26.1.1988

1 BvR 1561/82 BVerfGE 77, 381

933

BVerfG

Beschl. vom 30.11.1988 1 BvR 1301/84 BVerfGE 79, 174

933

1002

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

BVerfG

Urt. vom 28.1.1992

1 BvR 1025/82, BVerfGE 85, 191 1BvL 16/83 und 10/91

Fundstelle

933

BVerfG

Urt. vom 10.12.1993

2 BvR 2134/92, NJW 1993, 3047 2 BvR 2159/92 (Maastricht)

616, 954

BVerfG

Urt. vom 10.1.1995

1 BvF 1/90, 1 BvR 342/90 und 348/90

BVerfG

Beschl. vom 2.10.1997

1 BvR 19808/97 NuR 1998, 195 und 1 BvQ 12/97

933

BVerfG

Beschl. vom 26.5.1998

1 BvR 180/88

NJW 1998, 3264 (Waldsterben)

963, 965

BVerfG

Beschl. vom 7.6.2000

2 BvL 1/97

NJW 2000, 3124 (Bananenmarktordnung)

616, 954

Pr.Ob.Trib. Urt. vom 31.12.1849

Präjudiz 2169

Pr.Ob.Trib. XIX, 192 169

ROHG

Urt. vom 9.4.1872

Rep. 88/72

ROHG 6, 44

170

ROHG

Urt. vom 23.12.1874

Rep. 901/74

ROHG 16, 207

305

ROHG

Urt. vom 22.5.1875

Rep. 497/75

ROHG 17, 281

170

ROHG

Urt. vom 27.11.1875

Rep. 1173/75

ROHG 19, 77

305

RG

Urt. vom 2.12.1880

Rep. I 294/79

RGZ 5, 1

305

RG

Urt. vom 18.10.1884

Rep. I 31/83

RGZ 14, 123

304

RG

Urt. vom 15.6.1887

Rep. I 120/87

RGZ 19, 97

291

RG

Urt. vom 3.11.1887

Rep. I 286/86

RGZ 20, 364

54

RG

Urt. vom 17.9.1889

Rep. III 133/89 RGZ 24, 161

170

RG

Urt. vom 2.6.1890

Rep. VI 68/90

RGZ 26, 180

170

RG

Urt. vom 31.1.1891

Rep. I 254/90

RGZ 27, 118

291

RG

Urt. vom 4.3.1891

Rep. I 344/90

RGZ 27, 128

170

RG

Urt. vom 24.9.1898

Rep. I 201/98

RGZ 42, 125

291

RG

Urt. vom 23.12.1899

Rep. V 233/99

RGZ 45, 80

173, 201, 202

RG

Urt. vom 20.10.1903

Rep. II 96/03

RGZ 55, 389

171

BVerfGE 92, 26

Seite

933

1003

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

RG

Urt. vom 14.6.1906

III 124/06

RGSt 39, 44 (Kuppelei)

922

RG

Urt. vom 23.4.1907

Rep. VII 261/06 RGZ 66, 48

546

RG

Urt. vom 11.12.1907

Rep. I 102/07

Warn 1908 Nr. 146

110

RG

Urt. vom 15.2.1911

Rep. V 110/10

RGZ 75, 299

176

RG

Urt. vom 20.3.1912

Rep. V. 352/11 RGZ 79, 121

173, 201

RG

Urt. vom 10.12.1913

Rep. 303/13

176

RGZ 83, 348

RG

Urt. vom 19.2.1914

Rep. VII 448/13 RGZ 84, 214

173, 201

RG

Urt. vom 2.4.1917

Rep. VI 450/16 RGZ 90, 129

55

RG

Urt. vom 10.10.1917

Rep. V 159/17

173, 177

RG

Urt. vom 5.11.1918

Rep. VII 202/18 RGZ 94, 305

173, 174

RG

Urt. vom 23.4.1920

II 16/20

RGZ 99, 23

323

RG

Urt. vom 4.6.1920

VII 499/19

RGZ 99, 142

171, 176

RG

Urt. vom 26.10.1921

I 132/21

RGZ 103, 84

338

RG

Urt. vom 27.3.1925

VI 460/24

JW 1925, 1760

173, 175

RG

Urt. vom 25.1.1926

V 272/25

JW 1926, 2571

173, 174

RGZ 91, 12

RG

Urt. vom 17.12.1926

III 21/26

RGZ 115, 141

886

RG

Urt. vom 6.5.1927

II 502/26

RGZ 117, 69

177

RG

Urt. vom 4.11.1927

III 60/27

RGZ 118, 325

933

RG

Urt. vom 4.11.1927

II 135/27

RGZ 118, 330

339

RG

Urt. vom 8.11.1927

III 156/27

JW 1928, 1036

933

RG

Urt. vom 7.6.1928

IV 614/27

LZ 1928, 1248 Nr. 6 174

RG

Urt. vom 15.6.1928

II 502/27

RGZ 121, 294

174

RG

Urt. vom 2.10.1928

VII 117/28

RGZ 122, 75

338

RG

Urt. vom 8.4.1929

IV 610/1928

KTS 1929, 86

174

RG

Urt. vom 15.1.1930

V 217/29

RGZ 127, 8

201, 202

RG

Urt. vom 6.3.1930

VI 296/29

RGZ 127, 341

173

RG

Urt. vom 4.4.1930

II 277/29

RGZ 128, 134

933

RG

Urt. vom 20.10.1930

VI 763/29

RGZ 130, 131

176

RG

Urt. vom 4.11.1930

III 415/29

RGZ 130, 319

933

RG

Urt. vom 9.6.1931

VII 501/30

RGZ 133, 84

173, 202

RG

Urt. vom 6.11.1934

VII 105/34

RGZ 145, 253

171

1004

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

RG

Urt. vom 12.2.1937

VII 238/36

RGZ 153, 350

173

RG

Urt. vom 19.2.1937

V 205/36

RGZ 153, 366

174, 176

RG

Urt. vom 17.7.1937

1 D 573/37

JW 1937, 3092 Nr. 17

21

RG

Urt. vom 27.3.1939

IV 275/38

RGZ 160, 52

174

BGH

Urt. vom 11.6.1952

III ZR 181/51

LM § 839 (Fg) BGB 957 Nr. 3

BGH

Urt. vom 30.4.1953

III ZR 204/52

LM § 839 (Fg) BGB 957 Nr. 5

BGH

Urt. vom 5.11.1953

IV ZR 95/53

NJW 1954, 190

19, 175, 177

BGH

Urt. vom 28.10.1954

III ZR 327/52

BGHZ 15, 142 NJW 1955, 142

55

BGH

Urt. vom 8.3.1955

I ZR 109/53

BGHZ 17, 1

338

BGH

Urt. vom 21.4.1955

III ZR 203/53

BGHZ 17, 140

55

BGH

Urt. vom 17.11.1955

II ZR 222/54

BGHZ 19, 69

177

BGH

Urt. vom 13.7.1956

VI ZR 32/55

BGHZ 21, 285

55

BGH

Urt. vom 29.10.1956

III ZR 65/55

LM Nr. 36 zu Art. 34 55 GG

BGH

Urt. vom 29.10.1956

II ZR 79/55

BGHZ 22, 90

339

BGH

Urt. vom 24.6.1957

VII ZR 310/56

BGHZ 24, 393 WM 1957, 1002

55

BGH

Urt. vom 26.9.1957

III ZR 69/56

BGHZ 25, 231

971

BGH

Urt. vom 7.4.1959

VIII ZR 219/57 NJW 1959, 1223 WM 1959, 686

175, 202

BGH

Urt. vom 29.4.1959

V ZR 11/58

BGHZ 30, 67

176

BGH

Urt. vom 28.4.1960

III ZR 176/59

VersR 1960, 979 (Aufsicht über Kreditinstitute)

957

BGH

Urt. vom 29.9.1960

II ZR 25/59

BGHZ 33, 216

338 886

BGH

Urt. vom 15.12.1960

VII ZR 141/59

BGHZ 34, 64

BGH

Urt. vom 24.4.1961

III ZR 40/60

BGHZ 35, 44 (Notar- 957 Aufsicht)

BGH

Urt. vom 2.4.1962

III ZR 15/61

NJW 1962, 1245

957

1005

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BGH

Urt. vom 5.4.1962

II ZR 101/61

WM 1962, 675

3, 27, 51, 80, 99, 104, 105

BGH

Urt. vom 28.11.1962

V ZR 225/60

BB 1963, 161

80

BGH

Urt. vom 28.2.1963

VII ZR 167/61

BGHZ 39, 142

886, 889

BGH

Urt. vom 27.5.1963

III ZR 48/62

BGHZ 39, 358 (Bauaufsicht)

957

BGH

Urt. vom 25.4.1966

VII ZR 120/65

BGHZ 45, 223

99, 101

BGH

Urt. vom 22.12.1966

VII ZR 195/64

BGHZ 46, 268

3

BGH

Urt. vom 4.4.1968

II ZR 26/67

NJW 1968, 1471

176

BGH

Urt. vom 9.1.1969

VII ZR 133/66

BGHZ 51, 290

886

BGH

Urt. vom 16.12.1970

VIII ZR 36/69

NJW 1971, 559

20, 104, 175

BGH

Beschl. vom 17.12.1970 KRB 1/70

BGHSt 24, 54

815

BGH

Urt. vom 29.3.1971

III ZR 110/68

BGHZ 56, 40 (Wohnraumbewirtschaftung)

934, 957

BGH

Urt. vom 21.12.1971

VI ZR 118/70

BGHZ 58, 14

53

BGH

Urt. vom 24.1.1972

III ZR 166/69

BGHZ 58, 96 (Versicherungsaufsicht)

957

BGH

Urt. vom 1.3.1973

III ZR 176/69

WM 1973, 491

934

BGH

Urt. vom 25.6.1973

II ZR 104/71

BGHZ 61, 72

175

BGH

Urt. vom 30.1.1974

VIII ZR 4/73

BGHZ 62, 100

16

BGH

Urt. vom 10.6.1974

III ZR 89/72

BGHZ 62, 372

971

BGH

Urt. vom 2.12.1974

II ZR 78/72

BGHZ 63, 282

686

BGH

Urt. vom 31.1.1975

III ZR 18/72

VersR 1975, 737

934

BGH

Urt. vom 8.2.1978

VII ZR 20/77

BGHZ 70, 356

907

BGH

Urt. vom 24.2.1978

I ZR 79/76

NJW 1978, 1856

815

BGH

Urt. vom 15.2.1979

III ZR 108/76

BGHZ 74, 144 NJW 1979, 1354 WM 1979, 482 (WettersteinWertbrief-Fonds)

761, 958, 973

1006

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BGH

Urt. vom 12.7.1979

III ZR 154/77

BGHZ 75, 120 NJW 1979, 1879 WM 1979, 934 (Herstatt)

606, 761, 958, 972, 973

BGH

Urt. vom 23.1.1980

VIII ZR 91/79

BGHZ 76, 119

755

BGH

Urt. vom 8.7.1981

IVa ZR 244/80

NJW 1981, 2685

749

BGH

Urt. vom 24.6.1982

III ZR 169/80

BGHZ 84, 292

934

BGH

Urt. vom 30.5.1983

III ZR 195/81

BGHZ 87, 321

934

BGH

Urt. vom 15.3.1984

III ZR 15/83

BGHZ 90, 310

549, 959

BGH

Urt. vom 10.12.1984

II ZR 91/84

BGHZ 93, 151

686

BGH

Urt. vom 13.11.1985

IVa ZR 42/84

WM 1986, 158

3

BGH

Urt. vom 19.9.1985

III ZR 55/84

NJW 1986, 1104

754

BGH

Urt. vom 29.1.1986

IVb ZR 11/85

WM 1986, 649

24, 53

BGH

Urt. vom 30.10.1986

III ZR 151/85

BGHZ 99, 62

971

BGH

Urt. vom 18.11.1986

IVa ZR 79/85

WM 1987, 79

3, 104

BGH

Urt. vom 4.12.1986

III ZR 51/85

NJW 1987, 3203

886, 889

BGH

Urt. vom 4.3.1987

IVa ZR 122/85

BGHZ 100, 117

824

BGH

Urt. vom 24.6.1987

IVb ZR 49/86

FamRZ 1988, 42

24

BGH

Urt. vom 19.10.1987

II ZR 43/87

BGHZ 102, 265

668

BGH

Urt. vom 10.12.1987

III ZR 220/86

BGHZ 102, 350 (Waldsterben)

994

BGH

Urt. vom 24.10.1988

II ZR 311/87

BGHZ 105, 306

668

BGH

Urt. vom 5.12.1989

VI ZR 335/88

BGHZ 109, 297 (Baustoff-Fall)

753

BGH

Urt. vom 22.3.1990

IX ZR 117/88

NJW-RR 1990, 948

886

BGH

Urt. vom 6.7.1990

2 StR 549/89

BGHSt 37, 106 (Erdal Lederspray)

753

BGH

Urt. vom 10.7.1991

VIII ZR 296/90 WM 1991, 1724

754

BGH

Urt. vom 31.10.1991

IX ZR 303/90

NJW 1992, 681

886, 889

BGH

Urt. vom 16.3.1992

II ZR 152/91

WM 1992, 735

753

BGH

Urt. vom 30.4.1992

III ZR 151/91

WM 1992, 1148

754

BGH

Urt. vom 5.5.1992

X ZR 134/90

WM 1992, 1780

754

BGH

Urt. vom 23.9.1992

I ZR 251/90

BGHZ 119, 237 WM 1993, 472

57

1007

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BGH

Urt. vom 23.9.1992

IV ZR 196/91

BGHZ 119, 252 WM 1993, 615

56

BGH

Urt. vom 19.11.1992

IX ZR 45/92

ZIP 1993, 213

203

BGH

Urt. vom 28.1.1993

III ZR 127/91

939 EuZW 1993, 226 (Vorlagebeschluss Brasserie du pêcheur)

BGH

Urt. vom 17.3.1993

VIII ZR 175/91 NJW-RR 1993, 849

3

BGH

Urt. vom 1.7.1993

IX ZR 251/92

NJW 1993, 2622

174, 175, 202

BGH

Urt. vom 6.7.1993

XI ZR 12/93

BGHZ 123, 126 WM 1993, 1455 (Bond)

403, 747, 787, 823, 824, 877, 905

BGH

Urt. vom 29.3.1994

XI ZR 31/93

WM 1994, 834

3, 98, 104, 871, 911, 914

BGH

Urt. vom 13.4.1994

II ZR 16/93

BGHZ 125, 366 WM 1994, 896

3, 551, 559, 572

BGH

Urt. vom 18.10.1994

XI ZR 237/93

WM 1994, 2270

928

BGH

Urt. vom 22.11.1994

XI ZR 45/91

WM 1995, 100

895

BGH

Urt. vom 14.2.1995

XI ZR 218/93

WM 1995, 658

3, 880

BGH

Urt. vom 9.3.1995

III ZR 55/94

BGHZ 129, 90 WM 1995, 874

549, 550, 557

BGH

Urt. vom 16.1.1996

XI ZR 116/95

WM 1996, 387

754, 755

BGH

Urt. vom 8.2.1996

IX ZR 151/95

NJW 1996, 1543

202

BGH

Urt. vom 27.2.1996

XI ZR 133/95

WM 1996, 664 (Vermögensberater)

3, 776

BGH

Urt. vom 14.5.1996

XI ZR 188/95

ZIP 1996, 1161

832

BGH

Urt. vom 11.6.1996

XI ZR 172/95

WM 1996, 1260

776

BGH

Urt. vom 24.9.1996

XI ZR 244/95

ZIP 1996, 2064

832

BGH

Urt. vom 21.11.1996

IX ZR 182/95

BGHZ 134, 100

204

BGH

Urt. vom 11.3.1997

XI ZR 92/96

WM 1997, 811

880

BGH

Urt. vom 12.6.1997

III ZR 278/95

NJW 1998, 448

26

BGH

Urt. vom 28.10.1997

XI ZR 260/96

BGHZ 137, 69 WM 1998, 21 (Iraner-Fall)

3, 95, 96, 99, 136, 169, 898, 902

1008

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BGH

Urt. vom 23.11.1998

II ZR 54/98

BGHZ 140, 74

686

BGH

Urt. vom 3.12.1998

III ZR 288/96

NJW 1999, 1026 (treuhänderische Vermögensverwaltung)

3, 66, 176

BGH

Urt. vom 23.9.1999

III ZR 214/98

ZIP 1999, 1838

143

BGH

Urt. vom 5.10.1999

IX ZR 296/98

WM 1999, 2300 (Discount Broker)

837, 840

BGH

Urt. vom 16.12.1999

IX ZR 117/99

WM 2000, 963

3, 22

BGH

Urt. vom 5.7.2000

XII ZR 26/98

NJW 2000, 3199

24

BGH

Urt. vom 1.8.2000

5 StR 624/99

BGHSt 46, 107 WM 2000, 1745 (Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Bankangestellten)

922

BGH

Urt. vom 19.12.2000

XI ZR 349/99

BGHZ 146, 235 WM 2001, 297 ZIP 2001, 230 (Kick Backs)

3, 896, 897

BGH

Urt. vom 8.5.2001

XI ZR 192/00

WM 2001, 1758 (Vermögensverwaltung mit Stillhalteroptionsgeschäften)

3, 734, 735, 762, 779, 782, 783, 836

BGH

Urt. vom 26.6.2001

X ZR 231/99

WM 2001, 1428

955

BGH

VU vom 4.4.2002

III ZR 237/01

WM 2002, 913

3, 911

BGH

Urt. vom 2.5.2002

III ZR 100/01

WM 2002, 1177

3, 898

BGH

EuGH-Vorlage vom 16.5.2002

III ZR 48/01

WM 2002, 1266

977

BGH

Urt. vom 24.9.2002

XI ZR 345/01

BGHZ 152, 114 WM 2002, 2281 (allgemeiner Bankvertrag)

107

BGH

VU vom 24.6.2003

IX ZR 120/02

ZIP 2003, 1404

201

BGH

Urt. vom 6.11.2003

1 StR 24/03

WM 2004, 69 (Sascha Opel)

143, 817, 818

BGH

Urt. vom 11.11.2003

XI ZR 21/03

WM 2004, 24

779, 836, 837, 838, 840, 841

BGH

Urt. vom 13.7.2004

VI ZR 136/03

WM 2004, 1768

895

1009

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BGH

Urt. vom 11.11.2004

I ZR 213/01

WM 2005, 412

46

BGH

Urt. vom 11.11.2004

I ZR 182/02

WM 2005, 436

46

BGH

Urt. vom 23.11.2004

XI ZR 137/03

WM 2005, 270

25

BGH

Urt. vom 30.11.2004

XI ZR 200/03

ZIP 2005, 245

64

BGH

Urt. vom 7.12.2004

XI ZR 361/03

WM 2005, 325

693, 697

BGH

Urt. vom 20.1.2005

III ZR 48/01

WM 2005, 369

934, 960, 961, 962, 964, 965, 966, 967, 970

BGH

Urt. vom 21.3.2005

II ZR 140/03

AG 2005, 390

589

BGH

Urt. vom 21.3.2005

II ZR 149/03

AG 2005, 395

589

BGH

Urt. vom 21.3.2005

II ZR 310/03

AG 2005, 395

589

BGH

Urt. vom 21.4.2005

III ZR 238/03

WM 2005, 1217

596

BGH

Urt. vom 7.7.2005

III ZR 422/04

ZIP 2005, 1465

201

BayObLG Beschl. vom 21.6.1990

Breg. 3 Z 58/90 Rpfleger 1990, 458

53

KG

Beschl. vom 29.3.1912

1a X 1137/11

KGJ 42, 155

323

KG

Beschl. vom 20.10.1922 1a X 449/22

JFG 1, 192

323 323

KG

Beschl. vom 24.8.1931

1b X 421/31

JFG 9, 104

OLG Bamberg

Urt. vom 10.3.1994

1 U 65/89

NJW-RR 1994, 1507 56 VersR 1995, 1047

OLG Bremen

Urt. vom 8.11.2001

2 U 21/01

ZIP 2002, 1942 (Beihilfe zum Anlagebetrug)

922

3 U 142/96

WM 1997, 1801

25

OLG Celle Urt. vom 18.6.1997 OLG Celle Urt. vom 14.10.2004

4 U 147/04

BKR 2005, 65

596

OLG Dresden

8 U 2225/03

WM 2004, 1278

7

OLG Urt. vom 20.11.1925 Düsseldorf

7 U 185/25

JW 1926, 609 Nr. 8

338

OLG Urt. vom 13.6.1990 Düsseldorf

6 U 234/89

WM 1991, 94

3, 96, 99, 136, 327, 898

OLG Urt. vom 27.9.1994 Düsseldorf

4 U 264/93

ZIP 1994, 1765

895

1010

Urt. vom 10.2.2004

Urteilsverzeichnis Gericht

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

OLG Urt. vom 8.1.1998 Düsseldorf

Datum

5 U 31/97

EWiR 1998, 349

140

OLG Frankfurt

Beschl. vom 15.1.1986

16 W 2/86

WM 1987, 899

572

OLG Frankfurt

Urt. vom 27.6.1995

16 U 156/94

WM 1996, 665

3, 96, 104, 834, 912

OLG Frankfurt

Urt. vom 7.5.1998

16 U 152/97

ZIP 1998, 2148

3

OLG Frankfurt

Urt. vom 18.1.2001

1 U 209/99

ZIP 2001, 730

959

OLG Hamburg

Urt. vom 20.11.1986

6 U 167/86

VersR 1988, 288

175

OLG Hamburg

Beschl. vom 1.8.1995

1 W 51/95

ZIP 1995, 1578

928

OLG Hamburg

Urt. vom 9.10.2001

7 U 50/00

OLGR Hamburg 2003, 170

968

OLG Hamm

Urt. vom 7.2.1992

20 U 237/91

WM 1992, 1788

56

OLG Hamm

Urt. vom 28.12.1995

31 U 117/94

WM 1996, 669

3, 834, 912

OLG Karlsruhe

Urt. vom 27.5.1993

4 U 303/92

WM 1994, 688

46

OLG Karlsruhe

Urt. vom 16.3.2000

12 U 127/99

WM 2001, 805 (graue Vermögensverwaltung)

3 f., 27, 136, 870, 898

OLG Köln Teilurt. vom 29.10.1992 18 U 35/92

ZIP 1992, 1617 (Garantiefonds)

658, 667

OLG Köln Urt. vom 6.5.1994

11 U 259/93

OLGR Köln 1995, 51 4

OLG Köln Urt. vom 8.3.1996

19 U 201/95

WM 1996, 1495

4

OLG Köln Urt. vom 20.9.1996

20 U 140/95

WM 1997, 570

4, 91

OLG Köln Urt. vom 19.12.1997

19 U 143/97

NJW-RR 1998, 1460 4, 24 (Vermögensverwaltung unter Ehegatten)

OLG Köln Urt. vom 22.1.1999

20 U 40/98

NZG 1999, 1177

4, 96, 136, 800, 881, 913

1011

Urteilsverzeichnis Gericht

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

OLG Köln Urt. vom 11.1.2001

Datum

7 U 104/00

ZIP 2001, 645 (BVH-Bank I)

934, 960, 961, 962, 967, 969, 973, 976

OLG München

Urt. vom 12.4.1988

13 U 5612/87

VersR 1989, 40

56

OLG München

Urt. vom 5.3.1997

15 U 5361/96

WM 1997, 1802

25

OLG Urt. vom 21.1.1997 Oldenburg

5 U 120/96

BB 1997, 1275

776

OLG Stuttgart

Urt. vom 6.7.1998

5 U 22/98

NJW-RR 1999, 138 4, 66 (Vermögensverwaltung in der Schweiz)

LG Berlin

Urt. vom 2.6.2004

4 O 777/03

ZIP 2004, 2396

LG Bonn

Urt. vom 20.1.1992

9 O 117/90

DB 1992, 879

658

LG Bonn

Urt. vom 16.4.1999

1 O 152/98

VA 2000, 19 (BVH-Bank I)

934, 939, 942

LG Bonn

Urt. vom 16.4.1999

1 O 186/98

ZIP 1999, 959 (BVH-Bank II)

934, 939, 940, 942, 946, 960, 961, 973

LG Bonn

Urt. vom 6.9.1999

1 O 221/98

587, 935, ZIP 1999, 1592 (irischer Vermögens- 943, 947 verwalter)

LG Bonn

Urt. vom 6.9.1999

1 O 364/98

ZIP 1999, 1595 (Schwabenpool)

935, 950

LG Bonn

Urt. vom 10.11.1999

1 O 55/99

ZIP 1999, 2051 (BVH-Bank III)

934, 939, 940, 942, 960

LG Bonn

Urt. vom 31.3.2000

1 O 159/99

unveröffentlicht (BVH-Bank IV)

934, 942, 960

9 P 29/23

JW 1924, 1195 Nr. 5 338

LG Braun- Urt. vom 16.4.1924 schweig

657

LG Bremen Urt. vom 29.7.1955

10412/55

Sparkasse 1956, 278

956

LG Düssel- Urt. vom 27.4.2004 dorf

10 O 105/99

ZIP 2004, 2089

4, 897

LG Frank- Urt. vom 14.10.1983 furt/M.

7 O 136/83

NVwZ 1984, 267

670

1012

Urteilsverzeichnis Gericht

Aktenzeichen

Fundstelle

LG Frank- Beschl. vom 9.11.1999 furt/M.

Datum

5/2 Kls 92 Js 23140.2/98 (P2/98)

AG 2000, 187 (Prior) 143, 817

Seite

LG Frank- Urt. vom 19.12.2003 furt/M.

2/21 O 485/02

BKR 2004, 242

4, 877

LG Freiburg

Urt. vom 14.8.2003

1 O 551/01

WM 2004, 124 (Stop-Loss-Marken)

4, 905, 914, 915

LG Hamburg

Urt. vom 11.7.1997

324 O 69/96

WM 1998, 497

968

LG Urt. vom 28.10.1997 München I

30 O 11093/97

WM 1999, 179

4, 898

LG Nürn- Urt. vom 3.4.1996 berg-Fürth

11 S 10118/95

WM 1996, 1579

4, 96, 905

LG Stuttgart

Urt. vom 13.11.1996

14 O 426/96

WM 1997, 163

4, 96, 911

LG Stuttgart

Urt. vom 12.9.2003

8 O 128/03

BKR 2003, 842

4, 897

Schiedsgericht Hamburg

Schiedsspruch vom 20.11.2000

––

EWiR 2001, 313

4

BAG

Beschl. vom 14.1.1974

5 AR 330/73

NJW 1974, 1016

54

BFH

Urt. vom 6.3.1991

X R 39/88

57 WM 1991, 1069 (angestellter Rentenhändler)

BFH

Urt. vom 29.10.1998

XI R 80/97

NJW 1999, 1207 (Wertpapiergeschäfte)

Pr. OVG

Urt. vom 26.11.1893

Rep. III B 44/98 PrOVGE 34, 315 (Feenpalast)

302

BVerwG

Urt. vom 10.7.1958

I C 195/56

NJW 1959, 590 (Bedürfnisprüfung)

330, 406, 432, 596, 955

BVerwG

Vorbescheid vom 11.10.1963

I A 10/60

DVBl. 1965, 364

955

BVerwG

Urt. vom 16.10.1979

1 C 44.75

Buchholz 451.61 KWG Nr. 11

621

57

1013

Urteilsverzeichnis Gericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Seite

BVerwG

Urt. vom 27.3.1984

1 C 125/80

BVerwGE 69, 120 WM 1984, 1364 (BMW-Namensschuldverschreibungen)

402, 549, 550, 552

BVerwG

Urt. vom 1.12.1987

1 C 8/87

WM 1988, 695

613

BVerwG

Urt. vom 18.10.1990

3 C 2/88

BVerwGE 87, 37

967

BVerwG

Urt. vom 24.4.2002

6 C 2/02

WM 2002, 1919

38

BVerwG

Urt. vom 21.4.2004

6 C 20/03

WM 2004, 2108

662, 670

BVerwG

Urt. vom 22.9.2004

6 C 29/03

BKR 2005, 200

4, 42, 588, 815

6 TG 1568/04

ZIP 2005, 610

593

Hess. VGH Beschl. vom 21.1.2005 OVG Berlin

Beschl. vom 23.11.1983 1 S 14/83

WM 1984, 865

402, 550, 551

OVG Berlin

Beschl. vom 31.10.2002 1 S 17.02

Juris Dokument MWRE105870300

662

OVG Münster

Beschl. vom 31.7.2001

4 B 743/01

WM 2002, 847

956

VG Berlin Urt. vom 4.7.1985

14 A 268.84

WM 1986, 879

402, 550

VG Berlin Urt. vom 12.12.1986

14 A 379.85

WM 1987, 370

659

VG Berlin Urt. vom 22.2.1999

25 A 276.95

DB 1999, 1377

42, 549, 550, 556

VG Berlin Urt. vom 24.6.2003

25 A 274/01

BKR 2003, 722

662, 670, 697

VG Berlin Beschl. vom 11.10.2004 9 E 993/04

WM 2005, 503

545

VG Frankfurt

Beschl. vom 7.5.2004

WM 2004, 1917

40, 593

VG Frankfurt

Beschl. vom 16.11.2004 9 G 3823/04

WM 2005, 515

41, 42, 43

VG Köln

Beschl. vom 30.5.2001

WM 2001, 1612

956

1014

9 G 6496/03

14 L 928/01

Urteilsverzeichnis

Schweiz Gericht

Datum

Fundstelle

Seite

Bundesgericht

Urt. vom 23.5.1978

BGE 104 II 108

41

Großbritannien (alphabetisch) Rechtssache

Jahr

Fundstelle

Seite

Beswick v. Beswick

1968

AC 58

185

Brice v. Stokes

1805

11 Ves. 319

188

Bullock v. Bullock

1886

56 L.J.Ch. 221

188

Cowan v. Scargill

1985

Ch. 270

186, 902

Re. Diplock, Diplock v. Wintle

1948

2 All.E.R. 318

194

Keech v. Sandford

1726

Sel. Ch. Cas. 61

186

Learoyd v. Whiteley

1887

12 App.Cas. 727 affirming sub. 188 nom Re Whitely (1886) 33 Ch.D. 347

Massey v. Banner

1820

1 Jac. & W. 241;

188

Nelson and others v. Larholt

1947

2 All.E.R. 751

194

Nestlé v. National Westminster Bank

1992

[1994] 1 All ER 118, 134

195, 786, 787

R. v. Cawood

1724

2 Ld.Raym. 1361 (zitiert nach Gower, Modern Company Law, S. 28)

244

Smith v. Anderson

1880

[1874-1880] All.E.R. Rep. 1121. 275, 276

Speight v. Gaunt

1883

9 A.C. 1

188

Sykes v. Beadon

1879

11 Ch.D. 170

275

Three Rivers District Council and others v. Governor and Company of the Bank of England (No 3)

1998

The Times 10.12.1998 – Court of 978 Appeal (Civil Division)

Three Rivers District Council and others v. Governor and Company of the Bank of England (No 3)

2000

960, 978 [2000 ] 3 ALL.E.R. 1 = [2000] 2 WLR 1220 (House of Lords) = [2000] 3 CMLR 205; [2001] UKHL 16 (House of Lords);

1015

Urteilsverzeichnis

USA (alphabetisch) Rechtssache

Jahr

Fundstelle

Seite

Denver National Bank v. Von Brecht

1958

322 P 2d 667 (Colorado 1958)

197

Dickinson, Appellant,

1890

152 Mass. 184, 25 N.E. 99

190

Dunham v. Armitage

1935

48 P 2d 797 (Colorado 1935)

197

Harvard College v. Armory

1830

26 Mass. (9 Pickering) 446

188

In re Saegere Estates

1940

340 Pa 73, 16 A.2d 19

190

McEvoy v. Boston Five Cents Savings Bank

1909

87 NE 465 (Mass. 1909)

197

53 NE 2d 113 (Mass. 1944)

197

National Shawmut Bank of Boston 1944 v. Joy

1016

Literaturverzeichnis Achenbach, Hans/Ransiek, Andreas (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Heidelberg 2004 Achenbach, Hans/Wannemacher, Wolfgang J. (Hrsg.), Beraterhandbuch zum Steuer und Wirtschaftsstrafrecht, Herne, Berlin 1997 Achleitner, Ann-Kristin, Handbuch Investment Banking, 3. Aufl. Wiesbaden 2002 Achterberg, Erich/Burger, Otto, Geschichte des Bankwesens, in: Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 2 Bände, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 1967/68, S. 618–629 Adam, Bernd G., Interview: Nur das Insourcing ist eine freie Entscheidung – zum Outsourcing zwingt der Markt, ZfgK 1997, 868–872 Adams, Roland/Sixt, Sven C., Skaleneffekte im Wertpapierservice, ZfgK 1997, 890–892 Adams, Roland/Sixt, Sven C., Trends im Wertpapierservice, Die Bank 1998, 164–168 Adkins, Bernadine, The EEC Rules On Prudential Supervison of Banks, JIBL 1992, 7(5), 175–182 Akerlof, George A., The Market For „Lemons“: Quality Uncertainty And The Market Mechanism, 84 Quarterly Journal of Economics (1970), 488– 500 Alsberg, Max, Die Haftung des Bankiers für Fahrlässigkeit bei der Empfehlung von Wertpapieren, Holdh.Mschr.15 (1906), 321–326 American Real Estate Society (ed.), Journal of Real Estate Portfolio Management Ammelung, Ulrich, Planung für Steueroasen, Bank Magazin 12/1998, 18–22 Andenas, Mads, Liability for Supervisors and Depositors’ Rights: The BCCI and the Bank of England, Comp. Law 2001, 22(8), 226–234 Andenas, Mads/Fairgrieve, Duncan, Misfeasance In Public Office, Governmental Liability, and European Influences, ICLQ 2002, 51, 757– 780 Andersen Consulting, Das schweizerische Bankwesen an der Schwelle zum Jahr 2000; Delphi-Studie; hrsg. von Arthur Andersen, Andersen Consulting, Projektleitung Thomas Rufer; Manfred Stoll, Zürich 1993 Andres, Volker/Heuft, Christoph, Vermögensverwaltung mit Fondspicking, Wiesbaden 1995 Anker, Gerhard, Die Rechtsnatur des Treuhandverhältnisses, Ein Beitrag zur Dogmatik des Treuhandwesens, Diss. Heidelberg 1932 1017

Literaturverzeichnis

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Stichwortverzeichnis Abladen 143, 145, 285 f., 321, 796, 806 Abschlussvermittlung 570, 578, 584, 586, 639, 640, 694, 726 – Anlegerentschädigung 694 Abwicklungsrisiko bei Finanzdienstleistungen 134–146, 353, 525, 540, 611–613, 617, 622, 633, 655 f., 711, 985–992, 995 – Marktrisiken 353, 520, 525, 608, 643 – Untreue s. dort Ad-hoc-Berichtspflicht 98, 496, 645, 646, 914 f., 920, 993 AGB 10, 78 f., 92 f., 99, 146, 338, 407, 752, 995 – Abbedingen des WpHG 752 – Abbedingen des Weisungsrechts 91 – AGB-Banken/Spk. 92, 99, 668 – AGB-WP-Geschäfte 92 f., 573 – Anlegerentschädigung 668 f., 674– 677 – Einlagensicherung 668 f., 674–677 – Geschichte 338 f., 407 – Haftungsfreizeichnung für Hauptpflichten 96 f., 146, 407 – Haftungsfreizeichnung für Nebenpflichten 97 – Kardinalpflicht 96 f. – Kick-Backs 897 – Konditionenrisiko s. dort – Kündigung 146 – Stimmrechtsvollmacht 94, 339 – Verhältnis zur Sittenwidrigkeit 884 Agency 51, 183, 199, 205, 320, 397, 419 Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 56 Allgemeiner Bankvertrag s. Bankvertrag Allgemeininteresse s. Grundfreiheiten

Amtshaftung 711, 757, 760, 932– 980, 993 Anderkonto 21 f., 175, 179, 551, 602, 657, 692, 699 f., 866–869 Anlageberatung 6, 124, 134, 151, 199, 399, 814, 823–825, 838, 845– 849, 877 f., 891, 895, 929 – Abgrenzung zu fiduziarischen Beziehungen 151 – Abgrenzung zur Vermögensverwaltung 2, 17 f., 26 f., 47, 49, 52, 151, 403, 586 – Anlegerentschädigung 694 – Geldwäsche 929 – Geschichte 191, 273, 286, 291, 364, 399, 403 – Informationspflicht 844–849 – Interessenkonflikt 895 – investment advisory agency 199 – konkludenter Vertragsschluss 824 – MiFID 478, 481 f. – Outsourcing 639, 648 – WDRL 474–477 – Wertpapiernebendienstleistung 725 f. Anlageentscheidungen 74 Anlagemacht 8, 119 Anlagerichtlinien 2, 30 f., 33, 37 f., 61, 64, 66, 69 f., 76 f., 79, 95 f., 134, 136, 138, 272, 324, 392, 555, 557 f., 576, 581, 586, 590, 696, 764 f., 804, 814, 903, 905 f., 911 f., 913 f., 918, 920 – Abweichen von Anlagerichtlinien 138, 327, 902 f. – Änderungen 827, 865, 918 – als Teil der Hauptleistung 696 – Auslegung 899 – Beratung bei der Abfassung 844– 849, 877–882, 913 – feste Anlagerichtlinien 64

1087

Stichwortverzeichnis

– Fondspicking 37, 39, 62 f., 65, 81, 381 f., 389–391, 480, 582, 646, 793, 984 – Form 828, 866, 870–877, 920, 993 – freies Ermessen 2, 17, 22, 49, 61, 70, 96, 185 f., 189, 206, 321 f., 324, 586, 871, 873–875, 917 – Grenzen 899–903 – Muster 71 f. – Pflicht zur Einhaltung der Anlagerichtlinien 898–903, 912 – Pflicht zur Vereinbarung 870–877, 920, 992 – Rechtsnatur 876 f., 899 – standardisierte Vermögensverwaltung s. Vermögensverwaltung – Weisungen s. dort – Widerspruch zur Anlagezielen 195, 835, 847, 880 Anlagestrategie s. Anlagerichtlinien Anlagevermittlung 18, 364, 479, 658, 695, 780 – Anlegerentschädigung 694 Anlageziele 22, 26, 61 f., 66–74, 80, 85, 95 f., 138, 195, 496, 582, 590, 765, 792–794, 821–823, 826, 830– 843, 847, 874 f., 878, 880, 886, 895, 899, 903 f., 911, 914, 917 – Festlegung durch den Vermögensverwalter 781 – Festlegung bei Zwischenschaltung Dritter 774–785 Anlegerentschädigung 133, 414 f., 427, 544, 597, 604 f., 612, 616, 652, 655, 656–716, 962, 965, 975, 980 f., 983, 986–993, 996 – AGB 668 f., 674–677 – Anlageberatung 694 – Ausschluss 688–691 – Entschädigungsfall 691–704 – erfasste Wertpapiergeschäfte 694 – Exportverbot 700 f. – Haftungsverbund 706 f., 710, 713, 988, 991

1088

– Sondervermögen 661–663, 671 f., 702, 704, 709, 987 – topping-up 668, 681–687, 690, 701, 709, 987 – Untreue 135 f., 304, 306 f., 336, 403, 415, 601, 605, 662, 669, 697, 700, 706, 708, 711, 989 f. – Verjährung 703 f. – Wettbewerb 527, 657 f., 660, 668, 680, 682–684, 700, 705, 708 f., 710, 712 f., 952, 988, 990 f. Anlegerschutz – Funktionenschutz 4–7, 108 -147, 495, 531, 539 f., 597, 605, 623 f., 654, 656 f., 679, 757, 759 f., 921, 931, 943, 952, 954, 985, 987 – Geldwäsche 923 – Geschichte 208–341, 397–415 – Individualschutz 4–7, 108–147, 531, 540, 597, 605, 612, 616, 654–656, 679, 691, 757, 760 f., 763, 768, 932, 947 f., 950, 952, 957, 976, 981, 985 – durch Strafrecht 921–930 – Verhältnis zum Verbraucherschutz 114–117 Anstaltslast 338, 658, 670, 707 f. Aufbewahrungspflicht – Geldwäschegesetz 930 – KWG 632 f. – WpHG 732, 750, 752, 764–766, 769, 864 Aufklärungspflicht 26, 105, 107, 116, 120, 759, 774, 784 f., 794, 799– 802, 809 f., 813, 822 f., 824, 829, 833, 836–839, 844, 846–849, 871 f., 877– 882, 895–898, 913, 941 – Einlagensicherung 673–677 – Outsourcing 646 Aufsicht/-srecht – Aufsicht nach dem EsAeG 656–716 – Aufsicht nach KWG 330–334, 402– 415, 543–656 – Aufsicht nach dem WpHG 717–920 – Bedürfnisprüfung s. dort

Stichwortverzeichnis

– Bote 773–785 – Chinese Wall s. dort – Company Securities Insider Dealing Act 1985 (GB) 398 – Control of Borrowing Order 1958 (GB) 399 – Depotgesetz s. dort – Depositenbankgesetz 300 f., 307– 311, 328 f. – Financial Services Act/Financial Services and Markets Act (GB) 192, 196 f., 398–401, 470, 480, 792 – Financial Services Modernization Act (USA) 334, 432 – Finanzmarktförderungsgesetz s. dort – Gastlandkontrolle s. dort – Geschichte 208–341, 397–415 – Gewerbeordnung s. Gewerberecht – Glass-Steagall-Act (USA) s.a. Aufsicht/Trennbankensystem 330, 333 f., 338, 397, 432 – Gramm-Leach-Bliley-Act 334, 432 – Herkunftslandkontrolle s. dort – Hypothekenbankgesetz s. dort – Investment Advisers Act (USA) 38, 325, 397 – Investment Company Act (USA) 38, 186, 321, 325, 397 – Investmentfonds s. Investmentrecht – Investmentgesetz s. dort – Kapitalanforderungen s. dort – KWG-Novellen s. KWG – Off-shore 355–358, 372, 520, 537 – Pflichtenkategorien 731–733 – Prevention of Fraud (Investments) Act 1939 (GB) 398 – Richtlinien der BaFin s. dort – Schuldverschreibungsgesetz s. dort – SEC 38, 191, 363, 393, 399, 734 – Securities Act (USA) 325, 330, 397 – Securities Exchange Act (USA) 325, 330, 397 – Sicherstellung einer angemessenen Aufsicht 931–980, 993

– Stellvertreter 773–785 – Trennbankensystem 117, 301, 308 f., 330 f., 333 f., 337, 376, 432 f., 459 f., 468 f., 521, 532, 541, 851, 860 – Trust 196 f. – USA s. dort – Verzahnung mit dem Zivilrecht 10 f., 13, 747–769, 992, 996 – Wettbewerbsverzerrung 225, 443, 468–471, 488, 730, 931 s.a. Inländerdiskriminierung, s.a. Einlagensicherung, s.a. Wettbewerb – zentrale europäische Aufsicht 431, 453 Aufzeichnungspflicht 632, 750, 752, 764–766, 864–866 Auskunftspflicht 306, 330 – gegenüber dem Anleger 107, 291, 764, 823 f., 865, 904, 913–919 – gegenüber der BaFin 619 f., 624, 650 f., 731, 733, 854, 862 – gegenüber der Entschädigungseinrichtung 677 Aussonderung 21, 173–180, 201 f., 305 f., 419, 657, 699, 846, 997 Banken/Bankiers – Ambrosius-Bank 211 – Amsterdamer Wisselbank 229 – Anhalt-Dessauische Landesbank 269 – Banco di Depositi 228 – Banco di giro di affrancatione 228 – Banco Publico 229 – Bank-Austria-Gruppe 373 – Bankers Trust 284, 377, 380, 537 – Bank für Handel und Industrie 270 – Bank of America 377 – Bank of England 228, 243, 398, 960, 978 – Bank von Schweden 228 – Bank von Venedig 210 – Banque de Belgique 267 – Banque Générale 228

1089

Stichwortverzeichnis

– Banque Royale 228 – Barclays Bank 266, 369 f., 384 – Barings 132, 229, 265, 307, 630 – Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank 258, 269, 383 – Bayerische Vereinsbank 383 f. – BCCI - Bank of Credit and Commerce International 132, 400, 445, 535, 624, 977 – Benecke 236 f. – Berenberg, Gossler & Co. 229 – Berliner Handelsgesellschaft 270 f. – Berliner Kassen-Verein 267, 335 – Bethmann 230, 268, 290, 383 f. – Bleichröder 271, 287 – Braunschweigische Bank 270 – Camphausen 269 – Chase Manhattan 377, 537 – Commerzbank 299, 315 – Creditanstalt 373 – Crédit Mobilier 262, 270 f. – Crédit Suisse 369 f. – Darier, Hentsch & Cie. 280 – Darmstädter Bank 270, 315 – Darmstädter und Nationalbank Berlin 316, 330 – Datini & Cambioni 212 – Delbrück, Leo & Co. 299 – Delbrück, Schickler & Co. 229 – De l’ Harpe & Cie. 279 – Deutsche Bank 290, 299, 316, 369 f., 373, 377, 380, 383 f., 518 – Deutsche Grundschuldbank 309 – Deutsche Postbank 664 – Disconto-Kasse 269 – Diskonto-Gesellschaft 271, 292, 294, 310, 316 – Dresdner Bank 299, 316, 373, 377 f., 382–384, 391, 518, 537 – Ellwanger & Geiger 17 – Engel & Co. 247 – Fischer & Co. 382 – Fould 270

1090

– Fürst Fugger Privatbank KG 214, 225, 230, 379 – Gries & Heissel 379 – Grunelius 384 – Hamburgische Giro- und Wechselbank 229 – Hana Bank 373 – Hansemann 269 – Hardy & Co. 384 – Herstatt 108, 230, 268, 406 f., 445, 588, 658, 708, 761, 957 f., 969–973 – Heydt, August von der 269 – C. Hoare & Co. 229, 265 – ING 378 – Kaulla 232 – Königliche Giro- und Lehnbank 228, 273 f. – Leccacorvo 210 – Leipziger Bank 269, 309 – Lloyds Bank 266, 383 f. – Lombard, Odier & Cie 280 – Marcuard & Cie. 229 – Medici 210–212, 235 – J. Mendelsohn & Co. 230, 271 – Merck Finck & Co. 384 – Metzler seel. Sohn & Co. 229 – Mevissen 271 – Mitteldeutsche Privatbank 315 – Midland Bank 266, 384 – Mody Bank 968 – Monte Vecchio 211 – Nationalbank für Deutschland 315 f., 330 – National Provincial Bank 266 – Niederdeutsche Bank KGaA 310 – Oppenheim 230, 232, 268, 270 f., 382 – Österreichische Nationalbank 228, 247, 258 – Pictet & Cie. 30 f., 277 – Pommersche Hypotheken-Aktienbank 309 – Preußische Hypotheken-Aktienbank 309

Stichwortverzeichnis

– Preußische Seehandlung 228, 247 – PrivatBank AG 373 – Privat-Diskonto- und Darlehen-Kasse 269 – Raiffeisen(banken) 62, 271, 337, 653 f., 661 – Rheinisch-Westfälischen Bank 307 – Ritterschaftliche Privatbank 269 – Rostocker Bank 269 – Rothschild 230, 232–235, 268, 273, 288, 291 f., 417, 420 – Sal. Oppenheim jun. & Cie. 230, 232, 268, 270 f., 382 – Savings & Loans Associations 133, 710, 965, 988 – A. Schaaffhausen 268–270 – Schickler 229, 250, 271 – Schlesische Bankverein 271 – Schröder, Münchmeyer & Hengst 384 – Schulze-Delitzsch 271 – Schweizerische Bankgesellschaft 369 f., 377 – Schweizerischer Bankverein 369 f., 377 – Schweizerische Nationalbank 371 – Seligmann 232 – Simonbank 384 – Société Générale de Belgique 267 – Spar- und Kreditverein Niedermoldau 310 – Spielhagen-Banken 309 – Splitgerber & Daum 229 – Stadtwechsel Basel und Straßburg 216–220, 272, 416 – J. H. Stein 268 – St. Georgsbank 211, 220 – Taula de Canvi de Barcelona 211, 222 – Taula de Canvi de Valencia 211 – C.G. Trinkaus 230 – Trinkaus & Burkhardt 384 – UBS 369 f., 377, 380

– Waaren-Credit-Gesellschaft 271 – M. M. Warburg & CO 17, 28, 230, 273, 382, 384 – Warschauer 271 – Wegelin & Cie. 229 – Weimarische Bank 270 – Westorff, Schilling & Kraut 231 f. – Westminster Bank 266 – Wiener Stadtbank 228, 247 Bankbetriebslehre 3, 628 Bankgeheimnis 73, 98, 216, 219, 235, 287, 363, 677, 782 – Faktor im Wettbewerb 235, 371, 373, 422, 440, 443, 533 f., 922 – Outsourcing 634, 651 – s.a. EG-Richtlinie/Zinsbesteuerung Bankvertrag 106 f., 747, 804 Basel I 359 Basel II 359, 448, 464, 466, 520, 538 f. bedeutende Beteiligung 461 f., 491, 624–626 Bedürfnisprüfung 308, 330, 406, 430, 432, 487, 532, 596, 955 Beihilfe zur Straftat 899, 922 Beihilfe, staatliche 707 Benachrichtigungspflicht s. Informationspflicht Benchmark 84, 892 f., 913 f. – s.a. Performance Benson, Lloyd 2 Beratungspflicht – Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Erteilung von Einzelweisungen 847, 909 – bei der Abfassung der Anlagerichtlinien 844–849, 877–882, 913 Beratungsvertrag – im Vorfeld des Vermögensverwaltungsvertrags 824, 877 Berufshaftung 149, 747, 768 f. Berufshaftpflichtversicherung s. Haftpflichtversicherung Beschwerdewesen 631 f.

1091

Stichwortverzeichnis

Bestands(pflege)provisionen/KickBacks 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 Betriebsaufspaltung 57 Betrug/Kapitalanlagebetrug 5 f., 113, 261, 365, 921 f. – Sicherungssysteme gegen Betrug 633 Beweislast s. Prozessrecht Bilanzrecht 309, 447, 454 Bismarck 273, 287 Bond-Entscheidung s. Urteilsverzeichnis Börse/Börsenrecht – Aufsicht 535, 544, 959 – Berliner Börsenordnung 246, 258, 302 – Börsengesetz 288, 297, 301–304, 332 – Börsen-/Finanztermingeschäfte 49, 71, 90, 239, 241 f., 257–259, 300, 302, 361, 364, 483, 485, 554, 566– 568, 595, 666, 681, 726, 841, 875, 879 f., 949, 984 – Börsentermingeschäftsfähigkeit 776, 880 – Brügger Maklerstatute 220 – Europäische Regelung 435, 438, 440, 472–477, 516–518, 535 – Frankfurter Börsenordnung 258 – Geschichte 208–341, 476 – Gründungsdekret für die Börse zu Köln 247 – Hannoveraner Börsenordnung 258 – Maklerordnung von Hamburg 246 – Maklerordnung von Barcelona 220 – Maklerprivileg von Brügge 220 – Pariser Börsenordnung 240 – Statuten von Genua 225 Börseninformationsdienste 603, 726, 818, 907 Börsenplätze – Antwerpen 220, 223–225, 237 – Augsburg 224, 226

1092

– Barcelona 220 f. – Berlin 226, 246, 258 f., 296, 300, 302 – Bremen 226 – Brügge 220 – Danzig 226 – Florenz 224 – Frankfurt 226, 246, 258 f., 518 – Genua 224 f. – Gleiwitz 302 – Halle 302 – Hamburg 226, 246, 258 – Hannover 247, 258, 568 – Köln 224, 226, 246 f., 302 – Königsberg 226 – Leipzig 226 – Liverpool 261 – London 242, 260 f., 263, 286, 383, 398, 400, 518 – Lübeck 226 – Lyon 223–225 – Manchester 261 – New York 263 f., 320, 360 – Nürnberg 226 – Paris 222, 225, 240 f., 260, 262 – Posen 302 – Rouen 225 – Stettin 302 – Toulouse 224 – Wien 247, 296 Börsentermingeschäftsfähigkeit 776, 880 Branchenusancen 10, 407, 740 f., 871 f., 882, 908 Bubble Act 187, 242–245, 253 Buderus, Karl Friedrich 233 f. Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken 337, 661, 706 Bundesverband deutscher Banken e.V. 408 f., 663, 665–669, 674, 678, 683–686, 705, 709, 713, 987 Bundesverband Finanzdienstleistungen 111

Stichwortverzeichnis

Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. 408, 664, 669 f., 674, 677 f., 683–686, 706 Casa del Ceppo die Poveri di Francesco di Marco 213 Chart-Technik 905 Chinese Wall 314, 333, 399, 629 f., 806, 809, 811, 819, 859–862 – s.a. Trennbankensystem Churning 81, 89, 143, 304, 313, 434, 794, 816, 863, 883, 894–896, 912 Cold Calling 473 Commission creaming 143 f. Company Securities Insider Dealing Act s. Aufsicht Compliance – s.a. Chinese Wall – Compliance Monitoring 30 f., 77, 392, 410 f. – Compliance Organisation 333, 647, 850, 851–864 – compliance-relevante Information 856–861 – Compliance-RL 739, 763, 850, 857– 864 Control of Borrowing Order s. Aufsicht Cooke-Committee 359, 464 Custodian 55 Datini, Francesco 213 Dauerschuldverhältnis 18, 26, 29, 46, 106 f., 134, 141, 496, 571, 757, 777, 811 f., 826 Delegation 191 f., 199, 621, 636, 764, 811, 813, 863, 929 – Erwerb von Fonds 35–37 Depositenbankgesetz s. Aufsicht Depotgeschäft 25, 45, 52, 59 f., 64, 75, 86, 93–95, 130–132, 143, 304– 307, 317, 328, 339, 402, 479, 547 f., 569, 572–575, 576, 585, 592; 595, 600–603, 645, 662, 694, 721, 723 f.,

866, 926, 984 f. – Anlegerentschädigung 694 – Aufsicht s. dort – Gebühren 81, 86–88, 391, 897 – Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 – Outsourcing 645 – Vollmacht 90 – Wertpapiernebendienstleistung 723 f. Depotgesetz 130, 135, 304–307, 334– 336, 339, 407, 423, 574, 666, 705, 710 f., 721 f., 723 f., 988, 990 Depotstimmrecht 25, 86, 93–95, 146, 275, 311, 339, 403, 572 – s.a. Interessenvertretungsrisiko Deregulierung 127, 356, 361, 366, 441, 447, 456, 467, 533, 537 Deutscher Sparkassen- und Giroverband 407, 661, 669, 706 Dienstleistungsfreiheit 411, 428–430, 436, 438, 456, 459 f., 467, 470–473, 486, 503, 507–516, 517, 530, 532, 947 Differenzeinwand 241, 263 Directors’ Dealings 915–919 Direktbanken 27, 351, 376, 496 f. Discount Broker 27, 351, 363, 376, 476, 496, 752, 823, 837–848 Discretionary Account 51 Dispositionsbefugnis 65 f. – s.a. Vermögensverwaltung/Vollmacht Diversifizierung 36, 68, 190 f., 279, 382, 392, 395, 418, 444, 710, 831, 911, 966, 988 Dresdner Münzkonvention 268 Drittländer 463, 519 f. Drittwiderspruchsklage 21, 173, 201 f. East India Company 243 Effektenkreditexekution 144 EG-Empfehlung – Einlagensicherung 467

1093

Stichwortverzeichnis

– Versicherungsvermittler 530 – Wohlverhaltensregeln 433–435 EG-Richtlinien – AnlegerentschädigungsRL 133, 414, 437, 527 f., 531, 542, 656–716, 952, 983, 990 – AusschussstrukturRL 446 – BankbilanzRL 447, 454 – BankenRL 330, 442, 446 f., 455– 466, 468–527, 532, 535, 541, 593 f., 599, 616, 976 – BankrechtskoordinierungsRL, Erste 359, 446, 432, 447, 516, 532, 596, 960, 977 – BankrechtskoordinierungsRL, Zweite 411, 447, 455 f., 462, 465, 468–474, 484, 532 f., 712, 977 – BCCI-RL s.a. Banken/BCCI 456, 487, 624 – BörsenzulassungsprospektRL 1980 435 – BörsenzulassungsRL 435 – EigenmittelRL 359, 442, 447, 460 f., 463–466, 520, 522, 952, 977 – EinlagensicherungsRL 133, 414, 442, 444 f., 467 f., 527, 531, 542, 656–716, 939–942, 944 f., 950, 953, 973, 975–977, 990 – Fernabsatz Finanzdienstleistungen 448, 453, 473, 531 – FinanzkonglomerateRL 527, 536 – GeldwäscheRL 448, 923 f., 927 – GroßkreditRL 447, 461, 466, 520, 522, 526 – Haftung wegen verspäteter Richtlinienumsetzung 934–953 – HalbjahresberichtsRL 435 – KapitaladäquanzRL 358, 462, 466, 474, 484, 486, 515, 517, 520–527, 537–540, 604, 610, 617, 636, 950– 953 – KonsolidierungsRL, Erste und Zweite 435, 466 – LiberalisierungsRL, Dritte 470

1094

– MarktmissbrauchsRL 448, 506, 568, 857, 919 – OGAW-RL 437, 456, 485, 693 – PublizitätsRL für Zweigniederlassungen 454 – RL über die Haftung bei Dienstleistungen (Vorschlag) 454 f. – RL über grenzüberschreitende Überweisungen 443 – RL über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) 6, 49, 437, 453, 455, 460, 462, 466, 469, 471, 477–520, 522–524, 530, 535, 540, 544 f., 552, 558, 560 f., 563 f., 566, 570, 575, 578, 595, 636, 753, 781, 790, 792, 996 – RL zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbstständig tätige Kreditinstitute und anderer finanzieller Einrichtungen 431 – SolvabilitätsRL 359, 442, 447, 461, 463–466, 520–527 – VerbraucherkreditRL 443, 454, 531 – Versicherungsagenten- und -maklerRL 530 – VersicherungsvermittlungsRL 530 – WertpapierdienstleistungsRL 4, 38, 49, 114, 412 f., 431, 437, 448, 453, 455, 459 f., 462, 468–477, 477–520, 530, 535, 544, 552, 558, 559–595, 614, 616 f., 626 f., 636, 655, 717–726, 747, 749 f., 751, 753, 760, 773, 780 f., 786, 788 f., 791 f., 794 f., 798, 800, 822 f., 825, 829, 842 f., 851, 868, 942–950, 951, 953, 976 f., 983–989, 998 – ZinsbesteuerungsRL 371, 399, 455, 534, 922 EG-Verordnung – Euro-VO 599 – VO über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro 443 f.

Stichwortverzeichnis

Eidgenössische Bankenkommission 37, 137, 142 f., 410, 550, 638 Eigenhandel 129, 131, 242, 335, 479, 498, 506, 517, 524, 570, 578, 600– 603, 604, 609–611, 629, 648, 658, 694, 782, 790, 796, 801 f., 809, 816, 858 f., 861 – Anlegerentschädigung 694 Eigenkapital s. Kapitalanforderungen Eigenmittel s. Kapitalanforderungen Einlagengeschäft 42, 328, 402, 546, 548–560, 576, 593, 599 f., 602 – Abgrenzung zur stillen Beteiligung 42, 548–558 – Aufsicht s. dort – Treuhandmodell 548–560, 576 – Vertretermodell 559 f., 576 f. Einlagensicherung 133, 408–410, 414 f., 427, 544, 597, 604 f., 612, 616, 652, 655, 656–716, 941–945, 950, 953, 962 f., 965 f., 968, 972–977, 980 f., 983, 986–993, 996 – AGB 668 f., 674–677 – Anschlussdeckung s. Bundesverband – Ausschluss 688–691 – Bankenfonds 406 – Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. s. Bundesverband – Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. s. Bundesverband – Entschädigungsfall 691–704 – Exportverbot 700 f. – Geldwäsche 468, 692, 704 – Geschichte 133, 218, 266, 307, 310, 336–338, 406 f. – Haftungsverbund 706 f., 710, 713, 988, 991 – Internationale Entwicklungen 714 f. – Sondervermögen 661–663, 671 f., 702, 704, 709, 987

– topping-up 668, 681–687, 690, 701, 709, 987 – Treuhandmodell 699 f. – Untreue 135 f., 304, 306 f., 336, 403, 415, 601, 605, 662, 669, 697, 700, 706, 708, 711, 989 f. – USA 266, 307, 338 – Verjährung 703 f. – Wettbewerb 337, 407, 463, 467, 527, 657 f., 660, 668, 680, 682–687, 700, 705, 708 f., 710, 712 f., 952, 988, 990 f. Emission, Emissionsgeschäft 3, 117, 120, 142, 457, 468 f., 478 f., 486, 526, 595, 729, 796, 806 f., 817, 853 f., 856, 858 – Anlegerentschädigung 658, 694 – Geschichte 215, 240 f., 245 f., 256, 258–264, 272–274, 290 f., 304, 308 f., 320, 355, 365 f., 422 – Interessenkonflikt 629, 796, 806 f. – MiFID 486 – Wertpapierdienstleistung 478 f. Empfehlungsverbot 732, 742–746, 751, 762, 769, 789, 797, 812, 814– 820, 853, 895 Erkundigungspflicht 789, 792, 794, 821–843, 844, 849, 920, 992 – Bedeutung der Pflicht 821–825 – Dokumentation 828 f. – Erforderlichkeit 826–828 – Inhalt der Pflicht 829–832 – unvernünftige Kundenangaben 835 f. – Verweigerung der Kundenangaben 832–834 – Wiederholung der Erkundigung 29, 76, 79, 826 f., 919 Eurobonds/Eurobond-Markt 365, 398 f. Europäischer Pass 412, 431, 436, 456–467, 468–477, 478–537, 571, 593–595, 604, 726 Europarechtswidrigkeit 976–978

1095

Stichwortverzeichnis

fachliche Eignung 617–624 Feenpalast 302 Financial Services Act/Financial Services and Markets Act s. Aufsicht Financial Services Action Plan 442, 447–449, 476 f., 528–541 Financial Services Authority 197, 400 Finanzinstrumente 4, 17, 20, 25, 31, 42, 44, 50, 60, 74, 120, 122, 196, 355, 361, 381, 396, 411–426, 427, 477 f., 481–483, 486, 495, 497, 500 f., 501, 506, 508, 517, 525, 545, 557, 560– 568, 577 f., 587–592, 722 Finanzkommissionsgeschäft 40–44, 75, 560–572, 576–578, 593, 595, 608, 654, 658, 694, 726, 729, 983 – Anlegerentschädigung 658, 694 Finanzkonglomerate 334, 357 f., 527, 536, 541 finanzielle Verhältnisse des Anlegers 29, 496, 775, 777, 821, 826–828, 830, 832, 834, 838 f., 842 f., 847 Finanzintermediär 5, 12 f., 19, 46, 112 f., 119–125, 128 f., 131, 268, 272, 326, 433 f., 440, 476, 479, 494, 529, 531, 535, 537, 540, 571, 586, 697, 730, 789, 794 f., 809, 818, 821, 824, 827, 915, 918, 921, 963, 980, 993 – Aufsicht s. dort – Geschichte 208–341, 352, 354–366, 397, 404, 410, 424 – Globalisierung 10, 353–360, 373– 379, 392, 422, 476, 529, 541, 982 – Insolvenz s. Einlagensicherung, s. Anlegerentschädigung – Interessenkollision s. dort – Notwendigkeit des Anlegerschutzes 108–147, 536 f., 540 – ökonomische Funktion 119–125, 789, 821 – Strafrecht 921–930 – Verbände 408–410

1096

– Verhaltenspflichten s. dort – Vermögensverwalter als 119–125 Finanzmarktförderungsgesetz – 2. FFG 4, 412, 469, 719–721, 730, 815, 820, 942 – 3. FFG 35, 39, 414 – 4. FFG 469, 691, 694–701, 916 Finanztermingeschäfte 49, 90, 841, 879, 949 – Börsentermingeschäfte 49, 71, 90, 239, 241 f., 257–259, 300, 302, 361, 364, 483, 485, 554, 566–568, 595, 666, 681, 726, 841, 875, 879 f., 949, 984 Finanzportfolioverwaltung s. Vermögensverwaltung fiduziarische Rechtsverhältnisse 8, 12, 66, 419, 618 – Geschichte 8, 149–207 – s.a. Treuhand – s.a. Vermögensverwaltung Financial Services Modernization Act s. Aufsicht Fondspicking 37, 39, 62 f., 65, 81, 381 f., 389–391, 480, 582, 646, 793, 984 Freiberufliche Tätigkeiten 15, 20– 23, 56, 591 f., 768 Frontrunning 143, 794, 819 f., 853, 901, 921 Fugger 214 f., 225, 230, 379 Gastlandkontrolle 329, 437, 438, 444, 456, 459–462, 503–518, 533, 684, 686, 700, 715, 992 GATS 357, 463 Gegenlaufen 819 f., 853 Geldwäsche 86, 447 f., 468, 692 f., 923–930, 985 – Einlagensicherung 468, 692, 704 – Outsourcing 645, 647, 929 – Schweiz 410 – Sicherungssysteme 633, 929 – Versagung der Zulassung 624, 626

Stichwortverzeichnis

Gemeinkostenregelung 524, 610– 612, 655, 893, 986 Germanisches Recht 164–180 Geschäftsbesorgung 41, 47, 55, 78, 92 f., 99–105, 168, 175, 201, 205, 588, 747 f., 750, 790, 846, 871, 876, 881, 896, 899 – Abgrenzung 40–46 – Arten 1, 19–24 – Vermögensverwaltung als Geschäftsbesorgung 19, 78, 99–105 Gewährträgerhaftung 337, 658, 670, 707 f. Gewerberecht 113 f., 257, 296, 298, 332, 405, 415, 619 f. – Aufsicht über Makler/Vermögensverwalter 404 f., 412 f., 486 – Gewerbefreiheit 251 f., 296, 329, 596 – Gewerbezentralregister 618, 620 – Immobilienverwaltung 425 – Makler- und BauträgerVO 113, 405, 425 – private Vermögensverwaltung 56 f. – Schutzgesetz 755 Gewerbsmäßigkeit 24, 398, 477, 543, 546 f., 576 f., 583, 588, 591 f., 727– 730, 787, 926 – Vermögensverwaltung s. dort – Wertpapierdienstleistungen 726–730 Glass-Steagall-Act s. Aufsicht Gleichbehandlung 144, 434, 668, 801–808, 810, 813, 916 – Inländergleichbehandlung s. dort – Zuteilung von Aktien s. dort Globalisierung 10, 353–360, 373– 379, 392, 422, 476, 529, 541, 982 Gramm-Leach-Bliley-Act s. Aufsicht grauer Kapitalmarkt 40, 110–114, 204, 312, 364 f., 405, 411, 413, 415, 529, 547 f., 456, 579, 587, 932 f., 980, 984, 993

graue Vermögensverwaltung 4, 27, 136, 138, 870, 898 Großkaufleute 214–216 Großkredite 609 f. – s.a. EG-Richtlinien/GroßkreditRL Group of Ten 359 Grundfreiheiten 429, 458, 461, 470, 485, 509 f., 513, 533, 965 – Allgemeininteresse 438 f., 443, 462, 473, 594, 750, 965 – Dienstleistungsfreiheit 411, 428– 430, 436, 438, 456, 459 f., 467, 470– 473, 486, 503, 507–516, 517, 530, 532, 947 – Kapitalverkehrsfreiheit 364, 371, 374, 428–430, 470 – Niederlassungsfreiheit 411, 428– 433, 456, 459, 467, 470 f., 483, 486, 507–516, 517, 519, 530, 532, 626, 947 – Warenverkehrsfreiheit 428, 472 Grünbuch Finanzdienstleistungen 531 Grünbuch Finanzdienstleistungspolitik 6 f., 449 Grünbuch Vermögensverwaltung 7 Haftpflichtversicherung 97, 135, 138, 321, 604, 610, 612 f., 616 Haftung 3, 11, 79, 96 f., 190, 243, 252 f., 265, 291, 298, 325, 653, 834, 907 f. – Amtshaftung/Staatshaftung 711, 757, 760, 932–980, 993 – Anlageberatung 5 f., 291, 824 – Berufshaftung 149, 768 f. – Freizeichnung 96 f., 146, 196, 407 – Erhalt der Haftungsgrundlage/-masse 132 f., 139, 221, 293, 312–314, 512, 523, 598, 610, 612, 655, 986 – Haftung für Abschlussvermittler 653 – Haftung für Börseninformationen 907–910

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Stichwortverzeichnis

– Haftung für Kapitalmarktinformationen 703 – Haftungsmaßstab 162, 786–788 – Haftungsmilderung 787 – Haftungsrisiken 190, 383, 778, 910 – Haftungstatbestände 425, 747–773, 824 – Outsourcing 650 – Prospekthaftung 257, 302 – Testamentsvollstrecker 425 – Treuhänder 55, 139 – Verkehrspflichten 766–769 – Vertrauenshaftung 106, 667 f., 824 – wegen verspäteter Richtlinienumsetzung 691, 934–953 Harmonisierung – Anerkennung der nicht harmonisierten Normen 434, 531 – Konsolidierung der Richtlinien 455 f., 541, 983, 996 – Mindestharmonisierung 360, 435– 446, 452–455, 469–471, 504, 533, 535, 541, 982 – Theoriedefizit 431, 442–445 – Vollharmonisierung 438, 442, 452 f., 473, 502, 505, 508 Hauptverwaltung im Inland 626 Hedge-Fonds 537 Herkunftslandkontrolle 435–446, 453, 456, 458 f., 461 f., 463–470, 471, 484, 500, 503, 507–516, 533, 681– 687, 690, 701, 948 – Aufsicht s. dort – EU-Recht 433–446 – Kreditinstitute 453–468 – Wertpapierfirmen 467–528 – zentrale europäische Aufsicht 431, 453 Hoffaktoren 230–237, 250, 417, 420 Honorar 79, 80–89, 93, 104, 144 f., 192, 286, 323, 391, 609, 645, 882– 898, 913, 920, 993 – All-In-One-Fee 88 f., 895 – Anfangshonorare 81, 884 f.

1098

– Churning s. dort – Erfolgshonorare/Performance Fee 81–86, 104, 144, 286, 323, 772, 885– 894 – Fixhonorar 81–85, 884 – Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 – Stundung als Großkredit 609 f. – Verwaltungshonorar 81–87, 89 Hypotheken/-darlehen 185, 187, 208, 250, 272, 281, 312, 326, 562, 693 Hypothekenbanken 258, 267, 269, 308, 312, 465 Hypothekenbankgesetz 308, 312, 693 Immobilienfonds 17, 36, 44, 60, 122, 364, 387, 405 – Jamestown 17 Informationsbeschaffungspflicht 907–910 Informationspflicht 673–677, 747, 765, 792, 824, 836–842, 843–849, 877–882, 900, 912–920, 992 – Ad-hoc-Berichtspflicht 98, 496, 645, 646, 914 f., 920, 993 – als Nebenpflicht aus der Vermögensverwaltung 824, 877 – s.a. Aufklärungspflicht – Benachrichtigungs-, Rechnungslegungs- und Unterrichtungspflichten 912 f. – s.a. Beratungspflicht – Directors’ Dealings 915–919 Informationsrisiko 126, 134, 995 Inländerdiskriminierung 488, 533, 953 Inländergleichbehandlung 436, 509, 513, 518 Innenrevision 630 f. Insiderhandel/-recht/-wissen 113, 143, 145, 186, 268, 303, 314, 326, 333, 398, 409, 433 f., 506, 648, 722,

Stichwortverzeichnis

730, 790, 802, 817, 818 f., 820, 855, 857–863, 899–902, 915–919, 921 f. – Empfehlungen der Börsensachverständigenkommission 409 – Frontrunning 143, 794, 819 f., 853, 901, 921 – Parallelrunning 819 f., 853 – Prior s. Urteilsverzeichnis – Sascha Opel s. Urteilsverzeichnis – Scalping 143, 186, 303, 802, 816– 819 Insolvenz – Aussonderung 21, 173–180, 201 f., 305 f., 419, 657, 699, 846, 997 – Anlegerentschädigung s. dort – Einlagensicherung s. dort – Insolvenzantragsrecht der BaFin 691 – Insolvenzverwaltung, Abgrenzung zur Vermögensverwaltung 1, 19 f., 23, 47, 201, 214, 579 f. – Konkursvorrechte 131, 133, 202, 308, 335 f., 656 f. – Moratorium 691, 695 – Surrogation 174, 179, 201–203 – Unmittelbarkeitsprinzip s. Treuhand Institutionalisierung 361 f. Institutionelle Anleger 39, 65, 118 f., 128, 352, 362, 370, 372, 374, 391 f., 395 f., 421, 666, 668, 696, 710, 988 – Banken s. dort – Investmentfonds s. dort – Pensionsfonds s. dort – Stiftungen s. dort – Versicherungen s. dort Interessenkollision 8, 141–145, 186, 197, 222, 270, 295, 303, 391, 789– 820, 851–863, 885, 891, 912 Interessenvertretungsrisiko 5, 146 f., 227, 312, 339, 403, 995 – Argentinienkrise 404 – Auslandsschuldverschreibungen 293, 311 f., 404 – Depotstimmrecht 25, 86, 93–95, 146, 275, 311, 339, 403, 572

Interessenwahrungspflicht 11, 78, 89, 100, 104, 169, 434, 496, 742, 747 f., 763, 777, 782, 785 f., 789–820, 822, 841, 844, 847 f., 851–863, 864, 866, 872, 877, 880, 883–886, 892, 895, 898–900, 903, 906, 910, 912, 920, 992 – kein Schutz vor sich selbst 779, 832, 834, 836, 838, 842 f., 849 International Organisation of Securities Commissions (IOSCO) 359, 493 International Swap Dealers Association 359 Investment Advisers Act s. Aufsicht Investmentclub 16, 23, 546, 582– 585, 699, 855, 984 Investment Company Act s. Aufsicht Investmentfonds/-häuser – AD Gestioni 378 – AG für Rheinisch-Westfälische Industrie 288 – Alexander Fonds 286 – Allgemeine Deutsche InvestmentGesellschaft m.b.H (ADIG) 386 – Alliance Capital 378 – Allianz 369 f., 373, 377 f., 386 – AM Generali Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH 379 – AXA Group 370, 378 – Bankers Trust 284, 377, 380, 537 – Bankgesellschaft für Vermögensanlagen mbH 391 – Banque de Fonds d’État 274 – Barr Rosenberg Investment Management Group 378 – Bayerische Investment AG 319 – Bergisch-Märkische IndustrieGesellschaft 288 – Boston Personal Property Trust 286 – Capital Group 369 – Chase Manhattan 377, 537 – Compagnie Française de Placement 319

1099

Stichwortverzeichnis

– Deka - Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH 386, 390 – Deutsche Asset Management 370 – Deutsche-Investment-Verein eG mbH 319 – Deutscher Kapitalverein 319 – DIT 386 – dresdnerbank investment managing Kapitalanlagegesellschaft mbH (dbi) 391 – DWS 386 – Fleming 275, 377 – Fidelity 369 f., 375 – Gesellschaft für Vermögensanlagen Kapitalanlagegesellschaft mbH 391 – Global Asset Management 377 – Goldman Sachs 537 – Guaranty Trust Company 284 – Guotai Securities 373 – Hannoversche Gesellschaft für industrielle Unternehmungen 288 – International Securities Trust 321 – IOS 108, 112, 364, 387, 401 – JP Morgan 537 – Kampo 370 – Kemper Funds 378 – Kleinwort Benson 377, 518 – Korea Asset Management Corp. 373 – Manufacturers’ Trust Company 284 – Meag Munich Ergo Asset Management GmbH 379 – Merrill Lynch 368, 370, 380, 537 – Metropolitan 369 – Morgan Grenfell 377, 518 – Morgan Stanley 362 f., 537 – New York Stock Trust 286 – Paine Webber 377 – Pimco 370, 377 f. – Prudential 369 – Robert Fleming Holdings 377 – Schweizerische Treuhandgesellschaft Holding AG 378

1100

– Scottish-American Investment Company 274 – Scudder Kemper Investments 378 – Scudder Stevens & Clark 378 – Société Financière FrancoAméricaine 319 – Société Financière Franco-Suisse 274 – Stanford Bernstein 378 – State Street 370 – Submarine Cables Trust 275 – Union-Investment-Gesellschaft mbH 386 – Union Trust 319 – Union Trust Co. 277 – United States Trust Co. 277 – Vanguard 370 – Yamaichi 540 – Zickertsche Kapitalverein 319 – Zürich Allies 373 – Zürich Financial Services Group 378 Investmentrecht/-geschäft 32–40, 41- 43, 47, 51, 63, 65, 88, 95, 112 f., 118, 126, 205, 207, 285 f., 317–322, 390 f., 399, 548, 575 f., 581 f., 718– 721, 984 – Abgrenzung zur individuellen Vermögensverwaltung 32–40, 575 f. – Anteilscheine 32 f., 35, 68, 87, 483, 564, 575 f., 721, 949 – Aufsicht 576, 580–582, 718–721 – Einlagensicherung 663 – erlaubte Nebentätigkeiten 35, 414, 600, 659, 663, 689, 721 – Geschichte 263 f., 274–280, 285 f., 287 f., 314–322, 322–327, 362 f., 364, 366–392, 397–401 – IOS 108, 112, 364, 387, 401 – Outsourcing 644 – Sondervermögen 32–40, 115, 201, 575, 581 f., 644, 661, 721 – Spezial-Sondervermögen 39, 65, 201, 391 f., 480 – Surrogation 202

Stichwortverzeichnis

Kaiser Karl V 215, 223, 226 Kapitalanforderungen 463–467, 520–527, 598–611 – Eigenkapital 121, 132, 137, 139, 242, 247, 273, 289, 308, 313, 433, 463–467, 469 f., 471, 473 f., 515–517, 520–527, 535, 538 f., 556, 571, 598– 611, 612, 617, 655, 665, 667, 705, 950–953, 981, 986 – EigenmittelRL s. EG-Richtlinien/ EigenmittelRL – Funktion des Kapitals 598 – Gemeinkostenregelung 524, 610– 612, 655, 893, 986 – Haftpflichtversicherung s. dort – laufende Kapitalausstattung 524 f., 605–611 – Mindestkapital 132, 141, 313, 457, 465, 486, 520–527, 598, 605, 610 f., 667, 950, 952 Kapitalanlagebetrug s. Betrug Kapitalfluchtgesetz 328 KapitalmarktinformationshaftungsG 703 Kapitalverkehrsfreiheit 364, 371, 374, 428–430, 470 Kartell s. Wettbewerb Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 Konditionenrisiko 10, 126, 145 f., 303, 339, 407, 981, 995 – s.a. AGB Konkurrenzmandate 30 f., 77, 392, 410 f. – s.a. Compliance Monitoring Konsortialgeschäft 142, 215, 595, 658, 729 f., 855 Kreditgenossenschaften 62, 271, 310, 337, 464, 653 f., 706, 711–713, 989 f. Kündigung 10, 98, 144, 146, 391, 651, 757 f., 770, 778, 789, 811, 813 f. Kuratorengesetz 311

Kurs- und Marktmanipulation 143, 223, 243, 259, 300, 303 f., 321, 434, 453, 506, 814, 817–819, 857, 899 – Frontrunning s. dort – Parallelrunning s. dort – Prior s. Urteilsverzeichnis – Sascha Opel s. Urteilsverzeichnis – Scalping s. dort. Kursschnitte 143, 304 KWG – 2. KWG-Novelle 406, 615 – 3. KWG-Novelle 401, 432, 435, 959 – 4. KWG-Novelle 411, 455, 464 – 5. KWG-Novelle 435 – 6. KWG-Novelle (UmsetzungsG) 4, 12, 26, 30, 35, 50, 110, 385, 412–415, 419, 423, 459, 466, 469, 478, 542, 547 f., 552, 556, 558, 560 f., 564, 568, 572, 577, 579, 598, 601, 605, 617 f., 627, 635, 654, 710, 712, 720–723, 730, 783, 943, 954, 988, 995 Lamfalussy-Verfahren 448, 450– 453, 475 f., 477, 496, 502, 505, 535, 544 Law, John 228, 246 Liechtenstein 9, 86, 182, 204, 455, 520, 697 Long Termin Capital Management (LTCM) 537 Luxemburg 2, 86, 204, 329, 356, 359, 372, 443, 455, 534 Makler- und BauträgerVO 113, 405, 425 Marktversagen 5, 474, 964 Maxwell-Imperium 400 Meldepflichten 413, 462, 466, 506, 526 f., 534 f., 597, 618, 623, 635, 772 f., 861–863, 864, 915–919 Methoden 882, 905, 908, 910 MiFID s. EG-Richtlinien Millionenkredite 608 – s.a. EG-Richtlinien/GroßkreditRL

1101

Stichwortverzeichnis

MilRegG 52 55 Mindestharmonisierung s. Harmonisierung Mirabeau 241 Mississippi-Gesellschaft 240, 243 Mitarbeitergeschäfte/-leitsätze 314, 492, 628, 648, 745, 852–857, 861 f., 864 Monopol s. Wettbewerb Mündel/Mündelvermögen 7, 50, 53, 78, 161 f., 168, 185–193, 206, 210, 216, 259, 272, 274, 316, 327 Nachlassverwaltung 23, 45, 60 f., 154, 161, 164, 166, 177, 184, 185, 196, 214, 216, 222, 315 – s.a. Testamentsvollstreckung Nick Leeson 630 Niederlassungsfreiheit 411, 428–433, 456, 459, 467, 470 f., 483, 486, 507– 516, 517, 519, 530, 532, 626, 947 Off-shore s. Aufsicht Organisationspflichten 491, 626– 654, 849–869 Organkredite 608 – s.a. EG-Richtlinien/GroßkreditRL Outsourcing 492, 633–654, 744, 763, 863, 929, 987 – Gefahren 633 f. – Geldwäschebeauftragter 645, 647, 929 – grenzüberschreitendes Outsourcing 651 – Haftung 650 – MiFID 492, 636 – Vorteile 633 Parallelrunning 819 f., 853 Pensionsfonds/pension funds/pension trusts 65, 126, 184, 196, 198, 362, 343, 345 349, 362, 366 f., 374, 376, 400, 500 Pensionsgeschäft 523, 566, 667

1102

Performance/Performancemessung 31, 67, 75–77, 89, 140 f., 145, 181, 396 f., 786, 885, 891–893, 899 – Benchmark s. dort Pflichtverletzung – aufgetretene Missstände 162, 325, 589 – Deckung durch Einlagensicherung 696, 708 – s.a. Haftungstatbestände – MiFID 500 Portfoliomanagement 3, 51, 67 f., 151, 383 Portfoliotheorie 70, 126, 151, 190, 195, 206, 324, 393–397, 418, 910 Prevention of Fraud (Investments) Act 1939 s. Aufsicht Prioritätsgrundsatz 808 f., 813 Privatbanken s. Banken Prospekt/Prospekthaftung 257, 302, 304, 392 f., 405, 415, 435, 437, 908 Prozessrecht 21, 54, 201, 735 f., 738– 740, 749, 859 – Aussagegenehmigung 740 – Beweislast 702, 735–741, 749, 778, 859 – Verwertungsverbot 865 prudential rules 471, 486–527, 531 Railway Mania 261 Rating 141, 708, 905, 910 Rechenschaftspflicht 764 f., 865, 913 f. RechtsberatungsG 22, 46 Rechtsformenzwang 487, 613–617 Regulierung – Deregulierung 127, 356, 361, 366, 441, 447, 456, 467, 533, 537 – Selbstregulierung 113, 314, 357 f., 400, 409 f., 538 – Überregulierung 109, 118 f., 413, 442, 449, 453, 535, 540 f., 605, 654, 883, 995 religiöse Schriften 155

Stichwortverzeichnis

restricted-list 860 f. Retrozessionen/Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 Richtlinien der BaFin 733 -741, 749 – Compliance-RL 739, 763, 850, 857– 864 – Rechtsnatur 733 f. – Wirkung 735–741 – Wohlverhaltens-RL 734, 782 f., 788, 803 f., 806–809, 815 f., 819, 822, 826 f., 828–834, 838 f., 842, 870 Richtlinien der EG s. EG-Richtlinien Risiken 121–125, 125–146 Risikobereitschaft 33, 831, 904, 911 f., 914 Risikomanagement und -controlling 627–633 Römisches Recht 154–162 Rothschild 230, 232–236, 268, 273, 288, 291 f., 417, 420 Rückvergütungen/Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 rules of conduct s. Wohlverhaltensregeln Sanierung/Sanierungstreuhand 19, 293, 462, 588, 661, 670, 707, 971 Scalping 143, 186, 303, 802, 816–819 Schuldverschreibungsgesetz 293, 311 f. Schutzgesetz – Gewerberecht 755 – s.a. Haftung – §§ 31 ff. WpHG 758–768 Schweiz 2 f., 9, 25, 37, 66, 78, 87, 126, 130 f., 135, 139 f., 152 f., 153, 224, 236, 274, 279, 287, 301, 317 f., 329, 342, 356, 358, 359, 363, 367, 372, 410, 418, 455, 519, 534, 550, 784, 800, 812, 895, 911 Securities Act, Securities Exchange Act s. Aufsicht Segré-Bericht 428–430

Selbstkontrahieren 79, 91–93 Selbstregulierung 113, 314, 357 f., 400, 409 f., 538 Shingle Theory 397, 801 Sittenwidrigkeit 339, 767 f., 871, 884, 888 Social investing 901 f. Soft dollar arrangement 143 f. Solvabilität s. EG-Richtlinien Sorgfaltspflicht 138 f., 785–788, 904– 906, 907–910 South Sea Company 187, 242–244 Spezialfonds s. Investmentrecht/ Spezial-Sondervermögen Spesen 88, 864, 913 Spesenreiterei 81, 89, 143, 304, 313, 434, 794, 816, 863, 883, 894–896, 912 Staatshaftung 711, 757, 760, 932– 980, 993 – Europarechtswidrigkeit des Haftungsausschlusses 759 f., 976 f., 989 – Gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch 934–953, 978 980 – Großbritannien 977 f. – Verfassungswidrigkeit des Haftungsausschlusses 960–976, 989 Stadtwechsel 216–220, 272, 416 Steuer 620 – Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung 15, 56 f. – steuerliche Gesichtspunkte der Anlage 9, 60, 68, 73, 87 f., 97, 123, 138, 145, 192, 198, 319, 322, 325, 352, 356 f., 365, 381, 392, 879, 905 f., 998 – Steuerhinterziehung 8, 422, 443, 619, 922 – Steuerwettbewerb 9, 17, 153, 371– 373, 418, 422, 440, 443, 448, 455, 520, 532, 922 – Zinsabschlagsteuer 371, 399, 455, 534, 922

1103

Stichwortverzeichnis

Stiftung/Stiftungsvermögen 7, 60, 65, 78, 161, 167 f., 201, 213 f., 217– 219, 226 f., 235, 274, 277, 284, 374, 383, 416, 855 stille Beteiligung/Gesellschaft 40–44, 47 f., 234, 254, 271, 464, 555–558, 588 f., 604, 694, 932, 958 f. – Abgrenzung zum Einlagengeschäft 42 f., 548–558 – Einlagensicherung 694 Stop-Loss-Marken 905 Strafrecht 921–930 – s.a. Beihilfe – s.a. Betrug – s.a. Geldwäsche – s.a. Insiderhandel – s.a. Kurs- und Marktmanipulation – s.a. Untreue – Verzahnung der Pflichten 769–773 Strukturvertrieb 18 Substanzerhaltungsrisiko 127–134, 147, 305, 336, 338, 407, 415, 450, 540, 545, 597, 601, 605, 611 f., 654 f., 710 f., 766, 879, 985 f., 988 f., 995 Surrogation 174, 179, 201–203 Testamentsvollstreckung 1, 12, 23, 45 f., 56, 60 f., 80, 151 f., 154 f., 159– 162, 166–168, 171, 176 f., 201, 204 f., 213, 222, 235 f., 277, 279, 286, 293 f., 315–317, 320, 351, 383, 416, 424 f., 560, 580 – Abgrenzung Einlagengeschäft 560 – Abgrenzung Vermögensverwaltung 1, 23, 45 f., 60, 560, 580 – Geschichte 156–164, 164–180, 180– 205 – Haftung 425 – s.a. Nachlassverwaltung Tochtergesellschaften 87, 235, 284, 292, 354, 373, 379, 440, 461, 466, 486, 504, 512 f., 521, 594, 663 f. Treuhand/Trust 56, 102, 126, 151– 153, 156–164, 164–180, 180–207,

1104

245, 266, 274–277, 317, 323 f., 342, 394 f., 403, 417–423, 786 f., 867, 881, 898 f., 902, 904, 928, 997 – Aufsicht 196 f. – Aussonderung 21, 173–180, 201 f., 305 f., 419, 657, 699, 846, 997 – Drittwiderspruchsklage 21, 173, 201 f. – freiberufliche Tätigkeiten 20–23, 56, 591 f., 768 f. – Geschäftsbesorgung s. dort – Gesellschaftsrecht als Treuhandrecht 43 f. – Haager Übereinkommen 9 – Investment Trusts 273–276, 285, 317–322 – legal list 187, 206 – Restatement of Trust 181, 183–193, 200, 397 – statutory list 187, 206 – Surrogation 174, 179, 201–203 – Treuhandvertrag 20, 103, 168 – Trust Companies 199, 276 f., 283– 285, 315, 318, 320, 325 f. – Uniform Prudent Investor Act 192 – Unmittelbarkeitsprinzip 173–180, 202, 306, 419, 997 – Wettbewerb 204, 206 f., 997 f. Treuhandgesellschaften 172, 288– 295, 311–315, 323, 421 Treuhandkonto 21 f., 175, 179, 551, 602, 657, 692, 699 f., 866–869 Treuhandmodell s. Vermögensverwaltung Treuhandvertrag 20, 103, 166 TRIPS 357 Tulpenmanie 239 Übernahme(recht) 409, 797, 881 Überregulierung 109, 118 f., 413, 442, 449, 453, 535, 540 f., 605, 654, 883, 995 Umsetzungsgesetz s. KWG UNCITRAL 359

Stichwortverzeichnis

unmittelbare Wirkung 607, 679, 689, 944–946 Untreue 5 f., 22, 111, 127, 135–137, 147, 160, 193, 214, 236, 243, 300, 304–307, 336, 403, 415, 601, 605, 614 f., 628, 662, 669, 696 f., 700, 706, 708, 711, 943, 947, 949, 990 – Kick-Backs 88, 144, 796, 896–898, 920, 993 USA 2, 30 f., 87, 133, 181, 263 f., 266 f., 276–279, 282, 283–286, 290, 293, 307 f., 316, 320–322, 324–327, 342 f., 356, 359, 360- 381, 387–390, 408, 417, 423, 425, 432, 440, 537, 710, 714, 902, 916, 988 – Anlageberatung 191 – Aufsicht 308, 325 f., 330, 333 f., 338, 397, 432 – doctrine of constructive notice 194 – Einlagensicherung 266, 307, 338, 714 – Savings & Loans Associations 133, 710, 965, 988 – Trustrecht 188–193 Vatikan 320 Verband der Financial Planners 73, 408, 906 Verband Deutscher Treuhand- und Revisionsgesellschaften e.V. 315 Verband unabhängiger Vermögensverwalter e.V. 408 f. Verbot der Spekulation 68, 188 f., 238–248, 314, 325, 912 Verbot der Verfolgung eigener Interessen 809 Verbot des unauthorized trading 870 Verbotsgesetz 302, 753–755 Verbraucherschutz 114–117, 441, 444, 453, 502, 530–532, 679, 751, 835, 947 Verfassungswidrigkeit 956–974

Verhaltenspflichten 4, 6, 13, 332, 397 f., 412, 423, 433–435, 469, 473, 481 f., 484, 493–505, 530 f., 561, 650, 717–920, 921, 947, 981, 983, 992 – Geschichte 433–435, 493–495, 947 Verkehrspflichten s. Haftung Vermögen – Arten verwalteten Vermögens 16 f., 60 – Bestand und Verteilung 343–350, 366–374 – Definition 16, 57–59 – Transnationalisierung 353 – Umfang 61 – wirtschaftliche Fremdheit15 Vermögensberatung 17, 27 f., 29, 47, 73, 814 Vermögensbetreuung 6, 18, 28–30, 47, 52, 291 Vermögensstrukturanalyse 68 Vermögenstrennung 38, 104, 129– 136, 199, 305 f., 309, 325, 334, 493, 558 f., 574 f., 581, 592, 601 f., 615 f., 677, 695, 711, 724, 732, 866–869, 920, 984, 990, 993 – omnibus-Konten 38, 693, 866 – Sanktionen bei Verletzung der Pflicht zur Vermögenstrennung 769 – Schutzgesetz 766 Vermögensverwalter – als Finanzintermediär s. dort Vermögensverwalter, private – Anlaufkosten 537, 603 – Anzahl 413 f. – Ender & Partner 385 – GIVAS Gesellschaft für internationale Vermögensanlagen GmbH 385 – Gallus Vermögensverwaltungsgesellschaft 386 – Geschermann 69, 72 – Graf Lambsdorff Finanzplanung GmbH 385 – Graf Matuschka Gruppe 385

1105

Stichwortverzeichnis

Vermögensverwaltung – Abgrenzungsmerkmal 56 f. – Abgrenzung Anlageberatung 2, 17 f., 26 f., 47, 51 f., 403, 586 – Abgrenzung Anlagevermittlung 18 – Abgrenzung Depotgeschäft 25, 572– 575 – Abgrenzung Effektengeschäft 18, 25 – Abgrenzung freiberufliche Tätigkeit 591 f. – Abgrenzung Holding 18, 590 – Abgrenzung Insolvenz-/Schuldenverwaltung 1, 19, 23, 47, 201, 211, 214, 580, 588 – Abgrenzung Investmentgeschäft 32–40, 575 f. – Abgrenzung Testamentsvollstreckung 1, 23, 45 f., 60, 560, 580 – Abgrenzung unternehmerische Beteiligung 19, 40–44, 548–560, 588–591 – Abgrenzung Vermögensberatung 17 f., 27 f., 47 – Abgrenzung Vermögensbetreuung 28–30, 47 – als Depotgeschäft 572–575 – als Einlagengeschäft 548–560 – als Finanzkommissionsgeschäft 560–572 – als Finanzportfolioverwaltung 579– 592 – als Geschäftsbesorgung 19, 78, 99– 105 – als Investmentgeschäft 575 f. – angemaßte Vermögensverwaltung 4, 27, 136, 138, 870, 898 – Anlegerschutz 108–147, 208–341, 397–415 – Art der Verwaltung 61–64 – Art des verwalteten Vermögens 16 f., 60, 587 f. – Aufsicht s. dort – Auswahl der Anlageobjekte 904– 906

1106

– Bote 773–785 – Dauerschuldverhältnis 18, 26, 29, 46, 106 f., 134, 141, 496, 571, 757, 777, 811 f., 826 – Definition 15–48 – Delegation 191 f., 199, 621, 636, 764, 811, 813, 863, 929 – durch Investmentfonds 35, 414, 600, 659, 663, 689, 721 – Entgelt s. Honorar – Entzug der Erlaubnis 515, 596 f., 603, 606, 625 f., 660 – Erlaubnis zum Betreiben 596–656 – Erwerb von Fonds 35–37 – Fondspicking 37, 39, 62 f., 65, 81, 381 f., 389–391, 480, 582, 646, 793, 984 – Geschichte der Vermögensverwaltung 149–207, 208–341, 342–415, 416– 425 – Gewerbsmäßigkeit 23, 477, 485, 543, 546 f., 576 f., 580, 583, 587 f., 590–593, 592, 725, 727–730, 787, 926 – graue Vermögensverwaltung 4, 27, 136, 138, 870, 898 – grenzüberschreitende 8, 234, 353, 372, 447, 460 f., 472, 475 f., 485, 491, 503–505, 507–520, 527, 530, 593– 595, 651, 715, 733, 750, 792, 992, 998 – Haftung für fehlerhafte Vermögensverwaltung s. Haftung – Honorar s. Honorar – Markt für Vermögensverwaltungen 2 f., 64, 75, 97, 111, 216, 295, 342– 393, 396, 413, 418, 891 – Pflicht zur Diversifizierung 36, 68, 190 f., 279, 382, 392, 395, 418, 444, 710, 831, 911, 966, 988 – Pflicht zur Information s. dort – Pflicht zur Informationsbeschaffung 907–910

Stichwortverzeichnis

– Pflicht zur Interessenwahrung 11, 78, 89, 100, 104, 169, 434, 496, 742, 747 f., 763, 777, 782, 785 f., 789–820, 822, 841, 844, 847 f., 851–863, 864, 866, 872, 877, 880, 883–886, 892, 895, 898–900, 903, 906, 910, 912, 920, 992 – Pflicht zur persönlichen Erbringung 35–37, 636, 764 – Pflicht zur produktiven Vermögensverwaltung 903 f. – Pflicht zum Schutz des Marktes 794 f. – Pflicht zur Vermeidung von Interessenkollisionen s. Interessenkollision – Pflicht zur Vermögenstrennung 38, 104, 129–136, 199, 305 f., 309, 325, 334, 493, 558 f., 574 f., 581, 592, 601 f., 615 f., 677, 693, 695, 711, 724, 732, 766, 769, 866–869, 920, 984, 990, 993 – private Vermögensverwaltung 56 f. – Selbstständigkeit 15, 23, 99 f., 420 f. – Sorgfaltspflicht 138 f., 785–788, 904–906, 907–910 – standardisierte Vermögensverwaltung 35, 37, 39, 62 f., 65, 70, 79, 84, 118, 272, 381, 390, 414, 418, 480, 581, 646, 719, 793, 804, 842, 876, 984 – Stellvertreter 773–785 – Treuhandmodell als Bankgeschäft 547–577 – Treuhandmodell, Entwicklung 170, 175, 178 f., 199, 218, 301, 306, 328, 332, 402 f., 411, 419 f., 423, 549–559, 654, 996 – Treuhand- und Vertretermodell 7–9, 17, 33, 65 f., 78, 99, 129–131, 153– 208, 717, 984, 996–998 – Überwachungspflicht 911 f. – Verbot der Spekulation 68, 188 f., 238–248, 314, 325, 912

– Verschwiegenheitspflicht s. Bankgeheimnis – vertragliche Grundlage 23 f., 49, 78– 107, 479 f., 579 f., 870 – Vertretermodell als Finanzdienstleistung 577–592 – Vollmacht 8, 90–95 – wirtschaftliche Bedeutung 2, 366– 393 Vermögensverwaltungsvertrag s. Vermögensverwaltung Versicherungen 2, 39, 60, 65, 118, 243, 246, 261, 277, 347, 349 f., 352 f., 357, 370, 375, 377–379, 386, 390, 430, 436, 452, 456, 480, 485, 500, 527, 529 f., 535 f., 541, 544, 697 – Aufsicht 357, 544, 673, 751 – s.a. institutionelle Anleger Versicherungsunternehmen – Aetna 378 – Allianz 369 f., 373, 377 f., 386 – Berlinische Leben 379 – ERGO 379 – Farmer’s Fire Insurance and Loan Company 277 – ING 378 – Massachusetts Hospital Life Insurance Company 277 – Münchener Rückversicherung 379 – Nippon Life 369 – Nürnberger Versicherung 379 – ReliaStar 378 – Swiss Life 378 Versicherungsvermittler 529 f. Vertragsfreiheit 11, 304, 884 Vertragsrecht – Einfluss des Aufsichtsrechts 10 f., 747–769, 992, 996 Vertraulichkeit s. Bankgeheimnis Vertretermodell s. Vermögensverwaltung Verweigerung der Kundenangaben 832–834

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Stichwortverzeichnis

Vier-Augen-Prinzip 219, 457, 487, 613–617, 629, 655, 986 Vollharmonisierung s. Harmonisierung Vorerfahrungen des Anlegers 774, 776, 781 f., 784 f., 792, 794, 826 f., 829 f., 837, 839, 842–844, 878 Warenverkehrsfreiheit 428, 472 Warnpflicht bei Widerspruch von Anlagezielen und Anlagerichtlinien 195, 835, 847, 880 watch-list 860 f. Weisungen des Vermögensinhabers 18, 42, 90 f., 100, 105, 586, 590, 765, 775, 835 f., 847, 899, 918 – Abbedingen des Weisungsrechts 91 – s.a. Anlagerichtlinien – Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Erteilung von Einzelweisungen 847, 909 – Aufzeichnungspflichten 864–866, 903 – Grenzen 899–902 – Haftungsausschluss bei Befolgung von Weisungen 97 – Informationspflicht des Vermögensverwalters 909 f. – Missachtung 138, 327, 902 f. – Pflicht zur Beachtung 898–902 Werbung 294, 356, 405, 444, 472 f., 594, 648, 678–681, 712, 733, 908, 990 Wertpapierdienstleistung 717–722 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie s. EG-Richtlinien Wertpapierleihe 492, 666 f., 669 Wertpapiernebendienstleistung 30, 475, 479, 481, 489–491, 495, 507 f., 648, 717, 723–726, 727 f., 731, 733, 821, 824 f., 845 f., 850, 863, 870 Wettbewerb 2, 35, 89, 113, 117 f., 141, 204, 206, 225, 284, 303, 309, 316, 329, 333, 337, 363, 376, 380,

1108

387, 407, 424, 443, 445, 447, 463, 467, 468–477, 488, 490, 497, 503 f., 516–520, 527, 656 f., 658, 660, 668, 680, 682–685, 700, 705, 708 f., 710, 712, 713, 730, 803, 868 f., 922, 931, 950–953, 958, 981, 988, 990 f., 996 – Kartellrecht 339, 666, 685–687, 709, 803, 815, 988 – Monopole 215, 223, 225 f., 240, 242 f., 356, 476, 668, 686 – Steuerlicher Wettbewerb s. Steuern Wettbewerb der Systeme 358 f., 439–442, 453, 516, 531 Wetterstein s. Urteilsverzeichnis wirtschaftliche Bedeutung s. Vermögensverwaltung Wohlverhaltensregeln 437 – EG-Empfehlung 433–435, 530 – MiFID 437, 453, 482, 493–505 – RL der BaFin 734, 782 f., 788, 803 f., 806–809, 815 f., 819, 822, 826 f., 828–834, 838 f., 842, 870 – WDRL 437, 472 f. 475, 481, 493 f., 530, 792, 943, 947 f. – Überwachung 475, 513–515, 530 WTO 357 Zeros/Zerobonds 363, 878 Zinsabschlagsteuer 371, 399, 455, 534, 922 Zivilprozess s. Prozessrecht Zollverein 251, 256 Zuteilung von Aktien 144, 304, 333, 802–808, 854 – s.a. Gleichbehandlung Zuverlässigkeit 617–620, 624–626 – s.a. fachliche Eignung – Geschäftsführer 617–620 – bedeutende Beteiligung 461 f., 491, 624–626 Zweigniederlassung 354, 432 f., 454, 460–462, 472, 486, 505, 507 f., 510– 520, 532, 593 f. – Steuer 460, 512