Präferenzabkommen im Europarecht und im Welthandelsrecht [1 ed.] 9783428529162, 9783428129164

Gerhard Niedrist analysiert in drei Abschnitten die Freihandelsabkommen und Zollunionen der Europäischen Gemeinschaft so

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Präferenzabkommen im Europarecht und im Welthandelsrecht [1 ed.]
 9783428529162, 9783428129164

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Rechtsfragen der Globalisierung Band 16

Präferenzabkommen im Europarecht und im Welthandelsrecht Von

Gerhard Niedrist

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

GERHARD NIEDRIST

Präferenzabkommen im Europarecht und im Welthandelsrecht

Rechtsfragen der Globalisierung Herausgegeben von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider, Erlangen-Nürnberg

Band 16

Präferenzabkommen im Europarecht und im Welthandelsrecht

Von

Gerhard Niedrist

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Paris-Lodron Universität Salzburg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-0890 ISBN 978-3-428-12916-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern Meiner lieben Aida

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 2006/2007 als Dissertation an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Paris-Lodron-Universität Salzburg zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Rechtswissenschaften angenommen worden. Sie wurde im Sommer 2008 aktualisiert, Literatur, Rechtsprechung, offizielle Dokumente und die neuesten Entwicklungen beim Abschluss präferenzieller Abkommen wurden bis zum 31.8.2008 berücksichtigt. Ohne die Unterstützung einer Vielzahl von Menschen wäre die Entstehung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Für die ausgezeichnete Betreuung und rasche Begutachtung möchte ich mich beim Erstbetreuer der Arbeit Herrn Univ. Prof. Dr. Michael Geistlinger bedanken, dessen Anregungen und Kommentare die Arbeit überaus bereichert haben. Dank gebührt auch Herrn Univ. Prof. DDr. Thomas Eilmansberger für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Bedanken möchte ich mich weiters bei Frau Tamara Handlechner vom Sekretariat des Fachbereichs Öffentliches Recht/Völkerrecht, die durch ihre freundliche und hilfsbereite Art bei der Meisterung vieler organisatorischer Probleme behilflich war. Besonderer Dank gilt aber natürlich meiner lieben Aida und meinen Eltern, die mir einerseits den nötigen persönlichen Rückhalt gegeben und andererseits mein Studium finanziell ermöglicht haben. Weiters möchte ich mich bei der Universität Salzburg bedanken, die mich mit zwei Stipendien finanziell bei der Entstehung der Arbeit wesentlich unterstützt und mir so auch Recherchen an der Universität von Salamanca in Spanien ermöglicht hat. In diesem Zusammenhang gebührt auch Frau Dr. Mercedes Sanamiego und Frau Dr. Angela Figueruelo Burrieza von der Universität Salamanca herzlicher Dank für die nette Betreuung vor Ort. Danken möchte ich auch der Marc-Evers-Stiftung und dem Rektorat der Universität Salzburg sowie der Escuela de Graduados en Administración Pfflblica y Política Pfflblica (EGAP) des Instituto Tecnológico y de Estudios Superiores de Monterrey, die diese Publikation finanziell unterstützt und so ermöglicht haben. Salzburg, im August 2008

Gerhard Niedrist

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. II.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 17 18

1. Teil Allgemeine Einführung

21

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . I. Altertum und Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittelalter und Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Territorialisierung in der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Industrialisierung und Zwischenkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Freihandel des 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Protektionismus der Zwischenkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die heute geltende Weltwirtschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Scheitern der ITO und das Entstehen des GATT . . . . . . . . . . . . 2. Die Weiterentwicklung des GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 21 23 23 24 25 25 29 34 34 36 37

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen . . . . . . . . . . . I. Das Prinzip der Meistbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahmen von der Meistbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historische Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeines Präferenzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zollunionen und Freihandelszonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Grundlegende Ökonomie präferenzieller Abkommen . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 40 40 40 42 43 47

C. Der Regionalismus im Welthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der alte Regionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der neue Regionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Entstehen des neuen Regionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entstehung des neuen Regionalismus im historischen Vergleich zu 1860 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Eigenschaften des new regionalism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48 48 51 52 57 58

10

Inhaltsverzeichnis III.

IV.

Der Regionalismus der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die europäische Politik der präferenziellen Abkommen . . . . . . . . . . 2. Überblick über die präferenziellen Abkommen der EG . . . . . . . . . . . a) Gemeinsamer Markt – Der europäische Wirtschaftsraum . . . . . . b) Zollunionen – Türkei, Andorra und San Marino . . . . . . . . . . . . . . c) Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Freihandelsvertrag mit der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Europaabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Freihandelsabkommen der EG am Balkan . . . . . . . . . . . . . . . dd) Freihandelsvertrag der EG mit den Färöer-Inseln . . . . . . . . . ee) Die Mittelmeerabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Freihandelsverträge mit Lateinamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Freihandelsvertrag der EG mit Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 63 63 64 65 65 65 66 67 67 69 70 71

2. Teil Präferenzielle Abkommen im Europarecht D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Innerhalb der Säulenstruktur der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . 2. Zwischen der EG und ihren Mitgliedsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Außenkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . b) Die Kompetenzabgrenzung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Sonderfälle Dienstleistungshandel und geistiges Eigentum . . . . 4. Gemischte Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Wechselspiel zwischen Kommission und Rat . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rolle des Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verhandlungen gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Paraphierung, Unterzeichnung und Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Paraphierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Völker- und europarechtliche Rechtswirkungen zwischen Unterzeichnung und Abschluss der Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Abschluss durch den Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Möglichkeit der Kommission zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Beteiligung des europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellungnahme durch das EP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Beteiligung des Parlaments im Bereich der Handelsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 73 73 73 75 75 78 80 81 86 86 88 88 90 90 90 94 97 98 98 99

Inhaltsverzeichnis

11

c) Zustimmung des Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Änderung eines Rechtsaktes nach Art. 251 EGV . . . . . . . . . bb) Erhebliche finanzielle Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Assoziierungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Besonderer institutioneller Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Unterzeichnung und Abschluss im Rahmen von gemischten Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Interimsabkommen, Vorläufige Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interimsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorläufige Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Umsetzung – Die Fassung von Gremienbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Organisation der gemeinsamen Gremien in den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren innerhalb der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gremienbeschlüsse in gemischten Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die Abkommen im innergemeinschaftlichen Rechtssystem . . . . . . . . . . 1. Die Stellung der Abkommen im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . 2. Direkte Wirkung der Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Direktwirkung gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Stellung der Gremienbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Beendigung und Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Suspendierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beendigung und Suspendierung gemischter Abkommen . . . . . . . . . a) Die Beendigung und Suspendierung gemischter Abkommen . . b) Teilsuspendierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Teilsuspendierung durch die Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . bb) Teilsuspendierung durch einen Mitgliedsstaat . . . . . . . . . . . . c) Suspendierung im Rahmen der Assoziation mit der Türkei und dem Abkommen von Cotonou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 101 101 103 104

E. Die Menschenrechtsklauseln der EG in den präferenziellen Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entwicklung der Menschenrechtsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Menschenrechtsklauseln in den einzelnen präferenziellen Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abkommen ohne Bezug auf die Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ausführungen der Wesentlichkeitsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ausführungen der Nichterfüllungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Kompetenzen der Gemeinschaft zur Einfügung der Menschenrechtsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107 108 108 110 111 111 113 115 120 125 125 127 133 134 136 136 136 137 137 139 139 140 143 144 148 148 153 153 154 156 157

12

Inhaltsverzeichnis

IV. V.

1. Die Notwendigkeit einer gemeinschaftsrechtlichen Grundlage für die Menschenrechtsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsgrundlagen für die Menschenrechtsklauseln nach dem Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Grundlagen der präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art. 181 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklausel . . . c) Art. 133 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln . . d) Art. 310 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln . . e) Der EUV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln . . . . . . Die Anwendung der Menschenrechtsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157 159 159 162 164 168 169 171 180

F. Reformvertrag der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

3. Teil Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO G. Aufbau und Entstehung von Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Praxis und Judikatur zu den präferenziellen Abkommen im GATT 1947 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Fälle Bananen I und II – Die Beziehungen der EG zu den AKP-Staaten nach Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehung und Anwendung von Art. XXIV GATT 1994 . . . . . . . . . . . 1. Das Understanding zu Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Judikatur zu Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Untersuchung der Abkommen durch das Committee on Regional Trade Agreements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die wesentlichen Problemfelder zu Art. XXIV GATT . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Die Kriterien zur Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ökonomischer Test für präferenzielle Abkommen? . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Art. XXIV:8 GATT: Die internen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auslegung des Begriffes substantially all the trade (SAT) . . . . 3. Die Auslegung des Begriffes other restrictive regulations of commerce (ORRC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Art. XXIV:5 GATT: Die externen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zollunionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187 187 187 189 189 191 195 195 196 199 199 201 203 203 209 209 210 220 226 226 227

Inhaltsverzeichnis

IV. V.

3. Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Interimsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notifikation und Überprüfung der präferenziellen Abkommen . . . . . . . Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel H . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 233 235 237 239

I. Präferenzielle Abkommen für Dienstleistungen: Art. V GATS . . . . . . . . . 243 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Abkürzungsverzeichnis a. A. AB ABl. Abs. ACP AEMR AJIL AKP Alt. Anm. ANZCERTA APEC Art. ATC Bd. BISD bzw. ca. CAFTA CMLR CRTA CTG CTS CUSTA DDA d.h. DSU EAV EC ECU EEC EFARev EFTA EG EG I

anderer Ansicht Appellate Body Amtsblatt Absatz African Caribbean Pacific Allgemeine Erklärung der Menschenrechte American Journal of International Law Afrika Karibik Pazifik Alternative Anmerkung Australia-New Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement Asia Pacific Economic Cooperation Artikel Agreement on Textiles and Clothing Band Basic Instruments and Selected Documents beziehungsweise circa Central American Free Trade Area Common Market Law Review Committee on Regional Trade Agreements Council for Trade in Goods Council for Trade in Services Canada-US Free Trade Agreement Doha Development Agenda das heißt Dispute Settlement Understanding Euratom-Vertrag European Community European Currency Unit European Economic Community European Foreign Affairs Review European Free Trade Area Europäische Gemeinschaft(en) Europäisches Gericht erster Instanz

Abkürzungsverzeichnis EGKS EGV EJIL EJRM ELRev EMRK EP EPIL et al. etc. EU EuGH EuR EUV EuZW EWG EWR EZB FAO Fn. FTAA GASP GATS GATT GSP hM Hrsg. HS i. d. R. ILO IO ITO i. V. m. JCMS Jh. JWTL km KSZE LAFTA LIEI Lit. m. E. MERCOSUR

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EG-Vertrag European Journal of International Law ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien European Law Review Europäische Menschenrechtskonvention Europäisches Parlament Encyclopedia of Public International Law und andere et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europarecht (Zeitschrift) EU-Vertrag Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Zentralbank Food and Agriculture Organisation Fußnote Free Trade Area of the Americas Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade General System of Preferences herrschende Meinung Herausgeber Harmonized System in der Regel International Labour Organisation International Organization International Trade Organisation in Verbindung mit Journal of Common Market Studies Jahrhundert Journal of World Trade Law Kilometer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Latin America Free Trade Area Legal Issues of Economic Integration litera meines Erachtens Mercado Comffln del Sur (Präferenzsystem in Südamerika)

15

16 MFN Mrd. NAFTA NGO NJW Nr. OAS ORC ORRC OSZE OTC PAFTA PLO QR RMP Rn. Rs. Rspr RTA S. SAT Slg. sog. SVN TRIPS u. a. UAbs. UN UNCTAD USA VAEU v. Chr. Vol vs. VVE WTO WVK WVKIO z. B. ZeuS ZfV Ziff.

Abkürzungsverzeichnis most favoured nation Milliarden North American Free Trade Agreement Non-Governmental Organization Neue Juristische Wochenschrift Nummer Organisation Amerikanischer Staaten other regulations of commerce other restrictive regulations of commerce Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Organization for Trade Cooperation Pacific Free Trade Area Palestine Liberation Organization quantitative restrictions Relative Margin of Preference Randnummer Rechtsache Rechtsprechung Regional Trade Agreement Seite substantially all the trade Sammlung sogenannte(s) Satzung der Vereinten Nationen Trade Related Intellectual Property Rights unter anderem Unterabsatz United Nations United Nations Conference on Trade and Development United States of America Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vor Christus Volume versus Vertrag über eine Verfassung für Europa World Trade Organization Wiener Vertragsrechtskonvention Wiener Vertragsrechtskonvention für internationale Organisationen zum Beispiel Zeitschrift für europarechtliche Studien Zeitschrift für Verwaltung Ziffer

Einleitung I. Problemstellung Unser Weltwirtschaftssystem wird seit 1947 vom GATT bzw. seit 1995 von der WTO bestimmt. Das Grundprinzip von GATT/WTO liest sich in seinem Kern einfach: Handelsbeschränkungen zwischen Staaten sollen in Form wechselseitiger Zugeständnisse zwischen Handelspartnern weitgehend abgebaut werden. Und die verbleibenden Handelsbeschränkungen sollen gegenüber Drittstaaten in nicht diskriminierender Weise nach dem Prinzip der Meistbegünstigung angewendet werden. Das heißt, Zollsenkungen eines Staates werden unmittelbar und ohne Bedingungen an alle anderen Mitglieder der WTO weitergegeben. So soll sich am Weltmarkt jener Anbieter durchsetzen, der am effizientesten produziert. Schon seit der Gründung des GATT 1947 sieht das Welthandelssystem aber vor, dass zwei Volkswirtschaften durch den Abschluss von Freihandelsabkommen oder Zollunionen ihre Handelsbeziehungen intensivieren können. Bei diesen Präferenzabkommen werden zwar keine neuen Handelsbarrieren gegenüber Drittstaaten beschlossen, durch den Wegfall der Zölle zwischen den Partnerstaaten können sich diese aber einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zu Beginn des GATT wurden nur wenige dieser präferenziellen Abkommen geschlossen und dienten zur regionalen Integration zwischen sich nahe stehenden Staaten. Die wichtigsten Beispiele sind die Gründung der EG und der EFTA Ende der fünfziger Jahre, die teilweise auch friedensschaffende Aufgaben erfüllten. Aufgrund ihrer anfangs regionalen Begrenztheit wird auch der Begriff „Regionalismus“ für diese Präferenzabkommen verwendet. Paradoxerweise nahm mit der Gründung der WTO, also der Intensivierung der multilateralen Handelsbeziehungen Anfang der neunziger Jahre, auch der Abschluss von bilateralen Präferenzabkommen sprunghaft zu. Waren 1994 noch 50 solcher Abkommen in Geltung, so sind es nunmehr ca. 220. Einen wesentlichen Anteil dieser Abkommen wurden von der EG geschlossen, die gegenwärtig etwa 20 solcher Abkommen unterhält. Wie die Beispiele der europäischen Freihandelsabkommen mit Chile, Mexiko oder Südafrika belegen, geht es dabei nicht mehr nur um sich geografisch nahestehende Integrationszonen.

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Einleitung

Anhand der von der Europäischen Gemeinschaft geschlossenen Abkommen sollen in dieser Arbeit die rechtlichen Probleme dieser Präferenzabkommen analysiert werden. Es geht dabei sowohl um Fragen des Europarechts, als auch um die Vereinbarkeit der Abkommen mit dem Welthandelssystem der WTO. In der Untersuchung werden nur solche Abkommen berücksichtigt, die die EG bei der Welthandelsorganisation nach den Regeln des GATT und des GATS notifiziert hat. Dies sind all jene Abkommen, die eine umfassende Regelung des Handels treffen. Unberücksichtigt bleiben jene Handelsverträge, die sich bloß auf bestimmte Teilbereiche beziehen.

II. Gang der Untersuchung Die Arbeit gliedert sich in drei Teile, die jeweils drei Kapitel umfassen. Der erste Teil soll in die Problematik einführen, der zweite Teil die europarechtlichen Fragen, der dritte Teil die welthandelsrechtlichen Fragen erörtern. In Kapitel A. wird die historische Entwicklung des bestehenden Welthandelssystems dargestellt. Nach einer kurzen Schilderung der Handelsverträge von der Antike bis Neuzeit liegt das Hauptaugenmerk der Untersuchung auf den Entwicklungen ab der Industrialisierung. Einer Epoche des bilateralen Freihandels während Industrialisierung folgte eine Zeitspanne des Protektionismus in der Zwischenkriegszeit, die zumindest teilweise als Auslöser des zweiten Weltkriegs angesehen wird. Als unmittelbare Folge wurde das heute geltende multilaterale Handelssystem aufgebaut. Im Kapitel B. stellt mit der Meistbegünstigung das grundlegende Prinzip des Welthandelsrechts dar. Direkt anschließend folgt eine Darstellung dessen Ausnahmen, worauf auch die im Regionalismus geschlossenen Zollunionen und Freihandelsabkommen beruhen. Die grundlegenden ökonomischen Auswirkungen solcher Präferenzzonen runden das Thema ab. Die wirtschaftspolitischen Hintergründe der Präferenzzonen sind Gegenstand des Kapitels C. Es geht dabei um die Entstehung der ersten Präferenzzonen in den sechziger Jahren, dem so genannten alten Regionalismus, sowie um die sprunghafte Zunahme von präferenziellen Abkommen mit Beginn der neunziger Jahre, was als neuer Regionalismus bezeichnet wird. Es werden sowohl die Unterschiede zwischen neuem und altem Regionalismus herausgearbeitet, als auch der aktuelle Regionalismus mit dem historischen Beispiel der Freihandelsperiode während der Industrialisierung verglichen. Eine Übersicht über die gegenwärtigen Präferenzabkommen der EG beendet das Kapitel.

Einleitung

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Im zweiten Teil der Arbeit geht es um europarechtliche Fragen zu den von der EG geschlossenen Präferenzabkommen. So wird im Kapitel D. der Lebenszyklus eines präferenziellen Abkommens nach dem Europarecht untersucht. Dabei wird die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten beim Abschluss, bei der Umsetzung und der Beendigung von Abkommen behandelt. Auch werden die vorläufige Anwendung von Abkommen und die Wirkung der geschlossenen Abkommen und ihrer ausführenden Beschlüsse im Gemeinschaftsrechtssystem analysiert. Kapitel E. behandelt schließlich die in allen Abkommen der Gemeinschaft enthaltenen Menschenrechtsklauseln. Diese seit 1992 in allen Verträgen der Gemeinschaft enthaltenen Klauseln bieten die Möglichkeit, bei schweren Menschenrechtsverletzungen durch den Partnerstaat das Abkommen zu suspendieren oder zu kündigen. Einleitend steht eine Darstellung der Entwicklung der Menschenrechtsklauseln und der in den aktuellen Abkommen verwendeten Formulierungen. Zentral sind aber die Fragen, welche Grundlagen diese Menschenrechtsklauseln im Gemeinschaftsrecht finden sowie wie und in welcher Weise die Klauseln von der Gemeinschaft tatsächlich angewendet werden. Das Kapitel F. stellt kurz die Veränderungen dar, die durch den aktuellen Reformprozess der Europäischen Union zu erwarten sind. Der dritte Teil der Arbeit widmet sich schließlich den welthandelsrechtlichen Problemen zu den präferenziellen Abkommen. Im Kapitel G. geht es zunächst um Struktur Aufbau von Art. XXIV GATT, der zentralen Bestimmung zu dieser Thematik. Auch die Anwendung des Art. XXIV GATT von 1947 bis zur Gründung der WTO 1994 wird untersucht. Schließlich werden die bei der Gründung der WTO zu Art. XXIV GATT gemachten Ergänzungen dargestellt und die in dieser Bestimmung identifizierten Probleme herausgearbeitet. Daran knüpft dann unmittelbar Kapitel H. an. So wird zunächst behandelt, wie Art. XXIV:4 GATT zu bewerten ist. Es geht dabei insbesondere um die Frage, ob diese Bestimmung einen ökonomischen Test für Zollunionen oder Freihandelszonen vorsieht. Art. XXIV GATT enthält interne und externe Kriterien, die Präferenzabkommen erfüllen müssen. Wichtiger Gegenstand der Untersuchung sind in beiden Teilbereichen die Auslegung äußerst unklar gehaltener Begriffe, die generell Art. XXIV GATT beherrschen. Es geht vor allem die Analyse von „substantially all the trade“, „other regulations of commerce“ und „other resctrictive regulations of commerce“ und deren Anwendung in Art. XXIV:5 und 8 GATT. Betrachtungen zur Untersuchung der Abkommen durch ein von der WTO geschaffenes Komitee beenden das Kapitel.

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Einleitung

Im letzten Kapitel I. wird auf Art. V GATS, dem Pendant zu Art. XXIV GATT im Handel mit Dienstleistungen, eingegangen. Diese Betrachtungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Herausarbeitung der Gemeinsamkeiten zu Art. XXIV GATT. Eine Zusammenfassung und die Ergebnisse finden sich, mit Ausnahme der kurz gehaltenen Kapitel F. und I., am Ende jedes Kapitels, eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse am Ende der Arbeit.

Erster Teil

Allgemeine Einführung A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen I. Altertum und Antike Die Geschichte der Handelsverträge reicht bis in die Zeit des Entstehens erster staatlicher Strukturen in Mesopotamien oder Ägypten zurück. Schon der erste, im Wortlaut erhaltene „Staatsvertrag“ der Geschichte aus der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., enthält handelsrechtliche Bestimmungen. Der zwischen den Königen von Ebla und Assur geschlossene Vertrag, regelt unter anderem die Teilnahme der Assyrer am grenzüberschreitenden Fernhandel. Das auf eblaitisch in Keilschrift geschriebene und auf einer großen Tontafel erhaltene Abkommen, ist auch für Fachleute nur äußerst schwer zu interpretieren, sodass nicht klar ist, ob es sich tatsächlich um den endgültigen Vertragstext, oder lediglich um einen Entwurf handelt. Unstrittig geht jedoch aus dem Vertrag hervor, dass dem Fernhandel, und dessen rechtlicher Regelung, schon sehr früh in der Geschichte erhebliche Bedeutung zugekommen ist.1 Die Bedeutung des Fernhandels zu dieser Zeit lässt sich auch an den Handelsniederlassungen, die Assyrer auf fremdem Staatsgebiet in der antiken Stadt Kanesch bis ins 18. Jh. vor Christus unterhalten haben, ermessen. Die assyrischen Kaufleute unterstanden dabei einer eigenen Gerichtsbarkeit, was vermuten lässt, dass es entsprechende Abmachungen mit den heimischen Herrschern gegeben haben musste.2 In den Schrifttafeln von Tell el-Amarna aus 2500 v. Chr. wird ein Handelsvertrag zwischen den Königen von Ägypten und Babylonien erwähnt, in dem sich bereits erste zollrechtliche Bestimmungen finden. Demnach waren babylonische Produkte bei der Einfuhr nach Ägypten einem Zoll unterworfen.3 1 Ziegler, Karl-Heinz: Regeln für den Handelsverkehr in Staatsverträgen des Altertums, in: The Legal History Review, Den Haag, 2002, S. 55–67 (S. 56–57); Ziegler, Karl-Heinz: Völkerrechtsgeschichte, München, 1994, S. 15. 2 Ziegler, Karl-Heinz: Völkerrechtsgeschichte, Fn. 1, S. 57.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Ähnliche Verträge sind auch aus dem antiken Griechenland bekannt. So gewährt ein Vertrag aus dem 3. oder 4. Jh. v. Chr. den Händlern Olympias gewisse Zollprivilegien beim Verkauf ihrer Waren in der Stadt Aigai (nahe Pergamon).4 Im Vertrag zwischen Athen und dem König Leukons I von Bosporos aus dem Jahr 357 v. Chr. werden den attischen Kornhändlern ebenfalls verschiedene Privilegien eingeräumt.5 Dies entspricht somit bereits dem Grundprinzip heutiger präferenzieller Abkommen, wo ebenfalls einem Handelspartner Sonderrechte gewährt werden, die den restlichen Handelspartnern verschlossen bleiben. In der Frühzeit ihrer Republik, haben die Römer einen Freundschaftsund Handelsvertrag mit den Karthagern geschlossen, der auf 507/508 v. Chr. datiert wird. Dabei verpflichtete sich Rom, Handel in Karthago nur im Beisein staatlicher Schreiber durchzuführen, sowie mit ihren Schiffen nicht über ein bestimmtes Gebiet hinauszufahren.6 Bemerkenswerter ist aber der zweite Handelsvertrag zwischen Rom und Karthago aus dem Jahre 348 v. Chr., in dem Römer und Karthager wechselseitig den Bürgern des jeweilig anderen Volkes die gleichen Rechte zugestehen, wie ihrem eigenen Volk.7 Dies ist somit bereits ein Vorläufer des Diskriminierungsverbots, wie es heute im Rahmen der WTO in Geltung ist. Von den Staatsverträgen betreffend den internationalen Handel ist den Historikern nur ein Bruchteil bekannt, oft auch nur in Form beiläufiger Berichte oder Nachrichten.8 Zwar zeigen sich darin erste Parallelen und Vorläufer zu den heute üblichen Verträgen, diese sind aber mit unserem Wirtschaftssystem naturgemäß nicht direkt vergleichbar. Die vorhandenen Quellen lassen aber den Schluss zu, dass der Fernhandel zwischen benachbarten Völkern, sowie dessen rechtliche Regelung, während des ganzen Altertums hinweg existiert und dabei erhebliche Bedeutung erlangt hat.9

3 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, München, 2003, S. 39, Rn. 79. 4 Grewe, Wilhelm (Hrsg.): Fontes Historiae Iuris Gentium. Band 1. 1380 v. Chr.–1493, Berlin, New York, 1995, S. 109. 5 Ziegler, Karl-Heinz: Völkerrechtsgeschichte, Fn. 1, S. 60. 6 Grewe, Wilhelm (Hrsg.): Fontes Historiae, Fn. 4, S. 230–231, Ziegler, KarlHeinz: Völkerrechtsgeschichte, Fn. 1, S. 62. 7 Grewe, Wilhelm (Hrsg.): Fontes Historiae, Fn. 4, S. 231–232. 8 Ziegler, Karl-Heinz: Handelsverkehr, Fn. 1, S. 55. 9 Herrmann, Gerold: Commercial Treaties, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.), EPIL, Amsterdam, 1983, S. 85–91, (S. 86); Ziegler, Karl-Heinz: Handelsverkehr, Fn. 1, S. 67.

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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II. Mittelalter und Neuzeit 1. Mittelalter Zur Zeit der Völkerwanderung fehlte es an staatlichen Strukturen, und demzufolge auch an erhaltenen völkerrechtlichen Abkommen. Das änderte sich erst wieder durch die Rückkehr zu mehr Staatlichkeit im Mittelalter, als vom 11. bis zum 14. Jh. auch der Fernhandel wieder an Bedeutung gewann. Dieser trug zu einem erheblichen Aufschwung der Wirtschaft und zunehmenden Wohlstand bei, der erst durch zahlreiche Missernten in den dreißiger Jahren des 14. Jh. und die Pest 1348–1350 gestoppt wurde.10 Als Vorläufer einer Welthandelsorganisation kann die Hanse angesehen werden, die zwischen dem 13. und dem 17. Jh. bestanden, und zu ihrer Blütezeit etwa 70 Küsten- und Binnenstädte in ganz Nordeuropa umfasst hat.11 Die Hanse beruhte jedoch weniger auf staatlichen Strukturen, sondern beschränkte sich auf Grundlage eines Personalitätsprinzips auf die Wahrung und Förderung der kommerziellen Interessen ihrer Mitglieder. So ist die Hanse nur bedingt mit modernen Handelsorganisationen vergleichbar, da es ihr insbesondere an einem einheitlichen Wirtschafts- und Zollgebiet, mit dem darin innewohnenden Territorialitätsprinzip fehlte.12 Im Wesentlichen beschränkten sich die Verträge des Mittelalters auf meist reziproke Sicherheitsgarantien der Kaufleute, auf fremdem Territorium ungestört handeln zu können.13 Mit den aufkommenden zentral und territorial orientierten Fürstenstaaten, und dem damit verbundenen Niedergang des feudalen Systems im Spätmittelalter (1300–1500), entwickelten sich zunehmend immer einheitlichere Wirtschafts- und Zollgebiete. Daraus resultierend stützten die Staaten ihre Volkswirtschaften auch vermehrt auf die Erhebung von Zöllen. Besonders ausgeprägt war diese Entwicklung in England, das zur Finanzierung des hundertjährigen Krieges sowohl Import- wie auch Exportzölle auf das 10 Bernard, Jacques: Handel und Geldwesen im Mittelalter, in: Cipolla, Carlo M./ Borchardt, K. (Hrsg.), Europäische Wirtschaftsgeschichte. Band 1: Mittelalter, Stuttgart, New York, 1983, S. 177–217 (S. 177). 11 Weber, Albrecht: Geschichte der internationalen Wirtschaftsorganisationen, Wiesbaden, 1983, S. 15; Nussbaum, Arthur: Geschichte des Völkerrechts, München et al., 1960, S. 31. 12 Weber, Albrecht: Geschichte, Fn. 11, S. 16; Reibstein, Ernst: Das Völkerrecht der deutschen Hanse, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Stuttgart et al., 1956/57, S. 38–92 (S. 50); Rörig, Fritz: Mittelalterliche Weltwirtschaft. Blüte und Ende einer Weltwirtschaftsperiode, Jena, 1933, S. 34. 13 Herrmann, Gerold: Commercial Treaties, Fn. 9, S. 86.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Haupthandelsgut Wolle einführte. Unter Heinrich VI machten diese Einkünfte bereits die Hälfte der gesamten Staatseinkünfte aus.14 2. Territorialisierung in der Neuzeit Beinahe alle europäischen Staaten entstanden aus dem Mittelalter mit einer Vielzahl interner Zölle und Abgaben, Überreste der lokalen Machtverhältnisse des feudalen Systems. Während sich die Handelsverträge des Altertums und der Antike noch hauptsächlich mit der Behandlung von fremden Kaufleuten, und dem sicheren Transport der Waren beschäftigten, so entwickelten sich erst jetzt, mit der Entstehung von einheitlichen Zollgebieten, Verträge, die Zollsätze als zentralen Gegenstand in den Beziehungen zwischen den einzelnen Fürstenstaaten beinhalteten. Dennoch ging eine politische nicht notwendigerweise mit einer wirtschaftlichen Einigung einher. England und Schottland, seit 1603 unter einem Monarchen vereint, bilden erst seit 1707 eine wirtschaftliche Einheit, mit einem einheitlichen Zollsystem. In Frankreich blieben interne Zölle und Abgaben bis zur französischen Revolution bestehen, die Schweizer Kantone hoben 1848 ihre internen Zölle auf. Preußens Bestreben nach einem einheitlichen Zollsystem fand seinen Abschluss im Zollverein von 1834, als die meisten deutschen Staaten Preußens Zollsystem übernahmen.15 Insofern ging in Deutschland die wirtschaftliche der politischen Einheit sogar voraus. In die Zeit des Spätmittelalters fallen auch die ersten Vorläufer der Meistbegünstigungsklausel, wie sie sich heute in Art. I des GATT findet. Allerdings werden dabei die begünstigten Nationen noch namentlich erwähnt, und nicht, wie heute üblich, generell dargestellt. Beispiele hierfür finden sich in den Verträgen Heinrichs V sowie Heinrichs VII mit Burgund sowie der Bretagne.16 Die Neuzeit war zunächst stark von der Kolonialisierung geprägt. Der anfänglichen Hegemonie Spaniens und Portugals in den neuen Gebieten, folgte auf Druck der Niederlande, Englands und Frankreichs ab dem 17. Jh. eine zunehmende Öffnung der Weltwirtschaft. Außenhandelspolitik, Trans14 Miller, Edward: Wirtschaftspolitik und öffentliche Finanzen, in: Cipolla, Carlo M./Borchardt, K. (Hrsg.), Europäische Wirtschaftsgeschichte. Band 1: Mittelalter, Stuttgart, New York, 1983, S. 219–240 (S. 224). 15 Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies in the world trading system: an historical perspective, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 90–119 (S. 92). 16 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 42 sowie mit weiteren Beispielen: Ustor, Endre: Most-Favoured-Nation-Clause, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.), EPIL, Amsterdam, 1983, S. 411–416 (S. 412).

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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parenz und Erfassung der Zölle wurden nun zur Staatsaufgabe. Vorherrschend war damals die Theorie des Merkantilismus, der eine Optimierung der Außenhandelsbilanz durch möglichst große Exporte, bei gleichzeitig möglichst geringen Importen anstrebte.17 Der Methuen-Vertrag aus 1703 zwischen England und Portugal hatte genau das zum Ziel. Dabei wurde portugiesischem Wein präferenzieller Zugang zum englischen Markt, umgekehrt englischer Wolle Zugang zum portugiesischen Markt gewährt. Die Engländer erhofften sich dadurch eine Verbesserung ihrer Handelsbilanz, da die Portugiesen über ihre Kolonien direkten Zugang zu Gold und Silber hatten.18 Trotz der zunehmenden „Verstaatlichung“ der Wirtschaftspolitik, stellten die einzelnen Volkswirtschaften bis zum Ende des 18. Jh. noch Großteils ein Konglomerat semi-autarker Märkte dar, die noch nach ihrer jeweils eigenen Ordnung funktionierten. Die Wirkungskreise der einzelnen Unternehmen waren in der Regel zu gering, um global zu agieren, oder in großem Ausmaß von der Lieferung von Ressourcen abhängig zu sein.19 Der Welthandel fand daher nur in sehr begrenztem Umfang statt, was wohl zum überwiegenden Teil durch mangelnde Transportkapazitäten und das Fehlen industrieller Arbeitsmethoden zu erklären ist.

III. Industrialisierung und Zwischenkriegszeit 1. Der Freihandel des 18. Jahrhunderts Ausgehend von Adam Smith setzte sich im 19. Jh. die Ansicht durch, dass nicht nur Exporte, sondern auch Importe für die Volkswirtschaft eines Landes vorteilhaft sein können. Nach Smith musste sich eine Volkswirtschaft auf die Produktion jener Güter spezialisieren, bei denen sie einen absoluten Produktionsvorteil gegenüber einem Konkurrenten hat, also billiger als alle anderen produziert.20 Erweitert wurde diese „klassische Außenhandelstheorie“ von David Ricardo, wonach schon ein relativer Produktionsvorteil zur Spezialisierung ausreicht.21 17

Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 10. Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 92. 19 Lazer, David: The Free Trade Epidemic of the 1860’s and Other Outbreaks of Economic Discrimination, in: http://www.ksg.harvard.edudavidlazerContagion– %20absolutefinal.pdf (29.3.2005), S. 13. 20 Smith, Adam: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, London, 1776. 21 Ricardo, David: On the principles of political economy and taxation, London, 1817. 18

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Das wird durch folgendes Beispiel deutlich: Benötigt England zur Produktion von Tuch 100 und für Wein 120 Arbeiter, und Portugal für die Produktion der jeweils gleichen Mengen nur 90 Arbeiter (Tuch) und 80 (Wein), so hat Portugal in beiden Bereichen einen absoluten Produktionsvorteil. Importiert nun England seinen Wein aus Portugal, so müssen die Portugiesen 80 Arbeiter aus der Tuchproduktion abziehen. Portugal muss sein Tuch nun aus Großbritannien importieren, das die gleiche Menge Tuch mit 100 Arbeitern produziert. Spezialisiert sich Portugal auf die Produktion von Wein, und England auf Tuch, so werden bei gleicher Produktionsmenge in Portugal 10, und in England 20 Arbeiter frei, die dann zur Produktion zusätzlicher Güter eingesetzt werden können. Zwar hat dieses „Ricardo-Theorem“ mit der realen Wirtschaftswelt wenig zu tun, ist diese doch um ein vielfaches komplexer, und nicht nur auf zwei Staaten mit nur zwei Produkten begrenzt, und sind auch die Arbeiter nicht unendlich flexibel, bildet aber auch heute noch die Grundlage der modernen Außenhandelstheorie.22 Eine tief greifende Veränderung der Wirtschaftsordnung brachte die Industrialisierung des 19. Jh. Der Einsatz neuer Produktionsmethoden und neuer Technologien, wie beispielsweise der Dampfmaschine, ermöglichten signifikant größere Produktionsmengen. Zudem sanken die Transportkosten durch die Entwicklung der Eisenbahn dramatisch.23 Wurden in Europa bis 1850 etwa 24 000 km an Schienen verlegt, so waren es allein zwischen 1850 und 1870 ca. 80 000 km24. Grenzüberschreitendes Wirtschaften wurde so wesentlich vereinfacht, die einzelnen Volkswirtschaften waren zunehmend gegenseitig verflochten. Die Folge war ein Zeitalter des sprunghaften Anstiegs des Welthandels. Schätzungen zufolge hat sich dieser zwischen 1820 und 1880 fast verneunfacht, und ist damit um ein vielfaches schneller gewachsen, als die Bevölkerung in derselben Zeitspanne. Noch im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. hat sich der Welthandel, an dem Europas Anteil (inklusive Russland) über 60% betrug, verdoppelt.25 22 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 10–11, Rn. 20–21; vergleiche dieses Beispiel auch mit den Beispielen Jacob Viners in Kapitel B.III., S. 43. 23 Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 14. 24 Landes, David: Technological Change and Development in Western Europe, 1750–1914, in: Habakkuk, H.J./Postan, M. (Hrsg.), The Cambridge Economic History of Europe. VI. The industrial revolutions and after, Cambridge, 1966, S. 274–601 (S. 429). 25 Woodruff, William: Die Entstehung einer internationalen Wirtschaft, in: Cipolla, Carlo M./Borchardt, K. (Hrsg.), Europäsiche Wirtschaftsgeschichte. Band 4: Die Entwicklung der industriellen Gesellschaften, Stuttgart, New York, 1985, S. 435–483 (S. 436).

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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Bis 1860 waren keine nennenswerten Handelsabkommen zwischen europäischen Staaten in Kraft. In Folge der neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten, entstand aber ab 1860 eine bis zum ersten Weltkrieg dauernde Zeitspanne des Freihandels.26 Als Auslöser dafür diente der Cobden-ChevalierVertrag zwischen England und Frankreich aus 1860, der die Zölle zwischen diesen beiden Staaten entscheidend senkte. So durften Frankreichs Zölle für englische Waren 30% nicht übersteigen, wenngleich für die meisten Produkte ein Zollsatz von 10–15% festgesetzt wurde. Im Gegenzug reduzierte England die Zahl der mit Zöllen belegten Waren von 419 auf 48, und reduzierte auch den Zoll auf Wein, was gerade für den Außenhandel Frankreichs enorm wichtig war.27 Die entscheidende „Bestimmung des Cobden-Chevalier-Vertrags war aber Artikel V: „Each of the contracting powers engages to extend to the favour, and privilege or diminution of tariff which either of them may grant to a third power in regard to the importation of goods whether mentioned or not mentioned in the treaty of 23d of January, 1860.“28

England und Frankreich räumten sich demzufolge einen Meistbegünstigungsstatus ein, Zollvorteile an Drittstaaten mussten bedingungslos an den jeweiligen Vertragspartner weitergegeben werden. Dies stellt somit den ersten Vorläufer des Meistbegünstigungsprinzips dar, wie er sich heute, im multilateralen Kontext, in Art. I GATT findet.29 In England war wirtschaftlich liberales Denken zu dieser Zeit besonders stark ausgeprägt, sodass England auch als „die Wiege des Freihandels“ gilt. Die Engländer erstreckten daher viele ihrer Zollzugeständnisse bedingungslos an Drittstaaten. Der eigentliche Schlüssel zur Entstehung eines umfassenden Freihandelssystems lag aber in Frankreich, da diese ihre Zollzugeständnisse exklusiv den Briten gewährten. Für Drittstaaten entstand am französischen Markt somit ein Wettbewerbsnachteil gegenüber England, der sich durch Frankreichs wirtschaftliche Bedeutung, und seine zentrale Lage besonders stark auswirkte. Um ebenfalls in den Genuss eines präferenziellen Zugangs am französischen Markt zu kommen, strebten daher weitere Staaten, Freihandelsabkommen mit Frankreich an, das unter Napoleon III von seiner bisher protektionistischen Politik abkam. Ausgehend von seinen Nachbarn Belgien 1861 und dem deutschen Zollverein 1862, schlossen mit 26

Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 15. Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 96. 28 Abgedruckt in: Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 96. 29 Siehe dazu ausführlicher: Ustor, Endre: Most-Favoured-Nation-Clause, Fn. 16, S. 412. 27

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Italien 1863, der Schweiz 1864, Schweden, Norwegen, Spanien und den Niederlanden 1865 und Österreich 1866 weitere Länder Freihandelsabkommen mit Frankreich.30 Aus den „Lebenserinnerungen“ von Rudolf von Delbrück, zu dieser Zeit Ministerialdirektor im preußischen Handelsministerium, wird dieser Dominoeffekt besonders deutlich: „Due to our position and our developed industry, we could not have permitted our exclusion from the market of the richest country on the continent, located before our very door, if this market would be opened, as it was expected, to everybody else. “31

Ausgehend vom französisch-englischen Vertrag, wurden von 1860–1872 im Sinne eines Dominoeffekts zwischen nahezu allen europäischen Staaten insgesamt 47 Freihandelsverträge geschlossen. Von den großen Volkswirtschaften schlossen lediglich Russland und die USA keine solchen Verträge ab.32 Das Bemerkenswerte am Netzwerk der Freihandelsverträge war, dass sie, dem Beispiel des auslösenden Cobden-Chevalier-Vertrags folgend, alle auf dem Prinzip der Meistbegünstigung aufbauten, also nicht diskriminierend waren. So entstand ein System, dass dem des heutigen GATT nicht unähnlich, nach Irwin diesem sogar teilweise überlegen war.33 Ab den späten 70er Jahren des 19. Jh. wurden die Zölle in Europa, ausgelöst durch sinkende Getreidepreise, wieder tendenziell erhöht, da Russland und die USA durch den Ausbau ihrer Schienennetze Getreide in Europa viel billiger anbieten konnten. Die Folge waren einige Handelskriege, wie beispielsweise zwischen Frankreich und Italien 1888–1889. Obwohl sich die Situation des Freihandelsnetzwerks durch die Erhöhung von Zöllen verschlechterte, blieb es doch bis 1914 bestehen, und kam letztlich erst durch den ausbrechenden ersten Weltkrieg, und nicht aus wirtschaftlichen Gründen zu Fall.34

30 Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 96–97, Lambi, Nikolai: Free Trade and Protection in Germany 1868–1879, Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 44, Wiesbaden, 1963, S. 6; Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 15–16. 31 Delbrück, Rudolf von: Lebenserinnerungen, Leipzig, 1905, Zitat in englischer Übersetzung abgedruckt in: Lambi, Nikolai: Free Trade and Protection in Germany, Fn. 30, S. 6. 32 Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 17. 33 Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 91. 34 Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 101–102.

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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2. Der Protektionismus der Zwischenkriegszeit Die Zwischenkriegszeit gilt als eine der dunkelsten Epochen des Welthandels. Großbritannien, Frankreich und Deutschland, als die „großen Drei“ der europäischen Wirtschaft, hatten hart mit den Folgen des 1. Weltkriegs zu kämpfen. Erst 1925 erreichte die europäische Industrieproduktion das Niveau des Vorkriegsjahres 1913.35 Der europäische Außenhandel kam erst wieder 1929, allerdings nur für eine kurze Zeit, auf das Vorkriegsniveau.36 Europa wurde in dieser Zeit von den USA wirtschaftlich überflügelt. Die USA wiesen nicht nur bedeutend höhere Wachstumsraten als Europa auf,37 sondern setzten auch auf innovativere Wirtschaftszweige. Während Europas traditionelle Industrien wie Kohle, Eisen, Stahl und die Textilindustrie nach dem ersten Weltkrieg weitgehend stagnierten, übernahmen die USA durch ihre auf modernen Technologien fußenden Wirtschaftszweige wie Maschinen- und Fahrzeugbau oder der chemischen Industrie die Führung. Die innovativen Fertigungsmethoden Henry Fords dienen hierfür als Beispiel.38 In den zwanziger Jahren breitete sich ein allgemeines Schutzzoll-Denken aus, womit jedes Land seine eigenen Schlüsselindustrien zu schützen versuchte. Deutlich werden die Gedanken dieser Zeit am Beispiel der Donaumonarchie: Zwar war die Monarchie bei ihrem Zerfall 1918 politisch am Ende, bildete bis dahin aber doch eine große, homogene Freihandelszone. Nach dem Zerfall in die verschiedenen Nationalstaaten, strebten die neu entstandenen Länder möglichst nach Autarkie und achteten mittels gegenseitiger Handelsbeschränkungen darauf, die jeweiligen Nachbarn nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Dies nahm so absurde Ausmaße an, dass zeitweise sogar der gesamte Grenzverkehr untersagt wurde. Während der Reiseverkehr bald wieder aus pragmatischen Gründen gestattet wurde, blieben doch viele Handelsbeschränkungen bestehen, was letztlich zur Folge hatte, dass sich die besonders auf Synergieeffekte angewiesenen kleinen Länder der ehemaligen Monarchie in ihrer Entwicklung gegenseitig bremsten.39 Auch die großen Wirtschaftsmächte, Deutschland, Frankreich, die USA und das im 19. Jh. als besonders liberal geltende England, führten Handels35

Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, in: Cipolla, Carlo M./Borchardt, K. (Hrsg.), Europäische Wirtschaftsgeschichte. Band 5: Die europäischen Volkswirtschaften im zwanzigsten Jahrhundert, Stuttgart, New York, 1986, S. 377–411 (S. 379). 36 Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 380. 37 In der Industrieproduktion von 1913–1929 81% gegenüber 28%. 38 Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 379. 39 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft. Band 2: Von der Industrialisierung bis zur Gegenwart, Stuttgart, 1992, S. 199.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

beschränkungen ein. Neben Schutzzöllen waren dies vor allem Quotierungen, oder gar Einfuhrverbote.40 Zudem war Deutschland aufgrund des Versailler Vertrags verpflichtet, allen Alliierten einen Meistbegünstigungsstatus zu gewähren. Deutschland war damit der Möglichkeit beraubt, eine eigenständige Zollpolitik und effiziente Außenhandelspolitik durch Lenkung seiner Handelsströme zu betreiben, war es doch verpflichtet, die Mehrzahl seiner Handelspartner automatisch und ohne Gegenleistung gleich zu behandeln. Damit fehlte allerdings die entscheidende Voraussetzung um ein Freihandelsnetzwerk aufzubauen, wie es vor dem ersten Weltkrieg bestanden hat. Dies änderte sich erst durch die Aufhebung dieser Verpflichtung aus dem Versailler Vertrag 1925, und dem darauf folgenden Freihandelsvertrag zwischen Deutschland und Frankreich aus dem Jahr 1927. Als Folge stieg die Zahl der Staaten, die kommerzielle Abkommen abgeschlossen hatten, innerhalb nur eines Jahres von 30 auf 42. Das neu entstehende, noch labile Freihandelsnetzwerk, brach jedoch schließlich unter der unmittelbar darauf folgenden Weltwirtschaftskrise zusammen.41 Versuche einer Internationalisierung der Weltwirtschaftspolitik, die die nachfolgende Krise zumindest hätten mildern können, scheiterten bei Konferenzen in Brüssel (1922), Genua (1923) und insbesondere in Genf (1927), wo zwar das Problem analysiert wurde, sich die Staaten aber letztendlich nicht auf eine Lösung einigen konnten.42 Während Europa in den zwanziger Jahren stagnierte, erlebten die USA mit den „Roaring Twenties“ eine Zeit des Aufschwungs. Der seit 1922 anhaltende Boom führte in den USA zu unrealistisch hohen Gewinnerwartungen im Konsumgüterbereich, die durch die tatsächliche Nachfrage nicht mehr gedeckt waren. Als schließlich die Nachfrage mehr und mehr ins Stocken geriet, kam es zu dramatischen Verlusten an der New Yorker Börse, die schließlich am 25.10.1929, dem Schwarzen Freitag, ihren bis dahin nicht gekannten Höhepunkt erreichten. Durch die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von amerikanischen Banken, und dem daraus folgenden nunmehr versiegenden Kapitalstrom, wurden die europäischen Staaten mit in die Depression gerissen, es entstand die so genannte Weltwirtschaftskrise.43 40

Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 200. Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 21–22; Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 105. 42 Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 381; Weiß, Wolfgang/ Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 45. 43 Walter, Rolf: Wirtschaftsgeschichte. Vom Merkantilismus bis zur Gegenwart, Köln et al., 2000, S. 171. 41

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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Mitauslöser der Weltwirtschaftskrise waren dabei aber auch die viel zu hohen Reparationszahlungen Deutschlands aus dem Versailler Vertrag von 1919. Das Problem wurzelt in den Krediten, die die USA ihren europäischen Verbündeten zur Finanzierung des ersten Weltkriegs gewährt hatten. Unter Hinweis auf Ihre vom Krieg geleerten Staatskassen, ersuchten die siegreichen europäischen Mächte die USA um einen Erlass ihrer Kriegsschulden. Schließlich seien die USA bedeutend später in den Krieg eingetreten, und daher wirtschaftlich bei weitem nicht so angeschlagen wie die Europäer. Die Situation der europäischen Alliierten war so heikel, dass sie ihre Schulden nur dadurch begleichen konnten, indem sie möglichst viel aus den Deutschen in Form der Reparationszahlungen „herauspressten“. Der Vorschlag des britischen Premierministers Lloyd George, sowohl die alliierten Kriegsschulden, als auch die Reparationszahlungen zu erlassen, scheiterte am Widerstand der USA, die sich beharrlich weigerten, einen Zusammenhang zwischen den beiden Schulden zu erkennen.44 Letztlich wurde Deutschland in einem Kompromiss jene Summe45 aufgetragen, die die Alliierten glaubten, herausholen zu können.46 Dass diese Summe immer noch viel zu hoch war und damit die gesamte europäische Wirtschaft schwächte, interessierte, ganz der damaligen Wirtschaftspolitik entsprechend, kaum jemand.47 Nur der damals noch junge, und später weltberühmte Nationalökonom John Maynard Keynes, Mitglied der englischen Delegation in Versailles, wies bereits 1919 auf die negativen wirtschaftlichen Folgen der Reparationszahlungen hin.48 Von der Weltwirtschaftskrise verschont blieb lediglich die Sowjetunion, die sich seit den zwanziger Jahren wirtschaftlich fast völlig vom Rest der Welt abgeschottet hatte, und somit nicht von ausländischem Kapital abhängig war.49 In den westlichen Industrienationen folgte eine Zeit tiefer Depression, die vor allem durch eine noch nationalistischere Wirtschaftspolitik, und dem starken Zunehmen des Protektionismus geprägt war. Sowohl die Briten und die Franzosen, im 19. Jh. noch federführend im Freihandelsdenken, führten ein Präferenzsystem mit ihren Kolonien ein. Gerade das Commonwealth stellte dabei einen überaus wichtigen Faktor dar, umfasste 44 Diese Haltung kommt in der späteren Bemerkung von US-Präsident Collidge zum Ausdruck: „They hired the money, didn’t they?“. 45 Die endgültige Summe der Reparationszahlungen belief sich auf 132 Milliarden Goldmark, mehr als doppelt so hoch wie das deutsche Volkseinkommen. 46 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 202. 47 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 197. 48 Siehe dazu: Keynes, John Maynard: The economic consequences of the peace, London, 1919. 49 Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 382; Walter, Rolf: Wirtschaftsgeschichte, Fn. 43, S. 171.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

er doch etwa ein Viertel der damaligen Weltbevölkerung.50 Die Vereinigten Staaten entwickelten ab 1930 unter der Führung von Präsident Hoover, gegen den Widerstand tausender Wirtschaftswissenschafter, ihr „Smoot-Hawley-Zollgesetz“,51 um den amerikanischen Markt durch Schutzzölle abzuschotten.52 Auf diese Politik des Protektionismus reagierten wiederum andere Staaten ihrerseits mit Zollerhöhungen, sodass der Außenhandel dramatisch einbrach. So reduzierte sich beispielsweise die Summe der europäischen Importe und Exporte mit den USA 1933 auf zwei Fünftel des Werts von 1929 und sank damit auf ein Niveau von vor 1900.53 Clair Wilcox, einer der Autoren der Nachkriegsordnung, beschreibt treffend die Stimmung der dreißiger Jahre: „Intensive economic nationalism marked the rest of the decade. Exports were forced; imports were curtailed. All of the weapons of commercial warfare were brought into play.: currencies were depreciated, exports subsidized, tariffs raised, exchanges controlled, quotas imposed, and discrimination practiced through preferential systems and barter deals. Each nation sought to sell much and buy little. A vicious restrictionism produced further deterioration in world trade.“54

Mit den Konferenzen von Lausanne im Juni 1932, und der schon im Mai 1932 durch den Völkerbund angeregten Weltwährungskonferenz, die allerdings aufgrund der amerikanischen Präsidentenwahlen und der folgenden Regierungsbildung bis zum Juni 1933 verschoben wurde, wurden noch letzte vergebliche Versuche unternommen, die Krise international zu lösen.55 Bezeichnend für die Stimmung der Zeit ist, dass die Konferenz von Lausanne zur Organisation einer neuen Konferenz, mit dem Ziel „facilitating the revival of international trade“ aufgerufen hat.56 Die Wahl von Franklin D. Roosevelt zum amerikanischen Präsidenten 1932 brachte schließlich eine Neuorientierung der amerikanischen Politik. Zwar widmete sich Roosevelt zu Beginn seiner Amtszeit fast ausschließlich innenpolitischen Problemen, weshalb die Weltwährungskonferenz schließ50

Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 385. Das gegenüber einigen wenigen Staaten, jedenfalls Nicht-Mitglieder der WTO, wie z. B. Nordkorea, als Instrument der Handelsbeschränkung bis heute in Geltung ist. 52 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 200. 53 Pinder, John: Europa in der Weltwirtschaft, Fn. 35, S. 384; Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 201. 54 Wilcox, Clair: A Charter for World Trade, New York, 1949, abgedruckt in: Hudec, Robert E.: The GATT Legal System and World Trade Diplomacy, Salem, 1990, S. 6. 55 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 211–212. 56 League of Nations (Hrsg.): Commercial Policy in the Interwar Period: International Proposals and National Policies, Genf, 1942, S. 61. 51

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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lich scheiterte.57 Mit dem nach dem damaligen Secretary of State benannten Cordell-Hull-Programm von 1934 konzipierten die USA ihre Außenhandelspolitik aber komplett neu, da sie erkannten, dass durch die Politik des Protektionismus auch die eigene Exportwirtschaft litt.58 Der auf dem CordellHull-Programm basierende Reciprocal Trade Agreements Act von 1934 erleichterte den Abschluss von Handelsverträgen, sowie die Senkung der Zollsätze durch die USA, in dem es die damit verbundenen Kompetenzen vom Kongress auf die Regierung übertrug. Der Trade Agreements Act fußte auf den Prinzipien der Meistbegünstigung, der Reziprozität und dem Abbau der protektionistischen Handelshemmnisse.59 Konkret konnte der Präsident die Zölle im Gegenzug für Handelserleichterungen anderer Staaten um bis zu 50% senken, was in Abkommen mit mehreren Staaten wie z. B. Kuba, Brasilien, Belgien, Finnland, Kolumbien und den Niederlanden mündete.60 Am bemerkenswertesten war das Abkommen mit Großbritannien aus 1938, des den Grundstein für die angloamerikanische Allianz im zweiten Weltkrieg und in den darauf folgenden Verhandlungen zur Errichtung eines multilateralen Wirtschaftssystems bildete.61 Insgesamt schlossen die USA zwischen 1934 und 1939 32 solcher bilateraler Handelsabkommen, die als Basis für die späteren Verhandlungen zum GATT dienten.62 Das Urteil über die Wirtschaftspolitik der Zwischenkriegszeit ist einheitlich hart: ein kolossaler Fehlschlag.63 In den zwanziger Jahren breitete sich zunehmend eine nationalistisch geprägte Wirtschaftspolitik aus. Während die USA boomten, entwickelte sich die europäische Wirtschaft, mitverschuldet durch den Versailler Vertrag, nur zaghaft. Als sich schließlich in Europa die wirtschaftliche Situation leicht entspannte, wurde die Welt ab 1929 in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt. Die Folge war ein beispielloser Protektionismus, Versuche einer Lösung des Problems auf internationalen Konferenzen scheiterten. Als sich ab 1934 durch einen einsetzenden Liberalisierungsprozess die ökonomische Situation zu bessern begann, waren in weiten Teilen Europas bereits faschistische Regierungen an der Macht. Ei57

Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 211–212. Erler, Georg: Grundprobleme des internationalen Wirtschaftsrechts, Göttingen, 1956, S. 98–99; Jackson, John Howard: The World Trading System. Law and Policy of International Relations, Cambridge et al., 1999, S. 36. 59 Senti, Richard: WTO. System und Funktionsweise der Welthandelsordnung, Zürich, 2000, S. 5, Rn. 9–10; Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 8. 60 League of Nations (Hrsg.): Commercial Policy in the Interwar Period, Fn. 56, S. 74. 61 Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 113. 62 Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 8. 63 So z. B. Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 5. 58

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1. Teil: Allgemeine Einführung

ner nun wirtschaftlich möglichen Liberalisierung war somit politisch der Weg versperrt,64 die Welt stürzte in den zweiten Weltkrieg. Dieser brachte tief greifende Veränderungen: Während ein Teil der Welt daraufhin für fast 40 Jahre kommunistisch-planwirtschaftlich regiert wurde, entstand in den demokratisch-marktwirtschaftlichen Staaten unsere heute geltende Weltwirtschaftsordnung auf Basis des GATT und der WTO.

IV. Die heute geltende Weltwirtschaftsordnung 1. Das Scheitern der ITO und das Entstehen des GATT Nach dem 2. Weltkrieg war Europa entkräftet und wirtschaftlich stark geschwächt, nahezu alle Krieg führenden Staaten waren von fremden Mächten besetzt, oder weitgehend zerstört. Der notwendige Wiederaufbau eines Weltwirtschaftssystems für die Nachkriegszeit stand klar unter angloamerikanischer Führung. US-Präsident Roosevelt und der britische Premierminister Churchill beschlossen bereits 1941 mit der Atlantikcharta eine erste Grundsatzerklärung. Die an Bord eines Kriegsschiffes mitten im Atlantik beschlossene Charta, nannte u. a. die Gründung der Vereinten Nationen und den Neuaufbau des Welthandels als Ziele.65 Die hinter Churchill und Roosevelt stehenden Architekten des geltenden Weltwirtschaftssystems, die sowohl den Protektionismus der Zwischenkriegszeit, als auch das Netzwerk an Verträgen zur Meistbegünstigung ab 1860 erlebt hatten, beschlossen das neue Welthandelssystem auf eine multilaterale Basis zu stellen. Ziel war also die Gründung einer internationalen Organisation. Mit der Gründung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, folgten 1944 im amerikanischen Ferienort Bretton-Woods erste konkrete Schritte.66 Zwar widmete sich die Konferenz von Bretton Woods primär monetären und weniger handelspolitischen Problemen, doch wurden dort auch die Weichen für die Gründung einer Internationalen Handelsorganisation (ITO) gestellt.67 Die USA legten Ende 1945 ihre Vorschläge zur Gründung einer solchen Internationalen Handelsorganisation vor, die als Teil der Vereinten Nationen gedacht war. Auf der Vorbereitungskonferenz von London 1946 wurde dabei die folgenschwere Entscheidung getroffen, über das Statut der ITO einerseits, und andererseits über ein allgemeines Zoll- und Handels64

Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 113. Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 232; Gardner, Richard N.: La diplomacia del dólar y la esterlina, Buenos Aires, 1966, S. 73. 66 Cameron, Rondo: Geschichte der Weltwirtschaft, Fn. 39, S. 232. 67 Jackson, John Howard: The World Trading System, Fn. 58, S. 36. 65

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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abkommen GATT getrennt zu verhandeln. Das GATT war dabei aber lediglich als Teil der ITO gedacht.68 Während die Verhandlungen zum GATT am 30.10.1947 abgeschlossen wurden, wurde der Abschluss der Verhandlungen zur ITO erst für 1948 erwartet. Das GATT enthielt tausende von Zollzugeständnissen. Diese waren zwar nicht öffentlich, man war sich aber darüber im Klaren, dass man diese nicht auf Monate hinweg geheim halten konnte. Um die weltweiten Handelsströme nicht unnötig zu beeinflussen, wurde das GATT daher vorläufig in Geltung gesetzt.69 Bei den Verhandlungen zum GATT waren die USA sehr darauf bestrebt, lediglich solche Bestimmungen in das Abkommen aufzunehmen, wie sie auch in einem internationalen Handelsvertrag zu finden sind. Denn die USA verhandelten das GATT im Gegensatz zur ITO auf Basis des Reciprocal Tariff Act aus 1934, der 1945 für 3 Jahre verlängert wurde.70 Auf Basis dieses Gesetzes musste das GATT nicht dem US-Kongress vorgelegt werden, wie dies bei der ITO nötig war.71 Das GATT vermeidet daher penibel Assoziationen zu einer internationalen Organisation, was sich angesichts der auch im GATT notwendigen Entscheidungsfindungsprozesse als schwierig gestaltete. Die Entscheidungsfindung wurde daher der Gesamtheit der „Mitglieder“ des GATT übertragen, die Schreibung VERTRAGSPARTEIEN in Blockbuchstaben ist der einzige Hinweis auf eine kollektive Einheit.72 Die Verhandlungen zur ITO wurden im Frühjahr 1948 abgeschlossen, und daraufhin von 53 Staaten in Havanna unterzeichnet. Im Gegensatz zum GATT, das also einen „bloßen“ Handelsvertrag darstellte, benötigte die ITO, die vom Exekutivorgan State Department verhandelt wurde, als internationale Organisation sehr wohl die Zustimmung des amerikanischen Legislativorgans Kongress. Da die Ablehnung der Havanna-Charta im Kongress vorhersehbar war, hat sich Präsident Truman schließlich entschlossen, diese nicht zur Abstimmung vorzulegen. Die ITO, deren Gründung ohne 68 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 12, Rn. 30; Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 48, Rn. 93; für einen Überblick über die Entwicklung siehe auch: Jaenicke, Günther: Havana Charter, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.), EPIL, Amsterdam, 1983, S. 260–264 (S. 260–262). 69 Siehe mit weiteren Gründen: Jackson, John Howard: The World Trading System, Fn. 58, S. 39–41. 70 Worin ein weiterer Grund für die vorläufige Anwendung des GATT liegt, denn die Verlängerung des Reciprocal Tariff Acts lief Mitte 1948 aus. 71 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 9–10, Rn. 33; Jackson, John Howard: The World Trading System, Fn. 58, S. 37. 72 Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 51; Weiß, Wolfgang/ Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 48, Rn. 93.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

die Teilnahme der USA undenkbar war, war damit gescheitert. Die Gründe dafür liegen in starken protektionistischen Einflüssen von Teilen der USWirtschaft. Die USA bestanden auf gewissen protektionistischen Elementen im Rahmen der ITO, wie z. B. einem Präferenzsystem mit Kuba oder Produktsubventionen im Agrarbereich. Durch ihre eigene protektionistische Politik konnten die USA ähnlichen Bestrebungen anderer Staaten, wie z. B. der Beibehaltung der Commonwealth-Präferenzen durch Großbritannien, nicht entscheidend genug entgegentreten. Die USA waren zu Zugeständnissen gezwungen. Das Resultat war ein Vertragsentwurf, der im Kongress von den Protektionisten als zu liberal, und von den freihandelspolitischen Perfektionisten aufgrund zu großer Zugeständnisse an andere Staaten abgelehnt wurde.73 Hinzu kommt, dass mit den Zollsenkungen des GATT der wichtigste Punkt bereits umgesetzt war.74 Das GATT, ursprünglich nur als Provisorium bis Gründung der ITO in Geltung gesetzt und lediglich als Teil der übergeordneten ITO gedacht, wurde damit zum Hauptinstrument des Welthandelsrechts. 2. Die Weiterentwicklung des GATT Seit seiner Entstehung im Jahr 1947 wurde das GATT in mehreren Verhandlungsrunden erweitert. Nach einer Zeit des Wartens auf die Gründung der ITO, ging es zunächst um eine Anpassung des GATT an die neuen Verhältnisse. Es wurde dabei auch der Versuch unternommen, eine auf die Belange des GATT beschränkte OTC (Organization for Trade Cooperation) zu gründen, was aber abermals am amerikanischen Kongress scheiterte.75 In Kraft traten lediglich Änderungen zu den Teilen II und III des GATT.76 Von 1947 bis 1961 ging es in den ersten fünf Verhandlungsrunden im Rahmen des GATT um die weitere Senkung von Zöllen, ab der sechsten Verhandlungsrunde 1964–1967 zunehmend auch um nichttarifäre Handelshemmnisse. In der so genannten Tokio-Runde von 1973–1979, wurde das Welthandelshandelssystem erstmals auch thematisch um 9 Zusatzabkommen erweitert, die teilweise in die WTO überführt wurden.77 Ebenfalls im Rahmen der Tokio-Runde wurde die Ermächtigungsklausel beschlossen, die 73 Siehe dazu ausführlich: Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 15–19, Rn. 42–51 und Gardner, Richard N.: La diplomacia del dólar y la esterlina, Fn. 65, S. 456–163. 74 Jaenicke, Günther: Havana Charter, Fn. 68, S. 263. 75 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 27–28, Rn. 74–75. 76 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 50, Rn. 96. 77 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 51–52, Rn. 98–99 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 60–64, Rn. 158–166.

A. Die Geschichte der vertraglichen Wirtschaftsbeziehungen

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eine Sonderstellung der Entwicklungsländer im Rahmen eines allgemeinen Präferenzsystems regelt.78 Die achte Verhandlungsrunde des GATT, die nach ihrem Entstehungsort Uruguay-Runde hieß, hatte eine weitere Liberalisierung des Welthandels zum Ziel. Am Ende der acht Jahre dauernden Verhandlungen stand schließlich mit der Gründung der WTO die Schaffung einer internationalen Handelsorganisation. Das GATT, das bis zu diesem Zeitpunkt die faktische Funktion als Welthandelsorganisation hatte, wurde beinahe unverändert in die WTO übernommen.79 Neben dem Handel mit Waren im GATT, enthält die WTO eine Reihe weiterer Abkommen, wie beispielsweise über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), oder zum Urheberrecht (TRIPS).

V. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel A Präferenzielle Abkommen finden sich in der gesamten Geschichte völkerrechtlicher Verträge. Die Verträge des Altertums, der Antike und des Mittelalters haben allerdings mit modernen Abkommen nur wenig gemein. Erst mit Beginn der Neuzeit wurde die Einhebung von Zöllen, und die damit verbundene Steuerung des Außenhandels zur Staatsaufgabe. Die Industrialisierung brachte weit reichende Veränderungen, sowohl in der Wirtschaftspolitik, wie auch in den Produktionsmethoden oder dem Transportwesen. Aufbauend auf der klassischen Außenhandelstheorie David Ricardos sahen Staaten erstmals auch Importe als positiv für ihre Wirtschaftspolitik an. Durch die Entwicklung der Eisenbahn in ganz Europa sanken die Transportkosten dramatisch. Der kostengünstige Austausch massenhaft hergestellter Güter wurde somit möglich. Als Beginn moderner Freihandelsabkommen kann der auf diesen Bedingungen aufbauende Cobden-Chevalier-Vertrag zwischen England und Frankreich aus 1860 angesehen werden. Aus diesem Freihandelsvertrag entwickelte sich im Anschluss ein Netzwerk von Freihandelsabkommen in beinahe ganz Europa. Das Bemerkenswerte an diesen Abkommen war, dass sie alle auf dem Prinzip der Meistbegünstigung aufbauten, sodass diese Ab78

Siehe dazu Kapitel B.II.2., S. 40. Rechtlich muss zwischen dem GATT 1947 und dem GATT 1994 unterschieden werden, wie dies in Art. II:4 ÜWTO eindeutig normiert ist. Die Bestimmungen sind allerdings nahezu identisch, das GATT 1994 enthält lediglich einige Interpretationen zur Auslegung einzelner Punkte das GATT (siehe Ziff. 1 b & c des GATT 1994). Für die nachstehenden Betrachtungen ist eine Unterscheidung zwischen GATT 1947 und GATT 1994 nicht relevant, im Einzelfall wird darauf hingewiesen. Siehe: Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 57. 79

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1. Teil: Allgemeine Einführung

kommen schließlich den Effekt einer allgemeinen Zollsenkung erfüllten. Der erste Weltkrieg beendete schließlich diese Epoche des Freihandels. Die Zwischenkriegszeit war von einem allgemeinen Protektionismus geprägt. Die wirtschaftliche Entwicklung Europas wurde aufgrund der nationalistischen Politik vieler Staaten gebremst. Deutschland, als eine der wichtigsten europäischen Wirtschaftsmächte, war zu Reparationszahlungen aus dem Versailler Vertrag verpflichtet, die die wirtschaftliche Entwicklung der Weimarer Republik entscheidend schwächte. Zudem musste Deutschland bei Freihandelsabkommen den Siegermächten automatisch einen Meistbegünstigungsstatus gewähren, der einen Anstoß zu einem Netzwerk an Freihandelsverträgen wie ab 1860 verhinderte. Mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 nahm der vorherrschende Protektionismus weiter stark zu, und weitete sich auch auf die bis dahin boomenden USA aus. Bekanntestes Beispiel des Protektionismus ist das Smoot-HawleyZollgesetz der USA aus 1930. Als Präsident Roosevelt ab Mitte der dreißiger Jahre wieder vermehrt auf bilaterale Freihandelsverträge setzte war es schon zu spät. Die Welt stürzte in den zweiten Weltkrieg. Die USA und Großbritannien errichten das Nachkriegs-Wirtschaftssystem auf einer multilateralen Basis. Zwar scheiterte die internationale Handelsorganisation ITO am Widerstand des US-Kongress, mit dem GATT wurden aber weit reichende Zollsenkungen, als wichtigste Komponente der Handelsliberalisierung umgesetzt. Das Provisorium des GATT wurde schließlich 1995 durch die Gründung der WTO abgelöst, das, neben der weiter geltenden und übernommenen Liberalisierungen des GATT, zusätzliche Handelserleichterung, u. a. im Bereich des Dienstleistungshandels, brachte.

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen I. Das Prinzip der Meistbegünstigung Grundlegendes Prinzip im GATT ist die Beseitigung möglichst jeder Diskriminierung im gegenseitigen Handel.80 Das Hauptinstrument zur Erreichung dieses Ziels ist das Prinzip der Meistbegünstigung, wie es in Art. I GATT normiert ist. Der Begriff „Meistbegünstigung“ legt die Interpretation des „am meisten Begünstigten“, also eines Vorteils eines Handelspartners gegenüber einem anderen nahe, und ist somit leicht miss zu verstehen.81 Die Bedeutung der Meistbegünstigung wird durch Art. I:1 GATT klar: 80

Siehe diesbezüglich beispielsweise den 3. Absatz der Präambel des WTO-Ü.

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen

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„1. With respect to customs duties and charges of any kind [. . .] any advantage, favour, privilege or immunity granted by any contracting party to any product originating in or destined for any other country shall be accorded immediately and unconditionally to the like product originating in or destined for the territories of all other contracting parties.“

Demnach sind also alle Vorteile jedweder Art, die eine Vertragspartei des GATT für eine Ware eines anderen Staates gewährt, unverzüglich und bedingungslos an alle gleichartigen Waren anderer Vertragsparteien des GATT weiterzugeben. Das WTO-Mitglied ist dabei auch verpflichtet, seine an Nicht-WTO Mitglieder eingeräumten Vorteile an die Mitglieder der WTO weiterzugeben. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut. Art. 1:1 GATT spricht lediglich von der Bevorzugung for any other country, nicht jedoch von contracting parties, wie dies an anderer Stelle dieser Bestimmung der Fall ist. Damit soll auch ein Anreiz verbunden sein, der WTO beizutreten, denn umgekehrt gilt das Meistbegünstigungsprinzip selbstverständlich nicht.82 Erfasst vom Meistbegünstigungsprinzip ist jedenfalls nicht bloß eine formelle, sondern eine tatsächliche und faktische Gleichstellung. Dies betrifft nicht nur die bloße Ein- und Ausfuhr von Waren und die Erhebung von Zöllen, sondern auch die damit verbundenen Verwaltungsverfahren, Förmlichkeiten, Abgaben, Regeln zum Inverkehrbringen von Waren etc.83 Angestrebt wird eine Gleichheit der Chancen am Weltmarkt, bei der schließlich die wirtschaftliche Effizienz entscheidet. Ein wichtiger Effekt des Meistbegünstigungsprinzips ist auch die Sicherstellung der Überschaubarkeit des Welthandelsystems, da ansonsten für jede Begünstigung bilaterale Handelsabsprachen getroffen werden müssten.84 Würde man die Ergebnisse der Uruguay-Runde auf bilateralem Weg regeln, wären dafür etwa 7000 Verträge notwendig.85 Ein historisches Beispiel eines solchen Systems ist das Freihandelsnetzwerk ab 1860. Ein ähnliches 81 Für einen allgemeinen Überblick über die MFN, inklusive ihrer historischen Entwicklung siehe: Ustor, Endre: Most-Favoured-Nation-Clause, Fn. 16, S. 411–416. 82 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 160, Rn. 382; Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 160, Rn. 376. 83 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 162, Rn. 389. 84 Stoll, Peter-Tobias/Schorkopf, Frank: WTO – Welthandelsordnung und Welthandelsrecht, Köln et al., 2002, S. 47, Rn. 117. 85 Petersmann, Ernst Ulrich: Rights and Duties of States and Rights and Duties of Their Citizens. Towards the „Constitutionalization“ of the Bretton-Woods-System Fifty Years after its Foundation, in: Beyerlin, Ulrich et al. (Hrsg.), Recht zwischen Umbruch und Bewahrung. Festschrift für Rudolf Bernhardt, Berlin et al., 1995, S. 1087–1128 (S. 1106).

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1. Teil: Allgemeine Einführung

System an bilateralen Verträgen, die jeweils auf freiwilliger Basis eine eigene Meistbegünstigungsklausel enthalten müssten, wäre aufgrund der Vielzahl der teilnehmenden Staaten wohl nicht durchführbar.86 Das Meistbegünstigungsprinzip ist ein allgemeines Prinzip des Welthandelsrechts, und neben Art. I und zahlreichen weiteren Bestimmungen des GATT, auch in Art. II GATS und Art. 4 TRIPS normiert. Das Meistbegünstigungsprinzip des GATT und des GATS wird in Abschnitt III hinsichtlich der präferenziellen Abkommen ausführlich betrachtet. Da das TRIPS in Zusammenhang mit präferenziellen Abkommen keine Rolle spielt, wird es im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt.

II. Ausnahmen von der Meistbegünstigung 1. Historische Präferenzen Art. I:2–4 des GATT nennt als eine Ausnahme zum Prinzip der Meistbegünstigung historische Präferenzzonen. Diese, auch als „grandfather clause preferences“ bezeichneten Vorzüge, beziehen sich auf Präferenzen, die schon zum Zeitpunkt der Gründung des GATT 1947 bestanden haben. Beispiele hierfür sind die Präferenzübereinkünfte des Commonwealth, zwischen Frankreich und der französischen Union, oder zwischen den BENELUX-Staaten. Die überwiegende Mehrzahl der historischen Präferenzen haben aber mittlerweile ihre Bedeutung verloren,87 oder wurden in das allgemeine Präferenzsystem übergeführt.88 Ihre Bedeutung ist jedenfalls äußerst gering. Das GATS wurde 1994 als Teil der WTO beschlossen. Die historischen Präferenzen spielen im Zusammenhang mit dem GATS keine Rolle. 2. Allgemeines Präferenzsystem Eine wesentliche Änderung wurde 1965 mit dem Teil IV (Art. XXXVI– XXXVIII) in das GATT eingefügt, die sich den besonderen Problemen der Entwicklungsländer widmet. So wird nach Art. XXXVI:8 GATT beim Abbau von Zöllen oder sonstigen Handelsbeschränkungen auf Reziprozität verzichtet.89 Art. XXXVII GATT statuiert weitere Verpflichtungen der Indus86

Derzeit sind 151 Staaten Mitglieder der WTO. Wie etwa das BENELUX, das in der Zollunion der EU aufgegangen ist. 88 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 168–169, Rn. 389–392; Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 163–164, Rn. 397–398; Stoll, PeterTobias/Schorkopf, Frank: WTO, Fn. 84, S. 49, Rn. 125. 89 Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 228. 87

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen

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trienationen, die allerdings nur eingehalten werden müssen, sofern dem nicht zwingende Gründe entgegenstehen. Bestehendes Recht kann durch sie nicht verdrängt werden.90 Das Interesse der Entwicklungsländer am Teil IV des GATT war aufgrund der vagen und relativ unverbindlichen Formulierungen gering, viele haben sich daher nicht einmal daran beteiligt. Das eigentliche Interesse der Entwicklungsländer galt der Schaffung eines Präferenzsystems.91 Schon 1964, während der Verhandlungen zum Teil IV des GATT, forderten mehrere Vertragsparteien92 angesichts der besonderen wirtschaftlichen Situation der Entwicklungsländer eine Änderung des Art. I GATT, damit eine Ausnahme vom Prinzip der Meistbegünstigung. 1966 gewährte Australien als erstes Land einigen Entwicklungsländern Zollpräferenzen, was aber nur durch eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung, einem sog. Waiver, möglich war, dem die VERTRAGSPARTEIEN des GATT zustimmen mussten.93 Erneut diskutiert wurde das Problem Anfang der siebziger Jahre, als die UNCTAD einen Vorschlag für ein General System of Preferences (GSP) vorlegte. Die Mitglieder des GATT entschieden sich daraufhin zur Gewährung eines generell gültigen Waivers, der jedoch zunächst auf eine Zeitspanne von 10 Jahren befristet war.94 Die Befristung war jedoch weder für die Entwicklungs-, noch für die Industrieländer zufrieden stellend, schaffte sie doch auf keiner Seite Rechtssicherheit. 1979 beschlossen schließlich die VERTRAGSPARTEIEN des GATT die so genannte „enabling clause“, die die Präferenzierung der Entwicklungsländer ohne zeitliche Befristung regelt.95 Nach Art. 2 lit. a der Enabling Clause sind die Industrieländer ermächtigt, Produkten aus Entwicklungsländern auf nicht reziproker Basis Zollvorteile zu gewähren. Zudem können nach Art. II lit. c der Enabling Clause die Entwicklungsländer untereinander präferenzielle Abkommen schließen, die nicht die Kriterien des Art. XXIV GATT erfüllen. 90 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 164, Rn. 399; Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 278–279, Rn. 622. 91 Hudec, Robert E.: The GATT Legal System, Fn. 54, S. 228. 92 Darunter Brasilien, Chile und Indien. 93 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 170, Rn. 395. 94 Neben dieser Lösung wurde noch über die Ergänzung des GATT, oder über eine Gewährung von Präferenzen durch eine einstimmige Erklärung diskutiert. Siehe dazu ausführlich: Gros Espiell, Héctor: GATT: Accommodating Generalized Preferences, in: JWTL, Twickenham, 1974, S. 341–363 (S. 349–359). 95 Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 263–265, Rn. 590–592; Abdulqawi, Yusuf A.: „Differential and More Favourable Treatment“: The GATT Enabling Clause, in: JWTL, Twickenham, 1980, S. 488–507 (S. 490).

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Das weitaus wichtigste Präferenzsystem der EG ist das Abkommen von Cotonou mit den AKP-Staaten. Diese umfassen jedoch nur die ehemaligen Kolonien der EG, und nicht alle Entwicklungsländer der WTO. Aufgrund dieser Diskriminierung fußt das Abkommen von Cotonou nicht auf der allgemeinen Ausnahme der Ermächtigungsklausel, sondern bedarf eines speziellen Waivers der Mitglieder der WTO. Aufgrund seiner großen Bedeutung im Rahmen der EG wird im Verlauf der Arbeit auf das Abkommen von Cotonou eingegangen, sämtliche weiteren detaillierten Betrachtungen beschränken sich aber auf Abkommen der EG auf Basis von Art. XXIV GATT. Entwicklungsländer ohne Abkommen mit der EG werden nach deren GSP behandelt.96 3. Zollunionen und Freihandelszonen Art. XXIV GATT regelt die Schaffung von Zollunionen und Freihandelszonen, die die wichtigste Ausnahme vom Prinzip der Meistbegünstigung darstellen. Nach dem Text des vierten Absatzes erster Satz dieser Bestimmung, ist die Schaffung solcher Integrationsräume wünschenswert: „4. The contracting parties recognize the desirability of increasing freedom of trade by the development, through voluntary agreements, of closer integration between the economies of the countries parties to such agreements.“

Dies ist schon deshalb überzeugend, weil die WTO zwar eine sehr weitgehende, aber eben keine vollkommene Liberalisierung des Welthandels mit sich bringt. Art. XXIV GATT bringt daher wirtschaftlich, historisch oder kulturell eng verflochtenen Volkswirtschaften die Möglichkeit, ihr Verhältnis über das der WTO hinaus besonders zu vertiefen.97 Dabei dürfen allerdings die restlichen Mitglieder der WTO nicht beeinträchtigt werden, wie sich aus dem 2. Satz des Art. XXIV:4 GATT ergibt: „They also recognize that the purpose of a customs union or of a free-trade area should be to facilitate trade between the constituent territories and not to raise barriers to the trade of other contracting parties with such territories.“

Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass Art. XXIV GATT den WTO Mitgliedern das Abweichen von Verpflichtungen des GATT gestattet. Dieser Umstand wurde vom Appellate Body unter Hinweis auf die vorherrschende Meinung im Schrifttum bestätigt.98 Als Möglichkeiten zur Schaf96

Siehe die Übersicht in: Sapir, André: The political economy of EC regionalism, in: European Economic Review, Amsterdam, 1998, S. 717–732 (S. 720). 97 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 165, Rn. 402. 98 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 45 mit den Nachweisen der Literatur in Fn. 13.

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen

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fung präferenzieller Abkommen nennt Art. XXIV GATT die Bildung einer Zollunion, einer Freihandelszone, und der Abschluss von Interimsabkommen als Vorbereitung zu einem von beiden. Die dafür notwendigen Voraussetzungen werden in Art. XXIV:5 GATT geregelt, auf die, wie zum Pendant in Art. V GATS, in Abschnitt III eingegangen wird.99 Die Ausnahme von Art. XXIV GATT bedarf nicht der Zustimmung der anderen Vertragsparteien.100

III. Die Grundlegende Ökonomie präferenzieller Abkommen Die Begriffe „Freihandel“ und „präferenzielle Abkommen“ sind positiv besetzt, sie indizieren etwas Gutes. Das Wort Freihandel setzt sich aus „frei“ und „Handel“ zusammen, indiziert also einen unbeschränkten Handel im Sinne einer Liberalisierung. Wie die nachstehenden Ausführungen zeigen, wird dabei nicht nur Handel geschaffen, sondern möglicherweise auch umgeleitet oder vernichtet. Viele Ökonomen sehen daher in Freihandelsabkommen eine Gefahr für die multilaterale Ordnung der WTO, sie sprechen daher von diskriminierenden Abkommen oder Protektionismus. Manche Ökonomen sehen durch die Schaffung von Präferenzzonen die Gefahr, dass sich am Ende der Entwicklung weltweit zwei bis drei verfeindete Handelsblöcke gegenüberstehen könnten. Diese Handelsblöcke hätten zwar intern Freihandel, würden aber gegenseitig mit hohen Zöllen eine Politik des Protektionismus betreiben. Präferenzzonen seien demnach eher stumbling – denn building blocs.101 Nach Art. XXIV GATT ist die Schaffung von Integrationszonen zwar erwünscht, jedoch dürfen die außen stehenden Handelspartner nicht schlechter gestellt werden, als vor der Schaffung der Zollunion oder des präferenziel99

Siehe insbesondere die Kapitel H.III., S. 226 und I., S. 243. Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism: an overview, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 22–51 (S. 25). 101 Siehe in diesem Sinn insbesondere: Bhagwati, Jagdish: The World Trading System at Risk, New York et al., 1991, S. 71 und S. 77 sowie grundlegender Bhagwati, Jagdish/Panagariya, Arvind: Preferential Trading Areas and Multilateralism – Strangers, Friends or Foes?, in: Bhagwati, Jagdish et al. (Hrsg.), Trading blocs: alternative approaches to analyzing preferential trade agreements, Massachusetts, 1999, S. 33–100 und Panagariya, Arvind: The regionalism debate: an overview, in: The World Economy, Oxford, 1999, S. 477–511; dem gegenüber: Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks? the EU’s Approach Towards the Problem of Multilateralism vs. Regionalism in Trade Policy, in: The World Economy, Oxford, 2002, S. 1399–1413 (S. 1400–1401) und vorsichtiger: Krueger, Anne O.: Are Preferential Trading Arrangements Trade-Liberalizing or Protectionist?, in: Journal of Economic Perspectives, Nashville, 1999, S. 105–124 (S. 120). 100

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1. Teil: Allgemeine Einführung

len Abkommens.102 Im Folgenden sollen die grundlegenden wirtschaftlichen Effekte eines präferenziellen Abkommens dargestellt werden. Anhaltspunkt ist dabei das Buch „The Customs Union Issue“ von Jacob Viner,103 das als Ausgangspunkt nahezu aller ökonomischen Betrachtungen zum Thema dient. Viner prägt dabei anhand zweier einfacher Beispiele die grundlegenden Begriffe der „trade creation“ und der „trade diversion“ als Effekte präferenzieller Abkommen. Viner beschränkt sich in seinen Betrachtungen auf Zölle, die eine protektionistische Wirkung entfalten können. Durch diese ändert sich einerseits die Nachfrage der Konsumenten von Importprodukten zu inländischen Produkten, oder lässt andererseits die Nachfrage der Konsumenten durch den teureren Preis sinken. Man stelle sich eine einfache Welt mit den Ländern A, B und C vor. A stellt ein Produkt P selbst her, und bedient damit seinen eigenen Markt, da durch seine Zollpolitik das in B an sich billiger produzierte P in A durch den Aufschlag der Zölle teurer erhältlich ist. Bildet nun A mit B eine Zollunion, so fallen die Zölle zwischen A und B weg. Die Produktion von P verlagert sich also vom teureren A ins billigere B. C, das gewissermaßen die Welt außerhalb der Zollunion darstellt, bleibt unberührt. Es liegt demnach trade creation, also eine Schaffung zusätzlicher Ressourcen vor. Ginge man jedoch davon aus, dass C noch billiger produziert als B produziert, so ließe sich der erreichte Gewinn allerdings noch verstärken.104 Anders liegt der Fall, wenn A vor Schaffung der Zollunion mit B P nicht selbst produziert, sondern aus C importiert. Der Preis für P aus B wird auf dem Markt in A durch den Wegfall der Zölle nun billiger. Sinkt dieser Preis unter jenem von C, das immer noch die Last der Zölle zu tragen hat, so verlagert sich A’s Nachfrage nach P vom billiger produzierenden C ins teurere B. Hier liegt trade diversion, also eine Vernichtung von Ressourcen,105 und demnach ein Protektionismus von B (in der Zollunion mit A) gegenüber C vor. Viner hat die Auswirkungen der beiden Beispiele zusammengefasst: Liegt trade creation vor, so profitiert notwendigerweise eines der beiden Länder von der Zollunion, beide können profitieren, die Welt als ganzes profitiert ebenfalls, während die Welt außerhalb der Zollunion (C) kurzfristig sicher verliert, und langfristig nur durch den gestiegenen Wohlstand der Zollunion auf positive Effekte hoffen kann. Ist dagegen trade diversion 102 103 104 105

Siehe dazu Kapitel B.II.3., S. 42 sowie Kapitel H.III., S. 226. Viner, Jacob: The Customs Union Issue, New York, 1950. Viner, Jacob: The Customs Union Issue, Fn. 103, S. 43. Viner, Jacob: The Customs Union Issue, Fn. 103, S. 43.

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen

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dominierend, so verliert jedenfalls einer der beiden Teilnehmer an der Zollunion, beide können verlieren, beide zusammen verlieren, und die Welt als ganzes verliert ebenso wie die Welt außerhalb der Zollunion.106 Obenstehendes Beispiel trifft nur unter der vereinfachten Bedingung zu, dass sich die Produktionsmenge und die Produktionskosten von P relativ zur wirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Landes verhalten. Es gibt aber auch Fälle, wo in einer gesamten Industrie die Produktionskosten sinken, wenn die ausgestoßene Menge steigt. In einem kleinen Land (A) könnte aber der interne Absatzmarkt zu gering sein, um eine Produktion zu niedrigen Stückkosten zu erreichen. Stehen A aufgrund von hohen Zöllen auch keine externen Märkte zur Verfügung, so bleibt der Preis von P hoch. Verbindet sich A nun mit B zu einer Zollunion, so könnte der neue Absatzmarkt für Produkt P groß genug werden, um die Produktionskosten von P zu senken. Es verschieben sich also die Importe vom in A produzierten P vom außerhalb der Zollunion stehenden C, zu B, sowie möglicherweise auch von C, zum nunmehr selbst billiger produzierenden A.107 Aus den einfachen Beispielen Viners ist aber klar ersichtlich, dass Zollunionen nicht notwendigerweise den Wohlstand fördern müssen. Besonders die Staaten außerhalb können durch Verlagerung der Handelsströme negativ betroffen sein. Doch auch ein an der Zollunion teilnehmendes Land kann verlieren, insbesondere wenn trade diversion vorherrscht. Die Ausführungen Viners stellen jedoch nur die Ausgangsbasis der Betrachtungen von Freihandelsabkommen und Zollunionen dar. Das einfache Model Viners ist in weiterer Folge ergänzt und erweitert worden. So haben Kemp/Wan in ihrem Model den Nachweis erbracht, dass es auch Zollunionen geben kann, die keine Effekte einer trade diversion aufweisen,108 wurden aber in ihrer Aussage als zu theoretisch kritisiert. Denn wie eine solche Zollunion denn tatsächlich konkret beschaffen sein müsste, ergebe sich aus den Ausführungen Kemps und Wans nicht.109 Dass bei der Frage der trade creation vs. trade diversion aber nicht nur rein wirtschaftliche Gründe relevant sein müssen, erkennt man an folgen106

Viner, Jacob: The Customs Union Issue, Fn. 103, S. 44. Viner, Jacob: The Customs Union Issue, Fn. 103, S. 46. 108 Kemp, Murray C./Wan, Henry Y.: An Elementary Proposition Concerning the Formation of Customs Unions, in: Bhagwati, Jagdish et al. (Hrsg.), Trading blocs: alternative approaches to analyzing preferential trade agreements, Cambridge, 1999, S. 203–206 und Kemp, Murray C./Wan, Henry Y.: The Comparison of Second-Best Equilibria: The Case of Customs Unions, in: Bhagwati, Jagdish et al. (Hrsg.), Trading blocs: alternative approaches to analyzing preferential trade agreements, Cambridge, 1999, S. 207–213. 109 Venables, Anthony J.: Winners and Losers from Regional Integration Agreements, in: The Economic Journal, Oxford, 2003, S. 747–761 (S. 749). 107

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1. Teil: Allgemeine Einführung

dem Beispiel: Man stelle sich vor, die USA hätten unmittelbar nach Abschluss der NAFTA damit begonnen, einen ineffizient funktionierenden Industriezweig Mexikos zu verdrängen. Dies wäre auch für Drittstaaten außerhalb der Freihandelszone wünschenswert, könnten so z. B. auch besonders wettbewerbsfähige Länder außerhalb der Freihandelszone Anteil am mexikanischen Markt nehmen. Insofern entstünde trade creation. Nur sind dem Niedergang eines Industriezweigs nicht nur wirtschaftliche, sondern durch die steigende Arbeitslosigkeit auch enorme soziale Probleme verbunden, denen die mexikanische Regierung nur schwer tatenlos zusehen könnte. Zwar bliebe Mexiko aufgrund seiner Verpflichtungen aus dem GATT und der NAFTA der Weg von Zollerhöhungen zum Schutz seiner Industrie versperrt, könnte aber nicht-tarifäre Handelshemmnisse ergreifen. Eine Feststellung über deren mögliche Rechtswidrigkeit würde sich über Jahre hinziehen, und so die mexikanische Wirtschaft relativ unberührt lassen. Das Problem würde sich vielmehr zu den USA, und in weiterer Folge zu den externen Handelspartnern Mexikos verlagern.110 Damit entstünde trade diversion. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass präferenzielle Abkommen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle trade-creating sind.111 Auch innerhalb der Präferenzzone wurde empirisch nachgewiesen, dass die in den wenigsten Fällen geeignet sind, den Lebensstandard in ihren Mitgliedsländern zu senken.112 Für die nachfolgenden juristischen Betrachtungen reicht m. E. die von Viner entwickelte Grundidee der trade diversion vs. der trade creation aus. Für eine vertiefende Betrachtung sei daher auf die ökonomische Literatur verwiesen, insbesondere auf die Zusammenstellung Bhagwatis, Krishnas und Panagariyas, die die entscheidenden Beiträge zu diesem Thema in einem Band zusammengefasst haben.113 110 Beispiel entnommen und adaptiert aus: Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 17. 111 Krueger, Anne O.: Preferential Trading Arrangements, Fn. 101, S. 120–121; siehe dem gegenüber: Yeats, Alexander F.: Does Mercosur’s Trade Performance Raise Concerns about the Effects of Regional Arrangements?, in: The World Bank Economic Review, Washington, 1998, S. 1–28, der trade diversion für den MERCOSUR annimmt. 112 Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, in: The World Economy, Oxford, 1997, S. 865–888 (S. 865) sowie insbesondere Baldwin, Richard E./Venables, Anthony J.: Regional Economic Integration, in: Grossman, Gene M./Rogoff, Kenneth (Hrsg.), Handbook of International Economics. Volume 3, Amsterdam et al., 1995, S. 1597–1644 (S. 1625–1634) und Venables, Anthony J.: Winners and Losers, Fn. 110, S. 747. 113 Bhagwati, Jagdish et al. (Hrsg.): Trading blocs: alternative approaches to analyzing preferential trade agreements, Massachusetts, 1999 sowie alternativ: de Melo,

B. Das Prinzip der Meistbegünstigung und dessen Ausnahmen

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IV. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel B Das zentrale Prinzip des Welthandelsrechts ist das Meistbegünstigungsprinzip, wie es in Art. I des GATT (Art. II des GATS) normiert ist. Demnach sind sämtliche Zollvorteile die einem Staat zugestanden werden, unverzüglich und bedingungslos allen Mitgliedern der WTO zu gewähren. Die davon bei weitem bedeutendste Ausnahme ist die Bildung von Zollunionen und Freihandelszonen nach Art. XXIV des GATT (Art. V des GATS). Diese Ausnahme von der Meistbegünstigung bedarf insbesondere nicht der Zustimmung der anderen WTO-Mitglieder. Art. XXIV GATT (und Art. V GATS) bestimmen Voraussetzungen, die solche Präferenzzonen im Rahmen der WTO erfüllen müssen. Dies deshalb, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Staaten außerhalb einer Präferenzzone auch negativ ausfallen können. Wie Jacob Viner 1950 gezeigt hat, kann sich durch die wegfallenden Zölle zwischen zwei Staaten aufgrund der Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone, Handel von Drittstaaten hin zu dieser Präferenzzone verschieben. Es tritt somit ein Effekt einer trade diversion, also einer Umleitung der Handelsströme ein. Der Effekt der Präferenzzone ist gegenüber Drittstaaten ein protektionistischer. Andererseits haben die wegfallenden Zölle zwischen zwei Staaten positive Auswirkungen auf die Handelsströme zwischen diesen Staaten. Es liegt somit trade creation, also eine Schaffung zusätzlichen Handels vor. Dieser liberalisierende Effekt ist vom GATT durchaus erwünscht, und soll insbesondere die Integration zwischen eng verbundenen Volkswirtschaften fördern. Genau dieses Spannungsfeld zwischen vertiefender Integration und Umlenkung der Handelsströme versuchen Art. XXIV GATT und V GATS zu lösen. Die ökonomische Diskussion beschäftigt sich hauptsächlich mit den von Viner geprägten Begriffen der trade creation vs. der trade diversion. Während manche Ökonomen ein Ende des multilateralen Handelssystems heraufbeschwören, sehen andere wiederum keine Effekte einer trade diversion. Empirische Untersuchungen haben jedenfalls gezeigt, dass sich Zollunionen oder Freihandelszonen in der überwiegenden Mehrzahl positiv auf den Lebensstandard der Mitglieder auswirken. Die rechtlichen Voraussetzungen werden in Kapitel H. behandelt.

Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.): New Dimensions in Regional Integration, Cambridge, 1993.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

C. Der Regionalismus im Welthandel I. Der alte Regionalismus Der Abschluss einer größeren Zahl präferenzieller Abkommen ist kein neues Phänomen. In den sechziger Jahren des 19. Jh. wurden eine Vielzahl solcher Abkommen geschlossen, die in einem europäischen Netzwerk von Freihandelsverträgen mündeten, und schließlich den Effekt einer allgemeinen Zollsenkung hatten.114 Mit der Gründung des GATT änderten sich jedoch grundlegend die Prämissen: Das Welthandelssystem wurde erstmals auf eine multilaterale Basis gestellt, wo nach dem Prinzip der Meistbegünstigung, jedem Vertragspartner des GATT der gleiche Zollvorteil einzuräumen ist. Das Hauptinstrument der allgemeinen Zollsenkungen sind daher allgemeine und multilaterale Verhandlungen, eine Diskriminierung unter den Vertragsparteien ist prinzipiell nicht möglich. Einzig bedeutsame Ausnahme bilden Zollunionen und Freihandelszonen nach Art. XXIV GATT.115 Das erste wichtige Beispiel präferenzieller Abkommen im Rahmen des GATT ist die Gründung der Europäischen Gemeinschaften in den fünfziger Jahren. Zwar wurden auch schon vor der Gründung der EG präferenzielle Abkommen geschlossen, diese erlangten jedoch nur eine äußerst geringe praktische Bedeutung.116 Außerdem konzentrierte sich die darauf folgende Entwicklung der präferenziellen Abkommen hauptsächlich auf Europa. Als Pendant zu den „inneren sechs“ der EG,117 wurde 1960 in Stockholm durch die „äußeren sieben“ die EFTA gegründet.118 Die EG schloss 1961 ein Assoziationsabkommen mit Griechenland, 1964 mit der Türkei, 1969 mit Marokko und Tunesien, 1970 mit Israel. Es folgten zahlreiche weitere Abkommen der EG, u. a. die Beitritte Dänemarks, Irlands und Großbritanniens 1973.119 114

Siehe dazu Kapitel A.III.1., S. 25. Siehe dazu Kapitel B.II.3., S. 42. 116 Beispielsweise das Interimsabkommen zur Gründung einer Zollunion zwischen Südafrika und Südrhodesien vom 1.4.1949, oder das Freihandelsabkommen zwischen El Salvador und Nicaragua vom 21.8.1951; siehe die Tabelle in: Bhagwati, Jagdish/Panagariya, Arvind: Preferential Trading Areas and Multilateralism, Fn. 101, S. 80. 117 Gründungsmitglieder der EG sind neben den drei BENELUX Staaten Deutschland, Frankreich und Italien. 118 Die Gründungsmitglieder der EFTA sind Österreich, Norwegen, Großbritannien, Schweden, Dänemark und die Schweiz. Finnland hat sich 1961 assoziiert und wurde damit Quasi-Mitglied der EFTA. 119 Siehe die Tabelle in Bhagwati, Jagdish/Panagariya, Arvind: Preferential Trading Areas and Multilateralism, Fn. 101, S. 80–82. 115

C. Der Regionalismus im Welthandel

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Inspiriert vom Erfolg der beiden Freihandelssysteme in Europa, mehrten sich in den sechziger Jahren auch in den USA die Stimmen, die die Gründung einer Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA, einer US geführten Pacific Free Trade Area PAFTA, oder gar einer North Atlantic Free Trade Area forderten. Letztlich blieben die USA an solch einer Politik des Bilateralismus jedoch uninteressiert, und galten als Verfechter der multilateralen Liberalisierungen im Rahmen des GATT.120 Im Kontext der europäischen Integration schwächte sich die amerikanische Skepsis gegen regionale Integration, die sie etwa bei der Gründung des GATT gegen das britische Commonwealth hegten, etwas ab. Die USA erkannten den politischen Wert einer friedlichen Einigung Europas, und gestanden der EG, die anfangs noch nicht den gesamten Handel abdeckte, wie dies in Art. XXIV GATT gefordert wird, eine Ausnahme vom Prinzip der Meistbegünstigung zu.121 Nach Baldwin, waren die USA allerdings schon seit der Gründung des GATT 1948 an einer bilateralen Handelsliberalisierung mit Kanada interessiert, was aber letztlich nicht an den USA, sondern an Kanada scheiterte. Kanada befürchtete, vom großen Nachbarn kulturell und ökonomisch dominiert zu werden.122 Auch in den Entwicklungsländern, hauptsächlich in Afrika und Lateinamerika, entstanden in den sechziger Jahren Vorschläge zu mehreren Freihandelszonen. Diese blieben jedoch allesamt unbedeutend, hauptsächlich begründet durch die in diesen Staaten vorherrschende Bürokratie, und die zu kleinen Märkte in diesen Ländern. Die sich bis heute kontinuierlich vergrößernde EG (nunmehr EU), und die zugunsten der EU stetig an Bedeutung verlierende EFTA blieben damit die einzigen effektiv funktionierenden präferenziellen Abkommen.123 120 Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 28, Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 480–481. 121 Frankel, Jeffrey A.: Regional Trading Blocs in the World Economic System, Washington, 1997, S. 3; Josling, Timothy E. et al.: Agriculture in the GATT, New York, 1996, S. 42; Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 28; Baldwin, Richard E.: Discussion by Robert Baldwin zu: Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism: an overview, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 51–54 (S. 51–52). 122 Siehe Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 869 mit den dortigen Nachweisen. 123 Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 28; Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 480; Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, in: The Economic Journal, Oxford, 1998, S. 1149–1161 (S. 1149); Venables, Anthony J.: Winners and Losers, Fn. 110, S. 747–748.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Ausgehend von Bhagwati werden die präferenziellen Abkommen der sechziger Jahre in der Literatur als old oder first regionalism bezeichnet.124 Dies deshalb, weil nach Bhagwati in den Siebzigern des Interesse am Regionalismus deutlich abgenommen hat, und erst Mitte der achtziger Jahre im new regionalism ein revival zu erleben. Ausnahme davon seien lediglich die EG und die EFTA.125 Versteht man das Argument Bhagwatis so, dass es sich nur auf die EG und die EFTA und ihre europäischen Aktivitäten bezieht, so kann ich dem nicht zustimmen.126 Ein Blick auf eine Liste der in den siebziger Jahren geschlossenen präferenziellen Abkommen genügt:127 Neben den bereits erwähnten Abkommen der EG mit Marokko, Tunesien und Israel, erweiterte die EG in den siebziger Jahren ihre Beziehungen im Mittelmeerraum durch Abkommen mit Ägypten, dem Libanon, Algerien, Jordanien und Syrien. Zwar waren diese Abkommen zum überwiegenden Teil nicht reziprok, und daher auch nicht durch Art. XXIV GATT erfasst, dienten aber sehr wohl als Basis für die nunmehr geltenden Mittelmeerabkommen mit diesen Staaten. Kontinuierlich weiterentwickelt hat die EG in den Siebzigern auch die präferenziellen Handelsbeziehungen zu ihren ehemaligen Kolonien, die seit der ersten Lomé-Konvention 1976, unter der Gruppe der AKP-Staaten zusammengefasst sind. Im Jahr 2000 wurde das derzeit gültige Abkommen zwischen der EG und den AKP-Staaten, das Abkommen von Cotonou unterzeichnet. Präferenzielle Abkommen stellten daher immer einen wichtigen Faktor der EU-Außenpolitik dar.128 Neben den Beitritten Dänemarks, Großbritanniens und Irlands, hat die EG in den Siebzigern auch Abkommen mit sieben weiteren europäischen Staaten geschlossen, darunter 1973 auch mit Österreich. Diese Abkommen stellten die spätere Basis für die weiteren EU-Beitritte, oder für die Gründung des EWR dar.129 124 Siehe u. a.: Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 28–31; Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1150. 125 Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 29. 126 Der englische Wortlaut Bhagwatis aus Fn. 125 lautet: „regionalism had virtually died by the end of the decade, except for the original European Community and EFTA“. 127 Siehe insbesondere: Bhagwati, Jagdish/Panagariya, Arvind: Preferential Trading Areas and Multilateralism, Fn. 101, S. 80–90; WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, in: http://www.wto.org/english/ tratop_e/region_e/summary_e.xls (22.11.2007), enthält nur die Abkommen, die derzeit in Geltung sind. 128 So auch: Sapir, André: The political economy of EC regionalism, Fn. 96, S. 726–727. 129 Streit, Arnold: Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, in: NJW, München et al., 1994, S. 555–558 (S. 555).

C. Der Regionalismus im Welthandel

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Abgesehen von diesem europäischen Regionalismus der siebziger Jahre,130 der den Grundstock der europäischen Beziehungen insbesondere im Mittelmeerraum darstellt, hat es allerdings kaum nennenswerte Freihandelsinitiativen gegeben. Ein wesentliches Kennzeichen dieses Regionalismus ist jedenfalls seine geografische Begrenztheit. Mit Ausnahme der Präferenzierung der ehemaligen Kolonien in den Abkommen von Lomé, waren die Vertragspartner typischerweise Nachbarn, jedenfalls aber aus der gleichen geografischen Region.131 Die EG beschränkte ihren Regionalismus auf Europa und den angrenzenden Mittelmeerraum. Im Gegensatz zum gegenwärtigen neuen Regionalismus, hat es keine Freihandelszonen „um die halbe Welt“ gegeben.132

II. Der neue Regionalismus Per 31.8.2008 waren ca. 200 sich in Geltung befindliche präferenzielle Abkommen bei der WTO notifiziert, wie dies nach den Regeln der WTO vorgesehen ist. Dies umfasst Abkommen nach Art. XXIV GATT, Art. V GATS sowie der Ermächtigungsklausel. Die überwiegende Zahl dieser Abkommen wurde dabei ab Beginn der neunziger Jahre geschlossen. Dies ist deshalb bemerkenswert, da zu diesem Zeitpunkt auch über die Gründung der WTO verhandelt wurde, die ja die am weitest reichenden Liberalisierungen des Welthandels seit 1947 gebracht haben. Sieht man sich den Zeitpunkt der WTO-Verhandlungen von 1986 bis 1994 genauer an, erkennt man einen sprunghaften Anstieg präferenzieller Abkommen zum Ende der Verhandlungen. So wurden bis 1990 lediglich 46 solcher Abkommen bei der WTO notifiziert, 1995 waren es 100 und im Jahr 2000 schon 169. Mittlerweile gibt es kaum ein WTO Mitglied, das nicht zumindest ein präferenzielles Abkommen geschlossen hat.133 Im Gegensatz zum alten Regionalismus, bezeichnet Bhagwati die Entwicklung seit Anfang der neunziger Jahre als neuen Regionalismus.134

130

Diesen sehen auch: Fernández, Raquel/Portes, Jonathan: Returns to Regionalism: An Analysis of Nontraditional Gains from Regional Trade Agreements, in: The World Bank Economic Review, Washington, 1998, S. 197–220 (S. 197). 131 So auch: Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 480. 132 Siehe dazu: Sapir, André: The political economy of EC regionalism, Fn. 96, S. 727, der mit jeder EU-Erweiterung auch eine Erweiterung der geographischen Interessen der EU sieht. 133 Für einen Überblick über die in Geltung befindlichen Abkommen siehe: WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127. 134 Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 28–31.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

1. Das Entstehen des neuen Regionalismus Als Auslöser des neuen Regionalismus wird überwiegend eine grundlegende Änderung der US-Handelspolitik Mitte der achtziger Jahre angesehen.135 Die USA, bisher der größte Verfechter einer multilateralen Handelsliberalisierung, schlossen 1985 ein Freihandelsabkommen mit Israel, und 1989 eines mit Kanada, das 1994 mit der Einbeziehung Mexikos zur NAFTA erweitert wurde. Bhagwati formuliert die Konsequenzen dieser Wandlung folgendermaßen: „The conversion of the United States is of major significance. As the key defender of multilateralism through the postwar years, its decision now to travel the regional route [. . .] tilts the balance of forces at the margin away from multilateralism to regionalism.“136

Aufbauend auf dem Erfolg des US-kanadischen Auto-Pakts aus 1965, der die Zölle zwischen den beiden Ländern im Automobilsektor aufhob, suchten nach Baldwin die USA schon ab Mitte der siebziger Jahre ein Freihandelsabkommen mit Kanada. Die US-Initiativen seien aber bis Mitte der achtziger Jahre von Kanada zurückgewiesen worden. Die eigentliche Initiative zu CUSTA sei daher von kanadischer Seite ausgegangen, wie jene zu NAFTA von Mexiko.137 Ein weiteres Argument für den Ausbruch des neuen Regionalismus ist eine Unzufriedenheit mit den erreichten Liberalisierungen im Rahmen des GATT und der WTO. Verhandlungen seien im regionalen Rahmen einfacher, als in den großen Verhandlungsrunden der WTO.138 Diese Erklärung wird auch mit der Theorie des Wandels der US-Handelspolitik kombiniert: Die USA hätten auf der GATT-Ministerkonferenz 1982 in Montreal gerne 135 Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 481; Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 29; Bhagwati, Jagdish/Panagariya, Arvind: Preferential Trading Areas and Multilateralism, Fn. 101, S. 34; Bhagwati, Jagdish: The World Trading System at Risk, Fn. 101, S. 71; de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind: Introduction, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 3–21 (S. 3). 136 Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism, Fn. 100, S. 29; siehe dazu auch Blackhurst, Richard: Discussion by Robert Baldwin zu: Bhagwati, Jagdish: Regionalism and multilateralism: an overview, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 55–57 (S. 55). 137 Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 869 und S. 876–877; sowie auch: Whalley, John: Regional trade arrangements in North America: CUSTA and NAFTA, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 352–382 (S. 369). 138 Krugman, Paul: Regionalism versus multilateralism: analytical notes, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 58–79 (S. 74).

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die achte Verhandlungsrunde im Rahmen des GATT eingeläutet, wofür sie die EG zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht überzeugen konnten. Zur Erreichung von Handelsliberalisierungen begannen die USA nun ihrerseits, bilaterale Abkommen abzuschließen.139 Nach Bergsten waren die USA im Rahmen der Uruguay-Runde mit dem Fortgang der Verhandlungen und der Nicht-Einhaltung gesetzter Fristen zunächst unzufrieden. Als Konsequenz hätten sie dann die Verträge zur Gründung der NAFTA und der APEC geschlossen.140 Staaten können auch durch die Abschließung eines präferenziellen Abkommens ihre Verhandlungsposition im multilateralen System erhöhen. Dies auf zweierlei Weise: Einerseits sind Länder die im Regionalismus eingebunden sind weniger anfällig bezüglich eines Scheiterns von Verhandlungen im Rahmen des multilateralen Systems der WTO. Regionalismus ist somit eine Art Versicherung für das Scheitern des Multilateralismus.141 Andererseits ermöglicht es den kleinen Staaten und den Entwicklungsländern, im zunehmend komplizierteren System der WTO besser gehört zu werden. Viele Entwicklungsländer haben keine oder nur eine kleine Delegation bei der WTO. Neben dem Umstand, ihre Marktmacht durch die Verbindung mit anderen Staaten zu erhöhen, ermöglicht ihnen ein präferenzielles Abkommen auch, ihre Anliegen im Rahmen der WTO durch eine gebündelte Verhandlungsmacht leichter zu artikulieren.142 Doch muss der Regionalismus nicht notwendiger Wegbereiter für den Multilateralismus sein. So werden beispielsweise mexikanische Exporteure in die USA einer weiteren Liberalisierung des amerikanischen Marktes (beispielsweise im Rahmen der nunmehr wohl gescheiterten FTAA) sicher ablehnend gegenüberstehen.143 Und dass bilaterale Verhandlungen einfacher seien, lässt Baldwin nicht gelten. Im US-Präsidentschaftswahlkampf 1992 hätte die NAFTA weit mehr Diskussion hervorgerufen, als die parallel laufenden Verhandlungen zur Uruguay-Runde. Dabei brächten regionale Abkommen aber oft nur wenig mehr, als den Abbau von Zöllen und Import139 Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 481; Bergsten, Ferd C.: Competitive Liberalization and Global Free Trade: A Vision for the Early 21st Century, in: http://www.iie.com/publications/wp/1996/96-15.htm (13.5.2005). 140 Bergsten, Ferd C.: Globalizing Free Trade, in: Schott, Jeffrey J. (Hrsg.), The World Trading System: Challenges Ahead, Washington, 1996, S. 265–278 (S. 267). 141 Fernández, Raquel/Portes, Jonathan: Returns to Regionalism, Fn. 130, S. 211–213; Mansfield, Edward D./Reinhardt, Eric: Multilateral Determinants of Regionalism: The Effects of GATT/WTO on the Formation of Preferential Trading Agreements, in: IO, Cambridge, 2003, S. 829–862 (S. 834). 142 Mansfield, Edward D./Reinhardt, Eric: Multilateral Determinants of Regionalism, Fn. 141, S. 835. 143 Krueger, Anne O.: Preferential Trading Arrangements, Fn. 101, S. 117.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

quoten. Im Gegensatz wurden von der WTO die viel schwierigeren Themen wie Dienstleistungen, Urheberrechtsschutz, Handel mit Textilien, Direktinvestitionen oder Landwirtschaft liberalisiert.144 Meines Erachtens verwechselt Baldwin dabei aber politische Schwierigkeiten mit den Schwierigkeiten im Rahmen von Verhandlungen. Politik polemisiert sehr stark, und so ist es nur verständlich, dass die US-Bürger über einen wirtschaftlichen Zusammenschluss mit dem Nachbarn Mexiko viel mehr beunruhigt waren, als über die abstrakte Konstruktion einer Welthandelsorganisation, auch wenn diese die einschneidenderen politischen Umsetzungen erfordert hat. Im Rahmen der multilateralen WTO ist verhandlungstechnisch immer ein Kompromiss mit 152 anderen Staaten zu suchen. Auf bilateraler Ebene ist es für die USA, wie auch für die EG, aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Stärke sicher erheblich leichter, ihre Verhandlungsziele umzusetzen. Baldwin erklärt den neuen Regionalismus mit seiner Theorie eines Dominoeffekts: Die entstehende Veränderung der Handelsströme bei der Schaffung einer neuen, oder bei der Vertiefung einer bestehenden Präferenzzone, erhöht den wirtschaftlichen und politischen Druck auf die Länder außerhalb dieses Gebiets.145 Ist die Präferenzzone offen für neue Mitglieder, so werden außen stehende Länder versuchen ihr beizutreten, ist sie es nicht, so werden sie versuchen eigene Präferenzzonen zu gründen.146 Erkennbar ist der Dominoeffekt am historischen Freihandelsnetzwerk ab 1860. Aufgrund des englisch-französischen Freihandelsabkommens fühlten sich andere Staaten genötigt, ebenfalls ähnliche Verträge anzustreben, um den wirtschaftlichen Nachteil zu kompensieren.147 Ein indirektes aktuelles Beispiel für einen Dominoeffekt ist NAFTA. Im Anschluss an den Abschluss des nordamerikanischen Freihandelsabkommens, versuchten einige lateinamerikanische Staaten ebenfalls präferenzielle Abkommen mit den USA abzuschließen, was diese jedoch ablehnten. In Südamerika entstanden daraufhin selbstständige Freihandelsinitiativen. Am bekanntesten davon ist der MERCOSUR.148 Und auch die EG hat mit dem 144

Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 875. Siehe dazu die Überlegungen Jacob Viners in Kapitel B.III., S. 43. 146 Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 878; in diesem Sinne siehe auch: Bhagwati, Jagdish et al.: Trading Preferentially: Theory and Policy, in: The Economic Journal, Oxford, 1998, S. 1128–1148 (S. 1146); grundlegend zum Thema: Baldwin, Richard E.: A Domino Theory of Regionalism, in: Baldwin, Richard E. et al. (Hrsg.), Expanding Membership of the European Union, Cambridge, 1995, S. 268 (S. 25–53). 147 Siehe dazu insbesondere Rudolf von Delbrücks Aussagen in Abschnitt A.III.1., S. 28. 145

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Freihandelsabkommen mit Mexiko versucht, die durch NAFTA entstandenen trade diverting Effekte zu verringern.149 Neben den ökonomischen, können noch andere Motive für den Abschluss eines präferenziellen Abkommens ausschlaggebend sein. Beispiele dafür sind friedenssichernde Gründe, wie bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaften eine Rolle gespielt haben,150 die Betreibung von Entwicklungspolitik, oder die Unterstützung politischer Reformen. Insbesondere der Regionalismus der EG lässt sich nicht nur aus wirtschaftlichen Motiven erklären. So dienten beispielsweise die Europaabkommen als Vorbereitung für einen späteren Beitritt.151 Meines Erachtens spricht vieles für die Dominotheorie. Der neue Regionalismus hält nun schon etwa 15 Jahre unvermindert, und mit mehr oder weniger relativer Konstanz an. Zu lange, um ihn mit bloßer Unzufriedenheit am multilateralen System zu erklären. Jedoch lässt sich auch ein Wandel in der US-Politik erkennen, wie beispielsweise aus dem Internetauftritt des US-Trade-Representative deutlich wird. Dort heißt es: „The United States pursues comprehensive free trade agreements on a bilateral basis to expand opportunities for American workers, farmers and ranchers.“152

Und anlässlich des Abschlusses des Freihandelsabkommens mit Marokko 2004 erklärte US-Trade-Representative Robert Zoellick: „This free trade agreement with Morocco, our first with an African country and our second with an Arab country, signals our commitment to deepening America’s relationship with the Middle East and North Africa. It is another major step forward in implementing President Bush’s plan for a Middle East Free Trade Area, building on our existing agreements with Israel, Jordan.“153

Baldwins Argument, dass die USA schon länger ein Freihandelsabkommen mit Kanada gesucht haben, und demnach nicht der Multilateralist aus Überzeugung waren, wie das vielfach dargestellt wird, hat sicher seine Be148 Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 871 sowie S. 880–881. 149 Sapir, André: EC Regionalism at the Turn of the Millennium: Toward a New Paradigm?, in: The World Economy, Oxford, 2000, S. 1135–1148 (S. 1145). 150 Tharakan, P.K.M.: European Union and Preferential Arrangements, in: The World Economy, Oxford, 2002, S. 1387–1398 (S. 1387). 151 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1405; für weitere Gründe siehe: Fernández, Raquel/Portes, Jonathan: Returns to Regionalism, Fn. 130, S. 202–213. 152 N. N.: in: http://www.ustr.gov/Trade_Agreements/Bilateral/Section_Index. html (23.5.2005). 153 The American Society of International Law (Hrsg.): International Law in Brief, October 4, Washington, 2004.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

rechtigung. Nur: Sie haben es nur mit Kanada gesucht, dem geografisch wichtigsten Handelspartner. Ein Abkommen mit Kanada hätte daher mehr dem Typus des alten Regionalismus entsprochen, also einer regional begrenzten Integration zwischen zwei eng verbundenen Handelspartnern. Die aktuelle US-Politik sieht dem gegenüber anders aus: Neben den Freihandelsabkommen mit Israel, Kanada und Mexiko, schlossen die USA zwischen 2001 und 2005 weitere mit Jordanien, Singapur, Chile, Bahrain, Marokko, und Australien.154 Doch die Vereinigten Staaten verfolgen weitere Ziele: Eine Central American Free Trade Area (CAFTA) mit Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua befindet sich bereits im Ratifikationsprozess,155 und die Abkommen mit Marokko und Bahrain aus dem Jahr 2004 sollen nur den Grundstein für eine Middle East Free Trade Area bilden.156 Das ehrgeizigste Projekt ist jedoch die Schaffung einer Free Trade Area of the Americas, einer den ganzen Kontinent umspannenden Freihandelszone, deren Abschluss bis 2005 geplant war.157 Dem gegenüber hat sich die europäische Politik weniger einschneidend verändert. Viele der aktuellen Abkommen der EG bauen auf Vorgängerabkommen auf. Die aktuellen Mittelmeerabkommen stützen sich auf die, allerdings großteils nicht reziproken,158 Abkommen der EG aus den sechziger und siebziger Jahren. Das Abkommen von Cotonou mit den AKP Staaten, fußt auf den Vorgängerabkommen von Lomé, sowie der historischen präferenziellen Behandlung der ehemaligen Kolonien. Und viele Abkommen mit europäischen Staaten, darunter die Europaabkommen mit den ehemals kommunistisch regierten osteuropäischen Staaten aus den neunziger Jahren, dienten auch als Vorbereitung für einen späteren Beitritt zur EU.159 Die Entwicklung der EU ist somit eine kontinuierlichere. Dennoch hat auch der Regionalismus der EU eine Änderung erfahren. War der europäische Regionalismus der sechziger und siebziger Jahre noch 154 WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127; The American Society of International Law (Hrsg.): International Law in Brief, October 4, Washington, 2004. 155 Siehe The American Society of International Law (Hrsg.): International Law in Brief, February 6, Washington, 2004. Das Abkommen wurde am 28.7.2005 mit knapper Mehrheit 217 zu 215 vom US-Repräsentantenhaus angenommen. 156 The American Society of International Law (Hrsg.): International Law in Brief, October 4, Washington, 2004. 157 Derzeit sind allerdings die Verhandlungen ins Stocken geraten. Für eine Übersicht über die Verhandlungen und den 3. Vertragsentwurf für die FTAA aus 2003 siehe: http://www.ftaa-alca.org. 158 Siehe WTO, CRTA: Mapping of Regional Trade Agreements, WT/REG/W/41, 11.10.2000, S. 2 in Fn. 8. 159 So auch Sapir, André: EC Regionalism at the Turn of the Millennium, Fn. 149, S. 1143–1144.

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auf Europa und den Mittelmeerraum beschränkt, und diente auch zur Stabilisierung der Region, so schließt die Gemeinschaft nunmehr ebenfalls global präferenzielle Abkommen ab. Belegt wird dies durch die Freihandelsabkommen der EG mit Mexiko, Chile und Südafrika, sowie das angestrebte Abkommen mit dem MERCOSUR.160 2. Die Entstehung des neuen Regionalismus im historischen Vergleich zu 1860 Eine Welle an Freihandelsabkommen, wie sie seit Beginn der neunziger Jahre vorherrscht, ist in der Geschichte nicht neu. Ausgehend vom englischfranzösischen Freihandelsvertrag aus 1860, hat es schon Mitte des 19. Jh. eine ähnliche Entwicklung gegeben.161 Dennoch ist aber zuerst auf die Unterschiede in den jeweiligen Weltwirtschaftssystemen und Freihandelsabkommen hinzuweisen. Der wichtigste Unterschied ist, dass im 19. Jh. noch kein multilaterales Wirtschaftssystem existiert hat. Die Freihandelsverträge bauten jedoch auf dem Prinzip der Meistbegünstigung auf. Da durch jeden neuen Vertrag neue Zugeständnisse gemacht wurden, die über die Meistbegünstigung weiterzugeben waren, stieg mit zunehmender Teilnehmerzahl am Freihandelsnetzwerk auch der Grad der Liberalisierung. In den Genuss dieser Liberalisierungen kamen jene Staaten, die sich an diesem System beteiligten, ähnlich wie heute die Mitglieder der WTO. Das MFN-Netzwerk erfüllte daher funktionell die Aufgaben einer Welthandelsorganisation, indem es seinen „Mitgliedern“ die jeweils bilateral verhandelten Liberalisierungen zugänglich machte.162 Während das Freihandelsnetzwerk ab 1860 also liberalisierende Funktion erfüllte, wird diese Ausgabe nunmehr von der multilateralen WTO wahrgenommen. Die gegenwärtigen Freihandelsabkommen enthalten auch keine Meistbegünstigungsklauseln, sie entfalten gegenüber Drittstaaten daher mehr eine protektionistische denn eine liberalisierende Funktion.163 Es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten der historischen und der aktuellen Entwicklung. Aus dem sprunghaften Anstieg an Freihandelsabkommen lässt 160 Siehe Sapir, André: EC Regionalism at the Turn of the Millennium, Fn. 149, S. 1146, der mit Ausnahme der innereuropäischen Abkommen eine Neuausrichtung der europäischen Politik ab Anfang der neunziger Jahre sieht. 161 Siehe dazu Kapitel A.III.1., S. 25. 162 Für einen umfassenden Vergleich zwischen GATT und MFN-Netzwerk siehe: Irwin, Douglas A.: Multilateral and bilateral trade policies, Fn. 15, S. 98–101. 163 In vielen Zollunionen, wie beispielsweise der EU, werden bilaterale Abkommen der einzelnen Mitglieder mit Drittstaaten auch explizit verboten. Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 25.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

sich schließen, dass diese keine voneinander unabhängigen Prozesse sind, sondern offensichtlich durch ein auslösendes Ereignis, einen trigger, entstanden sind. War dies im 19. Jh. der Cobden-Chevalier-Vertrag, so ist der Auslöser des aktuellen Regionalismus schwerer zu bestimmen. Vermutlich ist es eine Kombination aus den im Abschnitt C.II.1. diskutierten Gründen. Nach Lazer kommt dem Auslösestaat der Freihandelswelle in der weiteren Entwicklung eine zentrale Bedeutung zu.164 Dies trifft für das 19. Jh. auf Frankreich, und in geringerem Umfang auf England, sicher zu. Die zentralen Rollen in der aktuellen Entwicklung spielen die EG, als Auslöser des ersten, und wesentlicher Protagonist des zweiten Regionalismus, und die USA, als (Mit)Auslöser des zweiten Regionalismus. Nur darf dabei m. E. eines nicht übersehen werden: Zwar waren England und Frankreich um 1860 zwei der wichtigsten Wirtschaftsmächte, dennoch erreichten sie nicht die Dominanz, wie sie die EU und die USA im gegenwärtigen Wirtschaftssystem innehaben. Schon allein aus diesem Grund erscheint es logisch, dass die EU und die USA die zentrale Stellung im aktuellen Freihandelsnetzwerk einnehmen, sind sie doch die beherrschenden Wirtschaftsmächte in der östlichen und westlichen Hemisphäre. 3. Die Eigenschaften des new regionalism Ethier hat die Eigenschaften des neuen Regionalismus sehr treffend zusammengefasst, der demnach durch folgende Punkte charakterisiert ist:165 a) Typischerweise werden präferenzielle Abkommen zwischen einem (oder mehreren) kleineren Ländern, mit einem großen Land geschlossen. Dass die regionalen Abkommen zwischen kleineren Ländern und einem größeren Land geschlossen werden, lässt sich anhand der Liste, der der WTO notifizierten Abkommen leicht zeigen.166 Dies beruht meines Erachtens darauf, dass die USA und insbesondere die EU als die beiden beherrschenden Handelsblöcke, die Hauptakteure beim Abschluss derartiger Verträge sind. Die wenigen Ausnahmen bestehen meist im Rahmen regionaler nachbarschaftlicher Beziehungen, wie beispielsweise das Abkommen Thailands mit Australien aus 2005, oder den präferenziellen Abkommen Albaniens mit anderen Staaten des Balkans aus dem Jahr 2004. Dass keine präferenziellen Abkommen zwischen großen Wirtschaftsnationen existieren ist meiner Meinung nach insofern logisch, sind doch diese 164

Lazer, David: The Free Trade Epidemic, Fn. 19, S. 11. Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1150–1152. 166 Siehe WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127. 165

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Länder die treibenden Kräfte in den multilateralen Liberalisierungen der WTO. Die Welt besteht im Wesentlichen aus vier großen Handelsblöcken. Der von den USA geführten NAFTA (mit Kanada und Mexiko), der EG, China (mit Hongkong) und Japan.167 Würden zwei dieser Gruppen ein Freihandelsabkommen miteinander schließen, dann käme das multilaterale Gefüge der WTO vermutlich ins Wanken, wäre doch ungleich mehr Handelsvolumen betroffen, als bei einem Freihandelsabkommen eines großen Staates mit einem kleinen. Dies wird umso deutlicher, wenn man bedenkt, dass die EG zwar nur mit sechs Staaten auf MFN-Basis handelt, dabei ein Drittel des Handelsvolumens der Gemeinschaft erfasst wird. Dies betrifft u. a. den Handel mit den USA, Kanada und Japan.168 b) Die dabei notwendigen politischen Reformen und Anpassungen werden hauptsächlich von den kleinen Ländern erbracht. c) Die dabei erzielte Handelsliberalisierung ist eher mäßig. d) Die erzielte Handelsliberalisierung wird ebenfalls hauptsächlich von den kleinen Ländern erbracht. Die Abkommen sind einseitig. e) Die regionalen Abkommen beinhalten oft das Konzept der „deep integration“; es werden nicht nur die Zölle reduziert, sondern auch non tariff barriers durch Harmonisierung von Teilen der Wirtschaftspolitik abgebaut. Nach Pascal Lamy würden sich der Bi- und der Multilateralismus gegenseitig ergänzen, indem die Vertragsparteien durch die regionalen Abkommen gezwungen wären, viele ihrer Verpflichtungen, gerade im Bereich der nicht-tarifären Handelshemmnisse, aus der WTO neu zu formulieren. Lamy spricht in diesem Zusammenhang von WTO-plus, oder pathfinder agreements, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner der WTO hinausgingen.169 Die Zukunft der europäischen Politik im 21. Jh. beim Abschluss 167 Siehe: Der digitale Fischer Weltalmanach 2004 (Hrsg.): Arbeitsbereich: Grafiken Stichwort: Welthandelsländer, Frankfurt am Main, 2003 Wichtigstes Land im Welthandel außerhalb der beschriebenen Einflussbereiche ist Südkorea, das im Jahr 2001 die Plätze 14 bei den Ein- und 13 bei den Ausfuhren einnimmt. (die EU Länder wurden dabei jeweils einzeln aufgeführt). Koreas Anteil am Welthandel ist damit etwa 7-mal kleiner, als der des wichtigsten Teilnehmers USA. 168 Sapir, André: The political economy of EC regionalism, Fn. 96, S. 720; seit 1998 haben sich zwar die verschiedenen Präferenzen aufgrund neuer Abkommen verschoben, die Länder mit ausschließlicherer MFN-Behandlung sind aber nach wie vor gleich. Neben den erwähnten sind dies noch Australien, Neu Seeland und Taiwan. China fällt unter das allgemeine Präferenzsystem (GSP) der EU, und wird daher nicht auf ausschließlicher MFN-Basis behandelt.

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präferenzieller Abkommen läge nach Lamy in einer deep integration der Vertragsparteien, wonach, im Gegensatz zu den präferenziellen Abkommen des alten Regionalismus, nicht nur der Marktzugang, sondern auch die Regeln des Marktes zu erfassen seien.170 Diese umfassten, inter alia, Regeln zu Auslandsinvestitionen, zum Wettbewerbsrecht, der öffentlichen Auftragsvergabe, dem Urheberrecht oder der Herkunftsregeln.171 Bergsten sieht den Regionalismus als beispielgebend für die multilateralen Prozesse. Regierungen und deren Vertreter würden sich nach dem Model des learning by doing leichter von den Vorteilen der Liberalisierung, die im regionalen Kontext einfacher zu verwirklichen seien, überzeugen lassen. Zudem kämen Regierungen von Entwicklungsländern in den Vorteil, ihre Reformen durch regionale Abkommen vor den Veränderungen eines Machtwechsels schützen zu können.172 Die Kritik bezieht sich auf die politischen Verhältnisse, wie sie der Mehrzahl der präferenziellen Abkommen des neuen Regionalismus zugrunde liegen. Meist schließt ein relativ kleines Land ein Freihandelsabkommen mit einem großen Land, wie der EG oder den USA, ab. Den kleinen Staaten stehen dabei im Rahmen der Verhandlungen weder die gleichen Ressourcen zur Verfügung, noch haben sie auch nur annähernd ein ähnliches politisches oder ökonomisches Gewicht. Sie sind aber aufgrund der Wichtigkeit des potenziellen Vertragspartners oftmals auf einen Vertragsabschluss angewiesen. Die erzielte Liberalisierung verläuft daher häufig einseitig, oft nach der Methode take it; or leave it.173 Hinzu kommt, dass die Industrieländer, allen voran die EU und die USA, ihre Landwirtschaft durch Protektionismus zu schützen versuchen. Schließt nun beispielsweise die EG ein Freihandelsabkommen mit einem Entwicklungsland, so profitiert zwar die Gemeinschaft sehr wohl von der Liberalisierung der Industriegüter. Das Entwicklungsland enthält aber keine Kompensation aus den wegfallenden Zolleinnahmen in Form von Liberalisierungen beim für sie wichtigen Bereich der landwirtschaftlichen Produkte.174 169 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1400 sowie S. 1408. 170 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1406–1407. 171 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1408–1410. 172 Bergsten, Ferd C.: Open Regionalism, in: The World Economy, Oxford, 1997, S. 545–565 (S. 548). 173 Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1151; siehe diesbezüglich hinsichtlich der Implementierung der Demokratieklausel im Abkommen der EU mit Mexiko: Szymanski, Marcela/Smith, Michael E.: Coherence and Conditionality in European Foreign Policy: Negotiating the EU-Mexico Global Agreement, in: JCMS, London, 2005, S. 171–192 (S. 184–187). 174 Siehe das Beispiel der Mittelmeerabkommen auf S. 34, Fn. 222.

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Die Zugeständnisse und Liberalisierungen im Rahmen der NAFTA wurden fast ausschließlich von mexikanischer Seite gemacht.175 Ähnliche Beispiele unilateraler Reformen finden sich mit den Skandinavischen Ländern, die ihre Agrarpolitik im Rahmen des EU-Beitritts anpassten, oder mit den ehemals kommunistischen Staaten Mitteleuropas, mittlerweile selbst Mitglieder der Europäischen Union, die ihre Reformen im Kontext der Europaabkommen durchgeführt haben.176 Baldwin unterscheidet zwischen deep und shallow integration. Als Beispiele der deep integration sieht er aber nur die EU, den EWR, die Europaabkommen, und, als einziges Beispiel außerhalb Europas, das AustraliaNew Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement (ANZCERTA). Alle anderen Abkommen des Regionalismus hätten nicht viel mehr zu bieten als bloße Zollsenkungen.177 Dies ist m. E. zutreffend. Tatsächlich enthalten die außereuropäischen Abkommen der EG zwar eine Vielzahl an verschiedenen Regelungsbereichen, diese sind allerdings mit Ausnahme der Zollbestimmungen eher vage formuliert. Als weiteres Charakteristikum des neuen Regionalismus führt Ethier an, dass dieser, f) auch geographisch regional sei. Die Teilnehmenden Staaten seien Nachbarn.178 Dies mag 1998, als Ethier seinen Beitrag veröffentlicht hat, noch zugetroffen haben, stellten doch die NAFTA, der MERCOSUR und die Europaabkommen die wichtigsten Beispiele von präferenziellen Abkommen dar. Abkommen über weite Distanzen, wie z. B. das Freihandelsabkommen USA-Israel aus 1985, gab es nur vereinzelt. Mittlerweile hat sich das Bild entscheidend geändert. Zwar gibt es nach wie vor geografisch regionale Abkommen, doch inzwischen auch eine große Anzahl von Freihandelsabkommen ohne geografische Nähe. So existieren z. B. Freihandelsabkommen zwischen der EG mit Mexiko, Chile und Südafrika, der USA mit Australien, Singapur, Chile und Jordanien, Südkoreas mit Chile etc. Dieser Punkt stellt daher meines Erachtens kein Charakteristikum des neuen Regionalismus (mehr) dar. Zusammenfassend lässt sich der neue Regionalismus daher als ein Abkommen zwischen einem großen, und einem oder mehreren kleinen Län175 Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 507; Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1151; Bergsten, Ferd C.: American politics, global trade, in: The Economist, 27.9.1997, S. 23 (S. 23). 176 Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1151. 177 Baldwin, Richard E.: The Causes of Regionalism, Fn. 112, S. 868–869. 178 Ethier, Wilfred J.: The new regionalism, Fn. 123, S. 1152.

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dern beschreiben, das neben Zollreduktionen auch Bestimmungen zu nontariff-barriers enthält. Die dabei erzielten Liberalisierungen sind aber meist gering, beschränken sich vielfach auf wenig mehr als bloße Zollreduktionen. Die Liberalisierungen werden typischerweise von den kleinen Staaten erbracht. Geografische Nähe spielt dabei nunmehr, im Gegensatz zur Situation Mitte bis Ende der neunziger Jahre, eine untergeordnete Rolle.179

III. Der Regionalismus der Europäischen Gemeinschaft 1. Die europäische Politik der präferenziellen Abkommen Die EG unterhält bei weitem am meisten präferenzielle Abkommen. Bis zum 31.8.2008 waren 23 derartiger Verträge bei der WTO notifiziert.180 Diese präferenziellen Abkommen der EG sind höchst unterschiedlicher Natur, sowohl in ihrer geografischen Verbreitung, als auch in ihrer Integrationstiefe. Sie reichen von einem gemeinsamen Markt im Europäischen Wirtschaftsraum, über Zollunionen mit der Türkei, San Marino und Andorra, hin zu einer Vielzahl von Freihandelsabkommen. Mit Ausnahme von Australien hat die EG auf jedem Kontinent mindestens ein Freihandelsabkommen abgeschlossen.181 Mit dem Abkommen von Cotonou regelt die EG die Beziehung zu ihren früheren Kolonien. Da es sich exklusiv an die AKP-Staaten und nicht an alle Entwicklungsländer der WTO richtet, war dessen Abschluss allerdings erst durch einen spezifischen Waiver möglich. Berücksichtigt man auch die spezielle Behandlung der übrigen Entwicklungsländer im Rahmen des GSP, so bleiben nur sechs Länder übrig, die von der EG nach dem allgemeinen WTO-Zollsatz behandelt werden.182 Mittlerweile hat das europäische System präferenzieller Abkommen derart komplizierte Züge angenommen, dass manche Ökonomen, aufgrund der fehlenden Übersichtlichkeit von einer European Spaghetti Bowl sprechen.183 179 Siehe dazu auch: Summers, Lawrence H.: Regionalism and the World Trading System, in: Bhagwati, Jagdish et al. (Hrsg.), Trading blocs: alternative approaches to analyzing preferential trade agreements, Massachusetts, 1999, S. 561–566 (S. 563), der davon ausgeht, dass Staaten, die natürliche Handelspartner seien, vermehrt präferenzielle Abkommen schlössen. 180 Siehe WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127, sowie WTO, CRTA: Mapping of Regional Trade Agreements, WT/ REG/W/41, 11.10.2000. 181 Sapir, André: The political economy of EC regionalism, Fn. 96, S. 720; siehe dazu auch: WTO, CRTA: Mapping of Regional Trade Agreements, WT/REG/W/41, 11.10.2000. 182 Siehe die Aufzählung in Sapir, André: The political economy of EC regionalism, Fn. 96, S. 720, die sich zwar aufgrund zusätzlicher Freihandelsabkommen der EU verschoben hat, die 6 MFN-Länder bleiben aber dieselben.

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Wenig verwundernd hat der frühere EU Handelskommissar Pascal Lamy, die europäische Politik der Freihandelsabkommen verteidigt. Neben den wirtschaftlichen Gründen, sprächen nach dem ehemaligen Handelskommissar auch maßgebliche politische Gründe für den Abschluss regionaler Abkommen: Diese dienten zur Stärkung der nachbarschaftlichen Beziehungen (wie z. B. mit der EFTA oder der Türkei), der Förderung von politischen Reformen (wie z. B. mit den Ländern des ehemaligen Ostblocks, aber auch mit Südafrika), oder aber als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit (wie z. B. beim Abkommen von Cotonou).184 Lamy gesteht den Kritikern der europäischen Politik zwar zu, dass in den ökonomischen Theorien und unter perfekten Bedingungen, der Multilateralismus dem Regionalismus zur Maximierung des Wohlstandes vorzuziehen ist. Er gibt dabei aber zu bedenken, dass das wirkliche Leben komplizierter ist als ökonomische Theorien.185 Lamy bekennt sich unter dem Schlagwort „multilateral first“ zur WTO, und dabei zur Umsetzung der Doha-Development-Agenda, er sieht aber keine Exklusivität zwischen Regionalismus und Multilateralismus.186 2. Überblick über die präferenziellen Abkommen der EG a) Gemeinsamer Markt – Der europäische Wirtschaftsraum Das am 2.5.1992 in Porto unterzeichnete Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum stellt die stärkste Form der Integration mit der EG dar.187 Vertragspartner sind die EG und ihre Mitgliedsstaaten auf der einen, sowie die Mitgliedsstaaten der EFTA außer der Schweiz auf der anderen Seite.188 Ziel des EWR-Abkommens ist die Intensivierung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes. Verwirklicht wird dies durch die aus der EG bekannten vier Grundfreiheiten, 183 Siehe Panagariya, Arvind: The regionalism debate, Fn. 101, S. 501 mit den dortigen Nachweisen. 184 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1405. 185 Lamy, Pascal: Stepping Stones or Stumbling Blocks?, Fn. 101, S. 1400–1401. 186 In diesem Sinne auch Summers, Lawrence H.: Regionalism and the World Trading System, Fn. 179, S. 566. 187 EWR-Abkommen vom 2.5.1992, ABl. L 1/3 vom 3.1.1994. 188 Mitglieder auf der Seite der EFTA sind demnach Island, Liechtenstein und Norwegen. Die Schweiz hat sich in einem Volksentscheid gegen den EWR ausgesprochen. Beim Inkrafttreten des Abkommens am 1.1.1994 waren ursprünglich auch noch Finnland, Österreich und Schweden Mitglieder der EFTA. Diese Staaten wechselten aber am 1.1.1995 die Seiten, und wurden Mitglieder der EU.

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der Warenverkehrs-, Personenverkehrs-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit. Ergänzt werden die vier Grundfreiheiten durch eine Zusammenarbeit in der Wettbewerbspolitik, und durch horizontale Bestimmungen zu den vier Grundfreiheiten im Bereich des Sozial-, Konsumentenschutz,Umwelt-, und Unternehmensrechts.189 Die entsprechende detaillierte Umsetzung zu den einzelnen Bereichen wird in den 22 Annexen des EWR-Vertrags vorgenommen, die im Wesentlichen die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu den jeweiligen Sachbereichen enthalten. Damit haben sich die EFTA-Staaten verpflichtet, den relevanten Rechtsbestand der Gemeinschaft, den so genannten aquis communitaire zu übernehmen. Der EWR bildet jedoch keine Zollunion, sondern lediglich eine Freihandelszone. Es sind daher Ursprungsregeln anzuwenden. Der EWR bezieht sich dabei nicht auf landwirtschaftliche Produkte. Diese bleiben vom Freihandel ausgeschlossen.190 b) Zollunionen – Türkei, Andorra und San Marino Das Verhältnis der Türkei mit der EG basiert auf dem Assoziationsabkommen beider Länder aus 1963,191 das in seiner Endphase die Verwirklichung einer Zollunion vorsieht. Diese Zollunion wurde schließlich vom Assoziationsrat des Abkommens am 22.12.1995 beschlossen, und ist seit dem 1.1.1996 in Geltung.192 Ausgenommen von der Zollunion sind wiederum landwirtschaftliche Produkte,193 sowie der Dienstleistungshandel und Regeln über das öffentliche Beschaffungswesen.194 Die Zollunion EG-Türkei beschränkt sich in ihren Regelungen daher auf handelspolitische Aspekte, Ansätze einer deep integration fehlen. Die Europäische Union hat auch mit den Kleinstaaten Andorra und San Marino Zollunionen geschlossen.195 Liberalisiert wird dabei jeweils der ge189 Streit, Arnold: Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, Fn. 129, S. 556–557. 190 Siehe Art. 8 Ziff. 3 lit. a EWR-Vertrag. 191 Assoziationsabkommen EU-Türkei vom 12.9.1963, ABl. L 217/3687 vom 29.12.1964. 192 Zollunion EU-Türkei vom 22.12.1995, ABl. L35/1 vom 13.2.1996. 193 Siehe Art. 2 des Beschlusses 1/95 des Assoziationsrates EU-Türkei. 194 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. Turkey, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/turkey/ index_en.htm (26.10.2005). 195 Zollunion EU-Andorra vom 15.11.2004, ABl. L 135/14 vom 28.5.2005 und Zollunion EU-San Marino vom 16.12.1991, ABl. L 84/43 vom 28.3.2002.

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samte Handel, die sonst üblichen Sonderbestimmungen für landwirtschaftliche Produkte fehlen, was sich aufgrund der Unbedeutendheit der jeweiligen Landwirtschaften erklärt. c) Freihandelsabkommen aa) Freihandelsvertrag mit der Schweiz Die Schweiz ist der Dritt-wichtigste Handelspartner der EU. Einige Tage nach der Unterzeichnung des EWR-Vertrags am 2.5.1992 hat die Schweizer Regierung auch um Mitgliedschaft bei der EU angesucht. Nachdem jedoch die Schweizer am 6.12.1992 den EWR in einer Volksabstimmung abgelehnt hatten, zog die Schweiz auch das Beitrittsgesuch wieder zurück. Basis der Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und der EU ist daher das Freihandelsabkommen aus 1972,196 und stellt daher noch ein Abkommen des alten Regionalismus dar. Um die negativen Auswirkungen der Ablehnung des EWR zu minimieren hat die EG mit der Schweiz ein Paket verschiedener Abkommen, u. a. zur Personenverkehrsfreiheit und um Handel mit landwirtschaftlichen Gütern verhandelt und 2002 ratifiziert. Im Moment verhandeln die EG und die Schweiz u. a. über ein Abkommen hinsichtlich der Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen.197 bb) Die Europaabkommen Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hat die EU zehn ehemals kommunistischen Staaten Assoziierungsabkommen, die so genannten Europaabkommen, zur Stützung und Förderung ihrer jungen Demokratien angeboten. Der europäische Rat hat dabei 1993 klargestellt, dass jene Länder, die dies wünschten, Mitglieder der Europäischen Union werden können.198 Die Europaabkommen dienten ausdrücklich der Vorbereitung zu einem Beitritt. Mit dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU am 1.1.2007 sind nunmehr alle Europaabkommen obsolet geworden. Dennoch wird in dieser Arbeit vereinzelt auf Besonderheiten der Europaabkommen hingewiesen. Dies deshalb, weil sie ein ausgezeichnetes Beispiel darstellen, wie Staaten 196

Freihandelsabkommen EU-Schweiz vom 22.7.1972, ABl. L 300/189 vom 31.12.1972. 197 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. Switzerland, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/ switzerland/index_en.htm (26.10.2005). 198 Europäische Gemeinschaften: Bulletin EU 5-1999, Ziff. 1.3.121, S. 13.

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durch Freihandelsabkommen auf den Beitritt zur EU vorbereitet werden können. Alle Europaabkommen folgten einem ähnlichen Muster,199 und waren in Struktur und Inhalt beinahe identisch. Kern der Europaabkommen ist die Schaffung einer Freihandelszone, für die wiederum Ausnahmen für landwirtschaftliche Produkte und Fischereierzeugnisse gelten.200 Hinsichtlich der ebenfalls geregelten Arbeitnehmerfreizügigkeit und im Bereich des Dienstleistungsverkehrs beschränkten sich die Europaabkommen lediglich auf allgemeine Ziele, aus denen sich keine konkreten Recht abeilten ließen.201 cc) Freihandelsabkommen der EG am Balkan Am Balkan hat die EG mit Kroatien,202 der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien,203 sowie Interimsabkommen mit Albanien,204 Bosnien205 und Montenegro206 mehrere Freihandelsabkommen geschlossen. Alle Abkommen sind wie schon die Europaabkommen sehr ähnlich strukturiert und wiederum beinahe wortgleich. Wie schon die Europaabkommen sehen auch die Abkommen der EG am Balkan die Möglichkeit einer vollen Integration in die Strukturen der EU, d.h. einen möglichen Beitritt vor.207 Bei landwirtschaftlichen Produkten hält die EG nur bei wenigen Erzeugnissen an Einfuhrzöllen oder mengenmäßigen Beschränkungen fest. Davon betroffen sind insbesondere Fischerei- und Rindfleischprodukte.208 Sonder199 Siehe als Beispiel die beiden letzten Europaabkommen mit Bulgarien und Rumänien: Europaabkommen EU-Rumänien vom 1.2.1993, ABl. L 357/2 vom 31.12.1994 sowie Europaabkommen EU-Bulgarien vom 8.3.1993, ABl. L 358/3 vom 31.12.1994. 200 Siehe z. B. Art. 9 Abs. 1 des Abkommens mit Rumänien. 201 Vörös, Imre/Droutsas, Dimitri P.: Die Europa Abkommen. Rechtliche Fundamente für die Beziehungen der EU mit den mittel- und osteuropäischen Ländern, in: ZfV, Wien, 1998, S. 2–10 (S. 6–7). 202 Freihandelsabkommen EU-Kroatien vom 29.10.2001, ABl. L 26/3 vom 28.1.2005. 203 Freihandelsabkommen EU-Mazedonien vom 9.4.2001, ABl. L 84/13 vom 20.3.2004. 204 Interimsabkommen EU-Albanien vom 12.6.2006, ABl. L 239/2 vom 1.9.2006. 205 Interimsabkommen EU-Bosnien und Herzegowina vom 16.6.2008, ABl. L 169/13 vom 30.6.2008. 206 Interimsabkommen EU-Montenegro vom 15.10.2007, ABl. L 345/2 vom 28.12.2007. 207 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. Balkans, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/balkans/ index_en.htm (26.7.2008). 208 Siehe die Art. 27 und 28 in den Abkommen mit Kroatien bzw. Mazedonien.

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regeln existieren auch für den Handel mit Textilwaren und Stahlerzeugnissen, die die Gemeinschaft ebenfalls nur eingeschränkt liberalisiert.209 dd) Freihandelsvertrag der EG mit den Färöer-Inseln Die EG hat auch einen Freihandelsvertrag mit den Färöer-Inseln geschlossen,210 die einen sich selbst regierenden Teil Dänemarks darstellen. Im Gegensatz zu den Zollunionen mit Andorra und San Marino, enthält das Freihandelsabkommen mit den Färöern Sonderbestimmungen hinsichtlich landwirtschaftlicher Produkte. Dies erklärt sich vor allem aus der großen Bedeutung des Fischfangs auf den Färöern. Ansonsten hat das Abkommen mit den Färöern wirtschaftlich wie politisch nur eine untergeordnete Bedeutung. ee) Die Mittelmeerabkommen Auf der EU-Mittelmeer Konferenz in Barcelona vom 27. und 28.11.1995 hat die EU ihre Beziehungen zu neun Anrainerstaaten des Mittelmeers grundsätzlich geregelt.211 Nach der Erklärung von Barcelona ist dabei das Ziel, die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mittelmeerstaaten zu verbessern. Erreicht werden soll dieses Ziel insbesondere durch die Schaffung von Freihandelsabkommen zwischen der EG und den jeweiligen Mittelmeeranrainerstaaten bis 2010. Neben der Beseitigung der meisten Zölle, sollen nach der Erklärung von Barcelona auch die Bereiche der Landwirtschaft und des Handels mit Dienstleistungen schrittweise liberalisiert werden.212 Derzeit (Stand: 31.8.2008) ist ein Freihandelsabkommen mit Ägypten,213 Algerien,214 Jordanien,215 dem Libanon,216 Marokko,217 Israel218 und Tune209

Siehe die Art. 16 beider Abkommen. Freihandelsabkommen EU-Färöer vom 6.12.1996, ABl. L 53/2 vom 22.2.1997. 211 Es sind dies Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien sowie die Palästinensische Selbstverwaltungsbehörde. Malta und Zypern sind mittlerweile Mitglieder der EU. 212 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Barcelona Declaration, in: http://europa.eu.int/comm/external_relations/euromed/bd.htm (7.11.2005). 213 Mittelmeerabkommen EU-Ägypten vom 25.6.2001, ABl. L 304/39 vom 30.9. 2004. 214 Mittelmeerabkommen EU-Algerien vom 22.4.2002, ABl. L 265/2 vom 10.10. 2005. 215 Mittelmeerabkommen EU-Jordanien vom 24.11.1997, ABl. L 129/3 vom 15.5. 2002. 210

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sien219 in Kraft. Mit der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde wurde bisher lediglich ein Interimsabkommen über die Bereiche des Handels geschlossen, ein vollständiges Assoziationsabkommen steht noch aus.220 Mit Syrien wurden die Verhandlungen hinsichtlich eines Mittelmeerabkommens Ende 2004 abgeschlossen. Der Vertragstext des Abkommens mit Syrien wurde aber bisher weder veröffentlicht, noch hat der Rat eine Entscheidung über seine Unterzeichnung getroffen.221 Wie die Europaabkommen sind auch die Mittelmeerabkommen in ihrem Inhalt sehr ähnlich und beinahe wortgleich. Lediglich die jeweiligen Zollreduzierungen wurden den Gegebenheiten in jedem Partnerstaat angepasst. Entgegen der Barcelonaerklärung wurde der Bereich der landwirtschaftlichen Produkte jedoch weitgehend aus dem Freihandel ausgenommen. Durch diese Politik des Protektionismus entsteht jedoch eine Asymmetrie, die es den Mittelmeerstaaten nicht gestattet, die Verluste durch die Zolleinnahmen auf EG-Industriegüter auszugleichen.222 Als Folge der Erklärung von Barcelona wurde am 13.7.2008 in Paris von den 27 Staaten der EU und 16 Anrainerstaaten des Mittelmeers die Union für das Mittelmeer gegründet. Es handelt sich dabei um eine Organisation für eine verstärkte politische Zusammenarbeit, die z. B. die Säuberung des Mittelmeeres, einen gemeinsamen Katastrophenschutz oder transnationale Verkehrsprojekte zum Ziel hat.223 Eine unmittelbare Auswirkung auf die bestehenden bilateralen Mittelmeerabkommen als Freihandelsabkommen besteht nicht, die Union für das Mittelmeer kann aber als Beispiel dienen, wie 216

Mittelmeerabkommen EU-Libanon vom 17.6.2002, ABl. L 143/2 vom 30.5.

2006. 217

Mittelmeerabkommen EU-Marokko vom 26.2.1996, ABl. L 70/2 vom 18.3.

2000. 218

Mittelmeerabkommen EU-Israel vom 22.11.1995, ABl. L 147/3 vom 21.6.

2000. 219

Mittelmeerabkommen EU-Tunesien vom 17.7.1995, ABl. L97/2 vom 30.3.

1998. 220 Interimsabkommen EU-Palästinensische Selbstverwaltungsbehörde vom 24.2. 1997, ABl. L 187/3 vom 16.7.1997. 221 Siehe, auch hinsichtlich eines Gesamtüberblicks über die geschlossenen Abkommen: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): The Euro – Mediterranean Partnership. Association Agreements, in: http://europa.eu.int/comm/exter nal_relations/euromed/med_ass_agreemnts.htm (26.10.2005). 222 Attina, Fluvio: The Euro-Mediterranean Partnership Assessed: The Realist and Liberal Views, in: EFARev, Amsterdam, 2003, S. 181–200 (S. 186). 223 Joint Declaration of the Paris Summit for the Mediterranean, Paris, 13 July 2008, in: http://www.ue2008.fr/webdav/site/PFUE/shared/import/0713_declaration_ de_paris/Joint_declaration_of_the_Paris_summit_for_the_Mediterranean-EN.pdf (25.7.2008).

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die wirtschaftliche Integration von einem politischen Integrationsprozess begleitet wird. ff) Freihandelsverträge mit Lateinamerika Die EG hat am 8.12.1997 ein Freihandelsabkommen mit Mexiko abgeschlossen.224 Dieser Vertrag ist von großer politischer Bedeutung, stellt es doch ein Freihandelsabkommen mit einem Staat der von den USA geführten NAFTA dar. Zudem war das Abkommen mit Mexiko das erste der EG mit einem Land in Lateinamerika. Das am 1.7.2000 in Kraft getretene Freihandelsabkommen regelt neben dem Warenverkehr auch die Bereiche des Handels mit Dienstleistungen, dem öffentlichen Beschaffungswesen und den Direktinvestitionen. Die Zollsätze für Industriegüter wurden auf EG-Seite 2003 und auf mexikanischer Seite 2007 zu 100% beseitigt. Das Bemerkenswerte am Freihandelsabkommen EG-Mexiko ist, dass der Sektor für Landwirtschaft und Fischerei nicht vom Freihandelsabkommen ausgenommen ist. Es wird ein Liberalisierungsgrad von 80% der EG-Importe, und 42% der Importe Mexikos bei landwirtschaftlichen Produkten angestrebt.225 Allerdings sind nur etwa 2% der mexikanischen Exporte in die EG landwirtschaftliche Produkte. Die Liberalisierung betrifft daher eher den zollfreien Handel von Waren die in der EG nicht vorkommen, wie beispielsweise Tequila, Mangos, Kaffee oder Kakao.226 Wie jedes ab 1992 geschlossene Abkommen der EG enthält auch das Abkommen mit Mexiko eine Demokratieklausel. Die Achtung der Menschenrechte und demokratischer Grundsätze wird somit ein integrierender Bestandteil des Abkommens, dessen Verletzung das Recht zur Auflösung des Vertrages einräumt. Nachdem die EG von ihrer Forderung der Demokratieklausel nicht abrückte und sich Mexiko aber weigerte, diese zu akzeptieren, wären die Verhandlungen beinahe gescheitert. Die Ablehnung Mexikos resultierte dabei vor allem in der Angst, den USA ähnliche Zugeständnisse hinsichtlich der Demokratisierung machen zu müssen. Die Änderung der innenpolitischen Machtverhältnisse in Mexiko, der Druck der mexikanischen Medien, die zunehmend fragten, was die Regierung denn zu verbergen habe, sowie die Überzeugung, in der Menschenrechtsklausel der EG gleich224 Partnerschaftsabkommen EU-Mexiko vom 8.12.1997, ABl. L 276/45 vom 28.10.2000. 225 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Rela tions. Mexico, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/mexico/ index_en.htm (26.10.2005). 226 Miramontes, Rudolfo: Las relaciones comerciales multilaterales de México y el tratado de libre comercio con la Unión Europea, México D.F., 2003, S. 180–181.

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1. Teil: Allgemeine Einführung

gestellt, und nicht überwacht zu sein, bewegten die mexikanische Regierung aber schließlich zum Einlenken.227 Mit dem Assoziationsabkommen mit Chile vom 18.11.2002 hat die EG ihr zweites Abkommen mit einem lateinamerikanischen Land abgeschlossen.228 Dabei werden, wie im Abkommen mit Mexiko, neben dem Handel mit Waren, auch der Handel mit Dienstleistungen, das Beschaffungswesen und Direktinvestitionen behandelt.229 Der Handel mit Agrarprodukten ist zwar ebenfalls liberalisiert, allerdings langsamer, und auch in einem weit geringeren Ausmaß als die Industrieprodukte.230 Im Gegensatz zu den Mittelmeerabkommen und den Europaabkommen sind die Abkommen mit Mexiko und Chile nicht ähnlich aufgebaut. Im Jahr 2000 hat die EG auch Verhandlungen für eine Freihandelszone mit dem MERCOSUR aufgenommen. Während die Verhandlungen zu den Bereichen der politischen Kooperation bereits abgeschlossen sind, dauern die Gespräche zu den wichtigeren Handelsfragen noch an (Stand Juli 2008). Das geplante Abkommen sollen neben dem Handel mit Gütern wieder Regelungen zum Dienstleistungshandel sowie zu Direktinvestitionen umfassen. Der MERCOSUR ist der neunt wichtigste Handelspartner der EG, die ihrerseits der bedeutendste Handelspartner des MERCOSUR ist.231 gg) Freihandelsvertrag der EG mit Südafrika Im Oktober 1999 hat die EG ein Freihandelsabkommen mit Südafrika geschlossen,232 das sich allerdings noch im Prozess der Ratifizierungen befindet, weshalb die handelsrechtlichen Bestimmungen der Abkommen vorläufig in Form eines Interimsabkommens in Geltung gesetzt wurden.233 Die 227 Szymanski, Marcela/Smith, Michael E.: Coherence and Conditionality in European Foreign Policy, Fn. 173, S. 184–187. 228 Assoziationsabkommen EU-Chile vom 18.11.2002, ABl. L 352/3 vom 30.12.2002. 229 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. Chile, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/chile/ index_en.htm (26.10.2005). 230 Manero Salvador, Ana: El Acuerdo de Asociación entre la Unión Europea y Chile firmado en Bruselas el 18 de noviembre de 2002, in: Revista Española de Derecho Internacional, Madrid, 2002, S. 1047–1052 (S. 1050); siehe dazu auch die Art. 64 und 72, sowie die Anhänge I und II des Abkommens. 231 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. Mercosur, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/regions/merco sur/index_en.htm (28.7.2008). 232 Freihandelsabkommen EU-Südafrika vom 11.10.1999, ABl. L 311/3 vom 4.12.1999.

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EG liberalisiert im Rahmen des Abkommens beinahe den gesamten Handel mit Industriegütern (99,98%), und 61,4% des Handels mit Agrargütern. Im Gegenzug beseitigt Südafrika 86,5% seiner Zölle auf Industrie-, und 81% der Zölle auf Agrarprodukte.234

IV. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel C Mit dem Abschluss des GATT 1947 wird die Welthandelsordnung erstmals multilateral geordnet, weit reichende Zollsenkungen und eine umfangreiche Liberalisierungen waren die Folge. Dennoch bildeten sich im Rahmen des GATT ab Mitte der fünfziger Jahre Präferenzzonen, die jedoch mit Ausnahme der EG und der EFTA scheiterten, oder nur eine geringe Bedeutung erlangten. Während insbesondere die USA ein Verfechter des Multilateralismus blieben, schloss die EG mehrere präferenzielle Abkommen, die als Grundlage späterer Beitritte, oder zu heute geltenden präferenziellen Abkommen der EG dienten. Die Zeit ab Mitte der achtziger Jahre wird als neuer, oder zweiter Regionalismus bezeichnet. Gekennzeichnet ist der neue Regionalismus durch ein bis heute anhaltendes sprunghaftes Ansteigen der präferenziellen Abkommen im Rahmen des GATT ab Anfang der neunziger Jahre. Bis heute wurden mehr als 200 solcher präferenzieller Abkommen bei der WTO notifiziert – 1990 waren es noch ca. 30. Zumindest ein Mitauslöser des neuen Regionalismus ist eine Änderung der US-Außenhandelspolitik Mitte der achtziger Jahre. Während die USA bis dahin auf eine multilaterale Liberalisierung setzten, begannen sie nun ihrerseits präferenzielle Abkommen zu schließen. Die Folge waren Freihandelsabkommen mit Israel 1985, und Kanada 1989, das 1994 mit Mexiko zur NAFTA erweitert. Zusätzliche Motive für den neuen Regionalismus sind eine Unzufriedenheit mit dem multilateralen System, bzw. eine Versicherung gegen das Scheitern desselben. Auch politische Gründe, wie die Förderung politischer Reformen im Rahmen der Europaabkommen, oder zur Förderung der Entwicklung im Rahmen des Abkommens von Cotonou können für die Schließung präferenzieller Abkommen ausschlaggebend sein. 233 Vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens EU-Südafrika vom 11.10.1999, ABl. L 311/2 vom 4.12.1999. 234 Akinkugbe, Oluyele: The European Union and South Africa free trade agreements an exploratory partial equilibrium analysis of potential effect on ACP-EU trade flows, in: Journal of World Trade, Dordrecht, 2000 (3), S. 95–109 (S. 97); Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Bilateral Trade Relations. South Africa, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/south africa/index_en.htm (26.7.2008).

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1. Teil: Allgemeine Einführung

Neue Freihandelsabkommen entstehen nach einem Dominoeffekt. Durch die Verschiebung der Handelsströme erhöht sich der Druck auf andere Staaten, dies durch den Abschluss weiterer Abkommen zu kompensieren. Im Anschluss an NAFTA bildeten sich in Amerika weitere Präferenzzonen, bekanntestes Beispiel ist der MERCOSUR. Der Domino-Effekt lässt sich am historischen Beispiel der Freihandelsverträge ab 1860 zeigen. Der Vertrag zwischen England und Frankreich stellte den Auslöser für eine Welle weiterer Freihandelsabkommen dar, die schließlich in einem Netzwerk an Verträgen mündeten. Der Auslöser des ist im aktuellen neuen Regionalismus schwerer zu bestimmen, vermutlich ist es eine Kombination der genannten Gründe. Der neue Regionalismus lässt sich als ein Abkommen zwischen einem großen, und einem, oder mehreren, kleinen Ländern beschreiben, das neben Zollreduktionen auch Bestimmungen zu non-tariff-barriers im Sinne einer deep integration enthält. Die dabei erzielten Liberalisierungen sind aber meist gering und werden typischerweise von den kleinen Staaten erbracht. Geografische Nähe spielt dabei nunmehr, im Gegensatz zur Situation Mitte bis Ende der neunziger Jahre, eine untergeordnete Rolle. Die europäische Politik beruht auf einem Dualismus zwischen den multilateralen Liberalisierungen der WTO, und bilateralen präferenziellen Abkommen. Die bilateralen Abkommen ermöglichten nach dem ehemaligen Handelskommissar Pascal Lamy Liberalisierungen, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner der WTO hinausgingen. Lamy spricht in dem Zusammenhang von WTO-plus oder pathfinder Abkommen. Die EG hat am meisten präferenzielle Abkommen abgeschlossen, die sich in verschiedene Integrationsstufen unterteilen lassen. Diese reichen von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit den Staaten der EFTA (mit Ausnahme der Schweiz), und Zollunionen mit der Türkei, Andorra und San Marino, hin zu einer Vielzahl von Freihandelsabkommen. Die Freihandelsabkommen erfassen oftmals eine gesamte Region, wie z. B. die Mittelmeerabkommen oder die Abkommen auf dem Balkan. Bezeichnend ist, dass innerhalb der jeweiligen Region die geschlossenen Freihandelsabkommen der EG oft beinahe wortgleich formuliert sind. Lediglich hinsichtlich der Handelsliberalisierungen und Zollzugeständnisse werden Differenzierungen vorgenommen. Typisch in den Abkommen der EG ist, dass Handelsbeschränkungen im Bereich der Landwirtschaft und der Fischerei nur sehr eingeschränkt liberalisiert werden.

Zweiter Teil

Präferenzielle Abkommen im Europarecht D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen I. Zuständigkeiten 1. Innerhalb der Säulenstruktur der Europäischen Union Wie allgemein bekannt ist, besteht die Europäische Union aus einem auf drei Säulen basierenden Modell. Dabei sind in der ersten Säule die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft als die verbleibenden Europäischen Gemeinschaften,235 in der zweiten Säule die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und in der dritten Säule die Zusammenarbeit bei der Innen- und Justizpolitik zusammengefasst. Die zweite und dritte Säule spielt im Zusammenhang mit den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft keine Rolle. Denn die präferenziellen Abkommen wurden jeweils von mindestens einer der drei Gemeinschaften aus der ersten Säule geschlossen, die jeweils für sich Rechtspersönlichkeit besitzen,236 nicht aber von der Europäischen Union im Rahmen der zweiten oder dritten Säule. Der Vertragsabschluss im Rahmen der EU nach Art. 24 EUV, sowie die Probleme, die sich aus dem parallelen Abschluss durch die EU und einer der Europäischen Gemeinschaften ergeben könnten (die so genannte cross-pillar-mixity),237 werden daher mangels Relevanz für den 235 Als drittes war die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) in der ersten Säule vertreten. Die Gültigkeitsdauer der EGKS war allerdings im Gegensatz zu den beiden anderen Gemeinschaften von vornherein begrenzt und lief daher am 23.7.2002 50 Jahre nach ihrer Gründung aus. 236 Die Völkerrechtssubjektivität der Europäischen Gemeinschaft ergibt sich gemeinschaftsrechtlich aus Art. 281 EGV und völkerrechtlich aus der Anerkennungspraxis durch Drittstaaten bzw. internationalen Organisationen. Oppermann, Thomas: Europarecht, München, 2005, S. 639, Rn. 639–610; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, in: Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.), Kommentar zu EUVertrag und EG-Vertrag, Neuwied und Kriftel, 2002, S. 2479–2508 (S. 2481, Rn. 2482). 237 Soweit ersichtlich liegt bisher erst ein Abkommen diese cross-pillar-mixity vor. (Siehe ABl. der EU L 368/26 vom 15.12.2004 und L370/78 vom 17.12.2004 hinsichtlich der Unterzeichnung eines Abkommens mit der Schweiz über die Über-

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

zu untersuchenden Themenbereich der präferenziellen Abkommen nicht behandelt. Innerhalb der ersten Säule ist die Europäische Gemeinschaft Vertragspartner in allen präferenziellen Abkommen. Dies lässt sich leicht erklären. Während nämlich der EGKS-Vertrag und der EAV nur eng begrenzte Sachbereiche regelten, umfasst der EGV umfassende Bestimmungen aus einer großen Anzahl verschiedenster Kompetenzbereiche.238 Da die präferenziellen Abkommen eine ausführliche Liberalisierung zumindest für annähernd den gesamten Warenhandel anstreben, ist eine Beteiligung der EG notwendig.239 Die Europäische Atomgemeinschaft ist Vertragspartner in den präferenziellen Abkommen mit Kroatien, Mazedonien und im EWR-Vertrag. Die EAG regelt allerdings nur eng begrenzte Kompetenzbereiche im Rahmen der Kernindustrie, die im Verhältnis zum EGV nur eine äußerst untergeordnete Rolle spielen. Da die vorliegende Arbeit insbesondere einen umfassenden Überblick über die Auswirkungen der präferenziellen Abkommen im gesamten Bereich der Handelspolitik geben soll, wird der EAV in weiterer Folge nicht behandelt. Von den in Geltung befindlichen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft wurden die Europaabkommen, der EWR, die Abkommen mit Kroatien, Mazedonien und sämtliche Mittelmeerabkommen neben der EG auch von der EGKS geschlossen. Der EGKS-Vertrag war allerdings nur befristet und ist daher am 23.7.2002, 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten, ausgelaufen. Durch Beschluss des Rates sind aber die internationalen Verpflichtungen der EGKS auf die EG übergegangen, sodass die Rechtskontinuität auf internationaler Ebene gewahrt bleibt.240 Aus diesem Grund braucht der EGKS in weiterer Folge ebenfalls nicht mehr behandelt zu werden. nahme des Schengen-Besitzstandes.) Die EG und die EU schließen das Abkommen dabei nach ihren jeweiligen Verfahren (Art. 24 EUV sowie Art. 300 EGV) ab. Siehe dazu auch: Eeckhout, Piet: External Relations of the European Union. Legal and Constitutional Foundations, Oxford, 2004, S. 184. 238 Aus diesem Grund ist der EGV als Rahmenvertrag konzipiert, der lediglich Grundsätze enthält, deren rechtliche Ausführung aber seinen Organen überlässt. Dem gegenüber handelt es sich beim EAV und beim EGKS um Normenverträge, die bereits die wichtigsten materiellen Bestimmungen festlegen. Fischer, Peter et al.: Europarecht, Wien, 2002, S. 358, Rn. 714. 239 Eine Liberalisierung annähernd des gesamten Handels ist Voraussetzung nach Art. XXIV GATT. Siehe dazu Abschnitt III. 240 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 19. Juli 2002 über die Folgen desAußerkrafttretens des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) für die von der EGKS geschlossenen internationalen Abkommen, ABl. L194/36 vom 23.7.2002.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Die folgenden Ausführungen zu den europarechtlichen Problemen zu den präferenziellen Abkommen beschränken sich daher ausschließlich auf die Europäische Gemeinschaft und damit auf die Bestimmungen des EG-Vertrags. 2. Zwischen der EG und ihren Mitgliedsstaaten a) Die Außenkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft Die Europäische Gemeinschaft ist kein souveräner Staat und besitzt keine uneingeschränkte Souveränität. Sie hat auch nicht das Recht neue Zuständigkeiten an sich zu ziehen, sondern besitzt nur eine beschränkte Verbandskompetenz. Dies ist eindeutig in Art. 5 EGV normiert, nachdem die Gemeinschaft nur innerhalb der Grenzen des EGV tätig werden kann. Ein eigenständiges Handeln der Gemeinschaft ist demzufolge nur insoweit möglich, als ihr die Mitgliedsstaaten Kompetenzen abgetreten haben. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung.241 Aufgrund des Fehlens eines eindeutigen Kompetenzkatalogs, wie er sich in den meisten nationalen Verfassungen findet, ist die Verteilung der Kompetenzen in der EG viel schwieriger zu erfassen. Die Zuständigkeiten der Gemeinschaft lassen sich dabei grundlegend in ausdrückliche, das heißt im EGV erwähnte, sowie in implizite, sich aus dem EGV ergebende, Zuständigkeiten unterteilen. Das Primärrecht der EG enthält einige Bestimmungen, welche die Gemeinschaft explizit zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge ermächtigen. Die bedeutendsten davon sind die Kompetenzen der Gemeinschaft auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik nach Art. 133 EGV242 und der Assoziierung von Drittstaaten mit der Gemeinschaft nach Art. 310 EGV. Ein Tätigwerden in diesen Bereichen durch die Mitgliedsstaaten ist ausgeschlossen.243 241 Siehe unter vielen: Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones y Derecho de la Unión Europea, Madrid, 2004, S. 112; Eilmansberger, Thomas: Zur gegenwärtigen und zukünftigen vertikalen Kompetenzverteilung in der Europäischen Union, in: Journal für Rechtspolitik, Wien, 2003, S. 113–123 (S. 114); Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft im System des EG-Vertrags, Frankfurt am Main et al., 2001, S. 35; Bleckmann, Albert: Europarecht. Das Recht der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften, Köln et al., 1997, S. 90, Rn. 183; ausführlichst: Kraußer, Hans-Peter: Das Prinzip begrenzter Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip des EWG-Vertrages, Berlin, 1991, In der Judikatur: EuGH C-376/98 (Tabakwerberichtlinie), Slg. der Rspr. 2000, S. I-8419, Rn. 83. 242 EuGH Gutachten 1/75 (Lokale Kosten), Slg. der Rspr. 1975, S. 1355. 243 EuGH Gutachten 2/91 (ILO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1993, S. I-1061, Rn. 8.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Daneben existieren noch ausdrückliche Kompetenzen der Gemeinschaft, die allerdings mit den Mitgliedsstaaten parallel ausgeübt werden können. Es handelt sich dabei um die Bereiche der Forschung (Art. 170 EGV), der Umweltpolitik (Art. 174 Abs. 4 EGV), der Entwicklungszusammenarbeit (Art. 181 EGV) und die wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit (Art. 181a EGV).244 Neben diesen expliziten Zuständigkeiten können die Vertragsschlusskompetenzen der Gemeinschaft aber auch implizit aus anderen Bestimmungen des EGV folgen. Es handelt sich dabei um ungeschriebene implizite Außenkompetenzen, die in der Rechtsprechung des EuGH entwickelt worden sind und für die sich die englische Bezeichnung implied powers eingebürgert hat. Ausgangspunkt dieser Theorie ist das AETR-Urteil, in dem der EuGH seine Doktrin von einer Parallelität der Innen- und Außenkompetenzen der Gemeinschaft begründet. Eine Kompetenz der Gemeinschaft zu völkerrechtlichem Handeln kann sich demnach nicht nur aus den expliziten Vertragsbestimmungen, sondern auch implizit aus anderen Vertragsbestimmungen und aus in ihrem Rahmen ergangenen Rechtsakten ergeben.245 Ziel dieser Rechtsprechung ist der Schutz der Beeinträchtigung der internen Gemeinschaftskompetenzen vor externem Handeln durch die Mitgliedsstaaten. Diese könnten nämlich sonst dem Gemeinschaftsrecht widersprechende völkerrechtliche Verpflichtungen eingehen, um dadurch eine auf Basis des EGV bereits erfolgte sekundärrechtliche Harmonisierung unterlaufen.246 Implied powers ergeben sich allerdings nicht bloß aus dem Vorliegen einer Innenkompetenz, diese muss von der Gemeinschaft vielmehr auch tatsächlich wahrgenommen worden sein.247 Dies ist überzeugend, denn die 244 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2482, Rn. 2484; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, in: Streinz, Rudolf (Hrsg.), EUV/EGV Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, München, 2003, S. 2470–2496 (S. 2477, Rn. 2420–2421); Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel. Eine kritische Auseinandersetzung mit Praxis und Rechtsprechung, in: EuR, Baden-Baden, 1996, S. 145–166 (S. 147). 245 EuGH 22/70 (AETR), Slg. der Rspr. 1971, S. 263, Rn. 15–19; u. a. bestätigt durch: EuGH Verbundene Rechtssachen 3, 4 und 6/76 (Kramer), Slg. der Rspr. 1976, S. 1279, Rn. 20; EuGH Gutachten 1/76 (Binnenschiffahrt), Slg. der Rspr. 1977, S. 741, Rn. 3; EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151, Rn. 32; EuGH Gutachten 2/91 (ILO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1993, S. I-1061, Rn. 7; EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 77; EuGH Gutachten 2/94 (EMRK Gutachten), Slg. der Rspr. 1996, S. I-1759, Rn. 26. 246 Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 65, Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 147; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2478–2479, Rn. 2424–2425; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2482, Rn. 2485.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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implied powers Lehre dient eben gerade zum Schutz des sekundären Gemeinschaftsrechts.248 Wo noch kein entsprechender Rechtsakt nach innen ergangen ist, besteht somit auch kein Schutzbedürfnis im Handeln nach außen. Ausreichend zur Begründung einer impliziten Außenkompetenz der Gemeinschaft ist dabei aber auch, wenn die EG in einem innergemeinschaftlichen Akt ausdrücklich zur Aufnahme von Verhandlungen mit Drittstaaten ermächtigt wird.249 Ausschließlichen Charakter haben die impliziten Außenkompetenzen der Gemeinschaft überall dort, wo die Gemeinschaft eine Materie umfassend harmoniert hat, Gilsdorf verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff der Gebietsbesetzung.250 Eine Ausnahme vom Erfordernis der Gebietsbesetzung besteht allerdings dann, wenn es das zu erreichende Regelungsziel erforderlich macht, den innergemeinschaftlichen Rechtsakt in Zusammenhang mit dem Abschluss des Abkommens zu erlassen. Ein Beispiel dafür findet sich in einer dem Gutachten 1/76 zugrunde liegenden Regelung über die Binnenschifffahrt. Aufgrund der Beteiligung Schweizer Schiffe an der Rheinschifffahrt konnte eine entsprechende Regelung nur durch eine Kombination aus innergemeinschaftlicher Gesetzgebung und einem völkerrechtlichen Abkommen mit der Schweiz erreicht werden.251 Gefordert ist dabei vom EuGH aber ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Regelungen im Innen- und Außenbereich, woraus sich eine Parallelität der Innen- und der Außenkompetenzen der Gemeinschaft ergibt.252 Die Argumente der Kommission, dass dieser untrennbare Zusammenhang durch die Notwendigkeit einer einheitlichen Vertretung der Gemeinschaft im Rahmen der WTO und der damit verbundene Zusammenhalt des Binnenmarkts gegeben sei, reichen jedenfalls nicht aus.253 Die Bedeutung dieses Prinzips ist im Vergleich zur AETR Doktrin daher gering. 247 EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 77; EuGH Gutachten 2/92 (Gutachten 2/92), Slg. der Rspr. 1995, S. I-521. 248 Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 66. 249 EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 95 O’Keeffe, David: Exclusive, Concurrent and Shared Competence, in: Dashwood, Alan/Hillion, Christophe (Hrsg.), The General Law of E.C. External Relations, London, 2000, S. 179–199 (S. 187–188). 250 Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 147; Gilsdorf, Peter: Der Grundsatz der Subsidiarität und die Gemeinsame Agrarpolitik, in: Randelzhofer, Albrecht et al. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, München, 1995, S. 77–102 (S. 86–88); auch: Oppermann, Thomas: Europarecht, Fn. 236, S. 643, Rn. 623. 251 EuGH Gutachten 1/76 (Binnenschiffahrt), Slg. der Rspr. 1977, S. 741, Rn. 4. Bestätigt durch: EuGH C-476/98 (Open skies), Slg. der Rspr. 2002, S. I-9855, Rn. 82–83. 252 Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 146.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Nach Art. 308 EGV soll die Gemeinschaft auch in den Fällen tätig werden können, in der ihr entsprechende Kompetenzen fehlen, aber ein Tätigwerden erforderlich erscheint, um die Ziele der Gemeinschaft zu verwirklichen.254 Es handelt sich somit um eine Bestimmung, die die bestehenden Kompetenzen ergänzen soll, um eine fortlaufende Entwicklung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Zur Verwendung des Art. 308 EGV müssen dessen Tatbestandsmerkmale vorliegen.255 Die Grenze bei der Anwendung der Kompetenzergänzung bildet aber jedenfalls die formelle Vertragsänderung.256 Art. 308 EGV verlangt Einstimmigkeit im Rat und eine formelle Anhörung des Europäischen Parlaments. Von den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft ist nur das Abkommen mit San Marino auf Art. 308 EGV gestützt worden. Soweit ersichtlich beruht auch keines der zur Vorbereitung der Abkommen geschlossenen Interimsabkommen257 auf dieser Bestimmung. Seine Bedeutung für die präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft ist daher äußerst gering. b) Die Kompetenzabgrenzung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten Die Zuständigkeiten der Gemeinschaft im Verhältnis zu den Kompetenzen der Mitgliedsstaaten lassen sich in verschiedene Gruppen unterteilen. Im Bereich der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen sind die Mitgliedsstaaten nicht mehr eigenständig handlungsbefugt, Maßnahmen der Mitgliedsstaaten sind nur noch mit ausdrücklicher Ermächtigung der Kommission zulässig. Bei den ausschließlichen Kompetenzen ist es auch unerheblich, ob die Gemeinschaft bereits in diesem Bereich tätig geworden ist oder nicht.258 Beispiele sind die gemeinsame Handelspolitik nach 253 EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 82–85; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2479, Rn. 2426. Siehe auch: EuGH C-476/98 (Open skies), Slg. der Rspr. 2002, S. I-9855, Rn. 85. 254 EuGH Gutachten 2/94 (EMRK Gutachten), Slg. der Rspr. 1996, S. I-1759, Rn. 25. 255 Oppermann, Thomas: Europarecht, Fn. 236, S. 155–156, Rn. 158–159. 256 Diese vier Merkmale sind: Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft, im Rahmen des Gemeinsamen Marktes, die Erforderlichkeit des Tätigwerdens der Gemeinschaft, sowie das Fehlen der erforderlichen Befugnisse im EGV. Siehe dazu ausführlichst: Rossi, Matthias: zu Art. 308 EGV, in: Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Neuwied und Kriftel, 2002, S. 2537–2560 (S. 2541–2556, Rn. 2549–2555). 257 Siehe zu den Interimsabkommen Kapitel D.IV.1., S. 108. 258 EuGH 41/76 (Donckerwolcke), Slg. der Rspr. 1976, S. 1921, Rn. 31/37; EuGH 804/79 (Kommission vs. Grossbritanien), Slg. der Rspr. 1981, S. 1045, Rn. 20 und 27.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Art. 133 EGV und die Festlegung eines gemeinsamen Zolltarifs nach Art. 26 EGV.259 Das Gegenstück dazu bilden die nicht-ausschließlichen Kompetenzen, wo mit den konkurrierenden und den parallelen Zuständigkeiten zwei Haupttypen unterschieden werden. Bei den konkurrierenden Zuständigkeiten verfügt die Gemeinschaft zwar über interne Zuständigkeiten in einem bestimmten Kompetenzbereich, hat diese aber nicht oder nur punktuell zum Erlass von Rechtsakten genutzt. Die Mitgliedsstaaten bleiben also innerhalb dieses Kompetenzbereichs so lange zuständig, bis die potenzielle Kompetenz von der Gemeinschaft besetzt wird. Der Unterschied zu den ausschließlichen Kompetenzen besteht darin, dass diese einen gesamten Kompetenzbereich regeln, während sich die konkurrierenden Kompetenzen nur auf Teilaspekte eines solchen beziehen. Als konkurrierende Kompetenzen sind die überwiegende Mehrzahl der Zuständigkeitsbereiche der Gemeinschaft ausgestaltet, so z. B. im Rahmen der vier Grundfreiheiten (Art. 39–60 EGV), dem Verkehrswesen (Art. 70–80 EGV) oder der Sozialpolitik (Art. 136–145 EGV).260 Auch innerhalb der parallelen Kompetenzen können sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedsstaaten tätig werden. Wie bei den konkurrierenden besteht auch bei den parallelen Kompetenzen ein Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts.261 Im Gegensatz zu den konkurrierenden Kompetenzen können die Mitgliedsstaaten aber auch in jenen Bereichen Handlungen setzen, wo bereits die Gemeinschaft gehandelt hat. Es fehlt also an der für die konkurrierenden Kompetenzen typischen Sperrwirkung des Gemeinschaftshandelns.262 Beispiele für parallele Kompetenzen sind Teile des Wettbewerbsrechts263 (Art. 81–86 EGV) oder die Entwicklungshilfe264 (Art. 177–181 EGV). Daneben werden in der Literatur noch weitere Kompetenztypen, wie Rahmenkompetenzen, subsidiäre Kompetenzen, oder ergänzende Kompetenzen unterschieden.265 Deren Abgrenzung zu den hier erwähnten Kompetenzbestimmungen ist aber oft fließend, und spielt im Rahmen der nach259 Fischer, Peter et al.: Europarecht, Fn. 238, S. 357, Rn. 739–740; Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 37–38. 260 Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 39; Fischer, Peter et al.: Europarecht, Fn. 238, S. 358–359, Rn. 741–748. 261 EuGH 14/68 (Walt Wilhelm), Slg. der Rspr. 1969, S. 1, Rn. 6–7. 262 Fischer, Peter et al.: Europarecht, Fn. 238, S. 361, Rn. 752; Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 39. 263 Siehe z. B. EuGH 14/68 (Walt Wilhelm), Slg. der Rspr. 1969, S. 1, Rn. 3–4. 264 EuGH C-316/91 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1994, S. I-625, Rn. 26. 265 Siehe z. B. Streinz, Rudolf: Europarecht, Heidelberg, 2003, S. 61–62, Rn. 134–135.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

stehenden Darstellungen keine Rolle. Sie werden daher hier nicht weiter dargestellt.266 Geklärt werden Kompetenzfragen durch eine fallspezifische Analyse des Gemeinschaftsrechts. Maßgeblich sind dabei die Bestimmungen des EGV, aber in viel größerem Maße die von der Gemeinschaft gesetzten Rechtsakte und deren Auslegung durch den EuGH hinsichtlich der Zuständigkeitsfragen. Das System der Kompetenzaufteilung ist dabei ein überaus dynamisches, zieht die Gemeinschaft doch durch die Setzung von Rechtsakten ständig neue Kompetenzen an sich. 3. Die Sonderfälle Dienstleistungshandel und geistiges Eigentum Wie der EuGH 1994 in seinem Gutachten zum Abschluss der WTO-Abkommen festgestellt hat, fielen aus den Bereichen des Dienstleistungshandels und des Schutzes geistigen Eigentums lediglich grenzüberschreitende Dienstleistungen sowie der Schutz gegen die Einfuhr nachgeahmter Waren in den Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik nach Art. 133 EGV und somit in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft.267 Alle anderen Bereiche des GATS und des TRIPS fielen in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten, sodass das WTO-Ü als gemischtes Abkommen geschlossen wurde. Um eine einheitliche Vertretung der EG im Rahmen der WTO zu gewährleisten, ist Art. 133 EGV durch die Verträge von Amsterdam und Nizza um diese Kompetenzbestände erweitert worden. In Art. 133 Abs. 5 EGV ist nunmehr auch der Handel mit Dienstleistungen und der Schutz des geistigen Eigentums vom EGV erfasst. Dabei gelten in Art. 133 EGV die Abs. 1–4 auch für die Aushandlung von Abkommen in diesen Bereichen. Der Rat beschließt dabei abweichend von Art. 133 Abs. 4 EGV einstimmig in jenen Fällen, in denen das vom EGV vorgesehen ist, oder wenn die Gemeinschaft ihre Zuständigkeit in dem zu schließenden Abkommen noch nicht ausgeübt hat. Im Gegensatz zu den Art. 133 Abs. 1–4 EGV verleiht Abs. 5 der Gemeinschaft allerdings keine internen Rechtsetzungskompetenzen, sondern verweist diesbezüglich auf andere Vertragsbestimmungen. Es handelt sich somit lediglich um eine externe Verfahrensbestimmung und nicht um eine umfassende ausschließliche Kompetenz wie im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik nach Art. 133 Abs. 1–4 EGV.268 266 Siehe für eine ausführliche Darstellung und einer näheren Begründung: Dittert, Daniel: Die ausschließlichen Kompetenzen, Fn. 241, S. 46–47. 267 EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 53.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Darüber hinaus stellt der letzte UAbs. von Art. 133 Abs. 5 EGV klar, dass es sich bei den Zuständigkeiten im Bereich des Handels mit Dienstleistungen und dem Schutz geistigen Eigentums um konkurrierende Kompetenzen handelt. Denn im letzten UAbs. von Art. 133 Abs. 5 behalten sich die Mitgliedsstaaten ausdrücklich das Recht vor, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht ebenfalls Abkommen in diesen Bereichen zu schließen.269 Wo also die Gemeinschaft ein entsprechendes Gebiet noch nicht besetzt hat, können die Mitgliedsstaaten eigenständige Abkommen schließen. Im Gegensatz zum Warenhandel fehlt also Art. 133 Abs. 5 EGV die Ausschließlichkeit. Art. 133 Abs. 6 EGV schränkt Abs. 5 dahingehend ein, dass insbesondere Abkommen in Bereichen, in denen eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten durch den EGV verboten ist, nicht vom Rat geschlossen werden können. Beispiele dafür finden sich in Art. 150 Abs. 4 EGV im Bildungswesen, in Art. 151 Abs. 5 EGV im Bereich der Kultur sowie Art. 152 Abs. 4 lit. c EGV bei Fördermaßnahmen im Gesundheitswesen. Nach Art. 133 Abs. 6 2. UAbs. EGV sind Abkommen über den Handel mit audiovisuellen Dienstleistungen sowie über Dienstleistungen in den Bereichen der Bildung, Soziales und des Gesundheitswesens notwendigerweise als gemischte Abkommen zu schließen.270 Angewandt werden die Verfahrensregeln von Art. 300 EGV. 4. Gemischte Abkommen Durch die innergemeinschaftliche Kompetenzaufteilung kann der Fall eintreten, dass weder die Gemeinschaft noch ihre Mitgliedsstaaten zur Gänze zum Abschluss eines völkerrechtlichen Abkommens kompetent sind. Gelöst wird dieses Problem, indem die EG und die Mitgliedsstaaten die Abkommen gemeinsam, in Form so genannter gemischter Abkommen schließen. Das heißt, dass auf Gemeinschaftsseite sowohl die EG, als auch die 268

Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 50; Griller, Stefan/Gamharter, Katharina: External Trade: Is There a Path Through the Maze of Competences, in: Griller, Stefan/Weidel, Birgit (Hrsg.), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, Wien et al., 2002, S. 65–112 (S. 90); Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, in: Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Neuwied und Kriftel, 2002, S. 1483–1567 (S. 1514, Rn. 1572); Leal-Arcas, Rafael: Exclusive or Shared Competence in the Common Commercial Policy: From Amsterdam to Nice, in: LIEI, Den Haag, 2003, S. 3–14 (S. 12). 269 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 51; Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1514, Rn. 1572. 270 Zum Begriff der gemischten Abkommen siehe sogleich, Kapitel D.I.4., S. 81.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

jeweiligen Mitgliedsstaaten Vertragspartner gegenüber dem Drittstaat werden. Das zu schließende Abkommen muss dabei von der Gemeinschaft und von jedem einzelnen Mitgliedsstaat nach den jeweiligen internen Vorschriften genehmigt werden. Aufgrund der Einzigartigkeit der gemischten Abkommen im völkerrechtlichen Verkehr treten dabei eine Reihe von Besonderheiten und Fragen auf, die zum Teil noch nicht restlos geklärt sind. Das Rechtsinstrument der gemischten Abkommen wird seit der Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft ausdrücklich in Art. 102 EAV erwähnt, während im EGV eine entsprechende Bestimmung lange fehlte. Dennoch wurde von Anbeginn der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dieses Mittel zur Regelung der Außenbeziehungen im EGV verwendet und vom EuGH in diesem Kontext auch ausdrücklich anerkannt.271 Mit dem Vertrag von Nizza wurde der Begriff des gemischten Abkommens schließlich auch in den EGV eingeführt. Nach Art. 133 Abs. 6 EGV können Verträge der Gemeinschaft in den Bereichen des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, Dienstleistungen im Bereich der Bildung, sowie in den Bereichen Soziales und Gesundheit nur als gemischte Abkommen geschlossen werden.272 Die gemischten Abkommen spielen in den Außenbeziehungen der Gemeinschaft eine große Rolle und sind mittlerweile ein fixer Bestandteil ihres auswärtigen Handelns geworden.273 Nach einer Statistik von Rosas wurden von den etwa 700 im Jahr 2000 in Geltung befindlichen völkerrechtlichen Verträgen der Gemeinschaft ca. 130 als gemischte Abkommen geschlossen.274 Eine große Rolle spielen gemischte Abkommen insbesondere bei den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft. Mit Ausnahme der Abkommen mit der Schweiz, Andorra und den Färöer-Inseln wurden alle präferenziellen Abkommen der EG als gemischte Abkommen abgeschlossen. Für das Fehlen der Gemischtheit in diesen Verträgen können mehrere Gründe 271 EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 8; bestätigt durch: EuGH C-13/00 (Komission gegen Irland), Slg. der Rspr. 2002, S. I-2943, Rn. 14. 272 Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1515–1516, Rn. 1577–1578; siehe zur Auslegung der in Art. 133 Abs. 6 EGV angeführten Begriffe ausführlich: Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1516–1520, Rn. 1580–1593. 273 Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, in: Dashwood, Alan/Hillion, Christophe (Hrsg.), The General Law of E.C. External Relations, London, 2000, S. 200–220 (S. 201). 274 Siehe Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 201 in Fn. 209. Der prozentuelle Anteil liegt damit bei rund 18,5% und ist seit den achtziger Jahren leicht gestiegen. 1984 betrug der Anteil 14,5%. Vergleiche dazu: Stein, Klaus D.: Der gemischte Vertrag im Recht der Außenbeziehungen der Europäischen Gemeinschaft, Berlin, 1986, S. 24.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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angeführt werden. Zum Ersten stammt das Abkommen mit der Schweiz aus 1972 und ist somit um ca. 20–25 Jahre älter als beinahe alle anderen derzeit in Geltung befindlichen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft.275 Erst ab den neunziger Jahren hat sich eine Praxis der Mitgliedsstaaten entwickelt, in verstärktem Ausmaß auf den Abschluss gemischter Abkommen zu drängen. Dass der Abschluss gemischter Verträge Anfang der siebziger Jahre nicht in heutigem Ausmaß üblich war erkennt man auch daran, dass keines der zu dieser Zeit geschlossenen präferenziellen Abkommen als gemischtes Abkommen geschlossen wurde.276 Dem gegenüber wurden die aktuell geltenden präferenziellen Abkommen der dritten Generation277 bis auf die erwähnten Ausnahmen mit Andorra und den Färöern ausschließlich gemischt geschlossen.278 Weiters enthält das Abkommen mit der Schweiz keine Bestimmungen, die eine Gemischtheit erfordern würde, sodass der Abschluss eines gemischten Abkommens nicht zwingend notwendig war. Dieses Argument trifft auch auf die Abkommen mit Andorra und den Färöer-Inseln zu. Hier dürfte die geringe politische und wirtschaftliche Bedeutung dieser Wirtschaftsgebiete der Hauptgrund sein, wieso die Mitgliedsstaaten auf die Möglichkeit des Abschlusses eines gemischten Abkommens verzichtet haben.279 275 Ausnahmen bilden die Anfang der sechziger Jahre geschlossenen Abkommen mit Griechenland (Assoziationsabkommen Griechenland vom 9.7.1961, ABl. 26/294 vom 18.2.1963, mittlerweile durch die EU-Mitgliedschaft Griechenlands gegenstandslos), das noch in Geltung befindliche Abkommen mit der Türkei aus 1963, sowie das durch die Nachfolgeabkommen von Lomé und Cotonou abgelöste Abkommen von Yaoundé (Abkommen von Yaoundé I vom 20.7.1963, ABl. 93/1431 vom 11.6.1964). 276 Z. B. auch nicht das Freihandelsabkommen mit Österreich aus 1972 (Freihandelsabkommen mit Österreich vom 22.7.1972, ABl. L 300/2 vom 31.12.1972). Die Gemischtheit nahm erst 1978 mit den Abschluss der Mittelmeerkooperationsabkommen, den Vorgängern zu den heutigen Mittelmeerabkommen zu. Für eine Überblick über die geschlossenen gemischten Abkommen siehe: Heliskoski, Joni: Mixed agreements as a technique for organizing the intenational relations of the European Community and its member states, The Hague, 2001, S. 249–277, Appendix 241. 277 Als erste Generation bezeichnet man die Abkommen der Gemeinschaft Anfang der sechziger Jahre, als zweite Generation die Abkommen Mitte und Ende der Siebziger, und nun eben als dritte Generation jene präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft, die ab Anfang/Mitte der neunziger Jahre geschlossen wurden. 278 Ein Spezialfall wären in diesem Fall die Färöer, die zwar ein selbstständiges Wirtschaftsgebiet, aber keinen souveränen Staat darstellen, sondern vielmehr zu Dänemark gehören. Das geltende Abkommen wurde daher auf der einen Seite von der Gemeinschaft, und auf der anderen Seite von Dänemark geschlossen. Wäre das Abkommen aber gemischt, so würde der Fall eintreten, dass Dänemark auf beiden Seiten Vertragspartner würde, was sicherlich einer schwierigen Sonderlösung bedürfte. 279 Hier bildet das Abkommen mit San Marino eine Ausnahme, das als gemischtes Abkommen geschlossen wurde. Ein Spezialfall wären in diesem Fall die Färöer,

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Außerhalb der Verpflichtung zum Abschluss gemischter Abkommen nach Art. 133 Abs. 6 EGV ist die Notwendigkeit eines gemischten Abkommens anhand der Auslegung der entsprechenden Kompetenzbestimmungen zu ermitteln. Dabei ist allerdings zwischen der Notwendigkeit und der Möglichkeit eines gemischten Abkommens zu unterscheiden. Notwendig ist der Abschluss eines gemischten Abkommens immer dann, wenn angesichts der zu regelnden Materie die Kompetenzen nicht allein bei der Gemeinschaft oder den Mitgliedsstaaten liegen können. Beispiele dafür sind das internationale Seerechtsübereinkommen oder ein Abkommen, das nebeneinander die militärische Landesverteidigung und den Warenverkehr regelt. Dem gegenüber ist ein gemischtes Abkommen möglich, wenn die Gemeinschaft in Teilbereichen eine ausschließliche Kompetenz hat, in anderen Teilbereichen aber von ihren potenziellen Kompetenzen noch nicht Gebrauch gemacht hat, und die Notwendigkeit dieser Inanspruchnahme nicht nachweisbar ist.280 Auf dieser Grundlage sind alle der gemischten präferenziellen Abkommen geschlossen worden. Denn mit den Art. 94 und 95 EGV verfügt die Gemeinschaft über die notwendigen potenziellen Kompetenzen, insbesondere hinsichtlich der in den präferenziellen Abkommen bedeutsamen Regelungen zum Handel mit Dienstleistungen oder zum Schutz des geistigen Eigentums. Zur Begründung einer Außenkompetenz fehlt es allerdings im Sinne der AETR-Doktrin am notwendigen internen Rechtsakt,281 und somit am politischen Willen zu einer Harmonisierung. Ab Anfang der neunziger Jahre setzte ein Widerstand der Mitgliedsstaaten gegen zu weit gehende Kompetenzen der Gemeinschaft ein. Die Mitgliedsstaaten fürchten offenbar, dass sie, insbesonders aber ihre Beamten, aus der internationalen Szene verdrängt werden. Als Antwort drängen die Mitgliedsstaaten auch dort auf den Abschluss gemischter Abkommen, wo dies nicht unbedingt erforderlich ist.282 die zwar ein selbstständiges Wirtschaftsgebiet, aber keinen souveränen Staat darstellen, sondern vielmehr zu Dänemark gehören. Das geltende Abkommen wurde daher auf der einen Seite von der Gemeinschaft, und auf der anderen Seite von Dänemark geschlossen. Wäre das Abkommen aber gemischt, so würde der Fall eintreten, dass Dänemark auf beiden Seiten Vertragspartner würde, was sicherlich einer schwierigen Sonderlösung bedürfte. 280 Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 160; Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 205. 281 Siehe so z. B. EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 88. 282 Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 201–202; Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 161. Siehe ergänzend dazu auch: Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 145, der die Entwicklung der Außenkompetenzen der Gemeinschaft in 3 Phasen, die der Klärung (AETR-Doktrin), Konsolidierung und

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Dies trifft speziell auf die präferenziellen Abkommen zu. So haben 1999 die Mitgliedsstaaten beim Abschluss des Kooperationsabkommens mit Südafrika entgegen dem Vorschlag der Kommission283 auf dem Abschluss eines gemischten Abkommens bestanden, obwohl dafür keine rechtliche Notwendigkeit gegeben war.284 Üblicherweise handelt es sich um relativ unwichtige Nebenbestimmungen der präferenziellen Abkommen, mit denen die Gemischtheit gerechtfertigt wird. In diesem Sinne sieht Gilsdorf eine fehlende Notwendigkeit für die Gemischtheit auch hinsichtlich des EWR und der Europaabkommen.285 Diese m. E. zutreffende Ansicht ist umso bemerkenswerter, als diese Abkommen die bisher stärkste und intensivste Form der Integration mit der Gemeinschaft darstellen. Für ein reines Gemeinschaftsabkommen wäre freilich die Bereitschaft der Mitgliedsstaaten notwendig, einzelne Bereiche aus konkurrierenden Kompetenzbereichen an die Gemeinschaft abzugeben. An dieser Entwicklung vermag auch das Gutachten des EuGH zum Abschluss des Lugano-Abkommens nichts zu ändern. Der EuGH stellt dabei vor allem darauf ab, dass der Gemeinschaft dann ausschließliche Kompetenzen zukommen, wenn ansonsten die Gemeinschaftsvorschriften beeinträchtigt würden. Dies trifft nach dem Gerichtshof zwar auf das Verhältnis des zu schließenden Lugano-Abkommens und der im Inhalt beinahe identischen Verordnung 44/2001 zu,286 kann aber im nicht bei den präferenziellen Abkommen unterstellt werden. Diese ähneln in ihrem Aufbau vielmehr den Abkommen der WTO, wo der Gerichtshof in seinem Gutachten 1/94 eben gerade die Notwendigkeit gemischter Abkommen angenommen hat. Darüber hinaus sichern sich die Mitgliedsstaaten durch den Abschluss gemischter Abkommen eine Möglichkeit zum Veto. Zwar wird der Gemeinschaftsteil der Abkommen nach den gleichen Verfahren geschlossen wie reine Gemeinschaftsabkommen, bedürfen aber für den Teil, der in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten fällt, zusätzlich deren Ratifikation. Die VerKompetenzerweiterung (Einheitliche Europäische Akte) und Infragestellung durch die Mitgliedsstaaten (WTO-Gutachten) einteilt. 283 Siehe: Europäische Gemeinschaften: Bulletin EU 5-1999, Ziff. 1.3.121. 284 Siehe insbesondere: Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 219 in Fn. 220, der bei den Verhandlungen und dem Abschluss zum Abkommen persönlich dabei war. Auch: Leal-Arcas, Rafael: The European Community and Mixed Agreements, in: EFARev, Amsterdam, 2001, S. 483–513 (S. 513). 285 Gilsdorf, Peter: Die Außenkompetenzen der EG im Wandel, Fn. 244, S. 163. 286 Siehe: EuGH Gutachten 1/03 (Lugano Abkommen), Slg. der Rspr. 2006, S. I-1145, insbesondere Rn. 128, sowie: Baumé, Tristan: Competence of the Community to Conclude the New Lugano Convention on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgements in Civil and Commercial Matters: Opinion 1/03 of 7 February 2006, in: German Law Journal, York, 2006, S. 705–716 (S. 691).

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

träge treten aber üblicherweise erst dann in Kraft, wenn alle Vertragsparteien, auf Seiten der Gemeinschaft also die EG selbst und alle ihre Mitglieder, den Vertrag ratifiziert haben.287 Das Vetorecht ist daher aus Sicht des Gemeinschaftsrechts zwar nur mittelbar, politisch aber effektiv. Die gemischten Abkommen sind ein fixer Bestandteil der Außenbeziehungen der Gemeinschaft und spielen gerade bei den wichtigen präferenziellen Abkommen eine große Rolle. Zwar sind sie in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle rechtlich nicht notwendig, da die EG insbesondere bei den präferenziellen Abkommen über die notwendigen potenziellen Kompetenzen verfügen würde. Um diese wahrzunehmen, wäre aber ein Kompetenzverzicht der Mitgliedsstaaten notwendig, wofür im Moment jedoch die politische Bereitschaft fehlt.

II. Verhandlungen 1. Das Wechselspiel zwischen Kommission und Rat Das Initiativrecht zur Aufnahme von Verhandlungen zu völkerrechtlichen Abkommen der Gemeinschaft kommt der Kommission zu. Nach Art. 300 Abs. 1 EGV legt diese dem Rat Empfehlungen vor, der daraufhin die Kommission zur Führung der Verhandlungen ermächtigt.288 In ihrem Verhandlungsmandat ist die Kommission dabei aber in zweifacher Hinsicht gebunden. Einerseits sind ihr vom Rat besondere Ausschüsse beigegeben, die sich aus Beamten des Rates zusammensetzen. Nach dem Wortlaut des Art. 300 Abs. 1 EGV muss die Kommission lediglich „im Benehmen mit den zu ihrer Unterstützung vom Rat bestellten besonderen Ausschüssen“ handeln. Diese besonderen Ausschüsse sprechen daher nur Empfehlungen aus, eine Verpflichtung zu ihrer Umsetzung besteht nicht.289 Dadurch wird es vielmehr den Mitgliedsstaaten ermöglicht, den Verlauf der Verhandlungen zu verfolgen und auf diesen Einfluss zu nehmen.290 Dies ist gerade bei den politisch 287

Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 202. Was jedoch nicht notwendigerweise wörtlich zu verstehen ist. Siehe dazu Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 171, wonach es z. B. in Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Die Beziehungen zwischen der EU und der Islamischen Republik Iran, KOM (2001) 71, endgültig, S. 6 heißt: „Im Oktober 1998 forderte der Rat die Kommission auf, Kontakt mit Iran aufzunehmen, . . .“. 289 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2484, Rn. 2442; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2489, Rn. 2428. 290 Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, in: Schwarze, Jürgen (Hrsg.), EU-Kommentar, Baden-Baden, 2000, S. 2354–2371 (S. 2362, Rn. 2317); Mangas Martín, Araceli/ 288

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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bedeutsamen präferenziellen Abkommen von Relevanz. Das von der Kommission erzielte Verhandlungsergebnis bedarf aber zu seinem Abschluss sehr wohl der Zustimmung des Rates, sodass die Kommission trotz fehlender Bindung oft gezwungen ist, doppelte Verhandlungen zu führen. Auf der einen Seite extern mit dem eigentlichen Verhandlungspartner, auf der anderen Seite aber auch intern mit den Ausschüssen des Rates, wo die verschiedensten Meinungen und Interessen der Mitgliedsstaaten zu einer einheitlichen Position der Gemeinschaft zusammengefasst werden müssen.291 Andererseits kann die Kommission durch Richtlinien des Rates auch inhaltlich gebunden werden.292 Nach Art. 300 Abs. 1 UAbs. 2 EGV beschließt der Rat dabei mit qualifizierter Mehrheit. Eine Ausnahme sind jene Fälle, die zum Vertragsabschluss der Einstimmigkeit bedürfen. Diese Richtlinien, die nicht mit dem internen Rechtsetzungsinstrument der EG nach Art. 249 EGV zu verwechseln sind, werden nicht veröffentlicht, um dem Verhandlungspartner keinen Einblick in die Verhandlungsstrategie der Gemeinschaft zu gewähren.293 Letztendlich haben aber auch diese Richtlinien mehr einen politischen als einen rechtlich verbindlichen Charakter. Die Kommission wird sich hüten, das Verhandlungsmandat ohne zumindest stillschweigende Zustimmung des Rates zu sehr zu überschreiten, kann dieser doch das erzielte Verhandlungsergebnis ohnehin beim Abschluss des Abkommens ablehnen.294 Noch nicht mit Sicherheit geklärt ist die Frage, ob eine Verletzung solcher Verhandlungsdirektiven beim EuGH geltend gemacht werden kann. Prinzipiell ist jede Handlung der Kommission vor dem Gerichtshof als Vertragsverletzung anfechtbar, in diesem Falle also aufgrund einer Verletzung nach Art. 300 Abs. 1 EGV. Aufgrund der erwähnten notwendigen Zustimmung des Rates kam dieser Frage aber bislang noch keine praktische Bedeutung zu.295

Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 651, Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2484, Rn. 2442; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2489–2490, Rn. 2428. 291 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 171. Ein Beispiel für die Geschicktheit der Kommission ihr Recht zur Verhandlungsführung zu gebrauchen, indem sie die Mitgliedsstaaten vor vollendete Tatsachen gestellt hat findet sich ebenda, S. 172. 292 Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2362, Rn. 2317; Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 651. 293 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 171; MacLeod, I. et al.: The External Relations of the European Communities, Oxford, 1996, S. 87. 294 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2484, Rn. 2442. 295 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 173.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

2. Die Rolle des Europäischen Parlaments Das Europäische Parlament ist in Art. 300 Abs. 1 EGV nicht erwähnt und hat daher nach dem EGV keine formale Stellung im Rahmen der Verhandlungen zu internationalen Abkommen. Die Kommission hat sich in einer Rahmenvereinbarung mit dem Parlament allerdings dazu verpflichtet, dieses über den Fortlauf der jeweiligen Verhandlungen zu unterrichten. Dazu heißt es in Annex II der Vereinbarung: „2. In bezug auf internationale Übereinkommen, darunter auch Handelsabkommen (Phase der Vorbereitung dieser Abkommen, Entwurf von Verhandlungsleitlinien und angenommene Verhandlungsleitlinien), unterrichtet die Kommission das Europäische Parlament frühzeitig und eindeutig, um im Rahmen des Möglichen den Standpunkten des Europäischen Parlaments gebührend Rechnung tragen zu können.“296

Diese interinstitutionelle Vereinbarung kann den Ausschluss des Parlaments aus den Verhandlungen zwar mildern, ihn aber nicht kompensieren.297 Denn eine aus dem EGV resultierende Beteiligung des Parlaments verleiht diesem natürlich eine ungleich stärkere Position, als eine freiwillige Vereinbarung mit der Kommission. Gerade bei den politisch und wirtschaftlich bedeutenden präferenziellen Abkommen wäre daher eine Beteiligung des Parlaments an den Verhandlungen nach Art. 300 EGV wünschenswert. Eine Teilnahme des Parlaments im Rahmen des EGV ist allerdings erst beim Abschluss der völkerrechtlichen Abkommen vorgesehen. 3. Die Verhandlungen gemischter Abkommen Prinzipiell können Verhandlungen zu gemischten Abkommen einerseits von der Gemeinschaft, andererseits von den jeweiligen Mitgliedsstaaten geführt werden. Die Gemeinschaft verhandelt dabei nach denselben Verfahrensvorschriften wie bei der Verhandlung zu einem rein gemeinschaftlichen Abkommen, die Mitgliedsstaaten nach ihren jeweiligen nationalen Verfahrensregeln zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Theoretisch wäre also eine Trennung der Verhandlungen in getrennte Bereiche zwischen Gemeinschaft und Mitgliedsstaaten denkbar.298 296 Europäische Gemeinschaften (Hrsg.): Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission. Anhang II: Unterrichtung und Einbeziehung des Europäischen Parlaments im Hinblick auf internationale Übereinkommen und die Erweiterung, ABl. C 121/128 vom 5.7.2000. 297 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2485, Rn. 2446. 298 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 215–216; Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 73–74.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Bei multilateralen Verhandlungen zu Abkommen, die nur Staaten offen stehen, was insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen den Normalfall darstellt, kommt der Gemeinschaft allerdings oft nur der Bereich eines Beobachters zu. Eine Beteiligung der EG und eine Anwendung von Art. 300 EGV wäre somit nach dem Völkerrecht unmöglich. Denkbar wäre in diesem Fall eine Vertretung der Gemeinschaftsinteressen durch die Ratspräsidentschaft.299 Diese Form der Verhandlungen spielt im bilateralen Bereich der präferenziellen Abkommen allerdings keine Rolle. Bei den Verhandlungen zu den übrigen bilateralen Abkommen ist eine Trennung der Verhandlungen schon deshalb nicht sinnvoll, weil man ja erst beim Abschluss der Verhandlungen wissen kann, ob überhaupt ein gemischtes Abkommen notwendig bzw. möglich ist. In der Praxis erfolgt daher in den seltensten Fällen eine Trennung der Verhandlungen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten. Die Frage der Gemischtheit, sofern sie nicht schon aus politischen Gründen ohnehin feststeht, wird erst nach Abschluss der Verhandlungen geklärt.300 Die Verhandlungen zu gemischten Abkommen werden daher üblicherweise von der Kommission geführt, was besonders bei den präferenziellen Abkommen eine große Rolle spielt.301 Vermutlich auch deshalb, weil die in die Gemeinschaftszuständigkeit fallenden Kompetenzbereiche den Kern der zu schließenden Abkommen darstellen. Die Mitgliedsstaaten beschränken sich auf eine verstärkte Einflussnahme auf die Verhandlungen und drängen insbesondere auf Bestimmungen, die ein gemischtes Abkommen rechtfertigen.302 Aus der Sicht der Verhandlungspartner stellen Verhandlungen mit der Gemeinschaft, nicht nur, aber besonders bei gemischten Abkommen einen sehr aufwendigen Prozess dar. Die Verhandlungen werden insgesamt immer komplexer und langwieriger, was wohl auf die stetig wachsenden Kompetenzbereiche der Gemeinschaft und der zunehmenden Anzahl von Mit299 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 74; MacLeod, I. et al.: The External Relations of the European Communities, Oxford, 1996, S. 153. 300 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 215–216; MacLeod, I. et al.: The External Relations of the European Communities, Oxford, 1996, S. 152. In Bezug auf Art. 133 Abs. 6 EGV äußerst kritisch: Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1523, Rn. 1101. 301 Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, in: von der Groeben, Hans/Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Band 4 Art. 189–314 EGV, Baden-Baden, 2004, S. 1571–1607 (S. 1585, Rn. 1535). 302 Siehe dazu auch den Abschnitt über Gemischte Abkommen, Kapitel D.I.4., S. 81.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

gliedsstaaten zurückzuführen ist.303 Darüber hinaus muss die Gemeinschaft auch in besonderes großem Ausmaß nach innen verhandeln, um die verschiedenen nationalen Interessen der Mitgliedsstaaten zu vereinen. Der Verhandlungsführer Kommission besitzt auch keine Kompetenzen zum Abschluss des Abkommens, diese liegen vielmehr beim Rat. In vielen Fällen, gerade auch bei den präferenziellen Abkommen, ist auch auf das Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament Rücksicht zu nehmen. In den gemischten Abkommen werden diese Effekte noch verstärkt, insbesondere aber auch nationale Sonderinteressen hineinverhandelt. Dem Drittland bleibt daher oft nichts anderes übrig, als Delegationen der verschiedenen Ebenen der Europäischen Gemeinschaft zu empfangen um mit ihnen zum Teil parallel zu verhandeln. Verhängnisvoll wird dies spätestens dann, wenn die verschiedenen Institutionen der EG in einem wechselseitigen Erfolgsdruck bereits erzielte Fortschritte wieder in Frage stellen.304

III. Paraphierung, Unterzeichnung und Abschluss 1. Paraphierung Die Paraphierung des Vertragstextes ist nach Art. 10 WVK eine Möglichkeit, diesen als authentisch festzulegen. Die Paraphierung stellt den Schlusspunkt der Vertragsverhandlungen dar, woraus sich auch die Kompetenz ergibt. Zuständig zur Paraphierung der Abkommen der Gemeinschaft ist demnach die Kommission im Rahmen ihres Verhandlungsmandats. Sollten die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten ein gemischtes Abkommen gemeinsam verhandelt haben, so kommt den mitgliedsstaatlichen Vertretern selbstverständlich ebenfalls das Recht der Paraphierung zu.305 2. Völker- und europarechtliche Rechtswirkungen zwischen Unterzeichnung und Abschluss der Abkommen Hinsichtlich der Unterzeichnung völkerrechtlicher Verträge ist wichtig festzuhalten, dass damit nicht notwendigerweise ihre Bindungswirkung eintritt. Nach Art. 12 WVK ist dies nur dann der Fall, wenn der Vertrag dies ausdrücklich vorsieht. Die Art. 11–16 WVK enthalten daher neben der Unterzeichnung auch noch die Möglichkeit durch Notenwechsel, durch Ratifi303 Senti, Richard: Handelsverhandlungen mit der EU aus der Sicht eines Drittstaates, in: Integration, Bonn, 2000, S. 208–214 (S. 211). 304 Senti, Richard: Handelsverhandlungen, Fn. 303, S. 212. 305 MacLeod, I. et al.: The External Relations of the European Communities, Oxford, 1996, S. 153.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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kation, durch Beitritt oder durch Urkundenhinterlegung den Bindungswillen der Vertragsparteien auszudrücken. Durch welche Form die Bindung letztlich eintritt, ergibt sich aus der Übereinkunft der Vertragsparteien, insbesondere durch entsprechende Vereinbarungen im zu schließenden Vertrag. Bei bedeutenden Verträgen kommen die Parteien mit der Unterschrift meist überein, den ausgehandelten Vertrag den jeweiligen innerstaatlichen Genehmigungsverfahren zuzuführen. Die Bindungswirkung tritt demnach erst mit erfolgter Ratifikation ein.306 Diese Praxis wurde auch bei bisher allen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft angewandt. Das ist notwendig, da die Abkommen der Zustimmung des Europäischen Parlaments bedürfen, sowie in den gemischten Abkommen auch auf die nationalen Ratifikationsverfahren Rücksicht genommen werden muss.307 Nach Art. 18 lit. a WVK ist ein Staat verpflichtet, sich jener Handlungen zu enthalten, die Ziel und Zweck eines Vertrages vereiteln würden, wenn er den Vertrag unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnet, oder Urkunden ausgetauscht hat, die einen Vertrag bilden, solange er seine Absicht nicht klar zu erkennen gegeben hat, nicht Vertragspartei zu werden.308 Im Fall Opel Austria gegen Rat der Europäischen Union hat das Gericht erster Instanz in einem solchen Fall entschieden.309 Der Rat hat am 20.12.1993 per Verordnung einen Zollsatz auf in Österreich hergestellte Schaltgetriebe auf Basis des Freihandelsabkommens aus 1972 erhöht, da nach Ansicht der Gemeinschaft Österreich wettbewerbsverzerrende Beihilfen an Opel Austria, dem alleinigen Hersteller solcher Getriebe in Österreich, gewährt hat.310 Das Vorgehen der Gemeinschaft widersprach jedoch dem EWR-Vertrag, der am 13.12.1993 vom Rat als letzter der Vertragspar306

Diez de Velasco, Manuel: Instituciones de Derecho Internacional Pfflblico, Madrid, 2005, S. 158–159; Neuhold, Hanspeter et al.: Österreichisches Handbuch des Völkerrechts. Band 1: Textteil, Wien, 2004, S. 53, Rn. 279; Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 175–176. 307 Siehe zur Zustimmungspflicht des Europäischen Parlaments siehe Kapitel D.I.V., S. 101. Vergleiche dazu auch die Möglichkeit der Schließung von Interimsabkommen und der vorläufigen Anwendung mancher Bestimmungen des Vertrags. Siehe Kapitel D.IV., S. 108. 308 Die WVK bindet die Gemeinschaft zwar nicht direkt, gibt aber völkerrechtliches Gewohnheitsrecht wieder. Siehe dazu: EuGH C-162/96 (Racke), Slg. der Rspr. 1998, S. 3655, Rn. 24. 309 Gericht erster Instanz T-115/94 (Opel Austria), Slg. der Rspr. 1997, S. II-39. 310 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Rücknahme von Zollzugeständnissen gemäß Artikel 23 Absatz 2 und Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe a) des Freihandelsabkommens zwischen der Gemeinschaft und Österreich (General Motors Austria), 3697/93 ABl. L 343/1 vom 31.12.1993.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

teien genehmigt wurde. Nach Art. 120 EWR-Abkommen gehen die Bestimmungen des EWR-Abkommens dem 1972 geschlossenen Freihandelsabkommen der EG mit Österreich vor, soweit sie dasselbe Sachgebiet regeln. Der EWR-Vertrag ist jedoch erst per 1.1.1994 in Kraft getreten und war daher auf die Verordnung der Gemeinschaft nicht unmittelbar anwendbar. Das Gericht erster Instanz hat daher in seiner Entscheidung des Falles auf das völkerrechtliche Prinzip von Treu und Glauben und seine Kodifizierung in Art. 18 WVK hingewiesen. Der Grundsatz von Treu und Glauben folgt aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes, das nach der Rechtsprechung des EuGH Teil der Gemeinschaftsordnung ist. Auf diesen Vertrauenschutz kann sich jeder Wirtschaftsteilnehmer berufen, bei dem ein Gemeinschaftsorgan durch sein Handeln begründete Erwartungen geweckt hat.311 Diese begründeten Erwartungen liegen im Opel-Austria Fall nach dem Gericht erster Instanz jedenfalls zwischen der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden und dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens vor. Die Wirtschaftsteilnehmer können sich in diesem Zeitraum gegen jene Handlungen von Gemeinschaftsorganen wehren, die den unmittelbar anzuwenden Bestimmungen des Abkommens entgegenstehen.312 Völkerrechtlich ist die Gemeinschaft nach Art. 18 WVK verpflichtet, Ziel und Zweck des Vertrags ab der Unterzeichnung nicht zu vereiteln, nach Art. 18 lit. a WVK bei Verträgen unter Ratifikationsvorbehalt ab der Unterzeichnung des Vertrags. Bei allen anderen Verträgen ist nach Art. 18 lit. b WVK der Moment maßgeblich, ab dem der Vertragspartner seinen Bindungswillen ausgedrückt hat. Daraus ergibt sich in praktischer Konsequenz, dass die Gemeinschaft bei präferenziellen Abkommen ab diesem Zeitpunkt gegen den Vertragspartner keine den Handel beschränkenden Maßnahmen, wie z. B. die Erhöhung von Zöllen, mehr ergreifen darf. Dies wird am Beispiel der Zollerhöhungen deutlich: Üblicherweise werden bei präferenziellen Abkommen die Zollreduktionen nicht in absoluten Zahlen festgesetzt, sondern relativ zum Ausgangszollsatz gesenkt. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltenden Zölle werden schrittweise um einen gewissen Prozentsatz reduziert, bis eine Reduktion von 100% des Ausgangszollsatzes eingetreten ist.313 Eine Erhöhung 311 Gericht erster Instanz T-115/94 (Opel Austria), Slg. der Rspr. 1997, S. II-39, Rn. 93. 312 Gericht erster Instanz T-115/94 (Opel Austria), Slg. der Rspr. 1997, S. II-39, Rn. 94. 313 Siehe unter vielen die Art. 65–66 Assoziationsabkommen EU-Chile vom 18.11.2002, ABl. L 352/3 vom 30.12.2002, sowie Art. 10–11 Europaabkommen EU-Rumänien vom 1.2.1993, ABl. L 357/2 vom 31.12.1994.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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dieses Ausgangszollsatzes vor Inkrafttreten des Abkommens würde das Verhandlungsergebnis daher massiv beeinträchtigen. Die innergemeinschaftliche Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses, wie beispielsweise die Anfechtung der Verordnung des Rates gegen OpelAustria, ist von der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit zu trennen. Erst das innerstaatliche Gericht erster Instanz hat den Kontext zu Art. 18 WVK hergestellt, indem es diese völkerrechtliche Bestimmung mit dem innergemeinschaftlichen Vertrauensschutz gleichgesetzt hat.314 Im Gegensatz zu Art. 18 WVK ist nach dem Gericht erster Instanz allerdings ein anderer Zeitpunkt maßgeblich. Während nämlich nach der WVK schon ab der Unterzeichnung Ziel und Zweck des Vertrags nicht vereitelt werden dürfen, ist in Opel Austria die Zeitspanne zwischen Ratifikation und Inkrafttreten für die Begründung des Vertrauensschutzes relevant. Aufgrund der engen Verknüpfung von Art. 18 WVK mit dem Vertrauensgrundsatz durch das Gericht erster Instanz kann man m. E. aber davon ausgehen, dass davon auch innergemeinschaftlich der Zeitpunkt der Unterzeichnung maßgeblich ist. Denn die Unterzeichnung eines Vertrags ist ebenso wie die Ratifikation geeignet, ein begründetes Vertrauen hinsichtlich seines zukünftigen Inkrafttretens hervorzurufen. Erst wenn der Staat (oder die Gemeinschaft) ausdrücklich zu erkennen gibt nicht Vertragspartner werden zu wollen (i. d. R. wohl durch die fehlende Ratifikation), erlischt das geweckte Vertrauen.315 Nach Art. 230 EGV kann jede natürliche oder juristische Person vor dem Gericht erster Instanz gegen jene Entscheidungen oder Verordnungen Klage erheben, von denen sie unmittelbar betroffen ist. Im Gegensatz zur völkerrechtlichen Verantwortlichkeit ist auf diesem Weg eine Individualbeschwerde eines betroffenen Wirtschaftsteilnehmers möglich. Präferenzielle Abkommen werden fast ausschließlich als gemischte Abkommen geschlossen,316 was einen langwierigen Ratifikationsprozess bedeutet, der sich oft über Jahre hinziehen kann. Im Lichte des Opel-Austria Urteils ist aber jeder Wirtschaftsteilnehmer von dem Moment der Unterzeichnung des Abkommens vor überraschenden neuen Handelsbeschränkungen geschützt, und kann dagegen beim Gericht erster Instanz vorgehen. Dabei hat eine auf den Einzelfall bezogene Analyse des Inhalts des zu schließenden Vertrags und seine Auslegung anhand von Art. 18 WVK zu erfolgen. 314 Gericht erster Instanz T-115/94 (Opel Austria), Slg. der Rspr. 1997, S. II-39, Rn. 93. 315 A. A. offensichtlich Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2501, Rn. 2564. 316 Siehe dazu Kapitel D.I.4., S. 81.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Die Dauer des Ratifikationsprozesses darf in der Praxis aber nicht überbewertet werden. Bei präferenziellen Abkommen ist es üblich, die handelsrechtlichen Bestimmungen, die den entscheidenden Kern der Abkommen darstellen, durch Interimsabkommen oder die vorübergehende Anwendung von Teilen der Abkommen, vorläufig in Geltung zu setzen.317 Lediglich die den Mitgliedsstaaten vorbehaltenen Kompetenzbereiche, die aber meist nur allgemeine politische Zielvorgaben enthalten, treten in der Regel erst mit der Ratifikation durch alle Vertragsparteien in Kraft. 3. Der Abschluss durch den Rat Art. 300 Abs. 2 EGV regelt das innergemeinschaftliche Verfahren zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Darin heißt es im ersten Unterabsatz: „(2) Vorbehaltlich der Zuständigkeiten, welche die Kommission auf diesem Gebiet besitzt, werden die Unterzeichnung, mit der ein Beschluss über die vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten einhergehen kann, sowie der Abschluss der Abkommen vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschlossen. Der Rat beschließt einstimmig, wenn das Abkommen einen Bereich betrifft, in dem für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie im Fall der in Artikel 310 genannten Abkommen.“

Aus dem Wortlaut der Bestimmung ist klar ersichtlich, dass sowohl hinsichtlich der Unterzeichnung als auch des Abschlusses, die Entscheidungskompetenzen beim Rat liegen. Der Rat benötigt dafür aber jeweils einen Vorschlag der Kommission. Wie bereits erwähnt, obliegt es der Kommission auch, den Verhandlungsprozess durch Paraphierung abzuschließen, womit die Verhandlungsführer den Abschluss der Verhandlungen und die Authentizität des Vertragstextes zum Ausdruck bringen. Im Anschluss an diese Paraphierung unterzeichnet der Rat das Abkommen und nimmt damit den Vertragstext als verbindlich an. Die Unterzeichnung des Abkommens beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, mit Ausnahme der Fälle, bei denen Einstimmigkeit vorgesehen ist.318 Erst mit der Beschlussfassung über den Abschluss des Abkommens durch den Rat tritt die Bindungswirkung des Abkommens ein. Dieser Beschluss, 317

Siehe dazu Kapitel D.IV., S. 108. Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2484, Rn. 2443; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2490, Rn. 2430; Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1584–1585, Rn. 1531. Dem gegenüber Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2362, Rn. 2318, der von der Praxis der Unterzeichnung durch die Kommission nach Ermächtigung des Rates ausgeht. Siehe auch: Diez-Hochleitner, Javier/Martinez Capdevila, Carmen: Derecho de la Unión Europea: textos y comentarios, Madrid, 2001, S. 426; demnach wird im Beschluss des Rates eine Person benannt, die die Unterzeichnung vornimmt. 318

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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der einen Rechtsakt sui generis darstellt, setzt einen Vorschlag der Kommission voraus, der auf dem erzielten Verhandlungsergebnis beruht.319 Der Beschluss enthält im Wesentlichen eine Wiederholung des zu schließenden Vertragstexts, die innergemeinschaftlichen Rechtsgrundlagen, auf denen dieser beruht, sowie eine Person, üblicherweise der Präsident des Rates, die dem Vertragspartner den Abschluss des Vertrages durch die Gemeinschaft anzeigt. Daneben können noch Bestimmungen zur Besetzung der vom Vertrag geschaffenen gemeinsamen Organe enthalten sein, wie dies insbesondere bei den Beschlüssen zu den präferenziellen Abkommen der Fall ist.320 Die Grundregel bei der Beschlussfassung des Rates zum Abschluss des Abkommens, wie auch bei der Erstellung von Verhandlungsrichtlinien für die Kommission und der Unterzeichnung, ist das Mehrheitserfordernis der qualifizierten Mehrheit. Änderungen zum bereits bestehenden Abkommen unterliegen denselben Mehrheitserfordernissen wie bei deren Abschluss.321 Einstimmigkeit im Rat ist in den folgenden Ausnahmefällen notwendig: Dies betrifft nach Art. 300 Abs. 2 EGV zum ersten Abkommen, die einen Regelungsbereich enthalten, der nach internen Vorschriften der Gemeinschaft Einstimmigkeit erfordern würde, woraus sich eine Bestätigung der implied powers Doktrin und der Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen der Gemeinschaft ergibt. Art. 300 Abs. 2 EGV normiert weiters, dass zum Abschluss eines Assoziationsabkommens nach Art. 310 EGV ebenfalls ein einstimmiger Beschluss im Rat notwendig ist.322 Dies ist besonders für die präferenziellen Abkommen wichtig, wurden doch bis auf die Abkommen mit Mexiko, Andorra, den Färöer-Inseln und San Marino alle Abkommen als Assoziationsabkommen geschlossen. Bei Verträgen hinsichtlich der gemeinsamen Handelspolitik ist nach Art. 133 Abs. 4 EGV eine qualifizierte Mehrheit im Rat erforderlich. Im 319 Siehe beispielsweise: Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Abschluß des Abkommens über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, KOM (1997) 527, endg, ABl. C 350/6 vom 19.11.1997. Zunächst wurde die Form des einfachen Beschlusses gewählt, dann die der Verordnung, nunmehr wieder überwiegend die des Beschlusses. Das Handlungsmittel der Verordnung kann Probleme aufwerfen, da ein Abkommen der Gemeinschaft jeglichem Sekundärrecht vorgeht. Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2362, Rn. 2319. 320 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 176. 321 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2492, Rn. 2438. 322 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 177; Mangas Martín, Araceli/ Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 656; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2486, Rn. 2452; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2492, Rn. 2438.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Übrigen verweist Art. 133 EGV auf die allgemeinen Verfahrensbestimmungen zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen nach Art. 300 EGV. Laut Art. 181a EGV ist im Bereich der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit im Fall von Assoziationsabkommen oder bei Abkommen mit Ländern, die den Beitritt zur Union beantragt haben, Einstimmigkeit im Rat erforderlich. Art. 111 EGV enthält Sonderbestimmungen hinsichtlich der Einbindung der EZB bei den Verträgen zu Wechselkursvereinbarungen, die allerdings im Rahmen der präferenziellen Abkommen keine Rolle spielen.323 Nach Art. 133 Abs. 5 EGV ist die Gemeinschaft nunmehr auch für den Abschluss von Handelsabkommen betreffend den Handel mit Dienstleistungen oder zu Handelsaspekten betreffend des geistigen Eigentums zuständig. Dabei beschließt der Rat in den Fällen, bei denen für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie in jenen Fällen, in denen die Gemeinschaft ihre interne Normsetzungsbefugnis noch nicht ausgeübt hat, einstimmig. Durch letzteres Erfordernis haben die Mitgliedsstaaten eine besonders souveränitätsschonende Abstimmungsregel durch den Vertrag von Nizza eingeführt. Sie sichern sich so ein faktisches Vetorecht.324 Die Mitgliedsstaaten versuchen dabei den schwierigen Spagat zwischen einer einheitlichen Vertretung der Gemeinschaft und der Verteidigung ihrer nationalen Interessen. Weiters bedürfen nach Art. 133 Abs. 5 UAbs. 3 EGV horizontale Abkommen, die auch Abs. 5 UAbs. 2 oder Abs. 6 UAbs. 2 betreffen, der Einstimmigkeit im Rat. Unter dem im Gemeinschaftsrecht bisher nicht vorkommenden Begriff des horizontalen Abkommens sind jene Abkommen zu verstehen, die nebeneinander eine Vielzahl wirtschaftlicher Sachverhalte regeln. Bekanntestes Beispiel dafür ist die Schlussakte von Marrakesch, die eine Reihe von grundsätzlich gleichrangigen Handelsabkommen (GATT, GATS, TRIPS) regelt.325 Diese Verträge umfassen demnach ein Hauptabkommen, daran angeschlossene Protokolle führen einzelne Regelungsbereiche näher aus. Die horizontalen Abkommen spielen daher in Zusammenhang mit den präferenziellen Abkommen keine Rolle. Abkommen, die Kompetenzbereiche nach Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 berühren, werden von der Gemeinschaft nach den einschlägigen Bestimmungen des Art. 300 EGV geschlossen. Somit gilt hier der Grundsatz der quali323

Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2477–2478, Rn. 2418–2423; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2481–2482, Rn. 2483–2484; siehe ausführlicher zu den Abkommen nach Art. 111 EGV: Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 181–182. 324 Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1521, Rn. 1594. 325 Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1522, Rn. 1599.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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fizierten Mehrheit, mit den soeben dargestellten Ausnahmen der Einstimmigkeit. Da es sich bei den Abkommen nach Art. 133 Abs. 6 EGV allerdings ex lege um gemischte Abkommen handelt, ist, wie die Bestimmung auch ausdrücklich festhält, zu ihrem Abschluss und zur Aufnahme von Verhandlungen die Zustimmung der Mitgliedsstaaten erforderlich. 4. Die Möglichkeit der Kommission zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen Anhand des Wortlauts von Art. 300 Abs. 2 EGV könnte man annehmen, dass die Kommission eigenständige Kompetenzen zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen besitzt. Welche Art von Abkommen durch Art. 300 Abs. 2 erster Satz erfasst sind, ergibt sich jedoch weder aus Art. 300 EGV selbst, noch aus einer anderen Vertragsbestimmung.326 Eine Klärung brachte die Überprüfung des EuGH eines Abkommens, dass die Kommission am 23. September 1991 mit den USA hinsichtlich der Anwendung der Wettbewerbsgesetzte geschlossen hatte. Der Vertrag wurde von der französischen Regierung mit der Begründung angefochten, dass die Kommission nicht zum Abschluss eines solchen Abkommens berechtigt sei. Zuständig zum Abschluss von Abkommen durch die Gemeinschaft sei vielmehr der Rat.327 Der Standpunkt der Kommission, es würde sich um ein reines Verwaltungsabkommen handeln, wurde vom Gerichtshof abgewiesen, da das Abkommen Bestimmungen enthalte, die die gesamte Gemeinschaft binden. Und nur diese besitzt nach Art. 281 EGV Rechtspersönlichkeit.328 Auch die Auslegung des französischen Wortlauts des EGV, wonach der Kommission die Kompetenz zum Abschluss von Abkommen attribuées (übertragen) und eben nicht reconnues (zuerkannt) worden sei, wurde vom EuGH unter Hinweis auf andere Sprachfassungen abgewiesen.329 Eine von der Kommission vorgebrachte Analogie zu Art. 101 EAV, wo die Kommission ohne Zustimmung des Rates völkerrechtliche Abkommen schließen kann, wurde vom EuGH ebenso verneint. Dieser sehe nämlich ein gänzlich anderes Verfahren als der EGV vor, und sei daher in diesem Fall nicht analogiefähig.330 Und 326 Für eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Deutungsvarianten der Bestimmung siehe: MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 94. 327 EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 20. 328 EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 21–24. 329 EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 35.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

auch dem letzten Argument der Kommission, dass sie die Rechtssetzungskompetenz in den betroffenen Gebieten des Wettbewerbsrechts besitzt, folgte der Gerichtshof nicht. Dies habe nämlich nichts mit der Kompetenzverteilung beim Abschluss völkerrechtlicher Verpflichtungen zu tun.331 Die Kommission ist daher eigenständig lediglich zum Abschluss von Abkommen befugt, die keine die gesamte Gemeinschaft bindende Rechtswirkungen enthalten, und keine völkerrechtlichen Verpflichtungen der Gemeinschaft auslösen. Denkbar wären in diesem Zusammenhang etwa bloße Verwaltungsabkommen der Kommission.332 Auswirkungen auf präferenzielle Abkommen der Gemeinschaft ergeben sich daher aus dieser Bestimmung keine. 5. Die Beteiligung des europäischen Parlaments Im Gegensatz zur Verhandlungsphase ist die Rolle des europäischen Parlaments beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge durch die Gemeinschaft in Art. 300 EGV geregelt. Die Möglichkeiten zur Einflussnahme durch das EP bleiben aber gering. Der Regelfall ist eine bloße Stellungnahme durch das Parlament, deren Ergebnis aber rechtlich nicht bindend ist. Beim Zustimmungsrecht hat das EP lediglich die Möglichkeit, den Vertrag als Ganzes anzunehmen oder abzulehnen, Abänderungsanträge sind nicht möglich. Entscheidend für den Einfluss des Parlaments ist daher, dass dieses frühzeitig, am Besten noch während der Verhandlungsphase, seine inhaltlichen Vorstellungen einzubringen versucht.333 a) Stellungnahme durch das EP Der Normalfall ist das Recht des Parlaments zur Stellungnahme. Die durch das Parlament dabei einzuhaltende Frist wird durch den Rat entsprechend der Dringlichkeit festgelegt. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Stel330 EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 38–39. 331 EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 40–41. 332 Eine Klärung der Bestimmung steht aber aus. Siehe dazu: Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 181; nach Ansicht Frankreichs betreffe dies die Anerkennung von Reiseausweisen der Gemeinschaft, vielleicht auch noch Verwaltungsabkommen mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen, die in Art. 229 (nunmehr Art. 302) EGV erwähnt sind. Siehe: EuGH C-327/91 (Frankreich vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1994, S. 3641, Rn. 29. 333 Hilf, Meinhard/Schorkopf, Frank: Das Europäische Parlament in den Außenbeziehungen der Europäischen Union, in: EuR, Baden-Baden, 1999, S. 185–202 (S. 191).

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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lungnahme durch das Parlament, so kann der Rat den Beschluss zum Abschluss des Abkommens fassen. Wie Art. 300 Abs. 3 EGV ausdrücklich festhält, hat das Parlament beim Abschluss eines Abkommens auch dann lediglich das Recht zur Stellungnahme, wenn für die Annahme entsprechender interner Vorschriften das Verfahren der Art. 251 oder 252 EGV anzuwenden wäre. Das Parlament wird daher, unabhängig von den Vorschriften, die bei Erlass eines gemeinschaftsinternen Rechtsaktes gelten würden, bloß angehört. Eine Änderung eines nach dem Mitentscheidungsverfahren des EP erlassenen Rechtsaktes aufgrund des Abschlusses eines Abkommens durch die Gemeinschaft bedarf dem gegenüber aber sehr wohl der Zustimmung durch das Parlament.334 Diese Regelung ist insofern unstimmig, wenn man sich vor Augen hält, dass von der Gemeinschaft geschlossene völkerrechtliche Abkommen eine direkte Wirkung im Gemeinschaftsrecht entfalten können.335 Um der Rolle des Parlaments als Mitgesetzgeber aber hinreichend Rechnung zu tragen, wäre eine Erstreckung der Mitentscheidung nach Art. 251 EGV auch auf den Abschluss von völkerrechtlichen Abkommen rechtspolitisch mehr als geboten.336 b) Keine Beteiligung des Parlaments im Bereich der Handelsverträge Überhaupt keine Beteiligung des EP ist bei Handelsverträgen nach Art. 133 Abs. 3 EGV vorgesehen. Zu verneinen ist in diesem Sinn auch eine Beteiligung des EP bei den Handelsverträgen der Gemeinschaft nach Art. 133 Abs. 5 EGV. Sah diese Bestimmung vor dem Vertrag von Nizza noch ausdrücklich die Anhörung des Parlaments bei Verträgen betreffend den Handel mit Dienstleistungen oder zum Schutz des geistigen Eigentums vor, so fehlt eine Erwähnung des EP in der aktuellen Fassung des EGV. Art. 133 Abs. 5 UAbs. 1 EGV erstreckt die Anwendung der Abs. 1–4 des Art. 133 EGV ausdrücklich auch auf Abs. 5. Eine Beteiligung des Parlaments ist daher in diesem Fall nicht vorgesehen.337 334 Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 653; Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2363, Rn. 2322–2324; DiezHochleitner, Javier/Martinez Capdevila, Carmen: Derecho de la Unión Europea, Fn. 318, S. 427; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2490, Rn. 2432. 335 Siehe dazu Kapitel D.VII., S. 125. 336 In diesem Sinn auch: Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 177–178 Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2365, Rn. 2332. 337 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2487, Rn. 2453; Herrmann, Christoph: Common Commercial Policy after Nice: Sisyphus would have done a Better Job, in: CMLR, Leiden, 2002, S. 7–29 (S. 25); Krenzler, Horst Günther/Pitschas, Christian: Fortschritt oder Stagnation? Die gemeinsame Handelspolitik nach

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Unklar ist, ob Art. 133 Abs. 6 EGV eine Beteiligung des Parlaments notwendig macht. Nach Herrmann derogiere dessen UAbs. 2 nämlich ausdrücklich die Anwendung von Art. 133 Abs. 5 UAbs. 1 EGV und somit auch dessen Verweis auf Art. 133 Abs. 3 EGV. Somit sei der Ausschluss der Beteiligung des Parlaments, der sich ausschließlich auf Art. 133 Abs. 3 EGV bezieht, nicht mehr gegeben.338 Nach einer gegenteiligen Ansicht widerspricht es aber dem System des EGV, dem Parlament bei einer ausschließlichen Zuständigkeit der Gemeinschaft wie in Art. 133 Abs. 5 EGV die Mitwirkung zu verwehren und bei einer gemischten Zuständigkeit wie in Art. 133 Abs. 6 EGV zuzugestehen.339 Dies wird durch die Tatsache untermauert, dass Abs. 6 eben nur Spezialfälle von Art. 133 Abs. 5 EGV regelt. Art. 133 Abs. 6 EGV wurde durch den Vertrag von Nizza legistisch äußerst schlecht gestaltet. Inwieweit bei den im Bereich von Abs. 6 geschlossenen Abkommen eine Beteiligung des Parlaments notwendig ist, kann daher m. E. nur eine gerichtliche Klärung durch den EuGH beantwortet werden.340 Der fehlenden Beteiligung des Parlaments kommt Bedeutung beim Abschluss der Interimsabkommen zu, die die handelspolitischen Teile der Abkommen als bloße Gemeinschaftsabkommen vorläufig in Geltung setzen und zum großen Teil auf Art. 133 EGV gestützt sind.341 Dies ist aber insofern eingeschränkt, da viele Interimsabkommen bereits die im Hauptabkommen vorgesehenen Gremien einrichten und sich aus diesem Titel eine Zustimmungspflicht des Parlaments ergibt. So sind z. B. die Interimsabkommen mit Kroatien, Mexiko oder der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Zustimmung des Parlaments geschlossen worden. Dem gegenüber basiert z. B. das Gremium im Interimsabkommen mit dem Libanon auf dem Kooperationsrat aus einem Vorgängerabkommen. Das Interimsabkommen wurde daher ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments geschlossen.342 Zur Problematik, ob Art. 133 Abs. 6 EGV die Nizza, in: EuR, Baden-Baden, 2001, S. 442–461 (S. 460); siehe dem gegenüber zur Amsterdamer Fassung des EGV: Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2363, Rn. 2325. 338 Herrmann, Christoph: Common Commercial Policy after Nice, Fn. 337, S. 25. 339 Krenzler, Horst Günther/Pitschas, Christian: Fortschritt oder Stagnation?, Fn. 337, S. 460 in Fn. 460; Leal-Arcas, Rafael: Exclusive or Shared Competence, Fn. 269, S. 13. 340 So auch: Leal-Arcas, Rafael: Exclusive or Shared Competence, Fn. 269, S. 13. 341 Zu den Interimsabkommen siehe D.IV., S. 108. 342 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 22. Juli 2002 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Libanesischen Republik andererseits, (2002/761/EG), ABl. L 262/1 vom 30.9.2002.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Beteiligung des Parlaments erfordert, gibt es bis dato keine Praxis und dies wird bei den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft auch keine Rolle spielen. Art. 133 Abs. 6 EGV bedingt nämlich notwendigerweise die Beteiligung der Mitgliedsstaaten und würde so ein Interimsabkommen ad absurdum führen. Und die Hauptabkommen erfordern aufgrund der anderen dargestellten Bestimmungen ohnehin die Zustimmung des Parlaments. c) Zustimmung des Parlaments Das Recht zur Zustimmung durch das EP gliedert sich in vier Fälle. Nach Art. 198 EGV ist im Parlament dabei die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig. aa) Änderung eines Rechtsaktes nach Art. 251 EGV Zum Ersten ist eine Zustimmung durch das Parlament erforderlich, wenn durch den zu schließenden Vertrag ein nach Art. 251 EGV bereits angenommener Rechtsakt zu ändern ist.343 Dies trifft aber nicht auf jene Bereiche zu, wenn noch kein Rechtsakt nach Art. 251 EGV ergangen ist, und das Abkommen eine solche Materie berührt. Wie Art. 300 Abs. 3 UAbs. 1 ausdrücklich bestimmt, wird in diesem Fall das Parlament nur angehört. bb) Erhebliche finanzielle Folgen Ferner bedürfen „Abkommen mit erheblichen finanziellen Folgen für die Gemeinschaft“ der Zustimmung des Parlaments. Diese durch den Vertrag von Maastricht eingeführte Bestimmung wurde von der Regierungskonferenz bewusst unklar gehalten. Diese lehnte eine klarere Formulierung ebenso ab, wie der Rat eine interinstitutionelle Vereinbarung mit dem Parlament zur Regelung dieser Frage.344 Eine Auslegung dieser Bestimmung durch den EuGH erfolgte anhand eines Fischereiabkommens mit Mauretanien.345 Demnach bezieht sich diese 343

Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 652–653; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2487, Rn. 2453; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2491, Rn. 2436. 344 Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2364, Rn. 2328; Corbett, Richard: The treaty of Maastricht: from conception to ratification, Harlow, 1994, S. 218; Cloos, Jim et al.: Le traité de Maastricht, Brüssel, 1993, S. 386–389. 345 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 24. Februar 1997 über den Abschluß des Abkommens über die Zusammenarbeit in der

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Form der Zustimmungspflicht durch das EP auf das Haushaltsvolumen der Gemeinschaft. Kriterium ist dabei nach dem EuGH aber nicht der Gesamthaushalt, sondern vielmehr die zur Finanzierung außenpolitischer Maßnahmen zur Verfügung stehenden Mittel. Ein Anteil von dabei 1% wie im Abkommen mit Mauretanien (Haushaltsvolumen 266.800.000 ECU über einen Zeitraum von fünf Jahren) ist nach Ansicht des EuGH nicht als erheblich anzusehen.346 Die ratio legis dieser Bestimmung liegt demnach in den weitgehenden Kompetenzen des Parlaments zur Finanzgebarung und der Haushaltskontrolle der Gemeinschaft nach den Art. 268–280 EGV.347 Theoretisch denkbar in diesem Sinne wäre aber auch folgende Argumentation: Die präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft beruhen auf dem Abbau der gegenseitigen Handelsbeschränkungen, insbesondere durch die Abschaffung der Zölle. Die Zolleinnahmen stellen aber einen wesentlichen Teil des Gemeinschaftsbudgets dar,348 sodass sich durch den Abschluss eines präferenziellen Abkommens unmittelbare Auswirkungen auf den Haushalt ergeben. Diese Auslegung der „erheblichen finanziellen Folgen“ geht aber zu weit. Die Fälle der Zustimmungspflicht beschränken sich auf jene Fälle, in denen die Gemeinschaft erhebliche Aufwendungen direkt aus dem Gemeinschaftsbudget erbringen muss. Das betrifft typischerweise Abkommen, bei denen die Gemeinschaft einem Drittstaat eine besonders hohe Geldleistung gewährt, wie z. B. bei den Fischereiabkommen.349 Das folgt einerseits aus der äußerst engen Auslegung des Begriffs der erheblichen finanziellen Folgen durch den EuGH350 und andererseits durch die bisherige durch das EP geSeefischerei zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Mauretanien und zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu diesem Abkommen, ABl. L 62/1 vom 4.3.1997. 346 EuGH C-189/97 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1999, S. 4741, Rn. 31 und 33. 347 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 178 sowie auch das Europäische Parlament in: EuGH C-189/97 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1999, S. 4741, Rn. 20. 348 Siehe Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 236–237; demnach haben die Zolleinnahmen 2004 etwa 10,4% des Haushalts der Gemeinschaft ausgemacht. 349 Siehe u.a: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 24. Februar 1997 über den Abschluß des Abkommens über die Zusammenarbeit in der Seefischerei zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Mauretanien und zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu diesem Abkommen, ABl. L 62/1 vom 4.3.1997. 350 Siehe: EuGH C-189/97 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1999, S. 4741, Rn. 31. Der EuGH spricht in diesem Zusammenhang von außenpolitischen Maßnahmen.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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übte Praxis zu seinem Zustimmungsrecht nach dieser Bestimmung.351 Der Zweck der Zustimmungspflicht liegt also darin, dass die Gemeinschaft nicht direkt und unmittelbar eine beliebig hohe Geldsumme aus dem Haushalt ausgeben kann. Die Auswirkungen des Wegfalls der Zolleinnahmen ergeben sich aber nur als mittelbarer Nebeneffekt aus den präferenziellen Abkommen, dem auch der der Vorteil aus der Belebung des Handels mit dem Drittstaat gegenübersteht. Eine Zustimmungspflicht des Europäischen Parlaments für präferenzielle Abkommen besteht auf dieser Basis daher nicht. cc) Assoziierungsabkommen Nach Artikel 300 Abs. 3 EGV bedürfen ferner Assoziierungsabkommen der Zustimmung durch das Parlament. Wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, sind das all jene Abkommen, die auf Grundlage von Art. 310 EGV geschlossen wurden. Auf eine Bezeichnung der jeweiligen Verträge kommt es dabei nicht an. So wurden die auf Art. 310 EGV gestützten Abkommen der EG mit den AKP-Staaten aus politischen Gründen als Partnerschaftsabkommen bezeichnet. Das ebenfalls auf Art. 310 EGV basierende Abkommen mit Südafrika heißt schlicht Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit. Ein Abkommen kann nur dann auf Art. 310 EGV gestützt werden, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind.352 Wie diese Voraussetzungen genau aussehen, ist weitgehend unklar, denn Art. 310 EGV trifft diesbezüglich nur wenige Aussagen. Demnach muss die Assoziation gegenseitige Rechte und Pflichten beinhalten, was freilich auf fast jeden völkerrechtlichen Vertrag zutrifft. Im Demirel-Fall führte der EuGH die zumindest teilweise Teilnahme am Gemeinschaftssystem als Grundlage für die Assoziation an.353 Aufgrund einer abweichenden Praxis besonders im Bereich der Entwicklungsassoziation wird diesem Kriterium im Schrifttum aber keine große Bedeutung beigemessen. Die Assoziation wird daher vielmehr als dauerhaftes völkerrechtliches Vertragsverhältnis angesehen, das mit besonderen, zur Rechtsetzung befugten Gremien ausgestattet ist und inhaltlich die gesamte Bandbreite zwischen wirtschaftlicher und entwicklungspolitischer Zusam351

Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2364, Rn. 2330; Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1587, Rn. 1542. 352 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 178; Herrenfeld, Hans-Holger: zu Art. 310 EGV, in: Schwarze, Jürgen (Hrsg.), EU-Kommentar, Baden-Baden, 2000, S. 2411–2424 (S. 2413, Rn. 2413); Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 310 EGV, in: Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.), Kommentar zu EU-Vertrag und EGVertrag, Neuwied und Kriftel, 2002, S. 2564–2577 (S. 2565, Rn. 2562). 353 EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 9.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

menarbeit, bis hin zur Übernahme von Teilen des Gemeinschaftsrechts reichen kann.354 Von den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft wurden bis auf die Abkommen mit Mexiko und den Kleinstaaten Andorra, den Färöer-Inseln und San Marino alle Abkommen als Assoziationsabkommen geschlossen, sodass bei diesen Abkommen eine Zustimmungspflicht des Europäischen Parlaments vorliegt. dd) Besonderer institutioneller Rahmen Schließlich bedürfen nach Art. 300 Abs. 3 EGV all jene Abkommen der Zustimmung durch das Europäische Parlament, „die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen.“ Dieses Erfordernis der Zustimmung durch das Parlament ist insofern schwierig einzuordnen, weil fast alle völkerrechtlichen Abkommen eine Form der Zusammenarbeit darstellen und dabei in mehr oder weniger großem Umfang auch institutionelle Rahmen geschaffen werden. Eine nähere Aussage, wie dieser besondere institutionelle Rahmen in Art. 300 EGV zu verstehen sei, sodass nicht alle Abkommen davon betroffen sind, findet sich aber weder an dieser, noch an anderer Stelle des EGV.355 Aus der Tatsache, dass Art. 300 Abs. 3 EGV dieses Zustimmungserfordernis neben der Assoziierung regelt, folgt, dass mit dem besonderen institutionellen Rahmen eine andere Form der Abkommen als bei einer Assoziierung gemeint sein muss.356 Die herrschende Meinung sieht darin Abkommen, die zwar nicht über die institutionelle Verfestigung eines Assoziierungsabkommens verfügen, aber über bloße einfache bilaterale Austauschpflichten hinausgehen. Das maßgebliche Kriterium ist die eigenständige Entscheidungsbefugnis des zuständigen Organs. Anwendbar ist die Zustimmungspflicht des Parlaments daher auf so genannte assoziierungsähnliche Abkommen.357 Nach Tomuschat haben den Urhebern dieser Be354 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 310 EGV, Fn. 352, S. 2566–2567, Rn. 2568– 2511; Mögele, Rudolf: zu Art. 310 EGV, in: Streinz, Rudolf (Hrsg.), EUV/EGV Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, München, 2003, S. 2555–2563 (S. 2558–2559, Rn. 2559–2515). 355 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 178; Kapteyn, Paul JG/VerLoren van Themaat, Pieter: Introduction to the Law of the European Communities, Den Haag et al., 1998, S. 1267–1268; MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 102. 356 Herrenfeld, Hans-Holger: zu Art. 310 EGV, Fn. 352, S. 2418, Rn. 2412.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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stimmung eben genau diese Kooperationsabkommen der Gemeinschaft mit ihrer bilateralen Struktur als Modell gedient.358 Meines Erachtens soll damit insbesondere die unverständliche Unterscheidung zwischen Assoziationsabkommen und den, bis auf die fehlende Berufung auf Art. 310 EGV nahezu identisch aufgebauten, Kooperationsabkommen beseitigt werden. In der Praxis wird Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 2. Alt. EGV allerdings sehr restriktiv angewendet. So wurde das Parlament 1995 beim Abschluss des sogenannten Getreideabkommens bloß angehört, obwohl dieses auch ein Organ vorsieht, das verbindliche Beschlüsse fassen kann.359 Die überwiegende Mehrzahl der präferenziellen Abkommen wurden auf die Assoziierung des Art. 310 EGV gestützt, sodass eine Zustimmung des EP ohnehin geboten ist. Lediglich die Abkommen der Gemeinschaft mit Mexiko und den Kleinstaaten San Marino, Andorra und den Färöerinseln sind keine Assoziierungsabkommen. Um die Zustimmungspflicht des Parlaments und die Ähnlichkeit mit den Assoziierungsabkommen bei diesen Abkommen zu untersuchen, sind deren institutionelle Bestimmungen zu vergleichen: Das Abkommen der EG mit Mexiko setzt nach seinem Art. 45 als oberstes Organ einen Gemischten Rat ein, der alle sich aus dem Abkommen ergebenden Fragen überprüft und sich nach Art. 46 aus Mitgliedern der mexikanischen Regierung und Mitgliedern der Kommission und des Rates der EG zusammensetzt. Wie in Art. 47 ausdrücklich festgelegt ist, kann der gemischte Rat Beschlüsse fassen, zu deren Umsetzung die Vertragsparteien verpflichtet sind. Die Beschlussfassung erfolgt einstimmig. Dabei ist es Aufgabe des gemischten Rates, die Bestimmungen des Abkommens, speziell hinsichtlich der Handelsliberalisierungen, zu überwachen und zu adaptieren. So bestimmt Art. 5 in Bezug auf die Liberalisierung des Warenverkehrs: „Zur Erreichung des in Artikel 4 gesetzten Ziels beschließt der Gemischte Rat über die Modalitäten und den Zeitplan des bilateralen gegenseitigen schrittweisen Abbaus der tariflichen und nichttariflichen Handelshemmnisse. [. . .]“

Analog dazu bestimmt Art. 6 die Modalitäten hinsichtlich des Abbaus der Handelsbeschränkungen beim Handel mit Dienstleistungen, Art. 9 hinsichtlich des Kapital- und Zahlungsverkehrs, Art. 10 der öffentlichen Auftragsvergabe, Art. 11 der Wettbewerbsregeln, Art. 12 des geistigen und ge357

Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1587, Rn. 1541; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2491, Rn. 2434; Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2364, Rn. 2327. 358 Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1587, Rn. 1541. 359 Siehe Art. 14 in: Getreideübereinkunft vom 7.12.1994, ABl. L 21/49 vom 27.1.1996.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

werblichen Eigentums und Art. 13 hinsichtlich der Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen. Nach Art. 50 beschließt der Gemischte Rat auch über das im Rahmen der Streitbeilegung anzuwendende Verfahren und ist nach Art. 58 in dem Fall, in dem eine Partei der Auffassung ist, dass die andere Partei ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nicht nachkommt, erste Anlaufstelle im Rahmen der Streitbeilegung. Ähnliche Strukturen finden sich auch in den Abkommen mit Andorra, San Marino und den Färöer-Inseln, wobei die Abkommen mit den Färöern und San Marino ausdrücklich zwischen verbindlichen Beschlüssen und bloßen Empfehlungen unterscheiden.360 Das Abkommen mit Andorra kennt dem gegenüber ausschließlich Beschlüsse, die, wie auch bei den Abkommen mit San Marino und den Färöern, einstimmig zu fassen sind.361 Alle drei Abkommen regeln wieder die Stellung des jeweiligen Kooperationsorgans als erste Anlaufstelle im Rahmen der Streitbeilegung und als Koordinierungsorgan für die Adaptierung und Anpassung der Abkommen auf die jeweiligen Verhältnisse. Vergleicht man diese Strukturen mit jenen der Assoziationsräte aus den präferenziellen Assoziierungsabkommen der Gemeinschaft, so sind keine wesentlichen Unterschiede feststellbar. Beispielsweise wird nach Art. 3–5 des Assoziationsabkommens mit Chile ein Assoziationsrat auf Ministerebene eingeführt, der einstimmig verbindliche Beschlüsse und auch Empfehlungen beschließen kann. Sachlich betrifft dies u. a. wiederum eine Überprüfung der Fortschritte und der notwendigen Adaptierungen beim Zollabbau (Art. 60) sowie den Versuch einer ersten Schlichtung im Rahmen der Streitbeilegung (Art. 188). Auch die anderen Assoziationsabkommen der Gemeinschaft sind hinsichtlich ihrer gemeinsamen Organe ähnlich aufgebaut,362 sodass ein Unterschied zwischen den Assoziierungs- und bloßen Kooperationsabkommen der Gemeinschaft hinsichtlich der Organisation und des Aufbaus der jeweiligen Kooperationsorgane nicht feststellbar ist. Daraus lässt sich in weiterer Folge ableiten, dass für die Entscheidung, ob ein Abkommen der Gemeinschaft auf Art. 310 EGV gestützt wird, keine inhaltlichen und damit rechtlichen, sondern politische Gründe ausschlaggebend sind.363 360

Art. 31 des Abkommens mit den Färöern, Art. 23 San Marino. Art. 9 Abkommen mit Andorra. 362 Siehe z. B. Art. 74 des Abkommens mit Ägypten im Rahmen der Mittelmeerabkommen, Art. 106 des Europaabkommens mit Rumänien und Art. 89 des EWRAbkommens. 363 Peers, Steve: EC Frameworks of International Relations: Co-operation, Partnership and Association, in: Dashwood, Alan/Hillion, Christophe (Hrsg.), The General Law of E.C. External Relations, London, 2000, S. 160–176 (S. 175). 361

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Bei den nicht auf Art. 310 EGV gestützten Freihandelsabkommen der EG liegen somit assoziierungsähnliche Abkommen vor, die der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Die Abkommen mit Mexiko, Andorra, den Färöer-Inseln und San Marino sind demzufolge auch mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments geschlossen worden. 6. Unterzeichnung und Abschluss im Rahmen von gemischten Abkommen Die Unterzeichnung gemischter Abkommen wird von den Mitgliedsstaaten nach ihren nationalen Verfahrensvorschriften vorgenommen. Es existiert jedoch keine Vorschrift oder völkerrechtliche Praxis, dass die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten zeitgleich unterschreiben müssten.364 Auch die Ratifikation erfolgt getrennt von der Gemeinschaft sowie den Mitgliedsstaaten nach ihren jeweiligen nationalen Verfahrensvorschriften. Die Kommission hat den Mitgliedsstaaten insbesondere bei multilateralen Verträgen mehrfach vorgeschlagen, die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden koordiniert vorzunehmen, da sonst einzelne Mitgliedsstaaten bereits Vertragspartner würden, während andere Mitgliedsstaaten oder die Gemeinschaft selbst sich noch im Ratifikationsprozess befinden, woraus sich schwierig zu lösende Rechtskonflikte ergeben können.365 Aufgrund ihres bilateralen Charakters stellen sich diese Probleme allerdings bei den präferenziellen Abkommen nicht. Diese sehen nämlich regelmäßig vor, dass sie erst dann in Kraft treten, wenn alle Vertragsparteien einander den Abschluss des Abkommens notifiziert haben.366 Dennoch wartet die Gemeinschaft üblicherweise auf die Beendigung der jeweiligen nationalen Genehmigungsverfahren, und nimmt dann die Notifikation des Abschlusses der Ratifizierungen gegenüber dem Vertragspartner im Namen der Gemeinschaft vor.367

364

MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 153. MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 154–155, vergleiche dazu Art. 102 Euratom-Vertrag. 366 Siehe z. B. Art. 96 des Abkommens mit Tunesien. 367 Schweitzer, Michael/Hummer, Waldemar: Europarecht, Neuwied und Kriftel, 1996, S. 203, Rn. 670. 365

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

IV. Interimsabkommen, Vorläufige Anwendung 1. Interimsabkommen Eine Technik, um Teile des Abkommens vorläufig in Geltung zu setzen, ist die Schließung von Interimsabkommen. Der Zweck dieser Interimsabkommen besteht hauptsächlich darin, die oft sehr langen Wartezeiten bis zur Ratifikation der präferenziellen Abkommen zu überbrücken. Da bei den gemischten Abkommen sowohl die Gemeinschaft, als auch die einzelnen Mitgliedsstaaten zustimmen müssen, handelt es sich bei der Ratifizierung normalerweise um einen unüblich langwierigen Prozess, der oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt.368 Um die Umsetzung der wichtigen handelspolitischen Punkte der präferenziellen Abkommen nicht unnötig zu verzögern, schließt die Gemeinschaft mit dem Vertragspartner parallel ein zweites Abkommen, das die entsprechenden handelspolitischen Liberalisierungen enthält. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges völkerrechtliches Abkommen, das wegen seiner Beschränkung auf Gemeinschaftskompetenzen nicht von den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden muss. Vertragspartner sind nur die Gemeinschaft und der Partnerstaat, deren Ratifikationsprozesse bedeutend schneller durchgeführt werden können. Anzuwenden ist daher das normale Verfahren nach Art. 300 EGV. Die Gemeinschaft hat mit Albanien369, Bosnien und Herzegowina,370 Israel,371 Kroatien,372 dem Libanon,373 Mazedonien,374 Montenegro,375 Me368 Ein Extremfall ist das Abkommen über eine Zollunion mit San Marino. Der Vertrag wurde am 16.12.1991 unterzeichnet und trat schließlich 2002 in Kraft. Siehe dazu näher: Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 208; auf der anderen Seite kann bei politisch wichtigen Abkommen die Ratifizierung oft sehr schnell gehen. So wurde das Abkommen zur WTO zwischen dem Erlass des WTO Gutachtens des EuGH am 15.11.1994 und dessen Inkrafttreten am 1.1.1995 von allen Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft ratifiziert. 369 Interimsabkommen EU-Albanien vom 12.6.2006, ABl. L 239/2 vom 1.9.2006. 370 Interimsabkommen EU-Bosnien und Herzegowina vom 16.6.2008, ABl. L 169/13 vom 30.6.2008. 371 Interimsabkommen EU-Israel vom 18.12.1995, ABl. L 71/2 vom 20.3.1996. 372 Interimsabkommen EU-Kroatien vom 29.10.2001, ABl. L330/3 vom 14.12.2001. 373 Interimsabkommen EU-Libanon vom 17.6.2002, ABl. L 262/2 vom 30.9.2002. 374 Interimsabkommen EU-Mazedonien vom 9.4.2001, ABl. L 124/2 vom 4.5.2001. 375 Interimsabkommen EU-Montenegro vom 15.10.2007, ABl. L 345/2 vom 28.12.2007.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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xiko376, der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde377 und San Marino378 ein Interimsabkommen als Vorstufe zu den jeweiligen Assoziationsoder Kooperationsabkommen geschlossen. Auch die Europaabkommen sahen in der Regel Interimsabkommen zur vorläufigen Anwendung der wichtigsten Bestimmungen vor.379 Mit Ausnahme des politisch sensiblen Abkommens mit der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde und den relativ neuen Abkommen mit Albanien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro sind allerdings mittlerweile alle Abkommen von den jeweiligen Hauptabkommen abgelöst worden. Der Schwerpunkt bei den Interimsabkommen liegt in den Bestimmungen zur Liberalisierung des Warenverkehrs und den damit verbundenen zolltechnischen Regelungen sowie in Fragen des Wettbewerbsrechts.380 Aus der Verwendung von Interimsabkommen der Gemeinschaft, und einem Vergleich der darin enthaltenen Regelungen mit den jeweiligen Hauptabkommen ist gut ersichtlich, dass die Gemeinschaft der Umsetzung der Liberalisierungen im Warenhandel die weitaus größte Bedeutung beimisst. Auf diese Weise wird auch deutlich, dass die gemischten Abkommen zu einem großen Teil von den Mitgliedsstaaten politisch gewünscht werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einige Bestimmungen des Hauptabkommens durch ein eigenes, meist in der einfachen Form eines Briefwechsels geschlossenes, Nebenabkommen in Geltung zu setzen. Diese Technik wurde bei den Abkommen mit Ägypten381 und Südafrika gewählt.382 Die Schaffung eines Interimsabkommens ist auch nach dem GATT als Vorläufer einer geplanten Zollunion oder Freihandelszone vorgesehen, und unterliegt somit ebenso den Kriterien des Art. XXIV GATT.

376 Interimsabkommen EU-Mexiko vom 8.12.1997, ABl. L 226/25 vom 18.8.1998. 377 Interimsabkommen EU-Palästinensische Selbstverwaltungsbehörde vom 24.2. 1997, ABl. L 187/3 vom 16.7.1997. 378 Interimsabkommen San Marino vom 27.11.1992, ABl. L 359/14 vom 9.12.1992. 379 Siehe als Beispiele: Interimsabkommen EU-Bulgarien vom 8.3.1993, ABl. L 323/2 vom 23.12.1993 sowie Interimsabkommen EU-Rumänien vom 1.2.1993, ABl. L 81/2 vom 2.4.1993. 380 Vergleiche beispielsweise die Art. 2–29 und 31 des Interimsabkommens mit dem Libanon. 381 Vorläufige Anwendung einzelner Bestimmungen des Freihandelsabkommens EU-Ägypten vom Dezember 2003, ABl. L 345/115 vom 31.12.2003. 382 Vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens EU-Südafrika vom 11.10.1999, ABl. L 311/2 vom 4.12.1999.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

2. Vorläufige Anwendung In Art. 300 EGV ist die vorläufige Anwendung von den durch die Gemeinschaft geschlossenen Abkommen geregelt. Das stellt neben den Interimsabkommen eine andere Methode dar, um einige Bereiche des Abkommens vorübergehend in Geltung zu setzen. Die in Art. 25 WVK völkerrechtlich kodifizierte vorläufige Anwendung sieht vor, dass der Vertrag, oder Teile des Vertrages, bis zu dessen Inkrafttreten vorläufig angewendet werden, wenn der zu schließende Vertrag selbst dies vorsieht, oder die Parteien dies vereinbaren. Abkommen werden insbesondere immer dann vorläufig angewendet, wenn dessen Dringlichkeit eine Anwendung vor Abschluss des Ratifikationsprozesses gebietet. Mit dem Beschluss des Rates zur Unterzeichnung des Abkommens kann nach Art. 300 Abs. 2 EGV auch die vorläufige Anwendung einhergehen.383 Der Rat beschließt dabei auf Vorschlag der Kommission mit den gleichen Mehrheitserfordernissen wie beim Abschluss der Hauptabkommen. Das Parlament wird dem gegenüber lediglich umfassend und unverzüglich unterrichtet, eine Stellungnahme oder Zustimmung ist nicht vorgesehen. Ein Demokratiedefizit des Europäischen Parlaments im Vergleich zu nationalen Parlamenten besteht aber nicht, denn das Parlament kann im nachträglichen Ratifikationsprozess dem Hauptabkommen seine Zustimmung verwehren, sodass nach Art. 25 WVK die vorläufige Anwendung endet.384 Aus diesem Grund dürfte sich der Rat bereits im Vorfeld durch Einbeziehung des Parlaments dessen Zustimmung sichern.385 Von den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft wurde nur das Abkommen mit Chile auf diese Weise vorläufig in Geltung gesetzt.386

383 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, (2002/979/EG), ABl. L 352/1 vom 30.12.2002. 384 Dashwood, Alan: External Relation Provisions of the Amsterdam Treaty, in: CMLR, Leiden, 1998, S. 1019–1045 (S. 1027–1028). 385 Hilf, Meinhard/Schorkopf, Frank: Das Europäische Parlament in den Außenbeziehungen, Fn. 333, S. 190. 386 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, (2002/979/EG), ABl. L 352/1 vom 30.12.2002.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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V. Umsetzung – Die Fassung von Gremienbeschlüssen 1. Die Organisation der gemeinsamen Gremien in den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft Jedes der präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft setzt ein gemeinsames Gremium ein,387 das zur Durchführung des Abkommens, zum politischen Dialog und zur Beilegung der aus dem Abkommen entstehenden Streitigkeiten dient. Die Bezeichnung dieser Gremien variiert, folgt aber üblicherweise der Namensgebung des Abkommens. Die gebräuchliche Bezeichnung in den Assoziationsabkommen der Gemeinschaft lautet demzufolge Assoziationsrat.388 Weitere Bezeichnungen sind EWR-Rat im Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, Gemischter Rat im Abkommen mit Mexiko oder Kooperationsrat im Abkommen mit Südafrika. In den Abkommen mit der Schweiz und den Färöern lautet die Bezeichnung Gemischter Ausschuss, in den Zollunionen mit Andorra und San Marino Kooperationsausschuss. Im Unterschied in der Bezeichnung zwischen Rat und Ausschuss handelt es sich allerdings um mehr als eine bloße sprachliche Unterscheidung. Die Abkommen, die einen Rat als oberstes Gremium einsetzen, sehen nämlich vor, dass dieser auf Regierungsebene zusammengesetzt sein muss, wie am Beispiel des Art. 4 Abs. 1 des Abkommens mit Chile deutlich wird: „(1) Der Assoziationsrat setzt sich aus dem Präsidenten des Rates der Europäischen Union, der vom Generalsekretär/Hohen Vertreter unterstützt wird, dem folgenden Vorsitz, weiteren Mitgliedern des Rates der Europäischen Union oder ihren Vertretern und Mitgliedern der Kommission der Europäischen Gemeinschaften einerseits und dem Minister für auswärtige Angelegenheiten Chiles andererseits zusammen.“389

Diese hochrangige Vertretung scheint in der insbesondere in Zoll- und Handelsfragen weitreichenden Entscheidungsbefugnis der obersten Gremien begründet zu sein. Offenbar sollen die Entscheidungen möglichst nah an den nationalen Entscheidungsträger getroffen werden. 387 Zur Stellung der Gremien im Gemeinschaftsrecht siehe Kapitel D.VII.4., S. 134. 388 Die Bezeichnung Assoziationsrat wird in allen Mittelmeerabkommen, den Europaabkommen und den Abkommen mit der Türkei und Chile verwendet. In den Abkommen mit Kroatien und Mazedonien heißt das gemeinsame Gremium dem gegenüber „Stabilitäts- und Assoziationsrat“, offensichtlich um den Wunsch der Gemeinschaft nach einer Stabilisierung auf dem Balkan auszudrücken. 389 Siehe zu ähnlichen Bestimmungen u. a. auch: Art. 68 Abs. 1 des Abkommens mit Israel sowie Art. 106 Abs. 1 des Abkommens mit Bulgarien. Siehe als weitere Beispiele Art. 90 Abs. 1 EWR-Abkommens sowie Art. 89 des Abkommens mit Jordanien.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Die Abkommen, die lediglich Ausschüsse einsetzen, machen demgegenüber über das Niveau der Vertreter keine Angaben. Gefordert ist jeweils nur die Beschickung des Ausschusses durch einen Vertreter.390 Beim Abschluss des Abkommens mit der Schweiz, die immerhin den drittwichtigsten Handelspartner der EU darstellt, waren derartige Bestimmungen in den Abkommen der EG noch nicht üblich. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass sich die Gespräche, insbesondere mit der Schweiz, die immerhin den drittwichtigsten Handelspartner der EU darstellt, nicht ebenfalls auf Regierungsebene bewegen können. Was fehlt, ist die rechtliche Notwendigkeit. Bei den Kleinstaaten Andorra, Färöer-Inseln und San Marino fehlt diese wirtschaftliche Bedeutung für die Gemeinschaft. Die gemeinsamen Ausschüsse werden daher üblicherweise von Beamten besetzt.391 Den obersten Gremien ist in der Regel ein Ausschuss beigegeben, dessen Namensgebung sich ebenfalls an dem der Abkommen orientiert, in den Assoziationsabkommen lautet die übliche Bezeichnung also Assoziationsausschuss. Den mit Beamten besetzten Ausschüssen obliegt die allgemeine Durchführung der Abkommen. Die Möglichkeit, verbindliche Beschlüsse zu fassen, sowie teilweise die Geschäftsordnung der Ausschüsse werden vom jeweiligen obersten Gremium festgesetzt. Die Ausschüsse sind daher als Hilfsorgan der obersten Gremien zu qualifizieren.392 Die beigegebenen Ausschüsse sind allerdings nicht mit den erwähnten Ausschüssen der Abkommen mit der Schweiz, Andorras, San Marinos und den Färöer-Inseln zu verwechseln. Diese erfüllen nämlich die Aufgaben eines obersten Gremiums in den jeweiligen Abkommen. Ihnen sind keine weiteren Gremien zur Unterstützung und Umsetzung der Abkommen beigegeben. Gemeinschaftsrechtlich erfolgt die Bestellung der Gremien in dem Beschluss des Rates zum Abschluss des Abkommens. Den Vorsitz im obersten Gremium führt in der Regel die Ratspräsidentschaft, in den beigegebenen Ausschüssen ein Vertreter der Kommission. Hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Meinungsbildung halten die Beschlüsse des Rates regelmäßig fest: 390 Siehe beispielsweise Art. 30 Abs. 1 des Abkommen mit der Schweiz sowie Art. 9 Abs. 4 des Abkommens mit Andorra. 391 So wird die Gemeinschaft im (nicht gemischten) Kooperationsabkommen mit Andorra durch die Kommission nach Anhörung der Mitgliedsstaaten vertreten. Siehe Art. 3 in Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 10. Mai 2005 über den Abschluss eines Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Andorra, ABl. L135/12 vom 28.5.2005. 392 Siehe beispielsweise Art. 6 des Abkommens mit Chile, Art. 70–71 sowie Art. 109 des Abkommens mit Bulgarien.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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„Der Standpunkt, den die Gemeinschaft in dem mit dem Assoziationsabkommen geschaffenen Assoziationsrat und Assoziationsausschuss vertritt, wird nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags auf Vorschlag der Kommission vom Rat festgelegt.“393

Gemeint sind die einschlägigen Bestimmungen des EGV, maßgeblich ist also das vereinfachte Verfahren nach Art. 300 Abs. 2 EGV. 2. Das Verfahren innerhalb der Gemeinschaft Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV regelt das gemeinschaftsinterne Verfahren hinsichtlich von Beschlüssen der durch die Abkommen geschaffenen Gremien. Während bis zum Vertrag von Nizza diese Bestimmung nur auf Assoziationsabkommen nach Art. 310 EGV anzuwenden war, ist der Anwendungsbereich mittlerweile auf Beschlüsse anderer Vertragsorgane, insbesondere in assoziierungsähnlichen Verträgen und in internationalen Organisationen erweitert worden. Die Ausdehnung der Bestimmung auf assoziierungsähnliche Abkommen war m. E. dringend geboten, da diese, wie gezeigt,394 keine Unterschiede zu den Beschlüssen im Rahmen von Assoziierungsabkommen nach Art. 310 EGV aufweisen.395 Aus dem konkreten Wortlaut von Art. 300 Abs. 2 EGV, „sobald dieses Gremium rechtswirksame Beschlüsse [. . .] zu fassen hat“, und seiner Stellung innerhalb von Art. 300 EGV folgt, dass damit nur bindende Beschlüsse der Organe erfasst sind. Bloße Empfehlungen und Stellungnahmen fallen daher nicht unter die Anwendung dieser Bestimmung. Die Beschlussfassung des Standpunktes der Gemeinschaft in den Gremien erfolgt durch den Rat auf Vorschlag der Kommission per Beschluss. Der Rat beschließt dabei nach denselben Mehrheitserfordernissen wie beim Abschluss der Abkommen selbst. Im Gegensatz zum Abschluss wird das Europäische Parlament am Entscheidungsprozess bei der Festlegung gemeinsamer Standpunkte aber nicht beteiligt, sondern lediglich umfassend unterrichtet.396 393 Siehe als Beispiel Art. 4 Abs. 1 in: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, (2002/979/EG), ABl. L 352/1 vom 30.12.2002. 394 Siehe dazu Kapitel D.III.5.c)dd), S. 104. 395 Siehe diesbezüglich Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2366–2367, Rn. 2339, der schon vor Nizza eine Anwendung dieser Bestimmung auf assoziierungsähnliche Abkommen annimmt. 396 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2488, Rn. 2461; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2493–2494, Rn. 2445.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Aufgrund der umfangreichen Beschlussfassungskompetenzen der gemeinsamen Organe ist die Frage aufzuwerfen, ob damit nicht die Rechte des Parlaments hinsichtlich der Zustimmung oder Stellungnahme zu einem Vertrag der Gemeinschaft umgangen werden. Dazu ist festzuhalten, dass eine effiziente Beteiligung der EG in Gremien internationaler Abkommen unmöglich wäre, müsste jedes Mal das Parlament zur Zustimmung oder Stellungnahme befragt werden.397 Das damit verbundene Verfahren würde einfach zu lange dauern. In diesen Gründen liegt meines Erachtens auch der Sinn der Bestimmung in Art. 300 EGV. Darüber hinaus können die Gremien nur im Rahmen der jeweiligen Abkommen tätig werden, die aber bereits vom Europäischen Parlament genehmigt worden sind. Andererseits können die Beschlüsse der Gremien nach der Rechtsprechung des EuGH im Gemeinschaftsrecht direkt angewendet werden,398 sodass eine Transformation im Sinne einer dualistischen Theorie der Anwendung des Völkerrechts, wie sie vom Rat bis zum Sevince Urteil praktiziert wurde, nicht notwendig ist.399 Die Beschlüsse der Gremien haben daher innergemeinschaftlich den gleichen Rang wie die Abkommen selbst. Aus diesem Gesichtspunkt wäre dieselbe parlamentarische Kontrolle wie beim Abschluss der Abkommen selbst wünschenswert. Ein Anachronismus findet sich in diesem Zusammenhang 1995 bei der Einführung der Zollunion mit der Türkei, die durch den Assoziationsrat des Abkommens beschlossen worden ist.400 Das Parlament hatte in einer Resolution im Dezember 1994 darauf hingewiesen, dass die Schaffung einer Zollunion mit der Türkei der Zustimmung unterliege.401 Der Rat hat diese Ansicht geteilt und sowohl gegenüber der Türkei als auch gegenüber dem Parlament darauf hingewiesen, dass die Zollunion dem Verfahren der Zustimmung unterliegt.402 Sowohl der Rat als auch das Parlament verkennen allerdings hinsichtlich der Zustimmungspflicht, dass der Assoziationsratsbeschluss über die Zollunion das Abkommen nur faktisch, nicht aber rechtlich auf eine neue Ebene hebt. Die Einführung einer Zollunion ist durch die Art. 3–5 des Assoziationsabkommens aus 1963 abgedeckt und somit durch 397

Dashwood, Alan: External Relation Provisions, Fn. 384, S. 1026. Siehe dazu Kapitel D.VII.4., S. 134. 399 Siehe mit Beispielen: Gilsdorf, Peter: Die Rechtswirkungen der im Rahmen von Gemeinschaftsabkommen erlassenen Organbeschlüsse, in: EuZW, München, 1991, S. 459–464 (S. 460). 400 Zollunion EU-Türkei vom 22.12.1995, ABl. L35/1 vom 13.2.1996. 401 Europäisches Parlament: Entschließung zum Prozeß gegen kurdische Mitglieder der Großen Türkischen Nationalversammlung, ABl. C 18/177 vom 23.1.1995. 402 Europäische Gemeinschaften: Bulletin EU 5-1999, Ziff. 1.3.121, Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage Nr. 29/95 an den Rat. Zollunion zwischen der Europäischen Union und der Türkei, ABl. C 273/1 vom 18.10.1995. 398

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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einen Assoziationsratsbeschluss einführbar. Ein zustimmungspflichtiges Ergänzungsprotokoll war daher nicht notwendig.403 Vermutlich wurde dieses Vorgehen aus übertriebener politischer Vorsicht gewählt. Nach Art. 300 Abs. 4 EGV kann der Rat die Kommission beim Abschluss des Abkommens auch ermächtigen, durch das gemeinsame Organ anzunehmende Änderungen zum Abkommen im Namen der Gemeinschaft zu billigen. Soweit ersichtlich spielen diese Ermächtigungen in der Praxis der präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft an die Kommission keine Rolle. Dies dürfte an der großen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung dieser Abkommen für die Gemeinschaft und den relativ großen Beschlussfassungskompetenzen der gemeinsamen Organe liegen. Diese sind in der Regel befugt, wesentliche Punkte der vereinbarten Handelsliberalisierungen und damit die Kernpunkte der Abkommen zu ändern.404 Die Vertretung der Gemeinschaft im jeweiligen obersten Gremium der Abkommen wird daher gewöhnlich vom Präsidenten des Rates wahrgenommen. Nur in den untergeordneten Ausschüssen führt die Vertretung üblicherweise ein Vertreter der Kommission.405 3. Gremienbeschlüsse in gemischten Abkommen Wie soeben dargelegt, obliegt die Vertretung der Gemeinschaft in den obersten Gremien der Abkommen gewöhnlich der Ratspräsidentschaft. Die interne Willensbildung der Gemeinschaft erfolgt dabei auf Basis von Art. 300 Abs. 2 EGV durch den Rat auf Vorschlag der Kommission. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Organe in den gemischten Abkommen lassen sich zwei Grundformen unterscheiden. Im älteren Abkommen mit der Türkei sind nach Art. 23 im Assoziationsrat neben dem Rat und der Kommission auch Vertreter der Mitgliedsstaaten vertreten. Dem403 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln in den vertraglichen Außenbeziehungen der Europäischen Gemeinschaft, Berlin et al., 1997, S. 135; Rumpf, Christian: Die Zollunion EU-Tuerkei, in: Recht der internationalen Wirtschaft, Heidelberg, 1997, S. 46–52 (S. 48); Europäisches Parlament: Legislative Entschließung zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Gemeinsamen Standpunkt der Gemeinschaft im Assoziationsrat EG-Türkei betreffend die Durchführung der Endphase der Zollunion, ABl. C 17/43 vom 22.1.1996. 404 Siehe dazu beispielsweise Art. 5 des Abkommens mit Mexiko, das dem gemischten Rat die Kompetenz zur Festlegung der Modalitäten der Handelsliberalisierungen im Warenverkehr einräumt. 405 Siehe dazu beispielsweise: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 21. April 2004 über den Abschluss des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits, 2004/635/EG ABl. L 304/38 vom 30.9.2004.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

gegenüber finden sich in den neueren präferenziellen Abkommen keine Bestimmungen zur Vertretung der Mitgliedsstaaten in den obersten Gremien.406 Es stellt sich daher also die Frage, ob und wie die Mitgliedsstaaten in den Gremien repräsentiert sind. Das ist natürlich besonders dann von Interesse, wenn die Gremien Beschlüsse im Bereich der Kompetenzen der Mitgliedsstaaten zu fällen haben, da bei fehlender Repräsentation der Mitgliedsstaaten in den Gremien die Grundlage zur Fassung des Gremienbeschlusses fehlen würde. Vereinzelt wird von einer Nicht-Repräsentation der Mitgliedsstaaten in den Gremien ausgegangen. Gestützt wird diese Argumentation gerade eben auf den fehlenden Bezug der Mitgliedsstaaten bei der Einrichtung der obersten Gremien in den präferenziellen Abkommen.407 Überzeugender ist die Theorie der Doppelfunktion des Rates. Dieser handle demnach einerseits als Gemeinschaftsorgan, andererseits als Vertreter der Mitgliedsstaaten.408 Das lässt sich aus der Geschäftsordnung der obersten Gremien ableiten, die jeweils auch auf die Mitgliedsstaaten Bezug nehmen. So heißt es im Beschluss 1/1998 des Assoziationsrats EG-Tunesien hinsichtlich der Vorsitzführung: „Den Vorsitz im Assoziationsrat führt abwechselnd für die Dauer von zwölf Monaten ein Vertreter des Vorsitzes des Rates der Europäischen Union im Namen der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten und ein Vertreter der Regierung Tunesiens.“409

Untermauert wird diese Argumentation dadurch, dass die Mitgliedsstaaten sehr wohl in vom Assoziationsrat eingesetzten Fachausschüssen vertreten sind. So sind im Abkommen mit Tunesien in der Arbeitsgruppe Soziale Angelegenheiten, eine Materie, die überwiegend in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten fällt, sowohl Beamte der Kommission, als auch der Mitgliedsstaaten vertreten.410 406 Siehe die Besetzung des Assoziationsrates mit Chile auf S. 111, sowie die dortigen Nachweise in Fn. 389. Für eine Einteilung der Gremien in bilateralen Abkommen in 4 Typen (mit/ohne Mitgliedsstaaten, mit/ohne beigegebener Ausschuss) siehe: Stein, Klaus D.: Der gemischte Vertrag, Fn. 274, S. 45–46; 1986 erkannte Stein noch keine Schwerpunkte für einen der Typen. 407 Richter, Stefan: Die Assoziierung osteuropäischer Staaten durch die Europäischen Gemeinschaften, Berlin et al., 1993, S. 151. 408 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 103 in Fn. 131; Torrent, Ramon: Derecho y Práctica de las Relaciones Exteriores Económica en la Unión Europea, Barcelona, 1998, S. 158–159. 409 Art. 1 aus: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 1/98 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Tunesien andererseits vom 14. Juli 1998 über seine Geschäftsordnung (98/629/EG), ABl. L 300/20 vom 11.11.1998; Hervorhebungen durch den Verfasser.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Es ist allerdings auch festzuhalten, dass zwar die Mehrzahl, aber nicht alle Geschäftsordnungen in dieser Weise auf die Mitgliedsstaaten Bezug nehmen. Dies lässt sich aber m. E. dadurch erklären, dass manche der obersten Gremien schon vor Inkrafttreten der Abkommen zur Durchführung der vorläufig in Geltung gesetzten Teile oder der Interimsabkommen gegründet wurden. Bei diesen reinen Gemeinschaftsabkommen ist ein Verweis auf die Mitgliedsstaaten nicht möglich.411 Ein weiteres Argument für die Doppelvertretung durch den Rat ergibt sich aus der Judikatur des EuGH zum Abkommen Lomé IV,412 dem Vorgängerabkommen des Abkommens von Cotonou. Im Zusammenhang mit der Beschlussfassung im EG-AKP-Ministerrat hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der Begriff Gemeinschaft verwendet wird, um die Gesamtheit der Gemeinschaftsgruppe, also die eigentliche Europäische Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten, zu bezeichnen.413 Weiters ist m. E. im Sinne einer teleologischen Interpretation nicht anzunehmen, dass die Mitgliedsstaaten gänzlich auf eine Vertretung in den Gremien verzichten. Dies um so mehr, da ja gerade die Mitgliedsstaaten auf den Abschluss gemischter Abkommen drängen. Da aber die Gremien definitiv nur durch Vertreter des Rates besetzt sind, ist deren mittelbare Vertretung durch den Rat im Sinne einer Doppelfunktion die einzig denkmögliche Variante. Man kann daher von einer stillschweigenden Zustimmung der Mitgliedsstaaten zur Vertretung durch den Rat ausgehen. Mit der Vertretung der Mitgliedsstaaten durch den Rat ist jedenfalls dem vom EuGH aufgestellten Erfordernis hinsichtlich einer einheitlichen Vertretung der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten nach außen genüge getan. In seinem FAO-Urteil führt der EuGH dazu aus: „In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass, wenn sich herausstellt, dass der Gegenstand eines Abkommens oder eines Übereinkommens teils in die Zuständigkeit der Gemeinschaft und teils in die der Mitgliedstaaten fällt, eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorga410 Art. 6 aus: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 2/1999 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vom 3. September 1999 über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Soziale Angelegenheiten“, ABl. L 258/28 vom 5.10.1999. 411 Siehe als Beispiel: Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 1/2003 des Assoziationsrates EU-Chile vom 27. März 2003 zur Annahme der Geschäftsordnungen des Assoziationsrates, des Assoziationsausschusses und der Sonderausschüsse (2003/255/EG), ABl. L 95/46 vom 11.4.2003. 412 Abkommen von Lomé IV vom 15.12.1989, ABl. L 229/3 vom 17.8.1991. 413 EuGH C-316/91 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1994, S. I-625, Rn. 30–31.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

nen sowohl bei der Aushandlung und beim Abschluss wie bei der Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen sicherzustellen ist. Diese Pflicht zur Zusammenarbeit ergibt sich aus der Notwendigkeit einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft. [. . .]“414

Durch die praktizierte Doppelvertretung des Rates in den präferenziellen Abkommen entsteht für die Gemeinschaft der Vorteil, einheitlich gegenüber dem Vertragspartner aufzutreten. Der Rat ist dabei allerdings nur die Stimme, mit der Europa nach außen spricht. Davon zu unterscheiden ist die interne Willensbildung zur Erreichung der Beschlüsse der obersten Gremien. Obwohl nur der Rat die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten nach außen vertritt, bleiben die Fragen der verschiedenen anzuwendenden Verfahren und Mehrheitsverhältnisse und die Verteilung der Kompetenzen zwischen der EG und ihren Mitgliedern erhalten. Um eine Metapher Torrents zu erweitern, ist der Rat ein Briefkasten, für zwei verschiedene Adressaten.415 Schon 1978 hat der EuGH im Rahmen eines gemischten Abkommens im Bereich des Euratom-Vertrags festgehalten, dass die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten bei der Durchführung des Abkommens dieselbe ist, wie im Rahmen der Verhandlungen oder des Abschlusses.416 In weiterer Folge ist also zu prüfen, welche Mehrheitsverhältnisse im Rat zur internen Willensbildung für Beschlüsse in den obersten Gremien maßgeblich sind. Hinsichtlich der Kompetenzen der Gemeinschaft ist diese Frage einfach zu beantworten. Maßgeblich ist das vereinfachte Verfahren nach Art. 300 Abs. 2 EGV, nachdem der Rat die Beschlüsse der obersten Gremien auf Vorschlag der Kommission beschließt. Da die Mehrheit der Beschlüsse der obersten Gremien im Kompetenzbereich der Zoll- und Handelsfragen ge414 EuGH C-25/94 (FAO Fischereiabkommen), Slg. der Rspr. 1996, S. I-1469, Rn. 48; siehe zum Zusammenarbeitsgebot weiters: EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151, Rn. 34–36; EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 106–109; EuGH Gutachten 2/91 (ILO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1993, S. I-1061, Rn. 36. 415 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 102–103; Torrent, Ramon: Derecho y Práctica; Fn. 408, S. 158–159 mit der Briefkasten-Metapher in Fn. 108. 416 EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151; daraus folgt nach EuGH die Pflicht zwischen Gemeinschaft und MS zur Zusammenarbeit. Der im Rahmen des EAV ergangene Beschluss ist auch auf den EGV übertragbar. Siehe dazu: Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 210–211; u. a. wurde der Beschluss 1/78 vom EuGH selbst im Rahmen des EGV zitiert.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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schlossen werden, spielt diese Form der Beschlussfassung in der Praxis auch bei weitem die größte Rolle. Dennoch ist zu untersuchen, nach welchen Mehrheitsverhältnissen im Rat die Beschlüsse der obersten Gremien in den Kompetenzbereichen der Mitgliedsstaaten gefällt werden. Da es sich um keine Gemeinschaftskompetenz handelt, ist Art. 300 Abs. 2 EGV nämlich nicht anwendbar. In den Fällen des Assoziationsabkommens mit der Türkei und des Abkommens von Cotonou ist die interne Willensbildung bei den Gremienbeschlüssen durch jeweils ein gemeinschaftsinternes Abkommen geregelt. Dabei handelt es sich um eine Übereinkunft zwischen den Vertretern der Mitgliedsstaaten im Rat zum Abstimmungsmodus bei den Beschlüssen der Gremien. So bestimmt Art. 1 des internen Abkommens zum Assoziationsabkommen mit der Türkei: „Die gemeinsame Haltung, welche die Vertreter der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Assoziationsrat einzunehmen haben, wird jeweils nach Maßgabe der folgenden Vorschriften festgelegt: a) befasst sich der Assoziationsrat mit Fragen, die im Rahmen des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft in den Bereich der Handelspolitik fallen, so gelten die entsprechenden Vertragsbestimmungen; b) in den übrigen Fällen wird die gemeinsame Haltung nach Anhörung der Kommission vom Rat oder von den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten einstimmig festgelegt.“417

Eine ähnliche Regelung findet sich in Art. 1 des Internen Abkommens zum Abkommen von Cotonou. Demnach werden Beschlüsse in einem Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten vom Rat einstimmig gefasst. Als Grundlage dient dabei entweder ein Entwurf der Kommission oder eines Mitgliedsstaates.418 Bei den restlichen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft existiert kein internes Abkommen. Da das Verfahren nach Art. 300 Abs. 2 nicht anwendbar ist, ist von der Notwendigkeit der einstimmigen Beschlussfassung im Rat auszugehen. Dies deshalb, weil der Rat in diesem Fall lediglich eine Koordinationsfunktion zwischen den Mitgliedsstaaten innehat, um eine einheitliche Vertretung der Gemeinschaft zu ermöglichen. Als Indiz können dabei auch die internen Abkommen der Gemeinschaft herangezogen werden, die ebenfalls Einstimmigkeit erfordern.419 Da es sich dabei um mitgliedsstaatliche Kompetenzen handelt, ist nicht anzunehmen, dass der Kommis417

Internes Durchführungsabkommen zum Abkommen mit der Türkei vom 12.9.1963, ABl. 217/3703 vom 29.12.1963. 418 Internes Abkommen ACP vom 18.9.2000, ABl. L 317/376 vom 15.12.2000. 419 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 102.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

sion ein Initiativ- oder Anhörungsrecht zukommt. Die Kommission als Gemeinschaftsorgan kann daher m. E. nicht ohne anderslautende Vereinbarung an der Ausübung mitgliedsstaatlicher Kompetenzen teilnehmen.

VI. Völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten Die Frage der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Abkommen ergibt sich aus der besonderen Situation der gemischten Abkommen. Vertragspartner sind nämlich auf der einen Seite die Gemeinschaft und ihre Mitgliedsstaaten, auf der anderen Seite der jeweilige Partnerstaat, woraus sich der bilaterale Charakter der Abkommen ergibt. Unterschieden werden drei verschiedene Fälle. Verträge mit spezifischen Bindungsklauseln legen die Kompetenzaufteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten konkret für jeden einzelnen Punkt fest. Dem gegenüber teilen die Abkommen mit allgemeiner Bindungsklausel die Kompetenzen nur allgemein abstrakt auf. Darüber hinaus existieren noch gemischte Abkommen, die zur Kompetenzaufteilung zwischen der EG und den Mitgliedsstaaten nicht Stellung nehmen, also keinerlei Bindungsklauseln enthalten. Bei den spezifischen Bindungsklauseln geben die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten eine Erklärung ab, wie die Kompetenzen für jede einzelne vom Vertrag geregelte Materie aufgeteilt sind. Solche spezifischen Erklärungen werden teilweise im Rahmen multilateraler Verträge von den Vertragspartnern verlangt, um Klarheit über die schwierige Kompetenzaufteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten zu erlangen. Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten sind dabei völkerrechtlich für jene Teile verantwortlich, für die sie eine entsprechende Erklärung abgegeben haben.420 Die Gemeinschaft versucht, solche bindenden Erklärungen allerdings so weit wie möglich zu vermeiden, sodass diese bei den bilateralen präferenziellen Abkommen, bei denen die Gemeinschaft über eine ungleich größere Verhandlungsmacht verfügt, keine Rolle spielen. 420 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 222; Neframi, Eleftheria: International Responsibility of the European Community and of the Member States under Mixed Agreements, in: Cannizaro, Enzo (Hrsg.), The European Union as an Actor in International Relations, Den Haag et al., 2002, S. 193–205 (S. 195–197); Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedsstaaten, Berlin, 2001, S. 239–240 und S. 246; mit den Gründen warum die Gemeinschaft mit solch einer spezifischen Bindungserklärung äußerst zurückhaltend ist: MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 160.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Demgegenüber stehen jene Abkommen, in denen eine Zuordnung der Kompetenzen völlig fehlt. Bei den präferenziellen Abkommen sind diese allerdings die deutliche Minderheit. Nur die Verträge mit San Marino und Südafrika enthalten, wie die mittlerweile obsoleten Europaabkommen, keine Bindungsklauseln. Darin liegt innergemeinschaftlich ein Vorteil, wird doch die oft langwierige und Präzedenzen schaffende Klarstellung der Kompetenzen beim Abschluss des Abkommens vermieden.421 Die herrschende Meinung geht im Fall einer fehlenden Kompetenzzuteilung von einer gemeinsamen Verantwortung der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten aus. Aus den jeweiligen gemischten Verträgen lasse sich nämlich weder explizit noch implizit eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten erkennen. Zwar sei prinzipiell die gemeinsame Verantwortlichkeit in völkerrechtlichen Verträgen nicht anzunehmen, die gemischten Abkommen stellten aber aufgrund ihrer besonderen Situation hinsichtlich der Komplexität der Kompetenzaufteilung zwischen der Gemeinschaft und Mitgliedsstaaten eine Ausnahme dar.422 Auch ergebe sich aus Art. 27 WVK, dass sich eine Partei nicht auf innerstaatliches Recht berufen kann, um die Nicht-Erfüllung eines Vertrags zu entschuldigen. Die Aufteilung der Kompetenzen bleibe daher solange innerhalb der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedsstaaten, solange diese nicht im Vertrag festgehalten sei und damit von der gemeinschaftlichen auf die völkerrechtliche Ebene gehoben wird.423 Der Unterschied zur Gegenmeinung manifestiert sich genau am letzten Punkt. Demnach sind die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten trotz fehlender Bindungsklausel nur an jene Teile des Vertrages gebunden, die in ihre jeweilige Zuständigkeit fallen. Die Trennung der völkerrechtlichen von der gemeinschaftsrechtlichen Ebene lasse sich dem nicht entgegenhalten, denn der Abschluss als gemischtes Abkommen diene eben gerade dazu, die Kompetenzspaltung zwischen der EG und den Mitgliedsstaaten zu überbrücken. Das sei den Vertragspartnern bekannt, und müsse sich daher auf die vertraglichen Beziehungen der EG und der Mitgliedsstaaten auswir421

Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 236. Eeckhout, Piet: Case C-61/94, Commission v. Germany, in: CMLR, Leiden, 1998, S. 557–566 (S. 222); Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1593–1594 Rn. 1564; Leal-Arcas, Rafael: The European Community and Mixed Agreements, Fn. 284, S. 497–498; Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 213; MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 159; Stein, Eric: External Relations of the European Community: Structure and Process, in: European University Insitute (Hrsg.), Collected Courses of the Academy of European Law. Vol. I Book 1, Florenz, 1990, S. 115–188 (S. 162 sowie S. 178–179); Stein, Klaus D.: Der gemischte Vertrag, Fn. 274, S. 160. 423 Neframi, Eleftheria: International Responsibility, Fn. 420, S. 198. 422

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

ken.424 Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen des EuGH in seinem Beschluss 1/78, wonach die Beschaffenheit der Kompetenzverteilung zwar eine interne Frage sei, in die sich Drittstaaten nicht einzumischen hätten.425 Drittstaaten könnten sich daher mit etwaigen Ansprüchen wahlweise an die Gemeinschaft oder die Mitgliedsstaaten wenden. Daran anschließend sei im Innenverhältnis zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten eine Klärung der Zuständigkeit herbeizuführen, mit der sich die Drittstaaten dann abzufinden hätten. Dies sei ein angemessener Ausgleich dafür, dass sie sich auf die Ungewissheit hinsichtlich der Kompetenzaufteilung einlassen.426 Im Rahmen des vierten Abkommens von Lomé hat Generalanwalt Jacobs im Rahmen der Rs. C-316/91 zur Verantwortlichkeit der Gemeinschaft Stellung genommen: „Das Abkommen wurde als gemischte Übereinkunft (d. h. von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten gemeinsam) geschlossen und hat im wesentlichen bilateralen Charakter. Dies wird in Artikel 1 deutlich, wonach die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten einerseits und die AKP-Staaten andererseits das Abkommen schließen. Aus einer gemischten Übereinkunft sind die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten gemeinsam verpflichtet, sofern in der Übereinkunft nichts Gegenteiliges bestimmt ist.“427

Die Aussagen des Generalanwalts sind in zweierlei Richtung deutbar. Nach einer engen Interpretation ist die gemeinsame Verantwortung auf die bilateralen Abkommen beschränkt. Diese werden nämlich von der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten auf der einen und dem Drittstaat auf der anderen Seite geschlossen. Die gemeinsame Verantwortlichkeit wird dabei durch die einheitliche Vertretung der Gemeinschaft in den Gremien der Abkommen noch unterstrichen.428 Diese Meinung umfasst sämtliche präferen424

Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Fn. 420, S. 240– 241; Simma, Bruno/Vedder, Christoph: zu ex-Art. 210 EGV (nunmehr Art. 281 EGV, Anm.), in: Grabitz, Eberhard/Hilf, Meinhard (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union, München, 2000, S. 1–18 Loseblattsammlung (S. 11, Rn. 27); Schweitzer, Michael/Hummer, Waldemar: Europarecht, Fn. 367, S. 203, Rn. 670; Conze, Albrecht: Die völkerrechtliche Haftung der europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden, 1987, S. 82. 425 EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151, Rn. 35, Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Fn. 420, S. 241; für die Kompatibilität des Beschlusses 1/78 mit der gemeinsamen Verantwortlichkeit ausdrücklich: Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 149; MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 159. 426 Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Fn. 420, S. 243. 427 EuGH C-316/91 (Parlament vs. Rat), Slg. der Rspr. 1994, S. I-625, Rn. 69. 428 Zur einheitlichen Vertretung siehe Kapitel D.V.3., S. 115.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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ziellen Abkommen der Gemeinschaft, da diese alle einen bilateralen Charakter aufweisen. Nach der weiten Interpretation wären sämtliche, also auch die multilateral strukturierten gemischten Abkommen der Gemeinschaft erfasst. Zwar sei in diesen Fällen von einer gemeinsamen Verantwortung ebenfalls auszugehen, wie weit diese reicht, ist aber zumindest nach MacLeod/Hendry/Hyett unklar. Demnach erscheint es zwar als unwahrscheinlich, dass die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten für sämtliche Verpflichtungen aus den Abkommen gemeinsam haften, dennoch ist die Erfüllung des Abkommens eine gemeinsame Angelegenheit der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten.429 Im nachfolgenden Urteil ist der EuGH auf die Verantwortlichkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten nicht näher eingegangen. Eine weitere Interpretation der Aussagen des Generalanwalts oder andere Judikatur des EuGH existiert nicht. Im Gegensatz zur konkreten Bindung im Rahmen der spezifischen Bindungsklauseln legen allgemeine Bindungsklauseln die Kompetenzaufteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten in abstrakter Form fest. Dabei wird im Vertrag festgehalten, dass der Begriff Vertragspartei entweder die Gemeinschaft, oder die Mitgliedsstaaten, oder beide gemeinsam bindet.430 Die allgemeinen Bindungsklauseln stellen somit einen Mittelweg zwischen den fehlenden und den spezifischen Bindungsklauseln dar. Solch allgemeine Bindungsklauseln finden sich mittlerweile in allen neuen präferenziellen Abkommen der EG. Als ein Beispiel für die beinahe gleichlautenden Formulierungen kann Art. 125 aus dem Abkommen mit Kroatien dienen: „ ‚Vertragsparteien‘ sind für die Zwecke dieses Abkommens die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Befugnisse einerseits und Kroatien andererseits.“431

Im Unterschied zu den spezifischen Bindungsklauseln liegt hier eben keine eindeutige Aufteilung der Kompetenzen vor. In welchen Kompetenzbereich die einzelnen Vertragsbestimmungen fallen, bleibt daher nach dem 429 MacLeod, I. et al.: The External Relations, Fn. 305, S. 158–159; für eine gemeinsame Haftung siehe: Neframi, Eleftheria: International Responsibility, Fn. 420, S. 201–203. 430 Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Fn. 420, S. 239. 431 Siehe gleichlautende oder ähnliche Bestimmungen auch in den folgenden Abkommen: Art. 197 Chile, Art. 123 Mazedonien, Art. 55 Mexiko, Art. 88 Ägypten, Art. 106 mit Algerien, Art. 81 Israel, Art. 103 Jordanien, Art. 92 Marokko sowie Art. 92 Tunesien sowie die konkretere Formulierung in Art. 2c EWR-Abkommen, wo es heißt: „Die jeweilige Bedeutung dieses Begriffs (der Vertragsparteien, Anm.) ist im Einzelfall abzuleiten aus den einschlägigen Bestimmungen dieses Abkommens und aus den Zuständigkeiten der Gemeinschaft bzw. der Mitgliedstaaten, wie sie sich aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft [. . .] ergeben.“.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

geschlossenen Vertrag selbst unklar, und kann nur durch eine Auslegung der Bestimmungen anhand des EGV ermittelt werden. Eine verbindliche Auslegung des EGV und der darin enthaltenen Kompetenzen kann aber nur durch das Gemeinschaftsorgan EuGH erfolgen.432 Würde man aber eine Teilung der Bindungswirkung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten annehmen, so würde dies notwendigerweise eine Auslegung der Kompetenzbereiche außerhalb der Gemeinschaft auf völkerrechtlicher Ebene bedeuten.433 Dennoch ist in diesen Abkommen eine Trennung der Verantwortlichkeiten vertraglich ausdrücklich festgehalten. Die Partnerstaaten müssen die Kompetenzaufteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten akzeptieren, ist sie doch zumindest in abstrakter Form Bestandteil des geschlossenen Vertrags. Demzufolge können die Mitgliedsstaaten die Kompetenzen zwar nicht bestimmen, müssen aber als Verantwortlichen den akzeptieren, der ihnen von der Gemeinschaftsgruppe genannt wird.434 Der Unterschied zur Mindermeinung bei den Abkommen mit fehlenden Bindungsklauseln liegt also in der völkerrechtlichen Klarstellung der Kompetenzaufteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe durch die allgemeinen Bindungsklauseln. Im Völkerrecht existiert bisher kaum Staatenpraxis zur gemeinsamen Verantwortlichkeit, sodass verbindliche Aussagen in diesem Bereich schwer zu treffen sind.435 Und auch im Europarecht gibt es bis auf die Aussagen von Generalanwalt Jacob noch keine konkrete Judikatur zur Aufteilung der Verantwortung der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten in gemischten Abkommen. In der Klärung der Außenkompetenzen der Gemeinschaft stellt dieser Bereich daher weitgehend einen schwarzen Fleck dar.436 Vieles spricht für eine gemeinsame Verantwortung bei fehlenden, und für eine geteilte Verantwortung bei allgemeinen Bindungsklauseln. Die Frage spielt in der Praxis allerdings auch eine untergeordnete Rolle. Wie Tomuschat zutreffend festhält, können die Partnerstaaten auf die Erfüllung der ihnen zustehenden Rechte aus den gemischten Abkommen vertrauen, solange die Gemeinschaft politisch nicht zerfällt.437 432 EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151, Rn. 35. 433 Neframi, Eleftheria: International Responsibility, Fn. 420, S. 204; Stein, Klaus D.: Der gemischte Vertrag, Fn. 274, S. 96. 434 Neframi, Eleftheria: International Responsibility, Fn. 420, S. 204–205; Pitschas, Christian: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Fn. 420, S. 244. 435 Brownlie, Ian: Principles of Public International Law, Oxford, 2003, S. 440. 436 So zumindest Mangas Martín, Araceli/Liñán Nogueras, Diego J.: Instituciones, Fn. 241, S. 611.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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VII. Die Abkommen im innergemeinschaftlichen Rechtssystem 1. Die Stellung der Abkommen im Gemeinschaftsrecht Völkerrechtlich ist die Gemeinschaft durch den Grundsatz pacta sunt servanda an die von ihr geschlossenen Abkommen gebunden und daher verpflichtet, diese nach Treu und Glauben zu erfüllen.438 Im Falle einer gemeinschaftsrechtlichen Unwirksamkeit im Abschlussverfahren des Abkommens bleibt die völkerrechtliche Bindung der Gemeinschaft jedenfalls unberührt.439 Nach Art. 300 Abs. 7 EGV sind die von der Gemeinschaft geschlossenen Abkommen für ihre Organe und die Mitgliedsstaaten verbindlich. Dies ist der gemeinschaftsrechtliche Ausdruck des pacta sunt servanda Prinzips und verpflichtet die Organe der Gemeinschaft, die Abkommen ordnungsgemäß durchzuführen. Nach Art. 300 Abs. 7 EGV sind die von der Gemeinschaft geschlossenen Abkommen allerdings auch für die Mitgliedsstaaten verbindlich, was jedoch gemeinschafts- und nicht völkerrechtlich zu verstehen ist, da völkerrechtliche Verträge grundsätzlich keine Wirkung gegenüber Dritten entfalten.440 Die Bestimmung bezieht sich auch nicht auf gemischte Abkommen, da Art. 300 EGV nur für die gemeinschaftsrechtlichen Teile der Abkommen relevant ist. Vielmehr soll die Pflicht der Mitgliedsstaaten ausgedrückt werden, in der Anwendung von Gemeinschaftsrecht die Umsetzung der Abkommen nicht zu behindern. Dies wäre etwa bei der Nicht-Umsetzung einer durch die Gemeinschaft in Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung ergangenen Richtlinie denkbar.441 Ausgehend von seinem Haegeman-Urteil 1974 hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung Völkervertragsrecht als integrierenden Bestandteil der Ge437

Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1593–1594, Rn. 1564. So eindeutig der EuGH unter Bezugnahme auf Art. 26 WVK in: EuGH C-162/96 (Racke), Slg. der Rspr. 1998, S. 3655, Rn. 49–50. 439 Epiney, Astrid: Zur Stellung des Völkerrechts in der EU – Zugleich Besprechung von EuGH, EuZW 1998, 572 – Hermès und EuGH, EuZW 1998, 694 – Racke, in: EuZW, München, 1999, S. 5–11 (S. 10); Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2369, Rn. 2351; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2492, Rn. 2478. 440 Siehe Art. 34 WVK sowie Art. 34 WVKIO. 441 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 276–277; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2494–2495, Rn. 2448–2449; EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 13; zu den Folgen eines unter Verletzung des EGV geschlossenen Abkommens siehe ausführlich: Epiney, Astrid: Zur Stellung des Völkerrechts in der EU, Fn. 439, S. 10; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2492–2493, Rn. 2478; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2495, Rn. 2450 mit den dortigen Nachweisen. 438

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

meinschaftsordnung bezeichnet,442 was in der Literatur überwiegend als monistisches Verständnis im Verhältnis von Völkerrecht und Gemeinschaftsrecht verstanden wird. Eine weitere Transformation der von der Gemeinschaft geschlossenen Verträge in innergemeinschaftliches Recht ist somit überflüssig.443 In seinen Urteilen zur unmittelbaren Geltung des GATT 1947444 und den Abkommen der WTO445 hat der EuGH dieses monistische Verständnis allerdings eingeschränkt und eine unmittelbare Geltung dieser Verträge im Gemeinschaftsrecht verneint. Der EuGH begründet seine Ablehnung einer unmittelbaren Geltung in der Gemeinschaftsrechtsordnung vor allem aufgrund des großen Verhandlungsspielraums bei der Erfüllung der Pflichten aus der WTO sowie der fehlenden Gegenseitigkeit der darin enthaltenen Verpflichtungen. Zwar verhindert fehlende Gegenseitigkeit eines Abkommens der Gemeinschaft nicht von vornherein dessen unmittelbare Geltung,446 doch stellten die Abkommen zur WTO nach dem EuGH einen Sonderfall dar, da diese auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen aufbauen.447 Diese Rechtsprechung wurde vom Gerichtshof in seinem Beschluss in der Rechtssache Fruchthandelsgesellschaft bestätigt448 und im Verfahren Christian Dior auf das TRIPS ausgedehnt.449 Trotz der fehlenden unmittelbaren Geltung im Gemeinschafts442 Siehe u. a.: EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 7; EuGH 30/88 (Griechenland vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1989, S. 3711, Rn. 12; EuGH 181/73 (Haegman), Slg. der Rspr. 1974, S. 449, Rn. 2/6. 443 Cheyne, Ilona: International Instruments as a Source of Community Law, in: Dashwood, Alan/Hillion, Christophe (Hrsg.), The General Law of E.C. External Relations, London, 2000, S. 254–275 (S. 256); Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 277–278; Vedder, Christoph: Rechtswirkungen von Assoziationsratsbeschlüssen: Die Kus-Entscheidung des EuGH, in: EuR, Baden-Baden, 1994, S. 202–214 (S. 211) sowie Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2498, Rn. 2456 mit weiteren Nachweisen in Fn. 2133. Zwischen Monismus und Dualismus differenzierend: Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1595–1596, Rn. 1568; hinsichtlich des VGR: EuGH C-162/96 (Racke), Slg. der Rspr. 1998, S. 3655, Rn. 46. 444 EuGH C-280/93 (Bananen), Slg. der Rspr. 1994, S. I-4973, Rn. 103–112. Siehe dazu auch: EuGH Verbundene Rechtssachen 21-24/72 (International Fruit), Slg. der Rspr. 1972, S. 1219, Rn. 21–26. 445 EuGH C-149/96 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 2000, S. I-8395, Rn. 34–49. 446 So der EuGH selbst in EuGH C-149/96 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 2000, S. I-8395, Rn. 44 unter Bezugnahme auf: EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 18. 447 EuGH C-149/96 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 2000, S. I-8395, Rn. 42–45. 448 EuGH Beschluss C-307/99 (Fruchthandelsgesellschaft), Slg. der Rspr. 2001, S. I-3159, Rn. 24.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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recht sind nach dem EuGH die Gerichte der Mitgliedsstaaten aber verpflichtet, diese Bestimmungen so weit wie möglich zu berücksichtigen,450 das heißt völkerrechtsfreundlich auszulegen. Bis dato sind das GATT 1947 und die Abkommen im Rahmen der WTO die einzigen völkerrechtlichen Verträge, denen der EuGH die unmittelbare Geltung im Gemeinschaftsrecht verwehrt hat.451 In der Rechtsordnung stehen die Abkommen der Gemeinschaft im Rang zwischen primärem und sekundärem Gemeinschaftsrecht. Das lässt sich aus Art. 300 Abs. 7 EGV herleiten, binden doch die völkerrechtlichen Verträge der Gemeinschaft deren Organe. Diese sind damit auch bei Setzung sekundären Gemeinschaftsrechts an die Vorgaben aus den Abkommen gebunden. Ein Anwendungsvorrang des Primärrechts ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Gemeinschaft nicht zur Änderung des EGV befugt ist.452 Aufgrund des allgemeinen Vorrangs des Gemeinschaftsrechts besitzen die Abkommen auch Anwendungsvorrang vor nationalem Recht, was jedoch nicht auf gemischte Abkommen zutrifft. Deren Stellung richtet sich hinsichtlich der mitgliedsstaatlichen Kompetenzbereiche wiederum nach den jeweiligen nationalen Vorschriften.453 2. Direkte Wirkung der Abkommen Aufgrund der fehlenden unmittelbaren Geltung im Gemeinschaftssystem stellt sich für die Abkommen der WTO auch nicht die Frage der Individualwirksamkeit, das heißt ob sich einzelne Personen auf Bestimmungen aus den Abkommen berufen können, was im Folgenden für die präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft geklärt werden soll. Die Beantwortung dieser 449

EuGH Verbundene Rechtssachen 300 und 392/98 (Parfums Christian Dior), Slg. der Rspr. 2000, S. I-11307, Rn. 42–49. 450 EuGH C-53/96 (Hermes), Slg. der Rspr. 1998, S. I-3603, Rn. 28; EuGH Verbundene Rechtssachen 300 und 392/98 (Parfums Christian Dior), Slg. der Rspr. 2000, S. I-11307, Rn. 47. 451 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 292. Für eine ausführliche Darstellung der Ablehnung der unmittelbaren Geltung siehe weiters u. a.: Cheyne, Ilona: International Instruments as a Source of Community Law, Fn. 443, S. 266–272; Griller, Stefan: Judical Enforceability of WTO Law in the European Union – Annotation to Case C-149/96, Portugal v. Council, in: Journal of International Economic Law, Oxford, 2000, S. 441–472; Rosas, Allan: Case C-149/96, Portugal v. Council, in: CMLR, Leiden, 2000, S. 797–816. 452 Siehe u. a.: EuGH C-61/94 (Kommission vs. Deutschland), Slg. der Rspr. 1996, S. I-3989, Rn. 52; Epiney, Astrid: Zur Stellung des Völkerrechts in der EU, Fn. 439; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2493–2495, Rn. 2482; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2505, Rn. 2577. 453 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2505, Rn. 2579.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Frage richtet sich dabei nach dem Gemeinschaftsrecht. Das Völkerrecht kann dazu keine Antworten liefern, weil es die Modalitäten des Vollzugs grundsätzlich den Vertragspartnern überlässt.454 Ausgangspunkt der Rechtsprechung zur unmittelbaren Wirkung von Völkervertragsrecht in der Gemeinschaft ist die Rechtssache International Fruit. Demnach ist zur Klärung, ob ein Abkommen unmittelbare Geltung für Individuen hat, auf dessen Sinn, Aufbau und Wortlaut zurückzugreifen.455 Im Rahmen des Abkommens von Yaoundé, dem Vorgängerabkommen der Abkommen von Lomé und Cotonou, entschied der Gerichtshof in der Rechtssache Bresciani zur direkten Wirkung der Zollreduktion zwischen der Gemeinschaft und den Partnerstaaten. Der maßgebliche Art. 2 des Abkommens von Yaoundé nahm dabei ausdrücklich auf die ehemaligen Art. 12–15 und 17 EGV Bezug, die den innergemeinschaftlichen Warenverkehr regelten. Durch den direkten Verweis auf das Gemeinschaftsrecht übernahm aber nach dem EuGH die Gemeinschaft gegenüber den Vertragspartnern von Yaoundé die gleichen Verpflichtungen, wie die Mitgliedsstaaten der EG untereinander. Nachdem die Bestimmungen inhaltlich ausreichend bestimmt sind und auch keinem Vorbehalt seitens der Gemeinschaft unterliegen, konnten sich die Gemeinschaftsangehörigen direkt vor Gericht auf sie berufen.456 Anfang der achtziger Jahre hatte der Gerichtshof dann Gelegenheit, zur Direktwirkung von Bestimmungen aus verschiedenen Freihandelsabkommen der Gemeinschaft Stellung zu nehmen. In Pabst & Richarz ging es um die Frage, ob sich ein Importeur direkt auf das Verbot der Steuerdiskriminierung nach Art. 53 des Assoziierungsabkommens mit Griechenland berufen konnte. Der EuGH hat dabei festgestellt, dass Art. 53 des Abkommens dem nunmehrigen Art. 90 EGV stark ähnelt. Da Art. 53 eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, die nicht von der Erlassung eines weiteren Rechtsaktes abhängig ist, kam ihr direkte Wirkung zu.457 Die Leitentscheidung zu der unmittelbaren Geltung von Völkervertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, mit der die Entwicklung dieser Problematik auch weitgehend abgeschlossen wurde, hat der EuGH allerdings erst einige Monate später im Fall Kupferberg mit der Auslegung von Bestimmungen aus dem Freihandelsabkommen mit Portugal erlassen. Grundlage war die 454 Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1597, Rn. 1572; so auch der EuGH in: EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 18. 455 EuGH Verbundene Rechtssachen 21–24/72 (International Fruit), Slg. der Rspr. 1972, S. 1219, Rn. 19/20. 456 EuGH 87/75 (Bresciani), Slg. der Rspr. 1976, S. 129, Rn. 19–25. Siehe dazu auch: EuGH 65/77 (Razanatsimba), Slg. der Rspr. 1977, S. 2229, Rn. 11/14, wo der EuGH aufgrund eines Vorbehalts im Vertrag keine direkte Wirkung aussprechen konnte. 457 EuGH 17/81 (Pabst & Richarz), Slg. der Rspr. 1982, S. 1331, Rn. 25–27.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Einhebung einer deutschen Branntweinsteuer auf aus Portugal importierte Portweine, die nach dem Freihandelsabkommen untersagt war. Der Gerichtshof hat zuerst die Stellung des Abkommens als integrierenden Bestandteil der Gemeinschafts)ordnung sowie die Pflicht der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten zu dessen Umsetzung klargestellt.458 Danach widmete sich der EuGH den Einwänden der Mitgliedsstaaten, die zwar diese Stellung des Abkommens im Gemeinschaftsrecht nicht bestritten, aber eine direkte Wirkung ihrer Bestimmungen ablehnten. Die Mitgliedsstaaten beriefen sich dabei auf den Umstand der Reziprozität des Abkommens, den Streitbeilegungsmechanismus sowie auf Schutzklauseln, die es den Parteien gestatten, vom Abkommen abzuweichen.459 Der Gerichtshof gestand zu, dass das zu untersuchende Abkommen nicht losgelöst von seinem völkerrechtlichen Kontext betrachtet werden darf. So schränkte der Gerichtshof seine Kompetenzen ein, indem er klarstellte, dass die Vertragsparteien auch vereinbaren können, welche innerstaatliche Bindungswirkung dem Abkommen zukommen soll. Ist dies aber nicht der Fall, so ist der Gerichtshof zur Klärung dieser Frage befugt. Dabei ist es nicht notwendig, dass die andere Vertragspartei im Sinne der Reziprozität dem geschlossenen Vertrag ebenfalls eine direkte Wirkung zuerkennt, da das Abkommen vom Vertragspartner nach den Regeln des Völkerrechts ohnehin nach Treu und Glauben zu erfüllen ist. Auch die Tatsache, dass die Vertragsparteien mit der Einsetzung eines gemischten Ausschusses einen besonderen institutionellen Rahmen geschaffen haben, steht der direkten Anwendung von Bestimmungen des Abkommens grundsätzlich nicht entgegen. Dessen Kompetenzen werden bei der Anwendung einer unbedingten und eindeutigen Bestimmung, die keine vorherige Konsultierung des gemischten Ausschusses erforderlich macht, nämlich nicht geschmälert.460 Gleichfalls stehen Schutzklauseln, die die Zustimmung beider Parteien erfordern, und nur nach vorheriger Konsultation im gemischten Ausschluss angewendet werden, einer Direktwirkung einzelner Bestimmungen des Abkommens ebenso nicht entgegen.461 Diese Kriterien der direkten Anwendung von Völkervertragsrecht innerhalb der EG sind seither ständige Rechtsprechung des EuGH.462 Am klarsten hat der Gerichtshof diese Kriterien im Demirel-Fall formuliert: 458

EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 11–14. EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 15–16. 460 Zur Wirkung der Beschlüsse der Ausschüsse im Gemeinschaftsrecht siehe Kapitel D.VII.4., S. 134. 461 EuGH 104/81 (Kupferberg), Slg. der Rspr. 1982, S. 3641, Rn. 17–21. 462 Siehe u. a.: EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 14; EuGH C-37/98 (Savas), Slg. der Rspr. 2000, S. I-2927, Rn. 60; EuGH C-103/94 459

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

„Eine Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens ist als unmittelbar anwendbar anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkung nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen.“463

Die dabei notwendige Prüfung ist eine zweistufige. Zuerst ist zu untersuchen, was das Abkommen selbst hinsichtlich seiner innerstaatlichen Bindung vorsieht. Entsprechende Vereinbarungen finden sich allerdings nur äußerst selten und spielen bei den hier zu untersuchenden präferenziellen Abkommen keine Rolle.464 In diesem Zusammenhang ist aber auch zu prüfen, ob Natur und Zweck des Abkommens einer direkten Anwendung entgegenstehen, worauf auch die Ablehnung der unmittelbaren Geltung der Abkommen aus der WTO basiert.465 Abseits der Verträge wird das Kriterium des Sinns und des Zwecks des Abkommens allerdings in der Judikatur des EuGH nicht thematisiert.466 Auf der zweiten Ebene sind die einzelne Bestimmungen des Abkommens hinsichtlich ihrer direkten Anwendbarkeit zu untersuchen. Die Bestimmung muss dabei klar, eindeutig und bedingungslos, dass heißt nicht von der Erlassung eines weiteren Rechtsakts abhängig sein.467 Dabei können sehr wohl aber auch teleologische Überlegungen eine Rolle spielen, die eine Betrachtung des Gesamtcharakters des jeweiligen Abkommens erforderlich machen. So sind Bestimmungen „einfacher“ Abkommen im Vergleich zu den oft weitgehenden Integrationszielen von Assoziierungsabkommen oder des EGV selbst tendenziell zurückhaltender auszulegen.468 (Krid), Slg. der Rspr. 1995, S. I-719, Rn. 21; EuGH C-262/96 (Sürül), Slg. der Rspr. 1999, S. I-2685, Rn. 60; EuGH C-416/96 (El-Yassini), Slg. der Rspr. 1999, S. I-1209, Rn. 25; EuGH C-432/92 (Anastasiou), Slg. der Rspr. 1994, S. I-3087, Rn. 23; EuGH C-469/93 (Chiquita Italia), Slg. der Rspr. 1995, S. I-4533, Rn. 57. 463 EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 14. 464 Eines der seltenen Beispiele findet sich in: EuGH C-1/96 (The Queen gegen Minister of Agriculture, Fisheries and Food, ex parte Compassion in World Farming Ltd), Slg. der Rspr. 1998, S. I-1251, Rn. 35. 465 Siehe EuGH C-149/96 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 2000, S. I-8395, Rn. 34–49. 466 Siehe dazu Cheyne, Ilona: Haegman, Demirel and their Progeny, in: Dashwood, Alan/Hillion, Christophe (Hrsg.), The General Law of E.C. External Relations, London, 2000, S. 20–41 (S. 27), die aufgrund der negativen Formulierung in Kupferberg den Schluss nahe legt, dass völkerrechtliche Abkommen prinzipiell geeignet sind, Direktwirkung zu entfalten, es denn aus der Analyse des Vertrags ergibt sich das Gegenteil. 467 Siehe beispielsweise die Formulierung in EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 14. 468 Siehe dazu: EuGH 270/80 (Polydor), Slg. der Rspr. 1982, S. 329, Rn. 18–20; Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, (S. 1599–1600, Rn. 1580).

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Mit der Kupferberg-Entscheidung hat der EuGH auch klargestellt, dass sich die Direktwirkungen von Bestimmungen aus dem Völkervertragsrecht der Gemeinschaft nicht auf Assoziierungsabkommen beschränken. In der Judikatur des EuGH sind die Kriterien zur unmittelbaren Geltung im Rahmen von Assoziierungs- und „normalen“ Freihandelsverträgen dieselben.469 Es besteht demzufolge auch kein Unterschied in der Direktwirkung in den präferenziellen Abkommen mit Mexiko, Andorra, San Marino und den Färöer-Inseln, zu den übrigen, auf Basis von Art. 310 EGV geschlossenen, Assoziierungsabkommen. Die Direktwirkung von Abkommen gilt nicht nur hinsichtlich der darin eingeräumten Rechte, sondern auch bezüglich der enthaltenen individuellen Pflichtenstellungen. Voraussetzung dafür ist die Veröffentlichung des Abkommens im Amtsblatt der EU.470 Fehlt eine Veröffentlichung im Amtsblatt, so kann das Abkommen nur subjektive Rechte begründen.471 In der Literatur wird die unmittelbare Wirkung der völkerrechtlichen Abkommen der Gemeinschaft kaum in Frage gestellt.472 Die Kritik und Diskussion der Rechtsprechung des EuGH konzentriert sich vielmehr auf die fehlende direkte Geltung der WTO-Abkommen innerhalb des Gemeinschaftsrechts.473 Bei den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft kommen insbesondere den Bestimmungen hinsichtlich der Reduktion und Abschaffung der Zölle eine unmittelbare Wirkung zu. Dies erkennt man am Beispiel des Art. 11 Abs. 1 des Abkommens mit Marokko, der die Standardformulierung in den präferenziellen Abkommen zu diesem Bereich wiedergibt:

469

Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 284. EuGH C-192/89 (Sevince), Slg. der Rspr. 1990, S. I-3461, Rn. 24; Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1592, Rn. 1559; Petersmann, Ernst Ulrich: Auswärtige Gewalt, Völkerrechtspraxis und Völkerrechtsbindungen der Europäischen Gemeinschaft, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Stuttgart et al., 1975, S. 213–281 (S. 273). 471 Umkehrschluss aus EuGH C-192/89 (Sevince), Slg. der Rspr. 1990, S. I-3461, Fn. 24; siehe dazu auch: Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2501, Fn. 2563; Richter, Stefan: Die Assoziierung osteuropäischer Staaten, Fn. 407, S. 169. 472 Vedder, Christoph: Rechtswirkungen von Assoziationsratsbeschlüssen, Fn. 443, S. 207–208; Oehmichen, Alexander: Die unmittelbare Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Verträge der EG. Die EG-Freihandels- und Assoziierungsverträge und andere Gemeinschaftsabkommen im Spannungsfeld von Völkerrecht, Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, Frankfurt am Main et al., 1992, S. 117–119. 473 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2501–2502, Rn. 2566. 470

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

„Artikel 11 (1) Die Einfuhrzölle und die Abgaben gleicher Wirkung Marokkos auf Ursprungswaren der Gemeinschaft, die nicht in den Anhängen 3, 4, 5 und 6 aufgeführt sind, werden bei Inkrafttreten dieses Abkommens beseitigt.“

Aus dem Sinn und Zweck des Abkommens mit Marokko ergibt sich nichts, was der direkten Anwendung entgegensteht. Da diese Bestimmung insbesondere im Zusammenhang mit den Warenlisten in den Anhängen, auch klar und eindeutig formuliert und nicht von weiteren Rechtsakten abhängig ist, ist ihre direkte Anwendung zu bejahen. Ein Beispiel für eine fehlende Direktwirkung findet sich ebenfalls im Abkommen mit Marokko hinsichtlich des Dienstleistungsverkehrs: „Artikel 31 (1) Die Vertragsparteien kommen überein, das Recht von Gesellschaften der einen Vertragspartei auf Niederlassung im Gebiet der anderen Vertragspartei und die Liberalisierung der Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften der einen Vertragspartei für Leistungsempfänger in der anderen Vertragspartei in den Geltungsbereich dieses Abkommens einzubeziehen. (2) Der Assoziationsrat spricht die erforderlichen Empfehlungen zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zieles aus. [. . .]“

Die Direktwirkung dieser Bestimmung scheitert sowohl an der nötigen Klarheit der eingeräumten Rechte und Pflichten, als auch am Erfordernis der Bedingungslosigkeit, spricht doch der Assoziationsrat notwendige Empfehlungen aus. Die Bestimmung hat daher bloßen Programmcharakter und ist nur als Zielvorgabe des Abkommens zu qualifizieren. Der Unterschied hinsichtlich der Direktwirkung, wie auch hinsichtlich der unterschiedlichen Regelung im Bereich der Niederlassungsfreiheit wird aus der entsprechenden Bestimmung des Abkommens mit Chile deutlich: „Artikel 132 Inländerbehandlung In den in Anhang X aufgeführten Sektoren gewähren die Vertragsparteien unter den darin festgelegten Bedingungen und Voraussetzungen den juristischen und natürlichen Personen der anderen Vertragspartei hinsichtlich der Niederlassung eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die sie ihren eigenen juristischen und natürlichen Personen gewähren.“

Diese Bestimmung ist hinreichend klar, eindeutig und auch nicht von der Erlassung eines weiteren Rechtsaktes abhängig. Insbesondere im Anhang X des Abkommens sind die Sektoren, auf die diese Bestimmung anzuwenden ist, hinreichend spezifiziert. Der Bestimmung kommt damit direkte Wirkung im Gemeinschaftsrecht zu.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Eine genaue Aussage, welchen Bestimmungen in den Abkommen nun eine direkte Wirkung zukommt, lässt sich pauschal nicht treffen. Notwendig ist eine auf die jeweilige Bestimmung bezogene Analyse anhand der dargestellten Kriterien. Alle Abkommen sind aber so ausgestaltet, dass den Bestimmungen zur Liberalisierung des Warenverkehrs jedenfalls direkte Wirkung zukommt. 3. Die Direktwirkung gemischter Abkommen Bestimmungen, die in die ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft fallen, werden nach den dargestellten Kriterien des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich ihrer Direktwirkung ausgelegt. Umgekehrt stellen Bestimmungen im ausschließlichen Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten keinen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsordnung dar. Demzufolge können diese Bestimmungen auch nicht nach dem Gemeinschaftsrecht unmittelbare Geltung erlangen.474 Das Problem der Direktwirkung der gemischten Abkommen ist demzufolge ein Problem der Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten. In den Bereichen der Gemeinschaftskompetenz tritt die Direktwirkung nach den dargestellten Kriterien ein, während in den Bereichen der mitgliedsstaatlichen Kompetenzen die jeweiligen nationalen Regelungen zum Tragen kommen. Die Verteilung der Kompetenzen ist dabei, wie üblich, durch eine Analyse des Einzelfalls zu bestimmen. Dieses Ergebnis ist freilich nicht problemlos hinsichtlich der Rechtssicherheit. Denn es könnte der Fall eintreten, dass sich der EuGH und nationale Gerichte bei der Zuerkennung der Direktwirkung widersprechen.475 Dies ist insofern problematisch, als die Jurisdiktion des EuGH weiter reicht, als die entsprechenden Kompetenzen der Gemeinschaft.476 Soweit ersichtlich existieren aber noch keine konkreten Beispiele zu diesem Themenbereich.

474

Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1602, Rn. 1688; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2502, Rn. 2569; Stein, Klaus D.: Der gemischte Vertrag, Fn. 274, S. 134; a. A.: Bleckmann, Albert: Der gemischte Vertrag im Europarecht, in: EuR, Baden-Baden, 1976, S. 301–312 (S. 304–309), der von einer punktuellen Durchbrechung des EGV durch die gemischten Verträge ausgeht. 475 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 221–222 unter Bezugnahme auf die Problematik bei den Übereinkünften aus der WTO. 476 Siehe dazu: EuGH Verbundene Rechtssachen 300 und 392/98 (Parfums Christian Dior), Slg. der Rspr. 2000, S. I-11307, Rn. 32–40.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

4. Die Stellung der Gremienbeschlüsse Anschließend an die Klärung der Wirkung der Abkommen in der Gemeinschaftsrechtsordnung hat der EuGH Ende der achtziger Jahre in mehreren Entscheidungen die Stellung der durch die obersten Organe der Abkommen erlassenen Gremienbeschlüsse geklärt. Zuerst stellte der EuGH klar, dass die Beschlüsse der Gremien aufgrund ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit den Abkommen wie diese als ein integrierender Bestandteil des Gemeinschaftsrechts anzusehen sind.477 Stellen die Abkommen aber einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung dar, so erschien es nur folgerichtig, die Fragen zur direkten Wirkung der Organbeschlüsse nach denselben Kriterien zu entscheiden wie bei den Abkommen selbst.478 In der in dieser Frage tonangebenden Entscheidung Sevince führt der EuGH dazu aus: „Den Bestimmungen eines Beschlusses des Assoziationsrates kann eine solche Wirkung nur dann zuerkannt werden, wenn sie dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie sie für die Bestimmungen des Abkommens selbst gelten. In seinem Urteil [. . .] in der Rechtssache Demirel [. . .] hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens als unmittelbar anwendbar anzusehen ist, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen [. . .]. Anhand derselben Kriterien ist zu ermitteln, ob die Bestimmungen eines Beschlusses des Assoziationsrates unmittelbare Wirkung haben können.“479

Diese Erstreckung der Kriterien für die direkte Anwendung der Assoziationsratsbeschlüsse sind seither ständige und gesicherte Rechtsprechung480 und finden auch in der Literatur überwiegend Zustimmung.481 Eine gewisse Diskussion besteht lediglich über die dogmatische Einordnung der Beschlüsse der obersten Gremien im Gemeinschaftsrecht. Wie aus der SevinceEntscheidung ersichtlich, spricht der EuGH vom unmittelbaren Zusammenhang der Organbeschlüsse zu den Abkommen. Die Literatur geht daher bei den einstimmig zu fassenden Assoziationsratsbeschlüssen von einem völkerrechtlichen Vertragsschließungsverfahren in vereinfachter Form aus.482 477 EuGH 30/88 (Griechenland vs. Kommission), Slg. der Rspr. 1989, S. 3711, Rn. 13. 478 Gilsdorf, Peter: Rechtswirkungen, Fn. 399, S. 462. 479 EuGH C-192/89 (Sevince), Slg. der Rspr. 1990, S. I-3461, Rn. 14–15. 480 EuGH C-237/91 (Kus), Slg. der Rspr. 1992, S. I-6781, Rn. 28; EuGH C-277/94 (Taflan-Met), Slg. der Rspr. 1996, S. I-4085, Rn. 25. 481 Ott, Andrea: GATT und WTO im Gemeinschaftsrecht, Köln et al., 1996, S. 177; Gilsdorf, Peter: Rechtswirkungen, Fn. 399, S. 460–461.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Zwar sind für die Beschlüsse internationaler Organisationen diese Grundsätze ebenso anwendbar, aufgrund des meist vorherrschenden Mehrheitsprinzips statt der Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung durch die Gremien bestehen jedoch auch entscheidende Unterschiede. Nach der herrschenden Meinung ist dies problemlos, solange ein sog. opting out möglich ist, das ist die Möglichkeit, die Bindungswirkung durch einen Einspruch zu verhindern. Ist dies nicht gegeben, so bedarf der Gremienbeschluss eines Umsetzungsaktes durch die Gemeinschaft.483 Sämtliche Gremien aus den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft beruhen in ihrer Beschlussfassung auf dem Konsensprinzip. Ihre Beschlüsse bedürfen daher nicht der Umsetzung, sondern stellen von vornherein einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung dar. Sind die bei der Direktwirkung der Abkommen dargestellten Voraussetzungen gegeben, so sind auch die Gremienbeschlüsse unmittelbar anwendbar, sodass sich Bürger vor Gerichten direkt auf sie berufen können. Neben bindenden Beschlüssen können die Organe auch Empfehlungen aussprechen. Dadurch werden zwar keine Rechte Einzelner begründet, sodass eine Direktwirkung und damit eine Berufung vor den Gerichten auf diese Empfehlungen nicht möglich ist. Wie aber der Gerichtshof in der Rechtssache Deutsche Shell klargestellt hat, sind diese Empfehlungen ebenso wie die bindenden Beschlüsse Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung. Sie sind deshalb trotz fehlender Direktwirkung von den Gerichten bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen, insbesondere wenn sie bei der Auslegung der Bestimmungen des Abkommens von Nutzen sind.484

482

Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2504, Rn. 2576; Gilsdorf, Peter: Rechtswirkungen, Fn. 399, S. 461; Vedder, Christoph: Rechtswirkungen von Assoziationsratsbeschlüssen, Fn. 443, S. 210–211. 483 Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1601–1602, Rn. 1686; Gilsdorf, Peter: Rechtswirkungen, Fn. 399, S. 461–462; Vedder, Christoph: Rechtswirkungen von Assoziationsratsbeschlüssen, Fn. 443, S. 214; Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2504, Rn. 2575. Nach Schmalenbach bedürfen außerhalb von Art. 310 EGV zustande gekommene Beschlüsse internationaler Organisationen immer eines Umsetzungsakts. 484 EuGH C-188/91 (Deutsche Shell), Slg. der Rspr. 1993, S. I-363, Rn. 17–18; Vedder, Christoph/Folz, Hans-Peter: The International Practice of the European Communities: Current Survey, in: EJIL, Florenz, 1994, S. 448–463 (S. 452).

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

VIII. Beendigung und Aussetzung 1. Beendigung Zur Beendigung völkerrechtlicher Abkommen finden sich keine Bestimmungen im EGV. Unter teilweiser Berufung auf den Rechtsgedanken des actus contrarius geht die hM davon aus, dass bei der Beendigung des Abkommens die gleichen Regeln wie beim Abschluss des Abkommens anzuwenden sind.485 Für diese Ansicht spricht jedenfalls die 1991 geübte Praxis bei der Kündigung eines Kooperationsabkommens mit Jugoslawien. Der Rat stützte seinen diesbezüglichen Beschluss auf den nunmehrigen Art. 300 EGV und beachtete dabei die auch zum Abschluss notwendigen Verfahrenserfordernisse hinsichtlich eines Vorschlags der Kommission und der Zustimmung des Parlaments.486 Die Beendigung des Abkommens bedarf jedenfalls der materiell-rechtlichen Abstützung, die sich aus dem Vertrag selbst oder aus den allgemeinen Regeln und Prinzipien des Völkerrechts ergeben kann.487 Da die Hauptanwendung der Beendigung eines völkerrechtlichen Abkommens durch die Gemeinschaft in der Berufung auf die sog. Menschenrechtsklausel liegt, wird darauf in einem eigenen Kapitel gesondert eingegangen.488 2. Suspendierung Von der Beendigung des Abkommens ist seine Aussetzung oder Suspendierung zu unterscheiden. Bei der Suspendierung bleibt der Vertrag in Kraft, seine Anwendung wird aber ganz oder teilweise ausgesetzt. Die Suspendierung ist nach seiner Natur zeitlich befristet und stellt eine Alternative zur Beendigung des Vertrages dar. Für die Dauer der Suspendierung sind die Vertragspartner von der Erfüllung des Vertrages befreit.489 485 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 186; Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2488, Rn. 2459. Siehe auch: Krück, Hans: zu Art. 300 EGV, Fn. 290, S. 2367, Rn. 2342, der eine Anwendung des aus der Verfassungspraxis einiger Mitgliedsstaaten kommenden actus contrarius im Gemeinschaftsrecht nicht für angemessen hält, aber die Kündigung dennoch unter Einhaltung des normalen Abschlussverfahrens abhängig macht. 486 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluß des Rates vom 25. November 1991 zur Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, 91/602/EWG ABl. 325/23 vom 27.11.1991. 487 Mögele, Rudolf: zu Art. 300 EGV, Fn. 244, S. 2488, Rn. 2460. 488 Siehe Kapitel E., S. 148. 489 Diez de Velasco, Manuel: Instituciones, Fn. 306, S. 206; Feist, Christian: Kündigung, Rücktritt, und Suspendierung von multilateralen Verträgen, Berlin, 2001, S. 133.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Im Gegensatz zur Beendigung des Vertrags wird seine Suspendierung in Art. 300 Abs. 2 EGV ausdrücklich erwähnt. Demnach handelt wie beim Abschluss des Abkommens der Rat auf Vorschlag der Kommission. Das Europäische Parlament wird allerdings lediglich unterrichtet, eine Zustimmung oder Stellungnahme durch das Parlament ist nicht vorgesehen. Der Sinn im Ausschluss des europäischen Parlaments liegt in der schnellen Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft bei schwerwiegenden Vertragsbrüchen, insbesondere bei schweren Menschenrechtsverletzungen durch den Vertragspartner. In Hinblick auf die Schwierigkeiten der Gemeinschaft bei der Suspendierung des Kooperationsabkommens mit Jugoslawien 1991,490 enthalten nunmehr alle ab 1992 geschlossenen Abkommen der Gemeinschaft Nichterfüllungsklauseln, die eine rasche Reaktion der Gemeinschaft ermöglichen.491 Hinsichtlich der Mehrheitserfordernisse gilt Art. 300 Abs. 2 UAbs. 1 EGV. Demnach ist im Rat eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, es sei denn, es handelt sich um Assoziationsabkommen nach Art. 310 EGV, oder wenn das Abkommen einen Bereich betrifft, für den intern Einstimmigkeit vorgesehen ist.492 3. Beendigung und Suspendierung gemischter Abkommen a) Die Beendigung und Suspendierung gemischter Abkommen Im Rahmen gemischter Abkommen, wie sie insbesondere bei den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft Anwendung finden, ist die Suspendierung und Beendigung technisch schwieriger. Denn Vertragspartner sind neben der Gemeinschaft auch die einzelnen Mitgliedsstaaten. Aus dieser Zweigleisigkeit ergeben sich allerdings Probleme hinsichtlich der formellen Beendigung oder Suspendierung der Abkommen. In den Abkommen der Gemeinschaft ist regelmäßig vorgesehen, dass sie erst in Kraft treten, wenn die Vertragsparteien einander den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren notifiziert haben.493 Vertragsparteien eines 490 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 11. November 1991 zur Aussetzung der Handelszugeständnisse nach dem Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, 1991/3300/EWG ABl. L 315/1 vom 5.11.1991. Unterscheide die Suspendierung von der parallel erfolgten Beendigung des Abkommens (siehe den Nachweis in Fn. 486). 491 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2492–2493, Rn. 2443; Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 186. 492 Schmalenbach, Kirsten: zu Art. 300 EGV, Fn. 236, S. 2493, Rn. 2444.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

gemischten Abkommens sind neben dem Drittstaat die Gemeinschaft und die einzelnen Mitgliedsstaaten, was ja gerade das Wesen eines gemischten Abkommens ausmacht. Der Vertrag tritt demzufolge erst nach erfolgter Ratifizierung durch die Gemeinschaft und jedes einzelnen Mitgliedstaates in Kraft. Obwohl weder die jeweiligen Abkommen, noch der EGV Stellung zur Beendigung gemischter Abkommen nehmen, würde im Lichte seiner Entstehung alles andere als die gemeinsame Beendigung des gemischten Vertrags keinen Sinn machen. Die Beendigung richtet sich in diesem Punkt demnach wieder nach dem actus contrarius im Verhältnis zu seinem Zustandekommen.494 Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten können den gemischten Vertrag nur gemeinsam schließen und daher folgerichtig auch nur gemeinsam beenden. Im Fall der Kündigung des bereits erwähnten Kooperationsabkommens mit Jugoslawien haben beispielsweise die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten im Einvernehmen gehandelt.495 Das dabei anzuwendende Verfahren richtet sich nach den jeweiligen internen Bestimmungen, im Rahmen des EGV also nach Art. 300 EGV. Bei den Mitgliedsstaaten steht das Recht zur Kündigung üblicherweise den Regierungen zu, eine Beteiligung der Parlamente ist in der Regel nicht vorgesehen.496 493

Siehe hier als Beispiel Art. 198 Abs. 1 2. Halbsatz des Abkommens der EU mit Chile. Dabei handelt es sich um eine Standardformulierung. Siehe u. a. die wortgleichen oder ähnlichen Formulierungen in Art. 14 des Abkommens mit Andorra, Art. 127 des Abkommens mit Mazedonien, Art. 129 mit Kroatien, Art. 60 mit Mexiko, Art. 110 des Abkommens mit Algerien, Art. 107 des Abkommens mit Jordanien oder Art. 92 des Abkommens mit Ägypten. 494 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 232–233; Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1593, Rn. 1562; Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, in: Alston, Philip (Hrsg.), The EU and Human Rights, Oxford, 1999, S. 723–754 (S. 735); a. A. aber offensichtlich: Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality in the EU’s International Agreements, Oxford, 2005, S. 174–175, der auf den Umstand verweist, dass im Falle der Suspendierung andere Motive als bei der Suspendierung ausschlaggebend sind und der actus contrarius aus diesem Grund nicht anwendbar ist. 495 Rat der Europäischen Gemeinschaften und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten: Beschluss des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 11. November 1991 zur Aussetzung der Anwendung der Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, 91/586/EGKS, EWG ABl. L 315/47 vom 15.11.1991. Obwohl prinzipiell die Suspendierung der Abkommen betreffend, nimmt der Beschluss auch auf die Kündigung Bezug. 496 Tomuschat, Christian: zu Art. 300 EGV, Fn. 301, S. 1593, Rn. 1561 mit den dortigen Nachweisen in Fn. 85.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Auch im Fall der Suspendierung des Abkommens haben die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten prinzipiell einvernehmlich zu handeln, wie sie dies auch in der Aussetzung des Abkommens mit Jugoslawien getan haben.497 Eine Suspendierung des gesamten Abkommens verlangt also wie bei der Beendigung das gemeinsame Handeln der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten.498 b) Teilsuspendierung aa) Teilsuspendierung durch die Gemeinschaft Im Gegensatz zur Beendigung und zur Kündigung völkerrechtlicher Abkommen, ist nach dem Völkerrecht in den Art. 60 und 62 WVK ausdrücklich die Möglichkeit zur Teilsuspendierung vorgesehen. Es ist daher zu untersuchen, inwieweit nach internem Recht der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten das Recht auf Teilsuspendierung im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen zukommt. Neben der gemeinsamen Aussetzung durch die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten wurde das Kooperationsabkommen mit Jugoslawien zusätzlich auch nur von der Gemeinschaft hinsichtlich der darin enthaltenen Handelszugeständnisse teilsuspendiert.499 Diese doppelte Suspendierung wurde vermutlich aus Gründen der Rechtssicherheit gewählt, insbesondere in Berücksichtigung der involvierten Interessen Privater.500 Aus dem überaus engen Zusammenhang, der am selben Tag beschlossenen Teilsuspendierung durch die Gemeinschaft gegenüber der Gesamtsuspendierung im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten lässt sich erkennen, dass letztere die Vorgehensweise der Gemeinschaft zur Teilsuspendierung anerkannt haben dürften. Zwar sind die Mitgliedsstaaten ebenso wie die Gemeinschaft Vertragsparteien des Abkommens und damit von einer einseitigen Teilsuspen497 Rat der Europäischen Gemeinschaften und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten: Beschluss des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 11. November 1991 zur Aussetzung der Anwendung der Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, 91/586/EGKS, EWG ABl. L 315/47 vom 15.11.1991. 498 Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 209. 499 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 11. November 1991 zur Aussetzung der Handelszugeständnisse nach dem Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, 1991/3300/EWG ABl. L 315/1 vom 5.11.1991. 500 Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 209 in den Fn. 255 und 256.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

dierung auch hinsichtlich ihrer Zuständigkeiten im Abkommen zumindest politisch betroffen. Den Mitgliedsstaaten bleibt aber die mittelbare Einflussmöglichkeit im Rat, der das Organ zur gemeinsamen Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft darstellt. Ein gemeinsames Auftreten ist gerade im Bereich der Handelspolitik entscheidend für das Funktionieren des Binnenmarktes.501 Dem entgegen steht jedoch prinzipiell die Rechtsprechung des EuGH, der die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten zur Zusammenarbeit bei der Durchführung internationaler gemischter Abkommen verpflichtet.502 Die Argumentation des EuGH zur Zusammenarbeitspflicht halte ich für richtig und kann m. E. auch zur Begründung für die Beendigung und die vollständige Suspendierung der Abkommen herangezogen werden. Eine Ausnahme besteht jedoch hinsichtlich der Teilsuspendierung. Denn in diesem Zusammenhang ist die vom EuGH angeführte einheitliche völkerrechtliche Vertretung der Gemeinschaft eben nicht gefährdet. Die EG handelt, wie in anderen Aspekten der gemeinsamen Handelspolitik auch, ausschließlich innerhalb ihrer eigenen Kompetenzen und damit in Vertretung ihrer Mitglieder. Die Mitgliedsstaaten sind davon nicht mehr als von jeder anderen handelspolitischen Entscheidung der Gemeinschaft betroffen. Die Gemeinschaft kann daher jene Teile der Abkommen aussetzen, die in ihre Zuständigkeit fallen.503 bb) Teilsuspendierung durch einen Mitgliedsstaat Komplizierter ist der umgekehrte Fall, inwieweit einzelnen Mitgliedsstaaten das Recht auf Teilsuspendierung eines gemischten Abkommens in ihren Kompetenzbereichen zukommt. Die entsprechenden Nichterfüllungsklauseln in den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft sind beinahe identisch: So heißt es beispielsweise in Art. 90 Abs. 2 des Abkommens der EG mit Marokko: 501

Taraschka, Klaus: Die Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Handelspolitik, Frankfurt am Main et al., 2002, S. 6. 502 Siehe dazu z. B. die bereits wiedergegebenen Ausführungen des EuGH im FAO-Urteil auf S. 117 sowie die dortigen Nachweise in Fn. 414. 503 Im Sinne einer Befugnis zur Teilsuspendierung durch die Gemeinschaft auch: Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 209; Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 233; siehe im Ansatz hinsichtlich des Spezialfalls konkurrierender Zuständigkeiten: Rosas, Allan: Mixed Union – Mixed Agreements, in: Koskenniemi, Martti (Hrsg.), International Law Aspects of the European Union, Den Haag et al., 1998, S. 125–148 (S. 135). In diesem Fall wäre eine Suspendierung der Gemeinschaft auch in Kompetenzbereichen der Mitgliedsstaaten denkbar.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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„(2) Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass die andere Vertragspartei einer Verpflichtung aus diesem Abkommen nicht nachgekommen ist, so kann sie geeignete Maßnahmen treffen. [. . .] Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren dieses Abkommens am wenigsten stören [. . .]“504

Demnach ist jede Vertragspartei berechtigt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wovon auch die Suspendierung des Abkommens erfasst ist. Vertragspartei ist neben der Gemeinschaft auch jeder einzelne Mitgliedsstaat, worin ja gerade das Wesen eines gemischten Abkommens liegt. Eine gegenteilige Interpretation ist nach dem an sich eindeutigen Wortlaut dieser Nichterfüllungsklauseln nur schwer zu argumentieren. Dem gegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass das alleinige Handeln eines Mitgliedsstaates weitreichende Auswirkungen auf die Gemeinschaft und die anderen Mitgliedsstaaten haben kann. Dies um so mehr, da die präferenziellen Abkommen eben bilateral und nicht multilateral strukturiert sind.505 Zudem ist der Umstand zu beachten, dass die Mitgliedsstaaten das völkerrechtliche Abkommen nicht nur als souveräne Staaten, sondern im Kontext der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft geschlossen haben.506 Denkbar wäre in diesem Sinne eine Argumentation über Art. 10 EGV, nachdem die Mitgliedsstaaten alle Maßnahmen zu unterlassen haben, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags (gemeint ist der EGV, Anm.) gefährden könnten.507 Anders als bei der Teilsuspendierung durch die Gemeinschaft folgt aus der bereits zitierten Rechtsprechung des EuGH in diesem Fall eine Obligation der Mitgliedsstaaten zur Zusammenarbeit. 504

Auch hierbei handelt es sich wiederum um eine Standardformulierung. Siehe diesbezüglich wieder u. a. die wortgleichen oder sehr ähnlichen Bestimmungen in Art. 119 Abs. 2 des Europaabkommens mit Rumänien, Art. 90 Abs. 2 des Mittelmeerabkommens mit Tunesien, Art. 3 des Abkommens mit Südafrika, Art. 79 Abs. 2 des Mittelmeerabkommens mit Israel oder Art. 58 Abs. 1 des Abkommens mit Mexiko. 505 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 234. 506 In den Präambeln der Europaabkommen mit Estland, Lettland, Litauen und Slowenien wird explizit auf den Kontext zur EU Bezug genommen. Dies ist aber implizit auch mangels ausdrücklicher Erwähnung für alle der präferenziellen Abkommen anzunehmen und auf den Bereich der Europäischen Gemeinschaft erstreckbar. Europaabkommen EU-Estland vom 12.6.1995, ABl. L 68/3 vom 9.3.1998; Europaabkommen EU-Lettland vom 12.6.1995, ABl. L 26/3 vom 2.2.1998; Europaabkommen EU-Litauen vom 12.6.1995, ABl. L 51/3 vom 20.2.1998; Europaabkommen EU-Slowenien vom 10.6.1996, ABl. L 51/3 vom 26.2.1999. 507 So auch: Barav, Ami: General Discussion (First Day): Reservations with respect to and denunciations of mixed agreements, in: Timmermans, Christiaan/Völker, E.L.M. (Hrsg.), Division of powers between the European Communities and their Member States in the field of external relations, Amsterdam, 1981, S. 90–91 (S. 90–91).

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Dass Art. 10 EGV in diesem Bereich zu berücksichtigen ist, erkennt man am Beschluss 1/78, in dem der EuGH im Rahmen des EAV zur Frage der Zusammenarbeit Stellung genommen hat. Dabei nimmt der EuGH ausdrücklichen Bezug auf den mit Art. 10 EGV wortgleichen Art. 192 EAV.508 In seinen späteren Entscheidungen hinsichtlich der Verpflichtung zur Zusammenarbeit im Rahmen des EGV hat der EuGH dann auch mehrfach den Beschluss 1/78 herangezogen.509 Wie bereits dargelegt, haben die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bei der allgemeinen Vertretung in den Abkommen auf eine direkte Vertretung verzichtet und sind nur mittelbar durch das Koordinationsorgan Rat in den jeweiligen obersten Gremien vertreten.510 Die obersten Gremien stellen üblicherweise auch die erste Anlaufstelle bei der Streitbeilegung in den Abkommen dar,511 sodass sich in diesem Fall automatisch eine Pflicht zur Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten mit der Gemeinschaft ergibt. Zwar ist die Konsultation des obersten Gremiums in dringenden Fällen nicht geboten, worunter beispielsweise nach Art. 200 Abs. 3 des Abkommens mit Chile auch eine Verletzung der Menschenrechtsklausel zählt. Die fehlende direkte Vertretung der Mitgliedsstaaten im Streitfall kann aber dennoch als Indiz für eine Pflicht zur Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten auch in den Fällen der dringenden Teilsuspendierung gewertet werden. Dass die Gemeinschaft auch im Bereich mitgliedsstaatlicher Kompetenzen im Namen ihrer Mitglieder handeln kann, gilt mittlerweile als unbestritten.512 Im Rahmen der vom EuGH geforderten einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft erscheint daher eine Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft hinsichtlich der Suspendierung des Abkommens auch in den Fällen notwendig, in denen die Verletzung gegen nur einen Mitgliedsstaat stattfindet. Während nämlich ein Tätigwerden der Gemeinschaft eine einheitliche und gemeinsame Vertretung nach außen garantiert, ist dies beim Handeln einzelner Mitgliedsstaaten nicht der Fall. Denkbar wäre nämlich auch der Fall, dass zwei oder mehr Mitgliedsstaaten betroffen sind und sich widersprechende Maßnahmen setzen.513 508 EuGH Beschluss 1/78 (Entwurf der Internationalen Atomenergieorganisation zu einem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten), Slg. der Rspr. 1978, S. 2151, Rn. 33–36. 509 Siehe die Nachweise in Fn. 416. 510 Siehe dazu Kapitel D.V., S. 111. 511 Siehe als Beispiele die Art. 200 Abs. 2 des Abkommens mit Chile, Art. 118 Abs. des Europaabkommens mit Bulgarien sowie Art. 86 Abs. 2 des Abkommens mit Ägypten. 512 Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 112. 513 Im Endeffekt auch für eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit aber relativ offen: Heliskoski, Joni: Mixed agreements, Fn. 276, S. 234–235.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Welche Mehrheiten für eine Teilsuspendierung durch die Mitgliedsstaaten notwendig sind, ist mangels einer einschlägigen Bestimmung nicht sofort ersichtlich. Angesichts der weitreichenden politischen Auswirkungen einer Suspendierung und der Wahrung der einzelnen nationalen Hoheitsrechte ist wiederum vom Erfordernis der Einstimmigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten auszugehen. Diese Ansicht wird durch die Tatsache gestützt, dass aufgrund eines internen Übereinkommens im Abkommen von Cotonou lediglich die qualifizierte Mehrheit für die Teilsuspendierung notwendig ist.514 Wären die Mitgliedsstaaten der Ansicht, dass generell nur eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, so wäre diese Regelung überflüssig. c) Suspendierung im Rahmen der Assoziation mit der Türkei und dem Abkommen von Cotonou Im Rahmen des Abkommens von Cotonou richtet sich die Suspendierung nach den Art. 96 und 97. Nach Art. 96 AKP-Abkommen können bei einer Vertragsverletzung geeignete Maßnahmen getroffen werden. Dabei sind nach Art. 96 Abs. 2 lit. c jene Maßnahmen zu wählen, die die Durchführung des Abkommens am wenigsten behindern sowie im Verhältnis zur erfolgten Vertragsverletzung und im Einklang mit dem Völkerrecht stehen. Die Aussetzung des Abkommens hat dabei das letzte Mittel darzustellen. Ausdrücklich nimmt Art. 96 auf die Achtung der Menschenrechte in Art. 9 Abs. 2 Bezug, die einen wesentlichen Vertragsbestandteil darstellen. In diesem Fall sind nach Maßgabe des Art. 96 Abs. 2 lit. b sofortige Maßnahmen ohne vorherige Konsultationen möglich. Nach Art. 97 Cotonou-Abkommen besteht in Fällen schwerer Korruption die Möglichkeit, Maßnahmen analog zu Art. 96 zu ergreifen, wenn die Gemeinschaft ein wichtiger Partner bei der finanziellen Unterstützung der Wirtschaftspolitik ist. Auf Verlangen einer Vertragspartei haben den Maßnahmen höchstens 60 Tage dauernde Konsultationen vorauszugehen. Das Bemerkenswerte an der Suspendierung des Abkommens von Cotonou ist jedoch die Entscheidungsfindung innerhalb der Gemeinschaft. Diese ist nämlich durch ein internes Abkommen der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten im Rat geregelt und berücksichtigt somit auch die Besonderheiten der gemischten Abkommen.515 Nach Art. 3 ist für die Durchführung der Art. 96 und 97 des Abkommens von Cotonou der Rat zuständig. Das Initiativrecht ist in diesem Fall geteilt. Neben der Kommission kommt nach Art. 3 2. Abschnitt das Initiativrecht auch einem Mitgliedsstaat zu, wenn 514 515

Siehe zur Sonderregelung im Abkommen von Cotonou sogleich. Internes Abkommen ACP vom 18.9.2000, ABl. L 317/376 vom 15.12.2000.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

die beabsichtigten Maßnahmen in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten fallen. Der Rat beschließt hinsichtlich von Konsultationen und der Teilsuspendierung mit qualifizierter Mehrheit, bei der vollständigen Suspendierung des Abkommens einstimmig. Das interne Abkommen zur Durchführung des Assoziationsabkommens mit der Türkei516 enthält keine gesonderten Bestimmungen hinsichtlich der Kündigung oder Suspendierung des Abkommens, sondern lediglich mit der Vertretung der Gemeinschaft im vom Abkommen geschaffenen Assoziationsrat.517 Dabei muss man sich aber stets vor Augen halten, dass das Abkommen mit der Türkei etwa 40 Jahre älter ist, als jenes mit den AKPStaaten. So enthält auch das Abkommen selbst noch keine spezifische Erwähnung der Suspendierung und insbesondere auch keine Menschenrechtsund Demokratieklausel als Hauptanwendungsfall dieser vertraglichen Aussetzung der Abkommen. Bei einer allfälligen Suspendierung aus dem Abkommen mit der Türkei wird man daher auf die herausgearbeiteten Grundsätze bei den restlichen Abkommen zurückgreifen müssen. Als Indiz kann gewertet werden, dass nach Art. 1 lit. b des Durchführungsübereinkommens Einstimmigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten erforderlich ist.

IX. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel D Sämtliche der präferenziellen Abkommen sind von der Europäischen Gemeinschaft, jene mit europäischen Staaten zusätzlich von der Europäischen Atomgemeinschaft geschlossen worden. Die zweite und dritte Säule der Europäischen Union spielt bei den präferenziellen Abkommen keine Rolle, anzuwendendes Recht ist daher der EGV. Die daraus resultierenden Rechtsprobleme beziehen sich naturgemäß zum überwiegenden Teil auf das Recht der Außenbeziehungen der Europäischen Gemeinschaft. Die Gemeinschaft kann nur innerhalb der Grenzen des EGV tätig werden und besitzt demzufolge nur jene Kompetenzen, die ihr von den Mitgliedsstaaten übertragen worden sind. Da dem EGV ein Kompetenzkatalog wie in nationalen Verfassungen fremd ist, bedarf es zur Kompetenzbestimmung einer Analyse des Vertrages und des in einem Kompetenzbereich erlassenen Sekundärrechts. Ausdrückliche, im EGV erwähnte Außenkompetenzen besitzt die Gemeinschaft u. a. im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik, der Assoziierung mit Drittstaaten und der Entwicklungszusammenarbeit. 516 Internes Durchführungsabkommen zum Abkommen mit der Türkei vom 12.9.1963, ABl. 217/3703 vom 29.12.1963. 517 Siehe dazu schon auf S. 119 in Kapitel D.V.1.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Die gemeinsame Handelspolitik begründet eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft, das heißt, dass die Mitgliedsstaaten in diesem Bereich nicht mehr tätig werden können. Dem gegenüber ist im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit ein Handeln der Mitgliedsstaaten parallel zur Gemeinschaft möglich. Neben diesen expliziten Zuständigkeiten hat die Gemeinschaft aber auch implizite Außenkompetenzen, die sich implizit aus dem Sekundärrecht der EG ergeben. Im Wesentlichen begründet eine Innenkompetenz der Gemeinschaft auch eine Kompetenz nach außen, es herrscht also Parallelität der Innen- und Außenkompetenzen. Überall dort, wo die Gemeinschaft bereits umfassend rechtsetzend tätig geworden ist, ist somit eine Tätigkeit der Mitgliedsstaaten nach außen ausgeschlossen. Eine Sonderstellung nehmen die Bestimmungen von Art. 133 Abs. 5 und 6 EGV zum Dienstleistungshandel ein. Dabei handelt es sich nämlich im Gegensatz zur Gemeinsamen Handelspolitik nach Art. 133 Abs. 1–4 EGV nicht um eine Kompetenz-, sondern um eine reine Verfahrensnorm. Zum Abschluss völkerrechtlicher Verträgen in diesen Bereichen muss daher wie bei den impliziten Kompetenzen das Sachgebiet durch gemeinschaftliche Rechtsakte besetzt worden sein. In Kompetenzbereichen, in denen die Gemeinschaft ein Gebiet nur teilweise besetzt hat, ist die Gemeinschaft entsprechend der Parallelität der Innen- und Außenkompetenzen auch nur teilweise zum Abschluss von völkerrechtlichen Abkommen kompetent. Gelöst wird dieses Problem, indem die Gemeinschaft solche Abkommen gemeinsam mit ihren Mitgliedsstaaten in Form so genannter gemischter Abkommen abschließt. Vertragspartner sind die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten auf der einen und der oder die jeweiligen Partnerstaaten auf der anderen Seite. Genehmigt werden die Abkommen nach den jeweiligen Vorschriften der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten. Die gemischten Abkommen spielen in den Außenbeziehungen der Gemeinschaft im Allgemeinen und bei den präferenziellen Abkommen im Speziellen eine große Rolle. Im Jahr 2000 waren ca. 20% aller Gemeinschaftsabkommen gemischte Abkommen. Mit Ausnahme der Verträge mit der Schweiz, Andorra sowie den Färöer-Inseln wurden von den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft alle Abkommen als gemischte Abkommen geschlossen. Diese Ausnahmen begründen sich hauptsächlich mit dem Alter des Abkommens mit der Schweiz sowie der geringen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung bei den Abkommen mit Andorra und den Färöern. Bei den gemischten Abkommen muss zwischen deren Möglichkeit und deren Notwendigkeit unterschieden werden. Notwendig ist der Abschluss eines gemischten Abkommens immer dann, wenn angesichts der zu regeln-

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

den Materie die Kompetenzen nicht allein bei der Gemeinschaft oder den Mitgliedsstaaten liegen. Dem gegenüber ist ein gemischtes Abkommen möglich, wenn die Gemeinschaft in einem Sachbereich zwar teilweise ihre potenziellen Kompetenzen ausgeübt, sie aber noch nicht vollständig harmonisiert hat. Alle der gemischten präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft sind aufgrund des politischen Willens der Mitgliedsstaaten und somit nicht aus Notwendigkeit geschlossen worden. Die Mitgliedsstaaten sichern sich so über ihre nationalen Zustimmungsverfahren ein mittelbares Veto und können nationale Sonderinteressen in die Abkommen hineinverhandeln. Die Verhandlungen und der Abschluss der präferenziellen Abkommen gestalten sich in der Regel so wie bei allen anderen Gemeinschaftsabkommen auch. Verhandlungsführerin ist die Kommission, bei den gemischten präferenziellen Abkommen üblicherweise auch im Namen der Mitgliedsstaaten. Diese beschränken sich in der Regel auf eine Einflussnahme auf den Verhandlungsverlauf. Unterzeichnet und abgeschlossen wird der Vertrag durch den Rat, der einstimmig entscheidet. Bei gemischten Abkommen schließen die Mitgliedsstaaten nach ihren jeweiligen nationalen Verfahren ab. Nach dem Art. 18 WVK darf Ziel und Zweck eines Vertrags ab seiner Unterzeichnung nicht mehr vereitelt werden. Wie der Europäische Gerichtshof erster Instanz festgestellt hat, entspricht dies dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Verstößt die Gemeinschaft gegen diesen Vertrauensschutz, so besteht auch für betroffene Einzelpersonen ein Klagerecht vor dem Europäischen Gericht erster Instanz. Eine Kompetenz der Kommission zum Abschluss von Abkommen besteht, entgegen dem widersprüchlichen Wortlaut von Art. 300 EGV, nicht. Im Gegensatz zu den Verhandlungen ist beim Abschluss des Vertrags aber auch das Parlament beteiligt. Diesem kommt aufgrund der Struktur der präferenziellen Abkommen dabei das Recht zur Mitentscheidung zu, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um Assoziationsabkommen handelt. Aufgrund des nahezu identischen Aufbaus der institutionellen Bestimmungen handelt es sich dabei jeweils um assoziationsähnliche Abkommen, die nach Art. 300 EGV ebenso zustimmungspflichtig sind. Um der langen Ratifikationsdauer bei den gemischten Abkommen Rechnung zu tragen, schließt die Gemeinschaft neben den eigentlichen präferenziellen Abkommen Interimsabkommen, um die wichtigen Handelsliberalisierungen vorläufig in Geltung zu setzen. Bei diesen Interimsabkommen handelt es sich um eigenständige völkerrechtliche Abkommen, die ausschließlich im Rahmen der Gemeinschaftskompetenzen geschlossen werden. Im Abkommen mit Chile wurden einzelne Bestimmungen des Hauptabkommens vorläufig in Geltung gesetzt.

D. Der Lebenszyklus der präferenziellen Abkommen

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Jedes der präferenziellen Abkommen richtet ein gemeinsames Gremium ein, dessen Bezeichnung dem Hauptabkommen folgt. Die gebräuchlichste Bezeichnung ist daher Assoziationsrat. In der Mehrzahl der präferenziellen Abkommen ist die Gemeinschaft durch den Rat vertreten, eigene Vertreter der Mitgliedsstaaten sind nicht üblich. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass die Mitgliedsstaaten nicht in den obersten Gremien vertreten sind. Vielmehr kommt dem Rat eine Doppelfunktion zu, indem er einerseits die Gemeinschaft, und in einer koordinierenden Funktion im Rahmen ihrer Kompetenzen auch die Mitgliedsstaaten vertritt. Während bei den Gemeinschaftskompetenzen das vereinfachte Verfahren nach Art. 300 Abs. 2 EGV ohne Beteiligung des Parlaments anzuwenden ist, ist im Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten der EGV nicht anwendbar. Somit ist in diesem Fall vom Erfordernis der Einstimmigkeit auszugehen, es sei denn, die Mitgliedsstaaten haben, wie bei den Abkommen mit den AKP-Staaten oder der Türkei, eine abweichende Vereinbarung geschlossen. Bei den gemischten Abkommen, bei denen die Zuständigkeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten geteilt ist, stellt sich die Frage, wer dem Vertragspartner für die Erfüllung des Abkommens haftet. Bei den präferenziellen Abkommen sind zwei Typen der Aufteilung der Verantwortung zu unterschieden. Bei den Verträgen, die keine Aufteilung der Kompetenzen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten vorsehen, ist von einer gemeinsamen Verantwortung auszugehen. Dem gegenüber enthalten die Mehrzahl der präferenziellen Abkommen so genannte allgemeine Bindungsklauseln, die die Kompetenzen im Präferenzvertrag anhand der Kompetenzverteilung im EGV festlegen. Da in diesem Fall die Trennung der Verantwortlichkeit im Vertrag festgehalten ist, die Vertragspartner aber aufgrund der Komplexität des Gemeinschaftssystems die Kompetenzen auch nicht bestimmen können, müssen sie jenen Verantwortlichen akzeptieren, der ihnen von der Gemeinschaftsgruppe genannt wird. Solange die Gemeinschaft politisch nicht zerfällt, ist die praktische Relevanz des Themas aber gering. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nehmen die völkerrechtlichen Abkommen einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsordnung ein. Aus der Judikatur des EuGH ergibt sich auch, dass bis auf die Abkommen der WTO alle Abkommen unmittelbar im Gemeinschaftsrecht wirken. Sie stehen dabei zwischen primärem und sekundärem Gemeinschaftsrecht und binden so auch alle Organe der Gemeinschaft. Immer wenn die Bestimmungen eines Abkommens klar und eindeutig sind und nicht von der Erlassung eines weiteren Rechtsaktes abhängen, kommt ihnen auch Direktwirkung zu, das heißt, dass Einzelpersonen sich vor Gerichten direkt auf sie berufen können. Beschlüsse der obersten Gremien haben diesbezüglich die gleiche

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Wirkung. Sie wirken ebenso wie die Abkommen selbst unmittelbar im Gemeinschaftsrecht und können auch unter denselben Kriterien Direktwirkung gegenüber Einzelpersonen entfalten. Hinsichtlich der Kündigung von Abkommen finden sich keine Bestimmungen im EGV. Im Licht des actus contrarius ist aber davon auszugehen, dass dafür die gleichen Verfahren wie beim Abschluss des Abkommens anzuwenden sind. Im Gegensatz zur Kündigung ist die Suspendierung der Abkommen in Art. 300 EGV geregelt, der ein vereinfachtes und damit schnelles Verfahren ohne Beteiligung des Parlaments vorsieht. Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Gemischten Abkommen. Um das gesamte Abkommen zu kündigen oder zu suspendieren, bedarf es eines gemeinsamen Handelns der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten, haben sie das Abkommen doch auch gemeinsam geschlossen. Will die Gemeinschaft jene Teile des Abkommens suspendieren, die in ihre Zuständigkeit fallen, so kann sie das ohne Beteiligung der Mitgliedsstaaten tun. Umgekehrt sind die Mitgliedsstaaten aber bei der Teilsuspendierung in ihren Kompetenzbereichen zur Zusammenarbeit verpflichtet, was sich aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Mitgliedsstaaten in den Abkommen erklärt. Die Mitgliedsstaaten müssen dabei einstimmig handeln, es sei den sie haben wie beim Abkommen von Cotonou gesonderte Vereinbarungen getroffen, sodass hier für die Teilsuspendierung die qualifizierte Mehrheit ausreicht.

E. Die Menschenrechtsklauseln der EG in den präferenziellen Abkommen I. Die Entwicklung der Menschenrechtsklauseln Der Ursprung der Menschenrechtsklauseln findet sich in den Abkommen zur Entwicklungshilfe der EG. In den beiden Abkommen von Yaoundé aus den sechziger Jahren finden sich mit dem Verweis auf die Prinzipien der Vereinten Nationen in den Präambeln allerdings nur sehr schwache Erwähnungen der Menschenrechte.518 Mehr als eine Absicht zur Stärkung der Entwicklung der Menschenrechte durch diese Abkommen lässt sich daraus aber nicht ableiten.519 Noch Mitte der siebziger Jahre ging die Gemeinschaft in Übereinstimmung mit der vorherrschenden internationalen Meinung, aber entgegen ersten Ansätzen in den USA, noch von der Annahme 518 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 8–9 Abkommen von Yaoundé I vom 20.7.1963, ABl. 93/1431 vom 11.6.1964 Abkommen von Yaoundé II vom 29.7.1969, ABl. L 282/2 vom 28.12.1970. 519 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 9.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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aus, dass Entwicklung eine Bedingung für Menschenrechte sei und nicht umgekehrt.520 Durch den EG-Beitritt Großbritanniens wurde das System der Einwicklungshilfe auf deren ehemaligen Kolonien erweitert, was 1975 im Abschluss des Abkommens Lomé I mündete. Aufgrund einer verfehlten Politik Großbritanniens zur Etablierung der Demokratie in den in die Unabhängigkeit entlassenen Staaten ging der Respekt für die britische Auffassung von demokratischen Prinzipien in den ehemaligen Kolonien weitgehend verloren. Da sich auch auf Gemeinschaftsseite keine einheitliche Linie durchsetzen konnte, wurde aus der Not die Tugend der Politik der Nicht-Einmischung. Die Menschenrechtsbezüge im ersten Lomé-Abkommen gingen daher nicht über die schon in den Yaoundé-Abkommen enthaltenen Verweise auf die Prinzipien der Vereinten Nationen hinaus.521 Einen Wendepunkt brachten 1977 die schweren Menschenrechtsverletzungen in Uganda durch den Diktator Idi Amin. Da in Lomé I eben keine ausreichende Handhabe zu einer Suspendierung des Abkommens anlässlich des in Uganda stattfindenden Genozids enthalten war, war die Gemeinschaft prinzipiell gezwungen, das Abkommen zu erfüllen. Die Gemeinschaft bemühte sich allerdings, die Zahlungen an Uganda bis zum Sturz Amins 1979 auf inoffiziellem Weg weitestgehend zu verzögern. Im Endeffekt wurden etwa 5 % der zugesagten Mittel tatsächlich ausbezahlt.522 Während also das faktische Ergebnis durchaus zufrieden stellend ausfiel, konnte die juristische Ebene aufgrund einer fehlenden Handhabe gegen den Diktator nicht überzeugen.523 Im Folgeabkommen Lomé II (1980) machten sich einige Mitgliedsstaaten und auch die Kommission für die Einführung einer Menschenrechtsklausel stark, um eine Komplizenschaft der Gemeinschaft bei Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand der übrigen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft, wie auch am Widerstand sämtlicher AKP-Staaten. Die AKP Staaten verwiesen dabei u. a. auf den 520 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 7–8; King, T.: Human Rights in the Development Policy of the European Community: Towards a European World Order?, in: Netherlands Yearbook of International Law, Den Haag, 1997, S. 51–99 (53–55). 521 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 9–10; King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 55. 522 Oestreich, Gabriele: Menschenrechte als Elemente der dritten AKP-EWGKonvention von Lomé, Berlin, 1990, S. 306; Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 9; Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 12. 523 Hipold, Peter: Human Rights Clauses in EU-Association Agreements, in: Griller, Stefan/Weidel, Birgit (Hrsg.), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, Wien et al., 2002, S. 359–383 (S. 361–362).

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Widerspruch, dass die EG von ihnen Menschenrechte einfordere, andererseits aber gute Beziehungen zum Apartheid-Regime in Südafrika unterhalte. Das Ergebnis der Verhandlungen zu Lomé II beschränkte sich letztlich in einem Festhalten am status quo.524 Das Abkommen von Lomé III (1985–1990) brachte schließlich erstmals die konkrete Erwähnung der Menschenrechte in der Präambel, die zur Auslegung der operativen Vertragsbestimmungen herangezogen werden konnte. Eine Möglichkeit zur Suspendierung bestand in diesem Abkommen aber noch nicht.525 Bei den Verhandlungen zur vierten Lomé Konvention (1990–2000) hatte sich die Welt entscheidend verändert. Die Sowjetunion, bisheriger weltpolitischer Fürsprecher der Entwicklungsländer, zeigte sich nicht mehr gewillt, die AKP-Staaten politisch zu unterstützen. Auch hatte sich die ökonomische Situation der AKP-Staaten derart verschlechtert, dass sie sich in einer schwachen Verhandlungsposition befanden. Durch die Erwähnung der Menschenrechte in der Präambel von Lomé III haben die AKP-Staaten dann auch die Scheu vor der Erwähnung einer Menschenrechtsklausel verloren, sodass es bei den Verhandlungen zu Lomé IV mehr um das Wie, als um das Ob einer Menschenrechtsklausel ging.526 Wie in Lomé III enthält das Abkommen von Lomé IV einen Bezug zu den Menschenrechten in der Charta der VN, nimmt dabei aber erstmals explizit auf die AEMR und auf die regionalen EMRK und AMRK Bezug. Weiters wird in Art. 5 der vierten Konvention von Lomé auf die Bedeutung der Menschenrechte als Grundfaktor der Entwicklung hingewiesen, und damit auch erstmals direkt im Abkommenstext erwähnt.527 Außerhalb der EG-AKP-Kooperation sind bis 1990 keine Menschenrechts- oder Demokratieklauseln in den Verträgen der Gemeinschaft zu finden. Die Gemeinschaft stand Menschenrechtsverletzungen dabei zwar nicht gleichgültig gegenüber, ging aber nie so weit, bestehende Vertragspflichten nicht zu verletzen. Die Maßnahmen beschränkten sich auf die Verweigerung neuer und die Nicht-Weiterentwicklung bestehender Verträge.528 524

King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 56; Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 14–16 sowie S. 18. 525 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 14–15; Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 23–27. 526 King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 62; Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 14–15; Fierro, Elena: The EU’s approach to human rights conditionality in practice, Den Haag, 2003, S. 66–70. 527 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 41–42; King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 62–62. 528 Siehe zur Praxis der Gemeinschaft dazu ausführlichst: Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 44–87.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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Die Fortentwicklung der Menschenrechts- und Demokratieklauseln in den achtziger Jahren ist in großem Maße auf den verstärkten politischen Druck des seit 1979 direkt gewählten Europäischen Parlaments zurückzuführen. Mit nur wenig tatsächlicher politischer Macht ausgestattet, entdeckten die Parlamentarier die interne wie externe Menschenrechtspolitik als eine Form, ihrer neuen demokratischen Legitimität Ausdruck verleihen zu können.529 1986 wurde durch die Einheitliche Europäische Akte der nunmehrige Art. 300 EGV dahingehend erweitert, dass das Parlament beim Abschluss von Assoziierungsabkommen mit absoluter Mehrheit zustimmen muss. Zusammen mit den anderen Zustimmungserfordernissen nach Art. 300 EGV530 stand dem Parlament damit auch ein faktisches Mittel zur Durchsetzung seiner Forderungen zur Verfügung.531 In der Zeitspanne von 1990–1992 begannen sich die Positionen der Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Menschenrechtspolitik anzunähern. Zwar verfolgten die Mitgliedsstaaten verschiedene Interessen in ihren jeweiligen Einflusssphären, die Konzepte zur Menschenrechtskonditionalität lauteten aber sehr ähnlich.532 In diese Zeit fallen auch Schwierigkeiten der Gemeinschaft, auf Menschenrechtsverletzungen in Haiti und Jugoslawien adäquat zu reagieren.533 Im Fall der Suspendierung des Abkommens mit Jugoslawien musste die Gemeinschaft etwa auf die Anwendung des Prinzips der clausula rebus sic stantibus zurückgreifen, was aufgrund deren enger Auslegung keine hinreichende Sicherheit bringt.534 Und ein aufgrund eines Putsches im September 1991 von der OAS gefordertes Handelsembargo gegen Haiti hätte nach Ansicht des Rates Schwierigkeiten aufgeworfen, da im AKP-Abkommen noch keine Klausel zur Suspendierung des Abkommens enthalten war.535 Die EU schloss sich daher erst 1993 einer Resolution des UN-Sicherheitsrates gegen Haiti an.536 529 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 60–62, King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 57. 530 Siehe dazu Kapitel D.III.5.c), S. 101. 531 King, T.: Human Rights in the Development, Fn. 520, S. 60, mit dem Beispiel der Ablehnung eines Finanzprotokolls mit Syrien 1992 in Fn. 26. 532 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 98. 533 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 19. 534 Siehe zur Suspendierung des Abkommens mit Jugoslawien Kapitel D.VIII., S. 136. 535 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage Nr. 1964/93 an den Rat. Haltung der Europäischen Gemeinschaft gegenüber der Diktatur auf Haiti, ABl. C 25/57 vom 28.1.1994. 536 UN Security Council: Resolution 841, S/RES/841 (1993), 16.6.1993. Auch dieses Vorgehen war letztlich aber nicht problemlos, da die EU kein Mitglied der Vereinten Nationen ist.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Im Anschluss an diese Ereignisse ging die Entwicklung sehr schnell. Während die am 16.12.1991 unterzeichneten Europaabkommen mit Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei noch keine Menschenrechtsklausel aufwiesen, waren schon fünf Monate später in den am 11.5.1992 unterzeichneten Handels- und Kooperationsabkommen mit Albanien, Estland, Lettland und Litauen537 entsprechende Bestimmungen enthalten. Art. 1 der Abkommen enthält dabei jeweils folgende Formulierung: „Die Achtung der in der Schlussakte von Helsinki und in der Pariser Charta für ein neues Europa genannten demokratischen Grundsätze und Menschenrechte bestimmt die Innen- und Außenpolitik der Gemeinschaft und Albaniens und ist ein wesentliches Element dieses Abkommens.“

Diese Bestimmung ist bemerkenswert, denn sie enthält statt der Erwähnung der Menschenrechte als Prinzipien in der Präambel des Abkommens erstmals eine konkrete Bestimmung, dass die Menschenrechte die wesentliche Grundlage des Vertrages bilden. Diese Wesentlichkeitsklausel ist seit diesen Abkommen Standard und in nahezu allen Abkommen der EG enthalten. Durch die Kombination mit einer ebenfalls erstmals enthaltenen Nichterfüllungsklausel,538 die die Aussetzung der Abkommen bei einer wesentlichen Verletzung gegen Bestimmungen des Abkommens ermöglicht, wurde die Reaktionsmöglichkeit bei Menschenrechtsverletzungen wesentlich vereinfacht.539 Ebenfalls am 11.5.1992 wies der Rat die Kommission an, in die zukünftigen Verhandlungen mit KSZE-Staaten (seit 1.1.1995 OSZE) Menschenrechtsklauseln, inklusive der Möglichkeit der Suspendierung der Abkommen, aufzunehmen.540 Die Klauseln sind dabei zweigliedrig. Die Wesentlichkeitsklausel legt die Menschenrechte als wesentlichen Vertragsbestandteil fest, die Nichterfüllungsklausel bestimmt die Konsequenzen bei Verletzung der Wesentlichkeitsklausel. Die Menschenrechtsklauseln sind in den Abkommen der Gemeinschaft zur Bedingung geworden und bis auf wenige Ausnahmen541 in allen ab 537 Kooperationsabkommen Albanien vom 11.5.1992, ABl. L 343/2 vom 25.11.1992; Kooperationsabkommen Estland vom 11.5.1992, ABl. L 403/2 vom 31.12.1992; Kooperationsabkommen Lettland vom 11.5.1992, ABl. L 403/11 vom 31.12.1992; Kooperationsabkommen Litauen vom 11.5.1992, ABl. L 403/20 vom 31.12.1992. 538 Siehe die Art. 21 Abs. 4 im Abkommen mit Albanien, sowie Art. 21 Abs. 3 im Abkommen mit den übrigen Staaten. 539 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 21–22; Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 125. 540 Europäische Gemeinschaften: Bulletin EU 5-1999, Ziff. 1.3.121. 541 Keine Menschenrechtsklauseln sind aber in den sektoriell begrenzten Abkommen, wie z. B. die zahlreichen Fischereiabkommen mit afrikanischen Staaten enthal-

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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1992 geschlossenen Abkommen enthalten. 1997 sind die Verhandlungen eines Kooperationsabkommens der Gemeinschaft mit Australien und Neuseeland am Festhalten der EG an dieser Bedingung gescheitert. Auch Mexiko lehnte in den etwa zur selben Zeit stattfindenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen die Aufnahme einer solchen Klausel in den Vertrag ab, konnte aber letztlich umgestimmt werden.542

II. Die Menschenrechtsklauseln in den einzelnen präferenziellen Abkommen 1. Abkommen ohne Bezug auf die Menschenrechte Von den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft enthalten die Verträge mit der Türkei, der Schweiz, San Marino, Andorra, den Färöern und der EWR-Vertrag543 keine Menschenrechtsklauseln. Die Abkommen mit der Türkei, der Schweiz, mit San Marino und das EWR-Abkommen sind für eine Einbindung der Menschenrechtsklausel zu alt. Das am 16.12.1991 unterzeichnete Abkommen mit San Marino und das am 2.5.1992 in Porto unterzeichnete EWR-Abkommen sind dabei aber nur knapp der Einführung der Menschenrechtsklausel „entgangen“. Beim 2004 unterzeichneten Abkommen mit Andorra, sowie beim 1996 unterzeichneten Abkommen mit den Färöern ist allerdings kein Grund für die Weglassung der Menschenrechtsklausel ersichtlich. Man wird aber davon ausgehen können, dass Andorra, San Marino die Färöer und die EFTA-Staaten nicht das Hauptaugenmerk der EU-Menschenrechtspolitik darstellen. Anders ist die Situation bei der Türkei. 1963 beim Abschluss des Assoziationsabkommens war die Frage der Menschenrechtsklauseln noch nicht relevant. 1995 wurde allerdings das Abkommen mit der Türkei per Assoziationsratsbeschluss auf eine Zollunion erweitert.544 Dieser Beschluss nimmt ten. Siehe dazu: Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 35 mit einem weiteren Nachweis hinsichtlich der sektoriellen Abkommen mit asiatischen Staaten in Fn. 23. Zu den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft die keine Menschenrechtsklausel enthalten siehe Kapitel E.II.1., S. 153 542 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 34; ausführlichst: Fierro, Elena: The EU’s approach to human rights conditionality, Fn. 526, S. 287–308. 543 Die einzige Erwähnung findet sich in der Präambel, wo es heißt, „dass ein Europäischer Wirtschaftsraum einen Beitrag zur Errichtung eines auf Frieden, Demokratie und Menschenrechte gegründeten Europas leisten wird.“ Diese Formulierung ist freilich nicht mit der „starken“ Kombination aus Wesentlichkeits- und Nichterfüllungsklausel vergleichbar. 544 Zollunion EU-Türkei vom 22.12.1995, ABl. L35/1 vom 13.2.1996.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

ebenfalls keine Menschenrechtsklauseln auf, obwohl die Tatsache, dass es sich um einen Assoziationsratsbeschluss handelt, einer Aufnahme solcher Bestimmungen nicht entgegensteht.545 Das Fehlen einer Menschenrechtsklausel in der Zollunion mit der Türkei ist daher unverständlich. Die übrigen in Geltung befindlichen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft enthalten alle Menschenrechtsklauseln, die jeweils auf der Kombination aus Wesentlichkeitsklausel und Nichterfüllungsklausel aufgebaut sind. 2. Die Ausführungen der Wesentlichkeitsklausel Alle übrigen präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft enthalten eine Wesentlichkeitsklausel, die von der Grundstruktur auf dem dargestellten Beispiel aus dem Abkommen mit Albanien beruht.546 Mit Ausnahme der europäischen Abkommen ergibt sich der materielle Inhalt der Menschenrechtsklauseln aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Einen Sonderfall bilden hier nur die beiden älteren Mittelmeerabkommen mit Israel und Tunesien, die in ihrer Menschenrechtsklausel abstrakt auf die Achtung der Menschenrechte und der Demokratie Bezug nehmen. Ein Bezug auf die Grundsätze der Vereinten Nationen findet sich jedoch in der Präambel: „IN ANBETRACHT der Bedeutung, welche die Vertragsparteien der Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und insbesondere der Achtung der Menschenrechte und der politischen und wirtschaftlichen Freiheiten beimessen, welche die eigentliche Grundlage der Assoziation bilden [. . .]“547

Da ein Vertrag auch nach seiner Präambel auszulegen ist548 und gleichfalls die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte den Konsens in der Frage der Menschenrechte im Rahmen der Vereinten Nationen bildet,549 kann man in den Abkommen mit Israel und Tunesien auch von der AEMR als Grundlage für die Menschenrechtsklausel ausgehen.550 545 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 134. 546 Siehe dazu Kapitel E.I., S. 148. 547 Siehe jeweils den dritten Absatz der Präambeln der Abkommen mit Israel und Tunesien. 548 Diez de Velasco, Manuel: Instituciones, Fn. 306, S. 197. 549 Siehe dazu auch die 7. Begründungserwägung in der Präambel zur AEMR. So auch: Brandtner, Barabara/Rosas, Allan: Human Rights and the External Relations of the European Community: An Analysis of Doctrine and Practice, in: EJIL, Florenz, 1998, S. 468–490 (S. 475). 550 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 271–272.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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Da die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, wie alle Beschlüsse der Generalversammlung der Vereinten Nationen, nicht bindend ist, fehlen verbindliche Auslegungshilfen. Die AEMR stellt aber den Grundkonsens der Menschheit in Bezug auf Menschenrechte dar und diente vielen regionalen Menschenrechtskonventionen als Inspiration. Die AEMR kann daher umgekehrt auch im Lichte dieser Normen ausgelegt werden.551 Die Abkommen mit Staaten der OSZE enthalten statt der Bezugnahme auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte einen Verweis auf europäische Kodifikationen der Menschenrechte. Die Europaabkommen verwiesen auf die Schlussakte von Helsinki und die Pariser Charta für ein neues Europa.552 Die Menschenrechtsklauseln in den Abkommen mit den Ländern des Balkans nehmen ebenfalls auf die Helsinkischlussakte und die Pariser Charta Bezug, obwohl sie teilweise keine Vertragsparteien zu diesen Übereinkünften sind.553 Das dürfte wohl auch der Grund sein, warum diese beiden Abkommen zusätzlich auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verweisen. Alle europäischen Abkommen legen auch „die Grundsätze der Marktwirtschaft“ als wesentliches Element die Bonner KSZEKonferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten fest. Das Erfordernis der Marktwirtschaft soll wohl der Bedeutung der Abkommen als Vorbereitung zu einem möglichen Beitritt zur EU gerecht werden. Bemerkenswert ist auch, dass die Abkommen mit Bosnien und Herzegowina und Montenegro in den Menschenrechtsklauseln die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien einfordern, während die 2001 geschlossenen Abkommen mit Kroatien und Mazedonien dies noch nicht vorsehen. Eine Sonderstellung nimmt das Abkommen von Cotonou ein. Die Wesentlichkeitsklausel in Art. 9 nimmt nämlich nicht auf eine allgemeine Kodifikation der Menschenrechte wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Bezug, sondern weist recht detailliert auf einzelne Aspekte der Menschenrechte hin. Enthalten sind dabei u. a. die Garantierung der Grundfreiheiten, die verantwortungsvolle Staatsführung oder das Prinzip der Gewaltenteilung. Um einen Vertrag kündigen oder suspendieren zu können, muss nach Art. 60 WVK eine erhebliche Verletzung des Vertrages vorliegen. Was als 551

Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 272. 552 Siehe die Art. 6 beider Abkommen. 553 Kroatien hat die Charta von Paris, Mazedonien beide Kodifikationen der Menschenrechte nicht unterzeichnet. Siehe dazu: OSCE (Hrsg.): Participating States, in: http://www.osce.org/about/13131.html (13.4.2006).

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

eine solche erhebliche Verletzung anzusehen ist, richtet sich nach dem Ziel und Zweck des Vertrags selbst. Es ist zweifelhaft, ob ohne Menschenrechtsklausel aus diesem Gesichtspunkt eine Missachtung der Menschenrechte als erhebliche Verletzung eines präferenziellen Handelsvertrags betrachtet werden kann. Um so mehr, wenn man sich vor Augen hält, dass die Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates ein grundlegendes Prinzip des Völkerrechts darstellt.554 Aufgabe der Wesentlichkeitsklausel ist es daher, die Verletzung der Menschenrechte als erhebliche Vertragsverletzung zu definieren. Maßgeblich ist dabei in der Mehrzahl der präferenziellen Abkommen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Gemeinsam mit der Nichterfüllungsklausel, die die Aussetzung der Abkommen bei einem Bruch des Vertrages formell regelt, steht ein wirksamer Durchsetzungsmechanismus zur Verfügung. 3. Die Ausführungen der Nichterfüllungsklausel Standard der Nichterfüllungsklauseln ist die 1993 in den Europaabkommen mit Bulgarien und Rumänien verwendete Formulierung. Die Bulgarische Klausel, so die allgemein übliche Bezeichnung in der Literatur, ist in der Regel in identischer Form in allen Abkommen der Gemeinschaft enthalten. Diese Bulgarische Klausel lautet: „(1) Die Vertragsparteien treffen alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Abkommen erforderlich sind. Sie sorgen dafür, dass die Ziele dieses Abkommens erreicht werden. (2) Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass die andere Vertragspartei einer Verpflichtung aus diesem Abkommen nicht nachgekommen ist, so kann sie geeignete Maßnahmen treffen. Abgesehen von besonders dringenden Fällen unterbreitet sie vor Ergreifen dieser Maßnahmen dem Assoziationsrat alle zweckdienlichen Informationen für eine gründliche Prüfung der Situation, um eine für die Vertragsparteien annehmbare Lösung zu finden. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren dieses Abkommens am wenigsten stören. Diese Maßnahmen werden dem Assoziationsrat unverzüglich mitgeteilt und sind auf Antrag der anderen Vertragspartei Gegenstand von Konsultationen im Assoziationsrat.“555

Alle ab 1993 geschlossenen Abkommen sehen demnach auch vor, dass mit Ausnahme dringender Fälle das jeweilige oberste Gremium vor der Er554 Siehe das Prinzip der Nichteinmischung in Art. 2 Ziff. 7 SVN, sowie die Friendly Relations Deklaration: UN General Assembly: Declaration on Principles of International Law Friendly Relations and Co-Operation among States in Accordance with the Charter of the United Nations, A/RES/2625 vom 24.10.1970. 555 Siehe Art. 118 des Europaabkommens mit Bulgarien sowie Art. 119 des Europaabkommens mit Rumänien.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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greifung von Maßnahmen mit dem Fall zu befassen ist. Ergreift eine Partei in solch dringenden Fällen Maßnahmen, so kann die andere Partei darüber Konsultationen verlangen. Die Abkommen mit Chile, Mexiko, Südafrika und das Abkommen von Cotonou sehen eine Frist für diese Konsultationen vor. Sie beträgt beim Abkommen mit Südafrika 30, in allen anderen genannten Fällen 15 Tage.556 Nach der Bulgarischen Klausel sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Abkommen am wenigsten behindern. Die Abkommen mit dem Libanon und das Abkommen von Cotonou legen zusätzlich fest, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen.557 In einer gemeinsamen Erklärung zur Nichterfüllungsklausel in Art. 3 des Abkommens EG–Südafrika sind sich die Vertragsparteien darüber hinaus einig, dass die Maßnahmen nicht nur verhältnismäßig zu sein haben, sondern auch den Lebensbedingungen der anfälligsten Bevölkerungsgruppen Rechnung tragen müssen.558

III. Die Kompetenzen der Gemeinschaft zur Einfügung der Menschenrechtsklauseln 1. Die Notwendigkeit einer gemeinschaftsrechtlichen Grundlage für die Menschenrechtsklauseln In seinem Gutachten 2/94 hinsichtlich des Beitritts der EG zur EMRK hat sich der EuGH zur Frage der Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich der Menschenrechte geäußert. Der Gerichtshof führt dabei an sich unmissverständlich aus: „No treaty provision confers on the Community institutions any general power to enact rules on human rights or to conclude international conventions in this field.“559

Daraus könnte man ableiten, dass der Gemeinschaft auch für die Menschenrechtsklauseln keine Kompetenzen zukommen. Das entscheidende Gegenargument gegen eine solche Interpretation liefert aber der EuGH selbst. Nur wenige Monate nach dem Erlass des Gutachtens 2/94 hat der Gerichtshof der Einfügung von Menschenrechtsklauseln in ein Abkommen mit 556 Siehe Art. 200 Abs. 3 im Abkommen mit Chile, Art. 58 Abs. 3 mit Mexiko, Art. 3 Abs. 3 Südafrika und Art. 96 Abs. 2 im Abkommen von Cotonou. 557 Siehe Art. 86 Abs. 3 in den Abkommen mit Ägypten und dem Libanon sowie Art. 96 Abs. 2 lit. c im Abkommen von Cotonou. 558 Freihandelsabkommen EU-Südafrika vom 11.10.1999, ABl. L 311/3 vom 4.12.1999. 559 EuGH Gutachten 2/94 (EMRK Gutachten), Slg. der Rspr. 1996, S. I-1759, Rn. 27.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Indien zugestimmt. Zu beachten ist dabei freilich, dass das Abkommen mit Indien lediglich eine Wesentlichkeitsklausel aber keine Nichterfüllungsklausel enthält, und daher mit den aktuellen Menschenrechtsklauseln nur bedingt vergleichbar ist. Andererseits hat der EuGH die Klausel als einen wichtigen Faktor zur Kündigung oder Suspendierung von Abkommen angesehen, sollte ein Partnerstaat die Menschenrechte verletzen, was ja gerade die Aufgabe der Nichterfüllungsklausel ist.560 In der Literatur geht man fast einhellig davon aus, dass die Gemeinschaft in ihre Abkommen Menschenrechtsklauseln einfügen kann. Die Diskussion dreht sich vielmehr um die Frage, ob dafür eine Rechtsgrundlage aus dem EGV notwendig ist oder nicht, bzw. wo eine solche Rechtsgrundlage liegt. In seinen Menschenrechtsberichten 1999 und 2000 hat der Rat die Ansicht vertreten, dass die Menschenrechtsklauseln keine Kompetenzgrundlage nach dem EGV notwendig machen. Die Ausführungen des Rates sind interessanterweise beinahe wortgleich mit jenen aus einem Aufsatz von Brandtner und Rosas, die zu dieser Zeit Mitglieder des juristischen Dienstes der Kommission waren. Die beiden Autoren führen aus, dass für Menschenrechtsklauseln keine weiteren Rechtssetzungsakte notwendig sind, sondern lediglich bereits bestehende internationale Verpflichtungen wiedergeben. Jedenfalls habe der EuGH im Fall Portugal vs. Rat die Menschenrechtsklauseln als wichtigen Faktor bei der Wahrung der Menschenrechte in Gemeinschaftsabkommen bezeichnet.561 Die Menschenrechtsklauseln seien daher nach dem allgemeinen formellen Vertragsrecht und nicht nach den materiellen Bestimmungen des EGV zu behandeln.562 Bemerkenswert ist, dass der Rat ab dem Menschenrechtsbericht 2001 auf eine entsprechende Formulierung verzichtet.563 Dem gegenüber hält die m. E. überzeugende herrschende Meinung eine Grundlage der Klauseln im EGV für notwendig. Wie gezeigt, sind die Abkommen Teil des Gemeinschaftsrechts, sodass Gemeinschaftsorgane auf Basis der Menschenrechtsklauseln sekundäres Gemeinschaftsrecht erlassen können. Dabei kann es sich um die Kündigung oder Suspendierung des Abkommens, aber auch um positive Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte in einem Partnerstaat handeln. Wie aber Art. 5 EGV ausdrücklich normiert, kann die Gemeinschaft nur innerhalb der Befugnisse und Ziele des EGV tätig werden, das heißt, jedes Gemeinschaftshandeln muss sich 560 EuGH C-268/94 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 1996, S. I-6177, Rn. 14–29, insbesondere Rn. 27. 561 EuGH C-268/94 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 1996, S. I-6177, Rn. 27. 562 Brandtner, Barabara/Rosas, Allan: Human Rights and the External Relations of the European Community, Fn. 549, S. 474–475. 563 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 170–171 mit den Nachweisen zu den jeweiligen Menschenrechtsberichten.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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auf den EGV zurückführen lassen. Da Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte sich auf die Menschenrechtsklauseln aus dem Abkommen stützen, bedürfen die Klauseln selbst einer Grundlage im EGV.564 Die Folgen einer fehlenden Grundlage einer Menschenrechtsklausel könnten sich politisch verheerend auswirken. Ergreift die Gemeinschaft nämlich eine Maßnahme aufgrund der Menschenrechtsklausel, ohne dass dafür eine Basis im Vertrag gegeben wäre, so könnte gegen diesen Beschluss nach Art. 230 EGV Klage vor dem EG I erhoben werden. Die Folge wäre, dass über die Menschenrechtsverletzungen und dessen Basis im Gemeinschaftsrecht vor einem Gericht der Gemeinschaft debattiert werden müsste, mit der Gefahr, dass dem die Menschenrechte verletzenden Staat eine Bühne zur Rechtfertigung geboten würde. Die Idee der Menschenrechtsklauseln, eine sichere und diskussionslose Möglichkeit zur Suspendierung der Abkommen in der Hand zu haben, wäre so gefährdet. Dieses Problem wird in gemischten Abkommen durch die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten in den Bereichen fehlender Gemeinschaftszuständigkeit aufgefangen. Fehlt es also an einer entsprechenden gemeinschaftlichen Grundlage, so können die Mitgliedsstaaten durch koordiniertes Handeln Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklausel setzen. In reinen Gemeinschaftsabkommen, wozu beispielsweise die Interimsabkommen oder auch die vorläufige Anwendung von Teilen der präferenziellen Abkommen zählen, besteht diese Möglichkeit aber nicht. 2. Rechtsgrundlagen für die Menschenrechtsklauseln nach dem Gemeinschaftsrecht a) Die Grundlagen der präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft Beinahe alle der präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft sind Assoziationsabkommen und haben somit Art. 310 EGV als innergemeinschaftliche Rechtsgrundlage. Anders das Kooperationsabkommen mit Mexiko, das mit den Art. 44 Abs. 2, Art. 47, Art. 55, Art. 57 Abs. 2, Art. 71, Art. 80 Abs. 2, Art. 133, Art. 181 EGV und Art. 300 EGV eine ganze Reihe von Rechtsgrundlagen anführt.565 Als Grundlage für die Menschenrechtsklausel 564 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 172; Riedel, Eibe/ Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 732; unter Bezugnahme auf die Umsetzungsakte: Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 390. 565 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 28. September 2000 über den Abschluss des Abkommens über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemein-

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

kommen davon aber nur die Art. 133 und 181 EGV in Betracht, da sich die übrigen Bestimmungen auf Fragen aus anderen Kompetenzbereichen, wie z. B. den Kapitalverkehr oder das Wettbewerbsrecht beziehen. Weiters sind zahlreiche Interimsabkommen sowie Beschlüsse über die vorläufige Anwendung von Abkommen auf einer anderen Basis als Art. 310 EGV geschlossen worden. Dies ist insofern von Interesse, da diese Abkommen jeweils die gleichen Menschenrechtsklauseln enthalten wie die Hauptabkommen selbst. Die dabei verwendeten Rechtsgrundlagen beschränken sich in den Abkommen mit Ägypten,566 Israel,567 Kroatien,568 dem Libanon,569 Mazedonien,570 ebenso wie die nunmehr gegenstandslosen Europaabkommen mit Bulgarien,571 und Rumänien572 auf Art. 133 EGV. Das schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, (2000/658/EG), ABl. L 276/44 vom 28.10.2000. 566 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2003 über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zur vorläufigen Anwendung der Handelsbestimmungen und handelsbezogenen Bestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits, ABl. L 345/113 vom 31.12.2003. 567 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates und der Kommission vom 22. Dezember 1995 über den Abschluß – durch die Europäische Gemeinschaft – eines Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und dem Staat Israel andererseits, (96/206/EGKS, EG), ABl. L 71/1 vom 20.3.1996. 568 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Oktober 2001 über die Unterzeichnung – im Namen der Gemeinschaft – und die vorläufige Anwendung des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Kroatien andererseits, (2001/868/EG), ABl. L 330/1 vom 14.12.2001. 569 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 22. Juli 2002 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Libanesischen Republik andererseits, (2002/761/EG), ABl. L 262/1 vom 30.9.2002. 570 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 9. April 2001 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits, (2001/330/EG), ABl. L 124/1 vom 4.5.2001. 571 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 10. Dezember 1993 über den Abschluß des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und der Republik Bulgarien andererseits durch die Europäische Gemeinschaft, (93/690/EG), ABl. L 323/1vom 23.12.1993. 572 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 8. März 1993 über den Abschluß – durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Wirt-

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Interimsabkommen mit Mexiko stützt sich mit den nunmehrigen Art. 47 Abs. 2 letzter Satz, Art. 66 und Art. 133 EGV wieder auf eine Reihe von Rechtsgrundlagen, wovon für die Menschenrechtsklausel aber letztlich nur Art. 133 EGV in Frage kommt.573 Das Interimsabkommen mit der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde nennt neben dem nunmehrigen Art. 133 EGV auch noch Art. 181 EGV als Rechtsgrundlage. Interessanterweise erwähnt der Rat dabei in seiner Begründungserwägung zu seinem Beschluss auch Art. 177 EGV, führt ihn aber nicht als offizielle Rechtsgrundlage an.574 Die Interimsabkommen mit Albanien,575 Bosnien und Herzegowina576 und Montenegro577 nennen lediglich Art. 133 EGV als Rechtsgrundlage. Wie deren Hauptabkommen beruht die vorläufige Anwendung der Abkommen mit Chile und Südafrika auf der Assoziation nach Art. 310 EGV.578 schaftsgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und Rumänien andererseits, (93/186/EWG), ABl. L 81/1 vom 2.4.1993. 573 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Juni 1998 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und handelsbezogene Fragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, (98/504/EG), ABl. L 226/24 vom 13.8.1998. 574 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluß des Rates vom 2. Juni 1997 über den Abschluß des Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen andererseits, (97/430/EG), ABl. L 187/1 vom 16.7.1997. So auch die Kommission in ihrem Vorschlag zum Ratsbeschluss: Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss – durch die Europäische Gemeinschaft – eines Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gazastreifen, KOM (1997) 51 endg, ABl. C 128/1 vom 24.4.1997. 575 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 12. Juni 2006 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Albanien andererseits, (2006/580/EG), ABl. L 239/1 vom 1.9.2006. 576 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 16. Juni 2008 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits, (2008/474/EG), ABl. L 169/10 vom 30.6.2008. 577 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 15. Oktober 2007 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Montenegro andererseits, (2007/855/EG), ABl. L 345/1 vom 28.12.2007.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Somit ergeben sich aus den präferenziellen Abkommen, den Interimsabkommen und deren vorläufiger Anwendung drei Möglichkeiten einer möglichen Rechtsgrundlage: Art. 133 EGV, Art. 181 EGV oder Art. 310 EGV. b) Art. 181 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklausel Art. 181 EGV enthält eine ausdrückliche Ermächtigung der Gemeinschaft, völkerrechtliche Abkommen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu schließen. Diese Befugnis muss in Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des XX. Titels des EGV (Art. 177–181 EGV) gelesen werden, der die Inhalte der gemeinschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit näher ausgestaltet. Von Interesse als Grundlage der Menschenrechtsklauseln ist dabei Art. 177 Abs. 2 EGV: „(2) Die Politik der Gemeinschaft in diesem Bereich trägt dazu bei, das allgemeine Ziel einer Fortentwicklung und Festigung der Demokratie und des Rechtsstaats sowie das Ziel der Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu verfolgen.“

Wie schon im vorangehenden Unterkapitel erwähnt,579 hat der EuGH im Fall Portugal vs. Rat zur Rechtmäßigkeit der Menschenrechtsklausel Stellung genommen. Das in diesem Fall behandelte Kooperationsabkommen mit Indien580 wurde auf die nunmehrigen Art. 133 und 181 EGV gestützt. Portugal machte geltend, dass Art. 177 EGV die Menschenrechte lediglich als allgemeines Ziel beschreibe. Art. 181 EGV sei demnach nur dann eine geeignete Grundlage für die Menschenrechtsklausel in einem Abkommen, wenn diese auch im Abkommen nur ein allgemeines Ziel darstellten. Werden die Menschenrechte aber zu einem wesentlichen Element, so müsse das Abkommen auf Art. 308 EGV gestützt werden.581 Der Gerichtshof hat die 578 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, (2002/979/EG), ABl. L 352/1 vom 30.12.2002; Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Juli 1999 über die vorläufige Anwendung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits, (1999/753/EG), ABl. L 311/1 vom 4.12.1999. 579 Siehe Kapitel E.III.1., S. 157. 580 Kooperationsabkommen EU-Indien vom 20.12.1993, ABl. L 223/24 vom 27.8.1994. 581 EuGH C-268/94 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 1996, S. I-6177, Rn. 17; dieses juristische Argument Portugals hat einen politischen Hintergrund. Art. 308 EGV erfordert Einstimmigkeit im Rat, Art. 133 und 181 EGV jedoch nur eine quali-

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Klage Portugals mit dem Argument abgewiesen, dass der wesentliche Bestandteil der Menschenrechtsklausel nicht über Art. 177 EGV hinausgeht. Denn aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, welche Bedeutung die Gemeinschaft den Menschenrechten und den demokratischen Grundsätzen beimisst, sodass die Politik der Entwicklungszusammenarbeit diesen entsprechen muss.582 Seit dieser Klarstellung des EuGH ist Art. 181 EGV als Grundlage der Menschenrechtsklauseln in der Literatur beinahe einhellig anerkannt.583 Die Diskussion dreht sich vielmehr um die Ausführungen des EuGH, dass die Entwicklungspolitik der Gemeinschaft den Menschenrechten entsprechen muss.584 Auswirkungen auf Art. 181 EGV als Grundlage für die Menschenrechte ergeben sich daraus aber nicht. Offen bleibt aber, wann ein Staat nach dem Gemeinschaftsrecht als Entwicklungsland anzusehen ist, denn nur in diesem Fall kann Art. 181 EGV auch als Rechtsgrundlage für die Menschenrechtsklausel dienen. Eine Definition der Entwicklungsländer findet sich weder im XX. Titel des EGV, noch im übrigen Gemeinschaftsrecht. Kriterien wie Armut, die Integration eines Staates in das Weltwirtschaftssystem sowie verschiedene Entwicklungsindikatoren sind zu allgemein und können nicht in allen Fällen zufriedenstellende Antworten liefern.585 Grenzfälle sind insbesondere Schwellenfizierte Mehrheit. Portugal wollte mit der Anfechtung des Abkommens mit Indien einen Präzedenzfall für ein späteres Abkommen mit Indonesien schaffen, wo die Menschenrechte in Ost-Timor, einer ehemaligen portugiesischen Kolonie, schwer verletzt wurden. Siehe: Peers, Steve: Case C-268/94, Portugal v. Council, in: CMLR, Leiden, 1998, S. 539–555 (S. 541). 582 EuGH C-268/94 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 1996, S. I-6177, Rn. 24. 583 Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses in EC Bilateral Agreements: Any Room for Positive Interpretation?, in: ELJ, Oxford, 2001, S. 41–68 (S. 45); Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 733; Peers, Steve: Case C-268/94, Fn. 581, S. 549–550; Burrows, Noreen: Development Cooperation Defined, in: ELRev, London, 1997, S. 594–598 (S. 598); Kokott, Juliane/Hoffmeister, Frank: International Decisions – Portuguese Republic v. Council. Case 268/94. 1996 ECR I-6177, in: AJIL, Washington, 1998, S. 292–296 (S. 294–295); Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 409–413; teilweise a. A.: Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 181–182, der negative Maßnahmen durch Art. 177 EGV gedeckt sieht, für positive Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte keine Grundlage im XX. Titel des EGV sieht. 584 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 179–180; Peers, Steve: Case C-268/94, Fn. 581, S. 550. 585 Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 733–734. Sehr wohl eine Definition gibt es allerdings für die am wenigsten Entwickelten Länder, die durch eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen alle drei Jahre neu festgestellt werden. Siehe zuletzt: UN General Assembly: Resolution 59/210, A/RES/59/210, 28.5.2005; die Unter-

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

länder wie beispielsweise Mexiko oder Südafrika, die einerseits Charakteristika moderner Industrienationen, auf der anderen Seite aber auch Eigenschaften von Entwicklungsländern aufweisen. Da das Abkommen mit Mexiko auch auf Art. 181 EGV gestützt ist, dürfte die Gemeinschaft Mexiko als Entwicklungsland ansehen. Auszuschließen ist aber jedenfalls, dass die Gemeinschaft jedes Land nach Belieben als Entwicklungsland betrachten kann, da sonst der XX. Titel seinen Sinn der Entwicklungshilfe verlieren würde. In diesem Fall würde der XX. Titel nämlich allgemeine Grundsätze der gemeinschaftlichen Außenpolitik festlegen.586 c) Art. 133 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln Für die Frage, ob Art. 133 EGV als Basis für die Menschenrechtsklauseln dienen kann, muss untersucht werden, ob eine solche Grundlage impliziert werden kann. Eine ausdrückliche Erwähnung der Menschenrechte findet sich nämlich nur im Art. 177 i. V. m. Art. 181 EGV. In der Literatur werden verschiedene Argumente für Art. 133 EGV als Grundlage der Menschenrechtsklausel angeführt. Fierro führt aus, dass nichts in Art. 133 EGV gegen die Menschenrechtsklausel spricht. Denn wie der EuGH im Naturkautschuk-Gutachten ausgeführt habe, sei die gemeinsame Handelspolitik weit auszulegen. Art. 133 EGV sei als eine nicht abschließende Aufzählung gedacht, die der Gemeinschaft ermöglichen soll, andere Verfahren zur Regelung der Außenhandelspolitik einzuführen.587 Es folge u. a. aus Dokumenten der Vereinten Nationen, dass wirtschaftliche Sanktionen Einfluss auf die ökonomischen, kulturellen und sozialen Rechte der betroffenen Bevölkerung nehmen. Aus einem Umkehrschluss ergebe sich, dass der Handel die entsprechenden Rechte der Bevölkerung fördere. Ein Vertrag müsse nach Art. 31 WVK auch im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen werden. Ziel eines reinen Handelsvertrags sei natürlich in erster Linie der Aufbau von Handelsbeziehungen, aber auch der Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zwischeidung zwischen einem am wenigsten entwickelten und „normalen“ Entwicklungsland spielt im Zusammenhang mit der Grundlage für die Menschenrechtsklausel in Art. 181 EGV keine Rolle. 586 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 413. 587 Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses, Fn. 583, S. 49 unter Bezugnahme auf: EuGH Gutachten 1/78 (Naturkautschuk-Gutachten), Slg. der Rspr. 1979, S. 2871, Rn. 44–45; Fierro räumt aber selbst ein, dass der EuGH im WTO-Gutachten die weite Anwendung von Art. 133 EGV wieder eingeschränkt hat.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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schen Staaten, um so den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben. Fierro gesteht freilich ein, dass dieser positive Ansatz in der Anwendung der Menschenrechtsklausel auf Basis von Art. 133 EGV sich nicht ohne weiteres auf die Nichterfüllungsklausel übertragen lässt, dient diese doch überwiegend als Grundlage negativer Maßnahmen, wie beispielsweise der Suspendierung der Abkommen. Sie gibt aber unter Berufung auf den EuGH zu bedenken, dass die Nichterfüllungsklausel im Kontext der Wesentlichkeitsklausel gelesen werden müsse.588 Und Hauptzweck der Menschenrechtsklauseln sei eben die Verbesserung der Lebensumstände, weshalb sich die Menschenrechtsklausel in reinen Handelsabkommen auf Art. 133 EGV stützen kann.589 Dem gegenüber bezieht sich Bulterman in ihrer Analyse ebenfalls auf die zunehmende Verknüpfung von Handel und sozialen Rechten. Diese Verbindung des Handels mit den Menschenrechten werde aber noch zu kontrovers diskutiert, sodass Art. 133 EGV nicht als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln ausreiche.590 Riedel und Will befürworten Art. 133 EGV als Grundlage, wählen aber eine andere Argumentation, die sich im Wesentlichen auf den actus contrarius stützt. Nachdem Art. 133 EGV das Recht gibt ein Abkommen abzuschließen, müsse darin in Zusammenhang mit den materiellen Bestimmungen des Abkommens auch die Kompetenz enthalten sein es zu suspendieren. Die Autoren gestehen aber zu, dass sich durch diese Argumentation die positive Seite der Menschenrechtsklausel nur bedingt begründen lässt.591 Zur Ausräumung aller Zweifel wäre daher eine Erweiterung des EGV um eine Grundlage der Menschenrechtsklauseln wünschenswert.592 Peers stützt sich in seiner Befürwortung einer Grundlage der Menschenrechtsklauseln in der Handelspolitik auf die Ausführungen des EuGH in Portugal vs. Rat. Demnach sei die Wesentlichkeitsklausel im Abkommen mit Indien, die die Überschrift Grundlagen und Ziele trägt, kein besonderer Bereich der Zusammenarbeit des Abkommens.593 Dies lasse sich auf Abkommen außerhalb der Entwicklungskooperation erstrecken. Die Menschenrechtsklauseln seien nach Peers daher als politische Kriterien zu verstehen, unter denen die Gemeinschaft ihre Handelsvereinbarungen abschließen 588

EuGH C-84/95 (Bosphorus), Slg. der Rspr. 1996, S. I-3953, Rn. 11. Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses, Fn. 583, S. 51–53. 590 Bulterman, Mielle: Human Rights in the Treaty Relations of the European Community. Real Virtues or Virtual Reality?, Antwerpen et al., 2001, S. 95–96. 591 Siehe in diesem Sinne zu den Ausführungen von Riedel/Will auch: Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses, Fn. 583, S. 49. 592 Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 735–736. 593 EuGH C-268/94 (Portugal vs. Rat), Slg. der Rspr. 1996, S. I-6177, Rn. 28. 589

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

möchte.594 In diese Richtung argumentiert auch Rosas. Er stützt sich auf die Ausführungen des EuGH im Fall Centro-Com, wonach politisch Motive hinter Handelssanktionen nicht die Anwendung von Art. 133 EGV ausschließen.595 Hoffmeister sieht in Art. 133 EGV keine Grundlage für positive Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklausel. Denn Menschenrechte könnten eben nicht nur mit handelspolitischen, sondern auch mit anderen Mitteln unterstützt werden. Die Stärkung von politischen-, Wirtschafts- und Justizgrundrechten könne zwar den Handel zwischen den Vertragspartnern positiv beeinflussen, was allerdings nur eine hypothetische und bestenfalls mittelbare Funktion des Handels darstelle.596 Sehr wohl sieht Hoffmeister aber eine Grundlage für negative Maßnahmen aus der Menschenrechtsklausel. Aus den Ausführungen des EuGH im WTO-Gutachten folge nämlich, dass nicht nur die Gewährung, sondern auch die Rücknahme von Zollpräferenzen auf Art. 133 EGV gestützt werden können. Der EuGH lehnte dabei eine Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich des geistigen Eigentums zwar ab, bejahte aber eine Gemeinschaftskompetenz zur Rücknahme von Zollpräferenzen aufgrund einer Diskriminierung in diesem Bereich.597 Nach Hoffmeister ist das auf die vertraglichen Außenbeziehungen und damit auf die Menschenrechtsklauseln übertragbar.598 Dem gegenüber lehnt Bartels Art. 133 EGV als Basis für die Menschenrechtsklausel sowohl für negative wie auch für positive Maßnahmen ab. Handelssanktionen seien nicht auf Art. 133 EGV, sondern auf den mit dem Maastrichter Vertrag eingeführten Art. 301 EGV zu stützen. Zwar war bei der Centro-Com Entscheidung Art. 301 EGV schon in Kraft, allerdings sei in diesem Fall auch eine Regelung vor der Einführung von Art. 301 EGV betroffen gewesen. Der Gerichtshof hätte demnach bloß klargestellt, dass im Fall Centro-Com keine Alternative zur Anwendung von Art. 133 EGV bestanden hätte. Durch das Gutachten 2/00 hätte der Gerichtshof aber bestätigt, dass Maßnahmen, die nicht mit Handel in Zusammenhang stehen, keine Grundlage in Art. 133 EGV finden.599 Art. 133 EGV könne dem594

Peers, Steve: Case C-268/94, Fn. 581, S. 549. Rosas, Allan: The European Union and Mixed Agreements, Fn. 273, S. 218–219; siehe EuGH C-124/95 (Centro-Com), Slg. der Rspr. 1997, S. I-81, Rn. 26, wo es um die Umsetzung von Handelssanktionen gegen Jugoslawien ging. Siehe auch: EuGH C-70/94 (Werner), Slg. der Rspr. 1995, S. I-3189, Rn. 10. 596 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 396–397. 597 EuGH Gutachten 1/94 (WTO-Gutachten), Slg. der Rspr. 1994, S. I-5267, Rn. 65. 598 Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 408–409. 595

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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zufolge auch keine positiven Maßnahmen nach der Menschenrechtsklausel rechtfertigen.600 Aus den dargestellten Meinungen wird deutlich, dass sich in der Literatur keine klare Linie zu Art. 133 EGV als Grundlage der Menschenrechtsklauseln ausmachen lässt. Die von Fierro angeführten Gründe, dass Handel Menschenrechte stütze und so positive Maßnahmen rechtfertige, halte ich für zu vage. Zu folgen ist hier m. E. Hoffmeister, wonach die Effekte des Handels auf die Menschenrechte bestenfalls mittelbar sind. Positive Maßnahmen der Menschenrechte lassen sich daher durch Art. 133 EGV nicht rechtfertigen. Anders aber bei negativen Maßnahmen. Bejaht man die Schließung des Abkommens auf Art. 133 EGV, so muss im Sinne des actus contrarius damit auch seine Kündigung oder Suspendierung erfasst sein. Hinweise dafür ergeben sich jedenfalls aus den Ausführungen des EuGH im WTO-Gutachten zur Rücknahme von Zollpräferenzen.601 Würde Art. 133 EGV keine Grundlage für die Menschenrechtsklauseln darstellen, so wäre die Gemeinschaft trotz fehlender interner Zuständigkeit völkerrechtlich an die Klausel gebunden, was mit Sicherheit nicht die Intention der Gemeinschaft beim Abschluss der Klauseln war.602 Dies umso mehr, da die Menschenrechtsklauseln auf den Erfahrungen aus dem Kooperationsabkommen mit Jugoslawien aufbauen und daher eine schnelle Suspendierung gewährleisten sollen. Ob auch die Analogie zu den Handelssanktionen eine taugliche Grundlage darstellt, ist schwer zu beantworten. Wie Hahn ausführt, geht Art. 301 EGV dem Art. 133 EGV als lex specialis vor. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Bestimmungen ist aber sehr umstritten, eine Stützung von Sanktionen auf Art. 133 EGV ist demnach nicht ausgeschlossen.603 Nachdem auch der EuGH im Centro-Com Fall eine Stützung der Sanktionen auf Art. 133 EGV bejaht hat, kann man dies m. E. auch vorsichtig auf die Menschenrechtsklauseln übertragen. Eine Klärung durch den EuGH oder eine Klarstellung durch den EGV wäre daher wünschenswert.

599 EuGH Gutachten 2/00 (Cartagena-Protokoll), Slg. der Rspr. 2001, S. I-9713, Rn. 35–37; EuGH C-94/03 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Rat der Europäischen Union), Slg. der Rspr. 2006, S. I-1, Rn. 34–45. 600 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 184–186. 601 Siehe Fn. 597. 602 Siehe auch: Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 408. 603 Hahn, Michael: zu Art. 133 EGV, Fn. 268, S. 1508–1509, Rn. 1552–1553.

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d) Art. 310 EGV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln Mittlerweile ist es allgemein anerkannte Meinung, dass die Assoziation nach Art. 310 EGV all jene Kompetenzen umfasst, wie es dem aktuellen Integrationsstand der Gemeinschaft entspricht.604 So hat auch der EuGH in seiner Demirel-Entscheidung festgestellt, dass ein assoziierter Staat zumindest teilweise am Gemeinschaftssystem teilnimmt. Wie der Gerichtshof ausführt, „muss Artikel 238 (nunmehr Art. 310 EGV, Anm.) der Gemeinschaft notwendigerweise die Zuständigkeit dafür einräumen, die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Drittstaaten in allen vom EWG-Vertrag erfassten Bereichen sicherzustellen.“605 Als Grundlage der Menschenrechtsklauseln in den Assoziationsabkommen der Gemeinschaft können somit prinzipiell alle Bestimmungen des EGV dienen.606 Argumentierbar aber umstritten ist eine Argumentation über Art. 6 EUV, der festlegt, dass die Union und damit auch die Europäische Gemeinschaft auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit beruhen. Wenn aber der Partnerstaat am Gemeinschaftssystem teilnimmt, dann müssen auch die Prinzipien der Gemeinschaft auf den Assoziationsvertrag anwendbar sein.607 Gesichert ist aber über die Rechtsprechung des EuGH die Argumentation, dass die Grundrechte, wenn bisher auch nicht im EGV erwähnt, doch einen integrierenden Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft darstellen.608 Daraus kann aber nur folgen, dass wenn die Gemeinschaft einen Drittstaat über die Assoziation an seinem Rechtssystem teilhaben lässt, dann muss es der Gemeinschaft auch möglich sein, die dafür notwendigen Bedingungen vertraglich festzulegen. Gestützt wird diese Ansicht dadurch, dass es zumindest teilweise Aufgabe der Assoziationsabkommen ist, Staaten an das Gemeinschaftssystem heranzuführen. Ein 604

Siehe Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 427–428 mit den dortigen Nachweisen zur Diskussion in den siebziger Jahren. 605 EuGH 12/86 (Demirel), Slg. der Rspr. 1987, S. 3719, Rn. 9. 606 Siehe zu Zweifeln an dieser nahezu allgemein anerkannten Lesart der Demirel Entscheidung: Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 189, der auch eine enge Interpretation des Art. 310 EGV für möglich hält. 607 Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses, Fn. 583, S. 46–47; Bulterman, Mielle: Human Rights in the Treaty Relations of the European Community, Fn. 590, S. 94. Unter Hinweis auf den Demirel-Fall auch: Riedel, Eibe/ Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 737. 608 Siehe als Ausgangspunkt der gefestigten Rechtsprechung: EuGH 29/69 (Nold), Slg. der Rspr. 1969, S. 419; EuGH 11/70 (Internationale Handelsgesellschaft), Slg. der Rspr. 1970, S. 1125; EuGH 4/73 (Nold), Slg. der Rspr. 1974, S. 491.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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Beispiel dafür sind die Europaabkommen. Nicht übertragbar ist dieses Argument freilich auf die außereuropäischen präferenziellen Assoziationsabkommen, wie z. B. mit den Mittelmeerstaaten, Südafrika oder Chile. Eine weitere mögliche Grundlage für die Menschenrechtsklauseln in Assoziationsabkommen stellt wiederum Art. 181 i. V. m. Art. 177 EGV dar. Voraussetzung ist, dass das Assoziationsabkommen eine Beziehung zur Entwicklungszusammenarbeit aufweist und dass es sich bei dem Partnerstaat um ein Entwicklungsland handelt.609 Diese Kriterien dürften mit Ausnahme des Abkommens mit Israel, das keinen Bezug zur Entwicklungszusammenarbeit aufweist und auch nicht als Entwicklungsland anzusehen ist, auf alle präferenziellen Assoziationsabkommen mit Menschenrechtsklausel anwendbar sein.610 Die Menschenrechtsklauseln in den Assoziationsabkommen finden eine ausreichende Grundlage im EGV. Diese liegt für alle Verträge in Art. 6 EUV, der auch die Grundlage für die Europäische Gemeinschaft ist, die ja die erste Säule unter dem Dach der EU darstellt. Für die Partnerschaft mit Entwicklungsländern stellt alternativ auch Art. 181 i. V. m. 177 EGV eine Grundlage für die Menschenrechtsklauseln dar. e) Der EUV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln Während der EGV nur im Bereich der Entwicklungspolitik auf die Menschenrechte Bezug nimmt, finden sich im EUV allgemeinere Bestimmungen zur Achtung der Menschenrechte. So heißt es im I. Titel (Gemeinsame Bestimmungen) in Art. 6 EUV: „(1) Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam. (2) Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. [. . .]“ 609 Fierro, Elena: Legal Basis and Scope of the Human Rights Clauses, Fn. 583, S. 47–48; Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 429–430. 610 Siehe u. a. Art. 16 Abs. 1 lit. b des Abkommens mit Chile, den Titel V des Abkommens mit Südafrika oder auch die 2. Begründungserwägung der Präambel zum Abkommen mit Tunesien. Ebenfalls in diese Kategorie fällt das Abkommen von Cotonou, das sehr starke Züge der Entwicklungszusammenarbeit aufweist.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Art. 6 EUV führt die Menschenrechte als allgemeinen Grundsatz der Europäischen Union an. Art. 6 Abs. 2 EUV nennt als Quelle der Grundsätze auch das Gemeinschaftsrecht, woraus man eine Verbindung zwischen EUV und EGV im Bereich der Menschenrechte ableiten könnte. Aus einer solchen Verknüpfung würde sich eine breite Grundlage für das Handeln der Gemeinschaft in Menschenrechtsfragen ergeben. Für eine Verbindung des EUV mit dem EGV ist aber keine klare rechtliche Grundlage ersichtlich. Die Europäische Gemeinschaft hat eine von der Europäischen Union unabhängige Rechtspersönlichkeit611 und Art. 5 EGV formuliert unmissverständlich, dass die Gemeinschaft nur aufgrund des EGV tätig werden kann. Lediglich Art. 301 EGV stellt eine Verbindung zum EUV her und erwähnt den Vertrag zur Europäischen Union dabei ausdrücklich. Die Folgen einer allgemeinen Verbindung zwischen den beiden Verträgen würden aber weit über die Menschenrechtsklauseln hinausgehen. So könnten sowohl die EG als auch ihre Mitgliedsstaaten weitere Kompetenzen aus dem EUV ableiten.612 Man muss sich dabei vor Augen halten, dass es zwar um das hehre und allgemeine Ziel des Menschenrechtsschutzes geht, die Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels aber sehr konkrete Gestalt annehmen können. Auf dieser Basis könnte in individuelle Rechte, z. B. durch die Suspendierung von Zollpräferenzen, eingegriffen werden, was sich m. E. aus der schwachen Verbindung des EUV mit dem EGV nicht ableiten lässt. So ist zu fragen, wieso hat der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht eine Art. 6 EUV entsprechende Bestimmung in den EGV aufgenommen oder aus dem EGV heraus auf den EUV verwiesen? Wo liegt aber der Unterschied zu Art. 6 EUV als Grundlage der Menschenrechtsklauseln nach Art. 310 EGV? Meines Erachtens liegt der entscheidende Unterschied darin, dass ein assoziierter Staat Teil des Gemeinschaftssystems wird und daher hinsichtlich dieser Bindung auch an die allgemeinen Prinzipien der Europäischen Union als Dach der tragenden Säule Gemeinschaft gebunden ist. Ist Art. 310 EGV wie z. B. im Abkommen im Abkommen mit Mexiko nicht Rechtsgrundlage, so fehlt die besondere Bindung zum Rechtssystem der Europäischen Gemeinschaft. In diesem Fall kann Art. 6 EUV aus den genannten Gründen nicht im Umkehrschluss auf des Vertragsverhältnis zum Partnerstaat erstreckt werden. Die Grundlagen beschränken sich in diesem Fall auf die Bestimmungen des EGV. 611

Im Endeffekt ist die Frage der Rechtspersönlichkeit der EU wohl abzulehnen. Cannizaro, Enzo: The Scope of EU Foreign Power. Is the EC Competent to Conclude Agreements with Third States including Human Rights Clauses?, in: Cannizaro, Enzo (Hrsg.), The European Union as an Actor in International Relations, Den Haag et al., 2002, S. 297–319 (S. 305–307); Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 734–735. 612

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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Solange kein klarer und eindeutiger Konnex zwischen dem EUV und dem EGV besteht, ist eine Verbindung zwischen diesen beiden Verträgen abzulehnen. Eine direkte Erstreckung des Prinzips der Achtung der Menschenrechte aus Art. 6 EUV auf die Außenbeziehungen der EG ist somit nicht möglich.

IV. Die Anwendung der Menschenrechtsklauseln Wie dargelegt, bestimmt sich der materielle Inhalt der Menschenrechtsklauseln aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie bei den europäischen Abkommen aus der Schlussakte von Helsinki und der Pariser Charta für ein neues Europa.613 Wie schon bei der Entwicklung der Menschenrechtsklauseln auf ihren heutigen Standard ist auch bei deren Anwendung das Europäische Parlament federführend. Das Parlament macht dabei insbesondere durch Anfragen an die Mitglieder der Kommission und des Rates auf die Probleme der Menschenrechte in den Partnerländern aufmerksam. Die dabei aufgeworfenen Fragen beziehen sich auf die gesamte Bandbreite des Menschenrechtsschutzes, die Mehrheit konzentriert sich aber auf die Kernfragen der Bürgerrechte, der politischen Grundrechte und des Minderheitenschutzes.614 Die spezifischen Themen in jedem Land ergeben sich freilich aus der jeweiligen Situation. Bei den präferenziellen Abkommen mit den beiden lateinamerikanischen Staaten stellen sich insbesondere Fragen bei der Anerkennung indianischer Minderheiten,615 der Lage in Chiapas616 sowie hinsichtlich der Unterdrückung von Oppositionellen und Menschenrechtsaktivisten.617 Die Anfragen 613 Im Folgenden soll allerdings neben einer Kurzdarstellung der Menschenrechtssituation in den Staaten mit präferenziellen Abkommen mehr die Anwendung der Klauseln durch die EU besprochen werden, sodass eine ausführliche Darstellung des materiellen Inhalts dieser Konventionen hier entfallen kann. Siehe dazu ua: Eide, Asbjørn et al. (Hrsg.): The Universial Declaration of Human Rights. A Commentary, Oslo, 1993. 614 So auch: Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 36. 615 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-3633/02 an den Rat. Assoziierungsabkommen EU-Chile und Wahrung der Rechte der Mapuche-Indianer, ABl. C 222E/97 vom 18.9.2003. 616 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage Nr. 2045/98 an die Kommission. Verletzung der Menschenrechte in Mexiko – Das Massaker von Chiapas, ABl. C 31/116 vom 5.2.1999; Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage Nr. 873/98 an den Rat. Menschenrechte in Mexiko, ABl. C304/161 vom 2.10.1998. 617 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-0572/03 an den Rat. EU-Mexiko und der Fall Digna Ochoa, ABl. C 280E/67 vom 21.11.2003; Europäisches

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

der Abgeordneten zum Europaparlament decken sich mit den Themen der Menschenrechtsberichte über Chile und Mexiko von Amnesty International. Dabei geht in beiden Staaten auch um das Verschwindenlassen von Personen oder die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit.618 Im Mittelmeerabkommen mit Israel ist dem gegenüber der Nahostkonflikt ein zentrales Thema. So hat ein Abgeordneter 2002 angesichts der Invasion israelischer Truppen in palästinensisches Territorium und der Belagerung des Amtssitzes von Präsident Yassir Arafat unter Verweis auf die raschen Maßnahmen 1991 gegen Jugoslawien gefragt, ob der Rat das Abkommen aussetzen werde, was dieser jedoch verneint hat.619 Im Kontext des Nahostkonflikts ist auch die Situation 22 libanesischer Gefangener zu sehen, die ohne Gerichtsurteil in Israel festgehalten werden. Die Kommission vermutet, dass sie als Tauschobjekt gegen im Libanon vermisste israelische Soldaten inhaftiert sind.620 Auch Amnesty International nimmt in ihrem Jahresbericht 2005 bezüglich Israel hauptsächlich auf den Palästinenserkonflikt Bezug. So wurden laut Amnesty im Jahr 2004 700 Palästinenser, darunter 150 Kinder, von der israelischen Armee ungesetzmäßig ermordet. Gerichtsverfahren gegen Palästinenser genügten oft nicht den internationalen Standards. Weiters hat laut Amnesty International die israelische Armee vor allem im Gazastreifen tausende Häuser sowie palästinensische Infrastruktur ohne Vorwarnung zerstört, oft als kollektive Bestrafungsaktion aufgrund palästinensischer Übergriffe. Palästinensische bewaffnete Gruppen haben umgekehrt 2004 67 Zivilpersonen, darunter acht Kinder bei Anschlägen getötet. Weiters wurden 42 israelische Soldaten von Palästinensern getötet.621 Parlament: Schriftliche Anfrage Nr. 909/97 an den Rat. Wachsende Verletzung von Menschenrechten in Mexiko ABl. C 391/28 vom 23.12.1997. 618 Amnesty International (Hrsg.): Chile, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 190–192; Amnesty International (Hrsg.): Mexiko, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 227–232. 619 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1108/02 an den Rat. Maßnahmen gegen die israelische Regierung, ABl. C 309E/84 vom 12.12.2002. 620 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1477/99 an den Rat. Verwaltungshaft, ABl. C 27E/86 vom 29.1.2000 sowie Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1478/99 an die Kommission. Verwaltungshaft, ABl. C 27E/87 vom 29.1.2000. 621 Amnesty International (Hrsg.): Israel und besetzte Gebiete, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 557–564. Für eine Darstellung der Eskalation der Gewalt im Jahr 2001 siehe: Archiv der Gegenwart: Neues israelisches Kabinett; Eskalation der Gewalt – neue Anschlagserie; die Haltung Sharons zu Friedensverhandlungen; Sharon in den USA; Israel verschärft Abriegelung, Nr: 44855, 20.3.2001.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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Die Verwendung der Menschenrechtsklausel mit den übrigen Mittelmeerstaaten bezieht sich auf die verschiedensten Themen, wie die Rede- und Reisefreiheit sowie auf das Recht zur freien politischen Betätigung,622 die Gleichstellung der Frauen,623 der Behandlung von Dissidenten624, der Behandlung Homosexueller,625 oder die Diskriminierung religiöser Minderheiten.626 Diese parlamentarischen Anfragen geben auch die von den NGOs dargestellte Menschenrechtslage in der Region gut wieder. Darin geht es vor allem um unrechtmäßige Verhaftungen von Menschenrechtsaktivisten und Oppositionellen, um die Verfolgung Andersgläubiger sowie um die Einschränkung der Redefreiheit. Die Menschenrechtslage in den Mittelmeerstaaten ist als besorgniserregend anzusehen, erreicht aber nicht die bürgerkriegsähnlichen Zustände wie in Israel.627 Parlamentarische Anfragen zu Menschenrechtsverletzungen aus dem Abkommen mit Südafrika sind, soweit ersichtlich, seit dem Abschluss des Abkommens keine bekannt. Die Anfragen der Parlamentarier konzentrieren sich vielmehr auf die hohe Kriminalitätsrate und die schlechte Sicherheitslage im Land. Der Menschenrechtsbericht von Amnesty International beschäftigt sich mit ähnlichen Problemen und umfasst u. a. auch Übergriffe durch die Polizei, die Verletzung der Rechte von Flüchtlingen oder die Verletzung der Rechte von Frauen.628 Bei den Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen auf dem Balkan konzentrieren sich die Menschenrechtsverletzungen auf Verletzung der Rechte von Minderheiten, insbesondere der Roma.629 In Kroatien ist auch 622

Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-2568/98 an den Rat. Menschenrechte in Tunesien, ABl. C 135/74 vom 14.5.1999. 623 Europäisches Parlament: Rechte der Frauen und Chancengleichheit in den Mittelmeerländern. Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Politik der Europäischen Union gegenüber den Mittelmeerpartnerländern hinsichtlich der Förderung der Rechte der Frau und der Chancengleichheit, (2001/2129(INI)), ABl. C 284E/337 vom 21.11.2002. 624 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-2720/98 an den Rat. Ausweisung des marokkanischen Dissidenten Serfaty, ABl. C 142/35 vom 21.5.1999. 625 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfragen E-1338/03 sowie E-1346/03 an den Rat. Verfolgung von Homosexuellen in den Gebieten unter Verwaltung der Palästinensischen Behörde und Ausweisung palästinensischer Homosexueller durch Israel, ABl. C 51E/78 vom 26.2.2004. 626 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-2557/03 an die Kommission. Menschenrechte in Ägypten, ABl. C 51E/257 vom 26.2.2004. 627 Für einen Überblick über die Lage der Menschenrechte in den Mittelmeerstaaten siehe unter: http://www.euromedrights.net, sowie die jeweiligen Länderberichte von Amnesty International. 628 Amnesty International (Hrsg.): Südafrika, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 139–143.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

die Aufarbeitung des Krieges auf dem Balkan und die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien ein Thema, mit Mazedonien ist nach Amnesty der Handel mit Frauen und Mädchen zur sexuellen Ausbeutung ein Problem.630 Auch im Zusammenhang mit den Europaabkommen wurden Fragen der Menschenrechte aufgeworfen, die sich aber auf den bevorstehenden EUBeitritt dieser Staaten und weniger auf die Menschenrechtsklauseln konzentrierten.. Im Zentrum standen daher insbesondere die Kopenhagener Kriterien, mit denen der Europäische Rat 1993 die grundlegenden Voraussetzungen für einen Beitritt zur EU festgelegt hat. Auch hier konzentrieren sich die Anfragen auf die Behandlung der Roma,631 auf Fragen der Vereinigungsfreiheit632 oder der freien Religionsausübung.633 Die Anfragen der Parlamentarier decken sich im Wesentlichen auch mit den Themen in den Menschenrechtsberichten von Amnesty International.634 Die einzigen bisher ergriffenen Maßnahmen unter Anwendung der Menschenrechtsklausel beschränken sich auf die Zusammenarbeit der EG mit den AKP-Staaten aus dem Abkommen von Cotonou. Die EG wurde dabei aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu Wahlen,635 Putschen und der Abschaffung des demokratischen Systems636 und allgemeiner schwerer Demo629 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1977/03 an den Rat. Verletzung der Rechte der Roma durch die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (EJRM), ABl. C 51E/173 vom26.2.2004. 630 Amnesty International (Hrsg.): Kroatien, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 433–437; Amnesty International (Hrsg.): Mazedonien, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 443–447. 631 Siehe zur Situation in den damals 12 Beitrittsländern: Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1788/03 an die Kommission. Menschenrechte in den Beitrittsländern, ABl. C 11E/228 vom 15.1.2004. 632 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-0588/03 von Miquel Mayol i Raynal (Verts/ALE) an den Rat. Vereinigungsfreiheit in Rumänien, ABl. C 280E/69 vom 21.11.2003; Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-0577/01 an den Rat. Vereinigungsfreiheit in Bulgarien., ABl. C 340E/47 vom 4.12.2001. 633 Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-1277/03 an den Rat. Griechisch-katholische Minderheit in Rumänien, ABl. C 280E/123 vom 21.11.2003. 634 Amnesty International (Hrsg.): Bulgarien, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 390–395; Amnesty International (Hrsg.): Rumänien, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 458–464. 635 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 25. Juni 2001 über den Abschluss der mit Côte d’Ivoire nach Artikel 96 des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens abgehaltenen Konsultationen, ABl. L 183/38 vom 6.7.2001. 636 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 9. April 2001 über den Abschluss der mit der Republik Fidschi-Inseln nach Artikel 96 des AKPEG-Partnerschaftsabkommens abgehaltenen Konsultationen (2001/334/EG), ABl. L 120/33 vom 28.4.2001; Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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kratiedefizite, u. a. im Bereich des Rechts der freien Meinungsäußerung, der Strafverfolgung, der Unabhängigkeit der Justiz und der Freiheit der politischen Betätigung und der unrechtmäßigen Enteignung von Besitz, tätig.637 Die ergriffenen Maßnahmen waren dabei in der Regel eine Aussetzung des Abkommens und eine damit verbundene periodische Evaluierung, ob das Abkommen wieder aufgenommen werden könne. Aufgrund der fehlenden Anwendung der Menschenrechtsklausel in den Abkommen außerhalb AKP-Kooperation der Gemeinschaft ist ihre unmittelbare Wirksamkeit begrenzt.638 Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben deshalb auch von der Wirkungslosigkeit der Menschenrechtsklauseln gesprochen.639 Dies geht aber meiner Ansicht nach zu weit. Denn wie auch Eeckhout zutreffend ausführt, lässt sich der Erfolg oder Misserfolg von Menschenrechtsklauseln nicht an der Zahl der verlangten offiziellen Konsultationen oder der ergriffenen Maßnahmen messen.640 Positive Effekte ergeben sich schon allein aus der Tatsache, dass sich die Vertragspartner der EG der Menschenrechtsklausel überhaupt unterziehen müssen. So haben etwa Australien oder auch China Abkommen wegen der darin enthaltenen Menschenrechtsklausel abgelehnt, das Freihandelsabkommen mit Mexiko wäre aus diesem Grund beinahe gescheitert.641 Erst als vom 24. September 2004 über den Abschluss der Konsultationen mit Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens (2004/680/EG), ABl. L 311/27 vom 8.10.2004; Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 24. November 2003 über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Zentralafrikanischen Republik und die Ergreifung geeigneter Maßnahmen gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou (2003/837/EG), ABl. L 319/13 vom 4.12.2003. 637 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 15. November 2004 über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Togo gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou, ABl. L 349/17 vom 25.11.2004; Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 17. Februar 2005 zur Verlängerung der Maßnahmen des Beschlusses 2002/148/EG zur Einstellung der Konsultationen mit Simbabwe nach Artikel 96 des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens (2005/139/EG), ABl. L 48/28 vom 19.2.2005. 638 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 37; Riedel, Eibe/ Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 739. 639 Amnesty International (Hrsg.): Die Menschenrechtspolitik der Europäischen Union – hoher Anspruch und nüchterne Wirklichkeit, in: http://www2.amnesty.de/ internet/aiallgem.nsf/AlleDok/1910AC07EE730837C125710E003C70EB?Open (28.3.2006); siehe auch in Bezug auf den Libanon: Euro-Mediterranean Human Rights Network (Hrsg.): Press release, 24.10.2002, Human Rights and the European Parliament assent procedure concerning the Association Agreement between the European Union and Lebanon, in: http://www.euromedrights.net/english/engelsk.html (28.3.2006), wo die Menschenrechtsklausel als „dead letter“ bezeichnet wird. 640 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 479.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

mexikanische Medien nachzufragen begannen, welche Konsequenzen denn die mexikanische Regierung aus der Unterzeichnung der Menschenrechtsklauseln befürchte, konnte ein Durchbruch in den Verhandlungen erzielt werden.642 Die steigende öffentliche Aufmerksamkeit und der Druck der Medien zu den Menschenrechten im Partnerstaat dürfen daher als Effekte nicht unterschätzt werden. Und die Menschenrechtsklauseln müssen auch in einem größeren Kontext gesehen werden. Durch die präferenziellen Abkommen wird ein politischer Dialog in den obersten Gremien geschaffen, in dem die EG regelmäßig auch die Problematik der Menschenrechte zur Sprache bringt. So sieht die Reaktion des Rates auf die Anfragen des Europäischen Parlaments üblicherweise ähnlich wie das folgende Beispiel aus: „Das Assoziationsabkommen mit Marokko dürfte in Kürze in Kraft treten. Wie erinnerlich, geht aus den Bestimmungen klar und deutlich hervor, dass die Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze eine Hauptkomponente dieses Abkommens darstellt. Die Schlussbestimmungen enthalten auch eine Nichterfüllungsklausel, derzufolge eine Partei in besonders dringenden Fällen ohne vorherige Konsultierung geeignete Maßnahmen treffen kann, wenn sie der Ansicht ist, dass die andere Partei einer Verpflichtung aus diesem Abkommen nicht nachgekommen ist. Vor diesem Hintergrund wird die Union weiter eng mit Marokko zusammenarbeiten, und zwar sowohl auf bilateraler Ebene, wo Einzelfälle zur Sprache gebracht werden können, als auch im Rahmen des Barcelona-Prozesses, mit dem Ziel, neben immer weiteren Fortschritten im Bereich der Menschenrechte auch die Demokratie und die Entwicklung der Zivilgesellschaft im allgemeinen zu fördern.“643

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Menschenrechtsarbeit der Europäischen Union in den Assoziations- und assoziationsähnlichen Abkommen abseits der offiziellen juristischen Wege und vielmehr im vertraulichen Ambiente als eine Art Warnung gebraucht werden.644 Auch wird versucht, durch positive Maßnahmen des Dialogs sowie der Einbindung von Nicht-Regierungsorganisationen im jeweiligen Land die Menschen641 Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 739. 642 Szymanski, Marcela/Smith, Michael E.: Coherence and Conditionality in European Foreign Policy, Fn. 173, S. 185. 643 Siehe dazu die Beantwortung einer Anfrage bezüglich Marokkos durch den Rat. Europäisches Parlament: Schriftliche Anfrage E-2720/98 an den Rat. Ausweisung des marokkanischen Dissidenten Serfaty, ABl. C 142/35 vom 21.5.1999; siehe auch die überwiegend ähnlichen Antworten auf die bereits zitierten parlamentarischen Anfragen. Dass das gegenständliche Abkommen mit Marokko noch nicht in Kraft war spielt dabei eine untergeordnete Rolle. 644 So auch: Hipold, Peter: Human Rights Clauses in EU-Association Agreements, Fn. 523, S. 378.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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rechte zu fördern.645 Dieser Ansatz ist m. E. im Prinzip richtig, ist doch kein Land, auch keines der 27 EU Länder selbst, frei von Verletzungen der Menschenrechte.646 Es ist daher auch nicht immer notwendig, auf Menschenrechtsklauseln als schärfste Waffe für die Durchsetzung der Menschenrechte zurückzugreifen. Dennoch kann man sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass die Menschenrechtsklauseln von der Gemeinschaft selektiv angewendet werden.647 Man kann davon ausgehen, dass die Maßnahmen der EG gegen die AKP-Staaten648 nicht aufgrund von Einzelfällen, sondern aufgrund systematisch organisierter Verletzungen der Menschenrechte ergriffen wurden, und so mit Sicherheit ihre Berechtigung haben. In diesem Zusammenhang ist es aber unverständlich, wieso die EG auf ähnlich massive und organisierte Menschenrechtsverletzungen durch Israel in Palästina äußerst zurückhaltend reagiert hat.649 Vergleicht man die gezielte Zerstörung palästinensischer Häuser und Infrastruktur beispielsweise mit der systematischen Enteignung von Farmen in Simbabwe, so sind in der Tat Parallelen erkennbar. Man kann den zitierten Menschenrechtsverletzungen mit den anderen NichtAKP-Partnerstaaten noch wohlwollend unterstellen, es handle sich um auch innerhalb der EU vorkommende Einzelfälle, für die positive „Ermahnungen“ im politischen Dialog und die Förderung von Menschenrechten ausreichen. Wenn Amnesty International allein für 2004 in Israel von 120 extralegalen Hinrichtungen berichtet,650 hat dies m. E. eine über die Geringfügigkeit hinausgehende Systematik, die Maßnahmen nach der Menschenrechtsklausel erfordern. Ähnlich liegt der Fall beim 1994 unterzeichneten Partnerschaftsabkommen mit Russland. Nach längerem Zögern aufgrund der Menschenrechtssituation in Tschetschenien, hat die Gemeinschaft dem Abkommen letztlich zugestimmt. Das Interimsabkommen mit Russland ist am 1.2.1996, das 645 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 39 sowie für eine ausführliche Darstellung der Maßnahmen außerhalb der Menschenrechtsklausel, Kapitel 3, S. 43–78. 646 So auch: Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 480. 647 Dieser Ansicht ist auch der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments. Europäisches Parlament: Bericht über die Menschenrechts- und Demokratieklausel in Abkommen der Europäischen Union vom 23.1.2006, PE 362.667v05-00, A6-0004/2006, S. 6. 648 Für eine ausführliche Darstellung der unter dem Abkommen von Lomé IV getroffenen Maßnahmen siehe: Hoffmeister, Frank: Menschenrechts- und Demokratieklauseln, Fn. 403, S. 453–536. 649 Für eine Darstellung der Ereignisse zur Eskalation der Gewalt in den von Israel besetzen palästinensischen Gebieten siehe die Nachweise in Fn. 621, S. 157. 650 Amnesty International (Hrsg.): Israel und besetzte Gebiete, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 557–564.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Hauptabkommen, für das die Zustimmung des Parlaments erforderlich war, am 31.12.1997 in Kraft getreten.651 Das Kooperationsabkommen mit Russland enthält die gleichen Menschenrechtsklauseln wie auch die präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft. Nach wie vor kommt es aber in Tschetschenien zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die eine ähnliche Schwere und Systematik wie jene in Israel erreichen.652 Eine offizielle Reaktion der Gemeinschaft aufgrund der Menschenrechtsklausel aus dem Abkommen ist bisher ebenfalls ausgeblieben. Fierro hat mehrere Erklärungsversuche diskutiert, wieso die Menschenrechtsklauseln bis jetzt ausschließlich im Kontext der AKP-Staaten Anwendung gefunden haben. Dies könnte demnach an der besonderen Tradition der Menschenrechtsklauseln in den Beziehungen zu den AKP-Staaten, als auch an den besonders schweren Verletzungen wie Militärputsche oder den Unterdrückungen demokratischer Strukturen liegen.653 Weiters könnte auch der Umstand eine Rolle spielen, dass das Abkommen von Cotonou zu weiten Teilen auf einseitiger finanzieller Hilfe aufbaut. Der Druck der Öffentlichkeit, bei einer solchen einseitigen Finanzierung ist vermutlich ungleich höher, als bei den reziproken Zugeständnissen aus den anderen präferenziellen Abkommen.654 Dennoch darf die politische Komponente nicht übersehen werden.655 Die Entscheidung, ob Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklauseln getroffen werden, ist eine politische Entscheidung, die üblicherweise auf höchster Ebene getroffen wird.656 Man kann davon ausgehen, dass Maßnahmen gegen afrikanische Staaten wie Liberia, Simbabwe oder Togo ungleich leichter durchzusetzen sind, als gegen so politisch sensible Staaten wie Israel oder Russland. Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklauseln stellen eine starke Möglichkeit dar, den Menschenrechten zum Durchbruch zu ver651 Siehe zum Abschlussprozess näher: Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, (S. 742). 652 Amnesty International (Hrsg.): Russische Föderation, in: Jahresbericht 2005, Frankfurt am Main, 2005, S. 464–472. 653 Fierro, Elena: The EU’s approach to human rights conditionality, Fn. 526, S. 309–313. 654 Eeckhout, Piet: External Relations, Fn. 237, S. 480. 655 Siehe auch Hipold, der zutreffend ausführt, dass jedes Abkommen der Gemeinschaft durch die Menschenrechtsklauseln eine starke politische Komponente enthält. Hipold, Peter: Human Rights Clauses in EU-Association Agreements, Fn. 523, S. 380. 656 Siehe Fierro, Elena: The EU’s approach to human rights conditionality, Fn. 526, S. 309, die davon ausgeht dass diese Entscheidungen im Rahmen des GASP getroffen werden. Dies kann aber nur die informelle Entscheidungsfindung betreffen, rechtlich bleibt die EG für die Umsetzung des Abkommens zuständig, da die EU eben keine Vertragspartner in den präferenziellen Abkommen ist.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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helfen, bedürfen aber zu ihrer Wirksamkeit Einigkeit unter den Mitgliedsstaaten. Je sensibler daher eine potenzielle Maßnahme außenpolitisch ist, um so weniger ist eine solche Einigkeit zu erwarten.657 Amnesty International sieht die Menschenrechtsklauseln mit einzelnen Drittstaaten wie Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Tunesien, palästinensische Autonomiebehörde oder Syrien, als bloße Rhetorik. Notwendig wäre nach der Menschenrechtsorganisation ein effizientes Monitoringverfahren, um die Menschenrechte im politischen Dialog mit diesen Staaten effektiv zu etablieren.658 Ich würde nicht so weit gehen, die Klauseln als in der Praxis gänzlich ineffektiv zu bezeichnen. Als unbefriedigendes Ergebnis bleibt allerdings, dass die Menschenrechtsklauseln selektiv angewendet werden oder zumindest angewendet werden können. Was fehlt, sind einheitliche Standards zur Anwendung der Klauseln, die die Glaubhaftigkeit der Gemeinschaft bei der Durchsetzung der Menschenrechte sicher erhöhen würden. Die Probleme der Menschenrechtsklauseln liegen daher nicht unbedingt in ihrer rechtlichen Implementierung, sondern mehr in ihrer praktischen Umsetzung.659 Dass die Menschenrechtsklauseln der EG prinzipiell der richtige Weg sind, ergibt sich aus einer von Hafner-Burton durchgeführten Untersuchung zu den verschiedenen Ansätzen der Durchsetzung von Menschenrechten in präferenziellen Abkommen. Demnach sind die konkreten Konsequenzen der Abkommen ein Antrieb für den Partnerstaat, die Menschenrechte umzusetzen. Präferenzielle Abkommen die lediglich in der Präambel „nicht wesentlich“ auf die Menschenrechte verweisen, sind wie auch reine Menschenrechtsabkommen wegen ihres unverbindlichen Charakters dafür weniger geeignet.660 Bestimmbare interne Regelungen der Gemeinschaft, wann und in welcher Weise auf die Menschenrechtsklauseln zurückgegriffen werden sollte, wür657 Für eine von geopolitisch Interessen lösegelöste Politik im Zusammenhang mit Lomé IV: Europäisches Parlament: Zwischenbericht über den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über ein Rahmenverfahren zur Durchführung des Artikels 366a des IV. AKP-EWG-Abkommens vom 21.5.1997, PE 222.307/end, A4-0175/97, S. 8. 658 Amnesty International (Hrsg.): Die Menschenrechtspolitik der Europäischen Union – hoher Anspruch und nüchterne Wirklichkeit, in: http://www2.amnesty. de/internet/aiallgem.nsf/AlleDok/1910AC07EE730837C125710E003C70EB?Open (28.3.2006). 659 Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 743. 660 Siehe dazu: Hafner-Burton, Emilie M.: Trading Human Rights: How Preferential Trade Agreements Influence Goverment Repression, in: IO, Cambridge, 2005, S. 593–629.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

den die Glaubwürdigkeit der EG bei der Anwendung der Menschenrechte sicherlich erhöhen. Notwendig ist aber jedenfalls, dass die Gemeinschaft politische Ziele bei der Anwendung der Klauseln hintanstellt und die Menschenrechte möglichst einheitlich durchsetzt.661 Ein probates Mittel dafür wäre die Herausgabe von menschenrechtsspezifischen Länderberichten über alle Partnerstaaten, mit denen die Gemeinschaft vertragliche Beziehungen auf Basis der Menschenrechtsklausel unterhält. Dadurch würde größere Transparenz bei der Anwendung der Menschenrechtsklauseln herrschen.662 Bartels sieht in der Veröffentlichung solcher Länderberichte allerdings kein probates Mittel zu einer einheitlichen Anwendung der Klauseln. Der Effekt bestünde nämlich lediglich in der Aufdeckung der geopolitisch motivierten Doppelstandards der EG, würde vermutlich aber nicht zu einer weniger selektiven Anwendung der Klauseln beitragen.663 Welchen Einfluss Länderberichte auf das Verhalten der EG bei der Applikation der Menschenrechtsklauseln tatsächlich haben würden, lässt sich m. E. nicht vorhersagen, müsste man doch die Dynamik der öffentlichen Meinung mehr oder weniger verlässlich abschätzen können. Bliebe aber als Minimalergebnis bloß die Aufdeckung einer Doppelmoral der Gemeinschaft bei den Menschenrechtsklauseln, so würde auch das sicher den notwendigen Beitrag zu einer Verstärkung des öffentlichen Drucks und somit zur Änderung der Politik der Gemeinschaft beitragen.

V. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel E Der Ursprung der Menschenrechtsklauseln in den völkerrechtlichen Abkommen der EG findet sich in den Beziehungen der Gemeinschaft zu den 661 In diesem Sinne auch: Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 744. 662 Riedel, Eibe/Will, Martin: Human Rights Clauses in External Agreements of the EC, Fn. 494, S. 749–751. Für größere Transparenz bei der Anwendung der Klauseln: Europäisches Parlament: Bericht über die Menschenrechts- und Demokratieklausel in Abkommen der Europäischen Union vom 23.1.2006, PE 362.667v05-00, A6-0004/2006, S. 6; für die Einführung eines Länderberichts: Europäisches Parlament: Bericht über die Mitteilung der Kommission über die Berücksichtigung der Wahrung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte in den Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern vom 26.6.1996, PE 216.714/end, A4-0212/96; zwar gibt es bereits einen Menschenrechtsbericht der EU, Rat der Europäischen Gemeinschaften: EU-Jahresbericht 2005 zur Menschenrechtslage vom 28.9.2005 vom 12416/05, dieser kann aber die notwendigen Kriterien hinsichtlich Transparenz nicht erfüllen, der er nicht auf die Menschenrechtslage in den Partnerstaaten eingeht, sondern das Tätigwerden der EU in Menschenrechtsfragen eher allgemein umschreibt. 663 Bartels, Lorand: Human Rights Conditionality, Fn. 494, S. 40.

E. Menschenrechtsklauseln in den präferenziellen Abkommen

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AKP-Staaten. Im ersten Abkommen von Lomé waren noch keine Bezüge zu den Menschenrechten enthalten, weshalb die Gemeinschaft das Abkommen 1977 aufgrund der Menschenrechtsverletzungen von Idi Amin gegenüber Uganda nur informell verzögern konnte. Das ab 1979 direkt gewählte, aber nur mit wenigen Kompetenzen ausgestattete, Europäische Parlament nutzte das Thema Menschenrechte, um seiner neuen Legitimität Ausdruck zu verleihen. Nach einer Erwähnung der Achtung Menschenrechte im 1985 geschlossenen Abkommen Lomé III, erwähnt das fünf Jahre später geschlossene Abkommen von Lomé IV die Menschenrechte erstmals im Abkommenstext. Ein Schlüsselereignis bei der Entwicklung der Menschenrechtsklausel sind die Schwierigkeiten der Gemeinschaft bei der Suspendierung eines Kooperationsabkommens mit Jugoslawien im November 1991, die letztlich nur auf eine Änderung der Umstände gestützt werden konnte. So enthielten schon im Mai 1992 unterzeichneten Abkommen der Gemeinschaft mit den drei baltischen Staaten effektive Klauseln zu den Menschenrechten. Gleichzeitig wies der Rat die Kommission an, in allen zukünftigen Gemeinschaftsabkommen solche Klauseln aufzunehmen. Die Menschenrechtsklauseln in den Abkommen der Gemeinschaft gliedern sich in zwei Teile. In der so genannten Wesentlichkeitsklausel werden die Achtung der Menschenrechte und der Demokratie als integrierende Elemente des Abkommens definiert. Anknüpfungspunkt dafür sind in der Regel die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in Abkommen mit außereuropäischen Staaten, sowie bei den Abkommen mit europäischen Staaten europäische Kodifikationen des Völkerrechts. Die Nichterfüllungsklausel gibt das Recht zur Ergreifung Maßnahmen bei einer Verletzung der Wesentlichkeitsklausel. Diese Maßnahmen können bis zur Suspendierung des Abkommens reichen, sodass die Nichterfüllungsklausel zusammen mit der Wesentlichkeitsklausel eine wirksame Reaktionsmöglichkeit auf Menschenrechtsverletzungen darstellt. Von den präferenziellen Abkommen sind nur in den Abkommen mit Andorra, den Färöern, San Marino, der Schweiz, der Türkei und im EWR-Vertrag keine Menschenrechtsklauseln enthalten. Bis auf das Abkommen mit den Färöern sind aber alle der genannten Verträge für die Menschenrechtsklauseln zu alt, das heißt, sie wurden vorm Mai 1992 geschlossen. Unverständlich ist aber, wieso 1995 bei der Einführung einer Zollunion mit der Türkei keine Menschenrechtsklausel aufgenommen wurde. Zwar handelt es sich dabei nur um einen Assoziationsratbeschluss, was aber der Aufnahme von Menschenrechtsklauseln nicht entgegensteht. Die Menschenrechtsklauseln in den völkerrechtlichen Verträgen der Gemeinschaft bedürfen einer Grundlage im EGV. Nach Art. 5 EGV ist für jegliches Handeln eines Gemeinschaftsorgans eine Grundlage im Vertrag

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

notwendig. Da sich Maßnahmen der Gemeinschaft bei Menschenrechtsverletzungen auf die Menschenrechtsklauseln stützen, müssen sich diese in weiterer Folge auf eine Bestimmung im EGV zurückführen lassen. Mit den Art. 133, 181 und 310 EGV ergeben sich aus den präferenziellen Abkommen der Gemeinschaft drei mögliche Grundlagen. Die Grundlage der Menschenrechtsklauseln für auf Art. 181 EGV gestützte Abkommen ergibt sich aus Art. 177 EGV, der die Wahrung der Menschenrechte ausdrücklich aus Ziel der gemeinschaftlichen Entwicklungspolitik festschreibt. Eine Assoziation nach Art. 310 EGV schafft ein besonderes Verhältnis zur Gemeinschaft, da der Partnerstaat zumindest teilweise am Gemeinschaftssystem teilnimmt. Anwendbar auf den Assoziationsvertrag sind daher alle Prinzipien der Gemeinschaft, sodass sich aus dem vom EuGH herausgearbeiteten gemeinsamen Grundrechtskonsens eine Grundlage der Menschenrechtsklausel ergibt. Zusätzlich können bei Assoziationsabkommen mit Entwicklungsländern die Menschenrechtsklauseln wieder auf Art. 181 i. V. m. Art. 177 EGV gestützt werden. Bei der Stützung der Menschenrechtsklausel auf die Bestimmungen zum Warenhandel nach Art. 133 EGV ist zu differenzieren. Negative Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklauseln, also z. B. die Suspendierung des Abkommens, sind nach Art. 133 EGV zu rechtfertigen. Gründe dafür ergeben sich aus dem Prinzip des actus contrarius, nachdem der Abschluss von Abkommen auch das Recht zur Suspendierung beinhalten muss, sowie aus einer Analogie zur Praxis der Handelssanktionen durch die Gemeinschaft. Dem gegenüber lassen sich positive Menschenrechtsmaßnahmen nicht nach Art. 133 EGV rechtfertigen. Die dafür angeführten Gründe beziehen sich hauptsächlich auf den wohlstands- und damit menschenrechtsfördernden Aspekt der Handelspolitik. Diese Verbindung von Handel und Menschenrechte ist aber bloß ein mittelbarer Teilaspekt der Handelsbeziehungen. Denn Menschenrechte können auch mit anderen Mitteln als mit dem Handel gefördert werden. Art. 133 EGV dient somit nur als Grundlage für negative, nicht aber für positive Maßnahmen der Gemeinschaft auf Basis der Menschenrechtsklausel. Abzulehnen ist Art. 6 EUV als Grundlage für die Menschenrechtsklauseln. Zwar legt diese Bestimmung die Menschenrechte auch als Grundsätze für das Gemeinschaftsrecht fest, doch ist ein Konnex zwischen dem EUV und dem der EG eigene Rechtspersönlichkeit verleihenden EGV bestenfalls schwach ausgeprägt. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen einer Verknüpfung dieser beiden Verträge kann eine solche aber nicht ohne weiteres unterstellt werden. Und zwar auch deshalb, weil Art. 301 EGV als einzige Bestimmung eine solche Verknüpfung enthält, diese aber ausdrücklich anführt. Wie bei der Entwicklung der Menschenrechtsklauseln spielt auch bei deren Anwendung das Europäische Parlament die größte Rolle. Hauptinstru-

F. Reformvertrag der Europäischen Union

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ment sind Anfragen an die Kommission und insbesondere den Rat zu den Menschenrechtssituationen in den Partnerländern. Die vorgebrachten Themen decken sich dabei im Wesentlichen mit den Menschenrechtsberichten von Amnesty International. Die Antworten des Rates auf die Anfragen beschränken sich üblicherweise aber auf einen Verweis auf den durch die Abkommen eingerichteten politischen Dialog sowie auf positive Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte in den Partnerstaaten. Konkrete negative Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklausel finden sich nur im Rahmen der AKP-Zusammenarbeit. Vergleicht man aber die Menschenrechtsverletzungen in den AKP-Staaten mit jenen in Israel und Russland so kommt man zu dem Schluss, dass die Klauseln aus politischen Gründen selektiv angewendet werden. Eine Lösung wären bestimmbare Regeln, unter welchen Voraussetzungen die Klauseln angewendet werden, was freilich auch mit dem Nachteil einer fehlenden Flexibilität einherginge. Ein Fortschritt wären aber jedenfalls Länderberichte zu den Menschenrechtssituationen in den Partnerstaaten, sodass sich eine größere Transparenz bei der Anwendung der Klauseln ergeben würde.

F. Reformvertrag der Europäischen Union Die ständige „Baustelle“ Europäische Union steht im Moment664 in einem neuerlichen Reformprozess seiner Verträge. Mit dem „Vertrag über eine Verfassung für Europa“665 sollte das Rechtssystem der EU um wichtige Bereiche ergänzt und teilweise vereinheitlicht werden. Der VVE beruhte auf den Ergebnissen des zwischen Februar 2002 und Juli 2003 tagenden Verfassungskonvents, der sich aus Regierungsvertretern und Abgeordneten der Mitglieds- und Beitrittsstaaten, sowie aus Vertretern des EP und der Kommission zusammengesetzt hat. Auf Basis der Ergebnisse des Konvents berieten die Staats- und Regierungschefs, was, nach Auseinandersetzungen zur Frage der Mehrheiten im Rat, am 18. Juni 2004 in der Annahme der Verfassung durch den Europäischen Rat mündete. Die Verfassung für Europa wurde schließlich am 29. Oktober 2004 in Rom unterzeichnet.666 Am 29. Mai 2005 in Frankreich und am 1. Juni 2005 in den Niederlanden wurden zwei nationale Referenden zur Ratifikation des VVE abgehalten, bei denen die Verfassung abgelehnt wurde. Danach fanden zwar noch 664

Stand 31.8.2008. Vertrag über eine Verfassung für Europa, ABl. C 310/1 vom 16.12.2004. 666 Siehe: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Vertrag über eine Verfassung für Europa, in: http://europa.eu.int/constitution/index_de.htm (27.8.2006). 665

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

einige Ratifikationen anderer Staaten statt, wichtige Staaten wie Großbritannien oder Polen hatten ihren Ratifikationsprozess aber auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Auf der Tagung des Europäischen Rats im Juni 2007 wurde das Projekt des Verfassungsvertrags aufgegeben und durch einen Reformvertrag ersetzt worden,667 dessen Text bei der Tagung des Europäischen Rates am 18. und 19. Oktober 2007 in Lissabon von den Staats- und Regierungschefs angenommen wurde.668 Der Vertrag von Lissabon unterscheidet sich nur unwesentlich und hauptsächlich hinsichtlich der „Staats“symbolik von der gescheiterten Verfassung. Aufgehoben werden die eigenständigen Rechtspersönlichkeiten der Europäischen Gemeinschaften. Die Verträge heißen nunmehr Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.669 Im Gegensatz zum VVE wurde beim Lissaboner Vertrag eine Volksabstimmung nur in Irland durchgeführt, wo eine solche verfassungsmäßig obligatorisch ist. Am 12.6.2008 lehnten die Iren den Vertrag in ihrem Referendum ab, während in den übrigen 26 Mitgliedsstaaten der EU der Ratifizierungsprozess fortgesetzt wurde. Wie die EU mit dem Irischen Nein umgehen wird war bei Drucklegung des Manuskripts noch nicht absehbar. Allerdings ergeben sich zu den in dieser Arbeit dargestellten Problemen nur geringe Auswirkungen durch den Vertrag von Lissabon. Zunächst ist in Art. 216 Abs. 1 VAEU festgehalten, wann die EU internationale Abkommen schließen kann. Dies betrifft wieder hauptsächlich die Fälle, in denen in den Verträgen eine Kompetenz zur Vertragsschließung vorgesehen ist. Abs. 1 normiert aber auch die AETR-Rechtsprechung des EuGH.670 Art. 216 Abs. 2 VAEU ist das Pendant zu Art. 300 Abs. 7 EGV, bindet also die EU und die Mitgliedsstaaten zur Erfüllung der geschlossenen Verträge. Art. 217 VAEU korrespondiert mit Art. 310 EGV und regelt somit die Assoziationsabkommen. Vertiefende Aussagen, wie ein Assoziationsabkommen definiert ist, finden sich allerdings auch hier nicht. Das Verfahren zur Schließung internationaler Abkommen ist in Art. 218 VAEU geregelt. Zwar wurde in dieser Bestimmung der Wortlaut teilweise vereinfacht und übersichtlicher gestaltet, inhaltlich entspricht das Verfahren 667 Siehe: Europäischer Rat: 21./22. Juni 2007, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, DOC/07/2 vom 23.6.2007. 668 Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten: Entwurf eines Vertrags zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, CIG 1/1/07 von 22.10.2007. 669 Für die noch nicht ratifizierte Fassung siehe: Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. C 115/1 vom 9.5.2008. 670 Zur wortgleichen Bestimmung des Art III-323 VVE siehe: Fischer, Klemens H.: Der Europäische Verfassungsvertrag. Texte und Kommentar, Bern, 2005, S. 432.

F. Reformvertrag der Europäischen Union

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aber jenem von Art. 300 EGV. In Abs. 6 sind jene Fälle taxativ aufgezählt, die der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Neu ist, dass bei allen anderen Fällen das Parlament angehört wird. Die Nicht-Beteiligung des Parlaments bei Handelsabkommen würde daher abgeschafft.671 Die gemeinsame Handelspolitik als wichtigster Kompetenzbereich ist in den Art. 206 VAEU und 207 VAEU enthalten. In dem gegenüber Art. 133 EGV vereinfachten Art. 207 VAEU ist nunmehr bereits im ersten Absatz festgestellt, dass die gemeinsame Handelspolitik den Handel mit Waren, Dienstleistungen sowie die Handelsaspekte des geistigen Eigentums und der ausländischen Direktinvestitionen umfasst. Damit wurde zwar die Kongruenz der WTO-Materien im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik erreicht, allerdings auch die Parallelität der Innen- und Außenkompetenzen in diesen Bereichen aufgehoben.672 Nicht mehr vorgesehen sind die gemischten Abkommen des Art. 133 Abs. 6 EGV. Beim Handel mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen sowie beim Handel mit Dienstleistungen des Sozial- und Gesundheitssektors ist, unter gewissen Voraussetzungen, Einstimmigkeit im Rat vorgesehen.673 Zur rechtlichen Grundlage der Menschenrechtsklausel enthält der Verfassungsvertrag eine wesentliche Neuerung. Art. 21 Abs. 1 des neuen EUVs legt nämlich ausdrücklich fest, dass sich die EU in ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen ihrer eigenen Gründung leiten lassen will: „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, [. . .], die Achtung der Menschenwürde, [. . .] sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.“ Somit dürfte die Frage einer Grundlage der Menschenrechtsklauseln in den Verträgen der EU geklärt sein, was aber freilich nichts an der politisch motivierten selektiven Anwendung der Menschenrechtsklauseln ändert.674 Keinen Einfluss auf die präferenziellen Abkommen der EU dürfte die über Verweis in den Lissaboner Vertrag integrierte Charta der Grundrechte der Union haben.675 Denn diese interne Maßnahme kann ohne Zustimmung der Vertragspartner nicht Teil eines völkerrechtlichen Vertrags werden. 671 Zur wortgleichen Bestimmung des Art III-325 VVE siehe: Fischer, Klemens H.: Der Europäische Verfassungsvertrag, Fn. 670, S. 435. 672 Zum nahezu wortgleichen Konventsentwurf: Krenzler, Horst Günther: Die Außenhandelsbefugnisse der EU, in: Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Der Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents. Verfassungsrechtliche Grundstrukturen und wirtschaftsverfassungsrechtliches Konzept, Baden-Baden, 2004, S. 385–394 (S. 391). 673 Krenzler, Horst Günther: Die Außenhandelsbefugnisse der EU, Fn. 672, S. 392. 674 Siehe dazu Kapitel E.IV., S. 171. 675 Siehe Art. 6 des neuen, durch den Vertrag von Lissabon reformierten EUV.

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2. Teil: Präferenzielle Abkommen im Europarecht

Wann und in welcher Form der Reformvertrag umgesetzt wird, lässt sich derzeit noch nicht beantworten, die Auswirkungen auf die in dieser Arbeit besprochenen Themen sind aber gering. Letztlich stellt auch der Vertrag von Lissabon zwar eine wichtige Weiterentwicklung, aber keinesfalls eine Totalreform des Europarechts dar. Die größte Änderung betrifft die Menschenrechtsklauseln, für die nun eine eindeutige Rechtsgrundlage vorhanden wäre.

Dritter Teil

Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO G. Aufbau und Entstehung von Art. XXIV GATT I. Überblick über Art. XXIV GATT Wie bereits mehrfach erwähnt, stellt Art. XXIV GATT die zentrale Bestimmung zu präferenziellen Abkommen im Bereich des Warenhandels dar. Im Folgenden sollen der Aufbau von Art. XXIV GATT in einem kurzen Überblick dargestellt und die zentralen Punkte dieser Bestimmung zur Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen herausgearbeitet werden. Wie alle anderen Bestimmungen des GATT 1947, wurde auch Art. XXIV mit der Gründung der WTO in das GATT 1994 übernommen. Dabei kam es aber auch zu Ergänzungen einiger Absätze des Art. XXIV GATT, die im Anschluss an den allgemeinen Überblick dargestellt werden.676 Die ersten beiden Absätze des Art. XXIV GATT regeln die territoriale Anwendung des Abkommens und geben so eine Definition, was als Zollgebiet zu verstehen ist. Demnach ist ein Zollgebiet ein Gebiet, in dem für den wesentlichen Teil seines Handels ein eigener Zolltarif besteht. Abs. 3 regelt den Grenzverkehr mit Nachbarländern, was aber keine Anwendung mehr findet.677 Die Kernbestimmungen für die präferenziellen Abkommen finden sind in den Abs. 4–8 des Art. XXIV GATT. Abs. 4 bestimmt, dass eine vertiefende Integration in Form von Zollunionen prinzipiell wünschenswert ist. Gleichzeitig sollen Präferenzzonen aber nicht zur Errichtung von Handelsbarrieren gegenüber Drittstaaten dienen. Es galt lange Zeit als umstritten, ob Abs. 4 konkrete Verpflichtungen enthält oder eine bloße Zielbestimmung darstellt. Nunmehr wurde diese Frage aber von den Streitbeilegungsorganen der WTO geklärt.678 Abs. 5 regelt die Voraussetzungen, die eine Präferenzzone gegen676

Siehe Kapitel G.III., S. 195. Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements (RTAs). Artikel XXIV und die enabling clause im Lichte eines idealen Regulierungssystems, Hamburg, 2004, S. 160. 677

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

über Drittstaaten erfüllen muss. Es handelt sich somit um die externen Kriterien eines präferenziellen Abkommens. Es geht dabei hauptsächlich um die Regulierung neuer Beschränkungen, die bei der Bildung einer Präferenzzone gegenüber einem Drittstaat entstehen können. Die Bestimmung unterscheidet zwischen Zollunionen, Freihandelsabkommen und Interimsabkommen, und legt für jeden dieser Integrationstypen unterschiedliche Voraussetzungen fest. Art. XXIV:6 GATT sieht einen Ausgleich für Drittländer für den Fall vor, dass bei der Schaffung einer Zollunion durch die Einführung eines gemeinsamen Außenzolls, der bisher im Rahmen des GATT gebundene Zollsatz eines Mitglieds überschritten würde. Beispiele dafür finden sich bei der dritten und vierten Erweiterungsrunde der EG.679 Aufgrund der vergleichsweise geringen Zahl von Zollunionen gegenüber Freihandelsabkommen spielt diese Bestimmung aber nur eine untergeordnete Rolle. Auf eine weitere Betrachtung des Art. XXIV:6 GATT wird daher in weiterer Folge verzichtet. Abs. 7 regelt prozedurale Aspekte, insbesondere die Pflicht der Vertragsparteien eines Präferenzabkommens, dieses der WTO zu notifizieren. Art. XXIV:8 GATT enthält eine Definition, was unter einer Zollunion oder einer Freihandelszone im Sinne des Art. XXIV GATT zu verstehen ist. Es handelt sich damit um die Voraussetzungen, die eine Präferenzzone im Innenverhältnis erfüllen muss. Dieser Absatz ist zusammen mit Abs. 5 von zentraler Bedeutung, denn nur wenn beide erfüllt sind, greift Art. XXIV GATT auch als Ausnahme zu den übrigen Bestimmungen des GATT. Abs. 9 regelt die stark an Bedeutung verlierenden historischen Präferenzen. Sie spielen im heutigen Handelsverkehr kaum noch eine Rolle.680 Eine ebenso geringe Rolle spielt die Möglichkeit zur Gewährung einer Ausnahmebestimmung (waiver) nach Art. XXIV:10 GATT. Die aufgrund dieser Bestimmung möglichen Ausnahmen beziehen sich nämlich ausschließlich auf Art. XXIV GATT. Da die Voraussetzungen eines für das gesamte GATT gültigen Waivers nach Art. XXV GATT günstiger sind, greifen die Vertragsparteien ausschließlich auf diese Bestimmung zurück.681 Abs. 11 enthält kaum relevante Sonderbestimmungen zur besonderen wirtschaftlichen Situation Indiens und Pakistans, die sich 1947, also unmittelbar beim Abschluss des GATT, zu zwei unabhängigen Staaten entwickelt haben. Schließlich behandelt Art. XXIV:12 GATT die Verpflichtung der Vertragsparteien, die Umsetzung der Bestimmung durch die regionalen und örtlichen Regierungen sicherzustellen. 678

Siehe Kapitel H.I., S. 203. Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 182. 680 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 88. 681 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 133–134. 679

G. Aufbau und Entstehung von Art. XXIV GATT

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II. Praxis und Judikatur zu den präferenziellen Abkommen im GATT 1947 1. Allgemeines „That Article, permitting the formation of customs unions and free trade areas, is probably the most abused in the whole agreement and the heaviest cross the GATT has had to bear.“682

Aus dieser Stellungnahme Haight’s aus 1972 erkennt man gut, welche besonders umstrittene Stellung Art. XXIV seit der Gründung des GATT eingenommen hat. Das hat zum Teil auch wirtschaftswissenschaftliche Gründe. Bei der Entstehung des Art. XXIV GATT 1947 ist man nämlich noch davon ausgegangen, dass Zollunionen oder Freihandelszonen, wegen des darin enthaltenen Abbaus der Zölle, jedenfalls positive Effekte haben. Erst Jacob Viners Erkenntnisse haben nachgewiesen, dass präferenzielle Abkommen auch negative, trade diverting, Effekte haben können. Viners grundlegender Beitrag stammt allerdings erst aus dem Jahr 1950 und wurde demnach drei Jahre nach dem Abschluss des GATT veröffentlicht. Es gilt als ausgeschlossen, dass Viners Ansatz schon 1947 in die Entwicklung des GATT eingeflossen ist.683 Dass Art. XXIV GATT 1947 Probleme in seiner Auslegung bereitet hat, erklärt sich auch durch seine äußerst ungenaue Wortwahl. Begriffe wie „substantially all the trade“ oder „reasonable length of time“ waren weder näher spezifiziert, noch haben sich die Vertragsparteien um eine verbindliche Auslegung bemüht. Schon beim ersten Anwendungsfall, der Schaffung einer Zollunion zwischen Südafrika und Südrhodesien 1949, wurde ein Präzedenzfall für die extensive und unklare Auslegung der Regelungen des Art. XXIV GATT 1947 geschaffen. Die Vertragsparteien warteten mit dem Inkrafttreten der Zollunion weder auf die obligatorische Untersuchung durch eine Arbeitsgruppe des GATT, noch legten sie einen nach Art. XXIV:5 (c) GATT geforderten Zeitplan vor, bis wann das Interimsabkommen vollständig implementiert sein sollte. Der weitaus bedeutsamere Test für Art. XXIV GATT 1947 kam aber 1958 mit der Behandlung der Überseeterritorien bei der Gründung der Eu682 Haight, F. A.: Customs Unions and Free-Trade Areas under GATT, in: Journal of World Trade, Twickenham, 1972, S. 391–404 (S. 391). 683 Haight, F. A.: Customs Unions, Fn. 682, S. 392; Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, in: LIEI, Den Haag, 2001, S. 297–336 (S. 303); Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Den Haag, 2002, S. 103; für eine Übersicht über Viners Theorie siehe Kapitel B.III., S. 43.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

ropäischen Gemeinschaft. Um die bevorzugte Behandlung dieser Gebiete den Anschein der Rechtmäßigkeit innerhalb des GATT zu geben, stützte die EG die Assoziierung ihrer Überseeterritorien,684 wie auch die daran anschließenden Abkommen von Yaoundé,685 auf Art. XXIV GATT. Zu den Abkommen von Yaoundé argumentierte die Gemeinschaft, dass diese ein Interimsabkommen zur Schaffung einer Freihandelszone darstellten, legte aber ebenfalls keinen Zeitplan vor, bis wann eine solche Freihandelszone implementiert sein sollte.686 Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass eine Freihandelszone zwischen der Gemeinschaft und ihren ehemaligen Kolonien bis heute nicht verwirklicht worden ist.687 Nach diesem, hinsichtlich einer klaren und konsequenten Auslegung, misslungenem Start, wurde Art. XXIV GATT in der Folge meist missbräuchlich verwendet oder weiter „verwässert“. So war die 1960 gegründete EFTA ein Freihandelsabkommen ausschließlich für Industrieprodukte, landwirtschaftliche Güter waren ausgenommen. Die Latin American Free Trade Area aus 1960, die Australia/New Zealand Free Trade Area aus 1965 und der Arab Common Market aus 1965 enthielten jeweils keinen Zeitplan für die Abschaffung der Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedern. Auch die Assoziationsabkommen der Gemeinschaft mit benachbarten Staaten und Staaten des Mittelmeerraums wiesen Mängel in Bezug auf Art. XXIV GATT auf, einige beschränkten sich nur auf die Liberalisierung ausgewählter Industrieprodukte.688 Während des GATT 1947 gab es nur wenig Judikatur zu Art. XXIV GATT. Grund dafür ist der Aufbau des Streitbeilegungsmechanismus im GATT 1947. Ab 1952 wurden zur Streitbeilegung nach Art. XXIII GATT 1947 unabhängige Panels eingesetzt, die eine regelorientierte Durchsetzung des GATT garantieren sollten. In der Praxis bestanden zum Streitbeilegungsmechanismus jedoch erhebliche Defizite.689 Aufgrund der besonderen 684

Siehe dazu den Beginn von Kapitel H.II.2., S. 210. Abkommen von Yaoundé I vom 20.7.1963, ABl. 93/1431 vom 11.6.1964; Abkommen von Yaoundé II vom 29.7.1969, ABl. L 282/2 vom 28.12.1970. 686 Haight, F. A.: Customs Unions, Fn. 682, S. 397–398. 687 Freilich beruht das nunmehrige Abkommen von Cotonou auf einem Waiver, also einer Ausnahme, die die übrigen WTO-Mitglieder gewährt haben, und ist somit GATT konform. Dieser Waiver ist allerdings wie das Abkommen von Cotonou bis 2010 befristet, sodass die EU für eine weitere präferenzielle Behandlung entweder einen neuen Waiver innerhalb des GATT erwirken, oder das Abkommen von Cotonou in ein mit Art. XXIV GATT konformes Freihandelsabkommen umwandeln muss. 688 Haight, F. A.: Customs Unions, Fn. 682, S. 399; für einen Überblick über die Praxis siehe auch ausführlich: Huber, Jürgen: The practice of GATT in examining regional arrangements under article XXIV, in: JCMS, London, 1981, S. 281–298 (S. 282–291). 685

G. Aufbau und Entstehung von Art. XXIV GATT

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Entstehungsgeschichte des GATT690 waren für die Entscheidungen zur Einsetzung eines Panels, sein Verfahren und die Annahme des Panel-Berichts Einstimmigkeit im GATT-Rat notwendig. Während die Staaten der Einsetzung eines Panelberichts meist aus Konformitätsdruck noch zustimmten, verhinderten sie durch ihre Stimme aber oft die Annahme eines für sie ungünstigen Panelberichts. Nicht angenommene Panelberichte wurden nicht veröffentlicht und haben keine offizielle Rechtsstellung im GATT. Dennoch können sie als Leitlinien für spätere Entscheidungen dienen, sodass man sich in den Streitbeilegungsorganen der WTO auf sie berufen kann.691 Eine verstärkte Praxis zur Überprüfung des Regionalismus durch die Streitbeilegungsgremien des GATT ist erst ab den achtziger Jahren festzustellen. Alle wichtigen Fälle betreffen dabei die EG, woraus man auch die Bedeutung des EG-Regionalismus in den siebziger und achtziger Jahren ablesen kann.692 Im Citrus-Fall, der EG-Zollpräferenzen für Citrusfrüchte aus Mittelmeerstaaten zum Gegenstand hatte, stellte das Panel erstmals fest, dass der Status der Abkommen trotz einer Überprüfung nach Art. XXIV:7 GATT offen bleibt, solange dabei keine Entscheidung der Vertragsparteien getroffen wird.693 2. Die Fälle Bananen I und II – Die Beziehungen der EG zu den AKP-Staaten nach Art. XXIV GATT Zwei weitere wichtige Fälle zur Anwendung von Art. XXIV GATT 1947, die jeweils das EG Zollregime für Bananen nach dem Abkommen von Lomé IV694 zum Thema hatten, finden sich Anfang der neunziger Jahre. Der Fall Bananen I wurde 1992 nach erfolglosen Konsultationen von den 689 Petersmann, Ernst Ulrich: The Dispute Settlement System of the World Trade Organisation and the Evolution of the GATT Dispute Settlement System Since 1948, in: CMLR, Leiden, 1994, S. 1157–1244 (S. 1203–1205). 690 Siehe dazu Kapitel A.IV.1., S. 34. 691 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 113–114, Rn. 251; Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 87. 692 Siehe dazu Kapitel C.I., S. 48. 693 GATT 1947: European Community – Tariff Treatment on Imports of Citrus Products from certain Countries in the Mediterranean Region, Report of the Panel, L/5776 vom 7.2.1985, Rn. 4.15–14.16; Christoforou, Theofanis: Multilateral Rules as a Constraint on Regional Rules: A Regional Perspective, in: Demaret, Paul et al. (Hrsg.), Regionalsim and Multilateralism after the Uruguay Round, Brüssel, 1997, S. 757–770 (S. 760–761). 694 Das Abkommen von Lomé IV ist das unmittelbare Vorgängerabkommen zum aktuellen Abkommen von Cotonou, das gegenwärtig die Handelsbeziehungen der EU mit den AKP-Staaten bestimmt.

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bedeutenden Bananenexporteuren Costa Rica, Guatemala, Kolumbien, Nicaragua und Venezuela vor das GATT-Panel gebracht. Die EG-Mitgliedsstaaten hoben Ende 1992 unterschiedliche Zölle für Bananen ein, stellten in der Gesamtheit aber den weltweit wichtigsten Bananenimporteur dar. Das Spektrum der Zollsätze reichte von einer Zollfreiheit für Bananen in Deutschland, über die Einhebung des 20%-igen MFN-Zollsatzes in den meisten anderen Mitgliedsstaaten, bis zu einem de facto Importverbot für Bananen in Spanien.695 Im Gegensatz dazu, gewährte die EG-Bananen aus AKP-Staaten auf Basis des Abkommens von Lomé freien Zugang zu ihrem Markt. Die Kläger machten insbesondere einen Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip nach Art. I GATT geltend, der weder durch den Teil IV des GATT 1947, noch durch Art. XXIV GATT 1947 zu rechtfertigen sei. Der IV. Teil des GATT regle die unterschiedliche Behandlung zwischen Entwicklungs- und Industrienationen, könne aber nicht zur unterschiedlichen Behandlung zwischen den Entwicklungsländern herangezogen werden. Ebenso sei eine Stützung auf Art. XXIV GATT 1947 nicht möglich, denn das Abkommen von Lomé IV habe nur eine unilaterale, nicht-reziproke Liberalisierung gebracht. Genau eine Gewährung solcher Präferenzen habe aber Art. XXIV GATT 1947 verhindern wollen.696 Die EG entgegnete, dass die Zollsätze Frankreichs und Großbritanniens als historische Präferenzen durch Art. I:2 GATT 1947 gedeckt seien. Auf die fehlende Reziprozität im Abkommen mit den AKP-Staaten antwortete die Gemeinschaft, dass dieses Kriterium eine Freihandelszone zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern nahezu unmöglich mache. Auch habe die EG das Abkommen nach Art. XXIV:7 GATT 1947 notifiziert. Wenn die Vertragsparteien keine Empfehlungen nach dieser Bestimmung ausgesprochen haben, so sei das Abkommen nach Art. XXIV GATT 1947 rechtmäßig. Die Rechtssicherheit der internationalen Vertragsbeziehungen im GATT würde leiden, könnte man ein Abkommen noch Jahre nach der Überprüfung durch Organe des GATT vor einem Panel anfechten.697 Das Panel behandelte, auch unter Bezugnahme auf den Citrus-Fall, das Verhältnis der Streitbeilegung im GATT zur Untersuchung des Abkommens 695

GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 16–18; den 20%-igen Zollsatz, der dem gebundenen MFN-Zollsatz nach dem GATT entsprach hoben Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg und die Niederlande ein. Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien und Portugal hatten quantitative Beschränkungen für einen Import von Bananen. 696 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 207–210. 697 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 216–229.

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durch eine Arbeitsgruppe nach Art. XXIV GATT. Art. XXIV GATT könne nach dem Panel aber nur dann über Art. XXIII GATT stehen, wenn für das fragliche Abkommen prima facie Art. XXIV GATT anwendbar ist. Zu den Konsequenzen einer anderen Interpretation führte das Panel aus: „If preferences granted under any agreement for which Article XXIV had been invoked could not be investigated under Article XXIII, any contracting party, merely by invoking Article XXIV, could deprive other contracting parties of their rights under Article XXIII.“698

Daran anschließend hat das Panel untersucht, ob Art. XXIV GATT sowie Teil IV des GATT auf das Abkommen von Lomé IV anzuwenden waren. Beides wurde vom Panel verneint. Für Art. XXIV GATT, weil das Abkommen nicht annähernd den gesamten Handel zwischen den Vertragsparteien beseitige, wie dies nach Art. XXIV:8 GATT erforderlich wäre. Und hinsichtlich des IV. Teils des GATT aufgrund der diskriminierenden Behandlung zwischen den Entwicklungsländern. Eine Grundlage nach dem GATT für Lomé IV hätte daher nur in der Gewährung eines waivers durch die anderen Vertragsparteien nach Art. XXV GATT bestanden.699 Ähnliche Probleme wurden im Panel Bananen II angesprochen, welches das ab 1.7.1993 neu geltende „vergemeinschaftete“ Bananenregime der EG zum Gegenstand hatte. Die neuen Zollbestimmungen der Gemeinschaft sahen wieder eine unterschiedliche Behandlung von AKP-Bananen gegenüber Bananen aus Drittstaaten vor. Die außerhalb der AKP-Kooperation stehenden Haupt-Bananenexporteure machten u. a. wieder eine Verletzung des Meistbegünstigungsprinzips geltend.700 Die EG wandte wiederum ein, dass dem Panel keine Jurisdiktion über das Lomé Abkommen zukomme. Das im Bananen I Fall entwickelte prima-facie-Kriterium sei nicht anwendbar. Das GATT habe dieser Entwicklung Rechnung getragen, in dem es die Untersuchung der Abkommen einer Arbeitsgruppe von Handelsexperten nach Art. XXIV:7 GATT überlasse und eben nicht einer Augenscheinuntersuchung durch ein Panel. Nach der EG könne daher nicht das Abkommen als Ganzes vom Panel untersucht werden, sondern lediglich einzelne konkrete Maßnahmen auf Basis der Abkommen.701 698 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 367. 699 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 368–369, 372. 700 Für einen Überblick über die Argumente zu Art. I GATT siehe: GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. Report of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 29–50. 701 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. Report of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 45–46.

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Hinsichtlich des Verstoßes gegen Art. I GATT führte die EG Art. XXIV GATT an, dass dieser im Lichte des Art. XXXVI:8 GATT gelesen werden müsse. Demnach erwarten die Industrieländer bei den Handelsbeziehungen mit weniger entwickelten Staaten eben keine Reziprozität. Eine fehlende Reziprozität nach Art. XXIV GATT sei daher bei einem Abkommen zwischen Industrie- und Entwicklungsland gerechtfertigt.702 Die Kläger entgegneten wie schon in Bananen I, dass Art. XXXVI GATT, wie der gesamte Teil IV des GATT, nicht zur unterschiedlichen Behandlung unter Entwicklungsländern herangezogen werden könne.703 Das Panel stellte zuerst klar, dass die EG nach dem Meistbegünstigungsprinzip ihre Zollpräferenzen für AKP-Staaten an Drittstaaten weitergeben müsse und daher das EG-Zollregime für Bananen nicht mit Art. I GATT vereinbar sei.704 Dann widmete sich das Panel dem von der EG geltend gemachten Art. XXIV GATT als Ausnahme zum Meistbegünstigungsprinzip. Hinsichtlich der Untersuchung von Lomé IV führte das Panel aus, dass die VERTRAGSPARTEIEN nicht ausdrücklich dem Abkommen zugestimmt haben und sich die EG bei ihrer Notifikation des Abkommens von Lomé auch nicht auf Art. XXIV GATT gestützt hat. Auch verlange Art. XXIV:7 GATT eine Zollunion, eine Freihandelszone oder ein Interimsabkommen. Die Überprüfung dieser Voraussetzungen erfordert aber notwendigerweise die Überprüfung des streitigen Abkommens.705 Daraufhin untersuchte das Panel die Vereinbarkeit von Lomé IV mit Art. XXIV GATT. Das Panel zitierte dabei die Anforderungen an ein Freihandelsabkommen nach Art. XXIV:8(b) GATT. Nach einer Untersuchung der maßgeblichen Art. 168 und 174 des Abkommens Lomé IV stellte das Panel klar: „This lack of any obligation of the sixty-nine ACP countries to dismantle their trade barriers, and the acceptance of an obligation to remove trade barriers only on imports into the customs territory of the EEC, made the trade arrangements set out in the Convention substantially different from those of a free trade area, as defined in Article XXIV:8(b).“706

Schließlich widmete sich das Panel dem Argument der EG, Reziprozität sei aufgrund des IV Teils des GATT bei Abkommen mit Entwicklungslän702 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 37. 703 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 38. 704 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 155. 705 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 157–158. 706 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 159, Hervorhebung im Original.

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dern nicht notwendig. Diese Argumentation der EG wurde vom Panel jedoch unter Verweis auf Entscheidungen und die Entstehungsgeschichte des Teils IV abgewiesen. Wären nämlich nicht-reziproke Abkommen nach Art. XXIV und Teil IV GATT gerechtfertigt, dann wären die später eingeführten präferenziellen Behandlungen von Entwicklungsländern nach dem GSP und der enabling clause weitgehend überflüssig.707 Das Abkommen von Lomé IV wurde vom Panel also als nicht vereinbar mit Art. XXIV GATT angesehen. Zwar hatte dieses Urteil im GATT 1947 keine unmittelbaren Konsequenzen, konnte doch die Annahme des Panelberichts durch ein Veto der beteiligten Parteien verhindert werden, wovon sie auch Gebrauch machten. Allerdings besteht diese Möglichkeit seit der Gründung der WTO nicht mehr. Das Abkommen von Cotonou beruht daher auf einem waiver nach Art. XXV GATT. Diese Ausnahmebestimmung ist allerdings zeitlich befristet, sodass bei seinem Auslaufen 2010 die EG und die AKP-Staaten entweder die Konformität mit Art. XXIV GATT in ihren Handelsbeziehungen herstellen oder auf einen neuerlichen waiver hinwirken müssen. Ein waiver bedarf allerdings der Zustimmung der anderen WTOMitglieder, sodass dafür ein „politischer Preis“ zu zahlen sein dürfte.

III. Entstehung und Anwendung von Art. XXIV GATT 1994 1. Das Understanding zu Art. XXIV GATT Mit der Gründung der WTO ist Art. XXIV GATT materiell ergänzt worden. Zwar wurde das GATT 1947 nach Art:1(a) GATT 1994 in den Rechtsbestand der WTO übernommen, einige Bestimmungen, darunter auch Art. XXIV GATT, wurden durch auslegende Bestimmungen erweitert. Dieses Understanding on the Interpretation of Article XXIV of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994 enthält nähere Präzisierungen zu den Absätzen 5, 6, 7 und 12 des Art. XXIV GATT und versucht so, die im GATT 1947 aufgetretenen Schwächen des Art. XXIV GATT zu korrigieren. So legt das Understanding zu Art. XXIV:5 GATT Berechnungsmethoden für die Voraussetzungen der Zollunionen gegenüber Drittländern fest. Abs. 5 bestimmt weiter, dass Interimsabkommen bei Zollunion und Freihandelsabkommen die Dauer von 10 Jahren nur in Ausnahmefällen übersteigen sollen. Zusätzlich regelt das Understanding on Art. XXIV GATT das Verfahren zum Ausgleich gegenüber Drittländern bei der Gründung von Zollunionen. Kommen die Parteien bei diesen Verhandlungen zu keinem Konsens, so 707 GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Import Regime for Bananas. Report of the Panel, DS38/R, 11.2.1994, Rn. 162.

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sind Drittstaaten im Gegenzug befugt, bereits gemachte Zollkonzessionen zurückzuziehen. Schließlich wird Abs. 7 dahingehend ergänzt, dass zu jedem neuen präferenziellen Abkommen im Rahmen der WTO eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, die die Einhaltung der Bestimmungen des Art. XXIV GATT überprüfen soll. Und letztlich werden die Verpflichtungen zur Einhaltung der Bestimmungen des GATT und bei einem Verstoß die Möglichkeit zur Heranziehung der Streitbeilegungsmechanismen präzisiert. 2. Judikatur zu Art. XXIV GATT Im GATT 1994 gibt es nun auch wichtige Judikatur zu Art. XXIV GATT. Der Türkei-Textil-Fall708 aus 1999 betraf Einfuhrbeschränkungen der Türkei für Textilien aus Indien. In der 1995 geschlossenen und 1996 in Kraft getretenen Zollunion mit der EG hat sich die Türkei verpflichtet, das Außenzollregime der Union zu übernehmen. Dazu heißt es im Assoziationsratsbeschluss EG-Türkei zur Errichtung der Zollunion: „Artikel 12 (1) Ab Inkrafttreten dieses Beschlusses wendet die Türkei gegenüber Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sind, Vorschriften und Durchführungsmaßnahmen an, die im wesentlichen den in nachstehenden Verordnungen niedergelegten Vorschriften und Durchführungsmaßnahmen im Bereich der Handelspolitik der Gemeinschaft entsprechen: [. . .] (2) Im Einklang mit Artikel XXIV des GATT wendet die Türkei ab Inkrafttreten dieses Beschlusses im wesentlichen die gleiche Handelspolitik im Textilsektor an wie die Gemeinschaft, einschließlich der Abkommen oder Vereinbarungen über den Handel mit Textilwaren und Bekleidung. Die Gemeinschaft arbeitet mit der Türkei zusammen, um dieses Ziel zu erreichen.“709

Auf dieser Basis stellte sich die Türkei im Panel auch auf den Standpunkt, dass sich Indien an die Türkei und die EG gleichermaßen hätte wenden müssen, läge der Ursprung der türkischen Maßnahmen gegen indische Textilien eben in der Zollunion EG-Türkei.710 Dieses Argument wurde vom Panel allerdings abgewiesen, da die Zollunion EG-Türkei kein Mitglied der WTO ist. Eine mögliche Beteiligung als Drittstaat nach Art. 10 DSU hatte die EG abgelehnt. Das Panel sah auch keine Kompetenz, die Beteiligung 708 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999 sowie WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/ DS34/AB/R, 22.10.1999. 709 Zollunion EU-Türkei vom 22.12.1995, ABl. L35/1 vom 13.2.1996. 710 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 3.155.

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der EG auf diesem Weg zu erzwingen.711 Beklagter im Verfahren war somit die Türkei, einer der Hauptgegenstände im Verfahren war aber das Zollregime der Europäischen Union. Durch die notwendige Einführung mengenmäßiger Beschränkungen (quantitative restrictions, QRs) im Textilsektor durch die Türkei, machte Indien einen Verstoß gegen die Art. XI und XIII GATT geltend. Die Türkei vertrat dem gegenüber die Auffassung, dass die Maßnahmen gegen Indien aus der Zollunion mit der EG nach Art. XXIV GATT gerechtfertigt sind. Der Türkei-Textil-Fall bezieht sich daher primär auf die externen Erfordernisse der Zollunion nach Art. XXIV:5 GATT, das Panel und der Appellate Body haben aber auch Aussagen zur Auslegung anderer Bereiche des Art. XXIV GATT getroffen. Der Türkei-Textil-Fall ist die wichtigste Judikatur zu Art. XXIV GATT. Die vom Panel und vom Appellate Body festgestellten Punkte werden in den jeweiligen einzelnen Kapiteln erörtert. Ebenfalls aus 1999 stammt der zweite wichtige Fall der WTO zu Art. XXIV GATT. In Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear712 ging es um argentinische Schutzmaßnahmen für den Import von Schuhen, gegen die von der EG wegen Verstoßes gegen Art. XIX GATT sowie verschiedener Bestimmungen des WTO Agreements on Safeguards geklagt wurde.713 Es ging dabei um die Frage, ob Argentinien berechtigt war, als Berechnungsbasis zur Ergreifung der Schutzmaßnahmen den Handel mit seinen Partnern aus dem MERCOSUR einzubeziehen, die eigentlichen Maßnahmen aber nicht auf seine Partner aus der Zollunion anzuwenden.714 Prinzipiell müssen nach Art. 2.2 Agreement on Safeguards Schutzmaßnahmen in nicht diskriminierender Weise eingeführt werden, d.h. sie sind gegenüber allen Drittstaaten gleichermaßen anzuwenden. Dem gegenüber stellte sich Argentinien auf den Standpunkt, dass sie die Schutzmaßnahmen auch selektiv anwenden könnten. Keine Bedeutung maß der Appellate Body Art. 2.1 Safeguards Agreement zu. Diese Bestimmung erlaubt nach ihrer Fußnote die selektive Anwendung von Schutzmaßnahmen einerseits durch die Zollunionen als Einheit, andererseits aber auch durch die 711 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.5–9.10, auch unter Hinweis auf Judikatur des IGH. 712 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, sowie WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999. 713 Siehe ausführliche die Argumente der EU und die Gegenargumente Argentiniens in: WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 5.1–5.424. 714 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.75.

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Zollunion im Namen einzelner Staaten. Der AB stellte aber fest, dass die argentinischen Schutzmaßnahmen von Argentinien selbst, und nicht vom MERCOSUR erlassen wurden.715 Wie die Fußnote zu Art. 2.1 Safeguards Agreement aber auch ausdrücklich festhält, bleibt dadurch das Verhältnis von Art. XXIV GATT zu Art. XIX GATT716 unberührt. Konkret stellte sich Argentinien auf den Standpunkt, dass Art. XXIV GATT die Einführung von Schutzmaßnahmen gegen die MERCOSUR-Partner verbiete, denn Art. XIX GATT sei keine Ausnahme zur Verpflichtung des Art. XXIV:8 GATT, den Handel innerhalb einer Zollunion zu liberalisieren. Das Panel untersuchte das Verhältnis von Art. XXIV zu Art. XIX GATT, kam aber entgegen der argentinischen Argumentation zu dem Schluss, dass sich die diskriminierende Anwendung der Schutzmaßnahmen so nicht rechtfertigen lassen.717 Nach dem AB hat sich aber das Panel in dieser Interpretation geirrt, Art. XXIV GATT im gegenständlichen Fall demnach keine Relevanz. Nach dem AB ist Art. XXIV GATT grundsätzlich geeignet, Verstöße gegen andere Bestimmungen des GATT entschuldigen.718 In Bezug auf den konkreten Fall führte der AB aber aus: „In this case, we note that Argentina did not argue before the Panel that Article XXIV of the GATT 1994 provided it with a defence to a finding of violation of a provision of the GATT 1994. As Argentina did not argue that Article XXIV provided it with a defence against a finding of violation of a provision of the GATT 1994, and as the Panel did not consider whether the safeguard measures at issue were introduced upon the formation of a customs union that fully meets the requirements of sub-paragraphs 8(a) and 5(a) of Article XXIV, we believe that the Panel erred in deciding that an examination of Article XXIV:8 of the GATT 1994 was relevant to its analysis of whether the safeguard measures at issue in this case were consistent with the provisions of Articles 2 and 4 of the Agreement on Safeguards.“719 715 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999, Rn. 108; siehe dazu: Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 223–224. 716 Art. XIX GATT stellt die Ausgangsbasis für Schutzmaßnahmen dar und wird durch das bei der Gründung der WTO geschlossene Safeguards Agreement näher bestimmt. So ausdrücklich Art. 1 Safeguards Agreement: „This Agreement establishes rules for the application of safeguard measures which shall be understood to mean those measures provided for in Article XIX of GATT 1994.“ 717 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.93–8.102. 718 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999, Rn. 109 unter Hinweis auf: WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 58. 719 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999, Rn. 110.

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Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es sich bei den Schutzmaßnahmen um nationale argentinische Maßnahmen gehandelt hat. Inwieweit Art. XXIV GATT als Ausnahme zu von einer Zollunion getroffenen Schutzmaßnahmen dienen kann bleibt daher offen. 3. Die Untersuchung der Abkommen durch das Committee on Regional Trade Agreements Eine wichtige Quelle zur Untersuchung der regionalen Abkommen stellt das 1996 eingerichtete Committee on Regional Trade Agreements (CRTA) dar. Das CRTA wurde vom Generalsekretariat der WTO eingeführt und löste damit die im GATT gängige Praxis der Bildung von ad-hoc-Arbeitsgruppen für jedes einzelne präferenzielle Abkommen ab. Zuständig ist das CRTA zur Untersuchung der nach Art. XXIV GATT, Art. V GATS und der enabling clause notifizierten Abkommen. Als Hauptaufgaben kommen dem CRTA die Untersuchung individueller Abkommen sowie deren Auswirkungen auf das multilaterale Handelssystem zu.720 Das CRTA erstattet dem Generalsekretariat jährlich Bericht und kann zu den einzelnen notifizierten Abkommen Empfehlungen auszusprechen.721 Einer Genehmigung durch das CRTA bedürfen die präferenziellen Abkommen daher nicht.722 Der inhaltliche Wert des CRTA liegt vielmehr darin, dass allen Mitgliedern der WTO die Gelegenheit gegeben wird, ihre Meinung zum jeweiligen präferenziellen Abkommen abzugeben. Die Diskussionen im CRTA spiegeln so die aktuellen Probleme zum Regionalismus wider. 4. Die wesentlichen Problemfelder zu Art. XXIV GATT Aus der Judikatur, der Literatur, vor allem aber aus den Berichten des CRTA ergeben sich die wesentlichen Problemfelder zur Auslegung des Art. XXIV GATT. Das CRTA hat in zwei Berichten die wichtigsten Probleme zu Art. XXIV GATT zusammengefasst.723 720 WTO: Organization, Comittee on Regional Trade Agreements, Decision of 6 February 1996, WT/L/127, 7.2.1996; Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 253, Rn. 619. 721 Siehe Art. XXIV:7(b) GATT i. V. m. Ziff. 7–10 des Understanding on the Interpretation of Article XXIV of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994. 722 Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 311. 723 WTO, CRTA: Synopsis of „Systemic“ Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WT/REG/W/37, 2.3.2000, sowie darauf aufbauend: WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002.

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Ein Problemfeld lässt sich unter dem Stichwort der Transparenz der geschlossenen präferenziellen Abkommen zusammenfassen. Es geht dabei insbesondere um die Fragen, wann ein Abkommen notifiziert werden muss, wie mit Abkommen umzugehen ist die nicht notifiziert wurden oder der Bereitstellung von den notwendigen Informationen, insbesondere Handelsstatistiken, für die Arbeit im CRTA.724 Daran anschließend werden Fragen zur Überwachung der präferenziellen Abkommen im Rahmen der WTO erörtert. Dieser Themenbereich betrifft einerseits die Untersuchung durch das CRTA selbst, andererseits aber auch die Überprüfung der Abkommen durch die Streitbeilegungsorgane der WTO. Diskutiert werden dabei Fragen, wie weit die Prüfungskompetenz der Panel hinsichtlich der präferenziellen Abkommen reicht, wie dabei die Beweislast verteilt ist, oder welche Rechtsstellung neu geschaffene Zollunionen in der WTO einnehmen.725 Wie schon im Fall Argentinien Schutzmaßnahmen für Schuhe wird auch das Verhältnis von Art. XXIV GATT zu anderen Bestimmungen des GATT diskutiert. Der wichtigste Punkt ist dabei das im Fall mit Argentinien angesprochene Verhältnis zu den Bestimmungen über Schutzmaßnahmen nach Art. XIX GATT.726 Naturgemäß konzentrieren sich die meisten und wichtigsten Diskussionen zur Auslegung des Art. XXIV GATT selbst. Wie bereits dargelegt,727 sind die zentralen Bestimmungen die Abs. 4–8 des Art. XXIV GATT. Hauptsächlich geht es dabei um das Verhältnis von Art. XXIV:4 GATT zu den Abs. 5 und 8 und um die Frage, ob Abs. 4 eine eigene Verpflichtungen und Anforderungen an präferenzielle Abkommen enthält, oder lediglich eine Art Zielbestimmung darstellt.728 Die eigentlichen Hauptpunkte konzentrieren sich aber auf Art. XXIV:5 bzw. 8 GATT, welche die notwendigen Kriterien für präferenzielle Abkommen enthalten. Beide Absätze verwenden unklare Begriffe, die auslegungs724

WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 1–13. 725 WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 14–30. 726 WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 31–44. 727 Siehe Kapitel G.I., S. 187. 728 WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 45–46.

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bedürftig sind. Es sind dies im Wesentlichen „substantially all the trade“ „substantially the same duties and other regulations of commerce“, „other restrictive regulations of commerce“ des Abs. 8, sowie „other regulations of commerce“ des Abs. 5.729

IV. Zusammenfassung und Ergebnisse Art. XXIV GATT stellt die zentrale Bestimmung des Welthandelsrechts zu präferenziellen Abkommen dar. In seinen ersten drei Absätzen regelt Art. XXIV GATT Fragen hinsichtlich der territorialen Anwendung und des Grenzverkehrs mit Nachbarländern. Abs. 9 behandelt historische Präferenzen zur Gründung des GATT, Abs. 11 Sonderbestimmungen zur besonderen Stellung Indiens und Pakistans und Abs. 12 die Verpflichtung der Vertragsparteien, die Anwendung des Art. XXIV GATT sicherzustellen. All diesen Bestimmungen kommt in der Anwendung eine untergeordnete Bedeutung zu. An sich schon bedeutsam wäre Abs. 10, der die Möglichkeit zu Ausnahmen von Art. XXIV GATT regelt. Da aber die Voraussetzungen zur Gewährung eines allgemeinen Waivers nach Art. XXV GATT günstiger sind als nach Art. XXIV:10 GATT, findet auch diese Bestimmung kaum Anwendung. Die Kernbestimmungen von Art. XXIV GATT finden sich somit in den Absätzen 4–8. Abs. 8 regelt jene Kriterien, die eine Zollunion oder Freihandelszone intern erfüllen muss. Abs. 5 enthält dem gegenüber die externen Kriterien, die eine solche Präferenzzone gegenüber den übrigen Mitgliedern der WTO zu erfüllen hat. Abs. 6 behandelt Ausgleichszahlungen bei der Gründung einer Zollunion, Abs. 7 die formellen Kriterien hinsichtlich der Notifizierung an die WTO und die Überprüfung durch eine Arbeitsgruppe. Bei der Schaffung von Art. XXIV GATT ist man noch davon ausgegangen, dass Freihandelszonen und Zollunionen aufgrund des darin enthaltenen Zollabbaus sich jedenfalls positiv auf die Weltwirtschaft auswirken. Viners Erkenntnisse der trade diversion stammen aus 1950, waren also bei der Gründung des GATT noch unbekannt. Art. XXIV GATT ist zudem in seinen entscheidenden Punkten äußerst unklar formuliert. Begriffe wie „substantially all the trade“ oder „reasonable length of time“ wurden nicht näher spezifiziert und sind großteils bis heute umstritten. Diese unklaren Begriffe stellten die Basis für eine extensive Auslegung von Art. XXIV GATT, die sich insbesondere bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft 1958 und der EFTA 1960 widerspiegelt. 729

WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 66–84.

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Ebenfalls keine Klärung brachte der Streitbeilegungsmechanismus des GATT, der sich letztlich als zu schwach erwies. Wie im GATT 1947 üblich, war nämlich auch zur Annahme der Panelberichte Einstimmigkeit notwendig, sodass die unterlegene Partei diese verhindern konnte. Fälle wie zum EG-Bananenregime nach dem Abkommen von Lomé IV blieben daher letztlich ohne Konsequenzen. Da seit der Gründung der WTO die Annahme von Panelberichten nicht mehr der Einstimmigkeit bedarf, basieren die aktuellen Handelsbeziehungen zwischen der EG und den AKP-Staaten nunmehr nicht mehr auf Art. XXIV GATT, sondern auf einem Waiver nach Art. XXV GATT. Dieser ist allerdings bis 2010 zeitlich begrenzt und bedarf zu seiner Erneuerung der Zustimmung der anderen WTO-Mitglieder. Mit der Gründung der WTO wurde Art. XXIV GATT 1947 in den Rechtsbestand des GATT 1994 übernommen, mit dem Understanding on the Interpretation of Article XXIV of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994 aber ein Versuch unternommen, die Schwächen der Bestimmung zu beseitigen. So wurde beispielsweise die „reasonable length of time“ die ein Interimsabkommen bis zur vollständigen Implementierung einer Zollunion oder Freihandelszone dauern darf mit 10 Jahren festgesetzt, die Einsetzung von Arbeitsgruppen zur Überprüfung der GATT-Konformität neuer Präferenzzonen geregelt, oder die Möglichkeit zur Heranziehung der Streitbeilegungsmechanismen konkretisiert. Im GATT 1994 und dem darin geänderten Streitbeilegungsmechanismus gibt es nun auch verbindliche Judikatur zu Art. XXIV. So behandelt der Türkei-Textil-Fall die externen Voraussetzungen, die eine Präferenzzone nach Art. XXIV:5 GATT erfüllen muss, der Argentinien – Schutzmaßnahmen für Schuhe Fall den Status von Art. XIX GATT als Ausnahmebestimmung von Art. XXIV. Dem Committee on Regional Trade Agreements (CRTA), das 1996 vom Generalsekretariat der WTO eingeführt wurde, obliegt als ständiger Arbeitsgruppe die Untersuchung der anhand von Art. XXIV GATT, Art. V GATS und der Ermächtigungsklausel eingeführten Präferenzzonen. Zusätzlich beschäftigt sich das CRTA mit den allgemeinen Auswirkungen des Regionalismus auf das Welthandelssystem. Die untersuchten Abkommen bedürfen aber nicht der Zustimmung des CRTA, die Diskussionen spiegeln aber gut die unterschiedlichen Meinungen der WTO Mitglieder und somit die wichtigsten Problemfelder um Art. XXIV GATT wider.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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H. Die Kriterien zur Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT I. Ökonomischer Test für präferenzielle Abkommen? In Kapitel B.III. wurde bereits die Grundlegende Ökonomie von präferenziellen Abkommen dargestellt. Ausgehend von Jacob Viners730 Erkenntnissen, werden bis heute in der Literatur die trade creation und die trade diversion als Effekte von Freihandelsabkommen und Zollunionen diskutiert. Dabei ist sind die Schlussfolgerungen Viners weitgehend unumstritten, vielmehr geht es um die Frage, wann denn nun ein Abkommen handelsschaffend und wann handelsvernichtend ist.731 In der juristischen Diskussion dreht sich die Frage um die Bedeutung des Art. XXIV:4 GATT und ob dieser einen ökonomischen Test für die Schaffung von Freihandelszonen oder Zollunionen im GATT erfordert. Art. XXIV:4 GATT lautet: „4. The contracting parties recognize the desirability of increasing freedom of trade by the development, through voluntary agreements, of closer integration between the economies of the countries parties to such agreements. They also recognize that the purpose of a customs union or of a free-trade area should be to facilitate trade between the constituent territories and not to raise barriers to the trade of other contracting parties with such territories.“

Diese Bestimmung lässt sich in zwei Teile trennen: Der erste Satz legt fest, dass die Schaffung von Präferenzzonen zu einer verstärkten Liberalisierung und zu einer Vertiefung der Beziehungen zwischen zwei Volkswirtschaften wünschenswert ist.732 Im zweiten Satz erkennt das GATT aber auch an, dass der Zweck eines präferenziellen Abkommens die Liberalisierung zwischen den teilnehmenden Ländern und nicht der Aufbau von Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten darstellt. Diese Formulierung des zweiten Teils entspricht somit in etwa Viners Erkenntnissen der creating- und diverting effects von präferenziellen Abkommen. Lange Zeit war nicht geklärt, welche Bedeutung dieser Bestimmung zukommt. Erstmals diskutiert wurde diese Frage 1957 anlässlich der Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Die EG stand auf dem Standpunkt, dass Art. XXIV:4 GATT lediglich allgemeine Prinzipien enthalte, die durch die Abs. 5–8 vollzogen würden. Nach Ansicht der sechs EG-Staaten würde 730

Viner, Jacob: The Customs Union Issue, Fn. 103. Siehe dazu Kapitel B.III., S. 43 mit den dortigen Nachweisen. 732 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 166; Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 309. 731

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

daher durch die Erfüllung der Abs. 5–8 auch automatisch Art. XXIV:4 GATT erfüllt werden.733 Auch die meisten anderen Staaten standen auf dem Standpunkt, dass Art. XXIV:4 GATT lediglich allgemeine Prinzipien beinhaltet. Im Gegensatz zur Meinung der EG seien diese aber zur Auslegung heranzuziehen, wenn es im Rahmen der Anwendung der Abs. 5–8 zu Streitfällen kommt.734 Darüber hinaus wurde aber auch argumentiert, dass Abs. 4 und die Abs. 5–8 erfüllt sein müssen, sowie dass die Erfüllung des Abs. 4 auch automatisch die Abs. 5–8 erfülle.735 Keine Klärung brachte das Understanding on the Interpretation of Article XXIV anlässlich der Gründung der WTO. Allerdings wurde durch diese Bestimmung die Meinung verstärkt, dass Art. XXIV:4 GATT lediglich Prinzipien und keine operativen Bestimmungen enthält. Das Understanding wiederholt in seiner Präambel nämlich inhaltlich den Text des Art. XXIV:4 GATT,736 nimmt in seinen operativen Bestimmungen aber lediglich auf die Auslegung der Abs. 5, 6, 7 und 12 Bezug. Zudem regelt Ziff. 1 des Understanding on Art. XXIV GATT, dass Freihandelszonen, Zollunionen oder deren Interimsabkommen, inter alia, die Abs. 5–8 des Art. XXIV erfüllen müssen. Ob nun Abs. 4 unter diesen „inter alia“ zu verstehen ist blieb aber unklar.737 Auch bei den Diskussionen zu den präferenziellen Abkommen im CRTA ist die Frage der Stellung von Art. XXIV:4 GATT unterschiedlich diskutiert worden. So führte Korea im CRTA aus: „[. . .] Since there was no agreement as to the meaning of the term ‚substantially all the trade‘, it seemed the examination of trade effects of RTAs was very important. Paragraphs 5–8 did not provide the automatic guarantee of this contribution but rather merely provided the internal and external mechanical tests for RTAs. There was then the question, if paragraphs 5–8 were satisfied, whether 733

GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, S. 3; Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 166–167. 734 GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, S. 4; Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 167. 735 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 167. 736 Der Text in der Präambel lautet: „Reaffirming that the purpose of such agreements should be to facilitate trade between the constituent territories and not to raise barriers to the trade of other Members with such territories; and that in their formation or enlargement the parties to them should to the greatest possible extent avoid creating adverse effects on the trade of other Members;“. 737 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 167.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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paragraph 4 was also satisfied. His delegation was of the view that it would be only partially satisfied. Regarding the notion of a direct economic linkage between paragraph 4 and paragraphs 5–8, it seemed the nature of paragraph 4 needed to be more clearly defined. Paragraph 1 of the Understanding said that RTAs ‚. . . to be consistent with Article XXIV, must satisfy, inter alia, the provisions of paragraphs 5, 6, 7 and 8 of that Article‘; the words ‚inter alia‘ indicated that paragraphs 5–8 were not the only criteria. Here again, the analysis of trade effects was important, and the Committee should not limit too narrowly the legal reading of paragraph 4. [. . .]“738

Es handelt sich somit um die Position, dass Art. XXIV:4 GATT zur Auslegung der Abs. 5–8 herangezogen werden soll. Diese Theorie wurde im CRTA in verschieden starken Ausmaß von jenen Staaten getragen, die sich am wenigsten am neuen Regionalismus in der WTO beteiligt haben. Weiters wurde argumentiert, dass aufgrund des vorrangigen Prinzips des multilateralen Handelssystems keine Handelsbeschränkungen aufzubauen, der zweite Satz von Art. XXIV:4 GATT einen trade creation/trade diversion Test erlaube.739 Dem gegenüber sehen jene Staaten, die sich aktiv an der Welle des Regionalismus beteiligen, keinen ökonomischen Test in Art. XXIV GATT. So führten die USA im CRTA aus: „[. . .] Article XXIV [. . .] gave a Member the right to derogate from the requirements of Article I; at the same time, those provisions provided the obligations or conditions under which the derogation could be taken. With respect to the focus on economic rationale, she stressed that in a legal organization, Members needed to focus on what they had committed themselves to legally. Economics was not a sure science, and statistics could be manipulated to ‚prove‘ all sorts of arguments. [. . .] While interesting to have the statistics, it should be remembered that they did not prove much. There was a tendency in all countries to blame RTAs for problems and not to credit them for accomplishments, [. . .] A key word in that paragraph (Art. XXIV:4 GATT, Anm.) was ‚should‘ – the language did not read: ‚is to facilitate trade‘ and ‚will not raise barriers‘; rather, it spelled out the framework under which contracting parties could derogate. There was no test in Article XXIV:4, and it was never intended that there should be one in it.“740

Die USA stützen sich in ihrer Interpretation auf den Wortlaut des Art. XXIV:4 GATT. Neben der englischen Version des GATT sind auch 738 WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, Rn. 20. 739 WTO, CRTA: Synopsis of „Systemic“ Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WT/REG/W/37, 2.3.2000, Rn. 34; diese Positionen wurden von Australien, Indien, Hong Kong, Japan und Korea vertreten. Siehe die Positionen ausführlichst in: WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998. 740 WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, Rn. 24.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

noch die französische und die spanische Version authentisch. So heißt es in der französischen Fassung „doit avoir pour objet“ und in der spanischen Version „debe tener por objeto“.741 Sowohl „doit“ als auch „debe“ entsprechen dem englischen „should“ und somit dem deutschen „sollte“. Die Auslegung des Wortlauts spricht somit gegen einen trade creation/diversion Test in Art. XXIV GATT. Unterstützt wurden die USA unmittelbar anschließend von der EG. Deren Vertreter führte im CRTA aus: „The representative of the European Communities said he agreed with the approach set out by the United States representative. He noted that the Committee had had two separate discussions, each worth considering separately. First, it had had a discussion about the economic principles which ought to underpin sensible external commercial policy, and it had had a discussion about what Article XXIV actually provided. When considered separately, the two discussions brought agreement; but if the Committee mixed the two and tried to use Article XXIV as a foundation for the economic discussion, the discussion faltered, [. . .] The key point made by his delegation (von den USA, Anm.) earlier was that Article XXIV could not be used to support the argument that there ought to be an economic test applied in addition to the other rights and obligations contained in the Article in clearer terms. [. . .] The questions arising with respect to trade creation and trade diversion and the general questions of economics might fall under the heading of ‚what the rules or rights and obligations ought to be‘, but the systemic discussion’s starting point was a different question, i. e. ‚What did the Agreement actually say?‘ In looking at paragraphs 4–8 of Article XXIV, the Committee should begin by asking what the Agreement clearly provided, teasing out the areas of difficulty where further thought was required. To look at the economics would be to ask: If the Committee were starting from a blank piece of paper, what sort of agreement might it write? [. . .]“742

Weitere Hinweise, dass Art. XXIV GATT keinen ökonomischen Test erfordert, ergeben sich aus der Literatur. Art. XXIV:4 GATT ist 1947 entwickelt worden, also etwa drei Jahre bevor Jacob Viner erstmals auf die möglichen diverting effects von Zollunionen hingewiesen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass den Redakteuren des Art. XXIV:4 GATT dieser Effekt gänzlich unbekannt war. Vielmehr ist man damals von der Prämisse ausgegangen, dass der Freihandel zwischen zwei Wirtschaftsgebieten notwendigerweise zu einer Liberalisierung des Handels führen muss. Ein möglicher trade creation/diversion Test kann demzufolge nicht das Motiv hinter Art. XXIV:4 GATT gewesen sein, weshalb man ihm auch heute einen solchen Wortlaut nicht unterstellen kann.743 741 „Doit“ und „debe“ wird auch in den französischen und spanischen Versionen der Präambel zum Understanding on the Interpretation auf Art. XXIV GATT verwendet. 742 WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, Rn. 25.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Präferenzielle Abkommen, die nur Teilbereiche liberalisieren, sind eher trade diverting als jene Abkommen, die einen hohen Integrationsgrad aufweisen. Genau das wird aber durch das Kriterium des Art. XXIV:8 GATT, dass substantially all the trade zwischen den Partnern eines präferenziellen Abkommens liberalisiert werden muss sichergestellt. Wie Hudec zutreffend feststellt, bleibt so im Gegensatz zu teilliberalisierenden Abkommen nur mehr ein geringer Spielraum für diskriminierende Maßnahmen. Das ist zwar im Gegensatz zu einem ökonomischen Test für präferenzielle Maßnahmen nur die zweitbeste Alternative, aber jedenfalls weit weniger diskriminierend, als ein präferenzielles Abkommen mit bloß teilweisen Zugeständnissen.744 Demzufolge enthalten die Art. XXIV:5–8 GATT hinreichende Kriterien, die Prinzipien der Nicht-Diskriminierung zwischen den Mitgliedern der WTO sicherzustellen. Einen weiteren Punkt führt Mathis an. Nach Art. XXIV:1 und 8 GATT soll eine Zollunion nämlich hinsichtlich der territorialen Anwendung des GATT als Vertragspartei verstanden werden, bzw. wird eine Zollunion als Ersetzung von zwei Zollgebieten durch ein einheitliches Zollgebiet angesehen. Wenn aber die Redakteure von Art. XXIV:8 GATT eine die Voraussetzungen erfüllende Zollunion als ein einheitliches Zollgebiet betrachten, dann kann eine solche Zollunion nicht durch eine ökonomische Überprüfung als nicht mit dem GATT vereinbare Präferenzzone angesehen werden. Eine gewisser ökonomischer Test ist nach Mathis lediglich in Art. XXIV:5 GATT enthalten, nach dem die Zölle und sonstigen Handelsbeschränkungen der neu geschaffenen Zollunion oder Freihandelszone nicht höher sein dürfen, als vor ihrer Gründung. Dies setzt zwar eine ökonomische Untersuchung voraus, es lässt sich aber nicht ableiten, dass darin ein trade creation/diversion Test zu verstehen ist.745 Eine gerichtliche Klärung dieser Frage brachte schließlich der Türkei-Textil-Fall, in dem die Streitbeilegungsorgane zur Auslegung des Art. XXIV:4 743 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 168; Hipold, Peter: Regional Integration According to Article XXIV GATT – Between Law and Politics, in: Bogdandy, Armin/Wolfrum, Rüdiger (Hrsg.), Max Planck Yearbook of United Nations Law, Leiden et al., 2003, S. 219—260 (S. 233–234); Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 108–109. 744 Hudec, Robert E.: Discussion by Robert E. Hudec zu: Finger, Michael J., GATT’s influence on regional arrangements, in: de Melo, Jaime/Panagariya, Arvind (Hrsg.), New dimensions in regional integration, Cambridge, 1993, S. 151–151 (S. 155); siehe auch: Hipold, Peter: Regional Integration According to Article XXIV GATT, Fn. 743, (S. 231–232). 745 Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 111–112.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

GATT Stellung genommen haben. Das Panel im Türkei-Fall führte zu dieser Bestimmung aus: „We note that, at the very beginning of Article XXIV:5, the use of the word ‚Accordingly‘ indicates that the conditional right to form a regional trade agreement has to be understood and interpreted within the parameters set out in paragraph 4, since the word ‚Accordingly‘ refers back to that paragraph, which is the only paragraph addressing customs unions and free-trade areas in Article XXIV that precedes paragraph 5.“746

Die Schlussfolgerung des Panels aus diesen Aussagen ist, dass es das Ziel von präferenziellen Handelsabkommen ist, keine neuen Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten aufzubauen. Wie dieses Ziel in Art. XXIV GATT letztlich sichergestellt wird sagt das Panel nicht. Das Panel verweist allerdings darauf, dass ein präferenzielles Abkommen insbesondere die Abs. 5, 6 und 8 des Art. XXIV GATT erfüllen muss, was als Hinweis auf den nicht operativen Charakter des Art. XXIV:4 GATT gewertet werden kann.747 Der Appellate Body als Berufungsorgan stellte schließlich das Verhältnis von Art. XXIV:4 GATT zu den übrigen Absätzen dieses Artikels endgültig klar. Der AB führte aus: „Paragraph 4 contains purposive, and not operative, language. It does not set forth a separate obligation itself but, rather, sets forth the overriding and pervasive purpose for Article XXIV which is manifested in operative language in the specific obligations that are found elsewhere in Article XXIV. Thus, the purpose set forth in paragraph 4 informs the other relevant paragraphs of Article XXIV, [. . .].“748

Das Berufungsorgan machte somit deutlich, dass Art. XXIV:4 GATT keine Verpflichtungen enthält, sondern lediglich zur Auslegung der anderen Absätze des Art. XXIV GATT herangezogen wird. Die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines präferenziellen Abkommens sind demzufolge in Art. XXIV:5–8 GATT enthalten, Abs. 4 dient lediglich zur Interpretation des Ziels dieser Bestimmungen, keine neuen Handelsbeschränkungen aufzubauen. Einen ökonomischen trade creation/diversion Test enthält Art. XXIV GATT daher nicht.749 746 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.105. 747 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.105; Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 201. 748 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 57. 749 So auch die einhellige Meinung in der Literatur. Siehe Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 168–169; Mathis, James H.: The Community’s External Regional Policy in the WTO, in: van Dijck,

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II. Art. XXIV:8 GATT: Die internen Voraussetzungen 1. Einführung Art. XXIV:8 GATT enthält die Voraussetzungen, die ein präferenzielles Abkommen nach innen erfüllen muss. Diese Bestimmung enthält in lit. a eine Definition zu Zollunionen: „(a) A customs union shall be understood to mean the substitution of a single customs territory for two or more customs territories, so that (i) duties and other restrictive regulations of commerce (except, where necessary, those permitted under Articles XI, XII, XIII, XIV, XV and XX) are eliminated with respect to substantially all the trade between the constituent territories of the union or at least with respect to substantially all the trade in products originating in such territories, and, (ii) subject to the provisions of paragraph 9, substantially the same duties and other regulations of commerce are applied by each of the members of the union to the trade of territories not included in the union;“

. . . und in lit. b zu Freihandelszonen: „(b) A free-trade area shall be understood to mean a group of two or more customs territories in which the duties and other restrictive regulations of commerce (except, where necessary, those permitted under Articles XI, XII, XIII, XIV, XV and XX) are eliminated on substantially all the trade between the constituent territories in products originating in such territories.“

Das Understanding on the Interpretation of Art. XXIV GATT 1994 enthält keine Ergänzungen zu Art. XXIV:8 GATT, die Bestimmung ist daher seit 1947 unverändert. Art. XXIV:8 GATT verlangt sowohl für Zollunionen, als auch für Freihandelsabkommen, dass zwischen den Partnern die Zölle (duties) und anderen Handelsbeschränkungen (other restrictive regulations of commerce, ORRC) zwischen den Partnerstaat für annähernd den gesamten Handel (substantially all the trade, SAT) abgebaut werden. Damit ergeben sich auch die zentralen Problemfelder dieser Bestimmung. Die Begriffe SAT und ORRC sind im GATT nicht definiert und daher auslegungsbedürftig. Aufgrund der unklaren Formulierung dieser Begriffe, als auch aufgrund deren Bedeutung als Elemente für die Rechtmäßigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT ist ihre Auslegung umstritten. Pitou/Faber, Gerrit (Hrsg.), The External Economic Dimension of the European Union, Den Haag et al., 2000, S. 127–150 (S. 213–214); Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 315; Hipold, Peter: Regional Integration According to Article XXIV GATT, Fn. 743, S. 234.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

Zusätzlich enthält Art. XXIV:8 GATT einen Ausnahmenkatalog, der die Vertragsparteien von der Verpflichtung der Abschaffung der ORRC unter gewissen Umständen befreit. Ebenfalls aufgrund der unklaren Formulierung ist strittig, ob die angeführten Art. XI-XV sowie XX GATT taxativ oder bloß demonstrativ aufgezählt sind. 2. Die Auslegung des Begriffes substantially all the trade (SAT) Erste Diskussionen zur Auslegung des SAT-Begriffs gab es bereits 1957 anlässlich der Gründung der EG. Die Debatten zum SAT-Problem fanden in der sub-group D statt, die das Verhältnis der neu geschaffenen Zollunion der sechs EG-Staaten zu deren Überseeterritorien untersuchte. Die EG machte geltend, dass vom gesamten Handelsvolumen innerhalb der Freihandelszone mit den Überseeterritorien lediglich 1,4% mit einem Zoll belegt seien. Dieser Wert basierte allerdings nicht bloß auf dem Handel EG-Übersee, sondern berücksichtigte zusätzlich auch den Handel innerhalb der EG, sodass sich für die Gemeinschaft ein weit günstigerer Wert ergab.750 Die EG wurde aufgrund dieses Vorgehens von den übrigen Mitgliedern der Arbeitsgruppe kritisiert und aufgefordert, korrekte Daten zum Liberalisierungsgrad beim Handel mit den Überseeterritorien (ohne Intra-EG Handel) zu liefern. Als Reaktion forderte ihrerseits die EG die working group auf, vorher eine Definition von substantially all the trade bereitzustellen, da sonst dieses Kriterium an das von der EG zur Verfügung gestellte Datenmaterial angepasst werden könnte.751 Da sich die Arbeitsgruppe auf keine solche Definition des SAT-Begriffs einigen konnte, blieb schließlich lediglich die einseitig von der EG angeführte Definition, dass in einer Freihandelszone eine Liberalisierung von 80% des gesamten Handels das SAT-Kriterium erfüllt, stehen.752 Der nächste Anwendungsfall zur Auslegung des SAT betraf die Gründung der EFTA 1960. In der zur Untersuchung der EFTA eingesetzten Arbeitsgruppe waren einige Vertragsparteien des GATT der Meinung, dass das SAT-Kriterium nicht erfüllt wurde. Kernpunkt war, dass die EFTA nur auf einer Liberalisierung von Industrieprodukten basiert, Agrarprodukte von der 750 GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, S. 28, Rn. 30. 751 GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, S. 29, Rn. 31. 752 GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, S. 28–29, Rn. 30.

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Freihandelszone dagegen ausnimmt. SAT erfordere aber nicht nur qualitative, sondern auch quantitative Kriterien, also kein bedeutender Sektor darf von der Liberalisierung ausgenommen werden. Demnach sei der am gesamten Handelsvolumen gemessene Liberalisierungsgrad nicht das einzige Kriterium für SAT, selbst wenn dieser 90% erreiche.753 Dem entgegneten die EFTA-Staaten, dass Art. XXIV GATT einen Spielraum hinsichtlich der Liberalisierung in einer Freihandelszone einräume. Wichtig sei der Wortlaut des Art. XXIV GATT, der von „substantially all the trade“ und nicht von „trade in substantially all products“ spricht. Die EFTA nehme den ihr zustehenden Spielraum eben im Agrarsektor war, was ihre Freihandelszone aber ebenso ausreichend gestalte, wie wenn sich die Ausnahmen auf Industrieprodukte bezögen.754 Wie schon bei der Überprüfung der EG, kam auch die Arbeitsgruppe zur EFTA letztlich zu keinem Ergebnis.755 Aufgrund des unklaren Wortlauts in Art. XXIV GATT, sowie aufgrund der unzureichenden Spezifizierung des SAT-Begriffs durch die Arbeitsgruppen des GATT, wurde substantially all the trade in verschiedenster Weise gedeutet. Hinsichtlich des quantitativen Elements wurden Liberalisierungsgrade von 51% bis 99% gefordert.756 Nach Hipold besteht der größte Konsens für einen Liberalisierungsgrad zwischen 80 bis 90%, wie sie auch in den beiden frühen Beispielen der Überprüfung der EG und der EFTA in den jeweiligen Arbeitsgruppen argumentiert wurden.757 Bei dem Begriff „substantially all the trade“ kommt dem Wort „substantially“ die entscheidende Bedeutung zu. Würde es fehlen, wäre damit unzweifelhaft eine Liberalisierung von 100% innerhalb einer Zollunion oder 753 GATT 1947: Report of the Working Party on the European Free Trade Association, L/1235, 4.6.1960, S. 12, Rn. 48. 754 GATT 1947: Report of the Working Party on the European Free Trade Association, L/1235, 4.6.1960, S. 13, Rn. 51. 755 GATT 1947: Report of the Working Party on the European Free Trade Association, L/1235, 4.6.1960, S. 14, Rn. 54; zur gleichen Zeit wie die Gründung der EFTA wurde in Südamerika die Latin America Free Trade Area LAFTA gegründet, bei der sich ähnliche Fragen stellten. Da schon damals die präferenziellen Abkommen zwischen Entwicklungsländern „entspannter“ angesehen wurden erregte die EFTA viel mehr Aufmerksamkeit. Siehe: Josling, Timothy E. et al.: Agriculture in the GATT, Fn. 121, S. 49–50. 756 Siehe: Hipold, Peter: Regionale Integrationszonen und GATT. Die Neuerungen der Uruguay-Runde, in: Recht der internationalen Wirtschaft, Heidelberg, 1993, S. 657–670 (S. 663); zu den m. E. verfehlten 51%: Roselieb, Gerhard: Die rechtliche Stellung der europäischen Wirtschaftszusammenschlüsse (Montan-Union, EWG, EFTA) zum GATT, in: Österreichische Zeitschrift für Öffentliches Recht, Wien, 1961, S. 27–69 (S. 45); und zu den m. E. ebenso verfehlten 99%: Haight, F. A.: Customs Unions, Fn. 682, S. 392. 757 Hipold, Peter: Regional Integration According to Article XXIV GATT, Fn. 743, S. 235.

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Freihandelszone gemeint. Es hängt also letztlich von der Auslegung dieses Wortes ab, um den Inhalt des SAT-Begriffs zu erfassen. Sieht man sich wiederum die anderen Sprachversionen des GATT an, so lauten die entsprechenden Ausführungen „l’essentiel des échanges commerciaux“ (französisch) sowie „lo esencial de los intercambios comerciales“ (spanisch). Die Entsprechungen für „substantially“ lauten in diesem Fall also „l’essentiel“ und „lo esencial“. Die deutsche Bedeutung des Begriffes ist daher am besten mit den Wörtern „wesentlich“, „bedeutsam“, „ausschlaggebend“ oder, wie aus den beiden romanischen Sprachen deutlich wird, mit „essenziell“ umschrieben. Eine Definition des SAT-Begriffs lässt sich so allerdings nicht vornehmen. Insbesondere durch den Sinngehalt ausschlaggebend und essenziell wird aber deutlich, dass SAT jedenfalls deutlich mehr als die Hälfte des liberalisierten Handels erfassen muss. Auf dieser Grundlage kann man daher m. E. davon ausgehen, dass wenigstens 70–75% des Handels erfasst sein müssen, um dem Erfordernis einer essenziellen Liberalisierung Rechnung zu tragen. Zu einem ähnlichen Schluss ist auch der AB im Türkei-Textil-Fall gekommen. In Bezug auf Art. XXIV:8 GATT führt der Appellate Body aus: „It requires the constituent members of a customs union to eliminate ‚duties and other restrictive regulations of commerce‘ with respect to ‚substantially all the trade‘ between them. Neither the GATT Contracting Parties nor the WTO Members have ever reached an agreement on the interpretation of the term ‚substantially‘ in this provision. It is clear, though, that ‚substantially all the trade‘ is not the same as all the trade, and also that ‚substantially all the trade‘ is something considerably more than merely some of the trade.“758

Wie das Panel festgestellt hat, war Art. XXIV:8(a)(i) GATT im TürkeiTextil-Fall nicht von Relevanz. Indien hat nämlich nicht den durch die Zollunion präferenziellen internen Handel zwischen der EG und der Türkei, sondern vielmehr deren gemeinsame Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten beanstandet.759 Die Streitbeilegungsorgane widmeten sich daher nicht näher dem Kriterium von „substantially all the trade“, sondern konzentrierten ihre Untersuchung auf die externen Kriterien des Art. XXIV GATT. Das Panel widmete sich aber der Auslegung des Art. XXIV:8(a)(ii) GATT, der als externe Voraussetzung für Zollunionen substantially the same duties and other regulations of commerce gegenüber Drittstaaten for758 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 48. 759 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.146.

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dert. Dazu führte das Panel aus, dass bereits vergleichbare Handelsregelungen mit ähnlichen Effekten gegenüber Drittstaaten dieses Kriterium erfüllen.760 Dem Appellate Body als Berufungsorgan ging diese Auslegung des Panels allerdings zu weit. Zwar stimmt der AB dem Panel zu, dass Art. XXIV:8(a)(ii) GATT eine gewisse Flexibilität gewährt, sieht diese jedoch eingeschränkt: „Here too we would caution that this ‚flexibility‘ is limited. It must not be forgotten that the word ‚substantially‘ qualifies the words ‚the same‘. Therefore, in our view, something closely approximating ‚sameness‘ is required by Article XXIV:8(a)(ii).“761

Das Wort „same“ in Art. XXIV:8(a)(ii) GATT erfordert eine 100%-ige Liberalisierung hinsichtlich der Harmonisierung der externen Handelsbeschränkungen einer Zollunion. Die vom Panel wie vom AB zugestandene Flexibilität erfolgt durch die Qualifizierung von „the same“ durch das Wort „substantially“. Eine ähnliche Konstellation findet sich hinsichtlich des SAT-Kriteriums in Art. XXIV:8(a)(i) GATT. „All the trade“ würde eine 100% ige Liberalisierung des Handels zwischen den Teilnehmern einer Freihandelszone oder Zollunion bedeuten. Das Wort „substantially“ verleiht wiederum dem Erfordernis die nötige Flexibilität, die eine geringere als die vollständige Beseitigung der Handelshemmnisse ermöglicht. Aufgrund des ähnlichen Aufbaus des Wortlauts spricht vieles dafür, dass „substantially“ in UAbs. (i) gleich auszulegen ist, wie vom AB für UAbs. (ii) dargelegt. Auch stehen die beiden Bestimmungen in engem sachlichen Zusammenhang und sind innerhalb des gleichen Artikels geregelt. Daraus ergibt sich zwar keine endgültige Deutung von SAT, die Verwendung des Wortes „approximating“ ist aber als Hinweis auf die Notwendigkeit eines hohen Liberalisierungsgrades innerhalb eines präferenziellen Abkommens zu werten.762 Die Streitbeilegungsorgane nehmen im Türkei-Textil-Fall auch zur Frage Stellung, ob SAT qualitativ oder quantitativ zu interpretieren ist. Das Panel, das in diesem Punkt vom Appellate Body bestätigt wurde, beschäftigte sich primär mit Art. XXIV:8(a)(ii) GATT, führte aber allgemein zu Abs. 8(a) aus: „The ordinary meaning of the term ‚substantially‘ in the context of sub-paragraph 8(a) appears to provide for both qualitative and quantitative components. The expression ‚substantially the same duties and other regulations of commerce are ap760

WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.151. 761 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 50. 762 In diesem Sinne auch: Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 235.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

plied by each of the Members of the [customs] union‘ would appear to encompass both quantitative and qualitative elements, the quantitative aspect more emphasized in relation to duties.“763

Konkretere Aussagen lassen sich aus den Aussagen der Streitbelegungsorgane nicht entnehmen, sodass nur klargestellt ist, dass SAT sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien umfasst.764 Diskutiert wurde das SAT-Kriterium auch im CRTA. Wie bei der Diskussion zur Eigenschaft von Art. XXIV:4 GATT, fordern die im Regionalismus weniger aktiven WTO-Mitglieder strengere Kriterien für substantially all the trade. So sieht etwa ein australischer Vorschlag vor, dass 95% der Waren nach dem sechsstelligen harmonisierten Zollsystems (HS) von der Liberalisierung zwischen den Vertragsparteien erfasst sein sollen.765 Unterstützt wurde dieser Vorschlag hauptsächlich von asiatischen Staaten, u. a. von der EG und den USA wurde er abgelehnt.766 Die EG und die USA lehnten solche eine fixe Definition von SAT ab, da man damit nicht allen Problemen und Varianten bei der Formierung von Präferenzzonen gerecht würde. So wies die EG auf ihre Freihandelszone mit den Färöer-Inseln hin, die weniger als 50% des sechsstelligen HS-Zollliste erfasse, aber dennoch mehr als 80% des Handels liberalisiert.767 Im CRTA konnte letztlich weder eine Klärung des Sinngehalts von substantially all the trade, noch die Frage geklärt werden, ob dieser Begriff quantitativ oder qualitativ auszulegen ist.768 Während letzteres durch die 763 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.148 auch unter Berücksichtigung der französischen und spanischen Version. Bestätigend: WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/ DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 49. 764 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 185 Cottier, Thomas/Evtimov, Erik: Präferenzielle Abkommen der EG: Möglichkeiten und Grenzen im Rahmen der WTO, in: ZEuS, Saarbrücken, 2000, S. 477–505 (S. 490). 765 WTO, CRTA: Communication from Australia, WT/REG/W/22, 30.1.1998, Rn. 9–10 sowie konkretisiert durch: WTO, CRTA: Communication from Australia, Addendum, WT/REG/W/22/Add.1, 24.4.1998. 766 Siehe die Diskussionen in: WTO, CRTA: Committee on Regional Trade Agreements, Sixteenth Session, Note on the Meetings of 16–18 and 20 February 1998, WT/REG/M/16, 18.3.1998, Rn. 110–130 und WTO, CRTA: Committee on Regional Trade Agreements, Seventeenth Session, Note on the Meetings of 4–5 and 7–8 May 1998, WT/REG/M/17, 12.6.1998, Rn. 12–29. 767 Siehe WTO, CRTA: Committee on Regional Trade Agreements, Seventeenth Session, Note on the Meetings of 4–5 and 7–8 May 1998, WT/REG/M/17, 12.6.1998, Rn. 17 und WTO, CRTA: Committee on Regional Trade Agreements, Sixteenth Session, Note on the Meetings of 16–18 and 20 February 1998, WT/ REG/M/16, 18.3.1998, Rn. 118.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Entscheidung im Türkei-Textil-Fall nunmehr klar ist, bleibt die Auslegung von SAT weiterhin unklar. Die WTO ist sich dieses Problems bewusst und hat die Reformierung der Bestimmungen zu den präferenziellen Abkommen auf ihre Reformagenda gesetzt. Im Rahmen der Doha Development Agenda wurde mit der Rules Negotiations Group eine Arbeitsgruppe zur Reformierung der Vorschriften der WTO eingesetzt. Das Mandat dieser Rules Negotiations Group erfasst dabei u. a. auch „negotiations aimed at clarifying and improving disciplines and procedures under the existing WTO provisions applying to regional trade agreements.“769 Die Diskussionen zur Auslegung von SAT verlagerten sich daher vom CRTA zur Rules Negotiations Group im Rahmen der DDA, konnten aber auch dort keine Klärung in diesem Punkt bringen. Australien wiederholte in den DDA-Verhandlungen seinen Vorschlag, SAT über den Liberalisierungsgrad des sechsstelligen HS-Zollcodes zu definieren. Dies hätte den Vorteil, dass SAT eindeutig bestimmbar und ohne aufwendige ökonomische Untersuchungen überprüfbar wäre.770 Aus den Positionen der anderen Staaten ist gut ersichtlich, wie kontrovers das Thema diskutiert wird. Entgegen dem qualitativen Ansatz Australiens ist beispielsweise die Türkei für eine quantitative Bestimmung von SAT,771 während Indien eine Mittelweg von einer qualitativen Überprüfung nach den HS-Zollcodes und einer quantitativen Überprüfung der Handelsströme eines präferenziellen Abkommens befürwortet.772 Die AKP-Staaten fordern bei der Definition des SAT-Kriteriums eine Flexibilität gegenüber Entwicklungsländern.773 Demgegenüber steht die Europäische Union auf dem Standpunkt, dass wenn qualitative Kriterien in Art. XXIV GATT enthalten sind, diese fallbezogen zu analysieren seien.774 768 Siehe dazu aber die selbstverständliche Bezugnahme auf qualitative und quantitative Kriterien in einer Zusammenfassung zur Entstehungsgeschichte des Art. XXIV GATT. WTO, CRTA: Systemic Issues Related to „Substantially all the Trade“, Addendum, WT/REG/W/21, Add.1, 28.11.1997. 769 WTO, Ministerial Conference: Fourth Session, Doha, 9–14 November 2001, Ministerial Declaration, WT/MIN(01)/DEC/1, 20.11.2001, Rn. 29. 770 WTO, Negotiating Group on Rules: Negotiating Group on Rules, Submission on Regional Trade Agreements by Australia, TN/RL/W/15, 9.7.2002, Rn. 5–12. 771 WTO, Negotiating Group on Rules: Submission on Regional Trade Agreements, Paper by Turkey, TN/RL/W/32, 25.11.2002, S. 3. 772 WTO, Negotiating Group on Rules: Discussion Paper on Regional Trading Arrangements, Communication from India, TN/RL/W/114, 6.6.2003, Rn. 6. 773 WTO, Negotiating Group on Rules: Submission on Regional Trade Agreements, Paper by the ACP Group of States, TN/RL/W/155, 28.4.2004, Rn. 11. 774 WTO, Negotiating Group on Rules: Submission on Regional Trade Agreements by the European Communities, Paper by the European Communities, TN/ RL/W/179, 12.5.2005, Rn. 10.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wie beim Versuch einer Definition des SAT-Begriffs in Art. XXIV GATT im CRTA, auch bei seiner Reform im Rahmen der DDA keine Einigung erzielt werden konnte. Dabei treten Australien und einige asiatische Staaten für eine klare und bestimmbare Definition von SAT ein, während jene Staaten, die traditionell viele präferenzielle Abkommen geschlossen haben, eher die „Flexibilität“ von SAT beibehalten wollen. Aufgrund von fehlenden Vorschlägen durch die Vertragsparteien der WTO werden zu diesem Thema seit Jänner 2006 keine Sitzungen der Rules Negotiations Group mehr abgehalten, sodass die Reformierung von Art. XXIV GATT im Rahmen der DDA als gescheitert betrachtet werden muss.775 So bleibt als Ergebnis, dass derzeit keine Definition des Begriffs substantially all the trade existiert. Nach Art. 31 Abs. 3 lit. b WVK ist zur Auslegung eines Vertrages „auch jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht“, zu berücksichtigen. Betrachtet man diesbezüglich eine Untersuchung der WTO zur erzielten Liberalisierung in verschiedenen präferenziellen Abkommen, so werden bis auf wenige Ausnahmen 80 bis 90% der Güter vollständig liberalisiert.776 Der durchschnittliche Zollsatz innerhalb der präferenziellen Abkommen bewegt sich nie über 10%, geht aber freilich von einem in der Regel niedrigen MFN-Zollsatz aus. Aussagekräftig ist daher nur das Verhältnis der Präferenz- zu den MFN-Zöllen. Diese RMP-Ratio,777 die aber in der Analyse der WTO nur für wenige Mitglieder zur Verfügung steht, bewegt sich üblicherweise zwischen 0.7 und 0.9, was einer Liberalisierung von 70–90% gegenüber dem MFN-Zollsatz entspricht. Von einer übereinstimmenden Übung der Vertragsparteien im Sinne von Art. 31 WVK kann man bei diesen Werten allerdings nicht sprechen, gibt es doch auch einige präferenzielle Abkommen, die deutlich weniger als 70% Liberalisierungsgrad erreichen.778 Unterschiede sind jedenfalls sektoriell, d.h. nach dem qualitativen Kriterium feststellbar. Die Industrieprodukte nach den Kapiteln 25–97 des HSZollsystems werden meist umfassend und insbesondere von den Industriena775 WTO, Negotiating Group on Rules: Negotiating Group on Rules, Report by the Chairman to the Trade Negotiations Committee, TN/RL/16, 28.3.2006, Rn. 10. 776 WTO, CRTA: Coverage, Liberalization Process and Transitional Provisions in Regional Trade Agreements, WT/REG/W/46, 5.4.2002, Annex 2, S. 23–26. 777 RMP steht für Relative Margin of Preference. Diese ergibt sich aus: (MFNZollsatz minus dem Präferenzollsatz) geteilt durch den MFN-Zollsatz. Eine RMPRatio von 1 (oder 100%) bedeutet perfekte Liberalisierung, eine RMP-Ratio von 0, dass keinerlei Liberalisierung innerhalb der Präferenzzone stattgefunden hat. 778 WTO, CRTA: Coverage, Liberalization Process and Transitional Provisions in Regional Trade Agreements, WT/REG/W/46, 5.4.2002, Annex 2, S. 23–26.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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tionen nahezu vollständig liberalisiert, üblich ist eine RMP-Ratio, also eine Abschaffung der Zölle, von jeweils weit über 90%.779 Dem gegenüber werden die landwirtschaftlichen Produkte nach den Kapiteln 1–24 des HS-Zollsystems oft ganz oder teilweise von der Liberalisierung ausgenommen. RMP-Ratios von 0–20% sind eher die Regel denn die Ausnahme.780 Schon ohne einer umfassenden statistischen Untersuchung ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die Industrienationen ihre Agrarmärkte innerhalb der präferenziellen Abkommen weitestgehend abzuschotten versuchen. Von einer Übereinstimmung der Vertragsparteien zur Auslegung des Art. XXIV GATT nach Art. 31 WVK kann, insbesondere in Hinblick auf die Diskussionen im CRTA und die auch hier nicht einheitliche Praxis, keine Rede sein. Von den präferenziellen Abkommen der Europäischen Union sind nur relativ wenig Daten zur erzielten Liberalisierung verfügbar. Beispielsweise werden beim Abkommen mit Mexiko am Ende der Übergangsphase 97,1% des gesamten Handelsvolumens liberalisiert. Diese Liberalisierung erreicht bei Industrieprodukten 99,4%, bei landwirtschaftlichen Gütern aber lediglich 58,6%.781 Diese relativ geringe Liberalisierung im Agrarbereich stieß auf die Kritik Australiens, die so das SAT Kriterium nicht erfüllt sehen.782 Das Abkommen mit sieht ebenfalls eine Liberalisierung von 97,1% des gesamten Handelsvolumens vor, was 100% der Industrie- und 80,9% der Agrarprodukte umfasst.783 Beim aus den siebziger Jahren stammenden Freihandelsabkommen mit der Schweiz ist der Handel mit allen Industrieprodukten liberalisiert, die Landwirtschaft ist aber wieder weitgehend ausgenommen, was von einigen Vertragsparteien in der Arbeitsgruppe kritisiert wurde.784 Auch die Zoll779 Siehe als Beispiel die RMP-Ratio für Norwegen gegenüber der EG von 0.96 und die damit verbundene Zollfreiheit für nahezu alle Industrieprodukte. Weitere Beispiele in: WTO, CRTA: Coverage, Liberalization Process and Transitional Provisions in Regional Trade Agreements, WT/REG/W/46, 5.4.2002, Annex 2, S. 23–26. 780 Norwegen weißt z. B. gegenüber der EG eine RMP-Ratio von 0.18, gegenüber seinen EFTA-Partnern von lediglich 0.04 auf. Weitere Beispiele in: WTO, CRTA: Coverage, Liberalization Process and Transitional Provisions in Regional Trade Agreements, WT/REG/W/46, 5.4.2002, Annex 2, S. 23–26. 781 WTO, CRTA: Free Trade Agreement between the European Communities and Mexico, Communication from the Parties, WT/REG109/3, 27.8.2001, S. 2. 782 WTO, CRTA: Thirtieth Session, Examination of the Free Trade Agreement between the European Communities and Mexico, Note on the Meeting of 26 September 2001, WT/REG109/M/1, 19.12.2001, Rn. 12. 783 WTO, CRTA: Association Agreement between the European Communities and Chile, Communication from the Parties, WT/REG164/4, 23.6.2005, S. 2. 784 GATT 1947: Agreements between the European Communities and Switzerland and Liechtenstein, Report of the Working Party, L/3898, 12.9.1973, S. 5, Rn. 14.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

union mit der Türkei sieht eine Ausnahme für Agrar- und Stahlprodukte vor, die aber nach Aussagen der Vertragsparteien abgeschafft werden sollen. Im Übrigen beinhalte die Zollunion EG-Türkei eine Liberalisierung des Textilsektors, der 40% des Handels mit Industriegütern ausmache, das SAT-Kriterium sei daher erfüllt.785 Das EWR-Abkommen verwirklicht zwar die vier Grundfreiheiten zwischen den EFTA-Staaten und der EG, nimmt aber, wie die Kommission selbst zugesteht, von dieser Liberalisierung den Agrar- und Fischereibereich weitgehend aus.786 Tendenziell weniger restriktiv wird die Landwirtschaft in den Stabilisierungsabkommen mit den Staaten des Balkans behandelt. Diese sehen jeweils eine 100%ige Liberalisierung bei Industrieprodukten und nur punktuelle Ausnahmen im Agrarbereich vor.787 Auch die Abkommen mit den Mittelmeerländern sehen eine nahezu vollständige Liberalisierung im Bereich der Industrieprodukte vor. Die EG weißt in einigen Berichten an das CRTA zu den Abkommen auch darauf hin, dass die Industrieprodukte den überwiegenden Teil des Handelsvolumens mit den Mittelmeerpartnerstaaten ausmachen.788 Ausnahmen bestehen aber wieder hinsichtlich der Landwirtschaft, Liberalisierungen in diesem Bereich betreffen hauptsächlich Obst und Gemüseprodukte.789 Die Darstellung vergleichbarer Daten zum Liberalisierungsgrad bei den einzelnen Abkommen ist nahezu unmöglich, da keine einheitliche Datenbank dazu existiert. Vielmehr ist man zum Großteil auf die Darstellungen der Vertragsparteien im CRTA angewiesen, wo allerdings teilweise nicht vergleichbare Daten präsentiert werden. Zudem wird oft nur ein Minimum 785 WTO, CRTA: Customs Union between Turkey and the European Community, Questions and Replies, WT/REG22/6, 7.2.1997. 786 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): External Relations. The European Economic Area (EEA), in: http://ec.europa.eu/comm/external_rela tions/eea/index.htm (6.7.2006). 787 WTO, CRTA: European Community – Croatia Interim Agreement, Communication from the Parties, WT/REG142/3, 18.3.2004, S. 2–3; WTO, CRTA: Interim Agreement between the European Community and the Former Yugoslv Republic of Macedonia, Communication by the European Communities, WT/REG129/3, 30.10.2002, S. 2–3; die ausgenommenen landwirtschaftlichen Produkte die Zollpositionen 0102, 0201, 0202 (lebende Rinder sowie frisches und gefrorenes Rindfleisch) und 2204 (Wein). 788 So z. B. 94,6% im Abkommen mit Israel, WTO, CRTA: EURO-Mediterranean Agreement between the European Communities and Israel, Communication from the Parties, WT/REG110/3, 30.1.2002, S. 2. 789 Siehe so beispielsweise WTO, CRTA: EURO-Mediterranean Agreement between the European Communities and Israel, Communication from the Parties, WT/ REG110/3, 30.1.2002, S. 3 oder WTO, CRTA: European Communities – Jordan EURO-Mediterranean Agreement, Communication from the Parties, WT/REG141/3, 19.3.2004, S. 4.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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an Daten bereitgestellt. Dennoch lässt sich folgender Trend bei den Freihandelsabkommen der Europäischen Union ableiten: Die EG öffnet ihren Markt nahezu für 100% der Industrieprodukte, lässt Handelsbeschränkungen für Agrar- und Fischereiprodukte aber zu weiten Teilen bestehen und liberalisiert diese Sektoren nur teilweise. Dadurch, dass die Industrie- gegenüber den Agrarprodukten den weitaus größeren Teil am Handelsvolumen ausmachen, erreicht die EG relativ hohe quantitative Liberalisierungsgrade.790 Wie der AB im Türkei-Textil-Fall ausgeführt hat, umfasst SAT aber sowohl qualitative als auch quantitative Elemente, die allerdings, wie gezeigt, nicht definiert sind. Das Hauptproblem der Europäischen Freihandelsabkommen hinsichtlich des SAT Kriteriums ist daher, ob der ganze oder teilweise Ausschluss der Agrarprodukte in einem präferenziellen Abkommen den qualitativen Elementen von SAT entspricht. Gegen eine Ausnahme für Agrarprodukte spricht m. E. neben der erwähnten Stellungnahme des AB im Türkei-Textil-Fall der Wortlaut von Art. XXIV:8 GATT. Dieser spricht ja von substantially all the trade und eben nicht von SAT on industrial products. Der Agrarbereich wurde 1947 in das GATT integriert und sollte nach dem Sinn und dem Zweck des Welthandelsabkommens keine Sonderstellung einnehmen. Allerdings wurde schon ab den fünfziger Jahren aufgrund von Ausnahmebestimmungen und Sonderregelungen für die Landwirtschaft ein gesondertes Regime für diese Produkte geschaffen. Diese Sonderregelungen für den Agrarbereich haben sich in der WTO erhalten. Nach harten Kontroversen zwischen den Agrarexporteuren und den Industrienationen wurde das Agreement on Agriculture geschlossen, das den langfristigen Abbau der Stützungs- und Schutzmaßnahmen in der Landwirtschaft anstrebt.791 Die Welthandelsordnung regelt unbestritten die Landwirtschaft in einer eigenen, in weiten Teilen von den Industrieprodukten abweichenden Weise. Einige Mitglieder schützen so ihre sonst nicht wettbewerbsfähigen Agrarwirtschaften.792 Wie immer man diese protektionistische Praxis auch politisch bewertet, so ist doch unbestritten, dass die Sonderbehandlung der Landwirtschaft dem Welthandelssystem innewohnt. Wieso sollte man also in Art. XXIV GATT hinsichtlich der Auslegung der qualitativen Elemente von SAT strengere Kriterien anwenden, als in anderen Bereichen des GATT und der WTO? Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Interpretation des Begriffs „substantially all the trade“ aus Art. XXIV GATT nicht möglich ist. 790

Der Anteil des Agrarhandels am gesamten Welthandel macht etwa 9% aus. Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 305–307, Rn. 721–724; Stoll, Peter-Tobias/Schorkopf, Frank: WTO, Fn. 84, S. 87–88, Rn. 239–242. 792 Es handelt sich dabei neben der Europäischen Union insbesondere um die USA, Japan und Kanada. 791

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

Weder der Wortlaut, noch die bisherige Praxis dieser Bestimmung können entscheidend zur Klärung des Begriffs beitragen. Die Vertragsparteien des GATT konnten sich weder in den zur Untersuchung der präferenziellen Abkommen eingesetzten ad hoc Arbeitsgruppen des GATT 1947, noch im CRTA der WTO auf eine Auslegung von SAT einigen. Auch Reformbestrebungen im Rahmen der DDA sind gescheitert. Die am weitesten verbreitete Meinung im Schrifttum ist, dass SAT 80–90% des Handels erfassen muss. Aufgrund einer sehr umfangreichen Liberalisierung der Industrieprodukte liegen die Probleme bei der Analyse der präferenziellen Abkommen der Europäischen Union in der Frage, inwieweit der Agrarbereich von der Liberalisierung ausgenommen werden kann. Der AB hat im Türkei-Textil-Fall prinzipiell festgehalten, dass SAT auch qualitative Kriterien umfasst. Auch hier fehlen aber weitere Interpretationen, sodass die Auslegung von SAT an dieser Stelle offen gelassen werden muss. 3. Die Auslegung des Begriffes other restrictive regulations of commerce (ORRC) Nach Art. XXIV:8 GATT ist für eine Zollunion wie für eine Freihandelszone die Liberalisierung von annähernd dem gesamten Handel zwischen den Vertragsparteien notwendig. Der entsprechende Wortlaut in Art. XXIV:8 GATT lautet: „[. . .] duties and other restrictive regulations of commerce (except, where necessary, those permitted under Articles XI, XII, XIII, XIV, XV and XX) are eliminated with respect to substantially all the trade [. . .]“

Während, wie gezeigt, eine einheitliche Auslegung von SAT bis dato nicht gelungen ist, ist der Begriff „duties“ relativ eindeutig und unbestritten, es handelt sich dabei um Zölle oder vergleichbare Abgaben. Wie sich aus dem Wortlaut eindeutig ergibt, ist der Handel aber nicht nur für Zölle, sondern auch für other restrictive regulation of commerce zu liberalisieren. Die Auslegung dieses Begriffs der ORRC ist wiederum unklar. Konkret ergeben sich zwei Fragen: 1. Was ist unter ORRC zu verstehen? Und 2. Wie wirkt die enthaltene Ausnahmeliste von der Liberalisierungspflicht der ORRC? Ist sie demonstrativ oder taxativ?793 Mit other regulations of commerce (ORC) findet sich in den Abs. 5 und 8(ii) des Art. XXIV GATT ein den ORRC sehr ähnlicher Begriff. Im Gegensatz zu ORRC findet sich eine Auslegung zu ORC, die das Panel im 793 Mavroidis, Petros C.: The General Agreement on Tariffs and Trade. A Commentray, Oxford, 2005, S. 238.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Türkei-Textil-Fall bereitgestellt hat. Unter Verweis auf die bis dato fehlende Definition von ORC führte das Panel aus: „More broadly, the ordinary meaning of the terms ‚other regulations of commerce‘ could be understood to include any regulation having an impact on trade (such as measures in the fields covered by WTO rules, e. g. sanitary and phytosanitary, customs valuation, anti-dumping, technical barriers to trade; as well as any other trade-related domestic regulation, e. g. environmental standards, export credit schemes).“794

Zu diesen Ausführungen des Panels zu den ORC wurden von der Berufungsinstanz Appellate Body nicht kommentiert. In weiterer Folge ist die Frage zu untersuchen, inwieweit diese Definition analog für die ORRC herangezogen werden kann. Für eine Erstreckung dieser Definition spricht jedenfalls der Wortlaut, der bis auf das zusätzliche Wort „restrictive“ bei den ORRC identisch ist. Möglich wäre so also die Deutung, dass die Redakteure von Art. XXIV GATT mit ORRC das gleiche wie mit ORC ausdrücken wollten, ORRC aber durch den Zusatz restrictive eingeschränkt haben. Ein Argument gegen die Heranziehung der ORC Definition des Panels bei den ORRC liefert Mathis. Den zieht man die Auslegung des Panels zu ORC für die ORRC heran, wären alle restriktiven Maßnahmen, die Auswirkungen auf den Handel zwischen zwei Parteien eines präferenziellen Abkommens haben, erfasst. Die Folge wäre eine nahezu vollständige Harmonisierung zwischen den beiden Vertragspartnern. Eine solche Auslegung kann aber nicht im Sinne der Verfasser dieser Bestimmung gelegen haben, da 1947 eine derart tief gehende Integration noch nicht bekannt war.795 Auch m. E. regeln ORC und ORRC zwei völlig unterschiedliche Bereiche. ORC nimmt nämlich in Art. XXIV:5 wie in Abs. 8(a)(ii) GATT auf externe Erfordernisse einer Präferenzzone Bezug, während ORRC in Abs. 8 auf interne Kriterien abstellt. ORC und ORRC sind demnach unterschiedlich auszulegen, da man sonst die für Drittstaaten entwickelten externen Kriterien auf interne Fragen einer Präferenzzone übertragen würde.796 Das bedeutet aber nicht, dass ORC und ORRC nicht beinahe gleiche Inhalte haben kön794

WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.120. 795 Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 252. 796 Dieser Ansicht ist man offensichtlich auch im CRTA, indem ORC und ORRC unterschiedlich analysiert werden. Siehe: WTO, CRTA: Systemic Issues Related to „Other Regulations of Commerce“, Background Note by the Secretariat, Addendum, WT/REG/W/17/Add.1, 5.11.1997, Rn. 14. Im Ansatz offensichtlich anderer Ansicht: Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 186.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

nen, aufgrund des sehr ähnlichen Wortlautes ist dies sogar wahrscheinlich. Nur darf man bei der Auslegung aufgrund der unterschiedlichen systematischen Stellung nicht von einem Bereich auf den anderen schließen. Wie schon zu SAT wird auch zu ORRC zwischen den Vertragsparteien eine bis in das GATT 1947 zurückreichende Diskussion zur Auslegung des Begriffes geführt. Und ebenso wie bei SAT, bestimmen sich auch hier die Positionen im Wesentlichen nach der Teilnahme am System der bilateralen präferenziellen Abkommen. Als Beispiel hierfür kann der Working Party Report zum Abkommen von Abkommen von Yaoundé dienen. Während die Staaten außerhalb dieser Präferenzzone unter Berufung auf die ORRC zum Schluss kamen, dass ein Freihandel im Sinne von Art. XXIV:8(b) nicht existiert, sahen die Befürworter in den strittigen steuerlichen Maßnahmen lediglich einen fiskalischen, aber keinen protektionistischen Charakter.797 Dieser Tenor der Working Party aus den siebziger Jahren hat sich auch im CTRA fortgesetzt. Im Endeffekt konnte in der WTO keine Definition des ORRC-Begriffs erzielt werden. Die wichtigere Diskussion zu ORRC konzentriert sich aber auf den Charakter der in Art. XXIV:8 GATT enthaltenen Ausnahmeliste.798 Demnach können bei einer Zollunion oder Freihandelszone die Art. XI-XV sowie XX GATT unter ihren jeweiligen Voraussetzungen angewendet werden und fallen daher nicht unter die Pflicht, ORRC für annähernd den gesamten Handel zu liberalisieren. Mit den Art. VI und insbesondere XIX GATT fehlen aber andere wichtige Ausnahmen, die im GATT enthalten sind. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Ausnahmen taxativ oder bloß indikativ aufgezählt sind. Ein gewichtiges Argument für eine taxative Aufzählung ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung. Es kann nämlich den Entwicklern von Art. XXIV GATT nicht unterstellt werden, sie hätten Art. XIX GATT in ihrer Ausnahmeliste übersehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die fehlende Erwähnung dieser Bestimmung im Ausnahmenkatalog des Art. XXIV GATT absichtlich erfolgt ist.799 Auch gibt es keine sprachlichen Hinweise, wie z. B. die Verwendung des Wortes „like“, die auf eine demonstrative Aufzählung hinweisen. 797 Mavroidis, Petros C.: The General Agreement on Tariffs and Trade, Fn. 793, S. 238–239; GATT 1947: Report of the Working Party on Convention of Association between the European Economic Community and the African Malagasy States, L/3465, 20.11.1970, S. 2–3, Rn. 7; GATT 1947: Report of the Working Party on Convention of Association between the European Economic Community and the African Malagasy States, L/3465, 20.11.1970, S. 3–4, Rn. 8. 798 WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 73.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Japan hat sich im CRTA für eine nicht erschöpfende Aufzählung der Ausnahmen in Art. XXIV:8 GATT ausgesprochen. Das ergebe sich aus der fehlenden Erwähnung von Art. XXI GATT (Security Execeptions). Es sei aber nicht anzunehmen, dass die Vertragsparteien des GATT freiwillig das Recht aufgegeben hätten, ihre nationalen Sicherheitsinteressen durch Schutzmaßnahmen zu verteidigen. Zudem Folge aus dem Verhältnis von Art. XXIV:8 zu den anderen Bestimmungen des GATT sowie aus dem Gesamtkonzept der WTO im allgemeinen, dass die Ausnahmeliste demonstrativ zu lesen sei.800 Weitgehend gestützt wird diese Position auch von den USA, die Einwände, dass Art. XXI GATT zu speziell sei, um relevant zu sein, zurückwiesen.801 Die restriktivere Auffassung wird einmal mehr von Australien vertreten, die die Anwendung von Art. XIX GATT innerhalb einer voll implementierten Präferenzzone, also eine demonstrative Auslegung der Ausnahmen des Art. XXIV:8 GATT, ablehnen. Durch Eintritt in eine Präferenzzone gingen die Staaten nämlich Bindungen ein, die über „normale“ internationale ökonomische Beziehungen hinausgingen. Unvorhergesehene Ereignisse, die Schutzmaßnahmen rechtfertigen würden, können daher keine Rolle mehr spielen.802 Die Europäische Union steht offenbar für einen Mittelweg. So wird im Gegensatz zur australischen Stellungnahme die Abschaffung von Art. XIX-Maßnahmen zwischen den Vertragsparteien einer Präferenzzone als erlaubt, aber nicht als verpflichtend angesehen.803 Die EG differenziert aber zwischen Freihandelszonen und Zollunionen. So führte die EG zu den Zollunionen aus: „It seemed that within the customs union the definition only made sense if Article XIX were not included in the list of exceptions in Article XXIV:8(a)(i). There could only be the continuation of safeguard measures in the long run, at the end of the transition period, in circumstances where it was not a proper customs 799

Siehe dazu: WTO, CRTA: Systemic Issues Related to „Other Regulations of Commerce“, Background Note by the Secretariat, WT/REG/W/17, 31.10.1997, S. 4 in Fn. 8. 800 WTO, CRTA: Fourteenth Session, Note on the Meetings of 3–5 November 1997, WT/REG/M/14, 24.11.1997, S. 6–7, Rn. 12; WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, S. 6, Rn. 18. 801 WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, S. 20, Rn. 57. 802 WTO, CRTA: Communication from Australia, WT/REG/W/18, 17.11.1997, S. 4, Rn. 21–22. 803 WTO, CRTA: Fourteenth Session, Note on the Meetings of 3–5 November 1997, WT/REG/M/14, 24.11.1997, S. 5, Rn. 9.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

union, as it did not make sense to maintain such a restriction within a customs union.“804

Diese Differenzierung der EG ist abzulehnen. Art. XXIV:8 GATT enthält sowohl für Zollunionen, als auch für Freihandelsabkommen eine identische Sprache und jeweils die gleiche Liste an Ausnahmen. Auch aus der Entstehungsgeschichte von Art. XXIV GATT ergibt sich, dass die Bestimmungen zu den Zollunionen und den Freihandelszonen gemeinsam entwickelt worden sind. Für eine differenzierte Betrachtung ergeben sich daher keine Anhaltspunkte.805 Eine ähnliche Position hat die Europäische Union auch im ArgentinienSchutzmaßnahmen für Schuhe-Fall vertreten. Argentinien stand auf dem Standpunkt, dass sie nach Art. XXIV:8 GATT verpflichtet seien, die Schutzmaßnahmen selektiv anzuwenden und somit ihre MERCOSUR Partner von der Anwendung auszunehmen. Dem gegenüber sah die EG die Anwendung von Art. XIX GATT innerhalb einer Zollunion oder Freihandelszone wiederum als Möglichkeit, nicht aber als Verpflichtung.806 Das Panel stellte zunächst fest, das nach der Praxis der WTO Mitglieder viele Abkommen zu Freihandelszonen oder Zollunionen Schutzmaßnahmen vorsehen, während einige wenige dies explizit verbieten.807 Zur Anwendung von Art. XIX GATT führte das Panel dann aus: „Although the list of exceptions in Article XXIV:8 of GATT clearly does not include Article XIX, in our view, that paragraph itself does not necessarily prohibit the imposition of safeguard measures between the constituent territories of a customs union or free-trade area during their formation or after their completion.“808

Diese Stellungnahme spricht für einen demonstrativen Charakter der Ausnahmeliste. Das Panel hat aber die Frage offen gelassen, ob eine exzessive Verwendung von Schutzmaßnahmen innerhalb einer Präferenzzone nicht das SAT Kriterium verletzen könnte: „Thus we do not exclude the possibility that extensive use of safeguard measures within regional integration areas for prolonged periods could run counter to the requirement to liberalise ‚substantially all trade‘ within a regional integration area. In our view, the express omission of Article XIX of GATT from the lists of 804 WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/REG/M/15, 13.1.1998, S. 17, Rn. 44. 805 Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 240. 806 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.93–98.94. 807 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.96. 808 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.97.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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exceptions in Article XXIV:8 of GATT read in combination with the requirement to eliminate all duties or other restrictions of commerce on ‚substantially all trade‘ within a customs union, leaves both options open, i. e., abolition of the possibility to impose safeguard measure between the member States of a customs union as well as the maintenance thereof.“809

Eine Bestätigung dieser Aussagen durch den Appellate Body ist ausgeblieben. Denn der AB hat in diesem Fall eine Anwendung von Art. XXIV GATT nicht für notwendig erachtet und demzufolge in diesem Punkt keine vertiefende inhaltliche Stellungnahme abgegeben.810 Die Aussagen des Panel bleiben daher bis zu einer zukünftigen Klärung dieser Frage die einzigen verbindlichen Stellungnahmen zur Auslegung der Ausnahmeliste des Art. XIX GATT. In nahezu allen präferenziellen Abkommen der Europäischen Union sind Schutzklauseln nach Art. XIX GATT und Anti-Dumping Maßnahmen nach Art. VI GATT enthalten. Keine grundlegenden Unterschiede sind in diesem Fall zwischen den Abkommen der ersten, zweiten und dritten Generation feststellbar. So enthält beispielsweise das 1963 geschlossene Assoziationsabkommen mit der Türkei in seinem Art. 8 ebenso die Möglichkeit zu AntiDumping- und Schutzmaßnahmen, wie das 1972 geschlossene Abkommen mit der Schweiz in seinen Art. 25 (Anti-Dumping) und 26 (Schutzmaßnahmen). Auch die neueren Abkommen der dritten Generation enthalten Antidumping- und Schutzklauseln.811 Eine Ausnahme stellt das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum dar. Nach dessen Art. 112–114 sind zwar bei ernsthaften wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder ökologischen Schwierigkeiten Schutzmaßnahmen möglich, Antidumpingmaßnahmen, Ausgleichszölle und Maßnahmen zum Schutz gegen unlautere Handelspraktiken von Drittländern werden aber nach Art. 26 zwischen den Vertragsparteien des EWR ausdrücklich nicht angewendet.

809 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Panel, WT/DS121/R, 25.6.1999, Rn. 8.97. 810 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999, Rn. 109–110. 811 Siehe dazu die Bestimmungen der folgenden Abkommen: Art. 92 Chile, Art. 30 bzw. 31–34 Bulgarien, Art. 26–29 Färöer, Art. 36 bzw. 37 Mazedonien, als Kompetenz des gemischten Rates Art. 5 Mexiko; Art. 22 bzw. 24 Ägypten, Algerien, Art. 22 bzw. 23–25 Israel, Art. 23 bzw. 24–26 Jordanien, Art. 24 bzw. 25–27 Marokko, Art. 20 bzw. 21–23 des Interimsabkommens mit der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde, Art. 23 bzw. 25 Libanon, Art. 24 bzw. 25–27 Tunesien, Art. 30 bzw. 31–34 Rumänien, Art. 23 bzw. 24 Südafrika.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

III. Art. XXIV:5 GATT: Die externen Voraussetzungen 1. Einführung Art. XXIV:5 GATT stellt neben Abs. 8 die zweite wesentliche Bestimmung des Welthandelsrechts zu präferenziellen Abkommen dar. Im Gegensatz zu Abs. 8, der ja die internen Voraussetzungen der Präferenzzonen festlegt, normiert Art. XXIV:5 GATT die externen Voraussetzungen, die Zollunionen, Freihandelszonen aber auch Interimsabkommen erfüllen müssen. Ziel dieser Bestimmung ist es, den Gesamteffekt einer Zollunion oder Freihandelszone auf den Handel mit Drittländern zu schützen.812 Nach dem Appellate Body im Türkei-Textil-Fall wird damit dem Prinzip des Art. XXIV:4 Rechnung getragen, wonach eine Präferenzzone den Handel zwischen ihren Mitgliedern erleichtern, aber keine neuen Handelsbarrieren gegenüber Drittstaaten aufbauen soll.813 Im Gegensatz zu den internen Kriterien, legt diese Bestimmung unterschiedliche Voraussetzungen für Zollunionen und Freihandelszonen fest. Diese Differenzierung ist sachlich logisch: Denn Zollunionen und Freihandelszonen unterscheiden sich ja gerade dadurch, dass Zollunionen einen gemeinsamen externen Zollsatz festlegen, während in Freihandelszonen die einzelnen Mitglieder ihre externen Zollkompetenzen bewahren. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher zunächst auf Zollunionen, denn vieles ist auf Freihandelszonen und Interimsabkommen übertragbar. Die Freihandels- und Interimsabkommen werden im Anschluss dargestellt. Der Test für Zollunionen und Freihandelszonen nach Art. XXIV:5 GATT ist ökonomischer Natur, wie dies sowohl das Panel, als auch der Appellate Body im Türkei-Textil-Fall festgehalten haben.814 Der diesbezügliche Test bezieht sich auf die tatsächlich angewendeten Zölle, nicht aber auf die gebundenen maximal möglichen Zollsätze.815 812 Berrisch, Georg: Das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT 1994), in: Prieß, Hans Joachim/Berrisch, Georg (Hrsg.), WTO-Handbuch, München, 2003, S. 71–168 (S. 135, Rn. 217); siehe auch: Hipold, Peter: Regional Integration According to Article XXIV GATT, Fn. 743, S. 234 der in Abs. 5 eine Schutzfunktion für Drittstaaten sieht, was freilich die Aufgabe des gesamten Art. XXIV GATT ist. 813 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 57. 814 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 55; WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/ DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.120. 815 Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 319.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Über allen drei Abschnitten des Art. XXIV:5 GATT steht ein einleitender Satz, der so genannte chapeau. Dieser lautet: „Accordingly, the provisions of this Agreement shall not prevent, as between the territories of contracting parties, the formation of a customs union or of a freetrade area or the adoption of an interim agreement necessary for the formation of a customs union or of a freetrade area; Provided that:“

Mit dem Wort accordingly schließt Abs. 5 unmittelbar an den vorhergehenden Absatz an und stellt somit einen unmittelbaren Bezug der externen Kriterien für die Formierung einer Präferenzzone mit den allgemeinen Prinzipien des Art. XXIV:4 GATT her.816 Der AB führte im Anschluss an die Feststellung, dass es sich bei Art. XXIV:4 GATT nur um eine Zielbestimmung handelt,817 aus: „For this reason, the chapeau of paragraph 5, and the conditions set forth therein for establishing the availability of a defence under Article XXIV, must be interpreted in the light of the purpose of customs unions set forth in paragraph 4. The chapeau cannot be interpreted correctly without constant reference to this purpose.“818

2. Zollunionen Anschließend an den chapeau regelt Art. XXIV:5(a) GATT die Voraussetzungen, die eine Zollunion zu erfüllen hat: „a) with respect to a customs union, or an interim agreement leading to a formation of a customs union, the duties and other regulations of commerce imposed at the institution of any such union or interim agreement in respect of trade with contracting parties not parties to such union or agreement shall not on the whole be higher or more restrictive than the general incidence of the duties and regulations of commerce applicable in the constituent territories prior to the formation of such union or the adoption of such interim agreement, as the case may be;“

Ziel dieser Bestimmung ist es, die Auswirkungen einer Zollunion auf die übrigen WTO-Mitglieder zu bestimmen und zu beschränken. Im Wesentlichen müssen zwei Kriterien erfüllt werden: Einerseits dürfen die Zölle, andererseits die sonstigen den Handel regelnden Bestimmungen (ORC) nicht höher sein, als vor der Gründung der Zollunion. Unklar bleibt allerdings, 816

Senti, Richard: WTO, Fn. 59, S. 458, Rn. 991 Siehe auch: WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 44 sowie WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.105. 817 Siehe dazu Kapitel H.I., S. 203. 818 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 57.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

ob diese beiden Kriterien gemeinsam oder getrennt voneinander zu untersuchen sind.819 Das mit der Gründung der WTO beschlossene Understanding on Art. XXIV GATT gibt zur Klärung dieser Frage keinen Anhaltspunkt. Sehr wohl hält das Understanding aber fest, dass zur Berechnung der Zölle die gewichteten Zollsätze (weighted average tariff rates) heranzuziehen sind. Maßgeblich sind nach dem Understanding die tatsächlich angewendeten, nicht die im Rahmen der WTO gebundenen Höchstzollsätze. Während also hinsichtlich der Zollsätze eine Quantifizierung stattfindet, erkennt das Understanding ausdrücklich an, dass diese für other regulations of commerce schwierig ist. Aufgrund der dieser unterschiedlichen Beschaffenheit der Zölle und der ORC müsste man annehmen, dass diese, da sie eben bestenfalls bedingt vergleichbar und kombinierbar sind, getrennt analysiert werden müssen. Auf der anderen Seite können einige ORCs, wie z. B. mengenmäßige Beschränkungen, leicht quantifiziert und in Zahlen ausgedrückt werden.820 Geklärt wurde diese Frage durch eine Übereinkunft des Council for Goods zur Untersuchung von Abkommen: „However, it should be kept in mind that the purpose of an examination in the light of paragraph 5(a) of Article XXIV [. . .] would be to ascertain whether on the whole the general incidence of the duties and other regulations of commerce has increased or become more restrictive.“821

Das Panel im Türkei Textiles Fall hat ausdrücklich auf diese Ausführungen Bezug genommen. Man kann daher davon ausgehen, dass Zölle und ORCs zur Untersuchung der Rechtmäßigkeit von Präferenzabkommen nach Art. XXIV:5(a) GATT gemeinsam betrachtet werden müssen.822 Das Panel folgte auf dieser Basis auch der Argumentation der Türkei, dass sich aus dem Wortlaut des letzten Satzes von Abs. 2 des Understanding on Art. XXIV GATT ergibt, dass Art. XXIV GATT nicht die Einführung neuer ORCs verbietet.823 Lediglich die Gesamtheit der Zölle und ORCs dürfe durch die Zollunion nicht höher sein als davor. 819 Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 318–319. 820 Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 319. 821 WTO: Working Party on the Enlargement of the European Communities. Accession of Austria, Finland and Sweden, WT/REG3/1, 13.3.1995, Attachment: Understanding read out by the Chairman of the Council for Trade in Goods – 20 February 1995. 822 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.120.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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An sich ist der Begriff der Zölle klar definiert und unstrittig. Lange Zeit umstritten war aber, wie den die Gesamtheit der Zölle nach Art. XXIV:5(a) GATT berechnet werden soll. Schon 1958 standen sich, ausgehend von den USA auf der einen, und den EWG-Staaten auf der anderen Seite, zwei verschiedene Berechnungsmethoden gegenüber. Die EWG versuchte damit insbesondere den Agrarsektor zu schützen.824 Gelöst wurde dieses Problem durch das Understanding on Art. XXIV GATT, das eine Mischform aus der europäischen und der amerikanischen Position zur Berechnung vorsieht. Nach Abs. 2 des Understanding soll eine Gesamtbewertung der durchschnittlichen gebundenen Zollsätze (overall approach, europäischer Ansatz) und der tatsächlich eingehobenen Zölle (duty collected approach, US-Ansatz) stattfinden. Wie schon zu den Begriffen SAT und ORRC, findet sich auch bezüglich der ORC keine Definition im GATT. Im Gegensatz zu den anderen beiden Begriffen hat aber das Panel im Türkei-Textiles-Fall Auslegung von ORC bereitgestellt. Nach dem Panel, dessen Ausführungen zur ORC Definition vom AB nicht kommentiert wurden, könnten darunter alle Regelungen verstanden werden, die Einfluss auf den Handel haben.825 Diese extensive Definition der ORC durch das Panel ist m. E. in diesem Kontext überzeugend, ist es doch das Ziel von Art. XXIV.5 GATT, die negativen Auswirkungen einer Zollunion zu beschränken.826 Und im Lichte dieses Ziels muss es unerheblich sein, ob diese Auswirkungen von einer Anti-Dumping-Maßnahme, einem technischen Handelshemmnis oder einer sonstigen nicht tarifären Regelung des Handels ausgehen. Folgt man der Definition des Panels,827 so sind viele der im GATT und in der Anfangszeit der WTO diskutierten Probleme zu den ORC gelöst. Maßnahmen wie mengenmäßige Beschränkungen, Umweltstandards oder Zollwertbestimmung sind nach der Definition des Panels nunmehr unstrittig als ORC anzuse823 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.110. 824 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 175–176; GATT 1947: Treaty Establishing the European Economic Community. Report submitted by the Committee on the Rome Treaty to the CONTRACTING PARTIES on 29 November 1957, L/778, 20.12.1957, Rn. 7. Ausführlich: Jackson, John Howard: World Trade and the Law of GATT, Indianapolis et al., 1969, S. 612–613. 825 Für die wörtliche Formulierung des Panels siehe S. 221 mit dem Nachweis in Fn. 794. 826 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel H.III.1., S. 226 827 Diese Definition ist seitdem weder widerlegt noch bestätigt worden, dass sie grundlegend geändert würde ist aber nicht anzunehmen. So auch: Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 251.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

hen.828 Trotz dieser Definition sind die Diskussionen zu ORC in der Rules Negotiations Group im Rahmen der DDA weiter geführt worden. Ziel war offenbar, eine allgemein anerkannte Definition zu ORC zu entwickeln.829 Daraus lässt sich aber keine Ablehnung der vom Panel aufgestellten Definition ableiten. Schließlich ist es die Aufgabe der Rules Negotiations Group, die Regeln des GATT weiter zu entwickeln, was im Stufenbau der Rechtsordnung über einer gerichtlichen Auslegung durch das Panel steht. Die Diskussion konzentrierte sich aber auch überwiegend auf die Frage, ob Ursprungsregeln als ORC anzusehen sind.830 Da Ursprungsregeln nur in Freihandelsverträgen, nicht aber in Zollunionen zu finden sind, werden sie im folgenden Abschnitt erörtert.831 Nachdem also die Einführung neuer ORCs durch eine Zollunion gestattet ist, ist die Frage, ob diese neuen ORCs den Bestimmungen des GATTs und den übrigen Regeln der WTO entsprechen müssen, oder eben eine Ausnahme zu diesen darstellen können. Diese Frage war zentraler Gegenstand im Türkei-Textil-Fall, indem Indien in den von der Türkei eingeführten QRs einen Verstoß gegen die Art. XI und XIII GATT sowie 2.4 ATC sah. Für Indien stellte Art. XXIV GATT keine Basis für eine Abweichung von diesen Bestimmungen dar.832 Das Panel stand auf dem Standpunkt, dass Art. XXIV:5(a) GATT diese Frage nicht behandelt. Abs. 5(a) sehe lediglich vor, dass die Gesamtheit der Zölle und ORCs nicht höher sein dürfen, als vor der Gründung der Zollunion. Art. XXIV GATT als Grundlage für ein Abweichen von den Verpflichtungen aus Art. XI und XIII GATT sowie Art. 2.4 ATC lasse sich so aber nicht ableiten.833 828 Für einen Überblick über die Diskussionen in GATT und WTO siehe: WTO, CRTA: Systemic Issues Related to „Other Regulations of Commerce“, Background Note by the Secretariat, WT/REG/W/17, 31.10.1997 und WTO, CRTA: Systemic Issues Related to „Other Regulations of Commerce“, Background Note by the Secretariat, Addendum, WT/REG/W/17/Add.1, 5.11.1997. 829 Siehe beispielsweise die entsprechenden Stellungnahmen der EU WTO, Negotiating Group on Rules: Submission on Regional Trade Agreements by the European Communities, Paper by the European Communities, TN/RL/W/179, 12.5. 2005, Rn. 13–15 und Koreas: WTO, Negotiating Group on Rules: Submission on Regional Trade Agreements, Communication from the Republic of Korea, TN/ RL/W/116, 11.6.2003. 830 Siehe beispielsweise: WTO, Negotiating Group on Rules: Discussion Paper on Regional Trading Arrangements, Communication from India, TN/RL/W/114, 6.6.2003 WTO, Negotiating Group on Rules: Compendium of Issues Related to Regional Trade Agreements, Background Note by the Secretariat, TN/RL/W/8 Rev.1, 1.8.2002, Rn. 78–80. 831 Siehe Kapitel H.III.3., S. 233. 832 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.113.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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Im Berufungsverfahren befand der AB, dass der chapeau die entscheidende Bestimmung zur Klärung dieser Frage darstellt, was das Panel in seiner Analyse außer acht gelassen hat. Nach Ansicht des AB folgt eben aus dem chapeau des Abs. 5, dass Art. XXIV GATT unter gewissen Voraussetzungen Verletzungen von anderen Bestimmungen des GATT rechtfertigt. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des chapeau, denn der AB versteht die Formulierung „shall not prevent“ als „shall not make impossible“. Art. XXIV GATT kann demzufolge Verstöße gegen andere Bestimmungen des GATT rechtfertigen.834 Nach dem Appellate Body müssen dafür allerdings zwei Bedingungen erfüllt sein: „First, the party claiming the benefit of this defence must demonstrate that the measure at issue is introduced upon the formation of a customs union that fully meets the requirements of sub-paragraphs 8(a) and 5(a) of Article XXIV. And, second, that party must demonstrate that the formation of that customs union would be prevented if it were not allowed to introduce the measure at issue. Again, both these conditions must be met to have the benefit of the defence under Article XXIV.“835

Aus diesen Ausführungen ergibt sich zwangsläufig ein logischer Ablauf bei der Untersuchung. Zuerst muss nämlich eine Zollunion oder Freihandelszone vorliegen, erst dann kann untersucht werden, ob die fragliche Maßnahme zur Einführung einer solchen Präferenzzone notwendig ist.836 Das Abkommen mit der Türkei stellt die einzige bedeutende Zollunion der EG mit einem Drittstaat dar. Die anderen beiden Zollunionen mit Andorra und San Marino bauen überwiegend auf historischen Gründen auf und sind wirtschaftlich unbedeutend. Alle anderen präferenziellen Abkommen der EG, auch der EWR, stellen Freihandelsabkommen dar. Nach Berechnungen des CRTA sind nach der Einführung der Zollunion EG-Türkei 833 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.121–9.122 sowie Rn. 9.188. 834 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 45; siehe im Schrifttum u. a.: Jackson, John Howard: World Trade and the Law of GATT, Fn. 824, S. 576; Dam, Kenneth W.: The GATT – Law and International Economic Organization, Chicago et al., 1970, S. 616; Huber, Jürgen: The practice of GATT in examining regional arrangements, Fn. 688, S. 281; im nicht angenommenen Panel-Bericht Bananen I: GATT 1947: GATT Panel Report. EEC – Member States’ Import for Bananas. Report of the Panel, DS32/R, 3.6.1993, Rn. 358 sowie die übrigen Nachweise des AB im Türkei-Textil Fall in Fn. 13. 835 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 58, Hervorhebung im Original. 836 WTO: Argentina – Safeguard Measures on Imports of Footwear, Report of the Appellate Body, WT/DS121/AB/R, 14.12.1999, Rn. 59; Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 214–215.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

sowohl die Zollsätze von 7,3% auf 6,7%, als auch die eingehobenen Zölle von 17,76 Mrd. ECU auf 16,36 Mrd. ECU zurückgegangen. Zwar entfällt aufgrund des ungleichen wirtschaftlichen Gewichts zwischen der EG und der Türkei der überwiegende Anteil auf die EG, doch haben sich auch die türkischen Zollsätze (12,3% auf 8,3%) und die dadurch eingehobenen Zölle (0,72 Mrd. ECU auf 0,49 Mrd. ECU) reduziert.837 Der vor und nach der Einführung der Zollunion angewendete Zollsatz war daher nicht Gegenstand der Diskussionen bei der Untersuchung des Abkommens im CRTA. Die Diskussionen konzentrierten sich vielmehr auch im CRTA auf die neu eingeführten ORCs, in concretu auf die von der Türkei neu eingeführten QRs auf Textilien.838 Im Gegensatz zum unverbindlichen CRTA wurde die Frage schließlich von den Streitbeilegungsorganen geklärt, die eine Unvereinbarkeit der türkischen Maßnahmen mit den Art. XI und XIII GATT sowie 2.4 ATC feststellten. Die Türkei wurde daher aufgefordert, die WTOKonformität wieder herzustellen.839 Ein weiteres externes Kriterium findet sich in Art. XXIV:8(a)(ii) GATT. Im Anschluss an das interne Erfordernis, annähernd den gesamten Handel abzubauen heißt es: „subject to the provisions of paragraph 9, substantially the same duties and other regulations of commerce are applied by each of the members of the union to the trade of territories not included in the union;“

Diese Bestimmung enthält also eine Verpflichtung, die Handelspolitiken innerhalb einer Zollunion gegenüber Drittstaaten weitgehend zu harmonisieren.840 Es handelt sich dabei um ein externes Kriterium, ein entsprechendes Pendant für Freihandelsabkommen gibt es nicht. Wie bereits dargestellt,841 haben sowohl das Panel, als auch der AB im Türkei-Textil-Fall zur Auslegung dieser Frage Stellung genommen. Dabei reichten nach dem Panel zur Erfüllung von substantially the same duties and other regulations of commerce bereits vergleichbare Handelsregelungen, mit ähnlichen Effekten gegenüber Drittstaaten aus.842 Das Panel wurde 837 WTO, CRTA: Customs Union between Turkey and the European Communities, Weighted Average Tariff Rates and Customs Duties Collected, WT/REG22/10, 20.9.2000. 838 Siehe dazu insbesondere: WTO, CRTA: Customs Union between Turkey and the European Community, Questions and Replies, WT/REG22/6, 7.2.1997. 839 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 64–66. 840 Marceau, Gabrielle/Reimann, Cornelis: When and How Is a Regional Trade Agreement Compatible with the WTO?, Fn. 683, S. 317. 841 Siehe auf S. 213. 842 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Panel, WT/DS34/R, 31.5.1999, Rn. 9.151.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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dabei allerdings vom AB eingeschränkt, nach dem „something closely approximating ‚sameness‘ “ erforderlich ist.843 Einschränkend ist in diesem Zusammenhang die vom Panel im Kontext von Art. XXIV:5 GATT entwickelte ORC-Definition844 zu betrachten. Würde man nämlich diese Definition heranziehen, so müsste eine Zollunion eine nahezu vollständige interne Harmonisierung ihrer Handelsregelungen durchführen. Dies geht aber weit über die Definition einer Zollunion hinaus, sondern würde einem gemeinsamen Markt sehr nahe kommen. Eine derart tief gehende Integration hat bisher aber nur die EG erreicht.845 Wie der AB aber im Türkei-Textil-Fall festgehalten hat, dient Art. XXIV:8(a)(ii) GATT, die Definition einer Zollunion zu erfüllen.846 Auch zu diesem Aspekt des Art. XXIV GATT lässt sich noch keine eindeutige Linie ableiten. 3. Freihandelsabkommen „(b) with respect to a free-trade area, or an interim agreement leading to the formation of a free-trade area, the duties and other regulations of commerce maintained in each if the constituent territories and applicable at the formation of such free-trade area or the adoption of such interim agreement to the trade of contracting parties not included in such area or not parties to such agreement shall not be higher or more restrictive than the corresponding duties and other regulations of commerce existing in the same constituent territories prior to the formation of the free-trade area, or interim agreement as the case may be“

Aus dem Wortlaut von Art. XXIV:5(b) GATT wird deutlich, dass diese Bestimmung weitgehend gleich wie Abs. a aufgebaut ist, aber auf den Grundlegenden Unterschied zwischen Freihandelszone und Zollunion Bezug nimmt. Dieser Unterschied besteht eben darin, dass eine Freihandelszone keinen gemeinsamen externen Zolltarif vorsieht. Es sind daher Ursprungsregeln notwendig, um die Herkunft eines Produktes zu definieren. Demzufolge sieht Art. XXIV:5(b) GATT auch vor, dass die Zölle und ORC in jedem der beiden Partnerstaaten nicht höher oder einschränkender sein dürfen, als vor der Gründung der Freihandelszone. Im Gegensatz zu Abs. a, bei dem ja zwei unterschiedliche Zollsysteme angepasst werden 843 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 50. Für den genauen Wortlaut siehe S. 213. 844 Für die wörtliche Formulierung des Panels siehe S. 221 mit dem Nachweis in Fn. 794. 845 Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 251. 846 WTO: Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products, Report of the Appellate Body, WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Rn. 49.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

müssen, enthält Abs. b ein absolutes Verbot zur Einführung neuer Beschränkungen in den teilnehmenden Staaten.847 Dennoch ist dieses Kriterium um vieles leichter zu erfüllen als bei einer Zollunion, denn während diese zu einer Harmonisierung des Außenzolls zwingt, kann bei einer Freihandelszone das Außenregime unangetastet bleiben. Die Probleme bei Freihandelsabkommen zielen daher mehr auf das Innenverhältnis, etwa das SAT Problem, nicht aber auf das Außenverhältnis der Präferenzzone.848 Wie bereits angesprochen849 ist das Hauptproblem bei Freihandelsabkommen, ob die darin notwendigerweise vorkommenden Ursprungsregeln als ORC zu qualifizieren oder nicht. Geht man von der im Türkei-Textil-Fall vom Panel entwickelten Definition aus,850 wonach als ORC all jene Regelungen sind, die einen Einfluss auf den Handel haben, so müsste man diese Frage bejahen. Denn Ursprungsregeln lassen sich sehr gut zur Beschränkung des Handels verwenden. Denn durch eine gezielte Definition der rules of origin lassen sich gezielt wichtige Produktgruppen bevorzugt oder nachteilig behandeln.851 Auf der anderen Seite nimmt Art. XXIV:5(b) GATT ausdrücklich einen Vergleich der Situation vor und nach der Gründung der Freihandelszone vor. Da die Ursprungsregeln aber vor der Freihandelszone nicht existieren können, gibt es keine Vergleichsmöglichkeiten. Es handelt sich um Maßnahmen, die schon definitionsgemäß erst mit der Freihandelszone eingeführt werden.852 Würde man daher die Ursprungsregeln als ORC anerkennen, so würde man Art. XXIV:5(b) GATT die primäre Funktion einer Überprüfung der rules of origin zugestehen. Erst in zweiter Linie und als Folge stünden die Auswirkungen der Ursprungsregeln auf den Handel mit Drittstaaten. Eine solche weite Argumentation lässt sich m. E. nicht aus dem Wortlaut und Sinn des Art. XXIV:5(b) GATT herleiten. Und auch die Definition des Panels darf nicht überbewertet werden, wurde sie doch nicht in Verbindung mit Ursprungsregeln, sondern in einem anderen Zusammenhang getroffen.

847 Vergleiche den Wortlaut „shall not on the whole be higher“ und „shall not be higher“ zwischen den Abs. a und b. 848 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 177–178. 849 Siehe Kapitel H.III.2., S. 227. 850 Für die wörtliche Formulierung des Panels siehe S. 221 mit dem Nachweis in Fn. 794. 851 Mit ähnlicher Argumentation: Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 253. 852 Mathis, James H.: Regional Trade Agreements in the GATT/WTO, Fn. 683, S. 253, Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 178.

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

235

4. Interimsabkommen „(c) Any interim agreement referred to in sub-paragraphs (a) and (b) shall include a plan and schedule for the formation of such a customs union or of such a freetrade area within a reasonable length of time.“

Schon aus dem Wortlaut von Art. XXIV:5(a) und (b) GATT wird deutlich, dass für Interimsabkommen die zu einer Zollunion oder Freihandelszone im Wesentlichen die gleichen Kriterien anzuwenden sind wie für die entsprechenden Hauptabkommen. Auch in der Übergangszeit der Interimsabkommen dürfen die Zölle und ORC daher nicht höher sein (Freihandelszone), oder insgesamt nicht höher sein (Zollunion), als vor der Schaffung der Präferenzzone.853 Teilweise strittig ist, ob die Erfordernisse von Art. XXIV:5 bzw. 8 GATT erst am Ende oder während der gesamten Interimsperiode vorliegen müssen.854 ME ist es dabei richtig, zwischen Abs. 5 und Abs. 8 des Art. XXIV GATT zu trennen. Art. XXIV:5(c) GATT stellt einen unmittelbaren Schutz für Drittstaaten dar und nimmt ausdrücklich auf die Abs. (a) und (b) Bezug. Einen solchen Bezug für Interimsabkommen findet sich in Art. XXIV:8 GATT nicht. Dessen Erfordernisse dienen zwar m. E. letztlich ebenfalls dem Schutz Dritter, da er aber interne Erfordernisse aufstellt aber nur mittelbar. Die Voraussetzungen des Art. XXIV:5 GATT müssen bei Interimsabkommen während der gesamten Übergangszeit vorliegen, jene von Art. XXIV:8 GATT nur am Ende.855 Dieses Ergebnis erscheint auch deshalb schlüssig, weil es ja eben Sinn und Zweck der Interimsabkommen ist, eine stufenweise Reduzierung der Zölle bis zu deren Abschaffung für annähernd den gesamten Handel innerhalb der Präferenzzone zu ermöglichen. Zollerhöhungen gegenüber Drittstaaten, wie sie Art. XXIV:5 GATT ja letztlich verhindern soll, sind zur Erreichung dieses Schutzzwecks aber auch während der Übergangszeit nicht nötig. Art. XXIV:5(c) GATT legt als zusätzliches Erfordernis fest, dass die Interimsabkommen einen Plan enthalten müssen, dass die Zollunion oder Freihandelszone innerhalb einer angemessenen Zeitspanne umgesetzt wird. Da der Begriff reasonable length of time im GATT nicht näher definiert 853 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 179. 854 WTO, CRTA: Synopsis of „Systemic“ Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WT/REG/W/37, 2.3.2000, Rn. 48c. 855 So auch die EU und Argentinien: Lockhart, Nicolas J. S./Mitchell, Andrew D.: Regional Trade Agreements under GATT 1994: An Exception and its Limits, in: http://ssrn.com/abstract=747984 (5.7.2006), S. 6; WTO, CRTA: Fifteenth Session, Note on the Meetings of 27 November and 4–5 December 1997, WT/ REG/M/15, 13.1.1998, Rn. 36 und 37.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

wird, war er während des GATT 1947 Gegenstand von Kontroversen zwischen den Mitgliedern. In Ziff. 3 des Understanding on Art. XXIV GATT wurde schließlich diese angemessene Zeitspanne mit zehn Jahren definiert, die nur in Ausnahmefällen überschritten werden sollte. In jenen Fällen, in denen diese zehn Jahre überschritten werden, müssen die Vertragspartner eine detaillierte Erklärung für die Gründe der Überschreitung an das Council for Trade in Goods (CTG) abgeben. Wie bereits dargelegt, verwendet die EG Interimsabkommen oder die vorläufige Anwendung von Teilen eines Präferenzabkommens, um dieses bis zur Ratifikation durch alle Mitgliedsstaaten vorübergehend in Geltung zu setzen.856 Zwar ist unklar, welche Elemente ein Interimsabkommen im Sinne des GATT umfassen muss, der Begriff ist aber jedenfalls weiter zu fassen als nach dem Europarecht. Es ist jedenfalls klar, dass es sich bei den Interimsabkommen des GATT um einen Übergangszustand zur Formierung einer Zollunion oder Freihandelszone handelt, der Anpassungen der internen Handelspolitik und Strategien ermöglicht.857 ME ist der Begriff der Interimsabkommen nach Art. XXIV:5(c) GATT weit auszulegen. Denn um den Schutzzweck dieser Bestimmung nicht umgehen zu können, darf die äußere Form des zu untersuchenden Abkommens keine Rolle spielen. Zur Untersuchung der Kriterien nach Art. XXIV:5(c) GATT sind daher sowohl das Hauptabkommen, als auch damit in Zusammenhang stehende Nebenabkommen heranzuziehen. Bei der Europäischen Union erfasst das neben den Hauptabkommen auch die Interimsabkommen im europarechtlichen Sinn, Vereinbarungen zur vorläufigen Anwendbarkeit von Teilen des Abkommens sowie Assoziationsratsbeschlüsse. Die Freihandelsabkommen der EG sehen je nach Partnerstaat verschiedene Übergangsfristen vor. So wird beim Interimsabkommen mit Kroatien eine maximal sechsjährige Übergangszeit festgelegt, in den sehr ähnlich aufgebauten Abkommen mit Mazedonien und Albanien beträgt die Übergangszeit zehn Jahre, in den Abkommen mit Montenegro und Bosnien und Herzegowina lediglich fünf Jahre.858 In den Abkommen mit Chile und Mexiko betragen die Übergangsfristen ebenfalls maximal zehn Jahre, einige Produkte werden aber auch bedeutend schneller liberalisiert.859 Der EWR 856

Siehe dazu Kapitel D.IV., S. 108. Tevini, Anna G.: zu Art. XXIV GATT, in: Wolfrum, Rüdiger et al. (Hrsg.), WTO – Institutions and Dispute Settlement, Leiden et al., 2006, S. 211–239 (S. 226, Rn. 225). 858 Siehe die Art. 2 in den Interimsabkommen mit Kroatien, Art. 5 mit Mazedonien sowie Art. 3 in den Interimsabkommen mit Albanien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro. 857

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

237

und das Freihandelsabkommen mit Israel, die auf schon bestehenden Freihandelszonen aufbauten, sehen überhaupt keine Übergangsfristen vor. Anders sieht die Situation bei den Abkommen mit den anderen Mittelmeerstaaten und Südafrika aus. Mit Ausnahme Palästinas, das einen Abbau der Einfuhrabgaben innerhalb von fünf Jahren vorsieht,860 beträgt bei den meisten anderen Abkommen im Mittelmeerraum die Übergangsfrist zwölf Jahre.861 Das Abkommen mit Ägypten sieht für manche Produkte gar eine fünfzehnjährige Übergangszeit vor.862 Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese Überschreitung der von Art. XXIV:5(c) GATT gesetzten Frist nur bei Importen in den jeweiligen Partnerstaat erfolgt, die EG selbst öffnet ihren Markt jeweils innerhalb von zehn Jahren. In der Untersuchung des Mittelmeerabkommens mit Tunesien wurde auf den Umstand hingewiesen, dass etwa 25% der tunesischen Importe von der verlängerten Übergangsfrist erfasst sein und die Gründe für diese hinterfragt. In ihrer Beantwortung, die soweit ersichtlich die einzige Erklärung der EG zur Überschreitung zehnjährigen Frist darstellt, wiesen die EG und Tunesien auf ihren unterschiedlichen Entwicklungsstand hin. Zudem würde der Zollabbau Tunesiens ab dem fünften Jahr schrittweise erfolgen, sodass bei den kritisierten 25% der Importe im elften und zwölften Jahr nur mehr ein Bruchteil des Ausgangszollsatzes zu Anwendung kommt.863

IV. Notifikation und Überprüfung der präferenziellen Abkommen Art. XXIV:7 GATT ist eine Verfahrensbestimmung, welche die WTOMitglieder verpflichtet, bei geplanter Gründung oder einem Beitritt zu einer Präferenzzone dies den übrigen Mitgliedern der WTO anzuzeigen. Abs. a lautet: „(a) Any contracting party deciding to enter into a customs union or free-trade area, or an interim agreement leading to the formation of such a union or area, shall promptly notify the Contracting Parties and shall make available to them 859

Siehe die Art. 64–74 im Abkommen mit Chile sowie Zeitplan EU-Mexiko vom 23.3.2000, ABl. L157/10 vom 30.6.2000. 860 Siehe Art. 8 des Interimsabkommens mit der Palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde. 861 Siehe jeweils den Art. 11 in den Abkommen mit Jordanien, Marokko und Tunesien, Art. 12 im Abkommen mit Südafrika sowie die Art. 2 und 3 im Interimsabkommen mit dem Libanon. Syrien und Algerien. 862 Siehe Art. 9 des Abkommens mit Ägypten. 863 WTO, CRTA: Euro-Mediterranean Agreement between the European Communities and Tunisia, Questions and Replies, Addendum, WT/REG69/4/Add.1, 16.1.2001.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

such information regarding the proposed union or area as will enable them to make such reports and recommendations to contracting parties as they may deem appropriate.“

Ziel dieser Bestimmung ist eindeutig die Gewährleistung von Transparenz bei der Erstellung und beim Beitritt bilateraler Präferenzzonen im Rahmen der multilateralen WTO. Die Benachrichtigung erfolgt an das CTG, das diese umgehend an das CRTA zur Untersuchung weiterleitet.864 Das CRTA kann das Präferenzabkommen nicht nur anhand von Art. XXIV:5–8 GATT untersuchen, sondern anhand aller in Annex 1A des WTO-Abkommens genannten Abkommen. Dennoch müssen sich die Schlussfolgerungen im abschließenden Bericht auf die Vereinbarkeit des Abkommens mit Art. XXIV GATT beziehen.865 Auch Art. XXIV:7 GATT ist in einigen Punkten nicht hinreichend klar formuliert. So geht aus dem Wortlaut der Bestimmung z. B. nicht hervor, zu welchem Zeitpunkt die Notifikation den zu erfolgen hat. So wurde anhand der Begriffe „deciding to enter“ und „shall promptly notifiy“ eine Notifizierungspflicht vor Inkrafttreten des Abkommens argumentiert. Demgegenüber stehen die Argumente für eine flexible Interpretation des Notifizierungszeitpunkts, denn eine Anzeige an die übrigen WTO-Mitglieder noch vor einer nationalen Ratifizierung könnte rechtliche Probleme aufwerfen.866 Nach dem rechtlich nicht verbindlichen Handbuch zur Notifizierung von Abkommen, soll diese wenigstens zehn Tage vor ersten Sitzung des CTG nach Abschluss des Abkommens angezeigt werden. Pro Jahr finden vier reguläre Sitzungen statt.867 864

Tevini, Anna G.: zu Art. XXIV GATT, Fn. 857, S. 220, Rn. 211. Darauf einigte man sich im CRTA bei der ersten Untersuchung im Rahmen, dem EU Beitritt Finnlands, Österreichs und Schwedens, und ist seither Standard bei allen weiteren Untersuchungen. WTO: Working Party on the Enlargement of the European Communities. Accession of Austria, Finland and Sweden, WT/REG3/1, 13.3.1995, Attachment. 866 WTO, CRTA: Synopsis of „Systemic“ Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WT/REG/W/37, 2.3.2000, S. 8, Rn. 13; siehe auch mit weiteren Nachweisen: Tevini, Anna G.: zu Art. XXIV GATT, Fn. 857, S. 221, Rn. 212. 867 Then de Lammerskötter, Rosario: WTO und Regional Trade Agreements, Fn. 677, S. 188; WTO: Technical Cooperation Handbook on Notification Requirements, Regional Trade Agreements, WT/TC/NOTIF/REG/1, 9.9.1996, S. 2; das Handbuch zur Notifizierung verweist dabei auf zwei Dokumente des GATT, die aber ebenfalls keine rechtlichen Verpflichtungen enthalten. GATT 1947: Customs Unions and Free Trade-Areas Procedures, BISD § 19S/13–14, March 1973; GATT 1947: Programme of Work of the Contracting Parties, Summing up by the Chairman, BISD § 18S/37–41, April 1972; letzteres Dokument spricht von: „the Council decides to invite contracting parties [. . .] to inscribe the item on the agenda for the first meeting of the Council following such signature, [. . .].“. 865

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

239

In der Praxis der WTO-Mitglieder ist es üblich, die präferenziellen Abkommen erst wenige Tage vor ihrem Inkrafttreten, meist aber erst danach den anderen Mitgliedern anzuzeigen. Von den 113 ab dem 1.1.1995 auf Basis von Art. XXIV GATT in Kraft getretenen Abkommen, wurden lediglich elf vor ihrem Inkrafttreten der WTO notifiziert. Die EG liegt mit den von ihr geschlossenen präferenziellen Abkommen im allgemeinen Trend.868 Eine Notifizierung mehrere Monate nach Inkrafttreten eines Präferenzabkommens ist nicht als mit Art. XXIV:7(a) GATT vereinbar anzusehen. Dies reiht sich in die Praxis der Mitgliedsstaaten ein, bei der Notifizierung nur spärliche Informationen über das Abkommen preiszugeben, was letztlich zur eher langwierigen und ineffizienten Arbeit des CRTA beigetragen hat.869 Offenbar überwiegt aber die Furcht, dass zu viel preisgegebene Informationen in einem Streitbeilegungsverfahren verwendet werden könnten.870 Das CRTA übermittelt am Ende der Untersuchung einen Bericht an das CTG, das dann die Empfehlungen aussprechen kann, die es für angemessen hält.871 Ein konkretes Ergebnis gibt es dabei aber üblicherweise nicht. Mit Ausnahme der nach ihrer Teilung zwischen Tschechien und der Slowakei formierten Zollunion wurden bisher alle nach Art. XXIV GATT geprüften Abkommen weder explizit genehmigt, noch abgelehnt.872

V. Zusammenfassung und Ergebnisse Kapitel H Der Wortlaut von Art. XXIV:4 GATT legt fest, dass präferenzielle Abkommen vom GATT prinzipiell erwünscht sind. Allerdings ist im zweiten Satz des Art. XXIV:4 GATT auch festgehalten, dass der Zweck die Handelsliberalisierung zwischen den teilnehmenden Ländern ist, Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten dadurch aber nicht aufgebaut werden sollen. In diesem Zusammenhang wurde lange Zeit diskutiert, ob Art. XXIV:4 GATT lediglich allgemeine Prinzipien zur Auslegung der an868 Eigene Berechnung anhand von WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127. Beispielhaft sind hier die Freihandelsabkommen der EU mit Ägypten (Unterzeichnung: 25.6.2001, Inkrafttreten: 1.6.2004, Notifizierung: 4.10.2004), Chile (Unterzeichnung: 18.11.2002, Inkrafttreten: 1.2.2003, Notifizierung: 18.2.2004). Nicht Berücksichtigt wurden die anhand von Art. V GATS oder der enabling clause geschlossenen Abkommen, für die das Ergebnis aber ähnlich aussieht. Der durchschnittliche Notifzierungszeitpunkt bei den Abkommen der EU lag etwa 180 Tage nach dem Inkrafttreten der Abkommen. 869 WTO, CRTA: Synopsis of „Systemic“ Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WT/REG/W/37, 2.3.2000, S. 9, Rn. 15. 870 Tevini, Anna G.: zu Art. XXIV GATT, Fn. 857, S. 221, Rn. 212–213. 871 Siehe Ziff. 7 des Understanding on Art. XXIV GATT. 872 Tevini, Anna G.: zu Art. XXIV GATT, Fn. 857, S. 221–222. Rn. 213; Cottier, Thomas/Evtimov, Erik: Präferenzielle Abkommen der EG, Fn. 764, S. 490.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

deren Bestimmungen des Art. XXIV GATT enthalte oder als operative Bestimmung heranzuziehen ist. Der Kern dieser Diskussion war, ob Art. XXIV:4 GATT einen ökonomischen Test, etwa im Sinne von Jacob Viners trade creation/diversion, erfordert. Sowohl während des GATT 1947, als auch bei der Gründung der WTO konnte keine Klärung dieser Frage erzielt werden. Das bei der Gründung der WTO beschlossene Understanding on Art. XXIV GATT wiederholt in seiner Präambel zwar den Text des Abs. 4, nimmt in seinen operativen Bestimmungen aber lediglich auf die Abs. 5, 6, 7 und 12 des Art. XXIV GATT Bezug. Auch im CRTA konnte keine Klärung erzielt werden. Wie im CRTA üblich, sprachen sich die am Regionalismus stärker teilnehmenden Staaten gegen, die anderen, eher multilateral orientierten Staaten, tendenziell für einen ökonomischen Test in Art. XXIV:4 GATT aus. Geklärt werden konnte die Frage schließlich durch die Streitbeilegungsorgane der WTO. Der Appellate Body stellte ausdrücklich klar, dass Art. XXIV:4 GATT eine Zielbestimmung, keine operationelle Bestimmung sei. Art. XXIV GATT enthält somit keinen ökonomischen Test, Abs. 4 ist aber zur Auslegung der anderen Absätze heranzuziehen. In Art. XXIV:8 GATT sind die Kriterien enthalten, die eine Präferenzzone in ihrem Innenverhältnis erfüllen muss. Dabei sind sowohl für Zollunionen, als auch für Freihandelsabkommen die Zölle (duties) und sonstigen Handelsbeschränkungen (other restrictive regulations of commerce, ORRC) für annähernd den gesamten Handel (substantially all the trade, SAT) zwischen den Vertragspartnern abzubauen. Unklarheiten existieren insbesondere in der Auslegung der Begriffe SAT und ORRC, die weder im GATT selbst, noch bei der Gründung der WTO, etwa durch das Understanding on Art. XXIV GATT, oder an anderer Stelle definiert wurden. Schon 1957 bei der Gründung der EG stellte das SAT-Kriterium den Kernpunkt der Diskussionen dar. Da man sich in der Arbeitsgruppe auf keine Definition des Begriffs einigen konnte, blieb letztlich die europäische Definition stehen, wonach eine Liberalisierung von 80% des gesamten Handels zur Erfüllung von SAT ausreicht. Ein weiterer Diskussionspunkt wurde bei der Gründung der EFTA deutlich. Die darin enthaltenen Liberalisierungen beschränkten sich nämlich auf Industrieprodukte, Agrarprodukte wurden nicht liberalisiert. Dagegen wurde argumentiert, dass bei der Liberalisierung kein bedeutender Sektor ausgenommen werden darf, SAT also nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Kriterien enthalte. Durch eine Analyse des Begriffes substantially all the trade wird deutlich, dass damit wenigstens eine quantitative Liberalisierung von 70–75% erfasst sein muss, der größte Konsens in der Literatur liegt bei 80–90%. Eine ein-

H. Zulässigkeit von präferenziellen Abkommen im GATT

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deutige Definition von SAT existiert aber nicht. Der Appellate Body hat allerdings festgehalten, dass SAT sowohl quantitative als auch qualitative Elemente umfasst. Eine nähere Definition liefert der AB aber nicht. Auch im CRTA war keine einheitliche Definition von SAT erkennbar. Aus den wenigen vorhandenen Daten zum tatsächlichen Liberalisierungsgrad der Abkommen der EG wird deutlich, dass diese in der Regel eine umfassende Liberalisierung für Industrieprodukte vornimmt, für Agrarprodukte Handelsschranken aber weiter bestehen lässt. Die EG erreicht so zwar relativ hohe quantitative Liberalisierungsgrade, ob allerdings die Abschottung des Agrarmarktes das SAT-Kriterium in qualitativer Hinsicht erfüllt, ist fraglich. Die Beantwortung dieser Frage muss aber letztlich offen bleiben, da für SAT eben keine Definition vorliegt. Ebenso ungeklärt ist die Definition von ORRC. Zwar hat das Panel im Türkei-Textil-Fall zum sehr ähnlichen Begriff der other regulations of commerce in Art. XXIV:5 GATT eine Definition bereitgestellt, es ist jedoch nicht gesichert, ob diese eins zu eins auf die ORRC übertragbar ist. Die eigentliche Diskussion zu den ORRC in Art. XXIV:8 GATT betrifft aber die darin enthaltene Ausnahmeliste. Demnach sind nämlich die Art. XI-XV und XX GATT von der Liberalisierungspflicht der ORRC ausgenommen, vergleichbare Bestimmungen des GATT, wie z. B. Schutzmaßnahmen nach Art. XIX oder Antidumpingmaßnahmen nach Art. VI GATT, sind in Art. XXIV GATT aber nicht erwähnt. Aus dem Wortlaut des Art. XXIV:8 GATT geht nicht hervor, ob die Ausnahmeliste taxativ oder demonstrativ zu verstehen ist. Auch das CRTA oder die Judikatur konnten bisher keine Klärung bringen, sodass auch die Beantwortung dieser Frage offen bleiben muss. Neben den internen Kriterien des Abs. 8 enthält Abs. 5 die externen Kriterien, die Zollunionen, Freihandelsabkommen und Interimsabkommen erfüllen müssen. Ziel der Bestimmung ist es, den Einfluss einer solchen Präferenzzone auf den Handel mit Drittländern zu begrenzen. Der dabei anzuwendende Test ist ökonomischer Natur und bezieht sich auf die tatsächlich verwendeten Zollsätze. Bei Zollunionen dürfen die Zölle und die sonstigen den Handel regelnden Bestimmungen (other regulations of commerce, ORC) nicht höher sein, als vor der Bildung der Zollunion. Während der Begriff der Zölle an sich unstrittig ist, liegt das Problem wiederum in der Auslegung des Begriffes ORC. Nach einer Definition der der ORCs durch das Panel könnten darunter alle Maßnahmen verstanden werden, die Einfluss auf den Handel haben. Diese weite Auslegung des ORC-Begriffs ist im Kontext von Art. XXIV: GATT überzeugend, wenn man dessen Schutzfunktion gegenüber Drittstaaten bedenkt.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

Art. XXIV GATT kann als Ausnahmebestimmung für Verstöße gegen andere Bestimmungen des WTO-Rechts herangezogen werden. Nach dem Appellate Body müssen dafür allerdings die Voraussetzungen der Abs. 5 und 8 erfüllt und der Verstoß zur Einführung der Präferenzzone notwendig sein. Ein weiteres externes Kriterium findet sich in Art. XXIV:8(a)(ii) GATT, wonach Zollunionen im Westlichen die gleichen Zölle und Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten anwenden sollen. Damit kann aber keine vollständige Harmonisierung der Handelsregelungen gemeint sein, würde man damit einem gemeinsamen Markt doch sehr nahe kommen. Die Bestimmung dient vielmehr dazu, die Kriterien einer Zollunion zu erfüllen. Freihandelsabkommen enthalten keinen gemeinsamen Außenzoll und sind daher in Hinblick der externen Kriterien des Art. XXIV:5 GATT unproblematisch. Fraglich ist aber, ob die als Ersatz für einen gemeinsamen Zoll einzuführenden Ursprungsregeln als ORC zu verstehen sind. Dies ist allerdings zu verneinen, käme doch sonst Art. XXIV:5(b) GATT die Funktion der Überprüfung der Ursprungsregeln zu, was aber über dessen Sinn und Zweck hinausgeht. Zudem zielt Art. XXIV:5 GATT auf einen Vergleich vor und nach Einführung der Präferenzzone ab, was bei Ursprungsregeln unmöglich ist. Zwar ist auch der Begriff der Interimsabkommen nach dem GATT nicht eindeutig bestimmt, klar ist aber, dass es sich dabei um einen Übergang zu einer Zollunion oder Freihandelszone handeln muss. Die externen Kriterien des Art. XXIV:5 GATT müssen aufgrund des besonderen Schutzzwecks der Bestimmung sofort bei seinem Abschluss, die internen Kriterien nach Art. XXIV:8 GATT dem gegenüber erst nach einer zehnjährigen Übergangsfrist vorliegen. Schließlich ist es ja Sinn der Interimsabkommen, den Partnern einer Präferenzzone Zeit für die internen Anpassungen zu geben. Die Abkommen der EG sehen im Mittelmeerraum oft eine zwölfjährige Übergangsfrist, im Abkommen mit Ägypten sogar eine fünfzehnjährige Übergangsfrist vor. Dies ist nach dem Understanding on Art. XXIV GATT möglich, muss aber begründet werden. Nur beim Abkommen der EG mit Tunesien wiesen die Vertragspartner auf die besonderen Umstände der unterschiedlichen Entwicklungsstufen ihrer Volkswirtschaften hin. Nach Art. XXIV:7 GATT sind geschlossene Präferenzabkommen der WTO zu notifizieren, was der Transparenz der bilateralen Abkommen innerhalb der multilateralen WTO dienen soll. Unklar ist, wann die Abkommen der WTO anzuzeigen sind. In der Praxis werden die überwiegenden Abkommen erst nach ihrem Inkrafttreten der WTO notifiziert. Die späte Notifizierung der Abkommen sowie die Bereitstellung von möglichst wenig Daten erschwert die Arbeit des CRTA, das die Abkommen nach seiner GATTKonformität untersucht. Da in diesem Verfahren Einstimmigkeit vorgesehen ist, wird dabei in der Regel aber kein verbindliches Ergebnis erzielt.

I. Präferenzielle Abkommen für Dienstleistungen

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I. Präferenzielle Abkommen für Dienstleistungen: Art. V GATS Im GATT 1947 waren im Wesentlichen nur Regelungen zum Handel mit Waren enthalten, Dienstleistungen waren nicht erfasst. Die Vertragsparteien des GATT waren daher beim Handel mit Dienstleistungen nahezu unbeschränkt frei und konnten so verschiedene, auch sektorielle, Privilegien und Diskriminierungen vornehmen.873 Eine grundlegende Änderung brachte die Gründung der WTO 1994, das u. a. auch ein Abkommen über den Dienstleistungshandel (GATS) einführte. Der Handel mit Dienstleistungen wurde damit Teil des Welthandelsrechts und vom Meistbegünstigungsprinzip erfasst. Ähnlich wie in Art. I GATT, sind die Staaten auch nach Art. II GATS verpflichtet, Dienstleister nicht weniger günstig zu behandeln, als die Erbringer von Dienstleistungen eines anderen Staates. In Art. V GATS findet sich die allgemeine Ausnahme vom Meistbegünstigungsprinzip im Dienstleistungshandel. Zwar lehnt sich Art. V GATS sprachlich und im Aufbau stark an Art. XXIV GATT, verwendet aber nicht den Begriff der Zollunionen oder Freihandelszonen. Dies deshalb, weil Zölle kein Instrument zur Regelung des internationalen Dienstleistungshandels darstellen. Art. V GATS spricht daher von Übereinkünften, die den Handel mit Dienstleistungen zwischen den Vertragsparteien liberalisieren.874 Art. V:1 GATS lautet: „Article V Economic Integration 1. This Agreement shall not prevent any of its Members from being a party to or entering into an agreement liberalizing trade in services between or among the parties to such an agreement, provided that such an agreement: (a) has substantial sectoral coverage,875 and (b) provides for the absence or elimination of substantially all discrimination, in the sense of Article XVII, between or among the parties, in the sectors covered under subparagraph (a), through: (i) elimination of existing discriminatory measures, and/or 873

Cottier, Thomas/Evtimov, Erik: Präferenzielle Abkommen der EG, Fn. 764, S. 491. 874 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 366, Rn. 855. 875 „This condition is understood in terms of number of sectors, volume of trade affected and modes of supply. In order to meet this condition, agreements should not provide for the a priori exclusion of any mode of supply.“ Originalfußnote aus Art. V GATS.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO (ii) prohibition of new or more discriminatory measures, either at the entry into force of that agreement or on the basis of a reasonable time-frame, except for measures permitted under Articles XI, XII, XIV and XIV bis.“

Wie schon Art. XXIV:5 GATT enthält auch Art. V:1 GATS einen einleitenden chapeau. Nach diesem hindert das GATS die Mitglieder nicht, Vertragspartei einer weitergehenden Liberalisierung des Dienstleistungshandels in Form einer regionalen Integrationszone zu sein.876 Wie in Art. XXIV GATT, knüpfen daran aber wieder bestimmte Voraussetzungen für die Schaffung einer solchen Integrationszone an. So muss diese nach lit. a einen beträchtlichen sektoriellen Geltungsbereich (substantial sectoral coverage) aufweisen. Es handelt sich somit um das Pendant zu den internen Kriterien nach Art. XXIV:8 GATT. Im Gegensatz zu Art. XXIV GATT ist dieser Begriff in einer Fußnote zu Art. XXIV:5(a) GATS definiert.877 Demnach ist zur Bestimmung der Erfüllung des Kriteriums der substantial sectoral coverage sowohl die Zahl der betroffenen Sektoren, das betroffene Handelsvolumen, als auch die Erbringungsweise heranzuziehen. Somit ist klar, dass sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien heranzuziehen sind. Die Fußnote des Art. V:1 GATS bringt daher in diesem Punkt Klarheit, ihre Auslegung selbst ist allerdings unbestimmt. Zudem gilt die Datenlage zur quantitativen Messung des Dienstleistungshandels als äußerst unsicher.878 Letztlich bleibt also wie schon die Auslegung zum SAT-Begriff des Art. XXIV GATT auch die der substantial sectoral coverage nach Art. V GATS unbestimmt. Weiters müssen nach Art. V:1(b) GATS nahezu alle diskriminierenden Maßnahmen bei Inkrafttreten des Liberalisierungsabkommens beseitigt oder nach einem angemessenen Zeitplan abgebaut werden. Es ist damit eine Sicherstellung, dass innerhalb eines regionalen Integrationsabkommens Dienstleistungen aus einem Vertragsstaat nicht schlechter gestellt werden, als gleichartige inländische Dienstleistungen.879 Die wenigen Ausnahmen bestehen u. a. bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. XI und XII GATS), der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, beim Schutz von Leben oder der Gesundheit (Art. XIV GATS) oder zum Schutz der Sicherheitsinteressen eines Staates (Art. XIVbis GATS). 876 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 257, Rn. 624. 877 Siehe Fn. 875. 878 Weiß, Wolfgang/Herrmann, Christoph: Welthandelsrecht, Fn. 3, S. 366, Rn. 855. 879 Cottier, Thomas/Evtimov, Erik: Präferenzielle Abkommen der EG, Fn. 764, S. 491.

I. Präferenzielle Abkommen für Dienstleistungen

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Nach Art. V:4 GATS soll ein regionales Integrationsabkommen nach Art. V:1 GATS der Erleichterung des Handels zwischen den einzelnen Vertragsparteien dienen. Es ist auch hier wieder ein Schutz der außerhalb der Integrationszone stehenden GATS-Mitglieder enthalten. So darf in einzelnen Sektoren und Teilsektoren das allgemeine Niveau der Handelshemmnisse bei Dienstleistungen gegenüber Drittstaaten nicht höher sein, als vor der Schaffung der Integrationszone. Art. V:4 GATS entspricht damit in seinem Inhalt den Bestimmungen von Art. XXIV:4 und 5 GATT. Auch hier ist die quantitative Bestimmung aber wieder schwierig. In Art. V:7(a) GATS ist die Verpflichtung enthalten, neue Integrationszonen der WTO unverzüglich anzuzeigen. Hinsichtlich des genauen Zeitpunkts spricht Art. V:7 GATS wie Art. XXIV:7 GATT lediglich von shall promptly notify, sodass wie im GATT der genaue Zeitpunkt der Notifizierung unklar bleibt. Zu richten ist die Notifizierung an das Council für Trade in Services (CTS), dass diese an das CRTA weiterleitet. Art. V:7(b) GATS bestimmt weiter, dass bei jenen Abkommen, die ihre interne Liberalisierung stufenweise vornehmen, in regelmäßigen Abständen dem CTS über den Fortschritt der Liberalisierung zu berichten ist. Wiederum wie in Art. XXIV:7 GATT legt das CRTA nach Abschluss der Untersuchungen dem CTS einen Bericht vor, das dann entsprechende Empfehlungen an die Vertragsparteien richten kann. Und ebenfalls wie im GATT kommt auch im GATS das CRTA zu keinen konkreten Ergebnissen. Bisher hat es daher keine Empfehlungen des CTS an die Vertragsparteien einer Integrationszone gegeben. Bei der Entstehung von Art. V GATS standen die großen Integrationsräume wie die EG oder NAFTA im Vordergrund,880 die Bestimmung ist selbstverständlich aber auch auf kleinere Integrationsräume anwendbar. Generell ist die Zahl der nach Präferenzabkommen nach GATS deutlich geringer als jene des Warenhandels nach Art. XXIV GATT.881 Die EG hat von ihren präferenziellen Abkommen mit Drittstaaten nur drei nach Art. V GATS der WTO notifiziert. Es handelt sich dabei um den EWR, die Freihandelsabkommen mit Chile und Mexiko. Im EWR werden die aus der Europäischen Union bekannten vier Grundfreiheiten verwirklicht, die natürlich auch den Handel mit Dienstleistungen umfassen. Eine Ausnahme für einen wichtigen Dienstleistungssektor ist im 880 Arup, Christopher: The World Trade Organization Agreements. Globalizing Law Through Services and Intellectual Property, Cambridge, 2000, S. 113. 881 Von den bis Oktober 2006 der WTO notifizierten Abkommen (eingerechnet die nicht mehr aktiven Abkommen) entfielen 194 auf Art. XXIV GATT und lediglich 53 auf Art. V GATS. Siehe: WTO: Regional Trade Agreements Notified to the GATT/WTO and in Force, Fn. 127.

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3. Teil: Präferenzielle Abkommen aus Sicht der WTO

EWR-Vertrag nicht enthalten. Im Abkommen mit Mexiko wurde die Liberalisierung des Dienstleistungssektors durch Beschluss des Gemischten Rates umgesetzt,882 im Abkommen mit Chile in den Art. 95–135 in das Hauptabkommen integriert. Dabei werden audiovisuelle Dienstleistungen jeweils von der Liberalisierung ausgenommen. Nach Ansicht Mexikos und der EG wird so das Kriterium der substantial sectoral coverage erfüllt.883 Eine weiterführende Diskussion im CRTA findet sich aber weder zum Abkommen mit Mexiko, noch zu jenem mit Chile. Aufgrund des geringen Umfangs dieses Teilbereichs der Dienstleistungen wird man aber davon ausgehen können, dass das substantial sectoral coverage erfüllt wurde.

882 Dienstleistungsbeschluss EU-Mexiko vom 27.1.2001, ABl. L 70/7 vom 12.3.2001. 883 WTO, CRTA: Free Trade Agreement between the European Communities and Mexico, Questions and Replies, WT/REG109/5/Rev. 3, 29.11.2005, Rn. 26.

Zusammenfassung der Ergebnisse „Staatsverträge“ zur rechtlichen Regelung des Fernhandels lassen sich seit der Antike nachweisen. Erst mit der Territorialisierung der Staaten zur Neuzeit wurde die Einhebung von Zöllen zur Staatsaufgabe und mit unserem heutigen Wirtschaftssystem vergleichbar. Als Beginn der modernen Freihandelsabkommen wird der 1860 zwischen England und Frankreich geschlossene Cobden-Chevalier-Vertrag angesehen. Mit diesem Vertrag als Auslöser entstand ein Netzwerk europäischer Freihandelsverträge, die alle eine Meistbegünstigungsklausel enthielten und so ein mit dem GATT vergleichbares Wirtschaftssystem aufbauten. Die Zwischenkriegszeit war von gegenseitigem Protektionismus und der Weltwirtschaftskrise geprägt. Versuche der USA zur Etablierung eines wieder liberaleren Wirtschaftssystems ab der Mitte der dreißiger Jahre scheiterten am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Unter amerikanischer und britischer Führung wurde das Nachkriegs-Wirtschaftssystem aufgebaut. Die Gründung einer internationalen Handelsorganisation scheiterte an innenpolitischen Problemen in den USA, das GATT wurde aber separat in Kraft gesetzt. Das GATT beruht auf dem Grundsatz der Meistbegünstigung, wonach Zollvorteile bedingungslos an die anderen Mitglieder der WTO weiterzugeben sind. Die davon bedeutendste Ausnahme ist die Bildung von präferenziellen Abkommen nach Art. XXIV GATT. Präferenzielle Abkommen nach Art. XXIV GATT können auch protektionistische Effekte haben. Wann ein konkretes Abkommen nun liberalisierende oder protektionistische Effekte hat, ist unter Ökonomen umstritten und nicht eindeutig bestimmbar. Bis zu den achtziger Jahren wurden präferenzielle Abkommen hauptsächlich von europäischen Staaten geschlossen. Dieser „alte Regionalismus“ war überwiegend regional begrenzt und diente vielfach auch der Vorbereitung von Beitritten zur EG. Der neue Regionalismus ab den achtziger Jahren brachte ein sprunghaftes Ansteigen der Zahl der präferenziellen Abkommen von ca. 30 (1990) auf derzeit über 200. Der neue Regionalismus liegt einerseits in einer Änderung der US-Handelspolitik, andererseits in einem Dominoeffekt begründet. Staa-

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Zusammenfassung der Ergebnisse

ten außerhalb einer Präferenzzone versuchen Nachteile durch Beitritt oder Gründung eigener Präferenzzonen zu kompensieren. Die europäische Politik beruht auf einem Dualismus zwischen Bi- und Multilateralismus. Die EG hat innerhalb der WTO am meisten Abkommen geschlossen, die sich in der Integrationsstufe von einem gemeinsamen Markt bis zu einfachen Freihandelsabkommen bewegen. Typisch ist aber, dass die Landwirtschaft und die Fischerei von der EG nur eingeschränkt liberalisiert wurden. Von europäischer Seite wurden alle Abkommen von der Europäischen Gemeinschaft, eventuell auch von der Europäischen Atomgemeinschaft geschlossen. Aufgrund der begrenzten Kompetenzen der EG gegenüber den Mitgliedsstaaten werden die Abkommen als „Gemischte Abkommen“ geschlossen. Diese „Gemischtheit“ beruht allerdings nicht auf einer rechtlichen Notwendigkeit, sondern soll den politischen Einfluss der Mitgliedsstaaten sicherstellen. Die Verhandlungen zu einem präferenziellen Abkommen verlaufen wie bei allen anderen Gemeinschaftsabkommen auch, d.h. es verhandelt die Kommission, der Abschluss erfolgt durch den Rat. Gemischte Abkommen müssen zusätzlich durch die Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Ab Vertragsschluss dürfen nach Art. 18 WVK Ziel und Zweck des Vertrags nicht mehr vereitelt werden. Dies entspricht dem innergemeinschaftlichen Vertrauensschutz, sodass diesbezüglich eine Klagemöglichkeit von Individualpersonen vor dem EG I besteht. Um der langen Ratifikationsdauer bei gemischten Abkommen Rechnung zu tragen schließt die Gemeinschaft parallel oft Interimsabkommen ab, die nur die gemeinschaftsrechtlichen Teile der Abkommen vorläufig in Geltung setzen. Jedes der präferenziellen Abkommen richtet ein gemeinsames Gremium ein, in dem üblicherweise in einer Doppelfunktion der Rat die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten vertritt. Legt das Präferenzabkommen keine Kompetenzaufteilung fest, so haften die EG und die Mitgliedsstaaten gemeinsam. Manche Verträge sehen allgemeine Bindungsklauseln vor, die die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten abstrakt festlegen. Eine solche Kompetenzaufteilung ist Vertragsbestandteil, der Vertragspartner muss sich bei Nichterfüllung an denjenigen wenden, der ihm von Gemeinschaftsseite genannt wird. Die präferenziellen Abkommen und die Gremienbeschlüsse dieser Abkommen stellen einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsordnung

Zusammenfassung der Ergebnisse

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dar. Bestimmungen sind direkt anzuwenden, wenn sie klar und eindeutig formuliert sind und nicht von der Erfüllung eines weiteren Rechtsakts abhängen. Die Kündigung der Abkommen richtet sich nach dem Verfahren bei ihrer Schließung, zur Suspendierung ist ein beschleunigtes Verfahren ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments vorgesehen. Für eine Teilsuspendierung bei Gemeinschaftskompetenzen kann die Gemeinschaft alleine handeln, bei Kompetenzen der Mitgliedsstaaten ist deren Zusammenarbeit erforderlich. Alle ab 1992 geschlossenen Gemeinschaftsabkommen enthalten Menschenrechtsklauseln, die Achtung der Demokratie und der Menschenrechte wird somit Bestandteil des völkerrechtlichen Vertrags. Die EG hat damit eine Möglichkeit, Maßnahmen bei schweren Menschenrechtsverletzungen im Partnerstaat zu ergreifen. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen der Menschenrechtsklauseln sind die Art. 133, 181 und 310 EGV. Art. 181 und 310 EGV bieten eine Grundlage für positive (z. B. Förderung von Menschenrechtsprojekten etc.) und negative (Kündigung oder Suspendierung des Vertrags) Maßnahmen zu den Menschenrechten. Art. 133 EGV rechtfertigt nur negative Maßnahmen. Art. 6 EUV ist als Grundlage im EGV abzulehnen. Die Menschenrechtsklauseln wurden von der EG bisher selektiv angewendet. Negative Maßnahmen wurden bisher nur im Rahmen der AKP-Kooperation ergriffen. Bei Verstößen ähnlicher Schwere wie in Israel oder Russland blieben Maßnahmen der Gemeinschaft aus. Der Vertrag von Lissabon würde nur punktuelle Änderungen zu den präferenziellen Abkommen der EG bringen. Die wichtigste Änderung beträfe die Menschenrechtsklauseln, für die im Lissaboner Vertrag eine eindeutige Kompetenzgrundlage enthalten ist. Zentrale Bestimmung für präferenzielle Abkommen im GATT finden sich in Art. XXIV:4–8. Art. XXIV GATT wurde bis zur Gründung der WTO sehr extensiv interpretiert, es gibt auch keine verbindliche Judikatur. Viele Begriffe der Bestimmung blieben daher unklar. In den nicht angenommenen Verfahren Bananen I und II wurde die Inkompatibilität der EG-AKP-Beziehungen mit Art. XXIV GATT festgestellt. Das Abkommen von Cotonou beruht im Rahmen der WTO daher auf einer von den anderen Vertragsparteien gewährten Ausnahme (waiver). Mit der Gründung der WTO wurde eine Übereinkunft zur Frage der Auslegung strittiger Teile des Art. XXIV GATT abgeschlossen. Viele unklare

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Formulierungen konnten so aber nicht geklärt werden. Auch in der Judikatur konnten bisher nur einige Teilfragen geklärt werden. Durch die Judikatur ist mittlerweile eindeutig geklärt, dass Art. XXIV:4 GATT keinen ökonomischen Test zu präferenziellen Abkommen enthält. Die Bestimmung ist lediglich zur Auslegung der Abs. 5–8 des Art. XXIV GATT heranzuziehen. Art. XXIV:8 GATT enthält die internen Kriterien, die ein Präferenzabkommen erfüllen muss. Zentral ist die Auslegung des Begriffs substantially all the trade, der allerdings noch in weiten Teilen unklar ist. Der Appellate Body hat nur festgestellt, dass SAT quantitative und qualitative Kriterien umfasst. Quantitativ findet eine Liberalisierung um 80% die meiste Zustimmung, während nach dem qualitativen Kriterium kein bedeutender Sektor ausgenommen werden soll. Eine einheitliche Auslegung oder Praxis existiert jedoch nicht. Aufgrund der Liberalisierung nahezu aller Industrieprodukte erreicht die EG in ihren Abkommen relativ hohe quantitative Liberalisierungsgrade. Im Agrarsektor versucht die EG allerdings ihren Markt abzuschotten, sodass fraglich ist, ob sie das qualitative Kriterium erfüllt. Mit „other restrictive regulations of commerce“ findet sich ein weiterer nicht definierter Begriff zu den internen Kriterien. Die dabei zentrale Frage, ob der in Art. XXIV:8 GATT enthaltene Ausnahmenkatalog taxativ oder demonstrativ zu verstehen ist, ist noch nicht geklärt. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang Antidumping- und Schutzmaßnahmen, die in nahezu jedem präferenziellen Abkommen der EG enthalten sind. Art. XXIV:5 GATT enthält die externen Voraussetzungen, die präferenzielle Abkommen erfüllen müssen. Dieser Absatz enthält einen ökonomischen Test, der aber wiederum nicht näher definiert ist. Klar ist nur, dass der tatsächlich angewendete Zollsatz heranzuziehen ist. Bei Zollunionen darf die Gesamtheit der Zölle und ORC nicht höher sein, als vor ihrer Gründung in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Der ORCBegriff wurde in diesem Zusammenhang von den Streitbeilegungsorganen definiert und ist weit auszulegen. Bei der einzigen bedeutenden Zollunion der EG mit der Türkei gingen nach ihrer Gründung sowohl der durchschnittliche Zollsatz, als auch die tatsächlich erhobenen Zölle zurück. Da Freihandelsabkommen keinen gemeinsamen Außenzoll vorsehen, spielen die externen Kriterien des Art. XXIV:5 GATT eine geringe Rolle. Abzulehnen ist eine Qualifikation der Ursprungsregeln als ORC, da dabei eine Vergleichsmöglichkeit zur Situation vor Schaffung der Präferenzzone fehlt.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Interimsabkommen sehen zur Umsetzung einer Zollunion oder Freihandelszone eine Übergangszeit vor, die nach dem Understanding on Art. XXIV GATT zehn Jahre nur in Ausnahmefällen überschreiten soll. Die Abkommen der Gemeinschaft sehen teilweise zwölf- bis fünfzehnjährige Übergangsfristen vor, was die EG im Abkommen mit Tunesien mit der besonderen Situation der Entwicklungsländer begründet hat. Nach Art. XXIV:7 GATT sind die präferenziellen Abkommen der WTO zu notifizieren, was in der Praxis oft erst nach deren Inkrafttreten geschieht. Dadurch soll eine Überprüfung der Abkommen erschwert werden. Art. V GATS ist das Pendant des Art. XXIV GATT beim Handel mit Dienstleistungen. Das zentrale Kriterium ist das der „substantial sectoral coverage“, d.h. es darf kein bedeutender Sektor von der Liberalisierung ausgenommen werden. Die Dienstleistungsabkommen der EG mit Chile, Mexiko und der EWR dürften dieses Kriterium erfüllen.

Anhang Artikel 300 EGV (1) Soweit dieser Vertrag den Abschluss von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen vorsieht, legt die Kommission dem Rat Empfehlungen vor; dieser ermächtigt die Kommission zur Einleitung der erforderlichen Verhandlungen. Die Kommission führt diese Verhandlungen im Benehmen mit den zu ihrer Unterstützung vom Rat bestellten besonderen Ausschüssen nach Maßgabe der Richtlinie, die ihr der Rat erteilen kann. Bei der Ausübung der ihm in diesem Absatz übertragenen Zuständigkeiten beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, außer in den Fällen des Absatzes 2 Unterabsatz 1, in denen er einstimmig beschließt. (2) Vorbehaltlich der Zuständigkeiten, welche die Kommission auf diesem Gebiet besitzt, werden die Unterzeichnung, mit der ein Beschluss über die vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten einhergehen kann, sowie der Abschluss der Abkommen vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschlossen. Der Rat beschließt einstimmig, wenn das Abkommen einen Bereich betrifft, in dem für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie im Fall der in Artikel 310 genannten Abkommen. Abweichend von Absatz 3 gelten diese Verfahren auch für Beschlüsse zur Aussetzung der Anwendung eines Abkommens oder zur Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sobald dieses Gremium rechtswirksame Beschlüsse – mit Ausnahme von Beschlüssen zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens des betreffenden Abkommens – zu fassen hat. Das Europäische Parlament wird über alle nach diesem Absatz gefassten Beschlüsse über die vorläufige Anwendung oder die Aussetzung eines Abkommens oder die Festlegung des Standpunkts, den die Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium vertritt, unverzüglich und umfassend unterrichtet. (3) Mit Ausnahme der Abkommen im Sinne des Artikels 133 Absatz 3 schließt der Rat die Abkommen nach Anhörung des Europäischen Parlaments, und zwar auch in den Fällen, in denen das Abkommen einen Bereich betrifft, bei dem für die Annahme interner Vorschriften das Verfahren des Artikels 251 oder des Artikels 252 anzuwenden ist. Das Europäische Parlament gibt seine Stellungnahme innerhalb einer Frist ab, die der Rat entsprechend der Dringlichkeit festlegen kann. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme, so kann der Rat einen Beschluss fassen. Abweichend von Unterabsatz 1 bedarf der Abschluss von Abkommen im Sinne des Artikels 310 sowie sonstiger Abkommen, die durch Einführung von Zusammen-

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arbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen, von Abkommen mit erheblichen finanziellen Folgen für die Gemeinschaft und von Abkommen, die eine Änderung eines nach dem Verfahren des Artikels 251 angenommenen Rechtsakts bedingen, der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Der Rat und das Europäische Parlament können in dringenden Fällen eine Frist für die Zustimmung vereinbaren. (4) Abweichend von Absatz 2 kann der Rat die Kommission bei Abschluss eines Abkommens ermächtigen, Änderungen, die nach jenem Abkommen im Weg eines vereinfachten Verfahrens oder durch ein durch das Abkommen geschaffenes Organ anzunehmen sind, im Namen der Gemeinschaft zu billigen; der Rat kann diese Ermächtigung gegebenenfalls mit besonderen Bedingungen verbinden. (5) Beabsichtigt der Rat, ein Abkommen zu schließen, das Änderungen dieses Vertrags bedingt, so sind diese Änderungen zuvor nach dem Verfahren des Artikels 48 des Vertrags über die Europäische Union anzunehmen. (6) Das Europäische Parlament, der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat kann ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit eines geplanten Abkommens mit diesem Vertrag einholen. Ist dieses Gutachten ablehnend, so kann das Abkommen nur nach Maßgabe des Artikels 48 des Vertrags über die Europäische Union in Kraft treten. (7) Die nach Maßgabe dieses Artikels geschlossenen Abkommen sind für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich. Article XXIV GATT Territorial Application – Frontier Traffic – Customs Unions and Free-trade Areas 1. The provisions of this Agreement shall apply to the metropolitan customs territories of the contracting parties and to any other customs territories in respect of which this Agreement has been accepted under Article XXVI or is being applied under Article XXXIII or pursuant to the Protocol of Provisional Application. Each such customs territory shall, exclusively for the purposes of the territorial application of this Agreement, be treated as though it were a contracting party; Provided that the provisions of this paragraph shall not be construed to create any rights or obligations as between two or more customs territories in respect of which this Agreement has been accepted under Article XXVI or is being applied under Article XXXIII or pursuant to the Protocol of Provisional Application by a single contracting party. 2. For the purposes of this Agreement a customs territory shall be understood to mean any territory with respect to which separate tariffs or other regulations of commerce are maintained for a substantial part of the trade of such territory with other territories. 3. The provisions of this Agreement shall not be construed to prevent: (a) Advantages accorded by any contracting party to adjacent countries in order to facilitate frontier traffic;

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Anhang (b) Advantages accorded to the trade with the Free Territory of Trieste by countries contiguous to that territory, provided that such advantages are not in conflict with the Treaties of Peace arising out of the Second World War.

4. The contracting parties recognize the desirability of increasing freedom of trade by the development, through voluntary agreements, of closer integration between the economies of the countries parties to such agreements. They also recognize that the purpose of a customs union or of a free-trade area should be to facilitate trade between the constituent territories and not to raise barriers to the trade of other contracting parties with such territories. 5. Accordingly, the provisions of this Agreement shall not prevent, as between the territories of contracting parties, the formation of a customs union or of a freetrade area or the adoption of an interim agreement necessary for the formation of a customs union or of a free-trade area; Provided that: (a) with respect to a customs union, or an interim agreement leading to a formation of a customs union, the duties and other regulations of commerce imposed at the institution of any such union or interim agreement in respect of trade with contracting parties not parties to such union or agreement shall not on the whole be higher or more restrictive than the general incidence of the duties and regulations of commerce applicable in the constituent territories prior to the formation of such union or the adoption of such interim agreement, as the case may be; (b) with respect to a free-trade area, or an interim agreement leading to the formation of a free-trade area, the duties and other regulations of commerce maintained in each of the constituent territories and applicable at the formation of such free-trade area or the adoption of such interim agreement to the trade of contracting parties not included in such area or not parties to such agreement shall not be higher or more restrictive than the corresponding duties and other regulations of commerce existing in the same constituent territories prior to the formation of the free-trade area, or interim agreement as the case may be; and (c) any interim agreement referred to in subparagraphs (a) and (b) shall include a plan and schedule for the formation of such a customs union or of such a free-trade area within a reasonable length of time. 6. If, in fulfilling the requirements of subparagraph 5 (a), a contracting party proposes to increase any rate of duty inconsistently with the provisions of Article II, the procedure set forth in Article XXVIII shall apply. In providing for compensatory adjustment, due account shall be taken of the compensation already afforded by the reduction brought about in the corresponding duty of the other constituents of the union. 7. (a) Any contracting party deciding to enter into a customs union or free-trade area, or an interim agreement leading to the formation of such a union or area, shall promptly notify the CONTRACTING PARTIES and shall make available to them such information regarding the proposed union or area as will enable them to make such reports and recommendations to contracting parties as they may deem appropriate.

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(b) If, after having studied the plan and schedule included in an interim agreement referred to in paragraph 5 in consultation with the parties to that agreement and taking due account of the information made available in accordance with the provisions of subparagraph (a), the CONTRACTING PARTIES find that such agreement is not likely to result in the formation of a customs union or of a free-trade area within the period contemplated by the parties to the agreement or that such period is not a reasonable one, the CONTRACTING PARTIES shall make recommendations to the parties to the agreement. The parties shall not maintain or put into force, as the case may be, such agreement if they are not prepared to modify it in accordance with these recommendations. (c) Any substantial change in the plan or schedule referred to in paragraph 5 (c) shall be communicated to the CONTRACTING PARTIES, which may request the contracting parties concerned to consult with them if the change seems likely to jeopardize or delay unduly the formation of the customs union or of the free-trade area. 8. For the purposes of this Agreement: (a) A customs union shall be understood to mean the substitution of a single customs territory for two or more customs territories, so that (i) duties and other restrictive regulations of commerce (except, where necessary, those permitted under Articles XI, XII, XIII, XIV, XV and XX) are eliminated with respect to substantially all the trade between the constituent territories of the union or at least with respect to substantially all the trade in products originating in such territories, and, (ii) subject to the provisions of paragraph 9, substantially the same duties and other regulations of commerce are applied by each of the members of the union to the trade of territories not included in the union; (b) A free-trade area shall be understood to mean a group of two or more customs territories in which the duties and other restrictive regulations of commerce (except, where necessary, those permitted under Articles XI, XII, XIII, XIV, XV and XX) are eliminated on substantially all the trade between the constituent territories in products originating in such territories. 9. The preferences referred to in paragraph 2 of Article I shall not be affected by the formation of a customs union or of a free-trade area but may be eliminated or adjusted by means of negotiations with contracting parties affected.* This procedure of negotiations with affected contracting parties shall, in particular, apply to the elimination of preferences required to conform with the provisions of paragraph 8 (a)(i) and paragraph 8 (b). 10. The CONTRACTING PARTIES may by a two-thirds majority approve proposals which do not fully comply with the requirements of paragraphs 5 to 9 inclusive, provided that such proposals lead to the formation of a customs union or a free-trade area in the sense of this Article. 11. Taking into account the exceptional circumstances arising out of the establishment of India and Pakistan as independent States and recognizing the fact that

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they have long constituted an economic unit, the contracting parties agree that the provisions of this Agreement shall not prevent the two countries from entering into special arrangements with respect to the trade between them, pending the establishment of their mutual trade relations on a definitive basis.* 12. Each contracting party shall take such reasonable measures as may be available to it to ensure observance of the provisions of this Agreement by the regional and local governments and authorities within its territories.

Understanding on the Interpretation of Article XXIV of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994 Members, Having regard to the provisions of Article XXIV of GATT 1994; Recognizing that customs unions and free trade areas have greatly increased in number and importance since the establishment of GATT 1947 and today cover a significant proportion of world trade; Recognizing the contribution to the expansion of world trade that may be made by closer integration between the economies of the parties to such agreements; Recognizing also that such contribution is increased if the elimination between the constituent territories of duties and other restrictive regulations of commerce extends to all trade, and diminished if any major sector of trade is excluded; Reaffirming that the purpose of such agreements should be to facilitate trade between the constituent territories and not to raise barriers to the trade of other Members with such territories; and that in their formation or enlargement the parties to them should to the greatest possible extent avoid creating adverse effects on the trade of other Members; Convinced also of the need to reinforce the effectiveness of the role of the Council for Trade in Goods in reviewing agreements notified under Article XXIV, by clarifying the criteria and procedures for the assessment of new or enlarged agreements, and improving the transparency of all Article XXIV agreements; Recognizing the need for a common understanding of the obligations of Members under paragraph 12 of Article XXIV; Hereby agree as follows: 1. Customs unions, free-trade areas, and interim agreements leading to the formation of a customs union or free-trade area, to be consistent with Article XXIV, must satisfy, inter alia, the provisions of paragraphs 5, 6, 7 and 8 of that Article. Article XXIV:5 2. The evaluation under paragraph 5(a) of Article XXIV of the general incidence of the duties and other regulations of commerce applicable before and after the formation of a customs union shall in respect of duties and charges be based upon an

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overall assessment of weighted average tariff rates and of customs duties collected. This assessment shall be based on import statistics for a previous representative period to be supplied by the customs union, on a tariff-line basis and in values and quantities, broken down by WTO country of origin. The Secretariat shall compute the weighted average tariff rates and customs duties collected in accordance with the methodology used in the assessment of tariff offers in the Uruguay Round of Multilateral Trade Negotiations. For this purpose, the duties and charges to be taken into consideration shall be the applied rates of duty. It is recognized that for the purpose of the overall assessment of the incidence of other regulations of commerce for which quantification and aggregation are difficult, the examination of individual measures, regulations, products covered and trade flows affected may be required. 3. The „reasonable length of time“ referred to in paragraph 5(c) of Article XXIV should exceed 10 years only in exceptional cases. In cases where Members parties to an interim agreement believe that 10 years would be insufficient they shall provide a full explanation to the Council for Trade in Goods of the need for a longer period. Article XXIV:6 4. Paragraph 6 of Article XXIV establishes the procedure to be followed when a Member forming a customs union proposes to increase a bound rate of duty. In this regard Members reaffirm that the procedure set forth in Article XXVIII, as elaborated in the guidelines adopted on 10 November 1980 (BISD 27S/26–28) and in the Understanding on the Interpretation of Article XXVIII of GATT 1994, must be commenced before tariff concessions are modified or withdrawn upon the formation of a customs union or an interim agreement leading to the formation of a customs union. 5. These negotiations will be entered into in good faith with a view to achieving mutually satisfactory compensatory adjustment. In such negotiations, as required by paragraph 6 of Article XXIV, due account shall be taken of reductions of duties on the same tariff line made by other constituents of the customs union upon its formation. Should such reductions not be sufficient to provide the necessary compensatory adjustment, the customs union would offer compensation, which may take the form of reductions of duties on other tariff lines. Such an offer shall be taken into consideration by the Members having negotiating rights in the binding being modified or withdrawn. Should the compensatory adjustment remain unacceptable, negotiations should be continued. Where, despite such efforts, agreement in negotiations on compensatory adjustment under Article XXVIII as elaborated by the Understanding on the Interpretation of Article XXVIII of GATT 1994 cannot be reached within a reasonable period from the initiation of negotiations, the customs union shall, nevertheless, be free to modify or withdraw the concessions; affected Members shall then be free to withdraw substantially equivalent concessions in accordance with Article XXVIII. 6. GATT 1994 imposes no obligation on Members benefiting from a reduction of duties consequent upon the formation of a customs union, or an interim agreement leading to the formation of a customs union, to provide compensatory adjustment to its constituents.

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Review of Customs Unions and Free-Trade Areas 7. All notifications made under paragraph 7(a) of Article XXIV shall be examined by a working party in the light of the relevant provisions of GATT 1994 and of paragraph 1 of this Understanding. The working party shall submit a report to the Council for Trade in Goods on its findings in this regard. The Council for Trade in Goods may make such recommendations to Members as it deems appropriate. 8. In regard to interim agreements, the working party may in its report make appropriate recommendations on the proposed time-frame and on measures required to complete the formation of the customs union or free-trade area. It may if necessary provide for further review of the agreement. 9. Members parties to an interim agreement shall notify substantial changes in the plan and schedule included in that agreement to the Council for Trade in Goods and, if so requested, the Council shall examine the changes. 10. Should an interim agreement notified under paragraph 7(a) of Article XXIV not include a plan and schedule, contrary to paragraph 5(c) of Article XXIV, the working party shall in its report recommend such a plan and schedule. The parties shall not maintain or put into force, as the case may be, such agreement if they are not prepared to modify it in accordance with these recommendations. Provision shall be made for subsequent review of the implementation of the recommendations. 11. Customs unions and constituents of free-trade areas shall report periodically to the Council for Trade in Goods, as envisaged by the CONTRACTING PARTIES to GATT 1947 in their instruction to the GATT 1947 Council concerning reports on regional agreements (BISD 18S/38), on the operation of the relevant agreement. Any significant changes and/or developments in the agreements should be reported as they occur. Dispute Settlement 12. The provisions of Articles XXII and XXIII of GATT 1994 as elaborated and applied by the Dispute Settlement Understanding may be invoked with respect to any matters arising from the application of those provisions of Article XXIV relating to customs unions, free-trade areas or interim agreements leading to the formation of a customs union or free-trade area. Article XXIV:12 13. Each Member is fully responsible under GATT 1994 for the observance of all provisions of GATT 1994, and shall take such reasonable measures as may be available to it to ensure such observance by regional and local governments and authorities within its territory. 14. The provisions of Articles XXII and XXIII of GATT 1994 as elaborated and applied by the Dispute Settlement Understanding may be invoked in respect of measures affecting its observance taken by regional or local governments or authorities within the territory of a Member. When the Dispute Settlement Body has ruled that a provision of GATT 1994 has not been observed, the responsible Member shall

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take such reasonable measures as may be available to it to ensure its observance. The provisions relating to compensation and suspension of concessions or other obligations apply in cases where it has not been possible to secure such observance. 15. Each Member undertakes to accord sympathetic consideration to and afford adequate opportunity for consultation regarding any representations made by another Member concerning measures affecting the operation of GATT 1994 taken within the territory of the former.

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schaft – eines Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und dem Staat Israel andererseits, (96/206/EGKS, EG), ABl. L 71/1, 20.3.1996 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung des Rates vom 24. Februar 1997 über den Abschluß des Abkommens über die Zusammenarbeit in der Seefischerei zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Mauretanien und zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu diesem Abkommen, ABl. L 62/1, 4.3.1997 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluß des Rates vom 2. Juni 1997 über den Abschluß des Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen andererseits, (97/430/EG), ABl. L 187/1, 16.7.1997 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Juni 1998 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und handelsbezogene Fragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, (98/504/EG), ABl. L 226/24, 13.8.1998 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 1/98 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Tunesien andererseits vom 14. Juli 1998 über seine Geschäftsordnung (98/629/EG), ABl. L 300/20, 11.11.1998 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Juli 1999 über die vorläufige Anwendung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits, (1999/753/EG), ABl. L 311/1, 4.12.1999 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 2/1999 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vom 3. September 1999 über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Soziale Angelegenheiten“, ABl. L 258/28, 5.10.1999 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 28. September 2000 über den Abschluss des Abkommens über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, (2000/658/EG), ABl. L 276/44, 28.10.2000 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 9. April 2001 über den Abschluss der mit der Republik Fidschi-Inseln nach Artikel 96 des AKPEG-Partnerschaftsabkommens abgehaltenen Konsultationen (2001/334/EG), ABl. L 120/33, 28.4.2001 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 9. April 2001 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen

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der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits, (2001/330/EG), ABl. L 124/1, 4.5.2001 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 25. Juni 2001 über den Abschluss der mit Côte d’Ivoire nach Artikel 96 des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens abgehaltenen Konsultationen, ABl. L 183/38, 6.7.2001 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 29. Oktober 2001 über die Unterzeichnung – im Namen der Gemeinschaft – und die vorläufige Anwendung des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Kroatien andererseits, (2001/868/EG), ABl. L 330/1, 14.12.2001 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 19. Juli 2002 über die Folgen desAußerkrafttretens des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) für die von der EGKS geschlossenen internationalen Abkommen, ABl. L194/36, 23.7.2002 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 22. Juli 2002 über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Libanesischen Republik andererseits, (2002/761/EG), ABl. L 262/1, 30.9.2002 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, (2002/979/EG), ABl. L 352/1, 30.12.2002 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss Nr. 1/2003 des Assoziationsrates EU-Chile vom 27. März 2003 zur Annahme der Geschäftsordnungen des Assoziationsrates, des Assoziationsausschusses und der Sonderausschüsse (2003/255/ EG), ABl. L 95/46, 11.4.2003 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 24. November 2003 über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Zentralafrikanischen Republik und die Ergreifung geeigneter Maßnahmen gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou (2003/837/EG), ABl. L 319/13, 4.12.2003 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2003 über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zur vorläufigen Anwendung der Handelsbestimmungen und handelsbezogenen Bestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits, ABl. L 345/113, 31.12.2003 Rat der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss des Rates vom 21. April 2004 über den Abschluss des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits, 2004/635/EG ABl. L 304/38, 30.9.2004

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Dokumente der Kommission Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss – durch die Europäische Gemeinschaft – eines Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gazastreifen, KOM (1997) 51 endg, ABl. C 128/1, 24.4.1997 Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluß des Abkommens über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits, KOM (1997) 527, endg, ABl. C 350/6, 19.11.1997

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Sach- und Personenregister actus contrarius 136, 138, 165, 167 AETR-Doktrin 77, 84 Agreement on Agriculture 219 Agreement on Textiles and Clothing 230, 232 Ägypten – historisches Abkommen 50 – Menschenrechtssituation 179 – Mittelmeerabkommen 67 – Rechtsgrundlage der Menschenrechtsklauseln 160 – Suspensionsklausel 157 – Übergangszeit des Abkommens 237 – vorläufige Anwendung des Abkommens 109 Albanien 58, 152, 154 Algerien – historisches Abkommen 50 – Menschenrechtssituation 179 – Mittelmeerabkommen 67 Amin, Idi 149, 181 AMRK 150 Andorra – Assozierungsähnliches Abkommen 107 – Direktwirkung 131 – Kooperationsabkommen 62, 64, 95, 104–105, 231 – Kooperationsausschuss 111–112 – Menschenrechtsklauseln, Fehlen von 153 – Streitbeilegung 106 Anti-Dumping Maßnahme 221, 225, 229 ANZCERTA 61 APEC 53

Assoziationsrat – Direktwirkung von Beschlüssen 132 – Empfehlungen 132 – Konsultationen im 156 – Vertretung der EG 113 – Vertretung der Mitgliedsstaaten 116 – Vorsitz 116 Assoziierungsähnliche Abkommen 104, 107, 113 Außenhandelstheorie, klassische 25 Bananen, EG Zollregime 191, 193–194 Bindungsklauseln – Abkommen ohne 121, 124 – allgemeine 120, 123–124 – spezifische 120, 123 Bretton-Woods, Erklärung von 34 Bulgarische Klausel 156–157 Central American Free Trade Area 56 Chile – Abkommen mit den USA 56 – Art. V GATS 245–246 – Assoziationsabkommen 61, 70, 106, 169 – Assoziationsrat 111 – Direktwirkung 132 – Liberalisierungsgrad 217 – Menschenrechtsklauseln 157 – Menschenrechtssituation 171–172 – Streitbeilegung 142 – vorläufige Anwendung des Abkommens 110, 161 China 59, 175 clausula rebus sic stantibus 151

Sach- und Personenregister Cobden-Chevalier-Vertrag 27–28, 57–58 Costa Rica 56, 192 Cotonou, Abkommen von – AKP-Ministerrat 119 – als Form der Entwicklungszusammenarbeit 42, 50, 62–63 – Beschlussfassung im AKP-Ministerrat 119 – Direktwirkung 128 – Entstehung 56 – Korruption 143 – Maßnahmen aufgrund der Menschenrechtsklauseln 174, 178 – Menschenrechtsklauseln 155 – Rechtsgrundlage im GATT 195 – Streitbeilegung 157 – Suspendierung 143 Council for Trade in Goods 236, 238–239 Council for Trade in Services 245 Curdell-Hull-Programm 33 CUSTA 52 deep integration 59–61, 64 Direktwirkung, von Abkommen 99, 128–133, 135 Dispute Settlement Understanding 196 Doha-Development-Agenda 63, 215–216, 220, 230 Dominoeffekt 28, 54–55 Doppelvertretung des Rates 116–118 Drittländer, bei Verhandlungen mit der EG 90 EFTA – als Partner im EWR 63–64 – Gründung 48 – im alten Regionalismus 49–50 – im GATT 190, 210–211 EG I, Opel-Austria Entscheidung 91–93 El Salvador 56

291

EMRK 150, 157 Entwicklungsländer – AKP-Kooperation 42, 62 – Allgemeines Präferenzsystem 62 – Ermächtigungsklausel 41 – Freihandelszonen 49, 53, 60 – SAT-Kriterium 215 – Stellung im Gemeinschaftsrecht 163, 169 – Teil IV des GATT 40–41, 192–195 – Verhältnis zu Industrienationen 192 Entwicklungszusammenarbeit 63, 76, 162–163, 169 Ermächtigungsklausel 36, 42, 51 EuGH – AETR-Entscheidung 76, 184 – Binnenschifffahrt-Gutachten 77 – Bresciani-Entscheidung 128 – Centro-Com-Entscheidung 166–167 – Christian Dior-Entscheidung 126 – Demirel-Entscheidung 103, 129, 168 – Deutsche Shell-Entscheidung 135 – Entscheidung Portugal vs. Rat 158, 162 – FAO-Entscheidung 117 – Fruchthandelsgesellschaft-Entscheidung 126 – Haegeman-Entscheidung 125 – International Fruit-Entscheidung 128 – Kupferberg-Entscheidung 128, 131 – Lugano-Gutachten 85 – Naturkautschuk-Gutachten 164 – Pabst & Richarz-Entscheidung 128 – Sevince-Entscheidung 114, 134 – WTO-Gutachten 166–167 Europaabkommen 55–56, 61, 65–66, 68, 70, 74, 85, 152, 155–156, 169, 174 EWR – als gemischtes Abkommen 85 – deep integration 61

292 – – – – – – – – –

Sach- und Personenregister

EWR-Rat 111 gemeinsamer Markt 62 im GATS 245 im GATT 231 Menschenrechtsklauseln, fehlen von 153 Opel Austria-Entscheidung 91–92 Schutzmaßnahmen 225 Überblick 63–64 Übergangsfristen 236

Färöer-Inseln – Assozierungsähnliches Abkommen 107 – Direktwirkung 131 – Freihandelsabkommen 67, 95, 104 – Gemischter Ausschuss 111 – Kooperationsausschuss 112 – Liberalisierungsgrad 214 – Menschenrechtsklauseln, Fehlen von 153 – Streitbeilegung 106 Free Trade Area of the Americas 53, 56 Freihandelsnetzwerk, historisches 28, 30, 34, 39, 48, 54, 57–58 GATS – Art. II 40 – Art. V 43, 51, 199, 243–245 – Art. XI 244 – Art. XIII 244 – Art. XIV 244 – Art. XIVbis 244 GATT – Art. I 27, 38, 41, 192, 194, 243 – Art. VI 225 – Art. XI 197, 230, 232 – Art. XI–XV 210, 222 – Art. XIII 197, 230, 232 – Art. XIX 197–198, 200, 222–225 – Art. XX 210, 222 – Art. XXI 223

– – – –

Art. XXIII 190, 193 Art. XXIV Abs. 1–2 187 Art. XXIV Abs. 3 187 Art. XXIV Abs. 4 42, 200, 203–208, 214, 226–227, 245 – Art. XXIV Abs. 5 43, 189, 195, 197, 200, 207, 220–221, 226–230, 233–237, 244 – Art. XXIV Abs. 5–8 203–205, 207–208, 238, 250 – Art. XXIV Abs. 6 188, 195 – Art. XXIV Abs. 7 191–195, 237–239, 245 – Art. XXIV Abs. 8 188, 193–194, 198, 200, 207, 209–210, 212–213, 219–220, 222–224, 232–233, 235, 244 – Art. XXIV Abs. 9 188 – Art. XXIV Abs. 10 188 – Art. XXIV Abs. 12 195 – Art. XXIV Test 203, 205–208 – Art. XXV 188, 193, 195 – Art. XXXVI 194 – Teil IV 40–41, 192–195 – Understanding on the Interpretation of Article XXIV 195, 204, 228–229, 236 GATT-Panel – Bananen-Fall I 191 – Bananen-Fall II 193 – Citrus-Fall 191–192 Gemeinsame Gremien 111–113 Gemeinschaftskompetenzen – ausschließliche 78–79 – begrenzte Einzelermächtigung 75 – ergänzende 76, 79 – implizite 76–77, 95 – konkurrierende 79, 81 – nicht ausschließliche 79 – parallele 79 – Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen 95 – Rahmenkompetenzen 79

Sach- und Personenregister – subsidiäre 79 gemischter Ausschuss 129 Gemischtes Abkommen – als Mittel zum mittelbaren Veto 85 – Beendigung und Suspendierung 137–138, 140–141, 143 – Direktwirkung 133 – Gremienbeschlüsse 115, 117 – im EGV 84 – interne Kompetenzverteilung 118 – Menschenrechtsklauseln 159, 185 – Politik der Gemeinschaft 81–86, 109 – Ratifikation 91, 108 – Unterzeichnung 107 – Verhandlungen 88–90 – völkerrechtliche Verantwortlichkeit 120–121, 123–124 – WTO-Abkommen 80 Guatemala 56, 192 Haiti 151 Havanna-Charta 35 Honduras 56 Horizontale Abkommen 96 HS-Zollsystem 215–216 Indien 158, 162, 165, 196–197, 212, 215, 230 Industrialisierung 25–26 Interimsabkommen – im Europarecht 70, 78, 94, 100, 108–110, 117, 159–162, 177 – im Welthandelsrecht 43, 109, 188–190, 194–195, 204, 235–236 Internationale Handelsorganisation 34–36 Internationaler Währungsfonds 34 Israel – Abkommen mit den USA 52, 55–56, 61 – historische Vorläufer 48 – historisches Abkommen 50

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– Menschenrechtsklauseln 154, 160, 169, 178 – Menschenrechtssituation 172–173, 177–179 – Mittelmeerabkommen 154 – Übergangsfristen 237 Israel, Mittelmeerabkommen 67 Japan 59, 223 Jordanien – Abkommen mit den USA 56 – historisches Abkommen 50 – Menschenrechtssituation 179 – Mittelmeerabkommen 67 Jugoslawien 136–139, 151, 167, 172, 174 Keynes, John Maynard 31 Kolonien, ehemalige 50–51, 56, 149, 190 Kooperationsrat 100, 106 Korea 204 Kroatien – Interimsabkommen 100 – Menschenrechtsklauseln 160 – Menschenrechtssituation 173 – Stabilitäts- und Kooperationsabkommen 66 – Übergangsfristen 236 Libanon 50, 157, 160, 172 – Interimsabkommen 100 – Menschenrechtssituation 179 Liberia 178 Lomé, Abkommen von 50–51, 56, 117, 122, 128, 149–150, 191–195 Marokko – Abkommen mit den USA 55–56 – Beendigung und Suspendierung 140 – Direktwirkung 132 – historisches Abkommen 48, 50 – Menschenrechtssituation 176

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Sach- und Personenregister

– Mittelmeerabkommen 67, 131 Marrakesch, Schlussakte von 96 Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik – Liberalisierungsgrad 218 – Menschenrechtsklauseln 155, 160, 173 – Menschenrechtssituation 173 – Stabilitäts- und Kooperationsabkommen 66 – Übergangsfristen 236 Mehrheit, absolute 151 Meistbegünstigungsprinzip – als Grundprinzip des GATT 38–39 – als Prinzip des GATT 48, 193 – Ausnahmen 40–42, 49 – Extra-EG-Handel 59 – historisch 24, 27–28, 30, 33 – im Freihandelsnetzwerk ab 1860 27, 57 Menschenrechte, allgemeine Erklärung der 150, 154–156

MERCOSUR 54, 57, 61, 70, 197–198, 224 Merkantilismus 25 Methuen-Vertrag 25 Mexiko – Art. V GATS 245–246 – Assozierungsähnliches Abkommen 107 – Direktwirkung 131 – Gemischter Rat 105, 111 – im NAFTA 52, 54–56, 59 – Interimsabkommen 100, 161 – Kooperationsabkommen 61, 69–70, 95, 105 – Liberalisierungsgrad 217 – Menschenrechtsklauseln 69, 153, 157, 159, 164, 170, 175 – Menschenrechtssituation 171–172 – Übergangsfristen 236 Mittelmeerabkommen 50, 56, 67–68, 70, 74, 154, 172, 237 Mittelmeerkonferenz 67 Mittelmeerstaaten, Menschenrechtssituation 173 Mittelmeerunion 68

Menschenrechtsklauseln 159 – als Grundlage für eine Suspendierung 144 – Anwendungsfälle 174–175 – Entstehung 149–153 – im Abkommen mit Chile 142 – im Abkommen mit der Türkei 154 – im Abkommen mit Mexiko 69 – in den Mittelmeerabkommen 154

NAFTA 46, 49, 52–54, 59, 61, 69, 245 Neuseeland 153 Nicaragua 56, 192 Nicht-Einmischung, Prinzip der 149, 156 Nichterfüllungsklauseln 137, 140–141, 156 non-tariff-barriers 62

– in gemischten Abkommen 159 – Politik der EU 177–178, 180 – Rechtsgrundlagen 159–166, 169, 185 – Suspendierung 156 Menschenrechtssituation, Länderberichte 180

OAS 151 Organization for Trade Cooperation 36 OSZE 152, 155 other restrictive regulations of commerce 201, 209–210, 212, 220–222, 227–230, 232–235

Sach- und Personenregister Pacific Free Trade Area 49 Palästinensische Selbstverwaltungsbehörde – Interimsabkommen 68, 100 – Menschenrechtssituation 179 – Übergangsfrist 237 Pariser Charta für ein neues Europa 152, 155, 171 Präferenzsystem, allgemeines 37, 41–42, 62, 195 Protektionismus 29, 31, 33–34, 36, 43–44, 60, 68 quantitative restrictions 197, 230, 232 reasonable length of time 189, 235 Rechtspersönlichkeit der EG 73, 97 Reciprocal Tariff Act 33, 35 Regionalismus – alter 50–51, 56, 58, 60, 65 – neuer 50–52, 54, 58, 60–61, 205 Relative Margin of Preference 216–217 Reparationszahlungen 31 Ricardo, David 25 Ricardo-Theorem 26 Roosevelt, Franklin D. 32, 34 Rules Negotiations Group 215–216, 230 Russland 177–178 Safeguards Agreement 197–198 San Marino – Assozierungsähnliches Abkommen 107 – Bindungsklausel, fehlende 121 – Direktwirkung 131 – Kooperationsabkommen 62, 64, 67, 78, 95, 104–105 – Kooperationsausschuss 111–112 – Menschenrechtsklauseln, Fehlen von 153, 231 – Streitbeilegung 106

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Schlussakte von Helsinki 152, 155, 171 Schutzklauseln 129, 225 Schwarzer Freitag 30 Schweiz 83, 217 – Antidumping- und Schutzmaßnahmen 225 – Freihandelsabkommen 65 – Gemischter Ausschuss 111–112 – in der EFTA 63 – Menschenrechtsklauseln, fehlen von 153 Security Exceptions 223 Shallow integration 61 Simbabwe 177–178 Singapur 56, 61 Smith, Adam 25 Smoot-Hawley-Zollgesetz 32 Streitbeilegungsmechanismus 129, 190 Streitbeilegungsorgane 187, 191, 232 substantially all the trade 189, 201, 204, 207, 209–220, 222, 224, 229, 234, 244 substantially the same duties and other regulations of commerce 201, 209, 212–213, 232 Südafrika – Bindungsklausel, fehlende 121 – Kooperationsabkommen 61, 63, 70, 85, 103, 169 – Kooperationsrat 111 – Menschenrechtsklauseln 157, 164 – Menschenrechtssituation 150, 173 – Streitbeilegung 157 – Übergangszeit des Abkommens 237 – vorläufige Anwendung des Abkommens 109, 161 – Zollunion mit Rhodesien 189 Südkorea 61 Suspendierung 136–137, 139–144, 149–152, 158–159, 165, 167, 170 Syrien

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Sach- und Personenregister

– historisches Abkommen 50 – Menschenrechtssituation 179 – Mittelmeerabkommen 68 Teilsuspendierung 139–144 Thailand 58 Togo 178 trade diversion 55, 189, 207 Treu und Glauben, Grundsatz von 92, 125, 129 TRIPS 37, 40, 80, 96, 126 Truman, Harry 35 Tunesien 48, 50, 116, 154, 237 – Menschenrechtssituation 179 – Mittelmeerabkommen 68 Türkei – Anti-Dumping Maßnahmen 225 – Assoziationsabkommen 48, 62–64 – Assoziationsrat 115, 119 – Internes Abkommen der Gemeinschaft 144 – Liberalisierungsgrad 218 – Menschenrechtsklauseln, Fehlen von 153 – SAT-Problem 215 – Suspendierung 144 – Zollunion 114 Übergangsfristen 236 Uganda 149 Unmittelbare Geltung der Gemeinschaftsabkommen 126–128, 130–131, 133 Uruguay-Runde 37, 39, 53

Verantwortlichkeit – gemeinsame 121–122, 124 – geteilte 124 Vereinte Nationen 34, 89, 148–150, 154, 164, 185 Verfassungsvertrag 183 Vertrag von Amsterdam 80 Vertrag von Lissabon 184–186 Vertrag von Maastricht 166 Vertrag von Nizza 80, 82, 96, 99–100, 113 Vertrauensschutz 92 Vetorecht, faktisches 86, 96 vorläufige Anwendung 94, 110, 159–161, 236 Waiver 41–42, 62, 188, 193, 195, 201 Weltbank 34 Welthandelsrecht 226 Wesentlichkeitsklauseln 152, 154–156, 158, 165 Wilcox, Clair 32 WTO – Schutzmaßnahmen für Schuhe-Fall 197–198, 200, 202, 224 – Türkei-Textil-Fall 196–197, 207, 212–213, 215, 219–221, 226, 230, 232–234 Yaoundé, Abkommen von 128, 148–149, 190, 222 Zusammenarbeitspflicht 140