118 92 50MB
German Pages 572 [573] Year 2003
ALEXANDER SCHÄFER
Öffentliche Belange im Auftragswesen und Europarecht
Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Herausgegeben von Thomas Oppermann in Gemeinschaft mit Heinz-Dieter Assmann, Burkhard Heß Kristian Kühl, Hans v. Mangoldt Wernhard Möschel, Martin Nettesheim Wolfgang Graf Vitzthum, Joachim Vogel sämtlich in Tübingen
Band 63
..
Offentliehe Belange im Auftragswesen und Europarecht
Von Alexander Schäfer
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.ddb.de > abrufbar.
D21 Alle Rechte vorbehalten
CD 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7654 ISBN 3-428-10990-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Meinen Eltern
Vorwort ,,Alles fließt." Heraklits Erkenntnis vor 2500 Jahren wird heute im öffentlichen Auftragswesen eindrucksvoll bestätigt. Das deutsche und europäische Vergaberecht entwickelte sich auch nach Einreichung meiner Dissertationsschrift bei der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen im November 2001 rasant weiter, so dass für ihre Veröffentlichung etliche Neuerungen zu berücksichtigen waren und ein günstiges Erscheinungsdatum abzupassen war. Der Europäische Gerichtshof hat sich am 17. September 2002 zur Vereinbarkeit von Umweltkriterien mit den europäischen Vergaberichtlinien geäußert. Die Entscheidung wurde in die vorliegende Arbeit noch mit aufgenommen, so dass die für das Thema grundlegenden Urteile Beentjes und Nord-Pas-de-Calais nun um Concordia Bus ergänzt wurden. Daneben behandelt die Arbeit auch den aktuellen Stand der Überarbeitung der europäischen Vergaberichtlinien und das gescheiterte deutsche Tariftreuegesetz. Der Text wurde im Oktober 2002 abgeschlossen. Dank schulde ich meinem Doktorvater und ehemaligenVorgesetzten Professor Dr. Dr. h.c. Günter Püttner für den Freiraum, den er mir für die Arbeit an der Dissertation eingeräumt hat, sowie für die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Herrn Professor Dr. Martin Nettesheim danke ich für das nicht minder rasche Zweitgutachten und Herrn Professor Dr. Thomas Oppermann für die Aufnahme in die Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht. Ein besonderer Dank geht an Herrn Assessor Dr. Johannes Rux für die häufige und zeitintensive Unterstützung bei der Computertechnik und Layout-Gestaltung. Dankenswerte technische Hilfe leistete auch Frau Rosi Croizier. Dem Team der Tübinger Seminarbibliothek, insbesondere Frau Sigrid Lattemann, danke ich für die Unterstützung bei der Literaturbeschaffung. Frau Assessorin Karin Günther möchte ich schließlich dafür danken, dass sie im Juristen immer wieder den Menschen geweckt hat.
Bonn, im Juli 2003
Alexander Schäfer
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
I. Teil
Beschaffung und öffentliche Belange
38
1. Kapitel: Einführung ins öffentliche Auftragswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
A. Abgrenzungen.. . . ..... .... . ......... . ..... .. . . .............. . .
38
B. Öffentliche Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
C. Die wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
D. Der rechtliche Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren.... . ............ . .. . ..
47
A. Freier Wettbewerb versus öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
B. Begriff der "vergabefremden Kriterien" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
C. Die Berücksichtigung öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Legitimität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . li. Die Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Praktikabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anknüpfungspunkte im Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Verfahrensablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . li. Die Regelungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 51 53 56 56 56 58
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften . . . . . . . . .
60
A. Überblick über die Vorschriftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
B. Zusammenstellung der öffentlichen Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Soziale und beschäftigungspolitische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Bevorzugte Bevölkerungsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Justizvollzugsanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausbildungsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschäftigung von ABM-Kräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Frauenförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anwendung von Tarifvertragsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61 62 62 70 71 73 75 79
10
Inhaltsverzeichnis 7. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Nichtabführen von Sozialbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sonstige arbeits-und sozialrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ökologische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Strukturpolitische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mittelstandsforderung . ............... . .. . ............ . .... 2. Regionalforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Wirtschaftsethische Ziele und der Schutz vor schädlichen Geschäftspraktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wettbewerbsbeschränkendes und unlauteres Verhalten . . . . . . . . . . . 2. Vertraute und bewährte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontakte zu Scientology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Exkurs: Geltung flir die öffentlichen Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.
Die Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unmittelbare Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unmittelbare Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare Landesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Selbstverwaltungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Personen des Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mittelbare Verbindlichkeit. . . .. . ......... . . ... . . . . ... . .... . .. .
87 89 93 94 I0 I 101 109 114 114 120 120 124 124 126 126 126 128 134 136 136
2. Teil Anforderungen der Vergaberichtlinien
140
I. Kapitel: Überblick und historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
140
2. Kapitel: Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
A. Ziele und Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
I.
Allgemeine Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundsatz der Gleichbehandlung . .......... . .. .. ... ....... .. .. . III. Grundsatz der Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 146 147
B. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich . . ....... . .. ...... . .. .
147
C. Sonderfall öffentlicher Personenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150
D. Unmittelbare Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
152
E. Berücksichtigungsfähigkeit öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157
3. Kapitel: Einzelbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159
A. Teilnahme am Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159 159
I.
Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhaltsverzeichnis II. Eingrenzung des Bieterkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Wortlaut der Vergaberichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulässige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zulässige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Abschließender Katalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweck der Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtskräftige Verurteilung und schwere Verfehlung . . . . . . . . . . . . a) Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dauer des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahrensübergreifende und koordinierte Auftragssperren . . . . . 5. Falsche Erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Befähigung zur Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fachliche Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Niveau der Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfbare Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . ( 1) Bezug zur Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anforderungen von Gesetz und Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . (3) Relative Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( 4) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Technische Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Niveau der Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfbare Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( l) Schranken formeller Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schranken materieller Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verhältnis zum Katalog der Nachweise... . .. . . . ... ... (b) Bezug zu Leistungsfähigkeit und Auftragsgegenstand . . . (c) Sozialkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Umweltkompetenz und Umweltmanagementsysteme . . . . (e) Andere Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Darüber hinausgehende fachliche Eignung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Liefer- und Bauaufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstleistungsaufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II 160 160 161 163 165 166 166 166 168 170 171 171 175 176 176 179 180 181 181 182 182 184 184 185 187 187 189 189 189 190 190 190 192 192 192 193 193 194 196 196 197 198
12
Inhaltsverzeichnis 4. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Angabe der Nachweise und Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Technische Spezifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Legaldefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festsetzung des Leistungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gestalterische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorgabe technischer Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bezugnahme auf Normen, Zulassungen und Spezifikationen .. . . .. . 2. Eigene Definition durch Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorgabe von Grundstoffen und Ausgangsmaterialien . . . . . . . . . . . . 4. Vorgaben an das Produktionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bezugnahme auf Umweltzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Leistungs- und Funktionsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verbot bestimmter Verweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Änderungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
199 201 202 202 202 202 204 204 204 206 207 208 209 209 210 212 214 214
E. Verpflichtungen im Hinblick auf Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 217 218
F. Zuschlagskriterien und Ausführungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmungen der Vergaberichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Angabe der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ungewöhnlich niedrige Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausführungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Urteil Beentjes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zusammenfassung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Herkömmliches Verständnis der Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigungsfähige Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptleistung und Leistungspaket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anschaffungs- und Folgekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftlich quantifizierbare und ideelle Vor, und Nachteile . . d) Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten . . . . . . . (I) Betriebswirtschaftliche Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Volkswirtschaftliche Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 219 219 219 220 223 226 226 229 231 231 235 236 236 237 237 237 238 239 239 241
Inhaltsverzeichnis 3. Bevorzugungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitpunkt der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Herkömmliches Verständnis der Ausführungsbedingungen . . . . . . . . . . I. Ausführungsbedingungen als dritte Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Argumente gegen die Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente ftir die Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine verdeckten Eignungs- oder Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . 4. Bezug zur Auftragsausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Urteil Nord-Pas-de-Calais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlussanträge des Generalanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Urteil des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Eigene Bewertung. . .... . . .. ....... . . . ... . ... . . . . . . . . .. .. . a) Mögliche Widersprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Formelle und/oder materielle Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zum Urteil Beentjes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haupt- und Zusatzkriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die doppelte Bedeutung der Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . . f) Versuch einer Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Urteil Concordia Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlussanträge des Generalanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Urteil des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausführungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Losweise Vergabe.. . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 243 244 245 245 248 248 250 252 253 255 257 257 259 260 261 262 262 263 264 265 265 266 267 267 269 272 274 276 276 278 279
4. Kapitel: Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
3. Teil
Anforderungen des EG-Vertrags I. Kapitel: Grundzüge A. Ziele und Aufgaben der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
285 285 285
B. Anwendung auf öffentliche Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 C. Verhältnis zu den Vergaberichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
14
Inhaltsverzeichnis D. Ausscherrechte von den Vergaberichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
2. Kapitel: Die Marktfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 A. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Innerstaatliche und grenzüberschreitende Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . B. Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbotene Maßnahmen . .................. . ............ . .. . 2. Eignung zur Handelsbehinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Neu geschaffene Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hinreichende Substanziierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bagatellaufträge . ..... . ........... . ... . . d) Bevorzugungen im weiteren Sinne .. .. ... . . .. .. II. Einschränkung durch die Keck-Rechtsprechung .... 1. Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ,,Ankaufsmodalitäten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufgreifen von Vorgaben des EG-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beispiele der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Subsumtion .. . .. . ... . .. . ....... . ... 2. Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensbeteiligung .. . ....... . ....... . ..... 0...... . .. .. . a) Prüfungsmaßstab . .. . ........... . ..... b) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Festsetzung des Leistungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stärkere Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsprechung des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berücksichtigung öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Exkurs: Richtlinien über Wareneigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Richtlinien zur technischen Harmonisierung und Normung . . (2) Richtlinien über Umwelteigenschaften von Kraftfahrzeugen . III. Zwingende Erfordernisse nach der Cassis-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Voraussetzungen .. a) Erfordernisse im eigenen und fremden Interesse . . . . . . . . . . . . . . ( 1) Ansichten der europäischen Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . o •••••••••• •
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Inhaltsverzeichnis
15
b) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 (I) Prüfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 (2) Allgemeine Aussagen zum Auftragswesen . . . . . . . . . . . . . . . 341 2. Die einzelnen zwingenden Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 a) Sozialpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 (I) Tarifvertragliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 (2) Erhaltung der Systeme der sozialen Sicherheit . . . . . . . . . . . . 345 (3) Frauenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (4) Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 (5) Benachteiligte Personengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Regionalforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mittelstandsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Lauterkeit des Handelsverkehrs und unverfälschter Wettbewerb . f) Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einschränkung entsprechend der Keck-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . I. Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragbarkeit der Keck-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Festsetzung des Leistungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen zwingenden Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sozialpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Tarifvertragliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erhaltung der Systeme der sozialen Sicherheit . . . . . . . . . . . . (3) Frauenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
348 350 351 354 356 360 362 362 363 365 365 366 366 366 368 372 373 373 374 374 375 375 376 380 380
(4) Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Benachteiligte Personengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regionalforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regionale kulturelle Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MittelstandsfOrderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lauterkeit des Handelsverkehrs und unverfälschter Wettbewerb .
380 380 381 381 381 382 382
b) c) d) e) f)
16
Inhaltsverzeichnis g) Schutz der Empfanger von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 h) Öffentliche Ordnung und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 IV. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 84 D. Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung von Zugangs- und Ausübungsbeschränkungen . . . . . . . III. Zwingende Gründe und Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
385 385 386 388
E. Arbeitnehmerfreizügigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung von Zugangs- und Ausübungsbeschränkungen . . . . . . . I. Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswahlkriterien.... . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensbeteiligung und Festsetzung des Leistungsgegenstandes . III. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Langzeitarbeitslose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Frauenförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exkurs: Gleichbehandlungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
388 388 389 390 391 392 392 392 393 393 396 396
3. Kapitel: Allgemeines Diskriminierungsverbot.... . .. . .. . ........ . ... . .. . 401 A. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I. II. III. IV.
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskriminierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 I 401 402 404 405
B. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 4. Kapitel: Unerlaubte staatliche Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 A. Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 I. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 li. Keine unmittelbare Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 B. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ansichten zum öffentlichen Auftragswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich von Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ermittlung des Marktwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Sachverständigengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bietverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhalten eines privaten Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
411 413 414 415 416 417 417 418 420 421
Inhaltsverzeichnis III. IV. V. VI.
Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus staatlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenstaatliche Handelsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die verschiedenen Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. De-minimis-Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Legalausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Teilung Deutschlands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verkehrsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ermessensausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regionalbeihilfen für Ziel-I-Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse . . . . . . . . . . . . 4. Beträchtliche Wirtschaftsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige und -gebiete . . . . . . . . . . . a) Regionalbeihilfen für weitere Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sektorale Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Horizontale Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Ausbildungsbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kleine und mittlere Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 422 423 423 426 426 428 430 430 430 432 434 434 435 437 437 438 439 439 440 441 442
(3) Umweltschutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 (4) Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 (5) Beschäftigungsbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 (6) Unternehmen in Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Benachteiligte Stadtviertel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kulturförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Sonstige Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
446 447 447 448 448
5. Kapitel: Wettbewerbsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 A. Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unmittelbare Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftliche Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unternehmensvereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kartellmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarungen zwischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Indizien flir eine Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
451 451 452 452 452 454 455 457 457 459 461
18
Inhaltsverzeichnis (2) Indizien gegen eine Abstimmung (a) Keine Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vernünftige Reaktion auf Marktbedingungen . . . . . . . . . . (c) Vernünftige Reaktion auf öffentliche Belange . . . . . . . . . 3. Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bezwecken oder Bewirken einer Wettbewerbsbeeinträchtigung . . . . a) Wettbewerbsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Einschränkung der geschäftlichen Handlungsfreiheit . . . . . . . (2) Künstliche Änderung der Wettbewerbslage. . . . . . . . . . . . . . . b) Bezwecken oder Bewirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) WettbewerbsfOrdernde Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beispielstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Festsetzung der An- oder Verkaufspreise . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Festsetzung von Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Unterschiedliche Bedingungen gegenüber Handelspartnern . . e) Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Ausschluss vom Vertragsschluss... .. . . ...... . ..... . ... (a) Verhinderung unlauteren Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . (b) Dem Leistungswettbewerb verpflichtetes Beschaffungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ordnungsgemäßes Funktionieren der Geschäftstätigkeit. . (2) Vorgaben an das geschäftliche Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Nennenswerter Wettbewerb unmöglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unausweichliche Folge staatlicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . 5. Handelsbeeinträchtigung zwischen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . 6. Spürbarkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Marktanteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bündel gleichartiger Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . V. Übertragbarkeit der Cassis-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Missbrauchsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beherrschende Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Relevanter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Definition der beherrschenden Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Marktanteile und weitere Indizien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Öffentliche Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Absolute und relative Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kollektive beherrschende Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
462 462 463 464 466 466 466 467 468 469 471 473 473 475 478 478 479 480 482 482 484 486 486 486 487 489 491 491 492 494 497 500 501 501 50 I 504 505 505 507 508 511
Inhaltsverzeichnis
19
II. Wesentlicher Teil des Gemeinsamen Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Missbräuchliche Ausnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unausweichliche Folge von Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispielstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erzwingung unangemessener Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . (I) Legitime Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
513 514 514 517 518 518 518 519
(a) Eigene Geschäftsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) WettbewerbsfOrdernde Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Arbeitsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Vertragsstrafenversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Unteraufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Scientology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einschränkung von Erzeugung, Absatz, technischer Entwicklung . d) Unterschiedliche Bedingungen gegenüber Handelspartnern . . . . . 4. Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschäftsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Behinderung mit Ausschluss vom Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . c) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Tariftreueerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausbildungsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Regionalförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . {4) Schädliches Geschäftsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Handelsbeeinträchtigung zwischen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . V. Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse . . . . . . . . . . . . . . .
519 519 523 524 524 525 526 527 527 527 528 528 528 529 529 530 530 531 531 531 532 533 533
C. Verbot vertragswidriger Maßnahmen in Bezug auf öffentliche und monopolartige Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Öffentliche und monopolartige Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorschreiben, Erleichtern oder Verstärken von Kartellabsprachen . . 2. Einräumen einer wirtschaftlichen Machtstellung . . . . . . . . . . . . . . . . D. Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
534 534 535 536 537 538 539
E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 I. Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
20
Inhaltsverzeichnis II. Missbrauchsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 III. Sonstige an die Mitgliedstaaten gerichtete Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
Abkürzungsverzeichnis 1 a.A. a.a.O. Abänd. AbfAG AbfAIG Abtu AbfWG abgedr. ABI.
ABM
Abs. Abschn. AdR AEntG a.F. AG AK ALB All MB I. a.M. amtl. Amtsbl. ANBA ANBest Anh. An I. Anm. AO AöR ArbSchG ArbSichG Art. AÜG Aufl.
andere Ansicht am angegebenen Ort Abänderung Abfall- und Altlastengesetz Abfall- und Altlastengesetz Abfallgesetz, Abfallwirtschaftsgesetz Abfallwirtschaftsgesetz abgedruckt Amtsblatt Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Absatz Abschnitt Ausschuss der Regionen Arbeitnehmer-Entsendegesetz alter Fassung Aktiengesellschaft, Ausführungsgesetz Alternativkommentar Allgemeine Liefer- und Zahlungsbedingungen Allgemeines Ministerialblatt amMain amtlich Amtsblatt Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen Anhang Anlage Anmerkung Anordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsschutzgesetz Arbeitssicherheitsgesetz Artikel Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auflage
1 Sofern im Text Abkürzungen verwendet wurden, die hier nicht erklärt werden, wird auf das Abkürzungsverzeichnis der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) und Hildeberl Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, Berlin, 4. Aufl. 1993, verwiesen.
22 AV AWG
Az. b. B-
BAnz. BauR BauVG Bay., bay. BayVBI. BB Bbg., bbg. Bd. Bearb. BEG Begr. Beil. Bek. ber. Beschl. Best. betr. BGB BGBI. BGH BGHZ BHO BJDCP BKartA BKR BliwaG Bin., bin. BLR BM BP-RL BRAGO BR-Drs. Brem., brem. BRöA BT-Drs. BT-Prot. Buchst. BVerfG BVerfDE BVerwG BVerwGE
Abkürzungsverzeichnis Ausführungsvorschriften Abfallwirtschaftsgesetz Aktenzeichen bei BundesBundesanzeiger Baurecht (Zeitschrift) Bauaufträge-Vergabegesetz Bayern, bayerisch Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Brandenburg, brandenburgisch Band Bearbeiter(in) Bundesentschädigungsgesetz Begründer(in), Begründung Beilage Bekanntmachung berichtigt Beschluss Bestimmung betreffend Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Bulletin Juridique Des Cantrats Publies Bundeskartellamt Baukoordinierungsrichtlinie Blindenwarenvertriebsgesetz Berlin, Berliner Bauliberalisierungsrichtlinie Bundesministerium Bauproduktenrichtlinie Bundesgebührenordnung fllr Rechtsanwälte Bundesrats-Drucksache Bremen, bremisch Bevorzugtenrichtlinien für öffentliche Aufträge Bundestags-Drucksache Bundestags-Protokoll Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
Abkürzungsverzeichnis BVFG BW,bw. bzw. ca. CCAP CDU CE CEE CMLRev. CPV
csu
d. D. dB DB DDR ders. d.h. dies. Diss. DKR DM DÖV Dr. Drs. DVA DVAL DVBI. EAG EAS EC ECU EG EGKS EGV EG-Vertrag Einf. Ein I. einschl. E.L.Rev. EMAS
23
Bundesvertriebenengesetz Baden-Württemberg, baden-württembergisch beziehungsweise circa cahier des clauses administratives particulieres (besondere Vertragsbedingungen) Christlich Demokratische Union Deutschlands Communaute Europeenne (Europäische Gemeinschaft), Conformite Europeenne (Europäische Konformität) Communaute Economique Europeenne (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) Common Market Law Review Gemeinsames Vokabular flir öffentliche Aufträge Christlich-Soziale Union der Recueil Dalloz Sirey Dezibel Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik derselbe das heißt dieselbe(n) Dissertation Dienstleistungsrichtlinie Deutsche Mark Die öffentliche Verwaltung Doktor Drucksache Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss flir Bauleistungen (früher: Deutscher Verdingungsausschuss flir Bauleistungen) Deutscher Verdingungsausschuss flir Leistungen Deutsches Verwaltungsblatt Europäische Atomgemeinschaft Europäisches Arbeits- und Sozialrecht European Community (Europäische Gemeinschaft) European Currency Unit (Europäische Währungseinheit) Europäische Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft flir Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einflihrung Einleitung einschließlich European Law Review Gemeinschaftssystem flir das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung
24 endg. Entsch. EP Erg. Erg.lfg. Erl., erl. ERP Erw.grd. ESVGH EU EuG EuGH EuR EUV EU-Vertrag EuZW e.V. EWG EWGV EWiR
EWR
EWS
f.
F.A.Z. F.D.P. ff. FFV Fn. FrauFöV FrFG FuE g G
GA GAB I. GATI GBI. Gde. geänd. gern. GemHVO GemO
Abkürzungsverzeichnis endgültig Entscheidung Europäisches Parlament Ergebnis Ergänzungs) ieferung Erlass, erlassen European Recovery Program (Europäisches Wiederaufbauprogramm) Erwägungsgrund Entscheidungssammlung des Hess. Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs BW Europäische Union Europäisches Gericht erster Instanz Europäischer Gerichtshof Europarecht (Zeitschrift) Vertrag über die Europäische Union Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgender Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei folgende Frauenfdrderverordnung Fußnote Frauenforderverordnung Frauenfördergesetz Forschung und Entwicklung Gramm Gesetz Generalanwalt Gemeinsames Amtsblatt General Agreement on Tariffs and Trade (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) Gesetzblatt Gemeinde geändert gemeinsam Gemeindehaushaltsverordnung Gemeindeordnung
Abkürzungsverzeichnis GewArch. GewO GG
GK
GleichG GmbH GMBI. GO GPA grds. GRURint. Gült. GVBI. GVOBI. GWB Gz. Habil. HdWW Hess., hess. HGrG
HK
Hmb.,hmb. HO HOAI Hrsg. HS. HStR i.d.F. i.d.R. i.e.S. IG ILO insbes. i.S. i.S.d. ISO i.V.m. i.w.S. JA J.D.l. Jur. JuS JZ
25
Gewerbearchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gemeinschaftskommentar Gleichstellungsgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Gemeindeordnung Government Procurement Agreement (Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen) grundsätzlich Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Gültigkeit Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Geschäftszeichen Habilitation Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft Hessen, hessisch Haushaltsgrundsätzegesetz Handkommentar Hamburg, hamburgisch Haushaltsordnung Honorarordnung flir Architekten und Ingenieure Herausgeber(in) Halbsatz Handbuch des Staatsrechts in der Fassung in der Regel im engeren Sinne Industriegewerkschaft International Labour Organization (Internationale Arbeits-Organisation) insbesondere im Sinne im Sinne des/der Internationale Standardisierungs-Organisation in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Ausbildung Journal du Droit International Jurisprudence Juristische Schulung Juristenzeitung
26 KtbG Kfz KG KMU KO Korn. KommHV KR krit. KrO KrW-/AbfG kWh LLGG LHO Lit. LKO LKR LKrO LKV LLR LO L.Quart.Rev. LSA LT-Drs. LT-Prot. LVerf. MA MBau MB!. MF MFG,MfG MG MI MinBI. MinBlFin. Mio. Mitt. MittVw. MJ ML MOE Mon. TP Mrd. MRöA
Abkürzungsverzeichnis Kriegsfolgenbereinigungsgesetz Kraftfahrzeug(e) Kammergericht kleine und mittlere Unternehmen Kommunalordnung Europäische Kommission Kommunalhaushaltsverordnung Koordinierungsrichtlinie kritisch Kreisordnung Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Kilowattstunde Land(es)Landesgleichstellungsgesetz Landeshaushaltsordnung Literatur Landkreisordnung Lieferkoordinierungsrichtlinie Landkreisordnung Landes- und Kommunalverwaltung Lieferliberalisierungsrichtlinie Landkreisordnung The Law Quarterly Review Sachsen-Anhalt Landtags-Drucksache Landtags-Protokoll Landesverfassung Arbeitsministerium Bauministerium Ministerialblatt Finanzministerium Mittelstandsförderungsgesetz Gesundheitsministerium Innenministerium Ministerialblatt Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen und des Bun desministers flir Wirtschaft Million(en) Mitteilung Mitteilungen flir die Verwaltung Justizministerium Landwirtschaftsministerium Mittel- und Osteuropa Moniteur des Travaux Publies et du Bätiment Milliarde(n) Mittelstandsrichtlinien öffentliche Aufträge
Abkürzungsverzeichnis MS MSp. MU MV,mv. MVg. MVk. MWi. m.w.N. Nds., nds. n.F. NJW No. Nr. NRW,nrw. NStZ NuR NVwZ NVwZ-RR o.D. o.g. o.J. OVG OWiG PE P.P.L.R. Prot. RdErl. RechtsVO Reg. RIW RL Rlp.,rlp. RMC RMR RMSKR
Rn.
Rs. RzW s.
s.
SaAnh., saanh. Saarl., saarl. Sachs., sächs. SchlH, schlh. SchwarbG SchwbG
Sozialministerium Sportministerium Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommem, mecklenburg-vorpommerisch Verteidigungsministerium Verkehrsministerium Wirtschaftsministerium mit weiteren Nachweisen Niedersachsen, niedersächsisch neuer Fassung Neue Juristische Wochenschrift numero (Nummer) Nummer Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfalisch Neue Zeitschrift flir Strafrecht Natur und Recht Neue Zeitschrift flir Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungsreport Verwaltungsrecht ohne Datumsangabe oben genannt ohne Jahresangabe Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Parlement Europeen (Europäisches Parlament) Public Procurement Law Review Protokoll Runderlass Rechtsverordnung Regierung Recht der internationalen Wirtschaft Richtlinie Rheinland-Pfalz, rheinland-pfalzisch Revue du Marche Commun et de I'Union Europeenne Rechtsmittelrichtlinie Rechtsmittelsektorenrichtlinie Randnummer Rechtssache Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht siehe Seite Sachsen-Anhalt, sachsen-anhaltinisch Saarland, saarländisch Sachsen, sächsisch Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch Schwarzarbeitsgesetz Schwerbehindertengesetz
27
28
SchwbWV SGB SKR Slg. s.o.
so
sog. Somm. SPD SSW StabG StAnz. StB StGB StM StPO StReg. s.u.
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SZR Tab. Thür., thür. TO TVG u. u.a. UAbs. UE UN
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u.U. UWG v. VBlBW Verf. ver!. VerwArch. VgG VGH vgl. VgRÄG VgV VHB VkBI.
Abkürzungsverzeichnis Werkstättenverordnung Schwerbehindertengesetz Sozialgesetzbuch Sektorenrichtlinie Sammlung siehe oben Scientology-Organisation sogenannt Sommaire Sozialdemokratische Partei Deutschlands Südschleswigscher Wählerverband Stabilitätsgesetz Staatsanzeiger Straßen- und Brückenbau Strafgesetzbuch Staatsministerium Strafprozessordnung Staatsregierung siehe unten Süddeutsche Zeitung Sonderziehungsrecht(e) Tabelle Thüringen, thüringisch Tagesordnung Tarifvertragsgesetz und und andere Unterabsatz Union Europeenne (Europäische Union) United Nations (Vereinte Nationen) Umwelt- und Planungsrecht Urteil United States (Vereinigte Staaten) unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Verwaltungsblätter Baden-Württemberg Verfassung verlängert Verwaltungsarchiv Vergabegesetz Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vergaberechtsänderungsgesetz Vergabeverordnung Vergabehandbuch Verkehrsblatt
Abkürzungsverzeichnis
vo
VOB VOB/A VOB/8 VOF VOL VOLIA VOL/8 Vorb. vor!. VÜA
vv
Vw. VwV VwVfG WiGBI. WiVerw. WRP WSA WTO WuW WuW/E WVMBI.
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29
Verordnung Verdingungsordnung flir Bauleistungen Verdingungsordnung flir Bauleistungen Teil A Verdingungsordnung flir Bauleistungen Teil B Verdingungsordnung flir freiberufliche Leistungen Verdingungsordnung ftir Leistungen Verdingungsordnung flir Leistungen Teil A Verdingungsordnung flir Leistungen Teil B Vorbemerkung vorläufig Vergabeüberwachungsausschuss Verwaltungsvorschrift Verwaltung Verwaltungsvorschrift Verwaltungsverfahrensgesetz Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirtschaft und Verwaltung Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschafts- und Sozialausschuss World Trade Organization (Welthandelsorganisation) Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb Entscheidungssammlung Amtsblatt des Bay. Staatsministeriums flir Wirtschaft und Verkehr Werkstättenverordnung zum Beispiel Zeitschrift flir deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen zuletzt Zusätzliche Vertragsbedingungen
Einleitung Die öffentliche Hand deckt ihren Bedarf an Waren, Bauwerken und Dienstleistungen, indem sie öffentliche Aufträge vergibt. Hinzu kommen die sog. Sektorenauftraggeber in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Telekommunikation. Zusammen vergeben sie in Deutschland jährlich Aufträge im Wert von über 200 Mrd. €. Europaweit beträgt die Auftragssumme über 1.000 Mrd. €, was rund 14% des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Bei ihren Beschaffungen vergisst die öffentliche Hand nicht ihre öffentlichen Aufgaben: "Man darf sich den Staat, der öffentliche Aufträge vergibt, nicht als Beamten vorstellen, der nach Feierabend in das Privatleben untertaucht und dort als Hobby möglicherweise Catch-as-catch-can betreibt." 1 Die öffentlichen Auftraggeber verfolgen häufig nicht einfach nur das Ziel, ein benötigtes Wirtschaftsgut zu einem möglichst günstigen Preis zu erlangen, sondern versuchen, darüber hinaus auch soziale, ökologische, strukturpolitische und wirtschaftsethische Belange zu berücksichtigen. Im Einzelnen können als soziale und beschäftigungspolitische Ziele genannt werden die Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen (Vertriebene, Spätaussiedler, Verfolgte, Werkstätten fiir behinderte Menschen und Blindenwerkstätten), die Auftragsvergabe an Justizvollzugsanstalten, die Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben, die Frauenf6rderung, die Anforderung einer Tariftreueerklärung, die Beschäftigung von ABM-Kräften, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die Bekämpfung der Schwarzarbeit, der illegalen Beschäftigung und des Nichtabflihrens von Sozialbeiträgen sowie die Einhaltung sonstiger arbeits-und sozialrechtlicher Pflichten. Die ökologischen Ziele betreffen die umweltfreundliche Beschaffung, die Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen und die Bevorzugung von Betrieben mit besonders umweltfreundlicher Produktionsweise. Als strukturpolitische Ziele sind die Mittelstandsf6rderung, die Regionalforderung und die Bevorzugung ortsansässiger Unternehmen zu nennen. Wirtschaftsethischen Zielen und dem Schutz vor schädlichen Geschäftspraktiken dienen die Bekämpfung von wettbewerbsbeschränkendem und unlauterem Verhalten, die Erklärung der Nichtzugehörigkeit zu Scientology und möglicherweise auch der Rückgriff auf vertraute und bewährte Unternehmen. 1
Lange, S. 74.
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Einleitung
Wollen die öffentlichen Auftraggeber die genannten öffentlichen Belange bei der Auftragsvergabe berücksichtigen, werden sie hierbei aber durch zahlreiche Rechtsvorschriften eingeschränkt. Auf internationaler Ebene wurde im Rahmen der Welthandelsorganisation ein Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen abgeschlossen. Im Europarecht machen die sog. Vergaberichtlinien detaillierte Vorgaben an das Vergabeverfahren und muss außerdem der EG-Vertrag hinsichtlich der Marktfreiheiten, staatlichen Beihilfen und Wettbewerbsvorschriften beachtet werden. In Deutschland ist das Vergaberecht im vierten Teil des GWB und in den Verdingungsordnungen geregelt und dürfen haushalts-und kartellrechtliche Bestimmungen nicht verletzt werden. Diesen Vorschriften ist gemeinsam, dass sie von der Vergabeentscheidung möglichst alle Einflüsse, die nicht ausschließlich dazu dienen, die preisgünstigste und zuverlässige Beschaffung sicherzustellen, fernhalten wollen. Sie stellen damit allein auf die Versorgungsfunktion des öffentlichen Auftrags ab. Diese besteht darin, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu sichern, indem die Verwaltung diejenigen Sachmittel und Leistungen beschafft, die sie zur Erfüllung ihrer bestimmungsgernäßen Aufgaben benötigt. DerWettbewerb zwischen den Bietern um den öffentlichen Auftrag soll hierbei möglichst frei und unbeeinflusst ablaufen. Demgegenüber erfüllt die Berücksichtigung öffentlicher Belange eine Instrumentalfunktion. Versorgungs- und Instrumentalfunktion der Beschaffung stehen somit in einem Spannungsverhältnis. Dieser Konflikt trat in Deutschland vor Kurzem bei den sog. Tariftreueerklärungen zu Tage. Hierbei handelt es sich um eine Erklärung des Bieters, dass er im Falle der Auftragsecteilung seine Arbeitnehmer, die er zur Ausführung des Auftrags einsetzt, entsprechend den Tarifverträgen entlohnen wird. Die öffentliche Hand verspricht sich hiervon, Wettbewerbsverzerrungen durch ein unterschiedliches Lohnniveau zu vermeiden, den Anpassungsdruck auf die Löhne abzuschwächen und schließlich der Gefahr von Unternehmenszusammenbrüchen und Arbeitslosigkeit zu begegnen. Mitte der 90-er Jahre haben der Bund und die Länder begonnen, entsprechende Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Die Reichweite der Bestimmungen ist hierbei unterschiedlich: Während die einen Verwaltungsvorschriften sich darauf beschränken, bereits bestehende gesetzliche Verpflichtungen zur Einhaltung der Tarifverträge durch eine entsprechende vertragliche Verpflichtung zu verstärken, schaffen die anderen unabhängig hiervon eine eigenständige vertragliche Verpflichtung. Ein Arbeitgeber ist schon gesetzlich zur Einhaltung der Tarifverträge verpflichtet, wenn er selbst tarifgebunden ist oder der Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt worden ist. Die letztere Möglichkeit sieht insbesondere das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aus dem Jahre 1996 vor, das europarechtlich durch
Einleitung
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die Entsende-Richtlinie abgesichert worden ist. Dieses Gesetz gilt aber nur fiir die Baubranche und erlaubt nur die Festsetzung von Mindestlöhnen, die erheblich unter den normalen Tariflöhnen liegen. So betrug Ende der 90-er Jahre der Mindestlohn fiir die Baubranche in West-Berlin 16 DM (8,18 €) und in Ost-Berlin 15,14 DM (7,74 €), während der Ecklohn fiir einen Facharbeiter bei 25,26 DM (12,92 €) lag. Das Bundeskartellamf nahm alsbald Anstoß an einer Verwaltungsvorschrift der Berliner Senatsverwaltung fiir Bauen, Wohnen und Verkehr von 1995, die fiir Bauaufträge eine Entlohnung nach den vor Ort einschlägigen Tariflöhnen vorsah, unabhängig davon, ob eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung besteht. In seinem Beschluss von 1997 erkannte das BKartA hierin den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und untersagte es dem Land Berlin, die Verwaltungsvorschrift weiterhin anzuwenden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Kammergericht Berlin3 1998 ab. Der Bundesgerichtsbor lehnte es im Eilverfahren ab, den Vollzug des Beschlusses des BKartA auszusetzen. Auch der Vergabeüberwachungsausschuss des Bundes5 hat 1998 eine entsprechende Tariftreueerklärung fiir rechtswidrig erklärt, die ein gemeinnütziger Verein fiir den Bau einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte in Cottbus verlangt hatte. Das Land Berlin erließ 1999 ein Vergabegesetz und stellte hiermit die Tariftreueerklärung bei Bauaufträgen und bestimmten Dienstleistungen auf eine gesetzliche Grundlage. Der Bundesgerichtshof musste die veränderte Rechtslage im Hauptsacheverfahren gegen den Beschluss des BKartA berücksichtigen. In seinem Beschluss vom 18. Januar 2000 bestätigte der BGH, dass die Anforderung einer Tariftreueerklärung im vorliegenden Fall grundsätzlich einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bedeute. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn der Auftraggeber damit nur einem gesetzlichen Gebot nachkommt. Der BGH hatte aber an der Verfassungsmäßigkeit des zu Grunde liegenden Berliner Vergabegesetzes seine Zweifel. Das Land habe die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, den Vorrang des Bundesrechts und die negative Koalitionsfreiheit verletzt. Der BGH setzte daher das Verfahren aus und forderte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, die noch aussteht.
2
BKartA, Beschl. v. 3.11.1997, WuW/E Verg 7.
3
KG Berlin, Beschl. v. 20.5.1998, WuW/E Verg 111.
4
BGH, Beschl. v. 8.12.1998, WuW/E Verg 175.
5
VÜA Bund, Beschl. v. 16.12.1998, WuW/E Verg 192.
6
BGH, Beschl. v. 18.1.2000, JZ 2000, 514.
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Einleitung
Inzwischen sind Bayern, das Saarland, Sachsen-Anhalt und neuerdings auch Niedersachsen dem Berliner Beispiel gefolgt und haben ihre Tariftreueerklärungen insbesondere für Bauaufträge in entsprechenden Vergabegesetzen verankert. In weiteren Bundesländern werden entsprechende Regelungen diskutiert. Auch im Bund ist der Versuch unternommen worden, zur Tariftreue ein Bundesgesetz zu verabschieden. Der Bundesrae hat im Dezember 2000 auf Initiative von Bayern einen Gesetzentwurf beschlossen, der es den Landesgesetzgebern ausdrücklich erlauben sollte, Regelungen über Tariftreueerklärungen zu erlassen. Ein weiterer Gesetzentwurf des Bundesrats8 von Juni 2001, der auf eine Initiative von Nordrhein-Westfalen zurückgeht, sah eine eigene Regelung für Tariftreueerklärungen im Baubereich und im öffentlichen Personennahverkehr durch Bundesgesetz vor. Eine Arbeitsgruppe "Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen", die aus Vertretern der Gewerkschaften, der Bauwirtschaft und verschiedener Bundesministerien bestand, hat im September 2001 (mehrheitlich) Eckpunkte zu einer Tariftreueregelung verabschiedet. Die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben diese Eckpunkte aufgegriffen. 9 Schließlich haben die beiden Fraktionen 10 sowie die Bundesregierung 11 im Dezember 2001 im Bundestag und Bundesrat zwei inhaltsgleiche Entwürfe für ein Tariftreuegesetz eingebracht, das neben einer tariflichen Entlohnung im Baubereich und öffentlichen Personalverkehr auch ein zentrales "Register über unzuverlässige Unternehmen" enthalten sollte. Das geplante Tariftreuegesetz stieß auf ein geteiltes Echo: Der Städte- und Gemeindebund befürchtete eine Verteuerung der öffentlichen Bauaufträge um etwa 5%. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Industrieund Handelskammertag warnte vor einer Benachteiligung ostdeutscher Bauunternehmen, die nicht in der Lage seien, westdeutsche Tariflöhne zu zahlen. In einer Anhörung fiel sogar der Spruch: "Mit dem Tariftreuegesetz wird die Mauer wieder aufgebaut." 12 Demgegenüber unterstützten die Gewerkschaften die Gesetzes7 Gesetzentwurfv. 21.12.2000, BT-Drs. 14/5263; vom BT abgelehnt durch Beschl. v. 26.4.2002, BR-Drs. 384/02.
8 Gesetzentwurf v. 22.6.2001, BT-Drs. 14/6752; vom BT abgelehnt durch Beschl. v. 26.4.2002, BR-Drs. 387/02 (neu). 9
Antrag v. 26.9.2001, BT-Drs. 14/6982.
10
Gesetzentwurf v. 12.12.200 I, BT-Drs. 1417796.
11
Gesetzentwurfv. 21.12.2001, BR-Drs. 1079/01.
Äußerung bei der Verbändeanhörung am 30.11.2001 im BMWi., Forum Vergabe Monatsinfo 11/2001, 139, 140. 12
Einleitung
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pläne. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks versprach sich hiervon eine Konsolidierung der Wettbewerbsverhältnisse in der Bauwirtschaft Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes hielt den Kritikern entgegen: "Sollen wir denn in ordnungspolitischer Schönheit sterben?" 13 Der Bundesrat14 nahm die geäußerte Kritik zum Anlass, eine Befristung des Tariftreuegesetzes auf drei Jahre und eine Verbesserung der W ettbewerbsbedingungen für Bauunternehmen aus den neuen Bundesländern anzumahnen. Der Bundestag 15 änderte im April2002 den Gesetzentwurf ab und beschloss diesen: Der vorgeschriebene Lohn sollte bis 2005 stufenweise von 92,5% an den einschlägigen Tariflohn herangeführt werden. Der öffentliche Auftraggeber sollte außerdem gezwungen sein, wenn am Ort der Leistungsausfiihrung mehrere Tarifverträge einschlägig sind, den "repräsentativen Tarifvertrag" zu Grunde zu legen, also denjenigen, der für die meisten Arbeitnehmer Anwendung findet. Der Bundesrat 16, in dem die Oppositionsparteien von CDU/CSU und FDP inzwischen die Mehrheit stellten, rief im Mai 2002 den Vermittlungsausschuss an mit dem Ziel einer grundlegenden Überarbeitung des Gesetzentwurfs. Er begründete dies mit rechtlichen und wirtschaftspolitischen Bedenken. In der vom Vermittlungsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe konnte im Juni 2002 keine Einigung erzielt werden. Zwar wäre ein Kompromiss über die stufenweise Heranführung an den Tariflohn möglich gewesen, doch konnten Meinungsunterschiede darüber, ob ein bestimmter Tarifvertrag festgeschrieben werden darf, nicht ausgeräumt werden. Den öffentlichen Personennahverkehr deshalb aus dem Gesetz herauszunehmen, wollten die Verhandlungsführer der SPD-Länder nicht hinnehmen.17 Der Vermittlungsausschuss 18 hielt mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an der vom Bundestag beschlossenen Fassung fest, und der Bundesrat19 lehnte im Juli 2002 das Tariftreuegesetz endgültig ab.
13 Präsident Frauenrath am 25.10.2001 auf dem Deutschen Baugewerbetag in München, F.A.Z. v. 26.10.200 I, S. 20: "Tariftreue bei Ausschreibungen entzweit die Arbeitgeber". 14 Stellungnahme v. 1.2.2002, BR-Drs. 1079/01 (Beschluss). 15 Beschl.empfehlung des Ausschusses flir Wirtschaft und Technologie v. 24.4.2002, BT-Drs. 14/8896; Beschl. des BT v. 26.4.2002, BR-Drs. 367/02. 16 Beschl. v. 31 .5.2002, BR-Drs. 367/02 (Beschluss). 17 Vgl. Forum Vergabe Monatsinfo 6/2002, 83, 84. 18 Einigungsvorschlag v. 27.06.2002, BR-Drs. 608/02. 19 Beschl. v. 12.07.2002, BR-Drs. 608/02 (Beschluss).
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Einleitung
Das Thema Tariftreue ist damit aber nicht erledigt, da in einigen Bundesländern bereits solche Regelungen bestehen und insbesondere in Nordrhein-Westfalen20 und Schleswig-Holstein die Verabschiedung entsprechender Gesetze wahrscheinlich ist. Das Gesetzesvorhaben fiir ein Tariftreuegesetz des Bundes hatte auch die Europäische Kornmission auf den Plan gerufen. Die Generaldirektion Binnenmarkt priifte, ob das Vorhaben mit dem Europarecht in Einklang stand. Kommissar Holkestein hat es mit Befremden aufgenommen, dass die Kommission weder vorab konsultiert noch anschließend von der Bundesregierung über den Entwurf informiert worden war. 21 Die Frage der Vereinbarkeil mit Europarecht stellt sich allerdings nicht nur bei den Tariftreueerklärungen, sondern auch bei den übrigen öffentlichen Belangen. Die vorliegende Arbeit untersucht, welchen Gestaltungsspielraum das Europarecht den öffentlichen Auftraggebern belässt, um öffentliche Belange bei der Auftragsvergabe zu beriicksichtigen. Das Europarecht wurde deshalb als Beurteilungsmaßstab gewählt, weil es einerseits dem nationalen Recht grundsätzlich vorgeht und andererseits einen höheren Integrationsgrad als das WTO-Vergaberecht aufweist. Der erste Teil der Untersuchung steht unter dem Titel "Beschaffung und öffentliche Belange". Das erste Kapitel enthält eine kurze Einfiihrung ins öffentliche Auftragswesen. Das zweite Kapitel behandelt die öffentlichen Belange im Vergabeverfahren. Hier wird der Begriff der "vergabefremden Kriterien" hinterfragt, wird allgemein auf deren Beriicksichtigungsflihigkeit eingegangen und werden mögliche Anknüpfungspunkte während des Vergabeverfahrens bezeichnet. Im dritten Kapitel werden die einzelnen öffentlichen Belange, die sich in deutschen Beschaffungsvorschriften finden, ausfuhrlieh dargestellt. Die europarechtliche Bewertung beginnt im dritten Teil mit den Anforderungen der Vergaberichtlinien. Diese werden zunächst allgemein vorgestellt, bevor die einzelnen Vorgaben zur Teilnahme am Vergabeverfahren, zu den Eignungskriterien, zu den technischen Spezifikationen, zu den Zuschlagskriterien und zu den Ausfiihrungsbedingungen erörtert werden. Der vierte Teil widmet sich den Anforderungen des EG-Vertrag. Nach einer Darstellung der Grundzüge im ersten Kapitel werden im zweiten Kapitel die Marktfreiheiten (Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, N iederlassungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit) und das allgemeine Diskriminierungsverbot erörtert. Das dritte Kapitel behandelt das Beihilfeverbot, das vierte 20
21
SZ- NRW-Ausgabe v. 24.7.2002, S. 49: "Land plant eigenes Tariftreuegesetz". F.A.Z. v. 11.10.2001, S. 18: ..Kommission prüft das Tariftreue-Gesetz".
Einleitung
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Kapitel die Wettbewerbsvorschriften (Kartellverbot, Missbrauchsverbot und diesbezügliche Pflichten der Mitgliedstaaten). Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.
1. Teil
Beschaffung und öffentliche Belange 1. Kapitel
Einführung ins öffentliche Auftragswesen A. Abgrenzungen Unter dem öffentlichen Auftragswesen, auch öffentliches Beschaffungs- oder Vergabewesen genannt, wird die Bedarfsdeckung öffentlicher Auftraggeber fiir ihren jeweiligen Verwendungsbereich verstanden. 1 Hierbei handelt es sich um Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge, die von Großaufträgen (z.B. Flughafenbau) bis zum vielbemühten Bleistiftkauf reichen. Abzugrenzen ist das öffentliche Auftragswesen vom Zwangszugriff (Requisition), bei dem sich der öffentliche Auftraggeber das Wirtschaftsgut hoheitlich aneignet, und von der Eigenproduktion, wenn er es in "staatseigenen" Betrieben selbst herstellt. 2 Bei der Produktion in einer ausgegründeten Gesellschaft, die beispielsweise in Form einer GmbH Aufgaben fiir die öffentlich-rechtliche Mutter wahrnimmt (sog. In-House-Betriebe), kann es sich um eine Eigenproduktion handeln. Die Literatur macht diese Qualifizierung davon abhängig, dass die private Tochter selbst öffentliche Auftraggeberin ist und satzungsgemäß nicht noch anderweitig auf dem Markt aktiv wird.3 Der Europäische Gerichtshof hat in seiner früheren Rechtsprechung den nationalen Vorbehalt missbilligt, Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand des betreffenden Mitgliedstaats befmden. Hierin wurde eine versteckte Diskriminierung gesehen, da im Wesentlichen inländische Unternehmen bevor-
1
Eberstein, in: Daub/Eberstein, VOUA, Einf. VOUA Rn. 50.
Kunert, S. 22 f.; Pietzcker, AöR 107 (1982), 61; Püttner, Verwa1tungslehre, S. 171; Müller-Wrede, Einl. VOF Rn. 36. 3 Müller-Wrede, Einl. VOF Rn. 37 ff.; Marx, in: Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Nr. 1.1 s. 2. 2
I. Kapitel: Einführung ins öffentliche Auftragswesen
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zugt würden. 4 In einem jüngeren Verfahren hingegen hat der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen die Anwendbarkeit des (europäischen) Vergaberechts abgelehnt, wenn die Gesellschaft wirtschaftlich von der Zuweisung von Haushaltsmitteln durch die beteiligten Gebietskörperschaften abhängt, das Leitungsorgan mehrheitlich durch sie besetzt wird und es der Gesellschaft so an der Drittstellung und Eigenständigkeit ihnen gegenüber fehlt. 5 Der Gerichtshof ist im betreffenden Urteil auf diese Argumentation nicht eingegangen. 6 Inzwischen hat er jedoch in einem obiter dieturn anerkannt, dass die Anwendung europäischen Vergaberechts ausgeschlossen sein kann, wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Person ihre Tätigkeit im Wesentlichen fiir die Gebietskörperschaft oder -körperschaften verrichtet, die ihre Anteile innehaben. 7
B. Öffentliche Auftraggeber Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers knüpfte traditionell an dessen Rechtsform an. Hierunter fielen neben den Gebietskörperschaften- Bund, Länder und Kommunen- die Körperschaften, Anstalten und sonstigenjuristischen Personen des öffentlichen Rechts. 8 Dieser formal-rechtliche Begriff wurde jedoch als hinderlich bei der Verwirklichung des EG-Binnernarktes empfunden, zurnal sich die öffentliche Hand zunehmend in private Rechtsformen zurückzog. 9 An die Stelle des institutionellen Begriffs ist durch Vorgaben in europäischen Richtlinien ein funktioneller getreten, der den öffentlichen Auftraggeber unabhängig von der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtliehen Organisationsform defmiert. 10 Neben den Gebietskörperschaften zählen hierzu juristische Personen, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art erfüllen und überwiegend von Gebietskörperschaften finanziert und kontrolliert werden. 11 Unabhängig vom je4 EuGH Rs. C-272/91 (Korn./Italien), Slg. 1994, 1-1409, 1-1434 Rn. 4, 1-1435 f. Rn. 12 f.; EuGH Rs. C-3/88 (Korn.lltalien), Slg. 1989,4035,4059 Rn. 8 f. 5 Schlussanträge des GA La Pergola zu EuGH Rs. C-360/96 (Gerneente Ambern u. Gerneente Rheden), Slg. 1998, 1-6821, 1-6838 Nr. 34 ff.
6 EuGH Rs. C-360/96 (Gerneente Ambern u. Gerneente Rheden), Slg. 1998, 1-6821, 1-6846 ff.
7
EuGH Rs. C-107/98 (Teckal), Slg. 1999,1-8121,8154 Rn. 50.
8
Noch, Subjektiver Rechtsschutz, S. 62.
9
Ebenda; P. W. Schäfer, BB-Beilage 12/1996, I, 2.
10
11
Seidel, Öffentlicher Auftraggeber, S. 293. Ebenda, S. 295 ff.; vgl. § 98 S. I Nr. 2 GWB.
40
1. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
weiligen Rechtsträger werden die sog. Sektoren-Auftraggeber erfasst, die auf Grund von behördlich gewährten besonderen oder ausschließlichen Rechten in den BereichenWasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Telekommunikation tätig sind. 12 Als öffentliche Auftraggeber gelten aber auch Personen des Privatrechts, die Mittel für öffentliche Bauvorhaben verwalten oder von der öffentlichen Hand Baukonzessionen erhalten haben. 13
C. Die wirtschaftliche Bedeutung Das öffentliche Auftragswesen ist wirtschaftlich von großer Bedeutung. Eine Faustformel besagt, dass das Gesamtvolumen der öffentlichen Aufträge in Deutschland und der Europäischen Union jeweils zwischen zehn und 15% des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. 14 Dabei kann das Gewicht der öffentlichen Auftragsvergabe für die einzelnen Wirtschaftssektoren sehr unterschiedlich sein: Während in einigen Bereichen der staatliche Anteil an der Gesamtnachfrage nur ein bis zwei Prozent beträgt, sind die öffentlichen Auftraggeber in anderen Hauptnachfrager - etwa im Tiefbau - oder sogar faktisch Monopolist - etwa für bestimmte Rüstungsgüter. 15 Für den europäischen Binnenmarkt hat die Europäische Kommission unlängst den Auftragswert öffentlicher Beschaffungsstellen und anderer Organisationen, die unter die Vergaberichtlinien fallen, auf über 1.000 Mrd. € beziffert, was etwa 14% des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union ausmacht. 16 Früher hatte sie den Auftragswert für Waren und Dienstleistungen mit jährlich mehr als 720 Mrd. € angegeben, was im Jahre 1994 etwa 11,5% des Bruttoinlandsprodukts aller Mitgliedstaaten oder der Summe der Wirtschaftskraft Belgiens, Dänemarks und Spaniens entsprach. 17 Die geschätzte Auftragssumme von über 1.000 Mrd. € verteilt sich auf die einzelnen Mitgliedstaaten wie folgt:
12
Seidel, Öffentlicher Auftraggeber, S. 300; vgl. § 98 S. 1 Nr. 4 GWB.
13
Vgl. § 98 S. I Nr. 5 u. 6 GWB.
14
P. W. Schäfer, BB-Beilage 12/1996, I, 3.
15
Pietzcker, NVwZ 1983, 121.
Korn., Berücksichtigung von Umweltbelangen, Einleitung, S. 6; dies., Wirtschaftsreform, III. B. 2., S. 20, Tab. 18, S. 52. 17 Korn., Grünbuch, Nr. 2.3; dies., Mitteilung öffentliches Auftragswesen, Nr. I; ähnlich Däubler-Grnelin, EuZW 1997,709: ca. 700 Mrd. €. 16
I. Kapitel: Einführung ins öffentliche Auftragswesen
41
Gesamtsumme des öffentlichen Auftragswesens 1998 in Mrd. € I
Österreich
33,06
Italien
114,12
Belgien
17,82
Irland
7,95
282,53
Luxemburg
1,94
23,31
Niederlande
36,94
56,39
Portugal
13,91
14,31
Schweden
34,47
Deutschland Dänemark
I Spanien Griechenland Frankreich Finnland
- · - --
125,41 14,93
Vereinigtes Königreich Summe EU
276,55 1.054,00
Quelle: Kom .• Wirtschaftsreform, Tab. 18, S. 52.
Für Deutschland nennen andere Schätzungen mehr als 400 Mrd. DM (204,5 Mrd. €).18 Allein der Bund hat dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge im Jahr 1997 fiir 50,167 Mrd. DM (25,65 Mrd. €) Aufträge vergeben. 19 In dieser Summe sind 17,2 Mrd. DM (8,79 Mrd. €) der Deutsche Bahn AG enthalten. Nicht mit eingerechnet sind 23 Mrd. DM (11,76 Mrd. €) der Deutschen Telekom AG und 4,919 Mrd. DM (2,52 Mrd. €) der Deutschen Post AG. 20 Das unterschiedliche Gewicht der klassischen öffentlichen Auftraggeber in Deutschland wird in nachfolgender Tabelle angedeutet.
18 Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, S. 6: 190 Mrd. DM (97,15 Mrd. €) von Bund, Ländern und Gemeinden, 120 Mrd. DM (61,36 Mrd. €) von öffentlichen Unternehmen, I 00 Mrd. DM (51 , 13 Mrd. €) von privaten Auftraggebern in den Sektoren Energie, Verkehr und Telekommunikation, 40 Mrd. DM (20,45 Mrd. €) von Krankenhäusern und Sozialversicherungen; Otting, JA 1998, 505; Byok, NJW 1998, 2774; DäublerGmelin, EuZW 1997, 709; P. W. Schäfer, BB-Beilage 1211996, I, 3; Pache, DVBI. 200 I, 1781, 1782. 19 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Tabelle. Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung hat 1999 Aufträge im Gesamtwert von 7,481 Mrd. DM (3,82 Mrd. €) vergeben: Bundesamtfür Wehrtechnik und Beschaffung, S. 2. 20
Ebenda.
42
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange Kassenmäßige Ausgaben der öffentlichen Haushalte 1999 in Mio. DM (Mio. €) laufender Sachaufwand
Bund
Sondervermögen des Bundes•> Länderb>
Gemeinden/ Gemeindeverbände Zweckverbände Summe I
Sozialversicherung Summe2
Baumaßnahmen
Erwerb von Sachvermögen
Summe
39.962
11.689
2.217
53.868
(20.432)
(5.976)
(I. 134)
(27.542)
921
-
7
928
(4)
(474)
(471) 45.887
10.724
4.770
61.381
(23.462)
(5.483)
(2.439)
(31.384)
53.810
36.872
11.615
102.297
(27.513)
(18.852)
(5.939)
(52.304) I
2.852
2.102
453
5.407
(1.458)
( 1.075)
(232)
(2.765)
143.366
61.387
19.062
223 .815
(73.302)
(31.387)
(9.746)
(114.435)
265.664
516
1.607
267.787
(135.832)
(264)
(822)
(136.917)
409.030
61.903
20.669
491.602
(209.134)
(31.651)
(10.568)
(251 .352)
I
Quelle: Statistisches Bundesamt, Tab. 20.3.2, S. 488 f. a) Lastenausgleichsfonds, ERP-Sondervermögen einschl. Ausgleichsfonds "Steinkohle'', Fonds "Deutsche Einheit", Bundeseisenbahnvermögen, Erblastentilgungsfonds, Entschlldigungsfonds. b) Ohne Auslawperiode; einschl. Krankenhäusern mit kaufinännischem Rechnungswesen. c) Einschl. Krankenhäusern mit kaufinännischem Rechnungswesen.
I. Kapitel: Einftihrung ins öffentliche Auftragswesen
43
D. Der rechtliche Rahmen Die rechtliche Beurteilung des öffentlichen Auftragswesens bestinnnt sich nach WTO-Recht, nach Europarecht und nach nationalem Recht. Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wurde ein Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Agreement on Government Procurement, GPA )21 abgeschlossen, das fiir die Vertragsparteien ab bestinnnten Schwellenwerten gilt. Es schreibt die Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung vor, Art. III GPA. Weiterhin sind die technischen Spezifikationen, Art. VI GPA, und die Qualifikation der Lieferanten, Art. VIII GPA, geregelt. Der Zuschlag ist auf das niedrigste bzw. vorteilhafteste Angebot zu erteilen, Art. XIII Abs. 4 Buchst. b GPA. Von Kompensationsgeschäften, die etwa in Klauseln über den Inlandsgehalt, in Investitionserfordernissen oder in einem Kompensationshandel bestehen, ist Abstand zu nehmen, Art. XVI GPA. Ausnahmen bestehen fiir Maßnahmen, die die Vertragsparteien zum Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen fiir erforderlich halten, die zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen oder zum Schutz des geistigen Eigentums erforderlich sind, bzw. die sich auf von Behinderten, Wohltätigkeitseinrichtungen oder Strafgefangenen hergestellte Waren oder erbrachte Dienstleistungen beziehen, Art. XXIII GPA. Im Europarecht sind sowohl das Primärrecht des EG-V ertrags22 als auch das Sekundärrecht in Gestalt der sog. Vergaberichtlinien zu beachten. Im Bereich des EG-Vertrags können durch die Berücksichtigung öffentlicher Belange das allgemeine Diskriminierungsverbot, Art. 12 EG-Vertrag ( n.F. ), die W arenverkehrsfreiheit, die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, Art. 28, 39, 43,49 EG-Vertrag, betroffen sein. Die Marktfreiheiten umfassen neben einem Verbot unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung grundsätzlich auch ein allgemeines Beschränkungsverbot, sind jedoch aus bestimmten Gründen des öffentlichen Wohls einschränkbar, vgl. Art. 30, 39 Abs. 3, 21 Englisch, französisch, spanisch: GATI Secretariat, Uruguay Round of Multilateral Trade Negotiations, Legal Instruments, Bd. 31, S. 25663; deutsche (teilweise fehlerhafte) Übersetzung: ABI. EG 1996 Nr. C 256 S. I. 22 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 25.3.1957 (BGBI. II S. 766), zul. geänd. durch Amsterdamer Vertrag v. 2.10.1997 (BGBI. 1998 II S. 387, her. BGBI. 1999 II S. 416). Die Artikelangaben beziehen sich grundsätzlich auf die Fassung des Amsterdarner Vertrages, flir die hier die Abkürzung "EGV" verwendet wird, ausnahmsweise auf die Fassung des Maastrichter Vertrags v. 24.6.1994 (BGBI. II S. 2022) i.d.F. des Beschlusses v. 1.1.1995 (ABI. EG Nr. LI S. I, her. ABI. 1997Nr. L 179 S. 12), was durch den Zusatz "a.F." kenntlich gemacht wird.
44
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
46, 55 EG-Vertrag. Wird ein Auftrag an ein bevorzugtes Unternehmen zu einem überhöhten Preis vergeben, kann außerdem eine unerlaubte Beihilfe nach Art. 87 EG-Vertrag vorliegen. Zu beachten sind überdies die Wettbewerbsbestimmungen der Art. 81 f. EG-Vertrag. Im Sekundärrecht sind die Lieferkoordinierungsrichtlinie (LKR)23 , Baukoordinierungsrichtlinie (BKR) 24 , Dienstleistungsrichtlinie (DKR)25 , Sektorenrichtlinie (SKR) 26 , Rechtsmittelrichtlinie (RMR)27 und Rechtsmittelsektorenrichtlinie (RMSKR) 28 zu beachten, sofern die Aufträge bestimmte Schwellenwerte erreichen. Die drei erstgenannten Richtlinien regeln Art, Ablauf und inhaltliche Anforderungen des Vergabeverfahrens. Die technischen Spezifikationen des zu vergebenden Auftrags sollen möglichst auf (europäische) Normen und technische Zulassungen Bezug nehmen und dürfen keine bestimmte Produktion voraussetzen. Bei den Eignungskriterien werden z.B. Konkurs, Strafurteile, schwere berufliche Verfehlungen und Abgabenhinterziehung als Ausschlussgründe genannt. Die Eignung richtet sich im Übrigen nach der finanziellen und wirtschaftlichen sowie technischen Leistungsfähigkeit. Der Zuschlag ist auf den niedrigsten Preis bzw. das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erteilen. Als Kriterien für das wirtschaftlich günstigste Angebot werden von den Richtlinien beispielhaft genannt: Lieferfrist, Ausfiihrungsdauer, Betriebskosten, Rentabilität, Qualität, Ästhetik und 23 RL 93/36/EWG des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (Lieferkoordinierungsrichtline) v. 14.6.1993 (ABI. EG Nr. L 199 S. I), geänd. durch RL 97152/EG v. 13.10.1997 (ABI. EG Nr. L 328 S. I). 24 RL 93/37/EWG des Rates zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (Baukoordinierungsrichtlinie) v. 14.6.1993 (ABI. EG Nr. L 199 S. 54), geänd. durch RL 97/52/EG v. 13.10.1997 (ABI. EG Nr. L 328 S. !). 25 RL 92/50/EWG des Rates über die Koordineirung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (Dienstleistungsrichtlinie) v. 18.6.1992 (ABI. EG Nr. L 209 S. 1), geänd. durch RL 97152/EG v. 13.10.1997 (ABI. EG Nr. L 328 S. 1). 26 RL 93/38/EWG des Rates zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (Sektorenrichtlinie) v. 14.6.1993 (ABI. EG Nr. L 199 S. 84), geänd. durch RL 98/4/EG v. 16.2.1998 (ABI. EG Nr. L I 0 I S. I). 21 RL 89/665/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften flir die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicherLiefer-und Bauaufträge (Rechtsmittelrichtlinie) v. 21.12.1989 (ABI. EG Nr. L 395 S. 33), geänd. durch RL 92/50/EWG v. 18.6.1992 (ABI. EG Nr. L 209 S. I).
28 RL 92/13/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften flir die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (Rechtsmittelsektorenrichtlinie) v. 25.2.1992 (ABI. EG Nr. L 76 s. 14).
I. Kapitel: Einflihrung ins öffentliche Auftragswesen
45
Zweckmäßigkeit, technischer Wert, Kundendienst und technische Hilfe, Verpflichtungen hinsichtlich der Ersatzteile, Versorgungssicherheit, Preis. Bereits bestehende nationale Bevorzugungsregelungen bleiben im Anwendungsbereich der BKR und SKR aber unberührt. Im nationalen Recht wird das Vergabewesen von Verfassungsrecht, einfachen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften geprägt. Das Grundgesetz29 gewährleistet die Berufsfreiheit, Art. 12 GG, und enthält die Eigentumsgarantie, Art. 14 GG. Außerdem sind die Gleichheitsgebote des Art. 3 Abs. 1 und 3 GG zu beachten. Andererseits beauftragt es den Gesetzgeber, bestimmte öffentliche Belange zu verwirklichen. Dies gilt fiir das Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG, die Staatszielbestimmung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen, Art. 20 a GG, und das Gleichstellungsgebot, Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG. Nach Art. 109 Abs. 2 GG ist ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht anzustreben. Die einzelnen Anforderungen können in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, das grundsätzlich nach dem Grundsatz des schonendsten Ausgleichs ("praktische Konkordanz") zu lösen ist. Hierbei ist die weit reichende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu beachten. Unterhalb des Verfassungsrechts bestehen im nationalen Recht vergabrechtliche, haushaltsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Vorgaben: Die vergaberechtlichen Bestimmungen haben seit dem 1. Januar 1999 ihre gesetzliche Grundlage im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff. GWB). 30 Dieser gilt aber nur fiir Aufträge oberhalb der europarechtlich vorgegebenen Schwellenwerte. Die Teilnehmer am Vergabeverfahren sind grundsätzlich gleich zu behandeln, § 97 Abs. 2 GWB. Mittelständische Interessen sind vornehmlich durch Teilung in Lose zu berücksichtigen, § 97 Abs. 3 GWB. Die Unternehmen müssen fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig sein. Weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, § 97 Abs. 4 GWB. Der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, § 97 Abs. 5 GWB. Das Vergabeverfahren wird durch die Verdingungsordnungen konkretisiert: Die Verdingungs-
29 Grundgesetz ftir die Bundesrepublik Deutschland v. 23.5.1949 (8GB I. S. I), zu!. geänd. durch G v. 19.12.2000 (BGBI. I S. 1755). 30 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) v. 27.7.1957 (BGBI. I S. I 081 ), i.d.F. d. Bek. v. 26.8.1998 (BGBI. I S. 2546), zu!. geänd. durch G v. 19.12.2000 (BGBI. I 1765).
46
1. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
ordnungfür Leistungen (VOL/A)3 \ die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/A)32 und die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) 33 • Als haushaltsrechtliche Bestimmungen stellen die §§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG)34, 7 Bundeshaushaltsordnung (BH0)35 und die Haushaltsordnungen der Länder die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf. Außerdem ist die Verpflichtung zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht nach Art. 109 Abs. 2 GG, § 1 Stabilitätsgesetz (StabG)36 zu beachten. Als wettbewerbsrechtliche Bestimmung ist § 20 GWB zu beachten, der für den Fall marktbeherrschender Unternehmen ein Diskriminierungsverbot vorsieht.
31 Verdingungsordnung flir Leistungen (VOL)- Teil A: Allgemeine Bestimmungen flir die Vergabe von Leistungen, Ausg. 2000 i.d.F. d. Bek. v. 17.8.2000 (BAnz. Nr. 200 a, I). 32 Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)- Teil A: Allgemeine Bestimmungen fiir die Vergabe von Bauleistungen, Ausgabe 2000 i.d.F. d. Bek. v. 30.5.2000 (BAnz. Nr. 120 a, 1). 33 Verdingungsordnung flir freiberufliche Leistungen (VOF), Ausgabe 2000 i.d.F. d. Bek. v. 25.7.2000 (BAnz. Nr. 173 a, 1).
34 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz- HGrG) v. 19.8.1969 (BGBI. I S. 1273), zul. geänd. durch G V. 26.8.1998 (BGBI. I s. 2512). 35 Bundeshaushaltsordnung (BHO) v. 19.8.1969 (BGBI. I S. 1284), zul. geänd. durch G V. 17.6.1999 (BGBI.I s. 1334).
36 Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft v. 8.6.1967 (BGBI. I S. 582), zul. geänd. durch G v. 14.9.1994 (BGBI. I S. 2325).
2. Kapitel
Öffentliche Belange im Vergabeverfahren A. Freier Wettbewerb versus öffentliche Belange Das Auftragswesen befindet sich im Spannungsfeld von freiem Wettbewerb und der Berücksichtigung öffentlicher Belange. 1 Die Situation der öffentlichen Hand als Auftraggeber ist mit der anderer Marktteilnehmer nur bedingt vergleichbar. Der Staat ist ökonomischen Zwängen in viel geringerem Maße ausgesetzt als Private, da er seine Mittel nicht erwirtschaften muss, sondern durch hoheitliche Abgabenerhebung einnimmt. Die Wirtschaftlichkeit seiner Güterbeschaffung lässt sich auch nicht in einer Unternehmensrechnung ablesen, und kaufmännische Fehlentscheidungen führen nicht zur Bedrohung seiner Existenz. 2 Dafiir befmdet sich der Staat aber unter politischem Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit: "Seine Katastrophen sind, was er selbst ist: politisch, nicht aber ökonomisch, biologisch oder geistig", formulierte Rittner. 3 Schon die reine Bedarfsdeckung, die keine anderweitigen politischen Ziele verfolgt, wird durch die politische Brille betrachtet und beurteilt. 4 Als klassisches Beispiel wird in der Literatur der Kohlenkauf des Finanzamts genannt, der zwangsläufig die Kohlewirtschaft vor der Ölindustrie bevorzugt. 5 An dieser Stelle setzt der "Beschaffungslobbyismus" an, mit dem Verbände, sonstige Interessengruppen und Einzelunternehmen versuchen, auf die Vergabeentscheidungen Einfluss zu nehmen. 6 Öffentliche Auftraggeber hielten sich wegen dieses Einflusses und wegen des geringeren Aufwands in der Vergangenheit häufig an einen eingespielten Kreis von "Hoflieferanten". Inländische Anbieter wurden so gegenüber ausländischen bevorzugt, heimische gegenüber auswärtigen.' 1
Kayser, S. 2 f.
2
Pietzcker, Staatsauftrag, S. 250.
3
Rittner, ZHR 152 (1988}, 318,323.
4
Wa/lerath, S. 140.
5 6 7
Kunert, S. 190; Götzke, S. 7. Gandenberger, S. 406.
Ebenda.
48
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
Diesen Erscheinungen steuert das gültige Vergaberecht entgegen, das klare Anforderungen an das Vergabeverfahren und die Vergabeentscheidung stellt. Die öffentliche Auftragsvergabe soll transparent und diskriminierungsfrei erfolgen. Das Vergaberecht ermöglicht auf diese Weise einen grundsätzlich freien Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern. Umstritten ist, inwiefern das Vergaberecht daneben noch Platz für die Berücksichtigung öffentlicher Belange lässt.
B. Begriff der"vergabefremden Kriterien" Dieser Streit beginnt bereits bei den Begriffen. Nach herkömmlichem Sprachgebrauch werden die öffentlichen Belange, die im Vergabeverfahren berücksichtigt werden, als "vergabefremde Kriterien" bezeichnet. 8 Bisweilen wird auch von "vergabefremden Aspekten" bzw. "Zwecken" oder "beschaffungsfremden Kriterien" gesprochen. 9 Sie werden unterschieden von den "unmittelbar auftragsbezogenen Kriterien" 10, die auch "leistungsbezogene Umstände" bzw. "vergabetypische Kriterien" genannt werden. 11 Die unmittelbar auftragsbezogenen Kriterien beziehen sich auf den eigentlichen Beschaffungszweck. Dieser besteht darin, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu sichern, indem die Verwaltung diejenigen Sachrnittel und Leistungen beschafft, die sie zur Erfiillung ihrer bestimmungsgemäßen Aufgaben benötigt. 12 Somit zielen die unmittelbar auftragsbezogenen Kriterien auf die "Versorgungsfunktion" der Auftragsvergabe ab. Sie sollen die zuverlässige und preisgünstige Beschaffung sicherstellen und entsprechen den 8 So etwa Riese, S. 201 u. 203; Kulartz, in: Daub/Eberstein, VOUA, § 25 VOLIA Rn. 53; Boesen , Vergaberecht, § 97 GWB Rn. I 00; Noch, Subjektiver Rechtsschutz, S. 76; Wittig, S. 47; Martin-Ehlers, WuW 1999, 685; Gröning, ZIP 1999, 52, 55; Kratzenberg, in: lngenstau/Korbion, VOB, § 25 VOB/A Rn. 57 a; Kämmerer!Thüsing, ZIP 2002, 596, 596. 9 Vergabefremde Aspekte: Marx, S. 77; Portz, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Ein!. Rn. 41; Eberstein, in: Daub/Eberstein, VOLlA, Einf. VOLlA Rn. I 08; vergabefremde Zwecke: Portz, in: lngenstau/Korbion, VOB, § 16 VOB/A Rn. 9; beschaffungsfremde Kriterien: Pietzcker, ZHR 162 ( 1998), 427, 464; Otting, Stadt und Gemeinde 1996, 461. 10 So Riese, S. 202; unmittelbar auftragsbezogene Umstände bzw. Gesichtspunkte: Rusam, in: Heiermann/Riedi/Rusam, § 25 VOB/A Rn. 64; auftragsbezogene Kriterien: Noch, Subjektiver Rechtsschutz, S. 76; ausschließlich auftragsbezogene Kriterien: Seidel, Öffentliches Auftragswesen, Rn. 107.
11 Leistungsbezogene Umstände: VHB Nr. 1.5.1 S. 2 zu § 25 VOB/A; unmittelbar leistungsbezogene Kriterien: Kämmerer!Thüsing, ZIP 2002, 596, 596; vergabetypische Kriterien: Gröning, ZlP 1999, 52, 55. 12 Benedict, Sekundärzwecke, S. 17; Böhm/Danker, NVwZ 2000, 767; Neßler, DÖV 2000,145, l47; vgi.Pietzcker,ZHR 162(1998),427,466[.
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
49
Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Die vergabefremden Kriterien verfolgen über den eigentlichen Beschaffungszweck hinaus auch andere (meist) öffentliche Zwecke. 13 Diese bestehen etwa in Zielsetzungen sozialer, ökologischer oder wirtschaftspolitischer Art. Zur reinen Versorgungsfunktion der Auftragsvergabe tritt so eine "Instrumentalfunktion" hinzu. 14 Der Begriff der vergabefremden Kriterien ist von den Befiirwortem derartiger Anforderungen kritisiert worden. Erstens sei der Begriff unscharf, da er zwei Bedeutungen von unterschiedlicher Reichweite verkörpere. In den Verdingungsordnungen für Leistungen und Bauleistungen werden als Beispiele für "vergabefremde Zwecke" Ertragsberechnungen, Vergleichsanschläge und Markterkundungen aufgeführt. 15 Diese betreffen Scheinausschreibungen, bei denen der öffentliche Auftraggeber von vornherein keinen Auftrag vergeben möchte. Im herkömmlichen Sprachgebrauch wird der Begriff demgegenüber auf sämtliche Zwecke erstreckt, die über den eigentlichen Beschaffungszweck hinaus gehen. 16 Zweitens wird der Begriff als überholt angesehen, zurnal auch der Wortlaut des neuen § 97 Abs. 4 GWB an seiner Stelle den Begriff "andere oder weitergehende Anforderungen" verwendet. 17 Drittens sei der Begriffvergabefremde Kriterien missverständlich. Er verenge den Blick auf zusätzliche Kriterien hinsichtlich der Eignung oder des Zuschlags, obwohl es mehr Ansatzpunkte für die Verfolgung öffentlicher Belange gebe. 18 Viertens sei der Begriffbei formaler Betrachtung unzutreffend, da öffentliche Belange im Vergabeverfahren schon seitjeher berücksichtigt würden und ihm daher keinesfalls fremd seien. 19 Fünftens schließlich enthalte er bereits eine negative Wertung. Alle Anforderungen, die vonjemandem unerwünscht sind, würden als "fremd" bezeichnet. "Vergabe fremd" rücke in die Nähe von "sachfremd" und "unsachgemäß". Dem Begriffhafte bereits der mutmaßliche "Makel" einer Politi13 Dreher!Haasl von Rintelen, S. 7 Fn. 4, unterscheiden außerdem zwischen echten vergabefremden Kriterien und politisch motivierten, aber zugleich bieter- oder auftragsbezogenen Unterkriterien insbesondere im Umweltbereich. Bei letzteren handele es sich um keine vergabefremden Kriterien.
s.
14 Weinacht, WuW 2000, 382 f.; Jeanrenaud, Annalen der Gemeinwirtschaft 1984, 151, 153. 15 16
§ 16 Nr. 2 VOLIA; 16 Nr. 2 VOB/A. Benedict, Sekundärzwecke, S. 21; ders., Vergabefremde Kriterien, S. 213.
17 Rust, EuZW 1999, 453 f.: "Das Ende vergabefremder Kriterien"; dies., EuZW 2000, 205,206. 18 Benedict, Sekundärzwecke, S. 22 f.; ders., Vergabefremde Kriterien, S. 216 f. ; vgl. Rust, EuZW 1999, 453, 454. 19 Benedict, Vergabefremde Kriterien, S. 214 u. 216; Rust, EuZW 2000, 205, 206; Böhm/Danker, NVwZ 2000, 767, 768; Ferneindez Martin, S. 90; vgl. Kayser, S. 55 f.
50
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
sierung an und habe sich zum politischen Kampfbegriff entwickelt. 20 Eine unvoreingenommene Sicht auf die Verfolgung öffentlicher Belange werde auf diese Weise behindert. 21 Diese Einwände haben ihre Berechtigung. Hinzu kommt, dass sich die Trennung zwischen unmittelbar auftragsbezogen und vergabefremd nicht immer strikt einhalten lässt. Anforderungen, die etwa arbeitsrechtliche Bestimmungen sichern, Korruption und Preisabsprachen verhindern und einer Beeinflussung durch Scientology zuvorkommen sollen, werden zwar herkömmlicherweise als vergabefremd bezeichnet, 22 beziehen sich aber letzten Endes auf die auftragsbezogene Zuverlässigkeit des Unternehmens. Außerdem können politisch motivierte und somit vergabefremde Anforderungen an die Umweltverträglichkeit gleichzeitig der auftragsbezogenen Anforderung des wirtschaftlichsten Angebots entsprechen, wenn dadurch Folgekosten (z.B. fur den Energieverbrauch und die Entsorgung) reduziert werden. 23 Benedict lehnt es ab, den Begriff der vergabefremden Kriterien auf das europäische Vergaberecht zu übertragen. Dieses dürfe nicht durch ein national geprägtes Vorverständnis beeinflusst werden.24 Statt dessen schlägt er vor, von "Sekundärzwecken" zu sprechen. 25 Diese seien negativ in Abgrenzung zum "Primärzweck" zu definieren. Mit Primärzweck ist hiernach der eigentliche Beschaffungszweck, nämlich die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu sichern, gemeint. Sekundärzwecke sind dann alle sonstigen Zwecke, die im Vergabeverfahren verfolgt werden oder verfolgt werden können. Hierbei knüpft Benedict an den Begriff "secondary policies" an, der in der englischsprachigen Diskussion verbreitet ist. 26 Aus den genannten Gründen ist der Begriff der vergabefremden Kriterien in der europarechtlichen Diskussion mit Vorsicht zu verwenden, sofern man denn überhaupt auf ihn zurückgreift. An Stelle der negativen Bezeichnung empfiehlt sich eine positive, die verdeutlicht, welche Rechtsgüter verkörpert werden. Dies kann 20
Marx, S. 77; Weissenberg, DB 1984, 2285, in Fn. 5; Kayser, S. 89 f.
21
Benedict, Sekundärzwecke, S. 22 f.; ders., Vergabefremde Kriterien, S. 216.
Vgl. Aufstellung bei Riese, S. 202. Vgl. Umweltbundesamt, S. 25: .,auftragsbezogenes Kriterium der Wirtschaftlichkeit"; Griem, NVwZ 1999, 1171, 1175: .,auftragsbezogener Umstand", führt .,zu einem unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen"; Kulartz, in: Daub/Eberstein, VOLl A, § 25 VOLlA Rn. 54 f. 24 Benedict, Sekundärzwecke, S. 23 f. 22
23
Ebenda, S. 17 u. 20; ders., Vergabefremde Vergabekriterien, S. 217. Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 (1995), 235, 235, insbes. dort Fn. 1; vgl. Benedict, Sekundärzwecke, S. 25 f.; ders., Vergabefremde Vergabekriterien, S. 217. 25
26
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
51
durch den Begriff Sekundärzwecke geschehen. Allerdings ist auch dieser Begriff nur in Zusammenschau mit seinem Gegenpart, dem Primärzweck, verständlich. Außerdem sind die Begriffe der vergabefremden Kriterien bzw. Sekundärzwecke zu weit gefasst, um die hier interessierenden Fallgestaltungen heraus zu filtern. Hierbei kann es sich nämlich auch um persönliche Motivationen wie die Bereicherung der eigenen oder einer dritten Person bzw. die Gunsterweisung gegenüber einem bestimmten Unterneluner handeln. Diese persönlichen Motivationen können offenkundig unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt werden. Von Interesse sind nur Zielsetzungen sozialer, ökologischer und wirtschaftspolitischer Art. Solche Sekundärzwecke lassen sich unter den Begriff der öffentlichen Belange fassen. Dieser Begriff ist auch der englischen und französischen Rechtssprache als "public interests" oder "inten!ts publics" (bzw. "objectifs d'interet public") nicht unbekannt. Die vorliegende Untersuchung wird deshalb bevorzugt den Begriff der öffentlichen Belange verwenden.
C. Die Berücksichtigung öffentlicher Belange Inhaltlich werden im Meinungsstreit, ob die Berücksichtigung öffentlicher Belange zulässig ist, Argumente zur Legitimität, zur Efftzienz und zur Praktikabilität ausgetauscht. I. Die Legitimität
Hinsichtlich der Legitimität der Berücksichtigung öffentlicher Belange verlangen deren Gegner, dass sich das Auftragswesen ausschließlich am Gleichbehandlungsgebot und an den haushaltsrechtlichen Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausrichten müsse. Diese Grundsätze würden im freien Wettbewerb verwirklicht. 27 Sie seien aber durch einen "Wildwuchs der ,sozialen Belange"' gefährdet. 28 Je weiter der Bewertungsspielraum fiir den öffentlichen Auftraggeber geöffnet wird, desto größer sei die Gefahr von Willkür. 29 Unter dem Deckmantel des sozialen Fortschritts drohe ein schleichender Protektionismus. 30 27 Kling, S. 199 ff.; Rittner, EuZW 1999, 677; als Voraussetzung formulierend: Dreher/Haaslvon Rintelen, S. 7: .,Die Vergabe öffentlicher Aufträge dient dem Ziel der wirtschaftlich günstigsten Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb"; vgl. Femimdez Martin, S. 41. 28
Rittner EuZW 1999, 677; vgl. Heintzen, ZHR 165 (2001 ), 62, 63.
29
Rittner, EuZW 1999,677,678.
Schwarze, EuZW 2000, 133, 138; Dreher, VergabeRecht 611997,40,41 u. 43; Pache, DVBI. 2001, 1781, 1789. 30
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
52
Als Beispiel werden die Tariftreueerklärungen genannt, die zum Ziel hätten, deutschen Arbeitnehmern ihren Arbeitsplatz zu erhalten und sie vor billigerer ausländischer Konkurrenz zu schützen. 31 Von vergabefremden Kriterien könne außerdem ein Abschreckungseffekt ausgehen. 32 Zugleich fiihre ihre Berücksichtigung zu einer Verteuerung öffentlicher Aufträge. 33 Dies sei nicht akzeptabel, weil die Vergabestelle Steuergelder verwaltet. 34 Daneben drohten das Vergaberecht und die Vergabemärkte zu zersplittern, da die politischen Präferenzen und Zielvorstellungen heterogen seien. 35 Die Befürworter der Berücksichtigung öffentlicher Belange sehen nicht ein, warum sich der Staat anders verhalten sollte als jeder andere Erwerber, der die Entscheidung für oder gegen ein Produkt oder eine Dienstleistung nach seinen eigenen Präferenzen trifft. 36 Hinzu komme, dass der öffentliche Auftraggeber durch das Vergaberecht nicht aus seinen öffentlich-rechtlichen Bindungen gelöst werde. 37 Als Beispiele können hier das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG, die Staatszielbestimmung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 20 a GG38 und die Verpflichtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht nach Art. 109 Abs. 2 GG genannt werden. Außerdem sei es legitim, dass der Staat als politisches Gemeinwesen öffentliche, d.h. politische Zielsetzungen verfolgt. 39 Hierfür eigne sich das Auftragswesen in besonderer Weise: Die Aufträge würden ohnehin vergeben und würden, wie oben dargestellt, auch unabsichtlich politische Nebenwirkungen entfalten. Dann könnten andere politische Ziele aber auch gleich mit verfolgt werden. Dies nicht zu tun, müsste geradezu als Vergeudung der nicht überreichlich vorhandenen staatlichen Steuerungsmittel erscheinen.40 Jedenfalls bei Großaufträgen sei die Überlagerung der Vergabeentscheidungen durch öffentlich-rechtliche Bindungen und Zielsetzungen wegen 31
Dreher, VergabeRecht 6/1997,40,41 u. 43 .
32
Kling, S. 206.
B
Kling, S . 208; Knipper, WuW 1999,677,684.
Karl/e!Mühl, S. 195. Benedict, Vergabefremde Vergabekriterien, S. 208 f. ; Riltner, EuZW 1999,677, 678; Boesen, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 122. 34
35
36
37
38
Benedict, Vergabefremde Vergabekriterien, S. 207 f. Rust, EuZW 2000,205, 207; Götzke, S. 7; Schwarze, EuZW 2000, 133, 144. Vgl. Götzke, S. 30 ff.
Benedict, Vergabefremde Vergabekriterien, S. 208;Schwarze, EuZW 2000, 133, 144; Femandez Martin, S. 90. 40 Vgl. Westphal, P.P.L.R. 8 ( 1999), I, 2; Götz, EuR 1999,621 f.; Lange, S. 70; Hopp, DB 2000, 469; Hertwig, Rn. 6 . 39
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
53
deren wirtschafts-und strukturpolitischer Bedeutung richtig. 41 Die Berücksichtigung öffentlicher Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe erlaube es, schonend, passgerecht und regional oder lokal dosiert auf das Verhalten der Wirtschaftsteilnehmer einzuwirken. 42 Die Befürworter bestreiten, dass eine zusätzliche wirtschafts- oder sozialpolitische Instrurnentalisierung der Auftragsvergabe die Beseitigung von Diskriminierungen und eine wirkliche Öffnung des Binnenmarktes durchkreuzt. 43 Die Europäische Kornmission unterstützt diesen Standpunkt. Sie hat die Mitgliedstaaten "ermutigt", ihre öffentliche Kaufkraft für die Verfolgung von sozialen Zielen zu benützen. Hierzu könnten sie sogar "aufgefordert sein" oder "angehalten werden". 44 Die öffentlichen Auftraggeber könnten auch einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung und zu einem umweltfreundlichen Markt leisten. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe könnten Synergien zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltschutz erzielt werden.45 Auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss der EG hat das öffentliche Auftragswesen grundsätzlich als Instrument der Regional-, Technologie-, Sozial- und Konjunkturpolitik gesehen. 46 Kriterien, die öffentliche Belange verkörpern, sind aus den genannten Gründen grundsätzlich legitim. Eine gewisse Verteuerung der Beschaffung kann zu Gunsten der öffentlichen Belange hingenommen werden. Ob die Gefahr von Protektionismus und Willkür besteht, ist am einzelnen Kriterium zu prüfen, kann aber nicht für alle öffentlichen Belange pauschal unterstellt werden. II. Die Effizienz Die Effizienz der Berücksichtigung öffentlicher Belange wird von ihren Gegnern bezweifelt. Die gewonnenen Vorteile ließen sich meist schon nicht quantifizieren.47 Direkte Regelungen, etwa allgemeingültige ordnungs-und finanzpoliti41
Schwarze, EuZW 2000, 133, 144; vgl. Fernandez Martin, S. 46 ff.
42
Kempen, S. 511.
Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427, 467; Arrowsmith/Fernandez Martin, E.L.Rev. 18 (1993), 323,341. 43
44 Kom., Mitteilung öffentliches Auftragswesen, Nr. 4.4.; dies., Grünbuch, Nr. 5.39. Diese Äußerungen wurden kritisiert, da die Kommission sich nicht gemäß Art. 211 EGVertrag als Hüterin der Verträge geäußert habe, sondern als politisches Organ: Rittner, EuZW 1999,677, 680; a.A. Rust, EuZW 2000,205,207 f.
45
46 47
Kom., Berücksichtigung von Umweltbelangen, Einleitung, S. 4 f. Stellungnahme des WSA v. 27.1 .1972 (ABI. EG Nr. C 30 S. 17), S. 18. Rittner, EuZW 1999, 677, 678; Hopp, DB 2000, 469.
54
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
sehe Regelungen, würden die verfolgten Zwecke viel besser, sicherer und zielgenauer erreichen. 48 Die Bevorzugungen kämen außerdem nicht dem gesamten begünstigten Adressatenkreis zu Gute, sondern nur denjenigen Adressaten, die Unternehmer sind und zudem an den Staat liefern können.49 Die Instrumentalisierung schaffe darüber hinaus Zielkonflikte und somit Reibungsverluste. 5° Dies betreffe zum einen den Fall, dass ein Unternehmen das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, ein anderes aber bestimmte vergabefremde Kriterien erfiillt. Zum anderen ergäben sich aber auch dann Probleme, wenn verschiedene Unternehmen jeweils unterschiedliche vergabefremde Kriterien erfiillen. Bestimmte Anforderungen, die ·über die reine Erbringung der Vertragsleistung hinausgehen, könnten außerdem in erster Linie größere Unternehmen erfiillen, so dass diese Anforderungen im Ergebnis konzentrationsfördernd wirkten. 5 1 Überdiesenstünde hierdurch ein bürokratischer Mehraufwand fiir Vorbereitung, Durchfiihrung und Kontrolle des Vergabeverfahrens. 52 Die Beflirworter der Berücksichtigung öffentlicher Belange nehmen meist einen differenzierten Standpunkt ein. Sie gestehen ein, dass manche Versuche, mittels des Beschaffungswesens öffentliche Belange zu fordern, fehlgeschlagen sind oder nur eine geringe Wirkung hatten. 53 Sie sehen meist auch die Notwendigkeit, den durch ihre Berücksichtigung bewirkten Nutzen mit den hierdurch entstehenden Kosten abzuwägen. Diese Kosten könnten sich in einem höheren Preis oder in einer geringeren Qualität niederschlagen. Sie seien bei Standardgütern, fiir die ein starker Wettbewerb besteht, niedrig, könnten aber bei großen oder komplexen Beschaffungen erheblich sein. 54 Allerdings sei nicht nur der Einzelfall zu betrachten, sondern der gesamtwirtschaftliche Zusammenhang. So könnten im Falle, dass nicht das (mikroökonomisch) preisgünstigste Angebot ausgewählt wird, dennoch (rnakroökonomisch) die Kosten eingespart werden, die fiir die anderweitige Verfolgung der übrigen Ziele anfallen würden. 55 Andererseits müsse aber auch berücksichtigt werden, dass der 48
Rittner, EuZW 1999, 677, 680; Kling, S. 198 u. 208; Lange, S. 71 .
Hertwig, Rn. 7; Wallerath, S. 157. Rittner, EuZW 1999,677, 678 u. 680; Kling, S. 204 f.; Hertwig, Rn. 7; Weissenberg, DB 1984, 2285, 2288; vgl. Wallerath, S. 163 ff. 49
50
51
Hertwig, Rn. 7.
52
Weissenberg, DB 1984, 2285, 2287. Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 (1995), 235,244 u. 246.
53 54
Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 (1995), 235, 245 f.
55
Pietzcker, Staatsauftrag, S. 321; vgl. Lange, S. 70.
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
55
durch den freien Handel entstehende Mehrwert geschmälert werden könnte. Deshalb könnten langfristige Wettbewerbsbeschränkungen nicht hingenommen werden, kurzfristige möglicherweise schon, um die regionale Entwicklung, Umstrukturierungen und die Förderung neuer lebensfähiger Unternehmen zu unterstützen.56 Die Berücksichtigung öffentlicher Belange bei der Auftragsvergabe wird außerdem nicht als Ersatz fiir direkte Regelungen angesehen, sondern als deren Ergänzung: Hierdurch soll ein Verhalten gefördert werden, das über das gesetzliche Niveau hinausgeht. 57 Die Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange würden im Übrigen nicht mit den unmittelbar auftragsbezogenen Kriterien in Konflikt treten, wenn sie als Vorbedingung ausgestaltet sind. Unternehmen, die sie nicht erfiillen können, würden dann nämlich vom weiteren Vergabeverfahren einfach ausgeschlossen. 58 Die Befiirworter bestehen jedenfalls darauf, dass sich Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange als nützliches und wirksames Instrument erweisen würden, wenn sie in passender Weise angewandt werden. 59 Die Kommission vertritt insgesamt ebenfalls eine differenzierte Meinung. In ihrer Mitteilung "Regionale und soziale Aspekte" sieht sie keinen Beweis dafiir, dass Präferenzregelungen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der begünstigten Regionen geleistet hätten. 60 Dagegen geht sie in ihren übrigen Mitteilungen und in ihrem Grünbuch zum öffentlichen Auftragswesen stillschweigend davon aus, dass Kriterien zu sozialen Belangen und zum Umweltschutz grundsätzlich effektiv sind. 61 Die Effizienz der Berücksichtigung öffentlicher Belange kann nicht schlichtweg ausgeschlossen werden. Je nach Art und Umfang des Auftrags sowie nach der Ausgestaltung des betreffenden Kriteriums kann der Nutzen unterschiedlich groß sein. Dies ist eine Tatsachenfrage, der im Rahmen dieser Arbeit, die Rechtsfragen untersucht, nur am Rande nachgegangen werden kann.
56 Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 ( 1995), 235, 245 f. 57 Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 (1995), 235,242. 58
Rust, EuZW 2000, 205, 207.
59
Arrowsmith, L.Quart.Rev. 111 (1995), 235,245 f.
° Kom., Regionale und soziale Aspekte, Nr. 35.
6
Kom., Berücksichtigung von Umweltbelangen, Einleitung, S. 4 f.; dies., Mitteilung öffentliches Auftragswesen, Nr. 4.3. f.; dies. , Grünbuch, Nr. 5.39 u. 5.46 f. 61
56
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
111. Die Praktikabilität
Auch die Praktikabilität wird von den Gegnern der Berücksichtigung öffentlicher Belange verneint. Die Vergabestellen seien beinahe vollständig nicht mit Juristen, sondern mit Kaufleuten, Technikern und Verwaltungsfunktionären besetzt, die mit einer allzu diffizilen Regelung überfordert wären. Auch den Vergabeüberwachungsausschüssen und Gerichten werde hierdurch ihre Kontrollaufgabe erschwert.62 Dem ist zu entgegnen, dass jedenfalls größere Beschaffungsstellen angesichts der bei der Auftragsvergabe umgesetzten hohen Geldbeträge ihre Mitarbeiter entsprechend zu schulen haben. Das Personal muss mit dem Ablauf des Vergabeverfahrens so vertraut sein, dass es beurteilen kann, welche Kriterien in welchem Stadium in welcher Weise anzuwenden sind. Im Übrigen lassen viele gesetzliche Regelungen den öffentlichen Auftraggebern einen Spielraum, ob bzw. wie sie die Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange anwenden.
D. Anknüpfungspunkte im Vergabeverfahren I. Der Verfahrensablauf
Öffentliche Belange können in das Vergabeverfahren in unterschiedlichen Stadien63 einfließen:64 bei der Grundentscheidung über die Beschaffung, bei der Erstellung von Leistungsverzeichnis und Vertragsbedingungen, bei der Wahl der Verfahrensart, bei der Beteiligung am Vergabeverfahren, bei der Prüfung der Eignung der Unternehmen und bei der Erteilung des Zuschlags. Bereits bei der Entscheidung, ob überhaupt und zu welchem Zeitpunkt eine Beschaffung vorgenommen werden soll, können konjunkturpolitische Erwägungen zum Zuge kommen. 6 5 Die von Keynes begründete antizyklische Wirtschaftspolitik sieht vor, dass in Zeiten wirtschaftlicher Flaute die fehlende private Nachfrage durch eine vermehrte Auftragsvergabe seitens des Staates ausgeglichen wird. Eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft wird von Art. 109 Abs. 3 GG vorgesehen und in § 11 StabG einfachgesetzlich konkretisiert, wonach bei einer die Ziele des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ( § 1 StabG) gefahrdenden Abschwächung 62 Rittner, EuZW 1999, 677, 678 f.; Götz, EuR 1999, 621, 632; Kling, S. 207; vgl. Westpha/, P.P.L.R. 8 (1999), I, 3. 63 Vgl. das Ablaufschema bei: Westhof, S. 62 ff.
Vgl. Rust, S. 903 . Püttner, Verwaltungslehre, S. 182 f.; Kunert, S. 182; Pietzcker, Staatsauftrag, S. 326 f.; Götzke, S. 8; Neß/er, DÖY 2000, 145, 147. 64
65
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
57
der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit die Planung von Investitionsvorhaben zu beschleunigen ist. Nach § 2 Nr. 3 VOB/A ist anzustreben, die Aufträge so zu erteilen, dass die ganzjährige Bautätigkeit gefördert wird. 66 Der Spielraum der öffentlichen Hand ist durch Sachzwänge und politisch kaum umkehrbare Prioritäten allerdings sehr begrenzt.67 Während die Ausgabenpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden in den 70-er Jahren unter dem Stichwort Beschäftigungsprogramm noch die unmittelbare Verhinderung der Rezession im Auge hatte, 68 werden die finanziellen Entscheidungen heute vornehmlich nach infrastruktureller Notwendigkeit (z.B. Aufbau Ost) und Kassenlage getroffen. Aus dem Blickwinkel des Vergaberechts wirft die Instrumentalisierung öffentlicher Aufträge zu konjunkturellen Zwecken keine Probleme auf: Die Aufträge als solche werden nämlich wertneutral vergeben. 69 Es handelt sich um eine Präferenzierung erga omnes, da hiervon nicht nur bestimmte Unternehmen betroffen sind, sondern alle. 70 Ob und wann die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden, fällt nicht in den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe, sondern obliegt der Haushalts- und Finanzplanung. 71 Daher ist der anzutreffende Hinweis, dass die Beschaffung gelegentlich nicht nur zeitlich verschoben wird, sondern ohne konjunkturpolitische Instrumentalisierung ganz unterbleiben würde, 72 vergaberechtlich ohne Belang. In den weiteren Stadien des Vergabeverfahrens werden Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange vom Vergaberecht aber erfasst. Hierbei ergeben sich verschiedene Einflussmöglichkeiten auf die Beteiligung der Unternehmen, die von der jeweiligen Verfahrensart abhängen. Das Vergaberecht kennt drei Verfahrensarten73: Beim offenen Verfahren (bis zu bestimmten Auftragswerten öffentliche Ausschreibung genannt) wird nach strengen Form- und Fristvorschriften eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Einreichung von Angebo66 V gl. auch Ausflihrungsbest. zu§ I Nr. I (Nr. 4) hmb. Beschaffungsanordnung d. hmb. Finanzbehörde v. 4.10.1994 (hmb. MittVw. S. 333): "Der Bedarf soll möglichst nicht zu einem Zeitpunkt gedeckt werden, in dem die Wirtschaft ohnehin stark mit Aufträgen aus dem privaten Bereich [ ...] versehen ist oder die Preise aus anderen Gründen steigende Tendenz zeigen." 67 Wa/lerath, S. 146. 68 Hartig, Städte- und Gemeindebund 1988, 18, 25. 69
Weissenberg, DB 1984, 2285, 2286.
70 Elverfeld, S. 157. 71 Gandenberger, S. 411. 72
Lange, S. 62 f.
73 V gl. Püttner, Verwaltungs1ehre, S. 179 ff.; Boesen, Einflihrung, S. 21.
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
58
ten aufgefordert. 74 Im nicht offenen Verfahren (beschränkte Ausschreibung) wird öffentlich zur Teilnahme aufgerufen und anschließend aus dem Bewerberkreis eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. 75 Beim Verhandlungsverfahren (freihändige Vergabe) wendet sich der öffentliche Auftraggeber- mit oder ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme - an ausgewählte Unternehmen, um mit einem oder mehreren über die Auftragsvergabe zu verhandeln. 76 Durch die Wahl eines "heimlichen" Vergabeverfahrens kann der Kreis der Anbieter auf solche eingeschränkt werden, die der Auftraggeber etwa zur Verfolgung öffentlicher Belange fördern möchte. 77 Andererseits sehen einige Richtlinien des Bundes und der Länder vor, dass bei den beiden letztgenannten Verfahrensarten bestimmte Unternehmen in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern sind. 78 Auch die Entscheidung darüber, an wen der Auftrag vergeben werden soll, kann von Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange beeinflusst werden. Maßgeblich sind hier die Anforderungen an die Leistung und das Unternehmen, die im Leistungsverzeichnis und in den Vertragsbedingungen gestellt und bei der Prüfung von Bewerber bzw. Bieter (Eignungskriterien)79 und Angebot (Zuschlagskriterien)80 bewertet werden.
II. Die Regelungstechnik Nach der Regelungstechnik81 können die Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange in Bevorzugung, Ausschluss und Inpflichtnahme unterschieden werden. Es gibt Bevorzugungen im engeren und weiteren Sinne: 82 Eine Bevorzugung im engeren Sinn liegt vor, wenn bei der Vergabeentscheidung dem Angebot eines Bieters gegenüber den Mitbietern der Vorzug gegeben wird. Dagegen ist eine Bevorzugung im weiteren Sinne gegeben, wenn nur die angemessene Beteiligung der bevorzugten Personengruppe an der Auftragsvergabe sichergestellt werden 74
Vgl. § 101 Abs. 2 GWB.
75
Vgl. § 101 Abs. 3 GWB.
76
Vgl. § 101 Abs. 4 GWB.
77
Gandenberger, S. 408; Rosenzweig, S. 101. Müller, in: Daub/Eberstein, VOLIA, § 2 VOLIA Rn. 43 .
78
Vgl. § 97 Abs. 4 GWB. 80 V gl. § 97 Abs. 5 GWB. 81 V gl. Otting, Stadt und Gemeinde 1996, 461, 461 . 82 Müller, in: Daub/Eberstein, VOLIA, § 2 VOLIA Rn. 42 ff.; vgl. Kayser, S. 53.
79
2. Kapitel: Öffentliche Belange im Vergabeverfahren
59
soll, etwa durch Aufforderung zur Angebotsabgabe bei beschränkter Ausschreibung oder freihändiger Vergabe, durch Streuung der Aufträge oder durch Klauseln über die Erteilung von Unteraufträgen durch den nicht-bevorzugten Vertragspartner.83 Im Rahmen der Bevorzugung im engeren Sinne ist zwischen der echten und der unechten Bevorzugung zu unterscheiden: Von einer unechten Bevorzugung spricht man, wenn sie sich nicht auf den Preis, sondern nur prozedural auswirkt. 84 Das ist dann der Fall, wenn der bevorzugte Bieter auf sein im Vergleich zu Mitbietern ebenso wirtschaftliches Angebot den Zuschlag erhält oder ihm die Möglichkeit eröffnet wird, in ein wirtschaftlich günstigeres Angebot eines Konkurrenten zu dessen Konditionen einzutreten. Eine echten Bevorzugung liegt hingegen vor, wenn das Angebot eines bevorzugten Bieters auch dann den Zuschlag erhält, obwohl es (geringfügig) über dem wirtschaftlichsten Angebot liegt. 85 Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange können auch zum Ausschluss bestimmter Unternehmen oder bestimmter Leistungen fuhren. Unternehmen werden meist deswegen ausgeschlossen, weil ihre Eignung negativ beurteilt wird. Leistungen werden nicht berücksichtigt, wenn sie der Leistungsbeschreibung nicht entsprechen. Die Kriterien können auch eine Inpflichtnahme des Auftragnehmers bewirken. Hiermit ist gemeint, dass Zusatzbedingungen aufgestellt werden, die den Auftragnehmer in Zukunft zu einem bestimmten Verhalten veranlassen sollen. 86 Hinsichtlich des Regelungsziels schließlich kann danach differenziert werden, ob die Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange nur auf die Einhaltung anderer, nicht im Vergaberecht geregelter Bestimmungen oder unabhängig hiervon auf die Durchsetzung weitergehender Politikprogramme abzielen.87
83
Vgl. Püttner, Verwaltungslehre, S. 183 f.
84
Weissenberg, DB 1984, 2285 f.
85
Ebenda.
86
Pietzcker, Staatsauftrag, S. 329. Otting, Stadt und Gemeinde 1996, 461 .
87
3. Kapitel
Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften A. Überblick über die Vorschriftsarten Das Vergaberecht ist in Deutschland in zahlreichen Beschaffungsvorschriften geregelt. Dies können Gesetze, Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften sein. Die Verdingungsordnungen (VOL, VOB, VOF) nehmen eine Sonderrolle ein: Bei ihnen handelt es sich grundsätzlich um private Regelwerke, die aber durch einen Anwendungsbefehl in Rechtsverordnungen (Vergabeverordnung, Gemeindehaushaltsverordnungen) bzw. Verwaltungsvorschriften derenjeweiligen Rechtscharakter übernehmen. 1 Man kann die Vorschriften grundsätzlich in zwei Blöcke einteilen: Der erste Block umfasst den 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV) und die Verdingungsordnungen. Sie sind bundeseinheitlich ausgestaltet und regeln das Auftragswesen hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens in allgemeiner Weise. Sie enthalten unmittelbar auftragsbezogenen Kriterien und nur ausnahmsweise Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange. Man kann hierbei von allgemeinen Beschaffungsvorschriften sprechen. 2 Im zweiten Block finden sich weitere Gesetze, Rechtsverordnungen und vor allem Verwaltungsvorschriften, die etwa "Beschaffungsanordnungen" und"Vergaberichtlinien der Verwaltung" genannt werden. 3 Sie sind von Bund, Ländern und Gemeinden erlassen worden und gelten oft nur in derenjeweiligem Verwaltungsbereich. Zwar wiederholen und konkretisieren sie manchmal auch die allgemeinen Beschaffungsvorschriften, doch setzen sie meist Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange fest. Man kann sie als spezielle Beschaffungsvorschriften bezeichnen.4 Kriterien zu Gunsten öffentlicher Belange fließen manch1 Eberstein, in: Daub/Eberstein, VOL/A, Einf. VOLIA Rn. 69 ff. u. 82; Riese, S. 12 ff.; Vygen, in: Ingenstau/Korbion, VOB, Ein I. VOB Rn. 25; vgl. Heiermann/Riedi/Rusam, EinI. VOBRn. 2. 2 Vgl. Ausführungsbest zu § I Nr. I (Nr. 3) hmb. Beschaffungsanordnung d. hmb. Finanzbehörde v. 4.10. 1994 (hmb. MittVw. S. 333). 3 Das Wort Vergaberichtlinien wird einerseits fürnationale Verwaltungsvorschriften und andererseits flir die europäischen Verordnungen verwendet. 4
Ausflihrungsbest. zu § I Nr. l (Nr. 3) hmb. Beschatfungsanordnung.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
61
mal allerdings auch ohne schriftliche Fixierung in die Einzelfallentscheidung der Verwaltung ein.
B. Zusammenstellung der öffentlichen Belange Die folgende Zusammenstellung verdeutlicht, welche öffentlichen Belange Bund, Länder und Gemeinden bei der öffentlichen Auftragsvergabe verfolgen bzw. verfolgen wollen. Sie ist nach dem jeweiligen Regelungszweck gegliedert. Es lassen sich Kriterien mit sozialen und beschäftigungspolitischen, mit ökologischen und mit strukturpolitischen Zielen sowie zum Schutz vor schädlichen Geschäftspraktiken unterscheiden. Es lässt sich nicht vermeiden, dass einzelne Regelungen, die einer Gruppe zugeordnet wurden, auch Bezüge zu anderen Gruppen aufweisen. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die speziellen Beschaffungsvorschriften gegenwärtig im Umbruch befinden. § 97 Abs. 4 HS. 2 GWB lässt für Aufträge oberhalb der durch die Vergabeverordnung festgesetzten Schwellenwerte5 "andere oder weitergehende Anforderungen" nur dann zu, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. Eine diesbezügliche Übergangsfrist ist am 30. Juni 2000 ausgelaufen. 6 Deshalb werden gegenwärtig in einigen Bundesländern neue Vergabegesetze beraten7 bzw. wurden solche bereits verabschiedet. 8 Die Verga5 §100 Abs. I GWB i.V.m. § 2 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung- VgV) v. 9.1.2001 (BGBI. I S. II 0). 6
Art. 3 Nr. 5 Vergaberechtsänderungsgesetz (V gRÄG) v. 26.8.1998 (BGBI. I S. 2512).
Vgl. Entwurf eines Gesetzes über die Vergabe von Bauaufträgen in Bremen (Bremisches Landesvergabegesetz), Gesetzentwurf des brem. Senats v. 15.6.2000, Forum Vergabe Monatsinfo 6/2000, Anl. 2; Entwurf flir ein Hess. Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge, Gesetzentwurf der hess. Fraktion der SPD v. 15.2.200 I, hess. LT-Drs. 15/2388; Entwurf eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Freistaat Sachsen, Gesetzentwurf der sächs. Fraktion der SPD v. I 0.5.200 I, Neufassung v. 15.10.2001, zu sächs. LT-Drs. 3/4227; Entwurf eines Gesetzes zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Land Schleswig-Holstein (Landes-Vergabegesetz), Gesetzentwurf der schlh. Abg. des SSW, schlh. LT-Ors. 15/957 v. 16.5.2001; Entwurf eines Thüringer Gesetzes über die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand an das Bau- und Dienstleistungsgewerbe, Gesetzentwurf der thür. Fraktion der SPD, thür. LT-Ors. 31713 v. 30.5.2000. 7
8 Gesetz über die Vergabe von Bauaufträgen im Freistaat Bayern (Bayerisches Bauaufträge-Vergabegesetz- BayBauVG) v. 28.6.2000 (Bay. GVBI. S. 364); Berliner Vergabegesetz (VgG Bin.) v. 9.7. 1999 (bin. GVBI. S. 369); nds. Landesvergabegesetz v. 2.9.2002 (Nds. GVBI. S. 370); Gesetz Nr. 1450 über die Vergabe von Bauaufträgen im Saarland (Saar Iänd isches Bauaufträge-Vergabegesetz - SaarBau V G) v. 23.8.2000 ( saarl. Amtsbl. S. 1846); Gesetz über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Land Sachsen-
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
62
begesetze von Bayern, des Saarlandes und von Sachsen-Anhalt erlauben ihrerseits andere oder weitergehende Anforderungen nur, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. 9 Der Anwendungsbereich dieser Vergabegesetze beschränkt sich auf Baubzw. auch Dienstleistungsaufträge, doch unterscheiden sie nicht danach, ob die genannten Schwellenwerte erreicht werden oder nicht. 10 I. Soziale und beschäftigungspolitische Ziele
1. Bevorzugte Bevölkerungsgruppen Zu den bevorzugten Bevölkerungsgruppen zählen Vetriebene- hierunter fallen insbesondere Aussiedler, Heimatvertriebene und sog. Sowjetzonenflüchtlinge (Flüchtlinge aus der DDR und Ost-Berlin) -, Spätaussiedler, Verfolgte, anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen und anerkannte Blindenwerkstätten. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in§ 100 Abs. 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) 11 i.V.m. § 74 dervor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung des BVFG 12, § 14 Abs. 2 BVFG, § 68 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) 13 und §§ 141 bis 143 Sozialgesetzbuch IX (SGB IXY 4 • Die Bestimmungen sehen vor, dass bei der Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand die genannten Bevölkerungsgruppen bevorzugt zu berücksichtigen sind. Für die Vertriebenen ist dies nicht unbestritten. Die neuen Bevorzugten-Richtlinien von Bayern 15 und Hessen 16 behaupten, dass die frühere Präferenzregelung Anhalt (Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - VergabeG LSA) v. 29.6.2001 (GVBI. LSA s. 234). 9 Art. 2 Abs. I S. 2 BayBauVG, § 2 Abs. I S. 2 SaarBauVG, § 2 Abs. 2 S. 3 VergabeG LSA.
10
Art. I BayBauVG, § I SaarBauVG, § I Abs. I VergabeG LSA.
Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz- BVFG) v. 19.5.1953 (BGBI. I S. 20 I), i.d.F. d. Bek. v. 2.6.1993 (BGBI. I S. 829), zul. geänd. durch G v. 22.12.1999 (BGBI. I S. 2534, 2535). 11
12 I.d.F. d. Bek. des Gesetzes v. 3.9.1971 (BGBI. I S. 1565, 1807), zu!. geänd. durch G 20.12.1991 (BGBI. I s. 2317). 13 Bundesgesetz zur Entschädigung flir Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG) v. 18.9.1953 (BGBI. I S. 1387), i.d.F. v. 29.6.1956 (BGBI. I S. 559), zul. geänd. durch G v. 16.12.1997 (BGBI. I S. 2942, 2964).
V.
14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -(SGB IX)v. 19.6.2001 (BGBI. I S. 1046, 1047). 15 Eint. bay. RL'en flir die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Bevorzugtcn-RL'en), Bek. d. Bay. StReg. v. 30.11.1993 (bay. AIIMBI. S. 1308), zu!. geänd. durch Bek. v. 13.9.1994 (bay. AIIMBI. S. 767, Abs. I); s.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
63
fiir Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz17 entfallen sei. 18 Demgegenüber gehen die Richtlinien von Baden-Württemberg19, Rheinland-Pfalz20 und Niedersachsen21 von einer weitergeltenden Bevorzugung dieser Personengruppen aus. Letzterer Meinung ist zu folgen, denn die Übergangsvorschrift des § I 00 Abs. I BVFG n.F. bestimmt, dass fiir Vertriebene die vor dem I.I.I993 geltenden Vorschriften nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8 Anwendung fmden. Diese Absätze treffen keine besonderen Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe, die vor dem I. Januar 1993 in§ 74 BVFG a.F. geregelt war. Die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung präzisiert, dass für Vertriebene auch künftig das bisherige Recht grundsätzlich uneingeschränkt anzuwenden ist. 22 Dies deckt sich mit der Vorläufigen Richtlinie zu§ IOO BVFG23 , die vom Bund zusammen mit den Ländern als Empfehlung erarbeitet worden ist. 24 Auch das Bundesverwaltungsgericht spricht nur von "gewisse[n ... ) Modifizierungen": 25 DemKriegsfolgenbereinigungsgesetz kommt keine Rückwirkung in dem Sinne zu, dass ein Vertriebenenstatus, der nach der vor dem I.I.I993 geltenden Rechtslage entstanden ist, nachträglich beseitigt worden wäre und nicht mehr durch Ausstellung eines Vertriebenenausweises festgestellt werden
auch: Einl. bay. Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Bek. d. Bay. StMWiVk. v. 9.7.1993 (bay. All MB I. S. 911 ). 16 Einl. hess. RL'en flir die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Bevorzugten-RL'en), Gern. RdErl. hess. Ministerien v. 14.10.1994 (hess. StAnz. S. 3281 ); s. auch: Abs. I hess. Änderung der 31. Bek. nach § 30 Abs. 2 der GemHVO betr. Anwendung der RL'en für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Bevorzugten-RL'en), Bek. des Hess. MIL v. 30.6.1995 (hess. StAnz. 1995 S. 2129). 17 Art. I Gesetz zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen (Kriegsfolgenbereinigungsgesetz- KfbG) v. 21.12.1992 (BGBI. I S. 2094).
s So wohl auch Götzke, S. 12.
1
Nr. 1.1 bw. VwV d. Ministerien über die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (BevorzugtenRL'en für öffentliche Aufträge- BRöA) v. 30.12.1996 (bw. GABI. 1997 S. 76). 19
20 Nr. I 0.1.1 rlp. Öffentliches Auftragswesen in Rheinland-Pfalz, VwV des rlp. MWiVkL, MISp. und MF v. 30.9.1998 (rlp. MinBI. S. 490).
21 Nr. 1.1 nds. RL'en flir die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, RdErl. des nds. MWiVk. v. 15.3.1994 (Nds. MBI. S. 389). 22
BT-Drs. 12/3212, S. 27.
23
Stand: 28.4.1997, abgedr. bei von SchenckendorjJ, C 30.1.1.8, Nr. I.
24 Vgl. von Schenckendorff, C 30.1.1. 25
BVerwG, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 76, S. 27, 28; vgl. BVerwGE 92, 70, 72 f.
64
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
könnte. 26 Das alte Recht bleibt somit auf alle Personen anwendbar, deren Status vor dem 1.1.1993 entstanden ist. 27 Diese Vertriebenen, Aussiedler und DDRFlüchtlinge sind also nach wie vor bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu bevorzugen. Die Eigenschaft als Vertriebener, Aussiedler, DDR-Flüchtling und Spätaussiedler ist auf deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige beschränkt. 28 Verfolgten steht die Bevorzugung als Entschädigungsanspruch29 nur zu, wenn bestimmte örtliche Voraussetzungen erfüllt sind, die sich auf den Geltungsbereich des BEG, das Reichsgebiet nach dem Stande von 193 7 und Danzig beziehen. 30 In den Genuss der Präferenzierung kommen bei den genannten Personengruppen sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen, an denen der betreffende Personenkreis maßgeblich beteiligt ist. 31 Das BVFG verlangt, dass die Vertriebenen bzw. Spätaussiedler mit mindestens der Hälfte des Kapitals beteiligt sind und außerdem diese Beteiligung und eine Mitwirkung an der Geschäftsführung für mindestens sechs Jahre sichergestellt sind. 32 Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten bedürfen einer Anerkennung durch die Bundesanstalt für Arbeit bzw. die nach Landesrecht zuständigen Behörden, um bevorzugt zu werden. 33 Die gesetzlichen Vorschriften treffen zwar keine ausdrückliche Aussage, doch ist nach dem Territorialitätsprinzip davon auszugehen, dass nur Einrichtungen auf deutschem Staatsgebiet anerkannt werden sollen. Dieser Schluss liegt urnso näher, als die Anerkennung auch für die Inanspruchnahme von sonstigen Rechten und Förderleistungen von Bedeutung ist. 34 Außerdem können nur solche Betriebe als Blindenwerkstätten anerkannt werden, in denen ausschließlich Blindenwaren hergestellt werden. 35 Die Werkstätten für behinderte Menschen haben die Aufgabe, die Behinderten mit hand26
BVerwG, Buchholz 412.3 § I BVFG Nr. 51, S. 3, 6.
27
von Schenckendorff, § I 00 BVFG n.F. Nr. I. a); a.A. Kling, S. 729 ff., insbes. Fn. I 0.
28
§§ I ff., 6 BVFG.
29
Zorn, S. 21 0 f.
30
§ 4 BEG.
31
§§ 74 Abs. I BVFG a.F., 14 Abs. 2 BVFG n.F., 68 Abs. I BEG.
32
§§ 74 Abs. I S. 2 BVFG a.F., 14 Abs. 2 S. 2 BVFG n.F.
§§ 141 f. SGB IX; § 5 Blindenwarenvertriebsgesetz (BiiwaG) v. 9.4.1965 (BGBI. I S. 311 ), zu!. geänd. durch G v. 23.11.1994 (BGBI. I S. 3475, 3484); § 17 Werkstättenverordnung (WYO) v. 13.8.1980 (BGBI. I S. 1365), zu!. geänd. durch G v. 19.6.200 I (BGBI. I S. 1046, 1129). 33
34
Cramer, Yorb. § 17 SchwbWY Rn. 2; Neumann/PaMen, §57 SchwbG Rn. 3.
35
§ 5 Abs. I Nr. I BliwaG.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
65
werklichen, nicht aber kaufmännischen Tätigkeiten zu beschäftigen.36 Ihr Leistungsangebat wnfasst Auftragsarbeiten, Eigenfertigungen und Dienstleistungen. 37 Daraus ergibt sich, dass sowohl die Blindenwerkstätten als auch die Werkstätten fiir behinderte Menschen bei Warenlieferungen selbst hergestellteWaren anbieten und keine fremden vertreiben. Ziel der genannten gesetzlichen Regelungen ist es, den bevorzugten Personengruppen die Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland zu erleichtem. 38 Bei Spätaussiedlern sollen außerdem durch die Spätaussiedlung bedingte Nachteile gemildert werden. 39 Verfolgte sollen fiir Schäden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen entschädigt werden. 40 Die Bevorzugung ist teilweise zeitlich beschränkt. Vertriebene und Spätaussiedler sind nur in den ersten 10 Jahren nach Verlassen ihrer Herkunftsgebiete bevorzugt zu berücksichtigen. 41 Überdies können Vertriebene, Spätaussiedler und Verfolgte die Vergünstigung nicht mehr in Anspruch nehmen, wenn sie in das wirtschaftliche und soziale Leben der Bundesrepublik in einem nach ihren früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zurnutbaren Maße eingegliedert sind.42 Diese gesetzliche Regelung enthält sowohl einen individuellen Maßstab, indem sie an die früheren Lebensverhältnisse des Bevorzugten anknüpft, als auch einen objektiven, wonach bei der Zumutbarkeit die Belange der Allgemeinheit angemessen zu berücksichtigen sind und subjektive Wunschvorstellungen des Bevorzugten begrenzt werden. 43 Der Tatbestand ist nach dem BVerwG erfüllt, wenn die bevorzugte Person in ihrerneuen Umgebung eine wirtschaftliche und soziale Stellung erreicht hat, die sich nicht wesentlich von dem wirtschaftlichen und sozialen Stande derjenigen Gesellschaftsschicht unterscheidet, der sie nach 36 Vgl. § 4 Abs. 4 u. 5 WVO: Kenntnisse von Arbeitsabläufen, Werkstoffen und Werkzeugen. 37 Vgl. Cramer, §57 SchwbG Rn. 5; siehe auch die Informationen über das Leistungsangebot im Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für Behinderte und der Zusammenschlüsse anerkannter Werkstätten flir Behinderte, das die Bundesanstalt flir Arbeitjährlich in den Amtlichen Nachrichten der Bundesanstalt flir Arbeit (ANBA) veröffentlicht.
38 §§ 7 Abs. I S. I BVFG n.F., 136 Abs. I S. I SGB IX, vgl. §§ 13 Abs. I S. I BVFG a.F., 68 Abs. 2 BEG. 39
§ 7 Abs. I S. 2 BVFG n.F.
40
§ 64 Abs. I S. I BEG.
41
§§ 74 Abs. I S. I BVFG a.F., 14 Abs. 2 S. I BVFG n.F.
42
§§ 13 Abs. I BVFG a.F., 14 Abs. 4 BVFG n.F., 68 Abs. 2 BEG.
43
von Schenckendorff, § 13 BVFG a.F. Nr. 3.
66
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
Herkunft und Vergangenheit zuzurechnen ist. 44 Auch wenn ihre früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse erheblich über diesem Niveau gelegen haben sollten, braucht sie nicht über das Niveau ihrer Gesellschaftsschicht hinausgehoben zu werden. 45 Die bevorzugte Person braucht auch nicht so gestellt zu werden, wie sie ohne den Ortswechsel oder ohne die Verfolgung heute stehen würde. 46 Auf welche Weise und mit welchen Mitteln die Eingliederung in die Gesellschaft der Bundesrepublik erreicht wurde, ist unerheblich. 47 Die gesetzlichen Bestimmungen verpflichten die öffentliche Hand unmittelbar zur pflichtgernäßen Ausübung von Ermessen, ob eine bevorzugte Person bzw. ein bevorzugtes Unternehmen bei der Auftragsecteilung "bevorzugt zu berücksichtigen" ist. 48 Dies gilt auch für§ 141 S. 1 SGB IX, obwohl nach seinem Wortlaut die Aufträge den Werkstätten für behinderte Menschen nur "angeboten" werden. Ein bevorzugtes Anbieten hätte aber keinen Zweck, wenn damit nicht auch die bevorzugte Auftragsvergabe verbunden wäre.49 Es handelt sich um keine gebundene Entscheidung, da andernfalls das Zusammentreffen mehrerer Bevorzugter nicht gelöst werden könnte und auch die haushaltsgerechte Verwendung der Mittel zu beachten ist. so Bei der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, ob dem Bevorzugten vom betreffenden öffentlichen Auftraggeber schon Aufträge erteilt worden sind, wie häufig dies geschehen ist, und von welcher Höhe und wirtschaftlichen Bedeutung die Aufträge waren. 51 Außerdem spielen seine Güte und Zuverlässigkeit in der Erfüllung des Auftrages, die bei früheren Aufträgen gernachten Erfahrungen, seine Preisgestaltung, aber auch die sozialen und wirtschaftlichen Belange nicht bevorzugter Anbieter eine Rolle. 52 Dem Bevorzugten ist der Zuschlag zu erteilen, wenn er nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände mit dem besten Konkurrenten im Wesentlichen auf gleicher Höhe liegt. 53 44
BVerwGE 13, I LS. I.
4s
BVerwGE 13, I, 3.
46
BVerwG, Buchholz 412.3 § 13 BVFG Nr. 4, S. I, I.
47
BVerwGE 21, 75, 76 f.
BVerwGE 34,213, 216; Dopatka, in: GK-SchwbG, §56 SchwbG Rn. 3; Cramer, § 56 SchwbG Rn. 9; van Dam/Loos, § 68 BEG Rn. 5. 48
Neumann/Pahlen, § 56 SchwbG Rn. 6. so BVerwGE 34,213, 216; vgl. BVerwG, RzW 1966, 464,465.
49
s1 BVerwGE 34,213,217 f.; BVerwG, RzW 1966,464,465. BVerwGE 34,213, 217 f.; 8/essin/ Wilden/Ehrig, § 68 BEG Rn. 2. sJ BVerwGE 34, 213, 218; Dopatka, in: GK-SchwbG, §56 SchwbG Rn. 3; eine bloße Gleichstellung genügt nicht: BVerwG, RzW 1966,464, 465; Brunn!Hebenstreit, § 68 BEG zu Anm. 2. 51
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
67
Die Ermessensentscheidung ist gerichtlich nur daraufüberprüfbar, ob neben der Sache liegende Umstände berücksichtigt oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind, so dass sie auf Willkür beruht. 54 Das Bundeswirtschaftsrninisterium55 und verschiedene Landesregierungen bzw. -ministerien56 haben sog. Bevorzugten-Richtlinien erlassen, die die gesetzlichen Vorgaben näher ausgestalten. Während viele Richtlinien fiir sämtliche bevorzugten Bewerber gelten bzw. nur die Vertriebenen ausnehmen, gilt die neue Bekanntmachung des Bundeswirtschaftsministeriums nur noch für Werkstätten fiir behinderte Menschen und Blindenwerkstätten. Die Personen und Unternehmen haben ihre Bevorzugteneigenschaft durch Vorlage bestimmter Ausweise, Bescheide, rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen und Anerkennungen nachzuweisen. 57 Die Bevorzugten-Richtlinien des Bundes ermöglichen es ausländischen Bewerbern, entsprechende Bescheinigungen ihres Ursprungs- oder Herkunftslandes bzw. eine Bescheinigung einer dort abgegebenen eidesstattlichen bzw. feierlichen Erklärung vorzulegen. 58 Nach den Richtlinien besteht die Bevorzugung zunächst darin, dass die bevorzugten Personen und Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe mit aufzufordern sind (Bevorzugung im weiteren Sinne). 59 Was hierunter zu verstehen ist, erläutern die Bevorzugten-Richtlinien nicht. Die Vorschrift kann nicht bedeuten, dass eine fixe Anzahl von Bevorzugten von der bevorstehenden Auftragsvergabe zu benachrichtigen ist, da der Auftraggeber je nach Art und Umfang des Auftrages unterschiedlich viele Angebote einholen wird und auch nicht für jeden Auftrag gleichviel geeignete bevorzugte Unternehmen zur Verfügung stehen.60 Als Orien54 BVerwGE 34, 213, 216 u. 218; Dopatka, in: GK-SchwbG, § 56 SchwbG Rn. 3; Cramer, § 56 SchwbG Rn. 9; van Dam/Loos, § 68 BEG Rn. 5. 55 RL'en flir die Berücksichtigung von Werkstätten flir Behinderte und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge v. I 0.5.2001 (BAnz. Nr. I 09 S. 11773). Nach § 5 sind die RL'en für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge v. 11 .8.1975 (BAnz. Nr. 152 S. 2), zu!. geänd. durch Bek. des BMWi. v. 26.3. 1990 (BAiiz. Nr. 70S. 1857), außer Kraft getreten. 56 S. auch: hmb. Vergabe von Aufträgen an Werkstätten für Behinderte, Bek. des hmb. Personalamts v. 23.7.1996 (hmb. MittVw. S. 273); mv. Bevorzugte Berücksichtigung der Werkstätten flir Behinderte bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand, Er!. des mv. MS v. 30.4.1992 (AmtsBI. MV S. 523).
57
Vgl. statt aller: §§ 2 Nr. I RL'en (Bund), Nr. 2 bw. BRöA.
58
§ 2 Nr. 2 RL'en (Bund).
59
Vgl. statt aller:§ 3 Nr. I RL' en (Bund), Nr. 3.1 bw. BRöA.
60
Müller, in: Daub/Eberstein, VOLIA, § 2 VOLIA Rn. 44.
68
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
tierungspunkt wird in der Literatur angegeben, dass zwischen 10 und 25% der aufgeforderten Bewerber dem bevorzugten Personenkreis angehören sollen. 61 Außerdem können die Auftragsberatungsstellen in den Bundesländern den Vergabestellen bevorzugte Bewerber benennen. 62 Die Auftragsberatungsstellen sind Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft, die meist von den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern des jeweiligen Landes gemeinschaftlich eingerichtet worden sind und der Aufsicht der Landeswirtschaftsministerien unterstehen. 63 Auf das Angebot des bevorzugten Bieters soll der Zuschlag erteilt werden, wenn es ebenso wirtschaftlich (oder in der Terminologie der VOB/A: annehmbar64) ist wie das eines nicht bevorzugten Bieters (unechte Bevorzugung).65 Das Angebot des bevorzugten Bieters soll aber auch dann gewählt werden, wenn es nur geringfügig über dem wirtschaftlichsten (oder annehmbarsten) Angebot liegt (echte Bevorzugung). 66 Als geringfügige Überschreitung gelten für Vertriebene, Spätaussiedler und Verfolgte Mehrpreise, die zwischen 5% für Angebote bis 5.000 DM (2.556 €) und 0,5% fiir Beträge über 500.000 DM (255.646 €) gestaffelt sind, wobei der zulässige Mehrpreis, beginnend mit dem Satz von 5%, entsprechend der Angebotssumme stufenweise zu berechnen und zusammenzuzählen ist. 67 Für anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten sehen die Bevorzugten-Richtlinien des Bundes und einzelner Länder einen Mehrpreis von bis zu 15% vor, 68 während in Niedersachsen der Mehrpreis in gestaffelten Beträgen von 0,5 bis 6% reicht. 69 Bei Arbeitsgemeinschaften ist zur Ermittlung einer geringfügigen Überschreitung nur derjenige Anteil zu Grunde zu legen, den bevorzugte Unternehmen an dem Gesamtangebot der Arbeitsgemeinschaft haben. 70
61
Ebenda.
62
Ygl. statt aller: § 3 Nr. 2 RL'en (Bund), Nr. 3.2 bw. BRöA.
63
Ygl. Müller, in: Daub/Eberstein, VOL!A, § 4 YOL!A Rn. 10 f.
64
§ 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 2 YOB/A.
65
Vgl. statt aller: § 3 Nr. 3 RL'en (Bund), Nr. 3.3 bw. BRöA.
66
Vgl. Nr. 3.4 bw. BRöA.
67
Vgl. Nr. 3.5 bw. BRöA; Rechenbeispiel in : Nr. 3.4 nds. RL'en.
§ 3 Nr. 4 RL'en (Bund), Nr. 3.6 bw. BRöA, Nr. 4 und Anl. § S Nr. 4 Buchst. c hess. Gern. RdErl. über die Bevorzugten-RL'en, Nr. 10.3.6 rlp. YwV; in Bay. ist der zulässige Mehrpreis bis 10% gestaffelt: § 5 Nr. 4 Buchst. b bay. Bevorzugten-RL'en. 68
69
Nr. 3.5 nds. RL 'en.
70
Vgl. Nr. 5 Abs. I bw. BRöA.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
69
Die Landesvorschriften regeln auch den Fall, dass mehrere bevorzugte Bieter zusammentreffen. Es gehen dann anerkannteWerkstättenfür behinderte Menschen und Blindenwerkstätten vor, sofern ihr Angebot nur geringfügig über dem wirtschaftlichsten (oder annehmbarsten) Angebot liegt. Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten bzw. die übrigen bevorzugten Bieter untereinander sind danach auszuwählen, bei wemmehr Bevorzugungsmerkmale vorliegen. Bei bevorzugten Bietern mit gleicher Anzahl von Bevorzugungsmerkmalen kann der Zuschlag angemessen verteilt werden. 71 Anerkannte Blindenwerkstätten genießen nach anderen Vorschriften noch weitergehende Vergünstigungen. n In Bayern enthalten Bekanntmachungen die Empfehlung, Blindenwaren auch dann zu kaufen, wenn sie preislich ungünstiger liegen als Industrieerzeugnisse (echte Bevorzugung). 73 Die Beschaffungsanordnung von Baden-Württemberg sieht vor, dass die Landesverwaltung mindestens 50% ihres Bedarfs an Gegenständen, die als Blindenwaren vertrieben werden dürfen, von den anerkannten Blindenwerkstätten zu beziehen hat. 74 Hierbei handelt es sich etwa um handgefertigte Bürsten und Besen, Matten, Körbe, Scheuerund Staubtücher sowie Arbeitsschürzen. Ist die Reinigung von Büroräumen Reinigungsfirmen übertragen worden, sollten diese ebenfalls auf den Bezug von Blindenwaren hingewiesen werden, 75 was für sie aber keine Rechtspflicht begründet. Die besondere Bevorzugung von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten wird damit begründet, dass das Ziel, ihre wettbewerbliehe Benachteiligung abzubauen und sie stärker an öffentlichen Aufträgen zu beteiligen, bisher nicht erreicht worden sei. Ihr Anteil an den vergebenen öffentlichen Aufträgen sei nach wie vor vernachlässigbar gering. 76 Überdies führt die Vergabe öffentlicher Aufträge an derartige Einrichtungen zu einer Minderung der auch von öffentlichen Arbeitgebern zu entrichtenden Ausgleichsabgabe nach § 77
71
Vgl. Nr. 3.7 bw. BRöA.
72
Vgl. Anl. § 6 hess. Gern. RdErl. über die Bevorzugten-RL'en, Nr. 10.4 rlp. VwV.
Bay. Berücksichtigung von Blindenwerkstätten bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Bek. des Bay. StMWiVk. v. 24.4.1968 (bay. WVMBI. S. 143); vgl. § 6 bay. Bevorzugten-RL'en. 73
74 Nr. 7.1.1 Abs. 4 bw. AO d. LReg. über die Beschaffung in der LVw. (BeschaffungsAO) v. 21 .8.1989 (bw. GAB I. S. I 050), neu erl. durch AO v. I 0.11.1997 (bw. GABI. s. 689). 75
Ebenda.
76
Nr. 4 Abs. I hess. Gern. RdErl. über die Bevorzugten-RL'en.
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
70
SGB IX77, denn 50% des Rechnungsbetrages können hierauf angerechnet werden.78
2. Justizvollzugsanstalten Im Bund79 und in einzelnen Ländern80 nennen Verwaltungsvorschriften im Zusammenhang mit der Beschaffung auch Justizvollzugsanstalten. Die Auftragsvergabe soll das Vollzugsziel fördern, den Gefangenen im Vollzug der Freiheitsstrafe zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, indem ihm Arbeiten zugewiesen werden.81 Die Verwaltungsvorschriften des Bundes und von Nordrhein-Westfalen sprechen lediglich Empfehlungen aus, 82 bei der Beschaffung von Leistungen (NRW) und zusätzlich Bauleistungen (Bund) die Justizvollzugsanstalten angemessen zu berücksichtigen, indem Aufträge freihändig an sie vergeben werden. Während der Bund darauf hinweist, dass die Bedingungen nicht ungünstiger sein sollen als in der privaten Wirtschaft (unechte Bevorzugung), 83 geht der Runderlass von Nordrhein-Westfalen davon aus, dass dies in haushaltsrechtlicher Gesamtsicht stets der Fall ist (Indiz für eine echte Bevorzugung). 84 Im Bund soll höchstens der halbeJahresbedarfeiner bestimmten Leistung von Justizvollzugsanstalten gedeckt werden und sollen Aufträge, die an Behinderten- oder Blindenwerkstätten vergeben wurden, weiterhin an diese vergeben werden. 85 Die Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg trifft demgegenüber eine verbindliche Aussage, dass alle Justizbehörden des Landes ihre Kopfbögen bei der Justizvoll77 So ausdrücklich: Nr. 7.1.1 Abs. 2 bw. BeschaffungsAO, Nr. 3 Abs. 2 hess. Gern. RdErl. über die Bevorzugten-RL'en. 78
§ 140 Abs. I SGB IX.
Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes im Bereich der VOLlA und der VOB/ A an Justizvollzugsanstalten, RdSchr. des BMWi. v. 23.1.1986 (MinBIFin. S. 54). 79
80 Bw. Beschaffung einheitlich gestalteter Kopfbögen bei der Justizvollzugsanstalt Mannheim, A V des bw. MJ v. 2.11.1994, Die Justiz 1995, 6, 6; nrw. Vergabe von Aufträgen an Justizvollzugsanstalten, RdErl. des nrw. MJ v. 12.11.1976 (MBI. NRW S. 2730), zul. geänd. durch RdErl. v. 23.9.1996 (MBI. NRW S. 1804). 81
Abs. I RdSchr. (Bund), Abschn. I nrw. RdErl.
Abs. 2 RdSchr. (Bund): "werden [...] gebeten"; Abschn. II nrw. RdErl. : "wird empfohlen", die nachfolgenden Soll-Formulierungen dienen wohl nur der Erläuterung der Empfehlung. 82
83
Abs. 2 Nr. I RdSchr. (Bund).
84
Abschn. II Nr. 2 nrw. RdErl.
85
Abs. 2 Nr. 3 RdSchr. (Bund).
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
71
zugsanstatt Mannheim zu beziehen haben. 86 Wenn sowohl Hersteller als auch Abnehmer Behörden desselben Rechtsträgers sind, wie dies in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen der Fall ist, handelt es sich allerdings um eine Eigenproduktion, die nicht unter das Vergaberecht fällt. 87 3. Ausbildungsbetriebe Die Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben ist soweit ersichtlich nur in Berlin gesetzlich geregelt. 88 Die Bundesregierung89 und einzelne Länder90 haben diesbezüglich Verwaltungsvorschriften erlassen.91 Als Ziel der Vorschriften wird angegeben, dass die Wirtschaft in ihren Bemühungen um die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen unterstützt werden soll, um der schwierigen Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt zu begegnen.92 Die Vorschriften sind in der Mehrzahl eher zurückhaltend. Sie gelten meist nur für Auftragswerte, die unterhalb des Anwendungsbereichs der einschlägigen EG-Richtlinien (Schwellenwerte) liegen. 93 Teil-
86
Nr. 2 Abs. I bw. AV.
87
Vgl. Kunert, S. 22 f.; Pietzcker, AöR 107 (1982), 61,61; Müller-Wrede, Einl. VOF
Rn. 36; §§ 3 Nr. 4 Buchst. o, 7 Nr. 6 VOLIA, 8 Nr. 6 VOB/A betreffen also nur den Fall,
dass ein öffentlicher Auftraggeber die Justizvollzugsanstalt eines anderen Rechtsträgers beauftragen möchte. 88
Berliner Vergabegesetz (VgG Bin.) v. 9.7.1999 (bin. GVBI. S. 369).
Beschl. d. BReg. für die bevorzugte Berücksichtigung von Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, bei Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes v. 9.9.1997 (BAnz. Nr. 181, S. 12441 ), Gült. verlängert durch Beschl. der BReg. v. 20. 12.2000 (BAnz. Nr. 245 S. 24070); umgesetzt etwa durch Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 3911997 des BMVk. v. 15.10.1997 (VkBI. S. 796). 89
90 Vgl. bay. Bevorzugte Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Bek. d. Bay. StReg. v. 27.1.1998 (bay. AllMBI. S. 79); hmb. RL zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe nach VOL/A, VOB/A und VOF, Beschl. des hmb. Senats v. 27.10.1998 (hmb. MittVw. S. 141); nrw. Bevorzugte Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, RdErl. des nrw. MWiV v. 27.9.1996 (MBI. NRW S. 1659), zul. geänd. durch RdErl. v. 18.9.1998 (MBI. NRW S. 1023); Erl. d. Reg. des Saarlandes überdie bevorzugte Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge v. 22.4.1998 (saarl. Amtsbl. S. 491 ). 91 In BW bestand einederartige VwV biszum31.12.1987: bw. VwV d. Ministerien über die Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge v. 1.10.1985 (bw. GAB I. S. I 050). 92
Abs. I nrw. RdErl., Abs. I saarl. Erl.
93
Anders aber:§ 2 VgG Bin.
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
72
weise sind in ihnen außerdem untere Wertgrenzen festgesetzt. 94 Das Berliner Vergabegesetz ist nur auf Bauleistungen sowie Dienstleistungen bei Gebäuden und Immobilien anwendbar. 95 Zum Teil reicht es fiir die Präferenzierung schon aus, dass das Unternehmen Ausbildungsplätze bereitstelle6 oder sich an tarifvertraglich geregelten Berufsausbildungs-Umlagesystemen97 bzw. Ausbildungsverbünden beteiligt. 98 Einzelne Länder fordern hingegen, dass die Betriebe auch tatsächlich ausbilden. 99 Reichen auch ausländische Unternehmen Angebote ein, so ist die Anwendung einiger Erlasse ausgeschlossen.100 Andere verlangen, dass die ausländischen Betriebe Jugendliche oder Heranwachsende nach den Vorschriften ihrer Herkunftsländer einarbeiten oder in sonstiger Form qualifizieren. 101 Als Nachweis fiir die Bevorzugteneigenschaft werden entweder Eigenerklärungen102 oder Bescheinigungen der fiir die Berufsausbildung zuständigen Stellen 103 verlangt, bei ausländischen Unternehmen abweichend gleichwertige Bescheinigungen ihres Herkunftslandes. 104 Eine Bevorzugung soll nach den meisten Vorschriften nur im Rahmen der geltenden Regelungen von VOLIA und VOB/A erfolgen. Nur bei gleichwertigen Angeboten sollen Ausbildungsbetriebe bevorzugt werden (unechte Bevorzugung). 105 Weitergehend sind die Verwaltungsvorschriften in N ordrhein-Westfalen und Hamburg, wo es fiir die Bevorzugung ausreicht, dass der Ausbildungsbetrieb ein etwa gleichwertiges Angebot macht. 106 Die Hamburger Richtlinie begründet dies damit, dass es im Abwägungsprozess wegen der zahlreichen zu gewichtenden Umständen erfahrungsgemäß eine Unschärfe bei der Bestimmung des günstigsten Angebots gibt. Die Richtlinie stellt aber klar, dass durch die Bevorzugung keine Mehrkosten entstehen dürfen. Dagegen kann der Runderlass von 94
Nr. I bay. Bek., Nr. I hmb. RL, Abs. 6 saarl. Er!.
95
§ 2 S. I VgG Bin.
96
Nr. I Beschl. (Bund).
97
Nr. I bay. Bek.
98
§ 2 S. I VgG Bin.
99
Nr. 1.4 hmb. RL, Abs. 2 nrw. RdErl., Abs. 2 saarl. Er!.
100
Nr. 4 Beschl. (Bund), Nr. 4 bay. Bek., Nr. 4 Abs. 2 hmb. RL.
101
Abs. 3 nrw. RdErl., Abs. 3 saarl. Er!.
102
Nr. 2 bay. Bek., Nr. 1.4 Abs. 2 hmb. RL.
103
Nr. 2 Beschl. (Bund),§ 2 S. 2 VgG Bin., Abs. 5 S. I nrw. RdErl., Abs. 4 S. I saarl.
Er!. 104
Abs. 5 S. 2 nrw. RdErl., Abs. 4 S. 2 saarl. Er!.
105
Nr. I Beschl. (Bund), § 2 S. I VgG Bin., Nr. I bay. Bek., Abs. 2 saarl. Er!.
106
Abs. 2 nrw. RdErl., Nr. 1.6 hmb. RL.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
73
Nordrhein-Westfalen auch so verstanden werden, dass das Angebot des Ausbildungsbetriebs auch geringfiigig über dem wirtschaftlichsten Angebot eines Mitbieters liegen darf(echte Bevorzugung). 107 Gegenüber Vertriebenen, Spätaussiedlern, Verfolgten und Werkstätten fi.ir behinderte Menschen und Blindenwerkstätten finden die Vorschriften i.d.R. keine Anwendung. In Nordrhein-Westfalen und im Saarland gilt der Ausschluss allerdings nur, wenn das Angebot der letztgenannten bevorzugten Bieter gleichwertig ist. 108 Treffen mehrere Ausbildungsbetriebe aufeinander, so löst der saarländische Erlass den Konflikt danach, wer gemessen an der Zahl der Beschäftigten die meisten Auszubildenden hat. 109 Die Hamburger Richtlinie addiert die Anteile der Auszubildenden und der Frauen an der Beschäftigtenzahl insgesamt und bevorzugt das Unternehmen mit der höchsten Summe. 110 Der Runderlass von Nordrhein-Westfalen erwähnt besonders weibliche Auszubildende, 111 was wohl ebenfalls bei der Auswahl eines Ausbildungsbetriebs unter mehreren bedeutsam wird. 112
4. Beschäftigung von ABM-Kräften Das Sozialgesetzbuch III (SGB III) sieht in § 262 Abs. 2 vor, dass bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags die Zuweisung von ABM-Kräften nichtdiskriminierend fi.ir alle Bewerber als vertragliche Nebenbedingung aufgenommen werden kann.113 ABM-Kräfte werden im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) beschäftigt, wobei die Bundesanstalt fi.ir Arbeit die förderungsfähigen Personalkosten übernimmt. Hierfi.ir kommen grundsätzlich Arbeitnehmer in Betracht, die langzeitarbeitslos sind und die Voraussetzungen fi.ir Entgeltersatz-
107 So noch ausdrücklich die außer Kraft getr. Fassung des nrw. RdErl. über die bevorzugte Berücksichtigung von Lehrlingsausbildungsbetrieben v. 29.11.1983 (MBI. NRW S. 2454), Abs. 2. 108 Abs. 6 nrw. RdErl., Abs. 5 saarl. Erl. 109 Abs. 2 S. 3 saarl. Erl. 110 Nr. 1.3 bis 1.5 hmb. RL. 111 Abs. 2 nrw. RdErl. 11 2 Vgl. hierzu die außer Kraft getr. Fassung des nrw. RdErl., wonach die Zahl der weiblichen Auszubildenden zweifach zu werten ist, wenn das Verhältnis der Auszubildenden zur Gesamtbelegschaft gebildet wird: Abs. 4 Nr. 3 nrw. RdErl. über die bevorzugte Berücksichtigung von Lehrlingsausbildungsbetrieben v. 8.10.1987 (MB I. NRW
s.
1635). 113
s. 69.
Hierzu Henkes/Baur/Kopp/Polduwe",Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen", Nr. 4 d,
74
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
Ieistungen erfiillen. 114 Entgeltersatzleistungen werden in aller Regel nur dann gewährt, wenn zuvor ein Versicherungspflichtverhältnis zur Arbeitslosenversicherung bestanden hat. 115 Bei bis zu 5% aller ABM-Teilnehmer brauchen die beiden Voraussetzungen allerdings nicht vorzuliegen. 116 Hiervon profitieren etwa Arbeitnehmer, deren besondere Qualifikation für die Durchführung der AB-Maßnahme notwendig ist, und Arbeitnehmer unter 25 Jahren, bei denen die AB-Maßnahme mit einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme verbunden ist. 117 Wie eine solche vertragliche Nebenbedingung aussehen kann, veranschaulicht eine Verwaltungsvorschrift des Landes Berlin, nach der die Auftragnehmer dazu verpflichtet werden sollen, bei Bauarbeiten in den östlichen Bezirken ABM-Kräfte einzusetzen. 118 Dadurch soll der Arbeitsmarkt belebt und die Beschäftigungssituation verbessert werden. Außerdem können die Baumaßnahmen für den Auftraggeber preiswerter ausgeführt und kann somit das Auftragsvolumen ausgeweitet werden. 119 In den Besonderen Vertragsbedingungen ist ein bestimmter Anteil der gewerblichen Arbeitnehmer für ABM-Kräfte festzulegen, der im Regelfall 30% betragen und 20% nicht unterschreiten soll (lnpflichtnahme). 120 Der Auftragnehmer verpflichtet sich außerdem, die ABM-Anteile selbst auszufuhren und nicht an N achuntemehmer weiterzugeben, kein Stammpersonal zu entlassen und die ABMKräfte keine Überstunden leisten zu lassen. 121 Träger der ABM ist der öffentliche Auftraggeber, der beim zuständigen Arbeitsamt einen entsprechenden Förderantrag stellt. 122 Die ABM-Kräfte werden dem Auftragnehmer direkt vom Arbeitsamt zugewiesen. Er kann sie zurückweisen, wenn ihre Beschäftigung aus persönlichen oder sachlichen Gründen unzumutbar erscheint. 123
114
§ 263 Abs. I SGB III.
115
Vgl. §§ 117 Abs. I Nr. 3, \23 S. I, 24, 190 Abs. I Nr. 4, 153,78 S. I SGB III.
116
§ 263 Abs. 2 Nr. I SGB Ill; Nieset,§ 263 SGB Ill Rn. 8 ff.
117
§ 263 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB III.
Bin. Beschäftigungswirksame Auftragsvergabe durch Einbeziehung von ABMaßnahmen in den östlichen Bezirken und West-Staaken, Gern. RdSchr. Nr. 1/1991 v. 22.8.1991, abgedr. bei Meyer/Uekermann, Nr. 3332.8. 118
119
Abs. I ff. bl. Gern. RdSchr.
120
Abs. 4 Nr. I und amtl. Anm. bin. Gern. RdSchr.
121
An!. Nr. 6 bin. Gern. RdSchr.
122
An!. Nr. 2 bin. Gern. RdSchr.
123
An!. Nr. 7 bin. Gern. RdSchr.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
75
5. Frauenforderung In einigen Bundesländern wird die Vergabe öffentlicher Aufträge mit der Frauenforderung verknüpft. 124 So sehen die Gleichstellungs- bzw. Frauenfordergesetze in Brandenburg und Sachsen-Anhalt vor, dass bei gleichwertigen Angeboten derjenige Anbieter bevorzugt werden soll, der sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben angenommen hat. 125 Das saarländische Gesetz enthält diesbezüglich eine Kann-Bestimmung. 126 Nach dem Thüringer Gesetz wirken die öffentlichen Auftraggeber bei der Auftragsvergabe an der Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen mit. 127 Das Berliner Gesetz sieht nach einer Änderung nunmehr die Verpflichtung des Auftragnehmers vor, Maßnahmen zur FrauenfOrderung zu ergreifen und das geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten. 128 Die gesetzlichen Bestimmungen werden durch Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften näher ausgestaltet. 129 In Harnburg besteht eine Richtlinie ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung. 130 Die Vorschriften sind meist erst ab einem bestimmten Auftragswert anwendbar.131 In Berlin sind Bauleistungen ausdrücklich ausgenommen. 132 Ziel ist es, die 124 Das Land BW hat keine derartigen Vorschriften erlassen. 125 § 14 bbg. Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst
im Land Brandenburg (Landesgleichstellungsgesetz- LGG) v. 4.7.1994 (bbg. GVBI. I S. 254); § 20 a saanh. Frauenf6rdergesetz (FrFG) v. 7.12.1993 (GVBI. LSA S. 734) i.d.F. d. Bek. v. 27.5.1997 (GVBI. LSA S. 516).
126 § 27 saarl. Gesetz Nr. 1371 zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern v. 24.4.1996 (saarl. Amtsbl. S. 623). 127 § 22 Thüringer Gleichstellungsgesetz (ThürGleichG) v. 3.11.1998 (thür. GVBI.
s. 309).
128 Bin. Landesgleichstellungsgesetz (LGG) v. 31.12.1990 (bin. GVBI. 1991 S. 8), zul. geänd. durch G v. 16.6.1999 (bin. GVBI. S. 341 ).
129 Bin. Verordnung über die Förderung von Frauen und die Vereinbarkeil von Beruf und Familie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Frauenförderverordnung- FFV) v. 23.8.1999 (bin. GVBI. S. 498); bbg. Verordnung über die bevorzugte Berücksichtigung von Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zur Förderung von Frauen im Erwerbsleben (Frauenförderverordnung- FrauFöV) v. 25 .4.1996 (bbg. GVBI. II S. 354). 130 Hmb. RL zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe nach VOLlA, VOB/A und VOF, Beseht. des hmb. Senats v. 27.10.1998 (hmb. MittVw. S. 141).
131 § 13 Abs. I S. I bin. LGG, § 14 Abs. I bbg. LGG, § 20 a Abs. I saanh. FrFG, Nr. I hmb. RL: 100.000 DM (51.129 €); § 22 S. I ThürGleichG: 250.000 DM (127.823 €); § 2 Abs. I bbg. FrauFöV begrenzt ihren Anwendungsbereich zudem entsprechend den EGSchwellenwerten nach oben. 132 § I Abs. I bin. FFV.
76
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächlich durchzusetzen, bestehende Nachteile und Unterrepräsentierungen von Frauen zu beseitigen, die Vereinbarkeil von Beruf und Familie zu fördern und die berufliche Situation von Frauen auch in der Privatwirtschaft zu verbessern. 133 Meist ist die Bevorzugung von Unternehinen vorgesehen, die sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben (und der Familienförderung 134) angenommen haben. 135 Im Saarland wird darauf abgestellt, wer die relativ größere Anzahl von Frauen beschäftigt oder bereits konkrete Maßnahmen zur Frauenförderung ergriffen hat. 136 Detaillierte Regelungen enthält die brandenburgische Frauenförderverordnung: Auf die Bevorzugung können sich Bieter berufen, die im Verhältnis zu den Mitbietern einen höheren Anteil an den Beschäftigten (einschließlich Auszubildenden, aber ohne geringfiigige Beschäftigungsverhältnisse) aufweisen und Frauen in höherem Maße in qualifizierten Positionen beschäftigen. Das letztere Kriterium wird auf Grundlage des Bruttogehalts der weiblichen im Verhältnis zu sämtlichen Beschäftigten errnittelt. 137 Derjenige Bieter wird bevorzugt, bei dem die Summe aus den beiden prozentual berechneten Kriterien am höchsten ist. 138 Eine ähnliche Regelung enthält die Hamburger Richtlinie, wobei gleichzeitig der Anteil der Auszubildenden berücksichtigt wird. 139 Bei gleichwertigen Angeboten soll (bzw. kann) dem bevorzugten Anbieter der Zuschlag erteilt werden (unechte Bevorzugung). 140 Darüber hinaus ist in Brandenburg dem bevorzugten Bieter regelmäßig anzubieten, in das wirtschaftlichste (oder 133 Vgl. § 3 Abs. I bin. LGG, § I bbg. LGG, § I Abs. I saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männem, § I saanh. FrFG, § 2 Abs. I ThürGieichG.
134
§ 20 a Abs. I saanh. FrFG.
§ 14 Abs. I bbg. LGG, § 4 Abs. I bbg. FrauFöV, Nr. 1.3 hmb. RL; eine KannBestimmung enthält § 27 Abs. 3 saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männem; unklar§ 22 S. I ThürGieichG: "Die öffentlichen Auftraggeber [... )wirken auch beim Abschluss von Verträgen über Leistungen[... ] an der Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen mit[ ...)". 135
136 § 27 Abs. 3 saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männem. 137
§ 4 Abs. I, 2 bbg. FrauFöV.
138
§ I 0 Abs. I, 3 und 4 bbg. FrauFöV.
139
Nr. 1.3 bis 1.5 hmb. RL.
140 § 20 a Abs. I saanh. FrFG, § 6 bbg. FrauFöV: "soll"; § 27 Abs. 3 saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männem: "kann"; Nr. 1.5 hmb. RL: "wird" (Bevorzugung auch bei etwa gleichwertigen Angeboten, Mehrpreis darf aber nicht entstehen, Nr. 1.6 hmb. RL).
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
77
annehmbarste) Angebot zu dessen Preis einzutreten, wenn sein Angebot um bis zu 20% darüber liegt (ebenfalls unechte Bevorzugung). 141 Treffen aus Gründen der Frauenförderung und anderweitig bevorzugte Bieter aufeinander, so ist zwischen ihnen das wirtschaftlichste (oder annehmbarste) Angebot ausschlaggebend. 142 Allerdings kann die Vergabestelle in begründeten Ausnahmefällen von der Bevorzugung absehen, wenn dies unbillig wäre. Dies kann daran liegen, dass die Bieter erhebliche Unterschiede in der Unternehmensstruktur aufweisen, oder dass im betreffenden Berufszweig kein ausreichendes Angebot an weiblichen Arbeitskräften besteht. Die hiervon betroffenen Berufszweige werden auf der Grundlage der Statistik der Bundesanstalt fiir Arbeit festgelegt. 143 In Berlin ist eine Verpflichtung in den Vertrag mit dem Auftragnehmer aufzunehmen, Maßnahmen zur Frauenförderung und zurFörderungder Vereinbarkeit von Berufund Familie in seinem Unternehmen durchzufuhren sowie das geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten (lnpflichtnahme).144 Hiervon ausgenommen sind Betriebe, die regelmäßig nur zehn oder weniger Beschäftigte haben. 145 Die übrigen Betriebe haben je nach Größe aus einem Katalog eine bis drei Maßnahmen zur Frauenförderung auszuwählen, die während des Auftrags durchzufuhren oder einzuleiten sind. 146 Hierzu zählen etwa die Umsetzung eines Frauenförderplans, die Erhöhung des Frauenanteils in allen Funktionsebenen, in gehobenen Positionen und bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen, die Berücksichtigung weiblicher Auszubildender bei der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis, die Einsetzung einer Frauenbeauftragten, die Bereitstellung von Bildungsmaßnahmen fiir Frauen entsprechend ihrem Anteil an den Beschäftigten, das Angebot von flexibler Arbeitszeit und Teilzeitarbeit, die Gewährung von Erziehungsurlaub und die Bereitstellung von Kinderbetreuung. 147 Darüber hinaus hat der Auftragnehmer das geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten und dies auch fiir Unterauftragnehmer sicherzustellen. 148 Allerdings können insbesondere Unternehmen mit Sitz in 141 § 7 Abs. I bbg. FrauFöV. Im Land Brandenburg haben sich nach einem Bericht des bbg. Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen von Oktober 1998 in 2.867 Vergabefällen 2.157 Unternehmen auf die Bevorzugungsregelung berufen, erhielten aber lediglich in 56 Fällen den Zuschlag; vgl. Vergabe-News 211999, 12, 13.
§ 13 bbg. FrauFöV. § 7 Abs. 3 bbg. FrauFöV. 144 § 13 Abs. I S. I bin. LOG.
142 143
145 146 147 148
§ 13 Abs. I S. 2 bin. LOG. §§ I Abs. 2 S. 2 I. Spiegelstrich, 3 bin. FFV.
§ 2 bin. FFV. § 4 Nr. I u. 2 bin. FFV.
78
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Erklärung abgeben, dass sie aus rechtlichen Gründen daran gehindert sind, den genannten Anforderungen nachzukommen, was sie erforderlichenfalls nachzuweisen haben.149 Bei Verstößen kann der Auftragnehmer bis zur Dauer von zwei Jahren von der Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. 150 Auch in den Bundesländern, die eine Bevorzugung vorsehen, ist der Auftragnehmer häufig durch vertragliche Vereinbarung dazu zu verpflichten, den bestehenden Frauenanteil bis zur Erfiillung des Vertrags, mindestens aber bis zum Ende des Jahres, das der Zuschlagserteilung folgt, nicht zu verringern 151 oder bei der Auftragsausfiihrung keine Arbeitnehmer in geringfiigigen Beschäftigungsverhältnissen zu beschäftigen (Inpflichtnahme). 152 Im Saarland soll außerdem vertraglich sichergestellt werden, dass bei der Ausfiihrung des Auftrags die Grundzüge des einschlägigen Gesetzes Beachtung finden.153 Die Bundesregierung hat überdies mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft eine Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft abgeschlossen. 154 Die Spitzenverbände sagen darin zu, ihren Mitgliedern betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie der Familienfreundlichkeit zu empfehlen.155 Die Bundesregierung verzichtet darauf, Initiativen zu ergreifen, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft auf gesetzlichem Wege zu erreichen, solange die Vereinbarung erfolgreich umgesetzt wird. 156
149 § 5 Abs. 2 bin. FFV. 150 § 6 bin. FFV. 151 § II Abs. I Nr. I bbg. FrauFöV. 152 § 27 Abs. 2 saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. 153 § 27 Abs. I saarl. Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern; in Thür. soll darauf geachtet werden, dass nicht gegen Diskriminierungsverbote verstoßen wird, § 22 ThürGieichG. 154 Vereinbarung zwischen der BReg. und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männem in der Privatwirtschaft v. 2.7.2001. 155 Abschn. 111. Abs. 3 Vereinbarung. 156 Abschn. V. Vereinbarung. Unberührt bleibt allerdings die Umsetzung von zwingendem EU-Recht.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
79
6. Anwendung von Tarifvertragsnormen Unabhängig vom öffentlichen Auftragswesen bestehen gesetzliche Bestimmungen, die den Arbeitgebern die Anwendung von Tarifvertragsnormen vorschreiben. Nach dem Tarifvertragsgesetz (TVG) 157 müssen Arbeitgeber Tarifverträge beachten, wenn sie tarifgebunden sind, d.h. wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglieder der Tarifvertragsparteien (oder selbst Tarifvertragspartei) sind. 158 Auch Leiharbeitnehmer haben gegenüber dem Verleiher einen Anspruch auf Tariflohn.159 Die Tarifverträge müssen auch dann beachtet werden, wenn das Bundesministerium fiir Arbeit und Sozialordnung sie fiir allgemeinverbindlich erklärt hat. 160 Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) 161 verankert im Baugewerbe sowohl fiir deutsche als auch ausländische Arbeitgeber das Arbeitsortprinzip. 162 Hiernach kommt es auf den Arbeitsort an, auch wenn der Arbeitgeber seinen Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags hat. Allerdings gewährt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nur die Mindestarbeitsbedingungen zum Entgelt und Urlaub eines Tarifvertrags des Baugewerbes, der fiir allgemein verbindlich erklärt worden ist. 163 Es ist somit nur ein Mindestlohn zu zahlen, der deutlich unter dem normalen, mit zunehmender Qualifikation steigenden Tariflohn liegt. 164 Diesen normalen Tariflohn sollte ein Gesetz zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen (Tariftreuegesetz) 165 gewähren, das vom Bundestag be157 (TVG) v. 9.4.1949 (WiGBI. 55, 68), i.d.F. d. Bek. v. 25.8.1969 (BGBI. I S. 1323), zu I. geänd. durch Sechstes Überleitungsgesetz v. 25.9. 1990 (BGBI. I S. 21 06). 158
§ 3 Abs. I TVG.
159
§ I Abs. 2 a TVG.
160
§ 5 Abs. 4 TVG.
Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen ( Arbeitnehmer-Entsendegesetz- AEntG) v. 26.2.1996 (BGBI. I S. 227), zul. geänd. durch G v. 19.12.1998 (BGBI.I S. 3843). 161
162 Vgl. Koberski!Sahl!Hold, § I AEntG Rn. 6, 26 Buchst. d.; zum Wunsch der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) auf Ausdehnung auf die Landwirtschaft: Agra-Europe 19/2002, Länderberichte 3: "IG BAU: Entsendegesetz auf die Landwirtschaft ausdehnen".
163 Für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland: § I Abs. I S. I und 2, Abs. 3 a S. 3 und 5 AEntG; für Arbeitgeber mit Sitz im Inland: § I Abs. I S. 3 und 4, Abs. 3 a S. 4 AEntG.
164 Im kartellrechtlichen Verfahren gegen die Berliner Tariftreueerklärung betrug der Mindestlohn 16 DM (8,18 €) für Berlin West bzw. 15,14 DM (7,74 €) für Berlin Ost, während der Ecklohn für einen Facharbeiter bei 25,26 DM ( 12,92 €) lag; vgl. BGH, WuW/E Verg 175. 165
BT-Drs. 14/8285 u. 1417796 i.d.F. d. BT-Drs. 14/8896.
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
80
schlossen166, aber vom Bundesrat gestoppt wurde. 167 Es sah eine über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinausgehende vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers vor, die gemeinhin Tariftreueerklärung genannt wird. 168 Das Gesetz richtete sich an die öffentlichen Auftraggeber, Aufträge über Baumaßnahmen und im öffentlichen Personennahverkehr nur an Unternehmen zu vergeben, die sich schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausfiihrung der Leistung mindestens den am Ort der Leistungsausfiihrung einschlägigen Lohnund Gehaltstarif zu zahlen (lnpflichtnahme). 169 Für eine Übergangszeit bis 2005 sollte der zu zahlende Lohn stufenweise von 92,5 auf 100% des einschlägigen Tarifs angehoben werden. 170 Sofern am Ort der Leistungserbringung mehrere Tarifverträge fiir dieselbe Leistung einschlägig sind, sollte der öffentliche Auftraggeber den "repräsentativen Tarifvertrag" zu Grunde legen müssen, der fiir die meisten Arbeitnehmer Anwendung findet. 171 Einzelne Leistungen sollten nur dann an Nachunternehmer weitergegeben werden dürfen, wenn sich diese ebenfalls gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zur Zahlung des normalen Tariflohns verpflichten. 172 Aufträge unter 100.000 € sollten nicht unter das Gesetz fallen, wobei diese Grenze bis 2004 auf 50.000 € gesenkt werden sollte. 173 Der öffentliche Auftraggeber sollte vom Auftragnehmer und Nachunternehmer den Nachweis fordern können, dass er die Tariftreuepflicht einhält, und hierzu Einsicht in deren Unterlagen nehmen können. 174 Kommt der Auftragnehmer oder Nachunternehmer den inhaltlichen oder Nachweispflichten nicht nach, sollte es fiir jeden schuldhaften Verstoß eine Vertragsstrafe von 1% des jeweiligen Auftragswertes zahlen, bei mehreren Verstößen höchstens l 0%. 175 Bei mindestens grob fahrlässigen und erheblichen Verstößen sollte der öffentliche Auftraggeber berechtigt sein, den Vertrag fristlos zu kündigen und das betroffene Unternehmen fiir die Dauer von bis zu drei Jahren von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen.176 166
Beschl. v. 26.4.2002, BR-Drs. 367/02.
167
Beschl. v. 12. 7.2002, BR-Drs. 608/02 (Beschluss).
168
Zu ähnlichen Regelungen in den USA: Thüsing, NJW 2002, 2071 f.
169
§ 1 S. 2, 3 Abs. I S. I u. 3 Gesetzentwurf.
170
§ 3 Abs. 2 Gesetzentwurf.
171
§ 3 Abs. 3 Gesetzentwurf. § 3 Abs. I S. 2 Gesetzentwurf.
172
173
§ 2 Abs. 2 Gesetzentwurf.
174
§ 6 Gesetzentwurf.
175
§ 7 Abs. I Gesetzentwurf.
176
§ 7 Abs. 2 Gesetzentwurf.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
81
Der Gesetzentwurf wurde damit begründet, dass es im Baubereich durch den massiven Einsatz von Niedriglohnkräften zu starken Wettbewerbsverzerrungen komme, so dass Arbeitsplätze insbesondere in tarifgebundenen, mittelständischen Unternehmen gefahrdet würden. 177 Im öffentlichen Personennahverkehr sei wegen der bevorstehenden Liberalisierung auf europäischer Ebene eine ähnliche Entwicklung zu befiirchten. In arbeitsmarktpolitisch sensiblen Bereichen würden durch die Regelung Arbeitsplätze erhalten, die einen ausreichenden sozialen Schutz und ein angemessenes Einkommensniveau gewährleisten, sowie Belastungen fiir die sozialen Sicherungssysteme vermieden. Das Gesetz scheiterte an der fehlenden Zustimmung des Bundesrats. Doch schon heute verlangen der Bund und verschiedene Länder- teilweise auf der Grundlage von Landesgesetzen- von den Auftragnehmern die Abgabe einer Tariftreueerklärung.178 Hiermit wird zum einen das Ziel verfolgt, W ettbewerbsver177
BT-Drs. 14/7796, Begr. A., zu Artikel I, I.
Vereinbarung zur Einhaltung der tarifvertragliehen und öffentlich-rechtlichen Bestimmungen bei der Ausftihrung von Baumaßnahmen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sowie Auftragnehmer und Subunternehmer, Erl. des BMBau v. 7.7.1997, Gz.: B I 2 - 0 I 082- I 02/31, Gült. verlängert durch RdSchr. des BMBau v. 22.6.2000, Gz. : BS II - 0 1095-524, abgedruckt bei: Meyer/Uekermann, Nr. 3233.5. 178
Gesetz über die Vergabe von Bauaufträgen im Freistaat Bayern (Bayerisches Bauaufträge-Vergabegesetz - BayBauVG) v. 28.6.2000 (Bay. GVBI. S. 364); bay. Bekämpfung von Wettbewerbsverzerrungen durch vertragliche Verpflichtung zur Einhaltung der in Bayern geltenden Lohntarife und zur restriktiven Weitergabe an Nachunternehmer, Bek. d. Bay. StReg. v. 2.7.1996 (bay. AllMBI. S. 443, bay. StAnz. Nr. 27), geänd. durch Bek. d. Bay. StReg. v. 4.4.2000 (bay. StAnz. Nr. 14). Berliner Vergabegesetz (VgG Bin.) v. 9.7.1999 (bin. GVBI. S. 369); bin. Tariftreueerklärung, RdSchr. d. bin. BauSenatsVw. v. 9.2.1995, Az. BauWohn VI Nr. 7/1995, geänd. durch RdSchr. v. 16.5.1995, Az. BauWohn VI Nr. 10/1995, abgedruckt in: BGH, JZ 2000, 514,514. bbg. VwV zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung, Schwarzarbeit und der wettbewerbsverzerrenden Ausnutzung arbeits- und sozialrechtlicher Gestaltungen (VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung), Erl. des bbg. MWi. u.a. v. 6.2.1996 (bbg. ABI. S. 302). hess. Bekämpfung illegaler Beschäftigung bei Planung, Ausschreibung und Durchftihrung von Bauvorhaben und sonstigen Lieferungen und Leistungen, Gern. RdErl. hess. Ministerien v. 7.9.1993 (hess. StAnz. S. 2390). mv. Ergänzung der gemeinsamen Regelung betreffend Ausschluß von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge (VOB- und VOL-Bereich) bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften, Erl. desmv. MWi v. 18.9.1995 (AmtsBI. MV S. 1004). nds. Landesvergabegesetz v. 2.9.2002 (Nds. GVBI. S. 370); nds. Einftihrung einer Tariftreueerklärung, RdErl. des nds. MWi. v. 4.6.1998 (Nds. MBI. S. 819).
82
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
zerrungen durch unterschiedliche Lohnniveaus zu vermeiden. 179 Andererseits sollen die Gefährdung von Arbeitsplätzen und der sozialen Sicherungssysteme durch Billiglohnkräfte im Bausektor und die hierdurch drohenden erheblichen Kosten fiir die Allgemeinheit abgewendet werden. 180 Daneben möchte man Mängeln bei der Erbringung der Leistung, die andernfalls befiirchtet werden, zuvorkommen!81 Der Anwendungsbereich der Vorschriften ist unterschiedlich: Meist werden nur Bauleistungen erfasst. Manchmal gelten die Vorschriften aber auch fiir Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr 182, fiir Werkverträge 183, Dienstleistungen bei Gebäuden und Immobilien 184, alle Dienstleistungsaufträge 185 oder sogar auch für Lieferungen186, jedenfalls wenn diese wiederkehrende Leistungen betreffen187• Die Reichweite der geforderten Tariftreueerklärungen ist unterschiedlich. Die geringste Anforderung besteht darin, die ohnehin schon fiir das Unternehmen geltenden Tarifverträge einzuhalten. 188 Eine solche Situation liegt vor, wenn der nrw. Angleichung von Wettbewerbsbedingungen im Rahmen des öffentlichen Bauvergabewesens, RdErl. des nrw. MWiV v. 27.9.1996 (MBI. NRW S. 1660). Gesetz Nr. 1450 über die Vergabe von Bauaufträgen im Saarland (Saarländisches Bauaufträge-Vergabegesetz- SaarBauVG) v. 23.8.2000 (saarl. Amtsbl. S. 1846). Gesetz über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Land Sachsen-Anhalt (Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - VergabeG LSA) v. 29.6.2001 (GVBI. LSA S. 234); saanh. Anforderung von Bewerbererklärungen, RdErl. des saanh. MWi. v. 29.11.1996 (MB I. LSA 1997 s. 48). schlh. Bekämpfung illegaler Beschäftigung, RdErl. d. schlh. LReg. v. 19.7.1994 (Amtsbl. SchiH S. 351 ). thür. RL zur Mindestlohnerklärung bei Bauvergaben v. 3.5.2001 (ThürStAnz. Nr. 23). In BW besteht keine derartige Vorschrift. 179 Vgl. Überschrift bay. Bek., Abs. I bin. RdSchr., Überschrift u. Nr. 6 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, Nr. 3.2 Buchst. a hess. Gern. RdErl., Präambel S. I nds. Landesvergabegesetz, Abs. I nrw. RdErl. 110
Abs. I bay. Bek., Präambel S. I nds. Landesvergabegesetz.
181
Nds. Vergabegrundsätze, RdErl. des nds. MI v. 5.6.1998 (Nds. MBI. S. 814).
182
§ 3 Abs. I S. 3 nds. Landesvergabegesetz.
183
Abschn. I Nr. I, An I. I Abs. I Buchst. c saanh. RdErl.
184
§ I Abs. I VgG Bin.
185
§ I Abs. I VergabeG LSA.
116
Nr. 3.2 Buchst. b Abs. I hess. Gern. RdErl., Anl. Abs. I u. 6 mv. Erl.
187
Nr. 6.2.1 Abs. I S. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung.
181
An I. Nr. I Abs. I S. I Erl. (Bund): tarifgebundene Arbeitnehmer und Mindestentgelt-
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
83
Arbeitgeber tarifgebunden189 oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. 190 Die meisten Vorschriften zur Tariftreueerklärung sehen allerdings vor, dass darüber hinaus auch tarifvertragliche Regelungen angewandt werden sollen, die für der Auftragnehmer andernfalls nicht gelten würden. Maßgeblich sind die für den Ort der Lieferung oder Leistung bestehenden Tarifverträge. Gelten mehrere Tarifverträge, so hat der öffentliche Auftraggeber in Niedersachsen den repräsentativsten zu Grunde zu legen. 191 Teils wird der Auftragnehmer dazu verpflichtet, mindestens den normalen Tariflohn zu zahlen, 192 teils soll er den Tarifvertrag sogar uneingeschränkt anwenden.193 Manchmal wird dem Auftragnehmer auch zugestanden, statt dessen die ortsüblichen Arbeitsbedingungen anzuwenden, insbesondere die am Leistungsort ortsüblichen Löhne und Gehälter zu zahlen. 194 Begünstigt werden Arbeitnehmer, wenn und während sie für den konkreten öffentlichen Auftrag eingesetzt werden.195 Die Vordrucke des Bundes, von Bayern, Berlin und Niedersachsen versprechen mit geringfiigigen Abweichungen zwar
Regelungen des AEntG; An I. Abs. 2 mv. ErI.; Nr. II und An I. 2 schlh. RdErl.; so wohl auch Nr. 2.4 S. I rlp. Sicherstellung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Reinigungspersonals für Dienstgebäude der Landesverwaltung, rlp. VwV d. LReg. und d. LandtagsVw. v. 2.6.1992 (rlp. MinBI. S. 315), Gült. verl. durch rlp. VwV v. 7. 10.1997 (rlp. MinBI. S. 478). 189
§ 3 Abs. I TVG.
190
§ 5 Abs. I TVG.
191
§ 3 Abs. 2 S. I nds. Landesvergabegesetz.
Art. 3 BayBauVG, Anl. I Abs. 2 bay. Bek. , § I Abs. I S. 2 VgG Bin.,§ 3 Abs. I S. I nds. Landesvergabegesetz, Anl. Nr. I nds. RdErl., Abs. 2 und Anl. Nr. I nrw. RdErl., § 3 SaarBauVG, § 3 Abs. I u. 3 VergabeG LSA; wohl auch Abschn.l Nr. I S. I, Anl. I Abs. I Buchst. c saanh. RdErl. 192
193
Nr. 3.2 Buchst. b Abs. I hess. Gern. RdErl.
194
Nr. 6.2. 1 Abs. I S. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung.
§ I Abs. I S. 2 VgG Bin.: "die Unternehmen [entlohnen] ihre Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Leistungen[ ...]"; An I. 2 "Tariftreuevereinbarung" Abs. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung: "bei der AusfUhrung der Leistungen die flir die Arbeitsverhältnisse der [ ... ] eingesetzten Arbeitnehmer geltenden tarifvertragliehen Bestimmungen einzuhalten"; § 3 Abs. I S. I nds. Landesvergabegesetz: "ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausführungdieser Leistungen[ ... ] zu bezahlen"; An!. Nr. I nrw. RdErl.: .,seine Arbeitnehmer bei der Ausführung der Leistungen [... ] zu bezahlen"; unklar: Nr. 3.2 Buchst. b hess. Gern. RdErl. : "die fürden Ortder Lieferung oder Leistung geltenden gesetzlichen und tarifvertragliehen Bestimmungen [ ...] eingehalten werden"; ebenso An I. Abs. 5 S. I mv. Erl.; An I. I Abs. I Buchst. c saanh. RdErl.: "die sich aus dem Werkvertrag ergebende Entlohnung bzw. die tarifliche Entlohnung". 195
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
84
"[den] in meinem[ ... ] Unternehmen beschäftigten[ ... ] Arbeitnehmer[n]" 196 mindestens tarifliche Entlohnung. Doch ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass damit nur die "von mir [... ] eingesetzten Arbeitnehmer", also die mit dem konkreten Auftrag befassten Arbeitnehmer gemeint sein dürften, denn nur von diesen müssen Lohnabrechnungen vorgelegt werden. 197 Für Bayern und Berlin folgt dies bereits aus der gesetzlichen Rechtsgrundlage, wonach die ,,Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Leistungen nach den geltenden Lohntarifen zu entlohnen sind. 198 Eine andere Interpretation würde dazu fuhren, dass etwa ein Baukonzern, der nur einen kleinen Bruchteil seiner Arbeiter auf der Baustelle eines öffentlichen Auftraggebers einsetzt, auf einen Schlag sämtliche Arbeitnehmer im In- und Ausland mindestens nach den am Ort des öffentlichen Auftraggebers geltenden Tarifverträgen entlohnen müsste. Dieses Ergebnis, das überdies erhebliche vollzugspraktische Probleme bei der Kontrolle aufwerfen würde, ist wohl nicht gewollt. 199 In Hessen und Mecklenburg-Vorpommern kann eine fehlende Tariftreue darüber hinaus zum Ausschluss des Unternehmens fuhren: Untertarifliche Löhne und Nebenleistungen würden den Schluss nahelegen, dass das Unternehmen nicht hinreichend leistungsfähig und zuverlässig ist, weil es entweder nicht ausreichend qualiftzierte Fachkräfte einsetzen oder solche nicht angemessen entlohnt beschäftigen kann. 200 Ein Verstoß gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz soll, sofern er nach§ 5 AEntG mit einer Geldbuße von mindestens 5.000 DM (2.556 €) geahndet worden ist oder kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung besteht, zum Ausschluss des Unternehmens von weiteren Vergabeverfahren für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit fuhren, § 6 AEntG. 201 196 Anl. Nr. I Abs. I S. I Erl. (Bund), Anl. I Abs. 2 S. I bay. Bek., Anl. Abs. I bin. RdSchr., An I. Nr. I S. I nds. RdErl. über die Einführung einer Tariftreueerklärung. 197 Anl. Nr. I Abs. 2 S. 2 Erl. (Bund), Anl. I Abs. 3 und Abs. 4 S. 2 bay. Bek.; Anl. Nr. 3 S. I nds. RdErl.: "aller meiner auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer". 198
Art. 3 BayBauVG, § I Abs. I S. 2 VgG Bin.
A.A. Dreher, VergabeRecht 611997, 40, 42; Kling, S. 404; Prieß/Hausmann, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, § 8 VOB/A Rn. 37. 199
200
Nr. 3.2 Buchst. a hess. Gern. RdErl.; Anl. Abs. 3 mv. Erl.
Ein Erl. des BMBau verweist für die Durchführung der Ausschlussverfahren auf die entsprechenden Regelungen zur illegalen Beschäftigung von Arbeitskräften: Einhaltung von Tarifverträgen bei der Vergabe von Bauaufträgen-Ausschluss vom Wettbewerb gern. § 6 AEntG, Erl. des BMBau v. 16.12.1996, abgedr. bei Meyer!Uekermann, Nr. 3245.1. 201
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
85
Die Vorschriften zur Tariftreueerklärung weisen für einen Verstoß gegen die damit eingegangene Verpflichtung i.d.R. ebenfalls auf einen Ausschluss von zukünftigen öffentlichen Auftragsvergaben hin, der mit mangelnder Zuverlässigkeit begründet wird. 202 Als zeitlicher Rahmen wird oft eine Dauer von bis zu drei Jahren genannt,203 andere Ausschlüsse gelten "bis auf weiteres". 204 In der Regel ist der Auftragsausschluss als Kann-Bestimmung formuliert. 205 Das Berliner Vergabegesetz und die Brandenburger Richtlinie enthalten eine Soll-Vorschrift. 206 In Brandenburg und Niedersachsen ist außerdem Ueweils) eine Stelle vorgesehen, die ein Register der Unternehmen fuhrt, die wegen eines Verstoßes gegen die eingegangene Tariftreuepflicht ausgeschlossen worden sind.207 Die Auftragssperren, deren Dauer und Ende sind ihr anzuzeigen. Allerdings entscheidet grundsätzlich jede Vergabestelle fur ihren Bereich selbst über die Auftragssperre. 208 Darüber hinaus drohen einige Erlasse zur Tariftreueerklärung fur den Fall der Zuwiderhandlung Vertragsstrafen an, die meist je Verstoß I% der Auftragssumme, insgesamt höchstens 10% der Auftragssumme betragen. 209 Manchmal wird dem Auftragnehmer eine Frist von 18 Werktagen eingeräumt, binnen der er seine Verpflichtungen nachholen kann.210 Die Vertragsstrafe wird häufig allerdings nicht 202 Nr. 3.5 Buchst. a Abs. I hess. Gern. RdErl., An I. Nr. 8 nds. RdErl.; vgl. An I. I Abs. 9 bay. Bek. mit Hinweis auf§ 8 Nr. 5 Abs. I Buchst. c VOB/ A. 203 So: Art. 4 Abs. 3 BayBauVG, § 4 Abs. 3 SaarBauVG, § 6 Abs. 3 VergabeG LSA (allerdings nur bei mindestens grob fahrlässigen oder mehrfachen Verstößen), Anl. I Abs. 10 Nr. 4 saanh. RdErl.; bis zu zwei Jahre:§ I Abs. 2 VgG Bin., Nr. 6.2.2 Abs. I S. 7 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, Abs. 4 bin. RdSchr., Anl. Nr. 3 nrw. RdErl.; bis zu einem Jahr: § 8 Abs. 3 nds. Landesvergabegesetz (bei mindestens grob fahrlässigen oder mehrfachen Verstößen). 204
Nr. 3.5 Buchst. a Abs. I hess. Gern. RdErl., An I. Nr. 8 nds. RdErl.
205
Anl. Nr. 3 nds. RdErl. : "in der Regel zum Ausschluss[ ...] führen kann".
§ I Abs. 2 VgG Bin.; Nr. 6.2.2 Abs. 4 S. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung. 206
207 Nr. 6.2.3 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, § 8 Abs. 4 nds. Landesvergabegesetz. 208 Nr. 6.2.2 Abs. 3 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, vgl. § 8 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 nds. Landesvergabegesetz.
209 So § 8 Abs. I S. I nds. Landesvergabegesetz, § 6 Abs. I VergabeG LSA; Anl. Nr. 3 Abs. I ErI. (Bund): außerdem absolute Höchstbeträge von 50.000 DM (25.565 €) flir einen einmaligen Verstoß bzw. 500.000 DM (255.646 €) flir mehrere Verstöße; Nr. 6.2.2 Abs. I S. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung: 5% der Auftragssumme je Verstoß, höchstens 15% der Nettoschlussrechnungssumme; Nr. 3.5 Buchst. b Abs. I hess. Gern. RdErl. : bis zu 15% des betroffenen Auftragswertes; Anl. Nr. 8 Abs. 2 nds. RdErl.; vgl. Abschn. 111 Nr. 2.3 Abs. 2 thür. RL v. 1.12.1995. 2 10
Nr. 6.2.2 Abs. I S. 5 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung.
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I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
eingefordert, wenn straf- oder ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden sind. Außerdem wird manchmal auf das Recht des Auftraggebers hingewiesen, bei einem Verstoß aus wichtigem Grund zu kündigen. 211 Möchte der Auftragnehmer einen Nachunternehmer einsetzen, hat er häufig sicherzustellen, dass auch dieser den Tariflohn zahlt. 212 Zahlreiche Verwaltungsvorschriften erfassen speziell den Fall, dass der Auftragnehmer einzelne Aufträge an sog. Werkvertragsunternehmen aus Staaten Mittel- und Osteuropas (MOBStaaten) und der Türkei weitergeben möchte.213 Die Vorschriften laufen parallel mit den sog. Weckvertragsabkommen zwischen den Regierungen Deutschlands, der MOE-Staaten und der Türkei, die für die Erteilung der erforderlichen Arbeitserlaubnis vorschreiben, dass die Entlohnung der eingesetzten Arbeitnehmer des Subunternehmers (einschließlich des Teils, der wegen der auswärtigen Beschäftigung gezahlt wird) dem Lohn entspricht, welchen die deutschen Tarifverträge für vergleichbare Tätigkeiten vorsehen. 214 Die Verpflichtung ist auch im Zusammenhang mit den Vorschriften des SGB III über die Ausländerbeschäftigung zu sehen, wonach einem Ausländer von außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums eine Arbeitserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn er nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird. 215 211 Nr. 3.5 Buchst. a Abs. I hess. Gern. RdErl., Anl. Nr. 8 nds. RdErl., § 6 Abs. 2 VergabeG LSA, Anl. I Abs. 10 Nr. 2 saanh. RdErl. 212 So ausdrücklich: Art. 3 BayBauVG, § 4 Abs. I S. 3 nds. Landesvergabegesetz, § 3 SaarBauVG. 213 Nr. 2.5 S. 3, An I. 3 hmb. RL'en über Ausschluss von Unternehmern von derVergabe öffentlicher Bauaufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften und Einschränkung des Nachunternehmer-Einsatzes, RdSchr. v. 28. 12.1994, abgedr. bei Meyer/Uekermann, Nr. 3395.1; Nr. 3.4 Buchst. b hess. Gern. RdErl.; Abs. 4, Anl. 2 nds. Grundsätze zum Ausschluss unangemessen niedriger und hoher Angebote bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Wertung der Angebote nach § 25 VOB/A und Hinweise zur Bearbeitung von Verdachtsfällen illegaler Beschäftigung, Bietererklärungen bei Einsatz osteuropäischer Unternehmer, RdErl. des nds. MWi. v. 9.8.1993 (Nds. MBI. S. 974), zul. geänd. durch nds. RdErl. v. 6.9.1996 (Nds. MBI. S. 1482); Abs. 4 Nr. 8 UAbs. 2 nrw. Vergabe von Bauaufträgen an osteuropäische Werkvertragsuntemehmer, RdErl. des nrw. MBau v. 9.6. 1993 (MBI. NRW S. 1265); Abschn. IV Nr. 2 thür. RL v. 1.12.1995. 214 V gl. Art. 4 Buchst. b Vereinbarung zwischen d. Reg. d. Bundesrepublik Deutschland und d. Reg. d. Republik Polen über die Entsendung von Arbeitnehmern polnischer Unternehmen zur Ausflihrung von Werkverträgen v. 31.1.1990 (BGBI. II S. 602, 603 ), zu!. geänd. durch Notenwechsel v. 1.3. und 30.4.1993 (BGBI. II S. 1125, 1126); Art. 5 Abs. I Vereinbarung zwischen d. Reg. d. Bundesrepublik Deutschland und d. Reg. d. Republik Türkei über die Beschäftigung von Arbeitnehmern türkischer Unternehmen zur Ausflihrung von Werkverträgen v. 18.1 1.1991 (BGBI. 1992 II 54, 55). 215
§ 285 Abs. I S. I Nr. 3 SGB III; vgl. Koberski!Sahl!Hold, § I AEntG Rn. 8.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
87
Nach einigen Verwaltungsvorschriften muss der Auftragnehmer auch dafiir einstehen, dass die Entlohnung durch den Nachunternehmer tatsächlich den tariflichen Löhnen entspricht. Andernfalls drohen ihm der Ausschluss von künftigen V ergabeverfahren~ 16, die V ertragskündigung217 und Schadensersatzforderungen218 bzw. eine Vertragsstrafe. 219 Begründet wird diese erweiterte Hafumg des Auftragnehmers damit, dass er seinen diesbezüglichen Koordinierungs- und Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist. 220 Teilweise ist fiir die Hafumg des Auftragnehmers ein diesbezügliches Verschulden erforderlich. 221 Es kann auch ein direkter Anspruch des Auftraggebers gegenüber dem Nachunternehmer auf Zahlung einer Vertragsstrafe bestehen, wenn der Auftragnehmer mit dem Nachunternehmer einen Vertrag zu Gunsten des Auftraggebers geschlossen hat. 222 7. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
In einzelnen Bundesländern sehen Verwaltungsvorschriften vor, dass die vom Auftragnehmer eingesetzten Arbeitskräfte zumindest zu einem bestimmten Anteil der Sozialversicherungspflicht (einschließlich der Arbeitslosenversicherung) unterliegen müssen bzw. nicht nur geringfiigig beschäftigt sein dürfen. 223 Hierdurch 216 Art. 3 u. 4 Abs. 3 BayBauVG, Anl. Nr. 3 nrw. RdErl. über Angleichung von Wettbewerbsbedingungen, § 3 u. 4 Abs. 3 SaarBauVG. 217
Anl. 3 Abs. 2 hmb. RdSchr.
218
§§ 3 Abs. 4, 6 VergabeG LSA, Anl. I Abs. 10 Nr. 2 bis 4 saanh. RdErl.
Nr. 6.2.2 Abs. I S. 4 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, Nr. 3.5 Buchst. a Abs. I, Buchst. b Abs. 2 hess. Gern. RdErl., § 8 Abs. I S. 2, Abs. 2 nds. Landesvergabegesetz; Anl. Nr. 8 Abs. I und 2 nds. RdErl. über Einflihrung einer Tariftreueerklärung. 219
220 Nr. 3.5 Buchst. b Abs. 2 hess. Gern. RdErl., An I. Nr. 8 Abs. I S. 2, Abs. 2 S. 3 nds. RdErl. über Einflihrung einer Tariftreueerklärung, An!. I Abs. II saanh. RdErl. 221 § 8 Abs. I S. 2 nds. Landesvergabegesetz; Anl. I Abs. II saanh. RdErl.; vgl. Anl. Nr. 8 Abs. 2 S. I nds. RdErl. über Einflihrung einer Tariftreueerklärung; Nr. 6.2.2 Abs. I S. 4 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung: der Auftragnehmer hat binnen 12 Werktagen beim Nachunternehmer flir Abhilfe zu sorgen.
222
Vgl. Anl. Nr. 3 Abs. 2 Erl. (Bund).
Bbg. Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung, Schwarzarbeit und der wettbewerbsverzerrenden Ausnutzung arbeits-und sozialrechtlicher Gestaltungen (VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung), Erl. des bbg. MWi. u.a. v. 6.2.1996 (bbg. ABI. S. 302); hmb. RL zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe nach VOLIA, VOB/A und VOF, Beschl. des hmb. Senats v. 27.10.1998 (hmb. MittVw. S. 141); rlp. Sicherstellung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Reinigungspersonals flir Dienstgebäude der Landesverwaltung, rlp. VwV d. LReg. und d. LandtagsVw. v. 2.6.1992 (rlp. MinBI. S. 315), Gült. ver!. durch r1p. VwV 223
88
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
soll die (uneingeschränkte) sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verbessert werden. 224 Teilweise wird den Unternehmen auch vorgeworfen, bei geringfügiger Beschäftigung die geringeren Lohnnebenkosten auszunutzen, um sich einen Vorteil im Wettbewerb zu verschaffen, oder es wird vermutet, dass es den betreffenden Unternehmen an der erforderlichen Leistungsfähigkeit fehlt. 225 In Harnburg und Rheinland-Pfalz werden die Auftragnehmer verpflichtet, die Auftragsleistungen durch sozialversicherungspflichtige Kräfte zu erbringen (lnpflichtnahme). In Harnburg wird bei allen Aufträgen über 100.000 DM (51.051 €) ein bestimmter Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten festgelegt, der je nach Auftragsart zwischen 60% (Gebäudereinigung) und lÖO% (Haubereich) liegt. 226 Gegenüber ausländischen Bietern findet diese Regelung keine Anwendung. 227 In Rheinland-Pfalzdürfen Reinigungsunternehmen in Dienstgebäuden der Landesverwaltung nur Reinigungskräfte einsetzen, die uneingeschränkt sozialversicherungspflichtig sind. 228 Ausnahmen dürfen nur für den Fall vereinbart werden, dass andernfalls die Reinigungsleistung nicht sichergestellt werden kann. 229 Dies kann daran liegen, dass kurzfristige Erkrankungen und unentschuldigtes Fehlen nicht anderweitig zu überbrücken sind oder dass die geringe Größe oder der Zuschnitt des Reinigungsobjekts andernfalls eine wirtschaftliche Leistungserbringung verhindert. 230 In Brandenburg werden Unternehmen, bei denen mehr als ein Drittel der zur Vertragserfüllung einzusetzenden Arbeitskräfte geringfügig beschäftigt sind, von v. 7.10.1997 (rlp. MinBI. S. 478); die Vorschriften haben ihre Bedeutung nicht durch das Gesetzzur Neuregelung der geringfligigen Beschäftigungsverhältnisse v. 24.3.1999 (BGBI. I S. 388) eingebüßt, da dieses hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung weiterhin keine Versicherungspflicht vorsieht. 224
Präambel rlp. VwV.
225
Nr. 6.1 Abs. I S. 2 bis 5 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung.
226
Nr. 1.2 Abs. I hmb. RL.
227
Nr. 4 Abs. I hmb. RL.
228
Nr. 2.2 rlp. VwV.
229
Nr. 2.3 rlp. VwV.
§ 10 Nr. 4 Abs. I Buchst. n VOB/A nennt als zulässigen Regelungsgegenstand der Zusätzlichen oder Besonderen Vertragsbedingungen die Lohn- und Gehaltsnebenkosten. Diese Bestimmung betriffi die Vergütung entsprechender Ausgaben des Auftragnehmers durch den Auftraggeber, wie ein Blick auf den früheren § 9 Nr. 8 Abs. 3 VOB/ A 1973 verdeutlicht: Damals wurde der Punkt bei der Leistungsbeschreibung behandelt und wurden als Beispiele Wegegelder, Fahrtkosten und Auslösungen genannt. Eine weiter gehende Aussage kann der heutigen Bestimmung wohl nicht entnommen werden. Vgl. auch Kratzenberg, in: Ingenstau/Korbion, VOB, § I 0 VOB/A Rn. 31. 230
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
89
der Auftragsvergabe ausgeschlossen. 231 Dies betrifft Verträge über regelmäßig wiederkehrende Leistungen, insbesondere über Reinigung und Überwachung.
8. Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und NichtabfUhren von Sozialbeiträgen Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarbGf32 und Erlasse von Bund233 und Ländem234 wollen die Schwarzarbeit, die illegale Beschäftigung und dasNichtabfuhren von Sozialbeiträgen bekämpfen. Diesen Verhaltensweisen wird angelastet, sie würden legale Arbeitsplätze vernichten, dem Handwerk Urnsatzein231
Nr. 6.1 Abs. I bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung.
V. 30.3.1957 (BGBI. I S. 315), i.d.F. d. Bek. v. 6.2.1995 (BGBI. I S. 165), zu!. geänd. durch G zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit v. 23 .7.2002 (BGBI. I S. 2787). 232
233 Bekanntmachung des Er!. über Gern. Regelung betreffend Ausschluss von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften, Bek. des BMBau v. 5.4.1994 (BAnz. Nr. 78, S. 4480); vgl. Ausschluss von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge wegen illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften, Er!. des BMBau v. 2.12.1994 (GMBI. 1995 S. 181 ).
234 Vgl. bw. Gern. VwV des MWi., des MS, des MI, des MF und des MU zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (VwV Schwarzarbeitsbekämpfung) v. 13.2.1996 (bw. GAB!. S. 251 ); bay. Ausschluss von öffentlichen Aufträgen nach § 5 des SchwarhO und § 6 AEntG, Gern. Bek. d. Bay. StKanzlei, d. Bay. StMinisterien und d. Bay. StMinisterin für Bundesangelegenheiten v. 8.10.1997 (bay. All MB!. S. 763); bbg. VwV zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung, Schwarzarbeit und der wettbewerbsverzerrenden Ausnutzung arbeits- und sozialrechtlicher Gestaltungen (VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung), Er!. des bbg. MWi. u.a. v. 6.2.1996 (bbg. ABI. S. 302); hmb. RL'en über Ausschluss von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Bauaufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften und Einschränkung des Nauchuntemehmer-Einsatzes, RdSchr. v. 28.12.1994, abgedr. bei Meyer!Uekermann, Nr. 3395.1; hess. Bekämpfung illegaler Beschäftigung bei Planung, Ausschreibung und Durchführung von Bauvorhaben und sonstigen Lieferungen und Leistungen, Gern. RdErl. hess. Ministerien v. 7.9.1993 (hess. StAnz. S. 2390); mv. gemeinsame Regelung betreffend Ausschluß von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge (VOB- und VOL-Bereich) bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften, Er!. des mv. MWi. v. 22.7.1994 (AmtsBI. MV S. 835); nds. Ausschluss von Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften und Einführung einerTariftreueverpflichtung, RdErl. des nds. MWi. v. 2.2.1995 (Nds. MB!. S. 566); sächs. Gern. VwV des Sächs. StMI, des Sächs. StMF und des Sächs. StMWiA für den Ausschluss von Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften (VwV illegale Beschäftigung) v. 6.12.1994 (SächsABI. S. 1552), Gült. verlängert (SächsABI. 1999 S. 1155); schlh. Bekämpfung illegaler Beschäftigung, RdErl. d. schlh. LReg. v. 19.7.1994 (Amtsbl. SchiH S. 351 ).
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I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
bußen bereiten, zu Wettbewerbsverzerrungen fuhren, dem Staat Abgaben und Beiträge entziehen, Erfiillungs- und Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers gefährden und durch unsachgemäß ausgefiihrte Arbeiten Unfallrisiken herbei fuhren. 235 Daneben sollen der Vorbildcharakter und das Ansehen des Auftragswesens in der Öffentlichkeit bewahrt werden. 236 § 5 SchwarbG sieht fiir bestimmte Tatbestände vor, dass ein Bewerber bis zur Dauer von drei Jahren von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden soll.237 Dies gilt dann, wenn er oder ein nach Satzung oder Gesetz Vertretungsberechtigter zur Ausfiihrung von Dienst- oder Werkleistungen Personen beauftragt hat, die Schwarzarbeit ausfuhren. Schwarzarbeit liegt vor, wenn ein Leistungsempfänger bzw. Gewerbetreibender seinen Mitteilungspflichten gegenüber dem Arbeitsamt, der Sozialversicherung, der Sozialhilfebehörde oder der Gewerbeaufsicht nicht nachgekommen oder als selbständiger Handwerker nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist. 238 Dieselbe Sanktion droht, wenn sich der Bewerber eine illegale Beschäftigung nach SGB III 239 oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)240 oder ein Nichtabfuhren von Sozialbeiträgen nach dem StGB241 hat zu Schulden kommen lassen. Der Bewerber haftet auch fiir einen von ihm beauftragten Unternehmer oder Nachunternehmer, wenn er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser Ausländer ohne erforderliche Genehmigung des Arbeitsamts beschäftigt. 242 Weitere Voraussetzung fiir einen Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe ist aber in jedem Fall, dass dem Bewerber oder seinen nach Satzung oder Gesetz Vertretungsberechtigten eine Freiheitsstrafe von mehr als 235 Nr. 1 Abs. 3 bw. VwV Schwarzarbeitsbekämpfung; Nr. 0.1 S. 2 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU u. F.D.P., BT-Drs. 12/7563, Begr. zu§ 5, S. 10. 236 Gesetzentwurfder Fraktionen der CDU/CSU u. F.D.P., BT-Drs. 12/7563, Begr. zu § 5, S. 10; Nr. I Abs. 3 bw. VwV Schwarzarbeitsbekämpfung, Ein!. Abs. I hess. Gern. RdErl., Ein!. Abs. I schlh. RdErl. 237
§ 5 Abs. I S. I SchwarbG.
238
§ I Abs. I SchwarbG.
§§ 404 Abs. I Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, 406, 407 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - v. 24.3.1997 (BGBI. I S. 594), zul. geänd. durch Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz v. 23.3.1999 (BGBI. I S. 396). 240 §§ 15, 15 a, 16 Abs. I Nr. I, I b u. 2 Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgestz - AÜG) und zur Änderung anderer Gesetze v. 7.8.1972 (BGBI. I S. 1393), i.d.F. d. Bek. v. 3.2.1995 (BGBI. I S. 158), zul. geänd. durch G v. 16.12.1997 (BGBI.I S. 2970). 239
241 § 266 a Abs. I, 2 u. 4 Strafgesetzbuch (StOB) v. 15.5.1871 (RGBI. S. 127), i.d.F. d. Bek. v. 13.11.1998 (BGBI. I S. 3322). 242
§§ 404 Abs. I Nr. 2, 284 Abs. I S. I SGB 111; vgl. Schaub, § 43 Rn. 26.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
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drei Monaten, eine Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder eine Geldbuße von mindestens 2.500 € auferlegt worden ist oder dass schon vor Durchfiihrung des Straf- oder Bußgeldverfahrens kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung besteht. 243 Hierüber dürfen die fiir die Verfolgung und Ahndung zuständigen Behörden den Vergabestellen auf Verlangen Auskunft geben. Die öffentlichen Auftraggeber fordern bei Bauaufträgen Auskünfte des Bundeszentralregisters und des Gewerbezentralregisters an oder verlangen vom Bewerber die Vorlage entsprechender Auskünfte. 244 Die genannten Verfehlungen stehen einer Verletzung von Pflichten nach§ 241 Abs. 2 BGB gleich. 245 Bei § 5 SchwarbG handelt es sich um eine Soll-Vorschrift/46 die allerdings zwei unterschiedlich starke Bindungen der Verwaltung enthält. Die öffentlichen Auftraggeber sind im Regelfall zwar gebunden, eine Auftragssperre überhaupt zu verhängen. Doch verbleibt ihnen das Auswahlermessen, fiir welche Dauer sie das betreffende Unternehmen von der Auftragsvergabe ausschließen.247 Die Gesetzesbegründung spricht diesbezüglich von einer flexiblen Regelung, die es der Vergabestelle ermögliche, die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Bei einer erstmaligen Verfehlung dürfte der Ausschluss sechs Monate dauern, im W iederholungsfall zwei Jahre. 248 Die von Bund und Ländern verabschiedeten Erlasse konkretisieren die Vorgaben des § 5 SchwarbG und greifen hierbei die Erwägungen der Gesetzesbegründung auf. 249 Sie stellen oft die Vermutung auf, dass Unternehmen, die im o.g. Sinne Personen illegal beschäftigt haben, nicht die nach den Verdingungsordnungen erforderliche Zuverlässigkeit besitzen.250 Einige Verwaltungsvorschriften 243
§ 5 Abs. I S. I Nr. 2, S. 2 SchwarbG.
244
§ 5 Abs. I S. 3 SchwarbG. § 5 Abs. 2 SchwarbG. Hiervon gehen aus: Mestmäcker/Bremer, SB-Beilage 19/1995, I, 13. Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 40 VwVfG Rn. 24 m.w.N. : auch bei
245 246 247
zwingend zum Handeln verpflichtenden Normen kann hinsichtlich der Handlungsmodalitäten ein Ermessensspielraum verbleiben; Maurer, § 7 Rn. 7: Ermessen liegt auch vor, wenn die Verwaltung innerhalb eines vorgegebenen Rahmens die Höhe einer Gebühr selbst bestimmen kann. 248 Gesetzentwurfder Fraktionen der CDU/CSU u. F.D.P., BT-Drs. 1217563, Begr. zu § 5, S. II; vgl. Grünberger, Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, NJW 1995, 14, 15 f.
249 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU u. F.D.P., BT-Drs. 1217563, Begr. zu § 5, S. I 0 f. 250 An!. Gern. Regelung v. 22.3. 1994 Abschn. I Nr. I Bek. (Bund), Nr. 5.1.1 S. I u. 2 bbg. VwV zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung, Nr. 1.1 Abs. I hmb. RL'en, Nr. 3.5
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I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
gehen davon aus, dass diese Unzuverlässigkeit nicht nur bei (qualifizierten) Verstößen gegen deutsches Recht vorliegt, sondern (bei ausländischen Unternehmen) auch bei gleichwertigen Verstößen gegen ausländische Bestimmungen über illegale Beschäftigung. Anders kann es nicht interpretiert werden, dass von ausländischen Unternehmen Bescheinigungen von Gerichts- oder Verwaltungsbehörden ihres Herkunftslands verlangt werden. 251 Für die Bemessung der Ausschlussdauer verweisen einzelne Bekanntmachungen nur auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung. 252 Die meisten werden konkreter und erklären zur Regel, dass Unternehmen bei einer erstmaligen Verfehlung für 6 Monate, im Wiederholungsfall für 2 Jahre von Vergaben auszuschließen sind. 253 Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die Strafe oder Geldbuße ins Gewerbezentralregister eingetragen worden ist bzw. vor Durchführung des Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn der öffentliche Auftraggeber von der illegalen Beschäftigung Kenntnis erlangt. 254 Bei der Entscheidung über den Ausschluss hat die Vergabestelle zu prüfen, ob auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls das Unternehmen nicht oder abweichend von der Regelzeit auszuschließen ist. Als Kriterien werden genannt: die absolute und relative Zahl der illegal Beschäftigten, die Dauer und Häufigkeit der Verstöße, die Herbeiführung von W ettbewerbsverzerrungen, der gleichzeitige Verstoß gegen Steuer- und Abgabentatbestände, die Wiederholungsgefahr und organisatorische Vorkehrungen des Unternehmens, der inzwischen verstrichene Zeitraum, eine evtl. Beschränkung des Verstoßes auf einen Tätigkeitsbereich des Unternehmens, die Auswirkungen eines Normverstoßes auf den öffentlichen Auftraggeber, ob der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen die Wirtschaftslage des Unternehmens gefahrdet oder zu einer relevanten Verengung des Bieterkreises fiihrt.255
Buchst. aAbs. I hess. Gern. RdErl., An!. Abschn. I Nr. I mv. Er!., Abs. 3 Nr. I sächs. VwV illegale Beschäftigung, Anl. I Abschn. I Nr. I schlh. RdErl. 251 An I. Gern. Regelung v. 22.3. I 994 Abschn. li Nr. 2 Bek. (Bund), Nr. 5.2.3 bbg. VwV zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung, Nr. 1.2.1 hmb. RL'en, An I. Abschn. II Nr. 2 mv. Erl., Abs. 3 Nr. 7 UAbs. 7 sächs. VwV illegale Beschäftigung, An!. I Abschn. li Nr. 2 schlh. RdErl. 252
Abs. I S. 3 bay. Gern. Bek.
Anl. Gern. Regelung v. 22.3.1994 Abschn. I Nr. 3 Bek. (Bund), An!. Abschn. I Nr. 3 mv. Erl., Nr. 1.1 Abs. 3 nds. RdErl., Abs. 3 Nr. 3 sächs. VwV illegale Beschäftigung, Anl. I Abschn. I Nr. 3 schlh. RdErl. 253
254
Vgl. An!. Gern. Regelung v. 22.3 .1994 Abschn. I Nr. 4 Bek. (Bund).
An I. Gern. Regelung v. 22.3.1994 Abschn. I Nr. 5 Abs. I Bek. (Bund), Nr. 6 Abs. 4 bw. VwV Schwarzarbeitsbekämpfung, Nr. 5.1.2 Abs. I bbg. VwV zur Bekämpfung 255
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
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Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung können aber auch unter die Verdingungsordnungen fallen. So schreibt die VOB vor, dass "ungesunde Begleiterscheinungen" zu bekämpfen sind.256 Genauso erlauben alle drei Verdingungsordnungen (VOL, VOB, VOF) den Ausschluss von Unternehmern, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit in Frage stellt.257 Beide Tatbestände erfassen nach Ansicht der Literatur auch die Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung. 258 Überdies können nach der VOL und VOB Bewerber ausgeschlossen werden, wenn sie ihre Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß erfullt haben.2S9 9. Sonstige arbeits- und sozialrechtliche Pflichten
Einige Verwaltungsvorschriften verlangen den Abschluss einer Vereinbarung, dass der Auftragnehmer bei der Ausfuhrung von Baumaßnahmen maßgebliche arbeits-und sozialrechtliche Vorschriften einhalten wird (lnpflichtnahme). 260 Der Runderlass des Bundesbauministeriums erfasst fur Bauaufträge die in § 5 SchwarbG genannten Vorschriften, Sicherheitsvorschriften des Staates/61 der unlauterer Beschäftigung, Anl. Abschn. I Nr. 5 Abs. I u. 2 mv. Erl., Nr. 1.1 Abs. 2 nds. RdErl., Anl. I Abschn. I Nr. 5 Abs. I schlh. RdErl. 256
§ 2 Nr. I S. 3 VOB/A.
§§ 7 Nr. 5 Buchst. c, 25 Nr. I Abs. 2 Buchst. b VOLIA, 5 Nr. 2 Buchst. c VOLIASKR, 8 Nr. 5 Buchst. c, 25 Nr. I Abs. 2 VOB/A, 5 Nr. 2 Buchst. c VOB/A-SKR, § II Buchst. c VOF. 257
258 Prieß, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, § 2 VOB/ A Rn. 68; Prieß/Hausmann , in: Motzke/ Pietzcker/Prieß, § 8 VOB/A Rn. 109; Rusam, in: Heiermann/Riedl/Rusam, § 2 VOB/A Rn. 23, 30 u. 33; Schranner, in: Ingenstau/Korbion, VOB, § 2 VOB/A Rn. 26. 259 §§ 7 Nr. 5 Buchst. d, 25 Nr. I Abs. 2 Buchst. b VOLIA, 5 Nr. 2 Buchst. d VOLIASKR, 8 Nr. 5 Buchst. d, 25 Nr. I Abs. 2 VOB/A, 5 Nr. 2 Buchst. d VOB/A-SKR. 260 An I. Nr. I Abs. I Vereinbarung zur Einhaltung der tarifvertragliehen und öffentlichrechtlichen Bestimmungen bei der Ausflihrung von Baumaßnahmen, Erl. des BMBau v. 7.7.1997, Gz.: 8 I 2-0 1082-102/31, abgedr. bei : Meyer/Uekermann, Nr. 3233.5; Nr. 1.1 hmb. RL zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe nach VOL/A, VOB/A und VOF, Beschl. des hmb. Senats v. 27.10.1998 (hmb. MittVw. S. 141); Nr. 3.1 Abs. I hess. Gern. RdErl.; Nr. 2.4 rlp. Sicherstellung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Reinigungspersonals flir Dienstgebäude der Landesverwaltung, rlp. VwV d. LReg. und d . LandtagsVw. v. 2.6.1992 (rlp. MinBI. S. 315), Gült. ver I. durch rlp. VwV v. 7.10.1997 (rlp. MinBI. S. 478). 261 ArbSchG, ArbSichG und einschlägige RechtsVOen, insbes. ArbeitsstättenVO, DruckluftVO, GefahrstoffVO, ArbeitsmittelbenutzungsVO, PSA-BenutzungsVO und LastenhandhabungsVO.
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I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
Berufsgenossenschaften und nach der EG-Baustellen-Richtlinie. 262 Die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften ergehen im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung als autonomes Satzungsrecht, nicht als Rechtsverordnung. 263 Sie bedürfen allerdings der Genehmigung durch das Sundesministerium fiir Arbeit und Sozialordnung und können Verstöße mit Bußgeldern bis zu 20.000 DM ( 10.226 €) ahnden.264 Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungserklärung werden mit einer Vertragsstrafe von 1% der Auftragssumme je Verstoß, maximal 10% fiir mehrere Verstöße, belegf65 und können zur Kündigung aus wichtigem Grund fUhren. 266 Die Hamburger Richtlinie verlangt eine Erklärung des Bieters, dass er die Diskriminierungsverbote, insbesondere nach den§§ 611a und 611b BGB einhält. 267 Auch die VOL und VOB bestimmen in ihrem TeilBin allgemeiner Weise, dass der Auftragnehmer "die gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Bestimmungen zu beachten" hat (lnpflichtnahme).268 Damit sind alle Regelungen gesetzlicher oder sonstiger Art des öffentlichen und privaten Rechts gemeint. 269 Die Vorschriften des Teils B werden Vertragsbestandteil, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer es vereinbart haben, was regelmäßig der Fall ist. II. Ökologische Ziele
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) und die meisten Abfallgesetze der Länder70 treffen einzelne Bestimmungen zur umweltfreundli262 RL 92/57/EWG des Rates über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften flir die Sicherheit und den Gesundheitsschutz v. 24.6.1992 (ABI. EG Nr. L 245/6). 263
264
§ 15 Abs. I SGB VII; vgl. Zöllner/Loritz, § 6 I. 3 S. 67, § 30 I. 3 S. 349 f. §§ 15 Abs. 4, 209 Abs. I Nr. I, Abs. 3 SGB VII.
265 An!. Nr. 3 Abs. I Er!. (Bund); Nr. 3.5 Buchst. b Abs. I hess. Gern. RdErl.: bis zu 15% des betroffenen Auftragswertes. 266
Nr. 3.5 Buchst. a Abs. I hess. Gern. RdErl.
267
Nr. I. I hmb. RL.
§§ 4 Nr. I Abs. I S. 2 VOLIB, 4 Nr. 2 Abs. I S. 2 VOB/B. Oppler, in: lngenstau/Korbion, VOB, § 4 VOB/B Rn. 164 u. 166; Ried/, in: Heiermann/Riedl!Rusam, § 4 VOB/B Rn. 42; Müller, in: Daub/Eberstein, VOLIB, § 4 268
269
VOLIB Rn. 38 f. Nicht erfasst sind hingegen an den öffentlichen Auftraggeber gerichtete behördliche Anordnungen zu einer Einzelfrage; ebenda.
270 Gesetzzur Förderungder Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) v. 27.9.1994 (BGBI. I S. 2705), zul. geänd. durch G v. 25 .8.1998 (BGBI. I S. 2455).
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
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eben Auftragsvergabe. 271 Die öffentliche Hand soll auf diese Weise dazu beitragen, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern
Bw. Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen und die Behandlung von Altlasten in Baden-Württemberg ( Landesabfallgesetz- LAbfG) v. 8.1.1990 i.d.F. d. Bek. v. 15.10.1996 (bw. OBI. S. 617), zu I. geänd. durch Waserrechtsvereinfachungs- und -beschleunigungsgesetz v. 16.7.1998 (bw. OBI. S. 422); bay. Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und sonstigen Entsorgung von Abfällen in Bayern (Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz - BayAbfG) i.d.F. d. Bek. v. 9.8.1996 (Bay. GVBI. S. 396, ber. S. 449), geänd. a. 23.2.1999 (Bay. GVBI. S. 36); bin. Gesetz über die Vermeidung von Abfällen in Berlin (Landesabfallgesetz- LAbfG) v. 21.12.1993 (bin. GVBI. S. 651 ); Brandenburgisches Abfallgesetz (BbgAbfG) v. 6.6.1997 (bbg. GVBI. I S. 40); Bremisches Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (BremAGKrW-/AbfG) i.d.F. d. Bek. v. 15.9.1988 (Brem. OBI. S. 241 ), zu I. geänd. durch G v. 4.8.1998 (Brem. OBI. S. 223); Hamburgisches Abfallwirtschaftsgesetz (HmbAbfG) v. 1.12. 1992 (Hmb. GVBI. I S. 251 ), zu I. geänd. durch G v. 27.9.1995 (Hmb. GVBI. I S. 221 ); Hessisches Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (HAKA) v. 23 .5. 1997 (hess. GVBI. I S.173), zul. geänd. durch G v. 5.11.1998 (hess. GVBI. I S. 418); mv. Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz für Mecklenburg-Vorpommern (AbfAIG M-V) i.d.F. v. 15.1.1997 (GVOBI. MV S. 44); Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) i.d.F. v. 14.10.1994 (Nds. GVBI. S. 467), zu I. geänd. durch G v. 19.2.1999 (Nds. GVBI. S. 46); nrw. Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen ( Landesabfallgesetz - LAbfG) v. 21.6.1988 (nrw. GVBI. S. 250), zu I. geänd. durch G v. 7.2. 1995 (nrw. GVBI. S. 134); r1p. Landesabfallwirtschaftsund Altlastengesetz (LAbfWAG) v. 2.4.1998 (rlp. GVBI. S. 97); Saarländisches Abfallwirtschaftsgesetz (SA WG) v. 26.11.1997 (saarl. Amtsbl. S. 1352, 1356); sächs. Erstes Gesetz zur Abfallwirtschaft und zum Bodenschutz im Freistaat Sachsen (EGAB) v. 12.8.1991 (sächs. GVBI. S. 306), geänd. durch SächsAufbauG v. 7.7.1994 (sächs. GVBI. S. 1261 ); saanh. Abfallgesetzdes Landes Sachsen-Anhalt (AbfG LSA) v. 10.3.1998 (saanh. GVBI. S. 112); schlh. Abfallwirtschaftsgesetz flir das Land Schleswig-Holstein (Landesabfallwirtschaftsgesetz- LAbfWG) v. 6. 12.1991 (GVOBI. SchlH S. 640), zu I. geänd. durch G v. 27.10. 1998 (GVOBI. SchiH S. 304); keine diesbezüglichen Bestimmungen enthält thür. Gesetz über die Vermeidung, Verminderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen und die Sanierung von Altlasten (Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz - ThAbfAG) v. 31.7.1991 (thür. GVBI. S. 273), geänd. durch G v. 8.12.1995 (thür. GVBI. s. 363). 271 Die Leistung muss nach §§ 4 Nr. I Abs. I S. 2 VOLIB, 4 Nr. 2 Abs. I S. 2, 13 Nr. I VOB/B außerdem den "anerkannten Regeln der Technik" entsprechen. Hierbei muss auch der Gesichtspunkt des Umweltschutzes beachtet werden. So sind besondere Anforderungen an den Schall- und Wärmeschutz zu stellen; vgl. Oppler, in : lngenstau/Korbion, VOB, § 4 VOB/8 Rn. 146 ff.; Ried/, in: Heiermann/Riedi!Rusam, § 4 VOB/B Rn. 38. Der Auftragnehmer muss auch "die gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Bestimmungen [ ...]beachten",§§ 4 Nr. I Abs. I S. 2 VOLIB, 4 Nr. 2 Abs. I S. 2 VOB/8. Hierunter fallen auch Vorschriften des Immissionsschutz-, Wasser- und Gesundheitsrechts sowie über die Unfallverhütung; vgl. Oppler, in: lngenstau/Korbion, VOB, § 4 VOB/8 Rn. 164; Ried/, in: Heiermann/Riedi/Rusam, § 4 VOB/8 Rn. 42; Müller, in: Daub/Eberstein, VOL/8, § 4 VOLIB Rn. 38.
96
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
und die umweltverträgliche Beseitigung von Abfallen zu sichem. 212 Bei der Beschaffung von Material und Gebrauchsgütern, bei Bauvorhaben und sonstigen Aufträgen habennach § 37 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG die Behörden des Bundes und die seiner Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu prüfen, ob und in welchem Umfang umweltfreundliche Produkte eingesetzt werden können. Diese zeichnen sich durch Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit und Wiederverwendbarkeit oder Verwertbarkeit aus, fuhren im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder zu Schadstoffarmeren Abfallen oder sind aus Abfallen hergestellt worden. Die meisten Landesabfallgesetze273 übertragen diese Grundsätze auf die Landesbehörden, die Gemeinden und sonstigenjuristischen Personen des öffentlichen Rechts unter ihrer Aufsicht. Die Vorschriften sprechen davon, dass die Kriterien der Umweltfreundlichkeit bei der Vergabe berücksichtigt werden sollen274 bzw. zu berücksichtigen sind275 oder dass die umweltfreundlichen Erzeugnisse bevorzugt werden sollen276 bzw. zu bevorzugen sind. 277 Sie nehmen zumeist Mehrkosten und manchmal sogar eine Minderung der Gebrauchstauglichkeif78 hin, solange diese sich noch im Rahmen des Zurnutbaren halten und die Eignung fur den vorgesehenen Verwendungszweck nicht in Frage gestellt ist (echte Bevorzugung). 279 Ähnlich wie bei den Bevorzugten-Richtlinien haben die öffentlichen Auftraggeber ihr Ermessen dementsprechend unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Belange pflichtgemäß auszuüben. Größtenteils fugen die Landesabfallgesetze gegenüber dem KrW-/AbfG weitere Kriterien hinzu: Es wird darauf abgestellt, ob die Erzeugnisse mit rohstoffschonenden bzw. abfallarmen Produktionsverfahren oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind, ob sie sich in besonderem 272 Vgl. statt aller: §§ 37 Abs. I S. I, I KrW-/AbfG, §§ 5 Abs. I S. I, I Abs. I bw. LAbfG. 273 § I Abs. 3 sächs. EGAB verpflichtet nur zur Verfolgung der Ziele der Abfallwirtschaft 274
§ 2 Abs. 2 Nr. I schlh. LAbfWG.
275
Art. 2 Abs. 2 Nr. I BayAbfG, § 2 Abs. I S. 2 Nr. I nrw. LAbfG.
276 § 5 Abs. 2 bw. LAbfG, § 27 Abs. 2 S. I BbgAbfG, § 3 Abs. 2 S. 1 Saarl. A WG formuliert: "soll daraufhingewirkt werden, Erzeugnissen den Vorzug zu geben[ ... ]".
277 § 2 Abs. 2 S. I Nr. I bin. LAbfG formuliert: "verpflichtet, im Beschaffungs- und Auftragswesen und bei Bauvorhaben möglichst Erzeugnisse zu verwenden[ .. .]",§ 3 Abs. 2 S. 2 BremAGKrW-/AbfG, § 3 Abs. I S. I HmbAbfG, § 2 Abs. I S. 2 Hess. AKA, § 2 Abs. 2 AbfAIG MV, § 3 Abs. 2 Nr. I Nds. AbfG, § 2 S. I rlp. LAbfW AG,§ 2 Abs. I AbfG LSA. 278
§ 2 Abs. I S. 2 BayAbfG, § 3 Abs. I S. 2 Saarl. A WG, § I Abs. 3 S. 3 sächs. EGAB.
279
Vgl. statt aller:§ 5 Abs. 2 a.E. bw. LAbfG.
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
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Maße zur (insbesondere energiesparenden280) Verwertung oder umweltverträglichen Abfallbeseitigung eignen281 und ob sie mehrfach verwendbar sind. 282 Die Erlasse einzelner Bundesministerien283 , der Lände~84 und zahlreicher Gemeinden enthalten zusätzliche und von Fall zu Fall unterschiedliche Vorschriften,
280
§ 2 Abs. I S. 2 Nr. 5 Hess. AKA, § 3 Abs. 2 S. I Nr. 6 Saarl. AWG.
28 1
Z.B. § 5 Abs. 2 bw. LAbfG.
§ 2 Abs. 2 Nr. I schlh. LAbfWG. Vgl. Biologisch schnell abbaubare Schmierstoffe und Hydraulikflüssigkeiten Berücksichtigung des Aspektes der Umweltverträglichkeit bei Beschaffungen nach der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen (VOL) und der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB), Er!. des BMBau v. 5.2.1996 (GMBI. S. 320); Nachwachsende Rohstoffe - Schalöle für den Betonbau, Er!. des BMBau v. 17.2.1993, abgedr. bei Meyer/Uekermann, Nr. 3244.2. 282 283
284 Vgl. Nr. 6 bw. AO d. LReg. über die Beschaffung in der LVw. (BeschaffungsAO) v. 21.8.1989 (bw. GAB!. S. I 050), neu er!. durch AO v. I 0.11.1997 (bw. GAB!. S. 689); bay. RL'en d. Bay. StReg. über die Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (UmweltRL'en Öffentliches Auftragswesen), Bek. v. 4.6.1991 (bay. AllMBI. S. 423, ber. S. 447), zu!. geänd. durch Bek. v. 7.7.1998 (bay. AllMBI. S. 583); bin. Ausführungsvorschriften für umweltfreundliche Beschaffungen und Auftragsvergaben nach der Verdingungsordnung flir Leistung-ausgenommen Bauleistungen - (AVUm VOL) d. SenatsVw. ftir Wirtschaft und Technologie v. 31.3.1995 (bin. ABI. S. 1302); Ausführungsbest zu § I Nr. I (Nr. 2) und zu § 5 Nr. 2 (Nr. 2) hmb. Beschaffungsanordnung d. hmb. Finanzbehörde v. 4.10.1994 (hmb. MittVw. S. 333); hess. Vorbildfunktion der LVw. für umweltfreundliche Handlungsweisen, Gern. RdErl. des Hess. MU v. 15.9.1994 (hess. StAnz. S. 3283); hess. Umweltschutz bei der Durchführung von Bauaufgaben des Landes im Bereich der staatlichen HochbauVw., Bek. des Hess. MF v. 21 .11. 1991 (hess. StAnz. 1992 S. 298); nds. Berücksichtigung des Umweltschutzes (UmweltRL'en öffentliches Auftragswesen), RdErl. des nds. MWi. v. 5.5.1992 (Nds. MB!. S. 1286), geänd. durch RdErl. v. 1.5.1998 (Nds. MB I. S. 819); nrw. Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, RdErl. des nrw. MAGS, MF und MWiVk. v. 29.3.1985 (MB!. NRW S. 556); rlp. Berücksichtigung umweltverträglicher Produkte bei Ausschreibungen und freihändigen Vergaben sowie bei Leistungen, ausgenommen Bau Ieistungen, VwV d. rlp. StKanzlei und d. Ministerien v. 24. 11 .1997 (rlp. MinBI. S. 539); sächs. Gern. Er!. aller StMinisterien zur Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (UmweltRL' en öffentliches Auftragswesen) v. 11 .11 .1991 (sächs. ABI. S. 3 77); saanh. RL zur Berücksichtigung des Umweltschutzes im öffentlichen Auftragswesen, RdErl. des saanh. MWi. v. 2.8.1993 (MB!. LSA S. 2112); schlh. Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte und Leistungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (ausgenommen Bauleistungen), Gern. RdErl. schlh. Ministerien v. 22.4.1994 (Amtsbl. Sch!H. S. 194); vgl. die am 31 .12.1996 außer Kraft getretene bw. VwV d. Ministerien über die Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte bei Ausschreibungen und freihändigen Vergaben sowie Teilnahmewettbewerben über Leistungen, ausgenommen Bauleistungen v. 2.6.1986 (bw. GAB!. S. 634).
I. Teil: Beschaffung und öffentliche Belange
98
wie im Auftragswesen der Umweltschutz zu berücksichtigen ist. 285 Als Zweck wird häufig angegeben, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und der diesbezüglichen besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion der öffentlichen Hand nachzukommen. 286 Daneben sollen die Entwicklung, Herstellung und Markteinführung rohstoff-und energiesparender, umweltfreundlicher bzw. -verträglicher Produkte und Verfahren angestoßen und unterstützt werden. 287 Bei Bauvorhaben kann zwischen der Vergabe von Ingenieur- bzw. Architektenleistungen, also der Planungsphase, und der Vergabe von Ausfiihrungs- bzw. Lieferleistungen, also der Realisierungsphase, unterschieden werden.288 In der Planungsphase sollen vereinzelt bereits bei den Architektenwettbewerben Kriterien zur Umweltfreundlichkeit und rationellen Energieverwendung vorgegeben und beurteilt werden. 289 Im Einzelnen werden ökologische Anforderungen an die Grundstücks- und Gebäudegestaltung sowie an die Bautechnik gestellt. In der Realisierungsphase sollen umweltfreundliche Ausführungsarten und Produkte gewählt werden. 290 Hinsichtlich der Ausführungsart sind teilweise vertragliche Vereinbarungen vorgesehen, die etwa Vorkehrungen beim Umgang mit gefahrliehen und wassergefahrdenden Stoffen, die Lärmminderung auf der Baustelle und den Umgang mit Bauabfallen beinhalten. 291 Produkte und Materialien sind umweltverträglich, wenn sie im Vergleich zu konkurrierenden Erzeugnissen umwelt-oder ressourcenschonend hergestellt worden sind und bei ihrer Nutzung und Entsorgung weniger Umweltbelastungen verursachen.292 Wegen der unterschiedlichen Umweltbelastungen in den verschiedenen "Lebensphasen" eines Produkts kann seine Umweltverträglichkeit immer nur relativ sein. 293 Bei Produkten, die das deutsche ("Blauer Engel") oder EG-Um285 Umweltbundesamt, I. 3 S. 25, Fn. 2, nennt u.a. Erlasse für die Bundeswehr und der Städte Erlangen, Essen, Kassel, Mülheim/Ruhr, Münster und Nümberg. 286 Nr. I und 5 hess. Gern. RdErl. über die Vorbildfunktion der L Vw., Abs. 2 S. I saanh. RL; vgl. Ein!. bay. UmweltRL'en Öffentliches Auftragswesen, Nr. I Abs. I rlp. VwV, Ein!. Abs. I schlh. Gern. RdErl. 287 Nr. 4 hess. Gern. RdErl. über die Vorbildfunktion der L Vw., Abs. I S. 3 sächs. UmweltRL'en öffentliches Auftragswesen, Abs. 2 S. 2 saanh. RL. 288
Abschn. I Abs. 4 S. 2 nds. UmweltRL'en öffentliches Auftragswesen.
289
Nr. 2.2 hess. Bek. über den Umweltschutz bei der Durchflihrung von Bauvorhaben.
290
Nr. 5.1 hess. Bek. über den Umweltschutz bei der Durchflihrung von Bauvorhaben.
291
An!. 6 Nr. 2. 10 bis 2. 13 hess. Gern. RdErl. über die Vorbildfunktion der LVw.
292 Abschn. I Abs. 5 nds. UmweltRL'en öffentliches Auftragswesen; vgl. An!. I Nr. I Abs. I hess. Gern. RdErl. über die Vorbildfunktion der LVw. 293
Vgl. An!. Nr. 2 Abs. I bw. VwV über die Berücksichtigung umweltfreundlicher
3. Kapitel: Öffentliche Belange in deutschen Beschaffungsvorschriften
99
weltzeichen ("Europäische Blume") tragen, wird die Umweltverträglichkeit vermutet. Allerdings können auch andere Produkte umweltfreundlich sein, etwa wenn für die entsprechende Produktgruppe gar kein Umweltzeichen vergeben wird (z.B. Fahrräder, Ziegelsteine).294 Auch der energiesparende Transporf9 s und die Anlieferung ohne bzw. in wiederverwendbaren Verpackungen können berücksichtigt werden. 296 In Sachsen-Anhalt können vom Auftragnehmer Erklärungen zur Wiederverwertungoder Abbaubarkeil von Stoffen verlangt werden. 297 In Hessen und (bei der Beschaffung von Computer-Hardware) in Berlin ist eine vertragliche Rücknahmeregelung vorgesehen, wonach der Auftragnehmer Altgeräte, Abf