Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages: Festgabe für Werner Blischke [1 ed.] 9783428452019, 9783428052011


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German Pages 283 Year 1982

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Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages: Festgabe für Werner Blischke [1 ed.]
 9783428452019, 9783428052011

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Beiträge zum Parlamentsrecht

Band 4

Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages Festgabe für Werner Blischke Herausgegeben von

Hans-Achim Roll

Duncker & Humblot · Berlin

Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages

Beiträge zum Parlamentsrecht Herausgegeben von Norbert Achterberg

Band 4

Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages Festgabe für Werner Blischke

Herausgegeben von

Hans-Achim Roll

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

Alle Rechte vorbehalten

@ 1982 Duncker &. Humblot, BerUn 41

Gedruckt 1982 bei BerUner Buchdruckerei Union GmbH., BerUn 61 Printed in Germany ISBN 3 428 05201 3

Geleitwort Alte Weggefährten, Kollegen und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung haben sich zusammengefunden, um dem scheidenden Leiter der Abteilung Parlamentsdienste, Ministerialdirigent Werner Blischke, mit dieser Aufsatzsammlung ihre Verbundenheit und ihren Dank auszudrücken. Die Themen der Beiträge kreisen um parlamentsreclltliche Fragen, die im Mittelpunkt der Arbeit und des Interesses von Werner Blischke stehen, seitdem er im Jahre 1954 in die Bundestagsverwaltung eintrat. Zunächst war er Mitarbeiter der damaligen Wissenschaftlichen Abteilung und dann Leiter der juristischen Dokumentation, eine Organisationseinheit, aus der der Wissenschaftliche Dienst hervorgegangen ist. Im Jahre 1970 übernahm er den Fachbereich Parlamentsrecht und von 1979 bis 1981 leitete er die Abteilung Parlamentsdienste, die dem Bundestagsdirektor unmittelbar untersteht. In allen diesen Jahren hat Werner Blischke an der Fortentwicklung des Parlamentsrechts kenntnisreich und engagiert mitgearbeitet. In seine Dienstzeit fällt die Reform der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Während dieser Reform stellte er dem Geschäftsordnungsausschuß seinen sachkundigen Rat und seine Erfahrungen in hervorragender Weise zur Verfügung. Besonders hinzuweisen ist auch auf seine Funktion im Rahmen des Sitzungsdienstes. Hier hat er mich bei der geschäftsordnungsrechtlichen Beratung des amtierenden Präsidenten zuverlässig und mit dem richtigen Gefühl für das parlamentarischpolitische Geschehen vertreten. In internationalen Gremien genießt Werner Blischke hohes Ansehen. Er wurde in Anerkennung seiner Verdienste um parlamentsrechtliche Fragen in die Vereinigung der Generalsekretäre der Parlamente berufen, einer beratenden Organisation der Interparlamentarischen Union. Ihm ist es weiterhin gelungen, zwischen vielen europäischen Parlamentsverwaltungen und der Bundestagsverwaltung eine Atmosphäre vertrauensvoller und vorbehaltloser Kooperation zu schaffen, die nicht zuletzt auch der Arbeit des Bundestages zugute kommt. Ich danke den Autoren und dem Herausgeber, daß sie dazu beigetragen haben, die Verdienste von Werner Blischke durch diese Festgabe zu würdigen. Sie fördern damit zugleich den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis über parlamentsrechtliche Fragen. An diesem

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Geleitwort

Dialog ist Werner Blischke stets besonders interessiert gewesen, und ich hoffe, daß er auch in Zukunft seine Erfahrungen bei der wissenschaftlichen Bearbeitung des Parlamentsrechts einsetzen wird. Dr. Helmut Schellknecht Direktor beim Deutschen Bundestag

Inhaltsverzeichnis Klemens Kremer

Präsenz im Plenum. Erwägungen über die Pflichten des Abgeordneten, an den Arbeiten des Bundestages, besonders an den Plenarsitzungen. teilzunehmen ..................................................

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Rudolf Kabel

Die Entstehung der Tagesordnung durch interfraktionelle Vereinbarungen .......................................................... 29 J oseph Bücker

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität

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Adatbert Hess

Reflexionen über den Debattenstil

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Peter Scholz

Rederecht und Redezeit

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Hans-Achim RotZ

Auslegung und Fortbildung der Geschäftsordnung

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Jürgen Jekewitz

Möglichkeiten der Einflußnahme des Deutschen Bundestages auf Rechtsverordnungen der Bundesregierung .......................... 111 Horst Ferdinand

EG-Vorlagen im Plenum .......................................... 145 Annemarie Rüttger

Der zeitliche Ablauf der Haushaltsberatungen 1949 - 1982 ............ 165 Hans-Josef Vonderbeck

Die parlamentarische Beschlußfähigkeit ............................ 193 Günter van Heiß

Die Behandlung von Fragen zur Fragestunde, die Mitglieder des Bundestages berühren. Zur Entstehung und Bedeutung des Begriffs "Dreiecksfragen" ................................................... 211

Inhaltsverzeichnis

8 Friedrich-Ludwig Klein

Das Plenarprotokoll ................................................ 231 Heinz Matthes / Erdmute Rebhan

Dokumentation der Parlamentsmaterialien im Sach- und Sprechregister ............................................................ 249 Wolfgang Dexheimer

Die Mitwirkung der Bundestagsfraktionen bei der Besetzung der Ausschüsse ........................................................ 259 Sachverzeichnis ....................................................... 279 Autorenverzeichnis .................................................... 281

Präsenz im Plenum Erwägungen über die Pflichten des Abgeordneten, an den Arbeiten des Bundestages, besonders an den Plenarsitzungen, teilzunehmen Von Klemens Kremer Einleitung Um es gleich vorweg zu sagen: Nur in totalitären Staaten sind die Parlamente - oder wie sich solche Volksvertretungen auch nennen mögen - stets vollbesetzt. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist dagegen der Öffentlichkeit nur schwer verständlich zu machen: daß in demokratischen Parlamenten manchmal selbst Gesetze von nur einem Zehntel der Mitglieder beschlossen werden. Ursachen und Bedingungen der Präsenz, vor allem auch der oftmals geringen Präsenz im Plenum, sollen im folgenden aufgezeigt werden. Zunächst ist zu fragen, ob und inwieweit ein Abgeordneter überhaupt verpflichtet ist, an den Parlamentsarbeiten teilzunehmen (1. Kapitel), und ob Maßregeln geeignet sind, die Teilnahme der Abgeordneten an den Plenarsitzungen zu fördern (2. Kapitel). Daß die Teilnahme an den Plenarsitzungen von zahlreichen Umständen abhängig, aber auch von einem individuellen Maß des Sichverpflichtet-Fühlens des einzelnen Abgeordneten geprägt ist, soll an drei Beispielen sehr unterschiedlich besetzter Bundestagssitzungen verdeutlicht werden. Erstens sind es die vollbesetzten oder nahezu vollbesetzten Bundestagssitzungen (3. Kapitel), an denen dennoch oft manche Abgeordnete wegen vorrangiger offizieller Verpflichtungen nicht teilnehmen können (4. Kapitel). Zweitens handelt es sich um die etwa halbbesetzten Plenarsitzungen, bei denen die Abgeordneten beginnen abzuwägen, welche parlamentarische oder allgemein politische Verpflichtung sie - gegenüber den Parlamentssitzungen - für vorrangiger halten (5. Kapitel). Das dritte Beispiel sind die nur mäßig besetzten Expertenaussprachen, bei denen die spezialisierten Beratungsthemen wesentliche Ursache für das mangelnde Interesse der jeweiligen NichtExperten unter den Abgeordneten sind (6. Kapitel). Das gilt seit langem auch für die Fragestunde (7. Kapitel). Schmälert diese Praxis - eine letzte Erwägung - die Repräsentation des Volkes im Parlament?

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Klemens Kremer

I. Vber die Pflicht zur Teilnahme "Die Mitglieder des Bundestages sind" - wie es § 13 Abs. 1 seiner Geschäftsordnung fordert - "verpflichtet, an den Arbeiten des Bundestages teilzunehmen". Diese Teilnahmepflicht erstreckt sich natürlich nicht nur auf die Sitzungen des Parlaments und seiner Organe, sie umfaßt auch die Mitwirkung an den gesetzgebenden und kontrollierenden, an den informatorischen und auch repräsentierenden Aufgaben des Bundestages. Parlamentsarbeit in einer Sitzungsperiode des Bundestages (durchschnittlich sind es zwei Wochen im Monat), das heißt derzeit folgendes: Montags Anreise nach Bonn, nachmittags bereits Sitzungen der Mitglieder der Fraktionsvorstände und der ganzen CSU-Landesgruppe, ausnahmsweise auch anderer Gremien. Am Dienstag finden vormittags die Sitzungen der Arbeitskreise und Arbeitsgruppen der Fraktionen statt, nachmittags die der Fraktionen selbst. Der Mittwoch ist ausgefüllt mit Ausschußsitzungen und einer Plenarsitzung von 13 bis 14.30 Uhr, in der fast immer lediglich die Fragestunde aufgerufen wird. Der Donnerstag ist ganztägig für eine Plenarsitzung reserviert, wiederum mit einer Fragestunde von 14 bis 15.30 Uhr. Freitag vormittags kann ebenfalls eine Plenarsitzung des Bundestages stattfinden. Ist der Vormittag jedoch für Ausschußsitzungen freigegeben, so wird er von arbeitsüberlasteten Ausschüssen genutzt. Die meisten Abgeordneten sind an den Sitzungstagen außerdem zu zahlreichen großen und kleinen, wichtigen oder individuell wichtigen Sitzungen und Besprechungen eingeladen. Alle diese Termine sind nur der äußere Rahmen der Abgeordnetenpflichten. Mit der bloßen Wahrnehmung der Termine ist es nicht getan. Der Termin-Rahmen muß durch ein aktives Teilnehmen ausgefüllt werden. Das verlangt Vorbereitung auf die Sitzungen: Sich informieren aus Berichten und Medien sowie in mannigfaltigem Gedankenaustausch, Auswertung von Sitzungsmaterialien, Aktionen und Initiativen durch Anträge und Anregungen, Erwägungen zu Debattenbeiträgen und Wortmeldungen. Die in der Geschäftsordnung vorgesehene Pflicht zur Teilnahme an den Parlamentsarbeiten entspricht indes nicht den Rechtspflichten, wie sie im bürgerlichen Recht oder im Strafrechi geregelt sind. Derartiges, notfalls erzwingbares Recht kann eine Geschäftsordnung nicht setzen. Die Geschäftsordnungsbestimmung ist deshalb nur eine unvollkommene Regelung, nur eine lex imperfecta. Die Teilnahmepflicht kann schließlich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Abgeordneten gemäß Artikel 38 des

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Grundgesetzes gefolgert werden (wie es früher elruge Verfassungsrechtler versucht hab€n). Im Gegenteil: Die durch Artikel 38 GG gewährte inhaltliche Mandatsausübung umfaßt gleichermaßen auch die Freiheit seiner Entscheidung, in welchem Umfang und mit welcher Intensität der Abgeordnete sein Mandat wahrnehmen will. Ein Abgeordneter kann sich geradezu vor seinem Gewissen verpflichtet fühlen, an einer Abstimmung oder an einer Parlamentsdebatte nicht teilzunehm.en. Einem Abgeordneten ist sogar zuzugestehen, daß er seine politische Einstellung zur Parlamentsarbeit - vor hundert Jahren gab es derartige Fälle - durch demonstrative Nichtmitarbeit bekundet. Aus den Grundgesetzartikeln über die Beschlußfassungen des Bundestages läßt sich eine Teilnahmepflicht ebenfalls nicht begründen. Gemeint sind die Artikel. die bei Abstimmungen die Anwesenheit einer bestimmten Zahl von Abgeordneten voraussetzen (siehe u. a. die Artikel 42 Abs. 1 Satz 2, Artikel 63 Abs. 2 bis 4, Artikel 67 Abs. 1 und Artikel 68 Abs. 1, Artikel 77 Abs. 4 und Artikel 79 Abs. 2 GG). Auch aus § 45 Abs. 1 der Geschäftsordnung, der für die Beschlußfähigkeit des Bundestages die Anwesenheit von mehr als der Hälfte seiner Mitglieder verlangt, kann eine derartige Anwesenheitspflicht nicht hergeleitet werden. Die nach der Verfassung und der Geschäftsordnung erforderlichen besonderen Mehrheiten bei herausragenden Parlamentsbeschlüssen beziehen sich nur auf die Entscheidungsberechtigung des Organs. Aus den Grundgesetzartikeln kann demnach keine individuelle Anwesenheitspflicht eines Abgeordneten entnommen werden. Diese Auffassung wird bestätigt durch die parlamentarische Regel, daß das Parlament ohnehin stets beratungsfähig und grundsätzlich auch beschlußfähig ist. Nur wenn eine Fraktion oder mindestens 26 anwesende Abgeordnete vor Beginn einer Abstimmung beantragen, die Beschlußfähigkeit festzustellen, kann der Fall eintreten, daß - wenn die Auszählung weniger als 260 (ohne die Berliner Abgeordneten 249) Stimmen ergibt - die Sitzung aufgehob€n werden muß (§ 45 der Geschäftsordnung). Von Amts wegen kann die Beschlußunfähigkeit nur dann festgestellt werden, wenn bei einem Hammelsprung, bei einer namentlichen Abstimmung oder b€i einer geheimen Wahl weniger als die Hälfte der Abgeordneten abgestimmt hat. Tagsüber kommt es selten zur Feststellung der Beschlußunfähigkeit, weil dann - durch die akustischen Signale aufmerksam gemacht genug Abgeordnete in den Plenarsaal eilen. Nach alldem ist die geschäftsordnungsgemäße Pflicht zur Teilnahme an den Bundestagsarbeiten, also auch die Teilnahme an den Plenarsitzungen, letztlich nur eine moralische Verpflichtung des Abgeord-

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neten, die er - ganz allgemein gesehen Wahl auf sich genommen hat.

mit der Annahme seiner

11. Maßregeln zur Förderung der Teilnahme? 1. Nach der Geschäftsordnung des Bundestages gerinnt die Pflicht zur Mitarbeit zu der Maßregel, daß sich die Abgeordneten an jedem Sitzungstag in eine Anwesenheitsliste "einzutragen haben" (§ 13 Abs. 2 Satz I).

Sitzungstage - sie werden entsprechend der Arbeitsplanung vom Bundestagspräsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat bestimmt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 AbgG) - sind in den Sitzungswochen meist die vier Tage von Dienstag bis Freitag; an diesen Tagen liegen die Listen von 7 bis 21 Uhr oder bis zum Ende der Plenarsitzung an mehreren Stellen des Bundeshauses aus. Ursprünglich, in den ersten Wahlperioden des Bundestages, war die Eintragung Voraussetzung für die Zahlung eines Sitzungsgeldes; es war eine Entschädigung für zusätzlichen Aufwand. Heute ist das Sitzungsgeld - wie schon 1906 bei der Einführung einer Aufwandsentschädigung für die Mitglieder des Reichstages (jährlich 3 000 Mark) - in der nunmehr zu versteuernden Entschädigung enthalten. Trägt sich ein Abgeordneter nicht in die Liste ein, wird unterstellt, daß ihm im Zusammenhang mit dem Mandat ein zusätzlicher Aufwand nicht entstanden ist. Deshalb werden von der Kostenpausehale jedenfalls, also auch bei einer Entschuldigung, 90 DM einbehalten. Der Betrag verringert sich - nach welcher Grundkonzeption? - auf 30 DM, wenn der Abgeordnete durch einen Krankenhaus- oder Sanatoriumsaufenthalt verhindert ist. Er erhöht sich auf 150 DM, wenn sich der Abgeordnete an einem Plenarsitzungstag unentschuldigt nicht in die Liste eingetragen hat (§ 14 Abs. 1 Satz 3 bis 5 AbgG). Der um 60 DM erhöhte Abzug bei unentschuldigtem Fehlen kann den Eindruck einer Geldbuße erwecken. Das ist bedenklich. Die in Artikel 38 GG gewährte freie Mandatsausübung dürfte selbst durch mittelbare Sanktionen nicht beeinträchtigt werden. Ein Abgeordneter kann den erhöhten Abzug verhindern, wenn er sich vom Präsidenten beurlauben läßt (§ 14 der Geschäftsordnung). Der Urlaub wird - durchweg mit Erwähnung des Grundes - schriftlich beantragt, notfalls nach einer rechtzeitigen telephonischen Ankündigung vor Ende der Auslegungsfrist der Anwesenheitslisten. Manch.e Abgeordnete nehmen den erhöhten Abzug von der Pauschale bei unentschuldigtem Fehlen als selbstverständliche Folge hin, wenn sie durch eine ihnen wichtiger erscheinende Angelegenheit an einem

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Sitzungstag unvorhergesehen nicht in Bonn, nicht im Bundeshaus sein konnten; Aufwendungen für eine Bundestagssitzung sind ja nicht entstanden. Daß aber ein Abgeordneter lieber den höheren Abzug hinnimmt, um nicht in der Liste der entschuldigten Abgeordneten festgehalten zu werden, ist kaum anzunehmen. Diese sorgfältigen Gesetzes- und Geschäftsordnungsregelungen über die Eintragung in die Anwesenheitslisten, über die Minderung der Kostenpauschale und über die Urlaubsertleilung kann ein Abgeordneter in der praktischen Parlamentsarbeit bequem einplanen. Immerhin sind sie jedoch geeignet, ihn an jedem Sitzungstag an seine Verpflichtung, an den Arbeiten des Bundestages teilzunehmen, zu erinnern. 2. Nach § 2 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 des österreichischen Nationalrates "wird ein Abgeordneter seines Mandates verlustig", wenn er ,,30 Tage ... ohne triftigen Grund von den Sitzungen des Nationalrates ausgeblieben ist" und deswegen schließlich der Verfassungsgerichtshof den Mandatsverlust erklärt hat. Ähnliche Bestrebungen gab es im norddeutschen Reichstag. Einem Abgeordneten sollte das Mandat aberkannt werden, wenn er während zehn aufeinander folgender Plenarsitzungen fehlt und auch in einer vom Parlamentspräsidenten zu bestimmenden Frist seinen Abgeordnetensitz nicht einnimmt (Antrag vom 6. Juni 1868). Derartige Regelungen erübrigen sich für unsere Parlamentspraxis. Im allgemeinen sind nämlich die Abgeordneten an Sitzungstagen im Bundeshaus. Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie sich vor wichtigen Abstimmungen die Präsenz im Plenarsaal innerhalb weniger Minuten vervielfachen kann. Deshalb muß die weitere Ordnungsvorschrift des § 14 Abs. 2 des Abgeordnetengesetzes nur selten angewandt werden, wonach die Kostenpauschale desjenigen Abgeordneten (dem wegen Fehlens nicht ohnehin schon ein Betrag abgezogen wird) um 75 DM gekürzt wird, der an einer namentlichen Abstimmung oder einer Wahl mit Namensaufruf nicht teilnimmt. 3. Muß sich ein Abgeordneter nicht - ungehindert fehlender rechtlicher Sanktionen - moralisch verpflichtet fühlen, an den Bundestagssitzungen teilzunehmen? Ja und nein! Zum einen können im politischen Konkurrenzkampf zwischen und in den Parteien, auch bei der Suche nach der Gunst der Wähler, vernachlässigte Abgeordnetenpflichten den Verlust des Parlamentsmandats, womöglich sogar das Ende der politischen Karriere zur Folge haben. Zum anderen gilt als Maßstab für die Pflichterfüllung eines Abgeordneten aber weniger die ständige Anwesenheit im Plenarsaal. Maßgebender ist vlelmehr die sinnvolle Auswahl unter all den Aufgaben, die ihm von seiner Partei und seiner Fraktion und seinen Wählern im weitesten Sinne aufgebürdet

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werden. Für seinen Erfolg, nicht zuletzt für seine Wiederwahl, kann die Fürsorge für einen Wahlkreis und die Verbindung zu bestimmten Bevölkerungsgruppen oder Fachbereichen entscheidend sein. Einhellig wird von den Bürgern und der veröffentlichten Meinung eine stärkere Anwesenheit im Plenum verlangt. Der einzelne Abgeordnete jedoch muß sich gegenüber seiner Partei und gegenüber Wählern rechtfertigen, warum er diese Aufgabe für wichtiger gehalten habe als jene. Bei diesem Abwägen der Prioritäten steht die Präsenz im Plenum nicht im Vordergrund.

111. Vollbesetzte Plenarsitzungen Die Ursache für ein tatsächliches Plenum des Bundestages (lateinisch: plenum consilium = vollzählige Versammlung), auch für die übrigen stark besuchten Sitzungen, liegt nahezu ausschließlich in der besonderen Bedeutung des Beratungs- oder Verhandlungsgegenstandes. 1. Vollbesuchte Sitzungen sind zunächst die Sitzungen zu Beginn einer Wahlperiode: Konstituierung des Parlaments mit der Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten des Bundestages, Wahl des Bundeskanzlers sowie Vereidigung der Bundesregierung. Nahezu vollzählig sind die Abgeordneten meist bei der Abgabe einer Regierungserklärung versammelt, ebenso bei Sitzungen mit Debatten zu bedeutenden Gesetzentwürfen oder Großen Anfragen über Themen allgemeinen Interesses, bei den alljährlichen Haushaltsberatungen, besonders bei den umstrittenen Kapiteln des Bundeshaushaltsplanes, oft auch bei Aktuellen Stunden zu brisanten Fragen. Nicht zuletzt gehören Gedenksitzungen zu den vorbildlichen Bundestagssitzungen.

Die Bundestagsmitglieder fühlen sich bei diesen Sitzungen keineswegs an irgendeine Pflicht erinnert, wenn sie sich nahezu vollständig im Plenarsaal versammeln. Kaum ein Abgeordneter ist in eine Lektüre oder in ein Gespräch vertieft oder anderweitig abgelenkt. Je faszinierender die Ausführungen des Redners sind, um so angespannter ist die Aufmerksamkeit. Hier schält sich die erste, eigentlich banale Grundregel für die Bundestagspräsenz heraus: Das Angebot bestimmt die Nachfrage. Je bedeutungsvoller das Thema der Parlamentsdebatte und je interessanter ein Redner dazu spricht, um so größer die Zahl und um so selbstverständlicher die Faszination der Anwesenden. Nebenbei: Der Redner muß nicht unbedingt ein hervorragendes Mitglied der Regierung oder eines Fraktionsvorstandes sein. Auch Abgeordnete aus den Reihen der Vielen haben schon mit gehaltvollen

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Darlegungen die Aufmerksamkeit des Plenums gewinnen können, nachdem sie dank eindrucksvoller Argumente in den Fraktionsberatungen zum Sprecher ihrer Fraktion bestimmt worden waren. In den großen Debatten wird der Politiker leidenschaftlich angesprochen. Solche Stunden im Parlament möchte er keinesfalls versäumen. Auch die Journalisten drängen sich auf der Pressetribüne, die, was die Präsenz bei Bundestagssitzungen angeht, ein getreues Spiegelbild des Plenarsaales ist: viele Sitzungsteilnehmer, viele Journalisten; wenige Abgeordnete, wenige oder keine Journalisten. 2. Der Plenarsaal ist auch vollbesetzt - hier jedoch weniger aus Neigung denn aus Pflichtgefühl der Abgeordneten - , wenn eine Wahl oder eine wichtige Abstimmung, besonders eine namentliche Abstimmung, zu erwarten ist. Gleiches gilt, wenn die Abstimmungssignale im Bundeshaus verkünden, daß die Stimmen präzise gezählt werden müssen, weil der Sitzungsvorstand (der Präsident und die beiden Schriftführer) allein aus den Handzeichen oder dem Aufstehen nicht sicher die Mehrheit oder Minderheit feststellen können (§ 51 der Geschäftsordnung). In diesen wichtigen Abstimmungen wollen die Mehrheitsfraktionen, die die Regierung stellen, ihre ungebrochene Macht und die Opposition ihre Stärke in der Nähe der Mehrheit demonstrieren. Nicht selten sind zur Teilnahme an solchen Abstimmungen wichtigste Besprechungstermine oder Veranstaltungen verschoben worden. Abgeordnete sind sogar von weither angereist gekommen. Besonders dramatisch wirkt die Ankunft kranker oder nicht gehfähiger Abgeordneter im Rollstuhl. Nur selten müssen die Bundestagsmitglieder gemahnt werden, an derartigen Abstimmungen teilzunehmen. Die Stimmabgahe sind sie ihrer Partei schuldig. Und wenn ein Abgeordneter bei einer Wahl mit Stimmkarten oder bei einer namentlichen Abstimmung nicht in der Ergebnisliste des Sitzungsprotokolls aufgeführt wird, will er wenigstens (auch aus Furcht vor der Findigkeit eines Konkurrenten) in der Liste der entschuldigten Abgeordneten erscheinen. Nur die Unentschuldigten bleiben unerwähnt, aber nicht unerkannt. 3. Die zahlreichen Bemühungen verantwortungsvoller Parlamentarier und auch Wissenschaftler, viel häufiger den Plenarsaal zu einem - selbstverständlich gut besuchten - politischen Mittelpunkt, zum Forum der Nation werden zu lassen, müssen scheitern, solange nicht die Beratungsgegenstände und deren Behandlung den Politiker faszinieren, zumindest ansprechen. Eine systematische Auswertung der Verbesserungsvorschläge ist nicht Gegenstand dieses Aufsatzes. Jedoch muß

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hier eines herausgestellt werden. Der immer wieder unternommene Versuch, mangelhafte Präsenz allein den einzelnen Abgeordneten anzulasten, ist nicht gerechtfertigt. Das Problem der Präsenz im Plenarsaal ist in erster Linie - wie die vollbesetzten Plenarsitzungen beweisen - ein Problem der Beratungsgegenstände in den Plenardebatten. IV. Offizielle Verhinderungen Selbst während der großen P1enardebatten wird die Präsenz oft durch andere Verpflichtungen einzelner Abgeordneter beeinträchtigt. Und um wieviel mehr werden die weniger wichtigen Bundestagssitzungen - entsprechend dem Ermessensspielraum des Abgeordneten bei der Wahrnehmung der anderen Verpflichtung - von offi~iellen Verhinderungen etlicher Abgeordneter betroffen! 1. In den ersten Wahlperioden des Bundestages war es noch gang und gäbe, daß manche der damals über 30 Ausschüsse, vor allem die großen Ausschüsse mit dringenden Beratungsthemen, während der Plenarsitzungen tagten. Heute können derartige Ausschußsitzungen nur mit Genehmigung des Präsidenten, der sich der Billigung des Ältestenrates versichert, stattfinden. Namentlich während der alljährlichen Beratungen des Bundeshaushaltsplanes ist dies für die 33 Mitglieder des Haushaltsausschusses die Regel, für die den Haushalt mitberatenden Ausschüsse keine seltene Ausnahme.

Der Präsident und der Ältestenrat sind zwar behutsam mit der Genehmigung von Ausschußsitzungen während der Plenar- und Fraktionssitzungen. Sie müssen aber mit einem Trick der abgewiesenen Ausschüsse rechnen. Würde eine Sitzung für dringende Ausschußberatungen nicht offiziell genehmigt, könnte sich der Kreis der Ausschußmitglieder zu einer - nicht genehmigungsbedürftigen - Besprechung eines Abgeordneten (dessen Name just mit dem des Ausschußvorsitzenden übereinstimmt) zusammenfinden. 2. Offiziell verhindert, an manchen Plenarsitzungen teilzunehmen, waren bis zur 9. Bundestagswahl 1980 oft die 36 Abgeordneten, die zugleich Mitglieder des Europäischen Parlaments waren. Seit der Direktwahl des Europäischen Parlaments am 10. Juni 1979 müssen seine Mitglieder nicht mehr Mitglieder eines nationalen Parlaments sein. Deshalb gehören derzeit nur noch zwei Bundestagsmitglieder gleichzeitig dem Europäischen Parlament an (Willy Brandt und Jochen van Aerssen). Nach wie vor sind aber 36 Abgeordnete Mitglieder oder Stellvertretende Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, zugleich der Versammlung der Westeuropäischen Union. Außerdem ge-

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hören zwölf Abgeordnete der Deutschen Delegation der Nordatlantischen Versammlung an. Trotz mancher vorsorglicher Planungen überschneiden sich häufig die Sitzungen dieser Versammlungen sowie ihrer Ausschüsse und UnterausschÜS5e oder Komissionen mit Sitzungen des Bundestages. Sogar während der ersten Beratung des Haushaltsplanes 1981 waren 14 Bundestagsmitglieder wegen der Teilnahme an Sitzungen der erwähnten Versammlungen entschuldigt, 13 weitere wegen der Teilnahme an der Jahreshauptversammlung der Interparlamentarischen Union. FÜr die Abstimmungen ist bedeutsam, daß die offiziell abwesenden Abgeordneten sich fast immer ungefähr gleichmäßig auf die Koalitionsund Oppositionsfraktionen verteilen. Vorsorglich kommt aber mancher Abwesende mit einem Abgeordneten der anderen Seite überein, daß sie beide an Abstimmungen nicht teilnehmen (Pairing). Diese partnerschaftliche Rücksichtnahme der Minderheit gegenüber der Mehrheit verhütet ein Zufallsergebnis bei Abstimmungen. 3. Eine Art offizieller Verhinderung ist die Teilnahme von Abgeordneten als Vertreter ihrer Fraktion oder Partei an Versammlungen und Tagungen der Gewerkschaften sowie von Wirtschafts- und Fachverbänden, auf denen sie die Sorge ihrer Partei für die Verbandsinteressen demonstrieren und die einschlägigen Beschlüsse ihrer Fraktion rechtfertigen müssen. Termine werden nur mit Spitzenpolitikern abgestimmt. In diesem Zusammenhang sind auch die mannigfaltigen Einladungen zu erwähnen, denen die Abgeordneten teils als Repräsentanten folgen müssen, teils wegen interessanter Kontakte und Fachgespräche gerne folgen. Tagsüber sind es Veranstaltungen von Verbänden, die fachlich oder örtlich verbundene Abgeordnete sehr willkommen heißen. Abends sind es zum einen die Veranstaltungen der auswärtigen Staaten anläßlich ihres Nationalfeiertages, an denen besonders die Mitglieder der deutschausländischen Parlamentariergruppen (Ende 1981 waren es 26) erwartet werden. Zum anderen sind es die Veranstaltungen der Landesvertretungen der elf Bundesländer in Bonn; sie erwarten die Bundestagsmitglieder aus ihrem Land, besonders die der politischen Farbe der Landesregierung. Die Landesvertretungen können dank ihrer Kenntnisse des Sitzungsrhythmus der Bundestagsarbeit - frühzeitig auf die Sitzungstage Rücksicht nehmen. Diese Abendveranstaltungen können zwar die Präsenz im Bundestag mindern, sie wirken sich aber kaum auf die Plenarentscheidungen aus. Wenn nämlich entgegen den interfraktionellen Vereinbarungen (die nach dem Gegenseitigkeitsprinzip rücksichtsvoll sind) eine wichtige, besonders eine namentliche Abstimmung stattfindet, ist durchweg Vor2 Festgabe für Werner Blischke

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sorge getroffen, daß die Abgeordneten rechtzeitig wieder im Plenarsaal präsent sein können. V. Die halbbesetzten Bundestagssitzungen und die anderen Abgeordneten-Pflichten Zwischen dem Plenum und der spärlich besuchten Experten-Aussprache liegt die Mannigfaltigkeit der unterschiedlich besuchten Sitzungen. Bei einer Anwesenheit von etwa 100 bis 300 Abgeordneten kann von halbbesetzten Sitzungen gesprochen werden. 1. Halbbesetzte Sitzungen können im allgemeinen wiederum nur nach der Bedeutung der Beratungsthemen charakterisiert werden. Der Sitzungssaal war 1981 zum Beispiel ungefähr halbbesetzt bei den Beratungen des Montan-Mitbestimmungsmodells, des Verteidigungshaushalts 1981, des EG-Gipfeltreffensin Maastricht, des 19. Strafrechtsänderungsgesetzes, schließlich bei der Beratung des Demonstrationsrechts.

Halbbesetzte Bundestagssitzungen ergeben sich häufig nach einer großen Debatte, nachdem die Fraktionsvorsitzenden, maßgebende Regierungsmitglieder, Mitglieder des Bundesrates und die Hauptsprecher der Fraktionen gesprochen haben. Nach den ersten zwei/drei Stunden lichten sich die Reihen der Abgeordneten. Manche Bundestagsmitglieder werden ungeduldig und erinnern sich dringender Angelegenheiten in ihrem Büro (eine zweite Grundregel der Präsenz). Dringende andere Aufgaben werden indes den Parteifreunden des Redners scheinbar weniger bewußt. Hier wird eine dritte Grundregel für die Präsenz der Bundestagsmitglieder im Plenum deutlich: Die Mitglieder der Fraktion des Redners sind immer zahlreicher im Plenarsaal vertreten als die der anderen Fraktionen. Auch bei den Experten-Aussprachen wird dem Redner manchmal durch die Anwesenheit eines engeren Freundeskreises eine zusätzliche wohlwollende Unterstützung oder Ermunterung zuteil. So konnte ein FDP-Abgeordneter in einer Sitzung gegen 21 Uhr verschmitzt, aber wahrheitsgetreu feststellen, daß er - nach der augenblicklichen Besetzung des Plenarsaals - als Vertreter der stärksten Fraktion spreche. Kurz zuvor hätte ein eSU-Abgeordneter das gleiche auch von der esuLandesgruppe sagen können. Inzwischen ist es - im Vergleich zu den ersten Wahlperioden des Bundestages - selten geworden, daß eine Fraktion nahezu geschlossen den Plenarsaal verläßt, um einem bestimmten Redner der Gegenseite demonstrativ zu zeigen, daß es eine Zumutung sei, ihm zuzuhören. Heutzutage vollzieht sich höflicherweise der Abgang der weni-

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ger interessierten Abgeordneten nicht abrupt zu Beginn der Rede des Mitgliedes der gegnerischen Fraktion, sondern durchweg im Laufe der ersten fünf oder zehn Minuten. Hin und wieder vermag auch ein Redner aus der Reihe der Vielen fast zufällig andere Abgeordnete so zu beeindrucken, daß sie ihre anderen Verpflichtungen zurückstellen. Abgeordnete, die nur beiläufig in den Plenarsaal hineinschauen, oder Abgeordnete, die in den Wandelhallen rechts und links neben dem Plenarsaal Gespräche führen, werden unvermittelt von einer bemerkenswerten Argumentation angesprochen. Schnell kann sich die Präsenz bis zu einer eindrucksvollen Zuhörerschaft erhöhen. Dabei zeigt es sich wiederum, daß Angebot und Nachfrage auch die politischen Geschäfte beeinflussen. Der neu entdeckte Redner kann jedenfalls bei seiner nächsten Rede von vornherein mit einem größeren interessierten Zuhörerkreis aus allen Fraktionen rechnen. 2. Was sind die anderen dringenden Pflichten eines Abgeordneten, die er für wichtiger hält als die Teilnahme an der Bundestagssitzung, selbst wenn in ihr politisch interessante Themen hehandelt werden? Hier läßt sich kaum etwas verallgemeinern, vielleicht nur die Tatsache, daß die gesamten Aufgaben eines Abgeordneten so stark angewachsen sind, daß sie von vielen mehr als eine Achtzig-StundenWoche verlangen würden. Wohl jeder Abgeordnete erfüllt seine Pflichten individuell nach den von ihm gesetzten und ihm aufgedrängten Maßstäben. Die offiziellen Sitzungen, vor allem die Sitzungen der Fraktionen, der Ausschüsse und Arbeitskreise, belasten das Zeitkonto eines Abgeordneten stark, weil er in den politisch entscheidenden und wegen ihrer Mitgliederzahl überschaubareren Gremien durchweg anwesend sein muß; sie überschneiden sich zwar nicht mit Zeiten der Bundestagssitzungen, wohl aber geht ihm dadurch viel Zeit verloren. In der Partei und Fraktion hat sich fast jeder Abgeordnete auf ein politisches oder fachliches Gebiet und/oder auf eine aktuelle Aufgabe spezialisiert. Als Spezialist muß er zu den Bestinformierten gehören, der Auskunft und Entscheidungshilfe bieten kann. Er muß die Tagesund Wochenzeitungen, die Fachzeitschriften und andere Puhlikationen verfolgen, Gespräche mit Parteifreunden, Fachleuten und Ministerialbeamten führen, er muß sich mit Widersachern, Konkurrenten und Anregern aus seiner Partei und aus der Öffentlichkeit beschäftigten, er muß zu Briefen (auch denjenigen, die ihm von der Partei oder Fraktion zur Erledigung zugewiesen werden) und zu Anregungen von allen Seiten abwägend Stellung nehmen. Er muß seine Beiträge im Arbeitskreis, in der Fraktion und in seinem Bundestagsausschuß sorgfältig mit gleichfalls zuständigen oder benachharten Fachleuten ahstimmen. Ge2*

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wiß kann er für diesen Prozeß die Mitarbeiter der Fraktion und der Wissenschaftlichen Dienste der Verwaltung des Bundestages, auch seinen persönlichen Assistenten heranziehen. Er allein muß aber alsdann das Ergebnis gedanklich formulieren, sogar - besonders brenzlig für die Medien wörtlich artikulieren: in Interviews, Kommentaren und Kolumnen, - zum Vorteil seiner Partei, möglicherweise zugleich zur Förderung seiner eigenen Bestrebungen. Als Berichterstatter für einen Gesetzentwurf hat er nach Abschluß der Ausschußberatungen den Bericht für den Bundestag zu verfassen oder für sein Fachgebiet eine Bund~stagsrede vorzubereiten. Zwischendurch muß er Besuchergruppen aus seinem Wahlkreis so empfangen, wie sie selbst ihre Einmaligkeit in Bonn empfinden. Die Besucher hätten kein Verständnis dafür, wenn ihr Mann in Bann gerade während ihres Besuches dringende Arbeiten erledigen oder sich intensiv einer Bundestagssitzung widmen würde, ausgenommen in der Zeit, in der seine Gäste den Plenarsaal besuchen. Jede Darstellung der Fülle der Pflichten und Aufgaben von Parlamentariern fordert die Entgegnung heraus, daß viele der im Parlament anfallenden Arbciten doch den sitzungsfreien Wochen vorbehalten werden könnte, so daß mehr Zeit für die Teilnahme an Plenarsitzungen zu gewinnen wäre. Ohnehin werden manche dieser Arbeiten in den sitzungsfreien Wochen erledigt, was für die Tage in Bonn eine kleine Entlastung bringt. Und ein Teil der Aufgaben erstreckt sich zwangsläufig schon auf diese Wochen, besonders die Unterrichtungen, die Ausarbeitung von politischen und fachlichen Stellungnahmen, die Bearbeitung der Zuschriften. Der Vedagerung der Arbeit auf sitzungsfreie Wochen sind aber Grenzen gesetzt. Während dieser Zeit verschiebt sich der Schwerpunkt der Arbeitslcistung generell auf den Wahlkreis, auf die Wahrnehmung des zweiten Aufgabengebietes eines Abgeordneten: die Arbeit in den Parteigremien und in Gewerkschaften, Verbänden, Vereinen und anderen gesellschaftlichen Organisationen als Vorsitzender oder Vorstandsmitglied. Die Wahl zum Abgeordneten ist in vielen Fällen die Frucht dieser Aktivitäten, und kaum einer bleibt Abgeordneter, der sich auf seine Parlamentsaufgaben zurückzieht. Also gilt es, Sprechstunden abzuhalten (und sich in Bonn um das Vorgebrachte zu kümmern), Vorträge zu halten, zu Veranstaltungen - besonders seines speziellen Fachgebietes - zu reisen, einen guten Kontakt mit der Presse zu pflegen. Schließlich betätigt sich etwa ein Drittel der Abgeordneten noch zeitweise in seinem Beruf, schließlich sind viele Abgeordnete Mitglieder von Gemeindevertretungen und Kreistagen. Die

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sitzungsfreien Wochen können jedenfalls kaum freie Zeit für einen regelmäßigeren Besuch der Plenarsitzungen verschaffen. 3. Neben den erwähnten Umständen, die einen Abgeordneten im allgemeinen hindern, alle vorgegebenen Pflichten, auch die Pflicht zur Teilnahme an allen Bundestagssitzungen, wahrzunehmen, muß noch eine vierte Grundregel zur Präsenz im Plenum herausgestellt werden. Es ist Theorie, daß sich die Pflicht eines Parlamentariers auf die Teilnahme an den, also auf die Teilnahme an allen Plenarsitzungen erstrecken könnte. Es ist physisch kaum möglich, bis zu zehn Stunden - das ist oft die Dauer der Plenarsitzungen am Donnerstag, die Mittagspause von einer Stunde, meist zwischen 13 und 14 Uhr, nicht mitgerechnet! - nahezu ununterbrochen auf seinem Abgeordnetenplatz zu sitzen und aufmerksam zuzuhören. Es gibt natürlich viel bewunderte, fast rätselhafte und seltene Ausnahmen, wie zum Beispiel den Vorsitzenden der SPD-Fraktion Herbert Wehner, der bei allen Plenarsitzungen stets wachen Sinnes anwesend und nur selten abgelenkt ist. Im allgemeinen aber bedeutet es schon eine beachtliche Energieleistung und Strapaze, mehrere Stunden lang Reden aufgeschlossen zu verfolgen. Die Plenarsitzungen sind jedenfalls nicht so eingerichtet, nicht so organisiert, daß erwartet werden könnte, alle Parlamentsmitglieder würden an der ganzen Plenarsitzung teilnehmen. VI. Experten-Aussprachen und ihre Nebenwirkungen 1. Die Experten-Aussprachen während einer Bundestagssitzung erregen bei den Bürgern in besonderem Maße Ärgernis, nehmen an ihnen doch nur kaum mehr als fünfzig Parlamentarier teil. Es sind zum einen die Experten für das engbegrenzte Fachgebiet, zum anderen Parlamentarische Geschäftsführer, politische Freunde der Redner und allgemein interessierte Abgeordnete, schließlich - im Verlauf der Aus~ sprache - Experten nachfolgender Tagesordnungspunkte.

Die elementare Ursache der geringen Präsenz in derartigen Sitzungen ist darin zu sehen, daß sich der Gesetzgeber mit Angelegenheiten befassen muß, die auch für die Tageszeitungen und Nachrichtensendungen so wenig interessant sind, daß sie ihnen höchstens einige Zeilen widmen. Ein Rechtsstaat erfordert jedoch für jeglichen Eingriff in die Rechte eines Bürgers und für grundlegende Leistungen des Staates ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung gemäß einer gesetzlichen Ermächtigung. Das kann dann - wie jüngst allein aus einer Tagesordnung für zwei Bundestagssitzungen ersichtlich - zu Debatten über folgende Themen führen:

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Klemens Kremer Zweites Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Spezielle Umweltprobleme der Nordsee Finanzierung der Autobahn Würzburg-Ulm Verbesserung der Beratungskapazität des Deutschen Bundestages zur Bewertung technologischer Forschungsprogramme und Vorbereitung der Entscheidung über technologiepolitische Probleme Neuntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Der Bonner Journalist WalteT Henkels zählte einmal nur 26 Abgeordnete im Plenarsaal. Was wurde an dem Abend vor Schluß der Sitzung beraten? Der Bundestag befaßte sich mit dem Antrag der Opposition auf Errichtung eines Fonds zum Ausgleich für soziale Härtefälle bei den Besitzern niedrig verzinslicher Rentenpapiere. Es gibt noch seltsamere, für die Allgemeinheit noch weniger interessante Gesetzgebungs- und Beratungsmaterien. über sie wird wohltuenderweise ohne eine Aussprache meist am Schluß einer Sitzung Beschluß gefaßt, wenn sich die Fraktionen über das Ergebnis einig sind und die Experten eine Hervorhebung im Bundestag für überflüssig ansehen. Dazu muß man wissen, daß über 90 v. H. der Gesetzentwürfe vom Bundestag einstimmig oder nahezu einstimmig verabschiedetwerden. Es gibt Vorschläge, die Experten-Aussprachen, überhaupt die Beschlußfassungen über Gesetzentwürfe engbegrenzter Bedeutung nicht weiterhin beim schwach besetzten Plenum zu belassen, sondern einem ständigen, natürlich öffentlich tagenden Hauptausschuß zu übertragen. Das wäre aber nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern auch unangebracht. Erstens kann eine fast allen Bürgern uninteressante Gesetzesregelung für die betroffene Berufsgruppe von immens wichtiger Bedeutung sein. Zweitens ist der jeweils aus Experten zusammengesetzte Kreis im Plenarsaal allemal ein sachkundigeres Gremium als ein allgemein zusammengesetzter Hauptausschuß. 2. Die Experten-Aussprachen, überhaupt die normalen Bundestagssitzungen, scheinen für viele Abgeordnete oftmals ein erfreuliches Kapital an zusätzlich verfügbarer Arbeitszeit zu bringen. Die jährliche Vorausplanung legt für etwa 22 bestimmte Tagungswochen des Bundestages donnerstags und auch freitags vormittags Plenarsitzungen fest. Diese Zeiten müssen die Abgeordneten von anderen Terminen freihalten; denn es könnte wegen einer wichtigen politischen Entscheidung ihre Anwesenheit in einer Plenarsitzung unabdingbar sein. Vor einer Sitzungswoche sickert aber durch - und spätestens in der Fraktionssitzung am Dienstag reift es zur Gewiß-

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heit -, ob an den freigehaltenen Plenarsitzungszeiten weder eine Abstimmung noch eine besonders bedeutungsvolle Debatte stattfindet, weder ein Gegenstand des eigenen speziellen Arbeitsgebietes aufgerufen wird noch die Rede eines engen Parteifreundes ansteht. So ,ist der Zeitraum der Plenarsitzungen verblüffenderweise oft geeignet, zusätzliche Besprechungstermine aufzunehmen und Vereinbarungen für inoffizielle Sitzungen zu treffen. Zu diesen Zeiten finden auch die zahlreichen Sitzungen und Besprechungen im engeren Kreis von Parteüreunden statt, um strittige Themen der offiziellen Sitzungen vorzuberaten. Kurzfristig können auch Sitzungen von Gremien und Beiräten mit Bundestagsmitgliedern einberufen werden (denn die Abgeordneten sind ja im Bundeshaus anwesend), die auf speziellen Gebieten die Arbeit der Bundesregierung und einzelner Bundesministerien kontrollieren. Alle diese Sitzungen werden in den offiziellen Übersichten der Sitzungen der Bundestagsgremien nicht erwähnt. Kann man schließlich einem Abgeordneten verdenken, wenn er zum Zeitpunkt eines für ihn uninteressanten Tagesordnungspunktes des Plenums einen Termin mit einem interessanten Gesprächspartner vereinbart? 3. Die sorgfältige Planung des Ältestenrates über den Ablauf der Plenarsitzungen - entsprechend den Vorstellungen der Fraktionen fördert ein rationelles Arbeiten der Abgeordneten und der Regierungsvertreter und hat zugleich auch einen rationellen Besuch der Bundestagssitzungen zur Folge. Die Planung fördert die Präsenz bei den großen Debatten, sie vermindert die Präsenz bei der überwiegenden Alltagsarbeit des Bundestages. Das muß in Kauf genommen werden. Denn es wäre sinnwidrig, allein zur Anhebung der Präsenz die Sitzungen unbestimmter zu planen, so daß viele Abgeordnete gezwungen wären, im Plenarsaal längere Zeit zu warten, bis ihr Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. Ohnehin können die Planungen nur einen ungefähren Anhalt geben. Ein Kenner der Fachgebiete der einzelnen Abgeordneten ~ann übrigens nach dem Eintreffen der Experten im Plenarsaal sichere Wetten abschließen, aus welchem Fachgebiet der nächste und der übernächste Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. 4. Auch bei einer geringen Besetzung einer Bundestagssitzung, selbst bei der Anwesenheit eines Bruchteils der Mitgliederzahl des Parlaments, ergibt es sich zufällig immer wieder, daß die Abgeordneten der Regierungsfraktionen etwas stärker vertreten sind als die der Opposition, so daß die Abstimmungsergebnisse den wirklichen Machtverhältnissen entsprechen. Es scheint eine Art Naturgesetz zu sein. Denn wie

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bequem könnte die Opposition 10, 20 oder 30 ihrer Mitglieder mobilisieren und damit überraschende Mehrheiten bewerkstelligen! 5. Eine Expertenaussprache kann natürlich auch die Stunde derjenigen Abgeordneten sein, die nur wenige Male oder nur einmal Gelegenheit haben, in demselben Saal, vom selben Rednerpult aus zu sprechen und - was das Sitzungsprotokoll angeht - in denselben Druckbuchstaben zu erscheinen Wlie die allseits bekannten Politiker. Könnte es sein, daß ein Experte den Augenblick seiner Entfaltungsmöglichkeit für bedeutender hält als ein Bemühen, mit seinem Redebeitrag auch die Lebendigkeit des Parlamentarismus zu fördern? Daß spröde Themen auch für einen größeren Kreis zuhörenswert erschlossen werden können, hat schon mancher Experte bewiesen. Die meisten sprechen aber ihre Insider-Sprache, sehen sie doch nur Fachkollegen vor sich. Oder sind in diesem Kreislauf die Zuhörer wegen der Insider-Sprache weggeblieben? Experten mäkeln oft, daß zehn oder fünfzehn Minuten Redezeit lediglich ausreichen, um die fachlich unterschiedlichen Beurteilungen darzulegen, nicht aber um außerdem die Probleme populär darstellen zu können. Manche sprechen auch so sclmell und komprimiert - ihre Redezeit ausnutzend -, daß ein allgemein Interessierter nicht folgen kann. Ob überhaupt ein Fraktionssprecher zehn oder fünfzehn Minuten Zeit zur Darlegung der Fraktionsmeinung gewährt bekommt, hängt wesentlich von den Fraktionsgeschäftsführern ab. Sie beeinflussen maßgeblich die Vorschläge des Ältestenrates zum Ablauf einer Bundestagssitzung, die in der Regel unverändert vom Bundestag übernommen werden (§ 35 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung). Bei kurzfristigen Änderungen während des Verlaufs einer Plenarsitzung scheinen ohnehin allein die Fraktionsgeschäftsführer den Ablauf der Bundestagsdebatte zu bestimmen. Wie könnte sich gegen deren Vorschläge mehrheitlich ein optimaler Gegenvorschlag formieren? 6. Schon seit den ersten Jahren des Bundestages haben alle Präsidenten Fälle mangelhafter Präsenz im Bundestag nachdrücklich gerügt. Gewiß verband sich damit die Sorge um die Reputation, um das Ansehen des deutschen Parlaments in der Öffentlichkeit. Der Hinweis auf geringe Teilnehmerzahlen in Bundestagssitzungen - mit oder ohne Hinweis auf die so hohen Diäten - ist nach wie vor die geläufigste Kritik am Parlament. Der Anlaß der mahnenden Bemerkungen der Bundestagspräsidenten scheint in den meisten Fällen jedoch konkreter gewesen zu sein. Es schwang das Bedauern oder die Enttäuschung der Präsidenten mit, daß großartige Debattenbeiträge, eindrucksvoll vorgetragen, nicht von

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mehr Abgeordneten gehört, ja erlebt werden, daß leidenschaftliche Redner mit geschliffenen Argumenten nicht ebenso engagierte Entgegnungen herausfordern, daß neue Gedanken und Lösungsmöglichkeiten nicht vor einer kritischen großen Zuhörerschaft auf ihre Gültigkeit erprobt werden können. Das Verfolgen der Debatte mittels übertragungsgeräten in den Büros der Abgeordneten und der Journalisten kann die Atmosphäre ebensowenig wiedergeben wie das spätere Nachlesen der Beiträge im Plenarprotokoll. Schließlich werden manche wertvollen Debattenbeiträge auch in den Medien nicht hinreichend gewürdigt, da - wie schon erwähnt - die Präsenz auf der PressetribÜlle durchweg der Präsenz im Plenarsaal entspricht. Geringe Präsenz im Plenarsaal kann auch - besonders bedauernswert - das Engagement eines Politikers zu einer außergewöhnlich wirkungsvollen Leistung in der Öffentlichkeit beeinträchtigen.

VII. Präsenz in der Fragestunde Der Besuch der Fragestunden, die in der Regel mittwochs 13 Uhr und donnerstags 14 Uhr beginnen, unterliegt eigenen Gesetzmäßigkeiten. In den normalen Fragestunden sind fast nur die Fragesteller anwesend, die manchmal auch nur knapp vor Aufruf ihrer Fragen kommen. Sie können aus der Mitteilung über den Ablauf der Fragestunde ersehen oder vom Büro ihrer Fraktion erfahren, wann ungefähr der zuständige Bundesminister oder vielmehr sein Parlamentarischer Staatssekretär ihre Fragen beantworten wird. Sind die Fragen des Fragestellers abgehandelt, wartet er vielleicht noch die übrigen Antworten ab, die sein Fachressort betreffen. Andere Fachgebiete interessieren ihn meist nicht mehr. Wenn ein Abgeordneter, der eine mündlich zu beantwortende Frage eingereicht hat, bei Aufruf der Frage nicht präsent ist, wird die Frage nicht beantwortet, auch nicht schriftlich, wie es noch nach der Geschäftsordnungsregel der Fall war, die bis 30. September 1980 galt (Nr. 13 Satz 3, nunmehr Nr. 10 Satz 4 der Richtlinien für die Fragestunde, Anlage 4 der Geschäftsordnung). Hier wirkt sich das Versäumen einer Bundestagssitzung unmittelbar nachteilig aus. Wenn der Abgeordnete seine Frage für die nächste Fragestunde wieder einreicht, ist wenigstens der Arbeitsaufwand des Ministeriums für die Beantwortung nicht vergeblich gewesen. Gut besucht sind nur diejenigen Fragestunden,. in denen sich - meist aus Anlaß eines möglichen politischen Mißgeschicks - ein Regierungsvertreter den bohrenden Fragen einer ganzen Reihe von Abgeordneten zu ein und demselben Thema stellen muß. Vor allem die

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Oppositionsmitglieder warten gespannt auf einen Ausrutscher oder ein unfreiwilliges Zugeständnis bei den zahlreichen Zusatzfragen der Fragesteller und ihrer Parteifreunde. Denn gerade auf die spontanen und die kalkuliert verwirrenden oder die scheinbar harmlosen Zusatzfragen hat sich der antwortende Minister oder Staatssekretär kaum vorbereiten können. Beistand kann er nur von wohlwollenden Zusatzfragen der Freunde aus seiner eigenen Partei erwarten. Derartige Fragestunden können hundert oder zweihundert Abgeordnete in den Plenarsaal locken. Wenn die Fragestunde eine Aktuelle Stunde auslöst oder eine gesonderte Aktuelle Stunde stattfindet - fast immer auf Verlangen der Opposition -, kann die Aktualität des tatsächlich oder vermeintlich brisanten Themas den Plenarsaal bis zu einem Plenum füllen. Ein brandneues politisches Thema, hochgespielt von Abgeordneten der Opposition und heruntergespielt von Abgeordneten aus der Koalition, ihre Regierung stützend und schützend, ist nach dem Sinn eines Vollblutpolitikers.

Schluß-Erwägungen Ein Parlament zählt seinem Wesen nach nicht zu den Gremien, die sich stets vollständig versammeln müssen. Außerdem gibt es - wie dargestellt - viele Ursachen und Gründe, daß die Abgeordneten wichtigere Pflichten haben können, als ständig im Plenum präsent zu sein. Hier und da könnte vielleicht beim Abwägen der Pflichten der Trend etwas mehr zu einer Teilnahme an Plenarsitzungen hin gehen. Bei der Mannigfaltigkeit der heutigen Arbeitslast und Arbeitsweise der Bundestagsmitglieder kann aber allenfalls nur in einem Einzelfall, nie generell geurteilt werden, daß - wie v. Mohl 1875 zu damaligen Gegebenheiten verallgemeinerte - "die geschilderten Zustände keine löblichen sind". Schließlich sind auch die Wähler - eine allgemeine Erfahrung - mit den ihnen bekannten Abgeordneten nachsichtiger als in ihrem Pauschalurteil über die Gesamtheit der Parlamentarier. Schon wegen der zwangsläufig erforderlichen Arbeitsteilung im Parlament, ganz abgesehen von der Wahlkreisarbeit, muß einem "Abgeordneten die Möglichkeit belassen werden" - so das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 10. Mai 1977 (BVerfGE Bd. 44, S. 308, 316) -, "sich bestimmten Sachgebieten, denen sein Interesse gilt und für die er Sachrverstand besitzt, besonders eingehend zu widmen und darüber die Beschäftigung mit anderen Themenkreisen, soweit dies vertretbar erscheint, hintanzustellen". Im einzelnen abgewo-

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gen, debattiert, gestritten und verbindlich vorentschieden wird letztlich nicht in den Bundestagssitzungen, sondern in den Arbeitskreisen der Fraktionen, in den Fraktionen selbst und in zahllosen inoffiziellen Vorbesprechungen der Abgeordneten untereinander und mit Vertretern der Bundes- und Landesregierungen, der gesellschaftspolitischen Organisationen und Fachverbände, schließlich in den Bundestagsausschüssen. Auch das Bundesverfassungsgericht betont, "daß ein wesentlicher Teil der Parlamentsarbeit traditionell außerhalb des Plenums geleistet wird" (ebd., S. 317). Die abschließenden Bundestagsreden in der zweiten oder dritten Beratung eines Gesetzentwurfs, die Stellungnahmen zu Entschließungen oder die Erklärungen vor der Schlußabstimmung beeinflussen nicht mehr das Abstimmungsergebnis. Die beteiligten Abgeordneten kennen das Ergebnis aus den Besprechungen, aus Berichten und aus den Fraktionssitzungen; sie kennen auch zur Genüge die Argumente der Gegenseite. Ist ein Abgeordneter für ein Fachgebiet nicht kompetent, vertraut er dem Vorschlag seines kompetenten Fraktionskollegen, so wie umgekehrt die Kollegen ihm vertrauen und sich darauf verlassen, daß er auf seinem Fachgebiet die Politik seiner Partei wahrt und fördert sowie sachgerecht entscheidet. In diesem Sinne fließen auch - wie das Bundesverfassungsgericht zugesteht - "die Auffassungen der einer Schlußabstimmung im Plenum ferngebliebenen Mitglieder in die parlamentarische Willensbildung ein" (ebd., S. 320). Die Bundestagsreden sind letztlich Rechenschaftsberichte der Parteien und der Fraktionen, weshalb sie einen Gesetzentwurf oder einen Antrag unterstützen oder ablehnen. Sie sind auch für die Öffentlichkeit bestimmt, also auch keineswegs abwertend - Reden zum Fenster hinaus. Jedenfalls muß unter der fortschreitenden Spezialisierung der Aufgaben fast aller Bundestagsmitglieder - deren Folge zeitweise die nur mäßig besetzten Bundestagssitzungen und die Experten-Aussprachen sind - die Sorgfalt bei der Gesetzgebung und bei der Kontrolle der Regierung nicht leiden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Experten - entsprechend dem Wesen eines Parlaments - die jeweiligen Repräsentanten der Vielfalt der Meinungen und Bestrebungen des Volkes sind. Einem Parlament hätte es nicht passieren können, was dem Bundesministerium für Wirtschaft bei der 14. Änderungs-Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrtversicherung vom 5. Mai 1981 (Bundesanzeiger Nr. 85/1981) unterlief. In der Neufassung der Regionalklassen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung hatte das Ministerium übersehen, daß ab 1. Januar 1981 ein neuer Regierungsbezirk Gießen geschaffen worden ist. Bei einer ähnlichen gesetzlichen Regelung wäre wenigstens ein örtlich kundiger Abgeordneter im Laufe des gesamten

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langwierigen Gesetzgebungsverfahrens auf diesen - inzwischen korrigierten - Fehler gestoßen. Wenn die Repräsentation des Volkes durch die Abgeordneten oder zumindest durch die Experten unter ihnen in den Bundestags-, Fraktions- und Ausschußsitzungen sichergestellt ist, sind die Vorteile der Parlamentsberatungen durch nichts zu ersetzen.

Die Entstehung der Tagesordnung durch interfraktionelle Vereinbarungen Von Rudolf Kabel Im Plenum des Deutschen Bundestages werden politische Entscheidungen sichtbar gemacht. Diejenigen, die sie zu treffen und zu verantworten haben, tauschen dort in öffentlicher Rede und Gegenrede Gründe und Gegengründe miteinander aus, um dann in öffentlicher Verhandlung die Entscheidung zu vollziehen. Auf diese Weise soll die Öffentlichkeit teilnehmen können am politischen Meinungsbildungs- und Entsclreidungsprozeß. Die dafür geschaffenen Verfahrens regeln sind geeignet, den Eindruck zu erwecken, daß die Beratungen im Plenum des Bundestages der politische Meinungsbildungsprozeß selbst seien. Dies wird besonders deutlich beim Gesetzgebungsverfahren in der 2. und 3. Beratung. Vorab wird in einer allgemeinen Aussprache das Für und Wider in Rede und Gegenrede erörtert, danach können Alternativen in Form von Änderungsanträgen zur Diskussion und Abstimmung gestellt werden und am Ende wird über das Gesetz abschließend entschieden. Dieser Reihenfolge könnte ein entsprechender Kausalzusammenhang zugrundeliegen: Der Abgeordnete hört sich abwägend das Für und Wider in der Debatte an, prüft die in den Änderungsanträgen vorgelegten Alternativen, akzeptiert oder verwirft sie in den Einzelabstimmungen und entscheidet am Ende aufgrund der in den Einzelberatungen getroffenen Vorentscheidungen über die Annahme oder Ablehnung des Gesetzes. Daß dies der Wirklichkeit nicht entspricht, ist seit langem bekannt. Der Eindruck des tatsächlichen Ablaufs der Plenarsitzungen bestätigt es immer wieder. Wer als unbefangener und nicht eingeweihter Zuschauer und Zuhörer im Plenarsaal die zahlreichen Gesetzesberatungen ohne Aussprache miterlebt, sei es die 1. Beratung, sei es die 2. und 3. Beratung, lediglich bestehend aus dem Aufruf des Gesetzes, der offenkundig vergeblichen Frage, ob der Berichterstatter das Wort wünsche, der Feststellung, daß das Wort nicht gewünscht und der sofort anschließenden Abstimmung, der erfährt von dem politischen

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Entscheidungsprozeß kaum mehr als der Zuhörer in der öffentlichen Verhandlung einer Kammer für Zivilsachen beim Landgericht von den Streitfällen, die dort entschieden werden. Viele tatsächlich abgehaltene "Aussprachen" bestehen lediglich darin, daß je ein Sprecher einer Fraktion ein vorbereitetes "Statement" abgibt, das jeder Spontaneität oder Bezugnahme auf einen vorangegangenen Redebeitrag entbehrt. Die Abstimmung danach spiegelt, wenn nicht ohnehin Einstimmigkeit vorherrscht, die bekannten Mehrheitsverhältnisse wider. Die größeren Debatten - oft von den Medien unmittelbar übertragen - zeigen zwar mehr Spontaneität und Dialog, jedoch wohl nie eine überraschung bei der anschließenden Abstimmung, wenn man von dem ohnehin zumeist erwarteten, von der Fraktionsansicht abweichenden Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder absieht. Hinzu kommt, daß bei den allermeisten Debatten nur eine Minderheit der Mitglieder des Parlaments überhaupt im Plenarsaal anwesend ist, so daß der Eindruck entsteht, die Mehrheit sei überhaupt nicht am Entscheidungsprozeß beteiligt. Auch nur ein wenig mit der Arbeit des Bundestages vertraute Zeitgenossen wissen, daß die "eigentlichen" Entscheidungen schon gefallen sind, bevor die Beratungen im Plenum begonnen haben. Die im Plenum vorgetragenen Argumente sollen und können dort niemanden mehr bewegen, seine getroffene Entscheidung zu revidieren. Sie wenden sich vornehmlich an die Öffentlichkeit und damit an die Wähler. Die Abfolge der verschiedenen Stadien der Plenarberatungen ist in Wirklichkeit keine Kausalkette, sondern eher ihre nachträgliche Rekonstruktion und öffentliche Demonstration, um für den tagespolitischen Augenblick oder spätere politische Auseinandersetzungen zu dokumentieren, wer mit welchen Begründungen was getan oder unterlassen hat. Das gilt zumindest für die meisten Gesetzesberatungen. Anders kann es sein bei den großen Debatten, in denen vom Bundestag allein über Politik diskutiert wird, wie z. B. bei einer Debatte über eine Regierungserklärung. Hier können neue, in der öffentlichen Diskussion bisher nicht gehörte Argumente die Art ihres Vorbringens, rhetorische Leistungen oder Mißerfolge, eine unerwartete zeitliche Ausdehnung der Aussprache, neue, bisher weniger bekannte Sprecher überraschungen für den Beobachter und für die Beteiligten bringen. Abgesehen von derartigen unvorhergesehenen Varianten ist im übrigen aber ganz offensichtlich vorprogrammiert und vorentschieden, was im Plenum geschieht. Die Plenarberatungen haben deswegen vornehmlich den Zweck der nach,träglichen Rekonstruktion, Demonstration und Dokumentation

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eines früher stattgefundenen politischen Entscheidungsprozesses, weil alle im Bundestag zu treffenden Entscheidungen in den Fraktionen vorher beraten, entschieden und oft bis in alle Einzelheiten vorbereitet worden sind. Da nach unserer Verfassung die Regierung unmittelbar von einer Mehrheit im Bundestag abhängt, müssen die Fraktionen im Rahmen der Rollenverteilung zwischen Regierungsmehrheit und Opposition im Bundestag als politische Handlungseinheiten wirken und im Plenum eine möglichst geschlossene und eindeutige politische Linie sichtbar werden lassen und Zufallsergebnisse im Plenum vermeiden. Die dort stattfindenden öffentlichen Verhandlungen und Entscheidungen müssen sie deshalb sorgfältig vorbereiten. Dies gilt nicht nur für die Entscheidungen in der Sache, sondern auch für den Ablauf des Verfahrens im Plenum. Dieses wird festgelegt in der Tagesordnung des Bundestages. Ihr Zustandekommen ist das Ergebnis eingehender Vorarbeiten und Verhandlungen innerhalb des Bundestages. Die Hauptbeteiligten daran sind die Parlamentarischen Geschäftsführer, ihr Instrument zur Vorbereitung und Steuerung des parlamentarischen Geschehens ist die interfraktionelle Vereinbarung. Die Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT) gibt über das Verfahren bei der Vorbereitung der Plenarsitzungen nur spärlich Auskunft. Interfraktionelle Vereinbarungen erwähnt sie nur an einigen Stellen und die parlamentarischen Geschäftsführer überhaupt nicht, dafür aber das Gremium, in dem in der Regel - aber keineswegs ausschließlich - interfraktionelle Vereinbarungen getroffen werden, den Ältestenrat. (§§ 6 Abs. 2 Satz 1; 20 Abs. 1; 22; 35 Abs. 1 Satz 1; 58; 79; 81; 84 Satz 3 GOBT). Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 GOBT besteht der Ältestenrat aus dem Präsidenten, seinen 4 Stellvertretern und 23 weiteren von den Fraktionen gem. § 12 GOBT zu benennenden Mitgliedern. Unter diesen "weiteren Mitgliedern" sind die Parlamentarischen Geschäftsführer, wobei die beiden größeren Fraktionen, CDU/CSU und SPD je fünf und die FDP-Fraktion zwei entsenden. Sie sind von ihren Fraktionen gewählt und beauftragt, alle organisatorischen, administrativen und mit dem Ablauf der parlamentarischen Beratungen zusammenhängenden Aufgaben zu erfüllen. Einer von ihnen nimmt für seine Fraktion im Ältestenrat die Funktion des Sprechers und Verhandlungsführers wahr, wenn es um den Arbeitsplan des Bundestages, insbesondere um die Gestaltung der Tagesordnung geht. "Der Ältestenrat ... führt eine Verständigung zwischen den Fraktionen über ... den Arbeitsplan des Bundestages herbei. Bei der Vereinbarung dieser Aufgaben ist der Ältestenrat kein Beschlußorgan."

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Mit dieser Formulierung in § 6 Abs. 2 GOBT wird eine wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen einer interfraktionellen Vereinbarung ersichtlich: Sie kommt nur dann zustande, wenn die Sprecher aller im Bundestag vertretenen Fraktionen eine übereinstimmung erzielt haben. Widerspricht auch nur eine Fraktion im Ältestenrat, ist keine Vereinbarung zustandegekommen. Mehrheitsentscheidungen gibt es im Ältestenrat über Fragen des Arbeitsplans des Bundestages nicht. Diese kann nur das Plenum des Bundestages treffen. Findet also z. B. der Wunsch einer Fraktion zur Gestaltung des Arbeitsplans nicht das allseitige Einvernehmen im Ältestenrat, bleibt ihr nur die Möglichkeit, ihren Wunsch dem Plenum des Bundestages als Antrag zur Entscheidung vorzulegen. § 20 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 GOBT regeln die Voraussetzungen und das Verfahren für eine derartige Beschlußfassung des Plenums zur Tagesordnung. Die Bundesregierung ist von den Vereinbarungen der Fraktionen im Ältestenrat zwar unmittelbar betroffen, an ihrem Zustandekommen jedoch nur mittelbar beteiligt. An den Sitzungen des Ältestenrates nimmt ein Vertreter der Bundesregierung - der Staatsminister im Bundeskanzleramt - als Gast teil, um die Wünsche und Vorstellungen der Bundesregierung zur Tagesordnung und Terminplanung vorzutragen und um Auskünfte über die Terminplanung der Bundesregierung zu geben. Für die Aufsetzung eines von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs auf die Tagesordnung bedarf sie der Zustimmung aller Fraktionen zu einer interfraktionellen Vereinbarung im Ältestenrat oder anderenfalls der politischen Unterstützung durch die Regierungsfraktionen bei einer Entscheidung des Plenums zur Tagesordnung. Davon unberührt bleiben die Rechte des Bundeskanzlers nach Art. 39, Abs. 3 Satz 3 GG, früher als im Ältestenrat oder vom Bundestag beschlossen die Anberaumung einer Plenarsitzung zu verlangen oder der Mitglieder der Bundesregierung, gern. Art. 43 Abs. 2 Satz 2 GG "jederzeit", d. h. unabhängig von der Tagesordnung eine Regierungserklärung abzugeben. Zum Arbeitsplan gehört einmal der stets für ein Jahr im voraus erstellte Zeitplan des Bundestages, in dem festgelegt wird, welche Wochen als "Sitzungswochen" vorgesehen werden. Es sind in der Regel 23 Wochen im Jahr. Langjähriger übung entsprechend wird in einer Sitzungswoche jeweils der Dienstag für die Fraktionen und ihre Gremien reserviert, wobei die Führungsgremien der Fraktion sich schon am Montag treffen. Der Mittwoch dient - abgesehen von einer neunzigminütigen Fragestunde im Plenum - den Ausschußberatungen. Der Donnerstag und der Freitag sind für Plenarsitzungen vorgesehen.

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Von diesem zeitlichen Rahmen für die Plenarsitzungen kann der Ältestenrat im Einzelfalle abweichen, wenn die Situation es erfordert. So werden die Sitzungswochen, in denen der Bundeshaushalt beraten wird, nahezu ausschJießlich mit Plenarsitzungen ausgefüllt. Andererseits können auch die Zahl und die Dauer der Plenarsitzungen im Interesse von mehr Ausschußsitzungen gekürzt werden. Zum "Arbeitsplan" gehören aber auch alle Einzelentscheidungen zur Tagesordnung der jeweils laufenden Sitzungswoche. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GOBT obliegt es in erster Linie dem Ältestenrat, hierüber eine Vereinbarung herbeizuführen. Dazu wird der Ältestenrat in jeder Sitzungswoche einmal zu einem festliegenden Zeitpunkt - Donnerstag 13.00 Uhr - vom Präsidenten einberufen. Ihm liegt dann eine vom Parlamentssekretariat der Bundestagsverwaltung erstellte Liste aller Vorlagen (§ 75 GOBT) vor, die gern. § 77 GOBT gedruckt und verteilt worden sind oder deren Druck und Verteilung in den nächsten Tagen bevorsteht. Sie enthält im wesentlichen die von der Bundesregierung und den Fraktionen eingebrachten Gesetzentwürfe und gegebenenfalls die dazu erstellten Ausschußberichte, die Großen Anfragen und die gegebenenfalls hierzu vorhandenen Antworten, die selbständigen Anträge der Fraktionen, die Berichte der Bundesregierung. Jede dieser Vorlagen kann gem. § 75 Abs. 1 GOBT als Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt werden. Der Präsident ruft im Ältestenrat jede Vorlage auf, um festzustellen, ob ein Einvernehmen der Fraktionen über folgende Fragen besteht oder herzustellen ist: -

Wird die Vorlage auf die Tagesordnung gesetzt? Wann soll sie aufgerufen werden? An welche Ausschüsse soll sie gegebenenfalls vom Plenum überwiesen werden? Findet zu ihr eine Aussprache statt? Wie lang soll die Aussprache insgesamt dauern, wie werden die Redezeiten gestaltet, wieviele Sprecher sollen je Fraktion reden?

Soweit ein Einvernehmen aller Fraktionen festgestellt oder nach einigen Verhandlungen hergestellt worden, also eine interfraktionelle Vereinbarung zustandegekommen ist, wird diese den Abgeordneten bekanntgegeben. Dies geschieht auf verschiedene Weise: Die über die ersten drei der genannten Fragen getroffenen Vereinbarungen finden ihren Niederschlag in der unmittelbar nach der Ältestenratssitzung vervielfältigten und verteilten Tagesordnung. Sie enthält alle in der kommenden Sitzungswoche im Plenum zur Beratung anstehenden Tagesordnungspunkte, außerdem zu jedem Tagesordnungspunkt die Angabe des Tages und gegebenenfalls auch der Uhr3 Festgabe für Werner Blischke

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zeit seines vorgesehenen Aufrufs sowie bei den zur 1. Beratung anstehenden Vorlagen den Vorschlag des Ältestenrats für die überweisung an die Ausschüsse. Die auf diese Weise zustandegekommene und gedruckt verteilte Tagesordnung "gilt, wenn kein Widerspruch erfolgt, mit Aufruf des Punktes 1 als festgestellt" (§ 20 Abs. 2 Satz 2 GOBT). Durch diese Fiktion wird die im Ältestenrat getroffene Vereinbarung in den Rang eines vom Plenum des Bundestages gefaßten Beschlusses erhoben. Die im Ältestenrat erzielten Einigungen darüber, ob eine Aussprache stattfinden soll oder nicht, über die vorgesehene Anzahl der Redner, die Dauer der Redezeiten oder die Zeit für die gesamte Aussprache werden von der Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 GOBT nicht erfaßt, da sie in der gedruckten und verteilten Tagesordnung nicht aufgeführt sind. Die Geschäftsordnung stellt in § 35 Abs. 1 Satz 1 GOBT aber für eine zur Gestaltung und Dauer der Aussprache getroffene Vereinbarung klar, daß es sich bei dieser um einen Vorschlag des Ältestenrates handelt, der die Grundlage einer entsprechenden Beschlußfassung des Bundestages bildet. Soweit nach dieser Bestimmung verfahren wird, muß die getroffene Vereinbarung, z. B. eine "Kurzdebatte" mit einer "Runde", d. h. je einem Sprecher der Fraktion und einer Rededauer von je 10 Minuten abzuhalten, dem Plenum vom amtierenden Präsidenten zur Beschlußfassung bekanntgegeben werden. Vorgeschrieben ist die Bekanntgabe einer im Ältestenrat getroffenen Vereinbarung außerdem nur noch in § 22 Satz 2 GOBT, wonach der Präsident bei Schluß einer Sitzung "nach den Vereinbarungen im Ältestenrat" den Termin der nächsten Sitzung bekannt gibt. Vereinbarungen darüber, daß keine allgemeine Aussprache zu Gesetzentwürfen stattfindet (§ 79 Satz 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 und § 84 Satz 3 GOBT), werden im Plenum vom amtierenden Präsidenten nicht ausdrücklich bekanntgegeben. Der Präsident stellt dann lediglich fest, daß das Wort zur Aussprache nicht gewünscht werde und geht danach sofort zum Abstimmungsverfahren über. Ist eine Aussprache vereinbart worden ohne Festlegung der Gestaltung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GOBT, eröffnet der Präsident lediglich gemäß § 23 GOBT die Aussprache und erteilt das Wort nach den Wortmeldungen. Weitere, von den genannten Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht erfaßte Vereinbarungen über die Gestaltung des Ablaufs der Plenarsitzungen, z. B. über die Einhaltung einer Mittagspause werden vom Präsidenten im Plenum bei gegebener Veranlassung lediglich bekanntgegeben. Die Mitglieder des Bundestages erfahren von diesen Vereinbarungen in der Regel schon vorher auf anderem Wege, in erster Linie durch

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ihre Fraktion, sei es durch ein unmittelbar nach den Sitzungen des Ältestenrates vom Parlamentarischen Geschäftsführer an die Mitglieder seiner Fraktion gerichtetes Rundschreiben, sei es durch Bekanntgabe in den Fraktionssitzungen, sei es durch Einzelauskünfte an die Mitglieder seiner Fraktion, die besonders betroffen und interessiert sind. Die Tagesordnung wird aber nicht nur im Ältestenrat durch interfraktionelle Vereinbarungen gestaltet. Sie kann auch durch erneute, außerhalb der Sitzungen des Ältestenrates getroffene interfraktionelle Vereinbarungen geändert werden. Auf diese Weise wird sie oft noch erweitert oder werden auch Vorlagen von der Tagesordnung abgesetzt. Auch wird die Reihenfolge des Aufrufs von Tagesordnungspunkten oder ihre Terminierung verändert, wird auf eine ursprünglich vereinbarte Aussprache zu einem Punkt verzichtet oder eine Aussprache nachträglich vorgesehen. Dies geschieht oft kurzfristig außerhalb des Plenums durch mündliche, vielfach nur telefonisch getroffene Absprachen der Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen oder im Plenum des Bundestages selbst während der Beratungen durch die dort jeweils für ihre Fraktionen amtierenden Parlamentarischen Geschäftsführer, wenn es die aktuelle Situation erfordert. Es sind häufiger mehr Gründe der praktischen Abwicklung des parlamentarischen Fahrplans als politische Gründe, die zu dem Wunsch einer nachträglichen Änderung führen. Wenn z. B. die Beratung eines früheren Tagesordnungspunktes durch längere Redezeiten von Mitgliedern der Bundesregierung, des Bundesrates und sich daraufhin einschaltenden Sprechern der Fraktionen wider Erwarten mehr Zeit in Anspruch genommen hat als vorgesehen, sind die Fraktionen bisweilen bereit, andere allseits als nicht so brisant angesehene Tagesordnungspunkte kurzfristig von der Tagesordnung abzusetzen und für eine spätere Sitzung vorzusehen oder aber ihre Beratungszeit zu verkürzen, wenn die insgesamt für Plenarberatungen zur Verfügung stehende Zeit knapp ist. Ebenso kann es als zweckmäßig angesehen werden, eine erst kurzfristig fertiggestellte Vorlage noch schnell zur Verabschiedung auf die Tagesordnung zu setzen. So nachträglich getroffene Vereinbarungen müssen jedoch, um dieselbe. Wirksamkeit zu erhalten wie die durch die Fiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GOBT oder eine Beschlußfassung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GOBT erreichte, dem Plenum des Bundestages vom amtierenden Präsidenten bekanntgegeben werden, wobei dieser in der Praxis auch stets an das Plenum die Frage richtet, ob sich dagegen Widerspruch erhebe und dann ausdrücklich feststellt, daß dies nicht der Fall und die Änderung daher beschlossen sei. Nachträgliche Änderungen der übrigen interfraktionellen Vereinbarungen zur Gestaltung der Tagesordnung teilen die Parlamentarischen Geschäfts3'

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führer dem amtierenden Präsidenten mit, so daß er sie bei seiner Verhandlungsführung berücksichtigen kann. Wenn es ihm zweckmäßig erscheint, gibt er sie auch dem Plenum bekannt; er kann und muß jedoch im Regelfall voraussetzen, daß die Mitglieder des Bundestages von ihren Parlamentarischen Geschäftsführern vorher und in jedem Fall rechtzeitig über eine geänderte Lage im Plenum unterrichtet worden sind. Im Plenum des Bundestages ist jede Fraktion stets durch mindestens einen ihrer Parlamentarischen Geschäftsführer vertreten. Ihm obliegt es, dort die Belange seiner Fraktion zu vertreten, für ihre ausreichende Präsenz bei Abstimmungen zu sorgen und dafür, daß die vorgesehenen Redner der Fraktion zum Zuge kommen. Mitglieder der Fraktion, die in der Debatte sprechen wollen, sind gehalten, sich zunächst an ihn zu wenden. Er ist es, der in vielen Fällen die Wortmeldung beim Sitzungsvorstand abgibt. Er überwacht die Einhaltung der im Ältestenrat getroffenen Vereinbarungen und er ist es auch, der bei einer Veränderung der Lage mit den im Plenum anwesenden Parlamentarischen Geschäftsführern der anderen Fraktionen eine neue interfraktionelle Vereinbarung trifft. Diese Möglichchkeit einer nachträglichen Änderung der festgestellten Tagesordnung durch neue kurzfristig getroffene interfraktionelle Vereinbarungen ändert aber nichts daran, daß die wesentlichen Vorentscheidungen für den Verlauf der Plenarsitzung im Ältestenrat getroffen werden. Da sie nur noch durch Plenarbeschluß oder im allseitigen Einvernehmen geändert werden können, ist die Zustimmung des Parlamentarischen Geschäftsführers zu einer interfraktionellen Vereinbarung im Ältestenrat also von hoher Tragweite und bedarf eingehender Vorbereitung und Vorklärung in seiner Fraktion. Ob ein Parlamentarischer Geschäftsführer die Aufsetzung einer Vorlage auf die Tagesordnung der kommenden Sitzungswoche wünscht, hängt für ihn vor allem von folgenden Fragen ab: Ist die politische Meinungsbildung zur Sache in der Fraktion abgeschlossen, so daß sie in der Beratung im Plenum ein eindeutiges Votum abgeben kann? Ist die kommende Sitzungswoche ein politisch günstiger und zweckmäßiger Zeitpunkt, die Vorlage im Plenum zu beraten? Wollen oder sollen Mitglieder der Fraktion zu der Vorlage im Plenum reden oder nicht? Der Abschluß der Meinungsbildung innerhalb der Fraktion ist die wichtigste, ja eine unerläßliche Voraussetzung, die vor Beginn der Beratungen im Plenum erfüllt sein muß. Die Satzungen der Fraktionen machen dies ganz deutlich. In den Bestimmungen über den Verfahrens-

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gang bei der Einbringung von Initiativen lautet § 19 der Arbeitsordnung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 6. 11. 1980: ,,1. Gesetzesvorlagen, Anträge, Kleine und Große Anfragen aus den Reihen

der Fraktion werden beim zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführer eingereicht. Dieser ist im Benehmen mit dem Antragsteller für den nachstehenden Geschäftsgang verantwortlich: a) Einreichen der betreffenden Vorlagen beim Vorstand, der sie unverzüglich an die zuständige Arbeitsgruppe weiterleitet, b) nach Beratung in den Arbeitsgruppen Vorlage möglichst für die nächste Fraktionssitzung, falls der Vorsitzende sich nicht eine nochmalige Beratung der Vorlage im Vorstand vorbehalten hat, c) bei Ablehnung durch den Vorstand nur auf Wunsch des Antragstellers Vorlage in der Fraktionsversammlung, d) Abgabe an das Parlamentssekretariat.

2. Abgeordnete, die bestimmte, von der Fraktionsversammlung genehmigte Anträge mit unterschreiben wollen, teilen dies dem zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführer mit. 3. Anfragen gemäß Anlage 4 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages werden beim Büro des zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführers eingereicht. Dieser gibt sie rechtzeitig an das Parlamentssekretariat weiter."

§ 5 der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion vom 29. 11. 1972 lautet: ,,1. Die Fraktion beschließt über die Einbringung von Gesetzentwürfen und

sonstigen Anträgen sowie von Großen und Kleinen Anfragen.

2. Entsprechende Initiativen einzelner Fraktionsmitglieder, die nicht von der Fraktion eingebracht werden sollen, sind vor Einbringung dem Fraktionsvorstand über den zuständigen Arbeitskreis vorzulegen. Diese haben den Initiatoren Gelegenheit zur Teilnahme an der Beratung zu geben. Lehnt der Fraktionsvorstand eine Vorlage ab, muß der Fraktion auf Verlangen des Einbringers hiervon Mitteilung gemacht werden. 3. Fragen für die Fragestunde werden über den Parlamentarischen Geschäftsführer eingereicht." In § 12 der Geschäftsordnung der FDP-Bundestagsfraktion vom 25.9.1979 heißt es in den Absätzen 1 und 3: ,,1. Anträge und Anfragen, die von der Fraktion eingebracht werden sol-

len, müssen in einer Fraktionssitzung beraten und beschlossen werden. In unaufschiebbaren Fällen kann der Fraktionsvorstand entscheiden.

3. Vor Einbringung von Anfragen und Anträgen einzelner Mitglieder ist der Vorstand zu unterrichten. Dies gilt nicht für Abänderungsanträge, die in den Ausschüssen gestellt werden." Diese Bestimmungen regeln also genau den Gang der Meinungsbildung, der innerhalb der Fraktion und ihrer Gliederungen durchlaufen

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sein muß, bevor aus der Fraktion eine Vorlage im Sinne von § 75 GOBT hervorgeht, die gern. § 77 GOBT als Bundestagsdrucksache gedruckt, verteilt, damit der Öffentlichkeit unterbreitet wird und gern. § 75 Abs. 1 GOBT dem Plenum des Bundestages als Tagesordnungspunkt zur Beratung vorgelegt werden kann. Initiativen der Fraktion werden nicht nur vorher vom Fraktionsvorstand beraten und von der gesamten Fraktion beschlossen. Soweit sie ein bestimmtes Fachgebiet betreffen, befassen sich mit ihnen vorher die zuständigen Arbeitskreise bzw. Arbeitsgruppen der Fraktion. Meistens sind es ohnehin die Arbeitskreise bzw. -gruppen, in denen die Initiativen vorbereitet und erarbeitet werden. In der Gesamtfraktion kann eine von einzelnen Fraktionsmitgliedern oder von einem Arbeitskreis oder einer Arbeitsgruppe ausgehende Initiative aber durchaus umstritten sein. Sie muß unter den verschiedenen Arbeitskreisen und -gruppen, die sie gegebenenfalls unterschiedlich beurteilen oder Änderungswünsche haben, abgestimmt werden. In den die Regierungsmehrheit bildenden Fraktionen kommt die Notwendigkeit einer Abstimmung und Koordination mit der Bundesregierung hinzu. Schließlich entscheidet die Gesamtfraktion notfalls nach langer und kontroverser Debatte darüber, ob die Initiative überhaupt eingebracht wird oder nicht. Diese fraktionsinternen Diskussionen und Abstimmungen unterscheiden sich von den Debatten im Bundestag einerseits dadurch, daß sie nicht öffentlich geführt werden, andererseits aber vor allem dadurch, daß ihre Ergebnisse nicht durch feststehende Mehrheitsverhältnisse vorprogrammiert sind. Die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Fraktion sind keineswegs immer vorhersehbar. Sie bilden sich oft erst während und gerade durch die Diskussion in der Fraktion. Die einer Abstimmung in der Fraktion vorausgehende Debatte hat oft erst den entscheidenden Einfluß auf das Abstimmungsergebnis. In derartigen Debatten wird noch überzeugt und widerlegt. Was über den Meinungsbildungsprozeß zu den Initiativen einer Fraktion gesagt wurde, gilt entsprechend für ihre Meinungsbildung zu den Vorlagen, mit denen sie von anderer Seite, sei es einer anderen Fraktion, vom Bundesrat oder - im Falle der Opposition - von der Bundesregierung konfrontiert wird. Ziel des Meinungsbildungsprozesses bei diesen Vorlagen ist es, zu den im Plenum anstehenden Beratungen ein Votum der Fraktion zu finden und festzulegen. Dies kommt in zwei Fraktionssatzungen deutlich zum Ausdruck. So heißt es in § 4 der Arbeitsordnung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der die Aufgaben der Fraktionsversammlung beschreibt, in Ziffer 1 a: "Sie berät die Tagesordnungspunkte der Bundestagssitzungen und legt dazu die Stellungnahme der Fraktion fest."

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§ 2 der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion lautet:

"Die Fraktion bestimmt die Redner, die im Plenum die Auffassung der Fraktion zu vertreten haben." Die Fragen, vor denen die Fraktion bei Vorlagen von anderer Seite steht, können, je nachdem was auf der Tagesordnung steht, verschieden lauten: Vor der 1. Beratung eines Gesetzentwurfs ist zu entscheiden, ob er grundsätzlich gebilligt oder abgelehnt werden soll, ob, wie und gegebenenfalls von wem dies in einer allgemeinen Aussprache für die Fraktion zum Ausdruck gebracht wird und welche Änderungen in den folgenden Ausschußberatungen angestrebt werden. Bei bevorstehenden Verabschiedungen von Gesetzen ist außer der grundsätzlichen Frage einer Annahme oder Ablehnung zu entscheiden, ob und welche Änderungsanträge im Plenum von der Fraktion gestellt werden. Bei anstehenden Debatten zu Regierungserklärungen oder zu Antworten auf Große Anfragen wird in der Fraktion beraten und entschieden, welche Stellungnahme, welche Argumente im Plenum vorgebracht werden und wer dies für die Fraktion tun wird. Aus diesem Meinungsbildungsprozeß ergeben sich auch die zeitlichen Prioritäten und Wünsche der Fraktion für die Tagesordnung des Plenums. Solange er noch nicht abgeschlossen ist, hat die Fraktion ein Interesse daran, Zeit zu gewinnen und den Aufruf im Plenum noch hinauszuschieben. Umgekehrt gibt es Verhandlungsgegenstände~ bei denen der Wunsch besteht, sie zu einem baldigen, besonders günstig erscheinenden Zeitpunkt im Plenum ausführlich zur Sprache zu bringen. Dies sind oft dieselben Verhandlungsgegenstände, an deren Verschiebung der politische Gegner interessiert sein muß. Ist eine Vorlage unter den Fraktionen in der Sache streitig, wird in der Regel eine Debatte gewünscht, bei Vorlagen hoher politischer Brisanz eine ausführliche Debatte, um den Standpunkt der Fraktion öffentlich deutlich werden zu lassen. Der Gang der Verhandlungen im Ältestenrat wird aber nicht nur von den unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten bestimmt, sondern auch von den geschäftsordnungsrechtlichen Möglichkeiten, ihre Wünsche zur Not gegen den Willen der anderen Seite zu erzwingen. Die Regierungsmehrheit kann, wenn ein interfraktionelles Einvernehmen über die Aufsetzung eines Punktes nicht erzielt wird, im Plenum nach § 20 Abs. 2 Satz 3 GOBT beantragen und beschließen lassen, daß dieser Punkt zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt wird. Sie könnte sogar einen durch interfraktionelle Vereinbarung auf die Tagesordnung gesetzten Punkt durch Mehrheitsbeschluß nach § 20 Abs. 3 Satz 2 GOBT wieder absetzen. Damit würde sie sich jedoch zu ihrem eigenen Verhalten im Ältestenrat in Widerspruch setzen, so daß

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nur ganz besondere Gründe zu einem derartigen Antrag führen könnten. In der Praxis hat diese Möglichkeit der Geschäftsordnung daher auch keine Rolle gespielt, ebensowenig wie die Möglichkeit der Mehrheit, gemäß § 25 Abs. 2 GOBT die Beratungen des Plenums zu vertagen oder zu schließen. Die Bundesregierung kann durch ihr Recht, nach Art. 43 Abs. 2 Satz 2 GG jederzeit eine Erklärung vor dem Bundestag abzugeben, auf die Tagesordnung Einfluß nehmen. In der Praxis pflegt die Bundesregierung im Ältestenrat ihre Absicht, eine Regierungserklärung abzugeben, rechtzeitig bekanntzumachen, was die Vertreter der Fraktionen dann veranlaßt, diese in die Tagesordnung aufzunehmen und die Zeit für die danach stattfindende Debatte mit einzuplanen. Aber auch die Minderheit im Parlament kann die Aufsetzung von Tagesordnungspunkten erzwingen. Wenn sie eine Vorlage eingebracht hat, kann sie nach Ablauf von sechs Sitzungswochen auch gegen den Willen der Mehrheit verlangen, sie in die Tagesordnung aufzunehmen, im Plenum aufzurufen und zu debattieren (§ 20 Abs. 4 und § 79 Satz 1 GOBT). Die Minderheit kann auch verlangen, daß von ihr eingebrachte wiesen worden ist, kann die Minderheit zwar nicht verlangen, daß der Ausschuß diese Vorlage berät und dem Bundestag darüber einen Bericht und eine Beschlußempfehlung vorlegt, sie kann aber verlangen, daß 10 Sitzungswochen nach der überweisung der Ausschuß dem Bundestag einen Bericht über den Stand der Beratungen vorlegt und daß dieser Bericht auf die Tagesordnung gesetzt wird (§ 62 Abs. 2 GOBT). Die Minderheit kann auch verlangen, daß von ihr eingebrachte Große Anfragen auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden, entweder nach Eingang der Antwort (§ 101 Satz 3 GOBT) oder wenn nach 3 Wochen keine Antwort der Bundesregierung vorliegt (§ 102 Satz 1 und 2 GOBT). Die Minderheit kann zudem auch eine "Aktuelle Stunde" herbeiführen, um in dieser nur aus 5 Minuten-Beiträgen bestehenden Debattenform ein Thema von sich aus zur Sprache zu bringen (Anlage 5 zur GOBT Ziffer 1 bund c). Im Ältestenrat kennen die an den Verhandlungen Beteiligten die parlamentsrechtlichen Möglichkeiten des anderen Verhandlungspartners gut. Sie wissen auch im großen und ganzen über seine politische Interessenlage Bescheid und registrieren jeweils nur, welche Prioritäten und aktuellen Wünsche der Verhandlungspartner jetzt im Auftrag seiner Fraktion vorzubringen hat. Sie haben ein gemeinsames Interesse dar an, ohne unnötige und zeitraubende Geschäftsordnungsdebatten im Plenum einen für alle Seiten akzeptablen Arbeitsplan zu erreichen und sind kompromißbereit, wenn sie ohnehin absehen können, wie eine streitige Entscheidung über die Tagesordnung ausgehen

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würde. Sie wissen auch aus eigener Erfahrung, daß es für einen Parlamentarischen Geschäftsführer oft nicht einfach ist, einen von ihm eingegangenen Kompromiß in der eigenen Fraktion nachher auch zu vertreten und sie sind bereit, dies beim Verhandlungspartner in Rechnung zu stellen. Beim Durchgehen der Vorlagenliste im Ältestenrat machen die Vorlagen, die unter den Fraktionen in der Sache unstreitig sind und zu denen auch keine Rednerwünsche vorliegen, am wenigsten Schwierigkeiten. Ihrer Aufsetzung auf die Tagesordnung mit dem in der gedruckten Tagesordnung ungeschriebenen Zusatz "ohne Debatte" steht nichts im Wege. Aber auch zu unstreitigen Vorlagen werden öfter von einem oder mehreren Parlamentarischen Geschäftsführern im Ältestenrat Wünsche auf Abhaltung einer Aussprach€ - meistens nur einer aus der Abgabe von Erklärungen bestehenden "Runde" - oder einer "Kurzdebatte" angemeldet. Der Hintergrund derartiger Wünsche ist in der Regel der Wunsch des mit der Sache befaßten Arbeitskreises der Fraktion oder eines an dieser Materie besonders interessierten, kundigen und von seiner Fraktion als Fachmann eingesetzten und beauftragten Mitgliedes, im Plenum anläßlich der Erbringung oder Verabschiedung dieser Vorlage Zu sprechen, sei es um die grundsätzliche Position seiner Fraktion zu der anstehenden Materie zu verdeutlichen, sei es, um zu erläutern, was ihn und seine Fraktion bewogen hat, einer einvernehmlichen Kompromißlösung zuzustimmen. Derartigen Wünschen aus einer Fraktion kommen die anderen Parlamentarischen Geschäftsführer im Ältestenrat in der Regel nach und melden dann ebenfalls einen Sprecher an. Schw.ierigkeiten können sich für die Verwlirklichung derartiger Wünsche hauptsächlich aus Termingründen er:geben, wenn z. B. dlie Fülle der zur Beratung anstehenden Vorlagen oder die Inanspruchnahme der für Plenarsitzungen zur Verfügung stehenden Zeit durch Beratungen mit hoher politischer Brisanz und Publizität dies unmöglich macht. In derartigen Situationen lautet die Alternative dann oft: Verabschiedung noch in dieser Sitzungswoche ohne Aussprache aber Verschiebung der Verabschiedung mit Debatte auf einen späteren Zeitpunkt. Bei Vorlagen von hoher politischer Bedeutung, die unter den Fraktionen streitig sind, melden die Sprecher der Fraktionen im Ältestenrat lange Aussprachezeiten an, wobei diese entweder durch die Vereinbarung von mehreren "Runden" ausgefüllt werden können oder durch die Vereinbarung einer auf mehrere Stunden bemessenen Gesamtredezeit gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GOBT, die dann nach einem ebenfalls vereinbarten Schlüssel prozentual unter den Fraktionen - wobei dann bisweilen in der Praxis auch die von Mitgliedern der Bundesregierung und des Bundesrates vorgesehenen Beiträge auf die Redezeiten der Fraktionen angerechnet wer-

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den - aufgeteilt wird. Nur für den Fall, daß eine derartige Vereinbarung nicht zustandekommt und das Plenum des Bundestages nichts anderes beschließt, enthält § 35 Abs. 1 GOBT eine Regelung über die den einzelnen Rednern zustehende Redezeit. Es stellt sich: die Frage der Einhaltung von interfraktionellen Vereinbarungen. Soweit sie ausdrücklich oder durch die Fiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GOBT in den Rang eines Plenarbeschlusses erhoben worden sind, gelten die Regeln der Geschäftsordnung für derartige Plenarbeschlüsse. Soweit diese Voraussetzung aber nicht erfüllt ist, können Situationen eintreten, in denen die von den Vertretern der Fraktionen miteinander getroffenen Vereinbarungen von anderen Mitgliedern des Bundestages durchbrochen oder gegenstandslos gemacht werden. Ist z. B. zu einer Vorlage eine Debatte mit einer Runde, d. h. mit einem Sprecher je Fraktion vereinbart worden, hat dann diese Runde auch vereinbarungsgemäß im Plenum stattgefunden und es meldet sich ein weiteres Mitglied des Bundestages beim Sitzungsvorstand zu Wort, dann muß der Präsident diesem das Wort erteilen, denn nach § 25 Abs. 1 darf er die Aussprache nur schließen, wenn die Rednerliste erschöpft ist oder sich niemand zu Wort meldet. Die damit zusammenhängenden und kürzlich öffentlich aus gegebener Veranlassung eingehend erörterten Fragen, ob und inwieweit ein von einer Fraktion nicht vorgesehener Redner, der eine möglicherweise von der Fraktionsmeinung abweichende Ansicht vertreten will, im Plenum Redezeit in Anspruch nehmen kann und welche Verfassungsrechte ihm für ein derartiges Vorhaben zur Seite stehen, soll hier nicht im einzelnen erörtert werden. In diesem Zusammenhang soll nur aufgezeigt werden, daß die Einhaltung einer nicht in einen Plenarbeschluß transformierten interfraktionellen Vereinbarung geschäftsordnungsrechtlich nichrt gewährleistet ist, sondern allein von dem freiwilligen Sicheinfügen der Fraktionsmitglieder in den Rahmen, den ihr Parlamentarischer Geschäftsführer durch seine Verhandlungen mit den anderen Fraktionen festgelegt hat, abhängt. Die Verläßlichkeit eines Parlamentarischen Geschäftsführers gegenüber seinem Verhandlungspartner ist aber die wichtigste Basis seiner Tätigkeit. Das schlimmste, was ihm geschehen kann, ist, daß eine im Rahmen einer interfraktionellen Vereinbarung gemachte Zusage nicht eingehalten wird. Damit würde er für seine Partner aus den anderen Fraktionen unberechenbar und funktionsunfähig werden. Er hat also mit seinen Kollegen ein gemeinsames Interesse daran, unvorhergesehene Verhaltensweisen, d. h. Durchbrechungen des vereinbarten Ablaufs des parlamentarischen Geschehens zu vermeiden. Will er gegenüber seinen

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Kollegen aus den anderen Fraktionen kalkulierbar und funktionsfähig bleiben, muß er Durchbrechungen der Vereinbarungen durch Mitglieder seiner Fraktion vermeiden. Wenn sie für ihn erkennbar unvermeidbar oder wenn er zumindest Zweifel an der fraktionsinternen Durchsetzungsmöglichkeit einer interfraktionellen Vereinbarung hat, muß er entweder von dem Abschluß einer interfraktionellen Vereinbarung Abstand nehmen oder zumindest einen Vorbehalt machen, den er erst nach Beseitigung aller Hindernisse und Zweifel aufheben kann. Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß dieses System der Vorbereitung der Plenarsitzungen durch interfraktionelle Vereinbarungen sich in jahrzehntelanger praktischer Zusammenarbeit der im Bundestag vertretenen Parteien entwickelt, verfestigt und für die Beteiligten kontinuierlich bewährt hat. Ob sich dies so fortsetzen würde, wenn eine neue politische Partei oder Gruppierung in den Bundestag einzieht, der an einer Zusammenarbeit in Verfahrensfragen möglicherweise weniger gelegen ist als daran, im Bundestag öffentlich sichtbar Profil zu gewinnen und deren Vertreter noch über keine Parlamentserfahrung im Bundestag verfügen, bleibt in einem solchen Fall abzuwarten.

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität Von J oseph Bücker

I. Immunität 1. Grundlagen

Mit großer Entschiedenheit wies Carlo Schmid in einer der ersten Sitzungen des Deutschen Bundestages am 3. November 1949 darauf hin, daß der Immunitätsschutz eine unter Blut und Tränen erkämpfte Prärogative des Parlaments seil. Auf derselben Linie liegen die Feststellungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs in seinem Urteil aus dem Jahre 1958, wenn ausgeführt wird!: "Die Immunität ist ... ein Ergebnis der konstitutionellen Bewegung des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts. Daraus ergibt sich ihr ursprünglicher politischer Zweck: Sie sollte die Mitglieder der Parlamente vor tendenziösen Verfolgungen durch die vollziehende Gewalt und damit die Parlamente selbst vor schikanöser Beeinträchtigung ihrer politischen Wirksamkeit schützen. Sie sollte verhindern, daß die Exekutive bei einem Konflikt mit der Volksvertretung unter dem Vorwand, eine strafbare Handlung zu verfolgen, politisch mißliebige Abgeordnete an der Erfüllung ihrer Aufgabe hinderte (...). Seitdem aber die Staatsregierung vom Vertrauen des Parlaments abhängig ist, also seit der Einführung der parlamentarischen Demokratie (...), ist die Gefahr tendenziöser Verfolgungen von Abgeordneten durch die Staatsregierung außerordentlich gering geworden. Wenn aber der Antragsteller meint, Versuche, die Tätigkeit mißliebiger Abgeordneter durch Verhaftungen und Strafverfolgungen lahmzulegen, seien nur "in längst vergangenen Zeiten" möglich gewesen, so kann ihm hierin nicht beigepflichtet werden. Gewiß erscheinen solche Versuche derzeit und solange ausgeschlossen, als die Grundsätze der demokratisch-konstitutionellen Staatsordnung beachtet werden. In Zeiten schwerer politischer Spannungen besteht jedoch, wie die Geschichte lehrt, hierfür keine sichere Gewähr. Gerade im Augenblick der Gefahr aber muß der Landtag als das oberste Organ des Staates und Volkes seine Beschlüsse von äußeren Störungen frei im Sinne der demokratisch-konstitutionellen Staatsordnung fassen können. Daß er dieser Aufgabe auch in kritischen Lagen nachkommen kann, dazu soll die Immunität der Abgeordneten beitragen. 1 2

1. WP/14./3. 11. 1949/335 A. BayVerfGE 11, 146 (157).

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Joseph Bücker Dazu kommt, daß behördliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Abgeordnete nicht nur dann, wenn sie auf tendenziösen Machenschaften der Exekutive beruhen, geeignet sind, die Arbeit des Landtages zu beeinträchtigen. Vielmehr können behördliche Akte gegen Abgeordnete seine funktionsfähigkeit auch dann stören, wenn sie an sich korrekt sind, ferner auch, wenn sie durch böswillige Verdächtigungen von privater Seite verursacht worden sind. In allen diesen Fällen soll der Landtag als oberstes Staatsorgan darüber - allerdings auch nur darüber - befinden, ob sein Interesse an der ungestörten Mitarbeit der betroffenen Abgeordneten gegenüber anderen öffentlichen Belangen, besonders gegenüber dem Interesse an einer gleichmäßig und gerecht geübten Strafrechtspfiege, überwiegt."

Diese, unter Bezug auf Artikel 28 der Bayerischen Verfassung getroffenen Feststellungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, gelten im wesentlichen für die Immunitätsregelung des Grundgesetzes und der übrigen Länderverfassungen. Dementsprechend konnten die Präsidenten der deutschen Länderparlamente im Jahre 1963 als Empfehlungen unter anderem folgende Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten aufstellen3 : "Die Immunität, ein altüberkommenes Recht der Parlamente, hat auch unter den veränderten parlamentarisch-demokratischen Verhältnissen ihre Berechtigung; sie muß im Interesse des Bestandes der demokratischen Ordnung unangetastet bleiben. Das Immunitätsrecht bezweckt vornehmlich, die Funktionsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen. Die Entscheidung über Aufrechterhaltung oder Aufhebung der Immunität darf ihrem Wesen nach kein Eingriff in ein schwebendes Verfahren sein, bei dem es um die Feststellung von Schuld oder Nichtschuld geht. Das Parlament als oberstes Staatsorgan hat nur darüber zu befinden, ob sein Interesse an der ungestörten Mitarbeit des betroffenen Abgeordneten gegenüber anderen öffentlichen Belangen, besonders gegenüber dem Interesse an einer gleichmäßig und gerecht geübten Strafrechtspfiege, überwiegt. Es darf somit nicht in eine Beweiswürdigung hinsichtlich des Vorliegens des behaupteten Unrechtstatbestandes eingetreten werden. Da die Immunität ein Recht des Parlaments ist, kann darauf von den einzelnen Abgeordneten nicht verzichtet werden." Sowohl die Feststellungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs als auch die von den Landtagspräsidenten verabschiedeten Empfehlungen richten sich gegen die häufig zum Ausdruck gebrachte Kritik an dem Rechtsinstitut der Immunität. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der weiteren Feststellungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der darauf hinweist, auch im Schrifttum sei wiederholt eindringlich zum Ausdruck gebracht worden, eine unrichtige Anwendung der Immunitätsvorschriften könne das Vertrauen des Volkes auf gleichmäßige Gerechtigkeit im öffentlichen Leben zerstören und dem Ansehen, nicht 3 Empfehlungen der Konferenz der Präsidenten der Deutschen Länderparlamente vom 24. Juni 1963, in: Recht und Organisation der Parlamente (Hrsg. W. Burhenne), 3. Band, 161041.

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nur der Rechtspflege, sondern auch des Parlaments selbst schaden. Das Gericht bezieht sich auf von Mangoldt, der im Anschluß an Anschütz ausführte, ein Mißbrauch des Immunitätsprivilegs könne "unter Umständen zu einer kaum mehr vertretbaren Lahmlegung der Strafgerichtsbarkeit" führen, und der daher ausdrücklich die Notwendigkeit betonte, daß "die zur Voraussetzung eines jeden Straf- oder Disziplinarverfahrens gegen einen Abgeordneten gemachte Genehmigung nur bei einem überwiegen der Interessen des Parlaments auf Wahrung seiner Integrität gegenüber den Interessen an der Durchführung eines Strafverfahrens oder gegenüber den sonst auf dem Spiel stehenden Gemeinschaftsinteressen verweigert" werden dürfe4 • 2. Prärogative des Parlaments NadlteU für den betroffenen Abgeordneten

Die zitierten Äußerungen unterstellen, daß das Rechtsinstitut der Immunität dem einzelnen Mitglied des Parlaments Vorteile bringe. Wie die Praxis der Nachkriegszeit gezeigt hat, und das wird von Kritikern der Immunität häufig verkannt, ist dies jedoch durchaus nicht immer der Fall. So mußte z. B. selbst wegen geringfügiger Verkehrsübertretungen, die bei anderen Staatsbürgern keine Beachtung fanden, bei Abgeordneten auch die Genehmigung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch das P-arlament eingeholt werden. Das Verfahren wurde freilich häufig eingestellt. Das geschah jedoch in der Regel "unter Ausschluß der Öffentlichkeit". Solche Nachteile für den betroffenen Abgeordneten widersprechen zwar nicht dem Wesen des Immunitätsschutzes, denn dieser ist kein Privileg des einzelnen Abgeordneten, sondern ein Recht des Parlaments als Institution. Diese nachteiligen Auswirkungen führten aber während der 5. Wahlperiode des Deutschen Bundestages dazu, die Handhabung der Immunität zu überdenken. Die Genehmigungspflicht zur Strafverfolgung auch bei geringfügigen Straftaten hatte nämlich zu einer nicht nur das Ausmaß des betroffenen Abgeordneten, sondern das Ansehen des ganzen Parlaments berührenden Publizität geführt. Die Erfahrung hatte gezeigt, daß der Immunitätsschutz auch bei anderen als Verkehrsdelikten zu einem kaum noch wiedergutzumachenden Schaden für den betreffenden Abgeordneten führen konnte. Wegen dieser negativen Auswirkung des Immunitätsschutzes war schon in früheren Wahlperioden nach Wegen gesucht worden, die die SchlechtersteIlung der Parlamentsmitglieder gegenüber anderen Staatsbürgern beseitigen sollte. Der Praxis einiger Länderparlamente, den Namen des betroffenen Abgeordneten nicht zu nennen, hat sich der Deutsche Bundestag jedoch nicht anzuschließen vermocht. , v. Mangoldt I Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Auflage, Frankfurt 1957, Art. 46. Anm. IV 2 b.

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Um die negativen Auswirkungen des Immunitätsschutzes soweit als möglich zu beseitigen, beschloß der Deutsche Bundestag in der 5. Wahl~ periode, die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages wegen Straftaten generell freizugeben, es sei denn, daß es sich um Beleidigungen politischen Charakters handelt. Dieses Verfahren konnte praktiziert werden, weil sich die Strafverfol~ gungsbehörden verpflichteten, vor Einleitung eines Ermittlungsverfah~ rens dem Präsidenten des Deutschen Bundestages und, soweit nicht Gründe der Wahrheitsfindung entgegenstehen, dem betroffenen Mit~ glied des Bundestages Mitteilung zu machen. Gemäß § 192 Abs. 3 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren ist die Mitteilung unmittelbar an den Präsidenten des Deutschen Bundestages zu richten. Sie soll die dem Abgeordneten zur Last gelegte Tat, Zeit und Ort ihrer Begehung und die in Betracht kommenden Strafvorschriften angeben. Das Ermittlungsverfahren darf nach dieser Vorschrift frühe~ stens 48 Stunden nach Absendung der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeleitet werden. Werden also diese Mitteilungen dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unter Ausschaltung des Dienstweges - Generalstaatsanwalt, Landesjustizminister, Bundesjustizminister - zugeleitet, bedeutet die 48-Stunden-Frist, daß die Mitteilung innerhalb dieser Zeit beim Präsidenten als eingegangen betraclltet werden kann. Die Mitteilung wird vom Bundestagspräsidenten unmittelbar dem Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zugeleitet. Die Mitteilung an den Präsidenten und die Weiterleitung an den zuständigen Fachausschuß hat nicht nur den Zweck, den Präsidenten und die Mitglieder des zuständigen Ausschusses von der beabsichtigten Einleitung eines Ermittlungsverf,ahrens in Kenntnis zu setzen, sondern soll unter Umständen auch dem Bundestag die Möglichkeit eröffnen zu verlangen, daß das Ermittlungsverfahren nicht eröffnet bzw. das bereits eingeleitete Verfahren ausgesetzt wird (Art. 46 Abs. 4 GG). Aus dem klaren Wortlaut des Art. 46 Abs. 4 GG ergibt sich, daß dieses Verlangen nur vom Bundestag, d. h. vom Plenum geltend gemacht werden kann. Daraus folgt, daß eine Entscheidung des Bundestagspräsidenten trotz seines in § 7 Abs. 1 Satz 1 GaBT verankerten Rechts, den Bundestag zu vertreten, einen Beschluß des Bundestages nicht ersetzen kann. Andererseits kann, wenn auch unausgesprochen und ungeregelt, davon ausgegangen werden, daß die Ermittlungsbehörden die Einleitung des Ermittlungsverfahrens zurückstellen bzw. das bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren vorläufig einstellen, wenn der Bundestagspräsident aufgrund der besonderen Lage des Einzelfalls darum bittet, um unverzüglich eine Entscheidung des Bundestages herbeiführen zu können.

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3. Rückgang der Immunitätsfälle

Die in der 5. Wahlperiode eingeführte Praxis wurde in den nachfolgenden Wahlperioden jeweils übernommen5, und hat zu einer erheblichen Reduzierung der Immunitätsaufhebungsverfahren geführt (siehe Anhang). Weshalb das so ist, soll ein einfaches Beispiel verdeutlichen: Fuhr vor Einführung dieser Regelung der Sohn eines Abgeordneten mit dem Pkw seines Vaters und wurde das polizeiliche Kennzeichen wegen verkehrswidrigen Verhaltens notiert, mußte vor der Neuregelung in der 5. Wahlperiode zur Feststellung des Fahrers die Immunität des Vaters (Abgeordneten) aufgehoben werden, weil die Nachforschung über die Person des Fahrers zum Zeitpunkt des verkehrswidrigen Verhaltens bereits als genehmigungspflichtige Ermittlungshandlung anzusehen war. Als zweiter Grund für das Zurückgehen der Anträge auf Aufhebung der Immunität kann die Entkriminalisierung im Rahmen der Reform des Strafgesetzbuches, durch die der gesamte übertretungsteil aufgehoben und - soweit nicht ersatzlos gestrichen - zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft wurde, angeführt werden. Daß Ordnungswidrigkeiten nicht unter den Schutz der Immunität fallen, ist klargestellt durch den Beschluß des Deutschen Bundestages betreffend Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages in Nummer 2 b. 4. Ausnahmen von der generellen Freigabe

Die generelle Freigabe von Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete soll sich aber nach dem Beschluß des Deutschen Bundestages nicht erstrecken auf die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat und den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls sowie auf freiheitsentziehende und freiheitsbeschränkende Maßnahmen im Ermittlungsver:I1ahren. Von den zuletzt genannten Maßnahmen hat der Immunitätsausschuß durch ausdrücklichen Beschluß ausgenommen die körperliche Untersuchung des Beschuldigten, z. B. Entnahme von Blutproben (§ 81 a StPO) , und die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111 a StPO). Da die Aufhebung der Immunität bezüglich des tatsächlichen Vorgangs, der zur Untersuchung ansteht, nicht teilbar ist, wohl aber hinsichtlich der verschiedenen möglichen Untersuchungsakte und Maßnahmen der Behörde, hat der Bundestag von seinem Recht Gebrauch gemacht, von der generellen Freigabe zur Durchführung von Ermittlungen bestimmte Zwangsmaßnahmen auszunehmen, weil sie als freiheitsentziehende oder beschränkende Maßnahmen angesehen werden müs5 Siehe zuletzt 9. WP/1.I4. 11. 1980/1 B; der Beschluß ist abgedruckt als Anhang zur Neufassung der Geschäftsordnung vom 2. Juli 1980, BGBl. I

S.1264).

4 Festgabe für Werner Blischke

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sen. Das Recht des Parlaments, auch bei genereller Freigabe der Durchführung des Ermittlungsverfahrens bestimmte Untersuchungs akte und Maßnahmen der Behörde auszunehmen, folgt aus dem Recht des Parlaments, die Genehmigung zur Strafverfolgung überhaupt zu verweigern. Hat das Parlament aber das Recht, die Genehmigung zur Strafverfolgung gänzlich zu verweigern, muß dem Parlament auch das Recht zugesprochen werden, die Durchführung bestimmter Maßnahmen unter Auflagen zu genehmigen. Nur wenn die Auflagen sich als derartige Erschwerung darstellen würden, daß sie dem dem Antrag zugrunde liegenden Zweck widersprechen, könnten sie als unzulässig angesehen werden. 5. Probleme des Genehmigungsvorbehalts für den Vollzug von Zwangsmaßnahmen

Zwischen der Anordnung und dem Vollzug von Zwangsmaßnahmen muß unterschieden werden. Während der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz gemäß AV. d. Preuß. Just. Min. vom 6. Dezember 1927 (JMBl. S. 366) festgestellt hatte, daß schon die Anordnung der Haft als eine Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten anzusehen sei, hat der Deutsche Bundestag bereits seit der 1. Wahlperiode die Auffassung vertreten, daß die Anordnung einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme noch nicht genehmigungspfl.ichtig sei. Aus den genannten Gründen können zwar die Strafverfolgungsbehörden Zwangsmaßnahmen gegen Mitglieder des Bundestages anordnen, ihr Vollzug bedarf jedoch noch der ausdrücklichen Genehmigung des Deutschen Bundestages. Dieses Verfahren hat nach Einführung der generellen Genehmigung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens seit der 5. Wahlperiode in Einzelfällen zu Kontroversen geführt, da die ausdrückliche Genehmigung durch den Bundestag mit der sich daraus ergebenden Publizität durchaus zur Folge haben kann, daß der Zweck der Zwangsmaßnahmen vereitelt wird. Dies gilt besonders dann, wenn der Bundestag zu einer Sondersitzung einberufen werden muß, wodurch ein an sich gewöhnlicher Fall spektakuläre Bedeutung erlangt und nicht nur dem Ansehen des betroffenen Abgeordneten, sondern auch dem Ansehen und der Würde des Parlaments zu schaden geeignet ist. 6. Vorschläge zur Verbesserung der Genehmigung zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen

Der Immunitätsausschuß hat deshalb ausgehend von der Rechtsauffassung, daß die Aufhebung der Immunität im Einzelfall mit einer Auflage verbunden werden kann, versucht, sowohl den Interessen des

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Parlaments als auch den Interessen der Strafverfolgungsbehörden gerecht zu werden. Der Vorschlag des Immunitätsausschusses sieht vor, daß der Vollzug der angeordneten Zwangsmaßnahmen auch in die generelle Genehmigung einbezogen wird, soweit dies zur Sicherung der Beweise unbedingt geboten ist, die Genehmigung im Einzelfall jedoch erst dann wirksam wird, wenn die für die Anordnung zuständigen Behörden vor dem Vollzug dem Präsidenten des Deutschen Bundestages Mitteilung gemacht haben und sicherstellen, daß die vom Präsidenten zu erteilenden Auflagen befolgt werden. Aus der Formulierung "zu erteilende Auflag"en" ergibt sich die Verpflichtung des Präsidenten, dem Einzelfall angepaßte Auflagen zu erteilen. Wenn dem Präsidenten eine entsprechende Entscheidungsbefugnis übertragen werden soll, so geht der Immunitätsausschuß davon aus, daß er sich in jedem Einzelfall zuvor mit einem kleinen Gremium berät, in das jede Fraktion mindestens einen Vertreter entsenden kann. Je nach Gegenstand der Untersuchung käme unter Umständen auch die nunmehr auf gesetzlicher Grundlage arbeitende Parlamentarische Kontrollkommission in Betracht. Allerdings wäre hierzu eine Gesetzesänderung erforderlich. Durch den Genehmigungsvorbehalt der Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren werden die zulässigen Zwangsmaßnahmen in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten mit in die Genehmigungspflicht einbezogen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil, wie in einem Fall bereits geschehen, ohne eine entsprechende Regelung wegen geringfügiger Delikte - keine Straftat - Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen bei Mitgliedern des Bundestages zulässig wären. Die unterschiedliche Behandlung eines Mitglieds einer parlamentarischen Körperschaft und des nicht den Immunitätsschutz genießenden Staatsbürgers ist dadurch gerechtfertigt, daß das Rechtsinstitut der Immunität nicht primär die Rechtssphäre des einzelnen betroffenen Abgeordneten schützen soll, sondern das Ansehen und die Funktionsfähigkeit des Parlaments. Wenn als Folge dieser Schutzfunktion der einzelne Abgeordnete im Einzelfall ebenfalls in seiner Rechtssphäre mitgeschützt wird, ist das keine unbillige, den Abgeordneten ungerechtfertigt privilegierende Rechtsfolge. Aufgrund des gewandelten Parlamentsverständnisses kann nämlich nicht übersehen werden, daß gerade die Integrations- und Mediatisierungsfunktion eines Parlaments in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Grundlage für die Wahrnehmung dieser Funk-

.-

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Joseph Bücker

tionen ist die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Wählern und Gewählten, die, soll sie nicht verkümmern, eines besonderen Vertrauensschutzes bedarf. Dieser würde jedoch gefährdet, wenn die Strafverfolgungsbehörden ohne besondere Auflagen seitens des Parlaments nicht nur die Büroräume,sondern auch die privat oder sonst wirtschaftlich genutzten Räume - einschließlich der Autos - durchsuchen dürften. 7. Keine Beweiswürdigung durch den Immunitätsausschuß

In Nummer 4 der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten (Anlage 6 zur GOBT) hat der Immunitätsausschuß festgelegt, daß der Bundestag nicht in eine Beweiswürdigung eintreten darf. Das gilt nicht nur für das Plenum, sondern selbstverständlich auch für den Immunitätsausschuß. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der Immunität sei eine politische Entscheidung und dürfe ihrem Wesen nach kein Eingriff in ein schwebendes Verfahren sein, bei dem es um die Feststellung von Recht oder Unrecht, Schuld oder Nichtschuld gehe. Der Kern der erwähnten politischen Entscheidung beruhe auf einer Interessenabwägung zwischen den Belangen des Parlaments und den Belangen anderer hoheitlicher Gewalten. Der Ausschluß einer Beweiswürdigung seitens des Parlaments hat bei der Einreichung von Privatklagen zu teilweise unerfreulichen Auswirkungen geführt. Konnten nach den Grundsätzen in Immunitätsangelegenheiten bis zur 7./8. Wahlperiode Privatkläger unmittelbar ihren Antrag auf Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten an den Deutschen Bundestag richten, durfte der Immunitätsausschuß nur die Schlüssigkeit des Vorbringens des Privatklägers prüfen mit der Folge, daß in fast allen Fällen dem Plenum empfohlen werden mußte, die Immunität des betroffenen Abgeordneten aufzuheben, obwohl hinsichtlich der Begründetheit des Vorbringens erhebliche Zweifel bestanden. Durch die Neufassung der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten zu Beginn der 8. Wahlperiode steht dem Privatkläger nunmehr nicht mehr das Recht zu, unmittelbar die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten zu beantragen. Dieses Recht ist durch die Neufassung den Gerichten übertragen, bei denen das Privatklageverfahren anhängig ist, und zwar müssen sie einen entsprechenden Antrag auf dem Dienstweg an den Bundestag richten, bevor sie nach § 383 StPO das Hauptverfahren eröffnen (Nr. 1 Buchstabe bAnlage 6 zur GOBT).

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität

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8. Beschlüsse in Immunitätsangelegenheiten und der Grundsatz der Diskontinuität

Der verfassungsrechtlich überlieferte Grundsatz der Diskontinuität hat zwar im Grundgesetz keinen Niederschlag gefunden, wird jedoch als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz dahingehend interpretiert, daß mit dem Ablauf der Wahlperiode alle beim Bundestag eingebrachten Gesetzesvorlagen, Anträge, Anfragen usw. automatisch ihre Erledigung finden und der neugewählte Bundestag sich nur mit ihnen befassen kann, wenn sie bei ihm formgerecht neu eingebracht werden. Ausdrücklich von diesem Grundsatz ausgenommen sind durch Geschäftsordnungsrecht Petitionen und Vorlagen, die keiner Beschlußfassung bedürfen (§ 125 GOBT). Aufgrund dieser Rechtslage wird davon ausgegangen, daß der Grundsatz der Diskontinuität auch in Immunitätsangelegenheiten und in den Fällen der Ermächtigung gemäß § 90 b Abs. 2 und § 194 Abs. 4 StGB gUt. Die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes wird daraus hergeleitet, daß der Grundsatzbeschluß des Deutschen Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages und die vom Immunitätsausschuß ,aufzustellenden Grundsätze über die Behandlung von Ersuchen auf Aufhebung der Immunität Satzungscharakter haben und deshalb zu Beginn einer Wahlperiode vom Bundestag bzw. vom Ausschuß neu beschlossen werden müssen. Soviel auch rechtsdogmatisch für diese Rechtsauffassung sprechen mag, sie würde jedoch in der Praxis zweifelhafte Ergebnisse nach sich ziehen. Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen der Bundestag das Ersuchen der Staatsanwaltschaft genehmigt hat, wie auch in den Fällen, in denen z. B. bei Beleidigungen politischen Charakters dem Ersuchen nicht stattgegeben wurde. Würde beispielsweise kurz vor Beendigung einer Wahlperiode die Genehmigung erteilt, gegen ein Mitglied des Bundestages Zwangsmaßnahmen durchzuführen oder würde der Vollzug der angeordneten Haft genehmigt, müßten beide Maßnahmen mit Beginn der neuen Wahlperiode ausgesetzt werden, wenn das betroffene Mitglied wieder in den Bundestag gewählt worden ist, eine Konsequenz, die sicherlich nicht gewollt sein kann. Dasselbe gilt für den Fall der Verweigerung der Genehmigung zur Strafverfolgung bei Beleidigungen politischen Charakters. Müßte hier das Ersuchen erneut vorgelegt werden, wenn das betroffene Mitglied des Bundestages wiedergewählt wurde, so würde das Erfordernis einer erneuten Entscheidung des Bundestages u. U. den Beleidigungseffekt wiederholen, und das möglicherweise nicht nur zum Nachteil des Beleidigers, sondern auch des Beleidigten.

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Joseph Bücker

Gemildert wird die Konsequenz der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Diskontinuität lediglich in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft ein bereits eingeleitetes Ermittlungsverfahren fortsetzen will. In diesen Fällen genügt die einfache Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, d. h., es bedarf keiner Entscheidung des Bundestages. Hat aber der Bundestag in der vorangegangenen Wahlperiode die Genehmigung zur Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat erteilt, bedarf es nach dem Grundsatz der Diskontinuität einer erneuten Genehmigung durch den Bundestag zur Fortsetzung des Verfahrens gegen das wiedergewählte betroffene Mitglied des Bundestages. Es braucht in diesem Zusammenhang nicht darauf eingegangen zu werden, ob es sich bei dem Grundsatz der Diskontinuität eigentlich um ein "politisches" Recht handelt. Auch bringt die Unterscheidung zwischen personeller und Organ-Diskontinuität für die anstehende Frage nicht weiter. Wenn in der 5. Wahlperiode auf Vorschlag des Immunitätsausschusses der Bundestag versucht hat, eine pragmatische Regelung des Umfangs des Immunitätsschutzes zu finden, muß auch für diesen Bereich nach einer Regelung gesucht werden, die dem Ansehen und der Würde des Parlaments und seiner Arbeitsfähigkeit zu dienen geeignet ist. Da der Bundestag jederzeit die Möglichkeit hat, jedes Strafverfahren und jede angeordnete Zwangsmaßnahme aufzuheben oder zu unterbrechen (Art. 46 Abs. 4 GG), dürfte es folgerichtig sein, wenn der Bundestag seinen Grundsatzbeschluß dahingehend erweitern würde, daß seine in der vorangegangenen Wahlperiode aufgrund dieses Grundsatzbeschlusses erfolgten Entscheidungen auch in der neuen Wahlperiode fortgelten, es sei denn, daß er im Einzelfall von der Möglichkeit des Art. 46 Abs. 4 GG Gebrauch macht. Die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren müßten dann dem Beschluß des Deutschen Bundestages angepaßt werden.

n.

Indemnität

1. Das geltende Recht in Bund und Ländern

Für den Bundestag ist die Indemnität in Art. 46 Abs. 1 GG geregelt. Diese Regelung wurde durch das 3. Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. 8. 1953 (BGBL I S. 735) mit § 11 StGB (jetzt § 36 StGB) zumindest partiell auf die Mitglieder der Länderparlamente ausgedehnt: "Mitglieder eines Gesetzgebungsorgans eines zur Bundesrepublik Deutschland gehörigen Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder einem ihrer Aus-

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität

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schüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen." Die Länderverfassungen enthalten Indemnitätsregelungen, die Art. 46 Abs. 1 GG ähnlich sind. Art. 47 der Verfassung des Landes NordrheinWestfalen lautet;ß: "Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen Äußerungen in Ausübung seines Mandats gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen." Eine Besonderheit gilt in Bayern, denn in Art. 27 BayVerf. ist die Indemnität nur als Abstimmungs- und nicht als Redefreiheit ausgestaltet, "um einem Mißbrauch der Redefreiheit zu böswilligen Angriffen auf Ehre und Ruf von Amts- und Privatpersonen sowie zu Kreditschädigungen usw. vorzubeugen"7. Wie Art. 46 Abs. 1 GG und Art. 47 LV NW schließen Art. 14 HbgVerf., Art. 14 NdsVerf., Art. 82 SaarVerf. und Art. 47 S-HLS. verleumderische Beleidigungen von ihrem Schutz aus. Das Privileg wird in den einzelnen Verfassungstexten auch unterschiedlich umschrieben: Während die Indemnitätsbestimmungen der Berliner, Rheinland-pfälzischen und Saarländischen Verfassung wie Art. 47 LV NW Abstimmungen und Äußerungen "in Ausübung des Mandats" und die der Bremischen und Hessischen Verfassung Abstimmungen und Äußerungen "in Ausübung der Abgeordnetentätigkeit" schützen, sprechen die Hamburgische Verfassung und die Schleswig-Holsteinische Landessatzung von Abstimmungen und Äußerungen, die "im Landtag oder in einem Ausschuß" getan werden; Art. 37 BWVerf. und Art. 14 NdsVerf. erweitern diese Aufzählung um solche Äußerungen, die "in einer Fraktion" gemacht werden, wobei Art. 37 BWVerf. noch den Zusatz "oder sonst in Ausübung des Mandats" enthält. 2. Umfang des Scllutzes der Indemnität

Inhaltlich schützt die Indemnität Abstimmungen im Plenum oder in den Ausschüssen bzw. Unter ausschüssen und ausschußähnlichen Gremien. Schwieriger ist die Abgrenzung, wie weit Äußerungen eines Parlamentariers den Schutz der Indemnität genießen. Zur Zeit der Geltung des Art. 36 WRV, der Vorbild für Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG war, wurde 8

Vgl. auch die Verfassungen (Landessatzung) von: Baden-Württemberg

Art. 37, Bayern Art. 27, Berlin Art. 35 Abs. 1, Bremen Art. 94, Hamburg Art. 14, Hessen Art. 95, Niedersachsen Art. 14, Rheinland-Pfalz Art. 93, Saarland Art. 82, Schleswig-Holstein Art. 17 I.

7 Nawiasky / Leusser / Schweiger / Zacher, Die Verfassung des Freistaats Bayern, Art. 27 Rn. 4.

J oseph Bücker

56

in der Indemnität ein persönlicher Strafausschließungsgrund gesehen, so daß auch eine strafrechtliche Verfolgung nach Erlöschen des Mandats nicht erfolgen durfte. Aus der Fassung des Art. 36 WRV wurde jedoch, wenn auch nicht unbestritten, gefolgert, daß auch eine zivilgerichtliche Verfolgung eines Parlamentariers ausgeschlossen sein sollte. Graf zu Dohna schreibt dazu: "Den funktionellen Umfang des Privilegs umschreibt Art. 36 dahin, der Abgeordnete dürfte nicht gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Hauses zur Verantwortung gezogen werden. Darin liegt also ein Schutz vor jeder krimineller, polizeilicher, disziplinärer Strafverfolgung vor ehrengerichtlichem Einschreiten und zivilgerichtlicher Klage8 ." Zur im Grundgesetz verankerten Indemnität heißt es bei Maunz9 : "Unter das Verbot ,gerichtlicher oder dienstlicher Verfolgung' fallen insbesondere strafrichterliche und disziplinarrechtliche Maßnahmen, aber auch ehrengerichtliche Maßnahmen, soweit es sich dabei um Ehrengerichte öffentlich-rechtlichen Charakters handelt. Untersagt sind aber auch zivilrechtliche Klagen (vor allem Unterlassungs- und Schadensersatzklagen) sowie einstweilige Verfügungen." Bockelmann führt zu dieser Frage u. a.aus10 : "Die Wendung ,zur Verantwortung ziehen' kommt auch in Art. 46 Abs. 1 GG vor. Sie bezeichnet dort den Inhalt des Privilegs der parlamentarischen Redefreiheit. Der Sinn, den sie in diesem Zusammenhang hat, steht fest. Er stimmt überein mit der Bedeutung, welche der gleichen Formulierung in Art. 36 WV zukam, der das Vorbild für Art. 46 Abs. 1 GG gewesen ist. Danach ist mit dem Verbot, einen Abgeordneten wegen seiner Abstimmung oder seiner parlamentarischen Äußerungen zur Verantwortung zu ziehen, nicht weniger gemeint, als daß ihm für solche Verhaltensweisen ein persönlicher Strafausschließungsgrund zugute kommt. Auch können sie nicht Grundlage eines zivilrechtlichen Schadensersatz- oder Unterlassungs anspruchs sein. (Beides gilt nicht - hier unterscheidet sich das Grundgesetz von der Weimarer Verfassung -, wenn es sich um verleumderische Beleidigungen handelt). ce Nach herrschender Lehre. sind Äußerungen jeder Art (mündlich, schriftlich, durch Gebärden, nicht jedoch Tätlichkeiten) geschützt. Deshalb sind beispielsweise beleidigende Äußerungen in einem schriftlichen Bericht vom Indemnitätsschutz umfaßt. Dasselbe muß gelten für alle schriftlich fixierten Äußerungen von Abgeordneten, die dem Bundestag zugeleitet werden, um gedruckt zur Verteilung zu kommen. In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß der Österreichi8 Graf zu Dohna, in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts (Hrsg. Anschütz / Thoma), 1. Band, Tübingen 1930, S. 442. 9 Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz Kommentar, Art.

46 Rn.19.

10 Paul Bockelmann, Die Unverfolgbarkeit der Abgeordneten nach deutschem Immunitätsrecht, Tübingen 1951, S. 40.

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität

57

sche Nationalrat im Jahr 1979 den einschlägigen Art. 57 des Bundesverfassungsgesetzes geändert hat, um schriftliche Äußerungen, hier die Abfassung von schriftlichen Interpellationen oder Ausschußberichten, ausdrücklich in den Indemnitätsschutz einzubeziehen. Voraussetzung ist nach herrschender Lehre weiterhin, daß die Äußerungen im Plenum der Körperschaft oder in einem .ihrer Ausschüsse oder Gremien getan werden. Der sachliche Inhalt der Äußerungen ist unerheblich, sofern sie nur im Zusammenhang mit der Abgeordnetentätigkeit stehen. Negative Äußerungen über Dritte außerhalb des Parlamentsbereichs können dagegen nach dieser restriktiven Auslegung einen Schadensersatz- oder Unterlassungsanspruch begründen, weil sie nicht im Bundestag selbst oder in seinen Ausschüssen bzw. Gremien getan wurden. 3. Zeitlicher Umfang des Indemnitätsscbutzes

Ist der sachliche Umfang des Indemnitätsschutzes durch Art. 46 Abs. 1 GG im wesentlichen fixiert, d. h. Äußerungen und Abstimmungen mit Ausnahme der Beleidigungen verleumderischen Inhalts, läßt auch das im Jahre 1979 ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs den Beginn des Indemnitätsschutzes noch weitgehend offenl l • Diese Frage würde sich nicht stellen, wenn man nach wie vor davon ausgehen müßte, daß der Indemnitätsschutz nur gilt für Äußerungen im Parlament bzw. seinen Ausschüssen und in den Fraktionssitzungen. Diese restriktive Interpretation ist jedoch aufgrund des gewandelten Parlamentsverständnisses, der Rechtsstellung der Fraktionen und der tatsächlichen Arbeit des Parlaments und seiner Mitglieder nicht mehr haltbar. Zunächst darf darauf hingewiesen werden, daß, wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht festgestellt hat, ein wesentlicher Teil der Parlamentsarbeit traditionell außerhalb des Plenums geleistet wird. "Dies beruht einersed.ts auf der seit J1ahrzehnten zunehmenden Kompliziertheit der Lebensverhältnisse und dem damit verbundenen Zwang zur Arbeitsteilung, zum anderen auf der Tatsache, daß die Schwerfälligkeit des Plenums Detailarbeit naturgemäß nur in sehr beschränktem Umfang erlaubt12 ." Mit der Verlagerung der Parlamentsarbeit ·aus dem Plenum in andere Gremien war ein in fast allen westlichen Demokratien erkennbarer, im einzelnen allerdings unterschiedlicher Rückzug des Parlaments aus der Sphäre der Öffentlichkeit verbunden. An die Stelle der öffentlichen 11 BGHZ 75, 384; siehe dazu auch Kewenig / Magiera, Umfang und Regelung der Indemnität von Abgeordneten insbesondere bei schriftlichen Fragen an die Regierung, ZPar112 (1981), 223. 12 BVerfGE 44, 308 (317).

58

J oseph Bücker

Auseinandersetzung im Plenum ist weitgehend die Auseinandersetzung der politischen Gruppierungen außer halb des Parlaments, VOr allem in den Massenmedien getreten. Auch wenn man die Entwicklung beklagen mag, es ist festzustellen, daß Kleine und Große Anfragen manchmal schon vor ihrer Einreichung der Öffentlichkeit unterbreitet werden und diese häufig auf Pressekonferenzen seitens der Bundesregierung beantwortet werden, bevor sie dem Parlament zugeleitet sind. Der Österreichische Nationalrat hat sich bei ähnlicher rechtlicher Ausgangslage ZUr Regelung dieses Fragenkomplexes mit einer Fiktion geholfen. Nach § 22 der Geschäftsordnung des Nationalrates gelten nämlich Vorlagen als Bestandteile der Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Nationalrates. Ausdrücklich wird festgelegt, daß dies auch für Berichte der Ausschüsse bzw. Minderheitsberichte gilt. Selbst wenn man davon ausgeht, daß diese "Erweiterung" des Indemnitätsschutzes auf den Schutz der wahrheitsgetreuen Berichterstattung über öffentliche Sitzungen des Parlaments abzielt, bleibt auch bei dieser österreichischen Regelung die Frage offen, wann dieser Schutz beginnen soll, etwa bei der Einreichung oder bei der Drucklegung der Vorlage. Gerade weil die Geschäftsordnung des Bundestages eine entsprechende Fiktion nicht enthält, stellt sich die Frage des Beginns des Indemnitätsschutzes besonders deutlich. Dies gilt um so mehr, weil nicht zuletzt durch Parlaments- und Geschäftsordnungsreform versucht wOrden ist, die parlamentarische Arbeit mehr und mehr auf das "schriftliche Verfahren" zu verweisen, um mehr Zeit für die eigentliche parlamentarische Auseinandersetzung im Plenum zu erreichen.

Es würde eine Verkürzung der Rechte des einzelnen Abgeordneten oder auch der Fraktionen bedeuten, wenn der Indemnitätsschutz erst mit der Drucklegung der Vorlagen beginnen würde. Aus diesem Grunde ist eine Vorverlegung des Beginns des Indemnitätsschutzes erforderlich. Hier gibt es sicherlich verschiedene Möglichkeiten. Bei Fragen für die Fragestunde könnte beispielsweise auf die "Entäußerung", d. h. die schriftliche Fixierung im Büro, die Weitergabe an die Fraktionen, soweit die Fraktionssatzungen eine entsprechende Regelung vorsehen, oder schließlich auf die Einreichung beim Parlamentssekretariat abgestellt werden. Würde man zu dem Ergebnis kommen, daß allein die schriftliche Fixierung der Frage noch keinen Indemnitätsschutz verdiene, müßte dieser aber mindestens mit der Einreichung bei der Fraktion bzw. beim Parlamentssekretadat beginnen. Man würde die tatsächliche Bedeutung der Fraktionen im Parlamentsbereich verkennen, wenn man mit der

Aktuelle Fragen der Immunität und Indemnität

59

Begründung, sie seien keine Organe des Bundestages, den Indemnitätsschutz nicht mit der Einreichung bei der Fraktion beginnen lassen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Fraktionen Teile und ständige Gliederungen des Bundestages und notwendige .Einrichtungen des Verfassungslebens. Entsprechend dieser Bedeutung darf der Indemnitätsschutz bei Fragen, die über die Fraktionen geleitet werden, nicht erst beginnen, wenn die Fraktionen diese dem Parlamentssekretariat weitergeleitet haben. Sollte das Bundesverfassungsgericht aufgrund einer anhängigen Beschwerde zu dem Ergebnis kommen, daß der zeitliche Umfang des Indemnitätsschutzes erweitert werden müßte, müßten konsequenterweise auch die möglichen Ordnungsmaßnahmen, wie sie die Geschäftsordnung des Bundestages vorsieht, überprüft werden. Da die Indemnität zwar einen Freiraum, aber keinen Freibrief für die Mitglieder eines Parlaments darstellt und gemäß Art. 46 Abs. 1 GG nur die Verfolgung außerhalb des Bundestages ausschließt, müßte als Äquivalent eine "parlamentarische Strafe" für Handlungen vorgesehen werden, die außerhalb des Bundestages nicht geahndet werden können.



o

•••••••••••••••••

(Ehrengerichtsverfahren) a) genehmigt .................... b) nicht genehmigt .. . ..... .. .....

2

2

2

2

Disziplinarverfahren .. . ...... . .....

2

7 5 2

10 8 2

2

61 59 2

47 25 22

a) genehmigt ....... . ... . ........ b) nicht genehmigt ...............

a) genehmigt .................... b) nicht genehmigt . . .............

Allgemeine Kriminalität ...........

22

22

58 58

23

63

69 24

33 33

71

Verkehrsdelikte ..... .... ...........

25

100 60

93

2 21

96

160

6 6

80 80

6

6

88 6

94

5

46 46

1 8

9

13

48 8 5

12 12

1 10

11

10

23

61

4 4

4 4

12

11

12

5 5

10 10

2 8

17 8 1

26

8 12

20

2.WP 3.WP 4.WP 5.WP 6. WP 7.WP 8.WP

25 38

a) genehmigt .................... b) nicht genehmigt ., ...... . ......

Äußerungsdelikte ........... . ...... (§ 185 ff. 8tGB)

insgesamt a) genehmigt ............ . ....... b) nicht genehmigt ............... c) nicht behandelt bzw. eingestellt

Immunitätsfälle

1. WP

Aufstellung der bisher vom Bundestag behandelten Immunitätsfälle

Anhang

0

...

5

00

... '"•

nein

Vereinbarungen über Redezeiten .........

nein ja

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ........

Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen ...............

-5)

1 Tag 3 Tage 2 Tage 2 Wochen

Dauer der Beratungen3): 1. Beratung (Aussprache) ................. 2. Beratung .............................. 3. Beratung .............................. Zeitraum für 2. und 3. Beratung ..........

Fragestunden während der Haushaltsberatungen ............................

nein

nein4)

ja7)

nein7)

_5)

ja

1 Tag 9 Wochen

15 Tage 7)

1 Tag

nein

_4)

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt .. Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet ..........................

ja, bei 2. Ber.

ja, in 2. Ber.

-5)

ja, in2. Ber.

4 Wochen

} 5 Tage

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nein

nein

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ja

nein

ja, 203. Sitz.

ja, in3. Ber.

1 Tag

} 1 Tag12)

1 Tag

nein

nein

ja

ja

ja, 247.,275. u. 276. Sitz.

ja, in 1. Ber.

1 Tag 3 Tage 1 Tag 2 Wochen

nein

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26. 5.54 1. 4.54

Verkündung des Haushaltsgesetzes im BGB1.2) . . . ............. . .......... . .... Beginn des Rechnungsjahres .............

4.54 4.54 4.54 4.54

28./ 6. 5.54

23./ 7. 24./ 8. 25./ 9. 27./30.

11./22. 1. 54 12./ 4. 2.54 13./ 5. 2.54

5. 1. 54 23.12. 53

1954

3. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ... . . .. ............ .

2. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ....................

(Sitzungsnr./Datum) a) mündl. Einbringung durch BFinanzmin. im BT ..... . . . . . .............. b) Aussprache .. .. .. .. . . .. . . . .. . .. . .. . .

1. Beratung

gesetzliche Vorlagefrist 1) für den Haushalts entwurf ............ . ............ . . Datum des Zuleitungsschreibens der BReg.

Haushalt

I

6.55 6.55 6.55 6. 55 6.55

I I 12. 7.55 I 1. 4.55

91./23. 6.55

86.114. 87./15. 88./16. 89.121. 90./22.

58./ 8.12.54 59./ 9. 12. 54

5. 1. 55 3. 12.54

1955

24. 7.56 1. 4.56

155./28. 6.56

150./20. 6.56 151.121. 6. 56 152./22. 6.56

117./ 8.12. 55 118./ 9. 12. 55

5. 1. 56 2. 12.55

1956

J

I

5. 57 5. 57 5. 57 5.57 5. 57

26. 6.57 1. 4.57

213./29. 5. 57

207./ 8. 208.1 9. 210./22. 211./23. 212./24.

178./ 7.12.56 179./12.12. 56

5. 1. 57 1. 12. 56

1957

I

I I

I

1. 7.58 2. 7. 58 3. 7.58 4. 7. 58

5.58 6.58 6.58 6.58

24. 7. 58 1. 4.58

37./ 38./ 39./ 40./

28.1 8. 34./25. 35.126. 36./27.

22./16. 4.58 22.116. 4.58

5. 1. 58 11. 4. 58

1958

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2 Tage 4 Tage 1 Tag 3 Wochen

Dauer der Beratungen3): 1. Beratung (Aussprache) . ................ 2. Beratung .......................... .. ........... 3. Beratung ........................... .. .. Zeitraum für 2. und 3. Beratung ...... . ...

Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen ............ . ..

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ........

Vereinbarungen über Redezeiten . ..... . . . Fragestunden während der Haushaltsberatungen ................ ......... ......

nein

nein

nein

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bei 2. Be< Ber.

ja, in 2. Ber.

nein

nein ja, in 1. Ber.

nein

nein

1 Tag 5 Tage 1 Tag 2 Wochen

ja

ja

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt .. Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet ............. . .................. . ... .

I

I

ja, bei 2. u. 3. Ber.

ja, in2. Ber.

ja, bei 2. u. 3. Ber.

in 1. Ber.

I ja,

ja, 35. Sitz.

ja, 213. Sitz.

1 Tag 4 Tage 4 Tage 3 Wochen nein

I

nein

nein

nein

1 Tag 5 Tage 1 Tag 3 Wochen

nein

ja

- - - - - - -' - - - - - - - -

I bei ja, 2. Ber.

I nein

nein

nein

1 Tag 3 Tage 1 Tag 2 Wochen

nein

ja

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Verkündung des Haushaltsgesetzes im BGBl.2) ................................ Beginn des Rechnungsjahres .............

3. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ....................

(Sitzungsnr./Datum) a) münd!. Einbringung durch BFinanzmin. im BT ..................... '" b) Aussprache ......................... 2. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ....................

1. Beratung

gesetzliche Vorlagefrist1 ) für den Haushalts entwurf ........................... Datum des Zuleitungsschreibens der BReg.

Haushalt

I

6. 7.59 1. 4.59

74./11. 6. 59 75.112. 6.59

4.60 4.60 4.60 5. 60

2. 6.60 1. 4.60

112./ 5. 5. 60

6. 7. 8. 5.

108.1 109.1 110./ 112./

6.59 6.59 6.59 6.59

70./ 3. 71.1 4. 72./ 5. 73./10.

5. 1. 60 4.12.59

1960

93./10.12.59 93./10.12.59

I

52./ 9.12.58 53.!11. 12. 58

5. 1. 59 1. 12. 58

1959

10. 4.61 1. 1. 61

153./17. 3.61

23. 5.62 1. 1. 62

26./12. 4.62

24. 6.63 1. 1. 63

76./15. 5.63

74./ 8. 5.63 75.1 9. 5.63

23./ 5. 4.62 24./ 6. 4.62 25./10. 4. 62 3.61 3.61 3. 61 3.61 3.61 3.61

147.1 8. 148.1 9. 149./10. 150./14. 151./15. 152./16.

5.10.62 31. 10. 62

1963

45.1 7.11. 62 46./ 8. 11. 62

I

I

18./13. 3. 62 19./14. 3. 62

5.10.61 . 7. 3.62

196214)

126.130. 9.60 127.1 5.10.60

5.10.60 23. 9.60

1961

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Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen ...............

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ........

Vereinbarungen über Redezeiten ........ . Fragestunden während der Haushaltsberatungen ...................... , .....

•••••••••••••••••••••••••••

Dauer der 1. Beratung (Aussprache) ................. 2. Beratung .............. . ............... 3. Beratung Zeitraum für 2. und 3. Beratung ..........

Beratungen3):

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ja, 109. u. 110. Sitz.

ja, 70. Sitz.

nein

ja, in 1. Ber.

nein

nein

ja, bei 1. u. 2. Ber.

ja, in 2. Ber.

}4 Tage 2 Wochen

1 Tag

nein

ja

1 Tag 4 Tage 2 Tage 2 Wochen

nein

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt .. ! ja

ja, bei 1. u. 3. Ber.

nein

ja, 127.,147., 149., 151. u. 153. Sitz.

nein

1 Tag 6 Tage 1 Tag 2 Wochen

nein

ja

ja, bei 1. Ber.

nein

ja, 19.,23., 24. u. 26. Sitz.

nein

1 Tag 3 Tage 1 Tag 2 Wochen

nein

nein

-

ja, bei 1. u. 3. Ber.

ja

ja, in jeder Sitz.

nein

1 Tag 2 Tage 1 Tag 2 Wochen

nein

nein

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Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen ... . ...... .. .. .

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ........

Fragestunden während der Haushaltsberatungen .......................... . .

nein

ja, in 1. Ber.

ja, in jeder Sitz.

ja, bei 2. Ber.

ja, in 1. u. 2. Ber.

ja, in jeder, außer der 169. Sitz. (168. Sitz. nur Fragestd.)

nein

nein

Vereinbarungen über Redezeiten .........

nein

nein

3 Tage 4 Tage 1 Tag 2 Wochen

ja

nein

Dauer der Beratungen3): 1. Beratung (Aussprache) .. .. .......... . .. 1 Tag 2. Beratung .. .. .............. . ........... } 2 Tage 3. Beratung . . ...... . .. . ... . .............. Zeitraum für 2. und 3. Beratung .......... 1 Woche

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt .. Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet . . . ....... . ..... . .........

ja, bei 2. Ber.

ja, in 1. Ber.

ja, in jeder Sitz.

ja, für allg. Ausspr. in 2. Ber.

2 Wochen

} 5 Tage

I

ja, bei 1. u. 2. Ber.

ja, in 1. u. 3. Ber.

ja, in jeder Sitz.

nein

1 Tag 2 Wochen

1 Tag 4 Tage

nein

nein

1 Tag

nein

nein

I

I

I

ja, bei 1. Ber.

ja, in 1. u. 2. Ber.

ja, in jeder, außer der 165. Sitz.u

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2 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

nein

nein

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5. 10. 68 9.10.68

1969

Verkündung des Haushaltsgesetzes im BGB1.2) ............................... . Beginn des Rechnungsjahres ............ .

3. Beratung (Sitzungsnr./Datum)

(Sitzungsnr./Datum)

2. Beratung

3.69 3.69 3. 69 3.69 3.69

18. 4.69 1. 1. 69

226./28. 3.69

221./19. 222./20. 223./21. 224./26. 225./27.

a) mündl. Einbringung durch BFinanzmin. im BT ........................ 1188./16. 10. 68 b) Aussprache ......................... 189./17. 10. 68 190./18.10.68

1. Beratung (Si tzungsnr ./Datum)

gesetzliche Vorlagefristt) für den Haushaltsentwurf ........................... 1 Datum des Zuleitungsschreibens der BReg.

Haushalt

2.70 2.70 2. 70 2.70

27. 6.70 1. 1. 70

60./18. 6.70

55./ 3. 6.70 56./ 4. 6.70 57./ 5. 6.70

30./18. 31./19. 32./20. 33./25.

5.10.69 13. 2.70

1970

2.71 2.71 2.71 2.71 2. 71

3. 3. 71 1. 1. 71

102./12. 2.71

96./ 3. 97./ 4. 98./ 5. 99./ 9. 100./10.

67./23. 9.70 68./24. 9.70 70./ 8.10.70

13. 9.70

Sept. 70 21 )

I -1;7~ I

182./26. 183./27. 184./28. 188./ 7.

1. 1. 72

4.72 4.72 4. 72 6. 72 22 )

143./19.10.71 144./20. 10. 71 145./21. 10. 71

I

21. 12. 72

6./20.12.72

5./19.12.72

4./1~1172

4./15.12.72

Sept. 7121) 8.10.71 23.11.72

197223)

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Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen ...............

I

Verbindung der Haushaltsberatungen mitl anderen Beratungsgegenständen ....... .

F~:re:t~:::::: ~~~~~~~. ~~~. ~~~~~~~~~~ ...

Vereinbarungen über Redezeiten ...

.0

Dauer der Beratungen3): 1. Beratung (Aussprache) ................. 2. Beratung 3. Beratung .............................. Zeitraum für 2. und 3. Beratung ..........

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt . . Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet ..........................

ja, bei 2. u. 3. Ber.

ja, bei 1. Ber.

ja, in 1. Ber. 2O )

ja2O)

ja, in 1. u. 2. Ber. 19) ja, bei 1. Ber.

ja, in jeder, außer der 99. Sitz.

nein

ja, bei 2. Ber.

ja, in 1. Ber. 2O)

ja, in jeder, außer der 143. Sitz.

nein

3 Tage22)

5 Tage 1 Tag 2 Wochen

ja, in jeder, außer der 60. Sitz.

nein

2 Wochen

2 Tage

2 Tage

nein

ja

ja, in jeder Sitz.

nein

3 Tage

5 Tage 1 Tag 2 Wochen 1 Tag

3 Tage

nein

nein

2 Tage

ja

ja l8)

ja

nein

ja, in jeder, außer der 4. Sitz.

nein

2 Wochen24)

1 Tag24)

1 Tag24)

1 Tag'24)

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6. 7.73 1. 1. 73

• • •

Beginn des Rechnungsjahres .......... . ..

Verkündung des Haushaltsgesetzes im BGB1.2 ) •••••••••••••••••••••••••••••

46./20. 6.73

3. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ... . ............... .

45.119. 6.73

44./18. 6. 73

25./ 3. 4.73 26./ 4. 4.73 27.1 5. 4.73 28./ 6. 4.73

2. Beratung (Sitzungsnr./Datum) . . .... . . .. ..... . ....

b) Aussprache .............. . ..........

a) mündl. Einbringung durch BFinanzmin. im BT .. . ..... . . . ........... ..

1. Beratung (Sitzungsnr./Datum)

23. 3.73

Sept. 72 21)

gesetzliche Vorlagefristt) für den Haushaltsentwurf ............ . . .. ...........

Datum des Zuleitungsschreibens der BReg.

1973

Haushalt

I

I

116./19. 9. 74 117./20. 9.74

61./25. 10. 73

1. 1. 74

31. 5.74

103./22. 5. 74

1. 1. 75

16. 4.75

160./21. 3. 75

102.121. 5. 74 25) 158.119. 3. 75 103./22. 5.74 159.120. 3.75

62.126.10.73

115./18. 9. 74

6. 9. 74

Sept. 74 21 )

1975

59./23. 10. 73

19.10.73

Sept. 73 U )

1974

I

I I I

1. 1. 76

8. 6.76

245./20. 5. 76

243./14. 5.76

241.112. 5.76 242.113. 5. 76

240./11. 5. 76

199./ 5.11. 75

198./ 4. 11. 75

17.10.75

Sept. 75 21 )

1976

I

1. 1. 77

25. 7.77

37./24. 6. 77

34./21. 6. 77 35./22. 6.77 36./23. 6.77

16./ 3. 3. 77

15./ 2. 3. 77

18. 2.77

Sept. 76 21)

1977

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nein

Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen . . .............

I

ja,

in 1. Ber. 20)

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ....... .

1

nein

nein

Vereinbarungen über Redezeiten ........ . ja, 44. - 46. Sitz.

1 Woche

3 Tage 2 Tage 1 Tag 1 Woche

Dauer der Beratungen3): 1. Beratung (Aussprache) . . .............. . 2. Beratung ........................ .. ... . 3. Beratung ............... . ............. . Zeitraum für 2. und 3. Beratung ......... .

Fragestunden während der Haushaltsberatungen ........................... .

nein

nein

ja,

bei 1. u. 2. Ber.

ja,

in 1. Ber. 20)

nur in der 61. Sitz.

ja,

} 2 Tage 25 )

2 Tage

nein

nein

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt .. Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet ......................... .

1 Tag

1 Tag

ja,

bei 1. Ber.

ja,

in 1. Ber. 20)

ja, 115., 116. u. 159. Sitz.

nein

ja,

bei 3. Ber.

ja,

in 1. u. 2. Ber. 20)

ja, 199. Sitz. 26 )

nein

2 Wochen

4 Tage

2 Tage

1 Woche

1 Tag

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nein

2 Tage

nein

ja

ja,

bei 3. Ber.

ja,

in 1. u. 2. Ber.!O

ja, 15. Sitz.

ja,

in2. Ber.

3Tage 1 Tag 1 Woche

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Verkündung des Haushaltsgesetzes im BGBl.2) .. . ... . .. . ......... . ..... . ...... Beginn des Rechnungsjahres .............

3. Beratung (Sitzungsnr./Datum) ....................

2. Beratung (Sitzungsnr./Datum) . ..... . .... . .. . .. . ..

a) münd!. Einbringung durch BFinanzmin. im BT .... . .. . ............. . .. b) Aussprache .........................

23. 2.79 1. 1. 79

1. 1. 78

133./26. 1. 79

21. 2.78

70./27. 1. 78

130./23. 1. 79 131./24. 1. 79 132./25. 1. 79

103./20. 9.78 104./21. 9.78 105./22. 9.78

67 ./24. 1. 78 68./25. 1. 78 69./26. 1. 78

103./20. 9. 78

8. 9.78

Sept. 78 21 )

1979

46./ 5.10.77 47./ 6.10.77

I

45./ 4.10.77

Sept. 77 2 1) 30. 9. 77

gesetzliche Vorlagefristl) für den Haushaltsentwurf . . . .. ... . . .. . .. ... .. . . .. . .. Datum des Zuleitungsschreibens der BReg.

1. Beratung (Sitzungsnr./Datum)

1978

Haushalt

1. 1. 80

21. 12. 79

194./14.12.79

191./11. 12. 79 192./12.12.79 193./13. 12. 79

169./13. 9. 79 170./14. 9. 79

168./12. 9.79

7. 9.79

Sept. 79 21 )

1980

1. 81 1. 81 1. 81 1. 81

17. 2. 82 1. 1. 82

1. 1. 81

81./22. 1. 82

78./19. 1. 82 79./20. 1. 82 80./21. 1. 82

51./16. 9.81 52./17. 9. 81 53./18. 9.81

Sept. 81 21 ) 11. 9. 81

1982

14. 7.81

43./ 5. 6.81

40./ 2. 6. 81 41./ 3. 6.81 42./ 4. 6.81

16./27. 17./28. 18./29. 19./30.

15./23. 1. 81

Sept. 8021 ) 9. 1. 81

1981

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Beratung anderer Gegenstände außerhalb der Haushaltsberatungen . . .............

Verbindung der Haushaltsberatungen mit anderen Beratungsgegenständen ........

Fragestunden während der Haushaltsberatungen ............ .. ..............

Vereinbarungen über Redezeiten .. .. .. . ..

2. Beratung ... ........ ..... ......... .... . 3. Beratung .............................. Zeitraum für 2. und 3. Beratung ......... .

Dauer der 1. Beratung (Aussprache) .. . . .. .... . .. .. ..

Beratungen3):

Haushaltsentwurf fristgerecht vorgelegt . . Haushaltsentwurf fristgerecht verabschiedet ......... . .. . ............ .

--

-- - -

nein -

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ja, in 1. Ber. 2O)

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ja, bei 1. Ber.

ja, in 1. Ber. 2O)

nein

ja

ja, in 2. Ber. nein

3 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

nein

nein

2 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

ja

nein

ja, bei 3. Ber.

ja, in 1. u . 2. Ber. 2O)

nein

ja, bei 2. Ber.

ja, in 1. Ber. 20)

nein

nein

ja, in 1. Ber.!O)

ja, 51. Sitz.

nein27) ja, in2. Ber.

ja, in 2. u . 3. Ber.

nein

2 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

I

ja

4 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

nein

ja

I

I

2 Tage 3 Tage 1 Tag 1 Woche

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ja

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