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German Pages 363 Year 2012
Martin Buber Werkausgabe Im Auftrag der Philosophischen Fakultät der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und der Israel Academy of Sciences and Humanities herausgegeben von Paul Mendes-Flohr und Bernd Witte
Gütersloher Verlagshaus
Martin Buber Werkausgabe 14 Schriften zur Bibelübersetzung Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Ran HaCohen
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Inhalt Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einleitung
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Die Schrift und ihre Verdeutschung Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Mensch von heute und die jüdische Bibel . . . . . . . . . . . .
Die Sprache der Botschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift . . . . . . .
Zur Verdeutschung der Preisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs . . . . . . . . . . . .
Das Leitwort und der Formtypus der Rede . . . . . . . . . . . . . .
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit Franz Rosenzweig) . . . . .
Zu einer Übersetzung und einer Rezension (gemeinsam mit Franz Rosenzweig) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eine Übersetzung der Bibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ein Hinweis für Bibelkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aus den Anfängen unsrer Schriftübertragung . . . . . . . . . . . .
Anhang: Aus einem Brief an Hermann Gerson . . . . . . . . . . .
* Zu Luthers Übertragung von Ruach . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der heutige Mensch und die biblische Geschichte . . . . . . . . . .
Zur Verdeutschung der »Gleichsprüche« . . . . . . . . . . . . . . .
Warum und wie wir die Schrift übersetzten . . . . . . . . . . . . .
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt
Schlussbemerkungen
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Zur Verdeutschung des Buches Ijob
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Kommentar Editorische Notiz
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Diakritische Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelkommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sachregister
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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Index hebräischer Worte in hebräischer Schrift . . . . . . . . . . .
Index hebräischer Worte in Umschrift . . . . . . . . . . . . . . . .
Gesamtaufriss der Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vorbemerkung Der vorliegende Band ist der zweite, der nach der Übernahme der Arbeit an der Martin Buber Werkausgabe durch die Heinrich Heine Universität Düsseldorf in der Zusammenarbeit zwischen den Hauptherausgebern, dem Bandherausgeber und der »Arbeitsstelle Martin Buber Werkausgabe« publiziert werden kann. Er ist nach den neuen Editionskriterien gestaltet, wie sie erstmals in Band der MBW angewandt und im vorliegenden Band in der Editorischen Notiz als Einleitung zum Kommentar erörtert werden. Die Herausgeber sind der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein – Westfalen zu besonderem Dank verpflichtet. Beide Institutionen haben sich durch die finanzielle Förderung der Ausgabe um den Weiterbestand der mit zwei neuen Mitarbeitern besetzten Arbeitsstelle und damit um den kontinuierlichen Fortgang der Arbeit äußerst verdient gemacht. Nur so war es möglich, diese als deutsch-israelisches Gemeinschaftsprojekt ins Leben gerufene, die Schriften des bedeutendsten deutsch-jüdischen Philosophen und Autors des zwanzigsten Jahrhunderts erstmals in seiner Gesamtheit edierende Werkausgabe weiter zu führen. Besonders sei auch Dan Georg Bronner (Düsseldorf) gedankt, der durch seine großzügige Spende maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. Düsseldorf, im Juni
Paul Mendes-Flohr, Bernd Witte
Dank Den Herausgebern der Martin Buber Werkausgabe, Paul Mendes-Flohr und Bernd Witte, danke ich dafür, dass sie mir die Bearbeitung dieses Bandes anvertraut haben. Darüber hinaus gilt mein Dank den Herausgebern für ihre kenntnisreichen sowie stets anregenden Kommentare. Nicht minder zu Dank verpflichtet bin ich meinen Freunden Gabriele von Glasenapp (Frankfurt/Main) und Frits J. Hoogewoud (Haarlem), die stets bereit waren, ihr großes Wissen und ihre vielfältige Erfahrung mit mir zu teilen, meinen Schwierigkeiten Gehör zu geben und mir mit gutem Rat zur Seite zu stehen. Dank schulde ich schließlich auch den Mitarbeitern des Martin Buber Archivs in Jerusalem für ihre Hilfe bei der nicht immer einfachen Materialbeschaffung. Zuletzt geht ein besonders herzlicher Dank an die immer hilfsbereiten Mitarbeiter der Martin Buber-Arbeitsstelle – Heike Breitenbach, Andreas Losch und Arne Taube – für ihre konstruktive Hilfe, ihre kritischen Bemerkungen sowie ihre Vorschläge bei der Gesamtredaktion des Bandes. Tel Aviv, im Frühjahr
Ran HaCohen
Einleitung Zu Beginn der er Jahre unternahm es Martin Buber zusammen mit seinem jüngeren Freund Franz Rosenzweig (-), im Auftrag des jungen, nicht-jüdischen Verlegers Lambert Schneider (-), die hebräische Bibel ins Deutsche zu übersetzen; das Projekt wird seine »tiefste und ernsthafteste Lebensaufgabe«. 1 Rosenzweig, der jüdische Philosoph, war zu der Zeit bereits erkrankt und gelähmt, deshalb erschien die erste Lieferung der Übersetzung – »Das Buch Im Anfang« (Genesis) – vorsichtshalber mit dem Untertitel »zu verdeutschen unternommen von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig«. Drei Jahre später starb Rosenzweig. Buber setzte die Übersetzungsarbeit alleine fort, vervollständigte sie jedoch erst in Jerusalem, lange nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vernichtung der deutschsprachigen jüdischen Gemeinden Europas. Der vorliegende Band enthält Bubers Schriften zu dieser Bibelübersetzung. Es handelt sich also um Bubers Auseinandersetzung mit seiner eigenen Übersetzungsarbeit, gleichzeitig auch mit der regen, manchmal kritischen Rezeption dieser »Verdeutschung« der Schrift, oder eher ihrer allerersten Teile; denn die meisten Texte dieses Bandes, den Buber selbst zusammengestellt hat, wurden in Buchform unter dem Titel Die Schrift und ihre Verdeutschung veröffentlicht. 2 Das Buch enthielt übrigens auch einige wichtige Beiträge von Rosenzweig, die im Rahmen einer Werkausgabe der Schriften Bubers nicht wiedergegeben werden konnten. 3 Zwar war Bubers Auseinandersetzung mit dem Problem der Bibelübersetzung älter als seine Bibelübersetzung selbst, seine Schriften zum Thema erschienen jedoch alle – die frühesten fast unmittelbar – erst nach der Veröffentlichung des ersten Bandes der Übersetzung, haben daher in der Regel einen reaktiven, manchmal sogar polemischen Charakter. Es gehörte zu Bubers und Rosenzweigs Grundüberzeugungen in Bezug auf die Aufgabe des Übersetzers, dass er der Bibel unmittelbar zu begegnen habe . . .
Zur Entstehungsgeschichte siehe Maurice Friedman, The Buber-Rosenzweig Bible, in: Ders., Martin Bubers Life and Work: The Middle Years, -, New York , S. - u. -, Zitat (»his most profound and serious life work«) S. . Martin Buber und Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag . Nämlich »Die Einheit der Bibel«, »Die Schrift und das Wort«, »Die Schrift und Luther«, »Unmittelbare Einwirkung der hebräischen Bibel auf Goethes Sprache«, »›Der Ewige‹« und »Das Formgeheimnis der hebräischen Erzählungen« (siehe Rosenzweig, GS Bd. , S. -, -, -, -, - und -).
Einleitung
und dass er auch den Lesern diese Begegnung unmittelbar ermöglichen müsse. Daher haben sie das Werk mit keinem einzigen Wort der Einleitung wie auch mit keinerlei Kommentar versehen. 4 Es galt eine strenge Trennung zwischen dem verdeutschten Wort der Bibel und den Worten ihrer Verdeutscher. Zusammengenommen können die hier vorliegenden Aufsätze als eine Theorie der Bibelübersetzung angesehen werden, als Ergänzung zur Übersetzung selbst. Wie jede Übersetzungstheorie hat auch diese einen sprachphilosophischen Hintergrund, den vor allem Rosenzweig in seinen Schriften expliziert. 5 Bubers Interesse am Werk war vor allem literarischer Art. 6 Eine Theorie der Bibelübersetzung ist allerdings keine allgemeine Übersetzungstheorie, wie sie etwa Walter Benjamin (-) in »Die Aufgabe des Übersetzers« (), seinem berühmten Essay aus derselben Zeit, ansatzweise zu entwickeln versuchte, sondern die Übersetzungstheorie eines einzigen, einzigartigen Textes. Denn auch wenn für Rosenzweig die Bibelübersetzung stark von seinen früheren Übersetzungen der Gedichte des mittelalterlichen hebräischen Dichters Jehuda Halevi (-) abhängig war, so würden gewiss nicht einmal die beiden Übersetzer behaupten, dass ihre für die Verdeutschung der hebräischen Bibel entwickelte Theorie – oder Praxis – auch für jede andere Übersetzung gelten könne. Zwar fußt eine Theorie der Bibelübersetzung einerseits auf einer allgemeinen Übersetzungstheorie, andererseits jedoch auf einer Lesart oder Interpretation der Bibel – sei es einer historisierenden, literarischen, religiösen oder anderen. In dieser Hinsicht stehen Buber-Rosenzweigs Bibelübersetzung und die zugehörige Theorie in einem mehrfach sich überkreuzenden Bezug: von Hebräisch und Deutsch, von Bibelinterpretation und Übersetzungstheorie. Die hier gedruckten Metatexte zur Übersetzung . .
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Vgl. Siegfried Kracauer, Die Bibel auf Deutsch, Frankfurter Zeitung, .-. . , gedruckt in: Ders., Das Ornament der Masse, Frankfurt a. M. , S. -, hier S. . Zur Sprachphilosophie Rosenzweigs, auch in ihrer Beziehung zur (Bibel-)Übersetzung, siehe u. a. Rivka G. Horowitz, Franz Rosenzweig on Language, Judaism (), S. -; Everett Fox, Franz Rosenzweig as Translator, Leo Baeck Institute Yearbook , S. -; Anna Elisabeth Bauer, Rosenzweigs Sprachdenken im »Stern der Erlösung« und in seiner Korrespondenz mit Martin Buber zur Verdeutschung der Schrift, Frankfurt a. M. ; Mara H. Benjamin, Rosenzweig’s Bible: Reinventing Scripture for Jewish Modernity, Cambridge . Siehe Edward L. Greenstein, Theories of Modern Bible Translation, Prooftexts (), S. -, hier S. : »one gains the impression that Buber’s interest was chiefly literary while Rosenzweig’s was philosophical, and that Buber may only have superficially grasped the linguistic-philosophical background that Rosenzweig brought to their project.«
Einleitung
wie auch der umfangreiche Briefwechsel zwischen Buber und Rosenzweig zum Thema schaffen, wie Lawrence Rosenwald feststellt, »the most elaborate translational commentary in the history of Western literature«. 7 Dieser Reichtum an Materialien, die Vielschichtigkeit des Unternehmens und dessen Gewagtheit, die Prominenz der Übersetzer wie auch die besondere Platzierung im Kontext der Geschichte der deutschsprachigen Juden, all das trägt dazu bei, dass die Forschungsliteratur zu dieser Übersetzung höchst umfangreich ist. Unter den Einträgen im Kapitel »Modern Bible translation« einer aktuellen Bibliographie zur jüdischen Übersetzungsgeschichte 8 beschäftigen sich fast die Hälfte der Einträge ausschließlich oder unter anderem mit Buber-Rosenzweigs Bibelübersetzung. Damit ist diese bisher letzte deutsche-jüdische Bibelübersetzung bei weitem die am meisten erforschte jüdische Bibelübersetzung der Neuzeit, mehr noch als der bahnbrechende Bi’ur Moses Mendelssohns (-). Da es unmöglich wäre, eine Grenze zwischen der Forschungsliteratur zur Bibelübersetzung selbst und der zu deren Theorie zu ziehen – »We who read the translation now, of course, almost always read it in the context of the essays Buber and Rosenzweig wrote to explain it«, bemerkt Rosenwald 9 – ist es die Absicht dieser kurzen Einleitung, lediglich eine äußerst komprimierte Übersicht über die hauptsächlichen Themen und Motive zu bieten, mit denen sich die reiche Forschungsliteratur beschäftigt. * Die Grundprinzipien der Buber-Rosenzweig-Übersetzung wurden bereits von den Übersetzern selbst, vor allem in den in diesem Band gesammelten Aufsätzen, ausführlich erörtert. Die Forschung folgt prinzipiell diesen Ansätzen. Bereits Johannes Fichtner 10 unterscheidet drei Aspekte, unter denen das Werk zu betrachten sei: die Auffassung vom Verhältnis des modernen Menschen zum Glauben und besonders zur Schrift; die Beurteilung des Charakters der Schrift; und die sich daraus ergebende Übersetzungsmethode. Dem ersten dieser Aspekte ist vor allem Bubers Aufsatz »Der Mensch von heute und die jüdische Bibel« gewidmet. Das Verhältnis des modernen Menschen zur Bibel dient Buber zur Begründung der Notwendigkeit . Lawrence Rosenwald, On the Reception of Buber and Rosenzweig’s Bible, Prooftexts (), S.-, Zitat S. . . Robert Singerman, Jewish Translation History, A Bibliography of Bibliographies and Studies, Amsterdam u. Philadelphia , S. -. . Rosenwald, S. . . Johannes Fichtner, Martin Bubers Verdeutschung der Schrift und die Revision der Lutherbibel, Wort und Dienst (), S. -.
Einleitung
einer neuen Übersetzung. »Dem ›heutigen Menschen‹«, schreibt Buber, »ist die Glaubenssicherheit nicht zugänglich und kann ihm nicht zugänglich gemacht werden. […] Aber die Glaubensaufgeschlossenheit ist ihm nicht versagt.« 11 Der moderne Mensch könne und müsse sich der Bibel auftun, es seien aber gerade die bisher vorliegenden Übersetzungen, die seinen Zugang zur Schrift verstellen, da sie die biblische Botschaft in geläufigen und abgenutzten Worten darbieten, die keinen Menschen mehr angingen; sie hätten die Schrift »vielfach in ein Palimpsest verwandelt«. »Die ursprünglichen Schriftzüge, Sinn und Wort von erstmals, sind von einer geläufigen Begrifflichkeit teils theologischer, teils literarischer Herkunft überzogen«; 12 hingegen müsse der heutige Mensch »die Schrift vornehmen, als kennte er sie noch nicht«. 13 Ihm dazu zu verhelfen, sei die Aufgabe der neuen Übersetzung. Diese radikale Forderung, die Bibel neu zu lesen, »als kenne man sie noch nicht«, wie auch die Palimpsestmetapher vergleicht Shemaryahu Talmon mit der Arbeit des Archäologen, »who removes, one by one, the uppermost, most recent strata of an archaeological site in order to uncover previous, older and finally the most ancient stratum of the site«. 14 Andere Forscher vergleichen den beabsichtigten Eindruck, den die Übersetzung auf den Leser machen soll, mehr oder weniger explizit mit dem Begriff der Verfremdung, der etwa ein Jahrzehnt vor dem Beginn von Bubers Übersetzungsarbeit im Rahmen des russischen Formalismus entwickelt worden war. Für die Formalisten war es die Aufgabe der Literatur (bzw. der Kunst im Allgemeinen), routinisierte, versteinerte Denk- und Leseschablonen aufzulösen. In ähnlicher Weise ist es Bubers und Rosenzweigs Ziel, wie Martin Jay formuliert hat, 15 »to alienate their readers from the pedestrian discourse of their quotidian lives«. Dabei kann von . . . . .
Martin Buber, Der Mensch von heute und die jüdische Bibel, in diesem Band S. -, Zitat S. . Martin Buber, Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, in diesem Band S. -, Zitat S. . Martin Buber, Der Mensch von heute und die jüdische Bibel, in diesem Band S. -, Zitat S. . Shemaryahu Talmon, Martin Buber’s ways of Interpreting the Bible, Journal of Jewish Studies , S. -, Zitat S. . Martin Jay, Politics of Translation – Siegfried Kracauer and Walter Benjamin on the Buber-Rosenzweig Bible, Leo Baeck Institute Yearbook (), S. -, Zitat S. . Batnizky benutzt den Begriff »defamiliarization« (Leora Batnitzky, Translation as Transcendence: A Glimpse into the Workshop of the Buber-Rosenzweig Bible Translation, New German Critique (), S. -, Zitat S. ); siehe auch den expliziten Vergleich in: Yairah Amit, The Multi-Purpose »Leading Word« and the Problems of its Usage, Prooftexts (), S. -, hier S. , und in: Kinereth Meyer u. Rachel Salmon Deshen, Reading the Underthought: Jewish Hermeneutics and the Christian Poetry of Hopkins and Eliot, Washington, D.C. , S. f.
Einleitung
einem direkten Einfluss keine Rede sein, denn die Rezeption des russischen Formalismus im Westen begann erst zu einer Zeit, als Bubers Übersetzung schon mehr oder weniger vollständig vorlag. Zeitlich und örtlich näher liegt jedoch – wie Abigail Gillman bemerkt 16 – Bertolt Brechts (-) bekannter Verfremdungseffekt. Steven Kepnes, in einer interessanten theoretischen Einsicht, sieht hier ein Beispiel für das, was Paul Ricœur (-) als »naïveté seconde« bezeichnet: »Educated by the application of critical theories of history, text, sign, and symbol, postcritical exegetes return to scripture a second time with a desire to get ›beyond the desert of criticism‹ and ›be called again‹.« 17 Als bahnbrechend im Sinne der »postcritical theory« liest auch Leora Batnitzky Buber-Rosenzweigs Übersetzungstheorie: »their post-critical stand once again predates much of contemporary hermeneutics.« 18 * Mit der »Beurteilung des Charakters der Schrift« meint Fichtner die Eigenschaften, die Buber dem biblischen Text zuschreibt. Dies ist ein weites Feld, das sich zum Teil mit Bubers gesamter exegetischer Arbeit an der Bibel und der biblischen Religion überschneidet. 19 Die zwei Hauptprinzipien von Bubers Interpretation der Bibel, die die Übersetzung geprägt haben und quasi ihr Kennzeichen geworden sind, können unter den Stichworten Gesprochenheit und Einheit der Schrift zusammengefasst werden. Für Buber und Rosenzweig, schreibt Greenstein, »the most outstanding quality of the Hebrew Bible was its intention to be declaimed, its ›spokenness‹.« 20 Unter dieser Gesprochenheit ist die Auffassung Bubers zu ver. .
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Abigail E. Gillman, Between Religion and Culture: Mendelssohn, Buber, Rosenzweig and the Enterprise of Biblical Translation, in: Biblical Translation in Context, hrsg. von Frederick W. Knobloch, Bethesda, Md. , S. -, hier S. . Steven Kepnes, Introductory Comments to Buber’s ›Toward a New German Translation of the Scriptures‹, in: The Return to Scripture in Judaism and Christianity: Essays in Postcritical Scriptural Interpretation, hrsg. von Peter Ochs, New York , S. -, Zitat S. ; Kepnes zitiert Paul Ricœur, The Symbol Gives Rise to Thought, in: Ders., The Symbolism of Evil, Boston , S. -, Zitate S. , . Batnitzky, S. . Siehe dazu MBW , Schriften zur biblischen Religion, hrsg. von Christian Wiese; Nahum Norbert Glatzer, Buber als Interpret der Bibel, in: Philosophen des . Jahrhunderts. Martin Buber, hrsg. von Paul Arthur Schilpp u. Maurice Friedman, Stuttgart , S. -; James Muilenburg, Buber als Interpret der Bibel, ebd., S. ; Meir Weiss, Be-sod siach ha-miqra [Das Geheimnis der Bibel], in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik , S. -; Talmon, Martin Buber’s ways, S. -; Ders., Martin Bubers Werk an der Hebräischen Bibel, in: Werner Licharz u. Jacobus Schoneveld (Hrsg.), Neu auf die Bibel hören: Die Bibelverdeutschung von Buber / Rosenzweig – heute, Sieben Beiträge zum Verstehen, Gerlingen , S. -. Greenstein, S. .
Einleitung
stehen, 21 dass die Bibel einen Text darstellt, der laut vorgelesen und gehört werden muss; dass »man bei einer Verdeutschung der Schrift versuchen müßte, von der Geschriebenheit des Wortes auf seine ursprüngliche und in jeder echten Vorlesung wieder laut werdende Gesprochenheit zurückzugehen.« 22 Rosenzweig – der Bubers Ansicht »sehr bald zu seiner eigenen gemacht« 23 hat – führt aus: »Alles Wort ist gesprochenes Wort. Das Buch steht ursprünglich nur in seinem, des gelauteten, gesungenen, gesprochenen, Dienst; so wie noch heute beim theaterlebendigen Drama oder gar bei der Oper.«
Gerade bei der Bibel, meint Rosenzweig, dürfe »das Technische« – also die schriftliche Form des Buches – nicht eine »gefährliche Gewalt über seinen eigenen Herrn« ausüben, nämlich über das gesprochene Wort. Dieses Buches »einzigartiger Inhalt verwehrt grade ihm, ganz Schrift zu werden. Es muß Wort bleiben.« 24 In seiner reifsten Entfaltung findet sich dieser Gedanke, wie Gershom Scholem (-) bemerkt hat, 25 in Bubers Aufsatz »Das Wort, das gesprochen wird« von ; hier wird die Gesprochenheit oder »vielmehr das Gesprochenwerden« als eine der drei »Seinsweisen der Sprache« dargestellt. Beim »Wort, das gesprochen wird«, sei »nichts andres vorauszusetzen als der verwirklichungsfähige Wille von Menschen zur Kommunikation. Diese stiftet sich in einem Sich-einander-Zuwenden von Menschen […] Die Elemente des Sprachbestandes und die Gestalten des Sprachbesitzes dienen ihr.« 26
Entstehungsgeschichtlich betrachtet, ist die Betonung der Gesprochenheit antiker Texte allgemein romantisches Gedankengut. So empfahl bereits Herder: »Leset Homer, als wenn er auf den Straßen sänge; leset Cicero, als wenn er vor dem Rate deklamierte!« 27 Nietzsche 28 (-) und .
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Zu diesem Aspekt siehe in diesem Band vor allem »Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift« (S. -) und »Warum und wie wir die Schrift übersetzten« (S. -), wie auch Franz Rosenzweigs »Die Schrift und das Wort«, GS Bd. , S. -. In diesem Band, S. u. . Ebd. Rosenzweig, GS Bd. , S. -; Zitate S. f. Gershom Scholem, An einem merkwürdigen Tage. Rede bei der Feier zum Abschluß der Buberschen Bibelübersetzung in Jerusalem, Februar , in: Ders., Judaica, Frankfurt a. M. , S. -. Buber, Das Wort, das gesprochen wird, jetzt in: MBW , S. -, Zitate S. f. J. G. Herder, Journal meiner Reise im Jahr , jetzt in: Ders., Dichtungen und theoretische Texte in zwei Bänden, ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Heinz Nicolai, München . Bd. , S. -, Zitat S. . Siehe Greenstein, S. f., der es auch auf Nietzsche zurückführt.
Einleitung
sogar Bubers Zeitgenossen Heidegger 29 (-) und der Alttestamentler Eduard König 30 (-) werden in diesem Zusammenhang erwähnt, aber auch – um mehrere Jahrhunderte zurückzugehen – Martin Luther (-); denn auch für den wichtigsten Übersetzer der Bibel ins Deutsche sei die Bibel »nicht so sehr Lesebuch wie vielmehr Hörebuch«. 31 Dies war auch Rosenzweig nicht entgangen: gerade der mündlichen, lauten Lesung »diente auch in Luthers Übersetzung der Rückgriff auf die gesprochene Sprache des Volkes«, schrieb er in »Die Schrift und das Wort«. 32 Biographisch hat sich Buber mit diesem Thema schon sehr früh auseinandergesetzt; seine Formulierung von , dass »der Jude des Altertums mehr Ohrenmensch als Augenmensch« war, 33 erinnert sehr an die des Altphilologen Theodor Birt (-) von : »Alle Literatur des Altertums war […] zur Deklamation oder zur Vorlesung bestimmt; sie wurde weit weniger als heute mit dem Auge, sondern vorzüglich mit dem Ohr aufgefaßt«. 34 Während jedoch Birt diese Mündlichkeit der ganzen Literatur des Altertums zusprach, behielt Buber sie eher der hebräischen Bibel vor und sprach sie der griechischen Literatur ab. 35 »For Buber, language, especially the language of the Hebrew Bible, is a spoken utterance linked to both creation and revelation (the divine-human dialogue),« betont Brian M. Britt und vergleicht Bubers Auffassung mit Walter Benjamins entgegengesetzter Position: »Buber saw the Bible as a readable guide for modern religious experience, whereas Benjamin saw it as a symbol of the illegibility of Scripture in modern times.« 36 Das gesprochene Wort bedeutet für Buber jedoch mehr: es ist Gespräch, und
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Zu Heidegger in diesem Zusammenhang vgl. die Anmerkungen und Verweise Biemanns in MBW , S. , Anm. u. S. , Anm. ; Peter Eli Gordon, Rosenzweig and Heidegger: Translation, Ontology, and the Anxiety of Affiliation, in: New German Critique , S. -. Maren Ruth Niehoff, The Buber-Rosenzweig Translation of the Bible within JewishGerman Tradition, Journal of Jewish Studies . (), S. -, hier S. . Emanuel Hirsch, zitiert nach Fichtner, S. . Rosenzweig, GS Bd. , S. . Jüdische Künstler hrsg. v. Martin Buber, Berlin: Jüdischer Verlag , erste Seite (unpaginiert); vgl. Michael Fishbane, The Biblical Dialogue of Martin Buber, in: Ders., The Garments of Torah, Bloomington, Ind. , S. -. Theodor Birt, Das antike Buchwesen in seinem Verhältniss zur Litteratur, Berlin , S. . Vgl. Werke, S. . Birt wird bei Schütz zitiert, den Buber gewiß kannte (Roland Schütz, Die Bedeutung der Kolometrie für das Neue Testament, Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft (), S. -, S. ) Brian M. Britt, Romantic Roots of the Debate on the Buber-Rosenzweig Bible, Prooftexts . (), S. -, Zitat S. f.
Einleitung
»der Autor hat seine schöpfende Kraft von den Dialogpartnern zu Lehen. Wo kein echtes Gespräch mehr wäre, wäre auch kein Gedicht mehr.« 37 Hier ist die gewichtige Beziehung zum Kerngedanken der Philosophie Bubers zu sehen, nämlich zum dialogischen Prinzip; sein philosophisches Hauptwerk Ich und Du war ja erschienen, nur ein paar Jahre vor dem Beginn des Übersetzungsprojekts. Das Sinnbild schlechthin des dialogischen Prinzips sei die Bibel, der Ort der Begegnung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und Mensch, zwischen JHWH und Israel in einer Ich-Du Beziehung: »Alles in der Schrift ist echte Gesprochenheit.« 38 Die Forschung nimmt diesen Zusammenhang sowohl theoretisch und philosophisch, z. B. im Werk Michael Fishbanes oder Naomi Seidmans, 39 als auch in der Analyse spezifischer Übersetzungsfragmente wieder auf. So zeigt Maren Ruth Niehoff, wie Buber in der Übersetzung von Gen , als »Und Gott rief dem Lichte: Tag« – bereits in der ersten Version der Übersetzung – »suggests a dialogical situation between God and the light, which he consequently depicts in distinctly personal terms: an anthropomorphizing which […] will become far more dominant and idiosyncratic in the later versions.« 40 Es fehlt nicht an Belegen dafür, dass biblische Texte zum Vorlesen bestimmt waren: schon der liturgische Gebrauch in der Synagoge spricht dafür. Viel schwieriger zu belegen wäre allerdings die literaturgeschichtliche These, dass auch die Bibel zu den heiligen Texten gehörte, welche »mündlich überliefert [wurden] auch da, wo daneben ein hochausgebildetes profanes Schrifttum besteht«; 41 denn, wie Everett Fox bemerkt, »[t]he problem, of course, is that we simply do not possess enough evidence to support the idea that the Bible is an oral document in the same sense as the epic poems of Homer.« 42 Laut Shemaryahu Talmon allerdings stelle Bubers Nachdruck auf dem gesprochenen Charakter der Bibel ihn als »einen frühen Vorläufer oder Vertreter der ›Oral Tradition‹-Schule he-
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Buber, Das Wort, das gesprochen wird, jetzt in: MBW , S. . In diesem Band, S. u. . Vgl. Muilenburg, S. . Fishbane; Naomi Seidman, Faithful Renderings, Jewish-Christian Difference and the Politics of Translation, Chicago & London , S. - u. -. . Niehoff, S. f. Die verschiedenen Versionen der Buber-Rosenzweig-Übersetzung sind übrigens noch nicht genügend erfaßt und erforscht; s. dazu Everett Fox, Technical Aspects of the Translation of Genesis of Martin Buber and Franz Rosenzweig, Brandeis University Ph.D. . . In diesem Band, S. u. . . Everett Fox, The Book in its Context, in: Martin Buber and Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington and Indianapolis: Indiana University Press , S. xiii-xxvii, Zitat S. xx.
Einleitung
raus«, 43 die sich vor allem in Skandinavien entwickelte und postulierte, dass die biblische Literatur bis in die Zeit des Zweiten Tempels vorzugsweise mündlich überliefert wurde. * Das zweite Hauptprinzip, die Einheit der Schrift, erklärt Buber folgendermaßen: 44 »Biblische Texte sind als Texte der Bibel zu behandeln, das heißt: einer Einheit, die, wenn auch geworden, aus vielen und vielfältigen, ganzen und fragmentarischen Elementen zusammengewachsen, doch eine echte organische Einheit und nur als solche wahrhaft zu begreifen ist.« 45
Die Bibel sei also »eine Sammlung von repräsentativen literarischen Schöpfungen des antiken Judentums«. 46 Rosenzweig betont die theologische Seite dieser Einheit, wenn er sie »als einheitliche[n] Ausdruck und Ausfluß der Offenbarung des einen Gottes« auffasst, beziehungsweise »ihre Einheit unter dem Prinzip des Monotheismus« 47 zusammenfasst. Die Einheit der Bibel liest sich – erstmals zurecht – auch als Opposition zur höheren Bibelkritik Wellhausens (-) und seiner Schule, und darin befindet sich Buber in der Gesellschaft mehrerer jüdischer Denker, die sich gegen die Quellenscheidung und ihre Folgen gewandt haben. 48 Am besten symbolisiert dies Rosenzweigs oft zitierte Bemerkung, die übrigens leider nicht immer mit genügender Rücksicht auf den scherzhaften Charakter verstanden wird, den Buber ihr zugeschrieben hat: »Wir lösten das Sigel R nicht ›Redaktor‹ auf, sondern ›Rabbenu‹.« 49 »Redaktor« ist eine in der Bibelkritik gängige Bezeichnung für den späten Bearbeiter des biblischen Textes 50, »Rabbenu« steht hebräisch für »unser Lehrer«. Allerdings will Buber die historisch-kritische Methode nicht widerlegen. Er postuliert keinesfalls – wie etwa die jüdische Orthodoxie – eine ein. . . . . .
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Talmon, Martin Bubers Werk, S. . Zu diesem Aspekt siehe in diesem Band vor allem »Zur Verdeutschung der Preisungen« (S. -) und »Ein Hinweis für Bibelkurse« (S. -), wie auch Franz Rosenzweigs »Die Einheit der Bibel«, GS Bd. , S. -. Martin Buber, Ein Hinweis für Bibelkurse, siehe dieser Band S. -, Zitat S. . Talmon, Martin Bubers Werk, S. . Rosenzweig, GS Bd. , S. . Vgl. auch seinen Aufsatz »Die Einheit der Bibel«, ebd., S. -. Etwa Bubers Zeitgenossen Benno Jacob und Umberto Cassuto (vgl. Fox, The Book in its Context, S. xix), aber im . Jhd. auch S. R. Hirsch (siehe Batnitzky, S. , vgl. Ran HaCohen, Reclaiming the Hebrew Bible. German-Jewish Reception of Biblical Criticism, Berlin , S. -). Martin Buber, Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung, in diesem Band S. , Zitat S. . Vgl. John Van Seters, The Edited Bible: The Curious History of the »Editor« in Biblical Criticism, Winona Lake, Ind. .
Einleitung
heitliche Entstehung des Pentateuch, 51 sondern eine erst nachträglich, im generationenlangen Prozess einer sinnvollen, aber keineswegs mechanischen Redaktion entstandene Einheit der ganzen hebräischen Bibel. Trotz dieser Vielfalt sei die Bibel als ein Buch zu lesen. Auch in dieser Hinsicht war Buber ein Vorläufer, schreibt Everett Fox: »Recent scholarship suggests that the evolutionary and ›final product‹ approaches to the Bible need not live in mutual antagonism, and may even come to function as complementary views of the text. The practitioners of so-called synchronic analysis of the Bible seem to be admitting the validity of historical factors, and the diachronic-minded critics appear to be more interested in a holistic view than previously.« 52
Bubers »holistic view« des biblischen Textes bezieht sich zudem auf einen anderen Aspekt, auf die Einheit von Form und Inhalt. Die Übersetzung solle nicht – wie viele, auch hochmoderne Bibelübersetzungen es machen – die Form aufopfern, um den Inhalt wiederzugeben, sondern sie solle die untrennbare Einheit beider Komponenten in die Zielsprache übertragen. Mit dieser Auffassung der Einheit von Form und Inhalt begegnen wir einem bekannten romantischen Motiv. 53 * Aus diesen Hauptprinizipien ergibt sich Bubers Übersetzungsmethode. Es lassen sich hierbei drei Techniken unterscheiden: 54 die rhythmische Wiedergabe oder die Kolometrie; die Leitwort-Technik; und die philologische Methode. Die sogenannte Kolometrie – »die Gliederung in Einheiten [Kola], die zugleich Atemeinheiten und Sinneinheiten sind« 55 – bringt das Hauptprinzip der Gesprochenheit der Sprache zum auffälligsten Ausdruck. Das Prinzip der Kolometrie wurde bereits im . Jahrhundert am Beispiel der . . .
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Wie mancher irrtümlicherweise andeutet; siehe z. B. Pierre Bouretz, L’Écriture entre la lettre et la Loi, Revue de métaphysique et de morale (), S. -, hier S. . Auf das Missverständnis macht Yairah Amit aufmerksam: Amit, S. -. Fox, The Book in its Context, S. xix f.; siehe insbesondere ebd., Anm. . Siehe Greenstein, S. ; Hans-Christoph Askani, Das Problem der Übersetzung – dargestellt an Franz Rosenzweig: die Methoden und Prinzipien der Rosenzweigschen und Buber – Rosenzweigschen Übersetzungen, Tübingen , S. ; Willy Schottroff, Die Bedeutung der Verdeutschung der Schrift von Buber / Rosenzweig für die christliche Theologie, in: Werner Licharz u. Jacobus Schoneveld (Hrsg.), Neu auf die Bibel hören: Die Bibelverdeutschung von Buber / Rosenzweig – heute, Sieben Beiträge zum Verstehen, Gerlingen , S. -, Zitat S. f.; Uwe Vetter, Genesis -: »Die Erzählung vom Ende oder vom Anfang des Menschen?«, ebd., S. -. Die Gliederung folgt mutatis mutandis der von Everett Fox, S. xiii-xxvii. Die ausführlichste Erörterung der Methode findet sich bei Askani, S. -, der sie leicht anders gliedert, eher nach der prägnanten Auflistung in Bubers Aufsatz »Eine Übersetzung der Bibel«. In diesem Band, S. .
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altgriechischen Literatur erforscht. Aber schon Roland Schütz (), den Rosenzweig als eine Quelle seiner Auffassung nennt, übertrug sie auf das Neue Testament und rief ausdrücklich dazu auf, die »von Poesie durchsetzten Klänge der urchristlichen Dokumente […] auch in der nachlutherischen Übersetzung gehörig zum Schwingen« zu bringen. 56 Noch im selben Jahr veröffentlichte Roman Woerner (-) eine kolometrische Übersetzung der Evangelien, die Rosenzweig bekannt war. 57 Die Gliederung in Kola leitet den Leser an, über die herkömmliche Interpunktion hinweg, zum ursprünglichen Rhythmus des Sprechens zu finden, zu den Atempausen und Einschnitten beim Sprechen. Sie ist von »grundsätzlichster Bedeutung für die Gestalt der Übersetzung« 58 und laut Everett Fox »one of Buber’s major contributions to the work, and one of the few areas in which Rosenzweig did not have a substantial hand«. 59 Rosenzweig behandelt allerdings die Kolometrie nuancierter als Buber, besonders was die angebliche Überlappung von Atem- und Sinneinheiten und die Rolle der traditionellen masoretischen Akzente für die Erkennbarkeit der kolometrischen Gliederung angeht. 60 Rosenzweig gibt zudem zu, die kolometrische Gliederung bleibe »wie letzthin im Übersetzen so vieles – ›willkürlich‹, ›Versuch‹«. 61 Wie weit dieser Versuch gelungen ist, bleibt umstritten. So findet Dafna Mach, die Kolometrie »wirkte zumal auf die Struktur der längeren Satzgefüge eher negativ ein«. 62 Diese Kritik ablehnend versteht Hans-Christoph Askani 63 die kolometrische Gliederung als Teil des Rhythmus, der sich auch in weiteren sprachlichen Eigenschaften auspräge, wie in der Wiederholung bestimmter Worte oder auch Klänge. Sie entspreche daher nicht nur dem Hauptprinzip der Gesprochenheit, sondern auch dem der Einheit: »Dieser Rhythmus wird so selber zum treibenden Movens der Sprache, in ihm sind Sinn und Ge. .
Schütz, S. . Die Frohe Botschaft nach Markus, aus der griechischen Urschrift übertragen von Roman Woerner, München ; im selben Jahr erschienen auch die übrigen Evangelien, zwei Jahre später die Apokalypse. Vgl. Rosenzweig, GS Bd. , S. Anm. . Askani, S. . . Fox, Technical Aspects, S. . . Rosenzweig, Die Schrift und das Wort, in: GS Bd. , S. -. . Ebd. S. ; Askani, S. , legt die Anführungszeichen um das Adjektiv »willkürlich« wie folgt aus: Rosenzweig deute damit an, »daß wenn auch die ursprüngliche Gesprochenheit historisch nicht nachgewiesen, deren Annahme deshalb doch keineswegs beliebig sei«. . Dafna Mach, Ein Syntagma der Buber/Rosenzweigschen Bibelübersetzung – kritisch betrachtet, in: Vestigia Bibliae, Jahrbuch des Deutschen Bibel-Archivs, Bd. , hrsg. von H. Reinitzer, Hamburg , S. -, Zitat S. . . Askani, S. -; siehe auch Bauer, Rosenzweigs Sprachdenken, S. f.; Bouretz, S. f.; zur Rezeption der Kolometrie siehe Jay, S. f.
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stalt noch ungeschieden, und er treibt beide in einer darum unauflöslichen Einheit von Gehalt und Form«. 64 Noch deutlicher kommen die beiden Hauptprinzipien zum Ausdruck in der Technik des Leitworts, der sowohl die Akustik wie auch die Einheit der Bibel zugrunde liegen. »Unter Leitwort ist ein Wort oder ein Wortstamm zu verstehen, der sich innerhalb eines Textes, einer Textfolge, eines Textzusammenhangs sinnreich wiederholt.« 65 Die Wiederholung – lokal innerhalb einer biblischen Erzählung, aber auch global in der Bibel als Ganzem – ist für Buber sinnstiftend und aufschlussreich zugleich für die Interpretation des biblischen Textes. Das Leitwort soll dementsprechend konsistent übersetzt werden. Im weiteren Sinn geht es dabei nicht nur um einzelne Wörter, sondern auch um »Alliteration und Assonanz, […] Wendungen, Sätze«. 66 Dass dies in anderen Übersetzungen nicht der Fall ist, zeigte schon Buber selbst. 67 Die wissenschaftliche Aufmerksamkeit wurde schon früh auf diese Wortwiederholungen gelenkt: Buber selbst nennt einige Vorläufer 68 – E. Königs »Leittöne«, A. Jeremias »Motivwörter«, F. Böhls »Wortspiele« u. a. Hinzuzufügen wäre übrigens Benno Jacob (-), der die Bezeichnung »Leitwort« schon vor Buber benutzt hat. 69 Buber selber war sich dessen bewußt, dass »not every repetition can be viewed as indicating a leading word, and not every leading word has equal status«. 70 Yairah Amit erörtert den Begriff in einem kritischen Beitrag sowohl historisch in seiner Beziehung zu Wagners »Leitmotiv« wie auch analytisch in Beziehung zu dem vom französischen Linguisten Pierre Guiraud (-) geprägten Begriff der »mots-clés«. Es sei zu unterscheiden zwischen Wortwiederholung seitens des Autors (oder frühen Bearbeiters) des Textes einerseits und seitens eines späteren . .
Askani, S. . Martin Buber, Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs, in diesem Band, S. , Zitat S. . . Martin Buber, Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, in diesem Band, S. -, Zitat S. . . Vgl. ebd. . Vgl. Martin Buber, Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs, in diesem Band, S. , Anm. . . Benno Jacob, Beiträge zu einer Einleitung in die Psalmen, Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (), S. -, Zitat S. : »Ein Leitwort für die Ordnung der Psalmen ist אשרי, sei es beginnend, sei es schliessend.« . Amit, S. ; vgl. z. B. die Worte Bubers in »Zur Verdeutschung der Preisungen«: »So braucht z. B. das kaum betonte ra nicht einheitlich wiedergegeben zu werden« (in diesem Band, S. ). Mach behauptet, das Prinzip des Leitwortstils wäre »offenbar nicht ausschlaggebend« (Mach, S. ), eine Kritik die jedoch daran scheitert, dass sie auf der inkonsistenten Übersetzung gerade einer hebräischen Konjunktion basiert.
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Redaktors andererseits; je nachdem könne die Wiederholung eine andere Funktion haben. In Bubers Werk sei diese Unterscheidung jedoch »frequently obscure, because Buber blurs the difference between the stage of composition and that of adaptation, or between the stage of adaptation and that of the editing.« 71 Die philologische Methode ist eine Sammelbezeichnung für den in der Übersetzung unternommenen Versuch, »die Synonyme auseinander zu halten, soweit es die deutsche Sprache ermöglicht, also nicht zwei verschiedene hebräische Wörter durch das gleiche deutsche, noch auch – zumindest innerhalb desselben Zusammenhangs – ein hebräisches Wort durch zwei verschiedene deutsche wiederzugeben; wir sind darüber hinaus bestrebt, wo zwischen mehreren Wörtern Wurzelverwandtschaft besteht, sie auch im Deutschen zu erhalten«. 72 Auch diese Bestrebungen entsprechen dem Hauptprinzip, die Einheit des biblischen Textes zu wahren wie auch dessen gesprochenen Charakter zu betonen. Der Versuch, wurzelverwandte Vokabeln auch in der Zielsprache zu erhalten, bringt die (nicht unumstrittene) Annahme zum Ausdruck, dass gewisse hebräische Wurzeln einen »tiefen« oder ursprünglichen Sinn haben, der in allen Ableitungen noch mitklingt: so wurde Korban – in herkömmlichen Übersetzungen mit »Opfer« wiedergegeben – von Buber auf sein Wurzel k-r-b (»nähern«) zurückgeführt und dementsprechend als »Darnahung« (nämlich des Opfers an Gott) übersetzt. Im Anschluß an Buber selbst unterscheidet Hans-Christoph Askani dabei zwischen der »absoluten Wortwahl«, der »Wiedergabe der sinnlichen Grundbedeutung der Worte«, und der »relativen Wortwahl«, 73 nämlich der »jeweilige[n] Bewahrung des von der Bibel gemeinten Verhältnisses zweier oder mehrerer wurzelverwandten oder auch nur klangnahen Wörter zueinander«. 74 Die beiden Prinzipien und die aus ihnen unvermeidlich hervorgehenden Spannungen sind es, die die Übersetzer gezwungen haben, alte, veraltete und sogar vergessene Vokabeln aus dem historischen Schatz der deutschen Sprache im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zu benutzen, mit dem Ergebnis, dass sich die Übersetzung vom modernen, gesprochenen Deutsch entfernen musste, was ihr eine sonderbare, fremde Patina verleiht, die bei weitem nicht jedem Leser gefällt. . . . .
Amit, S. . Martin Buber, Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift, in diesem Band, S. -, Zitat S. f. Askani, S. u. . Martin Buber, Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, in diesem Band, S. -, Zitat S. .
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* In einem zentralen Aufsatz vergleicht Edward L. Greenstein die theoretischen Grundlagen der Buber-Rosenzweig Übersetzung mit denen anderer Bibelübersetzungen. 75 Er macht darauf aufmerksam, dass lediglich zwei moderne Bibelübersetzungen in umfassenden Sprach- und Übersetzungsphilosophien begründet seien, nämlich die Übersetzungen der American Bible Society – ausgehend von Chomskys Linguistik, modifiziert durch E. Nida – und die Buber-Rosenzweig Übersetzung, deren Abhängigkeit von romantischem Gedankengut und einer Reihe weiterer deutscher Denker, von Herder (-) und Humboldt (-) bis Heidegger und sogar Wittgenstein (-) auffällig sei. Erstens lasse sich bekanntermaßen zwischen Übersetzungen mit wörtlicher und mit eher idiomatischer Orientierung unterscheiden. Auch wenn die BuberRosenzweigsche Übersetzung keinesfalls einfach »Wort für Wort« ersetze, so zeige sich auch in ihr die typisch jüdische Bevorzugung der Wörtlichkeit, nicht die idiomatische Übersetzungsmethode, die traditionell christliche Übersetzungen charakterisiere. 76 Schleiermacher (-) hatte zwei Möglichkeiten des Übersetzens unterschieden: »Entweder der Übersetzer läßt den Schriftsteller möglichst in Ruhe, und bewegt den Leser ihm entgegen; oder er läßt den Leser möglichst in Ruhe und bewegt den Schriftsteller ihm entgegen« 77. Hiervon ausgehend, unterscheidet Greenstein zwischen »autororientierten« und »leserorientierten« Übersetzungen. Als Beispiel einer extrem autororientierten Übersetzungsauffassung, die dem Leser kaum noch Raum lässt, führt er Walter Benjamins Theorie an: »Kein Gedicht gilt dem Leser, kein Bild dem Beschauer, keine Symphonie der Hörerschaft.« 78 Auch wenn Buber und Rosenzweig Benjamins Auffassung sicherlich übertrieben vorkäme, so stünden auch sie eher dem autororientierten Pol nahe. Sie hätten ja die bewusste Absicht, den deutschsprachigen Leser zur hebräischen Bibel hinzuführen, ja ihn sogar mit Hilfe der Bibel zu verwandeln. Neben Greensteins Vergleich der Übersetzungstheorie Bubers mit der . .
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Greenstein. Differenzierter über die Spannung zwischen wörtlicher und idiomatischer Übersetzung unter den deutsch-jüdischen Bibelübersetzungen von Mendelssohn bis Buber schreibt Michael Brocke, Bible Translations of German Jews: Between Moses Mendelssohn and Martin Buber-Franz Rosenzweig [hebr.], in: World Congress of Jewish Studies, th, Jerusalem, , Proceedings, Jerusalem , Division C, Bd. , S. . Friedrich Schleiermacher, Methoden des Übersetzens, in: Friedrich Schleiermacher’s sämmtliche Werke, . Abt., . Bd., Berlin , S. . Walter Benjamin, Die Aufgabe des Übersetzers, in: Walter Benjamins gesammelte Schriften, Vol. IV-, Frankfurt a. M. , S. .
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einer nichtjüdischen Bibelübersetzung gibt es mehrere komparatistische Forschungen, die sich innerhalb des deutsch-jüdischen Übersetzungsraums bewegen. Bekannterweise hat das deutschsprachige Judentum beginnend mit Moses Mendelssohns am Ende des . Jahrhunderts erschienenem Bi’ur eine grosse Zahl von Bibelübersetzungen hervorgebracht. Bubers Werk gilt als das letzte in dieser Reihe: Es sei, wie Gershom Scholem schreibt, einerseits so »etwas wie das Gastgeschenk, das die deutschen Juden dem deutschen Volk in einem symbolischen Akt der Dankbarkeit noch im Scheiden hinterlassen konnten«, andererseits aber »das Grabmal einer in unsagbarem Grauen erloschenen Beziehung«. 79 Es bietet sich an, Bubers und Rosenzweigs Werk in diese deutsch-jüdische Übersetzungstradition einzuordnen. Einen frühen systematischen Vergleich aller Übersetzungen, der sich auf die sprachliche Ebene konzentriert, nahm William Weintraub vor. 80 Dafna Mach weist eine – »sicher unabhängige« 81 – Ähnlichkeit der Buber-Rosenzweigschen Übersetzungsmethode zu der Josef Johlsons (-) nach, der an seiner Übersetzung fast genau einhundert Jahre vor ihnen gearbeitet hatte. Dies betreffe vor allem die lexikalische Differenzierung. Michael Brocke hingegen zeigt, wie der Versuch, die hebräischen Wurzeln konsistent ins Deutsche zu übertragen, schon in der Bibelübersetzung von Lazarus Goldschmidt (-) aus den er Jahren bemerkbar ist. 82 Dieser Vergleich führt natürlicherweise weiter zu grundlegenden Fragen, die jüdische Identität im deutsch-jüdischen Raum betreffend; denn die Integration der Juden in die deutsche Öffentlichkeit gehe mit Bibelübersetzungen so sehr Hand in Hand, dass die »German-Jewish integration can […] be read as a kind of translation project.« 83 So zeigt W. Gunther Plaut, wie die jüdischen Bibelübersetzungen die Spannungen zwischen Deutschtum und Judentum widerspiegeln. Buber und Rosenzweig seien sich dessen bewusst, dass sie eine Übersetzung geschaffen haben, die die deutsche Sprache gewissermaßen hebraisiert. Betont Klaus . Scholem, S. f. . William Weintraub, Buber-Rosenzweig matratam we-schitatam [hebr.], in: Ders., Targume ha-Torah la-lashon ha-Germanit [hebr.], Chicago , S. -. Auf den Umfang der jüdischen Bibelübersetzungen und erste Ansätze zu ihrer Erforschung haben schon Ben Chorin und Billigheimer hingewiesen; siehe Shalom Ben-Chorin, Jüdische Bibelübersetzungen in Deutschland, Leo Baeck Institute Year Book IV (), S. -; S. Billigheimer, On Jewish Translations of the Bible in Germany, Abr-Naharain (/), S. -. . Dafna Mach, Jüdische Bibelübersetzungen ins Deutsche, in: Juden in der deutschen Literatur. Ein deutsch-israelisches Symposion, hrsg. von Stéphane Moses u. Albrecht Schöne, Frankfurt a. M. , S. -, Zitat S. . . Brocke. . Seidman, S. .
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Reichert noch die Symbiose – »what they aimed at was to be Germans and Jews, with a capitalized AND« 84 –, so sieht Plaut das Übersetzungsunternehmen gerade als »a work of defiance, as much as it was a work of utter loyalty to the original«; zugespitzt ausgedrückt bedeute die Übersetzung das Aufgeben der Integration und Assimilation: »Emancipation had run its course for German Jewry. Mendelssohn presided over its birth and Buber and Rosenzweig over its demise.« 85 Noch ausführlicher benutzt Abigail Gilman den Vergleich zwischen Mendelsohn und BuberRosenzweig, um die Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten zwischen der kulturellen und religiösen Lage der mitteleuropäischen Juden im späten . und im frühen . Jahrhundert zu illustrieren. In ihrer fast entgegengesetzten Ausrichtung illustrieren die beiden Übersetzungen für Gilman »the enterprise of forging German-Jewish culture at its most complex and creative.« Beabsichtigte Mendelssohn mit seiner Übersetzung, den Juden den Weg zu ebnen aus dem Jiddisch sprechenden Ghetto in das, was er als jüdische Hochkultur seiner Zeit betrachtete, wobei er »traditional strategies to achieve untraditional ends« benutzte, so bedienten sich Buber und Rosenzweig gerade »most untraditional strategies to achieve what was finally a very traditional goal: to bring people closer to God«. Mit anderen Worten, »Mendelssohn’s Bible sought to bring German Jews from the margins of society to the center – from religion to ›Kultur.‹ The Buber-Rosenzweig Bible sought to propel that same community, one hundred and fifty years later, back from the center to the margins – from culture to ›religiosity.‹« 86
Naomi Seidman führt den Vergleich und die Ergebnisse ihrer Vorgänger weiter in Richtung postkolonialistischer Hybriditätstheorien. Die Übersetzung sei »a moment of colonial resistance in contrast with Mendelssohn’s colonial deference«, ihre Sprache sei »a kind of hyper-German«, die ihrem »anti-colonial insistence on foreignizing and hebraizing German« entspringe und der »logic of hybridity« entspreche. 87 Und was Schleiermachers eben genanntes Entweder-Oder angehe, so findet Seidman, dass Buber und Rosenzweig diese Dichotomie gerade sprengen, indem sie versuchen, sowohl das eine wie auch das andere zu machen. 88 . . . . .
Klaus Reichert, »It Is Time«: The Buber-Rosenzweig Bible Translation in Context, in: The Translatability of Cultures, hrsg. von Sanford Budick und Wolfgang Iser, Stanford , S. -, Zitat S. . W. Gunther Plaut, German-Jewish Bible Translations: Linguistic Theology as a Political Movement, New York , S. . Gillman, S. f. Seidman, S. f. Ebd., S. .
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* Die Rezeption der neuen Bibelübersetzung war alles andere als gemäßigt und ausgeglichen. Im April schreibt Rosenzweig an Buber über die »allgemeine Entrüstung über uns«. 89 Dabei dürfte die entsetzte Rezeption die Übersetzer keinesfalls überrascht haben; denn noch vor Erscheinen des ersten Bandes schrieb Rosenzweig an eine Freundin: »Das halbe Jahr der Mitarbeit an Bubers Bibelübersetzung ist nun aus. Es war eine schöne Arbeit für mich, wenn du auch über das was dabei herausgekommen ist – und auch das was hineingetan ist – einigermaßen entsetzt sein wirst.« 90 Hunderte Rezensionen in mehreren Sprachen finden sich zur Bibelübersetzung im Buber Archiv in Jerusalem. Sie können hier nicht einmal ansatzweise behandelt werden. 91 Maßgebend für die Aufsätze dieses Bandes ist jedoch eine der allerersten Besprechungen, in der Siegfried Kracauer (-) im April in der Frankfurter Zeitung »Das Buch Im Anfang« rezensiert. Gab sie doch zum Aufsatz »Die Bibel auf Deutsch. Zur Erwiderung« den direkten, zu anderen Aufsätzen einen indirekten Anlass. Ihr haben mutatis mutandis auch andere jüdische Denker wie Walter Benjamin, Ernst Bloch (-) und Leo Löwenthal (-) beigestimmt. Dementsprechend ist die Auseinandersetzung zwischen Buber-Rosenzweig und Kracauer auch ausführlich in der Forschung behandelt worden. Die Kontroverse ermöglichte einigen Forschern einen Blick in den tieferen Sinn des ganzen Unternehmens. 92 Kracauers Kritik behandelt sowohl prinzipiell die Frage der Notwendigkeit und Möglichkeit einer Übersetzung der Bibel in der gegenwärtigen Zeit. Sie geht aber auch detailliert auf die Art und Weise der Buber-Rosenzweigschen Übersetzung an sich ein. Kracauer wirft der Übersetzung neoorthodoxe, neukantianische und nationalistische Tendenzen vor, und sieht sie – darin sind auch andere Forscher mit ihm einverstanden – im Rahmen der »religiösen Erneuerung« bzw. der »religiösen Aufbruchsbewegung« (Askani) der er Jahre. Martin Jay beschreibt die Übersetzung in ihrer Beziehung zu dieser »renaissance«: »Like so many other negative reactions to modernisation, the Jewish renaissance sought to counter alienation by a fundamentalist return to values and life-styles of an earlier time. Most importantly, this meant showing that Judaism was not a legalistic, anti-spiritual religion of the intellect, as many critics, both Jewish and Gentile, had assumed in the nineteenth century, but rather an organic, geistige way of life . Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . April , Rosenzweig, GS Bd. , S. . . Brief Rosenzweigs an Gertrud Oppenheim vom . November , Rosenzweig, Briefe, Berlin , S. f. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . . Siehe Friedman, vor allem S. ff.; Rosenwald. . Askani, S. -; Batnitzky; Britt; Rosenwald; Lesch ; Jay.
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that nourished the whole man. In this endeavour, the Old Testament itself had to be seen in a fresh way, which could best be accomplished through a new translation.« 93
Kracauer liest die Übersetzung vor diesem Hintergrund, »als Zeugnis und Wirkung eines religiösen Kreises – sei er faktisch vorhanden oder erfragt«. 94 Er wirft aber den Übersetzern vor, dass gerade sie die geschichtliche und gesellschaftliche Realität, in die ihr Werk hinein gehöre, nicht ernst genommen hätten. Hätten sie es doch getan, dann hätten sie den unvermeidlichen Anachronismus eines solchen Unternehmens eingesehen und sich die Übersetzung überhaupt versagt. Denn anders als die Bibelübersetzung Luthers, die in einer religiösen Zeit entstand und daraus ihre Kraft und ihren politischen Sinn schöpfte, falle die Buber-Rosenzweigsche im . Jahrhundert in eine profane, dem Bibelwort entfremdete Zeit. Die kommentarlose Übersetzung, die so tue, als ob »das Schriftwort seine bleibende Macht bewähre«, 95 ignoriere den weltlichen Charakter ihrer Epoche, ignoriere die Tatsache, dass man nicht mehr in einer religiösen Gemeinschaft, sondern in einer modernen Gesellschaft lebe. Diese Nichtbeachtung sei politisch reaktionär. Indem die Übersetzung »die Profansprache meide, verdränge sie das Profane«. 96 Dem reaktionären Charakter der gesamten Unternehmung entspreche die archaisierende Sprache der Übersetzung, die Kracauer anhand von mehreren detaillierten Beispielen belegt. Die Erwiderung Bubers und Rosenzweigs konzentriert sich vor allem auf die kritisierten Phrasen und Wörter; sie belegen, wie die Übersetzung in jedem Fall dem Kracauer nicht zugänglichen hebräischen Urtext entspricht. Weniger ausführlich gehen die Übersetzer auf den Vorwurf der Unzeitgemäßheit ein; ihre Hauptaussage dazu ist: »Wir glauben, daß dem Wort, das in der Bibel Schrift geworden ist, jede Zeit, die unsere so gut wie irgendeine vergangene, fremd, fern und feindlich gegenüberliegt, daß aber dies Wort in jeder Zeit die Kraft bewährt, die ihm Hörigen zu ergreifen. Die Zeit ist passiv, das Wort aktiv.« 97 Das biblische Wort sei also eher überzeitlich, nicht in dem Sinne, dass es zu jeder Zeit gleich spreche, sondern dass jede Zeit – spezifisch auch das . Jahrhundert – sie neu zu begreifen habe. Der Kritik der Sprachform, schreibt Hans-Christoph Askani, »begegnet die Überzeugung von der Kraft des Worts, als einer die Grenzen der gewohnten Sprache notwendig sprengenden, darum aber . . . . .
Jay, S. . Kracauer, Die Bibel auf Deutsch, S. . Ebd., S. . Ebd., S. . Martin Buber, Die Bibel auf Deutsch, in diesem Band, S. -, Zitat S. .
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umso weniger in einer veralteten Sprache aufgehenden, vielmehr die Zukunft (des Sprechens) selber mitbestimmenden und eröffnenden Realität«; 98 sei es doch das Ziel der Übersetzung gewesen, »bis an die Grenzen der deutschen Sprache zu gehen«. 99 Die grundsätzliche Schwäche von Kracauers Kritik – wobei man beachten muss, dass Kracauer lediglich den ersten Band der unkommentierten Übersetzung vor sich hatte, ohne jeglichen Paratext – sieht Askani in ihrer Unfähigkeit, die doppelte Bindung der Übersetzung einzusehen, sowohl die an die hebräische Vorlage wie auch die an die deutsche Zielsprache. Aus dieser Doppelheit entstehe unvermeidlich eine »Wunde«, die sich in der Form des viele Kritiker störenden Pathos, der Archaismen u. a. äußere: »Die aus der Gewohnheit und jeweiligen Zeitgemäßheit der Sprache herausfallenden Wörter, die sie braucht, um zu sagen, was sie sagen soll, sind nicht ihr Stolz, sondern ihre Wunde. Diese aber ist das Zeichen ihrer doppelten Herkunft und ihres immer nur mittelbaren Redens. Kracauer hat den Finger in diese Wunde gelegt, aber er hat sie nicht verstanden.« 100
Betont Askani die Unterschiede zwischen Buber und Kracauer, so versucht Britt hinter ihnen die romantische Einstellung zu zeigen, die beiden Seiten der Kontroverse gemeinsam ist: sowohl Buber und Rosenzweig wie auch Kracauer und Benjamin »maintained clear loyalties to German romantic notions of language and translation«; 101 alle vier erkannten die geistige Verfremdung gegenüber der Zeit; Kracauers und Benjamins »vehement opposition to the Buber-Rosenzweig Bible came from the conviction that the new translation could not overcome this alienation. The question was not whether the Bible is revelation but rather what revelation is and whether it can be experienced directly. […] What Kracauer and Benjamin disputed was not the romantic aspiration to spiritual truth but the suggestion that this translation could attain it.« 102
Leora Batnitzky diagnostiziert in der Auseinandersetzung mit Kracauer zudem einen Hinweis auf den tiefen Unterschied zwischen Rosenzweig und Buber, den Unterschied »between the public [= Rosenzweig] and the private [= Buber]«:
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Askani, S. . In diesem Band, S. u. . Askani, S. . Britt, S. . Ebd., S. .
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»Kracauer may well be right that Buber’s I and Thou is a movement from the profane and into the sacred, leaving the profane, or the public, behind for some sort of unified, quasi-mystical experience.« 103
Trotz der zunächst gemischten Rezeption konnte sich übrigens die neue Übersetzung gut durchsetzen. Die nach bewusst ähnlichen Prinzipien von Everett Fox verfertigte englische Übersetzung der Schrift 104 beschleunigte die Rezeption von Bubers und Rosenzweigs Übersetzung und Übersetzungstheorie auch außerhalb des deutschsprachigen Raums. Selbst Scholem, der der Übersetzung nicht unkritisch gegenüber stand, wendete sich bei Gelegenheit der Vervollständigung der Übersetzung mit den folgenden Worten an Buber: 105 »Ihre Übersetzung ist nämlich nicht nur Übersetzung, sie ist, ohne doch ein Wort der Erklärung als solche hinzuzufügen, zugleich auch Kommentar. Viele von uns haben immer wieder, wenn wir schwierige Stellen der Bibel lasen, uns gefragt, ja was sagt wohl der Buber dazu – nicht so ganz anders, wie wir uns fragten, was sagt wohl Raschi?«
* Abschließend soll die Einsicht Shemaryahu Talmons zitiert werden, die eine zentrale Aussage über die Rezeption der Buber-Rosenzweigschen Bibelübersetzung macht: »Buber unternahm als Übersetzer die Verdeutschung der Schrift mit dem Bestreben, das der Absicht der Autoren der alten Targumim gleicht, die in der früh-nachexilischen Epoche den hebräischen Bibeltext ins aramäische Vernakular für ihre nicht mehr hebräisch-sprechenden jüdischen Zeitgenossen übertrugen. Aber letzten Endes erfuhr Bubers Verdeutschung das Schicksal der griechischen Septuaginta. Zuerst für die griechisch sprechende jüdische Gemeinde der alexandrinischen Diaspora geplant, wurde die Septuaginta schließlich die autoritative Version des Alten Testaments der Kirche.« 106
Denn ganz anders als bei ihrer Konzeption wurden und werden die Übersetzung und die sie begleitenden Aufsätze dieses Bandes nicht von der jetzt kleinen und weniger bedeutenden Gemeinde deutschsprachiger Ju-
. Batnitzky, S. . . The Five Books of Moses, a New Translation with Introductions, Commentary, and Notes by Everett Fox, New York ; Give Us a King! Samuel, Saul, and David: a New Translation of Samuel I and II with an Introduction and Notes by Everett Fox, New York . . Scholem, S. ; vgl. Rosenwald, S. , Anm. . . Talmon, Martin Bubers Werk, S. f.
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den rezipiert, sondern vor allem von Nichtjuden, wie anhand der breiten Forschungsliteratur in mehreren Sprachen sichtbar wird, auf die hier nur in aller Kürze hingewiesen werden konnte.
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In diesem Band, zu dessen Veröffentlichung ich mich erst jetzt, nach Erscheinen des »Buchs der Preisungen« 1, habe entschließen können, sind Franz Rosenzweigs und meine zusammenfassenden Äußerungen über die Absichten und Aufgaben unserer Schriftverdeutschung und somit auch über Wesen und Gestalt der hebräischen Bibel vereinigt. Nicht aufgenommen wurden Äußerungen, die der biblischen Theologie 2, und die der Einzelexegese zugehören 3. Was an Theologie in diesem Buche steht, hat den Charakter der Erläuterung unserer Absichten, was an Exegese darin steht, den des Beispiels für unsere Aufgaben. Wir haben im zweiten Jahr unserer Arbeit, , begonnen, uns selber und einer – bestimmten oder unbestimmten – Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Ich habe es zu Rosenzweigs Lebzeiten fast durchaus in Vorträgen getan, erst nach seinem Tode bin auch ich zu ausführlichen schriftlichen Darlegungen übergegangen. Was aus den Vorträgen hier mitgeteilt wird, ist den Stenogrammen entnommen, die ich im wesentlichen nur überarbeitet habe. Seither Hinzugekommenes, Einsicht oder Erfahrung, ist in Anmerkungen zu finden. Vorangestellt habe ich einen Hinweis auf das Bibelverhältnis und den Bibelzugang des heutigen Menschen, an den die Verdeutschung sich wenden muß. Darauf folgt zunächst, was zum Verständnis unserer Auffassung einer Einheit der Bibel dienen kann. Erörterungen des gesetzten Ziels, unterstützt durch Betrachtung geschichtlichen und gegenwärtigen Übersetzungswerks, schließen sich an. Die Auseinandersetzungen mit Kritikern dürfen nicht fehlen, weil der Widerspruch in eigener Weise Klarstellungen fordert und bewirkt. Mit einigen Leitsätzen, die noch einmal sagen worauf es ankommt, und einem Bericht über unsre Arbeitsweise endet der Hauptteil. Ein Anhang umfaßt allerlei illustrative Materie, allgemeiner und besonderer Art (darunter sind Beiträge zur Bedeutung des Tetragrammatons, die bereits in Rosenzweigs »Briefen« und meinem »Königtum Gottes« stehen, aber der Wichtigkeit des Gegenstands wegen
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»Die Schrift« (Schocken Verlag, Berlin) Bd. XIV. Z. B. Rosenzweigs Aufsätze im »Morgen« / gelegentlich der ersten Bände der Encyclopaedia Judaica und sein Artikel in deren IV. Band über die weltgeschichtliche Bedeutung der Bibel. Z. B. meine Bemerkungen zu Jesaja in der »Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums« .
Die Schrift und ihre Verdeutschung
hier wiederabgedruckt werden, ebenso die bereits in Rosenzweigs »Briefen« stehende Antwort an Josef Carlebach 4. Innerhalb der Erörterung des gesetzten Ziels sind vor allem zwei große Probleme behandelt worden 5: das der Wortwahl, in Rosenzweigs Aufsatz »Der Ewige« kulminierend, und das vielfach damit verknüpfte des Leitwortstils. Für diesen sind in verschiedenen Zusammenhängen eine Reihe von Beispielen aufgezeigt worden, eins davon paradigmatisch in eingehender Analyse. Nur ungern habe ich darauf verzichtet, die Reihe durch Psalmen zu vermehren; eben jetzt merke ich in meinem Seminar im Frankfurter Jüdischen Lehrhaus, wie sehr gerade bei ihnen die LeitwortBefragung zur Erschließung von Bau und Sinn beiträgt; aber die Typen sind zu vielfältig, die Methode von eigner Art, sie verlangen eine selbständige, nicht bloß beispielhafte Darstellung. Der Entstehungsweise gemäß konnte ich gegenständliche Wiederholungen in diesem Buch nicht vermeiden; es scheint mir aber, daß sie eher klärend als störend wirken werden. Hier, in dieser begrifflichen Rückschau auf ein Werkjahrzehnt, ist auch der längst ersehnte Ort zum öffentlichen Dank, den weder die Bände der Übertragung noch die gelegentlichen Beilagen hergaben. Ich weiß, daß dieser Dank an die Männer, die uns bei unserer Arbeit geholfen haben, auch in Franz Rosenzweigs Namen ausgesprochen wird. Er gilt zuvorderst dem getreuen Nachum Glatzer, der vom . Band an, als jeweils unser Text schon in den Korrekturbogen vorlag, noch einmal das Original uns vorlas, daß wir noch einmal hörend vergleichen und berichtigen konnten, aber auch selbst gleichsam als Probeleser fungierte und seine Fragen und Zweifel vorbrachte; als erst der Tod und dann der Raum dazwischentrat, hat er korrekturlesend seine Hilfe fortgesetzt. Dank ist Benno Jacob zu sagen, der uns bei der Übertragung des Pentateuchs oftmals, und immer zu unsrer Belehrung und unserm Gewinn, Auskunft und Rat erteilte; Moritz Spitzer, der mit hingegebenem und ergebnisreichem Eifer eine Korrektur von Bd. XII-XIV gelesen hat; und in besonderer Weise Harry Torczyner, der eine Korrektur der Bände XIII und XIV las und eine Fülle wertvoller Fragestellungen, Hinweise, Anregungen darüber ergoß: daß ich ihm verhältnismäßig nur selten habe folgen können, ist in der Ver. .
Dagegen ist die an Jakob Rosenheim der Nachbemerkung wegen (die im »Morgen« , aber nicht in den »Briefen« abgedruckt ist) in den Hauptteil aufgenommen worden. Ein drittes, das der biblischen Rhythmik, konnte hier nur gestreift werden; ich hoffe ihm in einer geschlossenen monographischen Behandlung im Rahmen einer Untersuchung der Rhythmik des »mündlichen Stils« gerecht werden zu können.
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schiedenheit unserer Auffassung von Wort und Aufgabe begründet – aber auch wo ich nicht folgte, war ich bereichert. Manche andern wären ihrer gelegentlichen Förderung wegen zu nennen, die ich hier nur in einem Sammeldank zusammenfassen kann; aber einen Namen muß ich noch hervorheben: den von Jakob Horovitz, der bei einigen früheren Bänden einen herzbewegenden Kampf gegen und für uns um die Absolutheit des maſsoretischen Textes auszufechten pflegte. Den berufenen Hütern der hebräischen und der deutschen Sprache, deren stets erneuter Zuspruch einem oft zu »schwerer Dienste täglicher Bewahrung« das Herz stärkte, kann hier auch nur ein allgemeiner Dank abgestattet werden. Februar
Martin Buber
Der Mensch von heute und die jüdische Bibel Aus einer Vortragsfolge (November )
Biblia, Bücher, so heißt ein Buch, ein Buch aus Büchern. Es ist aber in Wahrheit Ein Buch. All diese Erzählungen und Gesänge, Sprüche und Weissagungen sind vereint durch das Grundthema der Begegnung einer Menschenschar mit dem Namenlosen, den sie, seine Anrede erfahrend und ihn anredend, zu benennen wagte, ihrer Begegnung in der Geschichte, im Gang des irdischen Geschehens. Diese Erzählungen sind, offenkundig oder über sich hinausweisend, Berichte von Begegnungen. Diese Gesänge sind Klagen um das Ausgeschlossenwordensein von der Gnade der Begegnung, Bitten um ihre Wiederkehr, Dank für ihr Geschenk. Diese Weissagungen sind Anrufe zur Umkehr des verlaufenen Menschen an den Ort der Begegnung und Verheißungen der Neuknüpfung zerrissenen Bands. Wenn Zweifelsaufschreie in dem Buch stehn, so ist es der schicksalhafte Zweifel des Menschen, der nach der Nähe die Ferne zu kosten bekommt und von ihr lernt, was nur sie lehren kann. Wenn Liebeslieder drin stehn, so dürfen wir es nicht als späte Umdeutung, sondern als eine mit dem Werden des »biblischen« Bewußtseins gewordne Einsicht ansehn, daß in der Tiefe der Menschenminne sich die Liebe Gottes zu seiner Welt erschließt. Dieses Buch tritt, seit es da ist, eine Generation nach der andern an. Auseinander- und Ineinandersetzung begibt sich zwischen jeder und ihm. Was die Geschlechter dem Buch entgegenbringen, ist keineswegs immer Botmäßigkeit und Hörbereitschaft, oft ist es Ärgernis und Empörung, aber immer befassen sie sich lebensmäßig damit, stellen sich ihm im Raum der Wirklichkeit. So war auch, wo nein gesagt wurde, das Nein eine Bestätigung des Anspruchs, der hier die Menschen antritt, – sie zeugen für ihn auch noch wenn sie sich ihm weigern. Anders verhält es sich mit dem heutigen Menschen, worunter ich den »geistigen« Menschen dieser Zeit verstehe, den nämlich, dem es wichtig erscheint, daß es geistige Güter und Werte gibt, der etwa auch zugibt oder gar selber erklärt, daß ihre Wirklichkeit an ihre Verwirklichung durch uns gebunden sei; der aber, in die innerste Wahrheit hinein befragt, in die hinein man Menschen gemeiniglich nicht befragt, zugeben müßte, daß ihm dieses sein Gefühl von der Verbindlichkeit des Geistes selber nur eine – geistige Angelegenheit ist. Die Unverbindlichkeit des Geistes ist die Signatur unserer Zeit; man proklamiert die Rechte des Geistes, man formu-
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liert seine Gesetze, aber in das Leben gehen sie nicht ein, nur in Bücher und Diskussionen; sie schweben in der Luft über unsern Häuptern, sie treten nicht mitten unter uns auf die Erde; alles ist des Geistes, nur der gelebte Alltag nicht. Gleichviel ob ein falscher Idealismus waltet, der das Leben von einer Azurglocke überwölben läßt, in deren unverbindlich erhebendem Anblick man sich von der spröden Erde erholt, oder ein falscher Realismus, der den Geist nur als Funktion des Lebens versteht und seine Unbedingtheit in lauter Bedingtheiten, psychologische, soziologische und dergleichen, auflöst, – immer wird ein falsches Verhältnis zwischen den beiden an die Stelle der Verbindung, Vermählung gesetzt. Diese Trennung der Aufeinanderangewiesenen ist freilich von Menschen dieser Zeit in ihren zersetzenden Wirkungen erkannt worden – eine Zersetzung, die immer tiefere Schichten ergreifen muß, bis der völlig entmächtigte Geist zum willigen und selbstgefälligen Knecht der jeweiligen Weltmächte erniedert wird. Die Menschen, von denen ich rede, haben sich darüber Gedanken gemacht, wie dem Zerfall abzuhelfen sei, und sie haben an die Religion als an die Gewalt appelliert, die allein noch befähigt sei, einen neuen Bund von Geist und Welt heraufzuführen. Aber was man heute Religion nennt wird das nie vermögen. »Religion« ist selber heute eine Sache des abgelösten Geistes, eine seiner Abteilungen, eine gewiß bevorzugte Abteilung des Überbaus des Lebens, eine besonders stimmungsvolle Kammer in den oberen Räumen; das lebenumfangende Ganze ist sie nicht und kann es von diesem ihrem Status aus auch nicht werden; sie kann den Menschen zur Einheit nicht führen, denn sie ist selber in die Entzweiung gefallen, selber hat sie sich dieser Zwiefältigkeit der Existenz angepaßt. Sie selber müßte zur Wirklichkeit umkehren, ehe sie auf den heutigen Menschen zu wirken vermöchte. Wirklichkeit war die Religion immer nur, wenn sie ohne Scheu war, wenn sie die ganze Konkretheit auf sich nahm, nichts als andern Rechtes abstrich, den Geist verleibte und den Alltag weihte. Die größte Urkunde solcher Wirklichkeit aber ist die Schrift, das sogenannte Alte Testament. Ein Doppeltes – das aber untereinander zusammenhängt – hebt es von den großen Büchern der Weltreligionen ab. Das eine ist, daß Ereignis und Wort hier durchaus im Volk, in der Geschichte, in der Welt stehn. Was sich begibt, begibt sich nicht in einem ausgesparten Raum zwischen Gott und dem Einzelnen, über diesen hin geht das Wort an das Volk, das hören und verwirklichen soll. Was sich begibt, erhebt sich nicht über die Volksgeschichte, es ist nichts andres als das offenbare Geheimnis der Volksgeschichte selber. Aber eben damit ist das Volk gegen die nationale Selbstzwecksetzung, die Gruppeneigensucht, den »Atem der Weltgeschichte« gestellt; es soll die Gemeinschaft der Seinen als Modell einer Gemeinschaft der so vielen und so verschiedenen
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Völker errichten; der geschichtliche Bestand in »Stamm« und »Erde« ist an den »Segen« gebunden (Gen 7 ff.) und der Segen an den Auftrag. Das Heilige dringt in die Geschichte ein, ohne sie zu entrechten. Und das andere ist, daß hier ein Gesetz spricht, das dem natürlichen Leben des Menschen gilt. Fleischessen und Tieropfer sind aneinander gebunden, die eheliche Reinheit wird monatlich im Heiligtum geweiht; der triebhafte, der leidenschaftliche Mensch wird angenommen wie er ist und eingeheiligt, daß er nicht süchtig werde. Das Verlangen nach Bodenbesitz wird nicht verpönt, Verzicht wird nicht geboten; aber Eigner des Bodens ist Gott, der Mensch nur »Beisaß« bei ihm, und der Eigner setzt den Rhythmus des Besitzesausgleichs ein, damit die überwachsende Ungleichheit nicht die Gemeinschaft zwischen den Genossen sprenge. Das Heilige dringt in die Natur ein, ohne sie zu vergewaltigen. Der lebendige Geist will begeisten und beleben; will, daß Geist und Leben einander finden, daß Geist sich ins Leben gestalte, Leben aus Geist sich kläre; er will, daß die Schöpfung sich aus sich vollende. Dieses Willens und des gebotenen Dienstes am lebenverbundenen Geist Zeugnis will das »Alte Testament« sein. Faßt man es als »religiöses Schrifttum«, einer Abteilung des abgelösten Geistes zugehörig, dann versagt es und dann muß man sich ihm versagen. Faßt man es als Abdruck einer lebenumschließenden Wirklichkeit, dann faßt man es und dann faßt es einen. Der heutige Mensch aber vermag dies kaum noch. Wenn er an der Schrift überhaupt noch »Interesse nimmt«, dann eben ein »religiöses«, – zumeist nicht einmal das, sondern ein »religionsgeschichtliches« oder ein »kulturgeschichtliches« oder ein »ästhetisches« und dergleichen mehr, jedenfalls ein Interesse des abgelösten, in autonome »Bereiche« aufgeteilten Geistes. Er stellt sich dem biblischen Wort nicht mehr, wie die frühern Geschlechter, um auf es zu hören oder daran Ärgernis zu nehmen, er konfrontiert sein Leben nicht mehr mit dem Wort; er bringt das Wort in einer der vielen unheiligen Laden unter und hat seine Ruh davor. So lähmt er die Gewalt, die unter allem Bestehenden am ehesten ihn zu retten vermöchte. 1 — Ehe ich die Führungskraft der Schrift für den heutigen Menschen deutlicher zeige und an einigen Beispielen erweise, muß die Grundfrage behandelt werden, die hier der sich Besinnende stellt: Und wenn dieser Mensch – und wenn wir es zustande brächten, als Ganze vor die Ganzheit dieses Buches, von dem du redest, zu treten, würde nicht auch dann noch .
Das ist vor Jahren gesprochen worden. Daß heute die Schrift vielfach wieder zum Ärgernis geworden ist, erscheint mir als die erste Wendung zu einem neuen Ernstnehmen.
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das zu einer echten Rezeption Unentbehrlichste fehlen? würden wir ihm dann glauben können? würden wir es glauben können? können wir mehr als glauben, daß einst so geglaubt worden ist, wie dieses Buch berichtet und bekundet? Dem »heutigen Menschen« ist die Glaubenssicherheit nicht zugänglich und kann ihm nicht zugänglich gemacht werden. Wenn er Ernst macht, weiß er das und darf sich nichts vortäuschen. Aber die Glaubensaufgeschlossenheit ist ihm nicht versagt. Auch er kann sich, eben wenn er Ernst macht, diesem Buch auftun und sich von dessen Strahlen treffen lassen, wo sie ihn eben treffen; er kann sich, ohne Vorwegnahme und ohne Vorbehalt, hergeben und sich erproben lassen; er kann aufnehmen, mit allen Kräften aufnehmen, und warten, was an ihm geschieht, warten, ob nicht zu dem und jenem in dem Buch eine neue Unbefangenheit in ihm aufkeimt. Dazu muß er freilich die Schrift vornehmen, als kennte er sie noch nicht; als hätte er sie nicht in der Schule und seither im Schein »religiöser« und »wissenschaftlicher« Sicherheiten vorgesetzt bekommen; als hätte er nicht zeitlebens allerlei auf sie sich berufende Scheinbegriffe und Scheinsätze erfahren; neu muß er sich dem neugewordnen Buch stellen, nichts von sich vorenthalten, alles zwischen jenem und ihm geschehen lassen, was geschehen mag. Er weiß nicht, welcher Spruch, welches Bild ihn von dort aus angreifen und umschmelzen, woher der Geist brausen und in ihn fahren wird, um sich in seinem Leben neu zu verleiben; aber er ist aufgetan. Er glaubt nichts von vornherein, er glaubt nichts von vornherein nicht. Er liest laut was dasteht, er hört das Wort das er spricht und es kommt zu ihm, nichts ist präjudiziert, der Strom der Zeiten strömt, und dieses Menschen Heutigkeit wird selber zum auffangenden Gefäß. — Wir müssen uns aber, wollen wir recht verstehen um was es geht, die ganze zwischen dem heutigen Menschen und der Schrift aufgerissene Kluft vergegenwärtigen. Der Anspruch der Schrift, mit dem sie an die Geschlechter herantrat und herantritt, ist, als Urkunde der wahren Geschichte der Welt anerkannt zu werden, als jener nämlich, in der die Welt einen Ursprung und ein Ziel hat; sie fordert von der menschlichen Person, in diese wahre Geschichte das eigne Leben einzubetten, so daß ich im Ursprung der Welt meinen Ursprung und in ihrem Ziel mein Ziel finde; als die Mitte aber zwischen Ursprung und Ziel setzt die Schrift nicht etwas an, was sich einmal ereignet hat, sondern – eine bewegliche, kreisende, unfestlegbare Mitte – den Augenblick, in dem ich, ich der Leser, der Hörer, der Mensch, durch sie die Stimme vernehme, die vom Ursprung her auf das Ziel hin redet: diesen meinen sterblichen, ewigen Augenblick. Die Schöpfung ist
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der Ursprung, die Erlösung ist das Ziel, aber die Offenbarung ist nicht ein zwischen beiden ruhender, verfestigter, datierbarer Punkt; nicht die SinaiOffenbarung ist die Mitte, sondern ihr immer wieder geschehen könnendes Vernommenwerden. Darum ist ein Psalm oder eine Prophetie nicht weniger »Tora«, Weisung, als die Erzählung vom Auszug von Ägypten. Die Volksgeschichte – Annehmen und Versagen in einem – weist auf die Menschheitsgeschichte, aber was in Psalm und Prophetie an heimlicher Zwiesprache laut wird, weist auf mein Geheimnis hin. Die Schrift Urkunde der Geschichte einer Welt, die zwischen Schöpfung und Erlösung schwingt, einer Welt, der in ihrer Geschichte Offenbarung widerfährt, – eine Offenbarung, die mir widerfährt, wenn ich da bin: von hier aus verstehen wir den Widerstand des heutigen Menschen, als einen Widerstand seines Wesens. Der heutige Mensch steht zur Geschichte entweder libertinistisch, sie hinnehmend und mitmachend im Hin und Her der Begebenheiten, im Auf und Nieder der Machtkämpfe, als ein Durcheinander, eine Promiskuität der Vorgänge: Völkertaten, Völkertode, Erraffen, Verlieren, Triumph und Misere, – ein an sich sinnloses Getriebe, dem nur eben von ihm, dem Menschen, her je und je ein ungegründeter und unbeständiger Scheinsinn verliehen werden kann; oder er steht zu ihr dogmatisch, Gesetze von Abläufen fixierend und künftige Abläufe vorberechnend, als stünden die »großen Linien« schon irgendwo auf einer Rolle, die nur eben abrollte, als sei Geschichte nicht die werdende und lebendig stets sich entscheidende Zeit, in die meine Zeit und Entscheidung mit voller Wucht sich ergießt, sondern ein starrer, vorhandener, unabwendbarer Raum. Mißkennen des Schicksals jenes und dieses! Schicksal ist weder Zufall noch Verhängnis; es ist kein Passierendes und kein Vorwegseiendes; biblischer Einsicht ist Schicksal die geheime Wechselseitigkeit des gelebten Augenblicks, das Aneinandergeraten von Hüben und Drüben, die Austragung der ganzen Zeit in der jeweiligen. Wo man um Ursprung und Ziel weiß, da gibt es kein Getriebe: man ist von einem Sinn getragen, den man nicht ersinnen könnte; aber man empfängt ihn nicht um ihn zu formulieren, sondern um ihn zu leben; und gelebt wird er in der furchtbaren und herrlichen Entscheidungsfülle des Augenblicks; des geschichtlichen Augenblicks, der in seinen Wirklichkeiten überall ein biographischer ist, deiner und meiner nicht weniger als Alexanders und Cäsars; aber deiner nicht deiner, sondern deiner Begegnung. Der heutige Mensch kennt keinen Anfang – die Geschichte plätschert ihn von der kosmisch geschichtslosen Zeit her an; er kennt kein Ende – die Geschichte verbrandet ihm in kosmisch geschichtslose Zeit; und dies hier dazwischen, zu welch einer gewaltsamen und läppischen Episode ist es geworden! Der Mensch kennt
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Ursprung und Ziel nicht mehr, weil er die Mitte nicht mehr kennen will: zu der er selber sich hergeben müßte, um sie zu erkennen. Nur von der Gegenwärtigkeit der Offenbarung aus ist Schöpfung und Erlösung wahr. Der heutige Mensch widersteht der Schrift, weil er der Offenbarung nicht standhält. Der Offenbarung standhalten heißt die Entscheidungsfülle des Augenblicks aushalten; heißt für den Augenblick antworten: ihn verantworten. Der heutige Mensch widersteht der Schrift, weil er nicht mehr verantwortet. Er wähnt viel zu wagen, aber dem einzigen echten Wagnis, dem der Verantwortung, weicht er geschäftig aus. — Die Einsicht in die biblische Wirklichkeit beginnt mit der Sonderung von Schöpfung, Offenbarung und Erlösung 2. Von dieser Einsicht und damit von dem Boden des »Alten Testaments« entfernte sich das Christentum schon, als es in seiner frühen Theologie die wesentliche Offenbarung und die wesentliche Erlösung im Christus verschmelzen ließ, und es war nur eine harte Folgerichtigkeit, wenn Marcion nun die in den Rang der Voraussetzungen zurückgetretene Schöpfung zum Pfuschwerk eines anderen, subalternen Gottes entwertete. Damit aber war das mit dem Wesen unsres Geistes verbündete Wesen der Zeit preisgegeben, als welche das Gewordensein, das Geschehen und das Werdensollen urtümlich auseinanderhält, – Ordnungen, die in jenen biblischen zur Blüte ihrer sinnlichen Wahrheit gedeihen. Ist somit die treue Sonderung der Drei – nicht als Hypostasen oder Erscheinungsformen Gottes, aber als Stadien, Handlungen und Ereignisse in seinem Verkehr mit der Welt und so freilich auch als Grundhaltungen in seiner Bewegung zu ihr – das unausweichliche Tor zur biblischen Wirklichkeit, zur Bibel als Wirklichkeit, so darf sie doch nicht sich zur Scheidung überspannen. Wenn dem biblischen Blick die Offenbarung sich in der Mitte, die Schöpfung im »Anfang«, die Erlösung im »Ende« gleichsam eingesammelt darstellt, so ist die lebendige Wahrheit doch ihr aktuelles Beieinandersein, dies, daß Gott »alltäglich das Werk des Anfangs erneuert«, aber auch alltäglich das Werk des Endes vorwegnimmt. Wohl ist Schöpfung und Erlösung nur von der Gegenwärtigkeit der Offenbarung aus wahr, aber was Schöpfung, was Erlösung ist, könnte ich nie verstehn, wenn nicht an mir Schöpfung, an mir Erlösung geschähe. Von dieser Tatsache muß die wiederkehrende Frage ausgehn, ob, wie die Kluft zwischen dem heutigen Menschen und der Schrift zu überbrükken sei. Wir hatten die Frage nach dem Glaubenkönnen des heutigen .
Sie unserer Zeit neu dargelegt zu haben ist das große Verdienst von Rosenzweigs »Stern der Erlösung«.
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Menschen dahin beantwortet, daß ihm zwar die Glaubenssicherheit, jedoch nicht auch die Glaubensaufgeschlossenheit versagt ist. Steht aber diesem Sich-aufschließen nicht die Fremdheit der biblischen Ordnungen im Weg? Ist ihm die Wirklichkeit der Schöpfung nicht in der »Evolution«, die der Offenbarung nicht im »Unbewußten«, die der Erlösung nicht in einer sozialen oder nationalen Zwecksetzung untergegangen? Man muß die massive Realität dieser Fremdheit ganz wahrnehmen, dann erst darf man zu zeigen versuchen, daß dennoch ein Zugang, der Zugang besteht. Wieder haben wir mit der Mitte zu beginnen. Was kann uns damit gemeint sein, daß Gott im Feuer auf den wie ein Schmelzofen rauchenden Berg unter Donner- und Posaunenschall niederfährt und zum Volke redet? Dreierlei, wie mir scheint. Entweder ist es ein metaphorischer Ausdruck für einen »geistigen« Vorgang; aber wenn die biblische Geschichte nicht Erinnerung von Ereignis, sondern Metapher und Allegorie ist, dann ist sie nicht biblisch mehr und verdient kein besseres Schicksal als der kulturgeschichtlichen, ästhetischen oder sonst einer Betrachtungsweise des modernen Menschen ausgeliefert zu werden. Oder es ist der Bericht eines »übernatürlichen« Vorgangs, der also den faßbaren Zusammenhang des Geschehens, den wir den natürlichen nennen, durch den Einbruch eines Unfaßlichen zerreißt; aber dann müßte der heutige Mensch, der die Bibel anzunehmen sich entschlösse, will er nicht in die träge Geläufigkeit eines nicht wirklich Geglaubten verfallen, ein Sakrifizium vollziehen, das sein Leben unheilbar mitten entzweischnitte; er würde also eben doch nicht die lebenumschließende biblische Ganzheit, sondern die abgelöste Religion angenommen haben. Oder endlich, es ist die Wortspur eines natürlichen, d. h. eines in der den Menschen gemeinsamen Sinnenwelt geschehenen und ihren Zusammenhängen eingefügten Ereignisses, das die Schar, die es erfuhr, als Gottes Offenbarung an sie erfuhr und so in einem begeisterten, willkürfrei gestaltenden Gedächtnis der Geschlechter bewahrte; dieses So-erfahren aber ist nicht eine Selbsttäuschung der Schar, sondern ihre Schau, ihre Erkenntnis und ihre vernehmende Vernunft, denn die natürlichen Ereignisse sind die Träger der Offenbarung, und Offenbarung ist geschehn, wo der Zeuge des Ereignisses, ihm standhaltend, diesen Offenbarungsgehalt erfuhr, sich also sagen ließ, was in diesem Ereignis die darin redende Stimme ihm, dem Zeugen, in seine Beschaffenheit, in sein Leben, in seine Pflicht hinein sagen wollte. Nur wenn es sich so verhält, kann auch der heutige Mensch, wohl Umkehr übend, aber keine Wirklichkeit verleugnend, den Zugang zur biblischen Offenbarung finden. Und ich jedenfalls glaube, daß es sich so verhält. Wir erfahren zuweilen ein Kleines, das gleicher Art mit dem Großen ist
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und dadurch uns den Zugang zu ihm eröffnen kann. Es wird erlebt, daß man unversehens ein Wissen in sich merkt, das eben noch fehlte und auf dessen Entstehung nichts einen hinzuleiten vermag. Die Erklärung mit dem berühmten Unbewußten, dem verbreiteten Aberglauben entstammend, die liebe Seele mache alles selbst, besagt im Grunde nichts andres als: was du eben als dir zugekommen erfährst, das war schon immerzu in dir da, dort nämlich, wo es alles gibt und man von nichts weiß. Dergleichen ist Notbau, nützlich zu psychologischer Orientierung, aber zusammenbrechend, wenn ich mich wirklich darauf zu stellen suche. Nein, was mir widerfahren ist, war eben die Anderheit, das Angefaßtwerden durch das Andere. Rechtschaffner hat es Nietzsche ausgesprochen: »Man nimmt, man fragt nicht wer da gibt«. Ich meine aber, es komme gerade darauf an, nehmend zu wissen daß einer gibt. Wer nimmt, was ihm gegeben wird, und das Geben des Gebers nicht erfährt, empfängt nicht, und die Gabe verkehrt sich in Raub. Erfahren wir das Geben aber, dann erfahren wir, daß Offenbarung ist. Und wir betreten den Weg, auf dem sich uns unser Leben und das Leben der Welt als Zeichensprache kundtun wird, den Zugangsweg. Auf ihm werden wir dem Großen, das gleicher Art wie unser Kleines ist, begegnen. Von der Wahrnehmung der Offenbarung aus werden Schöpfung und Erlösung wahrnehmbar. Ich beginne zu erkennen, daß ich, wenn ich nach meinem Ursprung und nach meinem Ziel frage, nach einem andern als ich und nach einem andern als die Welt frage; aber eben so beginne ich den Ursprung und das Ziel der Welt zu erkennen. Was kann uns damit gemeint sein, daß Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat? Gewiß das eine nicht, daß er sie in sechs Weltaltern erschaffen habe und daß »Schaffen« hier im Grunde gar nichts andres als Werden bedeute, wie es die zurechtlegen, die den Zugang zur Bibel durch ihre Harmonisierung mit den jeweiligen Ansichten der Naturwissenschaften herstellen wollen. Aber auch die mystische Auslegung kann uns nicht frommen, wonach die Schöpfungsakte keine Schöpfungsakte, sondern Emanationen bedeuten; es entspricht dem Wesen der Mystik, daß sie dem Glauben widerstrebt, Gott habe um unsertwillen die Knechtsgestalt der handelnden Person angenommen, aber wenn der Bibel die handelnde Person Gottes entrissen wird, ist sie nichtig und die anschauungsgebornen Begriffe eines heraklitischen oder platonischen Systems den in solch einer Auslegung auftretenden homunkulushaften Prinzipien der Emanation weitaus vorzuziehn. Was also kann uns gemeint sein? An Wortspur eines Ereignisses ist hier, da es keinen Zeugen hatte, nicht zu denken. Ist somit jedem, der die biblische Schöpfungsgeschichte nicht als reines »Wort Gottes« zu glauben vermag, der Zugang zu ihr versperrt? Der Spruch der tra-
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ditionellen jüdischen Exegese, die Tora rede die Sprache der Menschenkinder, birgt einen tieferen Ernst, als man gewöhnlich annimmt; er darf dahin verstanden werden, daß das Unsagbare nur so, wie es hier in der Sprache der Menschenkinder gesagt wird, gesagt werden kann. Die biblische Schöpfungsgeschichte ist ein rechtmäßiges Stammeln. Der Mensch stammelt, wenn er, was er an Weltall kennt, in eine zeitliche Folge von Geheißen und »Arbeiten« einer göttlichen Werkstatt reiht, aber dieses Stammeln allein konnte der Aufgabe gerecht werden, das Geheimnis auszusprechen, wie Zeit der Ewigkeit entspringt und Welt von dem kommt, der nicht Welt ist, wogegen jeder Versuch »wissenschaftlicher« Kosmogonie, begrifflich anzudeuten, wie alles entstanden sei, hoffnungslos fehlschlagen muß. Wenn nun der Zugang zur Wirklichkeit der Offenbarung dem heutigen Menschen sich in der Tatsache öffnet, daß unser Leben Angesprochenwerden ist, wo öffnet sich der Zugang zur Wirklichkeit der Schöpfung? Er ist vom eigenen Leben aus nicht so unmittelbar zu finden wie jener, – der deshalb unmittelbar zu finden ist, weil, wie wir sahn, jeder gelebte Augenblick die Mitte selber sein kann. Aber er ist zu finden: weil jeder Mensch sich als einzeln und einzig weiß. Wäre es möglich, daß einer von seiner Person solcherweise ein psychophysisches Inventar aufnähme, daß er sie in eine Summe von Eigenschaften auflöste, wäre es weiter möglich, daß er jede dieser Eigenschaften und ihrer aller Zusammentreten entstehungsgeschichtlich zurückverfolgte bis auf die primitivsten Lebewesen, – gelänge so eine lückenlose genetische Analyse dieses Individuums, seine Ableitung und Zurückführung, dann wäre die Person, dieses Einmalige, Unvergleichbare, Einzige, Angesicht dessengleichen nie gewesen ist, nie gehörte Stimme, nie gesehne Gebärde, dieser beseelte Leib unberührt übrig, ganz unabgeleitet, unableitbar, ganz da und nicht anders als da. Am Ende seiner vergeblichen Mühe sich noch einmal zur Frage nach dem Woher aufraffend, fände dieser Mensch in der letzten Besinnung sich vor als Geschöpf. Mit jeder Geburt tritt, weil jeder Mensch einzig ist, der erste Mensch in die Welt. Lebensmäßig, kindhaft, jeder nach dem Ursprung seiner selbst tastend, erfahren wir, daß Ursprung, daß Schöpfung ist. Und zum Dritten, Letzten und Schwersten: was kann uns damit gemeint sein, in der »Späte der Tage« solle sich an der Welt eine so vollkommne Lösung und Erlösung vollziehen, daß es davon heißt, Himmel und Erde würden neugeschaffen werden? Wieder darf die Botschaft weder verjenseitigt werden: von dieser unsrer Welt, von ihrer Läutrung zum »Königreich«, von der Vollendung der Schöpfung ist die Rede, nicht von ihrer Aufhebung um einer andern Welt willen; noch aber verendlicht: nicht einer gerechteren Ordnung, sondern der »Gerechtigkeit«, nicht
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einer verträglicheren Menschheit, sondern dem »Frieden« gilt die Verheißung. Auch hier ist es ein rechtmäßiges Stammeln, was wir hören; der von dem Wort ergriffene Künder kann nur des Menschen Wort sprechen: als der nur fassen kann, wovon und woher er erlöst werden soll, nicht, wozu und wohin. Aber der heutige Mensch? Muß ihm dies nicht das Fremdeste sein, was er da hört, gerade weil es seiner abgründigen Sehnsucht am nächsten ist? Auf Änderung sinnt er, aber Wandlung kennt er nicht; er hofft, daß es, wenn schon nicht morgen, so doch übermorgen besser wird, aber er kann sich nichts dabei denken, daß die Wahrheit kommen soll; er ist mit Entwicklungen und Durchsetzungen vertraut, aber er begreift weder, daß eine Macht ihn und die Welt vom Widerspruch erlösen wolle, noch daß von ihm selber gefordert wird, dieses Willens halber und auf ihn zu mit seinem ganzen Wesen die »Umkehr« zu tun. Wie mitteln wir zwischen diesem Menschen und der biblischen Botschaft? Wo ist hier die Brücke? Dies ist das Schwerste von allem. Der gelebte Augenblick führte unmittelbar zum Wissen um die Offenbarung, die Besinnung auf die Geburt mittelbar zum Wissen um die Schöpfung; aber die Essenz der Erlösung wird im persönlichen Leben jeder von uns wohl erst an dessen Ende zu kosten bekommen. Und doch gibt es auch hier einen Zugang, einen dunklen und stillen, auf den sich nicht anders zeigen läßt, als indem man seinen Hörern zumutet, sich an ihre dunkelsten und stillsten Stunden zu erinnern. Ich meine die Stunden am untersten Grunde, da einer über der bebenden Falltür liegt, die sich im allernächsten Augenblick auftun kann, es ist ganz sonderbar daß sie sich noch nicht aufgetan hat, in das Verderben, den Wahnsinn, den vollstreckenden »Selbstmord«: nun aber rührt dich etwas an wie eine Hand, sie reicht sich dir hin, will ergriffen werden, – ach und es gehört ein so ungeheurer Mut dazu, sie zu ergreifen und sich von ihr heraufziehen zu lassen aus der Finsternis! Erlösung geschieht. Erfahren wir recht, was sich uns da zu erfahren gab: daß unser Erlöser lebt, der uns erlösen will, aber durch unsere Annahme seiner Erlösung in der Umkehr unseres Wesens. Zugang, sagte ich. All dies ist noch nicht das Stehen in der biblischen Wirklichkeit. Aber es ist der Zugang zu ihr und der Anbeginn. — Worin ruht die Führungskraft der Schrift für den heutigen Menschen? Seine eigentliche Not – es kommt darauf an, die Vordergrundsnot zu durchschauen und die empfindliche Not aus der heimlichen zu verstehen – ist die gleichsam beglaubigte Trennung von Geist und Leben. Die moderne Lebensphilosophie, die den lebendurchtränkenden Geist mit dem abgeschnürten Intellekt verwechselt und so degradiert, das Verhältnis
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zwischen zeugendem Geist und empfangendem Leben umkehrt und so die Urstände verrückt, das Leben im Wahn seiner Souveränität erhöht und in den Wahnwitz treibt, hat diese Not begrifflich versteift, die Selbstbesinnung abgeriegelt und jeden Rettungsversuch sehr erschwert. Das »Alte Testament«, das, die heilige Vermählung von Geist und Leben lehrend, wie jede Versklavung des Lebens unter den Geist so jede Beugung des Geistes unter das Leben ablehnt, hat dennoch auch heute und hier noch die Macht, dem heutigen Menschen in seiner eigentlichen Not zu helfen. Welcher Art diese Hilfe ist, will ich, der Konkretheit der Bibel gemäß, an drei 3 konkreten Beispielen darlegen. Ich entnehme alle drei den Verknüpfungen zwischen Schöpfungs- und Offenbarungsgeschichte. So sollen sie zugleich als Hinweis dienen, wie Bibel zu lesen ist: in lebendiger Präsenz. Wo Lautgefüge, Wörter, Wortfolgen in verschiedenen Teilen eines Abschnitts, verschiedenen Abschnitten, verschiedenen Büchern eigentümlich, in erschließbarem Zusammenhangscharakter, einander sinnhaft fördernd, klärend, ergänzend wiederkehren, da ist dieser Wiederkehr abzuhören, was sie lehrt. Die biblische Lehre trägt oft ihr Höchstes nicht vor, sondern läßt es sich auftun, – nicht durch Kryptologie und Allegorese, sondern durch diese jedem unbefangen aufmerksamen Hörleser erkennbaren von Stelle zu Stelle geschlagenen Bogen bedeutsamer Wiederholung. Die drei Verknüpfungen, die ich meine, sind: die zwischen der Ruach der Schöpfung und der der Offenbarung, die zwischen der Erschaffung der Welt und der Entstehung des Zelts der Offenbarung, und die zwischen dem Sabbat des göttlichen Feierns nach der Schöpfung und den Sabbatgeboten der Offenbarung. Im zweiten Vers der Bibel heißt es von der Ruach Gottes oder der Gottes-Ruach, sie habe über dem Antlitz der noch nicht in Himmels- und Erdenfluten geschiedenen Wasser »geschwebt«, wie Luther übersetzt; aber was für ein Schweben gemeint ist 4, erfahren wir, wenn überhaupt, aus der einzigen Bibelstelle, wo das seltene Verb in der gleichen Form wiederkehrt, . M 11. Gott, der Israel aus der Mitte der Völker nimmt und in .
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In der gesprochenen Vortragsfolge wurde auch das Tetragramm an der Hand des ehje von . M 12, 14, 12, 15 als Beispiel behandelt, für das aber jetzt auf Rosenzweigs »Der Ewige« und seinen Brief an Goldner in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, sowie auf das ebenfalls dort wiederabgedruckte Stück meines Buchs »Königtum Gottes« (Schocken Verlag, Berlin ) hingewiesen werden kann. Wir hatten das Verb, der syrischen Wortbedeutung und jüdischen wie frühchristlichen Exegeten folgend, mit »brüten« übersetzt; in der Neubearbeitung der (nicht in den Buchhandel gekommenen) »Logenausgabe« steht dafür das genauere, aber noch nicht zulängliche »spreiten« (als intransitives Verb gedacht).
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das verheißne Land trägt, wird hier dem Adler verglichen, der mit sanft schlagenden Flügeln über seinem Nest schwebt, um es zu erregen, d. h. um die eben flüggen Jungen zum Fluge aufzustören, dann aber auch wohl, die Flügel ganz ausbreitend, ein einzelnes aufnimmt und es »auf seiner Schwinge trägt« (vgl. . M 4). Wir dürfen vermuten, daß die Wasser hier dem Nest und die Geschöpfe (von deren mehreren ja gesagt wird, daß sie aus dem Wasser hervor»wimmeln« sollen), die Gott zum Sein aufruft, den Jungen entsprechen. Wie aber haben wir die Ruach zu verstehen? Daß von ihr und nicht von Gott selber geredet wird, erklärt sich daraus, daß das Flügelbreiten hier nicht wie im Moseslied vergleichsweise, sondern wirklich ausgesagt wird. Aber was bedeutet hier ruach? Von urher sind die Ansichten geteilt, ob »Wind«, sei es ein Wind Gottes oder ein um seiner Gewalt willen so genannter »Gotteswind«, oder aber »Geist«, sei es der Geist Gottes oder ein Geist Gottes, gemeint sei, und Luther hat, die Frage immer wieder bewegend, erst »Wind« und dann »Geist«. Beiden Deutungen liegt die Auffassung zugrunde, man müsse sich für eine von beiden entscheiden. Aber dem ist nicht so. Die dynamische Bedeutung von ruach, von der aus allein die – auch von radikalen Quellenkritikern als »sehr alt« (Gunkel), »sehr altertümlich« (Procksch) empfundene – Stelle zu erfassen ist, ist: das Hauchen, das Wehen, das Brausen. Als ein solches erscheint dem frühbiblischen Menschen nicht bloß der Wind, sondern ebenso der Geist; vielmehr, das ursprünglich Eine legt sich in einen naturhaften und einen geisthaften Sinn auseinander. Hier aber, wo es zuerst erscheint, erscheint es nicht im Auseinander, sondern im Ineinander der beiden. Ruach elohim, die hauchende, wehende, brausende Manifestation ist weder naturhaft noch geisthaft, sondern beides in einem: es ist das schöpferische Wehen, das beide, Natur und Geist, erst werden läßt. Die Bibel denkt hier nicht lexikalisch, sondern elementar, und sie will, daß ihr Leser wie sie denke: daß die Bewegung von Gott her, die vor aller Differenzierung ist, undifferenziert sein hörendes Herz treffe. Als ein großes, unformuliertes, nur implizit ausgesprochenes, als ein latentes Theologem stehts hier an ihrem Anfang: Gott ist weder aufs Naturhafte noch aufs Geisthafte zu stellen, er ist nicht Natur, aber er ist auch nicht Geist, sondern beides hat seinen Ursprung in ihm. 5 Aber auch später, wo die beiden Bedeutungen des Wortes nur noch auseinandergetreten erscheinen, will die Bibel immer wieder – in einem »naiven Realismus«, in den alle Idealismen tauchen .
Hier hat Spinoza, für den Denken und Ausdehnung nur die zwei uns zugänglichen von unendlich vielen Attributen Gottes sind, die alttestamentliche Anschauung fortgebildet, im Gegensatz zur paulinischen und johanneischen Pneumatisierung Gottes, die in ihren Wirkungen einer Spiritualisierung gleichkommt.
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müssen, um wiedergeboren zu werden – die ursprüngliche dynamische Einheit anklingen lassen, das eine Geschehen von Gott her, das den Himmel als Sturm durchbraust, das dem Erdenwesen sich einweht. Weitaus am eindringlichsten jedoch stellt sich diese Absicht der Bibel in dem Abschnitt der Offenbarungsgeschichte dar, wo seltsam zu einer Erzählung verschweißt ein geistiger und ein naturhafter Ruach-Vorgang nebeneinander stehn, . M . Gott »spart« von der Ruach, die von ihm her auf Mose niedergeht, auf dessen Bitte – weil er dem widerspenstigen Volk allein nicht standhalten könne – ab und teilts den »Alten« zu. Und als man Mose über einzelne klagt, die, außerhalb der Versammlung von der Ruach ergriffen, sich eben wie die andern Ergriffnen gebärden, weist er die Beschwerde, er der eben erst sich des untragbaren Volkes wegen den Tod gewünscht hat, mit dem Wort zurück: »Wer gäbs, / all Sein Volk wären Künder, / daß ER seine Ruach über sie gäbe!« 6 Und fast unmittelbar danach, unvermittelt – unvermittelt, weil nur so vernehmbar wird, was die Bibel hier sagt – beginnt nun die Erzählung der strafenden Wunscherfüllung für eben dies Volk: »Ein Ruach aber brach auf von Ihm her, / der trieb vom Meer Wachteln heran …« Seine Ruach: seinen Geist; ein Ruach: ein Wind. Nein, so geht es nicht, man muß auch in der Übertragung spüren, wie geisthafte Gottestat und naturhafte Gottestat aufeinander bezogen sind; »seinen Geistbraus«, »ein Windbraus« muß es heißen. Warum aber muß es so heißen? Weil das deutsche Wort »Geist« schon von Luthers, der zwischen Wind und Geist wählen mußte, Zeit an seine ursprüngliche Konkretheit eingebüßt hat, die es einst ebenso wie ruach, wie pneuma, wie spiritus hatte, seine ursprüngliche Sinnlichkeit – »ein Brausen und Wehen zugleich« 7 –, die an »Gischt« anklingende, die heute nur noch in Rudimenten fortbesteht, wie wenn Lübecker Schiffer einen gewissen »hohl sausenden Wind« als »Geist« bezeichnen. Luther war dieser Konkretheit noch inne, aber er fühlte sie abscheiden. Im . Psalm übersetzt er: »Der Himmel ist durchs Wort des Herrn gemacht, und all sein Heer durch den Geist seines Munds«, und läßt es stehn; aber im . Jesaja-Kapitel, wo er geschrieben hatte »Er wird … den Gottlosen töten mit dem Geist seiner Lippen«, ändert er, offenbar weil hier von einem Menschen die Rede ist und daher die Tatsache jener Entsinnlichung des Wortes ungemildert vorgetreten wäre, in »mit dem Odem seiner Lippen«. Was sich in dieser Spaltung eines Urworts äußert, ist nicht lediglich ein . .
Die Wiederkehr des Verbs »geben« ist echt biblischer Betonungsstil. Rudolf Hildebrand in dem erleuchtenden Artikel »Geist« des Grimmschen Wörterbuchs.
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sprachgeschichtlicher Prozeß, es ist ein geistesgeschichtlicher und lebensgeschichtlicher, es ist die beginnende Trennung von Geist und Leben. Zur biblischen Einheit der Ruach strebt Goethe zurück, wenn er von Gottes Geist sagt, im freien Felde sei es, als ob er »den Menschen unmittelbar anwehte«; noch mächtiger aber – und vorerst nicht minder vergeblich! – Hölderlin, wenn er, biblischer Antike mehr noch als griechischer eingedenk, die Verwandtschaft beider ruach-Bedeutungen, das Geheimnis des »geistigen Wehens«, im Rufe kündet: »O Schwester des Geistes, der feurig in uns waltet und lebt, heilige Luft!« Es ist zu beachten, daß die Ruach Gottes in der Schöpfungsgeschichte nur am Anfang genannt wird, wohl damit nicht die einzelnen Akte des Weltwerdens und auch nicht deren Gesamtheit, sondern die ungeschiedene Absichtsganzheit des Schöpfungswerkes ihr untergeben sei. Nicht einmal da, wo der göttliche Hauch sich dem Adam einbläst, wird die Ruach genannt, wiewohl (wie aus 3 hervorgeht), sie selbst es ist, die sich in ihm zum Lebensatem entfacht und so alle offenbarende Begeistung, die dem Menschen widerfahren wird, schon in seiner Erschaffung vorgebildet ist. Beide Schöpfungsberichte, der Bericht von der Erschaffung der Welt ( 1 4a) und der von der Erschaffung des Menschen ( 4b-25), Ursprungssage der Natur und Ursprungssage der Geschichte, die Erzählung, die den Menschen als Spätling an den Rand des Kosmos stellt, und die andre, die nur von ihm und seiner Sache sagen will und was sie an Kreatur zu nennen weiß um ihn versammelt, beide, nicht wie wesensfremde literarische Urkunden miteinander vernäht, sondern wie die zwei Seiten des uns bekannten Seins, Außenseite und Innenseite, einander ergänzend, beginnen mit einer Handlung der Ruach. In der ersten breitet sie mütterlich bergend die Flügel über der Allheit der Dinge die werden sollen, in der zweiten wird sie, ungenannt und geheimnisvoll, dem einen zu geschichtlichem Dasein bestimmten Wesen eingeflößt, um seiner Entscheidung beizuwohnen und sein Schicksal zu teilen: hier bindet sich an die Geschichte der Schöpfung die Geschichte der Offenbarung, denn wo sich persönliche Offenbarung vollziehen wird, wird es die Ruach sein, die in den Menschen eindringt (Richter 6, 19; 14; . Sam 6, 10; 6; 13) und sich mit ihm »bekleidet« (Richter 34), ihn aber eben dadurch zu einem »andern Menschen« umschafft (. Sam 6). Das ist eine uns noch unentzogene Einheitsbotschaft. Ich habe bei diesem ersten Beispiel länger verweilt, um Ihnen zu zeigen, welche Führungskraft einem einzigen biblischen Wort eignet, wenn wir ihm nur ernstlich nachgehn und uns ihm anvertraun. Leichter und schneller können nun die beiden andern Beispiele erfaßt werden.
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Die erste der beiden Schöpfungserzählungen, der auch sie entnommen sind, können wir, wenn wir die Scheu vor ihrer Zerlegung von unsrer Intention gedeckt überwinden, unter Absehen von der geschaffenen Welt selbst in folgenden, durch wiederkehrende Wörter gekennzeichneten Grundmomenten darstellen: die »Tage«, die in dem dreifach genannten »siebenten Tag« münden; die Tätigkeit Gottes, im »Schaffen« umfangen und, um nicht demiurgisch verkannt zu werden, immer wieder als »Sprechen« erscheinend oder durch »Sprechen« eingeleitet, aber doch um der Verbindung mit dem Menschen und um des Ernstes des Sabbats willen siebenmal im Bericht ein »Machen« genannt und das siebente Mal in dem abschließenden Satz »die machend Gott hatte geschaffen« verklärt, vorher aber dreimal hintereinander in dem noch menschengleicheren, werkmannsgleicheren Wort »Arbeit« zusammengefaßt; das siebenfache »Sehen«, mit dem Gott sein Werk prüft und als »gut« erkennt; das dem siebenten Sehen sich ergebende »Da«, mit dem die fertige Welt sich nun als »sehr gut« – »Und da, es war sehr gut« – ihrem Schöpfer darbietet, das aber auch das »Da« wiederaufnimmt, welches die eben erklungene Rede Gottes an seine letzten Geschöpfe einleitete 8; das dreifache »Segnen«; und zuletzt das »Vollenden«, zweimal, erst passiv, vom Erschaffnen aus: »Vollendet waren …«, dann aktiv, vom Schöpfer aus, für den auch das Vollenden des schon Vollendeten noch Akt ist, »Und Gott vollendete …«. Es gibt aber in der Offenbarungsgeschichte eine Erzählung, in der sich diese sieben Grundmomente der Schöpfungsgeschichte bedeutsam wiederholen. Das ist die Erzählung vom Bau des Zelts, des Zelts der »Gegenwart«, d. h. des Gegenwärtigwerdens Gottes: des Zelts, darin Gott jeweil dem Volk sich gegenwärtigt (. M 43). »Ein Tagsechst« (. M 16, vgl. 12; 17; und 2) 9 hüllt die Wolke den Berg, auf dem die Offenbarungserscheinung Gottes, der Kawod, »einwohnt« (d. h. nicht wohnt, sondern jeweils Wohnung nimmt), während Mose vor der Wolke steht. Zeugenlos im Dunkel der Wolke wie einst zeugenlos über der Finsternis wird das Werk erschaffen, das zu sehen »am siebenten Tag« (. M 16) Mose in die Wolke berufen wird. Es ist der »Urbau« ( 9) des Zelts und seiner Gerätschaft. »So sieh, so mache nach ihrem Urbau, in dessen Sicht du gegeben bist auf dem Berg«; dieses Gotteswort, im Original, wie es die biblischen Memorialverse gern tun, einen Reim einschließend, zeigt an, wozu Mose das von Gott er. .
In den bisherigen Drucken unserer Verdeutschung ist diese wichtige Wiederholung noch nicht berücksichtigt. Es ist zu beachten, daß von den letztgenannten drei Stellen die zwei ersten die Zeltbau-Rede Gottes umrahmen und die dritte den Bericht vom Zeltbau einleitet.
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schaffne Modell so zu sehen bekommt, daß die Sicht ihn – das bedeutet der immer wiederkehrende Hinweis in immer neuer Verbalform ( 9, 40; 30; 8) – durchdringen und unwandelbar in ihm bleiben soll. Denn nicht wie er die Welt schuf schafft Gott hier; nur das Urbild entstand in dem Tagsechst, das Zelt selber soll das Volk unter Moses Leitung machen. Und es macht es; an hundertmal steht das Wort »machen« in der göttlichen Weisung, mehr als hundertmal in dem Bericht über die Ausführung, in dessen erstem Teil immer wieder mit dem Wort »Arbeit« verknüpft. Und wie es fertig ist, folgt das »Sehen« und das »Da«. Nicht von Gott wird hier das Sehen des Gemachten berichtet, sondern von Mosche, dem Mittler, der die Sicht des Urbaus dem bauenden Volk übermittelte, und an das »Da« kann sich nicht wie in der Schöpfungsgeschichte ein »es war sehr gut« schließen – das kommt dem Menschenwerk nicht zu, auch wenn es ein Gotteswerk nachgebildet hat –, sondern nur die Feststellung, daß das Gebotne geschehen ist: »Und Mosche sah die Arbeit all: da, sie hatten sie gemacht, – wie Er gebot, so hatten sies gemacht.« Und nun muß auch das »Segnen« geschehen: »Mosche segnete sie«. Aber auch das doppelte »Vollenden« darf nicht fehlen; es ist hier so verteilt, daß das passive die Arbeit des Volkes, das aktive die darauf folgende Errichtung durch Mose abschließt: »Vollendet war alles Dienstwerk der Wohnung, des Zelts der Gegenwart« und »Und Mosche vollendete die Arbeit«. Gott macht eine Welt und setzt die Menschen darein; aber das Zelt, in dem er unter ihnen einwohnen will »inmitten ihrer Makel«, zeigt er ihnen nur, machen sollen sie es selber. Offenbarung ist Geschichte, deren offenbares Geheimnis; und ist die Urregung ein einsamer Spruch, nur erst vom stummen Werden der Dinge erwidert, so ist Geschichte ein Zwiegespräch. Der Mensch lernt bauen; aber die Hand wird ihm nicht geführt. Wie die Weltschöpfung eine Uroffenbarung ist, so reicht das Geheimnis der Schöpfung in die Offenbarungswolke; da aber wird der Mensch berufen, »Gottes Genosse am Werk der Schöpfung« (ein talmudisches Wort, aber ein biblischer Begriff) zu werden. Nicht unbeachtet darf es aber auch bleiben, daß wohl die Baumeister als Geistträger besonders von Gott betraut werden, dennoch jedoch nicht der Einzelne, sondern die Gemeinschaft als der Werker des Baus erscheint. Am »siebenten Tag«, da Himmel und Erde vollendet sind, feiert Gott »von all seiner Arbeit die er machte«, und er segnet und heiligt den Tag des »Feierns«, den Sabbattag. Unter den sieben ausdrücklichen Sabbatgeboten (. M , , , , , . M , . M ) ragen zwei hervor, die in einer eigentümlichen, dem biblischen Stil zuinnerst eigenen Weise miteinander verknüpft sind: durch ein ganz seltenes, außer einer einzigen Stelle nur an diesen beiden vorkommendes Verb, das etwa verschnaufen, erat-
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men bedeutet. Das eine Mal (. M 12) steht es als Prädikat zu dem »Sohn der Magd« und dem Gastsassen: »Ein Tagsechst wirk deine Werke, / aber am siebenten Tag feiere, / damit ausruhe dein Ochs und dein Esel / und eratme der Sohn deiner Magd und der Gast.« Aber das andere Mal – es ist das Sabbatgebot, das auf die Zeltbeschreibung Gottes folgt und der Gebung der ersten Tafeln vorausgeht (. M 14 ff.) – wird ebendasselbe Verschnaufen, das dort als das Anrecht des abgearbeiteten unfreien oder unselbständigen Menschen erklärt wird, von dem Schöpfungssabbat Gottes ausgesagt: »Wahren sollen die Söhne Jiſsraels die Feier, / zu machen die Feier in ihre Geschlechter / als Weltzeit-Bund. / Zwischen mir und den Söhnen Jiſsraels / ist sie Zeichen auf Weltzeit, / denn: Ein Tagsechst / machte Er den Himmel und die Erde, / aber am siebenten Tag / feierte er und eratmete.« Beiläufig ist solch eine Wiederholung eines seltenen Worts an zwei einander entsprechenden Stellen nicht, vielmehr wird dadurch eine Beziehung zwischen beiden gestiftet, so daß man, die eine lesend, der andern gedenken muß. Das Band, das zwischen einer »sozialen« und einer »religiösen« Begründung des Gebots geschlungen ist, soll gerade beim Anspruch des abhängigen Menschen die Gottesruhe in den Sinn rufen und beim Hinweis auf den feiernden Gott gerade die Vorstellung des arbeitsmüden Sklaven erwecken; denn jeder Mensch soll Gott nachahmen (»in seinen Wegen gehen«) können. Es sind gar nicht zwei verschiedne Begründungen, es ist eine: Gott und der »Gebeugte und Bedürftige« gehören zusammen, denn er liebt nicht die mittleren Machtlagen, sondern »in der Erhabenheit und Heiligkeit« wohnt er »und bei den Geduckten und Geisterniederten« (Jes 15). Der derbe Anthropomorphismus mag Ärgernis erregen (man hat denn auch zuweilen in der Übertragung die erste Stelle abgeschwächt und dadurch den Zusammenhang zerstört), aber es ist ein für die Glaubenswirklichkeit fruchtbares Ärgernis. Ja, auch mit dem Sabbat des Tiers wird der Gottes verknotet; denn wie der Satz vom Verschnaufen das Gebot des . Kapitels an das des . bindet, so bindet es der Satz vom Ausruhn des Ochsen und des Esels an das Sabbatgebot des Dekalogs, wo es mit demselben, der Schöpfungsgeschichte fremden Verb von Gott heißt, daß er am siebenten Tag »ruhte«. Ohne zu wagen, die Absicht der Bibel als weiter sich erstreckend anzunehmen, wird man doch daran gemahnt, daß zweimal in biblischer Geschichte Gott in der Gestalt seines »Boten« zu einem bedrückten Geschöpf niederfährt und ihm zuspricht oder für es mit dem Bedrücker rechtet und daß es das eine Mal (. M 9 ff.) eine ägyptische Magd und das andere (. M 32) eine Eselin ist, die mißhandelt worden ist. Die biblische Glaubenswelt ist nicht eine höhere Religion, in der man
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sich vom schlecht gelebten Alltag erholen kann. Sie heißt dem Himmel auf Erden gerecht werden und nirgendwo anders. Man vermag sich nicht Gott zuzuwenden, wenn man sich nicht der Verantwortung des eignen Alltags zugewandt hat. Wer das mahnende Herz damit beschwichtigt, daß das um uns her eben »Schicksal« sei, verfällt der Gottesferne. Das Beispiel der Ruach zeigt die Führungskraft der Bibel für den heutigen Menschen darauf hin, daß Bereichstrennung von Geist und natürlichem Leben Lüge und Frevel am Ursprung ist; das Beispiel des Zelts darauf, daß der Mensch selber an der Wohnung des Heiligen bauen muß oder sie wird nicht gebaut; das Beispiel des Sabbats darauf, daß sein Verhältnis zu dem schicksalhaft von ihm abhängenden Mitmenschen der unverrückbare Ort seiner Probe und seiner Heilsfindung ist. — Es gilt nicht eine »Rückkehr zur Bibel«. Es gilt die Wiederaufnahme bibelechten Einheitslebens mit unserm ganzen zeitverflochtenen Wesen, die ganze Schwere unsrer späten Vielfältigkeit auf der Seele, die unumgreifbare Materie dieser Geschichtsstunde ohne Abstrich gegenwärtig; es gilt in bibeltreuer Glaubensaufgeschlossenheit unseren heutigen Situationen dialogisch verantwortend standzuhalten. Meinen wir ein Buch? Wir meinen die Stimme. Meinen wir, daß man lesen lernen soll? Wir meinen, daß man hören lernen soll. Kein andres Zurück, als das der Umkehr, die uns um die eigne Achse dreht, bis wir nicht etwa auf eine frühere Strecke unsres Wegs, sondern auf den Weg geraten, wo die Stimme zu hören ist! Zur Gesprochenheit wollen wir hindurch, zum Gesprochenwerden des Worts.
Die Sprache der Botschaft (Nach einer Aufzeichnung von ) Die hebräische Bibel ist wesentlich durch die Sprache der Botschaft geprägt und gefügt. Die »Prophetie« ist nur die deutlichste, die gleichsam nackte Erscheinung der Botschaft; da wird offen gekündet was zu künden ist. Aber es gibt kaum irgendeinen Teil, kaum irgendeine Stilform der Schrift, die nicht unmittelbar oder mittelbar an die Botschaft gebunden und von ihr getragen wäre. Wir lesen die frühen Genealogien, und die scheinbar absichtsledigen Namenreihen erweisen sich, in Auswahl und Anordnung, als Sendlinge der Botschaft. Wir lesen Erzählungen, die – wie etwa die des Gideonsohns Abimelech – uns ganz profangeschichtlich dünken, bis wir merken, daß hier zu einem großen Anliegen der Botschaft – im angeführten Beispiel zur »naiven Theokratie« – das Gegenbild gezeichnet ist 1. Wir lesen Rechts- und Ritualvorschriften von nüchternster, sachlichster kasuistischer Präzision, und plötzlich atmet uns daraus ein verschwiegnes Pathos an. Wir lesen Psalmen, die uns nichts andres zu sagen scheinen als den Hilferuf des gepeinigten Menschen nach oben, aber wir brauchen nur recht hinzuhören, um zu erkennen, daß da nicht ein beliebiger Mensch, sondern einer redet, der unter der Offenbarung steht und auch noch aufschreiend sie bezeugt. Wir lesen Weisheit, die als skeptisch gilt, und mitten daraus blitzen uns große Sprüche der Botschaft an. Gleichviel wie es sich mit irgendwelchen Stücken der Bibel verhielt ehe sie in die Bibel eingingen: in jedem Gliede ihres Leibes ist die Bibel Botschaft. Wenn dem so ist, muß die Botschaft, wie sie sich in der Rede des Künders ihre eigentümliche Sondersprache bildete, an vielen der Stellen, wo sie sich mittelbar äußert, die biblische Sprache modifiziert haben. Denn es hieße die Art der Bibel gründlich verkennen, wenn man annähme, daß sie die Botschaft jeweils anheftete, wie schlechten Parabeln eine »Moral« anhaftet. Nirgendwo sonst ja ist aus den biblischen Erzgüssen ein »Inhalt« auszuschmelzen, sondern ein jeder besteht in seiner einheitlichen, unauflösbaren Gestalt – unauflösbarer noch als die des echten Gedichts –; nirgends kann hier auf ein ursprüngliches Was zurückgegangen werden, das dieses Wie empfangen habe, aber auch ein andres vertrüge; alles in der Schrift ist echte Gesprochenheit, der gegenüber »Inhalt« und »Form« als die Ergebnisse einer Pseudoanalyse erscheinen; so kann denn auch die Botschaft, wo sie sich mittelbar ausspricht, nicht zur Anmerkung oder .
Vgl. jetzt mein »Königtum Gottes« S. ff.
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zum Kommentar zusammenschrumpfen. Sie dringt in die Gestaltung, sie bestimmt die Gestalt mit, sie wandelt sie um, wandelt sich ihr ein, ohne aber im geringsten entformend, umrißschwächend, didaktisch zu wirken. Die Erzählung behält ungetrübt ihre epische Geschlossenheit, die Vorschrift ihre strenge Sachlichkeit, aber innerhalb dieser Gestaltungen vollzieht sich modifizierend die Handlung der Botschaft. Es kann kein anderes als eben ein Gestaltungsprinzip sein, wodurch sie sich vollzieht. Dieses Gestaltungsprinzip ist der Rhythmus, der Rhythmus zugleich in einem weiten und besonderen Sinn. Unter Rhythmus ist hier nicht die gegliederte Bewegung überhaupt, sondern die in einer sinnreichen Ordnung erscheinende akustische Verbindung eines Gleichbleibenden mit einer Mannigfaltigkeit zu verstehen. Das Gleichbleibende kann entweder rein strukturell – Wiederkehr des Tonfalls, der Bewegungsintensität, der Maße – oder phonetisch – Wiederkehr von Lauten, Lautgefügen, Worten, Wortfolgen – sein. Das Gestaltungsprinzip der Botschaft ist demgemäß ein doppeltes. Und zwar wird die phonetische Rhythmik – die »Paronomasie« und deren Verwandtschaft – als solche in ihren Dienst genommen, wogegen die strukturelle durch Änderungen, die im gegebenen Moment einsetzen, zum Äußerungsmittel der Botschaft wird. Für jede der beiden Arten seien ein paar Beispiele angeführt, die ich den ersten vier Büchern des Pentateuchs entnehme (das fünfte, das seiner Aufgabe nach die Botschaft mit rednerischer Direktheit äußert, bietet sich hier weniger dar). — In dem mittleren der sieben Berichte der Offenbarungen an Abraham, dem einzigen im Stil prophetischer Visionen verfaßten, weil dem einzigen, in dem von einem bestimmten künftigen Abschnitt der Stammesgeschichte die Rede ist, steht ein Memorialvers 2 ( 16), der sich durch seinen Reim dem Gedächtnis – wahrscheinlich nicht erst dem des Lesers, sondern schon im nurmündlichen Erststande der Erzählung dem des Hörers – auferlegen sollte: Aber im vierten Geschlecht kehren sie hierher (hênna). Denn noch nicht voll ist die Verfehlung des Amoriters bisher (ad hênna).
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Was ist das für eine Verfehlung des Amoriters, die an so bedeutender Stelle und so schicksalhaft zur Sprache kommt? In der Völkertafel erscheint der Emori ( 16) als Sohn des Kenaan. Ke-
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Ihn, wie es vielfach geschieht, für eine Glosse zu halten, ist ganz abwegig.
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naan aber wird in der vorhergehenden Geschichte vom Rausche Noahs seltsam genug behandelt. Die Motivworte der Geschichte sind »Blöße (erwa) des Vaters« und »Kenaan«, – obgleich Kenaan mit der erzählten Begebenheit nichts zu schaffen hat.
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Cham, der Vater Kenaans, sah die Blöße seines Vaters an ………… sie gingen rückwärts und hüllten die Blöße ihres Vaters, ihr Antlitz rückwärts gewandt, sie sahen die Blöße ihres Vaters nicht an.
Das ist nicht beiläufige Wiederholung, sondern die aus zahlreichen Stellen 3 zu belegende phonetisch-rhythmische oder paronomastische Methode der Bibel, ein Wort oder eine Wortfolge von einer besondern Wichtigkeit – sei es einer nur innerhalb dieses Textes, sei es einer über ihn hinaus – dem Hörer oder Leser einzuprägen. Nur noch in einem Zusammenhang im Pentateuch steht, zweimal, die Wendung »die Blöße des Vaters«: in den Gesetzesabschnitten des . Buches (Kap. und ), die von den arajot, den »Blößen«, d. i. den Sexualverfehlungen handeln und deren erstes Einzelverbot ( 7) mit den Worten »die Blöße deines Vaters« beginnt. Die Genesis- und die LeviticusStelle sind paronomastisch aufeinander bezogen. Diese Bezogenheit liefert die eigentliche Motivation der Genesis-Erzählung, des emphatischen Vortrags der Verfehlung und des großen Pathos des Fluchs, in den sie ausgeht und mit dem die Geschichte Noahs schließt. Je zweimal vor und nach der Flut werden die Söhne Noahs genannt; auf die dritte Nennung aber ist hier ( 18) der Satz gefolgt: »Und Cham, das ist der Vater Kenaans«. Kein andrer Name eines Nachkommen, die werden erst im nächsten Abschnitt, in der Völkertafel aufgezählt – nur Kenaan wird hier vorweggenommen, obgleich er in der Genealogie erst an vierter Stelle stehen wird. Nachdrücklich sagt das hu die Tatsache aus: das ist nämlich der Vater des Kenaan, der uns in besonderer Weise angeht. Und wie nun seine Verfehlung erzählt wird, tritt er wieder als »der Vater Kenaans« auf. Die Bibel pflegt den Sohn sonst nur dann solcherweise mitzuerwähnen, wenn er die Hauptperson ist. Und er ist in der Tat, wiewohl er an der Begebenheit keinerlei Anteil hat, für den Erzähler die Hauptperson. Dafür zeugt der Wortlaut des
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Ich möchte in diesem Zusammenhang nur die in dreifacher Wiederholung schmetternde Kundgebung des Triumphes über einen (historisch recht problematischen) »König von Kanaan« am Schluß des . Richter-Kapitels (Prosafassung!) anführen.
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Fluchs, in dem Cham, der Schuldige, gar nicht, sein Sohn Kenaan aber dreimal, zu Anfang, in der Mitte und am Ende genannt wird. Es geht um Kenaan, es geht um den Kanaanäer. Die Rede, die die Arajot-Verbote einleitet, beginnt mit den Worten ( 2 f.): Rede zu den Söhnen Jiſsraels, sprich zu ihnen: I c h bin euer Gott. Nach dem Tun des Landes Ägypten, darin ihr saßet, tut nicht, nach dem Tun des Landes Kanaan, wohin ich euch bringe, tut nicht, in ihren Satzungen geht nicht.
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Und am Schluß der Arajot-Verbote noch einmal ( 23): Geht nicht in den Satzungen des Stamms, den ich vor euch her fort schicke, denn all dies haben sie getan und es widerte mich ihrer. 15
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Es heißt nicht »in ihren Wegen«, sondern »in ihren Satzungen«. Was für Satzungen können in diesem Zusammenhang gemeint sein? Bei Ägypten haben wir an die institutionelle, sakrale Geschwisterehe der Könige, den dynastischen Inzest zu denken. Für Kanaan bezeugen all die biblischen Stellen, die das »Huren« mit dem Baalsdienst verknüpfen, dazu die mit wunderlich andeutenden Wörtern und Wortspielen operierende Peor-Geschichte, daß die Promiskuität der kanaanäischen Sexualkulte gemeint ist, die noch in späten Traditionen (Testament Judas ) 4 als »Brauch der Amoriter« – die Amoriter hier wie oft (vgl. z. B. Amos 9 5) als der repräsentative kanaanäische Stamm behandelt – erscheinen. (Von da aus sind wohl auch die merkwürdigen Stellen Ez 3, 45 zu verstehen, wo »der Emori« als der »Vater« des verbuhlten Jerusalem bezeichnet wird.) Die Erzählung von der Erwa-Sünde des »Vaters Kenaans« ist, wie so vieles in der Genesis, als Vorwegnahme der Völkergeschichte in der Vätergeschichte zu verstehen. Die »Verfehlung« (ʿawon) des Amoriters wird durch sie im Zusammenhang mit den Arajot-Verboten erklärt. Durch sie »wurde das Land maklig« (. M 25, 27), Gott »ordnete dessen Fehl (ʿawon)«, als er »voll geworden« war, dem Lande auf, »das Land spie seine Insassen aus«, Israel durfte ihren Boden »ererben« ( 24). Aber »abgeschieden von den Völkern« ( 24), wie das Makelhafte von ihm »abgeschieden« ward (v. ), steht es unter dem Gebot, heilig zu werden (v. ), steht unter dem Verbot des Bemakelnden ( 24): . .
Im mischnischen Sprachgebrauch ist die Bedeutung verblaßt. Hier besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen dem Promiskuitätsvorwurf von v. c und der Erwähnung der Amoriter.
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Daß nicht euch ausspeie das Land, wenn ihr es bemakelt, wie es ausspie den Stamm, der vor euch war! ( 28)
Einheiligung der Geschlechtlichkeit im Protest gegen ihre Heiligsprechung: es ist ein innerstes Anliegen der Botschaft, das in der Genesis-Erzählung mit den Mitteln der phonetischen Rhythmik, der lauthaften Wiederholung, der Stiftung von Beziehungen verschiedener Stellen der Erzählung aufeinander, aber auch der Stiftung von Beziehungen zwischen Stellen der Erzählung und Stellen des Gesetzes, erzählerischen Ausdruck gefunden hat. — Durch den »Makel« des Menschenvolks – tum’a ist nicht eine negative »Unreinheit«, sondern positiv, substantiell und infektiös – wird, so lehrt das Arajot-Gesetz, die Erde selber maklig. Das ist gemeinbiblische Lehre, in allen ihren Teilen Mal um Mal wiederkehrend. Mit menschlicher Unbill füllt sich die Erde im Zeitalter vor der Flut und »verdirbt« daran (. M 12), und die Flut kommt über sie wie um sie zu reinigen. Der sündige Mensch »versündigt das Land«, auf dem er lebt (. M 4), und die Sündigkeit zersetzt es wie ihn. Diese zerstörende Wirkung des Menschen auf die Erde wird gewöhnlich als chanufa bezeichnet, was etwa mit »Entartung« wiederzugeben ist. Durch das »Buhlen« des Volks mit den Götzen (Jer 1, 9) und durch die Blutschuld des Menschen am Menschen (. M 33, Ps 38) entartet gleicherweise das Erdland. Die stärkste Verkündigung dieser Lehre steht wohl in dem »apokalyptischen« . JesajaKapitel: die Erde, auf der ihr Frevel wuchtet (v. ), »verfällt, sie verfault« (v. ), sie klafft, bröckelt, wankt, endlich fällt sie und steht nicht wieder auf (v. f.). War doch die Erde unter ihren Insassen entartet, denn sie übertraten die Weisungen, sie entglitten dem Gesetz, sie zerbrachen den Urzeit-Bund. Darum frißt der Eidfluch die Erde auf … (v. f.)
Chanfa: war entartet; chalfu: sie übertraten; eins jener bittern biblischen »Wortspiele«, in denen Ursache und Wirkung lautlich aneinander klingen (chalaf wird sonst nirgends in diesem Sinn gebraucht). Der »Urzeit-Bund« ist offenbar der mit Noach geschlossene, und so muß auch der Fluch auf Erde und Menschheit, nicht auf Land und Volk Israel gehn. Und doch wird der Leser der Schrift an einen ihm bekannten, allerbekanntesten Fluch erinnert, der dem Volk Israel gilt und der ebenfalls Mensch und Erde aneinander bindet, freilich in einer ganz anderen
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Weise: das Land büßt nicht, was das Volk tat, sondern durch die Trennung von dem vertriebnen kommt es endlich zu seinem Recht. In demselben Buch, in dem das Arajot-Gesetz die Bemakelung des Landes aus der seiner Insassen hervorgehen läßt, im . Kapitel, steht das Gebot des Sabbatjahrs, des »Feierjahrs«. Sechs Jahre soll das Land bebaut werden, im siebenten soll es feiern; siebenmal wiederholt das Gesetz das Wort »feiern, Feier«. Und wie das Sabbatgebot alle Kreatur, auch den Knecht, auch den Gastsassen, ja auch das Haustier, in die gemeinsame Ruhe aufnahm (. M 12), so nimmt das Gebot des Sabbatjahrs alle Kreatur in den gemeinsamen Genuß des Nachwachsenden, nicht zu Erntenden auf (vgl. auch . M 11). Dieses »soziale« Gebot – »Soziales« und »Religiöses« sind in der Tora nicht zu scheiden: das Religiöse ist die Richtung, aber das Soziale ist der Gang – hat im Zusammenhang der Gesetzgebung einen so hohen Rang, daß seine Nichtbefolgung im Mittelpunkt des großen Fluches steht, der die Gesetze des dritten Buches abschließt. Wenn das Volk, das das Sabbatjahr nicht hat halten wollen, aus seinem Land vertrieben wird, Volk und Land voneinander getrennt werden, dann wird das Land endlich zu seinem Rechte kommen: eben zu den Sabbatjahren, die das Volk ihm vorenthalten hatte und die nun in einer langen Brachezeit nachgeholt werden (vgl. die . Chr 21 erhaltene jeremjanische Anwendung des Leviticus-Spruchs). Aber wie in jenem Jesajakapitel die Schau des erscheinenden Königtums Gottes die der gefallnen Erde überwindet, so führt auch im Fluch selber die Verheißung über die Verwünschung hinaus. Nur ist hier beides tiefer, eigentümlich tief miteinander verwoben, und zwar dadurch, daß jene Verbundenheit von Mensch und Erde, hier also von Volk und Land, durch das Mittel der Wiederholung des gleichen Worts in zwiefältiger Bedeutung eine denkwürdig eigentümliche Sprachgestalt gewinnt. Formen des Verbs raza, das in der Kalform etwa »eine Leistung durch Annahme gültig machen« bedeutet, sind in subtiler Differenzierung so verwendet, daß die das Versäumte ausgleichende Ruhe des Landes und das die Spannung zu Gott ausgleichende Abbüßen des Volkes, darin seine Umkehr, die »Unterwerfung des Herzens« ( 41) erwacht, mit demselben Wort erfaßt und so in der festen wechselseitigen Beziehung gehalten werden. Dann schatzt das Land seine Feierjahre nach, alle Tage seines Verstummens, da ihr im Land eurer Feinde seid, dann feiert das Land, es schatzt seine Feiern ein. Alle Tage seines Verstummens wird es feiern, was es nicht feierte bei euren Feiersitten,
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bei eurem Sitzen auf ihm. ………… Wie dann ihr Herz, das vorhautige 6, sich unterwirft, wie sie dann nachschatzen für ihre Verfehlung, will ich gedenken meines Jaakobbunds, und auch meines Jizchakbunds, und auch meines Abrahambunds will ich gedenken, und des Landes will ich gedenken. Verlassen mußte das Land von ihnen werden, daß es seine Feiern nachschatze während es ihrer verstummte, und sie mußten für ihre Verfehlung nachschatzen …
Hier steht zum siebenten Mal der Wortstamm schawat; oben, v. f., im Ausdruck der Not, war er nur sechsmal gestanden und an Stelle des siebenten war in paronomastischem Scheinersatz das Wort b’-schiwtchem (unmittelbar nach b’-schabtotechem) getreten; nun aber ist die Wiederherstellung erfolgt und wie im Sabbatjahrgesetz selbst vollendet sich in dem zum Segen sich wandelnden Fluch die siebenfache Nennung des siebenten Jahrs. Die Gnade, die »annehmende Gültigmachung«, razon, hier im Abschnitt der raza-Rhythmik nicht genannt, aber vom Anfang des Buches ( 3) und andern Stellen herüberstrahlend, ist siegreich. In diesem Abschnitt hat die Botschaft auf ihre Weise gesagt, was sie von der Schicksalsverbundenheit von Volk und Land sagen wollte. — In dem mittleren der sieben Berichte der Offenbarungen an Abraham, ebendem, dem das erste Beispiel entnommen war, heißt es v. :
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Und er hälftete sie mitten durch und legte jede Hälfte der zugehörigen gegenüber, das Geflügel aber hälftete er nicht.
Das Verb, das durch hälften wiedergegeben ist, batar, kommt in der Bibel nur hier vor, das Nomen beter in dieser Bedeutung nur an einer einzigen anderen Stelle: Jer 18 f. Unter den bedeutsamen Wortwiederholungen der Bibel ist dies eine der bedeutsamsten. Man kann natürlich versuchen, sie auf die notwendige Wiederkehr eines terminus technicus zurückzuführen, aber es erweist sich bald, daß durch eine solche Erklärung das Problem nur verdrängt, nicht bewältigt würde. Der Ritus, einen Bund durch ein Hindurchschreiten der Partner zwischen Tierstücken zu schließen, ist von vielen Volksüberlieferungen her .
Nicht »unbeschnitten«, wie tame nicht »unrein«; auch hier ist Wiedergabe durch ein positives Wort unerläßlich.
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bekannt 7, aber die biblische Geschichte kennt ihn nur in diesen beiden Erzählungen, und es ist offenbar etwas Eigentümliches, diesen beiden und nur ihnen Gemeinsames, das sie hierin bestimmt. Zumindest in der ersten schreitet nur der eine Partner hindurch, in beiden geht nur der eine eine Verpflichtung ein. Diese Verpflichtung ist in beiden, so grundverschieden sonst alles sei, in einem gleich: Knechte sollen aus der Dienstbarkeit frei hervorgehn. Gott sichert dem Abraham, im Zeichen des zwischen den Tierstücken hindurchschreitenden Feuers, die Befreiung für seinen Stamm aus dem »Druck« der sie dienstbar machenden Ägypter zu; das ist die Verheißung, die Israel in der Dienstbarkeit bewahren soll. Da sie sich erfüllt, nimmt Gott das Volk aus dem Dienst der Unterdrücker in seinen Dienst, in die echte Freiheit. »Wahre dich / Du möchtest sonst Sein vergessen, / der dich führte aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Dienstbarkeit! / Ihn deinen Gott sollst du fürchten, / ihm sollst du dienen« (. M 12 f.). Wer aber so aus dem Menschendienst genommen worden ist, darf sich nie mehr den Menschen versklaven. »Nicht sollst du dich seiner zu Dienstknechts Dienste bedienen«, so hämmert das Gesetz (. M 39) seinem Hörer ein, und begründets: Denn meine Dienstknechte sind sie, die ich aus dem Land Ägypten führte, sie sollen nicht verkauft werden in Knechtsverkauf.
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Wenn einer in die Schuldhaft eines andern gerät und sich im siebenten Jahr die Freiheit erwählt, erhält er sie. Das fünfzigste, das Jobeljahr aber, für das der dror, der Freilauf oder Freilaß angerufen wird, macht, wie es sie wieder bodenständig macht, alle Sippen wieder frei. In der Angst, in die Knechtschaft der die Stadt belagernden Chaldäer zu fallen, haben die jerusalemischen Herren, Gott in einem seltsamen do ut des gleichsam Freiheit für Freiheit bietend, das – offenbar seit längerer Zeit mißachtete – Gebot der Sklavenfreilassung auf sich genommen und befolgt. Kaum aber ist, auf einen ägyptischen Eingriff hin, das Feindesheer abgerückt, holen sie die Leibeigenen wieder zurück. Nun sagt ihnen der Prophet die Rückkehr der Chaldäer und den Untergang an. Das aber tut der Mann der Botschaft in einem großartigen vierfältigen paronomastischen Aufbau. Das erste Element seines Baus ist das urprophetische Wort Umkehr. Es kommt auf die Umkehr an, auch in der Stunde der äußersten Not nur .
Zu den religionsgeschichtlichen Fragen vgl. jetzt mein »Königtum Gottes« S. ff., ff.
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darauf, aber eben nicht auf die zweckgebundene und daher unbeständige, sondern auf die wahrhafte und getreue Umkehr. Ihr aber, sagt der Prophet, wart wohl heut umgekehrt (v. ), dann aber kehrtet ihr euch wieder ab und ließet eure Knechte wieder zurückkehren (v. ) – und so heiße ich nun die Feinde gegen diese Stadt zurückkehren (v. ). Wie so oft mit der Umkehr des Menschen die Umkehr Gottes »von dem Flammen seines Zorns« verknüpft wird, so wird hier dem menschlichen Tun die entsprechende Antwort von oben gegeben; dazwischen wird aber in der Leitwortsprache das eigentliche Übel des Menschen aufgedeckt: daß er sich von der eignen Umkehr abkehrt. Das zweite Element holt sich der Künder aus jenem Bericht der SchauOffenbarung an Abraham. Zwar wird zu Anfang der Gottesrede (v. ) der von den Herren geschlossene und gebrochene Bund nicht mit dem Abrahamsbund sondern mit dem Sinaibund zusammengebracht:
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Ich selber habe den Bund mit euren Vätern geschlossen 15 am Tag da ich sie aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Dienstbarkeit führte,
und das kann nicht anders sein, da damit allein das aus . M 12 angeführte Gesetz (v. ) eingeleitet werden kann; es geht um die Stunde der einst geschehnen Freimachung ganz Israels, das sich seither in seiner Ganzheit hätte frei bewahren sollen. Aber sprachlich greift er auf die Genesiserzählung zurück, und zwar in doppelter Weise. Er gibt dem karat brit, dem »Schneiden des Bundes« (das bekanntlich an griechische und lateinische Metaphern gemahnt), eine sinnliche Bedeutung, die sich auf keine andere biblische Stelle als auf . M stützt und gar nicht die ursprüngliche zu sein braucht; er identifiziert den Ursprungssinn der Metapher mit dem vollzogenen Ritus: die Herren »schließen« den Bund, indem sie das Kalb »schleißen« (v. ) – man beachte die merkwürdige, sichtlich gewollt komplizierte Satzkonstruktion: es soll befremdet innegehalten, es soll an jenes ungeheure Bild der Urgeschichte gedacht werden! Aber nicht genug daran: auch das awar von . M 17 wird herangebracht, – nicht bloß verwendet, was ja nur situationsgemäß wäre, sondern im harten Wortspiel sinnhaft auseinandergelegt: die Herren sind wohl zwischen den Hälften (betarim) des Kalbs »hindurchgeschritten«, wie zweimal, wieder in nachdrücklich umständlichem Vortrag, gesagt wird (v. f.), aber dann haben sie »meinen Bund überschritten« (v. ); wieder umfaßt dasselbe Wort gegensinnig Umkehr und Abkehr. Das dritte Element und das vierte holt der Prophet aus dem Gesetz. Jenes »aus dem Haus der Dienstbarkeit« sagt in der mächtigsten Geschichtserinnerung, um was es geht: das aus dem Völkerdienst befreite, in den Dienst Gottes genommene Volk verrät seine Freiheit – die auf die
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Freiheit aller gestellt war – und seinen Dienst; nun muß es aus der Freiheit wieder in den Völkerdienst, in ein neues Haus der Dienstbarkeit hinein. Und aus dem Gesetz – nicht aus dem über das siebente Jahr, von dem hier die Rede ist, sondern aus dem über das Jobeljahr – das seltene und kostbare (. M 23 die frei, ohne Einschnitte in die Rinde, der Staude entströmte Myrrhe bezeichnende) Wort dror heranziehend, steigert noch Jirmejahu paronomastisch die Empfindlichkeit des Schreckens: auf zweifaches Voranklingen des Wortes – in der Einleitung, v. , und in der Rede, v. – folgt v. der Ruf der übermächtigen göttlichen Entsprechung: Ihr, ihr habt auf mich nicht gehört, Freilauf auszurufen jedermann für seinen Bruder, jedermann für seinen Genossen, wohlan, ich rufe für euch Freilauf aus … dem Schwert, der Seuche, dem Hunger.
Die nur Freiheitssüchtigen, nicht Freiheitswilligen gibt Gott dem freien Lauf des Geschickes hin. Auch in ihrem unmittelbarsten Bereich, in dem der Prophetie, übt die Botschaft ihr eigentümliches Sprachwerk. — Auf diese Beispiele für das Prinzip der Wiederholung will ich etliche für den Strukturwandel von der Kraft der Botschaft aus folgen lassen. In der »am siebenten Tag« in der Sinaiwolke erteilten Weisung Gottes an Mose für den Bau des Zelts und aller Gerätschaft lesen wir (. M 1330) die Beschreibung des Choschen mischpat, des »Gewappens des Rechtspruchs«, das die geheimnisvollen Urim und Tummim birgt. Mit einer heilig nüchternen Genauigkeit werden die Stoffe, die Edelsteine, die sonstigen Bestandteile aufgezählt, die Anfertigung und Anordnung dargelegt. Dann aber, nach den Worten »und nicht rücke das Gewappen überm Umschurz ab«, wandelt sich, ohne daß der Zusammenhang und die kompositionelle Einheit gestört würden, vielmehr so daß beiden erst eine letzte Bestätigung und Weihe verliehen wird, die Worthaltung, der Stil, der Rhythmus, – die von sinnreichen Wiederholungen durchwirkte Endweisung ertönt: »So trage Aharon / die Namen der Söhne Jiſsraels / an dem Gewappen des Rechtspruchs / auf seinem Herzen, / wann er eingeht ins Heiligtum, / zum Gedächtnis vor Mir / stetig. / Und du gibst / in das Gewappen des Rechtspruchs / die Lichtenden und die Schlichtenden, / sie seien auf dem Herzen Aharons, / wann er eingeht vor Mich. / So trage Aharon / den Rechtspruch der Söhne Jiſsraels / auf seinem Herzen / vor Mir / stetig.« Diese Endweisung ist in sich in strenger phonetischer Rhythmik gebildet. Ganz unrednerisch, in reiner Gestalt reicht hier die
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Botschaft ihr Geheimnis dar: das Tragen, das Herz, das Gewappen, den Rechtspruch, das Eingehn, vor Jhwh, stetig. Die ganze Sakralanthropologie der Bibel ist im Zusammenhang dieser so hervorgehobenen Worte. Man wird Ähnliches, wenn auch von geringeren Maßen, am Schluß manches andern Abschnitts der großen Anweisung finden. Aber einer ragt noch mehr hervor. Das ist die Vorschrift für die tägliche »Darhöhung« ( 38-46). Auch sie beginnt mit präziser Sachlichkeit in Wort und Klang. Aber sowie das »Zelt der Gegenwart« genannt ist, wandelt sich der Ton, die Botschaft spricht den Sinn all dieser Anweisung aus, doch auch dieser Spruch ist reines Gebild: »am Einlaß zum Zelt der Gegenwart vor Mir, / wohin ich mich euch gegenwärtige, / dort zu dir zu reden. / Dorthin gegenwärtige ich mich / den Söhnen Jiſsraels, / es ist geheiligt / durch meine Erscheinung. / Ich heilige / das Zelt der Gegenwart, / die Schlachtstatt, / Aharon und seine Söhne heilige ich, / daß sie mir priestern. / Einwohnen will ich / in der Mitte der Söhne Jiſsraels, / ich will ihnen Gott sein, / erkennen sollen sie, / daß Ich ihr Gott bin, / der ich sie führte / aus dem Land Ägypten, / um einzuwohnen, ich, in ihrer Mitte, / Ich ihr Gott.« Jedes Grundwort steht zweimal da, aus der Rhythmik der Wortwiederkehr ist der Leib des Sinnes gewoben. Wie dort die anthropologische, so hat hier die theologische Sakralität ihre Sprache gewonnen. Noch früher bereitet sich die rhythmische Wandlung im Hauptgebot der Jobeljahr-Gesetze (. M 8 bis 12). Schon in den Zahlen und Daten des Anfangs kündigt sich alliterierend – schewa schabtot schanim – die Gestaltung an. Und sowie die Ausrufung des dror befohlen ist, folgt in geschloßner Ringform: Heimholer sei es euch, da kehrt ihr zurück jeder zu seiner Hufe, jeder zu seiner Sippe sollt zurück ihr kehren. Heimholer sei es, das Jahr ………… In diesem Heimholerjahr kehrt ihr zurück, jeder zu seiner Hufe.
Ist diese Form nicht wie ein Siegelabdruck des großen Gemeinschaftsausgleichs selber, in dem »jeder« zum Urstand »heimgeholt« wird? Aber noch mächtiger am Werk erscheint die sprachgestaltende Kraft der Botschaft, wo wieder aus einer Opfervorschrift, einer für die die grö-
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ßeren Opfergaben begleitenden pflanzlichen Spenden (. M 1 bis 16), am Schluß, folgerecht aus dem Vorhergehenden erwachsend und doch ihm ungleich wie die Blüte dem Stiel, dieses Gebild erblüht: 5
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Und wenn bei euch ein Gastsasse gastet oder wer in eurer Mitte sei, für eure Geschlechter, und bereitet Feuerspende, Ruch des Geruhens für Mich, wie ihrs bereitet, so soll ers bereiten. Versammlung! Einerlei Satzung sei für euch und für den Gastsassen, der gastet, Weltzeit-Satzung für eure Geschlechter: gleich ihr, gleich sei der Gastsasse vor Mir, einerlei Weisung und einerlei Recht sei für euch und für den Gastsassen der bei euch gastet.
Hier hat, wie der unstattliche jüngste Jsajsohn zum König erkoren wird, die Botschaft sich einen unansehnlichen Ort gewählt, um eins ihrer höchsten Anliegen auszusprechen: die Ebenrechtlichkeit desjenigen Menschen, an dem ihr so gelegen ist, daß sie seiner Mal um Mal mit den stärksten Beschwörungen gedenkt, des Menschen, von dem allein gesagt ist (. M 18), daß Gott ihn »liebt«, des ungesicherten Menschen in der Fremde. Das ansteigende rhythmische Pathos verkündigt, daß die hier proklamierte »Gleichheit« der Menschen vor Gott und »Einerleiheit« ihres Rechts nicht für eine einzelne Situation und eine einzelne Verordnung, sondern für das ganze gemeinschaftliche Leben gilt.
Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift 1 Dem Gedächtnis Franz Rosenzweigs (Sommer )
Die besondre Pflicht zu einer erneuten Übertragung der Schrift, die in der Gegenwart wach wurde und zu unserm Unternehmen geführt hat, ergab sich aus der Entdeckung der Tatsache, daß die Zeiten die Schrift vielfach in ein Palimpsest verwandelt haben. Die ursprünglichen Schriftzüge, Sinn und Wort von erstmals, sind von einer geläufigen Begrifflichkeit teils theologischer, teils literarischer Herkunft überzogen, und was der heutige Mensch gewöhnlich liest, wenn er »das Buch« aufschlägt, ist jenem lauschenden Sprechen, das sich hier eingetragen hat, so unähnlich, daß wir allen Grund hätten, solcher Scheinaufnahme die achselzuckende Ablehnung vorzuziehen, die »mit diesem Zeug nichts mehr anzufangen weiß«. Das gilt nicht etwa bloß für das Lesen von Übersetzungen, sondern auch für das des Originals: die hebräischen Laute selber haben für einen Leser, der kein Hörer mehr ist, ihre Unmittelbarkeit eingebüßt, sie sind von der stimmlosen theologisch-literarischen Beredsamkeit durchsetzt und werden durch sie genötigt, statt des Geistes, der in ihnen Stimme gewann, ein Kompromiß der Geistigkeiten zweier Jahrtausende auszusagen; die hebräische Bibel selber wird als Übersetzung gelesen, als schlechte Übersetzung, als Übersetzung in die verschliffene Begriffssprache, ins angeblich Bekannte, in Wahrheit nur eben Geläufige. An die Stelle der ehrfürchtigen Vertrautheit mit ihrem Sinn und ihrer Sinnlichkeit, die die Schrift fordert, ist ein Gemisch von erkenntnislosem Respekt und anschauungsloser Familiarität getreten. Die Pseudobibel solch einer Leserschaft ist identisch mit dem Gegenstand jener achselzuckenden Ablehnung, und ihr Verhältnis zur echten Bibel darf man mit dem des in unserm Zeitalter »ermordeten« »Gottes« – nämlich des geläufigen vagen Gottesbegriffs – zum wirklichen Gott vergleichen. Es wäre hoffnungslos, dieser Tatsache gegenüber etwas durch eine neue Übertragung ausrichten zu wollen, wenn die Schrift bereits einmal strengerweise übertragen und so verbreitet worden wäre, denn dann wäre es ja die Textwahrheit selber, die sich versteift hätte, und nicht nur ihre Umschreibung; dann wären die Bildhaftigkeit, die Bewegtheit, die Leiblichkeit der biblischen Rede bereits in das abendländische Bewußtsein eingegangen und hier nur eben einer Trivialisierung verfallen, aus der sie etwa einst .
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die Neubeleuchtung durch neue religiöse Ereignisse, nicht aber eine nochmalige Wiedergabe in einer der abendländischen Sprachen herauszuretten vermöchte. Aber dem ist nicht so. Auch die bedeutendsten Übersetzungen der Schrift, die uns erhalten sind, die griechische der Siebzig, die lateinische des Hieronymus, die deutsche Martin Luthers, gehen nicht wesenhaft darauf aus, den ursprünglichen Charakter des Buches in Wortwahl, Satzbau und rhythmischer Gliederung zu erhalten 2; von ihrer Absicht getragen, einer aktuellen Gemeinschaft, der jüdischen Diaspora des Hellenismus, der frühchristlichen Ökumene, dem Glaubensvolk der Reformation, eine zuverlässige Stiftungsurkunde zu übermitteln, ziehen sie den »Inhalt« des Textes in die andre Sprache herüber, auf die Eigentümlichkeiten der Elemente, der Struktur, der Dynamik zwar nicht etwa von vornherein Verzicht leistend, wohl aber sie da unschwer aufgebend, wo die spröde »Form« die Weitergabe des Inhalts behindern zu wollen scheint. Als ob eine echte Botschaft, ein echter Spruch, ein echter Gesang ein von seinem Wie ohne Schaden ablösbares Was enthielte, als ob der Geist der Rede anderswo als in seiner sprachlichen Leibesgestalt aufzuspüren und anders als durch deren zugleich treue und unbefangene Nachbildung den Zeiten und Räumen zuzutragen wäre; als ob eine auf Kosten der ursprünglichen Leiblichkeit gewonnene Gemeinverständlichkeit nicht notwendigerweise eine Mißverständlichkeit wäre oder doch werden müßte. Gewiß standen die großen Übersetzer in der begeisterten Einsicht, daß das Wort Gottes allen Zeiten und Räumen gelte; aber sie verkannten, daß durch solche Einsicht das Gewicht des »Von wo aus«, des Dort und Damals in all seiner volkhaften, personhaften, körperhaften Bedingtheit nicht gemindert, sondern erhöht wird. Vollzogne Offenbarung ist immer Menschenleib und Menschenstimme, und das heißt immer: dieser Leib und diese Stimme im Geheimnis ihrer Einmaligkeit. Zur Verkündigung des Propheten gehören nicht bloß seine Symbole und seine Gleichnisse, sondern auch der Grundstrom althebräischer Sinnlichkeit noch in den geistigsten Begriffen, die straffe Spannung der althebräischen Satz-Architektur, die althebräische Art, nah beieinander stehende, aber auch von einander entfernte Wörter durch Wurzelverwandtschaft oder Gleichklang auf einander zu beziehen, der gewaltige, auch über alle Metrik hinaustreibende Gang althebräischen Rhythmus. Dies erkennen, heißt freilich dem Übersetzer eine grundsätzlich unerfüllbare Aufgabe zuweisen; denn das Besondre ist eben das Besondre und kann nicht »wie-
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Vgl. zum Folgenden Franz Rosenzweig, Die Schrift und Luther (S. ff. in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«).
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dergegeben« werden, die Sinnlichkeiten der Sprachen sind verschieden, ihre Vorstellungen und ihre Weisen sie auszuspinnen, ihre Innervationen und ihre Bewegungen, ihre Leidenschaften und ihre Musik. Grundsätzlich kann denn auch Botschaft, in ihrer schicksalhaften Verschweißung von Sinn und Laut, nicht übertragen werden; sie kann es nur praktisch: annähernd – wie nah zu kommen es einem jeweils von den Grenzen der Sprache, in die er überträgt, verstattet wird; aber zu diesen Grenzen muß der Dolmetsch immer wieder vorstoßen, nur an ihnen selber, nur aus dem Mund der höchsten Wächter Belehrung annehmend, was ihm gewährt sei und was nicht. Grundsätzlich läßt sich ja nicht einmal die Voraussetzung erfüllen: die Aufdeckung der Grundschrift; denn was mit einem biblischen Wort primär gemeint war, läßt sich naturgemäß nicht wissen, nur eben erschließen, und oft auch dies nicht anders als vermutungsweise – nicht selten müssen wir uns damit begnügen, zu vermuten, was der »Redaktor« damit gemeint hat, d. h. das Einheitsbewußtsein, das aus überlieferten Gebilden und Bruchstücken die Hallen der Bibel erbaut hat. Aber auch dies darf uns für unser Vorhaben der Annäherung genügen, denn nicht in den »Quellen«, sondern hier ist in Wahrheit Bibel, das nämlich, was zu Zeugnissen und Urkunden hinzutritt, die es zu Büchern und zum Buch verbindet: zeitenverschmelzender Glaube an Empfang und Übergabe, das Zusammensehen aller Wandlungen in der Ruhe des Wortes. Von diesem Wissen um lebendige Einheit ist das Verhältnis unsrer Übertragung zum Text bestimmt. Der analytischen Wissenschaft steht das Recht zu, wo immer es ihr gutdünkt Zeichen die geschrieben sind durch andre zu ersetzen, die ihr angemessener erscheinen, uns aber das, in der Gegebenheit des »festen Buchstaben« zu verweilen, solang er es uns irgend erlaubt; sie darf eine Erzählung, ein Lied, einen Satz in wirklich oder vermeintlich selbständige Bestandteile auflösen, wir aber das geschmiedete Werk der Ganzheiten betrachten und nachformen. Wobei unter Nachformen nicht das geistwidrige Unterfangen, eine vorgefundene Form in andersartigem Material zu wiederholen, zu verstehen ist, sondern das Streben, ihr in der andersgesetzlichen Sprache, in die übertragen wird, eine Entsprechung, Entsprechungen zu schaffen. Deutsche Lautgestalt kann nie hebräische Lautgestalt reproduzieren, aber sie kann, aus analogem Antrieb wachsend und analoge Wirkung übend, ihr deutsch entsprechen, sie verdeutschen. Damit er solchem Anspruch gerecht werde, muß der Dolmetsch aus dem hebräischen Buchstaben wirkliche Lautgestalt empfangen; er muß die Geschriebenheit der Schrift in ihrem Großteil als die Schallplatte ihrer Gesprochenheit erfahren, welche Gesprochenheit sich – als die eigentliche
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Wirklichkeit der Bibel – überall neu erweckt, wo ein Ohr das Wort biblisch hört und ein Mund es biblisch redet. Nicht bloß Weissagung, Psalm, Spruch sind ursprünglich zungen-, nicht federgeboren, sondern auch Bericht und Gesetz; heiliger Text ist für alle ungebrochene Frühzeit mündlich überlieferter Text – mündlich überliefert auch da, wo daneben ein hochausgebildetes profanes Schrifttum besteht –, der erst, wenn seine unverfälschte Erhaltung trotz seiner dem Gedächtnis sich einprägenden Rhythmik und trotz allen strengen Memorialvorschriften unsicher geworden ist oder wenn besondere Zwecke es erfordern, aufgezeichnet wird. Was aber im Sprechen entstanden ist, kann nur im Sprechen je und je wieder leben, ja nur durch es rein wahr- und aufgenommen werden. In der jüdischen Tradition ist die Schrift bestimmt, vorgetragen zu werden; das sogenannte Akzentsystem, das Wort um Wort des Texts begleitet, dient dem rechtmäßigen Zurückgehen auf seine Gesprochenheit; schon die hebräische Bezeichnung für »lesen« bedeutet: ausrufen, der traditionelle Name der Bibel ist: »die Lesung«, eigentlich also: die Ausrufung; und Gott sagt zu Josua nicht, das Buch der Tora solle ihm nicht aus den Augen, sondern, es solle ihm nicht »aus dem Munde« weichen, er solle (das bedeutet das Folgende eigentlich) darin »murmeln«, d. h. die Intonationen mit leisen Lippen nachbilden. 3 So aufgenommener Gesprochenheit also soll die deutsche Lautgestalt entsprechen, selbstverständlich nicht für das stumme Lesen, sondern für den richtigen, den vollen Lautwert herausholenden Vortrag. Auch die Verdeutschung der Schrift will »ausgerufen« werden. Dann nur wird die Ungeläufigkeit ihrer Wirkung nicht zur Befremdlichkeit entarten. Diese Ungeläufigkeit selber aber ist notwendig, ist das Notwendige, wenn nach all dem falschen Bescheidwissen um die Bibel, nach all dem Sichgemeinmachen mit ihr eine Übertragung die Begegnung zwischen ihr und dem heutigen Menschen herbeiführen helfen soll. Es wäre eine falsche, überflüssige, bedenkliche, spätromantische Ungeläufigkeit, wenn sie aus ästhetischen oder literarischen Reflexionen erwachsen wäre; wenn etwa die Wortwahl ganz oder auch nur teilweise von einem Geschmack – gleichviel, einem archaisierenden oder einem willkürlich neologisierenden – bestimmt würde und nicht durchweg von den Forderungen des Textes, von seinem gebieterischen Sosein, von seinen eigentümlichen Mächtigkeiten und Intimitäten. Um diesen die abendländische, die deutsche Entsprechung zu schaffen, muß oft über den gegenwärtigen Wortbestand hinaus nach Ungebräuchlichgewordnem, ja Verschollenem gegriffen werden, .
Vgl. Franz Rosenzweig, Die Schrift und das Wort (S. ff. in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«).
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wenn es, wohlüberliefert, kein wirkliches Synonym hat und also seine Wiedereinführung legitim und erwünscht ist; zuweilen darf der Übersetzer auch Neubildungen nicht scheuen, wo er einer biblischen Einrichtung oder einer biblischen Vorstellung im deutschen Wortschatz keine vollkommene Entsprechung zu finden vermag, und dann wird es von dem Ernst seines Sprachgewissens, von der Sicherheit seines Sprachtakts, von seiner Haltung zu den Gesetzen der Übertragungssprache – einer Haltung, die kühn und doch gehorsam sein muß – abhängen, ob das neue Wort, wenn auch nur als Bezeichnung für ein Ding jener biblischen Welt, von den Generationen bestätigt und eingebürgert wird. Der unbefangen den Weg zur Bibel suchende Leser wird eben immer wieder von den Worten der neuen Übertragung, die von der ihm geläufigen abweichen, zu den Wirklichkeiten hinzudringen suchen, die darin sich aussprechen, wird erwägen, ob diesen in ihrer Besonderheit die geläufige Wiedergabe Genüge tut, wird den Abstand zwischen beiden ermessen und nun prüfen, wie sich ihm gegenüber die neue Wortwahl bewährt; und so wird ihm mit dem Lesen die biblische Welt Bezirk um Bezirk aufgehn, ihre Anderheit gegen manches Gewohnte, aber dann doch auch die Wichtigkeit der Aufnahme dieser Anderheit in den Bau unsres eigenen Lebens. Freilich wird ihm diese Welt vielfach sprachlich schärfer, ausgesprochener erscheinen als denen die in ihr lebten: weil der Begriff in der Verdeutschung, vom Gewohnten abgehoben, seine sinnliche Grundbedeutung nachdrücklicher vorträgt als im Original, wo im begrifflichen Gebrauch das Sinnliche, Bildhafte nur eben mit anklang, wenn auch in einer oft recht wirksamen Weise; aber eben daraus wird sich für den ernsten Leser die Aufgabe einer Einarbeitung, Einlebung ergeben, die fruchtbar werden muß. Es ist dieselbe Aufgabe, die heute in andrer Gestalt den Leser des Originals antritt, wenn er das lebendige Dort und Damals, und damit die Leiblichkeit des biblischen Geistes, von der Wortgeläufigkeit befreien will, die alle Lektüre des in unserer Zeit hebräisch Lernenden alsbald überzieht, gleichviel ob er aus einem Lexikon oder im Vulgärgespräch der Konversationsmethode erfahren hat, was die Wörter angeblich bedeuten. — An einigen Begriffen des kultischen Bereichs und der benachbarten läßt sich am deutlichsten zeigen, wie die Wirklichkeit, die die biblischen Bezeichnungen meinten, teils entwirklicht, teils durch andersartige Vorstellungen ersetzt worden ist. (Ich ziehe im folgenden die Übertragung Luthers – abgekürzt: L – und die modern-wissenschaftliche von KautzschBertholet in der Ausgabe von – abgekürzt: K-B – zum Vergleich heran.) Das Wort, das allgemein durch »Opfer« wiedergegeben wird, korban,
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hat mit den Assoziationen, die das deutsche Wort (das die Sinnlichkeit von offerre längst eingebüßt hat) erzeugt – Verzicht, Entäußerung usw. – nichts zu schaffen. Während gar der indische Opferbegriff ein Wesen, dem geopfert wird, nicht notwendig voraussetzt, ist korban ein Beziehungsbegriff, d. h. er schließt das Dasein zweier Personen ein, und zwar zweier, von denen die eine die Entfernung zwischen den beiden zu vermindern sucht, indem sie sich der andern, eben durch den Korban, den sie ihr »herannaht«, zu »nähern«, ihr zu nahen sucht; korban ist also deutsch nicht Opfer, sondern Darnahung, Nahung. Wer etwa die Geschichte von der Empörung Korachs und der Seinen (. M ) liest und darauf achtet, welches Gewicht hier das »Nahen« und das »Nahenlassen« hat, wird ermessen, was das Anklingen der Vorstellung von Ferne und Näherkommen für den »Opfer«-Begriff der Bibel bedeutet hat. Verwandter Art sind die Bezeichnungen für Opferarten wie das sogenannte »Brandopfer«, ola, und das sogenannte »Speisopfer«, mincha; mit Brand und Speise haben die Wörter nichts gemein; ola ist das »Hochaufsteigende«: »die ist es die hochaufsteigt auf ihrer Glut auf der Schlachtstatt die ganze Nacht bis zum Morgen« heißt es an der vielfach mißverstandenen worterklärenden Stelle . M 2, und zwar das, was der Opfernde, der es hinbringt und entzündet, im Rauch himmelwärts hochaufsteigen läßt, also seine Darhöhung oder Hochgabe; und mincha darf, mag auch die Etymologie strittig sein, im biblischen Vorstellungskreis (zu dessen Erfassung uns die erschließbare Volksetymologie zuweilen tauglicher sein kann als die wissenschaftliche) als »das Hingeleitete«, also die Hinleitspende oder Hinleite, verstanden werden; immer deutet das Wort auf einen Vorgang zwischen Mensch und Gott oder doch auf die Einleitung dieses Vorgangs durch den Menschen hin, und es ist wichtig, daß etwas an dem es übersetzenden Wort, so das »dar«, das »hin«, nachdrücklich auf die Richtung des Opferakts verweise. Dargebracht wird das Opfer auf dem »Misbeach«, der so, »Schlachtstatt«, heißt, weil an ihm geschlachtet wird; und diese Vorstellung, so hart sie einem heutigen Leser erscheinen mag, muß die führende im Wort bleiben, weil »das Schlachten des Schlachtmahls« eben biblisch das Primäre ist, weil biblisch nicht am Altar auch geschlachtet, sondern auf der Schlachtstatt auch dargebracht wird. Der Duft des Opferrauchs heißt reach nichoach, eine refrainartig wiederkehrende Wortfügung, deren Assonanz ihrer Einprägsamkeit in so charakteristischer Weise dient, daß die Verdeutschung suchen muß, ihr eine Entsprechung zu schaffen; reach ist Geruch, der eigentümliche Begriff nichoach aber, der nur vom Opferduft gebraucht wird, ist schon deshalb nicht durch »lieblich« wiederzugeben; das Wort hängt mit »ruhen« zusammen, aber auch »beruhigend« wäre
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ungenau, das Wohlgefallen muß mit dabei sein; man nehme alle Momente zusammen und hat unser »Ruch des Geruhens«. Das Verb, das durch das theologische »sühnen« wiedergegeben zu werden pflegt, kipper, bedeutet (wenn auch andre Ableitungen möglich sind) in der biblischen Vorstellung, wie eine genaue Untersuchung aller Stellen ergibt, decken, bedecken; so geben z. B. . M 12 bei der Musterung – nach biblischer Vorstellung vielmehr »Einordnung« – des Heers die »Eingeordneten« eine feste Abgabe, jeder die Hälfte eines Schekels oder Vollgewichts, als »Deckung« (kofer) ihres Lebens: während des »Hindurchschreitens« nämlich sind sie aus dem Volkszusammenhang gelöst, vereinzelt und damit in einer besondern Weise einem »Zustoß« ausgesetzt, vor dem sie sich durch die nicht sühnende (es ist nichts zu sühnen, denn die von Gott gebotene Musterung kann hier nicht wie die willkürliche . Sam als »mißfällig« angesehen werden), aber »ob ihren Leben bedeckende« gleichmäßige – »der Reiche mehre nicht und der Arme mindre nicht an der Hälfte des Vollgewichts« – heilige Steuer schützen, wie die ebenso, kofer, benannte Geldbuße vor dem Vollzug mancher gerichtlichen Todesstrafe beschützen kann (. M 30); K-B übersetzen hier freilich »Deckung« und »decken«, als ob es hier einen andern Begriff gälte als z. B. . M 11, wo genau dieselbe Wendung »ob euren Seelen (oder Leben) zu bedecken« steht, aber von K-B »daß man für euch Sühne schaffe« übersetzt wird; es ist aber überall das gleiche Bild und der gleiche Sinn. Das oben angeführte Wort »Zustoß«, hebräisch negef, und das verwandte maggefa, das wir mit Niederstoß wiedergeben, sind ebenfalls Beispiele für die entsinnlichende Funktion der üblichen Übersetzungen; das erste wird durch Plage, das zweite, ihm wesensnahe, aber nicht mit ihm identische, von L ebenfalls durch Plage, von K-B je nachdem durch Plage, »plötzlicher Tod«, »Niederlage«, »Seuche« wiedergegeben, obgleich es immer dasselbe bedeutet: Gott stößt den Strafwürdigen, Person oder Volk, nieder oder läßt ihn niederstoßen. Wie schwer die Verkennung eines hebräischen Wortcharakters sich auswirkt, zeigt die Wiedergabe des Wortes kodesch, für das die Übertragungen das Adjektiv heilig, und der Wortfügung kodesch ha-kodaschim, für die L »das Allerheiligste« und K-B »hochheilig« setzen. Das Substantiv kodesch ist aber kein statischer, sondern ein dynamischer Begriff, es bezeichnet nicht einen Zustand, sondern einen Vorgang: den der Heiligung, des Heiligens und des Geheiligtwerdens (erst der Artikel oder das Possessivsuffix kann ihm die Bedeutung: das Heiligtum, das Heilige verleihen). Mose steht vor dem Dornbusch nicht auf heiligem Boden, sondern auf Boden der Heiligung, Ahron wird bei seiner Priesterweihe in
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Gewänder der Heiligung gekleidet und mit Salböl der Heiligung bestrichen, der Sabbat ist eine Feier der Heiligung, und die Söhne Israels werden von Gott aufgerufen, Menschen der Heiligung zu werden; alle Gott dargebrachten Spenden heißen nicht »heilige Gaben«, sondern Darheiligungen, die Anteile der Priester Abheiligungen, bei beiden wiegt der Vorgang des kultischen Aussonderns im Begriff vor. Darum werden die Priesteranteile an den Opferabgaben »Abheiligungen von Darheiligungen« genannt, als »hochheilig« oder gar als »allerheiligst« sollen sie damit nicht bezeichnet werden. Von der Salbung der Gegenstände im Heiligtum heißt es . M 29: »Heilige (kiddaschta) sie (nicht »Und du sollst sie so weihen«, wie auch K-B haben), daß sie Heiligung für Darheiligungen werden (nicht »das Allerheiligste« und auch nicht »hochheilig«, sondern Gegenstände, die alles, was sie berührt, zu kultisch Ausgesondertem machen, wie das Folgende erklärt): was sie berührt, wird verheiligt (jikdasch, nicht mit L »geweiht«, und nicht mit K-B »dem Heiligtum verfallen«, was nur eine Paraphrase ist) sein.« Und das Innerste des Heiligtums selber ist kein »Allerheiligstes«, sondern das, wovon – nämlich von dem Verdeck über dem Schrein darin, das die Cheruben trägt – alles im Heiligtum sein Geheiligtsein empfängt, »das Heiligende der Heiligtume«. Der Gegensatz zu kodesch ist chol, d. h. nicht das »Unheilige« (L) oder »Nichtheilige« (K-B), was beides zum Unterschied vom Hebräischen eine negative Bezeichnung ist, sondern das Preisgegebene, das nämlich, was dem allgemeinen Gebrauch preisgegeben, also nicht kultischer Aussonderung unterworfen ist; so wird denn auch der Beginn der Nutzung des in den ersten Jahren nach der Pflanzung pflichtgemäß geweihten Weinbergs (. M 23) eine Preisgabe oder vielmehr Preisnahme genannt (. M 6 und 30). Ebenso ist der Gegensatz zu tahor, rein, tame, nicht »unrein«, sondern ein positiver Begriff, den wir durch »maklig« wiedergeben; der »Makel« ist nicht ein bloßes Fehlen an Reinheit, sondern eine miasmatisch wirkende Macht. Das tragbare Heiligtum der Wüstenwanderung nennt der Pentateuch zumeist ohel moʿed; ohel ist eindeutig Zelt, dagegen ist das zweite Wort von je sehr verschieden übertragen worden: die Siebzig verstehen, sicherlich falsch, »des Zeugnisses«, Hieronymus abwechselnd ebenso und (kaum richtiger) »des Bundes«, Luther hat das mehr schöne als deutliche oder begründete »Hütte des Stifts«, und erst die moderne Wissenschaft kommt mit ihrem »Offenbarungszelt« (K-B) dem Wortsinn nah. Freilich erfaßt auch ihre Wiedergabe ihn noch nicht. Das hebräische Wort für offenbar werden, sich offenbaren ist nigla, das demgemäß auch K-B, z. B. . M 7, . M 28, mit »offenbaren« übersetzen. Die moʿed zugrundeliegende Reflexivform des Verbs jaʿad bedeutet, von mehreren Personen
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gebraucht, einander an vorherbestimmtem Ort begegnen, von einer einzigen Person gebraucht – biblisch nur auf Gott angewendet – sich an vorherbestimmtem Ort (aber nicht zu vorherbestimmter Zeit) zu einer Begegnung einfinden, sich gegenwärtigen; »wohin ich mich dir (oder euch) gegenwärtige« ist das mehrfach wiederkehrende Gotteswort, durch das in der Bibel der Sinn von moʿed erklärt wird (diese Absicht wird von den alten Übersetzern völlig verkannt, so daß die Siebzig übersetzen: »wo ich mich dir zu erkennen gebe«, Hieronymus noch falscher: »wo ich zu dir reden werde«; Luther kommt der Absicht nahe, mißversteht aber mit seinem »von dannen ich dir werde zeugen«). Ohel moʿed ist also das Zelt der göttlichen Gegenwärtigung, das Zelt der Gegenwart. Aber die Tiefe und Verzweigtheit des Übersetzungsproblems, für das wir hier eins der gewichtigsten Beispiele haben, tut sich erst auf, wenn wir neben diese Bezeichnung des tragbaren Heiligtums die andere, sehr ähnliche und doch verschiedene halten, die ebenfalls mehrfach, und ohne abweichende Nüancierung des Gesamtsinns, vorkommt, ohel (wofür auch mischkan, Wohnung, steht) ha-ʿedut – von den erwähnten alten Übersetzern durch Zelt (oder Wohnung) des Zeugnisses wiedergegeben, also so behandelt, als ob moʿed und ʿedut dasselbe wären. Sie sind so wenig dasselbe, daß sie von der neueren Sprachwissenschaft zumeist sogar zwei verschiedenen Wortwurzeln zugeteilt werden. Aus Gründen, die hier nicht darzulegen sind, glaube ich hinter diese beiden auf eine einzige zurückgehen zu dürfen, der der Sinnbereich des Gegenwärtigseins, Gegenwärtigwerdens, Gegenwärtigbleibens zukommt (so ist z. B. ʿeda, das wir notgedrungen mit »Gemeinschaft« übersetzen, das jeweils »gegenwärtige« Volksgeschlecht). ʿEdut ist die Vergegenwärtigung, das, was einem etwas vergegenwärtigen, immer neu gegenwärtig machen soll und kann; in unserm Zusammenhang werden die Tafeln des Bundes so genannt, die die Offenbarung als eingegrabene Schrift empfangen haben und sie allen späteren Geschlechtern, die nicht selber der Offenbarung gegenwärtig gewesen waren, »vergegenwärtigen« sollen; dazu werden sie im Innersten des Zelts im »Schrein des Bundes« verwahrt, dessen Oberteil, das »Verdeck« (kapporet, dem sühnenden »Bedecken«, kipper, wurzelverwandt und sich einmal, in dem Abschnitt, der von dem sogenannten Versöhnungstag, dem jom ha-kippurim, d. h. dem Tag der Bedeckungen handelt, . M , bedeutsamerweise, v. f., damit begegnend) mit den beiden Cheruben, der Ort ist, wo Gott sich dem Volk »gegenwärtigt«: »vor die Vergegenwärtigung ins Zelt der Gegenwart, wohin ich mich dir gegenwärtige« (. M 36, ähnlich . M 19) – eine Wortfolge, die in ihrer Umfassungsweite und Einheitlichkeit zugleich wiedergeben zu können eine der stärksten Bewährungen unserer Methode gewesen ist.
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Damit ist zugleich ein eindringliches Beispiel der anderen Art von Wortwahl in der Übertragung gegeben, die ich neben der besprochenen absoluten Wortwahl die relative nennen möchte; jene ist auf die Erfassung des individuellen Wortsinns, auf die Freimachung seiner ursprünglichen Sinnlichkeit von der Kruste der geläufigen Abstraktion bedacht, diese auf die jeweilige Bewahrung des von der Bibel gemeinten Verhältnisses zweier oder mehrerer wurzelverwandten oder auch nur klangnahen Wörter zueinander. Ich habe schon darauf hingedeutet, wie wichtig für den biblischen Stil die »Paronomasie« ist, d. h. eben die Verwendung mehrerer Wörter ähnlichen Baus oder Klangs dicht oder doch so nah beieinander, daß man, wo einem das zweite, das dritte entgegentritt, noch das erste nach- oder wiederertönen hört. Diese Wörter werden dadurch, abgehoben von ihrer Umgebung, in eine besondre Beziehung gesetzt, worin oft ein vom Text Ausgesprochenes gleichsam in seiner Schallwirkung sich verstärkt und einprägsamer wird, ja sogar etwas auf eigentümliche Weise ausgesprochen wird, was der Text eben nur so auszusprechen wünscht. Es sind demgemäß in der Bibel Alliteration und Assonanz, und erst recht Wiederholung von Wörtern, Wendungen, Sätzen, nicht von ästhetischen Kategorien allein aus zu begreifen, sie gehören zumeist zum Gehalt und Charakter der Botschaft selber, und ihre richtige Wiedergabe ist eine der innerlichsten Aufgaben der Übertragung. Es geht oft um sehr wichtige Zusammenhänge, wenn wir innerhalb eines Abschnitts, nicht selten auch innerhalb eines ganzen Teils, eines ganzen Buches, ja einer Mehrheit von Büchern die gleiche hebräische Wortwurzel durch die gleiche deutsche wiederzugeben bestrebt sind. 4 Das Wort moed bedeutet auch Gezeit, zunächst nur in dem Sinn der alljährlichen Wiederkehr desselben Tags (oder derselben Tage), von dessen Gegenwart aus seine regelmäßige Wiederkehr als eine stets wiederkehrende Gegenwart angesehen wird; sodann im Sinn der Festzeiten; endlich aber verknüpft sich damit unter dem Einfluß des Wortgehalts eigentümlich die Vorstellung der Begegnung zum Begriff der festlichen Begegnungen des Volks untereinander, des Volks mit Gott, ja beide Bedeutungsnüancen können nebeneinander treten (. M 4): »Dies sind die Begegnungsgezeiten (moʿade, L: ›Feste‹, K-B: ›Festzeiten‹) bei Ihm, / Ausrufungen der Heiligung (mikrae kodesch, L: ›heilige Feste‹, K-B: ›Versammlungen am Heiligtum‹), / die ihr ausrufen sollt (tikr’u, L: ›heißen‹, K-B richtig: ›auszurufen‹, aber das Wort, das K-B mit ›Versammlungen‹ übersetzen, ist das Nomen des gleichen Verbs!) zu ihrer Gezeit (b’mo.
Vgl. S. ff., ff., ff., ff. und ff., sowie in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, S. , ff., ff. und ff.
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aʿdam, L: ›da ihr zusammenkommt‹, K-B: ›zu ihrer festgesetzten Zeit‹.)«. Einen ganz anderen Bedeutungswandel macht das eigentliche Wort für Fest, chag, durch, dessen ursprünglicher Sinnlichkeitsgehalt, Reigen, Festreihn (mit Verb: den Festreihn reihen), allmählich verblaßt, welchem Entsinnlichungsprozeß der Übersetzer zu folgen hat, wie er z. B. für das gewöhnlich durchgehend mit »beten« wiedergegebene hitpallel im ganzen Pentateuch einheitlich das speziellere und offenbar ursprünglichere »sich einsetzen« (d. h. Gott gegenüber mit der eignen Person für jemand, dem er zürnt) zu verwenden gehalten ist. Dagegen ist chodesch, das eigentümliche »Mondneuung, Neuung«, nirgends durch »Monat« zu ersetzen, da es nicht die Zeitdauer als solche, sondern entweder den ganzen Kreislauf der Monderneuung oder den Neumond als ihren Beginn bezeichnet und die Dynamik des Begriffs für die Psychologie der biblischen Zeitgliederung unentbehrlich ist. Noch wichtiger ist die Erhaltung der hebräischen Wortdynamik in Bezeichnungen wie schabbat und peſsach, die nicht wie üblich unübersetzt bleiben dürfen; peſsach darf sich nicht zu Passah technisieren, sondern muß im Wachhalten der lebendigen Assoziation das Fest der Erinnerung an jenen Übersprung oder Übergang (. M 13) bleiben; und vollends den schabbat muß die deutsche Bibel aus der Erstarrung des »Sabbats« in die Vitalität der Feier, des Feierns zurückretten (wie denn das Wort an einzelnen Stellen, so . M 15, nicht den wöchentlichen Ruhetag, sondern einen andern Festtag bezeichnet), dahin, wo der Mensch, von der »Arbeit« feiernd, die er in der Woche »gemacht« hat, sich in der Nachahmung Gottes stehend erfährt, der am siebenten Tag der Schöpfungswoche von der »Arbeit« feierte, die er »gemacht« hatte. Daher denn nicht, wie es üblich ist, in der Schöpfungsgeschichte das Nomen »Werk« und in den Sabbatgesetzen für das Werk des Menschen das Nomen »Arbeit«, in der Schöpfungsgeschichte das Verb »machen« und in den Sabbatgesetzen für das Machen des Menschen das Verb »verrichten« gebraucht werden darf, sondern dort und hier, wie das Original tut, die gleichen Worte, – es sei denn, wo ausnahmsweise das Sabbatgebot nicht auf die Schöpfung hinweist. Das siebente Jahr wird zu Unrecht als Jahr der Schmitta »Erlaßjahr« genannt: die Schulden sollen nicht erlassen, sondern sie dürfen nicht eingetrieben, sie sollen »abgelockert« werden (. M 2 f.), schmitta ist Ablockerung. Das fünfzigste Jahr, das Jobeljahr, wird zu Unrecht »Halljahr« genannt; es müßte Widderjahr oder doch Widderhornjahr heißen, wenn wirklich jowel ursprünglich den Widder bedeuten sollte; aber trotz dem Phönizischen und der talmudischen Tradition spricht der biblische Wortgebrauch dagegen: nirgends wird der Widder so genannt, überall – eben außer in den Jobeljahr-Gesetzen, wo die pathetische Prägnanz, mit
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der das Wort verwandt wird, erst recht dagegen spricht, an einen Widder zu denken – bezeichnet das Wort eine besondere Art von Horn oder von Hornklang; und die Etymologie läßt vielmehr daran denken, daß diese so hießen, weil ihr Zweck war, eine Schar zusammen- und fortzuführen, wovon freilich dann auch der Widder als Führer der Herde so hätte heißen mögen. Welche Vorstellung aber das biblische Bewußtsein mit dem Jobeljahr selber verband, wird aus . M 10 ff. deutlich genug: es ist der Zurückführer, der Heimführer, Heimholer, der den verarmten ursprünglichen Grundbesitzer zu seinem Grundbesitz und den unfrei Gewordenen zu seiner Familie zurückbringen soll: »Heimholer sei es euch, / da kehrt ihr zurück / jeder zu seiner Hufe, / jeder zu seiner Sippe / sollt zurück ihr kehren.« Das Jobelhorn ruft heim, holt heim. Zwei so wurzelverschiedene Wörter wie zedek und mischpat sind nicht bloß grundsätzlich nicht durch zwei wurzelgleiche, Recht und Gericht, Recht und Gerechtigkeit usw., wiederzugeben, sondern auch weil dabei der Bedeutungsunterschied so wichtiger Begriffe sich verliert: mischpat, von schafat, richten, ist Gericht, Gerichtssache, Gerichtsverfahren, Rechtsanspruch, Rechtsbrauch, Rechtsordnung, Rechtsgemäßheit; zedek ist der sachlich zutreffende Urteilsspruch, der »Wahrspruch«, die Übereinstimmung einer Äußerung oder Handlung mit der gemeinten Wirklichkeit, die »Wahrheit« und »Wahrhaftigkeit«, z’daka ist die Bekundung der Übereinstimmung an der persönlichen Lebensführung, die »Bewährung«, zaddik ist der in der Übereinstimmung Lebende, der »Bewährte«, hazdek ist jemanden in der Wahrheit seiner Person oder seiner Sache erweisen, ihn »bewahrheiten«. Dagegen bedeuten emet und emuna biblisch fast niemals Wahrheit in diesem absoluten Sinn, sondern Zuverlässigkeits-Haltung und -Gewißheit zwischen Wesen und Wesen, also »Treue« und »Vertrauen« – emet mehr objektiv, emuna mehr subjektiv betrachtet, wie denn auch das Verb aman fast durchweg durch »vertrauen« eher als durch »glauben« (ein herrliches, aber theologiebeladenes Wort) zu erfassen ist. Irreführend wirkt meist die Übersetzung von pakad durch heimsuchen oder bedenken; pakad ist die Tätigkeit des Ordnens, Anordnens, Verordnens, Beiordnens, Einordnens, Zuordnens, daher auch Gottes die Menschengeschicke ordnendes Walten, sein Ergänzen des Mangels, Hervorholen aus Bedrängnis, aber auch sein Tat und Folge zuchtmeisterlich ausgleichendes Wirken so genannt wird. Sara wird als Greisin schwanger, weil Gott es ihr (. M 1) »zugeordnet«, nicht weil er sie »heimgesucht« (L und K-B) hat; dem in Ägypten geknechteten Israel ordnet Gott die Befreiung zu (. M 24 f., wo K-B »wird sich Gott euer annehmen« übersetzen, . M 16, wo K-B übersetzen »ich achte genau«, obgleich hier von
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genau derselben göttlichen Handlung die Rede ist) usw. Verhängnisvoll wird die Sinnverschiebung an den Stellen, wo Gott sein strafendes Zuordnen kundgibt, . M 5 und 7, . M 18. An diesen vielerörterten Stellen (vor einiger Zeit wollte sich ein jüdischer Apologet sogar von den Gelehrten der römischen Kurie bescheinigen lassen, daß pakad hier nicht heimsuchen, sondern bedenken bedeute) haben, obgleich ihr Wortlaut fast völlig der gleiche ist, sowohl die Siebzig wie Hieronymus für dasselbe Wort poked zwei verschiedene, und sogar K-B übersetzen die gleiche Wendung einmal mit »der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern«, die andernmale mit »ahndet Väterschuld an Kindern«. Zu übersetzen ist (ich wähle die dritte, vollständigste Stelle): »straffrei nur befreit er nicht, zuordnend Fehl von Vätern ihnen (der Dativ wird im Deutschen besser ergänzt, um den Sinn zu verdeutlichen) an Söhnen und an Sohnessöhnen, am dritten und vierten Glied«, d. h. Gott läßt die Sünder erleben, wie noch ihre Söhne und Enkel an ihrer Verfehlung zu leiden haben, solang eben der Urheber der Verfehlung am Leben ist – von einer Strafe an den Nachkommen über die Lebenszeit des Sündigen hinaus ist nicht die Rede. Einige weitere Beispiele für die Erweckung unrichtiger Assoziationen durch ungenaue Übertragung: tora ist nicht »Gesetz«, sondern stets Weisung oder Unterweisung; nawi ist nicht »Prophet«, wobei man trotz der wirklichen Bedeutung des griechischen Wortes, die der des Hebräischen nahesteht, allzuleicht an das geläufige »Prophezeien« d. i. Vorhersagen denkt, sondern Künder, d. i. Kundgeber, Aussprecher des ihm eingesprochenen Gotteswortes, »Mund« Gottes; mal’ach ist nicht ein »Engel«, also ein Wesen besondrer Gattung, von dem man zum mindesten eben dies weiß, daß es eine solche Gattung gibt, sondern schlechthin (was ja auch das griechische angelos, woher »Engel« kommt, bedeutet) ein Bote, der für unser biblisches Wissen nicht anders als in seiner Botschaft existiert und dessen Art die Aggada recht deutet, wenn sie ihn dem Feuerstrom enttauchen und nach ihr in ihn zurückkehren läßt – letztlich deckt sich mal’ach, zumindest in den geschichtlichen Teilen der Schrift, mit dem jeweiligen Eingreifen Gottes so sehr, daß sowohl er das Ich Gottes reden als Gott seine Rede an beliebiger Stelle selber wiederaufnehmen kann. Wenn es hier genügt, auf den einfachen Wortsinn zurückzugehen, um der biblischen Meinung zu entsprechen, zeigt das Wort kawod – »Ehre«, wo von den Menschen, »Herrlichkeit«, wo von Gott die Rede ist –, daß es auch für die getreuste Wortwahl des Übersetzers unüberwindliche Hindernisse gibt. Dem eigentlichen Sinn dieses semitischen Wortes ist keine abendländische Entsprechung zu finden: es bedeutet »die Wucht«, »das Gewicht«, die Substanz und Mächtigkeit eines Wesens, aber nicht
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an sich, sondern als sich manifestierend, als ausstrahlend, als erscheinend gedacht; Gottes kawod ist eher seine »Erscheinung« als seine »Herrlichkeit« zu nennen (welches Wort zudem an mehreren Stellen an das Wort »Herr« stößt, mit dem es nichts zu tun hat), wofern nur der Leser das Wort »Erscheinung« sinnlich genug, optisch genug faßt, eben als das Sichtbarwerden der unsichtbaren majestas, ihr Scheinendwerden, – die Glorie, aber die Glorie eben als Ausstrahlung der »Wucht«. Diese Unmittelbarkeit der Sprach-Wahrnehmung beim Leser voraussetzend oder doch aufrufend, darf der Dolmetsch wohl für das hebräische ekkawed oder ikkawda an Stellen wie . M 4 und 17 f. und . M 3 statt des »ich will Ehre einlegen« und des »ich werde herrlich werden« Luthers, des »ich werde meine Überlegenheit beweisen« und des »ich verherrliche mich« von K-B, ein gutes altes deutsches Wort erneuend, Gott sprechen lassen: »Ich erscheinige mich«. Unmittelbarer als der Begriff des Kawod Gottes läßt sich von der deutschen Sprache der jener Ruach Gottes erfassen, die im Anfang der Schöpfung überm Antlitz der Wasser flügelspreitend, wie der Adler über seinen Nestlingen, schwebt (das Wort »schweben« allein gibt hier das hebräische m’rachefet nicht wieder, weil man dabei nicht, wie bei diesem, an einen Vogel denken muß, an einen, der mit leicht schlagenden Flügelspitzen in der Luft steht; auch die hier wichtige Assonanz will beachtet werden). Man begnügte sich bisher damit, für eine der beiden Grundbedeutungen von ruach, Wind oder Geist, zu optieren; zumeist entschied man sich für die zweite, Luther freilich erst nach einem schweren Ringen um den rechten Sinn. Offenbar stand aber auch für ihn fest, daß der eben nur in einer der beiden Bezeichnungen, nicht in einer dritten umfassenden zu finden sei. Und doch bedeutet an dieser Stelle ruach nicht eins von beiden, sondern unzerspalten beides in einem: jenes von Gott ausgehende brausende Urwehen, das im »Wind« eine naturhafte, im »Geist« eine seelenhafte Gestalt annimmt. Im griechischen Wort pneuma lebt diese Bindung des Urgeistigen an das Ursinnliche noch nach, wenn auch nicht so stark wie in ruach, weil eben die Bezeichnung pneuma den Wind nicht mit umfaßt; noch schwächer ist jene in dem lateinischen spiritus zu spüren. Im deutschen »Geist« war sie vor Luther doch so mächtig, daß man (z. B. Meister Eckhart) den Satz in Jesu Gespräch mit Nikodemus »to pneuma pnei …« nicht wie Luther »der Wind bläset …« sondern »der Geist geistet wo er will« übersetzen durfte 5; der dynamische Charakter .
Dadurch, daß Luther im . Kapitel des Johannesevangeliums dasselbe Wort pneuma im . Vers mit »Geist«, in der ersten Hälfte des . Verses mit »Wind« und in dessen . Hälfte wieder mit »Geist« übersetzte, ist der einheitliche Sinn der Stelle – die Wesensgleichheit des aus dem Pneuma Wiedergeborenen mit dem Pneuma selber, so
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des Worts »Geist«, sein Zusammenhang mit »Gischt« war im deutschen Mittelalter noch unerloschen. Zu Luthers Zeit hingegen war »Geist« schon daran, aus einem Geschehen ein Gegenstand zu werden. In der Schrift bedeutet ruach überall ein Geschehen; auch da, wo wir genötigt sind, es mit »Geist« zu übersetzen, ist eher an ein sich begebendes »Geisten« als an eine bestehende Geistwesenheit zu denken. Auch will die Schrift immer wieder – am stärksten in der Geschichte von der Geistausgießung Gottes auf die Alten und der Entsendung des wachtelntreibenden Windes von Gott aus (. M ), wo beide Bedeutungen des Wortes gewichtig und absichtsvoll nebeneinanderstehen – von der Einheit des Wortes ruach aus die Ureinheit der damit gemeinten Wirklichkeit dem Gedanken einprägen. Wir dürfen ein Wort, das wie dieses zwei Bedeutungen, eine »naturhafte« und eine »geisthafte«, hat, nicht brückenlos, wie es allgemein in der Übertragung geschehen ist, in die zwei zerspalten, sondern müssen bedenken, daß die geisthafte Bedeutung sogleich verfälscht wird, wenn sie die Verbindung mit der Sinnlichkeit der andern verliert. Hier, bei ruach, ist uns die Brücke zwischen beiden Bedeutungen eben durch jenes Urwehen des Schöpfungsbeginns, den »Braus Gottes«, gegeben: unsere Übertragung spricht von Geistbraus, nicht von Geist, wo die Ruach als der den Menschen ergreifende, sich mit ihm bekleidende (so ist offenbar Richter 34 zu verstehen, später verwischt sich der Ausdruck), ihn verwandelnde, ihn begeistende Gottessturm erscheint, und von Windbraus, wo dem Text anzumerken ist, daß er den göttlichen Ursprung des Windes fühlbar machen will. Die Schwierigkeit der Wiedergabe steigert sich zur Paradoxie, wo es um die Verdeutschung der Gottesbezeichnungen selber geht. Für das Tetragrammaton, den Gottesnamen Jhwh, darf ich auf Rosenzweigs bedeutenden Aufsatz »Der Ewige« 6, verweisen. Er ist die einzige Gottesbezeichnung der Schrift, die durchaus Name, nicht Begriff ist; aber es ist ein Name, in dem sich für das biblische Bewußtsein ein Sinn, vielmehr der Sinn birgt und aus dem sich in der Offenbarung, im brennenden Dornbusch, der Sinn erschließt: Gott macht mit jenem ehje, das in der ersten Person ausdrückt, was der Name in der dritten verschweigt, keine theologische Aussage über sein Ansichsein, sein Sichgleichbleiben oder seine Ewigkeit, sondern er spricht seiner Kreatur das zu, was ihr zu wissen nottut, – daß er bei ihr da, ihr gegenwärtig ist, aber in stets neuen, nie vorwegzunehmenden Gestalten, in den Gestalten ihrer, dieser Kreatur, eig-
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daß man nunmehr von jenem ebensowenig wie von diesem wissen kann, woher und wohin – zerrissen worden. S. ff. der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«.
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nen Lebenssituationen, und daß es also auf nichts andres ankommt, als ihn darin je und je wiederzuerkennen. Dieser solchermaßen heimliche und offenbare, der Offenbarung nie mehr enthobene und doch durch sie nicht entgeheimniste Name darf aber, wiewohl erschlossen, nicht mit einem Begriff übertragen werden. Wenn die Wiedergabe »der Herr« der Siebzig, der Vulgata und Luthers die Wirklichkeit durch eine Fiktion ersetzt, wenn die Wiedergabe »der Ewige« Calvins und Mendelssohns die Erschließung mißdeutet, wenn die (auch an sich ungesicherte) Transkription der wissenschaftlichen Übersetzungen sie ignoriert und damit den Gottesnamen zu einem der Götternamen macht, würde die etwaige Wiedergabe durch »der Daseiende« oder »der Gegenwärtige« zwar auf dem rechten Verständnis der Erschließung sich gründen, aber daran Verrat üben, weil die dem Offenbarungstreuen aus jeder Nennung des Namens neu zuströmende Gewißheit durch das starre Begriffswissen verkürzt würde, das von der Erschließung nur das Stetsgleichbleibende (das ehje: ich werde dasein), nicht aber das Ewigneue und Nievorhersehbare (das ascher ehje: als der ich dasein werde) zu erfassen vermag. Es galt also, in der abendländischen Sprache eine Entsprechung zu finden, die in dem hörenden Leser ein jener aus dem Namen zuströmenden Gewißheit verwandtes Gefühl erzeugt, also das Beimir-, Beidir-, Beiunssein Gottes nicht begrifflich aussagt, sondern gegenwärtiglich verleibt; und das tut in unserer Übertragung die pronominale Wiedergabe: das Ich und Mein, wo Gott redet, das Du und Dein, wo er angeredet ist, das Er und Sein, wo von ihm geredet wird. – Eine besondere Schwierigkeit bildet die Wiedergabe der »abgekürzten Form« des Namens, des Jah; wir haben uns entschlossen, ein blasseres »Er« und »Du« dafür zu setzen, diesem aber, um den ursprünglichen Ausrufscharakter des – durchweg in Hymnen und Gesängen vorkommenden – Jah zu bewahren, wo es angeht ein »Oh« vorauszuschicken. Andersartig ist die Schwierigkeit bei el und elohim, die zwar nicht, wie es allgemein geschieht, in gleicher Weise mit »Gott« zu übersetzen sind, zwischen denen aber eine feste Differenzierung sich als undurchführbar erweist. Dem Wortcharakter nach läge es nah, el mit Gott und elohim, das ja eigentlich ein Plural ist, mit Gottheit zu übersetzen; aber von den beiden ist gerade elohim namenhafter, mehr zur Bezeichnung des einen Gottes geworden, während an el die allgemeine Vorstellung der Macht, der Mächte haftet, ohne daß man es deshalb mit »Macht« übersetzen und dadurch vom Wortstamm »Gott« losreißen dürfte (auf die umstrittene Frage nach dem etymologischen Verhältnis beider Wörter zueinander kann ich hier nicht eingehen, für das biblische Sprachbewußtsein aber hängen sie zweifellos zusammen). So ist denn im allgemeinen elohim
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durch »Gott«, el je nachdem durch Gottmacht, Gottherr, Gottheit, Schutzgott – die Wortnuance ist schwankend, und auch die Umgebung, in der das Wort jeweils steht, muß mitbestimmend sein – wiederzugeben; doch gibt es auch Abschnitte, so die Sprüche Bileams, wo das Verhältnis sich umkehrt. Übrigens muß das Wort »Gott« auch da mit verwendet werden, wo der Wortbestandteil el zumindest von der Volksetymologie so verstanden wird, also bei ela, wo damit ein heiliger Baum gemeint ist, eine »Gotteiche«, und bei elil, das eine Nichtigkeit, ein Nichts, aber zumeist eben einen nichtigen Götzen bezeichnet: weil die Beziehung auf Gott mitanklingen muß, heißen die elilim in unsrer Übertragung Gottnichtse. Wenn es nicht angeht, aus dem vierbuchstabigen Gottesnamen in der Übersetzung einen Gottesbegriff zu machen, so ist es hinwieder unzulässig, Gottesbegriffe wie baal und molech in Gottesnamen zu verwandeln. Molech, aus dem in den alten Übersetzungen ein Götze namens Moloch geworden ist, ist ja nur eine schandenhalber vorgenommene Umvokalisierung (nach dem Wort boschet, Schande) des Worts melech, das König bedeutet 7; gemeint ist die vielen semitischen Stämmen gemeinsame Vorstellung eines Königtums des Stammesgottes, von dem man die Mehrung des Stammes erbittet und dem man daher als gleichartige Gegengabe Kinderopfer darbringt. Auch baal ist kein Eigenname; es bedeutet den Inhaber, den »Meister« eines Gegenstands oder Wesens, wobei es sich niemals um einseitige Herrschaft, immer um eine gegenseitige Beziehung handelt, – ein Mann ist baal seines Weibes, das von ihm b’ula, ehegemeistert ist, nicht ihr Herr, wenn sie selber ihn auch so nennen mag; als Gottesbezeichnung meint baal den Gott eines Ortes (dessen Name jeweils mit dem Wort baal zusammengezogen wird), einer Oase, eines Berggefilds, einer Stadt, 8 und zwar einen Gott, für den zum Unterschied von »Molech«, wesentlich ist, daß er mit einer Göttin verbunden ist: aus der Ehe des lokalen Himmelsgottes mit der lokalen Erdgöttin, aus der befruchtenden Macht des Regens und der tragenden und treibenden des Bodens wird die Fruchtbarkeit dieses Ortes erhalten und erneuert, und wie man dem »Molech« Kinderopfer bringt, so begeht man dem Baal und seiner Gefährtin Sexualriten. Der tiefste Abfall des Volkes, das wovor die Propheten als vor dem äußersten Greuel mit dem äußersten Grauen warnen, ist denn auch, daß man dem Gotte der Väter als einem Molech . .
Auf Eißfeldts neuerdings dagegen vorgebrachten Argumente gehe ich in der . Auflage meines »Königtum Gottes« ein. Zu der von Baudissin in seinem großen nachgelassenen Werk »Kyrios als Gottesname« vertretenen Auffassung des Baal als eines Stammesgottes ist der III. Abschnitt meines »Königtum Gottes« zu vergleichen.
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dient, indem man ihm Kinder opfert (Jeremia 35:»wie ichs ihnen nicht geboten habe«), oder als einem Baal, indem man ihm Sexualriten begeht (Hosea 18: »An jenem Tag wirst du mich rufen: Mein Mann!, nicht mehr wirst du mich rufen: Mein Meister [baali]!«). Wir übertragen demgemäß die Gottesbezeichnung baal mit »Obmeister« (um sie von menschlichen »Meistern« zu unterscheiden) und die Gottesbezeichnung melech, wo sie mit der Schandvokalisation steht, mit »Aberkönig«, wo diese fehlt, mit »Obkönig«. — So durchleuchtet unsre Arbeit das Palimpsest, sie dringt unter die Wachsschicht, darauf die Völker die »Bibel« ihrer religiösen Bedürfnisse und Ausdrucksformen geschrieben haben, und die Grundschrift erscheint. Jenes riesenhafte Werk des Menschengeistes heißt in Wahrheit Geschichte, diese heißt das Buch. Jenem gebührt die Ehre, eine Menschheit um das Buch versammelt zu haben, diesem aber das Recht, in einer späten und besinnungheischenden Stunde dieser Geschichte von dieser Menschheit entdeckt und geschaut zu werden. Schwerer wirds sein, mit ihm zu leben als mit jenem: es wird nicht verhehlen, daß es widerspruchsvoll und ärgerlich ist wie die Welt. Aber auch noch sein Widerspruch und sein Ärgernis haben Weisung zu verschenken.
Zur Verdeutschung der Preisungen 1 () Der Übersetzer der Schrift wird durch die »Preisungen«, ihrer Gestalt und ihrem Stil nach, vor manche neue Aufgabe gestellt, so daß ein Anlaß gegeben erscheint, über einige wichtigeren Punkte dem Leser Auskunft zu erteilen. Der Text, der hier verdeutscht wurde, ist der maſsoretische, überlieferte. Diesen zu erfassen ist die unausweichliche Aufgabe des Übersetzers. Ihm ist ein fester Buchstabe anvertraut, dem gegenüber jede, auch die verlokkendste Konjektur als Willkür erscheinen muß. Da es schlechthin keine zuverlässige Methode gibt, »hinter« den Text, zu einem »ursprünglicheren« Wortlaut zu gelangen, muß die Übertragung, die das Original vertritt, zum Unterschied von Kommentaren, die es bunt umsäumen, halten und übermitteln, was dasteht. Nur in den seltenen Grenzsituationen, wo ihm Sinn und Zusammenhang schwer beeinträchtigt, aber durch eine geringfügige Änderung wiederherstellbar erscheinen, wird der Übersetzer sich befugt und verpflichtet erachten, sie in der besonderen Verantwortung seines Amtes vorzunehmen. Die Bemühung, den maſsoretischen Text zu wahren, geht von der Anschauung aus, daß man hinter das Vorhandene nicht zurückgreifen kann, ohne die Wirklichkeit durch vielfältige und widereinander streitende Möglichkeiten zu ersetzen; man muß zu verstehen suchen, was der »Redaktor«, der für die Textgestalt Verantwortliche, mit dieser gemeint hat, man muß dem letzten Bewußtsein zu folgen suchen, da man zu einem früheren nur scheinbar vorzudringen vermag. Mit ebenderselben Anschauung hängt die Wortwahl dieser Übertragung zusammen, als einer Übertragung, die sich zum Ziel gesetzt hat, nicht biblische Nationalliteratur, sondern die Bibel zu verdeutschen, der es also um die Erfassung eines – gleichviel, aus wie vielen und wie mannigfachen Stücken zusammengewachsenen, aber eben doch echte Einheit gewordenen Ganzen zu tun ist. Die Bibel will als Ein Buch gelesen werden, so daß keiner ihrer Teile in sich beschlossen bleibt, vielmehr jeder auf jeden zu offengehalten wird; sie will ihrem Leser als Ein Buch in solcher Intensität gegenwärtig werden, daß er beim Lesen oder Rezitieren einer gewichtigen Stelle die auf sie beziehbaren, insbesondre die ihr sprachidentischen, sprachnahen oder sprachverwandten erinnert und sie alle für ihn einander erleuchten und .
Erschien als Beilage zum »Buch der Preisungen« (XIV. Band der »Schrift«). Der Wiederabdruck ist gekürzt.
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erläutern, sich für ihn miteinander zu einer Sinneinheit, zu einem nicht ausdrücklich gelehrten, sondern dem Wort immanenten, aus seinen Bezügen und Entsprechungen hervortauchenden Theologumenon zusammenschließen. Das ist nicht eine von der Auslegung nachträglich geübte Verknüpfung, sondern unter dem Wirken dieses Prinzips ist eben der Kanon entstanden, und man darf mit Fug vermuten, daß es für die Auswahl des Aufgenommenen, für die Wahl zwischen verschiedenen Fassungen mitbestimmend gewesen ist. Aber unverkennbar waltet es schon in der Komposition der einzelnen Teile: die Wiederholung lautgleicher oder lautähnlicher, wurzelgleicher oder wurzelähnlicher Wörter und Wortgefüge tritt innerhalb eines Abschnitts, innerhalb eines Buches, innerhalb eines Bücherverbands mit einer stillen, aber den hörbereiten Leser überwältigenden Kraft auf. Man betrachte von dieser Einsicht aus die sprachlichen Bezüge etwa zwischen Propheten und Pentateuch, zwischen Psalmen und Propheten, und man wird immer neu die gewaltige Synoptik der Bibel erkennen. Ich habe anderswo 2 Beispiele für bewußte Wiederholungen eigentümlicher Art angeführt. Bau und Sinn vieler Psalmen werden erst von da aus deutlich. Aber die einer besonderen Absicht entbehrende Wiederkehr von Grundworten untersteht dem gleichen objektiven Prinzip des Aufeinanderbezogenseins der Stellen. Positive Grundworte wie cheſsed, zedek, emet, negative wie awen, schaw, offenbaren ihre Sinnweite und -tiefe nicht von einer einzigen Stelle aus, die Stellen ergänzen, unterstützen einander, Kundgebung strömt dauernd zwischen ihnen, und der Leser, dem ein organisches biblisches Gedächtnis zu eigen geworden ist, liest jeweils nicht den einzelnen Zusammenhang für sich, sondern von der Fülle der Zusammenhänge umschlungen. Die latente Theologie der Schrift wirkt unmittelbar da, wo sich der Gehalt der einzelnen Grundworte solcherart aus verschiedenen Sätzen, verschiedenen Textformen, verschiedenen Äußerungsstufen als der gleiche auftut. Wohl ist nicht das Wort, sondern der Satz natürliches Glied der lebendigen Rede und das Wort ihm gegenüber das Produkt einer Analyse, aber der biblische Satz will biblisch erfaßt werden, d. h. in der Atmosphäre, die sich durch die Wiederkehr der gleichen Grundworte erzeugt. Daß die ein wirkungsstarkes Eigenleben führen, macht den Zusammenhang des Psalmenbuchs, macht auch Kunstgebilde wie der litaneiartige . Psalm erst voll verständlich. Dieses innere Band sichtbar zu machen, ist ein Dienst, in den auch der Übersetzer gestellt ist. Er kennt die Macht der Trägheit, der Geläufigkeit, des Drüberweglesens, im Hebräischen wie im Deutschen; er weiß, wie die .
Vgl. S. ff., ff., ff., ff.
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von Kind auf Bibellesenden dieser Macht besonders leicht verfallen; er muß das Seine aufbieten, um ihr Einhalt zu tun. Dazu gehört, daß er, wo es nottut und wo es angeht, das prägnante, einprägsame Wort wähle, das, wo es wiederkehrt, sogleich wiedererkannt wird, und dabei auch ein ungewohntes nicht scheue, wenn es die Sprache gern aus einer vergessenen Kammer hergibt; dazu gehört, daß er, wo es nottut und wo es angeht, einen hebräischen Wortstamm durch einen einzigen deutschen wiederzugeben bestrebt sei, einen nicht durch mehrere, mehrere nicht durch einen. Wo es nottut; denn bei geistig wenig betonten oder unbetonten Worten wird man den Grundsatz – soweit nicht das Amt aller Übersetzer auch hier zu üben ist, die Synonyme nicht durcheinander zu werfen, sondern in ihrer Sinndifferenzierung zu belassen 3 – lockern oder aufheben dürfen. Und wo es angeht; denn oft wird sich aus den besonderen Bedingtheiten einer Stelle die Pflicht ergeben, sie als Ausnahme zu behandeln. Jeder Dolmetscher ist ja unter eine Doppelheit von Gesetzen gestellt, die einander zuweilen zu widerstreiten scheinen: das Gesetz der einen und das der andern Sprache; für den die Schrift Übertragenden tritt eine andere Doppelheit hinzu: das Gesetz, das aus dem Eigenrecht der einzelnen Stelle, und das andere, das aus der biblischen Ganzheit spricht. Aber wie jene zwei sich aus der Tatsache versöhnen, vielmehr verbünden, daß es nur vorletztlich Sprachen, letztlich aber – unhörbar und doch unüberhörbar – die eine Sprache des Geistes, »jene einfache, allgemeine Sprache« (Goethe) gibt, so überwindet sich der Widerstreit zwischen Recht des Satzes und Recht des Buches immer neu aus der Tatsache, daß beide ihren Sinn von der einen dialogischen Begegnung ableiten, die dort der menschlichen Person und dem Augenblick, hier dem Volke und der Weltzeit gilt, dem Volk, in das die eigenständige Person, und der Weltzeit, in die der eigenständige Augenblick gefügt ist. Was der Übersetzer jeweils als Kompromiß anzusehen geneigt ist, kann auch einem andern Bereich als dem seiner menschlichen Armut entstammen. Aber auch dem einzelnen biblischen Buch, dem einzelnen biblischen Bücherverband kann dem Ganzen gegenüber solch ein Eigenrecht zustehen, so daß in diesem Raum etwelche Wörter anders als sonst übersetzt werden dürfen und sollen, weil die Art und der Stil dieses Teils der Bibel es fordern, weil etwa das eine oder andre Wort hier unsinnlicher, abstrakter geworden ist, oder auch weil gerade durch die Abweichung von der bis.
Dieses Postulat wird auch heute noch von den Übersetzern des Alten Testaments unbeachtet gelassen; eine so bedeutende Psalmenübersetzung wie die Gunkels gibt z. B. verschiedene Wortstämme durch den einen »Spott« und verschiedene durch den einen »Schrei« wieder.
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herigen Wiedergabe nun eine einheitliche innerhalb des einzelnen Buches ermöglicht wird, die ihre spezifische Wichtigkeit hat. Überall wird nach dem für die Absicht der Übertragung höheren Wert zu fragen und danach zu entscheiden sein. Ich will hier zunächst an den oben genannten fünf Grundworten die strenge, dann an ein paar andern Beispielen die aufgelockerte Methode darlegen. Von den fünf sind die drei positiven im »Buch der Preisungen« ebenso gleichmäßig wie in den früheren, die zwei negativen noch gleichmäßiger übersetzt worden. Cheſsed, zedek und emet, zentrale Begriffe der biblischen Theologie, die göttliche Tugenden verherrlichen und dem Menschen, der »in den Wegen Gottes« gehen soll, zur Nachahmung darstellen, sind alle drei Begriffe der Übereinstimmung, der Zuverlässigkeit. Cheſsed ist eine Zuverlässigkeit zwischen den Wesen, und zwar wesentlich die des Bundesverhältnisses zwischen dem Lehnsherrn und seinen Dienstmannen, ganz überwiegend die Bundestreue des Herrn, der seine Diener erhält und beschützt, sodann auch die der Untertanen, die ihrem Herrn treu ergeben sind. Der diesem Gegenseitigkeitsbegriff entsprechende deutsche Wortstamm ist »hold«: sowohl das Adjektiv hold wie das Nomen Huld bezeichnen ursprünglich auch die Treue von unten nach oben (»dem Schutzherrn mit redlichem Herzen hold und gewärtig zu sein«, heißt es bei Niebuhr), der »Holde« hieß mittelhochdeutsch der Dienstmann, und in unserem »huldigen« lebt diese Seite des Begriffs fort; aber auch dessen ästhetische Verselbständigung, wie sie von Jesaja 6 gefordert wird, gibt der deutsche Wortstamm mit »Holdheit« her. In den Psalmen sind Gottes chaſsidim seine Holden, seine treue Gefolgschaft. Zedek ist die weitere und vielfältigere Konzeption: es bedeutet die Zuverlässigkeit eines Handelns einem äußeren oder inneren Sachverhalt gegenüber; einem äußeren gegenüber, indem es ihn zur Geltung bringt, ihm Raum schafft, ihm sein Recht werden läßt; einem inneren, indem es ihn verwirklicht, ihn aus der Seele in die Welt setzt. Der einzige deutsche Wortstamm, der beiden Bedeutungen Genüge tut (wogegen das dem Stamm schafat entsprechende »recht« nur auf die erste trifft), ist »wahr«: Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Bewahrheitung (des Unschuldigen im Gericht), Wahrspruch, Wahrbrauch (der mit ehrlicher Intention getane Brauch), Bewährung stecken den Umfang des Begriffes ab. Emet schließlich bezeichnet die Zuverlässigkeit schlechthin, auch die ganz innere, und kann, wie das stammeszugehörige emuna, nur vom Wortstamm »trau« aus einheitlich erfaßt werden; emet ist wesentlich die Treue, und emuna kommt ihm oft so nah, daß es da nicht wie sonst durch »Vertrauen«, sondern ausnahms-
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weise (ich habe hier lange aber vergeblich zu wiederstreben versucht) durch das gleiche Wort »Treue« wiedergegeben werden muß. Während bei diesen drei positiven Grundbegriffen in den Psalmen nur die Gleichmäßigkeit der Wiedergabe zu wahren war, mußten die beiden angeführten negativen hier strenger als sonst erfaßt werden. Bei awen ist der Grund dafür offenkundig. Auch wenn man nicht mit Mowinckel annimmt, daß damit schwarze Magie gemeint sei, muß man die ungeheure Wucht erkennen, die das Wort gerade in den Psalmen hat: es bezeichnet hier das Böse als Macht, und zwar so, daß es zumeist dessen Tätigkeit umgreift, zuweilen aber auch an das Erleiden dieser Tätigkeit rührt. Ich weiß kein andres Wort, das hier so zulänglich wäre wie »Harm«. Die in andern Teilen der Bibel ungleichmäßige Übersetzung mußte hier einer einheitlichen weichen, um im Zusammenschluß aller Stellen die gemeinte wirkende und erduldete Macht des Bösen deutlich erscheinen zu lassen. Einen wesensverschiedenen, durch die Beziehung auf ein anderes Buch gebotenen Grund hat die Vereinheitlichung der Wiedergabe von schaw. Schaw ist das Fiktive, – und zwar zum Unterschied z. B. von hewel, Dunst oder Tand, das Fiktive besonders als dem die Realität angemaßt wird, das sich daher bis zum eigentlich Widergöttlichen, Widerwirklichen steigern kann. Wörter wie »eitel«, »nichtig«, »falsch« sind nicht stark genug, um diese Weltmacht des Götzentums zu benennen; es gibt nur ein einziges deutsches Wort, das dies vermag, und das ist »Wahn«. Darum ist die zentrale schaw-Stelle, die des Dekalogs, in unsrer Verdeutschung so wiedergegeben: »Trage nicht seinen deines Gottes Namen auf den Wahn« (nicht »Du sollst den Namen … nicht freventlich aussprechen«; naſsa ohne kol kann wohl anheben, aber nicht aussprechen bedeuten), d. h. belege nicht eine aufgeblähte Fiktion mit dem Namen der höchsten Wirklichkeit, und die auf diese Stelle über das schaw im Verhältnis zu Gott bald (. M 1) folgende 4 mit gleichem Verb über das schaw im Verhältnis zum Mitmenschen so: »Umtrage nicht Wahngerücht!« Dem Schaw ergibt sich eben nicht bloß wer vom Wahn aus, sondern auch wer auf den Wahn hin redet oder handelt, nicht bloß wer Wahn übt, sondern auch wer Wahn erzeugt; in den Psalmen kommt diese Bedeutung von schaw, als »Suggerieren« des Fiktiven, frevelhaftes Spielen mit dem im andern erzeugten oder zu erzeugenden Wahn, Trugspiel, Wahnspiel, 3, 4, 7 und 8, 11 vor. Aber auch die Dekalogwendung kehrt zweimal .
Auch in die Deuteronomiumsfassung des Dekalogs ist 18 eine entsprechende Stelle aufgenommen worden, indem das scheker der Exodusfassung durch schaw ersetzt wurde, offenbar um auch hier den Spruch über das schaw im Verhältnis zu Gott durch einen über es im Verhältnis zum Mitmenschen zu ergänzen.
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in den Psalmen wieder, und es sind außer jenen Stellen des Pentateuchs die einzigen in der Bibel, in denen naſsa la-schaw steht; an der einen, 20, heißt es von den »Gegnern Gottes«, daß sie ihn »zu Ränken besprechen«, und es, nämlich dieses Besprechen, also den besprochenen Namen »hinheben auf den Wahn«; an der andern, 4, wird »der am Herzen Lautere« gepriesen, »der nicht hinhob zum Wahn seine Seele« (von hier aus erweist sich wieder die Hinfälligkeit der angeblichen Bedeutung »aussprechen«), d. h. der seine Seele nicht der weltmächtigen Fiktion ergab. Diese beiden Stellen wollen mit dem Dekalogspruch zusammengesehen, zusammengehört werden. Von ihrem Pathos geht etwas auf alle Psalmverse über, in denen das Wort schaw wiederkehrt, und dieses Pathos muß in der Übertragung erhalten werden: wie 7 nicht »schlechte Nichtigkeiten« (Duhm) oder »nichtige Götzen« (Gunkel), sondern »Dunstgebilde des Wahns«, und wie 13 nicht »eitel ist ja der Menschen Hilfe«, sondern »Befreiertum des Menschen ist Wahn«, so ist 48 nicht »zu welcher Nichtigkeit« oder »für nichts«, sondern, »zu wie Wahnhaftem hast du erschaffen alle Menschenkinder«, und 2 nicht »eitel für euch steht ihr früh auf« oder »umsonst, daß ihr frühe aufsteht«, sondern »Wahnheit ists euch, die ihr überfrüh aufsteht« zu übertragen. So erst steht in der Breite des Psalmenbuches die mächtige Fiktion in ihren mannigfachen Untaten sichtbar genug der Wirklichkeit gegenüber. Anders steht es mit Wörtern, die diese Betonung und Assoziationsdichtigkeit nicht haben. So braucht z. B. das kaum betonte ra nicht einheitlich wiedergegeben zu werden (daß dabei »arg« bevorzugt wurde, liegt daran, daß dieser Wortstamm die geforderte Doppelbedeutung von Missetat und Unglück mit größerer Intensität als andre darbietet). Ein mittlerer Weg durfte da eingeschlagen werden, wo ein Wort zwar sein eignes Pathos besitzt, aber seine begriffliche Sonderheit nicht so ausgeprägt ist, daß eine einheitliche Behandlung geboten erschiene. Solcherart ist z. B. der gewichtige, aber nicht scharf determinierte Wortstamm aſaſ. Man durfte hier, zumal eine durchaus befriedigende deutsche Entsprechung wohl nicht zu finden wäre, der Vielfältigkeit des Begriffs, der Macht, Trotz, Wehr und Sieg umfaßt, Rechnung tragen; doch mußte, um die verbindenden Linien nicht zu verwischen, innerhalb der Gruppen zusammengehöriger Lieder eine Verknüpfung und auch zwischen den Gruppen nach Möglichkeit Übergänge hergestellt werden (dabei wurde das zwar kaum etymologisch, wohl aber volksetymologisch hierher gehörende maoſ zur Abhebung von oſ durch Komposita wiedergegeben). Ein Wort, dessen einheitliche Wiedergabe, so notwendig sie an den entscheidenden Stellen und allen mit ihnen in Beziehung stehenden ist, von vornherein nicht als eine unbedingte angesehen werden konnte und in
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diesem Psalmenband eine weitere Auflockerung erfahren mußte, ist ruach 5. Es war von den Absichten dieser Verdeutschung aus unumgänglich, diesem Wort, das in einer elementaren Einheit die Bedeutungen »Geist« und »Wind« umschließt, seine Sinnlichkeit zu bewahren, die dieses Umschließen ermöglicht, und das war die Sinnlichkeit nicht eines Dings, sondern eines Geschehens und mußte es bleiben; da aber das Wort »Geist«, das ursprünglich diese dynamische Sinnlichkeit besaß, sie längst verloren hat, mußte eins wie »Braus« herangezogen werden, das sich zu »Geistbraus« und »Windbraus« gabelte. Aber »Geistbraus« war nur da angemessen, wo vom Geist als dem von Gott ausgehenden schöpferischen begeistenden Geistessturm die Rede ist, nicht wo es sich um den abgelösten und in sich beschlossenen Menschengeist handelt, der eben verdinglicht als »Geist« auftreten muß; und ebenso war »Windbraus« nur (außer noch an Stellen, wo »Geist« und »Wind« nah beieinander stehen und ihre Einheit nicht verlorengehen darf) da zulässig, wo der Naturvorgang als ein von oben kommender, als einer in dem der Schöpfungsbraus nachweht empfunden werden sollte, nicht aber wo lediglich der Ablauf der Naturerscheinung gemeint und also das bloße »Wind« angefordert war. Im Buch der Preisungen tritt, trotz der Schöpfungshymnen, die es enthält, jenes Ursprüngliche gegen Pentateuch, Geschichtsbücher und Propheten weit zurück. Es gibt aber Fälle, wo Art und Stil dieses Buchs, oder der dichterischen Bücher der Bibel überhaupt, zu radikaleren Änderungen der Wortwahl nötigten. So verlangt der Wortstamm tamam hier eine andere Behandlung als bisher: während die Adjektive tamim und tam im Pentateuch sinngeschieden sind und das zweite mit »schlicht«, das erste aber, wo es eine Eigenschaft der Seele bezeichnet, mit »ganz« übertragen wurde, das allein dem Gehalt von Imperativen wie . M 1 und . M 13 gerecht werden kann, nähern sie sich einander in den Geschichts- und KünderBüchern und verschmelzen im Psalmenbuch, wie auch in den beiden nachfolgenden, zu einem einzigen Grundwort, welches – die beiden Adjektive mit den zugehörigen Substantiven umfassend – insbesondre für die Psalmen den Charakter eines führenden Begriffs gewinnt, dessen starkem Ethos eine einheitliche Wiedergabe gebührt. Diese Wiedergabe kann in der Atmosphäre der Psalmen nicht mehr von »ganz«, nur noch von »schlicht« aus versucht werden. 6 Wenn diesem auch nicht die Abso. .
Vgl. darüber S. ff., ff., und ff., sowie in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, S. . Der Einheitlichkeit innerhalb des Psalmenbuchs mußte auch die Übereinstimmung zwischen . Sam und Psalm in den wortlautgleichen Teilen zum Opfer gebracht worden, was auch für einige andre Wörter zutrifft.
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lutheit von »ganz« eignet, so hat es doch eine edle Anschaulichkeit, die den üblichen Übersetzungen »fromm«, »vollkommen« abgeht. Zu einer entschiedeneren Wendung hat mich die veränderte Haltung des Wortstamms pala in diesem Buch genötigt. Wir hatten ihm die Übersetzung durch »Wunder« ferngehalten, weil die Etymologie hier, wie in so vielen anderen Fällen, etwas Konkreteres, Direkteres und damit für unsere Aufgabe einer erneuten Vergegenwärtigung der Bibel (was sich keineswegs mit ihrer »Modernisierung« berührt) Wertvolles anbot 7: den Sinn des Abgesonderten, Abgerückten, Entrückten, nämlich unserm Griff und Begriff Entrückten, also den Sinn der Transzendenz nicht abstrakt, sondern in leiblicher Gegenwart. So ließen wir die Bibel nicht von Wundern Gottes, sondern von seinen entrückten Taten und Werken reden. Und damit gehorchten wir dem Original, wo es eben diese Konkretion aufwies, sei es in den unmittelbaren Erfahrungen jener Taten und Werke in der geschehenden Geschichte, sei es in der prophetischen Schau der so waltenden Macht. In den Psalmen – in denen der Wortstamm weit öfter vorkommt als in allen ihnen vorangehenden Büchern zusammen – herrscht eine veränderte Situation: eine der Distanz. Der Mensch, der hier die niflaot Gottes verherrlicht, meint damit zwar etwas, was auch an ihm, in seinem eignen Schicksal wirkt oder dessen Wirken er erbittet oder erwartet, aber er verherrlicht es in Zusammenhängen, von denen er, eben durch jene Berichte der Erfahrung und jene Verkündigungen der Schau, gehört hat. Das pele ist ein dichterischer Terminus geworden, der – mit Ausnahme von Stellen, an denen (wie 1) die Grundbedeutung durchscheint – rechtmäßig durch »Wunder« zu verdeutschen ist. Für Wortstämme, die nur an einzelnen Stellen notwendigerweise eine Entsinnlichung erfahren haben, mag ſawach ( 14, 23, auch 4 und 4) als Beispiel dienen. Erwähnt mag hier auch maschal werden, das einen parallelistisch gebauten Versspruch bedeutet und daher durch »Gleichwort« o. ä. wiedergegeben wird, aber zuweilen, wie 15, abstrakter, als »Gleichnis« verstanden werden darf. Anders verhält es sich mit einem Wort, das fünfundzwanzigmal in den Psalmen, achtmal in den Proverbien und nur zehnmal in der übrigen Bibel vorkommt, mit jenem aschre, das man wortgetreu etwa durch »O der Seligkeiten des …« zu übersetzen hätte. An den paar Stellen, wo man ihm vor den Psalmen begegnet, ist es durch »Glück zu dem …« wiedergegeben worden. Für die Psalmen aber, wo aschre fast durchaus dazu .
Die Übersetzung geht nicht grundsätzlich, sondern nur in solchen Fällen vom Etymon aus.
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dient, den gottverbundenen Menschen zu preisen, reicht jene Wiedergabe nicht zu. Aber auch »glücklich« ist nicht groß und rein genug dazu, es verfehlt die Emphase der wichtigsten Stellen und versagt schon beim ersten Wort des Buchs; und noch ungenügender ist das neutrale »wohl ihm«, das seine Schwäche vollends erweist, wenn man die Stellen, an denen das entsprechende Verb steht, 3 und 17, von da aus übertragen möchte; diese beiden Stellen lassen sich auch von dem weit zulänglicheren »Heil« aus nicht bewältigen, das zudem etliche Male mit »heilig« oder mit »heilen« störend zusammengeriete. Es gibt nur ein deutsches Wort, das dem, was mit aschre gemeint ist, wenn auch nicht grammatisch so doch sinnhaft entspricht; das ist eben das Wort »selig«, wenn man es nur der ihm durchaus nicht ursprünglichen Jenseitigkeit entkleidet und es, eben durch die Einstellung in die psalmistischen Zusammenhänge (»daß er beseligt sei auf Erden« gibt in Psalm den Grundton an) in dem natürlichen Charakter eines kräftigen Erdenheils beläßt, den das edle mittelhochdeutsche »saelde« hatte und den auch »selig« immer wieder, vornehmlich in der Dichtung des Goetheschen Zeitalters, aufweist.
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Unter Leitwort ist ein Wort oder ein Wortstamm zu verstehen, der sich innerhalb eines Textes, einer Textfolge, eines Textzusammenhangs sinnreich wiederholt: wer diesen Wiederholungen folgt, dem erschließt oder verdeutlicht sich ein Sinn des Textes oder wird auch nur eindringlicher offenbar. Es braucht wie gesagt nicht dasselbe Wort sondern nur derselbe Wortstamm zu sein, der solcherweise wiederkehrt; durch die jeweiligen Verschiedenheiten wird sogar oft die dynamische Gesamtwirkung gefördert. Dynamisch nenne ich sie, weil sich zwischen den so aufeinander bezogenen Lautgefügen gleichsam eine Bewegung vollzieht: wem das Ganze gegenwärtig ist, der fühlt die Wellen hinüber und herüber schlagen. Die maßhafte Wiederholung, der inneren Rhythmik des Textes entsprechend, vielmehr ihr entströmend, ist wohl überhaupt das stärkste unter allen Mitteln, einen Sinncharakter kundzutun, ohne ihn vorzutragen; und ob es sich um die eigentliche »Paronomasie« handelt, die innerhalb eines einzelnen syntaktischen Zusammenhangs erscheint 2, ob um eine weiter gemeinte, die Alliteration und Assonanz umfaßt, 3 oder aber um die distantielle, also nicht im Nebeneinander, sondern über einen größeren Textraum hin wirkende Paronomasie, von der hier die Rede ist, immer kann sie unabhängig vom ästhetischen Wert – den wir in mustergültiger Erscheinung etwa aus dem Stabreim der älteren Edda kennen – einen besonderen, durch nichts zu ersetzenden Äußerungswert gewinnen. Dieser besondere Äußerungswert besteht darin, daß der zu äußernde Sinn sich nicht in einem didaktischen Zusatz, also ohne Sprengung oder Entstellung der reinen Gestalt darstellt. Vorausgesetzt ist dabei somit, daß eine solche Gestalt, eine geschlossene Kunstform vorliegt, zugleich aber, daß ein Sinn, eine Botschaft zur Mitteilung gelangen sollen, die diese Kunstform transzendieren, die sich ihr also nicht, wie eben einem Gedicht seine Bedeutung, ohne jedes Sondermittel eintragen, son. . .
Der Vortrag war »Die Bibel als Erzähler« betitelt, behandelte aber in seinem einleitenden Teil die Frühentwicklung des Erzählerstils überhaupt. Ich teile hier nur einiges aus dem Hauptteil mit. Vgl. z. B. H. Reckendorf, Die Paronomasie in den semitischen Sprachen (Gießen ). So versteht den Begriff z. B. J. M. Casanowicz, Paronomasia in the Old Testament (Boston ).
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dern ihrem Wesen nach sich einen eigenen Ausdrucksweg bahnen müssen. Nirgends ist diese Voraussetzung so gegeben, wie wenn die strenge geschlossene epische Form und eine vom niederfahrenden Geist durchwehte »religiöse« Botschaft aufeinandertreffen. Dies aber ist wohl nirgends mit so eigentümlicher Gewalt geschehn, wie in der Erzählung des Pentateuchs. Die Strenge der Form entstammt hier der tiefen Absicht, zu berichten und nur zu berichten; und ebendeshalb darf die Botschaft sich ihr nicht auferlegen wollen. Für einen lehrhaften Vortrag des den reinen Bericht transzendierenden religiösen Gehalts ist hier kein Raum, die Erzählung hat artgemäß keine Fugen. Die Botschaft kann hier nicht anders eingehn, als indem sie das epische Gesetz anerkennt und sich unter seinen Schutz stellt. Das tut sie, indem sie, ohne das Gebild der Erzählung anzutasten, sie sinnhaft, nämlich durch Leitworte 4 rhythmisiert. Wer nun recht hinhört, den rauscht aus dem Gleichklang die obere Bedeutung an. Zwischen Stelle und Stelle, also zwischen Stadium und Stadium der Geschichte ist eine Beziehung gestiftet, die unmittelbarer als ein angehefteter Spruch es vermöchte den Urgrund der erzählten Begebenheit aussagt. Nirgends quillt die epische Sprache über, nirgends rhetorisiert, nirgends aber auch lyrisiert sie, der Leitwortrhythmus ist ein echt epischer Rhythmus, das rechtmäßige künstlerische Signum eines auch die Welt der Gestalt um- und übergreifenden Geheimnisses. Der Leitwortstil tritt naturgemäß am stärksten da hervor, wo der einzelne Vorgang nicht, wie in der Josefsgeschichte und zumeist im zweiten .
Von »Leittönen« spricht Ed. König, Stilistik, Rhetorik, Poetik in bezug auf die biblische Literatur (Leipzig ) S. , für den es sich aber dabei nur um Euphonie und Eurhythmie handelt. Gehaltschwer hingegen, jedoch das hier Gemeinte mit ganz Andersartigem und häufig mit Problematischem verschmelzend, ist der von Alfred Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients (. Aufl., Leipzig , S. ) verwendete Begriff des »Motivworts«. Wertvolle Interpretation gibt Franz Böhl, Wortspiele im Alten Testament, Journal of the Palestine Oriental Society VI () ff., der ebenfalls erkennt, daß es bei diesen »Spielen« um »tiefen Ernst« geht, aber dabei nur an Tendenzen der zu rekonstruierenden alten Volkserzählungen denkt, Tendenzen, denen »der große und geniale prophetische Bearbeiter« ihre Spuren tilgend entgegentrete; in Wirklichkeit sind gerade die Männer, die er so nennt, die eigentlichen Ausbilder und Meister des Leitwortstils. Nützliche Hinweise sind in den Zusammenstellungen von Max Steif, Wortspiele im Pentateuch, MGWJ LXIX () ff., LXXIV () ff. zu finden. Nach uns (Rosenzweigs Aufsatz »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen« – s. S. ff. der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung« – wird angeführt) hat Umberto Cassuto, La questione della Genesi (Florenz ), passim, das Prinzip, es in meinem Sinn verstehend, exegetisch fruchtbar verwertet, ohne aber es seiner Umfassung und Tiefe nach zu behandeln. – Das Wissen um den Leitwortstil der Schrift hat in der jüdischen Überlieferung, sowohl der halachischen wie der aggadischen wie auch in der klassischen Exegese, einen vielfältigen, jedoch nur fragmentarischen Ausdruck gefunden.
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Buch, in einen ununterbrochnen Ereignisstrom eingetan und nicht von ihm ablösbar, sondern, wie in den ersten Kapiteln von Genesis und den erzählenden Abschnitten von Numeri, in sich gerundet und aus sich erfaßlich ist. Diesen Teilen des Pentateuchs will ich meine Beispiele entnehmen. Eine Vorbemerkung erscheint mir hierzu noch unerläßlich. Wenn ich jeweils den Sinn aufzuzeigen versuche, der sich im Leitwortstil darstellt, kann es nicht darum gehen, ihn in lehrhaften Sätzen als die »wahre Bedeutung« der Erzählung auszubreiten und also das nachträglich herstellen zu wollen, was die Bibel sich selber verbietet. Hier ebensowenig wie irgendwo, wenn man die Interpretation echten Wortes erstrebt, ist ein »Das ist das« zulässig. Die Leitwortstil-Deutung kann nur Andeutung, die Aufzeigung nur Hinzeigung sein auf etwas, was in seiner Wirklichkeit wahrzunehmen, nicht aber zu umschreiben und zu umdenken ist. — Es soll erzählt werden, wie sich nach der Flut das Erdvolk spaltete, die Stämme, »die Inseln der Stämme« sich trennten, »jedermann seiner Zunge nach« (. M 5, 25, 32). Das war die Weltstunde, von der gesungen wurde (. M 8), daß der Hohe damals die Adamskinder voneinander trennte. Wie ist das zugegangen? In zwei Hälften (v. -, -) baut sich die knappe Erzählung auf: die Handlung der Menschen, Gottes Gegenhandlung. Sieben Leitworte schlagen die Brücken von der ersten zur zweiten: »alle Erde«, »Lippe« das ist Sprache, der Ruf »Heran!« oder »Auf!«, das »Bauen«, »Stadt-und-Turm« (wovon zuletzt nur die »Stadt« bleibt), der »Name« und das »Zerstreuen«. »Alle Erde« am Anfang, und dreifach, reimartig wiederholt, »alle Erde« am Schluß der Geschichte. Doch die Bedeutung ist nicht die gleiche. Am Anfang ist das noch vereinte Erdvolk gemeint, am Schluß die Erdfläche, über die es in seinen Stämmen auseinandergeworfen worden ist. Aber diese zweite Bedeutung steht schon am Schluß der ersten Erzählungshälfte, die also mit »alle Erde« schließt wie beginnt. Eine Entsprechung, die sich noch klären wird. Das einheitliche Erdvolk hat »Eine Lippe«: Eine Mundart oder Sprache. In der ersten Hälfte steht das Wort nur einmal; aber in der zweiten, wo gerade an der Sprache sich die wirrend-zersprengende Gewalt des strafenden Gottes unmittelbar vollzieht, kehrt es dreifach in seiner Rede und noch einmal im zusammenschließenden Vorgangsbericht am Ende wieder. Erde, Erdvolk, Erdvölkerschicksal ist das, um was es in der Geschichte geht; aber Sprache ists, woran das geschieht was hier geschieht. Daß es geschieht, wird von der Vermessenheit des Erdvolks herausgefordert. Der vermessenen Bewegung von unten antwortet die überlegne
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von oben. »Heran!« rufen sie und brennen Ziegel, »Heran!« und bauen Stadt und Turm, »sein Haupt bis an den Himmel«. Aber auch der nun niederfährt, »die Stadt und den Turm zu besehen, die die Söhne des Menschen bauten«, tut es mit demselben Ruf. Gottes Antwort ist Widerhall. Er antwortet dem Menschen menschenhaft, nur eben überlegen menschenhaft. Wohl mag man das göttliche »Heran!« ein ironisches nennen, aber es steht mitten in dieser Reihe sprachlicher Entsprechungen menschlicher Tat und göttlicher Gegentat, sie alle ironisch und keine. Die beiden letzten Leitworte sprechen den Antrieb der Menschentat aus: »Machen wir uns einen Namen, / sonst werden wir zerstreut übers Antlitz aller Erde!« »Name« bedeutet in der Prägnanz biblischer Sprache das Mal und Zeugnis der Macht, das den sterblichen Menschen überdauert. Nun denn, ein Name kommt bei diesem Werk zustande: der Name der widergöttlichen Weltstadt, nach der vermengten, verwirrten Sprache Gemenge, Wirrwarr, Babel genannt. Und sie, denen menschheitliche Einheit zugedacht und angeboten war, bauen an der himmelberührenden Mitte, um nicht zerstreut zu werden; aber eben deshalb und nur deshalb werden sie »zerstreut von dort übers Antlitz aller Erde«. Die Verkehrtheit des Menschen erfährt ihre Verkehrung. So stellen uns die sieben Leitwortbrücken den Zusammenhang von Aufstand und Überwindung am Eingang der Völkergeschichte dar. — Eine ganz andere Funktion haben die Leitworte in der Erzählung von einem andern Aufstand und seiner Überwindung, aus der Zeit des Volkwerdens Israels in der Wüste, in der Erzählung (. M 1- 5) von Korach und »seiner Rotte«, wie schon Luther übersetzte und wie auch noch in der neuesten Auflage von Kautzsch-Bertholet zu lesen ist. Aber mit dieser Übersetzung wird das eine der beiden eigentlichen Leitworte dieser Erzählung zerstört; denn das Wort, mit dem darin fünfmal die Aufständischen bezeichnet werden, ʿeda, bezeichnet darin zehnmal die ganze Volksgemeinschaft. Ein Wortstamm, jaʿad, ist in zwei Substantiven, ʿeda und moʿed, und einem Verb das eine beherrschende Leitwort dieser Erzählung; davon kommt moʿed hier in doppeltem Sinn vor, einmal zur Bezeichnung der Vertretertagung der Gemeinschaft – »Fürsten der Gemeinschaft (ʿeda), Berufne der Gemeinbegegnung (moʿed)« werden Korach und die Seinen am Anfang des Berichts genannt – und zweimal in der Zusammensetzung ohel moʿed zur Bezeichnung des Zelts der »Begegnung« – nämlich der Gottes mit dem Volke: des Zelts der göttlichen Gegenwart, an dessen Eingang die ʿeda Korachs der ganzen ʿeda Israels gegenüber versammelt wird. ʿEda ist die im immer wiederkehrenden Einanderbegegnen ihrer
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Mitglieder einig lebende und wirkende Gemeinde oder Gemeinschaft; das aber, was dieses stete Einanderbegegnen zur Gemeinschaftlichkeit verfestigt und erhöht, ist, daß die einander Begegnenden als kahal, als Versammlung oder Gesamt, die Begegnung mit Gott am ohel moʿed erfahren, seine königlichen Weisungen empfangen und so Sein kahal (v. ) werden. Bemerkenswerterweise kommt diese Bezeichnung, als Gottesversammlung, im Pentateuch außerhalb des deuteronomischen Gesetzes nur (zweimal) im Mund von Aufrührern vor, das erstemal eben hier im Munde Korachs und der Seinen. Sie, Fürsten der ʿeda und Berufne des moʿed, »versammeln sich« (v. ) – der Wortstamm kahal wird in der Erzählung zur Ergänzung des Leitworts jaʿad verwendet und ebenso gegensätzlich wie dieses – »über« oder wider Mosche und Aharon, um gegen deren Vorrecht das Recht der ganzen Eda zu verfechten: »Zuviel euch! / denn all die Gemeinde, alle sind sie heilig, / in ihrer Mitte ist ja Er, / warum erhebt ihr euch über sein Gesamt!« Dieser Anspruch der Heiligkeitstotalität für die Eda, der deren Ordnung und Struktur anficht, bedeutet gerade die gefährlichste, die in der falschen Identifizierung der »Unbedingten« mit der Gemeinschaft begründete Sonderung. Das ist die »Eda« Korachs, die falsche in der echten, die usurpative in der gestifteten, die Gott und die Heiligkeit im Munde führende in der von Gott zum »Heilig-werden« für ihn erneut unmittelbar vor dieser Begebenheit ( 40) berufenen. Das meint Mose mit seiner Anklage (v. ): »So denn, / du und all deine Gemeinde, / ihr seid, die sich gemeinen (noʿadim) Ihm gegenüber.« Das zweite Leitwort hat nicht diese fruchtbare innere Gegensätzlichkeit des ersten, aber es führt noch tiefer in die Problematik ein, die sich in der Geschichte vom Aufstand Korachs gestaltet hat. Es ist das Verb karaw in der transitiven, der Hifilform, hakrew, die nähern, nahen lassen, darnahen bedeutet. In den schier panarchisch klingenden Gleichheitsspruch der Korachleute ist, wiewohl erst in Moses Antwort ausgesprochen, der besondere Anspruch des Leviten Korach verflochten, den Priestern amtsgleich zu werden, wie sie also opfernd dem Heiligtum zu »nahen«. »Nahen« ist der ausdrücklichste von den biblischen Opferbegriffen, die fast alle etymologisch oder volksetymologisch auf die Grundtatsache hinweisen, daß die Opferhandlung, durch ein »Höhen«, ein »Hinleiten«, ein »Nähern« auf die Beziehung des Opfernden zu Gott im Sinn der Überwindung einer Fernheit einwirkt; die allgemeinste Bezeichnung des Opferns ist hakrew, darnahen, danach die des Opfers korban, Darnahung. Man »nähert« Gott das Opfertier, aber, wie das Sühneopfer durch die Aufstemmung der Hände des Sühnebedürftigen mit ihm funktionell identifiziert und an seiner Statt dargebracht wird, so birgt sich in der
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»Näherung« das eigene Nahen; der himmelwärts »nahende« Opferrauch ist das sichtbare Zeichen der Überwindung der eingetretenen Fernheit. Mit ebendemselben Begriff aber wird die Weihung sowohl der Priester wie der Leviten zum Tempeldienst bezeichnet. »Genähert« wurden Aharon und seine Söhne, um Gott zu »priestern«, d. i. ihm unmittelbar zu dienen 5 (. M 4, 8, 12, 14, . M 35, 6, 13, 24); auch die Leviten, als die vom Volk an Stelle der Erstgeburt Gott »Hingegebenen« und von ihm »Genommenen« (. M 16, 6), sollen »genähert« werden ( 9 f., 2), aber in einer besonderen Weise, nur »vor« das Heiligtum (wie einst einmalig, . M 5, die ganze Eda), nur »mit« Aharon: ihnen ist nur mittelbare Wartung anvertraut 6; genähert sind sie, aber wie das »Nahen« zur Heiligtumsgerätschaft selbst ( 3), so ist ihnen die Tätigkeit des Näherns, der Opferdienst, verwehrt. Der Korach-Aufstand nun erscheint als die Krisis, in der sich die Begrenzung des Levitenbereichs als Gotteswille gegen den Menschenanspruch behauptet, sich in der Sprache der Katastrophe beglaubigt, um dann endgültig ( 1-7) sich in der Sprache des Gesetzes kundzugeben. Diese Problematik des »Nahens« in seiner Doppelbedeutung bestimmt die Wortatmosphäre der Korachgeschichte. Sie ist zwischen zwei Abschnitte (Kap. und 1- 7) eingefügt, die von Nahen und Nahung handeln. Am Anfang des ersten, der fast durchweg Opfervorschriften enthält, steht aufmerken machend die paronomastische Wendung ( 4): »Darnahe, wer seine Nahung darnaht …«, und der andere, die Erzählung von dem Volksmurren und seiner Bestrafung und die vom blühenden Stab Aharons umfassend, schließt mit der paronomastischen bangen Frage des Volkes: »Jeder Nahe, der naht seiner Wohnung, er stirbt, / sollen wir gänzlich vergehn?« Siebenmal steht im . Kapitel die Hifilform im Sinne des Opferns, dazu noch einmal in dem selten vorkommenden des profanen Nahebringens einer Person, in der offenbar wegen dieser Wendung hier eingefügten Episode v. -; im . und . Kapitel mit der sich anschließenden Verordnung ( 1-7) steht sie neunmal, dreimal die Kalform, dreimal das als Partizip des Kal fungierende Adjektiv. Diese Wortatmosphäre, dazu die vielfache Wiederkehr des Wortstamms »sterben« in allen Abschnitten teilt eindringlicher als irgendein lehrhafter Text es vermöchte jedem dem Leitwortstil geöffneten Leser mit, um was es geht, und in welchem Ernst. Von da aus muß Moses Antwort gelesen werden; jede Wiederkehr des Wortes »nahen« darin bekommt daher ihre Emphase: »Am Morgen, da wird Er kenntlich ma. .
Vgl. mein »Königtum Gottes« S. f. Diese Mittelbarkeit wird, als bloßes lawa, »Anlehnen«, an das Priestertum, 2, 4 in volksetymologischer Paronomasie auf den Namen Levi (vgl. . M 34) bezogen.
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chen, / wer sein ist und wer der Heilige, / daß er den sich nahen lasse: / wen er erwählt, / den wird er sich nahen lassen.« Und: »Ists euch zu wenig, / daß Jiſsraels Gott euch schied aus Jiſsraels Gemeinschaft, euch ihm nahen zu lassen, / … Nahen ließ er dich und all deine Brüder die Söhne Lewis mit dir, / und nun trachtet ihr auch nach dem Priestertum!« Und dann im gleichen Wort die Aufforderung zu dem Versuch des ihnen geweigerten »Näherns«, der die Katastrophe bewirken wird: »Nehmt jeder seine Pfanne, / gebt auf sie Räucherwerk / und nahet vor Ihn jeder seine Pfanne …« (Worauf wieder reimartig folgt: »zweihundertundfünfzig Pfannen, / auch du und Aharon jeder seine Pfanne. / Sie nahmen jeder seine Pfanne.« Im . Kapitel, nach der Vernichtung, kehren die Pfannen wieder, – auch die Aharons, mit der er nun mittelnd, »zwischen den Toten und den Lebendigen« stehend, räuchert.) Ein Nahen war gewährt, die Vermessenheit begehrte ein anderes Nahen, nahen soll sie nun – und verbrennen. Paronomastisch wiederholt Moses Antwort die Grundworte der Herausforderung. »Zuviel euch!« rufen die Korachleute, und Mose erwidert: »Zuviel euch, Söhne Lewis!« Für »all die Gemeinde« wollen jene sprechen, als »du und all deine Gemeinde« werden sie abgewiesen: nur für die falsche Eda haben sie gesprochen. »Alle sind sie heilig« ist die Losung der Aufständischen; »der Mann, den Er erwählt, der ist der Heilige« lautet Moses Entgegnung. Mit dem zweifachen »wen Er erwählt« ist das entscheidende Wort gesprochen. Als Leitwort führt es zum nächsten Abschnitt hinüber, wo auf das große Sterben die Bestätigung des Lebens folgt ( 20): »Es soll geschehn, / der Mann, den ich erwähle, sein Stab sproßt.« — Wieder eine andere Aufgabe hat das Leitwort, wenn es gilt, auf die Sühne einer Schuld hinzudeuten, ohne sie als solche zu bereden. Durch Wortentsprechungen werden so die späteren Lebensbegebenheiten in ihrer kompensativen Bedeutung gekennzeichnet; die Stellen fallen gleichsam aufeinander und die Sühne deckt die Schuld. Einer solchen Erzählung nachzugehen kann einen anmuten, als ob man im biblischen Text selbst einen versteckten Urmidrasch entdeckte, und man möchte zweifeln. Aber die Entsprechungen sind so genau und ergänzen einander so restlos zum ganzen Tatbestand, daß man die Einsicht auf sich nehmen muß: die Wurzeln der »heimlichen Bedeutung« reichen in die Tiefe früher Überlieferungsformung hinab. Daß dem biblischen Menschen die Problematik des Handelns Jakobs an seinem Bruder nicht entging, daß er das Unrecht als Unrecht empfand, geht aus einer Stelle wie Jer 3 zur Genüge hervor; auch Hos 4 kann so
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verstanden werden. Die Genesis-Erzählung, die ihrer Aufgabe nach, die genealogische Entstehung Israels von einer Urerwählung und der dadurch bestimmten sukzessiven Auslese aus zu fassen, auch hier die Ausscheidung des Erstgeborenen unter das Walten Gottes zu stellen hatte, konnte über das Unrecht nicht reden; und auch als echte Erzählung hatte sie für dergleichen Exkurse keinen Raum. Aber sie durfte dem führenden Satze der latenten biblischen Geschichtstheologie, daß Gottes Walten die menschliche Handlung doch freiläßt und ihre Verantwortung fordert, daß Geschichte also kein Monolog mit Zwischenrufen, sondern ein echter Dialog ist, nicht untreu werden. Für dieses Dilemma gab der biblische Leitwortstil wie von selber die Lösung her, – nur daß er hier offenbar schon in der Auswahl der Traditionen, ja vielleicht schon in der Bildung der Tradition selbst, also durch Leitmotive noch vor der Verdichtung zu Leitworten, gewirkt hat. Auf Esaus »übermächtig großen und bitteren Schrei« antwortet Isaak (. M 35): »Mit Trug kam dein Bruder und hat deinen Segen genommen«. Und Esau wieder: »Rief man drum seinen Namen Jaakob, Fersenschleicher? beschlichen hat er mich nun schon zweimal: / genommen hat er einst mein Erstlingtum (b’chorati), und jetzt eben hat er noch meinen Segen (birchati) genommen!« 7 Vier Motivworte: Trug, Erstlingtum, Segen, Name. In seinem Exil, von Gott zwar beschützt, aber nicht vor der Heimsuchung bewahrt, erfährt Jakob, wie es ist, wenn einem in der eignen Sippe Trug widerfährt. In seiner Beschwerde kehrt das erste Leitwort wieder: mit dem gleichen Wortstamm 8 fragt er Laban ( 25): »Warum hast du mich betrogen?« Und Laban antwortet – mit dem zweiten Leitwort. Denn sein »Trug« bestand ja darin, daß er, wie Jakob, der Jüngere, sich durch Verstellung als der Erstgeborene ausgegeben hatte, so ihm an Stelle der Jüngeren die Erstgeborne durch Verstellung zum Weibe gab. »So tut man nicht an unserm Ort«, sagt Laban, »die Jüngere fortzugeben vor der Ersten«. B’chora: Erstgeburt; b’chira: Erstgeborne. »So tut man nicht an unserm Ort!« sagt Laban. Noch manches Mal »narrt« Laban Jakob ( 7), aber Gott steht ihm bei und hilft ihm überwinden. Nach zwanzig Jahren kehrt er, zu »zwei Lagern« geworden, in die Heimat zurück. Er will Esau begegnen und ihn versöhnen. Vorher aber hat er die letzte Probe, den nächtlichen Kampf mit dem »Mann« zu bestehen. Es geht um zwei Dinge, den Segen und . .
Die Assonanz soll hier wie oft zur Einprägung des Verses als eines von zentraler Bedeutung, den man sich für das Weitere merken muß, beitragen. Er kommt nur noch einmal im Pentateuch vor: . M 13 von Jakobs Söhnen.
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den Namen. (Segen, Name, Name, Name, Name, Segen, Name, so ist hier die Folge der Leitworte.) Den erschlichenen Segen soll der errungene decken. »Ich entlasse dich nicht, / du habest mich denn gesegnet.« Darauf aber fragt der Mann nach seinem Namen. Er antwortet: »Jaakob«; und der biblische Hörer der Erzählung hörte, wie uns die jeremjanische Stelle beweist: »Fersenschleicher«. Das eben, das Namensbekenntnis der Schuld, wollte der Mann ausgesprochen bekommen. Und nun nimmt er diesen Schuldnamen von ihm: »Nicht mehr Jaakob, Fersenschleicher, werde dein Name gesprochen« – ja, man darf wohl 9 übersetzen: »Nicht als ›Fersenschleicher‹ mehr werde dein Name besprochen« –, »sondern Jiſsrael, Fechter Gottes«. Der schlechte Kampf ist durch den guten gebüßt, der schändlich gewordene Name durch einen heiligen abgelöst. Noch dreimal folgt das Leitwort »Name« und hämmert uns den Sinn des Geschehenen ein. Dazwischen steht der Segen, ohne eine Rede, es ist wohl nur die segnende Gebärde gemeint, aber es genügt: der erfochtene Segen deckt den erschlichenen zu. Bald ( 10) wird Gott selber die Erneuung des Menschen Jakob-Israel aussprechen, und damit endgültig vollziehen. Erst aber muß noch der Bruder versöhnt worden sein, und auch dies geschieht im Leitwort des »Segens«: »Nimm doch birchati, meinen Segen, der dir gebracht worden ist!« – so bittet ( 11) Jakob den Esau, sein Geschenk nicht zu verschmähen. Da er es annimmt, ist nun auch zwischen Mensch und Mensch »Segen« durch »Segen« ausgeglichen. — Das größte Gebild paronomastischen Stils, aber zugleich paronomastischer Komposition im Pentateuch ist die Abrahamsgeschichte 10. Stücke von unverkennbarer Leitwortprägung sind hier mit Stücken andrer, leitwortfreier Art verknüpft, aber eben leitworthaft verknüpft, so daß wir es gleichsam mit zwei Schichten paronomastischen Erzählertums zu tun haben, die jedoch durchaus nicht streng geschieden werden können. Es hat vielmehr den Anschein, als sei zur selben Zeit wie die paronomastische Gestaltung einer Geschichte auch deren paronomastische Bindung an andere, benachbarte oder inhaltlich zugehörige erfolgt. Ich greife aus dem überreichen Material (es sind hier weit über distantielle Paronomasien feststellbar) einige Beispiele heraus, um die verschiedenen Funktionen und Formen des Leitwortstils zu kennzeichnen, deren Mannigfaltigkeit in dieser Erzählung besonders hervortritt. Die Abrahamsgeschichte baut sich in sieben Offenbarungsvorgängen ( 1-4, 5-9, 14-18, , , , 1-19) auf. Dazwischen stehen erst nur ein. Vgl. Ps 20 Kre und Mss. . Vgl. zum Folgenden auch meinen Aufsatz »Genesisprobleme«, MGWJ .
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zelne Stücke anderen Inhalts, dann – zwischen dem vorletzten und dem letzten – ein ganzes Bündel, endlich nach dem siebenten das, was jetzt, nach dem unübersteigbaren Gipfel der religiösen Erzählung, biographisch und genealogisch noch zu berichten ist. Der erste Offenbarungsvorgang – eher eine Kundgebung als eine Offenbarung im genauen Sinn zu nennen, denn Gott gibt Abram noch nicht sich selbst zu erfahren (er will ihm erst das Land »zu sehen geben«, dort erst wird er selber, v. , sich ihm »zu sehen geben«), nur seinen Willen –, Herausholung des Menschen aus seinem natürlichen Zusammenhang, Ruf zur Losmachung von Heimat, Verwandtschaft, Vaterhaus, und der letzte Offenbarungsvorgang, Herausholung des Menschen aus der irdischen Befriedung seiner Seele, Ruf zur äußersten Hingabe, der des Sohns, des Einzigen, Geliebten, des Verheißenen und Geschenkten, sind von der Komposition der Erzählung aufeinander bezogen, als einander entsprechend wie Beginn und Vollendung. Das kompositionelle Mittel dazu sind die Leitworte. »Geh vor dich hin«, sagt die Stimme des noch Unbekannten in Charan und schickt den Erwählten in das ihm zugedachte Land, und »geh vor dich hin« sagt am Ende der Wanderschaften der vertraute Gott zu seinem Diener, ihn »probend«; um auch noch die innerste, nicht anders zu verleibende Bereitschaft aus dessen Herzen in die Welt zu stellen. »Geh vor dich hin« – nirgends sonst im Pentateuch als an diesen zwei Stellen lesen wir die eigentümliche, wörtlich mit »Geh dir« wiederzugebende Wendung. Und sogleich danach erfahren wir an beiden Stellen, was mit »vor dich hin« gemeint ist: »in das Land, das ich dich sehen lassen werde« heißt es das eine, »auf einem der Berge, den ich dir ansagen werde« das andere Mal; vor sich hin gehen heißt in der gegebenen oder angegebenen Richtung drauflosgehen, bis Einhalt geschieht. Ohne Frage, ohne Bedenken folgt dort und hier auf die Gottesrede der Vollzug; dort unmittelbar danach, hier nach den paar vorbereitenden Handlungen steht das Wort wa-jelech: »und Abram ging«, »und er ging«. Aber ein drittes Leitwort noch schlägt einen Bogen von erster zu letzter Probe. Die Anrufung zu Charan mündet in einer fünffachen Wiederholung des Wortstamms »segnen«: Verheißung des Segens, verbunden mit dem Gebot an den Stammvater und durch ihn an den Stamm, »ein Segen« zu werden (einem Gebot, an das Kündersprüche wie Jes 24 und Sach 13 mahnend und tröstend anzuknüpfen scheinen). Die Anrufung zu Beerscheba enthält kein Wort von Segen, nur die reine, freilich als Bitte (»nimm doch«), nicht als Befehl geäußerte Forderung; aber die nach der Ablösung des Opfers an Abram ergehende Endrede des »Boten« segnet ihn in dreifacher Wiederkehr des Wortstamms, und wie dort »mit dir werden sich segnen alle Sippen des Bodens«, so heißt es nun: »segnen sollen einander
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mit deinem Samen alle Stämme der Erde«. Es ist der Beachtung wert, daß in der Abrahamsgeschichte noch einmal, und zwar zwischen den beiden Vorgängen ( 18), das Gotteswort von Abraham steht: »mit ihm werden sich segnen alle Stämme der Erde«, also eine Verknüpfung des Prädikats des ersten Spruchs mit dem Subjekt des zweiten, – aber nicht in einer Anrede, sondern im Selbstgespräch Gottes. An Isaak wird sich das Wort in der einen Verbalform ( 4), an Jakob in der andern ( 4) wiederholen. Die Entsprechungsverknüpfung kann nicht bloß zwischen zwei Abschnitten der Abrahamsgeschichte, sondern auch zwischen ihr und einer andern Geschichte walten. Am deutlichsten zwischen dem Bund mit Abraham und dem Bund mit Noah, zwischen den beiden vorsinaitischen göttlichen Bundesschlüssen also. Zunächst sind die beiden Personen durch Leitworte parallelisiert: dem tamim und dem hithallech von 9 entsprechen das hithallech und das tamim von 1. Merkwürdig ist dabei freilich, daß dort Indikative und hier Imperative stehen, als ob Eigenschaften und Haltungen Noahs dem Abraham als Aufgaben zugesprochen würden; aber »vor jemand einhergehen« ist Größeres als »mit jemand umgehen«, denn es bedeutet nicht bloß treue Gesellung, sondern eben den tätigen Heroldsdienst, den Abraham durch Kanaan ziehend und Gottes Namen ausrufend ( 8, 4, 33, das letztere mit seiner Proklamation des el olam offenbar auf die Philister zu gemeint) übte; und für das »ein ganzer Mann unter seinen Geschlechtern« möchte ich allen Ernstes der Ansicht Rabbi Jochanans (Sanhedrin a) beipflichten, es sei mit dem merkwürdigen Ausdruck eine kritische Relativierung angedeutet, und zwar anscheinend mit einer nur hier erhaltenen Wendung, deren genauen Sinn wir daher nicht kennen 11. Nun aber die Bundesschlüsse selbst: der mit der neuen Menschheit nach der Flut und, nach deren erneutem Versagen, der mit dem erwählten Vater eines einzelnen Stamms. Man achte darauf, wie die Ungleichheit hier in Gleichheit gebettet ist: gleich das »Ich errichte meinen Bund«, gleich die dröhnende Wiederkehr des Wortes brit, siebenmal in der Gottesrede 9-17, zehnmal in der Gottesrede 1-14 (mit dreifacher Nacherwähnung v. , ), dort und hier (dort einmal, hier zweimal) zum »Weltzeit-Bund« (dort und hier an vorletzter Stelle genannt) verstärkt, dort und hier die Anrufung des »Samens«, dort einmal, hier situationsgemäß fünfmal nacheinander »dein Same nach dir«, und schließlich dort und hier das »Zeichen des .
Wenn B. Jacob mit seiner ingeniösen Annahme recht hat (Genesis, Berlin , S. ), es seien die zwei Weltalter, die in Noahs Leben zusammentrafen, gemeint, könnte man verstehen: für einen Menschen einer so fragwürdigen »Übergangszeit« war er tamim zu nennen.
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Bunds«, dort freilich das menschheitsallgemeine, öffentliche, kosmische und flüchtige, hier das stammesbesondre, verborgne, körperliche und dauernde, dort jeweils von Gott, hier vom Menschen gesetzt. Nur erwähnen will ich als Beispiel eine Entsprechungsverknüpfung nach vorn: das »Ich bins, der ich dich aus Ur in Chaldäa führte« von 7 – in dem Abschnitt, darin das ägyptische Exil angekündigt wird! – und das »Ich bin dein Gott, der ich dich führte aus dem Land Aegypten« des Dekalogs. Sie gehört in die bedeutsame Reihe der Bezüge zwischen dem Leben der Stammväter und der Geschichte des Stammes, die einmal eingehend behandelt werden sollte 12. Mehrfach begegnen wir einer paronomastischen Vermittlung zwischen zwei benachbarten Erzählungen. Die volksetymologische Paronomasie von miggen, 20, und magen, 1, fällt wohl jedem aufmerksamen Leser auf: dort der den Feind »ausliefernde« Sieg, hier nach dem Sieg eine offenbar tiefere Furcht und die Zusage des »Schilds«. Weniger ist eine andere Stelle beachtet worden. In der vierten, mittleren Offenbarung, der einzigen, deren Bericht in der Sprache der prophetischen Bücher gehalten ist, wohl weil es die einzige ist, in der eine geschichtliche Zukunft des Volkes im genauen Sinn angesagt wird, steht ( 13) das erstemal in dem Buch der Wortstamm ana, drücken oder beugen, und zwar vom Handeln der Ägypter an Israel: »dienen werden sie jenen und man wird sie drükken«. In der nächstfolgenden Erzählung, der von Hagars, der Ägypterin, Flucht, steht es dreimal, 6, 9 und 11, um bis zum . Kapitel nicht wieder vorzukommen. Ist es Zufall, daß es hier um eine »ägyptische Magd« ( 1, wiederholt v. ) geht, die »gedrückt« wird, und daß ihre Geschichte auch noch mit dem Wort »Ägypten« ( 21) schließt? Oder liegt nicht auch hier eine seltsame Verknüpfung von Vätergeschichte und Volksgeschichte vor? Die Erzählung von Hagar gehört ja in dieselbe Kategorie wie die von Jakobs Betrug an seinem Bruder: dem teleologischen Charakter des Genesisbuches nach tut Sara, da Ismael von der Verheißungsnachfolge ausgeschieden werden soll, objektiv das Rechte und Gott selber bestätigt, es ( 12); aber für die biblische Glaubenswahrheit, die einer Verdeckung des Mitmenschen durch Gott widerstrebt und das menschliche Unrecht nicht durch Gottes Recht verhüllen läßt, tut sie eben doch unrecht; und wie bei Jakob kann dies nicht explizit gesagt werden, aus theologischen und aus epischen Gründen nicht. Erzählerisch implizit wird viel gesagt. Diese ägyptische Magd ist der erste Mensch, dem ein »Bote« Gottes – dessen jeweils personwerdendes Eingreifen – erscheint und ihn an.
In vortrefflicher Weise ist das inzwischen von Cassuto a. a. O. S. ff. für das . Kapitel geleistet worden.
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spricht. Als wie gewichtig das anzusehen ist, äußert sich in dem dreimal, Vers auf Vers, wiederholten »Sein Bote sprach zu ihr«. Aber nicht vom Himmel her, wie in der zweiten Hagarerzählung, der Erzählung von dem zum Sterben hingeworfenen Knaben Ismael, und wie in der im nächsten Kapitel folgenden Erzählung von dem zum Sterben gefesselten Knaben Isaak, sondern auf irdischem Weg, wie Gleich zu Gleich, tritt er ihr gegenüber und spricht ihr zu. Wunderlich klingt sein Zuspruch. Daß Sara, die Herrin, ihre Magd »gedrückt hatte«, als sie »in ihrer Hand« war (dreimal wird uns das Wort »Herrin«, sechsmal das Wort »Magd« eingehämmert), war erzählt worden; »kehre zu deiner Herrin und drücke dich unter ihre Hände!« ruft der Bote nun Hagar zu. Aber er, der sich vom Himmel zur bedrückten Kreatur herniederwarf, darf es tun, und es ist nicht Sklavengesinnung, die er empfiehlt. Die letzte Wiederkehr des Wortstamms ana bringt den zuverlässigen Grund: »denn gehört hat Er deinen Druck«. Kann man einen »Druck«, das schweigende Bedrücktsein, hören, erhören? Gott kann es. Und zugleich spricht der Bote (»Engel« pflegt man ihn zu nennen, aber das verdunkelt uns sein reines Botentum, auch ein Mensch kann Gottes Bote werden 13) ihr zu, um wessen willen sie sich unter die Hände ihrer Herrin drücken soll: sie wird einen Sohn gebären, wie ihr Herz ihn sich träumt, einen wilden, bogenmächtigen Beduinen, der, von Rand zu Rand der Wüste sprengend, leichter Hand die ermühten Ernten der Seßhaften raubt und so »all seinen Brüdern«, einem nach dem andern, »ins Gesicht Wohnung macht«; am Schluß der Genealogie Ismaels und damit am Schluß der ganzen Abrahamsgeschichte wird 18 paronomastisch-gesteigert die Erfüllung des Versprechens festgestellt: »all seinen Brüdern fiel er ins Gesicht«. Das Leitwort »hören« vermittelt zwischen beiden Hagarerzählungen (vgl. 17); aber das Leitwort »sehen« vermittelt zwischen der Erzählung von Hagars Flucht und der nächstfolgenden Abrahamsoffenbarung, der Bundesoffenbarung ( 1). Die Magd, zu der der namenlose Bote geredet hat, ruft Gott selber als den zu ihr Redenden mit dem Namen ihrer Erfahrung an: »Du Gott des Sehens!« Und sie begründets in der staunenden Frage: »Sah auch wirklich ich hier / dem Michsehenden nach?« Wie Mose in der Felsenschlucht (. M 22 f.), »sieht« sie Gottes »Rücken« (das achare von . M 13 klingt an das achoraj von . M 23 an): seine Teilnahme an der Menschenwelt, sein Erbarmen, das sein Gericht beschränkt (. M 6 f.); sie sieht, daß Gott sie sieht. Größeres kann niemand sehn. »Darum rief man den Brunnen« (auch dieses Leitwort »Brunnen« vermittelt zwischen beiden Hagarerzählungen) »Brunn des Lebenden Michsehenden«. .
Vgl. Hag 13; Mal 7, 1.
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Gott als der Erwähler Israels gibt Sara recht; aber Gott als der Lebende Michsehende nimmt sich Hagars an. Diese Motivierung einer Namengebung gehört, wie alles dieser Art, dem Typus der Paronomasie im engeren Sinn, der sich ausdrücklich als solche vortragenden, an. Ihm verwandt ist der paronomastische Dialogstil: wie wenn Abraham in dem Abschnitt, in dem offenbar die urweltliche Anwartschaft Jerusalems auf den Rang der kultischen Weltmitte erwiesen werden soll ( 18 ff.), den Segenanruf Malkizedeks paronomastisch in seiner Antwort an den andern anwesenden König, den von Sodom, übernimmt. Im Namen des »Hohen Gottes, Stifters von Himmel und Erde«, hatte ihn Malkizedek gesegnet, und Abraham vollzieht einen religionsphänomenologisch bedeutsamen Identifikationsakt, indem er, wie um die allzeitliche Selbigkeit der auf dem Morija verehrten Gottheit auszusprechen und zugleich den wahren Namen als den ihm offenbarten zu bekennen, dem Tetragramm die von Malkizedek gebrauchte Gottesbezeichnung appositionell folgen läßt. Verwandter Art, wiewohl nicht der Gattung der »vorgetragenen«, also vom Erzähler dem bewußten Handeln seiner Personen zugeschriebenen Paronomasie zuzuzählen ist die eigentümliche Wiederkehr des Leitworts mischpat im . Kapitel. Um sie nicht nach der Weise des geläufigen Bibellesers für beiläufig zu halten, muß man sich zunächst vergegenwärtigen, daß das Wort mischpat im Genesisbuch außer einer einzigen Stelle (im . Kapitel) nur an diesen beiden, Verse voneinander entfernten zu finden ist. Die erste steht in jenem Selbstgespräch Gottes, in dem er die Verheißung, in Abraham, in seinem »Stamm« würden sich »alle Stämme der Erde« segnen (nur hier sind solcherweise der eine Stamm und die Weltstämme nebeneinander genannt), zu sich selber spricht. Gott sagt, er habe ihn »erkannt«, d. h. in biblischer Sprache: er habe ihn in der Erwählung in die Intimität der gegenseitigen Beziehung gezogen, wie es vor ihm keinem und nach ihm erst Mose wieder (in noch gesteigertem Ausdruck, s. . M 12, 17) zuteil wird. Als die Absicht dieses Erkennens und die Bedingung des Segens wird nun gesagt: »auf daß er entbiete seinen Söhnen und seinem Hause nach ihm …«, und darauf folgt, Gott nicht mehr in erster, sondern in dritter Person nennend, also objektiviert: »sie sollen wahren seinen Weg, Wahrheit und Recht zu tun«: z’daka (Übereinstimmung des Handelns mit der wesenhaften Aufgabe, Bewährung, Wahrhaftigkeit, Wahrheit) und mischpat. Deshalb, der Gegenseitigkeit halber, will Gott dem Abraham nicht verhüllen was er tun wird; er teilt ihm mit, daß über Sodom Gericht gehalten werden soll, und schließt seine Rede mit dem Wort »erkennen« im sehr anderen und doch jenem nicht unentsprechenden Sinn: er will sich mit der Wirklichkeit der sün-
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digen Völkerschaften vertraut machen, und zwar in der Gestalt seiner Boten, die allein auf Sodom zugehen. Mit dieser Kundgebung, mit der er Abraham zugleich eröffnet, wer als sein Gast von seinem Brote aß (von diesem gar nicht »idyllischen«, sondern mehr als sakramentsgewaltigen Anthropomorphismus zehrt die Menschheit noch heute), ruft er Abrahams fürbittendes Rechten hervor, der nun als erster Mensch der Bibel Gott spontan anredet; erst danach und darum wird er ( 7) als der erste »Künder«, das ist vertreterische Sprecher zwischen Oben und Unten beglaubigt, der zu hitpallel, zu intervenieren, sich einzusetzen, zu mitteln (sekundär hat das der Rechtssphäre entstammende Wort die allgemeine Bedeutung »beten« erlangt) vermag. Und nun entspinnt sich jener seltsame Dialog, den Wellhausen für eine späte »Wucherung« hält. Es geht letztlich um die Frage, ob ein schuldloser Menschenkreis (unter die Zahl der traditionellen kleinsten kollektiven Einheit, die Zehn, geht der Fürbitter nicht hinaus) es Gott nicht sozusagen möglich machen könne, der schuldhaften Gemeinschaft, in deren Mitte dieser Kreis lebt, ihre Schuld zu »tragen«; auf diese Frage wird Gott vom Menschen die bejahende Antwort abgerungen. Die Schuldlosen werden als zaddikim, Bewährte, bezeichnet; siebenmal steht das Wort da, in dem sich jenes z’daka nun gleichsam entfaltet 14; nachdem die sakrale Zahl voll ist, wird es in den nachfolgenden fünf Antworten und vier Fragen vermieden. Die erste Frage aber schließt mit dem Spruch, dem an einfaltig kühner Verdichtung auch im Hiobsbuch nichts gleichkommt: »Aller Erde Richter, soll der nicht Recht tun?« Recht: mischpat. Unverkennbar ist dem merkenden Leser die paronomastische Anknüpfung an jenes erste mischpat. Hier ist keine Wucherung, sondern organischer erzählerischer Zusammenhang. Abraham hat das Selbstgespräch Gottes nicht gehört, er spielt nicht darauf an, aber der Erzähler hält das Leitwort fest und läßt es jetzt so wiedererscheinen, daß wir, von der Bindung der beiden Stellen aneinander ergriffen, die sich umkehrende Bewegung wahrnehmen: dort Gott dem Menschen Recht gebietend, hier der Mensch, »Staub und Asche«, von Gott Recht fordernd. Aber es scheint mir, der Erzähler wisse in der Stille, daß auch diese Rede, wenn sie sich vollendet hat und der Mensch »an seinen Ort« kehrt (v. ), in Wahrheit eine Rede Gottes an den Menschen gewesen ist. — .
Das Adjektiv, das vorher nur auf Noah angewandt war, kommt in Genesis nur noch einmal, in der ersten Erzählung, die auf die Sodomsgeschichte folgt, vor: wo der Philisterkönig, wie in einem schwächern Nachhall des Abrahamwortes, Gott fragt ( 4), ob er einen schuldlosen Stamm umbringen wolle.
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Man könnte einwenden, dem biblischen Erzähler werde von mir ein allzu »rationales« Verfahren zugeschrieben. Aber alle echte Dichtung ist in diesem Sinn rational, d. h. sie ordnet und formt das Elementare unter einem Gestaltgesetz der Vernunft. Es kommt einzig darauf an, in wessen Dienst die Vernunft steht. Oder, mit anderem Wort, ob es die wirkliche, die vernehmende ist.
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Das immer wieder aufgenommene Zwiegespräch Gottes mit Mose nach der Sünde des Volkes, . M 7-14, 31-34, 1-5, 12-23, 1-10, ist, im Zusammenhang gefaßt, von unerhörter Gebautheit, unerhörter tektonischer Dichtigkeit. Ich kenne kein andres Werk rednerischen Charakters, in dem die Beredtheit, in deren Wesen es zu liegen scheint dem Geheimnis abzusagen, so geheimnistreu bleibt, aber auch keins, wo so wie hier immer wieder die festen Wortbrücken, Leitwortbrücken geschlagen werden, um den zitternden Fuß über die Abgründe zu tragen. Schon wenn man etwas so scheinbar Geringes, wie das fünffache verfugende »nun« oder »nun aber« ( 10, 32, 34, 5, 13), oder etwas so scheinbar Beiläufiges wie das dreifache emphatische »du« in 12 in seiner ganzen vielfältigen und doch zusammenwirkenden Wucht betrachtet, erfährt man, daß es die wahre Sinn-Gewalt der Sprache ist, die hier waltet. Die zentralen Leitworte sind am und ala. Man findet sie fünfmal ( 7, 1, 3, 5, 12) in einem Satz miteinander verbunden, viele Male gesondert. Drei andere, jada, panim und chen – chanan, ordnen sich ihnen an. Zum Unterschied von goj ( 10, 13), das die körperhafte Einheit (vgl. gwija: Körper, Leichnam) bezeichnet, bedeutet am die durch Gesellung, durch Bei- und Miteinander (vgl. im: zugesellt, bei, mit) gekennzeichnete Gesamtheit – jenes mag daher durch Stamm (schewet ist vorjeremjanisch nie eine selbständige Einheit, es ist eigentlich der Zweig), dieses durch Volk wiedergegeben werden. Ein Volk ist »jemands«, der ihm angehört, aber das Possessivsuffix in ammi, ammcha, ammo kann auch den Gott meinen, dem es angehört. Dadurch wird die am-Dialektik unseres Textes möglich. »Verdorben hats dein Volk«, sagt Gott zu Mose ( 7), und daß dies nicht bloß zu verstehen ist: das Volk dem du angehörst, sondern darüber hinaus noch: das Volk das du führst, erweist sich aus den nachfolgenden Worten: »das du hast aufsteigen lassen 1 aus dem Land Ägypten«. Nun die in unserm Text immer wiederkehrende Kennzeichnung (v. ): »Ich sehe dieses Volk [vgl. 25, wo es auf die Not geht, wie hier auf die Art], wohl, ein Volk hart von Nacken ist es«. (In »dieses Volk« klingt .
So gebe ich den Hifil hier wieder, um die Leitworteinheit mit dem Kal deutlich hervortreten zu lassen; die Wiedergabe in den bisherigen Drucken unserer Übertragung ist noch unbefriedigend.
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hier, wie mehrfach danach, an: dieses Volk da unten – je nachdem, mit Verachtung oder mit Mitleid gezeigt.) Und jetzt bietet er Mose an, sich von dem vernichtungsreifen zu trennen, daß es nicht mehr »sein« Volk sei; dann will er ihn, Mose, wie einst Abraham (. M 2), dessen Same es nun verfehlt hat, ausscheiden und »zu einem großen Stamm machen« (v. ; hier steht goj wie fast durchweg, wo die Abstammungseinheit gemeint ist, in der Genesis). Mose antwortet: »… dein Volk, das du führtest [hier nicht ala, das Mose in unserem Text nicht gebraucht, sondern jaza] aus dem Land Ägypten …«: mir darfst du es nicht zuschieben noch auch es durch mich ersetzen wollen, es geht hier nicht um mich sondern um dich, es ist dein Volk, du bist es der es geführt hat! Und wieder, in einem durch den Suffixreim hervorgehobenen Memorialvers: »Kehre um vom Entflammen deines Zorns, / laß dich geleiden / des Argen über deinem Volk!« Jetzt hält er ihm, der davon geredet hat die Väter fallen zu lassen, den Schwur vor, den er ihnen geleistet hat, »daß sies eineignen auf Weltzeit«. W’-nachlu – wie damit hier die erste der Versöhnungsreden Moses schließt, so wird mit demselben Verb, in derselben Form, aber einer abweichenden Bedeutung, u-n’chaltanu, eigne uns an!, die letzte schließen ( 9): auf Weltzeit gilt der Gottesschwur der »Aneignung« und »Eineignung« zugleich. Auf das w’-nachlu l’-olam folgt ein assonantisch (Assonanz bedeutet hier das Bild der Übereinstimmung) mit wa-jinnachem beginnender Satz des Erzählers, der die Wirkung der Rede berichtet: »Da ließ Er sich geleiden des Argen, / das er geredet hatte seinem Volk zu tun.« Durch sein Sichgeleidenlassen erkennt Gott an: ja, es ist mein Volk, es bleibts. Dies aber ist erst das erste Stadium des Dialogs: die Vernichtung ist abgewehrt. Nun das zweite, nach dem Strafgericht, 31- 6 ( 35 ist Parenthese des Erzählers, die sich auf spätere Ereignisse bezieht und an den Schluß von v. erläuternd anknüpft), in dem es um die Weiterleitung nach Kanaan geht. Mose beginnt, indem er Gottes »dieses Volk« wiederholt, nur daß an Stelle der Bedeutung »dieses bösartige Volk, das ich also vernichten muß« – über v. hin, wo wir heraushören: dieses arme, unruhige, unsichere, hin und her bestimmbare Volk – die Bedeutung tritt: dieses eben sündige, dieses leicht sündigende Volk, dem du also vergeben mußt! Und darauf mit einer jener herrlichen, scheinbar zusammenhangswidrigen, in Wahrheit dem tiefern Zusammenhang dienstbaren Verfugungen: »Nun aber [da sie ja eben, wie ein rechter Sünder, auf deine Vergebung angewiesen sind], wenn du ihre Versündigung trügst –!« Zum drittenmal stehts hier in der Schrift, nach Kains Verzweiflungsruf und Abrahams Fürbitte, dieses unfaßbare, aber wirklich gemeinte »tragen«, das schon die ungeheure Gotteskundgebung von Jes 3f. im Keime birgt;
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aber zum erstenmal mit dem Akkusativ des Objekts: Gott trägt die Menschensünde; von hier aus ist Gottes Bestätigung, Gottes »Ja, das bin ich – ja, das tue ich« im Schlußteil des Dialogs zu verstehen: »Gottheit … tragend Fehl Abtrünnigkeit Versündigung ( 7)«. Auf das »Wenn« aber folgt, nun erst auf jenes »Dich aber mache ich zu einem großen Stamm« die persönliche Antwort erteilend, das »Und wenn nicht«: »Und wenn nicht, so wische mich denn / aus deinem Buch, das du geschrieben hast!« Er will nicht gesondert und bewahrt werden, er bleibt eins mit dem Volk, er steht ein. Und Gott, scheinbar erst weigernd, dann aber, mit demselben, entsprechenden »Nun aber« der Gnade – dort Gnadenbitte, hier Gnadengewährung –: »Geh, leite das Volk dorthin, wovon ich dir geredet habe«. Und nun faßt er Mose, der so, für sich die Huld, ablehnend, für das Volk einstand, zum erstenmal mit diesem zusammen ( 1): »Geh, steig hinauf von hier, / du und das Volk / das du hast heraufsteigen lassen aus dem Land Ägypten«. Scheinbar eine teilweise Wiederholung des Anfangsspruchs, 7, ist es hier, inmitten der Ansage des »Boten«, seine versöhnende Entgiftung; nicht mehr »Geh, hinab!« sondern: Geh, leite es weiter, wie bisher, bis an das Land! Nicht Gott selber jedoch, nur durch einen »Boten« will er mit dem Volk »hinaufsteigen«: würde er selber inmitten des Volks »hart von Nacken« »hinaufsteigen«, müßte er es unterwegs doch vernichten ( 3, mit dem Epitheton für das Volk und dem Verb »vernichten« an 9 f. anknüpfend). Dies das zweite Stadium. Jetzt, nach der Trauer des Volkes und der unentbehrlichen Zelt-Parenthese 7-11 (unentbehrlich, weil es an dieser Stelle von der Botschaft aus – also »theologisch« – grundwichtig ist, zwischen dem »Antlitz zu Antlitz reden« von v. , mit dem das »Antlitz zu Antlitz erkennen« von . M 10 zu vergleichen ist, und dem »Sehen des Antlitzes« von 20, 23 richtig unterscheiden zu lernen), folgt das dritte, zu dem man, trotz der zeitlichen Unterbrechung von 4, 12- 10 zusammenschließen muß. Es geht darum, daß Gott selber, nicht bloß durch einen Boten, Israel nach Kanaan bringe. Über den Gehalt dieses Abschnitts wird noch zu sprechen sein; zunächst ist er nur auf am hin zu betrachten. Mose knüpft erst nochmals, und zum letztenmal, an Gottes »dieses Volk« an: du hast mir gesagt, ich solle »dieses« Volk weiter hinaufsteigen lassen (v. ), – aber wie kann ich das, wenn du, da doch »dieser Stamm« (goj) unter allen Stämmen dein Volk ist (v. ), das nicht kundtust, indem du mit uns gehst. Und auf dieses »dein Volk« folgt nun zweimal, Gottes »du und dein Volk« und das eigne »dein Volk« verschmelzend: »ich und dein Volk« (v. ); als diese Einheit spricht er nun zu Gott: allein dadurch, daß du mit uns gehst, bekundest du, »daß wir ausgesondert sind [niflinu, wie Israel innerhalb von Ägypten war, 18, 4,
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7; die Verwandtschaft mit dem die »entrückte« Sphäre der Wundertaten bezeichnenden Verb ist wichtig], ich und dein Volk, von allem Volk, das auf dem Antlitz des Bodens ist«. Hier zum erstenmal steht am in der Schrift für das Menschenvolk überhaupt; man denkt an . M 34, wo die Befreiung aus Ägypten als das »Nehmen eines Stammes aus dem Innern eines Stammes« bezeichnet wird. Nun folgt die Bitte um Offenbarung und die Offenbarung; und nun, mitten in diese hinein, Gott mit einer alle bisherige überbietenden Verwegenheit in seine Rede von dem eingeschränkten Erbarmen fahrend, um ihn, gleichsam ehe er noch mehr von Strafe sagt, auf Grund des Huldbekenntnisses, endgültig zu gewinnen, »eilt« Mose, wirft sich nieder und redet. Nun wiederholt er selber, bestätigend ( 9): »Ja, ein Volk hart von Nacken ist es«, daran aber fügt er in kühner Überlogik die Folgerung des Herzens im Appell an den Schöpfer, daß also von ihm die Bewegung ausgehen müsse: »so verzeihe / unserm Fehl, unsrer Versündigung [an die Gottesrede von v. anknüpfend], / eigne uns an!« Und Gott, wie immer die Vermessenheit der Treue als Treue anerkennend: »Wohlan … vor all deinem Volk will ich ›Sonderwerke‹ [vgl. 16], Wunderwerke tun«. Das Wort »dein Volk«, von Gott zu Mose gesprochen, ist unter der Wirkung von Moses zu Gott gesprochenem Wort »dein Volk« von seiner Negativität erlöst. Moses Bitte (v. ) »gehe denn mein Herr in unserem Innern« empfängt die Antwort (v. ): »Sehen soll alles Volk, in dessen Innern du bist, / Mein Tun, wie es furchtbar ist, / das ich bei dir tun will.« Gott im Innern des Volkes – Mose im Innern des Volkes: Gott »bei« Mose. Die mit dem »bei« von 12 angehobne Weise ist hier vollendet. Von der mit dieser am-Dialektik verflochtenen ala-Dialektik ist einiges schon angedeutet worden. Am steht in unserem Text an dreißigmal, ala nicht halb so oft. Es entfaltet sich nicht so vielfältig wie jenes, aber es ist wichtig genug. Schon in dem erzählerischen Vorspiel des Dialogs, 1-6, hören wir zweimal im Mund des Volks: »Mosche, der Mann / der uns aus dem Land Ägypten hat aufsteigen lassen« und »Dies sind deine Götter, Jiſsrael, / die dich aus dem Land Ägypten haben aufsteigen lassen«; im weiteren wird der Relativsatz viermal wiederholt. Das wäre nicht auffällig, wenn er in diesem Buch nicht lediglich in unserem Abschnitt vorkäme. Man muß beachten, daß der synonyme Hifil von jaza in dem Buch außerhalb unseres Textes mal (innerhalb seiner mal), der Hifil von ala in dieser Bedeutung darin außerhalb unseres Textes nur mal vorkommt. Es ist unserer Erzählung von Sünde und Sühne eben um etwas Besonderes, um das »Aufsteigen« zu tun. Daß in der Bezeichnung des Zugs von Ägypten nach Palästina als »Aufstieg« nicht bloß das Geographische zu Wort kommt, läßt sich aus mehreren Stellen der Bibel er-
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schließen. Hier erscheint die Bezeichnung zunächst in einem seltsam ironischen Licht. Man zieht, um dessen recht inne zu werden, am besten auch die bedeutsame Parallelstelle . Könige 28 heran, wo Jerobeam in ironischer Paronomasie das Volk anredet: »Genug euch, nach Jerusalem hinaufzusteigen! / da sind deine Götter, Jiſsrael, / die dich aus dem Land Ägypten haben aufsteigen lassen.« Samaria ist hoch genug, sagt er, hierher seid ihr geführt worden, der Garisim ist der rechtmäßige Bundesund Heiligtumsberg 2, höher hin braucht ihr euch nicht zu versteigen. Inhaltlich andersartig und doch verwandt ist die Ausgangsstimmung unseres Textes. Da herauf, sagt das Volk ( 1), hat der Mann Mose uns gebracht, er selber aber ist weiter hinauf gezogen, zu seinem Gott da oben, wir wissen nicht was draus geworden ist, wir brauchen den Gott hier wo wir sind. So bekommen sie ihn hier geliefert. Nun aber Gott zu Mose (v. ): Hinunter mit dir, zu diesem Volk hin, das du so weit heraufgebracht hast! Und Mose, nach dem Strafgericht, zum Volk, in dem kleinen Abschnitt 30-34, wo es im prägnanten Sinn um die Sühnung der Sünde geht und der Wortstamm chata, unserem Text sonst bis auf die zwei abschließenden Nennungen 7, 9 fremd, daher achtmal wiederkehrt: »Nun aber will ich hinaufsteigen zu Ihm, / vielleicht daß ich eure Versündigung zudecken darf.« Jetzt müssen sie sein isoliertes Hinaufsteigen als ihre Rettung erkennen! Gott aber, der die Sühnungsmöglichkeit zugebilligt hat, zu Mose ( 1), ihn nunmehr mit dem Volk zusammenfassend – die Ironik der Stimmung zittert in der halben Gewährung noch nach –: »Geh, steig von hier weiter hinauf, / du und das Volk, das du hast aufsteigen lassen …« Danach jedoch, durch Mose hin das Volk anredend (v. ): »Ich werde nicht aufsteigen in deinem Innern.« Der wirkliche Gott will »da oben« bleiben, der »Aufstieg« soll ohne ihn geschehen; und das wäre der Aufstieg nicht mehr. Hier setzt Moses Protest ein ( 15): so laß uns nimmer von hinnen »aufsteigen«! Die Lösung bringt der letzte Aufstieg Moses zum Berg, wo mit der Offenbarung der Gnade auch die Gnade selber erscheint (daher wird hier, wie v. so v. , wieder die Sünde genannt). Daß hier jenes Aufstiegsgerede des Volkes im wirklichen Aufstieg der für es einstehenden Person zur Höhe der Gnade wahrhaft abgegolten wird, bekommen wir in der dreifach einhämmernden Kalform des Verbs zu spüren ( 2-4): »Steig am Morgen zum Berg Sinai herauf! … niemand steige bei dir herauf! … Und er stieg zum Berg Sinai hinauf.« Wir müssen an das dreimalige wajaal von 13, 15, 18 zurückdenken, an den ein-
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Über den Garisim-Anspruch vgl. das systematisch bearbeitete Material in Micha Josef bin Gorions »Sinai und Garizim« (Berlin ).
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samen Aufstieg vor der Volkssünde, in einem noch unproblematischen Vertretertum. Dazwischen liegt das Verkennen und die Erkenntnis. Die nächste Schnur im Geflecht: jada. In den ersten Teilen finden wir das Verb nur einmal, unbetont, vom »Nichtwissen« des Volkes ( 1, 24). Erst in der Hauptrede 12-16 entfaltet es seine Dialektik. In fünf Versen hören wir es sechsmal. Hier, im dritten und letzten Stadium des Dialogs ist es Mose, nachdem Gott die Weiterführung zugestanden hat, darum zu tun, daß Gott nicht durch einen »Boten« sondern selber das Volk weiterführe, daß er »mitgehe«. In eigentümlicher Weise ist aber in dieses Ansuchen das andre um das »Erkennen« verschränkt. Man muß diese Verschränkung genau betrachten, dabei aber sich gegenwärtig halten, daß semitisch (und ja nicht nur semitisch) »erkennen« nicht ohne Kontakt, »Fühlung«, besteht. Mose sagt zu Gott: Du heißest mich nun das Volk weiterführen und willst mir an deiner Statt nur noch einen Boten beigeben, der aber (man muß an frühere Stellen, 19 f., 20 ff., denken) ist mir personfremd (wir würden sagen: er ist nur Macht): »du gabst mir nicht zu erkennen, den du mit mir senden willst« (»den«, nicht »wen«!). Du selbst jedoch hast mir kundgetan, daß ich dir personhaft vertraut bin, »du sprachest doch: Ich habe dich erkannt mit Namen« (Name ist personhafte Substanz, mit Namen erkennen heißt diese berühren). Wenn dem so ist, gib mir, damit ich ohne deine Gegenwart doch nicht gegenwartsverlassen sei, dich mir dadurch mit, daß du mir die Gegenseitigkeit des Dich-kennens erschließest, gib, damit ich wegsgewiß sei, mir deinen »Weg« zu fassen: »so gib mir denn zu erkennen / deinen Weg, / erkennen will ich dich«. Das ist der Augenblick, wo Gott – nicht diese Bitte, sondern die ursprüngliche zu gewähren sich neigt, und sie dann, da seiner Frage, v. , die leidenschaftliche Antwort Moses wird (v. ), nur so könnte die Welt Israels Verbundenheit mit Gott »erkennen«, wirklich gewährt; und das letzte Wort der Gewährung ist die Bestätigung jenes ihm von Mose in den Mund gelegten: »denn … mit Namen habe ich dich erkannt«. Dieses Wort schließt den Kreis, das Verb kann danach nicht nochmals wiederholt werden; da jetzt Mose, auf die Gewährung der Gemeinschaftsbitte hin, seine personhafte Bitte, die er nun nicht fallen zu lassen vermag, erneut, tut er es nicht mehr mit dem Verb »erkennen«, sondern mit dem Verb »sehen« (v. ). Mit diesem »sehen« verschlingt sich im Folgenden (v. , ) das vierte Leitwort, panim. Es klingt – nach dem unbetonten Vorkommen 11 f. – mit jener schon erwähnten Stelle der leitwortmäßig unserer Erzählung einverleibten Zelt-Episode an: »So redete Er zu Mosche / Antlitz zu Antlitz, / wie ein Mann zu seinem Genossen redet« (rea ist das Wesen, mit dem man jeweils in unmittelbarer Beziehung steht). In der folgenden
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Hauptrede aber erscheint panim zunächst in einem andern Sinn: 14 f. unterreden sich Gott und Mose darüber, ob Gottes panim »gehen«, mitgehen soll. Darauf kann wie gesagt v. nur als die Gewährung verstanden werden. Was bedeutet dann aber die 9 »eilends« erneute Gemeinschaftsbitte Moses? Ist also die Gewährung doch noch nicht erfolgt? Doch, aber eben nur die partielle, um die es auch noch 14 f. geht. Daß Gottes »Antlitz« mitgeht, heißt, da wer es sieht stirbt ( 20, 23), daß Gott dem Volke voranzieht, die ihm in den Weg tretenden Feinde niederzuwerfen; daher spricht auch Mose in diesem Zusammenhang (v. ) von dem Eindruck auf die Welt, auf das Menschenvolk; dies meint auch das »mit seinem Antlitz« . M 37. Moses letzte Bitte, 9, »gehe denn mein Herr in unserm Innern!«, zielt aber auf noch Größeres ab: er erbittet, daß Gott dem Volk nicht bloß seinen Schutz, sondern die ihm ( 42 f.) zugedacht gewesene vertraute Innen-Gegenwart wiederschenke. Diese Innen-Gegenwart aber ist es eben, die sich in jenem Reden »Antlitz zu Antlitz« mit Mose darstellt (das dabber el von 42 und das von 11 ist zusammenzusehn). Der Mensch kann Gottes Antlitz nicht »sehen« (in unserer Begriffssprache: es kann ihm nicht Motiv werden), aber er kann sich von ihm ins eigne anreden lassen und ihm Rede stehen (in unserer Begriffssprache: es kann ihm Movens werden). Auf seine Bitte ( 18), Gottes Kawod, seine majestas, ansehen zu dürfen, erhält der Mensch zwar eine Abweisung; aber dem doppelten Nein geht ein doppeltes Ja (v. ) voraus, das, ebenso wie jenes vom Antlitz Gottes, vom Antlitz des Menschen redet: »Ich selber will vorüberführen / all meine Gutheit / an deinem Antlitz, / ich will ausrufen / den Namen / vor deinem Antlitz.« Und so erfüllt es sich auch ( 6): »an seinem Antlitz« fährts vorüber, sehen kann der Mensch nicht, da »die Hand« ihn überschirmt, aber er hört, sich ins Antlitz, die Stimme, die den Kawod des Namens ausspricht. Hier nun bricht das letzte der Leitworte, chen – chanan, auf. Fünfmal haben wir in diesem dritten Stadium des Dialogs von der »Gunst« gehört, die Mose »in den Augen« Gottes »gefunden« habe, und es mochte manchen an die Wiederholungslust orientalischer Rede anmuten. Aber auch hier steht die Wiederholungslust im Dienste der Botschaft. Die wieder und wieder kehrende Wortfolge hat unsern Sinn auf das Eigentlichste gelenkt, nun enthüllt es sich uns ( 19): »daß ich gönne, wem ich gönne, / daß ich erbarme, wes ich erbarme«, und in seiner Unbedingtheit ( 7): »Gottheit / erbarmend gönnend / langmütig«. Das ist der ausgesprochne Kawod des Namens. In ihm erkennt Mose, was erkennen zu dürfen er gebeten hatte: den »Weg« Gottes. Und wenn er nun »eilt«, um noch einmal vorzubringen (v. ): »Habe ich denn Gunst in deinen Augen
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gefunden …«, sagt er in einer letzten, äußersten Verwegenheit: so tue denn, was du bist! Und Gott tut es. Ich habe das Aderngeflecht eines großen Textes entblößen müssen, um Ader für Ader den vollkommnen Kreislauf darin zu zeigen. In die neue Lesung seiner Ganzheit dürfen wir von dieser unsrer Betrachtung nicht die Teile, nur die Ganzheit aufnehmen. Nur noch als ein zart durchscheinendes Gebild darf sich jetzt das blutdurchflossene Netz unserem ehrfürchtigen Blicke bieten.
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Die Bibel auf Deutsch Zur Erwiderung 1 Ich habe immer gefunden, daß es gut sei, etwas zu wissen. Goethe zu Eckermann.
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Ohne auf die metaphysisch-sozialwissenschaftlichen Gedanken der Rezension unserer Genesisübersetzung eingehen zu wollen, glauben wir doch, im Interesse der Leser dieses Blattes wenigstens die Punkte hier besprechen zu sollen, in denen der Rezensent seine allgemeine These an der Sprache der Übersetzung zu bewahrheiten sucht. Wenn sich dabei herausstellen sollte, daß dieser Beweisversuch Punkt für Punkt mißglückt ist, so wäre damit gegen die Richtigkeit jener allgemeinen These von der Stummheit der Bibel in »unserer Zeit« noch nichts entschieden; nur die Beziehung, die der Rezensent ihr hier auf das Übersetzungswerk zu geben versucht, fiele in sich zusammen. Daß wir die These selbst für irrig und verderblich halten, wünschen wir nicht im Zusammenhang mit seinem Angriff auszuführen. Wir beschränken uns streng auf die von dem Rezensenten selbst ausgewählten Beispiele. Er scheint sie in einer ritterlichen Anwandlung so ausgewählt zu haben, daß wenigstens bei einem Teil die einfache Anführung des hebräischen Wortlauts genügt, um auch Nichtkennern des Hebräischen die Haltlosigkeit des Angriffs aufzuzeigen. Luthers »Wolken führen« heißt hebräisch: annen anan, infolgedessen bei uns: Wolken wölken. Luthers »schlachten« heißt an der gemeinten Stelle hebräisch: tawoach tewach, infolgedessen bei uns: Schlachtvieh schlachten. Luthers »Solltest du unser König werden und über uns herrschen?« heißt hebräisch: ha-maloch ti-mloch alenu im maschol ti-mschol banu
infolgedessen bei uns 2: .
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Auf eine in der Frankfurter Zeitung vom . und . April unter dem Titel »Die Bibel auf Deutsch« erschienene Kritik des I. Bandes der »Schrift« von Siegfried Kracauer, die darauf ausging, die Unzeitgemäßheit unseres Unternehmens darzutun und ihr unter anderm vorwarf, daß sie wagnerisiere. Die Erwiderung ist von der Zeitung etwas gekürzt veröffentlicht worden; hier wird sie vollständig mitgeteilt. (M. B.) In der Wortstellung gegen die im Buch gedruckte Wiedergabe jetzt etwas abgeändert. (M. B.)
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Willst du König werden, König du bei uns, oder Walter du, Walter über uns?
(»Herrscher« wäre falsch, denn mit demselben Wort wird Josef bedeutsamerweise nach der Wiederfindung von den Brüdern bezeichnet, als sie dem Vater seine Botschaft bringen, und »Herrscher« wäre hier zu viel, wie Luthers »ein Herr« zu wenig ist. Das – übrigens von Arndt wiederbelebte – Wort »Walter« bot sich uns daher, weil wir dasselbe Verb im Spruch der Erschaffung des Menschen, wo Luthers »herrschen« den Sinn verschiebt, sinngemäß durch »sie sollen walten« wiedergegeben hatten.) Wo Luther »Brandopfer opfern« sagt, steht im Hebräischen – ha-alot olot – nichts von Brand und nichts von Opfer, sondern nur: Höhungen höhen. Wir haben statt »Höhung« das verdeutlichende »Hochgabe« zu setzen gewagt. Hochopfer war nicht angängig, weil das Wort Opfer, ungleich seinem lateinischen Quellwort offerre, das den Sinn des hebräischen Opferns gut wiedergibt, heut in unsrer Sprache einen unüberhörbaren Beiklang von Preisgabe und Entäußerung angenommen hat, der dem hebräischen korban (Nahbringung, Darbringung) ganz fern liegt. Luthers »Brandopfer« ist nicht aus dem Hebräischen, sondern aus dem Griechisch-Lateinischen übersetzt; die Septuaginta bildet diesen erklärenden Terminus für das Substantiv, während sie das Verb richtig übersetzt; die Vulgata hat ihn als griechisches Fremdwort übernommen, Luther ihn im Deutschen eingebürgert. Sie alle hielten sich dabei, wie ein namhafter protestantischer Bibelkommentar sagt, »an den Begriff, nicht an die Bedeutung«. Aus dem Lateinischen stammt auch Luthers dem Rezensenten zusagende Übersetzung des hebräischen funktionalen Plurals toladot durch den ontologischen Singular Geschlecht. Unser »Zeugungen« ist also durchaus nicht, wie der Rezensent meint, eine unfreiwillige Funktionalisierung, sondern eine höchst freiwillige, nämlich entstanden aus dem, was nun einmal hebräisch dasteht; das Lateinische durfte uns zwar wie jede frühere Arbeit interessieren, aber maßgebend konnte uns nur das Hebräische sein. Gleichfalls aus der Vulgata stammen Luthers »Tore seiner Feinde«. Im Hebräischen steht: Tor seiner Hasser. Daß wir »Hochtor« sagen, geschieht, um dem Leser zum Verständnis dieses Singulars zu helfen, der ja nicht ein beliebiges Tor meint, sondern das Tor, an dem Rat, Markt und Gericht gehalten wird – eine Bezeichnung, die in dem türkischen kapu, Pforte, was man in Europa sich auch meist als Hohe Pforte verdeutlichte, noch bis in die Gegenwart hineinragt. Der »Ruch«, der den Rezensenten so empfindlich stört, stammt von
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keinem andern als Luther selber, der sogar mit einer – anscheinend den Runen, »wie sie Richard Wagner begriff«, entnommenen – Alliteration schreibt: »also daß dies Opfer des Lobes sei wie ein Rauch und Ruch des vorigen Opfers«. Aber warum »der Befriedung«? Weil »der liebliche Geruch« wohl homerisch (Ilias 549 f.), aber nicht biblisch ist: das hebräische Wort, das dasteht, ist kein Adjektiv, sondern der Genetiv eines Nomens, das »Beruhigung« bedeutet. Und »roch den Ruch«? Auf Hebräisch: waja-rach et reach. Nicht ebenso schnell ist die Hauptstelle der Beweisführung zu erledigen. Die Luther-Fassung »und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser« erscheint dem Rezensenten endgültig. Luther selbst war dessen nicht ebenso sicher; sonst hätten wir wohl nicht die Variante: »der Wind Gottes schwebt auf dem Wasser«. Das Wort ruach, das er solchermaßen verschieden wiedergibt, kommt, wie Gunkel treffend bemerkt, nur dieses eine Mal in der Bibel in dem Sinn vor, den es in diesem Vers hat. Nämlich in der elementaren Fülle seines Sinns, der sich überall sonst in »Wind« (so . M 8), »Hauch« oder »Atem« (so . M 17) und »Geist« auseinanderlegt; dieses eine Mal ist das Urwort gemeint, das all dies in sich befaßt. Eine geringere, aber ähnliche Vieldeutigkeit hat das griechische pneuma und das lateinische spiritus. Aber auch das deutsche »Geist« hatte sie noch zu Luthers Zeit. Darum kann er das Heer des Himmels von Gott »durch den Geist seines Munds« gemacht sein lassen; wer nimmt heute die Sinnlichkeit dieses Ausdrucks noch unmittelbar wahr? Weil sie aber Luther und seine mitlebende Leserschaft noch inne hatten, glaubte er auch am Anfang der Schöpfung sein allzu eindeutiges »Wind« durch das damals noch (aber bald danach schon nicht mehr) vieldeutige »Geist« ersetzen zu dürfen. Aber doch eben ohne eigentliches Endgültigkeitsgefühl, ja ohne folgerichtiges Beharren. Denn im Gespräch Jesu mit Nikodemus (Joh 5 ff.), wo er wie einschließlich Meister Eckharts die Früheren (bedenklich wagnerisch!) übertragen hatte: »Der Geist geistet, wo er will«, schrieb er dann: »Der Wind bläset, wo er will«, so daß nunmehr unmittelbar nacheinander dasselbe Wort pneuma einmal durch Wind, vorher und nachher aber durch Geist (»daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist«) wiedergegeben erscheint, obgleich im Text das gleiche – eben jenes Urwort – gleichmäßig gemeint ist. »Du hörest sein Sausen 3 wohl«, das ist nicht vom »Wind«, sondern eben von der .
Ich bin seither zu der Überzeugung gelangt, daß phone, das niemals Geräusch, nur Stimme bedeutet, sich auf die Stimme bezieht, die über den Urwassern ihr Werk der Welterschaffung, über dem Wasser des Jordans ihr Werk der Neuschaffung des Menschen (vgl. das Zitat von Ps 7 im ursprünglichen Text von Lk 22) vollbringt und die in einer – nur in einem Fragment des sog. Nazaräerevangeliums erhaltenen,
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Ruach gesagt, die hier wie dort überm Wasser wirkt, – von der Macht also, die in sich noch Geist und Natur umschließt. Kein Ding der geschaffenen Welt kann dem heutigen Übersetzer zur Verdeutschung dieses ruach dienen, nur dieses sein Sausen oder Brausen (»Gottes brausender Atemzug«), substantivisch gefaßt; nur so kann jene Einheit von Wind und Atem und Geist in eine Sprache, die sie nicht mehr kennt, herübergerettet werden. »Ein Brausen vom Himmel« hat Luther die Erscheinung des Pfingstgeistes genannt. Und das »Brüten«? Das hebräische Wort kommt nur noch einmal in der Bibel vor, . M 11, vom Adler, der über seinen Jungen – entweder die leis vibrierenden Flügel breitet oder aber brütet. Das gleichlautende syrische Wort bedeutet brüten und so übersetzt die syrische Peschitta. Dem, wovon der Genesissatz spricht, dem Schweben über dem Ungewordenen, steht dieses Verbum unvergleichbar näher. Das Bild des Vogels überm Nest ist noch geblieben, wo der Talmud die Bibelstelle erörtert; das »Brüten« als die rechtmäßige Metapher des ersten Schöpfungsakts hat noch Augustin (quodam fotu sancti Spiritus sui) erhalten; aber in der Dichtung, auf deren Gipfeln die großen Gleichnisse ihr Leben bewahren, reicht es in hinreißend alliterativen Versen an unser Zeitalter her: Wenn über werdend wachsendem Vorher Der Vatersinn mit Wonne brütend schwebte … Goethe.
Der Braus, mag man einwenden, ist aber doch wohl Bewegung, und Brüten ist doch wohl Stillestehn – wo geht das zusammen? Eben hier! Hier und nur hier ist beides in einem; denn der Braus ist allüber den Wassern: die hebräische Wendung in ihrer Knappheit bedeutet nicht: an einer Stelle über der Fläche der Wasser, sondern: über der ganzen Wasserfläche. Daß sich mit den beiden endlich gefundenen Wörtern auch die Alliteration der beiden hebräischen Wurzeln ruach und rachef ergab, war ein Geschenk, das uns in den Schoß fiel. Wir hätten in diesem Fall auch darauf verzichten müssen, wenn die schwierige Zeile, von der vielleicht jedes Wort uns mehr Arbeit gekostet hat als diese ganze Entgegnung, nur im übrigen prägnant herausgekommen wäre. Während wir sonst eher Mühe hatten, Zufallsalliterationen des Deutschen, die vom hebräischen Text nicht gefordert waren, zu vermeiden. Luthers an sich herrliches »Wenn gleich das Meer wütete und wallete« – bei ihm übrigens, wie der Vergleich mit den älteren Drucken und Handschriften lehrt, eine aus beaber sicherlich alten – Tradition als die Stimme des heiligen Geistes erscheint; vgl. den Targum zu Hohelied 23, wo die »Stimme der Turteltaube« so gedeutet wird. (M. B.)
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wußter Sprachkünstlerschaft geflossene Alliteration – könnten wir uns nicht ohne Bedenken aneignen. Das wären die Punkte, von denen aus die Phantasie des Rezensenten nach Bayreuth entflogen ist. Falls die Leser dieser Zeilen nun nicht die unsres Wissens auch von der kühnsten Bibelkritik noch nicht gewagte Folgerung ziehen wollen, der hebräische Text der Bibel sei erst nach als dem Jahr der Eröffnung des Bayreuther Festspielhauses entstanden, so wird ihnen nichts andres übrig bleiben als die Einsicht, daß Alliteration und Reduplikation, Wiederholung also, klangsinnliche und wortgeistige, zum Urwesen des menschlichen Sprechens gehört. Eine Einsicht, die sie sich an jedem Kind, das zu sprechen beginnt, bestätigen können, sowohl an den Kinderworten, die dem eigentlichen Lernen der Erwachsenensprache vorausgehen, als auch an dem Lernen dieser Sprache selbst. Wiederholung ist ein tiefes Bedürfnis der menschlichen Natur, das Verlangen nach Abwechslung kommt durchweg erst als Folge. In den Sprachen äußert sich das so, daß in einem gewissen Stadium es ein Gesetz des guten Stils wird, nach Möglichkeit den Ausdruck zu differenzieren. Dann verschwindet freilich die echte sinnliche Differenzierung, die sich in die Anschauung dieses und grade dieses Vorgangs so vertieft, daß sie ihn gar nicht anders mehr beschreiben kann, als daß sie mit dem Hebräer oder auch mit dem Griechen »Wolken wölkt«; dafür entsteht die Eleganz der stilistischen Differenzierung, die mit dem Lateiner, der auch als Kirchenvater die Schaffung des lateinischen Literaturstils durch den Literaten Cicero noch nicht verleugnet, »Wolken führt«. Auch im Hebräischen selber ist nach der biblischen Zeit, als es zu einer Literatursprache wurde, die eigentümliche Vertiefung und Verstärkung eines Verbums durch den beigesetzten Infinitiv des gleichen Verbums, die unsre Übersetzung, so gut es im Deutschen geht, nachzubilden oder wenigstens anzudeuten sucht, bis auf geringe Spuren erloschen. Luther ist hier, wie in so vielen Einzelheiten der Übersetzung, dem lateinischen Text gefolgt; sein Schüler Mathesius schildert ihn als Vorsitzenden seines Bibelrevisions-Consistoriums, also zu der Zeit, als seine hebräischen Kenntnisse auf ihren Höhepunkt gekommen waren, »mit seinen alten lateinischen und seinen neuen teutschen Biblien, dabei er auch stetigs den hebräischen Text hatte«. Dieses »dabei« der Entstehung, sowohl in seiner negativen wie in seiner positiven Wirkung, spiegelt der uns klassisch gewordene Wortlaut seiner Übersetzung in jedem Vers. »Weihbuhle« sei ein »restaurierender« Ausdruck, meint der Rezensent. Wir wissen nicht, was damit restauriert worden sein soll; aber wir wissen, daß die uns zur Auswahl gestellten Termini »Hure« und »Beischläferin« dem Text in keiner Weise gerecht werden, und eigentlich müßte auch der
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Rezensent es wissen. Das Wort k’descha kommt von kadosch, das bekanntlich »heilig, geweiht« bedeutet; es bezeichnet demgemäß eine »Geweihte«, nämlich eine in einem der heidnischen Kulte, insbesondere dem der Astarte, sich Prostituierende, eine Hierodule (so übersetzen es denn auch zumeist die modernen Theologen, die zum Unterschied von uns sich Fremdwörter erlauben dürfen). An der Genesis-Stelle wird es euphemistisch für »Hure« gebraucht. Als Juda Tamar »am Zugang nach Zweibrunn« sitzen sah, »hielt er sie für eine Buhldirne«: ſona; aber als sein Abgesandter sie dann suchen soll, vermeidet er das vulgäre Wort und fragt: »Wo ist jene Weihbuhle von Zweibrunn am Weg?«: k’descha. Luther übersetzt beides mit »Hure«. Die wilde »Schlachtstatt« mußte für den zahmen Altar eintreten, weil ſawoach schlachten heißt und infolgedessen mi-ſbeach Schlachtstatt. Altar führt heute die Vorstellung in eine ganz falsche Richtung. Bei Altar denkt man an etwas, vor dem gekniet und gebetet wird. In der Genesis wird zwar mehrmals niedergefallen und auch mehrmals gebetet, aber nie vor einem Miſbeach. Auf dem wird geschlachtet. – Zur Beruhigung des über diese Wildheit Entsetzten sei aber mitgeteilt, daß das wilde Wort dort, wo es in den folgenden Büchern mehr technisch als anschaulich gebraucht ist, so daß die verbale Wurzel nachweislich verblaßt, vielfach durch das zahme »Statt« vertreten wird. Für mazewa sagen wir nicht wie Luther Mal, sondern »Standmal«, weil das Stammwort »stellen« bedeutet und weil die Bezeichnung »Mal« viel zu unbestimmt ist; an einer von zehn Stellen mußten wir Standmal durch Malstatt ersetzen, um das darauf bezogene Femininum »Zeugin« beibehalten zu können. Beide durchaus unrestaurativen Wörter (sie sind nur naturgemäß ungeläufig: wie ihr Gegenstand) wird der Rezensent im musikdramatischen Vokabular vergebens suchen. Aber auch den Verkehr mit der Lutherbibel scheint der Rezensent nicht in dem Maße zu pflegen, das man von ihrem Vorkämpfer erwarten möchte. Sonst würde er nicht Worte, die er bei Luther dicht gesät findet, wie »fürwahr« (so z. B. die schönen Stellen Jes 15 und 4), in die »Flachländer« Dahns und Freytags verweisen. Die Wendung »ohne Maß« oder »ohnemaß« auch nur durch ein einziges Beispiel aus der »altertümelnden Neuromantik des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts« zu belegen, dürfte dem Rezensenten nicht gelingen; es ist auch in der zweiten Schreibweise ein ganz nüchternes und heutiges Wort, das er vermutlich mit dem archaisierenden »unmaßen« verwechselt, welches sich tatsächlich bei Richard Wagner findet, das zu verwenden uns aber nie beifiele. Luther sagt gewöhnlich: »über die Maß«. »Mit Verlaub« schreibt zwar wahrhaftig Freytag, wie wir durch Nach-
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schlagen in den Wörterbüchern ermittelt haben, aber nicht minder Goethe, mit dem wir uns in der Gesellschaft der Butzenscheibenmänner gern zusammenfinden. Bei uns steht es an einer besonderen Stelle: wo Josefs Brüder in aufgeregter Überhöflichkeit und deshalb mit »aufgeregter Interpunktion« den Hausverwalter angehn. »Erdvolk« (eigentlich nur Erde) mußte . M für Luthers »alle Lande« und »alle Welt« gesetzt werden, weil jenes »alle Lande« nicht dasteht und weil ein Wort für Welt, als den Inbegriff des Raums, im biblischen Hebräisch sehr bezeichnenderweise noch fehlt, während ein Wort für den Inbegriff der Zeit, für Ewigkeit, vorhanden ist; um Welt auszudrücken, braucht das biblische Hebräisch zwei Worte zusammen: das »schollenhafte« »Erde« und das luftige »Himmel«. Wie die Rezension bei »Erdvolk« in völkische Beängstigungen fallen konnte, ist uns, objektiv wenigstens, unverständlich. Wenn der Genfer Völkerbund nach einem konkreten Wort für sein Ziel suchen würde, könnte er kaum ein geeigneteres finden als Erdvolk. Für die Wiedergabe der Personennamen waren mehrere Gründe maßgebend, aber selbstverständlich nicht die beiden, die der Rezensent in eigenartiger Unkenntnis unserer öffentlichen literarischen und sonstigen Tätigkeit, deren Kenntnis er doch zu Anfang hervorhebt, nun vermutet: der »völkische« (nocheinmal!) und der »ästhetische« (was man nicht deklinieren kann, das sieht man als ästhetisch an). Die Lutherschen Formen der biblischen Personennamen sind nicht, wie die Rezension zu glauben scheint, die einzigen in Deutschland verbreiteten. Die katholische Hälfte des deutschen Volks sagt für Luthers Hiob, Jesaias, Hesekiel, Isai: Job, Isaias, Ezechiel, Jesse. Sogar Eva heißt auf katholisch Heva. Dieser Zwiespalt im deutschen Sprachgebrauch selbst war ein Grund, auf die nicht durch Griechen- und Römermund gemodelten ursprünglichen Namen zurückzugehen. Ein weiterer Grund war die allgemein etwa seit hundert Jahren wahrnehmbare Tendenz, überall die richtigen einzusetzen. Noch Schiller sagte Jupiter und Juno, wo heute jeder Zeus und Hera sagen würde. Seit Nietzsche sagt kein Mensch mehr Zoroaster für Zarathustra. Diese Tendenz ist, wie vielleicht manchen Lesern und sicher dem Rezensenten unbekannt geblieben ist, auch in die heute gangbaren Lutherbibeln eingedrungen. Luthers König Roboam heißt seit Ende der bürgerlichen Epoche, also seit Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts Rehabeam usw. Entscheidend war aber auch dies Rücksichtnehmen auf eine wahrnehmbare Zeittendenz, das dem Rezensenten ja an sich sympathisch sein müßte, nicht. Entscheidend war das, was der Rezensent unsre überlutherische Verdeutschungstendenz nennt. Denn die Sinndeutung der Namen, die grade in der Genesis eine so große Rolle spielt, konnte nur durch die
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Wahl der hebräischen Eigennamen durchsichtig werden. Wenn Eva bei uns Chawa heißt, so ist das nur für den ersten Blick eine Verfremdung. Die nur so wiedergebbare Beziehung auf den Wurzelsinn verdeutscht dann den fremderen Namen in einer Tiefe, die den Verzicht auf die Oberflächenvertrautheit des Wagnerschen Evchens selbst uns alten Bayreuthern leicht machte. Oder man sehe, wie auf Seite des Buchs »Im Anfang« Jizchaks Name geschöpft wird. Die Propheten konnten nicht Propheten bleiben, weil das griechische Wort im Unterschied von dem hebräischen heut einseitig den Sinn eines Wahrsagers des Zukünftigen hat. Das sind die Propheten bisweilen, aber nicht wesentlich. Etwa gerade die eine Stelle, wo das Wort in der Genesis steht (S. ), wird mit »Prophet« ganz sinnlos. Der Künder war da das Gegebene. Nicht bloß weil nach der wahrscheinlichsten Etymologie das hebräische Wort diese Bedeutung hat, sondern auch weil künden die Vorstellung genau auf den richtigen Punkt lenkt. Denn künden kann im Gegensatz zu reden und sprechen nicht absolut, nicht objektlos gebraucht werden. Der Künder ist im Gegensatz zum Redner und Sprecher, die beide den Sinn eines Berufs oder Amts annehmen können, immer Künder von etwas, immer gebunden an seine Kunde. So schließt dies Wort grade die Vorstellung aus, die heut mit dem »Prophetischen« modisch verbunden ist, die Vorstellung der Anlage, Begabung, kurz und scheußlich gesagt: des »religiösen Genies«. Daß das Wort »künden« zwar nicht, wie der Rezensent argwöhnt, erst seit Georges »Stern des Bundes«, aber immerhin erst seit Voß und das Substantiv erst seit Rückert wieder in die Sprache eingeführt ist, aus der es einige Jahrhunderte lang verschwunden war, durfte uns nicht hindern. Sprache darf nicht archaisieren. Das wäre gegen ihren Sinn und Auftrag. Sie muß ganz Gegenwart, ganz für das Heute, ganz – gesprochen sein. Aber noch keiner, der sich vor eine große sprachliche Aufgabe gestellt sah, am wenigsten Luther, hat auf den Rückgriff in verschollenes oder nur landschaftlich erklingendes Sprachgut verzichtet. Nur der Unverstand könnte das als Archaisieren oder Provinzialisieren bezeichnen. Immer vorausgesetzt, daß diese innere Kolonisation des Sprachreichs mit Umsicht und Kenntnis geschieht, so also, daß die neuen Güter existenzfähig sind und daß keine lebensfähigen alten ausgekauft werden. Wenn Luther in jenem von dem Rezensenten zwar zweimal zitierten, aber nicht einmal verstandenen Brief an den Hofprediger Spalatin sich die Mitteilung von schlichten Wörtern erbittet: non castrensia nec aulica, so meint er mit diesen »Schloß- und Hofwörtern« – es handelt sich nämlich um Edelsteinnamen – die damals modernen technischen Bezeichnungen, also gerade das, was die Rezension in der Meinung, das gäbe es erst heut und
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nicht, in wechselnden Formen, in allen Kulturzeiten, als »profane Sprache« preist und anpreist. Er sucht und erbittet dagegen »simplicia«: echtes und altvolkstümliches Wortgut. Nachdem wir nun an sämtlichen Einwendungen des Rezensenten dargetan haben, daß sie Einwände gegen den hebräischen Text sind, bedauern wir, genötigt zu sein, auch die einzige Zustimmung, die er uns erteilt, ablehnen zu müssen. Abrahams Sterben in gutem Greisentum ist nicht, wie der Herr Rezensent meint, unsere Prägung, sondern steht gleichfalls im Text. W heißt in, towa heißt gut, ſsewa heißt Greisentum. — Vergesse der Leser nun für einen Augenblick, daß die Widerlegung des von der Rezension unternommenen Beweises noch keine Widerlegung ihrer allgemeinen These ist und höre uns – beweislose These gegen fehlbewiesene These – an. Wir glauben, daß dem Wort, das in der Bibel Schrift geworden ist, jede Zeit, die unsere so gut wie irgendeine vergangene, fremd, fern und feindlich gegenüberliegt, daß aber dies Wort in jeder Zeit die Kraft bewährt, die ihm Hörigen zu ergreifen. Die Zeit ist passiv, das Wort aktiv. Das Wort nur bewahren, nur konservieren, nur allenfalls durch die Zeit tragen wollen ist Lästerung. Es will reden, zu jeder Zeit, in jede Zeit, jeder Zeit zum Trotz. Wir wissen nicht, ob es unser Übersetzungswerk in seinen Dienst nehmen wird und in welcherlei Dienst. Wir haben nur das eine zu bedenken: ihm treu zu sein. Ob die um dieser Treue willen geschehenden vereinzelten Wortheimholungen sich einbürgern werden, das ist uns, gegen jenes oberste Gesetz und seine Forderung, eine geringe Sorge. Wir stehen in diesen Tagen am Abschluß der Arbeit an dem zweiten biblischen Buch. In ihm wird erzählt, wie das Wort bei dem Volk, an das es entboten wird, zunächst taube Ohren findet »vor Geistes Kürze und vor hartem Frondienst«.
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Genauer als in dieser Zeile läßt sich eine ungünstige »metaphysische und soziologische Situation« – so nennt man das ja wohl – kaum beschreiben. Gewiß haben auch damals die Wahrschreiber Ägyptens und seine Weisen Pharao beruhigt, daß angesichts jener Situation in »unserer Zeit« jenes Wort zu Stummheit verurteilt sei. Dann geschah, was geschah.
Zu einer Übersetzung und einer Rezension 1 (März ) I Wenn ein Rezensent den Wert des besprochenen Buches in Zweifel zieht, hat der Autor, und wenns ihm noch so sehr gegen Herz und Verstand geht, zu schweigen. Das Buch ist da, es ist zugänglich, jeder kann erfahren wie es ist, das muß dem Verfasser genügen, und ob eine Rezension etwa die Zahl der Leser mindert, das Auge der befangen zu Machenden trübt, es bleiben ihm die Unbefangenen, für die andern darf er von seinem Buch erhoffen, daß es ihnen den Blick wieder kläre, und er darf sogar daran glauben, daß »es sich herumspricht«. Wenn von der Zeder in einem Koniferengarten noch so beredt erzählt würde, sie sei eine Zwergkiefer, brauchte ihr Besitzer keine Berichtigung zu versenden. Anders, wenn ein Rezensent die in dem Buch waltende Intention, also seinen Grund, verkehrt. Das ist, wie wenn man der Wurzel des Baums nachsagte, sie sei angefault und er müsse bald stürzen. Wer gräbt nach? Auch dem Unbefangenen wird da das Urteil des zum sachverständigen Gutachter Bestellten leicht zum eignen Vorurteil. Das ist der Fall, in dem der Autor die Pflicht hat zu reden: der Behauptung die Richtigstellung nachzuschicken, und wenn es angeht, der beweislosen den Gegenbeweis. Ja, den Beweis. Denn wir sind zum Glück auch in den Fragen des Schrifttums nicht dem Subjektivismus der Meinungen ausgeliefert, wenns auch so scheinen mag. Gesteigert gilt die Pflicht, wenn der Autor kein Verfasser, sondern ein Übersetzer ist und die Verkehrung die Antriebe und Motive seiner Übersetzerarbeit betrifft. Denn hier steht er ja in einer Verantwortung von besonderer Strenge: in der einem andern Sein, dem übertragenen Werk und des Werks Genius, gegenüber. Wenn es nun eben das ursprüngliche Gewissen dieser Verantwortung ist, das vom Besprecher angetastet wird! Man könnte freilich meinen, jenes Werk sei doch auch da und der Leser .
Die Rezension, auf die hier erwidert wurde, stammte von Richard Koch und erschien im »Morgen«, der auch die Entgegnung abdruckte. Was uns vorgeworfen worden war, geht aus dieser hervor. Ich kann aber diesen Wiederabdruck nicht in die Welt gehen lassen, ohne ihm ein Zitat aus einem Brief beizugeben, den Richard Koch mir , nach dem Lesen des »Jirmejahu«-Bandes der »Schrift«, sandte. Es heißt darin: »Ich glaube auch heute, daß Sie im Unrecht waren, als Sie mir das Recht des Urteils absprachen, weil der Urtext mir unzugänglich ist. [Das hatten wir aber gar nicht getan, vgl. den . Abschnitt unsrer Erwiderung. M. B.] Aber ich hatte unrecht, als ich fürchtete, diese Übersetzung würde die Schwächen eines künstlichen Zeitstils bekommen, der auch in seinen stärksten und repräsentativsten Äußerungen besonders rasch veraltet.« (M. B.)
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brauche nur zu vergleichen. Aber die Übersetzung ist ja hauptsächlich für die der Ursprache nicht Mächtigen bestimmt, die sie, wenns gut geht, wohl zu jener hinführen mag, deren Masse aber zunächst die neuerschienene Verdeutschung eben mit der für ihre Stellungnahme, d. h. für ihr Lesen oder Nichtlesen, entscheidenden Frage empfängt: »Wie hältst dus mit der Verantwortung dem Text gegenüber?« – eine Frage, die sie sich selbst eben nicht zu beantworten imstande ist, deren Antwort sie sich liefern lassen muß eben von den Rezensenten (wobei sie zwischen Kundigen und Unkundigen nicht weiter scharf unterscheidet). Und auch die Kundigen unter den Lesern – wer von ihnen geht ernstlich an die Prüfung? wer stellt Wort neben Wort, Klang neben Klang, Gebild neben Gebild? wer beginnt (denn ohne dies ists nicht getan) selbst eine, die andre Stelle zu übersetzen, um zu erkennen, welches das Wasser ist, das zu befahren war, wo seine Klippen, wo seine Strudel, wie also gesteuert worden ist? wer weigert sich, die Entartung der Baumwurzel als Tatsache hinzunehmen ohne nachzugraben, wenns ihm der zum Sachverständigen Bestellte versichert hat? Die Pflicht zu reden wird zum Befehl, wenn die Schrift, die verdeutscht wurde, die heilige ist. II Richard Koch, der im vorigen Heft des »Morgen« unsere Verdeutschung des ersten Buchs der Schrift besprochen hat, findet darin »stilisierte Mythen«. Stilisiert nennt man zum Beispiel ein Naturgebild bekanntlich dann, wenn es künstlerisch umgebildet worden ist nicht im treuen Versuch, das persönliche Gesetz seines Wesens und Wachstums zum Bild werden zu lassen, sondern in dem Unterfangen eines naturfremden Formbegriffs und Formwillens, ihm die eigne »Stil«konzeption aufzuzwingen; das heißt: statt den elementhaften Sinn seiner Linien, die aus Erbe und Geschick, aus Kernstoff und Nährstoff, aus Sonne und Erde, aus Gemeinschaften und Befeindungen, aus benannten und namenlosen Kräften so geworden sind wie sie sind, in der Erscheinung des Menschenwerks auszusprechen, statt dessen einzusetzen einen ersonnenen Scheinsinn, ein Gemächt ästhetischer Willkür, und so Inzucht der Kunst zu treiben statt sie der Geschöpflichkeit zu vermählen. Daß Richard Koch eben dies meint, sagt er deutlich genug am Schluß seiner Besprechung, wo er die »Gefahr«, die unsrer Übersetzung drohe, in die Zeitkrankheit, »Form zu wollen«, einordnet, uns vor dem »Irrtum« warnt, »daß es uns Menschen gegeben ist, Dingen Formen aufprägen zu können«, und von uns für die Fortsetzung unsres Unternehmens fordert, – mit der Gebärde des Zweifels, ob wirs zu leisten vermögen werden, fordert »die Kunst, künstlerische Wirkungen zu vermeiden«.
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Die Behauptung, ein Übersetzer stilisiere, er wolle Form und vermeine Form aufprägen zu können, bedeutet – nicht anders kanns verstanden werden – den Vorwurf, daß er nicht oder nicht bloß vom Text, treu und gerecht von des Textes Geboten und Weisungen ausgehe, sondern oder sondern auch von einem dem Text fremden, also sich ihm aufzunötigen genötigten Formwillen. Im Fall der vorliegenden Rezension gilt anscheinend von der soeben durch »oder« bezeichneten Alternative der mildere Vorwurf: das »nicht bloß«, das »sondern auch«. Ganz sicher ist das freilich nicht; offenbar ist es dem Rezensenten selbst nicht ganz sicher. »Es wäre zu viel gesagt«, äußert er, »wenn man sagen würde, daß diese Lebendigkeit mit Kunstgriffen absichtlich herbeigeführt sei. Weitgehend mag sie die Folge einfacher, treuer Übersetzung sein.« Sie mag. Aber wenn sies auch wirklich ist, dann doch nur weitgehend. So ist es eben nicht zu viel gesagt. Jedoch – mag oder nicht mag, weit oder nicht weit, zu viel oder nicht zu viel: nein! Der Rezensent irrt. Hier geht es nicht um ein Weniger oder Mehr. Die Sache, der wir untertan sind, wirft ihm die Gewichte von der Waage. So redet sie nicht, so läßt sie nicht mit sich reden. Unerbittlich eindeutig formuliert sich die Frage: Sind wir vom Wort das dasteht und nur von ihm ausgegangen, oder zwischendurch von unsern Wortvorstellungen? die vor dem Wort das dasteht nur ein Wortwahn sein können! Haben wir unsre Ohren und eine gehorsame Seele dem Schall der Rede, die zur Schrift geworden ist, aufgetan oder haben wir Musik unsrer Träume dreingemengt? Haben wir der Wahrheit allein oder abwechselnd ihr und den Dämonen gedient? Nicht eine ungewichtigere Frage ist die wahre, sondern eben diese. Und sie geht wahrhaftig nicht lediglich uns an und unsre heutigen Leser. Richard Koch hat wohl selbst, trotz seiner Wäre und Würde, ihre Eindeutigkeit, ihr Ja oder Nein verspürt. Er hält uns Luther vor. »Luther«, sagt er, »glaubte sicher nichts anderes zu tun als auf deutsch zu schreiben, was in der hebräischen Vorlage … stand.« Wir aber – können also nicht glauben, nichts anderes zu tun! Ein Dazwischen gibt es hier nicht. Was hier nicht lautre Wahrheit ist, ist Meineid. III Da es sich so verhält, ist eins uns geboten, und das tun wir. Wir stellen die Reinheit unserer Arbeit unter Beweis. Denn es geht um Erweisliches. Wir wissen, daß unsre Übersetzung Fehler enthalten muß, daß wir trotz allen Bemühens nicht alle Möglichkeiten für jede Stelle erwogen haben können, daß uns auch trotz allen Strebens nach vollständiger Übersicht über die Vorarbeiten sicherlich noch brauchbare Hilfsmittel entgan-
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gen sind: wir sind für jede Kritik, die uns auf solche Lücken aufmerksam zu machen sucht, dankbar. Aber wir machen uns anheischig, von jeder Stelle unserer Übersetzung, die uns genannt wird, seis auch nur ein einziges Wort, ein Buchstabe, eine Interpunktion, eine Zeilenabsetzung, darzutun, daß und wie sie uns allein aus unserer Erkenntnis des Worts, sei die groß oder gering, aus nichts anderem geworden ist. Wir erbieten uns zu beweisen, daß etwa die lebendige Mannigfaltigkeit des Stils, die unsre Übersetzung der Genesis von der edlen Gleichförmigkeit der Lutherschen unterscheidet, Stück für Stück aus der Bemühung um genaueste Wiedergabe dessen was dasteht, also aus der Schrift selber, aus ihrer Rede, aus Laut, Herkunft und Bedeutung der Wörter, aus Tonfall, Bau und Gehalt der Wortfügungen hervorgegangen ist; wonach wir die Beweisführung ergänzen könnten durch Mitteilungen darüber, wie wir selbst jeweils von diesen höchst unerwarteten Ergebnissen betroffen worden sind, das heißt, wie die Form, Mal um Mal, uns nicht Absicht, sondern Schicksal war. Wir erbieten uns, für jede uns genannte Stelle, zu beweisen, daß etwa »der starke malerische Reiz dieses Textes« nicht unserer ästhetischen Reizsamkeit, sondern eben dem Text entstammt, und daß, wenn auch die Erklärung des Rezensenten, »malerische Wirkung aber wollte der Urtext gewiß nicht bieten«, unbestreitbar zu Recht besteht, daraus keineswegs zu folgern ist, daß wir sie wollten, vielmehr nur, daß sie dem Urtext ungewollt eignet und eben deshalb unsrer wie keine frühere um Treue bemühten Übertragung. IV Richard Koch wird sich freilich an dem von uns geforderten Verfahren nur unvollständig beteiligen können, da er, wie er mitteilt, der Ursprache unkundig ist. Das ist in der Tat ein erschwerender Umstand. Nicht als ob wir den des Hebräischen nicht, wohl aber des Deutschen Kundigen, die unser Buch von diesem her beurteilen wollen, die Berechtigung dazu absprechen möchten. Es ist ein deutsches Sprachwerk und kann recht wohl als ein solches für sich betrachtet werden, ja es ist daran für einen, der von Luther und Jacob Grimm herkommt, mancherlei zu sehen, was die NurHebräer nicht zu sehen bekommen. Voraussetzung dafür ist nur eben so viel Situationsgefühl, daß man die Übersetzungsrichtigkeit einfach loyal voraussetzt. Koch würde sich vermutlich wundern, wenn z. B. einer, der nicht Englisch kann, Friedrich Gundolf vorhielte, er sei in seinem deutschen Shakespeare nicht getreulich vom Urtext allein ausgegangen; er würde vermutlich meinen, das sei ein Vorhalt, der eigentlich nur von einer Vergleichung der Übersetzung mit dem Original aus erfolgen könnte. Da aber der genannte Umstand ihn nicht behindert hat, braucht er ihm nun auch kein Hindernis zu sein, für sein Urteil einzustehn. Er ist sich offen-
Zu einer Übersetzung und einer Rezension
bar bewußt, um wie Ernstes es letztlich geht: um etwas, wie er zutreffend sagt, wovon »unser Schicksal, unsere Zukunft« abhängt; denn er weiß, daß »die Heilige Schrift mehr ein Buch der Gegenwart und der Zukunft als der Vergangenheit ist«. Es ist nun an ihm, hier zu wirklicher Klärung einzugreifen, was die unverbindliche, beweislose publizistische Äußerung ihrem Wesen nach gar nicht vermag. Unsere Zeit kann von ihrer wirklichen Krankheit (von der das »Formwollen« nur eins der Symptome ist) nur genesen, wenn es gelingt, die entwertete Menschenrede wieder verbindlich zu machen.
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Der im »Tage-Buch« vom . Juni erschienene Artikel »Bubers Bibel« veranlaßt mich, den etwa durch ihn irregeführten Lesern mitzuteilen, was wir mit dieser Bibelübersetzung wollen; aus dem alten Prospekt des Verlegers, den der Rezensent statt unserer eigenen vier Aufsätze und Schriften als Quelle dafür benützt, ist es freilich nicht zu erfahren. . Das »Alte Testament« ist bisher nie so übersetzt worden, daß man auf die sinnliche Grundbedeutung des einzelnen Wortes zurückgegangen wäre; man begnügte sich damit, ein »entsprechendes« einzusetzen. Wenn Luther Sara zu Abraham sprechen läßt: »Lieber, lege dich zu meiner Magd, ob ich doch vielleicht aus ihr mich bauen möge«, mißversteht er. Kautzsch-Bertholets »vielleicht kann ich durch sie zu Kindern kommen« und die ähnlichen Wendungen der andern Modernen sind nicht Übersetzungen, sondern Umschreibungen des Wortes ebbane, das nur an einer Stelle noch, aber nirgends vorkommt, wo vom natürlichen Kinderkriegen die Rede ist. Das Verb ist von dem Nomen, das Sohn, im Plural auch Kinder bedeutet, abgeleitet und bezeichnet jenen primitiven Rechtsakt, den Folkloristen als Adoption durch Scheingeburt bekannt, dessen semitische Hauptform an der andern Stelle, da wo Rahel zu Jakob wie Sara zu Abraham redet, so beschrieben wird: »daß sie auf meinen Knien gebäre«: die Unfruchtbare nimmt die Gebärende auf ihren Schoß, und damit vollzieht sich die Identifikation, ihr Schoß ist es nun, aus dem das Kind hervorgeht, sie ist – wenn wir einen Terminus der älteren deutschen Rechtssprache aufnehmen – bekindet worden. Das sagt Sara, das Rahel: Hier ist meine Magd Bilha, geh zu ihr ein, daß sie auf meinen Knien gebäre und auch ich aus ihr bekindet werde.
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Aber auch der Mann, der keine Kinder hat, auch Abraham klagt, er vergehe ariri – was heißt das? Alle Übersetzer sagen: ohne Kinder, kinderlos; aber die Etymologie des Wortes sagt etwas anderes, etwas Sinnlicheres, Bildhafteres, nämlich: entblößt; denn die Kinder sind diesen morgenländischen Menschen das Lebensgewand, ja, der zweite Leib. Darum wird im Buch Leviticus dem »Mann der das Weib seines Bruders nimmt« die Strafe so der Sünde entsprechend zuerkannt: »die Blöße seines Bruders hat er bargemacht, kinderbloß werden sie bleiben«. Und dar.
Antwort auf eine von Emanuel bin Gorion verfaßte Rezension.
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um nennt Abraham sich nicht kinderlos, sondern kinderbloß, kinderbar. Man muß, wenn man sich einer wirklichen Übersetzung der Bibel unterfängt, zuweilen solche Wörter wagen; ob sie von den Zeiten empfangen oder verworfen werden, weiß kein heute Lebender. . Wir versuchen, was bisher ebenfalls noch nicht geschehen ist, die Synonyma auseinanderzuhalten, soweit es die deutsche Sprache ermöglicht, also nicht zwei verschiedene hebräische Wörter durch das gleiche deutsche, noch auch – zumindest innerhalb desselben Zusammenhanges – ein hebräisches Wort durch zwei verschiedene deutsche wiederzugeben; wir sind darüber hinaus bestrebt, wo zwischen mehreren Wörtern Wurzelverwandtschaft besteht, sie auch im Deutschen zu erhalten. Wie durch diese Methode versunkene Schätze gehoben werden, dafür genügt ein Beispiel aus eben dem Kapitel von Hagars Flucht. Da steht dreimal dasselbe Wurzelwort; freilich nur im Original und in einer getreuen Übersetzung. Es heißt zuerst: »Da drückte Sſarai sie. Sie aber entfloh ihr«. Und nun findet der Bote Gottes Hagar in der Wüste, befragt sie und befiehlt ihr: »Kehre zu deiner Herrin und drücke dich unter ihre Hände!« Aber er tröstet und verheißt auch: »denn vernommen hat ER deinen Druck«. Man vergegenwärtige sich die dreischichtige Situation: zuunterst der Unterdrückte, über ihm der Unterdrücker, darüber aber der »Lebende, mich Sehende«, wie ihn der Unterdrückte nennt – und er da oben, der Lebendige, wirft sich nach unten und nimmt den Niedergeworfenen auf; er darf ihm zusprechen, er solle sich selber unter die drückenden Hände drücken, denn das ist der Weg, auf dem er diesen Menschen in die Freiheit führen will. Was bleibt aber davon, wenn, statt der Wiederkehr des gleichen Wortes, »Elend« auf »demütigen« folgt (Luther), oder gar (Kautzsch-Bertholet) »wie du gelitten hast« auf »behandelte sie hart« und »beuge dich«? Freilich findet unser Bemühen um eine strenge Wortentsprechung seine Grenzen an denen der Sprache. So bedeutet z. B. kol zugleich Stimme und Schall. An der vom Rezensenten angeführten Stelle, wo die Menschen, die vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, Gott kommen hören, bedeutet es nicht Stimme, wie der Rezensent meint, sondern Schall, wie wir übersetzen; denn Gott hat in diesem Augenblick ja noch gar nicht gesprochen; was sie hören, kann nur der Schall seiner Schritte sein, da er sich »beim Tageswind im Garten ergeht«. (Kautzsch-Bertholet übersetzen denn auch: das Gehen, Gunkel: Schritte usw.; aber das sind alles Umschreibungen.) . Wie das einzelne Wort in seiner ursprünglichen sinnlichen Bedeutung, so ist uns auch das hebräische Wortgefüge nichts Nebensächliches, das sich gegen die Gewohnheiten der Sprache, in die übersetzt wird, nicht
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behaupten dürfte. Wir kennen keinen »Inhalt«, der von dieser Form, in der er uns übergeben ist, abzulösen und einer anderen einzutun wäre. Diese Form selber gilt es in der artverschiedenen Sprache so seßhaft zu machen, als es deren Grenzen (die Grenzen, nicht die Gewohnheiten) gewähren. Wenn z. B. in eben dem Hagar-Kapitel Sara zu Abraham sagt: »Über dich meine Unbill!«, so ist das nicht bloß formal, sondern dem ganzen Gehalt nach etwas anderes als Luthers »Du tust unrecht an mir«. Am deutlichsten wird in diesem Kapitel die gehaltliche Verschiedenheit da, wo der Bote Hagar den Sohn verheißt; bei Luther: »Er wird ein wilder Mensch sein … und wird gegen all seinen Brüdern wohnen« – das ist ein fragwürdiger Zuspruch; aber der Text sagt und wir ihm nach: Ein Wildeselmensch wird der … all seinen Brüdern sitzt er im Gesicht.
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Das ist der Sohn, wie ihn sich die »ägyptische Magd« erträumt, das ist echte Verheißung. Keineswegs ergibt sich aus dieser Art der Wiedergabe die Pflicht, die Reihenfolge der Worte einzuhalten; das hieße oft dem deutschen Satzbau Gewalt antun. Daß Luthers »Es werde Licht« bei aller Schönheit die Wucht des Urworts mindert, hat schon Herder erkannt; aber sein »Sei Licht« läßt den aus dem Nichts schöpfenden Ruf wie eine imperativische Anrede klingen; wir müssen die Worte umstellen, um in der deutschen Sprache, in der eben die Abfolge von Subjekt und Prädikat eine andere ist, die echte Entsprechung zu gewinnen: Licht werde! . Wir nehmen, wie die wortlichen, so auch die lautlichen Eigentümlichkeiten des Textes ernst. So ist uns aufgegangen, daß seine nicht seltenen Alliterationen und Assonanzen nicht durch ästhetische Kategorien allein erfaßt werden können: es sind, wenn auch nicht immer, so doch immer wieder Stellen von religiöser Wichtigkeit, an denen sie stehen, und sie dienen dazu, diese Wichtigkeit sinnlich hervortreten zu lassen. Wenn etwa Gott Kain vom Acker verbannt, »der den Mund aufmachte« (pazta et piha), das Blut seines Bruders aufzunehmen, so spricht sich von der Gewalt des Augenblicks etwas aus, was auch in Luthers »die ihr Maul hat aufgetan« noch stumm blieb. Und Luthers »unstät und flüchtig« – ja, es ist herrlich, aber die Worte na und nad vertritt es nicht, und wie lautlich nicht, so auch nicht inhaltlich; beide sind nicht reine Adjektiva, sondern Partizipia, und das erste schließt nicht, wie »unstät«, eine Verneinung ein. Unser »schwank und schweifend« ist auch nicht adäquat, aber es ist die größte Annäherung, die ich in irgendeiner Sprache kenne; »schwank« wird übrigens nicht, wie der Rezensent meint, nur vom Rohr, sondern z. B. vom Gang, vom Schritt gesagt, auch gibt es wahrhaftig ein
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schwankendes Umherirren oder Schweifen des Verzweifelten! – Ists uns hier nicht völlig geglückt, so gelang es uns an einer andern (ebenfalls vom Rezensenten angeführten) Stelle nur zu Hälfte. Das ist die merkwürdige Geschichte, wie die Erbauer des Turms von Babel statt ewen, Stein, l’wena, Ziegel, als Baustoff, und statt chomer, Lehm, Ton, chemar, Erdpech, Asphalt (der Rezensent meint, es bedeute Kalk, aber er irrt sich, mit Kalk hat keins der beiden Wörter zu tun) als Mörtel verwenden. Das ist kein Wortspiel: die Lautgleichheit hebt die Situation heraus, in der diese Menschen die natürlichen Materialien durch künstlich erzeugte oder doch mit Mühe ans Licht geförderte ersetzen müssen. Die erste Hälfte »So diente ihnen der Backstein zu Baustein« ist uns einigermaßen geglückt, die andere ist verbesserungsbedüftig 2. Wir werden, zumal in den ersten Bänden, noch mancherlei zu verbessern haben, wenn auch wohl nicht so bewunderungswürdig oft wie Luther. . Daß wir von unserer Auffassung der Treue aus statt der geläufigen Gräzisierungen und Latinisierungen der biblischen Eigennamen diese selbst aufnehmen mußten, braucht nicht erklärt zu werden; die Zeit, in der man Zoroaster für Zarathustra sagte, ist vorüber und die, in der man Ezechiel oder Hesekiel für Jecheskel sagt, wird vorübergehen. Auch hier gibt es aber eine Grenze: man darf allgemein bekannte geographische Namen nicht zu unbekannten machen, indem man zum Beispiel statt Ägypten Mizrajim schreibt; weil die Erde nämlich noch da ist und die Menschen gestorben sind. Die Inkonsequenz gehört zum Wesen und Geschick dieser erstmaligen Arbeit, der Ziele und Schranken nicht durch ein abstraktes Prinzip, sondern durch die Wirklichkeit eines Buches und die zweier artverschiedener Völker und Sprachen gesetzt sind, aber eben durch die volle Wirklichkeit. Weil es sich so verhält, mußte uns die größte Wirklichkeit der Bibel, die des Gottesnamens (es gibt nur einen, die anderen sind Bezeichnungen oder Attribute) zugleich das deutlichste Ziel und die unübersteigbare Schranke bedeuten. Das Ziel glauben wir im Dornbuschgespräch, da wo sich der Name erschließt, erreicht zu haben. Die Schranke ist überall, wo der nicht auszusprechende und – eben weil er sich an der einzigen Stelle erschließt – nicht zu übersetzende Name uns entgegentritt. Uns stand weder frei, in die gesprochene, die »laute« Bibel, die wir im Sinn haben, vokallose Sigel einzusetzen, noch auch eine der üblichen Fiktionen, wie »Herr« und »Ewiger« (es ist nicht wahr, daß »die in der Bibel enthaltene .
Eine Verbesserung ist inzwischen in der nicht in den Buchhandel gekommenen einbändigen Neubearbeitung des Pentateuchs (der sog. »Logenausgabe« ) erfolgt: »Roherdpech« und »Roterdmörtel«.
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Volksetymologie des Namens Jahwe ihn etwa so ableitet: der der ewig ist« – die Wahrheit steht an der eben erwähnten Stelle unserer Übersetzung); uns stand nur frei, überall, wo sich die Schranke erhob, auf sie hinzuweisen, und zwar so, daß hinter ihr, wie im Hebräischen, das Ziel aufleuchtet. Denn die Wissenschaft ist nur eine der Voraussetzungen unserer Arbeit, nicht ihre Meisterin. . Wir haben, sagte ich, die »laute« Bibel im Sinn. Wir gehen von der Einsicht aus, daß die Bibel aus lebendigem Vortrag stammt und zu lebendigem Vortrag bestimmt ist, daß die Rede ihre eigentliche Existenz, die Schrift nur ihre Erhaltungsform ist. Daraus ergibt sich unsere Methode der rhythmischen Wiedergabe. Unsere Übersetzung ist die erste kolometrische (doch hatte schon Hieronymus die Aufgabe gekannt), d. h. die erste, die dem Text seine natürliche, von den Gesetzen des menschlichen Atems und der menschlichen Rede regierte Gliederung in Sinnzeilen gibt, von denen jede eine rhythmische Einheit darstellt. Es handelt sich nicht, wie der Rezensent meint, um »weiße Verse«, sondern um Sinnzeilen, Kola, und somit auch nicht, wie er meint, um sehr verschiedene Versmaße, sondern um gar keins. Für das Neue Testament, sowohl für Editionen wie für Übersetzungen, ist die kolometrische Gestaltung von der Wissenschaft längst gefordert worden (zum Teil ist sie auch schon verwirklicht). Ein führender Philologe, Eduard Norden, schrieb : »War die Kolometrie schon den Alten erwünscht, obwohl ihnen das Ohr zu Hilfe kam: wieviel mehr müssen wir sie verlangen, die wir nur mit dem Auge zu lesen gewohnt sind«, und präzisierte der Theologe Roland Schütz, es gelte, »mit dem Auge gewissermaßen hörend, durch die kalte Form des Papierdrucks hindurch die Harmonie der Kola wieder aufzufinden«. Die Grundzüge einer kolometrischen Übertragung des Alten Testaments bedurften, der besonderen Probleme wegen, einer selbständigen Klärung. Sie war erschwert durch die auch innerhalb der Prosa bestehende Mannigfaltigkeit der Stilformen, die sich rhythmisch ausprägt; erleichtert durch eine Tradition der rhythmischen Gliederung, die in dem System der sogenannten Akzente, welche Wort für Wort der hebräischen Bibel begleiten, einen schriftlichen, in den sabbatlichen Rezitationen einen mündlichen Ausdruck besitzt. Wie wir dieser Tradition folgen und nicht folgen durften, hat Franz Rosenzweig in dem Aufsatz »Die Schrift und das Wort« ausgeführt – den zu lesen und zu verwerten der Aufgabe, die dem Rezensenten gestellt war, eher entsprochen hätte als einen Prospekt des Verlegers wie eine Willensurkunde der Übersetzer zu behandeln. Über das, was wir vollbringen, ist zu urteilen nur von einer unbefangenen Erkenntnis dessen aus, was wir wollen: die Wirklichkeit der Bibel dem
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abendländischen Menschen in einer seiner Sprachen zu übermitteln. Das wird, wieviel größeres Vollbringen auch auf das unsere folgen mag, niemals durch eine »völlig andere Ordnung« geschehen – man kann die Einheit dieses Buches, gleichviel wie sie entstanden ist, nicht in Bestandteile auflösen, ohne ihm das Leben zu nehmen –, sondern allein auf dem Weg, den wir beschritten haben: den Lauten, den Wörtern, den Sätzen, den Rhythmen, den Strukturen dieses Buches Treue zu halten.
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Ein Hinweis für Bibelkurse 1 I Ein Bibelkurs soll zum biblischen Text hinführen, nicht über den Text weg. Es kommt erstlich – und letztlich – darauf an, verstehen zu lehren was dasteht. Und dazu muß man selber das, was dasteht, ernst nehmen. In seinem Wortlaut, in seinem Sinngehalt, in seinen Zusammenhängen. 5
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II Mit einem noch so schwer zu erfassenden Wortlaut muß man bis aufs äußerste ringen, ehe man sich, mit der Melancholie eines unvermeidlichen Verzichts im Herzen, entschließt, auch nur einen einzigen Vokal anders zu lesen als er dasteht, das heißt: sich und den andern einzugestehen, daß man hier den Zugang zum Text nicht hat und nicht erarbeiten kann. Nichts billiger, als den Text für irrig zu halten und zu vermeinen, man könne hinter ihn und so zu einem richtigen gelangen! Man soll sich aber klarmachen, daß der für die uns vorliegende Textgestalt Verantwortliche nicht weniger Hebräisch konnte als unsereiner. Was er mit dem was dasteht meinte, wie er es verstand, das zu erfassen ist unsre Aufgabe; hinter ihn gelangen zu wollen ist eine aussichtslose Selbsttäuschung, denn auch da, wo etwa die alten Übertragungen in einer andern Lesung als die maſsoretische übereinstimmen, können wir nicht ermitteln, ob man nicht damals schon sich ein Überschweres zu erleichtern versuchte. Der »feste Buchstab« ist, wie problematisch er auch erscheinen mag, eine strenge Wirklichkeit, daneben alles andere Schein. III Dieser so – bis auf jene Grenzfälle, wo einem die Untreue schmerzhaft aufgenötigt wird – anzunehmende Wortlaut aber muß eben als die zulängliche worthafte Gestalt seines Sinns verstanden werden. Es kann sich hier nicht um einen Inhalt handeln, der diese Form bekommen hat, aber auch eine andre vertrüge, um ein Was, das von diesem Wie abgelöst und einem andern verbunden werden könnte, um etwas, das »man auch anders sagen kann«. Man kann es nicht anders sagen, ohne daß es etwas anderes wird! Und wenn es etwas anderes wird, dann eben etwas ganz anderes, einer andern Ordnung Angehöriges, etwas – Unbiblisches. Das biblische Wort ist nirgends bloßer »Ausdruck« für ein geistiges oder seelisches Anliegen, sei es »ethischer«, sei es »religiöser« Art, oder für einen .
Aus dem dritten Rundbrief der von mir geleiteten »Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung« (Anfang ). Ich habe hier die Grundsätze zusammengefaßt, die sich mir aus meinen Erfahrungen in einer Reihe von Bibelkursen (für Lehrer, Jugendführer usw., zwischen Frühjahr und Winter und seit dem Spätherbst , an verschiedenen Orten Deutschlands) ergeben haben.
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geschichtlichen oder sagenhaften Sachgehalt, sondern es ist überliefertes Wort, das einst gesprochen worden und dann in seiner Gesprochenheit überliefert worden ist: einst gesprochen als Botschaft, als Gesetzspruch, als Weissagung, als Gebet, als Bericht, als Belehrung, als Bekenntnis, als Dialog, so dem organischen Gedächtnis der Geschlechter anvertraut und darin bewahrt und stets neu in lebendiger Rede erhalten, ohne Aufzeichnung oder neben der Aufzeichnung, und auch noch nachdem alles aufgezeichnet war aus der Schrift immer wieder in der Gesprochenheit erstehend. Die Prägung dieses Wortes ist sein Wesen selber, seine einmalige Beschaffenheit, auszuschmelzen ist es nicht; sein Rhythmus ist die notwendige Form, in der es sich dem Volksgedächtnis zugeteilt und auferlegt hat; seine Lautwiederholungen sind gestiftete Bezüge zwischen Stelle und Stelle; auch wo es zu spielen scheint, zielt es, – »Wortspiel« ist hier Worternst, der tiefe Ernst der Wortwelt selbst. IV »Gesprochen« heißt: in einer bestimmten Situation gesprochen. Das biblische Wort ist auch von den Situationen seiner Gesprochenheit nicht abzulösen, sonst verliert es seine Konkretheit, seine Leiblichkeit. Ein Gebot ist keine Sentenz, sondern eine Anrede; zu Volk gesprochen und von den Volksgeschlechtern je als zu diesem Geschlecht gesprochen gehört, aber nie ins Zeitlose zu heben; macht man es zu einer Sentenz, versetzt man es aus der zweiten in die dritte Person, aus der Verbindlichkeit des Hörens in die Unverbindlichkeit des interessierten Lesens, so nimmt man ihm sein Fleisch und sein Blut. Eine Prophetie ist die Rede eines als beauftragt redenden Menschen zu einer Menschenschar, in einer bestimmten Stunde, in einer bestimmten Lage, deren Folge von der Entscheidung mitabhängt, welche diese Schar auf diese Rede hin in dieser Stunde fassen – oder unterlassen wird; gerade darin, in diesem unverlorenen Atem des entscheidungsmächtigen Augenblicks liegt das Geheimnis der ewigen Geltung künderischen Worts. Die biblischen Geschichten sind nur zum geringen Teil chronikartige Niederschrift, in den meisten lebt noch die aufrufende, zeitenverbindende, vorbildweisende oder warnende Stimme der Erzähler. Mögen manche Psalmen den Charakter liturgischen, einzelne gar litaneiartigen Gedichts tragen, der Grundton bleibt die gelebte Unmittelbarkeit echten Notschreis und Dankjubels, Sprache persönlicher Sprecher, die gerade wenn und weil sie das »Ich« der wirklichen Person meinen, als Chorführer der Gemeinschaft deren Schicksal und deren Heil im Liede sagen. Diese seine situationsgeborene, situationsgerechte Konkretheit muß dem biblischen Text bewahrt werden; man darf ihn nicht als Stücke einer Literatur, man soll ihn stets als Teile eines ungeheuren, vielstimmigen, in einem Urgrund schaffenden und offenbarenden Worts
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entspringenden, in ihm beterisch mündenden Gespräches lehren. Dafür ist nicht dies das Wichtige, sich von den Historikern sagen zu lassen, wann, wo, unter welchen Umständen dieser oder jener Text entstanden sei; die Historiker, auch die bauenden und deutenden, sind ins Mittelbare gebannt und auf seine Behelfe angewiesen; das Wichtige ist, sich von dem einzelnen Text über seine besondere Situationsbindung sagen zu lassen, was er und nur er darüber zu sagen vermag. V Biblische Texte sind als Texte der Bibel zu behandeln, das heißt: einer Einheit, die, wenn auch geworden, aus vielen und vielfältigen, ganzen und fragmentarischen Elementen zusammengewachsen, doch eine echte organische Einheit und nur als solche wahrhaft zu begreifen ist. Das bibelstiftende Bewußtsein, das aus der Fülle eines vermutlich weit größeren Schrifttums das aufnahm, was sich in die Einheit fügte, und in den Fassungen, die dieser Genüge taten, ist nicht erst mit der eigentlichen Zusammenstellung des Kanons, sondern schon lange vorher, in allmählichem Zusammenschluß des Zusammengehörigen, wirksam gewesen. Die Kompositionsarbeit war bereits »biblisch«, ehe die erste Vorstellung einer bibelartigen Struktur erwachte; sie ging auf eine jeweilige Zusammenschau der verschiedenen Teile aus, sie stiftete Bezüge zwischen Abschnitt und Abschnitt, zwischen Buch und Buch, sie ließ den tragenden Begriff durch Stelle um Stelle klären, ließ die heimliche Bedeutung eines Vorgangs, die sich in der einen Erzählung nur eben leicht auftat, in einer andern sich voll erschließen, ließ Bild durch Bild und Symbol durch Symbol erleuchten. Manches von dem, was man »Midrasch« nennt, ist schon in der Bibel selbst, in diesen Zeugnissen einer zur biblischen Einheit strebenden Auslese- und Koordinationsarbeit zu finden, deren stärkstes Werkzeug eine diskret folgerichtige Verwendung von Wiederholungen, Motivworten, Assonanzen war. Wir stehen hier erst am Anfang einer methodischen Erkenntnis. Es gilt den Blick für diese Entsprechungen und Verknüpfungen und überhaupt für die Einheitsfunktion in der Bibel zu schärfen. Dann ergeben sich uns ganz andre Gebilde als die der »Quellenschriften«, auf die die alttestamentliche Wissenschaft der letzten Jahrhunderte den Bau der Schrift zurückzuführen sucht, es ergibt sich größere Verschiedenheit und größere Gemeinsamkeit, und das in seiner Dynamik erkennbare Werden dieser aus jener. Damit soll nicht gesagt sein, daß man sich nicht mit den Thesen der modernen Wissenschaft vertraut machen solle. Man soll es tun; man soll nur auch wissen, was es ist, das man durch sie erfährt. Thesen kommen und gehen; die Texte bleiben.
Aus den Anfängen unsrer Schriftübertragung 1 (Februar ) Es werden in diesem Frühling fünf Jahre, seit die Geschichte dieser Verdeutschung der Schrift begonnen hat. Aber sie hat eine Vorgeschichte. Ich hatte schon seit vielen Jahren an eine solche Arbeit, vom heutigen Sprachbestand aus zu wagen, gedacht. Meiner damaligen Meinung nach konnte nur eine Gemeinschaft sie unternehmen, und zwar eine von Menschen, die auch persönlich untereinander verbunden waren und so einander im Werk tiefer helfen konnten, als dergleichen sonst möglich ist. Vor dem Krieg war eine solche Gemeinschaft im Werden und sogar schon eine Vereinbarung zwischen ihr und einem großen deutschen Verlag, der die Übertragung allmählich in einzelnen Büchern (nicht in der Reihenfolge des Kanons) veröffentlichen sollte, getroffen; von den Teilnehmern hatten Moritz Heimann, Efraim Frisch und ich sich bereits darüber verständigt, was jeder zunächst vornehmen wolle. Der Krieg hat auch dies Vorhaben vereitelt. Aber im folgenden Jahrzehnt gewann es in mir erst seine Reife, seine grundsätzliche und methodische Klärung; ich lernte jetzt erst unmittelbar verstehen, was das für ein Buch ist, im Sinn, in der Sprache, im Bau, warum es, trotz allem, neu in die Menschenwelt der Gegenwart eingestellt werden will, neu, nämlich in seiner Ursprünglichkeit erneut; warum – und wie. Als nun Franz Rosenzweig, mit der Übertragung von Gedichten Jehuda Halevis beschäftigt, sich häufig an mich um Rat wandte, und wir bald dazu gelangten, an der Hand der jeweiligen Beispiele miteinander die Problematik des Übersetzens überhaupt und die Probleme der übersetzerischen Aufgabe zu erörtern, ergaben sich uns unmerklich, zuerst nur als der zuweilen erleuchtete, meist dämmrige Hintergrund unsres Gesprächs, dann aber immer gebieterischer als seine magnetische Mitte, die Fragen: Ist die Schrift übersetzbar? Ist sie schon wirklich übersetzt? Was bleibt noch zu tun? wenig? viel? das Entscheidende? Wie kann es getan werden? im bearbeitenden Anschluß an ein klassisches Übersetzungswerk? in einem waghalsigen Neubeginn? Hat das Zeitalter den Atemraum für einen Neubeginn? die Berufung, die Kraft, den Beistand, das Gehör? Und über alles: wie ist die Schrift zu übersetzen? wie ist sie in diesem Zeitalter zu übersetzen? Rosenzweigs damalige Grundanschauung (die sich auch aus seinem Nachwort zum Jehuda Halevi herauslesen läßt) war, daß Luthers großes .
In dem Rosenzweig-Gedenkheft der Zeitschrift »Der Orden Bne Briss« erschienen. Den Schluß habe ich geändert.
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Werk noch immer die Grundlage für alle Versuche in deutscher Sprache sein müsse, daß also keine Neuübertragung, sondern nur eine Luther-Revision unternommen werden könne, freilich eine unvergleichlich umfassendere und eindringendere als alles, was bisher so bezeichnet worden ist. Meine Anschauung war, daß nur das – den ganzen Menschen fordernde und verwendende – Experiment, also ein Drauflosgehen, das alle bisherigen Dolmetscher kennt und nutzt, aber sich keinem verschreibt, eine annehmbare Antwort auf unsere Fragen zu liefern vermöchte. Dazu ist es dann unversehens gekommen. Eines Tages erhielt ich einen Brief von einem mir bis dahin unbekannten jungen Verleger, Dr. Lambert Schneider. Er schrieb mir, er wolle seinen eben begründeten Verlag mit einer Übersetzung des »Alten Testaments« beginnen, aber nur, wenn ich sie unternehmen wolle, gleichviel wie, als Neuherausgabe, als Bearbeitung, als eigenes Werk. Dieser Brief eines durchaus deutschstämmigen Christen 2 mutete mich wie ein Zeichen an. Ich las ihn Franz Rosenzweig vor und fügte hinzu, ich sei geneigt auf den Vorschlag einzugehen, aber nur, wenn er, Rosenzweig, mitmache. Ich merkte, daß meine Äußerung ihn zugleich erfreute und aufstörte. Ich habe das später verstanden. Zwar erwartete er damals nicht mehr, wie in der ersten Zeit der Krankheit, den Tod in den nächsten Wochen oder Monaten, aber er hatte es aufgegeben, auf den Rest seines Lebens ein größeres Zeitmaß anzuwenden. Nun wurde ihm ein Anteil an einem Werk angeboten und also zugetraut, das (wie er viel früher als ich erkannte) eine Reihe intensivster Arbeitsjahre erheischte. Es galt, sich auf eine andere Zukunftsrechnung einzulassen. 3 Denn auch Rosenzweig glaubte, wie ich, in aller Nüchternheit an Zeichen, nur stärker als ich. Er sagte (das heißt, da er schon längst nicht mehr sprechen konnte, er gab auf einer mühseligen Apparatur mit unsicherem Finger einen, zwei, drei Buchstaben von jedem Worte an, seine Frau erriet es und sprach es aus): »Wir wollen mal einen Versuch machen«. Es war klar, was er meinte: wir sollten jene Kontroverse praktisch entscheiden, indem wir beide Methoden an einem Kapitel der Schrift erprobten und so ermittelten, ob eine von ihnen, welche von ihnen für uns gangbar war. »Welches Kapitel?« fragte ich. Er antwortete: »Das erste.« Natürlich begannen wir mit dem Versuch, Luther zu revidieren. Wir nahmen einen Vers nach dem andern vor und änderten, was uns von unserem Sprachwissen und Sprachbewußtsein aus änderungsbedürftig er. .
Er ist der gemeinsamen Sache seither, auch nachdem das Werk in den Schocken Verlag überging, in vorbildlicher Weise treu geblieben. Doch stammt die Wendung auf dem Titelblatt »zu verdeutschen unternommen« von Rosenzweig und hat die Bedeutung des steten Gefaßtseins auf das Ende.
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schien. Nach einem Tag Arbeit standen wir vor einem Trümmerhaufen. Es hatte sich erwiesen, daß man auf diesem Weg nirgends hinkam. Es hatte sich erwiesen, daß Luthers »Altes Testament« in alle Dauer ein herrliches Gebild blieb, aber schon heute keine Übertragung der Schrift mehr war. Nun übernahm ich es, eine Verdeutschung des ersten Kapitels der Genesis nach meiner Auffassung zu entwerfen. Als Rosenzweig das Manuskript mehrmals gelesen hatte, schrieb er mir: »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert«. Dieser Satz leitete ausführliche Bemerkungen ein, denen schon eine Reihe anderer vorangegangen war, – zusammen bereits ein Meisterstück helfender Kritik. Damit hatte die gemeinsame Arbeit angefangen. Die Form des Zusammenwirkens ist bis ans Ende dieselbe geblieben. Ich übersetzte und sandte jeweils die Blätter dieser ersten Fassung (des sog. Quart-Manuskripts), zumeist kapitelweise, an Rosenzweig. Er antwortete mit seinen Bemerkungen: Beanstandungen, Hinweisen, Änderungsvorschlägen. Ich verwertete davon sogleich, was mir unmittelbar einleuchtete, in Änderungen, über das andre korrespondierten wir. Was strittig blieb, wurde bei meinen Mittwochbesuchen (ich las jeden Mittwoch an der Frankfurter Universität und brachte den Rest des Tages bei Rosenzweigs zu) durchgesprochen. Wenn wir mit der ersten Fassung eines Buches fertig waren, ging ich an die Herstellung der zweiten, der für die Druckerei bestimmten Reinschrift (des sog. Foliomanuskripts), und das Verfahren wiederholte sich: es gab wieder eine Menge Bemerkungen. Es wiederholte sich bei der ersten, bei der zweiten Korrektur; nach dieser wurde das Buch uns gemeinsam vorgelesen, und wir verglichen gemeinsam; es gab immer noch tagelange Besprechungen. Nach der dritten Korrektur wurde Imprimatur erteilt. Auf den Blättern des Quartmanuskripts gab ich, um Rosenzweig den Überblick zu erleichtern, überall, wo es nötig schien, die Gründe an, warum ich so und nicht anders übersetzte. Da ihm alles vermeidbare Bücherwälzen erspart werden mußte, verzeichnete ich zu jeder schwierigen Stelle die kontroversen Meinungen, von den ältesten Exegeten bis zu den neuesten Aufsätzen der wissenschaftlichen Zeitschriften. Dennoch mußte oft um ein einziges Wort der Briefwechsel wochenlang hin und her gehen. »Meine Rolle dabei«, hatte Rosenzweig im Anfang der Arbeit mir geschrieben, »wird ja wahrscheinlich nur die der gründlichen Muse (Diotima und Xanthippe in einer Person) sein, wie Ihre bei Jehuda Halevi. Aber das ist, wie Sie ja aus diesem Beispiel sehen, nichts Kleines.« »Seine Rolle« ist, obgleich er auch später bei dem Bild der »gründlichen« Muse blieb, hundertfach mehr als das »Beispiel« geworden. Die Blätter, die in diesen Jahren hinüber und herüber gegangen sind, ergeben zusammen den le-
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bendigsten Kommentar: die Schrift hell werdend im Raum einer Wechselwirkung. Welcher Art diese Wechselwirkung gewesen ist, kann ich hier nur an wenigen Hauptfragen kennzeichnen: . Wir waren uns alsbald einig, daß wir unserer richtig aufgefaßten philologischen Aufgabe gemäß (»Der Wissenschaft folgen wir doch immer, nur eben unserer«, hat mir Rosenzweig einmal geschrieben) nicht bloß so weit als irgend möglich beim maſsoretischen Text, als dem einzigen objektiv faßbaren, verharren mußten, sondern auch, wo es sich etwa um den Zusammenhang und die Verknüpfung der einzelnen Stücke untereinander handelte, nicht auf die oder jene angeblich herauslösbare Quelle zurückgehen durften, sondern die uns vorliegende literarische Ganzheit wiederzugeben hatten, also, um die Sigel der modernen Bibelwissenschaft zu gebrauchen, nicht J (den »Jahwisten«) oder E (den »Elohisten«) usw., sondern R (den »Redaktor«), d. h. das Einheitsbewußtsein des Buches. In dieser Erkenntnis haben wir einander, im Lauf der Arbeit von der Arbeit lernend und lernend, bestärkt, sie hat sich in dieser unserer Wechselwirkung immer tiefer in uns beide verwurzelt, und es war ein Gemeinsames, das Rosenzweig einmal in dem ernsten Scherz aussprach, wir lösten das Sigel R nicht »Redaktor« auf, sondern »Rabbenu«. . Ich war lange vor dem Beginn unsrer Arbeit zu der Überzeugung gelangt, daß man bei einer Verdeutschung der Schrift versuchen müßte, von der Geschriebenheit des Wortes auf seine ursprüngliche und in jeder echten Vorlesung wieder laut werdende Gesprochenheit zurückzugehen. Daraus ergab sich, daß der Text der Übertragung in natürliche, von den Gesetzen des menschlichen Atems regierte, sinnmäßig geschlossene Sprechabsätze, die sogenannten Kola (daher die typographische Anordnung Kolometrie genannt) zu gliedern war, von denen jeder eine leicht sprechbare und leicht merkbare, also rhythmisch geordnete Einheit bildet, wie ja schon alle frühe mündliche Überlieferung auf das leicht Sprechbare und leicht Merkbare ausgeht, also rhythmusbildend wirkt. Diese meine Ansicht hat Rosenzweig sehr bald zu seiner eigenen gemacht und in einem Aufsatz »Die Schrift und das Wort« auf die schönste Weise gedeutet und begründet. Der Kolenbau war übrigens das einzige, in das er mir nie hereinreden wollte. »Ich könnte kein Kolon zustandebringen«, pflegte er zu sagen. . Wir hatten gleich gemerkt, daß manche Formen der sog. Paronomasie, d. h. der Verwendung worthafter oder lautlicher Ähnlichkeit, von der Schrift sehr oft nicht als stilistische Verzierung, sondern als sprechendes Zeichen der besonderen Gewichtigkeit oder Sinnfülle einer Stelle gemeint waren und daß daher z. B. Alliterationen wiedergegeben werden sollten,
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wo die deutsche Sprache es zuließ. Darüber wachte dann Rosenzweig mit einer genialen Pedanterie. Ich spürte aber bald bei der Arbeit heraus, daß das Prinzip der Wiederholung und Entsprechung in der Bibel eine sowohl extensiv wie intensiv noch weit größere Geltung hatte. Wenn die Bibel etwas erzählt, fügt sie zwar dem Bericht der Begebenheit keine »Moral der Geschichte« bei, aber sie lenkt durch je nachdem zarte oder kräftige, nur ein Wurzelwort abwandelnde oder ganze Sätze refrainartig vervielfachende, Wiederholungen, also dadurch, daß sie zwei oder mehrere Stellen in eine Entsprechung zueinander setzt, unsere organische Aufmerksamkeit auf einen Sinn der Erzählung, der uns erscheinen soll. Wenn z. B. gesagt werden soll, daß der Gottesbote dem Bilam auf eben die Art gegenübertritt, wie Bilam seiner Eselin gegenübergetreten ist, so geschieht das dadurch, daß in beiden Fällen immer wieder dieselben (zum Teil recht seltenen) Wendungen gebraucht werden. Dieses »Formgeheimnis des biblischen Stils«, das ich »im Übersetzen entdeckt« hatte (ich zitiere Rosenzweig), hat Rosenzweig wieder in einem gewichtigen Aufsatz »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen«, meine Auffassung weiterbildend, dargelegt. . Am merkwürdigsten bezeigte sich unsere Wechselwirkung in den Fragen der Wiedergabe der sprachlichen Eigentümlichkeiten. Zu meinem ersten Entwurf hatte Rosenzweig geschrieben: »Es ist ja erstaunlich deutsch; Luther ist dagegen fast jiddisch. Ob nun zu deutsch?« Er begann bald, erst nur hindeutend, dann immer nachdrücklicher, dieses »zu deutsch« zu bekämpfen. So schrieb er, als ich den Schluß des . Verses im . Genesiskapitel nicht genau reproduziert hatte: »Diese inneren Infinitive würde ich alle wiederzugeben suchen. Also: magst essen du, essen. Aber das hängt damit zusammen, daß ich, wenn ich über Luther hinausgehen würde, ihn in der Hebraisierung der Syntax zu übertreffen suchen würde, Sie, bei enthebraisierter Syntax, im Aufgraben des hebräischen Gehalts des einzelnen Worts«. Ich sah ein, daß sein Streben nach syntaktischer Nachbildung, natürlich unter der andersbestimmten Gesetzbarkeit der deutschen Sprache, berechtigt war, und machte es mir zu eigen. Einige Zeit später, als wir schon tief in der gemeinsamen Arbeit staken, kam ich in einem Brief, gelegentlich eines kleinen Aufsatzes von mir über Karl Eugen Neumanns Buddhawerk 4, auf die Verschiedenheit zwischen den Grundsätzen zu sprechen, die Rosenzweig in seiner Jehuda-Halevi-Übersetzung angewandt hatte, und denen, von denen ich bei diesem Versuch, die Schrift zu übersetzen, ausging. Darauf antwortete Rosenzweig (am . August ): »Sie vergessen immer noch, daß Sie mich bekehrt ha.
S. ff. der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«.
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ben, auf die gründlichste Art, durch Arbeit meinerseits.« Aber in Wahrheit hatten wir einander bekehrt. . Rosenzweig hatte richtig erkannt, daß für mich eine der wesentlichen Aufgaben der Schriftübertragung »das Aufgraben des hebräischen Gehalts des einzelnen Worts« war. Ich war im Lauf jenes zehnjährigen Nachdenkens zu der Einsicht gelangt, daß man von den abgeschliffenen angeblichen Bedeutungen der biblischen Vokabeln, die man in den Wörterbüchern findet, zurückgreifen muß auf ihre sinnlichen Urbedeutungen, soweit sie aus hebräischer und (mit Vorsicht) sonstiger semitischer Etymologie zu erschließen sind; immer beachtend, daß die sogenannten Synonyma einer Sprache untereinander in ihrem sinnlichen Gehalt oft heftig differieren, daß aber auch die einander entsprechenden Begriffe verschiedener Sprachen sich in vielen Fällen keineswegs sinnlich decken, ja daß gerade in diesem Auseinandergehn die Eigentümlichkeiten der Volkscharaktere sich besonders deutlich bildhaft bekunden; freilich auch dies berücksichtigend, daß in der Übertragung die sinnliche Urbedeutung eines Wortes nicht überall in gleicher Stärke, und nirgends ungebührlich stark hervortreten darf. Rosenzweig ging nun auf jene meine Tendenz zum »Aufgraben« nicht bloß ein, sondern gerade in diesem Bereich entfaltete sich sein selbständigster und produktivster Anteil. Es waren vor allem die kultischen und theologischen Bezeichnungen, die er aus dem Zustand der Verwaschenheit, dem sie anheimgefallen sind, durch Wiederherstellung der charakteristischen Grundfarbe zu befreien suchte, wobei er in einzelnen Fällen mit Recht nicht von der wirklichen Etymologie, sondern von der in der Bibel geltenden Volksetymologie ausging. Für seine Funde setzte er sich leidenschaftlich ein, zuweilen so fanatisch, daß ich – wie in andern Belangen, so auch hier – als mahnender Grenzwart der deutschen Sprache oder gar als Anwalt des verstehensollenden Lesers fungieren mußte. Aber das Fechten gegeneinander war doch nur eine sehr sekundäre Erscheinung, das Eigentlichste unsrer Arbeit war ein gemeinsames Ringen um die Adäquatheit, dem bedeutsamerweise an den höchsten und entscheidenden Punkten ein gemeinsames Erringen folgte, innerhalb dessen mitunter nicht mehr auszuforschen war, was dem Denken des einen, was dem des andern entstammte. — Als ich Rosenzweig das letzte Stück des Buches »Im Anfang« (in der ersten Fassung) gesandt hatte, erhielt ich von ihm dieses Gedicht: Daß aller Anfang Ende sei, ich habs erfahren. »Ins Leben« schrieb ich, schreibpflichtfrei, –
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nach knapp zwei Jahren ward lahm die tatgewillte Hand, die wortgewillte Zunge stand, so blieb mir nur die Schrift. Doch Anfang ward dies Ende mir: was ich geschrieben, ist kein – ich dank es, Lieber, Dir – Geschreib geblieben. Wir schrieben Wort von Anbeginn, Urtat die bürgt für Endes Sinn. Und so begann Die Schrift.
Das Zitat »Ins Leben« ist den Schlußworten von Rosenzweigs Lebensbuch »Der Stern der Erlösung« entnommen. Der auf dieses Zitat folgende Vers aber hat acht Tage später eine Berichtigung erfahren. Am . September schrieb mir Rosenzweig (ich hatte ihm inzwischen das Du angetragen und daran die Bemerkung geknüpft, es werde ihm hoffentlich nicht schwer fallen, sich daran dem um nahezu Jahre Älteren gegenüber zu gewöhnen): »Lieber Freund, es ist mir gar nicht schwer; dazu habe ich das Du im Stillen schon viel zu oft gesagt. Den Abstand zwischen uns macht gar nicht so der Altersunterschied, obwohl ihn eine rund zehnjährige Spanne männlicher Welterfahrung noch vergrößert – denn Du warst mit zwanzig schon öffentlich, während ich mit dreißig noch zu Rumpelstilzchens Spruch tanzte – sondern ein Gefühl in mir, dem ich bisher durch die gewohnte Briefüberschrift 5 Ausdruck geben durfte; fast bedaure ich, daß das jetzt stillos wäre; aber es bleibt ja als mein verschwiegener Unterton, wie bisher das verschwiegene Du. Wie ich diese Nacht meine Verse von neulich nochmal bedachte, merkte ich, daß ich gegen die Vorsehung etwas zu undankbar gewesen war. Es muß nicht kaum zwei Jahre heißen, sondern kaum drei. Ich habe ja die letzten Worte des ›Sterns‹ schon am . . geschrieben – freilich dann das Jahr doch noch recht eigentlich verjubelt, verfahren, verschwärmt. Erst als ich dann Edith 6 fand, war die Frankfurter Stelle 7 reif und bekam
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Rosenzweig hatte seine Briefe an mich bis dahin immer mit »Verehrter Freund« begonnen. Seine Frau. Er meint das von ihm begründete und geleitete »Freie jüdische Lehrhaus«.
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mein Schwert einen Griff. 8 Daher also der Irrtum in der Zahl, – der eben kein bloßer Irrtum war.« Wir haben seither zuweilen nach der Vollendung eines Buches Gedichte ausgetauscht. Nach dem zweiten kamen diese Verse: Jawahr! Buch Namen heißt dies Buch, denn zwischen Namen kreist das Buch. Mit Namen, zwölfen, hebt es an, daraus ein Volk, ein Schicksal rann, und zeigt zuletzt sie überm einen Herzen auf Gewappens Steinen. Doch schwingt in dieser äußren Kreisung in diesem Namenbuch der Weisung noch eine innre: wenn er, der unnennbar, seines Namens Er für einen Augenblick zum Ich aufhellt, daß Name Wesen glich; und wo das Buch zuende geht, steht abermals der Name, steht nun doppelt, strahlend aus in Kraft, wirkende Wesenseigenschaft. Zwölf Namen, darunter Ein Herz erhebt, Ein Name, in dreizehn Weisen gelebt: die Menschen- und Gottesnamenserwahrung weist das Namenbuch der Offenbarung.
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Man lese das Motto des »Stern« im Zusammenhang des . Psalms.
Anhang Aus einem Brief an Hermann Gerson (Januar ) Wilhelm Stapel hatte in seiner Schrift »Antisemitismus und Antigermanismus« () die Sprache unserer Bibelübertragung, an der man »am leichtesten« »den Unterschied deutscher und jüdischer Sprachhaltung vergleichend erkennen« könne, als »Halbjargon« bezeichnet. Zur Begründung dieses Urteils steht in Stapels Schrift das Folgende: »Ein paar Beispiele deutscher Sprachform und jüdisch-deutscher ›Neuformung‹ unserer Sprache. Luther: ›Laßt sie selbst hingehen.‹ Buber: ›Selber sollen sie gehn.‹ Luther: ›Denn sie gehen müßig.‹ Buber: ›Schlapp sind sie nur.‹ Luther: ›Man drücke die Leute mit Arbeit.‹ Buber: ›Wuchte auf den Leuten die Fron!‹ Luther: ›Da sollst du kein Werk tun.‹ Buber: ›Nicht mache irgend Arbeit.‹ Luther: ›Und die Cherubim sollen ihre Flügel ausbreiten oben überher.‹ Buber: ›Und die Cheruben seien Flügel breitend nach oben hin.‹ Luther: ›Tafeln …, die waren beschrieben auf beiden Seiten.‹ Buber: ›Tafeln, beschrieben von ihren beiden Flächen.‹ Luther: ›ergrimmte er mit Zorn‹. Buber: ›aufbrannte Mosches Zorn‹. (Dieses anspringende Tempo wie in ›aufbrannte‹ ist besonders charakteristisch. Darin liegt eine spezifisch jüdische Geste. Der deutsche Mose Luthers ›ergrimmt‹, das fühlen wir sogleich nach. Der jüdische Mose Bubers aber – man kann nicht sagen: sein Zorn brannte auf, denn ein ›aufbrennendes‹ Feuer ist ein sich verzehrendes, verlöschendes Feuer. Buber mißbraucht das Wort aufbrennen, weil er dieses Wortes rhythmisch und klanglich bedarf aus seiner jüdischen Innervation heraus, und zwar im Sinne von ›empor flammte‹ oder ›empor lohte‹. Aber emporflammen oder emporlohen kann er wiederum nicht sagen, weil der jüdische Zorn nicht emporflammt oder -loht, sondern brennt. Zwischen den beiden Möglichkeiten: emporbrannte und aufbrannte wählte er die letztere, einmal weil das Wort schlagartiger gleich mit der ersten Silbe anspringt, zum andern weil es der gutturalen Sprachhaltung mehr entgegenkommt als das Lippenwort empor.)« Mein Schüler und Freund Hermann Gerson fragte bei mir an, warum wir die von Stapel angeführten Stellen so und nicht anders übersetzt haben. Das Nachstehende ist meine Antwort. ………
. . M 7 hem jelchu bedeutet eben nicht »laßt sie selbst hingehen«, sondern: »Selber sollen sie gehen«; »selber« ist ein besseres Wort als das unorganische »selbst« (s. Grimms Wörterbuch X Sp. und ), was Stapel anscheinend nicht weiß, übrigens auch von Luther gern gebraucht – hier hat er »selbst« geschrieben, was eben noch eine gute unverderbte Wortform ist. Unsere Übersetzung ist also besseres Deutsch als die von
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Stapel zitierte, und sie allein gibt das Original unabgeschwächt wieder: »laßt …« ist eine Gewichtminderung. . 8 nirpim hem: – rafa hat mit »müßig« überhaupt nichts zu tun, es bedeutet keinen untätigen Zustand, sondern eine körperliche Verfassung, am deutlichsten zu erkennen in der Wendung wa-jirpu jadaw (. Sam 1 u. oft), was nicht heißt »seine Hände wurden müßig«, sondern »seine Hände erschlafften« (Luther weniger gut: »wurden laß«); was Pharao sagen will, ist, daß sie sich sozusagen schlaff machen, eine der Schlaffheit entsprechende Seelenverfassung haben; eben dies sagt das gute deutsche Wort »schlapp«, d. i. ursprünglich die niederdeutsche Form des hochdeutschen »schlaff«; vgl. z. B. »ein schlappes Herz« (Lichtenberg), »das schlappe Kastraten-Jahrhundert« (Schillers Räuber) – der junge Schiller hat das kräftige Wort sehr geliebt. . 9: Luthers Übersetzung ist falsch, von einem »Man« ist hier nicht die Rede und ebensowenig von einem Drücken; Pharao meint: Die Fronarbeit (nicht »Arbeit«, awoda hat hier den spezifischen Sinn des Frondienstes) muß auf den Leuten so lasten, so »wuchten«, daß … . 10: typisches Beispiel für Stapels Ahnungslosigkeit dem Text gegenüber. Es handelt sich um die große Entsprechung von lo taaſse und dem in v. von Gott ausgesagten aſsa: so wie Gott, der die Welt »machte«, am Sabbat ruhte, so sollst auch du an diesem Tag nicht mehr Arbeit »machen«; »Arbeit« und nicht »Werk«, denn m’lacha ist im Gegenteil zu awoda die wirkliche Arbeit der Menschenhände, ihr Arbeiten, nicht aber das Ergebnis, das Werk, das nur dann m’lacha heißt, wenn eben von der Arbeit daran die Rede ist (z. B. . Könige 40). – Für die Voranstellung des »nicht« ist z. B. Lessings »nicht rühr an« (»noli me tangere«) zu vergleichen. . 20: Luther beachtet die eigentümliche Partizipialkonstruktion nicht, die durchaus wichtig ist, es heißt nicht: die Cheruben sollen das und das tun, sondern: die Cheruben sollen (in der plastischen Darstellung) so beschaffen sein, daß sie … . 15: Luther übersetzt ebensowohl zad wie zela wie pea wie ketef wie schließlich dieses ewer, alles mit dem einen »Seite«, während wir »Seite« nach Möglichkeit für das Wort reserviert halten, das wirklich Seite bedeutet, also zad; Fläche ist ein passendes Wort für ewer – was daran undeutsch sein soll, ist mir unerfaßlich (vgl. Grimm X Sp. Z. f.). Unsere – harte aber nicht unzulässige – Bewahrung des »von« will der offenkundigen Absicht des Textes gerecht werden, auf ein Geheimnis des göttlichen »Fingers« hinzudeuten; die Fülle aggadischer Auslegungsversuche kreist um ein echtes exegetisches Problem, dem man wohl am ehe-
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sten durch die Formel »einmal nur und doch von beiden Seiten beschrieben (und daher auch von beiden lesbar)« nahekommen kann. . 19: Das ist eine diskutable, aber auch nur diskutable Stelle. Wir haben für chara aufbrennen nur an dieser Stelle, sonst brennen, entbrennen, und in den späteren Bänden flammen, aufflammen, entflammen, da wir dann brennen für ſsaraf reserviert haben. Wir werden in der zweiten Auflage auch hier »aufflammen« sagen. Aber was das Wort »aufbrennen« betrifft, erweist Stapel eine mangelhafte Kenntnis der deutschen Sprache. Um ein aufbrennendes Feuer handelt es sich ja hier nicht, sondern um einen aufbrennenden Zorn. »Aufbrennen« bedeutet nach Grimm I als intransitives Verb nichts anderes als: ardescere, flammen, auflodern. Beispiele: »Bei diesem Namen brennt der Stöcken auf« (Wieland); »so brannten seine Empfindungen wie Lichtkugeln auf« (Jean Paul). Die Bedeutung igne consumere, inurere, verbrennen, hat nur das transitive Verb. Also ist es gar nicht wahr, was Stapel behauptet, daß »ein ›aufbrennendes‹ Feuer« »ein sich verzehrendes, verlöschendes Feuer« bedeute, denn diese Bedeutung hat das intransitive Verb überhaupt nicht. Die ganze Tirade von dem »jüdischen Mose« erweist sich als aus Unkenntnis der deutschen Sprache entstanden. Was Luther betrifft, so gibt er hier erstens keine Übersetzung des Textes, der ja nicht von Mose, sondern von seinem Zorn etwas aussagt, nämlich daß er aufbrannte oder aufflammte; und zweitens redet er hier ausnahmsweise kein schönes Deutsch, denn »ergrimmte er mit Zorn« ist ein bedenklicher Pleonasmus, ja die Wendung »mit Zorn« schwächt das Wort »ergrimmte« nur ab. Zusammenfassend ist zu sagen, daß wir an den genannten Stellen zum Unterschied von Luther und allen andern bisherigen Übersetzern wesentliche Qualitäten des Textes, darunter einen Schatz wie 10 dadurch gerettet haben, daß wir bereit waren, bis an die Grenzen der deutschen Sprache zu gehen – ohne sie zu überschreiten. ………… Martin Buber
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In Luthers Übersetzung des Alten Testaments endet in den von bis erschienenen Ausgaben der . Vers der Genesis so: »und der Wind Gottes schwebet auff dem wasser«; aber am Rand steht: »Wind oder Geist«. Diese Randbemerkung ist eine Frage. Sie hat Luther noch lang beschäftigt. In den Genesis-Predigten von sagt er: »Fein were es, das es geist hiesse, so kuend mans also verstehen, das Gott die Creatur, die er geschaffen hatte, unter sich genommen habe, wie eine henne ein eye unter sich nympt und Huenlein ausbruet. Doch ich wil es lieber also lassen bleiben, das es ein wind heysse. Denn ich wollt gerne, das die drey Person ynn der Gottheit hie oerdentlich nach einander angezeyget würden.« Doch hatte er schon im Sermon am Dreifaltigkeitstag zitiert: »der Geist« (ohne »Gottes« hinzuzufügen), und »der Geist Gottes« ist die endgültige Fassung geworden. Er hat sie dann, in der »Ennaratio in . cap. Genesis« von , damit begründet, der Wind sei ja ein Geschöpf, das es damals noch nicht gegeben habe, »als noch verschmolzen jene Körper des Himmels und der Erde lagen«. »Und gross«, fährt er fort, »ist die Übereinstimmung der Kirche, dass das Geheimnis der Dreifaltigkeit hier dargetan sei. Der Vater schafft ohne den Sohn, den Mose das Wort nennt, Himmel und Erde aus dem Nichts. Diese bebrütet der Heilige Geist: wie nämlich eine Henne die Eier bebrütet, dass sie die Küchlein heraushole, die Eier erwärmend und mit der Wärme gleichsam belebend, so sagt die Schrift, der Heilige Geist habe gleichsam die Wasser bebrütet, damit er jene Körper, die zu beseelen und zu gestalten waren, belebe. Denn des Heiligen Geistes Amt ist das Beleben.« An diesen Äusserungen Luthers ist zunächst bemerkenswert, dass er zwar »schwebet« übersetzte, aber offenbar, der Auffassung folgend, die in der alten Kirche vornehmlich Ephraem, aber auch Hieronymus und Augustin aussprachen (innerhalb der jüdischen Exegese hat sie Raschi am nachdrücklichsten vertreten), »brütet« verstand. Wie weit diese Deutung zutrifft, ist von den zwei Bibelstellen, an denen das Verb noch vorkommt, und den entsprechenden Wörtern der syrischen und der arabischen Sprache aus nicht mit Gewissheit auszumachen. Sicher ist, dass »schweben« viel zu allgemein und umrisslos ist, um den Sinn des hebräischen Wortes wiedergeben zu können. Aus der einzigen Stelle, an der das Verb im gleichen Modus zu finden ist (Deut. , ), geht hervor, dass es die Haltung oder Handlung eines Vogels meint, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eine heftige Bewegung: der Adler, von dem das Lied Mosis es aussagt, hat seine Flügel noch nicht gespreitet, aber wie er sich dazu an-
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schickt – eben noch hat er über den kaum flüggen Jungen gehockt, aber nun hebt er sich von ihnen, um »sein Nest zu erwecken« –, regen sie sich, sie »zittern«, wie in der dritten, der Jeremiastelle (, ) die Gebeine des Propheten. Es ist ein Vibrieren, das die verhaltene Kraft nicht äussert, aber anzeigt. Vor allem aber ist es nicht in sich selbst beschlossen, sondern auf das gerichtet und bezogen, »über« dem es sich vollzieht. So hat schon der Talmud (B. Chagiga fol. a; Jer. Chagiga , ) die Genesis-Stelle verstanden, wenn er die zart-gewaltige Haltung der der Taube vergleicht, die ihre Jungen deckt: »sie berührt sie und berührt sie nicht«. Auch wenn man »brüten« übersetzt, ist nicht an das Weltei mythischer Kosmogonien zu denken; aber ruach ist ein Femininum, und wenn wir in einer der aramäischen Paraphrasen, dem Targum Jonatan, das Subjekt des Satzes wiedergegeben lesen durch »ein Geist des Erbarmens von der Gegenwart des Herrn her«, müssen wir dazu denken, dass das Wort, von dem das mit Erbarmen übersetzte stammt, den Mutterschoss bedeutet. Aber die Grundfrage: Wind oder Geist? Sie trat Luther an einer anderen Stelle noch seiner Bibelübersetzung entgegen, zu Anfang des Gesprächs Jesu mit Nikodemus. Da redet Jesus von dem Vorgang, der in der Sprache des Talmuds Neuschöpfung, in der des Evangeliums Neugeburt genannt wird, vom Neuwerden des zu Gott als zu seinem Ursprung umkehrenden Menschen. Wie im Schöpfungsbericht, so auch hier, in der Auslegung der Taufe als der Entstehung neuen Wesens: Wasser und darüber die Ruach, das Pneuma. Von dem heisst es weiter: to pneuma pnei, was in der uns bekannten Lutherbibel übersetzt ist: der Wind bläset, und was sodann von diesem »Wind« gesagt wird, soll auch von jedem gelten, der ek tu pneumatos geboren ist, bei Luther: aus dem Geist. So ist denn unmittelbar nacheinander das Substantiv pneuma durch zwei verschiedene Wörter und das zugehörige Verb pnein, das doch dessen wesentliche Tätigkeit ausdrückt, durch ein drittes wiedergegeben: Wind – Geist – blasen. Und diese Übersetzungsart wird von den modernen Kommentaren bestätigt, denn es handle sich um ein »Wortspiel« und um ein den »Doppelsinn« des Wortes pneuma ausnützenden »Vergleich«. Wie aber, wenn der Text nicht von zweierlei spricht, das mit einander verglichen wird, sondern von Einem, von dem Pneuma, das nun eben beides kann, zum ersten wehen, blasen, sausen, hauchen, wonach es genannt ist, und zum andern einen Menschen neuschaffen? und wenn der Text von diesem neugeschaffenen Menschen nicht aussagt, man wisse von ihm wie von dem Wind nicht, von wannen er komme und wohin er fahre, sondern, es sei ein Geheimnis wie das Pneuma selber das ihn neugeschaffen hat? Luther mag von dieser Frage, in der jene andre »Wind oder Geist?« versinkt, nicht unberührt geblieben sein: als er noch übersetz-
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te »der Geist geistet wo er will«, folgte er wohl nicht bloss der Überlieferung, die wir von Meister Eckhart bis in den Anfang des . Jahrhunderts verfolgen können; er versuchte nicht bloss, dem deutschen Wort Geist die sinnliche Fülle und Dynamik von Ruach und Pneuma zu bewahren, die in seiner Zeit doch noch so weit lebendig war, dass er etwa zu Jesaja , neben »mit dem Odem seiner Lippen« auch ein »mit dem Geist seiner Lippen« versuchen konnte: wir dürfen vielmehr annehmen, dass es aus ebendem Wissen geschah, aus dem er, als er ein vorchristliches Buch, die Weisheit Salomos, übertrug, von der Weisheit schrieb, sie sei ein Hauchen der göttlichen Kraft. Dass er diesem Wissen nicht treu blieb, dass er, als er erkannt hatte, in der Stunde der deutschen Sprachgeschichte, in der er lebte, sei die ursprüngliche Mächtigkeit des Wortes Geist eben verloren gegangen und nicht mehr zu retten, es doch an die Genesis-Stelle setzte und an der Johannes-Stelle mit zwei sinnlicheren abwechseln liess, das lag daran, dass jene dogmatisch verschränkte Frage »Wind oder Geist?« die eigentliche nicht in ihm aufkommen liess: Wie ist die Einheit der Ruach für die abendländische Sprache und den abendländischen Glauben zu erhalten? Jesus hatte in einem andern johanneischen Wort (, ) jenes »Ruach Elohim« der Genesis in den Satz verwandelt: Elohim ist Ruach, Gott ist Pneuma; in der Entwicklung der Kirche wurde die Neigung immer stärker, das Wort so zu fassen, als [ob] nicht Pneuma, sondern Nus, Geist im neudeutschen Sinn dastünde; dieser Neigung hat Luther die Sanktion des reformierenden Zeitalters verliehen. Damit hat er den geraden Weg betreten, der in der nachkantischen Philosophie mündet. Bei Hegel bedeutet der Satz »An sich ist Gott der Geist« bereits in aller Eindeutigkeit »die Negation des Natürlichen«.
Der heutige Mensch und die biblische Geschichte (Vortrag vom . Juni , in Zürich) Biblia = die Bücher, so heisst ein Buch, die Bibel, eine Einheit aus Büchern verschiedener Art. (Es wurde die »National-Literatur Israels« genannt.) In Wahrheit e i n Buch, alle Sprüche, Weissagungen, Gesänge, Offenbarungen sind gebunden durch das Thema der Begegnung einer Menschenschar mit dem Namenlosen, den sie anzureden und zu benennen wagten. Diese Berichte sind Berichte von Begegnungen. Diese Gesänge sind Anrufe aus dem Ausgeschlossen-Sein aus der lebenden Begegnung, diese Weissagungen sind als von der Wirklichkeit der Begegnung, vom Versagen des Menschen, vom Ruf zur Umkehr an den Ort der Begegnung zu verstehen. Dieses Buch tritt eine Generation nach der andern an, seit dem es da ist. Je und je begibt es sich, dass nun eine wirkliche Auseinandersetzung und Ineinandersetzung zwischen den Generationen und dem Buch beginnt. Nicht immer ist es Gehorsam, Fügsamkeit und Demut, oft ist es Aergernis, Empörung, aber immer ist es ein Befassen damit. Immer ein Gegenübertreten im Raume der Realität, d. h. auch wenn nein gesagt wurde zu diesem Buch, war auch das Nein eine Bestätigung, dass hier ein wirklicher Anspruch an die Menschen herantritt, gerade wenn sie sich ihm versagten. Heute gibt es vielleicht zum ersten Mal eine Generation, die zu diesem Buche anders steht (unter Generation verstehe ich eine besondere zeitlich bestimmte Menschenart). Der heutige Mensch verspürt den wirklichen Anspruch, den dieses Buch an ihn stellt nicht mehr. Dieser spezifisch heutige Mensch (der besondere Mensch, den dieses Zeitalter hervorbringt) ist unfähig, lebensmässig zu erfahren, er ist von der Oberfläche seines Lebens aus unfähig zu erfahren, was dieses Buch meint (Und mit dieser Oberfläche lebt dieser Mensch). Er versteht die Sprache dieses Buches nicht mehr. Er ist unfähig, den Anspruch dieses Buches Geschichte zu nennen. Der Anspruch der Bibel, Geschichte zu sein, widerstrebt dem heutigen Menschen am Stärksten. Der heutige Mensch versucht wohl, ein Verhältnis zu diesem Buch zu gewinnen, indem er es ästhetisch oder geistesgeschichtlich gelten lässt. Da mag er auch historische Stellen als Mythen, Sagen, Erzählungen gelten lassen, als dichterische Dokumente, als Zeichen einer fern abliegenden Entwicklung. Dies ist aber weltenfern von dem Anspruch, den dieses Buch tatsächlich macht. Der Mensch, der so ins Geistesgeschichtliche abzugleiten sucht, überhört den besondern Charakter des Anspruchs dieses Buches, der sich auf sein gelebtes Leben hin, auf die Wirklichkeit dieser Person wendet, nicht an seine Interessen. Vor dieser Anrede flieht der Mensch
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in seine Interessen hinein. Er versagt sich ganz besonders dem Anspruch dieses Buches, das nicht etwa für die Spanne Zeit, deren Erzählung es umfasst, die Geschichte ist, sondern die Geschichte, die Weltgeschichte von ihm erleuchtet wird, dass dieses Buch die wirkliche Geschichte des Menschentums ist, schwingend im Dreiklang von Schöpfung, Offenbarung und Erlösung. Diese drei grossen Elemente zwischen denen sich die Bewegung dieses Buches austrägt, sind dem heutigen Menschen, wenn er sich die Wirklichkeit seines Lebens eingesteht, fremd. Der heutige Mensch weiss nicht mehr wirklich, was Schöpfung ist, dass es Schöpfung gibt. Wenn er sich mit der Entstehung der Welt befasst, tut er das in der geläufigen Weise einer populären Naturphilosophie (ich sage populären, denn die wirkliche Wissenschaft tut es nicht) die die Wandlung der Gestalten mit ihrer Entstehung verwechselt. Die wirkliche Frage nach dem Ursprung des Welt-Seins aus dem Geheimnis rührt ihn nicht an. Dass es Ursprung gibt, weiss er lebensmässig nicht. Er weiss nicht, nach was gefragt wird, wenn nach Ursprung gefragt wird. Und vielleicht noch fremder ist ihm Offenbarung. Schöpfung ist für ihn immerhin noch ein Notbegriff, aber Offenbarung ist eine Wirklichkeit, der er dadurch zu entgehen weiss, dass er sie aus jenem Reservoir des Unterbewusstseins erklärt. Jeremia bekennt, dass er mit dem Auftrag, mit der Botschaft gerungen hat. Der heutige Mensch berichtigt Jeremia, er weiss, dass das nicht ein Gespräch mit Gott, sondern mit dem Unterbewusstsein war, das was gegen allen natürlichen Lebensinstinkt nicht entstehen kann und wovon Jeremia spricht: »Ich bin niedergebrochen vor dem, der sich mir angetan hat.« Diese modernen Fluchtsysteme funktionieren zuverlässig. – Die Wirklichkeit der Erlösung ist dem heutigen Menschen am allerfremdesten. (Bestätigung in der Schrift eines modernen religiösen Sozialisten: er spricht von der Hoffnung auf ein besseres Zusammenleben der Menschen und sagt dann: »Ja freilich, das vermögen wir nicht zu glauben, dass die Ewigkeit in die Zeit einbrechen könnte.«) Der heutige Mensch hat von der Fläche seiner Wirklichkeit aus keinen Kontakt mit der Erlösung. Er erwartet Ablauf, immer wieder Ablauf, ohne Wandel in der Geschichte, nicht den Eintritt dessen, was nicht mehr Geschichte, sondern Vollendung der Schöpfung – Reich Gottes ist. Wenn ich mir am ernstesten vergegenwärtige, wie negativ dies beschaffen ist, spüre ich, dass es auch für den heutigen Menschen einen schmalen, dennoch immer noch offenen Zugang gibt zur Wirklichkeit der biblischen Geschichte, die anhebt mit der Frage des Schöpfers an das Geschöpf, sich ausbreitet durch das Gespräch des Schöpfers mit dem Geschöpf. Der Weg führt nicht von der Oberfläche seines Lebens aus, er muss schon etwas mit sich tun, was er am allerunliebsten tut: er muss sich besinnen. Das ganze un-
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geheure Getriebe des modernen Lebens ist ein ungeheurer Apparat zur Ermöglichung der Flucht vor der Selbstbesinnung. Erst wenn er nicht mehr flieht, erst wenn er sich stellt, kann dieser heutige Mensch den Zugang finden. Es gibt einen Zugang von der verschütteten inneren Wirklichkeit dieses Lebens aus. (Ich meine den einzelnen Menschen, seine Person.) Wenn der Mensch sich betrachtet, kann er sein Da-Sein in eine Summe von Eigenschaften auflösen und er könnte diese Eigenschaften nun ursächlich zurückführen, ihre Entstehung verfolgen (wenn die Wissenschaft schon weit genug wäre). Wenn ihm ein solch vollständiges Inventar (genetisches Erfahrungsregister) gelänge, dann wäre die wirkliche Person unberührt von all dem, noch ganz personhaft, noch ganz unerklärt gegenwärtig. Dieses einmalige, unvergleichliche Menschengesicht, diese Stimme, diese Gebärde, sind von all den Ableitungen unberührt und unerklärt. Wenn er einsieht, dass diese Gestalt, diese Seele nicht zurückgeführt werden kann, dass das Einmalige nicht in die Ursächlichkeit eingefügt werden kann, dass es nur erklärbar ist, wenn es auf Schöpfung zurückgeführt wird. So besinnt sich der Mensch auf sich als Geschöpf, auf die Tatsache der Schöpfung (diese Tatsache ist durch keine Wissenschaft abzuschwächen). Der Offenbarung gegenüber hat es der Mensch noch schwerer. Wieder muss er Selbstbesinnung üben, sich darauf besinnen, dass ihm in jedem Augenblick dieses Lebens ein Welt-Konkretum zugereicht wird (dass ihm ein Angesicht der Welt erscheint, das unauflösbar ist im Element) dass ihm hier etwas gegeben wird, was spricht, dass er dadurch, was ihn antritt, angesprochen wird, was er immer wieder überhört. Wenn er sich aber dieser Stimme überlässt, weiss er, da ist etwas was ich nicht aus mir und auch nicht aus der ursächlich verständlichen Welt abzuleiten vermag, nämlich, dass mir durch dieses Geschehen etwas gesagt wird, was ich in keine andere Sprache zu übersetzen vermag und doch kann ich es hören, wenn ich mich recht hinneige, um es zu fassen. Das ist das, wovon aus jeder Mensch die Wirklichkeit der Offenbarung zu fassen vermag. Das ist noch nicht Offenbarung im strengen Sinne, aber die Stimme ist da, sie spricht, zu uns allen, nur wir sind nicht da. Dies einfache Faktum aller gelebten Augenblicke, der Wortcharakter jedes gelebten Augenblicks ist die Brücke für den modernen Menschen zum Verständnis der Offenbarung. – Das allerschwerste: Erlösung. Ueber das zu sprechen ist sehr schwer, fällt auch mir schwer, über das zu sprechen ist in Wahrheit sehr schwer. Wenn ich sagen will, von wo aus der heutige Mensch die Erlösung zu erfassen vermag, so appelliere ich an Ihre eigene Selbstbesinnung. Dass es im wirklichen Menschenleben Stunden des Tiefdunkels gibt, Stunden der tiefsten Not, des Leids, der Verzweiflung, wo der Mensch niederfällt – wenn er nicht davor flieht, (sei es
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in den Selbstmord hinein) – wenn er auf den Grund steigt und durchlebt, auskostet, was da auf dem Grunde auszutrinken ist, dann erfährt er, nicht von sich aus, nicht von seinen Kräften aus, die es nicht mehr gibt, – da erfährt er, dass etwas an ihn rührt wie eine Hand, etwas ihn hebt und heraufzieht aus der Finsternis. Unbeschreiblich und doch weiss er, in diesem Augenblick: es geschieht an mir. Dies ist das Wissen um das Faktum der Erlösung. – Dieses Wissen des Menschen um die Schöpfung, um die Offenbarung und um die Erlösung ist noch nicht das Wissen um diese drei Dinge, die dieses Buch, von dem ich spreche, meint. Aber es ist der persönliche, lebensmässige Zugang zu dieser Wirklichkeit, der Weg zur Erkenntnis der biblischen Geschichts-Wirklichkeit. Der heutige Mensch betrachtet Geschichte auf zweierlei Weise. . auf die Art des GeschichtsLibertinismus (der Geschichts-Unzucht) für den die Geschichte ein Durcheinander, eine Promiscuität von Dingen ist, die miteinander nichts zu tun haben, denen der Mensch einen Sinn gibt. (Und bald gibt es diesen Sinn nicht mehr, dann gibt man ihm einen andern!) . Das Streben nach einer höhern Auffassung der Geschichte, nach einer gesetzmässigen Auffassung, wonach es feste, ablesbare Gesetze gibt, der Glaube an den gesetzmässigen Ablauf der Kulturen, wie sie entstehen, sich entwickeln und absterben, nach bestimmten Regeln. Wenn der Geschichtslibertinismus fiktiv ist, so ist diese Geschichts-Dogmatik ebenso fiktiv in Bezug auf irgendwo vorhandene ablesbare Gesetze. Es gibt keine Rollen, auf denen diese Regeln aufgezeichnet wären. Demgegenüber steht in ihrem Wirklichkeitsanspruch die Bibel, als eine Geschichte verkündend, die Wirklichkeit ist, die in jedem Augenblick geschieht und zwar so, dass sie sinnvoll ist in jedem Augenblick, aber in einem Sinne, den Menschenaugen nicht abzulesen vermögen. Aber so manifestiert sich der Sinn, dass in jedem einzelnen gelebten Leben die Entscheidungen sich vollziehen, die die Geschichte bestimmen. Die Geschichte ist ein grosser Dialog in jedem einzelnen Menschen, in der Person. Das was geschieht ist die Frage, und das was der Mensch zu antworten vermag. Er kann sich entscheiden, was er antwortet, was er tun und lassen will, und mit dieser Entscheidung entscheidet er – und in einem unabsehbaren Grade – das Geschehen in der Welt mit. Das ist das Geheimnis, das sich den Menschen dieser äussersten Wirklichkeit gibt, in der Wirklichkeit sich je und je zu entscheiden. Immer noch die Adams-Situation, immer wieder die Situation des Wählens: Gott oder nicht Gott. Die kleinen Dinge des persönlichen Alltags sind der Ort der Entscheidung. Auch vom niedersten gewöhnlichsten Geschehen aus, überall ist der Same der Entscheidung da, von dem wir nicht wissen, wie er sich auswächst und wo er Frucht trägt. Mitbestimmung, Mitentscheidung, obgleich Gott ist und den Men-
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schen in Wirklichkeit erschaffen hat, um zu wählen und zu entscheiden. Wie geschichts-unwichtig einem sein Leben erscheinen mag, wirkliche Geschichte ist überall ausgestreut, es hängt von uns ab, von dem was wir entscheiden. Kein Mensch kann vorher wissen, was geschehen wird, weil wir uns immer neu entscheiden müssen. So wahrhaft ist dem Menschen zugeteilt ein wirklicher Anteil am Werden der Erlösung, an der Vollendung der Schöpfung Gottes zum Reiche Gottes. Im Zwiegespräch, in Frage Gottes an seine Geschöpfe und Antwort oder Nicht-Antwort, die auch Antwort ist, liegt die Wirklichkeit des Lebens. Dies meint die Bibel und die Geschichte jenes Volkes, das zwischen den beiden ungeheuren monologischen Kulturen Babylons und Aegyptens lebt, ist nur von da aus zu verstehen. Es erfuhr das Anreden Gottes und das Zusammenwachsen zu einer Schar, zu einem Volk, das sich Gott zur Verfügung stellt und ihn zum König proklamiert, und nun seine Proklamation in die Welt hinein verwirklichen will, bis zum Reiche Gottes. Nicht mit Lehrsystemen, nicht mit Manifesten, sondern mit dem gelebten Leben. (Buch der Richter: Versuch, einen Staat zu errichten ohne eine andere Herrschaft als Gott, ohne Zwang, frei vom Menschen zu Gott. Dieser Versuch artete zwar in Anarchie aus.) – Und dann das Harren, dass jetzt ein gesalbter König kommen wird, der das Reich Gottes verwirklichen wird, das ist der Messianismus Israels. Die ungeheuren Wandlungen des Messianismus bis in diese verlorene Zeit hinein, in der wir leben, alles dies ist die biblische Wirklichkeit der geschehenden Geschichte, die allem Geschichtslibertinismus und aller Geschichts-Dogmatik gegenübersteht. Was lebt der heutige Mensch für ein Leben und was für eine Not ist es, die ihn so fremd macht? Er ist zerrissen, Geist und Wirklichkeit sind in ihm zerfallen. Der Geist wird als etwas gefasst, was für die gelebte Wirklichkeit unverbindlich ist, der Alltag wird gleichsam überwölbt von der Welt der sogenannten geistigen Werte. Das Ideal ist seinem Begriff nach gar nicht zu verwirklichen. In dieser Welt erholt sich der Mensch. Am deutlichsten wird diese Trennung in der Scheidung zwischen Ethik und Politik: man hat eine Ethik, gewiss, aber sobald man auf das Gebiet der Politik kommt, braucht man sie nicht mehr, denn Politik, das ist doch etwas ganz anderes! Der Realismus glaubt selbst nicht mehr an diese überwölbende Welt der Werte. Der Geist ist so fiktiv geworden, dass er nur noch als Ausgeburt behandelt wird. Der Mensch teilt sein Leben in Bezirke ein: Beruf, Politik, Geschlechtsleben usw., von denen jeder Bezirk eigene Gesetze hat, die einander nichts angehen, nicht miteinander in Beziehung stehen. Und dann der Zerfall zwischen ich und Welt. Die Brückenlosigkeit zwischen Person und Person, zwischen Person und Welt, der Monologismus der heutigen Welt. Die Situationen werden »erledigt«,
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man wird mit ihnen fertig, der grosse Einsatz der Person gilt nicht mehr. Das alles fasse ich nicht als Laster der heutigen Menschen auf, sondern als ihre Not. Dieser wachsenden Not gegenüber tut die Selbstbesinnung not. Nicht an dieser Not vorbeigehen! Diese Not wächst, jeder wird sie erfahren; wenn nicht er, so seine Kinder. Von dieser Selbstbesinnung aus entsteht ein neuer Blick des Menschen, ein Ruf des Menschen nach Abhilfe. Es wird appelliert an die Macht der Religion, als die, die Abhilfe schaffen könnte. Dem gegenüber muss aber redlich gesagt werden, dass das, was heute Religion genannt wird, zu dieser Abhilfe ungeeignet ist. Ein geistiger Bezirk neben andern geistigen Bezirken, die Religion als Abteilung des abgelösten Geistes, die Religion die selber in die Entzweiung gefallen ist, vermag Abhilfe nicht zu schaffen. Von da aus tritt nun wirklich im Geschehen das biblische Buch den Menschen an, damit, dass dieses Buch Urkunde nicht der geläufigen Religion ist, als einer Abteilung des Geistes, sondern Urkunde der Konkretheit des Geistes, des grossen Protestes gegen alle Ablehnung des Geistes von der Welt der Wirklichkeit, Zeugnis von der Bewährung des Geistes im gelebten Leben. Religion also als Ganzheit, welche Heiligung des Alltags heischt. Nicht eine Teilung des Lebens in ein profanes Leben und in Stunden einer stimmungsvollen Kapelle. Nichts das draussen bleibt, alles wird vom Heiligen umfasst. Sodass der Alltag Gottes werde. Urkunde des Dialogs zwischen Gott und Menschen, dessen Ort die Welt ist. Aller Pantheismus ist unzulänglich, aber von der Begegnung von Gott und Mensch ist die Welt, das Stück Welt, für das dieser Mensch zu verantworten hat zwischen Geburt und Tod.
II. Teil Es liegt mir daran, dass das, was ich Ihnen gesagt habe, nicht Behauptung bleibe und deshalb will ich einige Beispiele daran schliessen aus der Bibel selbst, aus dem Pentateuch, die Ihnen nun nicht mehr erörtert sondern leibhaft zeigen sollen, was ich meine. Ich beginne mit dem Anfang der Schöpfungsgeschichte. »Der Geist schwebte über den Wassern.« Wer es so liest, weiss nicht, was gemeint ist. Geist ist hier nicht ein Sein sondern ein Geschehen. Das Wort »ruach« (Hebr.) bedeutet Atem, Wind und Geist, und an dieser Stelle der Bibel wirklich alles in einem Wort. Es ist das Wehen, das Brausen Gottes gemeint, »der Braus Gottes« (Pneuma). Als Luther die Bibel übersetzte und mit dieser Stelle rang, war seine Zeit wohl da, in der das Wort Geist schon nicht mehr seine Urbedeutung hatte (siehe R. Hildebrand »Geist« in Grimms Wörterbuch.) Dass Luther nicht anders sagen konnte als »Geist« ist für die Entwicklung des Geistes ver-
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hängnisvoll geworden. – Es gibt eine Stelle der Bibel, die in naiver Weise die Bedeutung dessen, was wir Geist und Wind nennen, nebeneinander stellt. . Buch Mose, . Kapitel: Israel kann es nicht ertragen, dass es immerfort Manna essen soll und sie erinnern sich an die Fische (von Fleischtöpfen ist hier nicht die Rede!) und die Gurken, die sie in Aegypten zu essen bekamen. »Nun ist uns die Seele vertrocknet.….«. Mose hört das Volk klagen und fühlt Gottes Zorn darüber und spricht: »Nicht vermag all dieses Volk zu tragen ich allein, denn zu schwer ists für mich. Willst du mir solches tun, umbringe mich, habe ich sonst in deinen Augen gefunden, dass ich nur nicht schauen muss mein Weh.« Antwort Gottes an Mose. Er soll Männer an das Zelt holen: »Ich will niederziehen und dort zu dir reden und will abmarken vom Geist, der über dich kommt und über sie legen so werden sie mit dir an der Traglast des Volkes tragen. Nicht sollst tragen sie du allein.« Was hier in der Uebersetzung als Geist bezeichnet wird, weil wir nicht anders können, ist eben dasselbe, wie im Schöpfungsbericht. »Da zog er nieder im Gewölk und redete zu ihm …« »Da geschah es, wie über ihnen der Geist ruht, kündeten sie denselben.« Es ist das Geschehen von Gott aus, das den Menschen erreicht, nicht der Geist der in dir, ist, sondern der Geist der auf dich kommt. In der Bibel ist Wind, Braus, und Geist wirklich eins. Gott ist nicht Geist, ebensowenig wie Gott Natur ist, sondern von Gott aus geschieht, was wir Geist nennen, was wir Natur nennen. Wie verhängnisvoll die Uebersetzung dieses konkretesten Wortes durch ein unkonkretes geworden ist, wird dadurch deutlich. – – Gespräch Jesu mit Nikodemus: Der Wind wehet wo er will, man höret sein Sausen wohl, aber man weiss nicht von wannen er kommt und wohin er fährt.« Auch hier das Wort »ruach« = Geist. Wer den Urtext nicht kennt, versteht nicht, was hier gemeint ist. Eckart übersetzt: »Der Geist geistet wo er will.« So wie der Geist selber geistet wo er will, dieses eben gilt von denen, die aus dem Geiste geboren sind, die in die Wiedergeburt eintreten, in die Sohnschaft Gottes aufgenommen wurden, die nun des Geistes geworden. Das ist ein sichtbares Zeugnis für den Sinn der Ablösung wo es schon das Leibhafte und das Geisthafte gibt als getrennte Welten, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Es gibt nur eine Wirklichkeit von Gott aus und auf Gott zu: die begeistete leibhafte Wirklichkeit. . Die Rede Gottes im Dornbusch. Gott sendet Mose zu Pharao und zum Volke Israel in Aegypten. Mose widerstrebt dem Auftrag, wie es je und je der prophetische Mensch getan, weil der Auftrag nicht von ihm aus sondern von Gott aus kam, gegen die Stimme seines Unterbewusstseins, als eine Forderung. Mose sucht Entschuldigungen und sagt unter anderem: »Sei es denn, ich komme zu den Söhnen Israels. Ich sage ihnen,
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der Gott Eurer Väter schickt mich zu euch. Sie werden mir sagen, was ists denn mit seinem Namen, was soll ich ihnen sagen?« Es ist nicht die Frage nach dem Namen, sondern was es damit ist. Der Name, der ist ihnen bekannt, es sind die vier geheimnisvollen Buchstaben. Primitives Volk glaubt an die Magie des Namens, dass der richtig auszusprechende Name der Geister, des Gottes, usw. die Geister oder Gott in unsere Macht begibt, sie herbeizwingt. Gott aber sprach zu Mose: »Ich werde da sein als der ich da sein werde.« und sprach: »so sollst du zu den Söhnen Israels sprechen: ›Ich-bin-da schickt mich zu euch, das ist mein Name für ewig, das mein Ruf für Geschlecht und Geschlecht.‹« Nicht »ich bin der ich bin«, nicht von »sein«, nicht von seiner Transzendenz spricht Gott; Gott macht keine theologischen Aussagen über sich selbst, er spricht zur Kreatur, er sagt ihr das zu, wessen sie bedarf in ihrer Not, er sagt ihr, dass er da ist, ihr gegenwärtig ist. Dieser Ausspruch vom »Da-Sein« wiederholt sich immer wieder bei Mose. Dies Wort ist nicht nur für das eine Mal gesagt, sondern für allemal, für immer. Ihr braucht mich gar nicht zu beschwören, denn ich selber nehme keine meiner Gestalten vorweg, ich erscheine als der, der ich dann und dann und dann sein werde, in der Erscheinung, in der ich dann, in dieser Stunde und dieser Situation den Menschen antreten werde. Wir können uns nicht darauf vorbereiten, wir können uns nur bereiten auf das was uns antreten wird von Gott aus. Das war die Stunde der Ent-Magisierung der Religion. Wenn der Wahn des Menschen trotzdem Einzug genommen hat in die Religion, dennoch ist diese Entmagisierung zu jener Stunde geschehen. Gott ist keine Idee, sondern Gott ist da. – – Gott schafft ein Zeichen seiner Gegenwart; das Zelt. Es ist das Zeichen und die Bürgschaft für die Gegenwart Gottes. Der Bau des Zelt-Urbildes durch Gott wiederholt in eigentümlicher Weise die Weltschaffung. Wie die Tage der Schöpfung so heisst es nun hier: Ehe Gott Mose das Urbild des Zeltes zeigt: »Die Wolke hüllt den Berg und die Herrlichkeit wohnte auf dem Berg Sinai. Die Wolke hüllte ihn Tage ein, am siebenten Tag rief Gott Mose. Mose ging ein in die Wolke und stieg in den Berg. Und es wurde ihm in die Schau gegeben das Urbild des Zeltes.« Die Erzählung von der Ausführung des Zeltes wird in der Sprache des Schöpfungsberichtes erzählt. Dort »Vollendet waren Himmel und Erde«, hier »vollendet Dienstzeug usw.«, dort »Gott sah und segnete,« hier »Mose sah und segnete.« Der Mensch ist berufen, mitzuwirken. Der Mensch wird mit einem späten jüdischen Wort der »Genosse Gottes« bei der Schöpfung genannt. Es ist ihm ein wirklicher Anteil an der Schöpfung zugeteilt. Das Versagen der menschlichen Antwort auf Gottes Anrede: Der Opferkult. Der Opferkult wird grauenhaft und Götzendienst, wenn ihm das
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eine fehlt: Jene Bewegung mit der die Menschenschar die Hände auf das Opfertier aufstemmte und dann sagte: »Das bin nun ich«. Der Mensch meint, sich darzubringen und glaubt, sich so abzulösen, dass er sich mit dieser Bewegung, mit diesem Wesensakt identifiziert, mit dem Opfertier. Dieser Wesensakt heiligt an sich das Furchtbare des Tieropfers. Das ist es, wogegen die Propheten reden, wenn sie gegen den Opferkult reden, dass der Akt der Selbstdarbringung fehlt, als kultische Gebärde. Das ist das Versagen des Menschen, dass ihm das Angesicht Gottes verstellt wird durch die Verselbständigung der Religion. Ich kann nicht mehr tun, als diese Hinweise, aber ich bitte Sie zu verstehen, wenn ich hinzeige, was in diesem Buche zu finden ist, so zeige ich zugleich auf uns. So ist es, wenn man in Wahrheit von diesem Buch redet: Da ist die Wirklichkeit dieses Buches, und da sind wir.
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Eine Erklärung des Terminus »Gleichsprüche« erscheint erforderlich, da er einem des Hebräischen unkundigen Leser und vielleicht auch manchem seiner kundigen befremdlich klingen mag. Das Nomen maschal, das ich mit »Gleichspruch« übersetze, kann nicht wohl von dem Verb maschal, herrschen, sondern nur von dem Verb maschal, vergleichen, abgeleitet werden. (Daß beide Verben wurzelgleich sind und die Bedeutung im Kal etwa als »die einander entsprechenden Dinge zusammenordnen« zu fassen ist, möchte ich immerhin vermutungsweise äußern: von dieser Einheit aus läßt sich eine Verzweigung zu einerseits »regeln, verwalten, walten« und anderseits »als entsprechend behandeln, vergleichen« wohl verstehen.) ›Vergleichen‹ ist keine ganz zulängliche Wiedergabe der Bedeutung im Niphal: gerade auf eine strenge Gleichung könnte das Wort nicht angewendet werden; richtiger ist ›teilweise gleichen‹, noch genauer ›entsprechen‹. Wenn von A gesagt wird, daß es nimschal dem B, so heißt das nicht, es werde mit ihm identifiziert, sondern es gebe in A Elemente, die sich mit Elementen von B sinnlich oder sinnhaft berühren, und A könne B so gegenübergestellt werden, daß diese Berührung unmittelbar verspürt wird. Als Bezeichnung eines sprachlichen Gebildes weist das Nomen maschal doch wohl am ehesten auf die Zusammenordnung zweier oder mehrerer einander entsprechender rhythmischer Teileinheiten hin, wobei die Entsprechung dann als vollkommen angesehen werden darf, wenn bestimmte Worte der einen Einheit sich mit den an der gleichen Stelle stehenden der andern sinnhaft berühren. Maschal ist also zunächst ein in sich »parallelistisch« gebautes Gebild, ein Gleichlaufgebild. Von da aus entwickelt sich aber die Wortbedeutung über den Bereich der rhythmischen Zusammenordnung in den der ungebundenen Äußerung hinaus, und zwar scheint der Übergang das aus dem salomonischen Spruchbuch wohlbekannte »malende« Distichon [z. B. Kap. , Verse , , , , ] zu sein, in dem der erste Stichos einen sinnlichen, der zweite einen jenem verglichenen geistigen Vorgang behandelt. Auch ohne rhythmisches Gleichmaß kann »Gleichnis« gestaltet werden, auch es heißt maschal. Es kann sich aber auch eine Aneinanderreihung von parallelistisch gebauten Spottversen zum lockerer geformten Spottgedicht, eine Aneinanderreihung von parallelistisch gebauten Sinnsprüchen zur lockerer geformten Lehrrede umbilden, und auch diese werden maschal genannt. Auch zur Orakelrede können sich die Distichen zusammenschließen, und auch ihr haftet der gleiche Name an. Dagegen wird das reine Lied niemals maschal genannt, weil der primäre Charakter seiner
Zur Verdeutschung der »Gleichsprüche«
einheitlichen Ganzheit so stark ist, daß es schlechthin nicht als eine Zusammenfügung jener kleinen Einheiten aufgefaßt werden kann; ein Lied setzt sich eben nicht aus Versen zusammen, sondern gliedert sich in ihnen. Parallelistische Dichtung ist nicht den Semiten eigentümlich; wir finden sie überall, von »primitiven« Negerstämmen bis zu einer so verselbständigten höfischen Kultur wie die chinesische. Als ihren Ursprung möchte ich die dialogische oder antiphonische Improvisation ansprechen. Bei den Ostasiaten singen in Jahreszeitfesten, mit denen Brautwerbungsriten verschmolzen sind, Jünglings- und Mädchenchöre einander parallelistisch an; bei den finnisch-ugrischen Völkern fassen je zwei Sänger des Volksgesangs, Knie an Knie gegenübersitzend, einander an den Händen und singen, die Oberkörper einander rhythmisch zuwiegend, mitsammen die parallelistischen Doppelverse der Sage. Auch in der Bibel wird oft [so II. M. 18; Ri. 11; I. Sam. 7; 12; Jes. 2] von Wechselgesang berichtet, und der Begründer der biblischen Poetik, Robert Lowth, meint sogar [De sacra poesi Hebraeorum, ], bei den Hebräern habe fast alles Dichten irgendwie dialogische Form. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß auch der Ursprung des Maschal, dieser konzentrierten parallelistischen Gestaltung, ein dialogischer gewesen ist: der eine Sprecher sagt einen Vers, der andere antwortet ihm, antithetisch oder bildausdeutend oder ergänzend, immer aber in der Form der Entsprechung. Während jedoch z. B. in China die subtilste Ausbildung des Parallelismus in einem literarischen Spiel geschieht, wo die Aufgabe gestellt wird, einen Satz durch einen Wort um Wort entsprechenden zum Doppelvers zu runden, vollzieht sich in Israel ein merkwürdiger Prozeß. Unter den möglichen Antwortarten tritt die antithetische beherrschend hervor, und in ihrer Form spricht sich ein gegensätzliches Grundverhältnis aus, welches den Kern aller hebräischen Spruchdichtung darstellt: der Kampf zwischen der »Weisheit«, die die Erkenntnis der Wege Gottes ist, und der »Torheit«, als die das Abirren von diesen Wegen erscheint. Dieser Kampf ist das große, bei aller Einheitlichkeit doch erstaunlich vielfältig variierte Hauptthema der »Gleichsprüche«, auf das alle andern Themen direkt oder indirekt bezogen sind. Die hebräische Spruchdichtung ist nicht original. Sie hat der altorientalischen, insbesondere der reichen ägyptischen Weisheitsliteratur vieles entnommen, einiges geradezu daraus übertragen. Aber das entscheidende Moment der Geistesgeschichte, die Wandlung in der Übernahme, bekundet sich auch hier. In einen neuen, wesensverschiedenen geistigen Lebenszusammenhang, in die Sphäre dieses leidenschaftlichen, vorbehaltlosen Streites der um Gott wissenden »Weisen« gegen die »Toren«, die sich wider das Um-Gott-zu-wissen-bekommen sperren, gebracht, wandeln sich
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die Sprüche Ägyptens und Babyloniens zu etwas Wesensverschiedenem. Die durch die Form des Gleichspruchs begünstigte vitale Antithetik entfaltet sich hier, und nur hier, zur Aussprache eines Ringkampfs, der den Raum der Welt und die Dauer ihrer Geschichte braucht, um ausgefochten zu werden.
Warum und wie wir die Schrift übersetzten . Als Franz Rosenzweig im Sommer im mazedonischen Schützengraben, während die Front sich gegen eine angeblich bevorstehende Offensive »auf Nahverteidigung einrichtete«, begonnen hatte, an seinem Werk »Der Stern der Erlösung« zu schreiben und einem Freund im Brief darüber berichtete, sagte er ihm, dies sei noch nicht sein »eigentliches« Buch, das werde er erst schreiben, wenn er könne, dürfe, müsse – im Jahr vor seinem Todesjahr erläuterte er diese unbestimmte Zeitangabe in einem Brief an seinen Arzt mit den Worten: weil er vorher nicht »das nötige Wissen beisammen hätte«: »mit siebzig Jahren« – sondern erst die Vorstudie dazu, und doch sei es sein »System«. Was mochte es aber für ein Buch sein, zu dem das System als Vorstudie gedacht sein konnte? In dem erwähnten Brief an den Arzt teilt er es mit: es sollte ein Bibelkommentar sein, der erste Teil zu den Wochenabschnitten, der zweite zu den Haftaroth, der dritte zu den Festabschnitten und den Megiloth. Später aber, als er den »Stern« schon abgeschlossen hatte, erschien es ihm, er habe nun doch in diesem Buch, in dem er jetzt »die Summe seines geistigen Daseins« und »sein Eigentlichstes« erblickt, so dass er »nur im Leben, nicht mehr im Schreiben« Zukunft vor sich sah, »den Kommentar unter Weglassung des Texts« geschrieben. Das ist natürlich nicht im strengen Sinn gemeint; es soll sagen, dass dieses Buch dazu beitragen will, die Welt, von der aus und für die in der Schrift gesprochen wird, also die wirkliche Gotteswelt, die seither undeutlich geworden ist, wieder deutlich zu machen. Es haben aber bedeutsamerweise auch tatsächliche Kommentarstücke, Abschnitte eines theologischen Bibelkommentars, Eingang in das Werk gefunden. Im zweiten Teil, der von der »Bahn«, d. h. von dem Weg von der Schöpfung über die Offenbarung zur Erlösung handelt, wird am Schluss des ersten Buches, das »Schöpfung« benannt ist, eine »grammatische Analyse von Genesis « gegeben, am Schluss des zweiten, das »Offenbarung« heisst, eine des Hohen Lieds, am Schluss des dritten, dessen Name »Erlösung« ist, eine des . Psalms. Die »Grammatik« von der hier die Rede ist, ist natürlich eine theologische Grammatik, denn Rosenzweig glaubte an die Sprache als an die Macht, die die Schale des Geheimnisses zerbricht. Natürlich geht er in den Kommentarstücken vom Urtext aus und weist wiederholt auf Eigentümlichkeiten des Urtexts hin, die in keine Übersetzung eingehen können. Aber er liest den Urtext mit der Brille der üblichen
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Übersetzung, nicht gerade der Lutherschen, aber eben der üblichen, für die die Luthersche nur ein besonders charakteristisches Beispiel ist. So versteht er zu Anfang der Schrift Tohu und Bohu, wie es die Übersetzungen zu tun pflegen, nicht als Substantiva, die das der Schöpfung vorausgehende, aber unter der geschaffenen Welt fortbestehende Chaos bezeichnen, über dem die Erde hängt (Hiob , ) und das jederzeit auf Gottes Geheiss in sie eindringen kann (Jesaja , , Jer. , ), sondern als Adjektiva, als die Eigenschaftswörter »wüst« und »leer«, als die erste adjektivische Aussage von der Dingwelt, von einer Finsternis, »in der noch alle Eigenschaften nur die eine graue Farbe des Wüst-und-Leeren zeigen«. Im gleichen Kapitel versteht er den Satz נעשׂה אדםnicht als ein reines Wir, sondern er geht von der Übersetzung aus, die mit ihrem »Lasset uns einen Menschen machen« hier die zweite Person, die dem Urtext fremd ist, hineinträgt; dass Gott, jedenfalls in der uns vorliegenden Fassung, nicht zu einer mythischen Versammlung spricht, was ja dadurch betont wird, dass auf das בצלמנּוdieses Verses das ֺ בצלמוdes nächsten folgt, weiss Rosenzweig freilich, und doch spricht er von einem Ich, »das das Du, wie gerade die deutsche Übersetzung sehr schön zeigt, unmittelbar in sich selbst hat«; nein, Gott redet hier auch nicht einmal zu sich, sondern nur von sich aus, von der Allheit der Urkräfte aus, die in ihm sind; oder, wie Rosenzweig sagt, im Plural der absoluten Majestät; ein Du ist hier im Urtext selber nicht zu entdecken, und die übliche deutsche Übersetzung mag schön sein, wahr ist sie nicht. Die theologische Grammatik ist hier noch zum Teil die Grammatik anderer Sprachen als der hebräischen. Die Problematik liegt hier aber letztlich nicht erst in den Übersetzungen als solchen, sondern in der Tradition des geläufigen Bibellesens überhaupt, auch des hebräischen, der traditionellen Leichtigkeit des Bibellesens, die den Unterschied zwischen dem, was geschrieben steht, und dem, was nicht geschrieben steht, nicht ernst genug nimmt. Erst später, in Frankfurt a/M, als Rosenzweig vom stolzen Bau des Systems zu dem demütigen, aber durch und durch realen Bauen an einer kleinen jüdischen Gemeinschaft übergegangen war, konfrontierte er sich auch in allem Ernst mit der hebräischen Bibel wie sie ist. Den äusseren Antrieb dazu scheint ihm, seinen eigenen Äusserungen nach, die Bibelstunde seines neuen Freundes Eduard Strauss gegeben zu haben, der ihm nun half, das Freie Jüdische Lehrhaus aufzurichten. Hier fühlte sich Rosenzweig, wie er sagt »eigentlich zum ersten Mal in seinem Leben vor den reinen Text in seiner Nacktheit ohne traditionelle Bekleidungsstücke gestellt«. Bis dahin hatte er, wie er sagt, sich gescheut, die Tora und die Propheten anders als im Zusammenhang der Jahrtausende (er sagt: der jüdischen Jahrtausende, richtiger ist, wie wir sahen, der Jahrtausende
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überhaupt) zu lesen. Erst jetzt wagte er, »sich allein vor den Text und sich vor den Text allein zu stellen.« Alles, was die Bibel ihm und was er der Bibel geworden ist, hat seinen Ursprung in dieser »Nacktheit« der Begegnung. . Mein Weg zur Bibel war ein ganz anderer gewesen. Im Hause meines Grossvaters aufgewachsen, hatte ich als Kind jahrelang den Urtext durch und durch gekannt, ehe ich eine Übersetzung zu Gesicht bekam. Die Lektüre dieser Übersetzung – es war die von Zunz herausgegebene – hatte zur Folge, dass ich anfing, mich über die Bibel zu ärgern. Erzählungen, die ich bis dahin wie etwas Selbstverständliches hingenommen hatte, wurden mir unerträglich, die von der Tötung Agags durch Samuel trug ich lange Zeit wie eine offene Wunde herum, die auch heute noch nur vernarbt, nicht ausgeheilt ist; sogar Psalmen, deren Sänger sich in aller Unschuld über seine Feinde beschwert und die mir bis dahin nicht aufgefallen waren, begannen mich nun, in der schönen Übersetzung von Michael Sachs (seine frühere, die weniger schön, aber viel wahrer ist, habe ich erst durch Rosenzweig kennen gelernt), wie schamlose Schimpfwörter zu peinigen. Es war mir, wie wenn im Märchen ein böser Geist einen Schleier über ein Mädchen wirft und es dadurch furchtbar verwandelt; hier in den Gassen von Jerusalem empfinde ich manchmal ähnliches, wenn das ganz in einen farbigen Schleier gehüllte Gesicht einer Araberin mir wie das eines Gespenstes erscheint. Später, als ich Luthers deutsche Bibel kennen lernte, verdrängte der Reiz der Sprache das Ärgernis; aber bald danach – es war kurze Zeit nach meiner Barmizwa – bemerkte ich plötzlich, dass ich die Bibel mit literarischem Vergnügen las; das erschreckte mich so, dass ich viele Jahre lang keine Bibelübersetzung mehr in die Hand nahm. Ich versuchte zu dem Urtext zurückzukehren; aber nun kam er mir hart und fremd vor, die Worte hatten ihre Geläufigkeit verloren, sie sprangen mir ins Gesicht, immer wieder musste ich mich wundern, dass es so ein Buch auf der Welt gibt und dass ich daran geschmiedet bin. Erst nach weiteren dreizehn Jahren geschah etwas Neues. Ich war von Herzls Begräbnis heimgekommen und hatte, um aus der Beklommenheit herauszufinden, nach einem Buch ums andre vergebens gegriffen, alles war stumm; da schlug ich beiläufig, ohne Hoffnung, die Schrift auf – es war die Erzählung, wie der König Jojakim die Schriftrolle Jeremias Spalte um Spalte abschneidet und ins Feuer des Kohlenbeckens wirft: das traf mich mitten ins Herz. Ich begann wieder in der hebräi-
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schen Bibel zu lesen, nicht in einem Zug, nur von Zeit zu Zeit ein Stück. Sie war nicht mehr geläufig wie in der Kindheit, sie war aber auch nicht mehr fremd wie nachher, jedes Wort musste erobert werden, aber es liess sich erobern. Seither hiess die Bibel in meinem Herzen nicht anders als das unübersetzte Buch. Ich las laut, im Lesen wurde ich die ganze Schrift los, es war nur noch Mikra. Einmal – wieder waren mehrere Jahre vergangen – kam es mir mitten im Sprechen eines Kapitels vor, es würde jetzt zum erstenmal gesprochen, es sei noch gar nicht niedergeschrieben, es brauche auch gar nicht niedergeschrieben zu werden, das Buch lag vor mir, aber das Buch zerrann in der Stimme. In den Jahren vor dem Weltkrieg war ich in Berlin Mitglied eines Stammtisches, der sich einmal in der Woche beim Wein versammelte und dem eine Reihe von bedeutenden Menschen angehörte. Zwischen den deutschen und den jüdischen Mitgliedern herrschte ein schönes Verhältnis unbefangener Kameradschaft. Aber einige von den jüdischen Mitgliedern kamen sich zuweilen vor wie Abschnitte eines hebräischen Buches, das in Lutherscher Übersetzung gelesen wird; es kam ihnen vor, als sei es nicht der Urtext ihres Wesens, dem die Kameradschaft gelte, sondern die Übersetzung, die mehr schöne als wahre Übersetzung. Luther hatte die hebräische Bibel in das Deutsch seines Neuen Testaments übersetzt, in eine von christlicher Theologie geprägte Sprache; kein Übersetzer, auch kein jüdischer, hatte sich seither davon freizumachen vermocht. Waren nicht auch wir unseren deutschen Freunden, so vertraut wir uns auch mit ihnen unterhielten, nur in einer christlichen Übersetzung zugänglich? Etwas war falsch. Wir empfanden wachsend das Bedürfnis, es zu berichtigen. Jeder unmittelbare Versuch dazu wäre dilettantisch und aussichtslos gewesen. Es gab nur einen indirekten Weg zur Kundgebung unserer Wahrheit: durch eine treue Übersetzung der Schrift. Wir mussten das Ärgernis der Wahrheit erregen. Daraus mochte sich dann was immer ergeben – wir selber in unserem wirklichen Wesen, nicht ein Scheinbild, würde es sein, dem es widerfuhr. Aber der Antrieb kam uns, wie ich damals nur ahnte, aus einer geschichtlichen Tiefe, die ich erst später in all ihrem Zusammenhang mit unserer Zeit erkannte. Damals war in Deutschland die Saat des einzigen tiefen Menschen unter allen deutschen Antisemiten, Paul de Lagarde, in der Gestalt einer geistigen Bewegung aufgeschossen, die auf eine »Germanisierung des Christentums« mit einem »deutschen Gott« und einem »deutschen Christus« abzielte, was natürlich zur ersten Voraussetzung die radikale Scheidung vom »Alten Testament« hatte. Man darf diese Bewegung nicht mit ihrem karikaturhaften Epigonentum verwechseln, das in unseren Tagen durch seinen Anschluss an eine politische Macht zu einem in umgekehrten Ver-
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hältnis zu seiner inneren Bedeutung stehenden Ruhm gelangt ist. Jene Bewegung ging letztlich auf die Ideen Marcions, des grossen christlichen Gnostikers des . Jahrhunderts zurück, der es unternahm, aus den beiden Attributen des jüdisch-christlichen Gottes, dem des Gerichts und dem des Erbarmens, zwei einander urferne Götter zu machen und damit auch die beiden »Testamente« bis auf den letzten Grund von einander zu trennen; aber auch dies war nur die Folgerung aus dem Werk eines Grösseren, Paulus von Tarsos, der den Völkern das vom Judentum brachte, was aufzunehmen sie bereit waren, die messianische Erlösung ohne die Tora des sich offenbarenden Gottes. Die Kirche hatte beide Testamente nebeneinander als die kanonische Bibel bewahrt; nur die Geltung des Gesetzes – zu dem natürlich auch das in den prophetischen Büchern enthaltene gehörte –, nicht aber die seiner Urkunde war aufgehoben. Daraus ergab sich eine dauernde Beunruhigung des Gewissens der Völker, deren Generationen ein Gesetz als das Urgesetz ihres Gottes lernten, das in seinem Kern ein Gesetz für das rechte Volksleben war und das man noch heute nicht ernstlich lesen kann ohne zu hören: So muss ein Volk leben, um ein Volk Gottes zu sein. Dieses Urgesetz, das sie als ein von Gott aufgehobenes lasen, hob von sich aus, durch seine Tendenz zur Heiligung des ganzen Lebens, die dualistische Grundlage der Existenz des christlichen Volkes, die Zweiteilung des Seins in eine heilige Sphäre des Geistes und eine unheilige der Welt auf. Die Beunruhigung wuchs in der Epoche des werdenden Nationalismus zu ihrer Höhe. Um zu einer, von keinem bösen Gewissen mehr gestörten völkischen Selbständigkeit zu gelangen, die kein anderes Gesetz als das der eigenen Macht und Herrlichkeit kennt, musste man sich diesen Stachel, das »Alte Testament«, aus dem Fleische reissen. So wurde dies zum ersten, negativen Ziel jener Bewegung. Aber die Generationen der Völker hatten ja gar nicht die wirkliche Gestalt der Schrift, sondern nur ihre christliche Bearbeitung gelernt. Die wirkliche Gestalt war uneuropäischer, urtümlicher, unzivilisierter, sie war aber zugleich grösser, strenger, fordernder, sie kam zu furchtbaren Begegnungen auf einen zu, man konnte ihr nicht ausweichen. Jene deutschen Juden, die die Wirklichkeit Israels sichtbar machen wollten, mussten die wirkliche Gestalt der Schrift sichtbar zu machen versuchen. Sie mussten zeigen, dass der Geist, der über den Wassern schwebt, keine Taube, sondern ein Adler ist. Das mochte den Marcioniten ihr Werk zunächst erleichtern, – einmal aber würden der Völker Augen aufgehen und sie würden erschrecken, über das was sie zu sehen bekommen und über sich selber. All das haben wir wie gesagt damals nur dunkel gefühlt; mir selbst, der die Initiative ergriffen hatte, ist es erst danach, im Weltkrieg, allmählich in
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voller Klarheit aufgegangen. Auch unser Übersetzungsplan war nicht über die allgemeine Tendenz der unbedingten Treue hinaus gediehen. Immerhin hatten wir schon die ersten Aufgaben verteilt, hatten auch bereits einen grossen deutschen Verlag für die Veröffentlichung gewonnen. Dann kam der Krieg und warf alles um. Nicht lange danach habe ich Berlin verlassen. In meinem neuen Wohnort, in dem stillen Heppenheim, las ich nun die Schrift von neuem, und zwar in ihrer Reihenfolge, ohne über einen scheinbar unwichtigen Vers hinwegzulesen. Ich liess kein abgeschliffenes Wort vorbei, ohne mich auf seine ursprüngliche Mächtigkeit zu besinnen; ich nahm kein abstraktes Wort als solches hin, sondern spürte seiner wurzelhaften Sinnlichkeit, dann aber freilich auch seinem Bedeutungswandel nach; ich drang in den Bau der Sätze ein, bis mir der ganze Satz in der Eigentümlichkeit seiner Struktur etwas sagte, was aus der Reihe der Wörter allein nicht zu erschliessen war; ich liess durch meine dienende Stimme den Rhythmus, in dem die Botschaft erst zur Vollständigkeit ihres Ausdrucks gelangte, in meine Ohren und in mein staunendes Herz dringen. So vergingen wieder mehrere Jahre. An eine Übersetzung zu denken wagte ich längst nicht mehr, dazu war alles zu gross geworden; ich begnügte mich damit, Freunden, Juden und Christen, auch manchen von den vielen jungen Leuten, die zu mir kamen, Juden und Christen (es kamen Christen, auch Theologen, in wachsender Zahl), Abschnitte aus der Schrift entweder hebräisch oder deutsch vorzulesen und zu erläutern. Und doch entstanden damals, unmerklich, die grundsätzlichen Einsichten, die Rosenzweig einmal »die fundamentalen Punkte« unserer Übersetzung genannt hat, die er aus meinen »theoretischen Andeutungen« und meinem »praktischen Vorgehen« gelernt habe. Freilich, ohne die grosse und kritisch-schöpferische geistige Leidenschaft, mit der Rosenzweig sie aufnahm und ausbildete, wären sie nie zu den tragenden Prinzipien einer Übersetzung geworden. .
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Ich hatte Franz Rosenzweig, als er mich zusammen mit mehreren andern jungen Leuten im Frühling besuchte, gar nicht wirklich kennen gelernt, ich hatte ihn nicht erkannt. Jetzt, als er im Herbst mit seiner jungen Frau zu mir nach Heppenheim kam, erkannte ich ihn auf den ersten Blick als den, der er war. Zugleich aber überraschte es mich, wie nah wir einander waren; aus der ersten, freilich noch nicht genügend aufmerksamen Lektüre des »Stern« waren mir zwar manche Gedanken, aber nicht
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auch schon die Substanz, aus der sie stammten, als nah erschienen. Das Wesentliche für die Folgezeit war, dass mir hier in der Gestalt einer frühen Gnade ein Verhältnis zum Sein entgegentrat, das ich selbst erst nach langen und vielfältigen, wiewohl ertragreichen Wanderungen durch entscheidende persönliche Erfahrungen, gewonnen habe. Diese Erfahrungen, im ersten Kriegsjahr beginnend und ein Jahr nach dem Krieg endend, brachten mich aus einer Sphäre des Zeit- und Sprachlosen in die der Stunde, wo zwischen Stundenschlag und Stundenschlag alles darauf ankommt, zu vernehmen, was einem eben jetzt in einer der zahllosen Sprachen des Lebens gesagt wird, und darauf in einer von ihnen angemessen zu antworten. Diesen Glauben aus der Sprache, für den alle Wortsprache zur Sprache aus dem Glauben wird, fand ich bei Rosenzweig wieder. Darin lag der Keim für die spätere gemeinsame Arbeit: die Übertragung aus einer der Wortsprachen in eine andere, aber eben nicht aus irgendeiner Sprache und nicht irgendeines Buches, sondern des Buches, das als einziges unter allen uns die Geschichte des Menschen als ein Gespräch vorführt, – das sie uns so vorführen kann, weil es aus der Sprache, in der es geschrieben oder vielmehr gesprochen worden ist, die innerste Kraft des Anrufens, des Gebietens und Kündens, des Klagens und Dankens heraufgeholt hat. Gemeinsam war uns beiden die Erkenntnis, dass nicht an die Bibel zu glauben ist, sondern durch sie hindurch. »Schrift«, schreibt Rosenzweig in einem Brief wenige Monate vor dem Beginn der Bibelübersetzung, »ist Gift, auch die heilige. Nur wenn sie in die Mündlichkeit wieder zurückübersetzt wird, bekommt sie meinem Magen«. Das ist genau der Ausdruck dessen, was auch ich gemeint habe und meine. Damit ist aber zugleich die Linie bezeichnet, auf der die neuen Bibelübersetzer den Kampf gegen Marcion und die Seinen zu führen haben. Marcions Gott schweigt oder seine Stimme dringt aus seiner masslosen Ferne nicht zu uns; nur sein Sohn, der »Menschensohn«, redet. Unser Gott erschafft sich eine Welt mit dem Wort; und die schwerste seiner Prüfungen ist der Durst nach seinem Wort, dem er Stillung verheisst. Denn er ist eben nicht, wie der Marcions, der Fremde, der ferne Gott, aber auch nicht, wie Marcion vom Judengott meint, dem demiurgischen Geschehen verhaftet, sondern der, der zugleich »in der Erhabenheit und Heiligkeit« und »bei den Zermalmten und Geisterniederten« wohnt: »der Fern-und-Nahe«, wie Rosenzweig seine Übersetzung von Jehuda Halevis ה’ אנה אמצאךbetitelt. Wo Ferne und Nähe zugleich ist, waltet das gesprochene Wort. Treue Bibelübersetzung ist Versuch zur Rückübersetzung ins Mündliche, zur Wiedererwekkung des gesprochenen Worts. Für die Christen? Für sie und für die Juden, von denen so viele über der Geläufigkeit des Bibelworts, als des laut
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verlesenen, verlernt haben, es als das wirklich gesprochene zu hören und zu verstehen. Rosenzweigs Übersetzung von Gedichten Jehuda Halevis ist eine der grössten Äusserungen des Sprachgewissens, die ich in der Weltliteratur kenne. Es ist das besondere Sprachgewissen des Übersetzers, der dem Geheimnis zweier Sprachen gegenüber verantwortlich ist für seinen Versuch, sie miteinander in Einklang zu bringen. Da er mich bei dieser Arbeit häufig zu Rate zog, konnte ich beobachten, mit welcher Schwungkraft und Beharrlichkeit er, der fortschreitenden körperlichen Lähmung zum Trotz, mit den Geistern beider Sprachen um ihren Segen rang. Hier war etwas überaus Kostbares, was ich selbst nicht besass und was bei uns überhaupt selten ist: die Gnade der Kontinuität, der legitime Eigensinn. So war es denn, als mir im April ein mir unbekannter junger deutscher Verleger, übrigens urarisch, schrieb, er möchte seinen Verlag mit einer Übersetzung des Alten Testaments beginnen, aber nur wenn ich sie unternehme, als Herausgabe einer früheren oder als Bearbeitung oder als neue Übertragung; etwas Selbstverständliches, dass ich, nachdem ich sogleich gemerkt hatte, Nein dürfe hier nicht gesprochen werden, zu Rosenzweig ging und ihm sagte, ich würde es, wenn es sein müsste, machen, wenn er mir helfen wolle. Der Brief des Verlegers hatte mich erfreut, aber auch bestürzt: aus dem Unbekannten kam eine Bestätigung, zugleich aber eine Forderung, deren Schwere ich nunmehr einigermassen kannte, denn dass es sich um eine neue Übersetzung handeln würde, war mir sogleich wahrscheinlich. Mein Vorschlag wirkte auf Rosenzweig anscheinend ebenfalls zugleich erfreuend und bestürzend, aber in einer tieferen Schicht des Lebens, vielleicht in der tiefsten. Er hatte sich mit einer so reinen Gefasstheit, wie ich sie an keinem anderen Menschen gesehen habe, auf das allmähliche Sterben eingerichtet, und nun kam diese paradoxe Forderung, die ihm, wenn wirklich alles neu zu machen war, eine so lange Zeit der Arbeit zumutete; er hatte den Jehuda Halevi, für »das letzte Vollwertige, das er gemacht habe«, gehalten, und nun sollte er etwa ein Werk der höchsten Intensität zustandebringen. Ich bin mir nicht im Zweifel darüber, dass mein Vorschlag noch über die Seele hinaus die Lebenswurzel selber berührt hat. Aus ihr kam die Antwort (sprechen konnte er längst nicht mehr, er gab nun auf einem Alphabet mit grosser Mühsal und unsicheren Fingern die nötigsten Buchstaben an und seine Frau ergänzte sie zu Worten): »Wir wollen mal einen Versuch machen.« Was war damit gemeint? Rosenzweig hielt damals die Lutherbibel für die rechtmässige, weil geschichtlich beglaubigte Übersetzung. Er forderte von einer Bibelüberset-
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zung, wie er im Nachwort zum Jehuda Halevi zum Ausdruck gebracht hat, nicht mehr, als Luther gegeben hat. Als er von dem Plan der Berliner Gemeindeübersetzung hörte, im Januar , schrieb er mir, er halte »gerade als Deutschjude eine neue offizielle Bibelübersetzung nicht bloss für unmöglich, sondern sogar für verboten und nur eine jüdisch revidierte Lutherbibel für möglich und erlaubt«; er dachte sogar daran, einen grossen Aufsatz gegen diesen Plan zu schreiben. Ich vertrat ihm gegenüber die in jenen Erlebnissen meiner Jugend wurzelnde, aber seither durch Lernen gereifte Auffassung, dass eine wirkliche Bibelübersetzung, abgesehen von den ehrlichen, aber missglückten und verschollenen Anläufen von Aquila und der Vetus Latina, sie wirklich zu übersetzen, überhaupt noch nicht unternommen worden ist; ob sie möglich sei, könnte nur durch ein Experiment, bei dem der ganze Mensch eingesetzt wird, klargestellt werden. Der »Versuch«, von dem Rosenzweig nun sprach, sollte die Kontroverse praktisch entscheiden, indem wir zunächst allen Ernstes an einem Kapitel versuchen würden, eine Revision Luthers herzustellen, d. h. überall da änderten, wo uns unserer Anschauung von einer treuen Wiedergabe des Textes nach eine Änderung notwendig erschien. Unsere Anschauungen waren freilich, zumindest theoretisch, verschieden. Rosenzweig kam es, wie er im Nachwort zum J. H. dargelegt hat, zwar wie mir darauf an, »den fremden Ton in seiner Fremdheit wiederzugeben«, aber er meinte, dass Luther eben dies, soweit es angemessen und möglich sei, zumeist getan habe, jedenfalls so sehr, dass man durch Durchsicht und Bearbeitung zu einer treuen Nachbildung gelangen könne. Ich vermochte das nicht zu glauben, ging aber nicht etwa in polemischer Absicht, sondern allen Ernstes auf den Vorschlag ein, willens, für die Revision mein Bestes zu tun, und bereit, wenn meine Arbeit etwa doch gegen meine, zwanzig Jahre früher nur gefühlsmässige, dann im Lernen erst wirklich erworbene kritische Haltung zeugen würde, mich von ihr überzeugen zu lassen. Der Versuch wurde gemeinsam mit äusserster Gründlichkeit unternommen. Es war ein Tag grosser Arbeit; am Abend, ehe ich heimfuhr, war es offenbar, dass mit Bearbeitung nichts auszurichten war, dass es nicht um Einzelheiten, sondern um ein Lebenssystem ging. Rosenzweig hat den Grund ein Jahr später, in seiner Abhandlung »Die Schrift und Luther«, mit Recht dahin formuliert, der wesentliche Ausgangspunkt seines Übersetzens sei für Luther nicht der Urtext, sondern die Vulgata gewesen; er habe, indem er den Sinn des hebräischen Textes ergründete, doch bei diesem Ergründen nicht hebräisch gedacht, sondern lateinisch. Ich habe seither bei Forschungen über das Johannesevangelium festgestellt, dass Luther im Gegensatz dazu bei der Übertragung des Neuen Testaments nicht lateinisch, sondern wirklich griechisch
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gedacht hat, obgleich er bekanntlich in seiner Jugend zuerst hebräisch und erst einige Jahre danach griechisch gelernt hat. Mit anderen Worten: das, was der grosse Germanist Konrad Burdach »die nationale Aneignung der Bibel« nannte, ist im deutschen Volk nur am Neuen, nicht auch am Alten Testament wirklich durch Luther vollzogen worden. Auch dieser Bund mit dem hebräischen Geist wurde faktisch als Bund mit der antiken Form geschlossen, – und, wenn irgendwo in der Welt Geist und Form nicht ohne Schaden für das Sein getrennt werden können, dann in der Schrift. Burdach hat das gewusst. Er, der uns fast nach jedem Band unsrer Übersetzung seine begeisterte Zustimmung in Briefen mitteilte, sagte mir in unsrer letzten Unterredung wörtlich: »Nun erst ist die Aneignung möglich geworden.« Er wusste damals freilich auch dies, was auch wir erfahren hatten: dass sie jetzt, in dieser Zeit, nicht wirklich werden konnte. Rosenzweig hatte dies, wie ich selbst einst, aber viel deutlicher, schon im Anfang unserer Arbeit zu ahnen bekommen. Als wir an Genesis zu arbeiten begonnen hatten, schrieb er mir noch: »Ist Ihnen eigentlich klar, dass heute der von den neuen Marcioniten theoretisch erstrebte Zustand praktisch schon da ist? Unter Bibel versteht heute der Christ nur das Neue Testament, etwa mit den Psalmen, von denen er dann noch meist meint, sie gehörten zum Neuen Testament. Also werden wir missionieren.« Aber fünf Monate danach schreibt er in jenem Brief an einen Freund: »Ich fürchte manchmal, die Deutschen werden diese allzu unchristliche Bibel nicht vertragen, und es wird die Übersetzung der heut ja von den neuen Marcioniten angestrebten Austreibung der Bibel aus der deutschen Kultur werden, wie Luther die der Eroberung Deutschlands durch die Bibel war. Aber auch auf ein solches Golus Bowel könnte ja dann nach siebzig Jahren ein neuer Einzug folgen, und jedenfalls – das Ende ist nicht unsere Sache, aber der Anfang und das Anfangen.« In aller Arbeit an unserer Übersetzung ist die Auseinandersetzung mit der Luthers weitergegangen. Der Grund, von dem sie sich vollzog, war eine Auseinandersetzung zwischen Glaubensverhältnis und Glaubensverhältnis. Aber nicht etwa einfach zwischen jüdischem und christlichem. Sondern zwischen dem Glaubensverhältnis zweier jüdischer Menschen von heute, indem wir, Franz Rosenzweig und ich, einander begegnet waren, und dem Glaubensverhältnis des deutschen Christen, der vierhundert Jahre vor uns die Schrift übersetzt hat. Ihn hatte jenes Wittenberger »Turmerlebnis« zur Bibel geführt, in dem ihm das Wort Habakuks von dem Bewährten, der in seinem Vertrauen leben wird, das Wort, das die Lehre von der Verwirklichung des »Glaubens« im »Leben« zusammenfasst, durch die paulinische Interpretation (Römer , ) der »Gerechtigkeit«, die »aus Glauben in Glauben« offenbart wird, d. h. durch die Lehre
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von der vollkommnen Trennung der Welt des Glaubens von der Welt der Werke gebrochen entgegentrat. So hat er denn dann die Schrift, wie er selbst sagt, so übersetzt, dass er bei jeder ihm »dunklen« Stelle bedachte, ob sie von der Gnade oder vom Gesetz, vom Zorn oder von der Vergebung der Sünden handle, wozu sie sich »am besten reime«, denn auf dieser Zweiheit, auf der Überwindung des Gesetzes durch die Gnade war für ihn wie schon für Paulus das Evangelium errichtet; und wenn man ihm für einen Vers die Deutung der jüdischen Überlieferung entgegenhielt, forderte er ihr gegenüber, »dass es sich reime auf das Neue Testament«. Wir aber hatten keine vorgewusste Perspektivik. Die Schrift war uns, wie Rosenzweig sagt, »überall menschlich«. Aber wir wussten: »allerorten kann dieses Menschliche unter dem Lichtstrahl eines Lebenstages durchsichtig werden, derart, dass es diesem Menschen plötzlich in die eigene Herzmitte geschrieben ist und ihm das Göttliche im menschlich Geschriebenen für die Dauer dieses Herzschlags ebenso deutlich und gewiss ist wie eine Stimme, die er in diesem Augenblick in sein Herz rufend vernähme«. So mussten wir, »die wir nicht wissen, aus welchem Wort die Lehre und der Trost fliessen werden, und die glauben, dass die verborgenen Quellen der Lehre und des Trostes aus jedem Wort dieses Buchs einmal aufbrechen können«, uns »zu einer neuen Ehrfurcht vor dem Wort beugen«, einer Ehrfurcht, die »notwendig auch unser Lesen, unser Verstehen, und also unser Übersetzen« erneuert hat. Das wars: dort, bei Luther, ist das wirkliche, das gesprochene Wort unter die Herrschaft des Dogmas vom »Worte Gottes«, dem Logos, getan, und es kommt im Übersetzen nur darauf an, alles wahrnehmbar zu machen, was angeblich ihn, den »Christus« treibt; wir aber wussten uns in keine andre Pflicht genommen als das wirkliche, gesprochene und sprechbare Wort, das in der Schrift gefangen liegt, zu befreien und wieder in die Welt ertönen zu lassen: sage es was es sagen mag, die Welt dieser Stunde solls hören.
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. »Dolmetscher«, sagt Luther in einer seiner Tischreden, »sollen nicht allein sein, denn einem einzigen fallen nicht allzeit gute und eigentliche Worte zu.« Er hat daher mehrere befragt, Christen und auch Juden. Aber mehrere sind zuweilen weniger als einer. Unsere Arbeit konnte nur von zweien geleistet werden, und zwar von zweien, von denen einer schrieb und einer las, und dieser zweite, der Leser, Prüfer und Änderer, musste die Eigenschaften haben, die Rosenzweig in dieser letzten Phase seines Lebens hat-
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te: den Wagemut des Nachbildners von Gedichten, der bis zu den Grenzen seiner Sprache vorgestossen war, die Hingebungsfähigkeit des Gläubigen, der bis zum Eingehn in die geglaubte Ewigkeit nichts mehr tun wollte als dem, woran er glaubte, mit den letzten Kräften zu dienen, und die unendliche Geduld des aktiven Märtyrers. Durch diese Eigenschaften ist das Unmögliche möglich geworden: er, der den Kopf nicht mehr frei tragen, nicht mehr drehen konnte, las mit einer unerhörten Kraft und Ausdauer die Entwürfe, Reinschriften, Korrekturen, die ich ihm sandte; er, dessen Mund mit Stummheit geschlagen war, dessen Arm in einer Schlinge lag, dessen Hände sich nicht zu strecken, dessen Finger sich kaum noch zu bewegen vermochten, füllte – mit Hilfe seiner Frau, die ihm gleichsam zu einem zweiten, aktionsfähigen Körper geworden war – Bogen um Bogen mit seinen Bemerkungen: Beanstandungen, Hinweisen, Änderungsvorschlägen; oft ging um ein einziges Wort der Meinungsaustausch wochenlang vor sich. Das Wunderbarste aber war, dass er immer wieder nicht bloss Betrachtungen über Dinge der Ewigkeit und Mitteilungen über Dinge des Tages, sondern auch Gelegenheitsgedichte und sogar Anekdoten und Spässe einflocht; immer schwebte über den Blättern das Lächeln, das immer wieder aus dem erstarrten Haupte in den Augen schien und auf den Lippen schwang. Der Macht des Glaubens war in seiner Seele die Macht des Humors verschwistert; gab ihm jene zu fühlen, dass die Hand, die ihn geschlagen hatte, ihn hegte, so liess ihn diese in der Luft wie auf festem Boden stehen. Von ihm habe ich die Lehre meines Lebens zu Ende gelernt, dass Glaube ohne Humor furchtbar, Humor ohne Glaube gehaltlos ist, beide miteinander aber es zustandebringen, uns die Pein ertragen zu lassen, die zu tragen ist. Als ich, nachdem der Versuch der Lutherrevision gescheitert war, ihm den ersten Entwurf meiner eigenen Übersetzung des . Kapitels gesandt hatte, schrieb mir Rosenzweig nach mehrmaligem Lesen den humoristischen Satz: »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert.« Die Patina der »Biblizität«, die die Jahrtausende über die Erztafel gelegt hatten, die in ihrem Ursprung nur das gesprochene Wort hatte festhalten wollen, damit es nicht verwischt werde, war verschwunden, aber nicht durch Untreue, sondern durch Treue; denn wenn alle die »Und« am Anfang der Sätze hinweg waren, so war erst eben dadurch die deutsche Entsprechung zu der »zyklopischen« Syntax des Hebräischen entstanden, auf die Rosenzweig schon im Nachwort zum Jehuda Halevi hingewiesen hatte. Auf Entsprechung, d. h. auf Erweckung des beabsichtigten Eindrucks mit den Mitteln der anderen Sprache, nicht auf Abbildung kam es ja an. Nur ein »Und« musste, wie Rosenzweig erkannte, am Anfang eines Satzes stehen bleiben; das erste; weil es zwar nicht den
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zweiten Vers an den ersten, aber »alles Folgende bis zum letzten Wort des vierundzwanzigsten Buches daran bindet.« Hier ist ein grosses Beispiel der schöpferischen Kritik Rosenzweigs. Ebenso die von ihm mit Argumenten, die man in den Briefen nachlesen muss, vertretene radikale Trennung zwischen der ersten, kosmologischen, und der zweiten, anthropologischen, Schöpfungsgeschichte. Und so fort. Zu meiner umgearbeiteten Reinschrift des Genesis-Anfangs schrieb er: »Es ist ja erstaunlich deutsch; Luther ist dagegen fast jiddisch. Ob nun zu deutsch?« Ich habe an diese Äusserung zurückdenken müssen, als, noch bei Lebzeiten Rosenzweigs, der scharfblickendste unter unseren Gegnern, der deutlich sah, welche Gefahr seiner Konzeption eines »christlichen Staatsmanns«, d. h. eines alle Gewalttaten des Staates religiös sanktionierenden Scheinchristen, die Verbreitung der echten Schrift, die die Gestaltung der Gesellschaft aus dem Glauben fordert, im deutschen Volke bedeuten würde, Wilhelm Stapel, die Sprache unserer Übersetzung als »Halbjargon« bezeichnete, wobei ihm freilich neben arger Unkenntnis der deutschen Sprache selbst auch noch das Missgeschick unterlief, dass alle von ihm zum Beweis herangezogenen Sprachverwendungen bei den klassischen Autoren deutscher Sprache zu finden waren; er hat sich daher später, in einem Vortrag, den er vor drei Jahren auf der »wissenschaftlichen Arbeitstagung« der »Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands« hielt, damit begnügt, das dunkle Geheimnis zu enthüllen, »dass die Absicht dieser jüdischen Übersetzung kultisch ist,« sie ziele nämlich darauf ab, »dass auch der ›deutsche‹ Text« – der freilich in einem »hebräischen Deutsch«, dem »sonderbarsten Deutsch, das je geschrieben wurde«, verfasst sei – »in derselben Weise wie der hebräische kultisch psalmodiert« werde; »dies scheint uns,« sagt er, »die echteste Frucht der Zeit von bis : der Versuch, die deutsche Sprache künstlich zu einer hebraisierenden Kultsprache umzubilden. Dass dieses neuartige Deutsch von den Deutschen der Weimarer Republik mit Bewunderung empfangen wurde, versteht sich.« In Wirklichkeit entstammte mein Entschluss, den natürlichen Rhythmus der biblischen Rede dadurch spürbar zu machen, dass, wie die dichterischen Texte in Versen, so die Prosa in Kolen, d. h. in Einheiten gegliedert wurde, die den Atemzügen des redenden Menschen entsprechen, einer ganz anderen Absicht, der nämlich, wie Rosenzweig es ausdrückt, »die Fessel, die heute alles geschriebene Deutsch in Bande der Stummheit schlägt«, die Interpunktion, »um jeden Preis« zu sprengen und vom Auge her das Band der Zunge zu lösen. Was mit dieser Methode, die schon Hieronymus erkannt, aber weder er noch einer der späteren Übersetzer
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durchgeführt hat, erreicht wird, lässt sich nur verstehen, wenn man es durch lautes Lesen erprobt. Sogar Rosenzweig merkte, was geschehen war, erst dann ganz, als ich ihm einiges in der richtigen Weise vorlas. »Die Vorlesung«, schrieb er mir dann, »hat mich sehr hingerissen. Es ist sicher gelungen.« Kein ungerechter Tadel konnte Rosenzweig so verdriessen wie das falsche Lob der »künstlerischen« Übersetzung. »Wer ein Kunstwerk erwartet«, schrieb er mir, »kann uns eben nicht verstehen. Obwohl es eines ist. Aber als solches sichtbar nur für den, der es nicht darin sucht. Ähnlich wie die Eleganz eines mathematischen Beweises nur dem aufgeht der mit mathematischem Interesse daran herangeht, nicht einem der nach Eleganz sucht.« Freilich waren die Kritiker, die uns unsere Alliterationen und Assonanzen als willkürliche Ästhetizismen vorwarfen, als hätten wir sie in Richard Wagners Schule gelernt, ebenso ahnungslos; sie zeigten damit nur, dass sie den Bibelvers nicht kannten oder doch nie laut gelesen hatten, dem wir sie nachgebildet hatten. Und zwar hatten wir sie ihm nur deshalb nachgebildet, weil die Bibel bei Gleichklängen und ebenso bei der Wiederkehr des Gleichen zumeist ihre besondere Absicht des indirekten Lehrens hat: sie hängt etwa an eine Erzählung nicht eine Moral an, sondern sie bedient sich des »starken und doch unaufdringlichen Mittels der sprachlichen Anspielung«, sie unterstreicht durch Wiederholung der gleichen Laute die Lehrbedeutung einer Stelle, sie lässt durch Wiederholung der gleichen seltenen Wörter oder Wortwurzeln an verschiedenen Stellen diese Stellen einander in ihrer Lehrbedeutung erläutern und ergänzen. Diese grosse Ausdrucksmethode, zu der wir Ansätze auch in anderer, ursprünglich mündlicher semitischer Literatur finden, ist in der Bibel in einzigartiger Weise ausgebildet worden, weil hier jeder Autor in der akustischen Atmosphäre der bis auf ihn gesprochenen Worte aufwuchs und, sobald der Auftrag ihn selbst berührte, sich als berufen erkannte, nun selber mit seinem phonetischen Beitrag in sie einzutreten, auf Gesagtes Bezug zu nehmen, neue Assoziationen durch Laute und Worte mit Altem und Altbekanntem zu knüpfen und sich als Sprecher mit den Sprechern im gemeinsamen Sprachdienst um die Lehre zu vereinigen. Das ist es, was Rosenzweig »die unästhetisch-überästhetische Ästhetik der Bibel« genannt hat. Ihr hatten nun wir zu dienen unternommen. Dieser Dienst schloss auch ein, dass wir den elementaren Sinngehalt eines Wortes, d. h. seine ursprüngliche Konkretheit überall da auszuschöpfen versuchten, wo durch den Gebrauch des Wortes, zuweilen auch schon durch seine Bildung und Umbildung ein Grundverhältnis der Lehre und des Glaubens zum Ausdruck gebracht wurde, wo also of-
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fenbar die Absicht waltete, dem Leser oder vielmehr dem Hörer ein Element der Lehre und des Glaubens sinnlich gegenwärtig zu machen oder gegenwärtig zu halten. Wenn es z. B. darum ging, innerhalb der Opferbegriffe einerseits den gemeinsemitischen Terminus זבח, der sich auf die rituale Tötung des Tieres bezieht, wiederzugeben, und anderseits die spezifisch israelischen wie עולה, das den Aufstieg des Dargebrachten im Rauch zum Himmel, wie das späte umfassende קרבן, das das Nähern und Heranbringen der Gabe zum Gotte ausdrückt, konnten wir nicht indifferente Bezeichnungen verwenden, sondern mussten zu bewahren suchen, was eben gesagt war. Auf keinem Gebiet hat Rosenzweig in unserer Arbeit eine so erfinderische Leidenschaft bekundet wie auf diesem. Sein Werk gipfelte hier in seiner Interpretation des Tetragramms, die in seinem Aufsatz »Der Ewige« dargelegt und begründet ist. 1 Dass wir recht taten, uns in der Wiedergabe des Gottesnamens nicht von dem Ersatzwort אדני, sondern von dem Anruf אני והוleiten zu lassen, der mich schon in meiner frühen Jugend tief bewegte, hat sich mir seither bestätigt; ich bin heute überzeugt, dass im Ursprung des Tetragramms ein pronominaler Ausruf, ein »Tabuwort« (wie es Hans Bauer ausdrückt), stand, mit dem auf eine nicht zu nennende Gottheit enthusiastisch hingedeutet wurde.
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. »Die Leute, die die Bibel geschrieben haben«, sagt Rosenzweig in einem Brief, »haben ja anscheinend von Gott ähnlich gedacht wie Kafka.« In der Tat hat Franz Kafka in seinen Werken die grösste Hiob-Interpretation unseres Zeitalters gegeben; aber sie bricht an der Stelle ab, wo Gott zu reden beginnt. Kafka weiss, dass der Ort, wo er sich schlafen gelegt hatte, furchtbar ist, obgleich er keine Stimme gehört hat und die Leiter, die er im Traum sah, zerbrochen war und keineswegs bis zum Himmel reichte. Kafka ist ja überhaupt der standhafte Jude, der obgleich er den Widerspruch der Welt hart zu spüren bekommt, sich von Markion nicht betören lässt; er schreibt es nicht einer demiurgischen Gegenmacht, sondern einer wunderlichen Unordnung des Übermittlungsapparats der dienenden Kräfte zu, dass die Stimme nicht zu uns dringt und wir statt ihrer einen tollen Wirrwarr von Koboldgeräuschen vernehmen. Die Leute, die die Bibel geschrieben haben, scheinen dagegen der Meinung zu sein, dass, wenn die .
Dieser Aufsatz und alle unsere Arbeiten zu den Problemen der Übersetzung sind in dem Buch »Die Schrift und ihre Verdeutschung« (Schocken Verlag ) enthalten.
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Stimme nicht zum Durchbruch gelangt, אם אין הדבור נפרץ, dies an unsern Ohren liegt, die uns zwar allen »gebohrt« wurden (Ps , ), aber nur allzu oft »unbeschnitten« (Jer. , ) sind. In dieser Stunde wird sich eine Entscheidung in dieser Meinungsverschiedenheit noch nicht treffen lassen. Wir Übersetzer der Schrift haben die bescheidene Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein Menschenohr, an das etwa aus irgendeiner Stelle der Schrift die Stimme zu rühren vermöchte, sie leichter und reiner auffange.
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift Ein Doppeltes hebt die Schrift, das sogenannte Alte Testament, von den großen Büchern der Weltreligionen ab. Das eine ist, daß Ereignis und Wort hier durchaus im Volk, in der Geschichte, in der Welt stehn. Was sich begibt, begibt sich nicht in einem ausgesparten Raum zwischen Gott und dem Einzelnen, über diesen hin geht das Wort an das Volk, das hören und verwirklichen soll. Was sich begibt, erhebt sich nicht über die Volksgeschichte, es ist nichts andres als das offenbare Geheimnis der Volksgeschichte selber. Aber eben damit ist das Volk gegen die nationale Selbstzwecksetzung, die Gruppeneigensucht, den »Atem der Weltgeschichte« gestellt; es soll die Gemeinschaft der Seinen als Vorbild einer Gemeinschaft der so vielen und so verschiedenen Völker errichten; der geschichtliche Bestand in »Stamm« und »Erde« ist an den »Segen« gebunden [Gen , ff.] und der Segen an den Auftrag. Das Heilige dringt in die Geschichte ein, ohne sie zu entrechten. Und das andere ist, daß hier ein Gesetz spricht, das dem natürlichen Leben des Menschen gilt. Fleischessen und Tieropfer sind aneinander gebunden, die eheliche Reinheit wird monatlich im Heiligtum geweiht; der triebhafte, der leidenschaftliche Mensch wird angenommen, wie er ist, und eingeheiligt, daß er nicht süchtig werde. Das Verlangen nach Bodenbesitz wird nicht verpönt, Verzicht wird nicht geboten; aber Eigner des Bodens ist Gott, der Mensch nur »Beisaß« bei ihm, und der Eigner setzt den Rhythmus des Besitzausgleichs ein, damit die überwachsende Ungleichheit nicht die Gemeinschaft zwischen den Genossen sprenge. Das Heilige dringt in die Natur ein, ohne sie zu vergewaltigen. Der lebendige Geist will begeisten und beleben; will, daß Geist und Leben einander finden, daß Geist sich ins Leben gestalte, Leben aus Geist sich kläre; er will, daß die Schöpfung sich aus sich vollende. Dieses Willens und des gebotenen Dienstes am lebenverbundenen Geist Zeugnis will das »Alte Testament« sein. Faßt man es als »religiöses Schrifttum«, einer Abteilung des abgelösten Geistes zugehörig, dann versagt es, und dann muß man sich ihm versagen. Faßt man es als Abdruck einer lebenumschließenden Wirklichkeit, dann faßt man es, und dann erfaßt es einen. Der spezifisch heutige Mensch aber vermag dies kaum noch. Wenn er an der Schrift überhaupt noch »Interesse nimmt«, dann eben ein »religiöses« – zumeist nicht einmal das, sondern ein »religionsgeschichtliches« oder ein »kulturgeschichtliches« oder ein »ästhetisches« und dergleichen mehr, jedenfalls ein Interesse des abgelösten, in auto-
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nome »Bereiche« aufgeteilten Geistes. Er stellt sich dem biblischen Wort nicht mehr, wie die früheren Geschlechter, um auf es zu hören, er konfrontiert sein Leben nicht mehr mit dem Wort; er bringt das Wort in einer der vielen unheiligen Laden unter und schafft sich Ruhe davor. So lähmt er die Gewalt, die unter allem Bestehenden am ehesten ihn zu retten vermöchte. Die sich Besinnenden mögen mich fragen: »Und wenn dieser Mensch – und wenn wir es zustande brächten, als Ganze vor die Ganzheit des Buches, von dem du redest, zu treten, würde nicht auch dann noch das zu einer echten Rezeption Unentbehrlichste fehlen? Würden wir dem Buch dann glauben können? Würden wir es glauben können? Können wir mehr als glauben, daß einst so geglaubt worden ist, wie es berichtet und bekundet?« Dem »heutigen Menschen« ist die Glaubenssicherheit nicht zugänglich und kann ihm nicht zugänglich gemacht werden. Wenn es ihm um die Sache ernst ist, weiß er das und darf sich nichts vortäuschen. Aber die Glaubensaufgeschlossenheit ist ihm nicht versagt. Auch er kann sich, eben wenn er mit der Sache wahrhaft Ernst macht, diesem Buch auftun und sich von dessen Strahlen treffen lassen, wo sie ihn eben treffen; er kann sich, ohne Vorwegnahme und ohne Vorbehalt, hergeben und sich erproben lassen; er kann aufnehmen, mit allen Kräften aufnehmen, und erwarten, was etwa an ihm geschehen wird, warten, ob nicht zu dem und jenem in dem Buch eine neue Unbefangenheit in ihm aufkeimt. Dazu muß er freilich die Schrift vornehmen, als kennte er sie noch nicht; als hätte er sie nicht in der Schule und seither im Schein »religiöser« und »wissenschaftlicher« Sicherheiten vorgesetzt bekommen; als hätte er nicht zeitlebens allerlei auf sie sich berufende Scheinbegriffe und Scheinsätze erfahren; neu muß er sich dem neugewordenen Buch stellen, nichts von sich vorenthalten, alles zwischen jenem und ihm geschehen lassen, was geschehen mag. Er weiß nicht, welcher Spruch, welches Bild ihn von dort aus angreifen und umschmelzen, woher der Geist brausen und in ihn fahren wird, um sich in seinem Leben neu zu verleiben; aber er ist aufgetan. Er glaubt nichts von vornherein, er glaubt nichts von vornherein nicht. Er liest laut, was dasteht, er hört das Wort, das er spricht, und es kommt zu ihm, nichts ist präjudiziert, der Strom der Zeiten strömt, und dieses Menschen Heutigkeit wird selber zum auffangenden Gefäß.
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Die besondere Pflicht zu einer erneuten Übertragung der Schrift, die in der Gegenwart wach wurde und zu unserm Unternehmen geführt hat, ergab sich aus der Entdeckung der Tatsache, daß die Zeiten die Schrift vielfach in ein Palimpsest verwandelt haben. Die ursprünglichen Schriftzüge, Sinn und Wort von erstmals, sind von einer geläufigen Begrifflichkeit teils theologischer, teils literarischer Herkunft überzogen, und was der heutige Mensch gewöhnlich liest, wenn er »das Buch« aufschlägt, ist jenem lauschenden Sprechen, das sich hier eingetragen hat, so unähnlich, daß wir allen Grund hätten, solcher Scheinaufnahme die achselzuckende Ablehnung vorzuziehen, die »mit diesem Zeug nichts mehr anzufangen weiß«. Das gilt nicht etwa bloß für das Lesen von Übersetzungen, sondern auch für das des Originals: die hebräischen Laute selber haben für einen Leser, der kein Hörer mehr ist, ihre Unmittelbarkeit eingebüßt, sie sind von der stimmlosen theologisch-literarischen Beredsamkeit durchsetzt und werden durch sie genötigt, statt des Geistes, der in ihnen Stimme gewann, ein Kompromiß der Geistigkeiten zweier Jahrtausende auszusagen; die hebräische Bibel selber wird als Übersetzung gelesen, als schlechte Übersetzung, als Übersetzung in die verschliffene Begriffssprache, ins angeblich Bekannte, in Wahrheit nur eben Geläufige. An die Stelle der ehrfürchtigen Vertrautheit mit ihrem Sinn und ihrer Sinnlichkeit ist ein Gemisch von erkenntnislosem Respekt und anschauungsloser Familiarität getreten. Es wäre hoffnungslos, dieser Tatsache gegenüber etwas durch eine neue Übertragung ausrichten zu wollen, wenn die Schrift bereits einmal strengerweise übertragen und so verbreitet worden wäre, denn dann wäre es ja die Textwahrheit selber, die sich versteift hätte, und nicht nur ihre Umschreibung; dann wären die Bildhaftigkeit, die Bewegtheit, die Leiblichkeit der biblischen Rede bereits in das abendländische Bewußtsein eingegangen und hier nur eben einer Trivialisierung verfallen, aus der sie etwa dereinst die Neubeleuchtung durch neue religiöse Ereignisse, nicht aber eine nochmalige Wiedergabe in einer der abendländischen Sprachen herauszuretten vermöchte. Aber dem ist nicht so. Auch die bedeutendsten Übersetzungen der Schrift, die uns erhalten sind, die griechische der Siebzig, die lateinische des Hieronymus, die deutsche Martin Luthers, gehen nicht wesenhaft darauf aus, den ursprünglichen Charakter des Buches in Wortwahl, Satzbau und rhythmischer Gliederung zu erhalten; von ihrer Absicht getragen, einer aktuellen Gemeinschaft, der jüdischen Diaspora des Hellenismus, der frühchristlichen Ökumene, dem Glaubensvolk der Reformation, eine zuverlässige Stiftungsurkunde zu übermitteln, ziehen sie den »Inhalt« des Textes in die andre Sprache herüber, auf die Eigen-
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tümlichkeiten der Elemente, der Struktur, der Dynamik zwar nicht etwa von vornherein Verzicht leistend, wohl aber sie da unschwer aufgebend, wo die spröde »Form« die Weitergabe des Inhalts behindern zu wollen scheint. Als ob eine echte Botschaft, ein echter Spruch, ein echter Gesang ein von seinem Wie ohne Schaden ablösbares Was enthielte, als ob der Geist der Rede anderswo als in seiner sprachlichen Leibesgestalt aufzuspüren und anders als durch deren zugleich treue und unbefangene Nachbildung den Zeiten und Räumen zuzutragen wäre, als ob eine auf Kosten der ursprünglichen Leiblichkeit gewonnene Gemeinverständlichkeit nicht notwendigerweise eine Mißverständlichkeit wäre oder doch werden müßte! Gewiß standen die großen Übersetzer in der begeisterten Einsicht, daß das Wort Gottes allen Zeiten und Räumen gelte; aber sie verkannten, daß durch solche Einsicht das Gewicht des »Von wo aus«, des Dort und Damals in all seiner volkhaften, personhaften, körperhaften Bedingtheit nicht gemindert, sondern erhöht wird. Vollzogene Offenbarung ist immer Menschenleib und Menschenstimme, und das heißt immer: dieser Leib und diese Stimme im Geheimnis ihrer Einmaligkeit. Zur Verkündigung des Propheten gehören nicht bloß seine Symbole und seine Gleichnisse, sondern auch der Grundstrom althebräischer Sinnlichkeit noch in den geistigsten Begriffen, die straffe Spannung der althebräischen Satz-Architektur, die althebräische Art, nah beieinander stehende, aber auch voneinander entfernte Worte durch Wurzelverwandtschaft oder Gleichklang aufeinander zu beziehen, der gewaltige, auch über alle Metrik hinaustreibende Gang althebräischen Rhythmus. Dies erkennen, heißt freilich dem Übersetzer eine grundsätzlich unerfüllbare Aufgabe zuweisen; denn das Besondere ist eben das Besondere und kann nicht »wiedergegeben« werden, die Sinnlichkeiten der Sprachen sind verschieden, ihre Vorstellungen und ihre Weisen sie auszuspinnen, ihre Innervationen und ihre Bewegungen, ihre Leidenschaften und ihre Musik. Grundsätzlich kann denn auch Botschaft, in ihrer schicksalhaften Verschweißung von Sinn und Laut, nicht übertragen werden; sie kann es nur praktisch: annähernd – wie nah zu kommen es einem jeweils von den Grenzen der Sprache, in der er überträgt, verstattet wird; aber zu diesen Grenzen muß der Dolmetsch immer wieder vorstoßen, nur an ihnen selber, nur aus dem Mund der höchsten Wächter Belehrung annehmend, was ihm gewährt sei und was nicht. Grundsätzlich läßt sich ja nicht einmal die Voraussetzung erfüllen: die Aufdeckung der Grundschrift; denn was mit einem biblischen Wort primär gemeint war, läßt sich naturgemäß nicht wissen, nur eben erschließen, und oft auch dies nicht anders als vermutungsweise – nicht selten müssen wir uns damit begnügen, zu vermuten, was der »Redaktor« damit gemeint hat, d. h. das Einheits-
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bewußtsein, das aus überlieferten Gebilden und Bruchstücken die Hallen der Bibel erbaut hat 1. Aber auch dies darf uns für unser Vorhaben der Annäherung genügen, denn nicht in den »Quellen«, sondern hier ist in Wahrheit Bibel, das nämlich, was zu Zeugnissen und Urkunden hinzutritt, die es zu Büchern und zum Buch verbindet: zeitenverschmelzender Glaube an Empfang und Übergabe, das Zusammensehen aller Wandlungen in der Ruhe des Wortes. Von diesem Wissen um lebendige Einheit ist das Verhältnis unsrer Übertragung zum Text bestimmt. Der analytischen Wissenschaft steht das Recht zu, wo immer es ihr gutdünkt, Zeichen, die geschrieben sind, durch andre zu ersetzen, die ihr angemessener erscheinen, uns aber das, in der Gegebenheit des »festen Buchstaben« zu verweilen, solang er es uns irgend erlaubt; sie darf eine Erzählung, ein Lied, einen Satz in wirklich oder vermeintlich selbständige Bestandteile auflösen, wir aber dürfen das geschmiedete Werk der Ganzheiten betrachten und nachformen. Wobei unter Nachformen nicht das geistwidrige Unterfangen, eine vorgefundene Form in andersartigem Material zu wiederholen, zu verstehen ist, sondern das Streben, ihr in der andersgesetzlichen Sprache, in die übertragen wird, eine Entsprechung, Entsprechungen zu schaffen. Deutsche Lautgestalt kann nie hebräische Lautgestalt reproduzieren, aber sie kann, aus analogem Antrieb wachsend und analoge Wirkung übend, ihr deutsch entsprechen, sie verdeutschen. Damit er solchem Anspruch gerecht werde, muß der Dolmetsch aus dem hebräischen Buchstaben wirkliche Lautgestalt empfangen; er muß die Geschriebenheit der Schrift in ihrem Großteil als die Schallplatte ihrer Gesprochenheit erfahren, welche Gesprochenheit sich – als die eigentliche Wirklichkeit der Bibel – überall neu erweckt, wo ein Ohr das Wort biblisch hört und ein Mund es biblisch redet. Nicht bloß Weissagung, Psalm, Spruch sind ursprünglich zungen-, nicht federgeboren, sondern auch Bericht und Gesetz; heiliger Text ist für ungebrochene Frühzeit zumeist mündlich überlieferter Text – mündlich überliefert oft auch da, wo daneben ein hochausgebildetes profanes Schrifttum besteht –, der erst, wenn seine unverfälschte Erhaltung trotz seiner dem Gedächtnis sich einprägenden Rhythmik und trotz allen strengen Memorialvorschriften unsicher geworden ist oder wenn besondere Zwecke es erfordern, aufgezeichnet wird. Was aber im Sprechen entstanden ist, kann nur im Sprechen je und je wieder leben, ja nur durch es rein wahr- und aufgenommen werden. In der jüdischen Tradition ist die Schrift bestimmt, .
Franz Rosenzweig pflegte in einem tiefsinnigen Scherz das Sigel R nicht zu Redaktor, sondern zu Rabbenu, unser Lehrer, zu ergänzen.
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vorgetragen zu werden; das sogenannte Akzentsystem, das Wort um Wort des Texts begleitet, dient dem rechtmäßigen Zurückgehen auf seine Gesprochenheit; schon die hebräische Bezeichnung für »lesen« bedeutet: ausrufen, der traditionelle Name der Bibel ist: »die Lesung«, eigentlich also: die Ausrufung; und Gott sagt zu Josua nicht, das Buch der Tora solle ihm nicht aus den Augen, sondern, es solle ihm nicht »aus dem Munde« weichen, er solle [das bedeutet das Folgende eigentlich] darin »murmeln«, d. h. die Intonationen mit leisen Lippen nachbilden. So aufgenommener Gesprochenheit also soll die deutsche Lautgestalt entsprechen, selbstverständlich nicht für das stumme Lesen, sondern für den richtigen, den vollen Lautwert herausholenden Vortrag. Auch unsere Verdeutschung der Schrift will »ausgerufen« werden. Dann nur wird die Ungeläufigkeit ihrer Wirkung nicht zur Befremdlichkeit entarten. Diese Ungeläufigkeit selber aber ist notwendig, ist das Notwendige, wenn nach all dem falschen Bescheidwissen um die Bibel, nach all dem Sichgemeinmachen mit ihr eine Übertragung die Begegnung zwischen ihr und dem heutigen Menschen herbeiführen helfen soll. Es wäre eine falsche, überflüssige, bedenkliche, spätromantische Ungeläufigkeit, wenn sie aus ästhetischen oder literarischen Reflexionen erwachsen wäre; wenn etwa die Wortwahl ganz oder auch nur teilweise von einem Geschmack – gleichviel, einem archaisierenden oder einem willkürlich neologisierenden – bestimmt würde und nicht durchweg von den Forderungen des Textes, von seinem gebieterischen Sosein, von seinen eigentümlichen Mächtigkeiten und Intimitäten. Um diesen die abendländische, die deutsche Entsprechung zu schaffen, muß oft über den gegenwärtigen Wortbestand hinaus nach Ungebräuchlichgewordenem, ja Verschollenem gegriffen werden, wenn es, wohlüberliefert, kein wirkliches Synonym hat und also seine Wiedereinführung legitim und erwünscht ist; zuweilen darf der Übersetzer auch Neubildungen nicht scheuen, wo er einer biblischen Einrichtung oder einer biblischen Vorstellung im deutschen Wortschatz keine vollkommene Entsprechung zu finden vermag, und dann wird es von dem Ernst seines Sprachgewissens, von der Sicherheit seines Sprachakts, von seiner Haltung zu den Gesetzen der Übertragungssprache – einer Haltung, die kühn und doch gehorsam sein muß – abhängen, ob das neue Wort, wenn auch nur als Bezeichnung für ein Ding jener biblischen Welt, von den Generationen bestätigt und eingebürgert wird. Der unbefangen den Weg zur Bibel suchende Leser wird eben immer wieder von den Worten der neuen Übertragung, die von der ihm geläufigen abweichen, zu den Wirklichkeiten hinzudringen suchen, die darin sich aussprechen, wird erwägen, ob diesen in ihrer Besonderheit die geläufige Wiedergabe Genüge tut, wird den Abstand zwischen beiden ermessen und nun prüfen, wie
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sich ihm gegenüber die neue Wortwahl bewährt; und so wird ihm mit dem Lesen die biblische Welt Bezirk um Bezirk aufgehn, ihre Anderheit gegen manches Gewohnte, aber dann doch auch die Wichtigkeit der Aufnahme dieser Anderheit in den Bau unsres eigenen Lebens. Freilich wird ihm diese Welt vielfach sprachlich schärfer, ausgesprochener erscheinen als denen, die in ihr lebten: weil der Begriff in der Verdeutschung, vom Gewohnten abgehoben, seine sinnliche Grundbedeutung nachdrücklicher vorträgt als im Original, wo im begrifflichen Gebrauch das Sinnliche, Bildhafte nur eben mit anklang, wenn auch in einer oft recht wirksamen Weise; aber eben daraus wird sich für den ernsten Leser die Aufgabe einer Einarbeitung, Einlebung ergeben, die fruchtbar werden muß. Es ist dieselbe Aufgabe, die heute in andrer Gestalt den Leser des Originals antritt, wenn er das lebendige Dort und Damals, und damit die Leiblichkeit des biblischen Geistes, von der Wortgeläufigkeit befreien will, die alle Lektüre des in unserer Zeit hebräisch Lernenden alsbald überzieht, gleichviel ob er aus einem Lexikon oder im Vulgärgespräch der Konversationsmethode erfahren hat, was die Wörter angeblich bedeuten.
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Die hebräische Bibel ist wesentlich durch die Sprache der Botschaft geprägt und gefügt. Die »Prophetie« ist nur die deutlichste, die gleichsam nackte Erscheinung der Botschaft; da wird offen gekündet, was zu künden ist. Aber es gibt kaum irgendeinen Teil, kaum irgendeine Stilform der Schrift, die nicht unmittelbar oder mittelbar an die Botschaft gebunden und von ihr getragen wäre. Wir lesen die frühen Genealogien, und die scheinbar absichtsledigen Namenreihen erweisen sich, in Auswahl und Anordnung, als Sendlinge der Botschaft. Wir lesen Erzählungen, die – wie etwa die des Gideonsohns Abimelech – uns ganz profangeschichtlich dünken, bis wir merken, daß hier zu einem großen Anliegen der Botschaft – im angeführten Beispiel zur »naiven Theokratie« – das Gegenbild gezeichnet ist 2. Wir lesen Rechts- und Ritualvorschriften von nüchternster, sachlichster kasuistischer Präzision, und plötzlich teilt sich uns daraus ein verschwiegenes Pathos mit. Wir lesen Psalmen, die uns nichts andres zu sagen scheinen als den Hilferuf des gepeinigten Menschen nach oben, aber wir brauchen nur recht hinzuhören, um zu erkennen, daß da nicht ein beliebiger Mensch, sondern einer redet, der unter der Offenbarung steht und .
Vgl. mein Buch »Königtum Gottes«, . Kapitel.
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auch noch aufschreiend sie bezeugt. Wir lesen Weisheit, die als skeptisch gilt, und mitten daraus blitzen uns große Sprüche der Botschaft an. Gleichviel, wie es sich mit irgendwelchen Stücken der Bibel verhielt, ehe sie in die Bibel eingingen: in jedem Gliede ihres Leibes ist die Bibel Botschaft. Wenn dem so ist, muß die Botschaft, wie sie sich in der Rede des Künders ihre eigentümliche Sondersprache bildete, an vielen der Stellen, wo sie sich mittelbar äußert, die biblische Sprache modifiziert haben. Denn es hieße, die Art der Bibel gründlich verkennen, wenn man annähme, daß sie die Botschaft jeweils anheftete, wie schlechten Parabeln eine »Moral« anhaftet. Nirgendwo sonst ja ist aus den biblischen Erzgüssen ein »Inhalt« auszuschmelzen, sondern ein jeder besteht in seiner einheitlichen, unauflösbaren Gestalt – unauflösbarer noch als die des echten Gedichts –; nirgends kann hier auf ein ursprüngliches Was zurückgegangen werden, das dieses Wie empfangen habe, aber auch ein andres vertrüge; alles in der Schrift ist echte Gesprochenheit, der gegenüber »Inhalt« und »Form« als die Ergebnisse einer Pseudoanalyse erscheinen; so kann denn auch die Botschaft, wo sie sich mittelbar ausspricht, nicht zur Anmerkung oder zum Kommentar zusammenschrumpfen. Sie dringt in die Gestaltung, sie bestimmt die Gestalt mit, sie wandelt sie um, wandelt sich ihr ein, ohne aber im geringsten entformend, umrißschwächend, didaktisch zu wirken. Die Erzählung behält ungetrübt ihre epische Geschlossenheit, die Vorschrift ihre strenge Sachlichkeit, aber innerhalb dieser Gestaltungen vollzieht sich die modifizierende Handlung der Botschaft. Es kann kein anderes als eben ein Gestaltungsprinzip sein, wodurch sie sich vollzieht. Dieses Gestaltungsprinzip ist der Rhythmus, der Rhythmus zugleich in einem weiten und besonderen Sinn. Unter Rhythmus ist hier nicht die gegliederte Bewegung überhaupt, sondern die in einer sinnreichen Ordnung erscheinende phonetische Verbindung eines Gleichbleibenden mit einer Mannigfaltigkeit zu verstehen. Das Gleichbleibende kann entweder rein strukturell – Wiederkehr des Tonfalls, der Bewegungsintensität, der Maße – oder phonetisch – Wiederkehr von Lauten, Lautgefügen, Worten, Wortfolgen – sein. Das Gestaltungsprinzip der Botschaft ist demgemäß ein doppeltes. Und zwar wird die phonetische Rhythmik – die »Paronomasie« und deren Verwandtschaft – als solche in ihren Dienst genommen, wogegen die strukturelle durch Änderungen, die im gegebenen Moment einsetzen, zum Äußerungsmittel der Botschaft wird.
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Der Text, der hier verdeutscht wurde, ist der maſsoretische, überlieferte. Diesen zu erfassen, ist die unausweichliche Aufgabe des Übersetzers. Ihm ist ein fester Bestandteil anvertraut, dem gegenüber jede, auch die verlokkendste Konjektur als Willkür erscheinen muß. Da es schlechthin keine zuverlässige Methode gibt, »hinter« den Text, zu einem »ursprünglicheren« Wortlaut zu gelangen, muß die Übertragung, die das Original vertritt, zum Unterschied von Kommentaren, die es bunt umsäumen, halten und übermitteln, was dasteht. Nur in den seltenen Grenzsituationen, wo ihm Sinn und Zusammenhang schwer beeinträchtigt, aber durch eine geringfügige Änderung wiederherstellbar erscheinen, wird der Übersetzer sich befugt und verpflichtet erachten, sie in der besonderen Verantwortung seines Amtes vorzunehmen. Die Bemühung, den maſsoretischen Text zu wahren, geht von der Anschauung aus, daß man hinter das Vorhandene nicht zurückgreifen kann, ohne die Wirklichkeit durch vielfältige und widereinander streitende Möglichkeiten zu ersetzen; man muß zu verstehen suchen, was der für die Textgestalt Verantwortliche, der »Redaktor«, mit dieser gemeint hat, man muß dem letzten Bewußtsein zu folgen suchen, da man zu einem früheren nur scheinbar vorzudringen vermag. Mit ebenderselben Anschauung hängt die Wortwahl dieser Übertragung zusammen, als einer Übertragung, die sich zum Ziel gesetzt hat, nicht biblische Nationalliteratur, sondern die Bibel zu verdeutschen, der es also um die Erfassung eines – gleichviel, aus wie vielen und wie mannigfachen Stücken zusammengewachsenen, aber eben doch echte Einheit gewordenen Ganzen zu tun ist. Die Bibel will als Ein Buch gelesen werden, so daß keiner ihrer Teile in sich beschlossen bleibt, vielmehr jeder auf jeden zu offengehalten wird; sie will ihrem Leser als Ein Buch in solcher Intensität gegenwärtig werden, daß er beim Lesen oder Rezitieren einer gewichtigen Stelle die auf sie beziehbaren, insbesondre die ihr sprachidentischen, sprachnahen oder sprachverwandten erinnert und sie alle für ihn einander erleuchten und erläutern, sich für ihn miteinander zu einer Sinneinheit, zu einem nicht ausdrücklich gelehrten, sondern dem Wort immanenten, aus seinen Bezügen und Entsprechungen hervortauchenden Theologumenon zusammenschließen. Das ist nicht eine von der Auslegung nachträglich geübte Verknüpfung, sondern unter dem Wirken dieses Prinzips ist eben der Kanon entstanden, und man darf mit Fug vermuten, daß es für die Auswahl des Aufgenommenen, für die Wahl zwischen verschiedenen Fassungen mitbestimmend gewesen ist. Aber unverkennbar waltet es schon in der Komposition der einzelnen Teile: die Wiederholung lautgleicher oder
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lautähnlicher, wurzelgleicher oder wurzelähnlicher Wörter und Wortgefüge tritt innerhalb eines Abschnitts, innerhalb eines Buches, innerhalb eines Bücherverbands mit einer stillen, aber den hörbereiten Leser überwältigenden Kraft auf. Man betrachte von dieser Einsicht aus die sprachlichen Bezüge etwa zwischen Propheten und Pentateuch, zwischen Psalmen und Pentateuch, zwischen Psalmen und Propheten, und man wird immer neu die gewaltige Synoptik der Bibel erkennen. Biblische Grundworte offenbaren ihre Sinnweite und -tiefe nicht von einer einzigen Stelle aus, die Stellen ergänzen, unterstützen einander, Kundgebung strömt dauernd zwischen ihnen, und der Leser, dem ein organisches Bibelgedächtnis zu eigen geworden ist, liest jeweils nicht den einzelnen Zusammenhang für sich, sondern als einen von der Fülle der Zusammenhänge umschlungenen. Die latente Theologie der Schrift wirkt unmittelbar da, wo sich der Gehalt der einzelnen Grundworte solcherart aus verschiedenen Sätzen, verschiedenen Textformen, verschiedenen Äußerungsstufen als der gleiche auftut. Wohl ist nicht das Wort, sondern der Satz natürliches Glied der lebendigen Rede und das Wort ihm gegenüber das Produkt einer Analyse, aber der biblische Satz will biblisch erfaßt werden, d. h. in der Atmosphäre, die sich durch die Wiederkehr der gleichen Grundworte erzeugt. Dieses innere Band sichtbar zu machen, ist ein Dienst, in den auch der Übersetzer gestellt ist. Er kennt die Macht der Trägheit, der Geläufigkeit, des Drüberweglesens, im Hebräischen wie im Deutschen; er weiß, wie die von Kind auf Bibellesenden dieser Macht besonders leicht verfallen; er muß das Seine aufbieten, um ihr Einhalt zu tun. Dazu gehört, daß er, wann es nottut und auch angeht, das prägnante, einprägsame Wort wähle, das, wo es wiederkehrt, sogleich wiedererkannt wird, und dabei auch ein ungewohntes nicht scheue, wenn es die Sprache gern aus einer vergessenen Kammer hergibt; dazu gehört, daß er, wann es nottut und wann es angeht, einen hebräischen Wortstamm durch einen einzigen deutschen wiederzugeben bestrebt sei, einen nicht durch mehrere, mehrere nicht durch einen. Wann es nottut; denn bei geistig wenig betonten oder unbetonten Worten wird man den Grundsatz – soweit nicht das Amt aller Übersetzer auch hier zu üben ist, die »Synonyme« nicht durcheinander zu werfen, sondern in ihrer Sinndifferenzierung zu belassen 3 – lockern oder aufheben dürfen. Und wann es angeht; denn oft wird sich aus den besonderen Bedingtheiten einer Stelle die Pflicht ergeben, sie als Ausnah.
Dieses Postulat wird auch heute noch von den Übersetzern des Alten Testaments unbeachtet gelassen; eine so bedeutende Psalmenübersetzung wie die Gunkels gibt z. B. vier verschiedene Wortstämme durch den einen »Spott« und fünf durch einen »Schrei« wieder.
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me zu behandeln. Jeder Dolmetsch ist ja unter eine Doppelheit von Gesetzen gestellt, die einander zuweilen zu widerstreiten scheinen: das Gesetz der einen und das der andern Sprache; für den die Schrift Übertragenden tritt eine andere Doppelheit hinzu: das Gesetz, das aus dem Eigenrecht der einzelnen Stelle, und das andere, das aus der biblischen Ganzheit spricht. Aber wie jene zwei sich aus der Tatsache versöhnen, vielmehr verbünden, daß es nur vorletztlich Sprachen, letztlich aber – unhörbar und doch unüberhörbar – die eine Sprache des Geistes, »jene einfache, allgemeine Sprache« [Goethe] gibt, so überwindet sich der Widerstreit zwischen Recht des Satzes und Recht des Buches immer neu aus der Tatsache, daß beide ihren Sinn von der einen dialogischen Begegnung ableiten, die dort der menschlichen Person und dem Augenblick, hier dem Volke und der Weltzeit gilt, dem Volk, in das die eigenständige Person, und der Weltzeit, in die der eigenständige Augenblick gefügt ist. Unter Leitwort ist ein Wort oder Wortstamm zu verstehen, der sich innerhalb eines Textes, einer Textfolge, eines Textzusammenhangs sinnreich wiederholt: wer diesen Wiederholungen folgt, dem erschließt oder verdeutlicht sich ein Sinn des Textes oder wird auch nur eindringlicher offenbar. Es braucht, wie gesagt, nicht dasselbe Wort, sondern nur derselbe Wortstamm zu sein, der solcherweise wiederkehrt; durch die jeweiligen Verschiedenheiten wird sogar oft die dynamische Gesamtwirkung gefördert. Dynamisch nenne ich sie, weil sich zwischen den so aufeinander bezogenen Lautgefügen gleichsam eine Bewegung vollzieht: wem das Ganze gegenwärtig ist, der fühlt die Wellen hinüber und herüber schlagen. Die maßhafte Wiederholung, der inneren Rhythmik des Textes entsprechend, vielmehr ihr entströmend, ist wohl überhaupt das stärkste unter allen Mitteln, einen Sinncharakter kundzutun, ohne ihn vorzutragen; und ob es sich um die eigentliche »Paronomasie« handelt, die innerhalb eines einzelnen syntaktischen Zusammenhangs erscheint, ob um eine weiter gemeinte, die Alliteration und Assonanz umfaßt, oder aber um die distanzielle, also nicht im Nebeneinander, sondern über einen größeren Textraum hin wirkende Paronomasie, von der hier die Rede ist, immer kann sie unabhängig vom ästhetischen Wert – den wir in mustergültiger Erscheinung etwa aus dem Stabreim der älteren Edda kennen – einen besonderen, durch nichts zu ersetzenden Äußerungswert gewinnen. Dieser besondere Äußerungswert besteht darin, daß der zu äußernde Sinn sich nicht in einem didaktischen Zusatz, also ohne Sprengung
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oder Entstellung der reinen Gestalt darstellt. Vorausgesetzt ist dabei somit, daß eine solche Gestalt, eine geschlossene Kunstform vorliegt, zugleich aber, daß ein Sinn, eine Botschaft zur Mitteilung gelangen sollen, die diese Kunstform transzendieren, die sich ihr also nicht, wie eben einem Gedicht seine Bedeutung, ohne jedes Sondermittel eintragen, sondern ihrem Wesen nach sich einen eigenen Ausdrucksweg bahnen müssen. Nirgends ist diese Voraussetzung so gegeben, wie wo die strenge geschlossene epische Form und eine vom niederfahrenden Geist durchwehte »religiöse« Botschaft aufeinandertreffen. Dies aber ist wohl nirgends mit so eigentümlicher Gewalt geschehn wie in der Erzählung des Pentateuchs. Die Strenge der Form entstammt hier der tiefen Absicht, zu berichten und nur zu berichten; und ebendeshalb darf die Botschaft sich ihr nicht auferlegen wollen. Für einen lehrhaften Vortrag des den reinen Bericht transzendierenden religiösen Gehalts ist hier kein Raum, die Erzählung hat artgemäß keine Fugen. Die Botschaft kann hier nicht anders eingehn, als indem sie das epische Gesetz anerkennt und sich unter seinen Schutz stellt. Das tut sie, indem sie, ohne das Gebild der Erzählung anzutasten, sie sinnhaft, nämlich durch Leitworte rhythmisiert. Wer nun recht hinhört, den rauscht aus dem Gleichklang die obere Bedeutung an. Zwischen Stelle und Stelle, also zwischen Stadium und Stadium der Geschichte ist eine Beziehung gestiftet, die unmittelbarer, als ein angehefteter Spruch es vermöchte, den Urgrund der erzählten Begebenheit aussagt. Nirgends quillt die epische Sprache über, nirgends rhetorisiert, nirgends aber auch lyrisiert sie, der Leitwortrhythmus 4 ist hier ein echt epischer Rhythmus, das rechtmäßige künstlerische Signum eines auch die Welt der Gestalt um- und übergreifenden Geheimnisses.
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Für die phonetische Rhythmik [Wiederkehr des Gleichen innerhalb einer Mannigfaltigkeit] will ich ein paar Beispiele aus dem ersten der Fünf Bücher der Weisung, des sogenannten Pentateuch, für die strukturelle [Wandlung des rhythmischen Baus innerhalb einer Texteinheit] ein paar aus dem zweiten und vierten anführen. .
Eine andere Art des Leitwortstils waltet in vielen der Psalmen, wo in dem einzelnen Psalm zwei oder mehrere sich wiederholende Leitworte auf das jeweils Wesentliche hinweisen. Nicht selten kehrt in einem Psalm das Leitwort des unmittelbar vorhergehenden einmal wieder, so daß gleichsam eine Brücke von einem zum andern geschlagen ist.
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In der Erzählung vom Turmbau stellt sich in sieben Leitworten die Entsprechung zwischen der Handlung der Menschen und der Gegenhandlung Gottes dar, die eben nur so, nicht expressis verbis, ausgedrückt werden soll. »Alle Erde« heißt es am Anfang, wo damit das noch vereinte Erdenvolk gemeint ist, »alle Erde« im gleichen Sinn steht am Schluß des ersten Teils, ehe die Gegenhandlung beginnt, und »alle Erde«, dreifach wiederholt, kehrt zuletzt wieder, die Erdfläche bezeichnend, über die jenes nun in seinen Stämmen zerstreut worden ist. Ähnlich hören wir das Wort »Mundart« [eigentlich »Lippe«] am Anfang, wo von der einheitlichen Sprache des Menschengeschlechts die Rede ist, dann wieder in der Gottesrede und noch einmal im Endbericht, an welchen Stellen es um die diese Sprache »vermengende« [durcheinanderbringende] – das Wort steht hier zweimal, als Verb und als Nomen – Tat Gottes geht. »Heran!« rufen einander zweimal die Aufrührer zu, und »Heran!« sagt der niederfahrende Gott zu sich selber. Dazu kommen, gleichfalls in der Entsprechung von Aktion und Gegenaktion, das »Bauen« und die »Stadt«, der »Name« und das »Zerstreuen«. Das Unternehmen der Menschen hat die Furcht vor dem ihnen vermeintlich drohenden Zerstreutwerden zum Grunde und das wirkliche Zerstreutwerden zur Folge. Die Propheten haben kein Hehl daraus gemacht, daß sie trotz Jakobs Erwählung sein Verhalten zu seinem Bruder als Schuld verstanden [Jer. , , wohl auch Hos , ]. Der Erzähler, der ja Jakobs Einbeziehung in die Erwählung zu berichten hatte, konnte dies nicht anders sagen, als mit den Mitteln der Wiederholung, also in einer noch zurückhaltenderen Andeutungsform als jene. »Trug« [I M. , ] ist die Schuld, und die Erduldung von »Trug« [, ] gehört zur Sühnung. Die Sünde betrifft die »Erstgeburt« [, , , sowie , , ], und die empfindlichste Strafe ist, daß Jakob die »Erstgeborene« [, , eigentlich »Erstgeburt«] statt der geliebten Frau bekommt. In der Erzählung von der Vollendung der Sühne aber steht, wie dort [, , , , , , , zweimal, , , , zweimal, , , zweimal, zweimal, zweimal, zusammen mal], das Wort »segnen – Segen« im Mittelpunkt: in der Geschichte vom Ringkampf, nach dem Jakob von dem »Mann« gesegnet wird [, , ] und in der von der Versöhnung des Bruders, wo Jakobs Sühnegabe mit dem sonst dafür nicht gebräuchlichen Wort »Segen« bezeichnet wird. Der intendierte Zusammenhang zwischen der Versöhnung der göttlichen und der der menschlichen Sphäre tritt – ein weiteres Beispiel für die Paronomasie als Ausdrucksmittel – auch darin in Erscheinung, wie hier das Wort »Antlitz« Mal um Mal wiederholt wird, abwechselnd in dem einen und in dem andern Bereich, bis zuletzt Jakob zu Esau spricht: »ich habe nun doch einmal dein Antlitz angesehn, wie man Gottesantlitz ansieht«. Die struk-
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turelle Form, die sinnvolle Wandlung des Rhythmus, ist am deutlichsten in einigen Gottesreden erkennbar. Die »Schrift« ist, wie schon Hieronymus entdeckt hatte, ihrem Urcharakter als Gesprochenheit gemäß, in Atemzug-Einheiten, Sinnzeilen, »Kolen« gegliedert, und so haben wir sie, zum erstenmal, übersetzt, wobei wir jedoch auf die innerhalb der biblischen Prosa bestehende Vielfältigkeit der Gattungsformen, die sich auch rhythmisch ausprägt, Rücksicht zu nehmen hatten. Auch die Reden, die Gebote und Vorschriften enthalten, sind so gegliedert. Aber zuweilen wandelt sich mitten drin der Rhythmus, wo nämlich eine Vorschrift mit einer Weisung schließt, die auf das Wesentliche hinzeigt, oder gar in eine göttliche Sinndeutung des Vorgeschriebenen übergeht. So folgt auf die Beschreibung des die geheimnisvollen Urim und Tummim, »die Lichtenden und die Schlichtenden«, bergenden hohepriesterlichen »Gewappens des Rechtspruchs«, [II M. , -], die mit einer heilig nüchternen Genauigkeit die Stoffe und die Edelsteine aufzählt, die Anfertigung und Anordnung angibt, eine in Worthaltung, Satzbau und Rhythmus abweichende, von sinnreichen Wiederholungen durchwirkte Endweisung, ohne daß der Zusammenhang und die kompositionelle Einheit gestört würden. So geht die in Wort und Klang präzis sachliche Vorschrift für die tägliche »Darhöhung« – genauer »die Aufsteigende«, das ist der wirkliche Wortsinn des sogenannten »Brandopfers« – II M. , -, in einen Spruch hoher Botschaft über [V. -], ein reines Gebild sakraler Verkündigung. Und wieder aus einer Opfervorschrift [IV M. , -] erwächst eine weit über sie hinausgreifende Satzung, an Ton und Aufbau verschieden, deren Bedeutsamkeit durch den sonst unbekannten Anruf »Versammlung!« hervorgehoben wird und die die Gleichberechtigung des in Israel lebenden Fremdlings, des »Gastsassen«, offenbar nicht für einen einzelnen Ritus, sondern für das ganze gemeinschaftliche Leben proklamiert: »einerlei Weisung und einerlei Recht sei für euch und für den Gastsassen, der bei euch gastet.«
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An dem Beispiel mehrerer Begriffe des sakralen und verwandter Bereiche sei die durch die Aufgabe unserer Übertragung bestimmte Wortwahl erläutert. Die Begriffe des Opferwesens findet man gewöhnlich durch den allgemeinen Terminus »Opfer, opfern« wiedergegeben, wozu noch die Unterabteilungen »Brandopfer, Speiseopfer« usw. treten. Damit ist ein eigentümlicher kultisch-theologischer Sachverhalt der Allgemeinheit der
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Religionsgeschichte gewichen. In Wahrheit gehen fast alle hebräischen Opferbegriffe auf das Verhältnis des Opfernden zu seinem Gott und einen Vorgang zwischen beiden oder doch die Einleitung dieses Vorgangs zurück. Darum ist die umfassende Bezeichnung, qorban, von einem Verb abgeleitet, das nahen, nähern bedeutet; der Sinn des Opfers ist es nun, darin sich selbst Gott zu nähern; daher deutsch: Nahung, Darnahung, nahen, darnahen. Das sogenannte »Brandopfer«, ’olah, bedeutet das als Ganzes hoch, himmelhoch »Aufsteigende«; also Höhung, Darhöhung, höhen, darhöhen. Das sogenannte »Speiseopfer«, minchah, bedeutet zwar einfach »Gabe«, doch klingt das Verb nachah, geleiten, an und wurde leicht assoziiert; daher: Hinleite. Das Wort sebach hingegen bedeutet Schlachtung, Schlachtspende: man schlachtet ein Tier, opfert einen Teil davon und ißt den Rest mitsammen: Gemeinschaft wird mit Gott und unter den Menschen in einem gestiftet, und jedes Gemeinschaftsmahl schließt ein Opfer ein. Daß häufig das Wort »Dank« und ein stark an »Frieden« anklingendes Wort damit verknüpft werden, gehört in den gleichen Zusammenhang. Von derselben Wurzel wie sebach stammt das hebräische Wort für »Altar«, weil an dem misbeach eben geschlachtet wurde und das Schlachten des »Schlachtmahls« an der »Schlachtstatt« biblisch eben das Primäre ist. Der Duft des Opferrauchs heißt reach nichoach, eine refrainartige wiederkehrende Assonanz, deren zweites Glied, ein Wort, das nur vom Opferdienst gebraucht wird, mit »Ruhe« wurzeleins ist, – aber auch »Beruhigung« würde den objektivierten Begriff nicht treffen; unser »Ruch des Geruhens« kommt Sinn und Form am nächsten. Das Nomen kodesch, gewöhnlich durch »heilig, das Heilige« wiedergegeben, ist ein dynamischer Begriff, der zunächst einen Vorgang, den der Heiligung, des Heiligens und des Geheiligtwerdens, später erst auch das Heiligtum bezeichnet; daher nicht »heilige Menschen«, sondern »Menschen der Heiligung« und nicht »heilige Gaben«, sondern »Darheiligungen«; die Priesteranteile an diesen sind »Abheiligungen«, die Gegenstände, die alles, was sie berührt, zu sakral Ausgesondertem machen, »verheiligen« es, und das Innerste des Heiligtums heißt nicht »das Allerheiligste«, sondern, als der Ort, von dem alles im Heiligtum sein Geheiligtsein empfängt, »das Heiligende [eigentlich: die Heiligung] der Heiligtume«. Der Gegensatz dazu ist chol, nicht das »Unheilige« oder »Nichtheilige«, sondern das, weil nicht kultischer Aussonderung unterworfen, dem allgemeinen Gebrauch »Preisgegebene«. So wird denn auch der Beginn der eigenen Nutzung des in den ersten vier Jahren nach der Pflanzung pflichtgemäß geweihten Weinbergs [III M. , ] eine Preisgabe oder vielmehr Preisnahme genannt [V M. , ; , ].
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Der Gegensatz zu »rein« ist nicht »unrein«, kein bloßes Fehlen von Reinheit, sondern »maklig«, der Makel als miasmatisch wirkende Macht verstanden. Das tragbare Heiligtum der Wüstenwanderung, ’ohel moʿed, ist keine »Stiftshütte«, aber auch »Offenbarungszelt« ist keine zulängliche Wiedergabe: es ist das »Zelt der Begegnung«, der vorbestimmten Begegnung Gottes mit dem Volk. Es heißt aber auch mit einem verwandten Terminus ’ohel ha-ʿeduth, »Zelt der Vergegenwärtigung«, weil es die Tafeln des Bundes birgt, die die Offenbarung als eingegrabene Schrift empfangen haben und sie allen späteren Geschlechtern gegenwärtig machen sollen. Damit ist zugleich ein eindringliches Beispiel der anderen Art von Wortwahl in der Übertragung gegeben, die ich neben der besprochenen absoluten Wortwahl die relative nennen möchte; jene ist auf die Erfassung des individuellen Wortsinns, auf die Freimachung seiner ursprünglichen Sinnlichkeit von der Kruste der geläufigen Abstraktion bedacht, diese auf die jeweilige Bewahrung des von der Bibel gemeinten Verhältnisses zweier oder mehrerer wurzelverwandten oder auch nur klangnahen Wörter zueinander. Ich habe schon darauf hingedeutet, wie wichtig für den biblischen Stil die »Paronomasie« ist, d. h. eben die Verwendung mehrerer Wörter ähnlichen Baus oder Klangs dicht oder doch so nah beieinander, daß man, wo einem das zweite, das dritte entgegentritt, noch das erste nach- oder wiederertönen hört. Diese Wörter werden dadurch, abgehoben von ihrer Umgebung, in eine besondre Beziehung gesetzt, worin oft ein vom Text Ausgesprochenes gleichsam in seiner Schallwirkung sich verstärkt und einprägsamer wird, ja sogar etwas auf eigentümliche Weise ausgesprochen wird, was der Text eben nur so auszusprechen wünscht. Es sind demgemäß in der Bibel Alliteration und Assonanz, und erst recht Wiederholung von Wörtern, Wendungen, Sätzen, nicht von ästhetischen Kategorien allein aus zu begreifen, sie gehören zumeist zum Gehalt und Charakter der Botschaft selber, und ihre richtige Wiedergabe ist eine der innerlichsten Aufgaben der Übertragung. Es geht oft um sehr wichtige Zusammenhänge, wenn wir innerhalb eines Abschnitts, nicht selten auch innerhalb eines ganzen Teils, eines ganzen Buches, ja einer Mehrheit von Büchern die gleiche hebräische Wortwurzel durch die gleiche deutsche wiederzugeben bestrebt sind. Das Wort moʿed bedeutet auch Gezeit, zunächst nur in dem Sinn der alljährlichen Wiederkehr desselben Tags [oder derselben Tage], von dessen Gegenwart aus seine regelmäßige Wiederkehr als eine stets wiederkehrende Gegenwart angesehen wird; sodann im Sinn der Festzeiten; endlich aber verknüpft sich damit unter dem Einfluß des Wortgehalts eigentümlich die Vorstellung der Begegnung zum Begriff der festlichen Be-
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gegnungen des Volks untereinander, des Volks mit Gott, ja beide Bedeutungsnuancen können nebeneinander treten [III M. , ]: »Dies sind die Begegnungszeiten, … die ihr ausrufen sollt zu ihrer Gezeit«. Einen ganz anderen Bedeutungswandel macht das eigentliche Wort für Fest, chag, durch, dessen ursprünglicher Sinnlichkeitsgehalt, Reigen, Festreihn, allmählich verblaßt, welchem Entsinnlichungsprozeß der Übersetzer zu folgen hat, wie er z. B. für das gewöhnlich durchgehend mit »beten« wiedergegebene hithpallel im ganzen Pentateuch einheitlich das speziellere und offenbar ursprünglichere »sich einsetzen« [d. h. Gott gegenüber mit der eignen Person für jemand, dem er zürnt] zu verwenden gehalten ist. Dagegen ist chodesch, das eigentümliche »Mondneuung, Neuung«, nirgends durch »Monat« zu ersetzen, da es nicht die Zeitdauer als solche, sondern entweder den ganzen Kreislauf der Monderneuung oder den Neumond als ihren Beginn bezeichnet und die Dynamik des Begriffs für die Psychologie der biblischen Zeitgliederung unentbehrlich ist. Noch wichtiger ist die Erhaltung der hebräischen Wortdynamik in Bezeichnungen wie schabbath und peſsach, die nicht wie üblich unübersetzt bleiben dürfen; peſsach darf sich nicht zu Passah technisieren, sondern muß im Wachhalten der lebendigen Assoziation das Fest der Erinnerung an jenen Übersprung oder Übergang [. M , ] bleiben; und vollends den schabbat muß die deutsche Bibel aus der Erstarrung des »Sabbats« in die Vitalität der Feier, des Feierns zurückretten [wie denn das Wort an einzelnen Stellen, so . M. , , nicht den wöchentlichen Ruhetag, sondern einen andern Festtag bezeichnet], dahin, wo der Mensch, von der »Arbeit« feiernd, die er in der Woche »gemacht« hat, sich in der Nachahmung Gottes stehend erfährt, der am siebenten Tag der Schöpfungswoche von der »Arbeit« feierte, die er »gemacht« hatte. Daher denn nicht, wie es üblich ist, in der Schöpfungsgeschichte das Nomen »Werk« und in den Sabbatgesetzen für das Werk des Menschen das Nomen »Arbeit«, in der Schöpfungsgeschichte das Verb »machen« und in den Sabbatgesetzen für das Machen des Menschen das Verb »verrichten« gebraucht werden darf, sondern dort und hier, wie das Original tut, die gleichen Worte – es sei denn, wo ausnahmsweise das Sabbatgebot nicht auf die Schöpfung hinweist. Die Sabbatgebote bieten einen gewichtigen Beitrag zum Verständnis der biblischen Funktion der Paronomasie. In einem mit dem Ursprung in Gottes Schöpfungsruhe begründeten Gebot [II M. , ff.] heißt es, daß er am siebenten Tag feierte und »eratmete«, aber das fast nirgends sonst vorkommende Verb steht in derselben Form in einem andern Gebot [II M. , ], wo die Einsetzung des Sabbats mit der sozialen Absicht begründet wird: damit »eratme der Sohn deiner Magd und der Gastsasse«.
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Das Band, das damit, ohne Scheu vor dem derben Anthropomorphismus des Verschnaufens, zwischen beiden Geboten geschlungen worden ist, soll dem Hörer gerade beim Anspruch des abhängigen Menschen die Gottesruhe in den Sinn rufen und beim Hinweis auf den feiernden Gott die Vorstellung des arbeitsmüden Sklaven; denn jedem Menschen soll es ermöglicht werden, Gott nachzuahmen [»in seinen Wegen zu gehen«]. Beide Begründungen gehören zusammen, weil Gott und der »Gebeugte und Bedürftige« zusammengehören; denn, wie die späte Prophetie [Jes , ] verkündet, wohnt Gott, außer »in der Höhe und Heiligkeit« eben »bei dem Geduckten und Geisterniederten«. Das siebente Jahr ist kein »Erlaßjahr«, denn die Schulden sollen nicht erlassen werden, sondern nur nicht eingetrieben werden dürfen [V M. , f.]; es ist ein Jahr der »Ablockung«. Das fünfzigste Jahr ist kein »Halljahr«, sondern das »Heimholerjahr«, denn, was immer jobel bedeute, die Volksetymologie jedenfalls verstand den Namen als Hindeutung auf den Sinn der Institution, die Zurückbringung des verarmten Grundbesitzers zu seinem Boden und des unfrei Gewordenen zur Freiheit: »Heimholer sei es euch, / da kehrt ihr zurück / jeder zu seiner Hufe, / jeder zu seiner Sippe / sollt zurück ihr kehren.« Nach dem Gebot des Sabbatjahrs, des »Feierjahrs« [III M. ] soll das Land sechs Jahre bebaut werden, im siebenten soll es feiern; siebenmal wiederholt das Gesetz das Wort »feiern, Feier«. Und wie das Sabbatgebot alle Kreatur, auch den Knecht, auch den Gastsassen, ja auch das Haustier, in die gemeinsame Ruhe aufnahm, so nimmt das Gebot des Sabbatjahrs alle Kreatur in den gemeinsamen Genuß des Nachwachsenden, nicht zu Erntenden auf. Dieses »soziale« Gebot – »Soziales« und »Religiöses« sind in der Thora nicht zu scheiden: das Religiöse ist die Richtung, aber das Soziale ist der Gang – hat im Zusammenhang der Gesetzgebung einen so hohen Rang, daß seine Nichtbefolgung im Mittelpunkt des großen Fluchs steht, der die Gesetze des dritten Buches abschließt. Wenn das Volk, das das Sabbatjahr nicht hat halten wollen, aus seinem Land vertrieben wird, Volk und Land voneinander getrennt werden, dann wird das Land endlich zu seinem Rechte kommen: eben zu den Sabbatjahren, die das Volk ihm vorenthalten hatte und die nun in einer langen Brachezeit nachgeholt werden [vgl. die II Chr , erhaltene jeremjanische Anwendung des Leviticus-Spruchs]. Aber wie in der »apokalyptischen« Weissagung des Buches Jesaja [Kap ] von der Erde, die unter ihren Insassen entartet und die nun »der Eidfluch frißt«, die Schau des erscheinenden Königtums Gottes die der gefallenen Erde überwindet, so führt auch im Fluch selber die Verheißung über die Verwünschung hinaus. Nur ist hier beides tiefer, eigentümlich tief miteinander verwoben, und
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zwar dadurch, daß die Verbundenheit von Mensch und Erde, hier also von Volk und Land, durch das Mittel der Wiederholung des gleichen Worts in zwiefältiger Bedeutung eine denkwürdig eigentümliche Sprachgestalt gewinnt. Formen des Verbs razah, das in der Qualform etwa »eine Leistung durch Annahme gültig machen« bedeutet, sind in subtiler Differenzierung so verwendet, daß die das Versäumte ausgleichende Ruhe des Landes und das die Spannung zu Gott ausgleichende Abbüßen des Volkes, darin seine Umkehr, die »Unterwerfung des Herzens« [, ] erwacht, mit demselben Wort erfaßt und so in der festen wechselseitigen Beziehung gehalten werden. Während das Volk seine Schuld büßen muß, »schatzt das Land seiner Feierjahre nach«, »es schatzt seine Feiern ein«, bis die Söhne Israels »nachschatzen für ihre Verfehlung« und Gott ihrer und des Landes gedenkt, um sie wieder miteinander zu vereinigen. Hier steht zum siebenten Mal der Wortstamm schabath, wie er im vorhergehenden Sabbatsjahr-Gesetz selbst [, -] siebenmal wiedergekehrt ist: in dem zum Segen sich wandelnden Fluch vollendet sich die siebenfache Nennung des siebenten Jahrs: die Gnade, die »annehmende Gültigmachung«, razon, hier im Abschnitt der razah-Rhythmik nicht genannt, aber von Anfang des Buches [, ] und anderen Stellen herüberstrahlend, ist siegreich. Das im Dekalog [II M. , ] von den Übersetzern sonst entweder mit »heimsuchen« oder gar mit »ahnden« verdeutschte Verb paqad ist von uns durch »zuordnen« wiedergegeben, denn es bezeichnet in all seinen Formen die Tätigkeiten des Ordnens, Anordnens, Verordnens, Beiordnens, Zuordnens, daher auch Gottes die Menschengeschichte ordnendes Walten, sein Ergänzen des Mangels, Hervorholen aus Bedrängnis, aber auch sein Tat und Folge zuchtmeisterlich ausgleichendes Wirken. Hier läßt er die Sünder erleben, wie noch ihre Söhne und Enkel an ihrer Verfehlung zu leiden haben; von einer Strafe an den Nachkommenden über die Lebenszeit der Sündigen hinaus ist nicht die Rede. Die spätere Prophetie [Hes , ] hatte hier eine den Mißverstand abwehrende Interpretation auszusprechen. Aber auch »Prophet« ist eine leicht irreführende Übersetzung: der nawi, der Kundgeber zwischen Himmel und Erde, der »Künder«, »prophezeit« nicht, er hatte nicht eine feststehende Zukunft anzusagen, sondern seine Hörer vor die Alternative zu stellen. Das gewöhnlich mit »Engel« übersetzte Nomen bedeutet den »Boten«, den himmlischen und den irdischen, menschlichen [so ja auch das griechische angelos, woher Engel kommt]. Die Spezifizierung führt irre; zumindest vorexilisch existieren die Engel nur in ihrer Botschaft, ihre Seinsart ist die der Auftragsfunktion.
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Nicht immer aber geht es an, auf den ursprünglichen Wortsinn zurückzugehn, um der biblischen Absicht Genüge zu tun. So ist dem eigentlichen Sinn des Wortes kabod, das man mit »Ehre«, wo von den Menschen, mit »Herrlichkeit« übersetzt, wo von Gott die Rede ist, keine abendländische Entsprechung zu finden. Dem Wurzelsinn gemäß bezeichnet es das innere Gewicht eines Wesens, aber als sich manifestierend, als erscheinend. Im menschlichen Bereich muß es wohl bei »Ehre« bleiben, aber für den kabod Gottes darf das Wort »Erscheinung« verwendet werden, als das Sichtbarwerden der unsichtbaren majestas, ihr Scheinendwerden – Lichtglorie am Himmel als Ausstrahlung der »Wucht«. Diese Unmittelbarkeit der Sprachwahrnehmung beim Leser vorausgesetzt, darf der Dolmetsch das zugehörige Verb in der Reflexivform an Stellen wie II M. , , f.; III M. , , statt mit »Ehre einlegen«, »sich verherrlichen« oder dgl., ein gut deutsches Wort erneuern und Gott sprechen lassen: »Ich erscheinige mich.« Unmittelbarer als der Begriff des kabod Gottes läßt sich von der deutschen Sprache der jener ruach Gottes erfassen, die im Anfang der Schöpfung »überm Antlitz der Wasser« 5 schwebt oder vielmehr »schwingt«. Das Verb ist äußerst selten; in dieser Form kommt es nur noch einmal, im Liede Moses vor [V M. , ], an einer Stelle, die vom Verfasser offenbar mit jener paronomastisch verknüpft worden ist. Da wird der in der Geschichte an den Völkern und an Israel handelnde Gott mit dem Adler verglichen, der mit sanft schlagenden Flügelspitzen über seinem Neste schwebt, um es zu »erregen«, d. h. um die eben flügge gewordenen Jungen zum Fluge aufzustören, dann aber auch wohl, die Flügel ganz ausbreitend, eines aufnimmt und es »auf seinem Fittich trägt«. Wir sollen an die Stelle der Schöpfungsgeschichte denken, wo die Wasser dem Nest und die Geschöpfe [von deren vielen ja gesagt wird, daß das Wasser sie hervor-»wimmeln« solle], die Gott ins Sein ruft und holt, den Jungen entsprechen. Wie aber haben wir die ruach zu verstehen? Daß von ihr und nicht von Gott selber geredet wird, erklärt sich daraus, daß das Flügelbreiten hier nicht wie im Moseslied vergleichsweise, sondern wirklich ausgesagt wird und die Schrift, bei all ihrer Neigung zu Anthropomorphismen, optische Details in Gotteserscheinungen gern vermeidet. Welche aber von den beiden Bedeutungen des Wortes ruach hier gemeint ist, Wind [also entweder ein Wind Gottes oder ein gewaltiger Wind, ein »Gotteswind«] oder Geist [also entweder der oder ein Geist
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Diese wörtliche Wiedergabe ist hier vorzuziehen, weil »Antlitz« hier Leitwort ist: ins Sein tretend zeigt alles Geschaffene sein Antlitz.
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Gottes], darüber sind die Meinungen von je geteilt. Beiden Deutungen liegt die Auffassung zugrunde, man müsse sich für eine von beiden entscheiden. Dem ist jedoch nicht so. Die dynamische Grundbedeutung des Wortes, von der allein aus wir die Stelle erfassen können, ist: das Hauchen, das Wehen, das Brausen. Als ein solches erscheint dem biblischen Menschen nicht bloß der Wind, sondern auch der Geist. An dieser Stelle ist beides in einem gemeint; 6 gemeint ist das schöpferische Wehen und Sausen, der Urbraus. Die Schrift denkt nicht lexikalisch, sondern elementar, und sie will, daß ihr Leser denke wie sie, will hier, daß die Bewegung von Gott her, die vor aller Differenzierung ist, undifferenziert, aber sinnlich-lebendig sein hörendes Ohr treffe 7. Ihrer Absicht dienen wir, wenn wir hier »Braus Gottes« übersetzen, später aber »Geistbraus« da und nur da sagen, wo vom Geist als dem von Gott ausgehenden und den Menschen begeisternden Geistessturm [und nicht von dem abgelösten und in sich beschlossenen Menschengeist, wo es »Geist« heißen muß] gesprochen wird, und ebenso »Windbraus« da, wo der Naturvorgang als einer, in dem der Schöpfungsbraus nachweht, empfunden werden soll, und dazu noch an Stellen, wo beide Bedeutungen nah beieinander stehen und ihre Einheit nicht verlorengehen darf. Ein besonders gewichtiger epischer Abschnitt dieser Art ist IV M. , die Geschichte von der Geistausgießung über die Ältesten und der Entsendung des wachtelntreibenden Windes von Gott aus. Kein anderes deutsches Wort als »Braus« vermag, wie sich in den Jahrzehnten stets erneuter Prüfung erwiesen hat, all diesen Stellen ihr Recht zu geben. Die Schwierigkeit der zulänglichen Wiedergabe steigert sich ins Paradoxe, wo es um die Verdeutschung der Gottesbezeichnungen, namentlich des Tetragrammatons, des Namens J h w h [die Vokalisation ist unsicher, die des maſsoretischen Texts ist eine konventionelle, das verbotene Aussprechen des Namens sollte durch sie gewiß nicht erleichtert werden] 8. Es ist anzunehmen, daß er ursprünglich in der Urform Jah reiner Ausruf war, . .
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Darum bezeichnet Gunkel das Wort an dieser Stelle als ein hapax legomenon. Wenn Hölderlin ruft: »O Schwester des Geistes, der feurig in uns waltet und lebt, heilige Luft!«, ist er der Verwandtschaft der beiden Bedeutungen von ruach eingedenk, aber der ursprünglichen Einheit, wenn er auf das – im . Kapitel des Johannes-Evangeliums wiederkehrende – Geheimnis des »geistigen Wehens« hinweist. Vgl. Rosenzweigs Aufsatz »Der Ewige« [Kleinere Schriften ff.] sowie meine Bücher »Königtum Gottes« ff. und »Moses« ff.
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Urlaut 9, später um einen Laut zu Jahu erweitert, ein – ebenso wie der gleichlautende Derwischruf – aus einem Pronomen und einer Interjektion zusammengesetzter Ausruf war; beide haben sich als Bestandteil von Eigennamen, die erste Form auch selbständig erhalten. Im Dornbusch-Gespräch [II M. , ] wird der Name, unter Hinzufügung eines weiteren Buchstabens 10, verbalisiert. Gott antwortet auf Moses Frage nach seinem Namen, vielmehr nach dessen Sinn, indem er das Verb aus der dritten in die erste Person transponierend, ’ehjeh [hawah ist die ältere, hajah die jüngere Gestalt des Verbs], »Ich werde dasein« sagt, und hinzufügt ’ascher ’ehjeh, »als der ich dasein werde«; daß das ’Ehjeh als der erschlossene Name zu verstehen ist, geht aus dem unmittelbar folgenden Satz »So sollst du zu den Söhnen Israels sprechen: ’Ehjeh schickt mich zu euch.« Man pflegt jenes ’ehjeh ’ascher ’ehjeh von je zu übersetzen: »Ich bin der ich bin« und versteht darunter [wenn man Gott nicht geradezu seine Ablehnung aller Antwort durch diese unter Menschen nicht unübliche, aber eher triviale Redensart ausdrücken lassen will] eine Aussage Gottes über seine Ewigkeit oder gar über sein Aus-sich-Selbstsein, was sich schon dadurch verbietet, daß ein Gebrauch des Verbs im Sinne seiner Existenz der Bibel sonst fremd ist: es bedeutet [abgesehen von der Verwendung als Kopula oder im Sinn von »es gibt« u. dgl.] werden, geschehen, gegenwärtig werden, gegenwärtig sein, da sein. Um die Bedeutung dieser zentralen Stelle gegen jeden Mißverstand zu schützen, hat der letzte Erzähler oder der Redaktor das biblische Mittel der Wiederholung, auf das ich oben hingewiesen habe, in großartiger Weise verwendend, im gleichen Abschnitt fast unmittelbar vor unserer Stelle [V. ] Gott zu Mose mit demselben ’ehjeh sprechen lassen: »Ich werde dasein bei dir« und hat bald danach zweimal [, , ] das ’ehjeh im gleichen unzweideutigen Sinn wiederkehren lassen. In der jüdischen Tradition ist mehrfach, darunter von Jehuda ha-Levi, auf diesen Zusammenhang hingewiesen worden. »Welchen Sinn«, sagt Rosenzweig, »hätte wohl für die verzagenden Unglücklichen eine Vorlesung über Gottes notwendige Existenz? Sie brauchen, genau wie der zaghafte Führer selbst, eine Versicherung des Bei-ihnen-Seins Gottes und brauchen sie, zum Unterschied von dem Führer, der es ja aus Gottes eigenem Munde ver-
. »Wort im Urstand der Begegnung noch vor der Vergegenwärtigung, reiner Vokativ vor aller Möglichkeit anderer Kasusse« [Rosenzweig]. . Doch nimmt Mowinckel [in einem Brief an Rudolf Otto] Ja-huwa als die aus der Interjektion ja und einer Pronominalform huwa zusammengesetzte Urform an; dann wäre der Buchstabenbestand unverändert geblieben und das Tetragrammaton wäre eher als Kürzung des ursprünglichen Anrufsnamens anzusehn.
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nimmt, in der die göttliche Herkunft der Versicherung bestätigenden Form einer Durchleuchtung des alten dunkeln Namens.« Das Volk meint, Mose würde wissen wollen, wie sie in ihren Nöten den Gott mit seinem Namensgeheimnis, wie man in Ägypten glaubte, beschwören könnten; Gott antwortet, sie brauchten ihn ja gar nicht herbeizubeschwören, denn er werde ja bei Mose dasein, werde bei ihnen sein. Aber er fügt hinzu, sie könnten ihn auch gar nicht beschwören, denn er werde den Menschen nicht in der Erscheinungsform gegenwärtig, die sie sich wünschen, sondern je und je in der von ihm selber für diese bestimmte Lebenssituation seiner Menschen gewollten: »als der ich dasein werde« oder »wie ich [eben] dasein werde«. Von den vorgefundenen Arten, das Tetragrammaton zu übersetzen, konnten wir demgemäß keine übernehmen. Die Umschreibung »der Herr«, mit der sich die Siebzig, die Vulgata und Luther behelfen – im Anschluß an den jüdischen Brauch, an Stelle des nicht auszusprechenden Namens das Wort ’adonai, meine Herren, sodann meine Herrschaft, zu sagen –, war ebenso unannehmbar wie das mißdeutende »der Ewige« Calvins und Mendelssohns; und auch die in der wissenschaftlichen Übertragung übliche Transkription war uns – abgesehen von der Fragwürdigkeit ihrer Vokalisation – deshalb nicht erlaubt, weil dadurch mitten in der Schrift der seine Botschaft sprechende Gottesname den stummen Eigennamen der Götter gleichgestellt wird. Aber auch »der Daseiende« oder »der Gegenwärtige« durften wir nicht schreiben, weil dies den in seinem Sinn aufleuchtenden Namen durch einen festen Begriff ersetzen hieße, der von jener Sinnerschließung nur das »Stets« und nicht das »Immer wieder neu« zu erfassen vermag. Es galt, eine Wiedergabe zu finden, die in dem hörenden Leser ein jener aus dem Namen zuströmenden Gewißheit verwandtes Gefühl erzeugt, also das Bei-ihnen-, Bei-uns-Sein Gottes nicht begrifflich aussagt, sondern gegenwärtiglich verleiht. Die Einsicht in den pronominalen Charakter oder Gehalt der ursprünglichen Namensform gab die Richtung an. Darum steht in unserer Verdeutschung I c h und Mein, wo Gott redet, D u und Dein, wo er angeredet wird, E r und Sein, wo von ihm geredet wird. Wo der Name in einer Gottesrede steht und die Stelle der offenkundigen Absicht nach auch für sich, ohne Bezug auf den Sprecher als solchen, etwa als objektiv bestehende Vorschrift, wirken sollte, ist die dritte Person beibehalten worden. An einzelnen Stellen der Schrift – außerhalb des Pentateuch –, wo der Name in seiner vollen Erschlossenheit sich manifestiert, weil eben die Gegenwärtigkeit Gottes verkündigt werden soll, mußte »E r i s t d a « gewagt werden. Eine besondere Schwierigkeit bildete die Wiedergabe der kürzesten
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Form des Namens, Jah; wir haben uns entschlossen, ein blasseres »Er« und »Du« dafür zu setzen, aber, um den ursprünglichen Ausrufcharakter dieser – durchweg in hymnischen und verwandten Texten vorkommenden – Namensform zu bewahren, überall, wo es angeht, ein »Oh« vorauszuschicken; so auch in der Zusammensetzung Hallelu-Jah: »Preiset oh Ihn!« Andersartig ist die Schwierigkeit bei ’el und ’elohim, die zwar nicht, wie es allgemein geschieht, in gleicher Weise mit »Gott« zu übersetzen sind, zwischen denen aber eine feste Differenzierung sich als undurchführbar erweist. Dem Wortcharakter nach läge es nah, ’el mit Gott und ’elohim, das ja eigentlich ein Plural ist, mit Gottheit zu übersetzen; aber von den beiden ist gerade ’elohim namenhafter, mehr zur Bezeichnung des einen Gottes geworden, während an ’el die allgemeine Vorstellung der Macht, der Mächte haftet, ohne daß man es deshalb mit »Macht« übersetzen und dadurch vom Wortstamm »Gott« losreißen dürfte [auf die umstrittene Frage nach dem etymologischen Verhältnis beider Wörter zueinander kann ich hier nicht eingehen, für das biblische Sprachbewußtsein aber hängen sie zweifellos zusammen]. So ist denn im allgemeinen ’elohim durch »Gott«, ’el je nachdem durch Gottmacht, Gottherr, Gottheit, Schutzgott – die Wortnuance ist schwankend, und auch die Umgebung, in der das Wort jeweils steht, muß mitbestimmend sein – wiederzugeben; doch gibt es auch Abschnitte, so die Sprüche Bileams, wo das Verhältnis sich umkehrt. Übrigens muß das Wort »Gott« auch da mitverwendet werden, wo der Wortbestandteil ’el zumindest von der Volksetymologie so verstanden wird, also bei ’ela, wo damit ein heiliger Baum gemeint ist, eine »Gotteiche«, und bei ’elil, das eine Nichtigkeit, ein Nichts, aber zumeist eben einen nichtigen Götzen bezeichnet: weil die Bezeichnung auf Gott mitanklingen muß, heißen die ’elilim in unsrer Übertragung Gottnichtse. In der Erstausgabe unserer Übertragung waren auch die Bezeichnungen Baal und Molekh [der sogenannte Moloch] übersetzt worden. Beides sind primär keine Eigennamen. Das erste charakterisiert ein semitisches Gotteswesen als »Meister« oder Inhaber eines befruchtenden, himmlischen oder irdischen Wasserschatzes; das zweite stellt eine »Schandvokalisation« des Wortes melekh, König, als des – ebenso wie jenes Namen zu werden tendierenden – Titels westsemitischer Stammesgötter dar. Sie waren dementsprechend mit »Obmeister« und »Aberkönig« wiedergegeben worden. Es hat sich aber ergeben, daß viele sachunkundige Leser, die auch unsere Erläuterungen nicht in sich aufgenommen hatten, diesen Stellen ratlos gegenüber standen, was der Intention dieser Schriftverdeut-
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schung zuwider lief. Ich habe daher, wenn auch ungern, in dieser Ausgabe die beiden Worte als Eigennamen behandelt 11. Einige Beispiele von an der Grenze des Theologischen und des Ethischen beheimateten Begriffen mögen sich anschließen: drei positive und zwei negative. Cheſsed, zedek, und ’emeth, die göttliche Tugenden verherrlichen und dem Menschen, der »in den Wegen Gottes« gehen soll, zur Nachahmung darstellen 12, sind alle drei Begriffe der Übereinstimmung, der Zuverlässigkeit. Cheſsed ist eine Zuverlässigkeit zwischen den Wesen, insbesondre die des Bundesverhältnisses zwischen dem Lehnsherrn und seinen Dienstmannen, zunächst die Bundestreue des Herrn, der seine Diener erhält und beschützt, sodann auch die der Untertanen, die ihrem Herrn treu ergeben sind. Der diesem Gegenseitigkeitsbegriff entsprechende deutsche Wortstamm ist »hold«: sowohl das Adjektiv hold wie das Nomen Huld bezeichnen ursprünglich auch die Treue von unten nach oben [»dem Schutzherrn mit redlichem Herzen hold und gegenwärtig zu sein«, heißt es bei Niebuhr], der »Holde« hieß mittelhochdeutsch der Dienstmann, und in unserem »huldigen« lebt diese Seite des Begriffs fort; aber auch dessen ästhetische Verselbständigung, wie sie von Jes , gefordert wird, gibt der deutsche Wortstamm mit »Holdheit« her. In den Psalmen sind Gottes chaſsidim seine Holden, seine treue Gefolgschaft. Zedek ist die weitere und vielfältigere Konzeption: es bedeutet die Zuverlässigkeit eines Handelns einem äußeren oder inneren Sachverhalt gegenüber; einem äußeren gegenüber, indem es ihn zur Geltung bringt, ihm Raum schafft, ihm sein Recht werden läßt; einem inneren, indem es ihn verwirklicht, ihn aus der Seele in die Welt setzt. Der einzige deutsche Wortstamm, der beiden Bedeutungen Genüge tut [wogegen das dem Stamm schafat entsprechende »Recht« nur auf die erste trifft], ist »wahr«: Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Bewahrheitung [des Unschuldigen im Ge. .
Über die mit ihnen verbundenen schwerwiegenden Probleme der semitischen und der israelitischen Religionsgeschichte sind das . und das . Kapitel meines Buches »Königtum Gottes« zu vergleichen. Für die beiden ersten sind die Kapitel »Um die Liebe« und »Um die Gerechtigkeit« meines Buches »Der Glaube der Propheten« zu vergleichen, für den dritten, was in meinem Buch »Zwei Glaubensweisen« über den wurzelgleichen Begriff des Glaubens oder vielmehr des Vertrauens gesagt ist: als die ursprüngliche Bedeutung des Verbs ist »standhalten« anzusehn.
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richt], Wahrspruch, Wahrbrauch [der mit ehrlicher Intention getane Brauch], Bewährung stecken den Umfang des Begriffes ab. ’Emeth schließlich bezeichnet die Zuverlässigkeit schlechthin, auch die ganz innere, und kann, wie das stammeszugehörige ’emunah, nur vom Wortstamm »trau« aus einheitlich erfaßt werden; ’emeth ist wesentlich die Treue, und ’emunah kommt ihm oft so nah, daß es da nicht wie sonst durch »Vertrauen«, sondern ausnahmsweise [ich habe hier lange, aber vergeblich zu widerstreben versucht] durch das gleiche Wort »Treue« wiedergegeben werden muß. Die hier zu verdeutlichenden negativen Begriffe sind ’awen und schaw, soweit die Schrift sie in ihrem strengen Sinn gebraucht. Auch wenn man, wie ich, nicht mit Mowinckel [der aber inzwischen die in seinen »Psalmenstudien« dargelegte Auffassung revidiert hat] annimmt, daß mit ’awen schwarze Magie gemeint sei, muß man die intensive Bedeutung, die das Wort oft, besonders in den Psalmen, hat, beachten. Es bezeichnet dann das Böse als Macht, und zwar so, daß es zumeist dessen Tätigkeit umgreift, zuweilen aber auch an das Erleiden dieser Tätigkeit rührt. Ich weiß kein anderes Wort, das so geeignet wäre, die gemeinte wirkende und erduldete Macht des Bösen deutlich zu machen, wie »Harm«. Einheitlicher kann schaw wiedergegeben werden. Es bezeichnet das Fiktive – und zwar zum Unterschied z. B. von hewel, Dunst oder Tand, das Fiktive besonders, dem die Realität angemaßt wird, das sich daher bis zum eigentlich Widergöttlichen, Widerwirklichen steigern kann. Wörter wie »eitel«, »nichtig«, »falsch« sind nicht stark genug, um diese Weltmacht des Götzentums zu benennen; es gibt nur ein einziges deutsches Wort, das dies vermag, und das ist »Wahn«. Darum ist die zentrale schaw-Stelle, die des Dekalogs, in unsrer Verdeutschung so wiedergegeben: »Trage auf das Wahnhafte nicht Seinen deines Gottes Namen« [nicht »Du sollst den Namen … nicht freventlich aussprechen«; naſsa ohne qol (Stimme) kann wohl anheben, aber nicht aussprechen bedeuten], d. h. belege nicht eine aufgeblähte Fiktion mit dem Namen der höchsten Wirklichkeit. Wir finden dieses Nomen mit diesem Verb verbunden in den Psalmen wieder, nämlich abgesehen von einer schwierigen Stelle, , , im . Psalm [V. ], wo »der am Herzen Lautere« gepriesen wird, »der zum Wahnhaften nicht trug [hier besser: hob] seine Seele«; auch von hier aus erweist sich die Hinfälligkeit der angeblichen Bedeutung »aussprechen«. Doch auch bald nach dem Dekalog [II M. , ] heißt es mit der gleichen Verbindung: »Umtrage nicht Wahngerücht!« Dem schaw ergibt sich eben nicht bloß, wer vom Wahn aus, sondern auch wer auf den Wahn hin redet oder handelt, nicht bloß, wer Wahn übt, sondern auch wer Wahn erzeugt, wer [in den Psalmen mehrfach so] das Fiktive suggeriert und fre-
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velhaft mit dem im andern erzeugten oder zu erzeugenden Wahn ein Trugspiel, Wahnspiel spielt. Noch ein paar Beispiele aus dem Gebiete der biblischen Soziologie. Wenn Luther Sara zu Abraham sprechen läßt [I M. , ]: »Lieber, lege dich zu meiner Magd, ob ich doch vielleicht aus ihr mich bauen möge«, mißversteht er. Kautzsch-Bertholets »vielleicht kann ich durch sie zu Kindern kommen« und die ähnlichen Wendungen der andern Modernen sind nicht Übersetzungen, sondern Umschreibungen des Wortes ’ebbane, das nur an einer Stelle noch, aber nirgends vorkommt, wo vom natürlichen Kinderkriegen die Rede ist. Das Verb ist von dem Nomen, das Sohn, im Plural auch Kinder bedeutet, abgeleitet und bezeichnet jenen primitiven Rechtsakt, dem Folkloristen als Adoption durch Scheingeburt bekannt, dessen semitische Hauptform an der andern Stelle, da wo Rahel zu Jakob wie Sara zu Abraham redet, so beschrieben wird: »daß sie auf meinen Knien gebäre«: die Unfruchtbare nimmt die Gebärende auf ihren Schoß, und damit vollzieht sich die Identifikation, ihr Schoß ist es nun, aus dem das Kind hervorgeht, sie ist – wenn wir einen Terminus der älteren deutschen Rechtssprache aufnehmen – bekindet worden. Das sagt Sara, das auch [, ] die kinderlose Rahel, als sie Jakob ihre Magd zum Weibe gibt: »Geh zu ihr ein, daß sie auf meinen Knien gebäre und auch ich aus ihr bekindet werde.« Aber auch der Mann, der keine Kinder hat, auch Abraham klagt, er vergehe ʿariri – was heißt das? Alle Übersetzer sagen: ohne Kinder, kinderlos; aber die Etymologie des Wortes sagt etwas anderes, etwas Sinnlicheres, Bildhafteres, nämlich: entblößt; denn die Kinder sind diesen morgenländischen Menschen das Lebensgewand, ja der zweite Leib. Darum wird im Buch Leviticus dem »Mann, der das Weib seines Bruders nimmt«, die Strafe so der Sünde entsprechend zuerkannt: »die Blöße seines Bruders hat er bargemacht, kinderbloß werden sie bleiben«. Und darum nennt Abraham sich nicht kinderlos, sondern kinderbloß, kinderbar. Man muß, wenn man sich einer wirklichen Übersetzung der Bibel unterfängt, zuweilen solche Wörter wagen; ob sie von den Zeiten empfangen oder verworfen werden, weiß kein heute Lebender. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß wir versuchen, die Synonyme auseinander zu halten, soweit es die deutsche Sprache ermöglicht, also nicht zwei verschiedene hebräische Wörter durch das gleiche deutsche, noch auch – zumindest innerhalb desselben Zusammenhangs – ein he-
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bräisches Wort durch zwei verschiedene deutsche wiederzugeben; wir sind darüber hinaus bestrebt, wo zwischen mehreren Wörtern Wurzelverwandtschaft besteht, sie auch im Deutschen zu erhalten. Wie durch diese Methode versunkene Schätze gehoben werden, dafür genügt ein Beispiel aus eben dem Kapitel von Hagars Flucht. Da steht dreimal dasselbe Wurzelwort; freilich nur im Original und in einer getreuen Übersetzung. Es heißt zuerst: »Da drückte Sſarai sie. Sie aber entfloh ihr.« Und nun findet der Bote Gottes Hagar in der Wüste, befragt sie und befiehlt ihr: »Kehre zu deiner Herrin und drücke dich unter ihre Hände!« Aber er tröstet und verheißt auch: »denn erhört hat E r deinen Druck«. Man vergegenwärtige sich die dreischichtige Situation: zuunterst der Unterdrückte, über ihm der Unterdrücker, darüber aber der »Lebende, mich Sehende«, wie ihn der Unterdrückte nennt – und er da oben, der Lebendige, wirft sich nach unten und nimmt den Niedergeworfenen auf; er darf ihm zusprechen, er solle sich selber unter die drückenden Hände drücken, denn das ist der Weg, auf dem er diesen Menschen in die Freiheit führen will, er, der auch den unhörbaren »Druck« erhören kann. Was bleibt aber davon, wenn statt der Wiederkehr des gleichen Wortes, »Elend« auf »demütigen« folgt [Luther] oder gar [Kautzsch-Bertholet] »wie du gelitten hast« auf »behandelte sie hart« und »beuge dich«! Und wie das einzelne Wort in seiner ursprünglichen sinnlichen Bedeutung, so ist uns auch das hebräische Wortgefüge nichts Nebensächliches, das sich gegen die Gewohnheiten der Sprache, in die übersetzt wird, nicht behaupten dürfte. Wir kennen keinen »Inhalt«, der von dieser Form, in der er uns übergeben ist, abzulösen und einer anderen einzutun wäre. Diese Form selber gilt es in der artverschiedenen Sprache so seßhaft zu machen, als es deren Grenzen [die Grenzen, nicht die Gewohnheiten] gewähren. Wenn z. B. in eben dem Hagar-Kapitel Sara zu Abraham sagt: »Über dich meine Unbill!«, so ist das nicht bloß formal, sondern dem ganzen Gehalt nach etwas anderes als Luthers »Du tust unrecht an mir«. Am deutlichsten wird in diesem Kapitel die gehaltliche Verschiedenheit da, wo der Bote Hagar den Sohn verheißt; bei Luther: »Er wird ein wilder Mensch sein … und wird gegen all seinen Brüdern wohnen« – das ist ein fragwürdiger Zuspruch; aber der Text sagt und wir ihm nach: »Ein Wildeselmensch wird der … all seinen Brüdern ins Gesicht macht er Wohnung«. Das ist der Sohn, wie ihn sich die ägyptische Magd erträumt, das ist echte Verheißung.
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Dass wir von unserer Auffassung der Treue aus statt der geläufigen Gräzisierungen und Latinisierungen der biblischen Eigennamen diese selbst aufnehmen mußten, braucht nicht erklärt zu werden; die Zeit, in der man Zoroaster für Zarathustra sagte, ist vorüber und die in der man Ezechiel oder Hesekiel für Jecheskel sagt, wird vorübergehen. Auch hier gibt es aber eine Grenze: man darf allgemein bekannte geographische Namen nicht zu unbekannten machen, indem man zum Beispiel statt Ägypten Mizrajim schreibt; weil die Erde nämlich noch da ist und die Menschen gestorben sind. Die Inkonsequenz gehört zum Wesen und Geschick dieser erstmaligen Arbeit, der Ziele und Schranken nicht durch ein abstraktes Prinzip, sondern durch die Wirklichkeit eines Buches und die zweier artverschiedener Völker und Sprachen gesetzt sind, aber eben durch die volle Wirklichkeit. Die Geschichte dieser Verdeutschung der Schrift, des sogenannten Alten Testaments – von welcher Verdeutschung die erste Abteilung hier neu erscheint – hat im Frühling begonnen. Aber sie hat eine Vorgeschichte. Ich hatte schon seit vielen Jahren an eine solche Arbeit gedacht. Meiner damaligen Meinung nach konnte sie nur als das gemeinsame Werk einiger Menschen unternommen werden, die auch persönlich miteinander verbunden waren und so einander tiefer helfen konnten, als dergleichen sonst möglich ist. Vor dem ersten Weltkrieg war solch eine Gemeinschaft im Werden und sogar schon eine Vereinbarung zwischen ihr und einem großen deutschen Verlage getroffen, der die Übertragung allmählich in einzelnen Büchern [nicht in der Reihenfolge des Kanons] veröffentlichen sollte. Von den Teilnehmern hatten Moritz Heimann, Efraim Frisch und ich uns bereits darüber verständigt, was jeder zunächst vornehmen wolle. Der Krieg hat dieses Vorhaben vereitelt. Aber im folgenden Jahrzehnt gewann es in mir erst seine Reife, seine grundsätzliche und methodische Klärung: ich lernte jetzt erst unmittelbar verstehen, was das für eine Buch ist, im Sinn, in der Sprache, im Bau, warum es, trotz allem, neu in die Menschenwelt der Gegenwart gestellt werden will, neu, nämlich in seiner Ursprünglichkeit erneut; warum – und wie. Als nun Franz Rosenzweig, mit der Übertragung von Gedichten Jehuda Halevis beschäftigt, sich häufig an mich um Rat wandte, und wir bald dazu gelangten, an der Hand der jeweiligen Beispiele die Problematik des Übersetzens und die
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Probleme der übersetzerischen Aufgabe zu erörtern, ergaben sich uns unmerklich, zuerst nur als der zuweilen erleuchtete, meist dämmerige Hintergrund unseres Gesprächs, dann aber immer gebieterischer als seine magnetische Mitte, die Fragen: Ist die Schrift übersetzbar? Ist sie schon wirklich übersetzt? Was bleibt noch zu tun? wenig? viel? das Entscheidende? Wie kann es getan werden? im bearbeitenden Anschluß an ein klassisches Übersetzungswerk? in einem waghalsigen Neubeginn? Hat das Zeitalter den Atemraum für einen Neubeginn? die Berufung, die Kraft, den Beistand, das Gehör? Und über alles: wie ist die Schrift zu übersetzen? wie ist sie in diesem Zeitalter zu übersetzen? Rosenzweigs damalige Anschauung war, daß Luthers großes Werk noch immer die Grundlage für alle Versuche in deutscher Sprache sein müsse, daß also keine Neuübertragung, sondern nur eine Luther-Revision unternommen werden könne, freilich eine unvergleichlich umfassendere und eindringendere als alles, was bisher so bezeichnet worden ist. Meine Anschauung war, daß nur das – den ganzen Menschen fordernde und verwendende – Experiment, also ein Drauflosgehen, das die bisherigen Dolmetscher kennt und nutzt, aber sich keinem verschreibt, eine annehmbare Antwort auf unsere Fragen zu liefern vermochte. Dazu ist es dann unversehens gekommen. Eines Tags erhielt ich einen Brief von einem mir bis dahin unbekannten jungen Verleger, Dr. Lambert Schneider. Er schrieb mir, er wolle seinen eben begründeten Verlag mit einer Übersetzung des »Alten Testaments« beginnen, aber nur, wenn ich sie unternehmen wolle, gleichviel wie, als Neuherausgabe, als Bearbeitung, als eigenes Werk. Dieser Brief eines durchaus deutschstämmigen Christen mutete mich wie ein Zeichen an. Ich las ihn Rosenzweig vor und fügte hinzu, ich sei geneigt, auf den Vorschlag einzugehen, aber nur, wenn er, Rosenzweig, mitmache. Ich merkte, daß meine Äußerung ihn zugleich erfreute und aufstörte. Ich habe das später verstanden. Zwar erwartete er damals nicht mehr, wie in der ersten Zeit seiner Krankheit – einer unerbittlichen Lateralsklerose –, den Tod in den nächsten Wochen oder Monaten, aber er hatte es aufgegeben, für den Rest seines Lebens ein größeres Zeitmaß anzuwenden. Nun wurde ihm ein Anteil an einem Werk angeboten und also zugetraut, das [wie er viel früher als ich erkannte] eine Reihe intensivster Arbeitsjahre erheischte. Es galt, sich auf eine andere Zukunftsrechnung einzulassen. Denn auch Rosenzweig glaubte, wie ich, in aller Nüchternheit an Zeichen, nur stärker als ich. Er sagte [das heißt, da er schon längst nicht mehr sprechen konnte, er gab auf einer mühseligen Apparatur mit unsicherem Finger einen, zwei, drei Buchstaben von jedem Worte an, seine Frau erriet es und sprach es aus]: »Wir wollen mal einen Versuch machen.« Es war klar, was er meinte:
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wir sollten jene Kontroverse praktisch entscheiden, indem wir beide Methoden an einem Kapitel der Schrift erprobten und so ermittelten, ob eine von ihnen, welche von ihnen für uns gangbar war. »Welches Kapitel?« fragte ich. Er antwortete: »Das erste.« Natürlich begannen wir mit dem Versuch, Luther zu revidieren. Wir nahmen einen Vers nach dem andern vor und änderten, was uns von unserem hebräischen Sprachwissen und Sprachbewußtsein aus änderungsbedürftig erschien. Nach einem Tag Arbeit standen wir vor einem Trümmerhaufen. Es hatte sich erwiesen, daß man auf diesem Weg nirgends hinkam. Es hatte sich erwiesen, daß Luthers »Altes Testament« in alle Dauer ein herrliches Gebild blieb, aber schon heute keine Übertragung der Schrift mehr war. Nun übernahm ich es, eine Verdeutschung des ersten Kapitels der Genesis nach meiner Auffassung zu entwerfen. Als Rosenzweig das Manuskript gelesen hatte, schrieb er mir: »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert.« Dieser Satz leitete ausführliche Bemerkungen ein, denen schon eine Reihe anderer vorangegangen war – zusammen bereits ein Meisterstück helfender Kritik. Damit hatte die gemeinsame Arbeit begonnen. Die Form des Zusammenwirkens ist bis ans Ende dieselbe geblieben. Ich übersetzte und sandte jeweils die Blätter dieser ersten Fassung [des sogenannten Quartmanuskripts], zumeist kapitelweise, an Rosenzweig. Er antwortete mit seinen Bemerkungen: Beanstandungen, Hinweisen, Änderungsvorschlägen. Ich verwertete davon sogleich, was mir unmittelbar einleuchtete, in Änderungen; über das andere korrespondierten wir. Was strittig blieb, wurde bei meinen Mittwochbesuchen [ich fuhr jeden Mittwoch aus meinem Wohnort Heppenheim an der Bergstraße nach Frankfurt am Main, wo ich an der Universität las, und brachte den Rest des Tages bei Rosenzweig zu] durchgesprochen. Wenn wir mit der ersten Fassung eines Buches fertig waren, ging ich an die Herstellung der zweiten, der für die Druckerei bestimmten Reinschrift [des sogenannten Foliomanuskripts], und das Verfahren wiederholte sich: es gab wieder eine Menge Bemerkungen. Es wiederholte sich bei der ersten, bei der zweiten Korrektur; nach dieser wurde das Buch uns gemeinsam vorgelesen, und wir verglichen gemeinsam mit dem Text; es gab immer noch tagelange Besprechungen. Nach der dritten Korrektur wurde Imprimatur erteilt. Auf den Blättern des Quartmanuskripts gab ich, um Rosenzweig den Überblick zu erleichtern, überall, wo es möglich schien, die Gründe an, weshalb ich so und nicht anders übersetzte. Da ihm alles vermeidbare Bücherwälzen erspart werden mußte, verzeichnete ich zu jeder schwieri-
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gen Stelle die kontroversen Meinungen, von den ältesten Exegeten bis zu den neuesten Aufsätzen der wissenschaftlichen Zeitschriften. Dennoch mußte oft um ein einziges Wort der Briefwechsel wochenlang hin und her gehen. »Meine Rolle dabei«, hatte Rosenzweig im Anfang der Arbeit mir geschrieben, »wird ja wahrscheinlich nur die der gründlichen Muse [Diotima und Xanthippe in einer Person] sein, wie Ihre bei Jehuda Halevi. Aber das ist, wie Sie ja aus diesem Beispiel sehen, nichts Kleines.« Seine »Rolle« ist, obgleich er auch später bei dem Bild der »gründlichen« Muse blieb, hundertfach mehr als das »Beispiel« geworden. Die Blätter, die in jenen Jahren hinüber und herüber gegangen sind, ergeben zusammen den lebendigsten Kommentar: die Schrift, hell werdend im Raum einer Wechselwirkung. Welcher Art diese Wechselwirkung gewesen ist, kann ich hier nur an einigen – schon oben erörterten, nun aber um des Zusammenhangs willen neu zu formulierenden – Hauptfragen kennzeichnen: . Wir waren uns alsbald einig, daß wir unserer richtig aufgefaßten philologischen Aufgabe gemäß [»Der Wissenschaft folgen wir doch immer, nur eben unserer«, hat mir Rosenzweig einmal geschrieben] nicht bloß so weit als irgend möglich beim maſsoretischen Text, als dem einzigen objektiv faßbaren, verharren mußten, sondern auch, wo es sich etwa um die Verknüpfung der einzelnen Stücke untereinander handelte, nicht auf diese oder jene angeblich herauslösbare Quelle zurückgehen durften, sondern die uns vorliegende literarische Ganzheit wiederzugeben hatten, also, um die Sigel der modernen Bibelwissenschaft zu gebrauchen, nicht J [den »Jahwisten«] oder E [den »Elohisten«] usw., sondern R [den »Redaktor«], das heißt das Einheitsbewußtsein des Buches. In dieser Erkenntnis haben wir einander, im Lauf der Arbeit von der Arbeit lernend und wieder lernend, bestärkt, sie hat sich in dieser unsrer Wechselwirkung immer tiefer in uns beide verwurzelt. . Ich war lange vor dem Beginn unsrer Arbeit zu der Überzeugung gelangt, daß man bei einer Verdeutschung der Schrift versuchen müßte, von der Geschriebenheit des Wortes auf seine ursprüngliche und in jeder echten Vorlesung wieder laut werdende Gesprochenheit zurückzugehen. Daraus ergab sich, daß der Text der Übertragung in natürliche, von den Gesetzen des menschlichen Atems regierte, sinngemäß geschlossene Sprechabsätze, in Kola zu gliedern war, von denen jedes eine leicht sprechbare und leicht merkbare, also rhythmisch geordnete Einheit bildet, wie ja schon alle frühe mündliche Überlieferung auf das leicht Sprechbare und leicht Merkbare ausgeht, also rhythmusbildend wirkt. Diese meine Ansicht hat Rosenzweig sehr bald zu seiner eigenen gemacht und in einem
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Aufsatz »Die Schrift und das Wort« 13 auf die schönste Weise gedeutet und begründet. Der Kolenbau war übrigens das einzige, in das er mir nie hereinreden wollte. »Ich könnte kein Kolon zustandebringen«, pflegte er zu sagen. . Wir hatten gemerkt, daß manche Formen der Verwendung worthafter oder lautlicher Ähnlichkeit von der Schrift oft nicht als stilistische Verzierung, sondern als sprechendes Zeichen der besonderen Gewichtigkeit oder Sinnfülle einer Stelle gemeint waren: und daß daher zum Beispiel Alliterationen wiedergegeben werden sollten, wo die deutsche Sprache es zuließ. Darüber wachte dann Rosenzweig mit einer genialen Pedanterie. Ich spürte aber bald bei der Arbeit heraus, daß das Prinzip der Wiederholung und Entsprechung in der hebräischen Bibel eine sowohl extensiv als intensiv noch weit größere Geltung hatte. Wenn die Bibel etwas erzählt, fügt sie zwar dem Bericht der Begebenheit keine »Moral der Geschichte« bei, aber sie lenkt durch je nachdem zarte oder kräftige, nur ein Wurzelwort abwandelnde oder ganze Sätze refrainartig vervielfachende Wiederholungen, also dadurch, daß sie zwei oder mehrere Stellen in eine Entsprechung zueinander setzt, unsere organische Aufmerksamkeit auf einen Sinn der Erzählung, der uns erscheinen soll. Wenn zum Beispiel gesagt werden soll, daß der Gottesbote dem Bilam gegenübertritt, wie Bilam seiner Eselin gegenübergetreten ist, so geschieht das dadurch, daß in beiden Fällen immer wieder dieselben [zum Teil recht seltenen] Wendungen gebraucht werden. Dieses »Formgeheimnis des biblischen Stils«, das ich »im Übersetzen entdeckt hatte« – ich zitiere Rosenzweig –, hat er wieder in einem gewichtigen Aufsatz »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen« 14, meine Auffassung weiterbildend, dargelegt. . Am merkwürdigsten bezeigte sich unsere Wechselwirkung in den Fragen der Wiedergabe sprachlicher Eigentümlichkeiten. Zu meinem ersten Entwurf hatte Rosenzweig geschrieben: »Es ist ja erstaunlich deutsch; Luther ist dagegen fast jiddisch. Ob nun zu deutsch?« Er begann bald, erst nur hindeutend, dann immer nachdrücklicher, dieses »zu deutsch« zu bekämpfen. So schrieb er, als ich den Schluß des . Verses im . Genesiskapitel nicht genau reproduziert hatte: »Diese inneren Infinitive würde ich alle wiederzugeben versuchen. Also: magst essen du, essen. Aber das hängt damit zusammen, daß ich, wenn ich über Luther hinausgehen würde, ihn in der Hebraisierung der Syntax zu übertreffen suchen würde, Sie, bei enthebraisierter Syntax, im Aufgraben des hebräischen Gehalts des einzelnen Wortes.« Ich sah ein, daß sein Streben nach syntaktischer Nachbildung, . .
Wiederabgedruckt in Rosenzweigs »Kleineren Schriften«. Wiederabgedruckt in den »Kleineren Schriften«.
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natürlich unter der andersbestimmten Gesetzbarkeit der deutschen Sprache, berechtigt war, und machte es mir zu eigen. Einige Zeit später, als wir schon tief in der gemeinsamen Arbeit staken, kam ich in einem Brief auf die Verschiedenheit zwischen den Grundsätzen zu sprechen, die Rosenzweig in seiner Jehuda-Halevi-Übersetzung angewandt hatte, und denen, von denen ich bei diesem Versuch, die Schrift zu übersetzen, ausging. Darauf antwortete Rosenzweig [am . August ]: »Sie vergessen immer noch, daß Sie mich bekehrt haben, auf die gründlichste Art, durch Arbeit meinerseits.« Aber in Wahrheit hatten wir einander bekehrt. . Rosenzweig hatte richtig erkannt, daß für mich eine der wesentlichen Aufgaben der Schriftübertragung »das Aufgraben des hebräischen Gehalts des einzelnen Wortes« war. Ich war im Lauf jenes zehnjährigen Nachdenkens zu der Einsicht gelangt, daß man von den abgeschliffenen angeblichen Bedeutungen der biblischen Vokabeln, die man in den Wörterbüchern findet, zurückgreifen muß auf ihre sinnlichen Urbedeutungen, soweit sie aus hebräischer und [mit Vorsicht] sonstiger semitischer Etymologie zu erschließen sind; immer beachtend, daß die sogenannten Synonyma einer Sprache untereinander in ihrem sinnlichen Gehalt oft heftig differieren, daß aber auch die einander entsprechenden Begriffe verschiedener Sprachen sich in vielen Fällen keineswegs sinnlich decken, ja daß gerade in diesem Auseinandergehen die Eigentümlichkeiten der Volkscharaktere sich besonders deutlich bildhaft bekunden; freilich auch dies berücksichtigend, daß in der Übertragung die sinnliche Urbedeutung eines Wortes nicht überall in gleicher Stärke und nirgends ungebührlich stark hervortreten darf. Rosenzweig ging nun auf jene meine Tendenz zum »Aufgraben« nicht bloß ein, sondern gerade in diesem Bereich entfaltete sich sein selbständigster und produktivster Anteil. Es waren vor allem die kultischen und theologischen Bezeichnungen, die er aus dem Zustand der Verwaschenheit, dem sie anheimgefallen sind, durch Wiederherstellung der charakteristischen Grundfarbe zu befreien suchte, wobei er in einzelnen Fällen mit Recht nicht von der wirklichen Etymologie, sondern von der in der Bibel geltenden Volksetymologie ausging. Für seine Funde setzte er sich leidenschaftlich ein, zuweilen so fanatisch, daß ich – wie in andern Belangen, so auch hier – als mahnender Grenzwart der deutschen Sprache oder gar als Anwalt des verstehen sollenden Lesers fungieren mußte. Aber das Fechten gegeneinander war doch nur eine sehr sekundäre Erscheinung; das Eigentlichste unserer Arbeit war ein gemeinsames Ringen um die Adäquatheit, dem bedeutsamerweise an den höchsten und entscheidenden Punkten ein gemeinsames Erringen folgte, innerhalb dessen mitunter nicht mehr auszuforschen war, was dem Denken des einen, was dem des andern entstammte.
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift
Franz Rosenzweig ist am . Dezember gestorben. Der letzte Satz, den er am Tag vor seinem Tode zu »diktieren« begann, dessen Beendigung er aber auf den nächsten Tag verschob, galt der Deutung des . JesajaKapitels, an dem wir damals arbeiteten, des Abschnitts vom Knechte Gottes. Seither habe ich allein an der Übertragung gearbeitet. Bis zu Rosenzweigs Tod waren die neun ersten Bände [bis einschließlich »Könige«] erschienen, danach erschienen noch sechs Bände [bis einschließlich des Buches »Gleichworte«, der sogenannten Sprüche Salomos]. Im Herbst ist der Schocken Verlag, in den das Werk übergegangen war, behördlich aufgelöst worden, und die restlichen Bände konnten nicht mehr in Druck gehen.
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Als ich Anfang mit ein paar Freunden den Plan einer neuen Übertragung der hebräischen Bibel fasste, und wir sogar einen grossen deutschen Verlag dafür gewannen (der Anfang des Kriegs hat dann dem Vorhaben ein Ende gemacht), empfanden wir zwar diese Unternehmung als notwendig, ohne aber eigentlich zu wissen, worin das Neue zu bestehen habe, also auch ohne eigentlich zu wissen, weshalb sie notwendig sei. Und als Franz Rosenzweig mit Eugen Mayer die Frage einer für »jeden Barmizwa-Jungen« bestimmten neuen Übersetzung erörterte, widersprach er dem Gedanken; es komme, sagte er, nur eine »jüdisch revidierte Lutherübersetzung« in Betracht, – womit er ja nicht bloss das Vorhandensein eines neuen Übersetzungsprinzips, sondern geradezu dessen Möglichkeit bestritt. Noch Anfang hat er »eine neue offizielle Bibelübersetzung nicht bloss für unmöglich sondern sogar für verboten« gehalten (Brief an mich vom . Januar). Diese Überzeugung hat er denn auch, als ich bald darauf, Anfang Mai, von einem jungen deutschen Verleger, Lambert Schneider, aufgefordert, das »Alte Testament« neu zu übersetzen, ihn, Rosenzweig, zur Mitarbeit einlud, mir gegenüber nachdrücklich vertreten. Nur das Experiment konnte entscheiden. Ich habe mit redlichem Eifer einen Tag an den Versuch gewandt, von Luthers erstem Genesis-Kapitel zu erhalten, was sich erhalten liess. Der Versuch scheiterte; nichts liess sich erhalten, Satz um Satz wandelte sich vom Grunde aus. »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert«, urteilte Rosenzweig. – »Und so begann Die Schrift«. .
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Am . Juni schrieb mir Rosenzweig: »Die Mitarbeit hat mich von meinen anfänglichen Vorbehalten bekehrt: ich halte jetzt selbst das von Ihnen gefundene Prinzip einer Übersetzung für das richtige.« Was für ein »Prinzip« war das und wie ist es »gefunden« worden? In den für den Weg meines Denkens entscheidenden Jahren - ging mir – inmitten einer universalen Klärung – auf, wie ich Goethes Worte (im Vorspruch zum West-östlichen Divan) von der Ursprungstiefe menschlicher Geschlechter zu verstehen hätte: »wie das Wort so wichtig dort war, weil es ein gesprochen Wort war«. (Meine von Scholem ange-
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führte Rede von über »Das Wort, das gesprochen wird« 1 ist nur der vollgereifte Ausdruck jener Erkenntnis.) Ich bin damals dem Charakter früher mündlicher Überlieferung heiliger Texte nachgegangen, und zwar vornehmlich aus Epochen, in denen das die Überlieferung tragende Volk bereits eine ausgebildete Schriftlichkeit seiner Sprache besass (so in der vedischen Religion, in einem gewissen Masse auch noch im frühen Islam): man verstand die Texte (im wesentlichen Gesänge und Lehrreden berichtender, deutender und anweisender Art) niederzuschreiben, aber man tat es nicht, es war nicht gebührlich – nur in besonderen Fällen und zu besonderen Zwecken gebot sich die Niederschrift. Von Gewicht war dabei für mich die Tatsache, dass man vielfach in der mündlichen Übergabe die grössere Sicherheit für die Erhaltung des Wortlauts sah, – eine Auffassung, die bemerkenswerterweise von bedeutenden Forschern unserer Zeit als für bestimmte religiöse Kulturen zutreffend bezeichnet wird. Durch jene Studien ist das in mir seit langem wachsende akustische Verständnis der Bibel zum ordnenden Bewusstsein gebracht worden. Es ergab sich mir vor allem, dass für eine mündliche – und das heisst: nicht objektivierende – Textentstehung und Textbewahrung von vornherein eine elementare Verbundenheit von Gehalt und Form besteht. In dieser Sphäre tönender und sinngeladner Spontaneität war die Sagweise von dem zu Sagenden gar nicht zu trennen: dieses konnte überhaupt nur so gesagt werden. Das gilt freilich in einem gewissen Masse auch für alle echte Dichtung; aber zum Unterschied von dieser ist in jenem Bereich heiliger Gesprochenheit weithin keine durch Symbolzeichen darstellbare Gleichmässigkeit zu finden. So kann sich hier zwar ein metrischer Bau entwickeln (ein grosser Teil der Bibel ist ja bereits metrisch geformt); aber das Ursprüngliche ist nicht das Metrum, sondern die Kolometrie, d. h. die Gliederung in Einheiten, die zugleich Atemeinheiten und Sinneseinheiten sind. »Das Grundprinzip der natürlichen, der mündlichen Interpunktion« hat Rosenzweig zutreffend den Atemzug genannt (in dem Aufsatz »Die Schrift und das Wort«); nur muss dabei beachtet werden, dass in dem Bereich der reinen Mündlichkeit, von dem wir hier reden, Atemholen und Sinnespause derselbe Moment sind. Aus dieser fundamentalen Mündlichkeit ist das grosse Ausdrucksmittel hervorgegangen, dessen Wesen durchaus nicht etwa von ästhetischen Gesichtspunkten aus zu erfassen ist: die emphatische Wiederholung. Damit ist nicht die Wiederkehr von Lauten gemeint, wie sie uns als Alliteration, Assonanz u. ä. auch im biblischen Schrifttum entgegentritt; diese geläufigen »paronomastischen« Figuren dienen hier zuweilen dem Hinweis .
Veröffentlicht in »Wort und Wirklichkeit«, R. Oldenbourg, München, .
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auf die Wichtigkeit des so hervorgehobenen Wortgefüges, zuweilen auch nicht. Auch die blosse Wiederkehr ganzer Worte in benachbarten Abschnitten ist nicht gemeint; diese ist gewöhnlich, so in einem Teil der deuterojesajanischen Schrift und in einem Teil der Psalmen, von kompositionellen Zwecken bestimmt. Es geht hier vielmehr wesentlich um das Bezogenwerden zweier oder mehrerer Textstellen, sei es im gleichen Abschnitt, in verschiedenen Abschnitten, sei es auch in verschiedenen Büchern, aufeinander durch Wiederholung von Wörtern, Wortstämmen, Wortgefügen, und zwar solcherweise, dass die Stellen im Verständnis des Hörers einander erläutern, die neugehörte die altbekannte verdeutlicht, aber auch diese die neue zulänglicher erfassen hilft. Es geht somit um jenes Strukturprinzip, dessen prägnanteste Erscheinung ich als »Leitwort« bezeichne. Man vergegenwärtige sich nur diese Sprecher, lehrende Wahrer mündlichen Urguts und Träger des Wortes im geschichtlichen Augenblick zugleich, und ihre Hörer, geladenerweise oder wie es sichs eben traf auf heiligen und profanen Plätzen Versammelte, die aber auch sie das bisher vernommene Wort, das bislang in ihre Ohren Gerufene, den bisherigen Ur-Mikra, in ihrem vitalen Gedächtnis hegten, – und wie nun ein einst gehörtes seltenes Lautgebild oder ein ihm nahverwandtes in neuer Verbindung an ihr Ohr dringt: sie horchen auf, sie ergreifen jenes und dieses in einem, und jetzt sehen sie auch beides in einem, etwa den mit vibrierenden Flügelspitzen über den eben flügge werdenden Völker-Nestlingen »schwingenden« Adler (Dt , ) und den eben so über den Wassern der Vorschöpfung schwingenden »Braus Gottes« (Gen , ), und die beiden Bilder illuminieren einander. (Man muss verstehen, was für das urbiblische Bewusstsein das von uns kaum noch beachtete Faktum bedeutet hat, dass der Piel von רחףnur an diesen zwei Stellen zu finden ist.) 2 Dies also war mein Hauptbeitrag zum gemeinsamen Werk. Der Rosenzweigs gehörte einem andern, aber benachbarten Gebiet an, der Wortwahl; benachbart, sage ich, da es, das Prinzip der Wiederholung einmal erkannt, Pflicht war, irgend wichtige wurzelgleiche Worte durch wurzelgleiche wiederzugeben, damit die gegenseitigen Bezogenheiten auch in der Übersetzung offenbar werden. Das aber kann rechtmässig nur geschehen, indem man die ursprüngliche Bedeutung des einzelnen Wort.
Für weitere Beispiele und ihre Interpretation verweise ich u. a. auf meine Aufsätze »Die Sprache der Botschaft«, »Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs« und »Das Leitwort und der Formtypus der Rede« und auf Rosenzweigs »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen« (sämtlich in Buber und Rosenzweig, »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, Schocken Verl., Berlin ; Rosenzweigs Aufsatz auch in seinen »Kleinen Schriften«), ferner auf mein Büchlein »Recht und Unrecht«, Deutung einiger Psalmen (Basel ).
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stammes fasst und hält, von der aus sich der Bedeutungswandel bis in die subtilsten Begriffsverzweigungen vollzieht. So stammt von Rosenzweig, um nur ein einziges, aber besonders beredtes Beispiel anzuführen, der kühne Entschluss, nicht wie allgemein üblich, durch den deutschen Wortstamm »recht« sowohl צדקwie שפטwiederzugeben, sondern Recht und Gerechtigkeit dem letzteren allein, also dem Bereich des jemandem Zukommenden und der richterlichen Zuteilung dieses Zukommenden vorzubehalten, wogegen dem צדק, als dem wahren Sachverhalt und seiner Erweisung in voller Wirklichkeit, der Wortstamm »wahr« (daher צדקה: Bewährung, צדיק: der Bewährte, הצדק: bewahrheiten usw.) als der allein ihm zu entsprechen bereite zuzuteilen war. Anderseits aber war offenbar, dass der Stamm אמןnicht, wie »wahr«, eine objektive Richtigkeit meint, sondern das feste Beharren der Person, ihre Zuverlässigkeit, ihre Treue – und das Vertrauen zu ihr, – von wo aus denn auch die deutschen Entsprechungen zu suchen waren. Dieser Standort war es, der Rosenzweig den grossen Schritt zur getreuen, und das heisst hier: konkreten, Wiedergabe des vierbuchstabigen Gottesnamens ermöglicht hat, wie die Dornbuschrede ihn verstanden wissen will, als Ausspruch nicht eines Seins, sondern eines Da-seins, Bei-unsseins, wie Rosenzweig es in seinem Aufsatz »Der Ewige« dargelegt hat. Ich selbst habe hier nur allerhand wissenschaftliches Stützwerk beigebracht. 3 Um was es ihm in diesem Bereich der Wortwahl ging, davon hat Rosenzweig mit jenem Humor, der ihm – nie genug zu bewundern – in der unvorstellbaren Tiefe der Krankheit nicht bloss verblieben sondern gewachsen war, in seinem letzten Lebensjahr in einem Brief an Joseph Carlebach, zur Antwort auf dessen »Warnung vor Übertreibung des an sich berechtigten Eindringens in den Wortgehalt« so berichtet: »Da bin ich das Karnickel. Buber führt täglich schriftlich und einmal wöchentlich mündlich gegen mich mit Leidenschaft und Spott die Sache des armen Lesers. So glauben Sie mir nun aber auch, dass nichts, was schliesslich bleibt, aus Feinschmeckerei bleibt, sondern ausschliesslich aus rabies theologica«.
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Vgl. das Kapitel »Der brennende Dornbusch« in meinem »Moses« und das Kapitel »JHWH der Melekh« in meinem »Königtum Gottes«.
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Am . Dezember starb Franz Rosenzweig. Damals waren wir am Übersetzen des . Jesaja-Kapitels, und seine letzte zu Papier gebrachte Äusserung hat diesem gegolten. Ich habe in den folgenden Jahren die Arbeit, wenn auch in langsamerem Tempo, allein fortgeführt. Um die Identität zu wahren, musste ich den Anteil Rosenzweigs in mich aufnehmen und die Auseinandersetzungen nach Möglichkeit ungeschmälert in mir sich fortsetzen lassen. Das ist in dem der menschlichen Person gegebenen Masse geschehen. In den Bänden, die noch – noch bei Lambert Schneider und (unter Hitler) im Schocken Verlag – erschienen sind, macht sich die von Scholem hervorgehobene »Urbanität« kaum erst fühlbar; das ist erst später gekommen. Im März war meine Alija. Nach der Kristallnacht ist der Schocken Verlag aufgelöst worden. In den letzten Jahren meines Aufenthalts in Deutschland hatte ich mich Mal um Mal an der Übersetzung des Buches Ijob versucht, stiess aber immer wieder auf Schwierigkeiten, derengleichen mir bei der bisherigen Arbeit nicht begegnet waren. In Jerusalem wollte ich von neuem darum ringen. Da aber, wie es sich zeigte, an eine Veröffentlichung der bisher noch unübersetzten Bücher nicht zu denken war, verstand ich, dass ich die Arbeit aufzugeben hatte. Zur Zeit der Alija war ich geworden. Zehn Jahre danach, zu meinem . Geburtstag, machte sich Salman Schocken mir gegenüber erbötig, eine Übersetzung des Buches Ijob zu drucken, sobald sie fertig wäre. Es handelte sich aber nicht um eine Wiederaufnahme der Schrift-Publikation. Zu einer blossen Vergrösserung des Torsos habe ich mich nicht entschliessen können. trat ein katholischer Verlegerkonzern mit dem Sitz in der Schweiz und in Deutschland an mich mit dem Anerbieten heran, eine Neubearbeitung zu unternehmen und das Werk zu Ende zu führen. Der Name der Firma war Jakob Hegner; Hegner, mir von seiner Jugend an bekannt, hatte, zuerst für Schneider, danach für Schocken, die erschienenen Bände der »Schrift« sowie die revidierte »Logenausgabe« des Pentateuchs gedruckt. Noch intensiver als damals, da Lambert Schneider mich zuerst besucht hatte, musste ich den Spruch besinnen, den meine Grossmutter Adele im Mund geführt hatte: »Man weiss niemals vorher, wie ein Engel aussieht«. Ich sagte zu und ging an die Arbeit. erschien der erste Band, »Die fünf Bücher der Weisung«, der zweite, »Bücher der Geschichte«, der dritte, »Bücher der Kündung«. Im Herbst habe ich das Buch Ijob übersetzen können, und der Rest der Schriftübertragung ist
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Anfang vollendet worden. Dieser Schlussband, »Die Schriftwerke«, ist im Druck. Die früher erschienenen Teile habe ich neu bearbeitet. Mit Recht gewinnt man beim Vergleichen den Eindruck einer grösseren »Urbanität«. Aber das Prinzip der Übertragung ist unabgeschwächt geblieben, und auch jetzt hiess es, bei seiner Durchführung bis an die Grenzen der deutschen Sprache zu gehen, innerhalb derer man der hebräischen die Entsprechungen zu finden hatte. Dass diese Grenzen jetzt dem Leser vertrauter erscheinen dürfen als damals, liegt eben daran, dass der Übersetzer die seitherigen Jahre lang fortgelernt hat. Manches ist unvermeidlicherweise spröd geblieben, einiges hat sogar eine neue Sprödigkeit angenommen. Jede solche Änderung geht darauf zurück, dass ich mich mit ihrem Gegenstand neu habe befassen müssen. So war ich in der Schöpfungsgeschichte genötigt, vom »Abgrund«, für den sich Rosenzweig nachdrücklich einsetzte, zum »Urwirbel« überzugehen, weil eine erneute Vergleichung aller Stellen, ab denen das Nomen vorkommt, mir gezeigt hat, dass auf seinen dynamischen Charakter nicht verzichtet werden darf: ein תהוםkann dem andern »zurufen« (Ps , ), weil sie beide tobend emporwirbeln. Und etwa für die Wiedergabe der Opferbezeichnung עולותwar ich genötigt, von »Hochgaben« zu »Darhöhungen« überzugehen, obgleich »Darhöhungen darhöhen« auch bei freundlichen Lesern Ärgernis zu erregen vermag; denn »Hochgabe« gibt das falsche Bild einer hochgehäuften Gabe, es geht aber darum, die Bewegung des im Brande Aufsteigenlassens, das »Auf den Himmel zu« des opfernden Menschen spürbar zu machen. – Im übrigen: sollte ich etwa noch eine Volksausgabe der »Schrift« erleben, so werde ich wieder allerhand zu ändern haben.
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. Nun aber – »utopisch« geworden, da es (ich sage es mit meinen eigenen Worten) nach der widergeschichtlichen Selbsterniedrigung des deutschen Volkes ein authentisches und daher auch authentisch aufnahmefähiges deutsches Sprachleben nicht mehr gebe? Im Gebiet des Geistes müssen alle Prognosen dessen gewärtig sein, dass sich ihnen ein Fragezeichen anhängt. Aber eine andersartige Antwort ist bei Rosenzweig zu finden. Er hat zwar nicht mit der Möglichkeit dessen gerechnet, was dann in der Hitlerei Gestalt gewann, wohl aber hat er die Vulgarisierung eines geistigen Prozesses genau erkannt, die dann in den Tätigkeiten der »Deut-
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schen Christen« und der weitergehenden »Deutschen Glaubensbewegung« ihren freilich recht problematischen Ausdruck fand. Es geht um die Lossagung von einem schaffenden und seiner Schöpfung offen bleibenden Gott als einem nur »Gerechten«, nicht »Liebenden«, und damit vom »Alten Testament«, eine Tendenz, die auf den christlichen Gnostiker Marcion zurückgeht und daher in ihren modernen Ausprägungen als Neomarcionismus bezeichnet werden kann. Rosenzweig schreibt an mich schon während der Arbeit am Genesis-Band (. . ): »Ist Ihnen eigentlich klar, dass heut der von den neuen Marcioniten theoretisch erstrebte Zustand praktisch schon da ist? Unter Bibel versteht heut der Christ nur das Neue Testament, etwa mit den Psalmen, von denen er dann noch meist meint sie gehörten zum Neuen Testament. Also werden wir missionieren.« Und ein halbes Jahr danach ist sein Gedanke zu unüberbietbarer Präzision gediehen. Er schreibt (an Eugen Mayer . . ): »Ich fürchte manchmal, die Deutschen werden diese allzu unchristliche Bibel nicht vertragen, und es wird die Übersetzung der heut ja von den neuen Marcioniden angestrebten Austreibung der Bibel aus der deutschen Kultur werden, wie Luther die der Eroberung Deutschlands durch die Bibel war. Aber auch auf ein solches Golus Bowel könnte ja dann nach siebzig Jahren ein neuer Einzug folgen, und jedenfalls – das Ende ist nicht unsere Sache, aber der Anfang und das Anfangen.« Es sieht mir nicht danach aus, als ob Die Schrift siebzig Jahre zu warten hätte. Aber »missionieren« – ja, auf jeden Fall! Ich bin sonst ein rabiater Gegner alles Missionierens und habe auch Rosenzweig gründlich widersprochen, wenn er sich für eine jüdische Mission einsetzte. Aber diese Mission da lasse ich mir gefallen, der es nicht um Judentum und Christentum geht, sondern um die gemeinsame Urwahrheit, von deren Wiederbelebung beider Zukunft abhängt. Die Schrift ist am Missionieren. Und es gibt schon Zeichen dafür, dass ihr ein Gelingen beschieden ist.
Zur Verdeutschung des Buches Ijob Das Buch Ijob stellt den nach der echten Treue strebenden Übersetzer vor zwar sehr spezielle, aber auch sehr gewichtige Probleme. Dieses Buch ist eine dialogische Komposition, verbunden mit einer Rahmengeschichte, die vermutlich einer älteren literarischen Schicht entstammt, aber dann als im Hinblick auf das dialogische Werk überarbeitet angesehen werden muß. Die Dialogik ist hier jedoch von einer besondern Art: sie ist von Dialektik durchsetzt; und zwar von einer vielfach geradezu forensisch wirkenden Dialektik. Im Mittelpunkt steht Ijobs Rechten mit Gott als seinem Richter. Eine Apologie ist es nicht; eher darf man es einen Protest und einen Appell nennen, und zwar nicht eigentlich gegen ein Urteil – Ijob vermag nicht anzuerkennen, daß ein solches gefällt worden wäre –, sondern eher gegen eine, eben durch kein Urteil begründete, Strafe. Das, was ihm widerfahren ist, muß er, von der unerschütterlichen überlieferten Lehre von Lohn und Strafe aus, als eine solche betrachten, aber, da sie von keinem ihm irgend erkennbaren Urteil gedeckt wird, als eine ungerechte Strafe. Appellieren kann er naturgemäß von dem Gott, der »Schlichte und Schuldige tilgt« [, ], der sein, Ijobs, Recht, sein Recht auf ein Urteil »hat entweichen lassen« [, , vgl. , ], an ebendenselben Gott, der als Gott letztlich doch gerecht sein, also jetzt und hier wieder gerecht werden, das Recht wiederkehren lassen muß. Ijob fordert, was man im irdischen Gerichtsverfahren eine ordnungsgemäße Prozedur nennen mag. Zugleich aber weiß er genau, daß diese seine Forderung widersinnig ist; so übermächtig ist Gott ja seinem Geschöpf, daß er den eignen Mund des »bewährten« Menschen ihn »schuldigen« lassen kann [, ]. »Ich soll, ich soll schuldig sein«, ruft Ijob, »wozu mag um Dunst ich mich mühn!« [, ]. Aber er geht noch darüber hinaus. Gewiß, er, der Mensch, sündigt, weil er eben Mensch ist, aber wie kann der ihm unendlich Überlegene sich mit diesen Menschensünden abgeben! »Habe ich gesündigt, was bewirke ich dir, Hüter des Adamgeschlechts? … Weshalb erträgst du meine Abtrünnigkeit nicht?« [, f.]. In eigentümlicher Weise greift der erste Teil der Rahmengeschichte dieser Klage vor. Hier wird diesseits der Dialektik mit epischer Eindeutigkeit berichtet, daß das, was Ijob widerfuhr, nicht eine Strafe, sondern eine Versuchung ist, die Versuchung eines »schlichten und geraden, Gott fürchtenden und vom Bösen weichenden« Mannes [, ] durch Gott, der ihn als solchen kennt und rühmt. Die Gestalt des »Hinderers« [das bedeutet das hebräische Wort Satan], der Gott »reizt, ihn umsonst zu verschlin-
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gen«, wird wohl aus einem alten Volksbuch herübergenommen sein; aber die jetzige Fassung läßt Bezüge auf die dialogische Komposition erkennen. Ein solcher Bezug erscheint in dem Wort »umsonst« [hebr. chinnam], das hier als Leitwort auftritt, und zwar in seinen zwei Bedeutungen, »ohne Entgelt« und »grundlos«. Der Hinderer fragt Gott in ihrem ersten Zwiegespräch [, f.]: »Ist’s umsonst, daß Ijob Gott fürchtet? Bist nicht du’s, der ihn und sein Haus und alles Seine rings umschirmt hat?« Im zweiten Gespräch aber kehrt das Wort, wie oben angeführt, in der entscheidenden Bedeutung wieder: Gott sieht das Ijob Angetane als »umsonst«, grundlos getan an: Ijob hat dazu keinen Anlaß gegeben, es war eben eine Versuchung – und die Versuchung wird fortgesetzt. Die Verknüpfung mit der Klage Ijobs [, ], Gott schnappe im Sturm nach ihm und mehre »umsonst« seine Wunden, ist offenkundig. Einer der »Freunde« bestreitet, daß Gott dergleichen tue; er, Ijob, sei es vielmehr, dem solches vorzuwerfen sei: wenn Gott ihn so straft, habe er gewiß seine Brüder »umsonst« gepfändet [, ]. – Noch charakteristischer ist eine andere Leitwort-Führung, die sich zwar auf die einleitende Erzählung beschränkt, sie also nicht mit der dialogischen Komposition verknüpft, von deren Dialektik aber sichtlich beeinflußt ist. Es geht hier um das Verb barech, das im allgemeinen »segnen« bedeutet, aber ein »gegensinniges« Wort ist 1, das auch den Sinn von »jemandem absagen«, indem man sozusagen durch einen Abschiedsgruß, einen Abschiedssegen, die Verbindung mit ihm abbricht, haben kann; dann ist das Verb in einer Übertragung wie diese, die – insbesondere wo es um leitwortartige Wiederholungen geht – auf Wahrung des Wortstamms bedacht ist, durch »jemandem absegnen« wiederzugeben. Der Hinderer spricht zu Gott [, f.]: »Das Tun seiner Hände hast du gesegnet … rühre an alles Seine, ob er nicht in dein Antlitz dir absegnet!« Seinen Worten präludiert ein Ausspruch, den Ijob vordem zu tun pflegte, wenn er befürchtete, seine Söhne könnten sündigen und »Gott in ihrem Herzen absegnen« [, ]. Und auf dem Gipfel der Heimsuchung redet Ijobs Weib ihn so an [, ]: »Noch hältst du an deiner Schichtheit! Segne Gott ab und stirb!« Daß Ijob dies als eine schändliche Rede verwirft, hängt leitwortmäßig eng zusammen mit seinem kurz vorher [, ] berichteten Spruch: »ER ist’s, der gab, und ER ist’s, der nahm, SEIN Name sei gesegnet!« Die dialogische Komposition läßt, dem von der Gegensätzlichkeit durchwobenen Stil des Buches gemäß, die erste Klage Ijobs mit einem Fluch beginnen [, ]: er verwünscht den Tag seiner Geburt. Er flucht dem eigenen Dasein, über das solches verhängt worden ist, und er segnet Gott, der es verhängt hat. In all seinen Klagen .
Solche Stellen als nachträgliche »Euphemismen« zu erklären, halte ich für abwegig.
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und Protesten sagt er diesem seinem Gott nicht ab, vielmehr er bezeugt ihn, den übermächtig Geheimnisumwitterten, durch eben diese Klagen und Proteste, durch eben seinen Anspruch, seine nicht ablassende Ansprache. Als Gott ihm dann unmittelbar entgegentritt und ihm aus dem Sturme antwortet, ohne dem Appell irgend Folge zu leisten, nur eben das Geheimnis einer Schöpfung, in der kein Recht waltet, als sein eignes Schöpfergeheimnis proklamierend, da beugt Ijob sich, er zieht seinen Appell zurück und bekennt, was er im Grunde schon je und je wußte und bezeugte: daß das Geheimnis ihm »zu wunderbar« ist, als daß er es zu »kennen« vermöchte. In diesem Bekenntnis birgt sich aber noch etwas, das wir nur andeutungsweise erfahren: Ijob sagt, »aufs Hörensagen des Ohrs« [also aus menschlicher Kunde von Gottesworten] habe er bisher ihn »gehört«, nun aber habe ihn sein Auge »gesehn« – unmittelbar, wiewohl ohne alle Minderung der Geheimnishaftigkeit. Vordem, in der letzten seiner Klagen [, ] hatte Ijob von den Tagen seiner »Frühe« berichtet: »wann Gottes Einvernehmen mir überm Zelt war, wann der Gewaltige noch war bei mir«: Ijobs Glück war nur eine Ausstrahlung von Gottes Nähe; alles Unheil, das ihm hernach widerfuhr, war nur eine Auswirkung der allein wesentlichen Tatsache, daß Gott ihm seine Nähe entzog und er sich mit dem »Hörensagen« zu bescheiden hatte. Nun aber hat Gott ihm seine Nähe wieder geschenkt, er darf ihn wieder »sehen«, das »Einvernehmen« von einst ist zu seiner Vollendung gediehen. Nun bedarf es keiner Entgeheimnissung mehr, denn der Mensch darf im Angesicht des nicht zu enträtselnden Geheimnisses leben. Zwischen Recht und Unrecht wird nicht entschieden; sie werden aufgehoben durch das »Sehen«. Das Leid bleibt vorerst ungemindert, Ijob sitzt immer noch »hier in dem Staub und der Asche«, und doch hat sich alles verwandelt, denn der Gegensatz von Lohn und Strafe ist durch das Mysterium der Nähe abgelöst worden. Die Rahmengeschichte spricht ein Wissen aus, das Ijob selber und der ganzen dialogischen Komposition fremd bleibt: sie versteht das Wirken des Geheimnisses in Ijobs Schicksal als eine Versuchung. Gott »versucht« je und je Menschen, denen er nah ist und die er liebt. Der Schluß der Rahmengeschichte bekundet, daß Ijob, der Mann der Klagen und Proteste, die Versuchung als ein Gott Bezeugender bestanden hat: wie im Anfang [, ; , ], so nennt ihn jetzt wieder [, f.] Gott Mal um Mal seinen »Knecht«, und nun im Sinn einer endgültigen Berufung, der Berufung zu einem Mittler [, , ; das hier hervorgehobene Wort für »beten« bedeutet ursprünglich: sich ins Mittel legen]. *
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Für die Verdeutschung der dialogischen Komposition ist von zentraler Wichtigkeit, daß sie von der Gegensätzlichkeit zweier Wortstämme, zadak und rascha, durchzogen ist. Der erste ist, wie ich [im Abschnitt über die »Preisungen«] dargelegt habe, notwendigerweise nicht durch den Wortstamm »recht«, sondern, wie in allen andern Büchern der Schrift, durch »wahr« wiederzugeben. Hier, im Buch Ijob, geht es vor allem um den Begriff der »Bewahrheitung«: die Sache des »Bewährten« soll in ihrer Wahrheit erwiesen werden. Der diesem gegenüberstehende Wortstamm kann dagegen hier nicht, wie sonst, von dem Stamm »frevel« aus wiedergegeben werden; wir müssen den Stamm »schuld« heranziehen, denn auch hier geht es im wesentlichen um ein Erweisen, nur eben um ein negatives, um ein Als-schuldig-erweisen, genauer: ein Als-schuldig-erscheinen-lassen. »Schuldige mich nimmer!« – so ruft Ijob Gott an [, ]. Gott aber spricht zu ihm [, ]: »Willst du gar mein Recht zerbröckeln, mich schuldigen, damit du bewahrheitet werdest?« Hier ist die Dialektik im Raume zwischen Gott und Mensch an ihr Ende gelangt.
Kommentar
Editorische Notiz Der vorliegende Band folgt den neuen, in Band der MBW (»Schriften zum Christentum«) erstmals vorgestellten Editionskriterien. Die Einleitung, die der Textsammlung vorausgeht, enthält allgemeine Hinweise zur Entstehungsgeschichte der Texte, ordnet sie in Bubers Gesamtwerk ein und erläutert ihre zeitgenössische Rezeption. Im kritischen Teil des Bandes wird zu jedem einzelnen Text ein Kommentar des Herausgebers geboten, der – so weit möglich – auf die Textentstehung eingeht, die Quellen analysiert und die aktuelle Forschungsliteratur benennt. Im Anschluss an diesen Kommentar werden an erster Stelle die in den Variantenapparaten berücksichtigten, mit Siglen versehenen Textzeugen aufgelistet und, falls erforderlich, kurz charakterisiert. Darunter befinden sich ggf. Manuskripte aus dem MBA und die zu Bubers Lebzeiten erschienenen, d. h. die von ihm autorisierten Drucke. Auf die eventuell vorhandenen späteren Drucke wird in den Herausgeber-Kommentaren zu den einzelnen Texten hingewiesen. Der Bestimmung der Druckvorlage folgen ggf. die bibliographischen Angaben zu den Übersetzungen des Textes. In einem Fall (»Die Sprache der Botschaft«) wird anschließend ein vollständiges Manuskript abgedruckt. Diese Ausnahme empfiehlt sich wegen des erheblichen Umfangs der für die Druckfassung vorgenommenen Änderungen und Erweiterungen. Darauf folgend wird ein Variantenapparat geboten, der inhaltliche, den Sinn des Textes verändernde Abweichungen der vorhandenen Textfassungen von der Druckvorlage verzeichnet. Einträge des Herausgebers sowie herausgeberbezogene Zeichen werden kursiv, der edierte Text recte formatiert. Der Kommentarteil zu dem jeweiligen Text wird in der Regel durch Wort- und Sacherläuterungen abgeschlossen. Die Texthervorhebungen der Originaltexte mit gesperrter und kursiver Schrift sowie Kapitälchen werden beibehalten, soweit sie nicht rein drucktechnischen Charakter haben. Alle anderen Arten von Schriftauszeichnung – fette Schrift, einfache und doppelte Unterstreichung, Versalschrift – werden vereinheitlicht mit kursiver Schrift wiedergegeben. * Die Auswahl der Texte in diesem Band orientiert sich an Bubers Beiträgen in dem gemeinsam mit Franz Rosenzweig veröffentlichten Band Die
Editorische Notiz
Schrift und ihre Verdeutschung. Im Schocken Verlag / Berlin . Nur der kurze Text »Schlichtung« aus diesem Band wird an anderer Stelle der Werkausgabe (Band .: Schriften zur chinesischen Philosophie und Literatur) erscheinen, weil die in ihm erörterten Themen eher in diesen Zusammenhang gehören. Nicht abgedruckt werden die in Die Schrift und ihre Verdeutschung publizierten Texte Franz Rosenzweigs. Sie liegen inzwischen in neuerer Ausgabe in Franz Rosenzweig GS Bd. , S. - vor. Die Reihenfolge der Texte Bubers im vorliegenden Band folgt derjenigen in der Ausgabe von . Abgedruckt wird jeweils die Fassung des Drucks in diesem Band, nicht wie sonst üblich die des Erstdrucks. Dies geschieht, um den Zusammenhang dieses Bandes so weit wie möglich zu wahren. In den Textbestand des Bandes wurde nur dort eingegriffen, wo Verweise auf bestimmte Seitenzahlen dies zwingend erforderlich machten. Die dadurch notwendig gewordenen Abweichungen werden als Berichtigungen im Variantenapparat dokumentiert. Im Anschluss an die Texte aus Die Schrift und ihre Verdeutschung werden weitere Texte Bubers zum Thema in den Band aufgenommen, die andernorts veröffentlicht worden sind bzw. bisher unveröffentlicht waren (so das Manuskript »Zu Luthers Übertragung von ruach«). Diese wurden in chronologischer Reihenfolge arrangiert, wobei jeweils die Fassung des Erstdrucks bzw. des Manuskripts abgedruckt wird. Die bei den Aufsätzen angegebenen Jahreszahlen vermerken in diesem Teil des Bandes das Jahr des Erstdrucks bzw. die Entstehungszeit des Manuskripts. Es wurde versucht, den jeweiligen Originaldruck bzw. das Manuskript so genau wie möglich wiederzugeben. Daher wurde auch das lange »s« (»ſ«, kursiv »ſ«) stehen gelassen, wo es im Originaldruck zu finden war. Auch Angaben zu Bibelstellen wurden exakt wie im Originaldruck wiedergegeben. In den Wort- und Sacherläuterungen dagegen wird, wie in dieser Werkausgabe üblich, für das AT nach den Frankfurter Judaistischen Beiträgen (FJB) und für das NT nach der Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG) zitiert. Zur Ausstattung des vorliegenden Bandes gehört neben den in dieser Werkausgabe üblichen Registern auch ein Index der hebräischen Worte, die Buber in seinen Texten und deren Varianten benutzt. Die Bedeutung der Worte wird von Buber in der Regel im Text erläutert, deswegen wurde auf eine Übersetzung im Index verzichtet; zumal Buber diese Worte oft im Original belässt, weil er die Gültigkeit der gängigen Übersetzungen anzweifelt.
Diakritische Zeichen Korrekturen von Bubers Hand: [Text] Texttilgung hTexti Texteinfügung ! Korrektur zu folgender Variante Herausgeberbezogene Zeichen: x, xx, xxx … Unentzifferte(s) Zeichen X Unentziffertes Wort ? unsichere Lesung des davor stehenden Wortes [Textverlust] eindeutig fehlende, nicht ergänzbare Textlücken wegen Schreibabbruch, Textzeugenbeschädigung etc. ›Text‹ Variante aus einem Textzeugen, eingeblendet innerhalb einer Variante aus einem anderen Textzeugen / Zeilenumbruch Textzeugen-Siglen: Drucke D, D … Teilabdrucke und Korrekturbögen d, d … Handschriften H, H … Typoskripte TS , TS … Schichten innerhalb eines Textzeugen TS., TS. …
Einzelkommentare Die Schrift und ihre Verdeutschung Der Sammelband, der in diesem Band der Martin Buber Werkausgabe bis auf die Beiträge Rosenzweigs abgedruckt wird, erschien im März , also ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des ersten Bandes der »Schrift«; bereits Anfang April hat Buber dann Exemplare verschicken lassen (Brief an Hermann Gerson (-) vom . . : »›Die Schrift und ihre Verdeutschung‹, das ich Ihnen vor etwa Wochen schicken ließ« (B II, S. ; vgl. auch ebd. S. )). Zum ersten Mal veröffentlicht wurden hier die Texte »Die Sprache der Botschaft«, »Das Leitwort und der Formtypus der Rede«, »Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuch«, »Das Leitwort und der Formtypus der Rede« wie auch »Aus einem Brief an H. Gerson«; die übrigen Texte des Bandes – Bubers, Rosenzweigs oder beider Verfasser zusammen – waren in verschiedenen Formen bereits früher erschienen, zuletzt »Der Mensch von heute und die jüdische Bibel«, der Anfang in der Jüdischen Rundschau teilweise abgedruckt wurde. Im Buber-Archiv (MBA Arc. Ms. Var. ) finden sich um die zwanzig Besprechungen des Buches vor allem in deutscher, aber auch in niederländischer, ungarischer und italienischer Sprache, die in jüdischen und in allgemeinen Zeitschriften erschienen. Manchmal (so in der Besprechung Adolf Wendels in der Theologischen Literaturzeitung Nr. , S. -) wurde das Buch zusammen mit der im Vorjahr erschienenen Übersetzung der Psalmen (oder mit der Bibelübersetzung im Allgemeinen) besprochen. Die Rezensionen sind in der Regel wohlwollend; »Es wird jedem modernen Übersetzer des AT. gut tun, das Werk von B. und R. einzusehen,« schreibt der Rezensent der Orientalistischen Literaturzeitung, dem übrigens die Bibelübersetzung von E. Reuß und die der Züricher Bibel lieber sind, als die Verdeutschung Bubers; »Denn die Schwierigkeiten, mit denen B. und R. bei ihrem Unternehmen zu kämpfen haben und die sie zu meistern suchen, wiederholen sich bei jedem gewissenhaften Neuübersetzer.« (G. Beer, Buber, M. u. Rosenzweig, F.: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Orientalistische Literaturzeitung (), S. ) Kritisch hingegen ist der Theologe Leonhard Rost, der findet, dass die Aufsätze des Bandes belegen, wie der »von Buber und Rosenzweig beschrittene Weg weder der Schlichtheit des hebräischen Textes noch der Verständlichkeit der Übersetzung gerecht werden kann«. (Leonhard Rost, Die Theologie der Gegenwart. Altes Testament, Theologie der Gegenwart Nr. / (), S. -, hier S. )
Kommentar
Am Ausführlichsten ist die Besprechung in Biblica (hrsg. vom Pontificium Institutum Biblicum in Rom); der Rezensent G. E. Closen zählt drei Dinge auf, worin der wissenschaftliche Wert des Buches hauptsächlich bestehe, nämlich in den zahlreichen Bemerkungen über die Kunst des Übersetzens, den vielen »guten Übersetzungen von Schriftworten«, die im Buch dargeboten und ausführlich besprochen werden, und schließlich in einer ganzen Reihe von feinen Analysen stilistischer Eigentümlichkeiten der hebräischen Bibel, die im Buch genannt werden. (G. E. Closen, Biblica (), S. -) Die jüdische Rundschau erwähnte das Buch kurz in der »Wochenschau« auf der ersten Seite und betonte seine Relevanz für die gegenwärtige Zeit; allerdings »führt uns diese Sammlung von Arbeiten […] in das Zentrum unserer eigenen geistigen und jüdischen Situation hinein, in Fragestellungen, die über den Tag hinaus für unser Geschlecht Geltung haben, in welchen Bezirken auch immer es seine jüdische Zukunft erblickt« (K. L., Wochenschau, Jüdische Rundschau . . , S. ); eine lobende, ausführliche Rezension folgte einige Monate später. (Leo Hirsch, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Jüdische Rundschau . . , S. ) Übersetzungen: Englisch: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis (in MBB nicht verzeichnet). Vorwort () Nebst einer kurzen Beschreibung des Entstehungskontexts des Bandes und dessen Inhalts bedankt sich hier Buber bei verschiedenen Personen, die beim Übersetzungsprojekt behilflich waren. Textzeugen: D: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. (MBB ). Druckvorlage: D Übersetzungen: Englisch: »Foreword«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet).
Der Mensch von heute und die jüdische Bibel
Wort- und Sacherläuterungen: ,Anm. Jakob Rosenheim] Rosenzweigs Aufsatz »Die Einheit der Bibel« (GS Bd. , S. -) ist an diesen adressiert. ,- »schwerer Dienste täglicher Bewahrung«] Johann Wolfgang Goethe, West-östlicher Divan, Vermächtniß alt persischen Glaubens, in: Bernd Witte (Hrsg.), Johann Wolfgang Goethe. Gedichte. Studienausgabe, Stuttgart , S. . Der Mensch von heute und die jüdische Bibel Laut Buber stammt dieser zentrale Aufsatz vom November . Martina und Walter Lesch vermuten (Martina Lesch u. Walter Lesch, Verbindungen zu einer anderen Frankfurter Schule. Zu Kracauers Auseinandersetzung mit Bubers und Rosenzweigs Bibelübersetzung, in: Siegfried Kracauer – Neue Interpretationen, hrsg. von Michael Kessler u. Thomas Y. Levin, Tübingen , S. -, Zitat S. ), »daß Buber in diesem Essay, angestoßen durch Kracauers Kritik, ausführt, was er nicht direkt im Zusammenhang mit Kracauers Angriff hatte erläutern wollen: daß und warum er und Rosenzweig Kracauers These von der Stummheit der Bibel in unserer Zeit ›für irrig und verderblich halten‹.«
»Who or what was it that descended to Buber, seized him by the hair, and commanded him to ›render the Scriptures‹ ?«, fragt Maurice Friedman in seiner Biographie Bubers, und antwortet (Friedman, S. ): »Not a voice from heaven but the address heard in the situation itself. Buber’s Bible translation too is a ›Word to the Times‹ – a faithful listening and response to the demand of the hour, which in this case meant bringing the biblical word to an age probably more alienated from and hostile to it than any earlier one within the history of Judaism and Christianity. Nowhere is this prophetic voice in an alien world expressed with more force and clarity than in Buber’s essay ›The Man of Today and the Jewish Bible,‹ one of the first fruits of the biblical translation […].«
Tatsächlich liest sich dieser Aufsatz als Manifest, das die Notwendigkeit einer neuen Bibelübersetzung in der gegenwärtigen Zeit rechtfertigt: die Kluft zwischen Geist und wirklichem Leben, die polarisierte Geschichtsauffassung der Moderne und die heutige Auseinandersetzung mit Religion und Glauben dienen alle dazu, die Relevanz der Bibel in der ihr von Buber zugeschriebenen Leseweise zu beweisen; die Beispiele im zweiten Teil demonstrieren diese Leseweise. Gedruckt wurde die erste Hälfte des Aufsatzes zum ersten Mal in der
Kommentar
Jüdischen Rundschau im Januar , kurz vor der Veröffentlichung des Bandes Die Schrift und ihre Verdeutschung. Zu einer anscheinend früheren Version des Aufsatzes vgl. »Der heutige Mensch und die biblische Geschichte« in diesem Band (S. -). Textzeugen: D1: Der heutige Mensch und die Bibel, in: Jüdische Rundschau, Nr. , . Januar (MBB ). D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -, (MBB ). D3: Werke II, S. - (MBB ) Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »The Man of Today and the Jewish Bible«, übers. von Olga Marx, in: Martin Buber, Israel and the World, New York: Schocken , S. - (., erw. Ausgabe ) (MBB ); Commentary VI/, Oktober , S. - (MBB ); in: Martin Buber, On the Bible, New York: Schocken , S. - (in MBB nicht verzeichnet); »People Today and the Jewish Bible«, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Französisch: »L’homme d’aujourd’hui et la Bible juive«, übers. von Diane Meur, in: Martin Buber, Écrits sur la Bible, Paris: Bayard , S. -. (Im Buber-Archiv (MBA Arc. Ms. Var. gimel a) finden sich zwei maschinenschriftliche Kopien einer früheren, anscheinend zu Lebzeiten Bubers entstandenen Übersetzung dieses Aufsatzes ins Französische; ob und wo diese frühere Übersetzung veröffentlicht wurde, konnte nicht festgestellt werden.) Hebräisch: »Ben dorenu we-ha-Miqra«, in: Martin Buber, Te’uda weji’ud, Jerusalem: Ha-sifrijja ha-tzionit, , Bd. I, S. - (MBB ); auch in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. - (MBB ). Niederländisch: »De moderne mens en de Joodse bijbel«, (teilweise) übers. von Juliette Binger, in: Martin Buber, zijn leven en zijn werk, hrsg. von Juliette Binger, ’s-Gravenland , S. - (MBB ).
Der Mensch von heute und die jüdische Bibel
Variantenapparat: ,Titel Der Mensch von heute und die jüdische Bibel] Der heutige Mensch und die Bibel D1 ,Untertitel Aus einer Vortragsfolge (November )] fehlt D3 , Biblia, Bücher] darüber die Zwischenüberschrift: Thema und Anspruch D1 , Anders verhält es sich] darüber die Zwischenüberschrift: Die Not der Gegenwart D1 , Unverbindlichkeit des Geistes] hervorgehoben D1 , Leben] hervorgehoben D1 , Religion] hervorgehoben D1 , Alte Testament] hervorgehoben. Absatzwechsel D1 , Ein Doppeltes] darüber die Zwischenüberschrift: Das Eigentümliche D1 , untereinander] in sich D3 , Volk] hervorgehoben D1 ,- Geschichte] hervorgehoben D1 , Welt] hervorgehoben D1 , Modell] Vorbild D3 , Gesetz] hervorgehoben D1 , natürlichen Leben] hervorgehoben D1 , die Schöpfung sich aus sich vollende] die Schöpfung selber sich vollende D1 ,- Dieses Willens […] Zeugnis will das »Alte Testament« sein] Zeugnis dieses Willens […] will das »Alte Testament« sein D3 , nimmt«] findet« D3 , hören] hervorgehoben D1 , oder daran Ärgernis zu nehmen] fehlt D3 , Ärgernis] hervorgehoben D1 , konfrontiert] hervorgehoben D1 , das Wort] es D1 , hat seine Ruh] schafft sich Ruh D3 ,Anm. Das ist vor Jahren gesprochen worden. Daß heute] Das ist gesprochen worden. Daß seither D3 , Ehe ich die] darüber die Zwischenüberschrift: Die Glaubensfrage D1 , Führungskraft] hervorgehoben D1 , und an einigen Beispielen erweise] fehlt D1 , Wenn er Ernst macht] Wenn es ihm um die Sache ernst ist D3 ,- wenn er Ernst macht] wenn er mit der Sache wahrhaft Ernst macht D3
Kommentar
, warten, was an ihm geschieht] erwarten, was an ihm geschehen wird D3 , vornehmen] empfangen D3 , allerlei] allerhand D3 , neu] hervorgehoben D1 , brausen] wehen D3 , Wir müssen uns aber] darüber die Zwischenüberschrift: Bibel und Geschichte D1 , Urkunde der wahren Geschichte der Welt] hervorgehoben die w a h r e G e s c h i c h t e d e r We l t D1 , als jener] als die D1 jener D3 , Urkunde der] fehlt D1 , einer Welt] Geschichte einer Welt D1 , mit voller Wucht] mit aller Wucht D1 , nicht deiner, sondern] als der Augenblick D3 , Die Einsicht] darüber die Zwischenüberschrift: Die biblischen Ordnungen D1 , biblische Wirklichkeit] hervorgehoben D1 , Schöpfung, Offenbarung und Erlösung] hervorgehoben D1 , Kluft] hervorgehoben D1 ,- überbrücken] hervorgehoben D1 , »Unbewußten«] »Unterbewußtsein« D1 , Wieder haben wir] darüber die Zwischenüberschrift: Offenbarung D1 , haben] wollen D1 ,- wenn die biblische Geschichte nicht Erinnerung […], sondern […] Allegorie ist] ist die biblische Geschichte nicht Erinnerung […], sondern […] Allegorie D1 , natürlichen] »natürlichen« D1 , sagen wollte] zu sagen hatte D1 , auch] fehlt D1 , Unbewußten] Unterbewußtsein D1 , Von der Wahrnehmung] darüber die Zwischenüberschrift: Schöpfung D1 , Schöpfung] hervorgehoben D1 , Erlösung] hervorgehoben D1 , dem Glauben] dem Glauben daran D3 , Systems] Systems wären D3 , rechtmäßiges Stammeln] hervorgehoben D1 ,- Angesprochenwerden] hervorgehoben D1 , ihrer aller] ihr D1 , jeder Mensch] er D1
Der Mensch von heute und die jüdische Bibel
, Und zum Dritten] darüber die Zwischenüberschrift: Erlösung D1 , Lösung] hervorgehoben D1 , Erlösung] hervorgehoben D1 , erlösen wolle] erlösen will D1 , tun] vollziehen D3 , bebenden] zitternden D1 , den Wahnsinn, den vollstreckenden »Selbstmord«] in den Wahnsinn, in den vollstreckenden Selbstmord D1 , unser Erlöser lebt] »unser Erlöser lebt« D3 , und der Anbeginn.] Ende des Textes in D1. Der Schluss des Textes (,-,) wurde von Buber in D2 hinzugefügt ,Anm. ] fehlt D3 ,Anm. in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«] im Original in diesem Band D2 ,Anm. ] fehlt D3 , seiner Schwinge] seinem Fittich D3 , ruach] nicht hervorgehoben D3 , ruach] nicht hervorgehoben D3 , sein hörendes Herz] ein hörendes Herz D3 , seine Ruach] seinen Geistbraus D3 , Ihm] Jhwh D3 , Ruach Gottes] »Ruach Gottes« D3 ,- zu einem »andern Menschen« umschafft] zu einem »andern Mann« verwandelt D3 , Gott hatte geschaffen] Gott schuf D3 ,- »Gegenwart«] »Begegnung« D3 , dem Volk sich gegenwärtigt] dem Volk begegnet und sich gegenwärtigt D3 , »Und Mosche sah] Mose »sah D3 , wie Er gebot] wie Jhwh gebot D3 , des Zelts der Gegenwart] des Zelts der Begegnung D3 , Sabbattag] Sabbat D3 , machte Er] machte Jhwh D3 , »in der Erhabenheit und Heiligkeit«] »hoch und heilig« D3 , Geduckten] Zermalmten D3 , Anthropomorphismus] Anthropomorphismus dieses Sabbatgebots D3 ,- (man hat denn auch […] zerstört)] fehlt D3 , darauf hin] zur Einsicht D3 ,- darauf] fehlt D3 , gegenwärtig] uns gegenwärtig D3
Kommentar
Wort- und Sacherläuterungen: , Biblia, Bücher] Griechisch Biblion, »Buch«, Pl. Biblia. ,Anm. Rosenzweigs »Stern der Erlösung«] Erstausgabe Frankfurt a. M. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. . ,- »alltäglich das Werk des Anfangs erneuert«] Hebr. »ha-mechaddesch bekhol jom ma’asse bereschit«, aus dem Achtzehnbittengebet (Schemone Esre), dem Hauptgebet im jüdischen Gottesdienst. ,- Gott im Feuer […] zum Volke redet] Ex -; Dtn . ,- »Man nimmt, man fragt nicht wer da gibt«] Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, Ein Buch für Alle und Keinen, in: Ders., Werke in drei Bänden, München , Band , S. . ,- Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat] Gen . , »Späte der Tage«] hebr. Acharit ha-jamim, vgl. Gen ,; Jes , u. v. m. , »sehr alt« (Gunkel)] Genesis, übersetzt und erklärt von Hermann Gunkel, Göttingen (. Aufl.) , S. . ,- »sehr altertümlich« (Procksch)] Die Genesis, übersetzt und erklärt von Otto Procksch, Leipzig , S. . ,- »den Menschen unmittelbar anwehte«] Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe, Dritter Teil: -, . März , in: Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Bd. , hrsg. von Ernst Beutler, Zürich . Auflage , S. : »Die frische Luft des freien Feldes ist der eigentliche Ort, wo wir hingehören; es ist, als ob der Geist Gottes dort den Menschen unmittelbar anwehte und eine göttliche Kraft ihren Einfluss ausübte.« ,- »O Schwester des Geistes, der feurig in uns waltet und lebt, heilige Luft!«] Friedrich Hölderlin, Hyperion oder der Eremit in Griechenland, in: Ders., Werke, Bd. , hrsg. von Friedrich Beissner, Stuttgart , S. . , »Gottes Genosse am Werk der Schöpfung«] b Shab a (s. Der Babylonische Talmud. Nach der ersten zensurfreien Ausgabe unter Berücksichtigung der neueren Ausgaben und handschriftlichen Materials neu übertragen durch Lazarus Goldschmidt, Bd. I, Berlin , S. : »als wäre er mit dem Heiligen, gepriesen sei er, am Schöpfungswerke beteiligt«).
Die Sprache der Botschaft Dieser nach einer Aufzeichnung von (im Folgenden unter »Abdruck von H« wiedergegeben) geschriebene und veröffentlichte Aufsatz
Die Sprache der Botschaft
erörtert das Grundprinzip der Interpretation der Bibel als »Botschaft«, die ihrerseits auch die Einheit des biblischen Textes schafft (s. Einleitung in diesem Band). Dieses Gestaltungsprinzip funktioniert mittels phonetischer Rhythmik bzw. »Paronomasie« wie auch durch Änderungen der Wortwahl; dies wird hier anhand von einigen Beispielen aus den ersten vier Büchern des Pentateuch demonstriert. Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel a); lose Blätter, nummeriert, einseitig beschrieben, Tinte, mit Korrekturen; ohne Datum; vermutlich handelt es sich um die Aufzeichnung von , von der im Untertitel des gedruckten Textes die Rede ist. Die Handschrift formuliert Grundbestimmungen, die in D1 aufgegriffen und angewandt werden. D1: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). D2: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: »The Language of Botschaft«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Hebräisch: »Leschonah schel besora«, in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. - (MBB ). Niederländisch: »De taal der boodschap en de keuze der woorden bij de vertaling«, (teilweise) übers. von Juliette Binger, in: Martin Buber, zijn leven en zijn werk, hrsg. von Juliette Binger, ’s-Gravenland , S. - (MBB ). Abdruck von H: Die Sprache der Botschaft Zweierlei Gebrauch, zweierlei Erscheinung der Sprache ist uns bekannt und geläufig: Mitteilung und Darstellung. Doch werden wir hgewöhnlichi der ganzen Zwiefältigkeit dieser Zweiheit [nur selten] ! kaum bewusst. Mitteilung bedeutet, dass da vorweg ein Was ist, das »mitgeteilt«, also an den Anderen, Angeredeten heran, ja in ihn hinein gebracht werden soll, wie der Anredende es »in« sich hat. Dieses Was, dieser »Tatbestand«,
Kommentar
kann körperlicher Art sein, d. h. grundsätzlich auch [dem] ! [vom] Angeredeten wahrnehmbar, nur [eben] ! deshalb von ihm nicht wahrgenommen, weil er hebeni nicht »dabei« war, wogegen der Anredende dabei war und daher [den Tatbestand] ! das Was hfaktischi »hat«; oder es kann seelischer Art sein, d. h. grundsätzlich dem Angeredeten nicht wahrnehmbar und überhaupt keinem andern als dem Anredenden, der als der einzige, der dabei sein konnte, das Was nicht bloss faktisch, sondern sinnhaft [und schlechthin] ! und mit unbedingter Zuständigkeit hat; aber [wie] ! hXi ungeheuer [die] hAusgangsiVerschiedenheit das [in X] ! auch ist, für die Situation des Mitteilens selber gilt es gleich, beidemal ist ein Was da, das sich [die Sprache sucht] den »passenden Ausdruck« sucht, [aber] ! jedoch unter den von der Sprache dargebotenen Möglichkeiten [zuweilen kaum anders wählt, als [der Esel des] ! Buridans Esel unter seinen Heubündeln] im allgemeinen die bequemste wählt. Was in der Sprache der Mitteilung gesagt wird, kann so oder anders gesagt werden. Da ist ein »Inhalt« und da stehen »Formen« bereit, er nimmt eine von ihnen an, bekleidet sich mit ihr, verschmilzt mit ihr; er bleibt entkleidbar, ausschmelzbar, und die Verbindung mit andern steht ihm dann frei. Die Sprache der Mitteilung ist, auch wenn sie schwört, unverbindlich. Darstellung kennt kein [Sonder] ! Was und kein Wie. Ein Gebild tritt ins Dasein, und mochte sein Urheber daran noch so wacker zu schmieden haben, in keinem Augenblick seiner Arbeit hielt er einen ungeformten Tatbestand in den Händen. Was man hier Inhalt und Form nennt, das sind Ergebnisse einer Pseudoanalyse. In Wirklichkeit lässt sich von dem was [da gesagt] ! im Gedicht gesagt ist, schlechthin nicht auf etwas zurückgehen, was zu sagen gewesen sei; [und so ist es] ! das ist ein hsoi widersinniges Unternehmen, [es »wie] ! wie wenn in der Schule gefordert wurde, es »mit anderen Worten« zu sagen. Das Gebild drückt nicht etwas aus, was ausserhalb seiner bestünde. Wohl aber stellt es etwas [vor?] ! dar. Nur ist dieses von ihm dargestellte Etwas nirgends und niemals für sich vorfindbar, es ist einzig in dieser seiner Darstellung zu finden. Dieses Etwas hat also die Daseinsform des echten Geheimnisses; und wie das Geheimnis der Person allein in [ihrer Seele] ! in ihr selber [erschien] – [zu dem »Körper« und] ! wozu »Seele« [sich] ! und »Körper« sich als die [Produkte] ! Ergebnisse einer Pseudoanalyse verhalten – erscheint und anderswo nicht aufzuspüren ist, so erscheint das Geheimnis der Gestalt allein in ihr selber, es kann nur in ihr erfasst, [es kann] nur als sie begriffen werden. Die Verbindung des Geheimnisses mit der Gestalt ist urgemeint und unauflösbar. Die Sprache der Darstellung ist verbindlich.
Die Sprache der Botschaft
Ein anderer wichtiger Unterschied [beider Spra] ! der zwei Spracharten hängt damit zusammen. Mitteilung geht von einem der redet zu einem der hört oder hören soll; ihre Linie [führt von einem] ! zieht sich zwischen einem menschlichen Lebenspunkt [zu] ! und einem anderen menschlichen Lebenspunkt. Darstellung geht vom Geheimnis zur Gestalt; ihre Linie [führt von eine] zieht sich zwischen einer nicht personhaften [X] Tiefe, aus der es den Dichter »anweht«, und dem aus diesem hervorgehenden unpersönlichen, schalenhaften Werk. Dies darf aber auf keinen Fall [so verstanden werden, als sei] ! als ein Unterschied von Dialog und Monolog verstanden werden, nur als zwei Weisen des Dialogischen. [Gewiss] ! Wohl [steht am Anfang am] ! ist Ursprung der Mitteilung der Schrei, mit dem [einer seinem Gefährten] ! etwa ein früher [Jäger] ! Nahrungsammler seinem Gefährten [über den Wald hin] ! in den Urwald hin [das Nahen] ! die plötzlich [erblickten Tiger meldet] ! erkannte [Gefahr] ! Bedrohung meldet. Ursprung der Darstellung aber der an niemand gerichtete Gesang, der, auch wenn er sich zum Zauberlied wandelt, den Gegenstand der magischen Abwehr nicht wirklich, nur scheinbar anredet; wohl ist dort ein Empfänger, der auch antworten kann, sichtbar, hier nicht. Dennoch gehört das Gedicht hwie streng, wie geschlossen, wie einsam es auch ist – es gibt nichts Einsameres auf der Welt als ein wirkliches Gedicht –i durchaus nicht dem Bereich des Monologischen an. Die Schale des Werks birgt [die] ! eine lebendige Ansprache, die, solang es Menschen gibt, die sie aufzunehmen vermögen, [in Ohren] gewaltiger als die eines gleichzeitig atmenden Menschenmundes in Ohren und Herzen fahren kann [; und [wenn] ! rührt das Geheimnis auch [an?], den es anrührt, unpersonhaft an]. Der Unterschied ist demnach so zu verstehen, dass die Mitteilung eine der Zeitstrecke, [der hörenden Person und] dem Hörer und der Situation nach eindeutig bestimmte, [wirklich] ! einmalig [X] wirklich, die Darstellung hingegen eine in all [diesen Belangen] ! dieser Hinsicht unbestimmte, aber durch ihr[e Objektivierung in die Dauer allmöglich] ! objektiviertes Dauern immer wieder mögliche Anrede ist. Zu dieser so unterschiednen Zweiheit hder Spracharteni – [Verständi [gung]] ! Mitteilung und Darstellung, Verständigung und Werk – tritt aber, in den hgrosseni religiösen Urkunden, in keiner aber so deutlich und so aktiv wie in der hebräischen Bibel erscheinend, ein Drittes, die Sprache der Botschaft. Der Sprecher der Mitteilung hatte ein [fassliches] ! gegenständliches Etwas zu sagen, und sagte es. Der Urheber der Darstellung hatte kein solches Etwas zu sagen, aber ein ihm Ergebenes arbeitete er zum Gebilde aus.
Kommentar
Der Träger der Botschaft redet ein Wort, das er weder ersonnen noch gestaltet zu haben weiss. Variantenapparat: Vorbemerkung: In D2 wird allgemein »Kanaan« statt »Kenaan« (D1) geschrieben. ,Untertitel (Nach einer Aufzeichnung von )] Untertitel fehlt D2 , Pathos an] Pathos mit D2 , akustische] fehlt D2 ,Anm. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur […] anführen] In diesem Zusammenhang sei nur […] angeführt D2 ,- des . Buches] des Buches Leviticus D2 , hu] nicht hervorgehoben D2 , I c h bin euer Gott] Ich, Jhwh, bin euer Gott D2 , haben wir] haben wir gewiß D2 , »Buhlen«] »Huren« D2 ,- das die Spannung zu Gott ausgleichende Abbüßen des Volkes, darin seine Umkehr] die die Spannung zu Gott ausgleichende Abbüßung des Volkes, in der dessen Umkehr D2 , mußte] muß D2 , mußten] müssen D2 ,- möchtest sonst Sein vergessen, […] Ihn deinen Gott sollst du fürchten, / ihm sollst du dienen] möchtest sonst Jhwhs vergessen, […] Jhwh deinen Gott sollst du fürchten, / ihm dienen D2 , Dienstknechte] Knechte D2 ,- greift er auf die Genesiserzählung zurück] wird auf die Genesiserzählung zurückgegriffen D2 ,- Er gibt dem karat brit] Dem karath berit D2 ,- es soll befremdet innegehalten, es soll an jenes ungeheure Bild der Urgeschichte gedacht werden] man soll befremdet innehalten, soll an jenes ungeheure Bild der Urgeschichte denken D2 ,- seinen Genossen] seine Genossen D2 , hin] preis D2 , vor Mir] vor Jhwh D2 , vor Mich] vor Jhwh D2 ,- vor Mir] vor Jhwh D2 ,- Aber einer ragt noch mehr hervor. Das ist die Vorschrift] Aber ein Schluß ragt noch mehr hervor: die Vorschrift D2 , Gegenwart«] Begegnung« D2 ,- am Einlaß zum Zelt der Gegenwart vor Mir, / wohin ich mich
Die Sprache der Botschaft
euch gegenwärtige] am Einlaß zum Zelt der Begegnung vor Jhwh, / wo ich euch begegnen werde D2 , vor Mir, / wohin ich] berichtigt aus vor Mir /, wohin ich nach D2 , Dorthin gegenwärtige ich mich] Dort begegne ich D2 ,- Gegenwart] Begegnung D2 , daß Ich ihr Gott bin] daß ich Jhwh ihr Gott bin D2 , Ich ihr Gott] ich Jhwh ihr Gott D2 , jeder] jedermann D2 , jeder] jedermann D2 , »jeder«] »jedermann« D2 , Mich] Jhwh D2 , gleich ihr] gleicht ihr Druckfehler in D2? , gleich sei der Gastsasse vor Mir] gleich sei der Gastsasse vor Jhwh D2 , wie der unstattliche jüngste Jsajsohn zum König erkoren wird] wie David, der unstattliche jüngste Sohn seines Vaters, zum König erkoren wird D2 Wort- und Sacherläuterungen ,Anm. mein »Königtum Gottes«] Martin Buber, Königtum Gottes, Berlin: Schocken Verlag . ,Anm. wie es vielfach geschieht, für eine Glosse zu halten] Vgl. z. B. Ludwig Couard, der auf Au. Dillmann (-), J. Wellhausen, E. Kautzsch(-) und A. Socin basiert: »Dass der Abschnitt Gen. , - ein späterer Einschub ist, wird allgemein anerkannt« (Gen. , - und sein Verhältnis zu Ex. , , Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (), S. ). , Völkertafel] Genealogische Liste in Gen . , Peor-Geschichte] Num ; die Geschichte beschreibt die Tötung der israelitischen Anhänger der kanaanäischen Sexualkulte. , Erwa-Sünde des »Vaters Kenaans«] Genesis ,-; Cham ist der Vater Kanaans, der wegen der Schändung Noachs verflucht wird. , v. ] Gen ,. , (v. )] Jer ,. , (v. )] Jer ,. , (v. )] Jer ,. , zu Anfang der Gottesrede (v.)] Gen ,. , (v. )] Jer ,. , »schleißen«] Im älteren deutschen Sprachgebrauch transitiv: »spalten«, vgl. DWB Bd. , Sp. ff. , (v. )] Jer ,.
Kommentar
, (v. f.)] Jer , f. , (v. )] Jer ,. , v. ] Jer ,. , v. ] Jer ,. , v. ] Jer ,. Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift In diesem erstmals als separate, dem Gedächtnis Franz Rosenzweigs gewidmete Publikation erschienenen Aufsatz benutzt Buber zum ersten Mal die berühmt gewordene Palimpsest-Metapher für die bisherigen Lektüren und Übersetzungen der Schrift. Nach Erörterung der allgemeinen Prinzipien der neuen Übersetzung setzt er sich mit der Unzulänglichkeit früherer Übersetzungen auseinander – die Septuaginta, die Vulgata und Luthers Bibel werden genannt –, vor allem auf der Ebene der Wortwahl; demonstriert wird diese Unzulänglichkeit anhand mehrerer Begriffe aus dem kultischen Bereich, die mit ihren jeweiligen Übersetzungen durch Luther und durch Kautzsch-Bertholet (vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu ,-) verglichen werden. Textzeugen: D1: Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, Berlin: Lambert Schneider , S. (MBB ). D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). D3: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »On Word Choice in Translating the Bible«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet); z. T. auch in: Translation – Theory and Practice, a Historical Reader, hrsg. von Daniel Weissbort u. Astradur Eysteinsson, Oxford , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Wiederabdrucke nach dem Tod des Autors: Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, in: Rudolf Borchardt, Martin Buber. Briefe, Dokumente, Gespräche -, in Zusam-
Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift
menarbeit mit Karl Neuwirth hrsg. von Gerhard Schuster, gesetzt in der Bembo und gedruckt von Wilhelm Gulde in Tübingen , S. -. Variantenapparat: ,Anm. ] fehlt D1, D3 (Sommer )] Untertitel fehlt D3 ,Anm. Vgl. zum Folgenden Franz Rosenzweig, Die Schrift und Luther (S. ff. in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«)] im Original Vgl. zum Folgenden Rosenzweig, Die Schrift und Luther (S. f.) D2 Die Schrift und Luther, in: Buber/Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung () ff.; wiederabgedruckt in seinen »Kleineren Schriften« () ff. D3 , Schrift] »Schrift« D3 ,Anm. Vgl. Franz Rosenzweig, Die Schrift und das Wort (S. ff. in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«)] im Original Vgl. Rosenzweig, Die Schrift und das Wort (S. ff.) D2 Vgl. Franz Rosenzweig, Die Schrift und das Wort (in der Zeitschrift »Die Kreatur«, I. Jahrgang, . Heft) D1 Vgl. Rosenzweig a. a. O. ff. (»Kleinere Schriften« ff.). D3 ,- Beziehungsbegriff] hervorgehoben D1 , wichtig] grundwichtig D1, D3 , übersetzenden] wiedergebenden D3 ,- oder das Possesivsuffix] fehlt D1 , Heiligung] Heiligung, nicht heilige Menschen, D1 ,- einfinden, sich gegenwärtigen; »wohin ich mich dir (oder euch) gegenwärtige«] einfinden; »wo ich dir (oder euch) begegnen werde« D3 , Gegenwärtigung, das Zelt der Gegenwart] Begegnung D3 , alten] fehlt D1 ,- durch Zelt] durchweg durch Zelt D1 , sich] fehlt D3 , begegnend] zusammentretend D3 ,- ins Zelt der Gegenwart, wohin ich mich dir gegenwärtige«] im Zelt der Begegnung / wo ich dir begegnen werde« D3 , Damit ist] Wir haben hier D1 , gegeben] fehlt D1 , wiederertönen] es wiederertönen D3 , wichtige] bedeutsame D1 , bestrebt sind.] bestrebt sind. (Über die Paronomasie und die relative Wortwahl wird in einer späteren gesonderten Darlegung ausführlich zu handeln sein.) dazu Anmerkung: Vgl. auch Franz Rosenzweig, Das
Kommentar
Formgeheimnis der biblischen Erzählungen (Der Kunstwart, Februar ). D1 ,Anm. Vgl. S. ff., ff., ff., ff. und ff., sowie in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, S. , ff., ff. und ff.] Im Original Vgl. S. ff., , ff., ff., ff., ff., ff., ff., ff. D2 fehlt D1 Vgl. Buber, Die Schrift und ihre Verdeutschung, s. oben ff., ff., s. unten ff., ff., ff. D3 , bei Ihm] bei Jhwh D3 , meist] fehlt D1 , bedeute] bedeute – was es erst recht niemals und nirgends bedeutet D1 , ihn] ihn zu seiner Botschaft D1 , nach ihr] fehlt D3 ,- dem jeweiligen Eingreifen] der jeweiligen Aktivität D1 , eigentlichen] eigentlichsten D3 , Scheinendwerden] nicht hervorgehoben D1, D3 , der »Wucht«] der »Wucht«, als Ehrenschein D3 , ihn] Luther D3 ,- nicht mit umfaßt] nicht so mitumfaßt D3 ,Anm. so daß man nunmehr von jenem ebensowenig wie von diesem wissen kann, woher und wohin] fehlt D1 ,Anm. S. ff. der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«] im Original S. ff. dieses Buches D2 In »Gedenkbuch für Moses Mendelssohn«, herausgegeben von Verband der Vereine für jüdische Geschichte und Literatur in Deutschland, Berlin ; vgl. auch seinen in der Sammelschrift »Um jüdische Wirklichkeit« () abgedruckten Brief. Weiteres darüber wie auch über die meisten andern hier erörterten Probleme wird mein Buch über den biblischen Glauben enthalten. D1 In: Buber/Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung () ff.; wiederabgedruckt in seinen »Kleineren Schriften« () ff. D3 , und »Du«] fehlt D1 , wo es angeht] fehlt D1 , »Macht«] Macht D1 ,-, Wenn es nicht angeht […] »Obkönig«.] fehlt D3 ,Anm. ] fehlt D1 ,Anm. Zu der von Baudissin […] vertretenen Auffassung […] ist der III. Abschnitt meines »Königtum Gottes« zu vergleichen] Die von Baudissin […] vertretene Auffassung […] hoffe ich in meinem Buche über den biblischen Glauben widerlegen zu können D1
Zur Verdeutschung der Preisungen
Wort- und Sacherläuterungen: ,Untertitel Dem Gedächtnis Franz Rosenzweigs] In D2 gehen diesem Aufsatz Bubers unmittelbar die drei großen Aufsätze Rosenzweigs: »Die Schrift und das Wort«, »Die Schrift und Luther« und »Unmittelbare Einwirkung der hebräischen Bibel auf Goethes Sprache« voraus. , die griechische der Siebzig] die Septuaginta. ,Anm. Rosenzweig, Die Schrift und Luther] Franz Rosenzweig, Die Schrift und Luther, Berlin . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , »aus dem Munde«] Jos ,. , »murmeln«] Vgl. Buber-Rosenzweigs Übersetzung von Jos ,: »murmle darin tages und nachts«. ,- Kautzsch-Bertholet] Die Heilige Schrift des Alten Testaments. In Verbindung mit Fachgenossen übers. von E. Kautzsch; hrsg. von A. Bertholet. Tübingen (. Aufl.) . , der indische Opferbegriff] im Sanskrit yajña. , »das Schlachten des Schlachtmahls«] z. B. Gen ,. ,- reach nichoach] Gen ,. ,- je nachdem durch Plage, »plötzlicher Tod«, »Niederlage«, »Seuche« wiedergegeben] z. B. Num ,; Num ,; I Sam ,; II Sam ,. ,- »Unheilige« (L) oder »Nichtheilige« (K-B)] z. B. Lev ,. ,- Ruach Gottes […] flügelspreitend] Gen ,. ,- »der Geist geistet wo er will«] »der geist der geistet sô er wil« (Eckhart), DWB Bd. , Sp. , Eintrag »Geist«. ,- Rosenzweigs bedeutenden Aufsatz »Der Ewige«] in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin , S. -. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -. , die Sprüche Bileams] Num ,-,. ,Anm. . Auflage meines »Königtum Gottes«] erschienen im Schokken Verlag, Berlin . ,Anm. »Kyrios als Gottesname«] Wolf Wilhelm Graf Baudissin, Kyrios als Gottesname im Judentum und seine Stelle in der Religionsgeschichte, Giessen . Zur Verdeutschung der Preisungen Dies ist eine leicht gekürzte Version einer Beilage, die der Übersetzung der Psalmen (Buch der Preisungen, ) angehängt wurde. »Wenn Ernst Simon mit Recht immer wiederholt, erst Sie haben die Einheit des Tenach
Kommentar
wieder aufgezeigt,« schreibt der Philosoph David Baumgardt (-) an Buber am . . (B II, S. f.), »so haben Sie das Wie dieser Einheit gerade in Ihrer neuen kleinen Abhandlung ›Zur Verdeutschung der Preisungen‹ in wenigen Formeln besonders klassisch umschrieben«. Dies geschieht anhand von fünf »Grundworten«, die diese Einheit schaffen und in diesem Aufsatz analysiert und mit anderen Übersetzungen der Psalmen verglichen werden. Textzeugen: D1: Zur Verdeutschung der »Preisungen«, Leipzig: Jacob Hegner , S. (in MBB nicht verzeichnet) D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). 3 D : Zur Verdeutschung der Preisungen – Beilage zu dem Werk »Das Buch der Preisungen«, verdeutscht von Martin Buber, Köln: Jakob Hegner , S. (MBB ). D4: Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner , S. - (MBB ). D5: Werke II, S. - (MBB ) Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »On Translating the Praisings«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Niederländisch: »Bij de vertaling der Psalmen«, (teilweise) übers. von Juliette Binger, in: Martin Buber, zijn leven en zijn werk, hrsg. von Juliette Binger, ’s-Gravenland , S. f. (MBB ). Variantenapparat: ,Titel Preisungen] »Preisungen« D1 ,Anm. ] fehlt D1, D3, D4, D5 , wichtigeren] wichtige D4, D5 ,- zu erteilen.] Leerzeile und eingefügter Abschnitt: Zunächst: Das Buch ist eine Sammlung von »Preisungen«, nicht von »Psalmen«. Wohl werden der Lieder als »Psalm«, miſmor, d. i. Gesang mit instrumentaler Begleitung, bezeichnet. Die jüngere, in morgenländischen Kirchen entstandene Gesamtbezeichnung »Psalmen«, die auf
Zur Verdeutschung der Preisungen
die Vortragsform sich bezieht, wird aber weniger als die ältere, »Preisungen«, dem Charakter des Buches gerecht, das nicht umsonst in einer durch eine »Preisung« (CXLV) eingeleiteten Folge von je mit der Preisung »HalleluJah«* beginnenden und endenden Hymnen ausklingt. Alle Lieder, ob sie Bitte oder Dank, Klage oder Jubel aussprechen, sollen als Preisungen dessen verstanden werden, der »auf Jiſsraels Preisungen thront« (XXII ). Anmerkung *: Dieser Ruf ist durch »Preiset oh Ihn!« wiedergegeben, weil, wo es anging, versucht wurde, den Ausrufscharakter des Namens Jah, der nur in lyrischen, insbesondere hymnischen Stücken vorkommt, zu wahren. Zur Verdeutschung der Gottesnamen JHWH und Jah durch Pronomina vgl. außer Franz Rosenzweig, Der Ewige (»Gedenkbuch für Moses Mendelssohn«, Berlin ) und meiner kleinen Abhandlung »Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift« (Schocken Verlag, Berlin) mein Buch »Königtum Gottes« (ebenda) S. f. und die Anmerkungen dazu. D1 Die wichtigsten allgemeinen Grundsätze sind in einer der Verdeutschung der »Fünf Bücher der Weisung« beigegebenen Abhandlung dargelegt worden. Anmerkung D3 Ich muß hier – für den Leser gerade dieses Bandes – einiges davon wiederholen, was bereits in einer der Verdeutschung der »Fünf Bücher der Weisung« beigegebenen Abhandlung dargelegt worden ist. Anmerkung D4 ,- Der Text […] vorzunehmen. / Die Bemühung […] zu tun ist.] fehlt D4, D5 , ein fester Buchstabe] der feste Buchstab D1 ein fester Bestand D3 , seines Amtes vorzunehmen.] Leerzeile und eingefügter Abschnitt in Petit: Solche Stellen sind in diesem Band: XXV [gemeint ist »Buch der Preisungen«, ], wo durch bloße Verschiebung eines Buchstabens vom Schluß eines Wortes zum Anfang des nächstfolgenden (harchiw u-mi-mzukotaj, nach dem Vorgang von Lowth) der klare Parallelsinn wiederhergestellt wird (daß der Wortlaut des maſsoretischen Textes nicht bedeuten müsse »die Bedrängnisse meines Herzens sind weit geworden«, was zusammenhangswidrig sei, sondern bedeuten könne »die Bedrängnisse meines Herzens haben einen hohen Grad erreicht«, vermag ich trotz E. König, Syntax § n, nicht zuzugeben, schon weil der zwingende unmittelbare Eindruck der Wortfolge hier ebenso wie CXVIII der des Gegensatzes von Enge und Weite ist); LIX , wo, wenn mit etlichen Handschriften und den alten Versionen statt uſo dasselbe uſı, das Vers wiederkehrt, gelesen wird, an die Stelle eines künstlichen, dem Text abgenötigten Scheinsinns wie etwa »Bei seiner Macht – zu dir will ich harren« (Sachs ; : »Bei seinem Trotze harr ich dein«) oder »Seine Stärke wahr ich dir auf« (Phil-
Kommentar
lippson) oder »Ihre Stärke – ich flüchte zu dir« (de Wette), die klare refrainhafte Anrufung tritt; und CXLIV , wo das unverständliche ammi, mein Volk, durch das ammim, Völker, der Parallelstellen II Samuel XXII , Psalm XVIII , XLVII ersetzt wird (Maſsora: Sſewirin, sowie Targum, Aquila, Peschitta; nach Ibn Dschanach wäre ammi als abgekürzte Form für ammim zu verstehen). Dagegen habe ich da, wo der maſsoretische Text sinnhaft zu behaupten war, es getan, wie z. B. LVIII (wo verschiedene Umvokalisierungen des schwierigen elem zur Wahl stehen), und habe auch einer so überzeugungskräftigen Konjektur wie LXXIV l-amleze jam = den Haien des Meeres (Immanuel Loew) und so eingebürgerten wie LXIII lamo tam (in Wörtern, Moerlius), oder CXXXVII ha-schadoda (Targum, Symmachos, Peschitta) schließlich widerstanden, und auch meiner eigenen Interpretation, wenn sie mich etwa CXLIV drängte, pazani whizzilani zu lesen: »er hat mich entwunden, entrissen«, wodurch der zweite Teil des Psalms als der »neue Gesang« der Erfüllung von dem ersten abgehoben und die folgenden Verse als dankende Schilderung des durch die Erfüllung gewährten Zustandes erfaßbar würden. An anderen Stellen, wo man geneigt sein könnte, eine Änderung des Textes als vollzogen anzunehmen, ist keine erfolgt; so ist LXVIII nicht etwa be-awot für ba-arawot gelesen, sondern arawa mit Saadja als dunkle Wolke, Sturmwolke verstanden; als Steppenreiter oder -wagenlenker wird Gott nirgends dargestellt (auch Jesaja XL hat dieses Bild nicht, nur – wie in Ps. LXVIII der . Vers – das eines Voranziehens Gottes), für die Wolkenfahrt aber sind Deuteronomium XXXIII , Jesaja XIX , Psalm XVIII (= II Samuel XXII ), und im LXVIII. Psalm selbst der . Vers zu vergleichen, der im Schlußteil das Bild des Eingangsteils wiederaufnimmt; ſsollu bedeutet hier nicht wie Jesaja LVII und LXII »dämmert auf«, sondern (vgl. Targum, Peschitta sowie David Kimchis Sſefer ha-schraschim) »tragt empor«, den Gesang nämlich; im Zusammenhang damit habe ich die ungeklärte »Pausen«-Bezeichnung ſsela nicht durch ein gewohntes aber unverständliches Sela, sondern durch »Empor!« wiedergegeben: am ehesten ist hier ein durch den – etwa anschwellenden und ausgehaltenen – Ton des Begleitbeispiels bei verstummendem Gesang ausgedrücktes sursum gemeint. »Anbetung!«, das ich Habakuk III gewagt hatte, war hier nicht durchzuführen, da es mit dem häufigen »beten«, »Gebet« zusammengestoßen wäre, und die Übertragung verschiedener hebräischer Wortstämme durch den gleichen deutschen nach Möglichkeit, und insbesondre bei religiösen, sakralen und technischen Grundworten zu vermeiden ist. D1
Zur Verdeutschung der Preisungen
, zusammen] dazu Anmerkung Vgl. über deren sonstige Grundsätze die genannte Abhandlung »Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift«. D1 , Die Bibel] Die hebräische {hebraische D3} Bibel D3, D4, D5 , für ihn] fehlt D4, D5 , für ihn] fehlt D3, D4, D5 , Kraft auf. Man betrachte von dieser Einsicht aus] Kraft auf. Wenn z. B. im XVI. Genesiskapitel der Wortstamm ana, beugen oder drükken, in dreifacher Abwandlung erscheint, als Beugen, Gebeugtwerden und (auf göttliches Geheiß) Sichbeugen, so wird damit ein Grundsinn dieser Erzählung vom Gespräch Gottes mit dem unterdrückten Menschen in einer ganz undidaktischen, aber um so tiefer eindringenden Weise erhellt. Wenn in dem sozial begründeten Sabbatgebot Exodus XXIII und in dem religös begründeten XXXI dasselbe seltene, außer diesen zwei Stellen nur noch an einer einzigen in der Bibel vorkommende Verb, das veratmen, verschnaufen bedeutet, das eine Mal von der ruhebedürftigen Arbeitskreatur, das andere Mal von dem von seinem Schöpfungswerk feiernden Gott gebraucht wird, so ist damit ein Bezug gestiftet, wie er durch keine begriffliche Auseinanderlegung hergestellt werden könnte. Und wenn Exodus XXIV die Wolke »ein Tagsechst« (vgl. XXIII , XXXI und XXXV *) ein Gottesgeheimnis verhüllt und »am siebenten Tag« (vgl. dieselben Stellen) Mose in die Wolke berufen wird, um das von Gott erschaffene Urbild des Zelts zu schauen, wenn dann in den Schlußkapiteln des Buches das Menschenwerk in denselben Worten als »Arbeit« »gemacht«, »angesehen«, »gesegnet« und »vollendet« wird, wie einst das Gotteswerk der Weltschöpfung, so ist damit eine Entsprechung aufgetan, die nur der Bibelblinde dem Bereich des »Zufalls« ausweisen kann. Und nun betrachte man von dieser gewonnenen Einsicht aus Anmerkung *): Es ist zu beachten, daß die zwei ersten dieser Stellen die Zeltbau-Rede Gottes umrahmen und die dritte den Bericht vom Zeltbau einleitet. D1 ,Anm. Vgl. S. ff., ff., ff., ff.] im Original Vgl. S. ff., ff., ff., ff. D2 ,- Ich habe anderswo Beispiele […] eigentümlicher Art angeführt.] fehlt D3, D4, D5 , anderswo] fehlt D1 ,- Bau und Sinn vieler Psalmen werden erst von da aus deutlich.] fehlt D1 , Grundworten] Leitworten D4, D5 , Positive Grundworte] Manche Grundworte D3 Manche Leitworte D4, D5
Kommentar
,- wie cheſsed, zedek, emet, negative wie awen, schaw] fehlt D4, D5 , sondern von] sondern als von D3, D4, D5 , Grundworte] Leitworte D4, D5 ,- und das Wort ihm gegenüber das Produkt einer Analyse] fehlt D3, D4, D5 , Grundworte] Leitworte D4, D5 , die] diese D3, D4, D5 ,-, macht auch Kunstgebilde wie der litaneiartige . Psalm] fehlt D3, D4, D5 ,Anm. des Alten Testaments] der hebräischen Bibel D5 , Dolmetscher] Übersetzer D1 , für den die Schrift Übertragenden] für den Übersetzer der Schrift D1 ,- Sprache des Geistes, »jene einfache, allgemeine Sprache« (Goethe)] Sprache der sprechenden Wesen D1 , einen] Einen D1 , den oben genannten] fehlt D3, D4, D5 , Dienstmann] Lehnsmann D3, D4, D5 , schließlich] schließlich [das man durch »Wahrheit« wiederzugeben pflegt] D4, D5 , oft] zuweilen D3, D4 , nicht wie sonst durch »Vertrauen«, sondern] fehlt D1 , »Treue«] fehlt D1 ,- Während bei diesen […] erfaßt werden] Besonders streng mußten die beiden negativen Grundbegriffe erfaßt werden D3, D4, D5 , awen] nicht hervorgehoben D5 ,- hier das Böse als Macht, und zwar so […] erscheinen zu lassen] das Böse als die unheimliche Macht des »Argen«, des Args D3, D4, D5 ,- Einen wesensverschiedenen […] der Wiedergabe von schaw] Kein Absatzwechsel: Von anderen Motiven ist die Wiedergabe von schaw bestimmt D3, D4, D5 , den Wahn«] das Wahnhafte« D4, D5 , »Umtrage nicht Wahngerücht!«] »Trage nicht Wahngerücht um!« D3, D4, D5 , nämlich] fehlt D3, D4, D5 , den Wahn«] das Wahnhafte« D3, D4, D5 , nicht hinhob zum Wahn] zum Wahnhaften nicht hob D3, D4, D5 ,- zusammengesehen,] fehlt D3, D4, D5 , des Menschen] von Menschen D3, D4, D5 , Wahnhaftem] Wahnhaften D3 , steht es] verhält es sich D3, D4, D5
Zur Verdeutschung der Preisungen
, »arg«] »böse« D4, D5 ,- mußte […] eine Verknüpfung] mußten […] Verknüpfungen D4, D5 ,-, in diesem] im D3, D4, D5 , Psalmenband] Buch D1 ,Anm. Vgl. darüber S. ff., ff., und ff., sowie in der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«, S. .] Im Original Vgl. darüber S. ff., , ff., ff. D2 fehlt D3, D5 , ursprünglich] dazu Anmerkung Vgl. Rudolf Hildebrands erleuchtenden Artikel »Geist« in Grimms Wörterbuch. D1 , einheitliche] annähernd einheitliche D3, D4, D5 ,Anm. ] fehlt D3, D4, D5 , »fromm«, »vollkommen«] »fromm« und »vollkommen« D5 ,- Zu einer entschiedeneren […] zu verdeutschen ist.] fehlt D3, D4, D5 , dienen] dienen; es bedeutet ursprünglich »schlachten« als Opferhandlung, hier aber »opfern« D3, D4, D5 ,- »Gleichwort« o. ä.] Gleichspruch D4, D5 , abstrakter,] fehlt D4, D5 ,- aufweist.] Leerzeile und eingefügter Abschnitt: Die kolometrische Gliederung des Textes, wie sie in der ganzen Übertragung der Schrift waltet*, die in ungleichen Zeilen also, welche je eine Sinn- und Atemeinheit darstellen, hat hier, wie in den früheren lyrischen Stücken, folgende Modifikationen erfahren: / . Die einzelne Verszeile ist rhythmisch straffer und strenger gebaut als das Kolon in den sogenannten prosaischen Teilen der Bibel – die ja aber mit geringen Ausnahmen ebenfalls als rhythmisch gesprochenes und zu sprechendes Wort zu verstehen sind. / . Wo die Verszeile über die Atemeinheit hinausschwillt und damit auch den rhythmischen Bau zu sprengen droht, wird sie in zwei gespalten, d. h. die Sinneinheit wird der Atemeinheit als der Grundlage der Rhythmik geopfert. Wo es angeht, soll jeder der so entstandenen Verse relativ in sich geschlossen sein. / . Metrische Entsprechung wird nicht angestrebt – die problematische Metrik der Schrift hoffe ich bald gesondert behandeln zu können –, wohl aber wird versucht, die besondre rhythmische Struktur und Bewegung des Liedes zu bewahren. – / Auf die Nachbildung von Akrostichien ist zugunsten der allgemeinen Treue verzichtet worden. MARTIN BUBER Anmerkung (*): Vgl. Franz Rosenzweig, Die Schrift und das Wort in der Zeitschrift »Die Kreatur«, I. Jahrgang, S. f. D1 ,-, Anders verhält es sich […] aufweist.] fehlt D3, D4, D5
Kommentar
Wort- und Sacherläuterungen: , Theologumenon] theologischer Lehrsatz. ,Anm. Psalmenübersetzung wie die Gunkels] Ausgewählte Psalmen, übersetzt und erklärt von Hermann Gunkel, Göttingen . ,- »jene einfache, allgemeine Sprache« (Goethe)] Aus Goethes frühem Werk »Zwo wichtige, bisher unerörterte biblische Fragen«: »Die göttlichste Empfindung strömt aus der Seel in die Zunge, und flammend verkündigt sie die grossen Thaten Gottes in einer neuen Sprache, und das war die Sprache des Geistes. Das war jene einfache, allgemeine Sprache, die aufzufinden mancher grosse Kopf vergebens gerungen.« (Der junge Goethe: neu bearbeitete Ausgabe in Bänden, hrsg. v. Hanna Fischer-Lamberg, Berlin u. New York , Bd. , S. ). ,- heißt es bei Niebuhr] zitiert nach: DWB Bd. , Sp. , Eintrag »hold (adj.)«. ,- Mowinckel annimmt, daß damit schwarze Magie gemeint sei] Vgl. Sigmund Mowinckel, Psalmstudien, Oslo , Buch I, S. : »Awen hat somit die grundlegende Bedeutung […] Zauberkraft, Zauber, Zauberei«. , »Trage nicht […] auf den Wahn«] Ex ,; Dtn ,. , »schlechte Nichtigkeiten« (Duhm)] Die Psalmen, erklärt von D. Bernh[ard] Duhm, Freiburg, Leipzig u. Tübingen , S. (dort genaugenommen »eitle Nichtigkeiten«). , »nichtige Götzen« (Gunkel)] Die Psalmen, übersetzt und erklärt von Hermann Gunkel, . Aufl. Göttingen , S. (Ps ,). Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs »Der sogenannte ›Leitwortstil‹ ist im Rahmen der gemeinsamen Übersetzungsarbeit die – entsprechend Bubers eigener Einschätzung – wichtigste Entdeckung ihrer Übersetzungsmethode und -theorie,« schreibt HansChristoph Askani (Askani, S. ). Über die Rezeption unter Alttestamentlern bezeugt Yairah Amit: »Use of the term ›Leading Word‹, which was coined by Martin Buber, has won a permanent place in the analysis of biblical texts« (Amit, S. ); laut Ronald Hendels »admittedly biased« Ansicht handelt es sich um nicht weniger als Bubers »most important contribution to civilization« (Ronald Hendel, Leitwort Style and Literary Structure in the J Primeval Narrative, in: Sacred History, Sacred Literature: Essays on Ancient Israel, the Bible and Religion in Honor of Richard E. Friedman, hrsg. von S. Dolansky, Winona Lake, Ind. , S. ). Der
Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs
hier vorliegende grundlegende Aufsatz, der das Prinzip des Leitworts definiert und anhand von mehreren Beispielen demonstriert, folgt laut der Angabe Bubers einem Vortrag vom Januar und wurde erstmals Anfang in der Zeitschrift Der Morgen veröffentlicht. Textzeugen: D1: Die Bibel als Erzähler – Leitwortstil in der Pentateuch-Erzählung, in: Der Morgen, . Jg., Nr. und , Februar und März , S. - und S. - (MBB ). D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). D3: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »Leitwort Style in Pentateuch Narrative«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet); z. T. auch in: Translation – Theory and Practice, a Historical Reader, hrsg. von Daniel Weissbort u. Astradur Eysteinsson, Oxford , S. f. (in MBB nicht verzeichnet). Hebräisch: »Signon ha-milla ha-mancha be-sippure ha-tora«, in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. - (MBB ). Niederländisch: »Leidwoorden in de Pentateuch«, (teilweise) übers. von Juliette Binger, in: Martin Buber, zijn leven en zijn werk, hrsg. von Juliette Binger, ’s-Gravenland , S. - (MBB ). Variantenapparat: ,Titel Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs] Die Bibel als Erzähler D1 ,Untertitel Aus einem Vortrag] Leitwortstil in der Pentateuch-Erzählung D1 ,Anm. ] Aus einem Vortrag von Anfang . D1 ,Untertitel (Januar )] fehlt D1, D3 , wie gesagt] also D1 , solcherweise] fehlt D1 ,Anm. ] fehlt D1 ,Anm. ] fehlt D1 ,- die distantielle, also nicht im Nebeneinander, sondern über einen
Kommentar
größeren Textraum hin wirkende Paronomasie, von der hier die Rede ist] die »distantielle«, über einen größeren Textraum hin wirkende D1 , unabhängig vom ästhetischen Wert] über den ästhetischen Wert hinaus D1 ,- mustergültiger] klassischer D1 , darstellt] kundtut D3 , diese Kunstform transzendieren] über alle Kunst hinausreicht D1 , ihr] dieser Kunstform D1 , eintragen] einträgt D1 ,- müssen] muß D1 , Nirgends] Absatzwechsel D1 , Dies aber] kein Absatzwechsel D1 , lehrhaften] hervorgehoben D1 , transzendierenden] übergreifenden D1 ,Anm. ] fehlt D1 ,Anm. der Originalausgabe […] Verdeutschung«] im Original dieses Buchs D1 , »Zerstreuen«] dazu Anmerkung Die Texte sind hier und später im wesentlichen deutsch so wiedergegeben, wie sie in der neubearbeiteten – nicht in den Buchhandel gekommenen – sog. Logenausgabe unserer Fünfbücher-Verdeutschung stehen. D1 , am Anfang] steht am Anfang D3 , reimartig] refrainartig D3 , fünfmal] viermal D1 , beherrschende Leitwort] der beiden Hauptleitworte D1 , Sein] Jhwhs D3 , Gemeinde] Gemeinschaft D3 , Er] Jhwh D3 , sein] Sein D1 Jhwhs D3 ,- Heiligkeitstotalität für die Eda] Heiligkeit für die Gesamtheit der eda D1 ,- der »Unbedingten«] des Unbedingten D1 , Ihm] Jhwh D3 , diese] die D3 , danach] daher D1 , darnaht] Jhwh darnaht D3 ,- andere] zweite D1 ,- schließt mit der paronomastischen bangen Frage des Volkes] schließt (, ) die paronomastische bange Frage des Volkes ein D3 , neunmal] dreimal D1 , vielfache] siebenfache D1
Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs
, in allen Abschnitten] im dritten Abschnitt D1 , daher] von daher D1 , Er] Jhwh D3 , Ihn] Jhwh D3 , Gemeinde«] Gemeinschaft« D1 , Er] Jhwh D3 , Er] Jhwh D3 , zum ganzen Tatbestand] fehlt D1 ,-, kann so verstanden werden] mag so zu verstehen sein D1 , Motivworte] Leitworte D3 , so ihm] ihm ebenso D1 , hier] fehlt D1 , beweist] erweist D1 , »Nicht mehr] »Nicht fürder D3 , einen] den D1 ,- Erneuung] Ernennung D1 Anmerkung auf S. von D1: »statt ›Ernennung‹« ist »Erneuerung zu lesen.« ,- Erst aber […] ausgeglichen.] fehlt D1 ,- »Nimm doch birchati, meinen Segen, der dir gebracht worden ist] »so nimm denn birkhathi, meine Segensgabe, die dir gebracht wurde D3 , paronomastischen Stils] jenes Leitwortstils (»Paronomasie«) beziehungsvoller Wiederholung von Worten oder Wortstämmen, dessen Eigenwert in der Bibel ich dargelegt habe D1 , im Pentateuch] fehlt D1 ,Anm. ] (), sowie »Abraham der Seher«, s. oben ff. D3 ,- Ich greife […] besonders hervortritt.] fehlt D1 , Losmachung von] Lösung der Bindungen an D1 , Offenbarungsvorgang] fehlt D1 , Stämme] Völker D3 ,Anm. Genesis, Berlin ] Das erste Buch der Thora () D3 , Ich bins] Ich bin Jhwh D3 , Ich bin] Ich bin Jhwh D3 ,Anm. In vortrefflicher Weise […] von Cassuto a. a. O. […]] In sehr dankenswerter Weise […] von Umberto Cassuto, La questione della Genesi (Florenz ), D1 ,- »dienen werden sie jenen und man wird sie drücken«] »dienstbar {Dienstbar D3} machen wird man sie und sie drücken« D1, D3 , »Sein Bote] »Gottes Bote D3 , der Seßhaften] des Seßhaften D1
Kommentar
, des Sehens] der Sicht D3 , wie wenn] so wenn D1 , Segenanruf Malkizedeks] Gegenanruf Malkizedeks D1 , solcherweise] fehlt D3 , er habe] fehlt D1 ,- »sie sollen wahren Seinen Weg, Wahrheit und Recht zu tun«] »sie sollen hüten Jhwhs Weg, Wahrhaftigkeit und Recht zu tun« D3 , , Wahrheit] fehlt D3 , Oben und Unten] Himmel und Erde D3 , hinaus] fehlt D3 , Dichtung] Epik, wie alle echte Struktur überhaupt, D1 Wort- und Sacherläuterungen: , wie in der Josefsgeschichte] Gen -. , Kautzsch-Bertholet] siehe Wort- und Sacherläuterungen zu ,. ,- an diesen zwei Stellen] Gen ,; ,. ,-, »mit dir werden sich […] alle Stämme der Erde«] Gen ,; ,. ,- »denn gehört hat Er deinen Druck«] Gen ,. , Dialog, den Wellhausen für eine späte »Wucherung« hält] Gen ,-. Vgl. Julius Wellhausen, Skizzen und Vorarbeiten, Berlin , S. . Das Leitwort und der Formtypus der Rede In diesem geschriebenen »Beispiel« wendet Buber das Prinzip des Leitworts auf den Dialog zwischen Gott und Moses (Ex -). »Das Hauptanliegen seiner Interpretation ist der Erweis der im Dialog selber begründeten in den Leitworten sich ausprägenden ›Dialektik‹, als einer Wiederkehr und Entsprechung desselben Worts an verschiedenen Stellen und in sich wandelnden Zusammenhängen. Eben dieser Wandel spielt sich an und in den Leitworten ab,« legt Askani dar (Askani, S. N. ). Textzeugen: D1: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -, (MBB ) D2: Werke II, S. - (MBB )
Das Leitwort und der Formtypus der Rede
Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: »Leitwort and Discourse Type«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Hebräisch: »Ha-milla ha-mancha we-av ha-tzura schel ha-ne’um«, in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. (MBB ). Niederländisch: »De leidwoorden in de dialogen tussen God en Mozes«, (teilweise) übers. von Juliette Binger, in: Martin Buber, zijn leven en zijn werk, hrsg. von Juliette Binger, ’s-Gravenland , S. - (). Variantenapparat: ,Untertitel ()] fehlt D2 , hast aufsteigen lassen] heraufholtest D2 , wohl] ja D2 , er] Gott D2 ,- steht goj wie fast durchweg, wo die Abstammungseinheit gemeint ist, in der Genesis] steht goj, wie in der Genesis fast durchweg da, wo die Abstammungseinheit gemeint ist D2 ,- laß dich geleiden / des Argen über deinem Volk] lasse es dir leidsein / des Bösen über deinem Volk D2 ,- »Da ließ Er sich geleiden des Argen] »Da ließ Jhwh es sich leidsein des Bösen D2 , Sichgeleidenlassen] Sichleidseinlassen D2 , herrlichen,] fehlt D2 , steig] ziehe D2 , hast heraufsteigen lassen] heraufholtest D2 , in unserem Innern] bei uns innen D2 ,- »Sehen soll alles Volk, in dessen Innern du bist, / Mein Tun, wie es furchtbar ist, / das ich bei dir tun will] »Sehen soll alles Volk, bei dem innen du bist, / Jhwhs Tun, wie furchtbar es ist, / das ich mit (ʿim) dir tun will D2 , »bei«] ʿim (dort »bei«) D2 ,- »Mosche, der Mann / der uns aus dem Land Ägypten hat aufsteigen lassen] »Dieser Mose, der Mann / der uns heraufgeholt hat aus dem Land Ägypten D2 ,- deine Götter, Jiſsrael, / die dich aus dem Land Ägypten haben
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aufsteigen lassen] deine Götter, Israel, / die dich heraufholten aus dem Land Ägypten D2 , »Aufsteigen«] »Herauf« D2 , »Aufstieg«] »Heraufgeholtwerden« D2 , hinaufzusteigen] zu fahren D2 , haben aufsteigen lassen] heraufgeholt haben D2 , hinaufsteigen zu Ihm] hinauf zu Jhwh D2 ,- »Geh, steig von hier weiter hinauf, / du und das Volk, das du hast aufsteigen lassen] »Geh, ziehe hinauf von hier, du und das Volk, das du heraufholtest D2 , aufsteigen in deinem Innern] innen bei dir hinaufziehen D2 , der »Aufstieg«] das »Hinaufziehen« D2 ,- so laß uns nimmer von hinnen »aufsteigen«!] »Geht dein Antlitz nicht mit, bring von hier uns nimmer hinauf!« D2 ,- »Steig am Morgen zum Berg Sinai herauf! … niemand steige bei dir herauf! … Und er stieg zum Berg Sinai hinauf] »Am Morgen steige zum Berg Sinai herauf! … keiner steige neben dir herauf! … Und er stieg zum Berg Sinai herauf D2 , sprachest doch] sprachest ja D2 , denn] doch D2 , redete Er zu Mosche] redete Jhwh zu Mose D2 , in unserm Innern] bei uns innen D2 , Motiv] Gegenstand D2 , Movens] Partner D2 , Gutheit] Güte D2 , Namen] Namen Jhwh D2 , an] wie D2 ,- »daß ich gönne, wem ich gönne, / daß ich erbarme, wes ich erbarme] »daß ich begünstige, wen ich begünstige, / daß ich mich erbarme, wes ich mich erbarme D2
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig) Dies ist die erste, direkte Erwiderung Bubers und Rosenzweigs in der bekannten Auseinandersetzung (s. Einleitung) mit Siegfried Kracauer, der den Standpunkt auch anderer jüdischer Denker gegenüber der Übersetzung vertrat, vor allem Walter Benjamins. Geschrieben wurde sie in den drei Wochen zwischen der Veröffentlichung der Besprechung Kracauers mit dem Titel »Die Bibel auf Deutsch. Zur Übersetzung von Martin Buber
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
und Franz Rosenzweig« in der Frankfurter Zeitung vom . und . . (jetzt in: Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse. Essays, Frankfurt a. M. , S. -) und der Veröffentlichung einer gekürzten Version dieser Erwiderung in derselben Tageszeitung am . . . Wie Martina und Walter Lesch zeigen (Lesch), hatten diese beiden signierten Beiträge eine Vorgeschichte in der Form einer sarkastischen unsignierten Notiz, die Kracauer in der Zeitung bereits am . . veröffentlicht hatte; mit seiner Besprechung im April »goß [Kracauer] weiteres Öl ins Feuer« (ebd., S. ; S. auch Bubers Brief an Leopold Marx vom . . , in: B II, ). Nicht versöhnlicher war Kracauers (übrigens in der Forschung kaum beachtete) »Duplik«, die in der Frankfurter Zeitung diesem Text unmittelbar folgte. Unter dem Titel »Gegen wen?« betonte Kracauer, dass »das philologische Bombardement« der Autoren in ihrer Erwiderung verfehlt sei, weil seine Kritik die Treue der Übersetzung gar nicht bezweifelt habe; was ihnen entgangen sei, sei allerdings »das Anachronistische ihrer Übersetzung«. Nicht dass dem biblischen Wort »eine jede Zeit […] feindlich gegenüberliege« leugne er; er habe jedoch erwogen, »wie das Wort i n u n s e r e r Z e i t beschaffen sein müsse, um als Instrument der Wahrheit das Bestehende anzugreifen« (Siegfried Kracauer, Gegen wen? Duplik, Frankfurter Zeitung, . Jg., Nr. , . Mai , S. -, Zitat S. ). S. die ausführliche Forschungsliteratur zu dieser Kontroverse, vor allem Jay; Lesch; Britt. Textzeugen: H: Handschrift, teilweise Maschinenschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel a); lose, nummerierte Blätter, von denen der Nummerierung und dem Verlgeich zu D1 und D2 zufolge das vorletzte fehlt; ohne Datum; die Blätter sind einseitig beschrieben, größtenteils handschriftlich und mit Korrekturen versehen, zwischendurch sind maschinenschriftliche Seiten eingeschoben, die ebenfalls handschriftliche Korrekturen aufweisen; in der Handschrift finden sich doppelt eingeklammerte Textstellen, die keine Variante darstellen, sondern offensichtlich Skizzen und Arbeitsanweisungen Rosenzweigs für Buber sind; die Handschrift stammt vermutlich von Franz Rosenzweig, der zusammen mit Buber der Co-Autor des Textes ist, die Korrekturen sind von Buber. H1.1 Grundschicht: größtenteils handschriftlich, vermutlich nach dem Diktat Franz Rosenzweigs angefertigt von seiner Frau, teilweise maschinenschriftlich; enthält Gliederungsskizzen und Hinweise für Buber, die nicht zum Text selbst gehören. 1.2 H Überarbeitungsschicht: Korrekturen von Bubers Hand.
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D1: Frankfurter Zeitung, . Jg., Nr. , . Mai , S. - (in MBB nicht verzeichnet). D2: gemeinsam mit Franz Rosenzweig, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »The Bible in German«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Variantenapparat: ,Anm. ] fehlt D1 , unserer Genesisübersetzung] fehlt H1.1 hunserer Genesisübersetzung (Frankfurter Zeitung vom . u. . April)i H1.2 Genesis-Uebersetzung (Erstes Morgenblatt vom . und . April) D1 , zu wollen,] zu wollen – unsere Ansichten darüber findet der Leser der sich dafür interessiert im neusten Heft der Zeitschrift »Der Morgen« und in dem Waschzettel zum Buch Im Anfang »Das Wort und die Schrift«, der demnächst im ersten Heft der neuen Zeitschrift »Die Kreatur« gedruckt wird, sowie in einem gleichfalls zuvor als Waschzettel dem [neuen] Band der Bibel beigegebenen und dann veröffentlichten Aufsatz, der speziell das Verhältnis zur Lutherbibel behandelt –, H1.1, H1.2 , wenigstens] fehlt D1 , jener] der H1.1[der] ! jener H1.2 ,- von der Stummheit der Bibel in »unserer Zeit«] fehlt H1.1 hvon der Stummheit der Bibel in »unserer Zeit«i H1.2 , selbst] fehlt D1 , in einer ritterlichen Anwandlung] fehlt D1 , Luthers »Wolken führen«] Luthers [Brandopfer opfern heißt hebräisch: ha-aloth oloth] ! Wolken führen H1.1 , infolgedessen] hervorgehoben D1 ,- an der gemeinten Stelle] fehlt H1.1 han der gemeinten Stellei H1.2 , infolgedessen] hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 , infolgedessen] hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 ,Anm. ] fehlt D1 ,- Willst du König werden, König du bei uns, / oder Walter du, Wal-
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
ter über uns] König wärst wohl gern, bei uns du König? / oder Walter du, über uns Walter H1.1, H1.2, D1 ,- (»Herrscher […] wiedergegeben hatten.)] fehlt H1.1, H1.2 ,- bedeutsamerweise] fehlt D1 ,- als sie dem Vater seine Botschaft bringen, und »Herrscher« wäre hier zu viel] wo »Herrscher« zu viel wäre D1 ,- Das […] im Spruch] So haben wir bei D1 , durch »sie sollen walten« wiedergegeben hatten] »sie sollen walten« übersetzt D1 ,- ungleich seinem lateinischen Quellwort offerre, das den Sinn des hebräischen Opferns gut wiedergibt, heut] fehlt D1 ,- unüberhörbaren] fatalen H1.1, H1.2 , Griechisch-Lateinischen] Griechischen H1.1 [Griechischen] ! Griechisch-Lateinischen H1.2 ,- die Septuaginta […] Bedeutung«.] fehlt D1 , im Deutschen eingebürgert] mit einer kühnen Neubildung ins Deutsche eingeführt. H1.1, H1.2 ,- Sie alle hielten sich […] nicht an die Bedeutung«.] fehlt H1.1, H1.2 ,- dem Rezensenten zusagende] fehlt D1 ,- zusagende] behagende H1.1 [behagende] ! zusagende H1.2 , hebräischen funktionalen] »funktionalen« D1 ,- das Lateinische […] sein.] fehlt D1 ,- frühere Arbeit] Vorarbeit H1.1 [Vorarbeit] ! frühere Arbeit H1.2 ,- um dem Leser zum Verständnis dieses Singulars zu helfen, der ja nicht ein beliebiges Tor meint] weil nicht ein beliebiges Tor gemeint ist D1 , Rat, Markt und Gericht] Rat und Markt H1.1 Rat [und] h,i Markt hund Gerichti H1.2 , hineinragt.] Absatz: ((Nun der liebliche Geruch. Dann, etwas verführerischer, aber auch kurz, der Braus, mündend in:)) Arbeitsanweisung in H1.1, H1.2 , so empfindlich] fehlt D1 , sogar] fehlt H1.1 hsogari H1.2 , also daß dies Opfer des Lobes sei] fehlt D1 ,- Befriedung«? Weil »der liebliche Geruch« wohl homerisch (Ilias 549 f.), aber nicht biblisch ist: das hebräische] Befriedung« statt »der liebliche«? Nun, das hebräische H1.1, H1.2 ,- homerisch (Ilias 549 f.), aber nicht biblisch ist […] bedeutet] in der Ilias (, f.), aber nicht in der Bibel steht D1
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, Die Luther-Fassung »und der] davor Absatz H1.1, H1.2 Luthers »der D1 , wohl] fehlt H1.1, H1.2 , Wind] nicht hervorgehoben D1 , solchermaßen] so D1 ,- verschieden] fehlt H1.1, H1.2 , Eine geringere, aber ähnliche] Die gleiche H1.1, H1.2 Fast dieselbe D1 , pneuma] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 , spiritus] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 ,- wer nimmt heute die Sinnlichkeit dieses Ausdrucks noch unmittelbar wahr?] fehlt D1 ,- Weil sie aber Luther und seine mitlebende Leserschaft noch inne hatten] Weil Luther und seine mitlebende Leserschaft sie noch inne hatten D1 , seine mitlebende Leserschaft] seine [Leserschaft] ! mitlebende Leserschaft H1.1 , glaubte er] [glaubte] ! hat er H1.1 , (aber bald danach schon nicht mehr)] fehlt D1 , zu dürfen] zu dürfen hgeglaubti H1.2 , eigentliches] fehlt D1 ,- Denn im Gespräch […] übertragen hatte] Denn Johannes , wo er erst wie schon Meister Eckhart (bedenklich wagnerisch!) übertrug D1 ,- einschließlich Meister Eckharts] fehlt H1.1 heinschliesslich Meister Eckhartsi H1.2 , nunmehr unmittelbar nacheinander dasselbe] nun das D1 , pneuma] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 , Wind,] Wind, die andern, H1.1 Wind, [die andern,] H1.2 , aber] fehlt H1.1 haberi H1.2 fehlt D1 ,- »daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist«] »aus dem Geiste geboren« H1.1, H1.2 ,- erscheint, obgleich im Text] wird, obwohl D1 ,Anm. ] fehlt H1.1, H1.2, D1 , ist] in sich D1 ,- gesagt, die hier wie dort überm Wasser wirkt, – von der Macht also, die] gesagt, von dem Wort, das H1.1, H1.2 gesagt – von dem Wort also, das D1 , ruach] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 , sein Sausen oder Brausen] sein [Brausen] ! Sausen oder Brausen H1.1
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
,- »Ein Brausen […] genannt.] fehlt H1.1 h»Ein Brausen […] genannt.i H1.2 ,- in der Bibel] fehlt D1 , die leis vibrierenden Flügel] die Flügel vibrierend H1.1 [die Flügel vibrierend] ! die leis vibrierenden Flügel H1.2 ,- Das gleichlautende […] syrische Peschitta] fehlt D1 ,- Dem, wovon der Genesissatz spricht, dem Schweben über dem Ungewordenen, steht dieses Verbum unvergleichbar näher] [Dem, wovon der den Genesis-Satz. Dem] ! Dem, wovon der Genesissatz spricht, dem Schweben über dem Ungewordenen, steht dieses Verbum [näher] ! unvergleichlich näher H1.1 Dem Sinn des Genesis-Satzes, dem Schweben über dem Ungewordenen, steht brüten ungleich näher D1 , Bibelstelle] Stelle D1 , »Brüten« als die rechtmäßige Metapher des ersten Schöpfungsakts] »Brüten« als die rechtmäßige Metapher des [Schöpfung] ! ersten Schöpfungsakts H1.1 »Brüten« (fotus) als den ersten Schöpfungsakt D1 , (quodam fotu sancti Spiritus sui)] fehlt D1 , reicht es in hinreißend alliterativen Versen an unser Zeitalter her] reicht es, in Goethes hinreißend alliterativen Versen, an unser Zeitalter D1 , , mag man einwenden,] fehlt D1 ,- nicht: an einer Stelle über der Fläche der Wasser, sondern] fehlt D1 , Daß sich mit den beiden endlich gefundenen Wörtern] Daß sich dabei H1.1 Daß sich [dabei] ! hmit den beiden endlich gefundenen Wörterni H1.2 , hebräischen Wurzeln] Wurzeln H1.1 hhebräischeni Wurzeln H1.2 ,- Wir hätten […] herausgekommen wäre.] fehlt D1 ,- Entgegnung, nur im übrigen] Aufsatz, nur sonst H1.1 [Aufsatz] ! Entgegnung, nur [sonst] ! im übrigen H1.2 , des Deutschen] fehlt D1 , hebräischen] fehlt D1 ,- »Wenn gleich] »Und ob schon H1.1 [»Und ob schon] ! »Wenn gleich H1.2 ,-, übrigens, wie der Vergleich mit den älteren Drucken und Handschriften lehrt, eine aus bewußter Sprachkünstlerschaft geflossene Alliteration] übrigens eine künstliche Alliteration, wie der Vergleich mit den älteren Drucken lehrt H1.1 übrigens hwie der Vergleich mit den älteren Drucken lehrt,i eine [künstliche] ! aus bewusster Sprachkünstlerschaft geflossene Alliteration H1.2
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, Drucken und Handschriften] Fassungen D1 ,- die Punkte, von denen aus die Phantasie […] entflogen ist] die Punkte, die die Phantasie […] geführt haben H1.1 die Punkte, [die] ! von denen aus die Phantasie […] [geführt haben] ! entflogen ist H1.2 ,- Falls die Leser dieser Zeilen […] die Einsicht] Ihr gegenüber werden Leser dieser Zeilen gut tun, die Einsicht festzuhalten D1 , , klangsinnliche und wortgeistige,] fehlt H1.1 h, klangsinnliche und wortgeistige,i H1.2 , , das zu sprechen beginnt,] fehlt D1 , eigentlichen] fehlt D1 , nach Möglichkeit] fehlt D1 , freilich] zuvor? H1.1 [zuvor?] ! freilich H1.2 , Schaffung des lateinischen Literaturstils durch den Literaten] literarische Abkunft von D1 , noch] fehlt D1 , , als es zu einer Literatursprache wurde,] fehlt D1 , eigentümliche] unter allen semitischen Sprachen nur ihm H1.1 [unter allen semitischen Sprachen] ! eigentümliche H1.2 fehlt D1 ,- , so gut es im Deutschen geht,] fehlt D1 ,- , wie in so vielen Einzelheiten der Übersetzung,] fehlt D1 , gefolgt; sein] gefolgt, wie so oft. Sein D1 , Bibelrevisions-Consistoriums] Bibel-»Consistoriums« D1 , sowohl] so D1 , klassisch gewordene] klassische D1 , jedem Vers.] Absatz: ((Nun Weihbuhle, Standmal und Schlachtstatt, wahrscheinlich kurz in einem Absatz, dann ohne maß fürwahr und das eben wirklich xxxxgewagte mit Verlaub; dann Künder (möchte? ich gern); dann die beiden völkischen Punkte (auch gern ich; dann der Absatz mit gutem Greisentum, dann karger aber starker Schluß.)) Arbeitsanweisung in H1.1, H1.2 , , meint der Rezensent] fehlt D1 ,-, , und eigentlich müßte auch der Rezensent es wissen] fehlt D1 ,- das bekanntlich] fehlt D1 , bedeutet] fehlt D1 , demgemäß] demgemäss ursprünglich H1.1 demgemäss [ursprünglich] H1.2 , insbesondere] vornehmlich H1.1, H1.2 , sich Fremdwörter erlauben dürfen] Fremdwörter gebrauchen dürfen H1.1 hsichi Fremdwörter [gebrauchen] ! erlauben dürfen H1.2
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
, dürfen). An der Genesis-Stelle] dürfen), und wurde dann offenbar H1.1 dürfen), [und wurde dann offenbar] ! Genesis wird es H1.2 ,- Als Juda Tamar »am Zugang nach Zweibrunn« sitzen sah, »hielt er sie für eine Buhldirne«] Juda hält Tamar »für eine Buhldirne« D1 ,- als sein Abgesandter sie dann suchen soll, vermeidet er] sein Abgesandter vermeidet D1 , Weg?«] Weg« H1.1, H1.2, D1 , »Schlachtstatt« mußte für den zahmen Altar eintreten] Schlachtstatt verdrängte den »zahmen« Altar D1 , die Vorstellung in eine ganz falsche] in falsche D1 ,- Bei Altar denkt man] Man denkt D1 ,- – Zur Beruhigung […] vertreten wird.] Absatz: [Wenn die sonstigen Beanstandungen des Rezensenten leicht daraus zu verstehen sind, dass er es versäumt hat, das Original mit den Uebersetzungen zu vergleichen, so ist sein Vorwurf, das Wort X] H1.1 fehlt D1 ,-, Für mazewa […] Hausverwalter angehn.] Vier andere beanstandete Wendungen sind von viererlei Art. »Standmal« (einmal, wo ein Femininum erfordert war, »Malstatt«) für mazeba, dessen Stammwort stellen bedeutet, anstatt des unbestimmten Lutherschen »Mal«, besagt, daß für ungeläufige Gegenstände zuweilen ungeläufige Bezeichnungen gewählt werden müssen. Das vom Rezensenten anscheinend mit dem Wagnerschen archaisierenden »unmaßen« verwechselte »ohne Maß« stellt ein ganz nüchternes und heutiges Wort dar. »Mit Verlaub«, das wir da verwenden, wo Josefs Brüder in aufgeregter Ueberhöflichkeit (und deshalb mit »aufgeregter Interpunktion«) den Hausverwalter angehn, ist gut goethisch. Und das vom Rezensenten den »Flachländern Dahns und Freytags« zugewiesene »fürwahr« ist in der Lutherbibel selber dicht gesät. D1 , an einer von zehn Stellen] ein einziges Mal H1.1 hani [ein] ! einer [einziges Mal] ! von Stellen H1.2 ,- sie sind nur naturgemäß ungeläufig: wie ihr Gegenstand] sollte etwa eine Verwechslung mit Walstatt vorliegen? H1.1 [sollte etwa eine Verwechslung mit Walstatt vorliegen?] ! sie sind nur naturgemäß ungeläufig: wie ihr Gegenstand H1.2 , bei Luther dicht gesät] bei Luther, im Alten und im Neuen Testament, dicht gesät H1.1 bei Luther [, im Alten und im Neuen Testament,] dicht gesät H1.2 ,- dürfte dem Rezensenten nicht gelingen] fehlt H1.1 hdürfte dem Rezensenten nicht gelingeni H1.2 , archaisierenden] archaischen H1.1, H1.2 , gewöhnlich] fehlt H1.1, H1.2
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,- und deshalb mit »aufgeregter Interpunktion«] fehlt H1.1 hund deshalb mit »aufgeregter Interpunktion«i H1.2 , Hausverwalter angehn.] auf dem entsprechenden maschinenschriftlichen Blatt von H findet sich im Anschluss nach einigem Freiraum ein Entwurf zum in D1 und D2 folgenden, in H1.2 aber gestrichenen Absatz: »Erdvolk« sei »pseudo-schollenhaft«, »alle Welt« oder »alle Lande« sei das Richtige. Aber im Text steht ein Singular, der nicht Welt sondern Erde bedeutet: die ganze Erde, und also, da nicht vom Planeten, sondern von seinen Bewohnern die Rede ist, die ganze Erdbevölkerung, oder, um den Rhythmus zu bewahren, das ganze [Volk] ! Erdvolk. Oder müsste man die Erde, die dasteht, in eine Welt, die nicht dasteht, verwandeln, um einen Rezensenten nur ja nicht schollenhaft anzumuten? H1.1 , (eigentlich nur Erde)] fehlt D1 , mußte . M f.ür Luthers] mußte {hgenerelli H1.2} für Luthers an der Stelle stehende H1.1, H1.2 , jenes] fehlt D1 , sehr] fehlt D1 , noch] fehlt D1 , vorhanden] da D1 , das biblische Hebräisch] die Bibel D1 ,- »Erde« und das luftige »Himmel«] Erde und den Himmel H1.1 Erde und [den] ! das luftige Himmel H1.2 ,- völkische] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 ,- ist uns, objektiv wenigstens, unverständlich] ist uns unverständlich H1.1 ist uns h, objektiv wenigstens,i unverständlich H1.2 , Genfer] fehlt D1 , suchen würde] suchte D1 ,- als Erdvolk] fehlt D1 , der Rezensent] die Rezension H1.1 [die Rezension] ! der Rezensent H1.2 ,- eigenartiger] eigentümlicher H1.1 [eigentümlicher] ! eigenartiger H1.2 eigenartiger plötzlicher D1 ,- öffentlichen […] Tätigkeit, deren Kenntnis er doch zu Anfang hervorhebt] öffentlichen […] Tätigkeit, [mit] deren Kenntnis sie doch zu Anfang prunkt H1.1 öffentlichen […] Tätigkeit, deren Kenntnis [sie] ! er doch zu Anfang [prunkt] ! hervorhebt H1.2 sonstigen Wirksamkeit D1 ,- (was man nicht deklinieren kann, das sieht man als ästhetisch an)] fehlt D1 ,- Formen der biblischen] fehlt D1
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
,- nicht, wie die Rezension zu glauben scheint] keineswegs D1 , deutschen Volks] Volkes D1 , Jesaias] fehlt D1 ,- Isaias] fehlt D1 , im deutschen Sprachgebrauch selbst] fehlt D1 , auf die] auf die [hebräischen] H1.1 ,- allgemein seit etwa hundert Jahren wahrnehmbare Tendenz] Tendenz der Gegenwart D1 , für Zarathustra] fehlt D1 ,- , wie vielleicht manchen Lesern und sicher dem Rezensenten unbekannt geblieben ist,] fehlt D1 ,- seit Ende der bürgerlichen Epoche, also seit Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts] zum H1.1 [zum] ! seit Ende der bürgerlichen Epoche, also seit Ausgang des . Jahrhunderts H1.2 seit Ausgang des . Jahrhunderts D1 ,- Entscheidend war aber auch dies Rücksichtnehmen […] nicht. Entscheidend war] Entscheidend war aber auch dies nicht, sondern D1 , Sinndeutung] nicht hervorgehoben D1 ,-, nur durch die Wahl der hebräischen Eigennamen] nur so D1 , durchsichtig] wiedergegeben H1.1 [wiedergegeben] ! durchsichtig H1.2 ,- Die nur so wiedergebbare […] geschöpft wird.] fehlt D1 , den Wurzelsinn] chaj H1.1 [chaj] ! den Wurzelsinn H1.2 ,- »Im Anfang« Jizchaks Name geschöpft wird] Im Anfang Jizchak der Name geschöpft wird H1.1 [Im Anfang] ! »Im Anfang« [Jizchak] ! Jizchaks [der] Name geschöpft wird H1.2 ,- das griechische Wort] das [Wort] ! griechische Wort H1.1 , im Unterschied von dem hebräischen] fehlt D1 ,- den Sinn eines Wahrsagers des Zukünftigen hat] den Wahrsager meint D1 , eine] fehlt D1 , Künder] nicht hervorgehoben H1.1, H1.2, D1 ,- weil nach der […] gebraucht werden] aus etymologischen Gründen, sondern auch weil künden im Gegensatz zu reden und sprechen nicht absolut, nicht objektlos gebraucht werden kann D1 , ist im Gegensatz zum] ist, anders als D1 ,- »künden« zwar nicht, wie der Rezensent argwöhnt, erst seit Georges »Stern des Bundes«, aber immerhin] künden H1.1 künden hzwar nicht, wie der Rezensent argwöhnt, erst seit Georges »Stern des
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Bundes«, aber immerhini H1.2 Künder zwar nicht, wie der Rezensent argwöhnt, erst seit George, aber immerhin D1 ,- seit Voß und das Substantiv erst] fehlt D1 ,- aus der es einige Jahrhunderte lang verschwunden war] fehlt D1 , Heute, ganz – gesprochen sein] Heute sein H1.1 Heute [sein] ! , ganz – gesprochen sein H1.2 ,- diese innere Kolonisation […] ausgekauft werden] die Ausweitung des Sprachraums und die Einpflanzung alter aber dialektischer Worte in den Sprachgarten von heute mit gärtnerischer Umsicht geschieht, so also, daß die Sätzlinge selber Wurzel schlagen und daß den andern Gewächsen nicht der Boden verengt und die Sonne verschattet wird H1.1 gestrichen und ersetzt durch: hdiese innere Kolonisation […] ausgekauft werdeni H1.2 ,-, Wenn Luther […] altvolkstümliches Wortgut] als Anmerkung gesetzt in D1 ,- von schlichten Wörtern erbittet: non castrensia nec aulica] von verba aulensia et castrensia erbittet H1.1 von [verba aulensia et castrensia erbittet] ! schlichten Worten erbittet: non castrensia nec aulica H1.2 ,- mit diesen »Schloß- und Hofwörtern«] fehlt H1.1 hmit diesen »Schloss und Hofwörtern«i H1.2 ,-, in der Meinung […] Kulturzeiten] fehlt H1.1 hin der Meinung […] Kulturzeiteni H1.2 fehlt D1 , preist und anpreist] empfiehlt H1.1 [empfiehlt] ! preist und anpreist H1.2 , Wortgut.] danach Absatz und in H1.2 gestrichene Arbeitsanweisung: ((Nun die Schlußpartie, natürlich unter Weglassung der durch das Vorstehende überflüssig gewordenen Stelle. Ich schicke dir nun noch mal per Eil[boten] das Ganze, damit du meine Zeile sprachlich verbesserst wozu ich keine Zeit mehr habe und vor allem damit du notierst was alles du über mittag in der Bibliothek noch nachsehen mußt; denn ich habe in der Geschwindigkeit meist aus dem Gedächtnis behauptet und wir müssen uns sicherstellen; es ist ja nun fast so lang wie der Angriff. Frl. Krause ist morgen von an da und kann abschreiben. Zu Seite / jener allgemeinen These von der Stummheit der Bibel in »unserer Zeit« noch nichts / Seite / und verderblich halten, wünschen / Seite / schlachten heißt an der gemeinten Stelle hebräisch: / Seite / Erwiderung / Ich habe immer gefunden, daß es gut ist {sei H1.2}, etwas zu wissen. / Goethe zu Eckermann / Nach der Behandlung der Einwände, aber noch vor dem Schluß: H1.1
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
,- fehlbewiesene] unbewiesene H1.1 [unbewiesene] ! fehlbewiesene H1.2 , Wortheimholungen] Rückgriffe in verschollener aber nur H1.1 [Rückgriffe in verschollener aber H1.2 der sich anschliessende Text ist verloren , »unserer Zeit«] unwürdigen Zeit H1.1 [unwürdigen] ! »unserer Zeit« H1.2 Wort- und Sacherläuterungen: ,Anm. von der Zeitung etwas gekürzt veröffentlicht] Hinweis auf D1: Frankfurter Zeitung . Jg., Nr. , . . , S. -. ,- Ich habe immer gefunden, daß es gut sei, etwas zu wissen] Vgl. Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe, . Teil, Donnerstag, den . Februar , in: Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Bd. , hrsg. von Ernst Beutler, Zürich . Aufl. , S. : Goethe spricht über den Faust, II. Teil als »eine höhere, breitere, hellere, leidenschaftslosere Welt«, worauf Eckermann sich mit der Entdekkung einer philologischen Kleinigkeit hervortun will. Darauf Goethe ironisch: »›Ich habe immer gefunden‹, sagte Goethe lachend, ›daß es gut sei, etwa zu wissen.‹« , annen anan] Gen ,. , tawoach tewach] Gen ,. ,- ha-maloch ti-mloch […] banu] Gen ,. ,Anm. etwas abgeändert] In der Buchversion (Das Buch Im Anfang. Verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Lambert Schneider , S. ) lauten diese Zeilen: »König wärst wohl gern, bei uns du König? oder Walter du, über uns Walter?« Rosenwald und Fox bemerken hier: »Why Buber should defend a text that Kracauer has not attacked is not clear, though the defence would apply to the text Kracauer did attack also.« (Buber u. Rosenzweig, Scripture and Translation, S. N. .) , übrigens von Arndt wiederbelebte] »O süße Fahrt auf deinen Oceanen / Erhabner Walter, wunderbarer Geist […]«, Ernst Moritz Arndt, Entwurf der Erziehung und Unterweisung eines Fürsten, Berlin , S. . ,- ha-alot olot] Gen ,. ,- namhafter protestantischer Bibelkommentar […] »an den Begriff, nicht an die Bedeutung«] Die Bücher Exodus und Leviticus. Für die zweite Auflage nach Dr. August Knobel neu bearbeitet von Dr. August Dillmann, Leipzig , S. . , toladot] Gen ,. , »Tore seiner Feinde«] Gen ,.
Kommentar
, Der »Ruch«, der den Rezensenten so empfindlich stört] Gen ,. , »wie sie Richard Wagner begriff«] Kracauer, Die Bibel auf Deutsch, S. . ,- »also daß dies Opfer des Lobes sei wie ein Rauch und Ruch des vorigen Opfers«] Martin Luther, »Vom Mißbrauch der Messe ()«, in: Luther WA, Bd. , S. . ,- wa-ja-rach et reach] Gen ,. , die Variante] übersetzt Luther Gen , »und der Wind Gottis [sic] schwebet auff dem wasser« unter Angabe der Glosse »(odder der geyst)«, dann »und der Geist Gottes schwebet auff dem Wasser« unter Angabe der Glosse »(Geist) Wind ist da zu mal noch nicht gewest, darumb mus es den heiligen Geist deuten.« Luther WA, Deutsche Bibel Bd. , S. f. , wie Gunkel treffend bemerkt] Gunkel, Genesis, S. : »Hier als ἅπαξ λεγόμενον wird die רו ַּחgedacht als die lebengebende, gestaltende göttliche Macht, die im Uranfang über den gestalt- und leblosen ›Wassern‹ schwebt. , »durch den Geist seines Munds«] Luthers Übersetzung von Ps ,. ,- »Der Geist geistet, wo er will«] »der geist der geistet sô er wil« (Eckhart), DWB Bd. , Sp. , Eintrag »Geist«. ,- »daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist«] Joh ,. ,- »Du hörest sein Sausen wohl«] Joh ,. ,Anm. Nazaräerevangeliums] fragmentarisch erhaltenes apokryphes Evangelium, bei den syrischen Christen (Nazaräern) in Gebrauch. ,Anm. Hohelied ,] Richtig Cant ,. Vgl. Raphael Hai Melamed, The Targum to Canticles According to Six Yemen MSS. Compared with the ›Textus Receptus‹ (Ed. de Lagarde). Part II: Text and Variants (Concluded), Jewish Quarterly Review, New Series, Val. , No. (July ), S. -, Zitat S. . , »Ein Brausen vom Himmel«] Apg ,. , wo der Talmud die Bibelstelle erörtert] bChag a: »gleich einer Taube«. Vgl. MBW Bd. , S. . , quodam fotu sancti Spiritus sui] Vgl. Augustin, De Genesi ad Litteram Libri Duodecim, Liber , Cap. . , Goethe.] Johann W. von Goethe, Die natürliche Tochter, in: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in Bänden, hrsg. von Erich Trunz, Hamburg ff., Bd. , S. . ,- »Wenn gleich das Meer wütete und wallete«] Ps ,. ,- »mit seinen alten lateinischen und seinen neuen teutschen Biblien, dabei er auch stetigs den hebräischen Text hatte«] Johann Mathesius, D. Martin Luthers Leben, in: Martin Luther dargestellt von sei-
Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig)
nen Freunden und Zeitgenossen, hrsg. von Martin Hürlimann, Berlin , S. . , »Weihbuhle«] Gen ,. , »hielt er sie für eine Buhldirne«] Gen ,. , »Wo ist jene Weihbuhle von Zweibrunn am Weg?«] Gen ,. , mi-ſbeach] das Wort »miſbeach« (Altar, Schlachtstatt) ist eine Substantivierung des Verbes »ſawoach« (schlachten). , mazewa] z. B. Gen ,. , an einer von zehn Stellen] Gen ,. ,- in die »Flachländer« Dahns und Freytags] »Von den heroischen Hochgefilden Wagners führt eine ausgetretene Straße zu den nahebei gelegenen Flachländern Felix Dahns und Gustav Freytags herab,« schrieb Kracauer (Die Bibel auf Deutsch, S. ). Felix Dahn (), Autor u. a. des historisierenden Erfolgsromans Ein Kampf um Rom (). Gustav Freytag (-), Autor u. a. des Romans Soll und Haben (), eines Musterbeispiels des »poetischen Realismus« mit deutlich antisemitischen Tendenzen. , bei Richard Wagner] z. B. in dem Ring des Nibelungen, . Akt, . Szene (Richard Wagner, Die Musikdramen, Hamburg , S. ): »unmaßen grimmig ist er und groß«. ,-, Nachschlagen in den Wörterbüchern] Sowohl Freytag wie auch Goethe werden im Eintrag »Verlaub« zitiert im DWB Bd. , Sp. . , an einer besonderen Stelle] Gen ,. , »Erdvolk«] Gen ,. ,- auf Seite des Buchs »Im Anfang«] Gen ,-: »Abraham aber war hundert Jahre, als Jizchak sein Sohn ihm geboren ward. / Da sprach Sſara: / Ein Lachen hat Gott mir gemacht, / wer es irgend erfährt / jizchak li – lacht über mich.« , S. ] des Buchs »Im Anfang«: Gen ,-, wo Gott Abimelech gegenüber von Abraham sagt: »er ist ein Künder, er soll für dich einstehen.« , Georges »Stern des Bundes«] erschienen Berlin . ,- erst seit Voß und das Substantiv erst seit Rückert] diese beiden Angaben stammen aus dem DWB Bd. , Sp. f., Eintrag »Künden«, »Künder«. , non castrensia nec aulica] lat. »Nur keine Schloß- und Hofwörter«; Brief an Spalatin vom . . , Luther WA, Briefwechsel Bd. , S. . , in gutem Greisentum] Gen ,. ,- Die Zeit ist passiv, das Wort aktiv] Diese Formulierung gilt
Kommentar
schon seit der Rezension Leo Hirschs (Jüdische Rundschau vom . . , S. ) als eine höchst prägnante Aussage zur Relevanz der Schrift für »unsere« Zeit; vgl. dazu die beißende Kritik Jays: »The times proved far less passive than they had thought, the word much less active« (Jay, S. ). , »vor Geistes Kürze und vor hartem Frondienst«] Ex ,: das Buch Namen, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Verlag Lambert Schneider , S. : »Aber sie hörten nicht auf Mosche vor Geistes Kürze und vor harter Fron.« , Dann geschah, was geschah.] Ironische Bezugnahme auf den Schluss von Kracauers Kritik, an deren Ende Kracauer drei Sätze mit: »Es könnte geschehen, daß …« beginnen läßt. (Kracauer, Die Bibel auf Deutsch, S. .) Zu einer Übersetzung und einer Rezension (gemeinsam mit F. Rosenzweig) Die Rezension des Historikers und Arztes Richard Koch (-), mit der die beiden Autoren sich in ihrer Erwiderung auseinandersetzen, erschien in der philosophisch orientierten Zeitschrift Der Morgen (redigiert vom jüdischen Philosophen Julius Goldstein, -) im Februar (Richard Koch, Bemerkungen zur neuen Verdeutschung der Heiligen Schrift, Der Morgen . (Februar ), S. -), ein paar Monate nach dem Erscheinen des Buchs Im Anfang, und war damit eine der ersten Besprechungen des neuen Werks, jedoch nicht die einzige, die von einem Nichtkenner des Hebräischen geschrieben wurde, wie Koch selber bekannte. Koch war zugleich Arzt, und seine im allgemeinen positive, jedoch an einigen Stellen kritische Besprechung der Übersetzung sorgte für einen Zwist zwischen ihm und seinem Patienten, nämlich Franz Rosenzweig, der »durch Vermittlung der Frauen beigelegt« wurde (Anm. der Hrsg. in Rosenzweig, GS Bd. , S. . Ob diese Spannung in Rosenzweigs Brief an Martin Goldner vom . . tatsächlich gemeint ist, wie die Herausgeber meinen, darf allerdings bezweifelt werden, denn Kochs Besprechung ist erst später erschienen). Bubers und Rosenzweigs Erwiderung wurde in der nächsten, der Aprilnummer der Zeitschrift veröffentlicht; Koch durfte anschließend seine Besprechung noch verteidigen: »Um die Wirkung einer Übersetzung zu beschreiben, die für Leser bestimmt ist, die kein Hebräisch verstehen […], braucht man keine Sprache als die der Übersetzung«, schrieb er (Der Morgen . (April ), S. f.). Als er übrigens viele Jahre später hebräisch lernte, bekannte
Eine Übersetzung der Bibel
Koch, mit Hilfe dieser Übersetzung in den hebräischen Urtext eingedrungen zu sein (Anm. der Hrsg. in Rosenzweig, GS Bd. , S. ). Textzeugen: D1: gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Der Morgen, hrsg. von Julius Goldstein, . Jg., Nr. , April , S. - (MBB ). D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »Concerning a Translation and a Review«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis: Indiana University Press , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Variantenapparat: ,Untertitel (März )] fehlt D1 ,Anm. ] fehlt D1 Wort- und Sacherläuterungen: ,Anm. des »Jirmejahu«-Bandes der »Schrift«] Das Buch Jirmejahu, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Verlag Lambert Schneider . ,- Friedrich Gundolf […] in seinem deutschen Shakespeare] Friedrich Gundolf, Shakespeare in deutscher Sprache, Bde., Berlin . Eine Übersetzung der Bibel Am . . veröffentlichte die Berliner Wochenschrift Das Tage-Buch (hrsg. von Stefan Grossmann und Leopold Schwarzschild) einen Verriss der Buber-Rosenzweigschen Übersetzung durch den Literaturkritiker Emanuel bin Gorion (-). Als Sohn des hebräischen Schriftstellers Micha Josef Berdyczewski (-) beherrschte der Kritiker die hebräische Sprache, studierte in Berlin Bibel und Geschichte und war für die Beurteilung der Übersetzung durchaus kompetent. Sein Urteil war vernichtend: er fand das neue Werk der Bibelübersetzung Luthers in jeder Hinsicht unterlegen und kritisierte fast jeden Aspekt des Werkes – von den Buchtiteln bis hin zur Transkription der Eigennamen, von der Wort-
Kommentar
wahl bis hin zur »Teilung der schlichten Prosasätze in weiße Verse«. Luthers Übersetzung sei nicht zu übertreffen, weil er »die Bibel für eine dichterische Einheit hielt. Dieser Glaube ist uns Heutigen genommen«, schrieb Bin-Gorion, und zwar wegen des Fortschrittes der Bibelwissenschaft. Der neue Übersetzungsversuch sei daher »nicht nur unzulänglich, irreführend und in der Form verfehlt, sondern auch, selbst wenn man ein gutes Wort über ihn sagen könnte, vollkommen überflüssig.« Gegen diese Kritik schrieb Buber den vorliegenden Text, der drei Wochen später in derselben Wochenschrift erschien. Textzeugen: D0: Korrekturabzug zu D1 im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel a); Seiten; versehen mit handschriftlichen Korrekturen Bubers in Rot. 1 D : Das Tagebuch, hrsg. von Stefan Großmann, . Jg., Nr. , . Juli , S. - (MBB ). D2: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: »A Translation of the Bible«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet); z. T. auch in: Translation – Theory and Practice, a Historical Reader, hrsg. von Daniel Weissbort u. Astradur Eysteinsson, Oxford , S. f. (in MBB nicht verzeichnet). Variantenapparat: ,Untertitel ()] fehlt D0, D1 , Wortes] hebräischen Wortes D0 , mißversteht er] mißversteht er das zweite Verb D0 , Umschreibungen] unzulängliche Umschreibungen D0 ,- nur an einer Stelle noch] nur hier und an einer andern Stelle der Genesis D0 , Nomen] Substantiv D0 , primitiven] primitiv-mystischen D0 , wenn wir einen Terminus] wenn wir uns einen Begriff D0 , aufnehmen] bedeutungswandelnd zu eigen machen D0 , Aber auch der Mann] Absatz: Unmittelbar vorher hatte sie zu Jakob gesprochen: / Gib mir Kinder, / wenn nicht, sterbe ich. D0
Eine Übersetzung der Bibel
,- etwas anderes, etwas Sinnlicheres, Bildhafteres] etwas Sinnliches, Bildhaftes D0 , Hagar] sie D0 , Sehende«] Schauende« D1 , der Weg, auf dem er] der Weg, den er D1 , formal] Formel D0 , »ägyptische Magd«] Beduinenfrau D1 , wir müssen die Worte] wir müssen die Lutherschen Worte, nach Weglassung des überflüssigen »Es«, D0 ,- eine andere ist] eine andere ist als im Hebräischen D0 , der Gewalt] der schicksalhaften Gewalt D0 , in Luthers] in Luthers kräftigem D0 , Und Luthers] Und der Beschluß der Gottesrede: Luthers D0 ,Anm. ] fehlt D0, D1 , wird vorübergehen] dazu Anmerkung : Auf die Transkriptionsfragen u. dgl. einzugehen, scheint mir diese Zeitschrift nicht der rechte Ort. D0 , Die Inkonsequenz] Wir sind unserer Inkonsequenz nicht unfroh. Die Inkonsequenz D0 , glauben wir] glauben sie D0 , uns stand nur frei] mir stand nun frei D0 , und zwar] und zwar – mit Mitteln, deren Begründung ich in einem größeren Zusammenhang darlegen werde – D1 , Meisterin] dazu Anmerkung : Dennoch war es uns eine Bestätigung, eben von den Voraussetzungen her, als ein bedeutender Vertreter der modernen protestantischen Bibelwissenschaft, Prof. Paul Volz, in seiner Besprechung schrieb: »Das Wort ›Jahwe‹ ist durchweg und gewiß mit Recht vermieden, statt dessen ist ER oder DU verwendet.« D0 , ausgeführt] (im . Heft der Zeitschrift »Die Kreatur«, Frühjahr ) ausgeführt D1 ,- zu behandeln] dazu Anmerkung : Auch die Titel künftig erscheinender Bände, die er kritisiert, sind der vorläufig orientierenden Übersicht der Verlagsprospekte entnommen. D0 , Menschen] Menschen dieses Zeitalters D0 Wort- und Sacherläuterungen: , Artikel »Bubers Bibel«] Emanuel Bin Gorion, Bubers Bibel, Das Tage-Buch . . , S. -. , unserer eigenen vier Aufsätze und Schriften] Gemeint sind vermutlich Rosenzweigs »Die Schrift und das Wort« (Die Kreatur (), S. -) und »Die Schrift und Luther« (Berlin ) wie auch die
Kommentar
von ihm und Rosenzweig gemeinsam geschriebenen »Zu einer Übersetzung und einer Rezension« (Der Morgen, hrsg. von Julius Goldstein, . Jg., Nr. , April , S. -; im vorliegenden Bd. S. -) und »Die Bibel auf Deutsch« (Frankfurter Zeitung, . Jg., Nr. , . Mai , S. -; im vorliegenden Bd. S. -). ,- »Lieber, lege dich […] bauen möge«] Gen ,. , Kautzsch-Bertholets »vielleicht kann ich durch sie zu Kindern kommen«] Kautzsch-Bertholet, S. . , Folkloristen] Ethymologen und Volkskundler. ,- Sara zu Abraham] Gen ,. , »daß sie auf meinen Knien gebäre«] Gen ,. ,- er vergehe ariri] Gen ,. , im Buch Leviticus] Lev ,. , »Da drückte […] ihr«] Gen ,. , »Kehre zu deiner Herrin […] unter ihre Hände!«] Gen ,. , »denn vernommen hat ER deinen Druck«] Gen ,. ,- Gott kommen hören] Gen ,. , Gunkel] Gunkel, Genesis, hier S. . , »Über dich meine Unbill!«] Gen ,. , Ein Wildeselmensch] Gen ,. , »Es werde Licht«] Gen ,. ,- sein »Sei Licht«] Johann Gottfried Herder, Die älteste Urkunde des Menschengeschlechts, in seinen Sämtlichen Werken, hrsg. von Bernhard Suphan, Hildesheim (fotomechanischer Nachdruck) , Bd. , S. . , »der den Mund aufmachte«] Gen ,. , »unstät und flüchtig«] Gen ,. , die Erbauer des Turms von Babel] Gen ,-. , »So diente ihnen der Backstein zu Baustein«] Gen ,. , im Dornbuschgespräch] Ex . ,-, »die in der Bibel […] ewig ist«] Emanuel Bin Gorion, Eine neue Verdeutschung der Bibel, in: Ders., Ceterum recenseo, kritische Aufsätze und Reden, Tübingen , S. -, Zitat S. . , die Wahrheit steht an der eben erwähnten Stelle] Das Buch Namen, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Verlag Lambert Schneider , S. : »ICH BIN DA schickt mich zu euch.« , Hieronymus die Aufgabe gekannt] Vgl. Eduard Norden, Agnostos Theos, Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Leipzig u. Berlin , S. : »Hieronymus […], dessen biblische Kolometrie […] rekonstruktionsfähig ist.«
Ein Hinweis für Bibelkurse
,- zum Teil ist sie auch schon verwirklicht] nämlich durch Roman Woerner (s. Einleitung zu diesem Band, S. , Anm. ). , Eduard Norden, schrieb ] Ebd., S. . ,- der Theologe Roland Schütz] Die Bedeutung der Kolometrie für das Neue Testament, Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft (), S. -. ,- Franz Rosenzweig in dem Aufsatz »Die Schrift und das Wort«] in: Die Kreatur . Jg. , S. -, in Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken , S. -. Jetzt in: GS Bd. , S. -. Ein Hinweis für Bibelkurse In diesem kurz gefassten Text von Anfang , der aus der Lehrerfahrung Bubers entstanden ist, werden die buchstäbliche Beziehung zum biblischen Text, sein dialogischer Charakter wie auch seine Gesprochenheit und Einheit mit treffsicheren Formulierungen definiert und erörtert. Textzeugen: D1: Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung, Rundbrief Nr. , Januar , S. - (MBB ). 2 D : Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). D3: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D2 Übersetzung: Hebräisch: »Tzijjunim le-chuge Tanakh«, in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. - (MBB ). Variantenapparat: ,Anm. ] fehlt D1 , nirgends] nicht D3 , geschichtlichen] geschichtlichen Teil D1 Wort- und Sacherläuterungen: ,- die maſsoretische] Die traditionelle Fassung des hebräischen Textes in der jüdischen Überlieferung.
Kommentar
,- Der »feste Buchstab«] Zitat aus Friedrich Hölderlins »vaterländischen Gesängen«: »Patmos« (): »[…] der Vater aber liebt / Der über allen waltet / Am meisten, daß gepfleget werde / Der feste Buchstab und Bestehendes gut / Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang.«, in: Friedrich Hölderlin, Werke Bd. , hrsg. von Friedrich Beissner, Stuttgart , S. . ,- die Texte bleiben] »Was bleibet aber, stiften die Dichter.« Friedrich Hölderlin, Andenken, in: Friedrich Hölderlin, Werke Bd. , hrsg. von Friedrich Beissner, Stuttgart , S. . Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung Wenige Monate nach dem Tod Rosenzweigs im Dezember widmete ihm der Orden Bne Briss eine Nummer seiner Mitteilungen. Der auf persönlicher Nähe beruhende Aufsatz Bubers wurde an erster Stelle vor Beiträgen von Ismar Elbogen (-), Eduard Strauss (-) und Maximilian Stein (-?) veröffentlicht, und stellt die Vorgeschichte und den Verlauf der Zusammenarbeit mit Rosenzweig am Übersetzungsprojekt dar. Einige Monate später wurde er auch im Prager Jüdischen Almanach auf das Jahr – / veröffentlicht. Textzeugen: D1: Der Orden Bne Briss, Mitteilungen der Großloge für Deutschland VIII U.O.B.B, Nr. , Berlin: Eigenverlag der Großloge , S. - (in MBB nicht verzeichnet) D2: Jüdischer Almanach auf das Jahr , Prag: Selbstwehr , S. (MBB ). D3: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). Druckvorlage: D3 Übersetzungen: Englisch: »From the Beginnings of Our Bible Translation«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet).
Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung
Variantenapparat: ,Titel ergänzt um die redaktionelle Vorbemerkung Der folgende Aufsatz ist Franz R o s e n z w e i g , dem frühverstorbenen Mitarbeiter an der neuen Bibelübersetzung gewidmet. D. H. D2 , Anm. ] fehlt D1 ,- von den Teilnehmern […] vornehmen wolle] aus dem Plan erwähne ich nur, dass Moritz Heimann zunächst die Sprüche, Efraim Frisch zunächst Samuel, ich zunächst Jesaia übersetzen wollte D1, D2 ,Anm. , auch nachdem das Werk in den Schocken Verlag überging,] fehlt D1, D2 , machen] wagen D1, D2 , Exegeten] Meforschim D1, D2 , faßbaren] erfassbaren D2 , zurückzugehen] zurückzusehen D2 , gleich] bald D2 , Alliterationen wiedergegeben werden sollten] die Alliteration wiedergegeben werden mußte D2 , etwas erzählt] etwa erzählt D1, D2 , bei] an D2 , gewichtigen] bedeutenden D1, D2 ,- »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen«] (»Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen«, veröffentlicht im »Kunstwart« vom Februar ) D1, D2 ,Anm. S. ff. der Originalausgabe von »Die Schrift und ihre Verdeutschung«] im Original S. ff. dieses Buches D3 fehlt D1, D2 , Als ich Rosenzweig] davor keine Leerzeile D1, D2 , letzte Stück des Buches] Buch D2 ,- Wir haben seither […] ausgetauscht] Wir pflegten seither nach der Vollendung eines jeden Buches Gedichte auszutauschen D1 , haben seither] haben noch D2 , Nach dem zweiten kamen diese Verse] Als ich mit dem fünften der Fünf Bücher zu Ende war, bekam ich die folgenden Verse, in deren Humor sich unsere mannigfaltigen Erfahrungen mit der aufnehmenden »Welt« spiegeln D1, D2 ,- Jawahr! […] Namenbuch der Offenbarung.] Ein dreiviertel Jahr schon macht die Uhr ticktack, / seit zuerst wir schmeckten dieser Arbeit Schmack, / Von den Siebzig bis zu Raschi und R’dak, / Neuere dazu, Jud’, Christ, ein ganzer Sack, – / zurufts uns aus zwei Jahrtausenden: chasak! // Zwar auch mächtig aufgeregt hat sich das Pack, / und neuaufgemalt mit modisch rotem Lack / ausfuhr gegen uns manch aufgetakelt Wrack, / zujauchzt ihm der Gänse Gack, der Frösche
Kommentar
Quack, – / wir entnahmen aus dem Lärm nur dies: chasak! // Noch geziemt uns nicht der Jubiläumsfrack, / fünfzehn Kehren noch steigt jochhoch Wegs Zickzack, / noch harrt mancher herbe Posuk unsres Psak, / manche harte Nuss auf unser kritisch »knack!«, / wir einander rufen uns: w’nischasak! D1, D2 Wort- und Sacherläuterungen: ,- Übertragung von Gedichten Jehuda Halevis] Sechzig Hymnen und Gedichte des Jehuda Halevi. Deutsch Franz Rosenzweig, Konstanz []; Franz Rosenzweig, Jehuda Halevi, Zweiundneunzig Hymnen und Gedichte. Deutsch mit einem Nachwort und mit Anmerkungen, der Sechzig Hymnen und Gedichte zweite Ausgabe, Berlin []. Der Band trägt die Widmung »Martin Buber zugeeignet«. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. .. , Dr. Lambert Schneider] Brief an Martin Buber vom . . , in: B II, S. . ,Anm. nachdem das Werk in den Schocken Verlag überging] Bis (Das Buch Jirmejahu) erschien die Bibelübersetzung im Verlag Lambert Schneider, Berlin. »Lambert Schneider war, wie er selbst berichtet, mit seinem noch jungen Verlag während der Wirtschaftskrise in den späten zwanziger Jahren in große wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen, wodurch u. a. die Fortführung der große finanzielle Vorleistung erfordernden neuen Bibel-Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig gefährdet war. Durch Vermittlung Leo Baecks kam Schneider im Frühsommer zu Schocken, der sich nach schwierigen Verhandlungen bereit erklärte, die Bibel-Übersetzung durch finanzielle Zuschüsse zu retten. Eineinhalb Jahre später, im Winter /, begannen neue Verhandlungen, die noch zur Gründung des Schocken Verlags, zu Schneiders Anstellung als Geschäftsführer und zur Übernahme der bei ihm erschienenen judaica einschließlich der ›Buber-Bibel‹ in den Schocken Verlag führten.« (In: Volker Dahm, Das jüdische Buch im Dritten Reich, München ., überarbeitete Aufl. , S. .) ,Anm. »zu verdeutschen unternommen«.] Der Gesamttitel »Die Schrift. Zu verdeutschen unternommen von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig.« findet sich in allen Bänden der Bibelübersetzung von Bd. Das Buch Im Anfang () bis Bd. Das Buch der Preisungen (). Seit Das Buch Jirmejahu lautet die Unterzeile des Bandtitels: »Verdeutscht von Martin Buber«. erschien Das Buch Jecheskel erstmals mit der Verlagsangabe »Schocken Verlag Berlin«.
Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung
,- »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber, Mai , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- Rosenzweig im Anfang der Arbeit mir geschrieben] Brief Rosenzweigs an Martin Buber von Anfang Mai , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , nicht »Redaktor« auf, sondern »Rabbenu«] Vgl. Brief Rosenzweigs an Jakob Rosenheim, . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. : »Wir nennen ihn [Mose] unter uns mit dem Sigel, mit dem die kritische Wissenschaft ihren angenommenen abschließenden Redakteur bezeichnet: R. Aber wir ergänzen dieses R nicht zu Redakteur, sondern zu Rabbenu.« , »Die Schrift und das Wort«] Zuerst erschienen in Die Kreatur (), S. -, wieder gedruckt in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin , S. -. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. - , Bilam seiner Eselin] Num -. ,- »Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen«] Zuerst erschienen in Kunstwart, Februar , wieder gedruckt in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin , S. -, Zitat S. . Jetzt in: in Rosenzweig, GS Bd. , S. , Zitat S. . ,- »Es ist ja erstaunlich deutsch; Luther ist dagegen fast jiddisch. Ob nun zu deutsch?«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Diese inneren Infinitive […] des einzelnen Worts«] Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- Aufsatzes von mir über Karl Eugen Neumanns Buddhawerk] »Schlichtung. Zum Gedächtnis an den Indologen Karl Eugen Neumann« (), in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin , S. -. ,-, »Sie vergessen […] meinerseits.«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom [sic]. . , in Rosenzweig, GS Bd. , S. . , Das Aller Anfang Ende sei] Mit der Anrede »Lieber Freund« schickte Rosenzweig dieses Gedicht am . . an Martin Buber. In: Rosenzweig, Briefe, S. f. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , Anm. das Motto des »Stern«] Ps , lautet »Gürte, Held, dein Schwert an die Hüfte, deine Hehre und deinen Glanz!«, worauf sich Rosenzweigs Worte (»bekam mein Schwert einen Griff«) beziehen. Der nächste Vers (Ps ,) diente Rosenzweig als Motto des Stern der
Kommentar
Erlösung (Frankfurt a. M. ): [»( צלח ורכב על דבר אמתDein Glanz ists:] dringe durch! reite für die Sache der Treue«.) Vgl. Das Buch der Preisungen, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Schocken Verlag , S. . , »Der Stern der Erlösung«] Frankfurt a. M. , dessen letzte Worte lauten: »Einfältig wandeln mit deinem Gott – die Worte stehen über dem Tor, […] wohinaus aber öffnen sich die Flügel des Tors? Du weißt es nicht? Ins Leben.« ,- Jawahr! Buch Namen […] Namenbuch der Offenbarung] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom Mai , in: Rosenzweig, GS Bd. , S. f. Anhang: Aus einem Brief an Hermann Gerson () Hermann Gerson war kaum zwanzig Jahre alt, als Buber mit diesem Brief seine Frage hinsichtlich der Kritik Wilhelm Stapels (-) an der Übersetzung der Schrift beantwortete. Seit stand der junge Berliner Student in engem persönlichen Kontakt mit Buber, der für ihn gewiss die Funktion eines Mentors erfüllte (vgl. Hermann Gersons ersten Brief an Martin Buber vom . . , in: B II, S. - und Bubers Antwort vom . . in: B II, S. -). Buber geht an die Kritik Stapels sachlich, ja technisch heran, verliert dabei aber kein Wort über ihre offen antisemitische Motivation. Textzeugen: D: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. - (MBB ). Druckvorlage: D Variantenapparat: , ›empor lohte‹] berichtigt aus empor lohte‹ Wort- und Sacherläuterungen: , »Antisemitismus und Antigermanismus« ()] Wilhelm Stapel, Antisemitismus und Antigermanismus, Hamburg , S. f. ,- »ein schlappes Herz« (Lichtenberg), »das schlappe KastratenJahrhundert« (Schillers Räuber)] Vgl. DWB Bd. , Sp. , Eintrag »schlapp (adj.)«.
Zu Luthers Übertragung von Ruach
, Lessings »nicht rühr an«] Gotthold Ephraim Lessing, Nathan der Weise IV. Aufzug Sechster Auftritt, in: Ders., Werke, hrsg. von Wilfried Barner, Bd. , Frankfurt a. M. , S. -, hier: S. . Zu Luthers Übertragung von Ruach Dieser bisher unveröffentlichte Text ist eine Vorstudie über Luthers Auseinandersetzung mit der doppelten Bedeutung des biblischen Begriffs ruach – Geist bzw. Wind – vor allem in Gen , und Joh , ff. Buber benutzt den Begriff immer wieder als Beispiel in späteren Aufsätzen, so in »Der Mensch von heute und die hebräische Bibel«, »Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift«, »Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs« und »Die Bibel auf Deutsch«. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel b); lose Blätter, einseitig beschrieben; Tinte, mit Korrekturen; Titel und Datierung mit Bleistift; datiert auf – unveröffentlichter Aufsatz (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: H Variantenapparat: ,Titel Zu Luthers Übertragung von Ruach] [Ruach – aus einer Auslegung der Schrift] ! Zu Luthers Übertragung von Ruach H ,- In Luthers […] Genesis] [In der ersten Ausgabe der Lutherbibel [ist der ] ! endet der . Vers der] ! hIn Luthers Übersetzung des Alten Testaments endet in den von [] ! bis erschienenen Ausgaben der . Vers deri Genesis H , noch] [nicht] ! noch H , sagt er] [heisst es] ! sagt er H , damals] [also] ! damals H , wie] [gleichwie] ! wie H ,- er jene Körper, die zu beseelen und zu gestalten waren] heri jene Körper, die [es] zu beseelen und [X] zu gestalten [galt] ! waren H , vornehmlich] [am deutlich[sten]] ! vornehmlich H ,- (innerhalb der […] vertreten)] [innerhalb der jüdischen Exegese am bestimmtesten R[aschi]] ! (innerhalb der jüdischen Exegese hat sie Raschi am [bestimmtesten] ! nachdrücklichsten vertreten) H , Wie weit] [Ob] ! Wie weit H
Kommentar
, zutrifft,] zutrifft, [die sich die moderne Wissenschaft] H , an denen] [aus] ! an denen H , allgemein] [unbestimmt] ! allgemein H , den Sinn des hebräischen Wortes] [das im] ! den Sinn des hebräischen Wortes [Gemeinte] H , das Verb im] [der] ! das Verb im H , es] hesi H , nach nicht eine] nach [eine] ! nicht eine H , wie er sich] [er] ! [während er sehe?] ! wie er sich H , kaum flüggen] hkaum flüggeni H , regen sie sich] [vibrieren sie] ! regen sie sich H , dritten, der] hdritten, deri H , ein Vibrieren] [das] ! ein Vibrieren H , So hat schon] [An das Weltbild mythischer Kosmogonien braucht man] ! So hat schon H , wenn er die zart-gewaltige] [[als] ! wie die zart gewaltige] ! wenn er die zart-gewaltige H , wir in] hwir ini H ,- wiedergegeben lesen] [wiedergibt] ! wiedergegeben lesen H , das Wort] [das mit Erba[rmen]] ! das Wort H , zu Anfang des] [im] ! zu Anfang des H , Nikodemus] Nikodemus [, das von dem Vorgang] H , dem] [diesem] ! dem H , jedem] [dem] ! jedem H , geboren] [erzeugt] ! geboren H , von den] [durch die] ! von dem H , fahre] [fähret] ! fahre H , Luther mag] Luther [selbst hatte ja noch ] ! [wird] ! mag H , von Ruach und Pneuma] hvon Ruach und Pneumai H , konnte] [durfte] ! konnte H ,- dass er, als er erkannt hatte, in der] dass er [hier wie an der Genesis-Stelle statt des] ! , als er erkannt hhattei, [dass] in der H , die eigentliche nicht in ihm aufkommen liess] [ihm] die eigentliche [Frage] ! nicht in ihm aufkommen liess H , das Wort so zu fassen, als] hdas Wort so zu fassen,i als [ob es] H , im neudeutschen Sinn dastünde] im neudeutschen [, im abgespaltenen Sinn] ! Sinn [X; Geist also] ! dastünde H , des reformierenden Zeitalters verliehen] [verliehen] ! des reformierenden Zeitalters verliehen H ,- Damit hat er […] Philosophie mündet.] hDamit hat er […] Philosophie mündet.i H
Der heutige Mensch und die biblische Geschichte
Wort- und Sacherläuterungen: ,- »Fein […] angezeyget würden.«] Luther WA Bd. , S. . , Sermon am Dreifaltigkeitstag ] Luther WA Bd. , S. . ,- in der »Ennaratio in . cap. Genesis« von ] Luther WA, Bd. , S. : »ventus enim est creatura, quae tum nondum fuit, cum adhuc confusa ista corpora coeli et terrae iacerent. Et magnus Ecclesiae consensus est de mysterio Trinitatis hic prodito. Pater per Filium, quem verbum Mose vocat, creat coelum et terram ex nihilo. His Spiritus sanctus incubat; sicut enim gallina incubat ovis, ut pullos excludat ova calefaciens et calore quasi animans: Ita scriptura dicit Spiritum sanctum quasi incubasse aquis, ut ista corpora, quae animanda et ornanda erant, vivificaret. Nam Spiritus sancti officium est vivificare.« , Talmud] Der Babylonische Talmud, neu übertragen von Lazarus Goldschmidt, Bd. IV, S. : »der Geist Gottes schwebte über dem Wasser, wie eine Taube über ihren Jungen schwebt, ohne sie zu berühren.« , Targum Jonatan] TJon zu Gen ,. , Gesprächs Jesu mit Nikodemus] Joh ,-. ,- ein Hauchen der göttlichen Kraft] Luther zur Weisheit Salomos ,: WA, Deutsche Bibel Bd. , S. : »das Hauchen der göttlichen Kraft«. , Bei Hegel bedeutet der Satz] Georg W. Fr. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion, hrsg. v. Georg Lasson, Hamburg , . Bd, . Halbband, S. . Der heutige Mensch und die biblische Geschichte Der Vortrag wurde am . Juni im Zürcher Schwurgerichtssaal gehalten; offensichtlich hatte Buber das gleiche Thema auch am . Juni »vor überfülltem Auditorium« (E. A., Der heutige Mensch und die biblische Geschichte, Basler National Zeitung vom . . ; s. auch den ähnlichen Bericht in den Basler Nachrichten vom . . ) in Basel auf Einladung der Studentenschaft behandelt. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Geschichtsauffassung der Bibel und ihrer Relevanz für den heutigen Menschen, wie auch mit der Einheit der Bibel; der zweite illustriert das Thema mit einigen Beispielen. Offensichtlich handelt es sich hierbei um eine frühe, komprimierte Fassung von »Der Mensch von heute und die jüdische Bibel« (s. in diesem Band S. -). Unter den Zuhörern in Zürich war auch der junge Rabbi Herman Lieber (-), der sich anschließend brieflich an Buber wandte; Bubers Antwort – wo er erklärt, daß er »keinesfalls die Berichte des Alten Testaments als geschichtliche
Kommentar
Wahrheiten bezeichnen wollte« sondern dass seine Entgegenstellung »dem Wirklichkeitscharakter der biblischen Geschichtsauffassung« galt – wurde in seinem Briefwechsel veröffentlicht (Brief an Herman Lieber vom . . , B II, S. f.). Textzeugen: TS1: Typoskript in der Zentralbibliothek Zürich (Nachlass M. Niehans); nummerierte, lose Seiten und ein Titelblatt; undatiert; einseitig beschrieben; zweischichtig: TS1.1: Grundschicht: maschinenschriftlich. TS1.2: Überarbeitungsschicht: vereinzelte handschriftliche Korrekturen und Ergänzungen; Vorstufe von TS3. TS2: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); Durchschlag von TS1; zweischichtig: 2.1 TS : Grundschicht: maschinenschriftlich. TS2.2: Überarbeitungsschicht: handschriftliche Korrekturen und Ergänzungen Bubers; zusätzliche Vermerke, die Anweisungen für eine Drucklegung darstellen. TS3: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); lose nummerierte Blätter; einseitig beschrieben; ohne Korrekturen. Die Typoskripte werden im MBA als Manuskripte zu eben diesem Text geführt, unterscheiden sich jedoch in vielen Punkten von dem unter dem Titel »Der Mensch von heute und die jüdische Bibel« in Die Schrift und ihre Verdeutschung, S. - (vgl. im vorliegenden Band S. -) abgedruckten Text. In derselben Mappe liegt ein leerer Umschlag mit der Aufschrift: Manuskripte zu »Die Schrift und ihre Verdeutschung«; darunter von anderer Hand: »Der heutige Mensch und die jüdische Bibel . . «. Druckvorlage: TS3 Variantenapparat: , Heute] davor Absatzwechsel TS2.2 ,- (Und mit dieser Oberfläche lebt dieser Mensch). Er versteht die Sprache dieses Buches nicht mehr] Er versteht sie Sprache dieses Buches nicht mehr (Mit dieser Oberfläche lebt dieser Mensch) TS1.1, TS1.2, TS2.1, TS2.2 , etwa] etwas TS1.1, TS2.1 etwa[s] TS1.2, TS2.2 , sie] es TS1.1, TS2.1 [es] ! sie TS1.2, TS2.2 , unvergleichliche] [unerklär[liche]] ! unvergleichliche TS1.1, TS2.1 , Der Offenbarung] davor Absatzwechsel TS2.2
Der heutige Mensch und die biblische Geschichte
,- um es zu fassen] [und doch kann ich] ! um es zu fassen TS1.1, TS2.1 , Das] [Es das] ! Das TS1.1, TS2.1 davor Absatzwechsel TS2.2 , ist sehr schwer] fehlt TS1.1, TS1.2, TS2.1, TS2.2 , Tiefdunkels gibt] [Tiefstandes gi[bt]] ! Tiefdunkels gibt TS1.1, TS2.1 ,- in diesem] [dass] ! in diesem TS1.1, TS2.1 , – Dieses Wissen] davor Absatzwechsel TS2.2 , bald] [bald] TS2.2 , wie sie] [von] ! wie sie TS1.1, TS2.1 ,- Es gibt keine […] aufgezeichnet wären.] fehlt TS1.1, TS2.1 hEs gibt keine […] aufgezeichnet wären.i TS1.2, TS2.2 , jedem einzelnen gelebten Leben die Entscheidungen] [X] jedem [Einzelnen] ! einzelnen gelebte Leben die [Einzelnen] Entscheidungen TS1.1, TS2.1 jedem einzelnen gelebtehni Leben die Entscheidungen TS1.2, TS2.2 , zu antworten vermag] [antwortet, was er tun und lassen will] ! zu antworten vermag TS1.1, TS2.1 , das sich] das[s] [es] ! sich TS1.1, TS2.1 , ihn] [einen] ! ihn TS1.1, TS2.1 , dann] [dass] ! dann TS1.1, TS2.1 , eine Not ist es] [ein Gott ist es,] ! eine Not ist es TS1.1, TS2.1 , unverbindlich ist,] unverbindlich ist, [dass sich die Welt der sogenannten Werte über den Alltag erhebe] TS1.1, TS2.1 ,- Am deutlichsten […] anderes!] (Am deutlichsten […] anderes!) TS1.1, TS1.2, TS2.1, TS2.2 , nicht ein Sein] [in einem] ! nicht ein Sein TS1.1, TS2.1 ,- von Fleischtöpfen ist hier nicht die Rede!] Fleischtöpfe ist hier nicht gesagt! TS1.1, TS1.2, TS2.1, TS2.2 , Wer] [Wäre] ! Wer TS1.1, TS2.1 , Ihr braucht mich] [Er spricht mich] ! Ihr braucht mich TS1.1, TS2.1 , denn ich] denn ich [[bin da, aber als der ich da sein werde, d. h.] ! [aber ihr kennt mich an]] TS1.1, TS2.1 , Zelt-Urbildes] [Zeltes] ! Zelt-Urbildes TS1.1, TS2.1 , so heisst es] so [gibt es nun hier] ! heisst es TS1.1, TS2.1 , erzählt] [wiederh[olt]] ! erzählt TS1.1, TS2.1 , und segnete.«] und segnete«. [Der Mensch] TS1.1, TS2.1 , Verselbständigung] [Selbs[tändigkeit]] ! Verselbständigung TS1.1, TS2.1
Kommentar
Wort- und Sacherläuterungen: , Biblia = die Bücher] Griechisch Biblion, »Buch«, Pl. Biblia. ,- Schöpfung, Offenbarung und Erlösung] Vgl. Bubers Anmerkung zu »Der Mensch von heute und die jüdische Bibel«: »Sie unserer Zeit neu dargelegt zu haben ist das große Verdienst von Rosenzweigs ›Stern der Erlösung‹.« (S. Anm. in diesem Band) , Jeremia spricht] Vielleicht Jer , oder ,. ,- »Ja freilich, das vermögen wir nicht zu glauben, dass die Ewigkeit in die Zeit einbrechen könnte«] nicht nachgewiesen. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass in Bubers Heimstadt Heppenheim zu Pfingsten , also kurz vor den Vorträgen in Zürich, eine Tagung der religiösen Sozialisten stattgefunden hat, an der Buber teilgenommen hat. Diese wurde dokumentiert in: Sozialismus aus dem Glauben, Leipzig und Zürich . , »Der Geist schwebte über den Wassern.«] Gen ,. ,- Gespräch Jesu mit Nikodemus] Joh ,-. , »Der Geist geistet wo er will.«] »der geist der geistet sô er wil« (Eckhart), DWB Bd. , Sp. , Eintrag »Geist«. , Die Rede Gottes im Dornbusch] Ex . ,-, »Sei es denn, […] was soll ich ihnen sagen?«] Ex ,. ,- »Ich werde da sein […] da sein werde«] Ex ,. ,- »Die Wolke hüllt […] Urbild des Zeltes.«] Ex ,-. ,- Dort »Vollendet […] hier »Mose sah und segnete.«] Gen ,-; Ex , u. . ,- späten jüdischen Wort der »Genosse Gottes«] b Shab a (s. Der Babylonische Talmud. Neu übertragen von Lazarus Goldschmidt, Bd. I, S. : »als wäre er mit dem Heiligen, gepriesen sei er, am Schöpfungswerke beteiligt«).
Zur Verdeutschung der Gleichsprüche () Der kurze Text in dem die hebräische Gattungsbezeichnung »maschal« erläutert wird, ist der Übersetzung der Gleichsprüche angehängt. Textzeugen: D1: Beilage zu »Das Buch der Gleichsprüche«, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Schocken Verlag , S. (in MBB nicht verzeichnet). D2: Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner , S. - (MBB ).
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
D3: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D1 Variantenapparat: , Eine Erklärung] hervorgehoben D2 , könne] könnte D2, D3 Warum und wie wir die Schrift übersetzten Dieser persönlichste Aufsatz Bubers über die Entstehung der Verdeutschung der Schrift im Zusammenhang mit der eigenen Biographie und der Franz Rosenzweigs sowie mit wichtigen Einsichten in den historischen Hintergrund der Weimarer Republik wurde erst sehr spät in deutscher Sprache gedruckt (Bauer, Rosenzweigs Sprachdenken, S. -); eine hebräische Übersetzung erschien jedoch bereits zu Bubers Lebzeiten, eine englische . Zur Entstehungsgeschichte bemerkt Everett Fox: »Buber wrote this thoughtful and beautiful essay around , probably just after he arrived in Palestine. It was a time when the task of finishing the Bible translation must have seemed peripheral, but also, and for that same reason, a good time to look back on what the translation had meant.« (Buber u. Rosenzweig, Scripture and Translation, S. N. ) Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel a); nummerierte lose Blätter; einseitig beschrieben und undatiert; in Tinte mit Korrekturen. Druckvorlage: H Übersetzungen: Englisch: »The How and Why of Our Bible Translation«, in: Martin Buber u. Franz Rosenzweig, Scripture and Translation, übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Hebräisch: »Targum ha-Miqra, kawwanato u-derakhaw«, in: Martin Buber, Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik, , S. - (MBB ).
Kommentar
Variantenapparat: , im Sommer ] him Sommer i H , angeblich] hangeblichi H , schreiben, wenn er könne, dürfe, müsse] [später einmal schreiben] ! schreiben, wenn er könne, dürfe, müsse H , Todesjahr] [Tod] ! Todesjahr H ,- weil er vorher nicht »das nötige Wissen beisammen hätte«] hweil er vorher nicht »das nötige Wissen beisammen hätte«i H , »mit] [»nach] ! »mit H , sollte] [was] ! sollte H , Das ist] [Es haben] ! Das ist H , will] [soll] ! will H , seither] hseitheri H , aber bedeutsamerweise auch tatsächliche] haberi bedeutsamerweise [auch so] ! auch tatsächliche H , Werk] [Buch] ! Werk H ,- d. h. von dem Weg […] zur Erlösung] [d. h. von? der? Judentum als einer ewigen Kategorie] ! d. h. von dem Weg […] zur Erlösung H , auf] auf [seine] H , zu Anfang] [im ersten Satz] ! zu Anfang H ,- Chaos bezeichnen] Chaos h[aller Elemente] ! bezeichneti H , als die Eigenschaftswörter »wüst« und »leer«] hals die Eigenschaftswörter »wüst« und »leer«i H , sondern] [das] ! sondern H ,- spricht, was ja dadurch betont wird] [spricht, sondern zu sich selbst spricht, geht] ! hspricht, wasi ja [[unzweideutig hervor] ! [daraus hervorhgehti]] ! hdadurch betont wirdi H , weiss Rosenzweig freilich] [das] weiss Rosenzweig freilich [auch] H , spricht] [redet] ! spricht H , oder] [hier ist kein Du, und das erste] ! oder H , Majestät] Majestät[; im Sagen erster und nackter ist ein Ihr, hier ist] H , letztlich] hletztlichi H , auch des hebräischen] hauch des hebräischeni H , der traditionellen Leichtigkeit] [der] ! des traditionellen [Hinweglesens über die entscheidenden Unterschiede] ! Leichtigkeit H , den Unterschied] [auf] ! den Unterschied H , stolzen] hstolzeni H , Bauen] [Baun] ! [Mitbauen] ! Bauen H ,- äusseren Antrieb] [eigentli[chen]] äusseren [Anstoss] ! Antrieb H
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
, half, das Freie Jüdische Lehrhaus aufzurichten] hhalf,i das [Frankfurter] Freie Jüdische Lehrhaus [zu begründen] ! aufzurichten H ,-, Bis dahin […] zu lesen.] hBis dahin […] zu lesen.i H ,- Die Lektüre dieser Übersetzung] [Als ich eine zu Gesicht bekam, hatte es, obgleich die] ! Die Lektüre dieser Übersetzung H , ich] [mich] ! ich H , wie] [als] ! wie H , die auch heute] [und] ! die auch heute H , bis dahin] [nicht] ! bis dahin H , (seine frühere] [(die freilich nicht so se[hr]] ! (seine frühere H ,- habe] [lernte] ! habe H ,- wie schamlose Schimpfwörter zu peinigen] [zu pei[nigen]] wie [etwas Sch] ! [ein] ! schamlose Schimpfwörter zu peinigen H , einen Schleier] [ein Gewand] ! einen Schleier H ,- empfinde ich manchmal ähnliches] [habe] ! empfinde ich manchmal ähnliches [empfunden] H , das ganz in] [eine in] ! das ganz in H , Später] [Als ich] ! Später H , verdrängte] [wurde] ! verdrängte H , sie sprangen mir ins Gesicht,] hsie sprangen mir ins Gesicht,i H , Erst nach weiteren] [Erst [mehr als zehn] ein Jahrzehnt danach traf mich plötzlich] ! Erst nach weiteren H ,- geschah etwas Neues. Ich war] [als Ich] ! hgeschah etwas Neues.i Ich hwari H , hatte] hatte [nun] H , Schrift] [Bibel] ! Schrift H , Jeremias] Jeremias [zerreisst] H , es war nur noch Mikra] hes war nur noch Mikrai H , Kapitels] Kapitels [, das ich auswendig] H , Stammtisches] [merkwürdigen] ! Stammtisches H , angehörte.] angehörte. [Von Juden nenne ich Moritz Heimann, eine sokratische Persönlichkeit, Walther Rathenau, Micha Josef Berdyczewski.] H , die Übersetzung, die mehr schöne als wahre Übersetzung] die [mehr schöne als wahre] ! [hÜbersetzung diei] ! Übersetzung, [Luthers] ! die mehr schöne als wahre Übersetzung H , eine von christlicher Theologie geprägte Sprache] [das] ! heine voni christlicher [Deutsch] ! hTheologie [durchsetzte] ! geprägte Sprachei H , nicht auch wir] [wir] nicht auch hwiri H ,- was immer ergeben] [ergeben was] ! was immer ergeben H
Kommentar
, in unserem wirklichen Wesen, nicht ein Scheinbild] hin unserem wirklichen Wesen, nicht ein Scheinbildi H , widerfuhr] widerfuhr [, nicht die Übersetzung unserer Personen] ! [die die Übersetzung] ! [nicht jene christliche Übersetzung unserer] H ,- Aber der Antrieb […] ahnte, […] erkannte] hAber der Antrieb […] ahnte, [aber später erkannte] […] erkanntei H , war] [hatte] ! war H , die Saat des einzigen tiefen Menschen] [die auf Lagarde zurückgehende hgeistigei Bewegung, die jene »Germanisierung des Christentums« heinen »deutschen Gott« und einen »deutschen Christus«i anstrebte, in den Schriften meines Freundes Arthur Bonus ihren reifen Ausdruck gefunden, dem gegenüber alles, was sich heute in dieser Art [breitma[cht]] ! produziert, nur ein jämmerliches Epigonentum darstellt. Die Lossagung vom Alten Testament] ! die Saat des [ernstesten und tiefsten] ! heinzigen tiefen Menscheni H ,- des Erbarmens] [der Gnade] ! des Erbarmens H , dies war] [diese Idee] ! dies war H , den Völkern] wusste, dass er ! den Völkern H ,- – zu dem […] gehörte –] h– zu dem […] gehörte –i H ,- in seinem Kern ein Gesetz] hini seinem [ganzen Wesen nach] ! Kern ein Gesetz H ,- , durch seine Tendenz […] Lebens,] h, durch seine Tendenz […] Lebens,i H , mehr] hmehri H , Fleische] [Leibe] ! Fleische H , nicht die] nicht [ihre] ! die H , unzivilisierter] [grausamer] ! unzivilisierter H , fordernder,] fordernder, [sie war ein grausamer X] H , man konnte ihr nicht ausweichen] [wie sie Jakob und Mose auf der Wanderschaft erfuhren] ! man konnte ihr nicht ausweichen H , Jene] Die ! Jene H ,- der Völker Augen aufgehen und sie würden erschrecken] [die] ! der Völker [die] Augen [öffnen] ! aufgehen und [über die W] ! hsie würdeni erschrecken H ,- , der die Initiative ergriffen hatte,] h, der die Initiative ergriffen hatte,i H --, in voller Klarheit] hin voller Klarheiti H , hinwegzulesen] [, über ein scheinbar belangloses Wort] hinwegzulesen H , nach;] nach; [ich merkte auf die Gleichklänge, auf die Wiederkehr
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
des Gleichen, auf die Wiederholung als Ausdrucksmittel, auf den gewollten Bezug verschiedener Fälle aufeinander;] H , wieder] hwiederi H ,- kritisch-schöpferische geistige] [schöpferisch geis[tige]] ! kritisch-schöpferisch geistige H , zusammen mit mehreren andern] [mitten in einem] ! zusammen mit [einem ganzen Kreis von] ! mehreren andern , es] hesi H ,- wie nah wir einander waren] [wie nah wir einan[der]] ! [damals und in den Ges[prächen]] ! wie nah wir einander waren H , auch schon] hauch schoni H , Wesentliche] [Entscheidende] ! Wesentliche H , vielfältigen] [beschwerlichen] ! vielfältigen H , im ersten Kriegsjahr […] endend] [brachten mich im erst[en]] ! h[mit dem] ! im ersten Kriegsjahr […] endendi H , die der] [eine] ! die der H , eben jetzt in einer] [in einer] ! eben jetzt in einer H , zur] [eine] ! zur H , Darin lag] [Hier lag] ! Darin lag H ,- der Wortsprachen in eine andere] [Wortsprache in eine Wortspra[che]] ! der Wortsprachen in eine andere H ,- als einziges unter allen] hals einziges unter alleni H ,- des Gebietens und Kündens] [des Fragens und] ! hdesi Gebietens [, des Klagens] ! und Kündens H , heraufgeholt] [hervorgeholt] ! heraufgeholt H , wenige Monate vor dem Beginn der Bibelübersetzung] h[aus der Zeit] ! wenige Monate vor Beginn der Bibelübersetzungi H , auf der] [von] ! auf der [aus] H , und die schwerste] [und lässt sie auch im äussersten Verhängnis sein Wort nicht und] ! und die schwerste H , Stillung] [aber] Stillung H , eben] hebeni H ,- aber auch nicht […] sondern der,] [sondern der fern und nahe, wie Rosenzweig] ! aber auch nicht […] sondern der, H , betitelt] [über] ! betitelt H ,- Wo Ferne und Nähe zugleich ist, waltet das gesprochene Wort] [Wo nun Nähe ist, waltet das Sehen, wo nun Ferne ist, waltet] ! Wo Ferne und Nähe zugleich ist, [da] waltet das [Wort] ! gesprochene Wort H , Versuch zur] [Wieder[erweckung]] ! Versuch hzuri H
Kommentar
,- Für sie und für die Juden] [Auch für die Juden] ! Für sie und für die Juden H , der] [die] ! der H , ] hi H , überaus Kostbares] hüberaus Kostbaresi H ,- deutscher Verleger, übrigens urarisch,] hdeutscheri Verleger, hübrigens urarisch,i H , aber nur wenn ich] [etwas Selbstverständliches, dass ich] ! aber nur wenn ich H ,- als Herausgabe […] Übertragung;] hals Herausgabe […] Übertragung;i H , dass ich] dass ich [zu Rosenzweig ging und ihm sagte, ich und] H , Nein dürfe] Nein [sei] ! dürfe H , gesprochen] [gesagt] ! gesprochen H , ging und ihm] hging und ihmi H , wenn es sein müsste,] hwenn es sein müsste,i H , erfreut, aber auch bestürzt] [mit einer freudig bestürzt[en]] ! [mit einer freudigen Bestürzung erfüllt] ! herfreut, aber auch bestürzti H , Unbekannten] [Dunkel] ! Unbekannten H ,- Forderung, deren Schwere ich nunmehr einigermassen kannte] [schwere] Forderung, hderen Schwere ich nunmehr einigermassen kanntei H , Gefasstheit] [Gelassenheit] ! Gefasstheit H , allmähliche] [baldige] ! allmähliche H ,- , wenn wirklich alles neu zu machen war,] h, wenn wirklich alles neu zu machen war,i , die Lebenswurzel] [auf] ! [an] ! die Lebenswurzel [Rosenzw [eigs]] H , rechtmässige] [legitime] ! rechtmässige H ,- geschichtlich] [religions]geschichtlich H , gegeben hat] [gab] ! gegeben hat H , sogar daran] sogar [, wie er einem Freund sa[gte]] ! daran H , Lernen] [Wiss[en]] ! Lernen H , ehrlichen, aber missglückten] [verunglückten] ! [interessanten] ! hehrlichen, aberi missglückten H , sie wirklich] [überhaupt] ! sie wirklich H , Kapitel] Kapitel [Rosenzweig] H , d. h. überall da] [indem wir alles] ! d. h. überall da H , wo] [was] ! wo H , wie mir] [auf] ! wie mir H ,- eben dies, soweit es angemessen und möglich sei, zumeist getan
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
habe, jedenfalls] eben dies [getan haben], [da er »die schon damals für das gebildete deutsche Spra[chbewußtsein]] ! soweit es angemessen und möglich sei, hzumeisti getan habe, [und] ! jedenfalls H , zu einer treuen] [die eine treue] ! zu einer treuen H ,- willens, für die] [bereit, mir] ! willens, [in] ! für die H , zwanzig Jahre] [im Lernen erworbene] ! zwanzig Jahre H , kritische Haltung] [Überzeugung] ! kritische Haltung H ,- Der Versuch wurde gemeinsam mit äusserster Gründlichkeit unternommen] Der hVersuch wurde gemeinsami mit äusserster Gründlichkeit [gemeinsam, in einem Tag grosser Arbeit, der] ! unternommen H , am Abend] [in meiner Erinnerung ist es mir] ! am [späten] Abend H , dass mit Bearbeitung nichts] dass [Luther nicht] ! mit Bearbeitung nichts H , Lebenssystem] [geistiges System] ! Lebenssystem H , den Grund] hden Grundi H ,- der wesentliche Ausgangspunkt] [Luther habe, indem er der Form des hebräis[chen]] ! der wesentliche Ausgangspunkt H , Ich habe seither] [Ich habe hinzuzufügen, dass Luther [beim] ! [hbei der Übertragung desi] Neuen Testaments [wirklich] griechisch dachte] ! Ich habe [als [das] ! ein Ergebnis meiner Forschun[g]] ! seither H , nicht lateinisch, sondern wirklich] hnicht lateinisch, sondern wirklichi H ,- obgleich er bekanntlich […] gelernt hat.] [hobgleich er hebräisch schon konnte, als er griechisch zu lernen beganni] ! hobgleich er bekanntlich […] gelernt hat.i H , im deutschen Volk nur am Neuen] [im deutschen Volk nur am Neuen durch Lu[ther]] ! im deutschen Volk nur am Neuen H ,- Auch dieser Bund […] in der Schrift.] hAuch dieser Bund […] in der Schrift.i H , noch] hnochi H , jenem] [dem] ! jenem H , dem] [jenem] ! dem H , zweier] [eines] ! zweier H , dem] [jenem] ! dem H , das Wort] [durch] ! [d. h.] ! das Wort H , Interpretation] [Lehre] ! Interpretation H , der] [von] ! der H , forderte er ihr gegenüber] [forderte er gegen sie, man solle ihn »in
Kommentar
der [Gramm] ! grammatica und den Punkten] ! [so] ! forderte er ihr gegenüber H , wir wussten] [allerorten ha[ben]] ! wir wussten H ,- alles wahrnehmbar zu machen] alles [erscheinen zu] ! wahrnehmbar hzu macheni H ,- die Welt dieser Stunde solls hören] [hören soll es] ! die Welt [die] ! dieser Stunde solls hören H , Nachbildners von Gedichten] [Menschen] ! Nachbildners von Gedichten H , seiner] [der] ! seiner H , die Hingebungsfähigkeit] [und wusste] ! die Hingebungsfähigkeit H , drehen] [frei bewegen] ! drehen H , Entwürfe] [Manuskripte] ! Entwürfe H ,- dessen Mund mit Stummheit] dessen [Arm in einer Schlinge lag] ! Mund [schon stum[m]] ! mit Stummheit H , zu strecken] hzui strecken H ,- zu bewegen vermochten] hzui bewegen [konnten] ! vermochten H ,- nicht bloss] hnicht blossi H , Gelegenheitsgedichte und sogar] hGelegenheitsgedichte und sogari H , es zustandebringen] [genügt] ! es zustandebringen H , Als ich] Als [ich ihn] ! [er] ! [den ers[ten]] ! ich H , den ersten Entwurf] [meinen] ! den ersten Entwurf H ,- Erztafel] [Urkunde] ! Erztafel H , gesprochene] hgesprochenei H , die] [eine] ! die H , »zyklopischen« Syntax des Hebräischen] [schlichten Aussagen] ! »zyklopischen« Syntax des [Textes] ! Hebräischen H ,- auf die Rosenzweig […] hingewiesen hatte] [hjener zyklopischen Satzbauart, von der er einst, im Nachwort zu Jehuda Halevi [gesagt] ! geheissen? hatte, Luther habe den Mut gehabt, sie ins Deutsche einzuführen, und von der er nun erkennt, dass sie geradei] ! hauf die Rosenzweig […] hingewiesen hattei H ,- Abbildung kam es ja an] [pedantische Abpausen kam es ja an] ! Abbildung kam es ja an H ,-, zwar nicht den zweiten Vers an den ersten, aber] hzwar nicht den zweiten Vers an der ersten, aberi H , Zu meiner umgearbeiteten Reinschrift] [Zur Reinschrift] ! Zu meiner umgearbeiteten Reinschrift H
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
, die Verbreitung] [von einem echten deutschen] ! die Verbreitung H ,- , die die Gestaltung der Gesellschaft aus dem Glauben fordert,] h, die die Gestaltung der Gesellschaft aus dem Glauben fordert,i H ,- neben arger Unkenntnis der deutschen Sprache selbst] [abgeseh [en]] ! neben [grober Sprachschnitzer] ! arger Unkenntnis der deutschen Sprache selbst H , klassischen] [deut[schen]] ! klassischen H ,- damit begnügt, das dunkle Geheimnis] hdamiti begnügt, hdas [Geheimnis] ! dunkle Geheimnisi H , sie ziele nämlich darauf ab] hsie zielei nämlich hdarauf abi H , einem »hebräischen Deutsch«] heinem »hebräischen Deutsch«i H , entstammte] [hatte] ! entstammte H ,- wie die dichterischen Texte] [der Text, aus dem der Prosatext] ! [nicht bloss] ! wie die dichterischen Texte H , redenden] [sprec[henden]] ! redenden H ,-, , die schon Hieronymus […] durchgeführt hat,] h, die schon Hieronymus […] durchgeführt hat,i H , Sogar] [Auch] ! Sogar H , als willkürliche Ästhetizismen] hals willkürliche Ästhetizismeni H , , dem wir sie] [. Die Glei] ! , dem wir sie H ,- hatten wir sie ihm nur deshalb nachgebildet, weil] hhatten wir sie ihmi nur deshalb nachgebildet [hatten] ! , weil H , Gleichklängen] berichtigt aus Gleichlängen H ,- und ebenso bei der Wiederkehr] [bei der Wi[ederkehr]] ! und ebenso bei der Wiederkehr H , sie hängt] [um] ! sie hängt H , zu der wir Ansätze] [die] ! hzu deri wir hAnsätzei H , phonetischen Beitrag] [Wort] ! phonetischen [Ersatz in] ! Beitrag H , sich als Sprecher] [so] ! hsichi als Sprecher [sich] H , genannt hat] genannt hhati H , elementaren] [ursprünglichen] ! elementaren H , den Gebrauch] [Bildung] ! den Gebrauch H , auch] [ein] ! auch H , und Umbildung] hund [Entwicklung] ! Umbildungi H , innerhalb] [die] ! innerhalb H , Terminus] hTerminusi H ,- die rituale Tötung des Tieres] [das] hdie rituale Tötung desi Tieres H , wiederzugeben] hwiederzugebeni H
Kommentar
,- des Dargebrachten im Rauch] [des Geopf[erten]] ! [der Gabe] ! des Dargebrachten im Rauch H , Heranbringen der Gabe] [Nahen] ! Heranbringen der Gabe H , in] [eine] ! in H , taten] [ha[tten]] ! taten H , Anruf] [geheimnisvollen] ! [merkwürdigen] Anruf H , enthusiastisch] [geheimnisvoll und enthusiastisch] ! enthusiastisch H ,- sagt Rosenzweig in einem Brief] h[schreibt] ! sagt Rosenzweig in einem Briefi H , in seinen Werken die grösste Hiob-Interpretation] [nun] ! [die grösste Hio[b]] ! in seinen Werken die grösste Hiob-Interpretation H , aber sie bricht] [nur dass] ! haberi sie hbrichti H , schlafen gelegt] [hingele[gt]] ! schlafen gelegt H , und keineswegs bis zum Himmel reichte] hund keineswegs bis zum Himmel reichtei H ,- obgleich er […] hart zu spüren bekommt] hobgleich er […] hart zu spüren bekommti H , betören] [einfangen] ! betören H , demiurgischen] hdemiurgischeni H , der dienenden Kräfte] hder dienenden Kräftei H , allen »gebohrt« wurden] halleni »gebohrt« [sind] wurden H ,- aber nur allzu oft] [die wir] ! aber [selber nur allzu oft] ! nur allzu oft H ,- haben die bescheidene Aufgabe, dafür zu sorgen] [haben die bescheidene Aufgabe, die wir zwischen ihr] ! [die für [den Hö[rer]] ! die Gegenwart] ! haben die bescheidene Aufgabe, [für die Möglichkeit zu sorgen] ! dafür zu sorgen H , an das etwa] [zu dem] ! an das etwa H , zu rühren vermöchte] [dringt] ! [zu dringen] ! zu rühren vermöchte H Wort- und Sacherläuterungen: ,- »auf Nahverteidigung einrichtete« […] noch nicht sein »eigentliches« Buch […] sein »System«] Brief Rosenzweigs an Rudolf Ehrenberg (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. : »wir richten uns auf Nahverteidigung ein; […] ich habe nach einigen Tagen Sträubens und Zauderns, ein Buch zu schreiben angefangen, zwar nicht mein ›eigentliches‹, das schreibe ich nicht eher, als ich kann-darf-muß, also sicher nicht wäh-
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
rend des unbehausten Kriegsdaseins – aber doch die Vorstudie dazu; mein System muß ich wohl sagen.« ,- »das nötige Wissen […] siebzig Jahren«] Brief Rosenzweigs an Richard Koch vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , den »Stern«] Franz Rosenzweigs Hauptwerk Der Stern der Erlösung, Frankfurt a. M. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. . ,- »die Summe seines geistigen Daseins« […] »sein Eigentlichstes« […] »nur im Leben, nicht mehr im Schreiben«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber von vermutlich Ende August , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . Rosenzweig bittet Buber das Manuskript des Stern der Erlösung durchzusehen und ihm zur Publikation zu verhelfen. Er werde »nur dies eine Mal eine derartige Bitte« an ihn richten. »Denn ich werde nicht wieder etwas Derartiges schreiben. Ich habe das unabweisliche Gefühl, daß ich hier die Summe meines geistigen Daseins gezogen habe […]. Mein Eigenlichstes, soweit man das Eigentlichste als Buch geben kann, habe ich hier gegeben. Nur im Leben, nicht mehr im Schreiben, sehe ich noch Zukunft vor mir.« ,- »den Kommentar unter Weglassung des Texts«] Brief Rosenzweigs an Richard Koch vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: GS Bd. , S. . ,- die Macht, die die Schale des Geheimnisses zerbricht] Buber bezieht sich vermutlich auf folgende Stelle im Stern der Erlösung (Rosenzweig, GS Bd. , S. ): »Gott sprach. Das ist das zweite. Es ist nicht der Anfang. Es ist schon die Erfüllung, die laute, des schweigenden Anfangs. Es ist schon das erste Wunder. Der Anfang ist: Gott schuf./ Gott schuf. Das ist das Neue. Hier zerbricht die Schale des Geheimnisses.« , Tohu und Bohu] Die hebräischen Worte für Luthers »wüst und leer« in Gen ,. ,- »in der noch alle Eigenschaften […] zeigen.«] Franz Rosenzweig, Der Stern der Erlösung (Rosenzweig, GS Bd. , Haag ), S. . ,- Im gleichen Kapitel versteht er] ebd., S. . ,- »das das Du […] hat«] ebd., S. . , wie Rosenzweig sagt, im Plural der absoluten Majestät] Vgl. ebd., S. : »Gott sagt, solange er noch im Schaffen ist, nicht ›Ich‹, er sagt ›Wir‹, und ein absolutes, allumfassendes Wir, das kein Ich außer sich meint, der Plural der absoluten Majestät.« ,- »eigentlich zum ersten Mal […] Bekleidungsstücke gestellt«] Brief Rosenzweigs an Eduard Strauss vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. .
Kommentar
,- der jüdischen Jahrtausende] ebd., S. . ,- »sich allein vor den Text und sich vor den Text allein zu stellen.«] ebd., S. . ,- meines Großvaters] d. i. Salomon Buber (-). , die von Zunz] Die vier und zwanzig Bucher der Heiligen Schrift nach dem Masoretischen Texte, unter der Redaction von Dr. [Leopold] Zunz, übers. von H[eyman] Arnheim, Julius Furst, M[ichael] Sachs, Berlin (mit vielen späteren Ausgaben). , Tötung Agags durch Samuel] I Sam ,-. Vgl. »Samuel und Agag« in Bubers autobiographischen Fragmenten, in: Philosophen des . Jahrhunderts: Martin Buber, hrsg. von Paul Arthur Schilpp u. Maurice Friedman, Stuttgart , S. -. ,- in der schönen Übersetzung von Michael Sachs (seine frühere, die weniger schön, aber viel wahrer ist […])] Die zwei Übersetzungen von Sachs sind: Die Psalmen übersetzt und erklärt von Michael Sachs, Berlin ; und seine Übersetzung der Psalmen als Teil der Zunz’schen Bibel (Zunz). , kurze Zeit nach meiner Barmizwa] die religiöse Mündigkeit im Alter von Jahren erreichte Buber Mitte Februar . , Herzls Begräbnis] am . Juli in Wien. ,- der König Jojakim die Schriftrolle […] ins Feuer des Kohlenbeckens wirft] Jer ,. ,- Bewegung […], die auf eine »Germanisierung des Christentums« mit einem »deutschen Gott« und einem »deutschen Christus« abzielte] Gemeint ist wohl die völkische Bewegung, deren antisemitisch-rassistischen Vereine auch das Alte Testament angriffen. Den Begriff »Germanisierung des Christentums« als Ausdruck der Forderung nach einer dem deutschen Wesen gemäßen Neugestaltung des Christentums hatte bereits Arthur Bonus (-) geprägt. Der deutsche Gott (München, ) war ein Buch Wilhelm Schäfers (-), eines der populärsten völkisch-nationalen Autoren der Weimarer Republik. Laut Max Bewers (-) Der deutsche Christus (Laubegast-Dresden, ) stammte Jesus von deutschen Söldnern im römischen Heer ab. ,- dass der Geist, der über denWassern schwebt, keine Taube, sondern ein Adler ist] Vgl. dazu »Zu Luthers Übertragung von Ruach« S. ff. in diesem Band. , einen grossen deutschen Verlag] Um welchen Verlag es sich handelt, konnte nicht rekonstruiert werden. Vgl. dazu Friedman, S. . ,- »die fundamentalen Punkte« […] »theoretischen Andeutungen« […] »praktischen Vorgehen«] Brief Rosenzweigs an Jakob Horovitz
Warum und wie wir die Schrift übersetzten
(-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Schrift […] sie meinem Magen«] Brief Rosenzweigs an Hans Ehrenberg (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »in der Erhabenheit und Heiligkeit« und »bei den Zermalmten und Geisterniederten« wohnt] Jes ,. , »der Fern-und-Nahe«] Franz Rosenzweig, Jehuda Halevi, Zweiundneunzig Hymnen und Gedichte. S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- junger deutscher Verleger] der damals jährige Lambert Schneider. Der Brief ist vom . Mai. , »das letzte Vollwertige, das er gemacht habe«] Brief Rosenzweigs an Joseph Prager (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , wie er im Nachwort zum Jehuda Halevi zum Ausdruck gebracht hat] In seinem Nachwort zur Übersetzung der Gedichte von Jehuda Halevi machte Rosenweig von seiner Hochachtung vor Luthers Bibelübersetzung kein Hehl, gerade weil Luther es wagte, den deutschen Leser zum hebräischen Text hinzuführen: Luther »hatte den Mut, die schon damals für das gebildete deutsche Sprachbewußtsein kyklopische Satzbauart des Hebräischen ins Deutsche einzuführen, und hat auf diese Weise ein das damalige Sprachbewußtsein überdauerndes Werk geschaffen.« Franz Rosenzweig, Jehuda Halevi, Zweiundneunzig Hymnen und Gedichte, Zitat S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- »gerade als Deutschjude […] erlaubt«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , J. H.] Jehuda Halevi. ,- »den fremden Ton in seiner Fremdheit wiederzugeben«] FranzRosenzweig, Jehuda Halevi, Zweiundneunzig Hymnen und Gedichte, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- Abhandlung »Die Schrift und Luther«] Berlin . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -. ,- Forschungen über das Johannesevangelium] Zwei Glaubensweisen, jetzt in: MBW , S. -. ,- »die nationale Aneignung der Bibel«] vgl. Konrad Burdach, Die nationale Aneignung der Bibel und die Anfänge der germanischen Philologie, Halle . ,- »Ist Ihnen […] wir missionieren«] Brief Rosenzweigs an Martin
Kommentar
Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, Berlin , S. f. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. f. (Kursivdruck Bubers). ,- »Ich fürchte manchmal […] das Anfangen«] Brief Rosenzweigs an Eugen Mayer (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -. , Golus Bowel] babylonisches Exil (hebr.). , das Wort Habakuks] Hab ,. , »am besten reime«] Vgl. Luther WA, Tischreden Bd. , S. , Nr. . , »dass es sich reime auf das Neue Testament«] Georg Loesche (Hrsg.), Analecta Lutherana et Melanthoniana: Tischreden Luthers und Aussprüche Melanthons, Gotha , S. , Nr. »De bibliis Munsteri«. , »überall menschlich«] Rosenzweig, »Die Schrift und Luther«, jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »allerorten kann […] in sein Herz rufend vernähme.«] Ebd., S. . ,- »zu einer neuen Ehrfurcht […] unser Übersetzen«] Ebd., S. . , es kommt im Übersetzen nur darauf an, alles wahrnehmbar zu machen, was angeblich ihn, den »Christus« treibt] Diese christologische Tendenz von Luthers Bibelübersetzung wird in Rosenzweigs »Die Schrift und Luther« ausführlich illustriert (Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -). , sagt Luther in einer seiner Tischreden] Vgl. Luther WA, Tischreden Bd. , S. , Nr. . ,- den humoristischen Satz] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom Mai , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , der »zyklopischen« Syntax des Hebräischen] Vgl. Franz Rosenzweig, Jehuda Halevi, Zweiundneunzig Hymnen und Gedichte, S. : »die schon damals für das gebildete deutsche Sprachbewußtsein kyklopische Satzbauart des Hebräischen […]« Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- »alles Folgende bis zum letzten Wort des vierundzwanzigsten Buches daran bindet.«] Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- »Es ist ja erstaunlich deutsch […] Ob nun zu deutsch?«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »christlichen Staatsmanns«] Vgl. Wilhelm Stapel, Der christliche Staatsmann: Eine Theologie des Nationalismus, Hamburg .
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift
,- als »Halbjargon« bezeichnete] Wilhelm Stapel, Antisemitismus und Antigermanismus, S. . ,- vor drei Jahren auf der »wissenschaftlichen Arbeitstagung«] am . . an der Universität München gehalten, in Druck erschienen als: Wilhelm Stapel, Die literarische Vorherrschaft der Juden in Deutschland bis , Hamburg . ,- »dass die Absicht dieser jüdischen Übersetzung […] versteht sich.«] Stapel, ebd., S. -. ,- »die Fessel, die heute alles geschriebene Deutsch in Bande der Stummheit schlägt« […] »um jeden Preis«] Franz Rosenzweig, »Die Schrift und das Wort«, jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Die Vorlesung« […] »hat mich sehr hingerissen. Es ist sicher gelungen.«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Wer ein Kunstwerk erwartet […] nach Eleganz sucht.«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »starken und doch unaufdringlichen Mittels der sprachlichen Anspielung«] Vgl. Rosenzweigs Brief an Joseph Carlebach (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »die unästhetisch-überästhetische Ästhetik der Bibel«] Brief an Gertrud Oppenheim (-) vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , Aufsatz »Der Ewige«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -. , »Tabuwort« (wie es Hans Bauer ausdrückt)] S. Hans Bauer, Die Gottheiten von Ras Schamra, Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (), S. -, Zitat S. . ,- in einem Brief] an Gertrud Oppenheim vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. f. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- im Traum sah] vgl. Gen , ff. , ]אם אין הדבור נפרץfrei nach I Sam ,, »war des Herrn Wort selten«. Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift Diese als Beilage zum ersten Band (»Die fünf Bücher der Weisung«) der neuen Ausgabe der Übersetzung bei Hegner (Köln) veröffentlichte Beilage fasst die Hauptmotive der bisher zum Werk erschienenen Aufsätze zusammen. Die zentralen Themen sind der heutige Mensch und die Bibel (Teil ), die Bibel als Einheit () und Botschaft (), die massoretische
Kommentar
Vorlage und die Übersetzung von »Synonymen« (), Leitworte () und Rhythmik (), einige Beispiele (, vgl. »Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs« in diesem Band, S. -), die Übersetzung der Gottesnamen (), Übersetzung einiger theologischer Begriffe (, vgl. »Zur Verdeutschung der Preisungen« in diesem Band, S. -), Übersetzung von einigen soziologischen Begriffen () und von Eigennamen (, zu beiden vgl. »Eine Übersetzung der Bibel« in diesem Band, S. -), Entstehungsgeschichte und Geschichte dieser Übersetzung bis () und nach dem Tod Rosenzweigs (). Textzeugen: D1: Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift – Beilage zu dem Werk »Die fünf Bücher der Weisung«, verdeutscht von Martin Buber, Olten (Schweiz): Jakob Hegner , S. (MBB ). D2: Das Problem des Übersetzens (Sonderdruck), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft , S. - (gleichfalls MBB ). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: »Toward a New German Translation of the Scriptures«, übers. von Alan J. Swensen, red. [u. gekürzt] von Steven Kepnes, in: The Return to Scripture in Judaism and Christianity: Essays in Postcritical Scriptural Interpretation, hrsg. von Peter Ochs, New York , S. - (in MBB nicht verzeichnet). Französisch: »Sur une nouvelle transposition en allemand des Ecritures«, übers. von Marc de Launay, Yod (-): - (in MBB nicht verzeichnet); Une nouvelle traduction de la Bible, Traduit de l’allemand et présenté par Marc de Launay, Paris: Bayard (in MBB nicht verzeichnet). Italienisch: »Martin Buber, Per una nuova versione in tedesco della Scrittura«, übers. von Nuncio Bombaci, Dialegesthai. Rivista telematica di filosofia [on-line] () (in MBB nicht verzeichnet). Wiederabdrucke nach dem Tod des Autors: Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift – Beilage zu dem Werk »Die fünf Bücher der Weisung«, verdeutscht von Martin Buber in Gemeinschaft mit Franz Rosenzweig, Köln: Jakob Hegner [ S.] (MBB ) Zur Geschichte der Verdeutschung der Schrift, Imprimatur, New series, VI, (MBB ).
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift
Variantenapparat: , begeisten] begeistern D2 , Unentbehrlichste] Unentbehrliche D2 , Erzgüssen] Ergüssen D2 , Bestandteil] Bestand D2 , Text, zu einem] fehlt D2 , erzählten] erzählenden D2 , , , , sowie , , ] berichtigt aus , , sowie , , . , würden] werden D2 ,- der Übersetzer zu folgen hat, wie er z. B. für das gewöhnlich] fehlt D2 , worden] fehlt D2 , Seinen] einen D2 , ich] berichtigt aus ihr , E r] Er D2 Wort- und Sacherläuterungen: , »Beisaß«] So übersetzten Buber und Rosenzweig den biblischen Begriff toschav, z. B. in Lev ,. ,- die griechische der Siebzig] die Septuaginta. ,Anm. nicht zu Redaktor, sondern zu Rabbenu] Vgl. Rosenzweig, GS Bd. , S. . , der traditionelle Name der Bibel ist: »die Lesung«] Hebr. Miqra. , »aus dem Munde«] Jos ,. , Theologoumenon] theologischer Lehrsatz. ,- er weiß, wie die von Kind auf Bibellesenden dieser Macht besonders leicht verfallen] vgl. Bubers autobiografischen Bericht »Warum und wie wir die Schrift übersetzen«, S. in diesem Band. ,Anm. Psalmenübersetzung wie die Gunkels] Die Psalmen, übersetzt und erklärt von Hermann Gunkel, Göttingen (. Aufl.) . ,- »jene einfache, allgemeine Sprache«] s. Kommentar zu »Zur Verdeutschung der Preisungen« (,-). , Stabreim der älteren Edda] Stabreim-Alliteration in germanischen Versmaßen – kommt schon in der Älteren oder Lieder-Edda vor, der altisländischen Sammlung von Götter- und Heldenliedern aus dem . Jhd. , Turmbau] Gen ,-. ,- »einerlei Weisung […] für den Gastsassen, der bei euch gastet.«] Num ,. ,- der am siebenten Tag […] »gemacht« hatte.] Gen ,.
Kommentar
,- vgl. die II Chr , erhaltene jeremjanische Anwendung des Leviticus-Spruchs] In Chr – »daß sich SEINE Rede durch den Mund Jirmejahus erfülle: bis das Land nachschatzte seine Feierjahre, alle Tage seines Verstummens feierte es« – ist eine Anspielung auf Lev ,: »Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, feiere das Land eine Feier IHM«. ,Anm. bezeichnet Gunkel] Gunkel, Genesis, S. . ,Anm. »O Schwester des Geistes, der feurig in uns waltet und lebt, heilige Luft!«] Friedrich Hölderlin, Hyperion oder der Eremit in Griechenland, in: Ders., Werke Bd. , hrsg. von Friedrich Beissner, Stuttgart , S. . ,Anm. Rosenzweigs Aufsatz »Der Ewige«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -. ,Anm. »Wort im Urstand […] anderer Kasusse«] a. a. O. . ,Anm. in einem Brief an Rudolf Otto] abgedruckt in: Rudolf Otto, Das Gefühl des Überweltlichen (Sensus Numinis), München , S. . , darunter von Jehuda ha-Levi] Kusari , (Yehuda Halevi, Das Buch Kusari, hrsg. und übers. von David Cassel, . Aufl. Berlin , S. ). ,- Sprüche Bileams] Num -. ,- in dieser Ausgabe] Gemeint ist die Ausgabe (Olten: Jakob Hegner) der Schrift, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig. ,- »dem Schutzherrn mit redlichem Herzen hold und gegenwärtig zu sein«] zitiert nach: DWB Bd. , Sp. , Eintrag »hold (adj.)«. ,- mit Mowinckel [der aber inzwischen […] revidiert hat] annimmt] Vgl. Mowinckel, Psalmstudien, Buch I, S. : »Awen hat somit die grundlegende Bedeutung […] Zauberkraft, Zauber, Zauberei«. Später gibt Mowinckel jedoch zu, dass diese »Durchführung im Einzelnen viel zu weit geht« (in seinem Religion und Kultus, Göttingen , S. Anm. ) und formuliert sie in seinem Offersang og sangoffer. Salmediktningen i Bibelen (Oslo ), engl. Übers. von D. R. Ap-Thomas u. d. T. The Psalms in Israel’s Worship (Oxford ), S. um: »[…] the word ʿāwen […] indicated the evil ›power‹ […] It need not have anything to do with ›sorcerers‹ and ›magic words‹ in a technical and, so to speak, professional sense […]«. ,- Kautzsch-Bertholets »vielleicht kann ich durch sie zu Kindern kommen«] Kautzsch-Bertholet, S. . , »Über dich meine Unbill!«] Gen ,. ,- und einem großen deutschen Verlage] Um welchen Verlag es
Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift
sich handelt, konnte nicht rekonstruiert werden. Vgl. dazu Friedman, S. . , Dr. Lambert Schneider] Brief an Martin Buber vom . . , in: B II, S. . ,- »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber, Mai , in: Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- Rosenzweig im Anfang der Arbeit mir geschrieben] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom Anfang Mai , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Der Wissenschaft folgen wir doch immer, nur eben unserer«] Im sog. Durchschreibeheft, MBA Ms var., Blatt (Quellenangabe nach Dafna Mach, Moses Mendelssohn und Franz Rosenzweig als Übersetzer der Tora, Bulletin des Leo Baeck Instituts (), S. , hier S. u. S. Anm. ). , »Die Schrift und das Wort«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -. ,- der Gottesbote dem Bilam gegenübertritt, wie Bilam seiner Eselin gegenübergetreten ist] Num ,-. , »Formgeheimnis des biblischen Stils«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -. , ich zitiere Rosenzweig] Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Es ist ja erstaunlich deutsch […] Ob nun zu deutsch?«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Diese inneren Infinitive […] des einzelnen Worts«] Rosenzweig, GS Bd. ., S. . ,- »Sie vergessen […] meinerseits.«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom [sic]. . . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- wobei er in einzelnen Fällen […] von der in der Bibel geltenden Volksetymologie ausging] Siehe z. B. Rosenzweigs Brief an Gertrud Oppenheim vom . . , wo er die Übersetzung von Pessach mit »Übergangsmahl« erörtert: »Wir sind absichtlich neben der biblischen Selbstetymologie geblieben […] Sie ist ja wie alle biblischen Etymologien Volksetymologie, und in diesem Fall vielleicht eine falsche.« (in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: GS Bd. , S. ) ,- Der letzte Satz, den er am Tag vor seinem Tode zu »diktieren« begann] Vgl. Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: GS Bd. , S. ; »und – jetzt kommt sie, die Pointe aller Pointen, die der Herr mir wirklich im Schlaf verliehen hat, die Pointe aller Pointen, für die es« (sic).
Kommentar
Schlussbemerkungen Mitte Februar fand in Bubers Haus in Jerusalem eine Feier anlässlich der Vollendung der Verdeutschung der Schrift statt. Wie Buber bemerkt, ist der vorliegende Text eine leicht abgeänderte Version der Rede, die Buber auf dieser Feier hielt. Am . . erschien der Text in einer Sonderbeilage des Mitteilungsblatts – des Organs der Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft – zusammen mit Gershom Scholems Rede »An einem merkwürdigen Tage« (Abgedruckt in: Scholem), Franz Rosenzweigs Aufsatz »Die Schrift und Luther« (Rosenzweig, Die Schrift und Luther. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -) und einem Brief von ihm an Eugen Mayer vom . . (Rosenzweig, Briefe, S. f. Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. f.). Außerdem Eugen Mayers Rede »Der menschliche Hintergrund«, Ernst Simons (-) »Ssijum – Schlusslernen«, Uriel Simons (geb. ) »Die Buber-Rosenzweig’sche Verdeutschung in den Händen des hebräischen Lesers« und Benjamin Uffenheimers (-) »Einige Proben aus der Buber-Rosenzweig’schen Bibelübersetzung«. Der Redakteur des Mitteilungsblatts Hans Tramer (-) leitete die Sonderbeilage mit folgenden Worten ein: »›Tam wenischlam‹, vollendet und abgeschlossen, die traditionelle jüdische Beendigungsformel, steht nunmehr unter dem grossen Werk, das Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig vor mehr als sechsunddreissig Jahren begonnen hat. ›Zu verdeutschen unternommen‹, das war die ausdrückliche Formel, die sehr wohl aus persönlichen Gründen, aber doch ein wenig auch aus Befangenheit vor dem ungeheuerlichen Wagnis gewählt wurde. Dem Unterfangen war Vollbringen gewährt. Die Schrift, ›durch die Sprache der Botschaft geprägt und gefügt‹, ward durch diese Übertragung zu einem erneuten, in seiner Ursprünglichkeit wiederhergestellten Geschenk an die Völker der Welt. Dass dieses Geschenk das Gewand der deutschen Sprache trägt, mag als Symbol dafür gelten, dass der ›Geistbraus‹, dessen verwandelnden Rufs sich der Mensch schliesslich doch nicht entziehen kann, hörbarer ist als das Getöse des Wahns. Diese unserem Zeitalter erneuerte Hörbarkeit sollten wir aufnehmen als ein Zeichen für die Kraft der Botschaft.«
Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); nummerierte, lose Blätter; ohne Datum; enthält vereinzelte Streichungen und Ergänzungen von Bubers Hand. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); nummerierte, lose Seiten; ohne Datum; einseitig beschrieben; zweischichtig: TS1.1: Grundschicht: maschinenschriftlich; Abschrift von H. TS1.2: Überarbeitungsschicht: gelegentlich handschriftliche Korrekturen
Schlussbemerkungen
Bubers in blauer Tinte, die gelegentlich in roter Tinte am Rand der Lesbarkeit wegen wiederholt werden. Diese Wiederholungen in roter Tinte stammen laut einer beigegebenen Notiz des MBA von Dr. Hans Tramer. 2 TS : Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); nummerierte, lose Seiten; ohne Datum; einseitig beschrieben; zweischichtig: TS2.1: Grundschicht: Durchschlag von TS1. TS2.2: Überarbeitungsschicht: vereinzelte handschriftliche Korrekturen Bubers in schwarzer oder blauer Tinte, die hauptsächlich die Korrekturen von TS1.2 übernehmen, zugleich aber ergänzen; direkte Vorstufe zu D1. D1: Die Schrift – Zum Abschluss ihrer Verdeutschung. Sonderbeilage des Mitteilungsblatts, . Jg., Nr. , . Mai , S. - (MBB ). 2 D : Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner , S. - (MBB ). D3: Zum Abschluß, in: Werke II, S. - (MBB ). Druckvorlage: D1 Variantenapparat: ,Titel Schlussbemerkungen] Einige Schlussbemerkungen TS1.1, TS2.1 hMartin Buber:i [Einige] Schlussbemerkungen H, TS1.2, TS2.2 ZUM ABSCHLUSS D3 dazu Anmerkung Leicht abgeänderter Wortlaut einer Ansprache, die eine nach Vollendung der Übertragungsarbeit veranstaltete Hausfeier abgeschlossen hat. D2, D3 , ein paar Freunden] [ein paar] ! [zwei] Freunden H , fasste] [erörterte] ! fasste H ,- und wir sogar […] ein Ende gemacht),] fehlt D3 , Eugen Mayer] einem Freunde D2, D3 ,- die Frage einer für »jeden Barmizwa-Jungen« bestimmten neuen Übersetzung erörterte] die Frage einer [neuen Übersetzung] für »jeden Barmizwa-Jungen« [erörterte] ! bestimmten neuen Übersetzung [besprach] ! erörterte H ,- »jeden Barmizwa-Jungen«] die jüdische Gemeinschaft in deutschsprachigen Ländern D2, D3 ,- widersprach er] wiedersprach er [sogar] H , Diese Überzeugung] [Das] ! Diese Überzeugung H ,- Anfang Mai […] zu übersetzen,] fehlt D3 , zur Mitarbeit einlud] zur Mitarbeit an einer neuen Verdeutschung einlud D3
Kommentar
,- Nur das Experiment konnte […] erhalten liess.] fehlt D3 ,- Ich habe mit redlichem Eifer einen Tag an den Versuch gewandt,] Ich habe einen Tag an den Versuch gewandt, {[von Luthers] H} mit redlichem Eifer H, TS1.1, TS2.1 Ich habe hmit redlichem Eiferi einen Tag an den Versuch gewandt, [mit redlichem Eifer] TS1.2, TS2.2 ,- »Die Patina […] urteilte Rosenzweig.] fehlt D3 , »Und so begann Die Schrift.«] ohne Anführungszeichen D2, D3 , den Weg] [Entwicklung] ! [Reifung] ! den Weg H ,- Goethes Worte (im Vorspruch zum West-östlichen Divan)] Goethes [Worte] ! [Spruch] ! Worte H Goethes Satz D2, D3 , Meine] [Die] ! Meine H ,-, von Scholem angeführte] fehlt D2, D3 ,Anm. ] , sowie zusammen mit einer anderen Rede in meinem Buch »Logos«, Lambert Schneider, Heidelberg D2 , vollgereifte] gereifte H , heiliger Texte] [hbekannteri] heiliger Texte TS1.2 , vornehmlich] [insbesondere] ! [namentlich] ! vornehmlich H ,- (so in der vedischen Religion, in einem gewissen Masse auch noch im frühen Islam)] h(so in der vedischen Religion, so im frühen Islam)i H (so in der vedischen Religion, so im frühen Islam) TS1.1, TS2.1 so in der vedischen Religion, [so] ! hin einem gewissen Masse auch nochi im frühen Islam TS1.2, TS2.2 , man verstand] man [konnte] ! verstand H ,- Gesänge und Lehrreden berichtender, deutender] hGesänge undi Lehrreden berichtender h, deutenderi H , vielfach] fehlt H, TS1.1, TS2.1 hvielfachi TS1.2, TS2.2 , sah,] sah, [also das von Mund zu Ohr empfangende Gedächtnis für zuverläss[ig]] H sah D2, D3 , für bestimmte religiöse] für jene religiösen H, TS1.1, TS2.1 für [jene] ! bestimmte religiöse[n] TS1.2, TS2.2 , wachsende] langsam wachsende H, TS1.1, TS2.1 [langsam] wachsende TS1.2, TS2.2 , elementare Verbundenheit] elementare [Einheit] ! Verbundenheit H , tönender und sinngeladner Spontaneität war die Sagweise] tönender hund sinngeladneri Spontaneität [hatte das zu Sagende] ! war die Sagweise H , Das gilt freilich] [Gewiß, das] ! Das gilt [in einem] ! freilich H ,- alle echte Dichtung] [jedes echte Gefühl] ! alle echte Dichtung H
Schlussbemerkungen
,- weithin […] zu finden] [die Struktur des Textes nicht ablösbar] ! hweithin […] zu findeni H , So kann sich hier zwar] [Wohl] ! So kann sich hier hzwari H , metrisch geformt] metrisch [gegliedert] ! geformt H , Einheiten] Einheiten (Kolen) D3 ,- in dem Aufsatz] in dem [unveröffentlichten kleinen] Aufsatz H , das Wort«] dazu Anmerkung s. Buber/Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung () ff.; wiederabgedruckt in Rosenzweigs »Kleine Schriften« () ff. D3 , die emphatische Wiederholung] die hemphatischei Wiederholung H , die Wichtigkeit des] die Wichtigkeit [der Worte, die] ! des H , vielmehr wesentlich] vielmehr hwesentlichi H , Abschnitten] fehlt H, TS1.1, TS2.1 hAbschnitteni TS2.1, TS2.2 ,- die Stellen im Verständnis des Hörers] die Stellen [zueinander] im [Bewußtsein] ! Verständnis des Hörers H , erläutern] [erhellen] ! erläutern H , auch diese] auch [die alte] ! diese H ,- Es geht somit […] bezeichne.] hEs geht somit […] bezeichne.i H , Man vergegenwärtige sich] Man [stelle] ! hvergegenwärtigei sich H , Urguts und Träger] Urguts [und ihre Hörer] und Träger H , geschichtlichen] berufendenden H, TS1.1, TS2.1 [berufenden] ! geschichtlichen TS1.2, TS2.2 , Hörer] [Sprecher] ! Hörer H , sichs] sich D2, D3 ,- auf heiligen und profanen Plätzen Versammelte] [versammelte] ! auf heiligen und profanen Plätzen Versammelte H ,- das bisher vernommene Wort,] [in ihrem vitalen Gedächtnis] das bisher vernommene Wort, [die »bisherige Bibel«] H ,- den bisherigen Ur-Mikra] die bisherige Urbibel D2, D3 , in ihrem vitalen Gedächtnis hegten] [hegten] ! in ihrem vitalen Gedächtnis hegten H ,- und wie nun ein einst gehörtes] und wie nun [das [wiederkehrende] ! in neuer Verbindung nur [Bedeutung] ! wiederkehrende] ! ein einst [vernommenes] ! gehörtes H , Lautgebild] Lautgebild [in neuer Verbindung] H , sehen] hervorgehoben D2 , »schwingenden«] [schwebenden] ! »schwingenden« H , über den] über den [aus dem] H , Bewusstsein das] Bewusstsein [bedeutet die] ! das H
Kommentar
, das von uns kaum noch] das bisher kaum D3 , der Piel von ]רחףdie mit »schwingen« übersetzte Verbalform D2, D3 ,Anm. ] fehlt D3 ,Anm. Rosenzweigs Aufsatz auch in seinen »Kleinen Schriften«] fehlt D2 ,- Der Rosenzweigs] Der [seine] ! Rosenzweigs H , wichtige wurzelgleiche Worte] wichtige [Worte] ! wurzelgleiche Worte H , Bedeutung] [Konkretheit] ! Bedeutung H ,-, Wortstammes] [Wortwurzel] ! Wortstammes H , Rosenzweig] ihm H, TS1.1, TS2.1 [ihm] ! TS1.2, TS2.2 , jemandem] [einem] ! jemandem H , Zuteilung] Zuerkennung D3 ,- dem wahren Sachverhalt und seiner Erweisung] [der Erweisung eines wahren Sachverhalts] ! dem wahren Sachverhalt und seiner Erweisung H , als der allein] [zuzuteilen] als der [ihm] allein H , war offenbar] ergab es sich H, TS1.1, TS2.1 [ergab es sich] ! war offenbar TS1.2, TS2.2 , Zuverlässigkeit] [Treue] ! Zuverlässigkeit H , den grossen Schritt] [den grossen Schritt zu] ! [im Anschluss an Raschi und Jehuda] ! den grossen Schritt H, TS1.1, TS2.1 , allerhand] hallerhandi H , davon] [das] ! davon H , Humor] [Humor, der ihm [meist] ! nie genug zu bewundernden Humor, der ihm] ! Humor H ,- der unvorstellbaren] {[dem] ! H} der unfasslichen H, TS1.1, TS2.1 der [unfasslichen] ! unvorstellbaren TS1.2, TS2.2 , Krankheit] Krankheit [einer fast völligen Lahmlegung des Bewegungssystems] D2, D3 , Brief an] Brief an den Rabbiner D2, D3 , in mich aufnehmen] [soweit ich ihn hatte] ! in mich aufnehmen H , von Scholem] von manchen D2, D3 , war meine Alija] ging ich nach Palästina D2, D3 , aufgelöst] [liquidiert] ! aufgelöst H ,- der bisher noch unübersetzten] der hbisheri noch [unverdeutsch[ten]] ! unübersetzten H , verstand ich] [gab ich] ! verstand ich H , die Arbeit aufzugeben] der Arbeit zu entsagen D3
Schlussbemerkungen
, Alija] Auswanderung D2, D3 , drucken] [veröf[fentlichen]] ! drucken H , katholischer Verlegerkonzern] katholischer [Konzern Schweizer] ! Verlegerkonzern H Verlegerkonzern D2, D3 , zu unternehmen und das Werk] ins Werk zu setzen und es H, TS1.1, TS2.1 [ins Werk zu setzen] ! zu unternehmen und [es] ! das Werk TS1.2, TS2.2 , bekannt] wohlbekannt D2, D3 , sowie die revidierte »Logenausgabe« des Pentateuchs] hsowie die revidierte Logenausgabe [der Bücher] des Pentateuchsi H , wie ein Engel] [wie ein Malach (mit »Bote«, nicht mit, ein ›Bote‹ aussieht«. »Malach« wird [allgemein] in der] ! wie ein Engel H , Schriftübertragung] [Schrift folgte bis zum Wi[nter]] ! Schriftübertragung H ,- Dieser Schlussband, »Die Schriftwerke«, ist im Druck.] fehlt D2, Dieser Schlußband, »Die Schriftwerke«, erschien . D3 , erschienenen] veröffentlichten D3 , Mit Recht] [Scholem hat schon recht, wenn er beim Vergleichen den Eindruck] ! [Gewiß] ! Mit Recht H , bis] notfalls bis D2, D3 ,- dass der Übersetzer die seitherigen Jahre lang fortgelernt hat] dass [drei Jahrzeh[nte]] der Übersetzer [seither [drei] Jahrzehnte lang fortgelernt hat] ! die seitherigen Jahre lang fortgelernt hat H , Manches ist unvermeidlicherweise] Manches ist [spröd geblieben, etliches hat] ! unvermeidlicherweise H , Änderung] [Einzelheit] ! Änderung H , weil eine] [dass mir] ! weil eine H , das falsche Bild] [ein] ! das falsche[s] Bild [und es kommt hier darauf an] H ,- Im übrigen: […] zu ändern haben.] hIm übrigen: […] zu ändern haben.i H fehlt D2, D3 ,- Nun aber – »utopisch« geworden […] gebe?] Nun aber höre ich sagen, das Unternehmen dieser Verdeutschung sei inzwischen »utopisch« geworden […] gebe. D2, D3 ,- Im Gebiet des Geistes […] eine andersartige Antwort] [Eine] ! hIm Gebiet des Geistes […] eine andersartigei Antwort H ,- hat er die Vulgarisierung eines geistigen Prozesses genau erkannt, die dann in den Tätigkeiten] [mit der Möglichkeit der äussersten Radikalisierung] ! hhat er die Vulgarisierung [antizipiert]i eines geistigen Prozesses hgenau erkannti, die dann [auch eintrat und etwa] in den Unternehmungen H hat er die Vulgarisierung eines geistigen
Kommentar
Prozesses genau erkannt, die dann in den Unternehmungen {[Unternehmungen] ! Tätigkeiten TS1.2, TS2.2} TS1.1, TS2.1, TS1.2, TS2.2 , ihren freilich recht problematischen Ausdruck] nicht von ihren [Aus[druck]] ! hfreilich rechti problematischen Ausdruck fand H [nicht von] ihren freilich recht problematischen Ausdruck fand TS1.2, TS2.2 , offen] offenbarend nah H, TS1.1, TS2.1 [offenbarend nah] ! offen TS1.2, TS2.2 , als einem nur] [und] als [dem] ! einem nur H , bezeichnet werden kann] bezeichnet [zu] werden [pflegt] ! kann H , schon während der Arbeit] [bald nach Beginn des gemeinsamen Werks] ! schon während der Arbeit H , mit den Psalmen] nur die Psalmen H, TS1.1, TS2.1, TS1.2, TS2.2 , an Eugen Mayer] an den Freund Eugen Mayer, D2, D3 , unchristliche] [na[ch]christliche] ! unchristliche H nachchristliche TS1.1, TS1.2, TS2.1 [nachchristliche] ! unchristliche TS2.2 , Luther] Luthers D3 , Golus Bowel] Golus Bowel (babylonisches Exil) D2, D3 , rabiater] radikaler D2, D3 ,- gründlich widersprochen] [heftig opponiert] ! gründlich [opponie[rt]] ! widersprochen H ,- es gibt schon] es gibt [starke] ! schon H , dass ihr ein Gelingen beschieden ist] dass [es [glücken soll] ! ihr glücken soll]] ! ihr ein Gelingen beschieden ist H Wort- und Sacherläuterungen: ,- einen grossen deutschen Verlag] Um welchen Verlag es sich handelt, konnte nicht rekonstruiert werden. Vgl. dazu Friedman, S. . ,- »jüdisch revidierte Lutherübersetzung« […] »eine neue offizielle Bibelübersetzung […] verboten«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , Brief an mich vom . Januar)] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- Lambert Schneider] Brief an Martin Buber vom . . , in: B II, S. . ,- »Die Patina ist weg, dafür ist es blank wie neu, und das ist auch was wert«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber, Mai , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. ., S. . , »Und so begann Die Schrift«] Aus einem Gedicht Rosenzweigs in
Schlussbemerkungen
seinem Brief an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »Die Mitarbeit […] für das richtige.«] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom [sic]. . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . ,- »wie […] gesprochen Wort war«] Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan, in: Moganni Nameh/Buch des Sängers, in: Bernd Witte (Hrsg.), Johann Wolfgang Goethe. Gedichte. Studienausgabe, Stuttgart , S. . , »Die Schrift und das Wort«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -; Zitat auf S. . ,- deuterojesajanischen Schrift] Als Deuterojesaja wird von der historisch-kritischen Bibelwissenschaft der (hypothetische) Verfasser des zweiten Teils (Kapitel -) des Jesaja-Buches bezeichnet. ,Anm. meine Aufsätze »Die Sprache der Botschaft«, »Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs« und »Das Leitwort und der Formtypus der Rede«] S. ff., ff. bzw. ff. in diesem Band. , Aufsatz »Der Ewige«] Rosenzweig, GS Bd. , S. -. ,- »Da bin ich das Karnickel […] aus rabies theologica«] Brief Rosenzweigs an Joseph Carlebach vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. . , rabies theologica] theologischer Fanatismus, theologische Wut. ,- seine letzte zu Papier gebrachte Äusserung] Vgl. Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. : »und – jetzt kommt sie, die Pointe aller Pointen, die der Herr mir wirklich im Schlaf verliehen hat: die Pointe aller Pointen für die es« (sic). ,- noch bei Lambert Schneider und (unter Hitler) im Schocken Verlag] Nach Rosenzweigs Tod erschienen noch zwei Bände bei L. Schneider (Jeschajahu, , MBB ; Jirmejahu, , MBB ), ein weiterer bei Schocken (Jecheskel, , MBB ); und noch drei bei Schocken »unter Hitler« (Das Buch der Zwölf, , MBB ; Das Buch der Preisungen, , MBB ; Gleichsprüche, , MBB ). , Kristallnacht] Die in der Nacht vom . auf den . November geschehenen Pogrome im nationalsozialistischen Deutschland. , revidierte »Logenausgabe« des Pentateuchs] Die von den Berliner Bnei Briss-Logen veröffentlichte zweite, revidierte Ausgabe der Pentateuch-Übersetzung (Die fünf Bücher der Weisung, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Neubearb. Ausg., Berlin: Lambert Schneider, ). ,-, »Deutschen Christen« und der weitergehenden »Deutschen Glaubensbewegung«] Zur Zeit des Nationalsozialismus waren die
Kommentar
»Deutschen Christen« eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus; die von völkischem Gedankengut geprägte »Deutsche Glaubensbewegung« dahingegen wollte das Christentum durch einen »arisch-nordischen« Glauben ersetzen. , Rosenzweig schreibt an mich] Brief Rosenzweigs an Martin Buber vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. f. , Er schreibt (an Eugen Mayer . . )] Brief Rosenzweigs an Eugen Mayer vom . . , in: Rosenzweig, Briefe, S. . Jetzt in: Rosenzweig, GS Bd. , S. -. , Golus Bowel] Babylonisches Exil (hebr.). Zur Verdeutschung des Buches Ijob () Der kurze Text betont den dialogisch-dialektischen Charakter des Buches Ijob und erörtert seine zentralen Leitworte. Er erschien im Druck zuerst als Teil der Beilage Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift von »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner . Des weiteren sind in dieser Beilage Abschnitte zur Verdeutschung der Preisungen und Gleichsprüche und Bubers »Schlussbemerkungen« enthalten, die hier nicht mehr abgedruckt werden, weil sie bereits an anderer Stelle in diesem Band wiedergegeben worden sind (S. ff.; ff.; ff.). Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); lose Blätter, doppelseitig beschrieben und nummeriert (S. -); mit Korrekturen versehen. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. , gimel ); lose nummerierte Blätter; ohne Korrekturen; Abschrift von H. TS2: Durchschlag von TS1. TS3: Durchschlag von TS1; mit einzelnen handschriftlichen Korrekturen versehen. TS4: Durchschlag von TS1; mit einzelnen handschritftlichen Korrekturen versehen. D1: Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner , S. - (MBB ). 2 D : Werke II, S. - (MBB ).
Zur Verdeutschung des Buches Ijob
Druckvorlage: D1 Variantenapparat: Vorbemerkung: Die Schreibweise »Ijob« ist in D2 allgemein auf Hiob umgestellt. , vermutlich] [wohl] ! vermutlich H , aber dann] aber, [dann offenbar im Hinblick auf das dialogische Wort überarbeitet worden ist] ! wenn dem so ist, H aber, wenn dem so ist, TS1, TS2, TS3, TS4 , jedoch] aber H , forensisch] [forensisch] ! eristisch TS1, TS2 [forensisch] ! [eristisch] ! forensisch TS3, TS4 , einen Protest und] heinen Protest undi H , nicht eigentlich] [einen von] ! nicht heigentlichi H ,- Ijob vermag] [ein solches ist ja seinem Bewusstsein] ! [er] ! Ijob vermag H ,- unerschütterlichen überlieferten Lehre] unerschütterlich überlieferten Lehre H, TS1, TS2, TS3, TS4 , dem Gott] dem [ungerechten] ! [gerechtigkeitsfernen?] Gott H ,- der »Schlichte und Schuldige tilgt« [,]] hder »Schlichte und Schuldige tilgt« (,)i H , , sein Recht] [hat ent[weichen]] ! , sein Recht H , wieder] hwiederi H , seinem Geschöpf] [seiner Kreatur] ! seinem Geschöpf H , Adamgeschlechts? … Weshalb] [Menschengeschlechts? … Wesh [alb]] ! Adamgeschlechts? … Weshalb H Adamgeschlechts D2 , Eindeutigkeit] [Einfalt] ! Eindeutigkeit H , nicht eine] [keine] ! nicht eine H , der Gott »reizt] [mag aus] ! der Gott [dazu »reizt«] ! [gegen ihn?] ! »reizt H , wird wohl aus] [mag] ! wird wohl hausi H ,- »ohne Entgelt« und »grundlos«] h»ohne Entgelt« und »grundlos«i H , ist offenkundig] fehlt H, TS1, TS2 hist offenkundigi TS3, TS4 , »Freunde«] [Gefährt[en]] ! »Freunde« H ,- dem solches vorzuwerfen sei] [der seine Brüder] ! dem solches vorzuwerfen sei H , Noch] [Aber] ! Noch H , deren Dialektik] [deren] ! deren Dialektik H , hier] uns hier H, TS1, TS2 [uns] hier TS3, TS4
Kommentar
, aber ein] aber [wie wir auch [aus einem Abschnitt] ! den Büchern der Geschichte (I Könige , , [] wissen,] ein H ,Anm. zu erklären, halte ich für abwegig] zu erklären, wie es in der Nachfolge Abraham Geigers manche neueren Forscher tun, halte ich für abwegig; [an eine Verwünschung Gottes, die sie als das Ursprüngliche annehmen, in z. B. Ijob , und , ] H zu erklären, wie es in der Nachfolge Abraham Geigers manche neueren Forscher tun, halte ich für abwegig TS1, TS2 zu erklären, [wie es in der Nachfolge Abraham Geigers manche neueren Forscher tun,] halte ich für abwegig TS3, TS4 , den Sinn von] den entgegengesetzten Sinn, [im Sinn von] ! den Sinn von H den entgegengesetzten Sinn, den Sinn von TS1, TS2, TS3, TS4 , durch einen] mit einem H, TS1, TS2, TS3, TS4 , , haben kann] fehlt H, TS1, TS2, TS3, TS4 , dann] [in diesen Fällen] ! dann H ,- absegnen] [absagen] ! absegnen H , Weib] [Frau] ! Weib H , »ER] »Jhwh D2 , ER] Jhwh D2 , SEIN] Jhwhs D2 , Die dialogische] [Sein] ! [Aber in der di[alogischen]] ! [Und in einer] ! Die dialogische H ,- dem von der Gegensätzlichkeit] [dem] ! [ihrem mit [antith [etischen]] dialektischen Charakter auch in dessen?] ! dem von der Gegensätzlichkeit H , und Protesten sagt er diesem seinem Gott] [, in all seinem Grol[l]] ! und Protesten sagt er [seinem] ! diesem seinem Gott H , Schöpfung, in der kein Recht waltet, als sein eignes Schöpfergeheimnis] [»rechtlosen«] Schöpfung, [als ein eignes Schöp[fergeheimnis]] ! in der kein Recht waltet, als sein eignes Schöpfergeheimnis H , Geheimnis] [unerk[ennbare]] Geheimnis H , diesem Bekenntnis] dieser Bezeugung D2 ,- der letzten] [seiner] ! der letzten H ,- , das Einvernehmen […] gediehen] h, das Einvernehmen […] gedieheni H ,- Zwischen Recht […] das »Sehen«.] hZwischen Recht […] das »Sehen«.i H ,- denn der Gegensatz […] abgelöst worden] hdenn der Gegensatz […] abgelöst wordeni H , spricht] [versteht] ! spricht H
Zur Verdeutschung des Buches Ijob
, bleibt] [ist] ! bleibt H ,- Wirken des Geheimnisses in Ijobs Schicksal] hWirken des Geheimnissesi in Ijobs Schicksal [wirkende Geheimnis] H , als ein Gott Bezeugender] hals ein Gott Bezeugenderi H , jetzt] [nun] ! jetzt H , Der erste] Der erste [nur] H , ,wie in allen andern Büchern der Schrift,] h,wie in allen andern Büchern der Schrift,i H ,- wir müssen den Stamm »schuld« heranziehen, denn auch hier geht es im wesentlichen um ein Erweisen, nur eben um ein negatives, um ein Als-schuldig-erweisen] [denn es geht hier im wesentlichen] ! wir müssen den Stamm »Schuld« heranziehen, denn auch hier geht es [um ein Erweisen] ! im wesentlichen um ein Erweisen, nur eben um ein negatives, um [ein Schuldigsprechen, genauer: um ein Schuldig[sprechen]] ! ein Als-schuldig-erweisen H , ihm] Ijob H, TS1, TS2 [Ijob] ! ihm TS3, TS4 Wort- und Sacherläuterungen: ,Anm. Solche Stellen als nachträgliche »Euphemismen« zu erklären] So bezeichnet z. B. Dillmann die Stelle als »euphemistische Correktur« von »spätere[n] Leser[n]« (Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zum Alten Testament. Zweite Lieferung. Hiob von August Dillmann, . Aufl. Leipzig , S. ), und beruft sich dabei auf Abraham Geiger, Urschrift und Übersetzungen der Bibel, Breslau , S. f. ,- wie ich [im Abschnitt über die »Preisungen«] dargelegt habe] Wie in der Einleitung zu diesem Text angegeben, handelt es sich bei dem hier abgedruckten Text um einen Ausschnitt der Beilage Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift. Der dortige Abschnitt über die »Preisungen« entspricht S. ff. in diesem Band und ist dort als Variante verzeichnet.
Abkürzungsverzeichnis B II =
DWB = Luther WA=
MBA = MBB =
Rosenzweig, GS =
TCant= Werke II=
Martin Buber, Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, Bde., hrsg. und eingel. von Grete Schaeder, Heidelberg: Lambert Schneider, -. Bd. II: - (). Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Bde. in Teilbänden. Leipzig -. Martin Luther, D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Weimar -. Tischreden Bd. (); Deutsche Bibel Bd. (); Deutsche Bibel Bd. (); Briefwechsel Bd. (); Bd. (); Bd. (); Bd. (), Bd. (). Martin Buber Archiv, Jüdische Nationalbibliothek Jerusalem. Martin Buber. Eine Bibliographie seiner Schriften, -, zusammengestellt von Margot Cohn und Rafael Buber, Jerusalem: Magnes Press, Hebräische Universität und München/New York et al. . Franz Rosenzweig, Gesammelte Schriften, Der Mensch und Sein Werk. . Band: Briefe und Tagebücher, hrsg. von R. Rosenzweig und E. Rosenzweig-Scheinmann unter Mitwirkung von B. Casper, Haag . . Band: Der Stern der Erlösung, . Aufl. Haag: Martinus Nijhoff . . Band: Zweistromland. Kleinere Schriften zu Glauben und Denken, hrsg. v. Reinhold u. Annemarie Mayer, Dordrecht, Boston, Lancaster . . Band: Sprachdenken: .: Jehuda Halevi. Fünfundneunzig Hymnen und Gedichte. Deutsch und Hebräisch, hrsg. von Rafael Rosenzweig, The Hague, Boston, Lancaster . .: Arbeitspapiere zur Verdeutschung der Schrift, hrsg. von Rachel Bat-Adam, Dordrecht, Boston, Lancaster . Targum zum Hohelied. Vgl. Melamed. Martin Buber, Werke, Bd. : Schriften zur Bibel, München: Kösel-Verlag und Heidelberg: Lambert Schneider .
Abkürzungsverzeichnis
Hebräische Bibel Gen Ex Lev Num Dtn Jos Jdc I Sam II Sam I Reg Jes Jer Ez Hos Am Hab Sach Mal Ps Prov Hi Cant II Chr
Genesis (. Mose) Exodus (. Mose) Leviticus (. Mose) Numeri (. Mose) Deuteronomium (. Mose) Josua Judices (Richter) . Samuel . Samuel . Regum (. Könige) Jesaja Jeremia Ezechiel Hosea Amos Habakuk Sacharja Maleachi Psalm(en) Proverbia (Sprüche) Hiob Canticum Canticorum (Hohelied) . Chronik
Neues Testament Lk Joh Apg Röm
Lukas Johannes Apostelgeschichte Römerbrief
Außerkanonische Schriften TestJud
Testament Judas
Abkürzungsverzeichnis
Rabbinische Literatur jChag bChag bSan bShab TCant TJon
Talmud Jerushalmi, Traktat Chagiga Talmud Bavli, Traktat Chagiga Talmud Bavli, Traktat Sanhedrin Talmud Bavli, Traktat Shabbat Targum zum Hohelied Targum Jonatan
Quellen- und Literaturverzeichnis . Quellenverzeichnis . Literaturverzeichnis . Bibliographien . In den Band aufgenommene Schriften Martin Bubers . Verwendete Werke Martin Bubers . Verwendete Literatur . Quellenverzeichnis Aus dem Martin Buber Archiv der Jüdischen Nationalbibliothek Jerusalem sind folgende Quellen verwendet worden: Die Sprache der Botschaft Die Bibel auf Deutsch Eine Übersetzung der Bibel Zu Luthers Übertragung von Ruach Der heutige Mensch und die biblische Geschichte Warum und wie wir die Schrift übersetzten Schlussbemerkungen Zur Verdeutschung des Buches Ijob
Arc. Ms. Var. , gimel a Arc. Ms. Var. , gimel a Arc. Ms. Var. , gimel a Arc. Ms. Var. , gimel b Arc. Ms. Var. , gimel Arc. Ms. Var. , gimel a Arc. Ms. Var. , gimel Arc. Ms. Var. , gimel
. Literaturverzeichnis . Bibliographie Martin Buber. Eine Bibliographie seiner Schriften, -, zusammengestellt von Margot Cohn und Rafael Buber, Jerusalem: Magnes Press, Hebräische Universität und München/New York et al.: K. G. Saur .
. In den Band aufgenommene Schriften Martin Bubers Vorwort, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. . Der Mensch von heute und die jüdische Bibel, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Die Sprache der Botschaft, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Zur Verdeutschung der Preisungen, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Das Leitwort und der Formtypus der Rede, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Die Bibel auf Deutsch (gemeinsam mit F. Rosenzweig), in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Zu einer Übersetzung und einer Rezension (gemeinsam mit F. Rosenzweig), in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Eine Übersetzung der Bibel, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Ein Hinweis für Bibelkurse, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Aus einem Brief an Hermann Gerson, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken Verlag , S. -. Zur Verdeutschung der Gleichsprüche, Beilage zu »Das Buch der Gleichsprüche«, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Schocken Verlag . Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift, Beilage zu dem Werk »Die fünf Bücher der Weisung«, verdeutscht von Martin Buber, Olten (Schweiz): Jakob Hegner . Die Schrift – Zum Abschluss ihrer Verdeutschung. Sonderbeilage des Mitteilungsblatts, . Jg., Nr. , . Mai , S. -. Zur Verdeutschung des Buches Ijob, in: Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln und Olten: Jakob Hegner , S. -.
. Verwendete Werke Martin Bubers Darko schel Miqra, Jerusalem: Mossad Bialik . Das Buch der Preisungen, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Schocken Verlag . Das Buch Im Anfang, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Verlag Lambert Schneider . Das Buch Jirmejahu, verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Verlag Lambert Schneider . Das Buch Namen, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Verlag Lambert Schneider .
Quellen- und Literaturverzeichnis
Das Wort, das gesprochen wird, jetzt in: MBW , S. -. Die Schrift und ihre Verdeutschung (gemeinsam mit Franz Rosenzweig), Berlin: Schocken Verlag . Jüdische Künstler (Hrsg.), Berlin: Jüdischer Verlag . Königtum Gottes, Berlin: Schocken Verlag . Wiese, Christian (Hrsg.), MBW , Schriften zur biblischen Religion. Scripture and Translation (gemeinsam mit Franz Rosenzweig), übers. von Lawrence Rosenwald mit Everett Fox, Bloomington u. Indianapolis; Indiana University Press . Zwei Glaubensweisen, jetzt in: MBW , S. -.
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Glossar* Alija: jüd. Einwanderung ins Land Israel. Barmizwa: hebr. »Sohn des Gebots«; Bezeichnung für den jüd. Jungen bei Vollendung des . Lebensjahres, an dem er rel. mündig wird; zugleich Name der zu diesem Anlass stattfindenden synagogalen Feier. Buridans Esel: Der gleichnishafte Esel, der zwischen zwei gleich weit entfernten Heuhaufen steht und verhungert, weil er sich nicht entscheiden kann, welchen er zuerst fressen soll. Chassidim: hebr. »Fromme«, Anhänger des Chassidismus, durch Rabbi Israel ben Eliezer, Baal Schem Tov (ca. -) gegr. jüngste volkstümliche mystische Bewegung des Judentums; von Osteuropa ausgehend, verbreitete sie sich in der Diaspora ebenso wie im Staat Israel. Demiurg: der von ! Marcion und in der ! Gnosis abgelehnte Schöpfergott des Alten Testament, in Gegenüberstellung zum vollkommenen, allumfassenden Gott, dessen Sohn Jesus Christus ist. Diotima: eine literarische Figur in Platons Dialog Symposion, die die Fähigkeit besitzt, auf erotischem Gebiet ein philosophisch untermauertes Wissen zu vermitteln. Freies jüdisches Lehrhaus: Einrichtung zur Erwachsenenbildung in Frankfurt am Main, gegründet von Franz Rosenzweig, geschlossen . Unter den Dozenten waren Martin Buber, Benno Jacob, Richard Koch, Siegfried Kracauer und Eduard Strauß. Gnosis: Religionswissenschaftliche Bezeichnung für verschiedene religiöse Lehren und Gruppierungen der ersten Jahrhunderte nach Christus. Typisch für die Gnosis ist die Unterscheidung zwischen dem vollkommenen christlichen Gott und dem unvollkommenen jüdischen ! Demiurgen. Haftara (hebr., Pl. Haftaroth): die öffentliche Lesung aus den Prophetenbüchern am Sabbat und an den Feiertagen. Hapax Legomenon (ἅπαξ λεγόμενον): Wort, das nur an einer einzigen Stelle in einem gegebenen Text belegt ist. Hifil: einer der Konjugationsstämme des hebräischen Verbs, in der Regel mit kausativer Bedeutung. JHWH: Tetragramm zur Bezeichnung des Eigennamens Gottes in der Hebräischen Bibel; da im Judentum der Name Gottes unaussprechlich ist, wird das Tetragramm beim Beten durch die Anrede Adonaj (»Herr«) oder Adonaj Elohim (»Herr Gott«) und beim Vorlesen eines Bibel- oder Gebetstextes durch haSchem (»der Name«) ersetzt. Kal: der Grundstamm (grundsätzlicher Konjugationsstamm) des hebräischen Verbs. *
Sofern der Begriff in den Schriften Bubers vorkommt, wird dessen Schreibweise übernommen. Alle anderen im Glossar angeführten hebräischen Begriffe folgen der für die MBW festgelegten Umschrift.
Glossar
Malach: Hebr. »Engel« (Bote). Massoretischer Text: der seit den .-. Jhd. im Judentum kanonisierte Text der hebräischen Bibel. Megila (hebr., Pl. Megiloth): eines der fünf biblischen Bücher Rut, Hohelied, Qohelet (bzw. Prediger), Klagelieder und Ester, die an verschiedenen Feiertagen liturgisch vorgelesen werden. Midrasch: hebr. »Auslegung«, »Studium«; Auslegung der Bibel im rabbinischen Judentum. Mikra: Hebr. »Vorlesen«, Bezeichnung für die hebräische Bibel. Niphal: einer der Konjugationsstämme des hebräischen Verbs, in der Regel mit passiver Bedeutung. Peschitta: eine Bibelübersetzung in die syrische Sprache, entstanden in den ersten Jhd. n.Chr. und in orientalischen Kirchen verwendet. Septuaginta: gr. »Siebzig«, die jüdische Übersetzung der hebräischen Bibel ins Altgriechische, in der Kirche kanonisiert. Talmud: Grundtext des rabbinischen Judentums, abgeschlossen um n.Chr. in Babylonien (der maßgebliche, Babylonische T.) und in einer anderen Fassung früher in Palästina (der Palästinische bzw. Jerusalemer T.). Targum: die jüdischen Bibelübersetzungen ins Aramäische, entstanden in den ersten Jhd. vor und nach Chr. Tetagramm[aton]: siehe ! JHWH. Urim und Tummim: vermutlich Los- und Orakel-Steine des israelitischen Hohepriesters (nach Ex , und Lev ,). Vulgata: die in der katholischen Kirche kanonisierte lateinische Bibelübersetzung von Hieronymus. Xanthippe (./. Jhd. v. Chr.): die Ehefrau des Philosophen Sokrates; Inbegriff eines zänkischen Weibes. Zaddik (Plural Zaddikim): hebr. Gerechte(r); durch charismatische Eigenschaften oder durch dynastische Abfolge legitimierte höchste religiöse Autorität einer Gemeinde von ! Chassidim.
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Außerkanonische Schriften TestJud Rabbinische Literatur Babylonischer Talmud bChag a
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Targum Neues Testament Lk , Joh ,- ,
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TCant Zu Cant , , TJon zu Gen ,
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Andere Literatur Ilias , f.
Sachregister Abimelech , , Abraham , -, , , -, , , -, -, Adam Agag Aggada Ägypten , , -, , , , -, , , , , , Ahron, Aharon -, , - Alliteration , , , -, , , , , , , Altes Testament , , -, , -, , , , , -, , -, , , , , -, , , , Amoriter , Anachronismus , Anthropomorphismus , , , apokalyptisch , Ärgernis , , , , , Assonanz , , , , , , , , , , -, Aufstieg -, Auftrag , , , , , , Augenblick -, -, , , , , -, , , Auslegung , , , –, aggadische , –, jüdische , –, klassische –, mystische Baal -, Baalsdienst , - Babel , Babylonien , Baudissin, Wolf Wilhelm, Kyrios als Gottesname , Begegnung , , , , , -, , , , , , , , Begegnung, dialogische , Besitz , , bewahrheiten , Bewahrheitung , , Bibel -, -, , , , -, -, -, , , , , -, , -, , -, , , , , -, , , , -, , -, , , , -, -, , , -, -, , , , ,
Bibel, deutsche , , Bibel, Einheit der , -, -, , , , , , , , -, , , , , , , Bibel, Gegenwärtigkeit der , , , , Bibel, hebräische -, , , , , , , , , , , , , , , , , Bibel, Interpretation der , , , Bibel, Stummheit der , Bibel, Übersetzung der: siehe Bibelübersetzung Bibel, Wirklichkeit der , , -, , Bibelkritik , Bibelübersetzung -, -, -, , -, , , -, , , , –, Buber-Rosenzweig -, , , -, -, , , , -, , , , -, , , -, , , –, christliche , - –, jüdische , –, Kautzsch-Bertholet , , -, , , –, Luthers , , -, , , -, -, , -, -, -, -, , -, -, , -, -, , , , -, -, , , , , , - –, Zunz’ Bilam, Bileam , , , Bote, Gottes , -, -, , Botschaft, biblische , -, -, , , -, -, , , -, , , , , , , -, , , , , , -, Buber, Martin –, Ich und Du , –, Königtum Gottes –, Der Mensch von heute und die jüdische Bibel , , , –, Die Schrift und ihre Verdeutschung , , –, Das Wort, das gesprochen wird , Bund , , , , , -, , –, Abrahams- , ,
Sachregister
–, Noah- , –, Sinai-
Frevel , , , Frieden ,
Cham -, Chassidim , Christentum , , , , , , Christus , , , , Christen, Deutsche , -, ,
Gebot , , , , , , –, Sabbat-: siehe Sabbatgesetz –, soziales , Gedächtnis , , , , , , , , Gedicht , , , , , , , - Gegenwart , , , , , , , Geheimnis , , , , , , , , , , , , , , , , , , –, der Dreifaltigkeit –, der Geschichte , , , , –, Gottes- , –, Namens- , , –, Schöpfungs- , Geist -, , -, , -, -, , , , -, , -, -, , , -, -, -, , , –, biblischer , –, Gottes , , , , –, hebräischer –, Heiliger , –, lebendiger , –, Menschen- , , –, Pfingst- Geistesgeschichte Gemeinschaft -, , , , , -, , , , , , , , -, –, religiöse George, Stefan, Stern des Bundes Gerechtigkeit , , , Gericht , -, , , , , Geschichte -, , , , , , , , -, , , , –, biblische , –, Menschheits- , –, Volks- , , , , , , –, Welt- , -, , Geschichtsdogmatik - Geschichtslibertinismus , - Geschöpf , , -, , , , , , , , , , Gesellschaft , Gesetz -, -, -, , , , , , , , , , , , , –, Arajot- - –, der Geschichte - –, der Sprache , , , -, -, , ,
Dekalog , -, , , Dialektik -, , Dialog , , , , , , , , dialogisch , , -, , , dialogisches Prinzip Edda , , Eigennamen, biblische , , , Einheit , , , , , , –, von Geist und Natur , -, , , , , Elohim , , , Emanation Engel, siehe: Bote Gottes Entmagisierung Entscheidung -, , , - Entsinnlichung , , , , episch , , , , Erbarmen , , , , Ereignis , -, , , , Erkenntnis , , , , , , , , , Erlöser Erlösung -, -, –, messianische Esau -, Ethik Etymologie , , , , , , , , –, Volks- , , , , , , , Ewigkeit , , , , , Evangelien , Evangelium, des Johannes , , , –, Nazaräer- , Exegese: siehe Auslegung Exegeten , , Exil, ägyptisches –, babylonisches , Fiktives , Formalismus, russischer - Frankfurter Jüdisches Lehrhaus , Freiheit -, ,
Sachregister –, deuteronomisches –, episches , –, Gestalt- –, Jobeljahr- , –, oberstes –, Sabbatjahr- , - –, Ur- Gesprochenheit, der Schrift -, , -, -, -, , , -, , , , , Glaube , -, , , , , -, , , –, abendländischer glauben , Glaubenkönnen Glaubensaufgeschlossenheit , , , , Glaubenssicherheit , , , Glaubensverhältnis Glaubenswahrheit, biblische Glaubenswelt, biblische Glaubenswirklichkeit , Gleichklang , , , Gleichnis , , , , Gnade , , , , -, , Gnostiker , Goethe, J. W., West-östlicher Divan Golus Bowel: siehe Exil, babylonisches Gott, Gegenwart Gottes -, , , -, , -, , , - –, jüdisch-christlicher –, lebendiger , –, Liebe Gottes Gottesbegriff , Gotteserscheinung , , , , Gottesferne Gottesname , -, , , , , , , , , -, , , Gotteswelt Gotteswerk , Götzen, Götzendienst , -, , , Grammatik - Grammatik, theologische - Gunkel, Hermann –, Genesis , –, Die Psalmen , , Hagar -, -, heilig , , , , , , , , , Heilige, das , , , , , heiligen , , , , -, , Heiligkeit , , ,
Heiligtum , , -, -, , Heiligung -, , , , Hiob, Ijob , , , , , - Humor , Ich-Du Beziehung Identität, jüdische Intellekt Isaak , , , Islam Ismael - Israel , , -, -, , , , , , , , , , , -, , , , -, Jakob -, -, , , Jerusalem , , , , , Jiddisch Jobeljahr , , -, Jobeljahrgesetze , Juden, des Altertums –, deutsche , -, –, mitteleuropäische Judentum , , , –, antikes –, deutschsprachiges Kain , Kanaan, Kenaan -, , - Kanon, biblischer , -, , Kirche , , , Kolometrie -, , , kolometrisch , , Kolon -, , , , , -, Königtum Gottes , Korach , - Kosmogonie , Kracauer, Siegfried, Die Bibel auf Deutsch , , -, Kraft, der Botschaft -, –, des Wortes , –, dienende –, Führungs- , , , –, göttliche –, Kräfte , , , , , , , , , , , , –, schöpfende –, sprachgestaltende –, Ur- Kreatur: siehe Geschöpf kultisch , , , , , , -,
Künder: siehe Prophet Kunst , Kunstform , Kunstgebilde künstlerisch , , , künstlich , , Leben -, -, , , , , , , -, -, , , -, , , , , –, der Bibel –, Einheits- –, gemeinschaftliches , –, Menschen- –, modernes –, natürliches , , –, profanes Lebensführung Lebensphilosophie Lebenssituationen , Lehre , -, - –, biblische , Lehrrede , , Leitwort , , -, -, -, , -, -, , , , Leitwortrhythmus , -, Leitwortsprache Leitwortstil -, , -, Leitwort-Technik , , Leviten - Literatur , –, ägyptische –, biblische –, des Alterums –, griechische , –, semitische –, Welt- Literatursprache Literaturstil, lateinischer Lutherbibel: siehe Bibelübersetzung, Luthers Magie –, schwarze , Malkizedek Marcioniten , , Mensch , , -, , -, -, -, , , , , , , , , , -, , -, , , , , , , , , -, , , , , , , , , -, , , , , , , –, abendländischer
Sachregister –, –, –, –,
biblischer , , geistiger leidenschaftlicher , moderner, heutiger -, , -, , , , , -, -, , –, morgenländischer , –, sündiger , , –, triebhafter Menschengeist , , Menschenrede Menschensohn Menschensünde , Menschenwelt , , Menschenwerk , , Menschheit , , , , Messianismus Midrasch , Mikra: siehe Bibel Mission, jüdische Molech, Moloch , Monotheismus Moses , -, , , -, -, , , , , -, , -, Mündlichkeit , , Mystik Nachahmung, Gottes , , , , Natur , -, , , , –, menschliche Naturerscheinung Natürliches natürliches, naturhaftes , -, -, Naturphilosophie Naturwissenschaften Neologismus, Neologisieren, Neubildungen -, Neomarcionismus Neues Testament , , -, -, Neuschöpfung Nikodemus , , , Noah , , , , Offenbarung , -, , , -, , , , -, , , -, , -, , , , –, Bundes-, Sinai- , –, Gegenwärtigkeit der , –, Gottes –, Schau- –, Ur-
Sachregister Offenbarungserscheinung Offenbarungsgeschichte , , Offenbarungsvorgang - Opfer , -, -, , -, –, Brand- , , - –, Sühne- –, Tier- , , , , Opferdienst , Opferkult - Palimpsest , , , , Pantheismus parallelistisch , , - Paronomasie , , , , , , , , , , , , -, paronomastisch , -, , -, , -, , Pathos , , , , , paulinisch , Pentateuch: siehe Thora Philister Philosophie, nachkantische –, Sprach- , pneuma, Pneuma , , , -, Pneumatisierung Politik Prophet -, , , , , , , , , , , , , , Prophetie , , , , , , Psalm , , , , , -, , , , , , , , -, , , , Rahel , Realismus , , Realität -, , , , Recht , , , , -, , , , , - Recht, Un- -, Rechtspruch -, Redaktor , , , , -, , , , Reformation Reich Gottes , Religion , , , , , , -, –, biblische –, vedische Religionsgeschichte -, Religiöses , rhythmisch , , , -, , , , , Rhythmus, Rhythmik -, , , , , -, , , -, , , , ,
, -, , -, , , , Romantik, Neu- romantisch , , , –, spät- , Rosenzweig, Franz –, Briefe -, –, Das Buch Im Anfang –, Die Einheit der Bibel –, Der Ewige , , , , , –, Das Formgeheimnis der biblischen Erzählungen , , , –, Jehuda Halevi , , -, , , , , , - –, Der Stern der Erlösung , , , , , Ruach -, , -, , -, -, -, - Sabbat , , -, , , , –, Schöpfungs- Sabbatgesetz, Sabbatgebot , -, , , -, Sabbatjahr -, - Sabbattag Sachs, Michael, Die Psalmen , Salomo , Samuel Sara, Ssarai , -, -, - Schicksal , , , , -, , , Schicksalsverbundenheit Schöpfer , , Schöpfergeheimnis Schöpfung -, -, , , -, , -, , -, , , , , –, Neu- –, Welt- , Schöpfungsakt , Schöpfungsbericht, -erzählung, -geschichte -, , -, , , -, , , , , , Schöpfungswerk , , , Schöpfungswoche , Schuld , , , , , -, –, Blut- Seele , , , , -, , , , , , , -, Segen , , -, , , , , , Septuaginta , , Sinnliches , , –, Ur-
Sinnlichkeit , , , , , , , , , –, althebräische , , –, der Sprache , , Sintflut, Flut , , , Sprachbewusstsein, biblisches , , Sprache -, , , , , , , -, , , -, -, , -, , , , , , , , -, -, , -, -, , , -, , , -, –, abendländische , , , , –, arabische –, Begriffs- , , –, biblische , , , , –, deutsche , , , , , -, , -, , , , , , , -, , –, epische , - –, hebräische –, Literatur- –, profane , –, syrische –, Zeichen- Sprachgeschichte, deutsche Sprachgestalt , Sprachkünstlerschaft Sprachleben, deutsches Sprachwahrnehmung Sprachwerk , Sprachwissenschaft Staat , Stabreim , , Stapel, Wilhelm, Antisemitismus und Antigermanismus Sühne , , , , sühnen , Sünde, Frevel , , -, , , , –, Erwa- –, Volks- Sünder , , Symbol , , , , , Synonyme , , , , , , , , , Talmud , talmudisch Taufe Tetragramm[aton]: siehe Gottesname Text , , , , , , , –, antiker
Sachregister –, biblischer -, -, -, , -, , , , , , , , , -, , , –, dichterischer –, hebräischer , -, , , , , , , , –, heiliger , , , –, maſsoretischer , , , , , , –, Ur-: siehe hebräischer Text Textgestalt , , Textwahrheit , Theokratie , Theologen , Theologie , , –, biblische , , , , –, christliche , –, Geschichts- theologisch , , , , , , , , , , -, , , , , Theologumenon , Thora , , , -, , , , , , , -, -, , -, , , , , , , , -, , , Tradition , , , , –, jüdische , , –, talmudische Transzendenz , Treue , -, , , , , , , , -, , , –, Bundes- , Tugenden, göttliche , Überlieferung , –, jüdische , –, mündliche -, , , , , , Übersetzer, Dolmetsch , , , -, , , , , -, , , , , , , , , -, -, , , , Übersetzung, Aufgabe der , , , , , , , , , , , , , Übersetzungsmethode , , -, , , , , , –, historisch-kritische –, idiomatische –, kolometrische -, , , –, paronomastische –, philologische , Übersetzungsphilosophie Übersetzungstheorie , , , Umkehr , , , , , -, , , Unbewusstes -
Sachregister Unterbewusstsein , Ursprung -, -, , , , , , , , , Ursprungssage verdeutschen , , Verdeutschung -, , , , -, , , , , , , , -, -, , , , , -, Verfremdung , , Verfremdungseffekt Vergebung , vergegenwärtigen , Vergegenwärtigung (Gegenwärtigsein, -werden) , , , Vernunft , Vertrauen , , , -, Volk, Völker , , , , , , , , , , , , , , , , –, christliches –, deutsches , , , , –, Erd- , , , –, Glaubens- , –, jüdisches , -, -, -, , , , -, , , , , , -, –, Menschen- , , Völkerbund, Genfer Volksgemeinschaft Volksleben, rechtes Vulgata , , , ,
Wahn , -, , -, Wahrheit , , , , , , , , , , Wahrheit, Ur- Walten, Gottes , , Weisung , , , -, , , , , Welt -, -, -, , , , , , -, , , , -, -, , , , , , , , , –, biblische , - Weltliteratur Weltreligion , Weltzeit , , , , , Wirklichkeit -, , , , , , -, , -, , , , -, , , , , –, biblische , , -, Wort , , -, , , , , , , , -, , , -, , , , , , , , -, , -, , –, biblisches -, , , , -, , , –, gesprochenes -, , -, , –, Gottes , , , –, Grund- , , , Wortwahl, absolute , , –, relative , , Zaddik , Zeit , -, , , , ,
Personenregister Alexander der Große (- v. Chr.): makedonischer König und Feldherr; eroberte das größte Reich in der Geschichte der Alten Welt; verbreitete die griechische Kultur und Sprache, erschloß neue Handels- und Verkehrswege und begründete das Zeitalter des Hellenismus. Arndt, Ernst Moritz (-): dt. Schriftsteller. , Augustin von Hippo (-): einer der bedeutendsten Kirchenlehrer. , , Baeck, Leo (-): führender dt. Rabbiner des liberalen Judentums; Präs. der Reichsvertretung der deutschen Juden; deportiert nach Theresienstadt; lebte ab in London. Baudissin, Wolf Wilhelm Friedrich Graf von (-): dt. Theologe. , , Bauer, Hans (-): dt. Orientalist. , Baumgardt, David (-): dt.-jüd. Philosoph. Benjamin, Walter (-): Philosoph und Literat; Freund Gershom Scholems; stand Buber zunehmend kritisch gegenüber. , , , , , Berdyczewski, Micha Josef; Pseud. Micha bin Gorion (-): hebr. u. jidd. Dichter u. Literat, geb. in Rußland, chassidisch erzogen; besonders bedeutsam als Anthologist; lebte ab in Deutschland. , Bertholet, Alfred (-): schweizer/dt. Theologe; seit ihrer . Auflage () Herausgeber von ! E. F. Kautzschs Übersetzung des Alten Testaments. , , f., f., , , , , Bewers, Max (-): antisemitisch orientierter dt. Schriftsteller. Bin Gorion, Emanuel (-): Schriftsteller und Literaturkritiker, Sohn von Micha Josef ! Berdyczewski. , , - Birt, Theodor (-): dt. Altphilologe und Schriftsteller. Bloch, Ernst (-): dt.-jüd. Philosoph. Bonus, Arthur (-): dt. prot. Theologe; Freund von Eugen Diederichs; Verfasser der Monographie Die Kirche für Bubers »Sammlung sozialpsychologischer Monographien« Die Gesellschaft; Vertreter eines deutschnationalen Christentums; Mitglied im Kreis der rel. Sozialisten, den Buber und Florens Christian Rang Anfang der er Jahre um sich versammelten. , Brecht, Bertolt (-): dt. Dramatiker und Lyriker. Buber, Adele (gest. ): Martin Bubers Großmutter, Ehefrau ! Salomon Bubers. Buber, Salomon (-): Bubers Großvater, Gelehrter und Herausgeber verschiedener jüdischer Midrasch-Texte. , Burdach, Konrad (-): dt. Germanist und Literaturwissenschaftler. , [Gaius Julius] Cäsar (- v. Chr.): römischer Feldherr und Staatsmann. Calvin, Johannes (-): Genfer Reformator; Begründer des Calvinismus. ,
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Carlebach, Joseph (-): Oberrabbiner von Hamburg und Altona. , , , Cassuto, Umberto (-): italienisch-jüd. Rabbiner und Alttestamentler. , , , Dahn, Felix (-): dt. Rechtwissenschaftler und Schriftsteller. , , Dillmann, August (-): dt. Orientalist, Theologe und Bibelforscher. , , Duhm, Bernhard (-): dt. evangelischer Theologe und Alttestamentler. , Eckermann, Johann Peter (-): dt. Dichter, enger Vertrauter ! Goethes. , , f. Eckhart von Hochheim, bekannt als Meister Eckhart (-): dt. Dominikaner, Theologe und Philosoph. , , , , , , Ehrenberg, Hans (-): dt. Philosoph und prot. Geistlicher; Cousin Franz Rosenzweigs; ab Privatdozent für Philosophie in Heidelberg; ab Pfarrer in Bochum-Altstadt; KZ Sachsenhausen; Emigration nach England; Rückkehr nach Deutschland. Ehrenberg, Rudolf (-): dt. Biologe und Physiologe, Vetter und Freund ! Franz Rosenzweigs. Eißfeldt, Otto (-): dt. evangelischer Theologe und Alttestamentler. Elbogen, Ismar (-): dt.-jüd. Gelehrter und Rabbiner. Ephraem der Syrer (um – ): bedeutender Theologe der syrischen Kirche. Freytag, Gustav (-): dt. Schriftsteller. , , Frisch, Efraim (-): dt- jüd. Schriftsteller. , , Geiger, Abraham (-): dt.-jüd. Gelehrter und Rabbiner, Vordenker des Reformjudentums. f. George, Stefan Anton (-): dt. Dichter. , f., Gerson, Hermann Menachem (-): dt.-jüd. Jugendführer, Pädagoge und Schriftsteller, seit in Palästina. -, , Glatzer, Nahum (-): Historiker, Schüler Bubers an der Universität Frankfurt, Emigration; - Prof. an der Brandeis University, USA. Goethe, Johann Wolfgang v. (-): Dichter der dt. Klassik. , , , , , , , , , , , -, Goldner, Martin (-): Arzt, der letzte Geschäftsführer des Freien Jüdischen Lehrhauses in Frankfurt am Main. , Goldschmidt, Lazarus (-): jüd. Orientalist und Gelehrter, übersetzte die Bibel und den Talmud ins Deutsche. Grimm, Jacob Ludwig Karl (-): dt. Sprachhistoriker und Herausgeber eines Wörterbuchs der dt. Sprache (mit Wilhelm Grimm [-]). , , -, , Guiraud, Pierre (-): frz. Linguist. Gundolf, Friedrich (-): dt. Dichter, Literaturwissenschaftler und Übersetzer Shakespeares. ,
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Gunkel, Hermann (-): dt. evangelischer Theologe und Alttestamentler der religionsgeschichtlichen Schule. , , , , , , , , , , , f. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (-): Philosoph des dt. Idealismus. , Hegner, Jakob (-): dt. Verleger, Dichter und Übersetzer östr. Herkunft. Heidegger, Martin (-): dt. Philosoph, der Existenzphilosophie zugerechnet; Nachfolger Edmund Husserls in Freiburg. , Heimann, Moritz (-): Schriftsteller; Förderer der modernen dt. Literatur; Freund Bubers. , , , Herder, Johann Gottfried (-): Theologe und Philosoph; seine Sprach- und Völkerphilosophie beeinflusste die romantische Bewegung. , , , Herzl, Theodor (-): Begründer des modernen Zionismus. , Hieronymus, Sophronius Eusebius (-): Kirchenvater, Theologe und Verfasser der Vulgata. , f., , , , , , , , Hildebrand, Heinrich Rudolf (-): dt. Germanist und Sprachwissenschaftler. , , Hölderlin, Friedrich (-): dt. Dichter, Übersetzer und Verfasser philosophischer Aufsätze; um die Jahrhundertwende wiederentdeckt durch Wilhelm Dilthey und Norbert v. Hellingrath. , , , , Horovitz, Jakob (-): Dr. phil, Rabbiner in Frankfurt a. M. , Humboldt, Wilhelm von (-): preußischer Politiker und Philosoph; Gründer der Berliner Univ. Jacob, Benno (-): dt. liberaler Rabbiner und Bibelkommentator. , , , Jean Paul: siehe Richter, Johann Paul Friedrich. Jehuda Halevi (um -): bedeutendster hebr. Dichter des Mittelalters; wirkte hauptsächlich in Spanien. , , , , -, , , , , , , f., Johlson, Josef (-): dt.-jüd. Religionslehrer; verfasste eine (unvollständig gebliebene) Übersetzung der Bibel ins Deutsche. Kafka, Franz (-): östr. Schriftsteller, dem Prager Kreis um Max Brod, Felix Weltsch und Franz Werfel nahe. Kautzsch, Emil Friedrich (-): dt. evangelischer Theologe und Bibelkritiker; seine Übersetzung Die Heilige Schrift des Alten Testaments – auf dem masoretischen Text basiert und wissenschaftlich orientiert – erschien und fand weite Verbreitung. , , f., f., f., , , , Koch, Richard (-): dt.-jüd. Arzt und Medizinhistoriker, Mitarbeiter am Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt am Main. -, , König, Eduard (-): dt. protestantischer Theologe, Bibel- und Sprachwissenschaftler. , , , Kracauer, Siegfried (-): dt-jüd. Journalist, Soziologe und Filmkritiker; lehrte kurz am Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt am Main. , , -, , , f., -
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Lagarde, Paul de (-): antisemitischer dt. Kulturphilosoph und Orientalist. , Lessing, Gotthold Ephraim (-): dt. Dramatiker und Literaturtheoretiker der Aufklärung; befreundet u. a. mit Moses Mendelssohn und Friedrich Nikolai; erschien sein bekanntestes Drama Nathan der Weise. , Lichtenberg, Georg Christoph (-): dt. Schriftsteller. , Lieber, Herman (-): dt. Rabbiner, später in die USA ausgewandert. Löwenthal, Leo (-): dt.-jüd. Literatursoziologe. Lowth, Robert (-): engl. Bischof, Poesieprofessor und Alttestamentler. , Luther, Martin (-): dt. Theologe; Urheber und prägender geistiger Kopf der Reformation und Übersetzer der Bibel ins Deutsche. , , -, , , f., , , -, f., -, -, , -, -, , -, -, , , -, -, , , , , , , , , f., , f., -, , -, , f., f., f., , , Marcion (um -): Begründer einer von der Kirche als häretisch angegriffenen christlichen Richtung, die das Alte Testament abgelehnt und dessen Gott als böse angesehen hat. , , , , Mathesius, Johannes (-): dt. Pfarrer und lutherischer Reformator. , Mayer, Eugen (-): dt-jüd. Jurist, Freund Franz ! Rosenzweigs. , , , f., , Mendelssohn, Moses (-): jüd. Philosoph und Aufklärer; Urheber des Bi’urs, der bahnbrechenden jüd. Bibelübersetzung ins Hochdeutsche. , -, , , , , Mowinckel, Sigmund (-): norwegischer Theologe und Alttestamentler, spezialisiert in den Psalmen. , , , , Neumann, Karl Eugen (-): öster. Indologe und bahnbrechender Übersetzer buddhistischer Schriften. , Nietzsche, Friedrich (-): dt. Philosoph; übte starken Einfluss auf die Lebensphilosophie und den Ästhetizismus der Jahrhundertwende aus. , , , Norden, Eduard (-): dt. klassischer Philologe und Religionshistoriker jüdischer Herkunft. , f. Oppenheim, Gertrud (geb. Frank; -): Kusine und treueste Freundin Franz ! Rosenzweigs. , , Otto, Rudolf (-): dt. evangelischer Theologe und Religionswissenschaftler. , Prager, Joseph (-): dt-jüd. Arzt, Freund Franz ! Rosenzweigs. Procksch, Otto (-): dt. Alttestamentler. , Raschi (Akronym für Rabbi Schlomo Jitzchaki) (-): bedeutendster jüd. Bibel- und Talmudexeget; wirkte in Nordfrankreich. , , , , Rathenau, Walter (-): dt. Schriftsteller, Industrieller und Politiker; Außen-
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minister in der Weimarer Republik (-); von Rechtsradikalen auf offener Straße ermordet. Jean Paul (eigentl. Richter, Johann Paul Friedrich, -): dt. Dichter. Ricoeur, Paul (-): frz. Philosoph. Rosenheim, Jacob (auch: Jakob, -): Führungspersönlichkeit der selbständigen jüdischen Orthodoxie in Deutschland. , , Rosenzweig, Franz (-): dt. Philosoph; übersetzte mit Buber die Bibel; Leiter der jüdischen Volkshochschule (ab Freies Jüdisches Lehrhaus); anders als Buber vertrat er eine Rückbesinnung auf das traditionelle Judentum und stand dem Zionismus kritisch gegenüber. -, -, -, , , f., , , , , -, -, -, , f., -, f., -, f., -, , -, , -, -, f., , -, -, - Rosenzweig-Scheinmann, Edith, geb. Hahn (-): Franz Rosenzweigs Ehefrau. Rückert, Friedrich (-): dt. Dichter und Übersetzer. , Schäfer, Wilhelm (-): antisemitisch orientierter dt. Schriftsteller. Schiller, Friedrich v. (-): Dichter der dt. Klassik. , , Schleiermacher, Friedrich (-): prot. Theologe und Philosoph; Mitglied des frühromantischen Kreises um Friedrich Schlegel. , Schneider, Lambert (-): dt. Verleger aus katholischer Familie. Begründete in Berlin den L. Sch. Verlag, initiierte die Buber-Rosenzweig Bibelübersetzung und verlegte die meisten deutschsprachigen Werke Bubers. , , , , , , , , f. Schocken, Salman (-): dt.-isr. Verleger, gründete den Schocken Verlag in Kooperation mit ! Lambert Schneider. Scholem, Gershom (Gerhard) (-): dt. Religionswissenschaftler, Historiker und Philosoph; Pionier der mod. Kabbalah-Forschung; seit in Palästina; Prof. für jüd. Mystik an der Hebräischen Universität; seit seiner Jugend mit Buber befreundet, später jedoch kritisch gegenüber dessen Auffassung des Chassidismus. , , , , , , , f. Schütz, Roland (-): dt. Theologe und Religionspädagoge. , , , Simon, Ernst Akiba (-): Historiker, Pädagoge und Religionsphilosoph; Emigration nach Palästina; ab Dozent für Geschichte und Philosophie der Pädagogik an der Hebräischen Univ. von Jerusalem. , Simon, Uriel (geb. ): isr. Alttestamentler, Sohn von ! Ernst Simon. Spalatin, Georg (-): dt. Humanist und Reformator. , Spitzer, Moritz (-): dt.-jüd., später isr. Indologe, war in den . Jahren Bubers »wissenschaftlicher Sekretär«. Stapel, Wilhelm (-): völkischer Publizist; - Leiter des Hamburger Volksheims. -, , , f. Stein, Maximilian (-?): als dt.-jüd. Jurist und Journalist. Strauss, Eduard (-): Chemiker und Religionswissenschaftler; - Dozent am Freien Jüdischen Lehrhaus. , ,
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Torczyner, Harry (hebr. Naftali Herz Tur-Sinai, -): dt.-jüd., später isr. Semitist, Bibelexeget und Übersetzer der Bibel ins Deutsche. Tramer, Hans (-): dt.-jüd., später isr. Historiker und Redakteur. Voß, Johann Heinrich (-): dt. Dichter und Übersetzer. , , Volz, Paul (-): Professor für Altes Testament in Tübingen. Wagner, Richard (-): dt. antisemitisch orientierter Komponist. , , , , , , f. Wellhausen, Julius (-): dt. Theologe, einer der Begründer der modernen Bibelkritik. , , , Wieland, Christoph Martin (-): dt. Dichter. Wittgenstein, Ludwig (-): östr. Philosoph und Sprachphilosoph; - Studium bei Bertrand Russell und G. E. Moore in Cambridge; zwischen und verschiedene Tätigkeiten in Österreich; zwischen und in Cambridge; ab Nachfolger G. E. Moores. Woerner, Roman (-): dt. Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Verleger. , Zoroaster bzw. Zarathustra (um v. Chr.?): Gründer der antiken persischmedischen Religion. , , , , Zunz, Leopold (-): dt.-jüd. Gelehrter, Begründer der Wissenschaft des Judentums und Übersetzer der Bibel ins Deutsche. ,
Index hebräischer Worte in hebräischer Schrift ,
עולות צדק צדקה צדיק צלח ורכב על דבר אמת קרבן רו ַּח רחף שפט תהום
,
אדני אם אין הדבור נפרץ אמן אני והו בצלמו בצלמנו ה’ אנה אמצאך הצדק זבח נעשה אדם עולה
Index hebräischer Worte in Umschrift achare achoraj ad hênna ʾadonai ala , , alenu am , , aman ammcha ammi , ammim ammo ana , , annen anan , arajot [ʿ]ariri , , aſsa aſaſ arawa ascher ehje aschre , awar [ʾ]awen , , , , , awoda [ʿ]awon bʾula bʾchira bʾchora bʾchorati bʾmoʾadam f. bʾ-schabtotechem bʾ-schiwtchem ba-arawot baal , , baali batar be-awot betarim beter birchati,birkhathi , , boschet brit , , chag , chalaf chalfu chanan , chanfa chanufa chara
chaſsidim , chata Chawa chemar chen , chessed,cheſsed , , , chodesch , chol , chomer choschen mischpat dabber el dror , , [ʾ]ebbane , ʿeda , , , , , ʿedut [ʾ]ehje[h] , , , [ʾ]ehje[h] [ʾ]ascher [ʾ]ehje[h] , ekkawed [ʾ]el , , , , el olam [ʾ]ela , elem [ʾ]elil,[ʾ]elilim , [ʾ]elohim , , , [ʾ]emet[h] , , , , , [ʾ]emuna[h] , , erwa , , ewer goj , , , gwija ha-alot[h] olot[h] , , ha-ʿedut , ha-maloch , ha-schadoda hajah hakrew harchiw u-mi-mzukotaj hawah hazdek hem jelchu hênna hewel , hithallech hit[h]pallel , , hu , ikkawda im ( )אם [ʿ]im ( )עם, jaʿad , ,
jada , jadaw Jah , , , jaza , jikdasch jizchak li jom ha-kippurim jobel, jowel , kʾdescha kabod, kawod , f., , kadosch kahal Kapporet kapu karat [brit] , karaw kawod siehe kabod ketef kiddaschta kipper , kodesch f., , kodesch ha-kodaschim kofer kol, qol , , korban, qorban , f., , , l-amleze jam lamo tam lawa lʾwena mʾlacha mʾrachefet magen maggefa malʾach, malach , maoſ maschal , f., maschol mazewa , , melech, melekh f., , miggen Mikra, Miqra , , , , , Mikrae kodesch mincha[h] , misbeach , , , mischkan mischpat , , f. miſmor moʿade, moʿed -, f., molech, molekh , na nachah nad naſsa f.,
Index hebräischer Worte in Umschrift naſsa la-schaw nawi , negef nichoach , niflaot niflinu nigla nirpim hem noʿadim [ʾ]ohel f., f., [ʾ]ohel moʿed, ʾohel ha-eduth f., f., [ʾ]ola[h] , olot , oſ pakad f. pala panim , f. pazani whizzilani pazta et piha pea pele Peor , peſsach , , poked qol siehe kol qorban siehe korban ra rafa rachef rascha raza[h] f., razon , rea reach , , , , reach nichoach , ruach -, , f., f., -, f., f., , , , , f., ſawach ſawoach , schabbat , schafat , , schaw , f., , schawat scheker schewa schabtot schanim schewet schmitta sebach ſsela ſsollu ſona ſsela ſsewa
Index hebräischer Worte in Umschrift sſewirin ſsollu tahor tam , tamam tame , tamim , tawoach tewach , tikrʾu ti-mloch , ti-mschol Tohu und Bohu , toladot , tora , , , , , , , toschav towa tumʾa u-nʾchaltanu
Urim und Tummim , uſ uſo Wʾ-nachlu wʾ-nachlu lʾ-olam wajaal wa-ja-rach et reach , wa-jelech wa-jinnachem wa-jirpu jadaw zʾdaka , f. zad zadak zaddik zaddikim zedek , , , , zela